Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik 3658415371, 9783658415372, 9783658415389

Ausgehend von der Hamiltonschen Mechanik wird die Quantenmechanik im historischen Ablauf vom Bohrschen Atommodell über d

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Table of contents :
Einführung
Literaturverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Teil I Klassische Mechanik nach Lagrange und Hamilton
Überblick
Kapitel 1
Grundgesetz der Dynamik
Kapitel 2
Systeme und Kräfte bei
eingeschränkter
Bewegungsfreiheit
Kapitel 3
Generalisierte Koordinaten
Kapitel 4
Lösungswege bei gebundenen
Systemen
4.1 Virtuelle Verrückungen
Kapitel 5
Prinzip der virtuellen Arbeit
Kapitel 6
D’Alembert’sches Prinzip
Kapitel 7
Lagrange’sche Gleichungen
Kapitel 8
Forminvarianz der
Lagrange’schen Gleichungen
Kapitel 9
Kanonisch konjugierte Impulse
und Wirkung
Kapitel 10
Hamilton-Funktion
und kanonische
Bewegungsgleichungen
Kapitel 11
Integralprinzipien
in Mechanik und Physik
Kapitel 12
Hamilton’sches Prinzip
der stationären Wirkung
Kapitel 13
Orts-, Konfigurationsund
Phasenraum
Kapitel 14
Bewegungen im Phasenraum,
Liouville’scher Satz
Kapitel 15
Zyklische Variable
und Erhaltungsgrößen
15.1 Zyklische Variable
15.2 Erhaltungssätze der Physik,
Noether-Theorem
Kapitel 16
Kanonische Transformationen
16.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall
16.2 Zeitunabhängiger Fall
16.3 Bedeutung der Methoden
Kapitel 17
Poisson-Klammern
Kapitel 18
Lösungsverfahren von
Hamilton-Jacobi
18.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall
18.2 Zeitunabhängiger Fall
Kapitel 19
Separation der Variablen
Kapitel 20
Wirkungs- und Winkelvariable
Kapitel 21
Beispiele zu Lagrange- und
Hamilton-Funktion
21.1 Harmonischer Oszillator
21.1.1 Aufstellung der Hamilton-Funktion
21.1.2 Lösung nach Hamilton-Jacobi
21.1.3 Lösung mit kanonischer Transformation
21.1.4 Lösung mit Wirkungs- und Winkelvariablen
21.2 Kepler-Problem
21.3 Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld
21.3.1 Lagrange- und Hamilton-Funktion
21.3.2 Bewegte Ladung im homogenen Magnetfeld
Kapitel 22
Kinetische Energie und
Riemann’sche Geometrie
Kapitel 23
Geometrische Optik
und Wellenmechanik
23.1 Der kühne Schritt zur Quantenmechanik
Literatur zu Teil I
Teil II Ältere Quantentheorie
Überblick
Kapitel 24
Quantenmechanik
Ursprung, Tragweite und
Bedeutung
Kapitel 25
Klassische Physik
Kapitel 26
Entdeckungen zur Struktur
der Materie
Kapitel 27 Coulomb-Gesetz, Feldstärke, Potential und Arbeit
Kapitel 28
Anfänge der Quantentheorie
Kapitel 29
Frühe Atommodelle
Kapitel 30
Bohr’sches Atommodell
und Wasserstoffspektrum
Kapitel 31
Quantenzahlen
und Aufbau der Atome
Kapitel 32
Erfolg und Krise
der Quantentheorie
der Anfangszeit
Kapitel 33
Compton-Effekt
Kapitel 34
De Broglies
Welleneigenschaften
der Materie
34.1 Wellenausbreitung und Phasengeschwindigkeit
34.2 Gruppengeschwindigkeit von Wellen
34.3 Relativistische Betrachtung
Literatur zu Teil II
Teil III Quantenmechanik nach Schrödinger
Überblick
Kapitel 35
Der Weg zur modernen
Quantentheorie
Kapitel 36
Die Schrödinger-Gleichung
36.1 Zeitfreie Schrödinger-Gleichung
aus Hamilton’scher Mechanik
36.2 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung
36.2.1 Differentialgleichung der Wellenfunktion
36.2.2 Heuristischer Zugang zur Schrödinger-Gleichung
36.2.3 Teilchenbewegung im konservativen Kraftfeld
36.2.4 Struktur der Schrödinger-Gleichung
Kapitel 37
Darstellung vonWellenpaketen,
Fourier-Transformation
Kapitel 38 Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψ(r, t)
38.1 Doppelspaltversuch mit Elektronen
38.2 Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion
Kapitel 39
Wahrscheinlichkeit,
Erwartungswerte und Momente
39.1 Klassische Wahrscheinlichkeitsaussagen
39.2 Quantenmechanische Wahrscheinlichkeit
Kapitel 40
Gauß-Paket
40.1 Gauß-förmige Wellenfunktion
in Impuls- und Ortsraum
40.2 Unschärferelation
40.3 Zeitentwicklung des Gauß-Pakets
Kapitel 41
Hamilton-Operator
41.1 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung
41.2 Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung,
stationäre Zustände
41.3 Eigenwertproblem
Kapitel 42
Inneres Produkt komplexer
Funktionen
Kapitel 43
Operatoren
und ihre Eigenschaften
43.1 Lineare und hermitesche Operatoren
43.2 Hermitesches Eigenwertproblem
43.3 Entwicklung nach Eigenfunktionen
43.4 Kontinuierliche und gemischte Eigenwertspektren
43.5 Produkte von Operatoren
43.6 Unitäre Operatoren und Transformationen
43.7 Darstellung von Operatoren durch Matrizen
43.8 Ergebnisse für den
hermiteschen Hamilton-Operator H
43.9 Kommutator
43.10 Paritätsoperator
Literatur zu Teil III
Teil IV Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung Eindimensionale Beispiele und Lösungsmethoden
Überblick
Kapitel 44
Eigenschaften der
Wellenfunktionen
44.1 Allgemeine Eigenschaften aus physikalischer Sicht
44.2 Stetigkeitsbedingungen
44.3 Klassifizierung und Energiequantisierung
Kapitel 45
Freies Teilchen im Raum
45.1 Lineare Bewegung
45.2 Normierung der Wellenfunktion bei freien Teilchen
45.3 Kreisendes Teilchen als ebener Rotator
45.4 Kenngrößen von Bewegungen
Kapitel 46
Einfache Potentialvorgaben
46.1 Potentialstufe
46.1.1 Fall A) Wges > W0
46.1.2 Fall B) Wges < W0
46.2 Potentialwall
46.2.1 Fall A) Wges > W0
46.2.2 Fall B) Wges < W0
46.2.3 Transmission und Tunneleffekt
46.3 Potentialtopf
46.3.1 Fall A) Wges > W0
46.3.2 Fall B) Wges < W0
Kapitel 47
Verschiebung der Basislinie
von Potentialfunktionen
Kapitel 48
Methode der Transfer-Matrix
48.1 Transfer-Beschreibung von Potentialstufen
48.2 Transfer-Beschreibung des Potentialwalls
48.2.1 Darstellung der Transitions-Matrizen
48.2.2 Diagonalmatrix bei konstanter potentieller Energie
48.2.3 Symmetrischer Potentialwall
48.3 Transfer-Beschreibung des Potentialtopfs
48.3.1 Fall A) Wges > W0
48.3.2 Fall B) Wges < W0
48.4 Doppelwall
48.5 Finite periodische Strukturen
48.5.1 Rekursionsbeziehung bei Streuproblemen
48.5.2 Mehrfachwall aus Elementarzellen
48.5.3 Mehrfachtopf aus Elementarzellen
Kapitel 49
Periodische Potentialfunktion,
Kronig-Penney-Modell
Kapitel 50
Linearer harmonischer
Oszillator
50.1 Bedeutung
50.2 Differentialgleichung
und Kummer’sche Funktion
50.3 Lösungsmethoden der Differentialgleichung
50.4 Entwicklung der Lösung,
Hermite’sche Polynome
50.5 Eigenwerte und Eigenfunktionen
Literatur zu Teil IV
Teil V Schrödinger-Gleichung in Kugelkoordinaten
Überblick
Kapitel 51
Dreidimensionale Probleme
in Kugelkoordinaten
51.1 Zentrale Kraftfelder
51.2 Separation in Kugelkoordinaten
Kapitel 52
Lösung der Winkelgleichung
52.1 Kugelfunktionen
52.2 Kugelflächenfunktionen
Kapitel 53
Drehimpuls als Operator
53.1 Komponenten des Drehimpulsoperators
53.2 Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren
Kapitel 54
Lösung der Radialgleichung
54.1 Differentialgleichung und Normierung
54.2 Freier Massenpunkt im Raum,
sphärische Bessel-Funktionen
54.3 Sphärischer Potentialtopf mit undurchdringlicher Oberfläche
54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential
54.5 Räumlicher harmonischer Oszillator
Kapitel 55
Wasserstoffatom
55.1 Aufstellung der Differentialgleichung
55.2 Eigenwerte des Wasserstoffatoms
55.3 Eigenfunktionen,
Laguerre’sche Polynome
55.4 Besonderheiten von Eigenfunktionen und Orbitalen
55.5 Vergleich und Bewertung
55.6 Zeeman-Effekt im homogenen Magnetfeld
Kapitel 56
Kratzer’sches Potential
für zweiatomige Moleküle
Kapitel 57
Zwei-Körper-Probleme
Literatur zu Teil V
Teil VI Axiomatische Quantenmechanik
Überblick
Kapitel 58
Axiome, Notation, Postulate
58.1 Axiomatik des Hilbert-Raumes
58.2 Dirac-Notation
für Größen im Hilbert-Raum
58.3 Postulate der Quantenmechanik
Kapitel 59
Erwartungswerte, Operatoren
und Vertauschungsregeln
59.1 Quantenmechanische Erwartungswerte
59.2 Erwartungswert des Ortsvektors
59.3 Erwartungswert des Impulses
59.4 Erwartungswerte nichthermitescher Operatoren
59.5 Vertauschungsregeln von Koordinaten und Impulsen
Kapitel 60
Hamilton-Operator
im elektromagnetischen Feld
Kapitel 61
Zeitliche Änderungen
und Einfluss von Feldern
61.1 Zeitliche Änderung von Erwartungswerten
61.2 Theorem von Ehrenfest
61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen
61.3.1 Energiesatz der Quantenmechanik
61.3.2 Ortsvektor im elektromagnetischen Feld
61.3.3 Impuls im elektromagnetischen Feld
61.3.4 Drehimpuls im elektromagnetischen Feld
61.3.5 Virialsatz
Kapitel 62
Eigenschaften des
Drehimpulsoperators
62.1 Vertauschungsregeln des Drehimpulsoperators
62.2 Eigenwerte des Drehimpulsoperators
62.3 Graphische Darstellung der Richtungsquantisierung
62.4 Drehimpulsoperator in Zentralfeldern
Kapitel 63
Eigenwerte des linearen
harmonischen Oszillators
Kapitel 64
Symmetrien und
Erhaltungsgrößen
64.1 Verschiedene Betrachtungsweisen bei Transformationen
64.2 Translation von Systemen
64.3 Zeitverschiebung von Systemen
64.4 Rotation von Systemen
64.4.1 Vektorkomponenten beim passiven Standpunkt
64.4.2 Vektorkomponenten beim aktiven Standpunkt
64.4.3 Transformation der ebenen Drehung
64.4.4 Eigenschaften der Rotation
64.4.5 Wellenfunktion und Rotationsoperator
64.5 Noether-Theorem
Kapitel 65
Elektronenspin
65.1 Detaillierte Darstellung
des Stern-Gerlach-Versuchs
65.2 Spin und Spinoperator als Folgerungen aus dem Versuch
65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2
65.3.1 Spin-Matrizen, Eigenwerte und Eigenvektoren
65.4 Anmerkung zur Schreibweise von Spingrößen
65.5 Eigenwerte und Eigenzustände bei beliebiger Spin-Richtung
65.6 Spinmoment und Landé-Faktor
65.7 Wellenfunktionen für Teilchen mit Spin
65.8 Pauli-Gleichung
65.9 Pauli-Prinzip
Kapitel 66
Eigenschaften und Addition
allgemeiner Drehimpulse
66.1 Vertauschungsregeln von Drehimpulsoperatoren
66.2 Eigenwerte allgemeiner Drehimpulsoperatoren
66.3 Drehimpuls -Matrizen
66.4 Addition von Drehimpulsen
66.4.1 Vertauschungsregeln, Eigenwerte und Eigenvektoren
66.4.2 Eigentliche Addition
66.4.3 Konkrete Einzeldrehimpulse
66.4.4 Addition zweier Spins
66.4.5 Addition von Bahndrehimpuls und Spin
66.4.5.1 Elektron als besonderer Fall: l und s = 1/2
Literatur zu Teil VI
Teil VII Relativistische Quantenmechanik
Überblick
Kapitel 67
Vierervektoren der Raumzeit
67.1 Bedeutung der Vierer-Formulierung
67.2 Invarianzeigenschaften
67.3 Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie
67.4 Physikalische Vierervektoren
67.5 Ableitung von Vierervektor-Komponenten
Kapitel 68
Klein-Gordon-Gleichung
68.1 Freies Teilchen
68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld
68.2.1 Stationäre Zustände
68.2.2 Wasserstoffatom aus relativistischer Sicht
Kapitel 69
Dirac-Gleichung
69.1 Grundgedanke und Einführung von Matrizen
69.2 Hamilton-Operator und Dirac-Gleichung
69.2.1 Kanonische Dirac-Gleichung
69.2.2 Dirac-Gleichung im elektromagnetischen Feld
69.3 Wahrscheinlichkeitseigenschaften
69.4 Dirac-Spin-Operator
69.5 Dirac-Hamilton-Kommutatoren
69.5.1 Kommutator mit Bahndrehimpulsoperator L
69.5.2 Kommutator mit Spinoperator S
69.5.3 Kommutator mit Gesamtdrehimpulsoperator J
69.5.4 Kommutator mit Operator K
69.5.5 Relativistischer Paritätsoperator
69.6 Dirac-Gleichung in kovarianter Form
69.6.1 Bedingungen für die Kovarianz
69.7 Stationäre Lösungen im elektromagnetischen Feld
69.7.1 Nichtrelativistischer Grenzfall
69.8 Lösung durch ebene Wellen
69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern
69.9.1 Freies Teilchen
69.9.2 Wasserstoffatom
69.10 Negative Energiezustände,
Dirac’s Löcher-Theorie
Kapitel 70
Quantenmechanische
Wellengleichungen
Literatur zu Kapitel VII
Nachwort
Anhang
Schreibweisen undFormelsymbole
Schrifttypen
Mehrfach auftretende Zeichen
Mathematische Zeichen
Mathematische Größen
Physikalische Größen
Kombinationen physikalischer Größen
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Berühmte Wissenschaftler in chronologischer Reihenfolge
Personenverzeichnis
Sachverzeichnis
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Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik
 3658415371, 9783658415372, 9783658415389

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Wolfgang Werner

Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik

Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik

Wolfgang Werner

Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik

Wolfgang Werner Berlin, Deutschland

ISBN 978-3-658-41537-2 ISBN 978-3-658-41538-9 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Reinhard Dapper Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Das Papier dieses Produkts ist recyclebar.

Meiner Frau Nelly gewidmet

Einführung Die Quantenmechanik wird im Rahmen der Naturwissenschaften und darüber hinaus als eine der größten geistigen Errungenschaften angesehen, die die Betrachtung und das prinzipielle Verständnis der Natur sowie vieler physikalischer Teilgebiete grundlegend veränderte. Im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts entwickelte eine Reihe der berühmtesten Physiker eine Theorie über das Verhalten im atomaren Bereich, die unser Weltbild revolutionierte. Seit der Mitte des Jahrhunderts führte das mit dem Aufkommen von Transistoren und immer höher integrierten Schaltkreisen sowie durch Mikroprozessoren, Computer und Laser zu einer unübersehbaren Fülle von Anwendungen in Geräten und Apparaturen auf nahezu allen technischen Gebieten, ohne die die moderne Welt in der heutigen Form undenkbar wäre. Mein Weg zu diesem Thema begann bereits in meinem Studium der Elektro- und Nachrichtentechnik an der Technischen Universität Berlin in den 1960er Jahren, das noch stark von einer breit angelegten ingenieurwissenschaftlichen Ausrichtung geprägt war, die im Grundstudium neben höherer Mathematik und den elektrotechnischen Fächern auch Vorlesungen und Übungen in Physik, technischer Mechanik, Chemie, Werkstoffkunde, Maschinenelementen und Thermodynamik umfasste. Die spezielleren und mathematisch anspruchsvollen Fachgebiete wie Tensorrechnung, Funktionalanalysis und Quantenmechanik waren natürlich nicht Gegenstand meines Diplom-Studienganges, die nur gelegentlich erwähnt und als wichtig und notwendig für entsprechende Fachgebiete bezeichnet wurden. Diese „Lücken“ im naturwissenschaftlichen Weltbild begleiteten mich in meinem gesamten Berufsweg und konnten als Fernziel einer intensiven Erkundung erst im Ruhestand geschlossen werden. So entstanden zunächst die beiden Bände zur Tensorrechnung und ihren Anwendungen, [4]. Aktueller Auslöser für die Beschäftigung mit Hamilton’scher Mechanik und Quantenmechanik waren die Bücher von Susskind, [2], die mir auf VII

VIII dem Flughafen von Kapstadt in die Hände fielen. Dessen Darstellung entsprach zwar nicht meiner eigenen Denk- und Betrachtungsweise, gab aber den Anstoß dazu, anhand anderer Literatur zunächst die nur rudimentär und in groben Zügen bekannte Lagrange’sche und Hamilton’sche Mechanik zu erarbeiten, die als klassische Vorläufer auf Grund allgemeiner Prinzipien der Physik in der Rückschau in harmonischer Weise zur Quantenmechanik führen. Die Darstellung der Quantenmechanik im vorliegenden Buch orientiert sich am historischen Ablauf bei der Entwicklung der Theorie, da diese Vorgehensweise für viele Leser anschaulich und verständlich sein dürfte. Vielen Lesern wird es ähnlich gehen wie mir, dass man zur Einarbeitung in ein nur in Ansätzen bekanntes aber weitgehend unerschlossenes Themengebiet eine Reihe von Fachbüchern mit steigendem Schwierigkeitsgrad in die Hand nehmen und vergleichen muss, um gemäß der Vorkenntnisse, der eigenen Denkweise, der angestrebten Verständnistiefe sowie der mathematischen Ansprüche und Fähigkeiten dem Gedankengang der einzelnen Autoren zu folgen und das noch neue und unvertraute Fachgebiet kennenzulernen, zu durchdringen, zu verstehen und schließlich zum geistigen Eigentum zu machen. Dabei bleibt es nicht aus, dass sich bestimmte Einzelheiten, Gedankengänge und Ergebnisse erst dann dem Verständnis erschließen, wenn es gelingt, die Feinheiten und Erklärungen verschiedener Autoren wie bei einem Puzzlespiel für die eigene Erkenntnis zusammenzusetzen. Wer sich eingehend mit Quantenmechanik beschäftigen will, um ihr Wesen tiefgründig zu verstehen und zu beherrschen, wird feststellen, dass dafür eine umfangreiche Kenntnis höherer Mathematik und zwar auf vielen Teilgebieten notwendig ist, die langfristiges und intensives Erarbeiten und Bemühen erfordert. Denn in dem früh erschienenen Buch „Quantum Mechanics“ von Pauling und Wilson (1935) 1 wird bereits im Vorwort angemerkt, dass dieses Gebiet der Physik im wesentlichen mathematischen Charakter hat. Um dem Leser das Studium der vorliegenden Darstellung zu erleichtern, wurden aus jahrzehntelanger Berufs- und Lehrerfahrung alle Berechnungen, Ableitungen und Gedankengänge so ausführlich wie möglich dargelegt und gedankliche Sprünge vermieden. Dennoch ist eigene Anstrengung und Mitarbeit unvermeidlich, führt aber auch zur Erkenntnis und macht das Thema zum geistigen Eigentum. Gerade weil die Quantenmechanik eine große Herausforderung sowohl an mathematische Kenntnisse als auch an Abstraktionsfähigkeit und unge1

Pauling/Wilson, Introduction to Quantum Mechanics, Preface, Dover Pub., 1985

IX wohnte Denkweisen stellt, werden viele Verweise auf die einschlägige Literatur angegeben, häufig auch mehrere zu einem behandelten Gegenstand, um dem Leser Möglichkeiten zu weiterer Beschäftigung sowie Alternativen für Darstellung, Argumentation und Ableitung der anspruchsvollen und oft als schwierig angesehenen Themen zu bieten. Einen guten Überblick über mögliche Wege und Zugänge zur Quantenmechanik findet man in [3, S. 887], und für jeden dieser Wege findet man Beispiele in den einzelnen Teilen des vorliegenden Buches: • der historische Weg, der aus klassischen Vorstellungen, mit Näherungen und Irrtümern schließlich zur ausgereiften Theorie führte • der empirische Weg, der durch entscheidende Experimente das Verhalten von Quantenobjekten entschlüsselte • der Hamilton’sche Weg, der den Formalismus der klassischen Mechanik auf Quantenobjekte übertrug und weiterentwickelte • der de Broglie’sche Weg, der den Welle-Teilchen-Dualismus des Lichtes auf die Materie erweiterte • der axiomatische Weg, der am schnellsten zu einem hohen Niveau mit konkreten und weitreichenden Ergebnissen führt Der in Teil I verfolgte Zugang zur Quantenmechanik geht aus von der klassischen Mechanik in der formalen Darstellung von Lagrange und Hamilton, bei der schon früh erfolgreich versucht wurde, mechanische Probleme aus allgemeinen, übergeordneten Prinzipien zu beschreiben und zu lösen. Die dabei entwickelten Methoden und Verfahren boten neben ihrer eigenständigen Bedeutung für die klassische Mechanik wichtige Hilfsmittel und Ausgangspunkte am Beginn der Quantenmechanik vor über hundert Jahren. Der Teil II stellt in historischer Weise die Anfänge der Quantentheorie mit grundlegenden Experimenten dar, durch die man zwar zu wesentlichen Neuerungen im physikalischen Verständnis wie dem Welle-TeilchenDualismus gelangte aber noch weitgehend dem klassischen Denken verhaftet blieb, so dass der Ausbau der Theorie nicht frei von Irrtümern, Umwegen und Paradoxien war. Erst mit der Schrödinger-Gleichung als Eigenwertproblem in Teil III mit Operatoren und insbesondere mit der Born’schen Wahrscheinlichkeitsinterpretation konnten frühere Fehleinschätzungen überwunden und die Quantentheorie auf eine physikalisch befriedigende Grundlage gestellt werden. Als

X Konsequenz musste allerdings die klassische Vorstellung des vollständigen Determinismus physikalischer Phänomene im mikroskopischen Bereich auf Grund der von Heisenberg erkannten Unbestimmtheitsrelation aufgegeben werden. In Teil IV werden eine Reihe wesentlicher Beispiele für das Zusammenwirken von Teilchen und Potentialfunktionen behandelt. Dabei werden die Lösungsmethoden der eindimensionalen Schrödinger-Gleichung als Eigenwertproblem und die auftretenden Lösungsfunktionen dargestellt. Wichtige Erkenntnisse sind hierbei der Tunneleffekt, die Erklärung von Bändermodell und Leitfähigkeit sowie die Berechnung diskreter Energieeigenwerte bei der Behandlung des linearen harmonischen Oszillators. Teil V ist dreidimensionalen Problemstellungen gewidmet. Da die Quantenmechanik am Anfang das Elektron im Coulomb’schen Zentralfeld des Atomkerns untersuchte, bildet die Darstellung der Schrödinger-Gleichung in Kugelkoordinaten die angepasste Möglichkeit zur Beschreibung, deren Separation für die Winkelvariablen auf Kugelflächenfunktionen führt. Da der Drehimpuls nur von den Winkelvariablen abhängt, werden dessen Eigenwerte bestimmt und die zugehörigen Eigenfunktionen als diese Funktionen identifiziert. Dagegen kann die separierte Differentialgleichung der radialen Variablen nur bei Kenntnis oder Vorgabe der Potentialfunktion gelöst werden, was an einigen Beispielen demonstriert wird. Als wichtigster Fall wird das Wasserstoffatom untersucht, dessen Eigenwerte die Bohr’sche Formel bestätigen und dessen Eigenfunktionen durch Laguerre’sche Polynome beschrieben werden. Der hohe Entartungsgrad der Eigenfunktionen beim Coulomb’schen Zentralfeld wird durch Vorgabe einer anderen radialen Potentialfunktion wie beim Kratzer-Potential reduziert. Die fünf ersten Teile des Buches bieten einen mathematischen Weg, der zwar nicht immer einfach und mühelos ist, sich aber für Naturwissenschaftler und Ingenieure auf den vertrauten Bahnen der Analysis mit der Lösung von Differentialgleichungen und Eigenwertproblemen bewegt. Mit den auf diese Weise gewonnenen Erkenntnissen wird in Teil VI schließlich der axiomatische Weg beschritten, der mitunter auch als „harter Zugang“ bezeichnet wird, [1, S. 2]. Hier werden die Grundsätze der Quantenmechanik auf Grund der bisherigen Erfahrungen und Einsichten in einer Reihe von Postulaten formuliert.

XI Die Beschreitung dieses Weges wird erleichtert durch eine spezielle, von Dirac stammende Notation, erfordert aber abstrakte Gedankengänge und hohen mathematischen Aufwand, bis schließlich die heutige ausgereifte Form der axiomatischen Quantenmechanik mit Operatoren, Erwartungswerten, nichtkommutativer Algebra und den als kennzeichnend und wesentlich betrachteten Vertauschungsregeln erreicht wird. Diese Regeln erlauben die Berechnung von Eigenwerten, die auch halbzahlig sein können, ohne dass man die Kenntnis der zugehörigen Eigenfunktionen benötigt. Aus Symmetriebetrachtungen ergeben sich Erhaltungssätze und das Noether-Theorem. In axiomatischer Weise wird der Elektronenspin als klassisch nicht erklärbare, intrinsische Eigenschaft beschrieben und die Addition von Drehimpulsen untersucht. Im letzten Teil VII wird die bisherige nichtrelativistische Schrödinger-Theorie zur kovarianten Darstellung erweitert, die der Lorentz-Transformation genügt. Dazu werden am Anfang Ergebnisse von spezieller Relativitätstheorie, Raumzeit und Vierervektoren angegeben. Sowohl in der Klein-Gordon-Gleichung für Spin-0-Teilchen als auch in der Dirac-Gleichung für Spin-1/2-Teilchen treten durch die relativistische Formulierung negative Energielösungen auf, die Dirac bei seiner Behandlung der Quantenmechanik zur Löcher-Theorie und zur Vorhersage des Positrons führten. Die Dirac-Gleichung ist wie die Pauli-Gleichung keine skalare sondern eine Matrixgleichung, deren Lösungsfunktionen mehrkomponentige Spinoren sind. Ein wichtiges Ergebnis besteht in Berechnung und Aufklärung der Feinstruktur des Wasserstoffatoms. Am Ende der jeweiligen Buchteile ist die dort zitierte Literatur alphabetisch aufgeführt, in denen der Leser weitere oder ausführlichere Aspekte der behandelten Sachgebiete finden kann. Die behandelten Themenbereiche sind ausführlich im Inhaltsverzeichnis angegeben, so dass man ein gesuchtes Sachgebiet schnell und einfach auffinden kann. Am Ende des Buches schließen sich Verzeichnisse an, in denen alle Formelzeichen, Abbildungen, Tabellen und Personen aufgeführt sind. Im Personenverzeichnis sind auftretende Namen nicht an allen sondern nur entscheidenden Stellen angegeben, denn manche personenbezogenen Begriffe wie Hamilton-... treten z.T. recht häufig auf. Um einen speziellen Begriff zu finden, sind im Sachverzeichnis die Stichwörter weitgehend in Kategorien zusammengefasst, was durch die Bestimmungssubstantive unserer Sprache in einfacher Weise ermöglicht wird.

XII Viele Begriffe erscheinen auch mehrfach oder können an Hand von Verweisen unter anderen Stichwörtern aufgefunden werden. Zusätzlich werden Abkürzungen & Schreibweisen sowie Kernaussagen als eigene Stichwörter aufgeführt.

Literaturverzeichnis [1] Rebhan, Eckhard: Theoretische Physik: Quantenmechanik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg (2008) [2] Susskind, Leonhard et al.: The Theoretical Minimum I/II, Classical Mechanics / Quantum Mechanics Penguin Books (2013/14) [3] Vogel, Helmut: Gerthsen Physik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 19. Aufl. (1995) [4] Werner, Wolfgang: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, I/II, Springer Vieweg, Wiesbaden (2019)

XIII

Inhaltsverzeichnis I

Klassische Mechanik nach Lagrange und Hamilton

1

Überblick

3

1 Grundgesetz der Dynamik

4

2 Systeme und Kräfte bei eingeschränkter Bewegungsfreiheit

6

3 Generalisierte Koordinaten

9

4 Lösungswege bei gebundenen Systemen 11 4.1 Virtuelle Verrückungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 5 Prinzip der virtuellen Arbeit

13

6 D’Alembert’sches Prinzip

16

7 Lagrange’sche Gleichungen

18

8 Forminvarianz der Lagrange’schen Gleichungen

24

9 Kanonisch konjugierte Impulse und Wirkung

26

10 Hamilton-Funktion und kanonische Bewegungsgleichungen 28 11 Integralprinzipien in Mechanik und Physik

33

12 Hamilton’sches Prinzip der stationären Wirkung

35

13 Orts-, Konfigurations- und Phasenraum

38

XIV

XV

Inhaltsverzeichnis 14 Bewegungen im Phasenraum, Liouville’scher Satz

40

15 Zyklische Variable und Erhaltungsgrößen 43 15.1 Zyklische Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 15.2 Erhaltungssätze der Physik, Noether-Theorem . . . . . . . 45 16 Kanonische Transformationen 49 16.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 16.2 Zeitunabhängiger Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 16.3 Bedeutung der Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 17 Poisson-Klammern

54

18 Lösungsverfahren von Hamilton-Jacobi 58 18.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 18.2 Zeitunabhängiger Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 19 Separation der Variablen

64

20 Wirkungs- und Winkelvariable

67

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion 21.1 Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . 21.1.1 Aufstellung der Hamilton-Funktion . . . . . 21.1.2 Lösung nach Hamilton-Jacobi . . . . . . . 21.1.3 Lösung mit kanonischer Transformation . . . 21.1.4 Lösung mit Wirkungs- und Winkelvariablen . 21.2 Kepler-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld . . . 21.3.1 Lagrange- und Hamilton-Funktion . . . . 21.3.2 Bewegte Ladung im homogenen Magnetfeld . 22 Kinetische Energie und Riemann’sche Geometrie

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

70 70 70 71 73 75 76 84 84 88 90

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik 93 23.1 Der kühne Schritt zur Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . 99 Literatur zu Teil I

104

XVI

II

Inhaltsverzeichnis

Ältere Quantentheorie

109

Überblick

111

24 Quantenmechanik - Ursprung, Tragweite und Bedeutung

112

25 Klassische Physik

114

26 Entdeckungen zur Struktur der Materie

116

27 Coulomb-Gesetz, Feldstärke, Potential und Arbeit

118

28 Anfänge der Quantentheorie

120

29 Frühe Atommodelle

125

30 Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum

127

31 Quantenzahlen und Aufbau der Atome

135

32 Erfolg und Krise der Quantentheorie der Anfangszeit

142

33 Compton-Effekt

144

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie 147 34.1 Wellenausbreitung und Phasengeschwindigkeit . . . . . . . . . 148 34.2 Gruppengeschwindigkeit von Wellen . . . . . . . . . . . . . . 150 34.3 Relativistische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Literatur zu Teil II

157

III

161

Quantenmechanik nach Schrödinger

Überblick

163

35 Der Weg zur modernen Quantentheorie

164

36 Die Schrödinger-Gleichung 166 36.1 Zeitfreie Schrödinger-Glg. aus Hamilton’scher Mechanik . 166 36.2 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . 168

XVII

Inhaltsverzeichnis

36.2.1 36.2.2 36.2.3 36.2.4

Differentialgleichung der Wellenfunktion . . . . . . Heuristischer Zugang zur Schrödinger-Gleichung Teilchenbewegung im konservativen Kraftfeld . . . Struktur der Schrödinger-Gleichung . . . . . . .

. . . .

. . . .

168 170 172 173

37 Darstellung von Wellenpaketen, Fourier-Transformation 174 38 Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψpr, tq 178 38.1 Doppelspaltversuch mit Elektronen . . . . . . . . . . . . . . . 178 38.2 Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion . . . . . . . . 180 39 Wahrscheinlichkeit, Erwartungswerte und Momente 185 39.1 Klassische Wahrscheinlichkeitsaussagen . . . . . . . . . . . . . 185 39.2 Quantenmechanische Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . 187 40 Gauß-Paket 188 40.1 Gauß-förmige Wellenfunktion in Impuls- und Ortsraum . . . 188 40.2 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 40.3 Zeitentwicklung des Gauß-Pakets . . . . . . . . . . . . . . . 191 41 Hamilton-Operator 195 41.1 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . 195 41.2 Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichg., stationäre Zustände 197 41.3 Eigenwertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 42 Inneres Produkt komplexer Funktionen 43 Operatoren und ihre Eigenschaften 43.1 Lineare und hermitesche Operatoren . . . . . . . . . . . 43.2 Hermitesches Eigenwertproblem . . . . . . . . . . . . . . 43.3 Entwicklung nach Eigenfunktionen . . . . . . . . . . . . 43.4 Kontinuierliche und gemischte Eigenwertspektren . . . . 43.5 Produkte von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.6 Unitäre Operatoren und Transformationen . . . . . . . . 43.7 Darstellung von Operatoren durch Matrizen . . . . . . . 43.8 Ergebnisse für den hermiteschen Hamilton-Operator H 43.9 Kommutator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.10Paritätsoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

201

. . . . . . .

. . . . . . . . . . . .

204 . 204 . 206 . 208 . 209 . 211 . 211 . 214 . 216 . 217 . 220

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Literatur zu Teil III

IV

224

Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung, Eindimensionale Beispiele und Lösungsmethoden

229

Überblick

231

44 Eigenschaften der Wellenfunktionen 232 44.1 Allgemeine Eigenschaften aus physikalischer Sicht . . . . . . . 232 44.2 Stetigkeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 44.3 Klassifizierung und Energiequantisierung . . . . . . . . . . . . 233 45 Freies Teilchen im Raum 45.1 Lineare Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45.2 Normierung der Wellenfunktion bei freien Teilchen 45.3 Kreisendes Teilchen als ebener Rotator . . . . . . . 45.4 Kenngrößen von Bewegungen . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

239 239 242 245 248

46 Einfache Potentialvorgaben 46.1 Potentialstufe . . . . . . . . . . . . . . 46.1.1 Fall A) Wges ą W0 . . . . . . 46.1.2 Fall B) Wges ă W0 . . . . . . 46.2 Potentialwall . . . . . . . . . . . . . . 46.2.1 Fall A) Wges ą W0 . . . . . . 46.2.2 Fall B) Wges ă W0 . . . . . . 46.2.3 Transmission und Tunneleffekt 46.3 Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . 46.3.1 Fall A) Wges ą W0 . . . . . . 46.3.2 Fall B) Wges ă W0 . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

249 250 251 253 255 257 260 262 263 264 267

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

47 Verschiebung der Basislinie von Potentialfunktionen 48 Methode der Transfer-Matrix 48.1 Transfer-Beschreibung von Potentialstufen . . . . 48.2 Transfer-Beschreibung des Potentialwalls . . . . . 48.2.1 Darstellung der Transitions-Matrizen . . . 48.2.2 Diagonalmatrix bei konstanter potentieller 48.2.3 Symmetrischer Potentialwall . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . Energie . . . . .

274

. . . . .

. . . . .

278 278 281 281 284 285

XIX

Inhaltsverzeichnis

48.3 Transfer-Beschreibung des Potentialtopfs . . . . . 48.3.1 Fall A) Wges ą W0 . . . . . . . . . . . . 48.3.2 Fall B) Wges ă W0 . . . . . . . . . . . . 48.4 Doppelwall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48.5 Finite periodische Strukturen . . . . . . . . . . . 48.5.1 Rekursionsbeziehung bei Streuproblemen . 48.5.2 Mehrfachwall aus Elementarzellen . . . . . 48.5.3 Mehrfachtopf aus Elementarzellen . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

. . . . . . . .

49 Periodische Potentialfunktion, Kronig-Penney-Modell 50 Linearer harmonischer Oszillator 50.1 Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50.2 Differentialgleichung und Kummer’sche Funktion . 50.3 Lösungsmethoden der Differentialgleichung . . . . . 50.4 Entwicklung der Lösung, Hermite’sche Polynome 50.5 Eigenwerte und Eigenfunktionen . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . . . . .

287 287 288 291 294 294 296 300 306

. . . . .

313 . 313 . 314 . 317 . 318 . 322

Literatur zu Teil IV

327

V

333

Schrödinger-Gleichung in Kugelkoordinaten

Überblick

335

51 Dreidimensionale Probleme in Kugelkoordinaten 336 51.1 Zentrale Kraftfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 51.2 Separation in Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 52 Lösung der Winkelgleichung 340 52.1 Kugelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 52.2 Kugelflächenfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 53 Drehimpuls als Operator 348 53.1 Komponenten des Drehimpulsoperators . . . . . . . . . . . . . 348 53.2 Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren . 352

XX

Inhaltsverzeichnis

54 Lösung der Radialgleichung 358 54.1 Differentialgleichung und Normierung . . . . . . . . . . . . . . 358 54.2 Freier Massenpunkt im Raum, sphärische Bessel-Funktionen 360 54.3 Sphärischer Potentialtopf mit undurchdringlicher Oberfläche . 363 54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential . . . . . . . 366 54.5 Räumlicher harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . 374 55 Wasserstoffatom 55.1 Aufstellung der Differentialgleichung . . . . . . . . 55.2 Eigenwerte des Wasserstoffatoms . . . . . . . . . . 55.3 Eigenfunktionen, Laguerre’sche Polynome . . . . 55.4 Besonderheiten von Eigenfunktionen und Orbitalen 55.5 Vergleich und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . 55.6 Zeeman-Effekt im homogenen Magnetfeld . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

379 380 382 384 389 393 394

56 Kratzer’sches Potential für zweiatomige Moleküle

397

57 Zwei-Körper-Probleme

404

Literatur zu Teil V

408

VI

413

Axiomatische Quantenmechanik

Überblick

415

58 Axiome, Notation, Postulate 417 58.1 Axiomatik des Hilbert-Raumes . . . . . . . . . . . . . . . . 417 58.2 Dirac-Notation für Größen im Hilbert-Raum . . . . . . . . 420 58.3 Postulate der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln 59.1 Quantenmechanische Erwartungswerte . . . . . . . . . . . 59.2 Erwartungswert des Ortsvektors . . . . . . . . . . . . . . . 59.3 Erwartungswert des Impulses . . . . . . . . . . . . . . . . 59.4 Erwartungswerte nichthermitescher Operatoren . . . . . . 59.5 Vertauschungsregeln von Koordinaten und Impulsen . . . 60 Hamilton-Operator im elektromagnetischen Feld

. . . . .

. . . . .

428 428 431 432 435 436 439

XXI

Inhaltsverzeichnis

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern 61.1 Zeitliche Änderung von Erwartungswerten . . . . . . . . 61.2 Theorem von Ehrenfest . . . . . . . . . . . . . . . . . 61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen 61.3.1 Energiesatz der Quantenmechanik . . . . . . . . 61.3.2 Ortsvektor im elektromagnetischen Feld . . . . . 61.3.3 Impuls im elektromagnetischen Feld . . . . . . . 61.3.4 Drehimpuls im elektromagnetischen Feld . . . . . 61.3.5 Virialsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators 62.1 Vertauschungsregeln des Drehimpulsoperators . . . 62.2 Eigenwerte des Drehimpulsoperators . . . . . . . . 62.3 Graphische Darstellung der Richtungsquantisierung 62.4 Drehimpulsoperator in Zentralfeldern . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . . . . .

. . . .

. . . . . . . .

441 . 441 . 443 . 445 . 445 . 446 . 447 . 448 . 450

. . . .

452 . 452 . 456 . 461 . 463

63 Eigenwerte des linearen harmonischen Oszillators 64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen 64.1 Verschiedene Betrachtungsweisen bei Transformationen 64.2 Translation von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . 64.3 Zeitverschiebung von Systemen . . . . . . . . . . . . . 64.4 Rotation von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.4.1 Vektorkomponenten beim passiven Standpunkt 64.4.2 Vektorkomponenten beim aktiven Standpunkt . 64.4.3 Transformation der ebenen Drehung . . . . . . 64.4.4 Eigenschaften der Rotation . . . . . . . . . . . 64.4.5 Wellenfunktion und Rotationsoperator . . . . . 64.5 Noether-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

464

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

65 Elektronenspin 65.1 Detaillierte Darstellung des Stern-Gerlach-Versuchs . . . 65.2 Spin und Spinoperator als Folgerungen aus dem Versuch . . 65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2 . . . . . . . . . . . 65.3.1 Spin-Matrizen, Eigenwerte und Eigenvektoren . . . . 65.4 Anmerkung zur Schreibweise von Spingrößen . . . . . . . . 65.5 Eigenwerte und Eigenzustände bei beliebiger Spin-Richtung 65.6 Spinmoment und Landé-Faktor . . . . . . . . . . . . . . . .

468 . 468 . 469 . 473 . 474 . 474 . 476 . 477 . 478 . 479 . 482

. . . . . . .

484 485 490 493 495 501 503 505

XXII

Inhaltsverzeichnis

65.7 Wellenfunktionen für Teilchen mit Spin . . . . . . . . . . . . . 506 65.8 Pauli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 65.9 Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 510 66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse 66.1 Vertauschungsregeln von Drehimpulsoperatoren . . . . . . . 66.2 Eigenwerte allgemeiner Drehimpulsoperatoren . . . . . . . . 66.3 Drehimpuls -Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66.4 Addition von Drehimpulsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66.4.1 Vertauschungsregeln, Eigenwerte und Eigenvektoren 66.4.2 Eigentliche Addition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66.4.3 Konkrete Einzeldrehimpulse . . . . . . . . . . . . . . 66.4.4 Addition zweier Spins . . . . . . . . . . . . . . . . . 66.4.5 Addition von Bahndrehimpuls und Spin . . . . . . .

515 . 515 . 517 . 519 . 522 . 522 . 524 . 530 . 531 . 534

Literatur zu Teil VI

548

VII

553

Relativistische Quantenmechanik

Überblick 67 Vierervektoren der Raumzeit 67.1 Bedeutung der Vierer-Formulierung . . . . . 67.2 Invarianzeigenschaften . . . . . . . . . . . . 67.3 Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie . 67.4 Physikalische Vierervektoren . . . . . . . . . 67.5 Ableitung von Vierervektor-Komponenten .

555

. . . . .

. . . . .

. . . . .

68 Klein-Gordon-Gleichung 68.1 Freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld . . . . . . . 68.2.1 Stationäre Zustände . . . . . . . . . . . . 68.2.2 Wasserstoffatom aus relativistischer Sicht

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

. . . . .

. . . .

556 556 557 558 562 565

. . . . .

. . . . .

. . . .

566 . 566 . 569 . 572 . 573

69 Dirac-Gleichung 578 69.1 Grundgedanke und Einführung von Matrizen . . . . . . . . . . 578 69.2 Hamilton-Operator und Dirac-Gleichung . . . . . . . . . . 583 69.2.1 Kanonische Dirac-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . 583

XXIII

Inhaltsverzeichnis

69.2.2 Dirac-Gleichung im elektromagnetischen Feld 69.3 Wahrscheinlichkeitseigenschaften . . . . . . . . . . . . 69.4 Dirac-Spin-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69.5 Dirac-Hamilton-Kommutatoren . . . . . . . . . . . 69.5.1 Kommutator mit Bahndrehimpulsoperator L . 69.5.2 Kommutator mit Spinoperator S . . . . . . . . 69.5.3 Kommutator mit Gesamtdrehimpulsoperator J 69.5.4 Kommutator mit Operator K . . . . . . . . . . 69.5.5 Relativistischer Paritätsoperator . . . . . . . . 69.6 Dirac-Gleichung in kovarianter Form . . . . . . . . . 69.6.1 Bedingungen für die Kovarianz . . . . . . . . . 69.7 Stationäre Lösungen im elektromagnetischen Feld . . . 69.7.1 Nichtrelativistischer Grenzfall . . . . . . . . . . 69.8 Lösung durch ebene Wellen . . . . . . . . . . . . . . . 69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern . . . . . . . . . . . 69.9.1 Freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69.9.2 Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . . . . . . 69.10Negative Energiezustände, Dirac’s Löcher-Theorie

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . . .

584 584 586 590 590 591 592 593 594 595 598 601 602 603 609 615 616 623

70 Quantenmechanische Wellengleichungen

626

Literatur zu Teil VII

628

Nachwort

631

Anhang

633

Schreibweisen und Formelsymbole

634

Abbildungsverzeichnis

642

Tabellenverzeichnis

645

Berühmte Wissenschaftler

646

Personenverzeichnis

650

Sachverzeichnis

652

Teil I

Klassische Mechanik nach Lagrange und Hamilton

1

Überblick Die Newton’schen Grungesetze und die darauf gegründete klassische Mechanik bilden den Beginn der mathematisch basierten Physik. Im Laufe der folgenden anderthalb Jahrhunderte suchten viele berühmte Naturwissenschaftler neben Methoden zur Lösung von vielfältigen konkreten Aufgabenstellungen nach übergeordneten Prinzipien, mit denen sich die Phänomene der Natur in einer allgemein gültigen Weise behandeln lassen. Diese Betrachtungsweise fand im Hamilton’schen Prinzip der stationären Wirkung ihren Abschluss, das einem grundsätzlichen Verständnis der Physik dient und auch den Ausgangspunkt bei der Entwicklung der Quantenmechanik bildete. Der Weg zu diesen Prinzipien, ihre Anwendung und ausgewählte Beispiele werden dargestellt und abschließend wird ein Blick auf den Zusammenhang mit der Quantenmechanik geworfen.

3

Kapitel 1

Grundgesetz der Dynamik Als Teilgebiet der Physik ist die Mechanik die Lehre von den Kräften und der von ihnen verursachten Bewegung von Massenpunkten und aus diesen aufgebauten Körpern. Ihre besondere Aufgabe besteht in der Aufstellung von Bewegungsgleichungen, deren Lösung es gestattet, die Bahn mechanischer Objekte zu ermitteln oder vorherzusagen. Die Grundlage für diese Aufgabe legte Isaac Newton in seinem fundamentalen Buch Principia von 1687, das den Beginn der mathematischen Beschreibung der Natur und damit der quantitativen Naturwissenschaften überhaupt bedeutete. Nach dem 2. Newton’schen Gesetz erfolgt die zeitliche Änderung des Impulses p durch eine am Massenpunkt m angreifende Kraft F , die für zeitlich konstante Masse der Beschleunigung a proportional ist.

F “

˘ d ` dv dr9 dp “ mv “ m “m “ m r: “ m a dt dt dt dt

(1.1)

Dieses Gesetz von Newton in der Euler’schen Fassung heißt Bewegungsgesetz oder Grundgesetz der Dynamik, das das Newton’sche Aktionsprinzip darstellt. • Totale Zeitableitungen d{dt werden nach Newton durch Punkte über der abgeleiteten Größe abgekürzt, was bei partiellen Ableitungen B{Bt nicht geschieht. 4

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_1

5

Der Ortsvektor rptq besitzt im dreidimensionalen euklidischen Raum drei Zeitfunktionen für seine kartesischen Komponenten. rptq “ xptq ex ` yptq ey ` zptq ez Die Kraft, die auf einen Massenpunkt einwirkt und deshalb auch eingeprägte Kraft genannt wird, kann vom Ort, von der Geschwindigkeit und von der Zeit, aber normalerweise nicht von der Beschleunigung abhängen, [31, S. 24]. 9 tq F “ F pr, r, Wenn die einwirkende Kraft gemäß der Aufgabenstellung gegeben ist, kann die Differentialgleichung (1.1) gelöst werden und der mechanische Zustand wird vollständig bestimmt durch die gleichzeitige Vorgabe von r und r9 zu einem festen Zeitpunkt t. Das Grundgesetz (1.1) kann auf ein System von n Massenpunkten erweitert werden, für das folgende Bewegungsgleichungen für die Ortsvektoren gelten. Fk “ mk r:k “ mk ak rk “ rk pxk , yk , zk q

pk “ 1, 2, ... , nq

(1.2)

Das Newton’sche Grundgesetz hat sich bei der Bestimmung der Bewegung von freien Massenpunkten bewährt. Allerdings ist sein Gültigkeitsbereich beschränkt, denn (1.1) versagt sowohl bei unfreien Massenpunkten, die bestimmte Einschränkungen ihrer Bewegung erfüllen müssen wie z.B. bei einem Pendel, als auch bei Rotationsbewegungen, die nur Körper aber kein einzelner Massenpunkt ausführen kann. Daher sind für die Fülle der mechanischen Erscheinungen zweifellos Erweiterungen des einfachen Bewegungsgesetzes erforderlich, [22, S. 2].

Kapitel 2

Systeme und Kräfte bei eingeschränkter Bewegungsfreiheit Ein System heißt freies System, wenn seine Massenpunkte nur eingeprägten Kräften unterliegen aber sonst in ihren Bewegungen nicht eingeschränkt werden, wie das bei den Himmelskörpern der Fall ist. Die Komponenten pxk , yk , zk q der Ortsvektoren rk der Massenpunkte sind dann voneinander unabhängig und unterliegen keinen weiteren Bedingungen. Bei eingeschränkter Bewegungsfreiheit in gebundenen Systemen müssen die Massenpunkte auf Grund vorliegender Bindungen wie Begrenzungen, Führungen oder starren Verbindungen wie Seile oder Stäbe bestimmte Zwangs- oder Nebenbedingungen in Form von Bedingungsgleichungen erfüllen, die die Berechnung der Bewegung erschweren. Zwar nimmt die Zahl der Freiheitsgrade ab, aber in den Bewegungsgleichungen treten dafür zusätzliche Kräfte zur Einhaltung der Nebenbedingungen auf, die normalerweise als Zwangskräfte unbekannt sind. Werden diese Bedingungen durch r Gleichungen dargestellt, die die Koordinaten von Massenpunkten und ggf. der Zeit zueinander in Beziehung setzen, gr prk , tq “ 0

pr ă nq 6

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_2

7

wobei man deren totale Differentiale ÿ Bgr ÿ Bgr ÿ Bgr Bgr dgr “ dt “ 0 dxk ` dyk ` dzk ` k Bxk k Byk k Bzk Bt integrieren kann, dann spricht man nach Heinrich Hertz von holonomen Zwangsbedingungen, [8, S. 59, 148], [13, S. 12], [29, S. 43]. Beispiele dafür sind Massenpunkte, die sich nur auf Kurven oder Flächen bewegen können, durch Seile oder Stäbe gebunden sind oder in starren Körpern feste und zeitlich unveränderte Abstände haben. Zeitunabhängige Nebenbedingungen heißen skleronom (starr), zeitabhängige rheonom (fließend). Beide Begriffe wurden von Ludwig Boltzmann zur Unterscheidung kinematischer Bedingungen eingeführt, [17, S. 52], [18, S. 32], [22, S. 19], [35, S. 3]. Zwangsbedingungen, die sich nicht durch Gleichungen der angegebenen Art darstellen lassen und daher keine totalen Differentiale bilden oder wenn in den Nebenbedingungen auch Geschwindigkeiten r9k auftreten, heißen nichtholonom, [22, S. 20]. Kräfte in gebundenen Systemen werden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Kräfte, die infolge der Bindungen für die Einhaltung der Nebenbedingungen auftreten, heißen Zwangskräfte Zk . Die übrigen werden eingeprägte Kräfte Fk genannt, um ihre Unabhängigkeit von den Nebenbedingungen hervorzuheben. Damit lautet das Bewegungsgesetz nach (1.1) für ein Punktsystem Fk ges “ p9 k “ m r:k “ Fk ` Zk

pk “ 1, 2, ... , nq

(2.1)

Die Bewegung jedes einzelnen Massenpunktes wird durch drei Koordinaten beschrieben, die den Freiheitsgraden der Translation entsprechen. Im einfachsten Fall sind das die kartesischen Koordinaten pxk , yk , zk q. Jede einzelne Nebenbedingung vermindert die Zahl der unabhängigen Lagekoordinaten um Eins. Die Zahl r der Nebenbedingungen schränkt bei n Massenpunkten die Anzahl 3n ein auf die Anzahl f der Freiheitsgrade, die für die eindeutige Lagebestimmung des Systems notwendig und ausreichend sind. f “ 3n ´ r ą 0

(2.2)

8

2 Systeme und Kräfte bei eingeschränkter Bewegungsfreiheit

Zwangsbedingungen führen auf zwei Schwierigkeiten bei der Lösung mechanischer Probleme. • Einerseits sind die Koordinaten der Massenpunkte nicht mehr alle voneinander unabhängig, da sie durch die Nebenbedingungen miteinander verknüpft sind. • Andererseits sind die Zwangskräfte normalerweise nicht bekannt, die als Unbekannte des Problems aus der Lösung gewonnen werden müssen.

Kapitel 3

Generalisierte Koordinaten Die erste Schwierigkeit wird durch die Einführung eines Satzes von generalisierten Koordinaten qi ptq als Zeitfunktionen überwunden. qi “ t q1 , q2 , ... , qf u

(3.1)

Im Folgenden bedeutet die Schreibweise qi stets den gesamten Satz dieser Koordinaten, deren Zahl in einem System mit r Nebenbedingungen gerade der Anzahl f der Freiheitsgrade nach (2.2) entspricht, und die daher voneinander unabhängige Variable darstellen. Dadurch reduziert sich die ursprüngliche Ortsabhängigkeit der Ortsvektoren von den 3n Koordinaten pxk , yk , zk q“pξ ˆ k q auf den folgenden Satz, der die Zwangsbedingungen implizit enthält. Die Ortsvektoren rk sind Zeitfunktionen, die explizit und über die qi ptq mittelbar von der Zeit t abhängen. Die Umkehrung liefert die generalisierten Koordinaten qi als Funktionen der Ortskoordinaten ξk . # ` ˘ + k “ 1, 2, ... , n rk “ rk q1 , q2 , ... , qf , t Ñ (3.2) ` ˘ i “ 1, 2, ... , f qi “ qi xk , yk , zk , t In sphärischen oder Kugelkoordinaten pr, ϑ, ϕq werden die kartesischen Koordinaten folgendermaßen ausgedrückt, x “ r sin ϑ cos ϕ y “ r sin ϑ sin ϕ z “ r cos ϑ 9

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(3.3)

10

3 Generalisierte Koordinaten

bei denen als generalisierte Koordinaten der Abstand rptq und die beiden Winkel ϑptq und ϕptq auftreten. Ortsvektor, Wegelement und Geschwindigkeit lauten in kartesischen und Kugelkoordinaten, [39, I, S. 414]. r “ x ex ` y ey ` z ez Br Br dx ` dy ` Bx By Br Br “ dr ` dϑ ` Br Bϑ

dr “

v“

Br dz “ dx ex ` dy ey ` dz ez Bz Br dϕ “ dr er ` r dϑ eϑ ` r sin ϑ dϕ eϕ Bϕ

dr “ x9 ex ` y9 ey ` z9 ez dt “ r9 er ` r ϑ9 eϑ ` r sin ϑ ϕ9 eϕ

(3.4)

“ v r er ` v ϑ eϑ ` v ϕ eϕ Üblicherweise verwendet man als generalisierte Koordinaten solche der Lage wie Abstände oder Winkel, aber auch andere Größenarten können sich als zweckmäßig erweisen wie Amplituden einer Fourierentwicklung oder Variable der Dimension von Energie oder Drehimpuls, [13, S. 14]. Die zeitlichen Ableitungen der Koordinaten qi , die man mit einem Punkt markiert, heißen generalisierte Geschwindigkeiten, q9i “

3n ÿ Bqi 9 Bqi dqi “ ` ξk dt Bt Bξ k k“1

deren Dimensionen von der Definition der Koordinaten qi abhängen. Man erkennt daraus, dass die Größen q9i sowohl von den kartesischen ξk als auch linear von den ξ9k abhängen. ˘ ` pξ “ x, y, zq (3.5) q9i “ q9i ξk , ξ9k , t Bei skleronomen Nebenbedingungen entfallen bei qi und q9i die jeweiligen expliziten Zeitabhängigkeiten.

Kapitel 4

Lösungswege bei gebundenen Systemen Die Lösung der Bewegungsgleichungen (2.1) für ein System aus Massenpunkten unter Nebenbedingungen kann recht umständlich sein und führt wegen der Zwangskräfte auch nicht immer zum Ziel. Um die zweite Schwierigkeit der unbekannten Zwangskräfte zu überwinden, versucht man die mechanischen Gleichungen so zu formulieren, dass die Zwangskräfte oder die von ihnen verrichtete Arbeit Null werden und damit nicht auftreten. Bereits im 18. Jahrhundert versuchte man diese Fragestellungen in möglichst einfacher und allgemeiner Form in verschiedenen Prinzipien der Mechanik zusammenzufassen, die sich später auch auf anderen Gebieten der Physik als überaus fruchtbar und von großer Bedeutung erwiesen haben.

4.1

Virtuelle Verrückungen

Unter einer virtuellen Verrückung δri versteht man eine infinitesimale Veränderung der geometrischen Systemkonfiguration, die momentan und damit zeitlos mit δt “ 0 und daher mit unendlicher Geschwindigkeit erfolgt, aber mit den Kräften und Zwangsbedingungen verträglich ist. Die Verrückung wird virtuell genannt, um sie von den wirklich auftretenden, realen oder aktuellen Verrückungen dri des Systems zu unterscheiden, die sich während eines Zeitintervalls dt ‰ 0 ereignen. 11

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12

4 Lösungswege bei gebundenen Systemen

Beide Verrückungen dri und δri , die unterschiedliche Richtungen haben können, [17, S. 58], werden nach den gleichen Regeln der Differentialrechnung bestimmt. Man kann den Unterschied der beiden Verrückungen im Falle eines an eine Fläche f px, y, z, tq “ 0 gebundenen Massenpunktes folgendermaßen zeigen, da dessen Koordinaten auch bei differentieller Änderung der Variablen die Flächengleichung erfüllen müssen. Die Differenz f px ` dx, y ` dy, z ` dz, t ` dtq ´ f px, y, z, tq “ 0 führt nach Reihenentwicklung in erster Näherung auf den Ausdruck, Bf Bf Bf Bf Bf dx ` dy ` dz ` dt “ grad f ¨ dr ` dt “ 0 Bx By Bz Bt Bt dem die realen Verrückungen dr genügen müssen. In entsprechender Weise müssen die virtuellen Verrückungen δr wegen δt “ 0 dagegen nur die folgende Beziehung erfüllen. Bf Bf Bf δx ` δy ` δz “ grad f ¨ δr “ 0 Bx By Bz Da grad f und δr in diesem Fall orthogonal sind, liegt δr in der Tangentialebene der Fläche, dr dagegen nur für Bf {Bt “ 0, also bei einer ruhenden Fläche. Allgemein kann man daher sagen, dass bei zeitunabhängigen oder skleronomen Bedingungen der Unterschied zwischen realen und virtuellen Verrückungen entfällt, bei zeitabhängigen oder rheonomen Bedingungen dagegen nicht, [8, S. 63].

Kapitel 5

Prinzip der virtuellen Arbeit Gebundene Massenpunkte nach (2.1) befinden sich im Gleichgewicht, wenn keine Kräfte auf sie einwirken. Fk ges “ Fk ` Zk “ 0

pk “ 1, 2, ... , nq

(5.1)

Dann verschwindet auch die Arbeit als Skalarprodukt der Kräfte längs der virtuellen Verrückungen sowie die Summe aller dieser Produkte. ÿ Fk ges ¨ δrk “ 0 Ñ Fk ges ¨ δrk “ 0 k

Mit (5.1) folgt daraus ÿ k

Fk ¨ δrk `

ÿ k

Zk ¨ δrk “ 0

Werden Massenpunkte gezwungen, sich ohne Reibung auf Flächen oder Kurven zu bewegen, dann sind die Zwangskräfte Zk senkrecht zu diesen Begrenzungen gerichtet, während die virtuellen Verrückungen tangential erfolgen, so dass die zweite Summe wegen der Orthogonalität der Vektoren Zk und δrk Null ergibt. ÿ Zk ¨ δrk “ 0 (5.2) k

Die Zwangskräfte verrichten daher keine virtuelle Zwangsarbeit! Als Konsequenz und als Bedingung für das Gleichgewicht in reibungsfreien Systemen verschwindet die virtuelle Arbeit der eingeprägten 13

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14

5 Prinzip der virtuellen Arbeit

Kräfte Fk , was als Prinzip der virtuellen Arbeit bezeichnet wird. n ÿ

Fk ¨ δrk “ 0

(5.3)

k“1

Da die virtuellen Verrückungen δrk wegen der Zwangsbedingungen nicht vollständig unabhängig sind, kann man aus (5.3) nicht das Verschwinden der Einzelkräfte Fk folgern. Erst nach Überführung des Prinzips in eine Form, die nur die virtuellen Verrückungen δqi der voneinander unabhängigen generalisierten Koordinaten qi enthält, kann man die Kraftkoeffizienten einzeln Null setzen. Die reine Mechanik befasst sich nur mit reibungsfreien Systemen. Tritt bei gleitenden Körpern Reibung auf, dann gilt das Coulomb’sche Reibungsgesetz. Nach diesem empirischen Gesetz ist die auftretende Reibungskraft R der Geschwindigkeit v des auf einer Kurve oder Fläche gleitenden Körpers entgegengerichtet. Ihr Betrag ist dem senkrecht zur Begrenzung wirkenden Normaldruck N proportional mit einem Faktor μ, der Koeffizient der Gleitreibung heißt. Dieser Gleitreibungskoeffizient muss experimentell bestimmt werden, denn er hängt ab von den sich berührenden Materialien und ob Trockenreibung vorliegt oder Schmierung verwendet wird. R “ ´μN

v v

Bei Bewegungen auf vorgegebenen Kurven oder Flächen kann man die Reibung dadurch berücksichtigen, dass man R zu den eingeprägten Kräften Fk addiert, wodurch das mechanische Problem schwieriger zu lösen ist, [8, S. 59], [34, S. 278]. Im weiteren Verlauf werden nur reibungsfreie Systeme betrachtet. Das Prinzip der virtuellen Arbeit nimmt eine sehr einfache Form an, wenn die eingeprägten Kräfte konservativ sind und sich als negative Gradienten skalarer Ortsfunktionen darstellen lassen. Fk “ ´ grad Wk

Ñ

n ÿ k“1

Wk “ Wpot

(5.4)

15 ˘ ` Die Summe solcher Funktionen Wk rk pqi q , die nur von den Koordinaten qi aber nicht von den Geschwindigkeiten q9i abhängen, heißt seit 1773 nach Joseph Louis de Lagrange potentielle Energie Wpot oder Potentialfunktion. Wegen der Zeitabhängigkeit der Ortsvektoren bzw. der generalisierten Koordinaten gilt allgemein für Potentialfunktionen $ ’ & Wpot pqi , tq ÿ ` ˘ (5.5) Wk “ Wpot rk pqi q Ñ dWpot ’ % “ 0 k dq9i Das Prinzip der virtuellen Arbeit (5.3) lautet dann ´

n ÿ k“1

Fk ¨ δrk “

n ÿ

grad Wk ¨ δrk “

k“1

n ÿ

δWk “ δWpot “ 0

k“1

Damit besitzt die potentielle Energie eines Systems aus Massenpunkten unter dem Einfluss konservativer Kräfte im Gleichgewicht einen Extremwert. δWpot “

n ÿ

δWk “ 0

k“1

Je nachdem, ob es sich bei dem Extremwert um ein Minimum, ein Maximum oder einen Sattelpunkt handelt, nennt man das Gleichgewicht stabil, labil oder indifferent.

Kapitel 6

D’Alembert’sches Prinzip Das Prinzip der virtuellen Arbeit gilt nur für die Statik. Um zu einem Prinzip zu gelangen, das auch die Bewegungen eines Systems umfasst, verwendete Jakob Bernoulli einen Gedanken, der von Jean le Rond D’Alembert 1743 weiter entwickelt wurde, [13, S. 17], [22, S. 30], [35, S. 55]. Das Grundgesetz (1.1) F ´ m r: “ F ´ p9 “ 0 kann man auch so interpretieren, dass sich ein Massenpunkt m im Gleichgewicht befindet, wenn man zur Kraft F , die die Bewegung bewirkt, die D’Alembert’sche Trägheitskraft p´m: r q hinzufügt. Dadurch wird das dynamische Problem auf ein statisches zurückgeführt. Bei einem Punktsystem zerlegt man die Gleichung (2.1) nach eingeprägten Kräften Fk und Zwangskräften Zk . ˘ ` Fk ges ´ p9 k “ Fk ´ p9 k ` Zk “ 0 pk “ 1, 2, ... , nq Den Anteil Fk ´p9 k nennt man auch verlorene Kraft, da er bei vorhandenen Bindungen nicht zum Bewegungsantrieb, also zur Beschleunigung, beiträgt, [8, S. 66, 146]. Mit der Überlegung nach Gleichung (5.1) kann man für die virtuelle Arbeit schreiben, n ÿ `

Fk ´ p9 k ¨ δrk ` ˘

k“1

n ÿ

Zk ¨ δrk “ 0 k“1 loooooomoooooon “0

16

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17

bei der die Zwangskräfte bei Reibungsfreiheit nach der Begründung bei (5.2) wegen der Orthogonalität der Vektoren keinen Beitrag zur Arbeit liefern. Das D’Alembert’sche Prinzip lautet damit, dass die virtuelle Arbeit der verlorenen Kräfte verschwindet. n ÿ `

˘ Fk ´ p9 k ¨ δrk “ 0

(6.1)

k“1

Mit diesem Prinzip wird die Dynamik formal auf die Statik zurückgeführt! Das D’Alembert’sche Prinzip kann aus den Newton’schen Axiomen nicht ohne die zusätzliche Annahme der verschwindenden Zwangsarbeit (5.2) abgeleitet werden, dessen Gültigkeit als eigenständiges Prinzip der Mechanik daher nur durch die Erfahrung bestätigt werden kann. Das D’Alembert’sche Prinzip geht aus vom augenblicklichen Systemzustand mit kleinen virtuellen Verrückungen und stellt aus diesem Grund ein Differentialprinzip dar.

Kapitel 7

Lagrange’sche Gleichungen In der weiteren Darstellung werden nur noch generalisierte Koordinaten verwendet, bei denen der Index i stets die Folge 1, 2, ... , f der Freiheitsgrade nach (2.2) durchläuft. Man bildet für den Satz der Ortsvektoren (3.2) im System von n Massenpunkten ` ˘ rk “ rk t, q1 ptq, q2 ptq, ... , qf ptq pk “ 1, 2, ... , nq (7.1) das totale Differential drk “

f ÿ Brk Brk dt ` dqi Bt Bqi i“1

Beim Differential der virtuellen Verrückungen entfällt wegen δt “ 0 der erste Summand. f ÿ Brk δrk “ δqi Bqi i“1

(7.2)

Aus der Zeitableitung f ÿ Brk δrk q9i “ vk “ dt Bqi i“1

erhält man die Beziehung ˙ ˆ f B δrk Bvk B r9 k B ÿ Brk Brk q9i “ “ “ “ B q9μ dt B q9μ B q9μ B q9μ i“1 Bqi Bqμ 18

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(7.3)

19

Damit folgt für die virtuelle Arbeit der eingeprägten Kräfte Fk in (6.1), n ÿ

Fk ¨ δrk “

f n ÿ ÿ

Fk ¨

k“1 i“1

k“1

f ÿ Brk δqi “ Φi δqi Bqi i“1

bei der die Größen Φi “

n ÿ

Fk ¨

k“1

Brk Bqi

(7.4)

als Komponenten einer generalisierten Kraft bezeichnet werden. Da die Koordinaten qi keine Längen sein müssen, haben auch die Φi nicht notwendig die Dimension einer Kraft. Beim zweiten Anteil von (6.1) erhält man mit (7.2) n ÿ

p9 k ¨ δrk “

f n ÿ ÿ

mk r:k ¨

k“1 i“1

k“1



Brk δqi Bqi

f n ÿ ÿ i“1

Brk mk r:k ¨ δqi Bqi k“1 looooooooomooooooooon “ Si

Si wird nach der Produktformel umgewandelt und (7.3) wird eingesetzt. j n „ ÿ d ´ Brk ¯ d ´ Brk ¯ ´ mk r9 k ¨ mk r9 k ¨ Si “ dt Bqi dt Bqi k“1 j n „ ÿ d ´ Bvk ¯ B ´ drk ¯ ´ mk v k ¨ mk vk ¨ “ dt B q9i Bqi loomoon dt k“1 “v

k * n " ÿ d ” B ´ mk 2 ¯ ı B ´ mk 2 ¯ “ ´ v v dt B q9i 2 k Bqi 2 k k“1 n n B ´ ÿ mk 2 ¯ d ” B ´ ÿ mk 2 ¯ ı ´ vk v “ dt B q9i k“1 2 Bqi k“1 2 k

Die Summen stellen die kinetische Energie des Systems dar. E kin

n ÿ mk 2 v ą 0 “ 2 k k“1

20

7 Lagrange’sche Gleichungen

Bei Darstellung durch generalisierte Koordinaten hängt die kinetische Energie normalerweise nicht nur von den q9i sondern auch von den qi selbst ab. In kartesischen und Kugelkoordinaten (3.3) lautet die kinetische Energie gemäß (3.4), ˘ m 2 m` 2 E kin “ v “ x9 ` y9 2 ` z9 2 2 2 (7.5) ˘ m` 2 “ r9 ` r2 ϑ9 2 ` r2 sin2 ϑ ϕ9 2 2 woran man erkennt, dass im zweiten Ausdruck neben den Geschwindigkeiten 9 ϕ9 auch die Koordinaten r und ϑ explizit auftreten. r, 9 ϑ, Allgemein sind daher mit (5.5) potentielle und kinetische Energie Funktionen der folgenden Größen. Wpot “ Wpot pqi , tq

E kin “ E kin pqi , q9i q

(7.6)

Damit erhält man insgesamt den zweiten Anteil des D’Alembert’schen Prinzips (6.1), * f f " n ÿ ÿ ÿ d ” BE kin ı BE kin Si δqi “ ´ p9 k ¨ δrk “ dt B q9i Bqi i“1 i“1 k“1 das mit (7.4) auf die Darstellung führt * f " ÿ d ” BE kin ı BE kin ´ Φi δqi “ 0 ´ dt B q9i Bqi i“1

(7.7)

Da die virtuellen Verrückungen der generalisierten Koordinaten voneinander unabhängig sind, müssen deren Koeffizienten einzeln Null sein. Im Falle konservativer Kräfte, die sich nach (5.4) als Gradient aus ` ˘ Potentialfunktionen Wk rpqi q mit rpqi q nach (3.2) berechnen lassen, erhält man für die generalisierten Kräfte Φi an Orten Pk “ P prk q in kartesischen Koordinaten n n ÿ ÿ Brk Brk Fk ¨ “´ grad Wk ¨ Φi “ Bqi Bqi k“1 k“1 ˇ ˇ ˇ j n „ ÿ BWk Bx ˇˇ BWk By ˇˇ BWk Bz ˇˇ “´ ` ` Bx Bqi ˇPk By Bqi ˇPk Bz Bqi ˇPk k“1

21

Dabei entspricht der Klammerausdruck der Ableitung der mittelbaren Potentialfunktion nach den Koordinaten qi , [12, S. 363]. BWk BWk Bx BWk By BWk Bz “ ` ` Bqi Bx Bqi By Bqi Bz Bqi Die Größen Φi bilden damit die Ableitungen der potentiellen Energie Wpot des Systems. Φi “ ´

n n ÿ BWpot BWk B ÿ “´ Wk “ ´ Bq Bq Bqi i i k“1 k“1

Nach Ergänzung mit BWpot {B q9i “ 0 gemäß (7.6) erhält man in konservativen Systemen für die Koeffizienten von (7.7) schließlich die Bedingung, die aus dem D’Alembert’schen Prinzip folgt. ` ` ˘ ˘ B E kin ´ Wpot d ” B E kin ´ Wpot ı “0 (7.8) ´ dt B q9i Bqi Die Differenz von kinetischer und potentieller Energie eines Systems wird als Lagrange-Funktion L mit der Dimension Ws = Nm = J oder auch nach Hermann Helmholtz als kinetisches Potential bezeichnet, [29, S. 162], [36, S. 1361]. Lpqi , q9i , tq “ E kin pqi , q9i q ´ Wpot pqi , tq

(7.9)

Die Bedingungen (7.8) heißen Lagrange’sche Gleichungen. d ´ BL ¯ BL “0 ´ dt B q9i Bqi

pi “ 1, 2, ... , f q

(7.10)

Mit dem totalen Differential f ” ı BL ÿ BL BL dt dqμ ` dq9μ ` dL “ Bqμ B q9μ Bt μ“1

und Tausch der Differentitionsreihenfolge erhält man folgenden Ausdruck, f ÿ μ“1

f ÿ B2 L B2 L BL B2 L q:μ ` q9μ ` ´ “0 B q9i B q9μ B q 9 Bq B q 9 Bt Bq i μ i i μ“1

pi “ 1, ... , f q

22

7 Lagrange’sche Gleichungen

der ein System von f Differentialgleichungen 2. Ordnung zur Berechnung der f Funktionen qi ptq darstellt, die die Bewegung des Systems beschreiben. Der Übergang von den ursprünglichen, z.B. kartesischen Koordinaten (1.2) durch generalisierte Koordinaten (3.1) zu Ortsvektoren (3.2) wird als Punkttransformation bezeichnet, bei der die alten Koordinaten in neue überführt werden. Mit solchen Transformationen ist es möglich, Bezugssysteme zu wechseln, oder von einem Inertialsystem auf ein beschleunigtes, etwa ein rotierendes System, überzugehen, [38, II, S. 8]. In gewissen Fällen kann man auch in Systemen mit geschwindigkeitsabhängigen Kräften (Reibung, Coriolis-Kraft, Lorentz-Kraft), bei denen die Kraftkomponenten Φi nicht durch ein Potential Wpot darstellbar sind, Lagrange-Funktionen angeben, die die Lagrange’schen Gleichungen erfüllen. Wenn man nämlich eine Funktion V pqi , q9i , tq als generalisiertes Potential finden kann, das einer Energie entspricht und mit dem man die Kraftkomponenten in der folgenden, zu (7.10) äquivalenten Form darstellen kann, Φi “

d ´ BV ¯ BV ´ dt B q9i Bqi

(7.11)

dann folgt aus (7.7) eine verallgemeinerte Lagrange-Funktion, ˘ ˘ ` ˘ ` ` (7.12) L qi , q9i , t “ E kin qi , q9i ´ V qi , q9i , t die wie in Gleichung (7.10) ebenfalls die Lagrange’schen Gleichungen erfüllt, [8, S. 166], [13, S. 21]. Die Bedeutung der Lagrange’schen Gleichungen liegt in ihrer Einfachheit und in der anschließend nachgewiesenen Forminvarianz. Neben dem Newton’schen Grundgesetz der Dynamik stellen sie eine alternative Methode zur Aufstellung und Lösung der Bewegungsgleichungen bereit und bilden auch den Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung zur Hamilton’schen Mechanik. In technischer Mechanik und im Maschinenbau treten sehr häufig geführte Bewegungen auf, die bestimmten Einschränkungen unterliegen, so dass in erster Linie Kräfte und Drehmomente von Interesse sind. Daher ist bei Problemen dieser Art die Newton’sche Mechanik mit Schwerpunkt-, Impulsund Drehimpulssatz als praktische Lösungsmethode wichtiger als die Gleichungen von Lagrange, [17, S. 75].

23

Das Auffinden einer Lagrange-Funktion ist insbesondere außerhalb der Mechanik eine schwierige Aufgabe, für deren Lösung keine allgemeingültigen Regeln angegeben werden können, [29, S. 185]. Ein Beispiel dafür wird in Abschnitt 21.3 behandelt.

Kapitel 8

Forminvarianz der Lagrange’schen Gleichungen Ein Nachteil der Newton’schen Mechanik besteht darin, dass die Bewegungsgleichungen bei einer Punkttransformation nicht forminvariant sind. Im ebenen Fall lautet der Ortsvektor in kartesischen und Polarkoordinaten r “ x ex ` y ey “ ρ cos ϕ ex ` ρ sin ϕ ey “ ρ eρ Mit den Ableitungen der Einheitsvektoren e9 ϕ “ ´ ϕ9 eρ

e9 ρ “ ϕ9 eϕ ,

erhält man für das Grundgesetz der Dynamik (1.1) die Darstellungen, F “ m r: “ Fx ex ` Fy ey “ m: x ex ` m: y ey ` ` ˘ ˘ “ Fρ eρ ` Fϕ eϕ “ m ρ: ´ ρϕ9 2 eρ ` m ρϕ: ` 2ρ9 ϕ9 eϕ die zeigen, dass die Form der Komponenten nicht erhalten bleibt, da ja ρ und Fϕ ‰ mϕ: gilt. Fρ ‰ m: Dagegen besitzen die Lagrange’schen Gleichungen bei Punkttransformationen der generalisierten Koordinaten von qi auf Qi infolge der Bezie24

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25

hungen ` ˘ qi “ qi Qi , t f f ÿ ÿ Bqi dQμ Bqi 9 Bqi Bqi ` “ ` Qμ q9i “ Bt BQμ dt Bt BQμ μ“1 μ“1

(8.1)

B q9i Bqi “ BQk B Q9 k die wichtige Eigenschaft, dass sie ihre Form beibehalten. Die Lagrange-Funktion L˝ der neuen Variablen erhält man durch Einsetzen von (8.1) in die alte Lagrange-Funktion L ˘ “ ` ˘ ` ˘ ‰ ` L˝ Qi , Q9 i , t “ L qi Qi , t , q9i Qi , Q9 i , t , t sowie in die Ableitungen j f „ ÿ BL Bqμ BL˝ BL B q9μ “ ` BQk Bqμ BQk B q9μ BQk μ“1 f f ÿ ÿ BL˝ BL B q9μ BL Bqμ “ “ 9 9 B q 9 B q9μ BQk μ B Qk B Qk μ“1 μ“1

ˆ ˆ ˙ ˙ j f „ ÿ d BL Bqμ d BL˝ BL B q9μ “ ` dt B Q9 k dt B q9μ BQk B q9μ BQk μ“1 Bei der Differenzbildung heben sich zwei Summen auf, so dass man mit (7.10) die Lagrange’schen Gleichungen in den neuen Koordinaten erhält. ˆ ˆ ˙ ˙ j f „ ÿ Bqμ d BL d BL˝ BL˝ BL ´ ´ “ “0 9 dt B Qk BQk dt B q9μ Bqμ BQk μ“1 loooooooooooomoooooooooooon “0

Die Forminvarianz der Lagrange’schen Gleichungen bietet einen großen Vorteil, da sie die Aufstellung der Bewegungsgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen in einfacher Weise ermöglicht, [17, S. 73], obwohl die Lagrange-Funktionen L und L˝ zweier Koordinatensysteme normalerweise verschiedene Funktionen sind, [19, S. 104].

Kapitel 9

Kanonisch konjugierte Impulse und Wirkung In konservativen, mechanischen Systemen stellen die Geschwindigkeitsableitungen der Lagrange-Funktion die gewöhnlichen Impulskomponenten dar. L“

1 ÿ mk x9 2k ´ Wpot pxk q 2 k

Ñ

BL “ mk x9 k “ pk B x9 k

In Analogie dazu definiert man durch

pi “

˘ BL B ` “ L qi , q9i , t B q9i B q9i

pi “ 1, 2, ... , f q

(9.1)

generalisierte Impulskomponenten, die man als zu den Koordinaten qi kanonisch konjugierte Impulse pi bezeichnet. Je nach Definition der qi müssen auch nicht alle pi die gleiche Dimension aufweisen. In krummlinigen Koordinatensystemen und bei geschwindigkeitsabhängigen Potentialen oder Kräften sind generalisierte Impulse und Komponenten des kinematischen Impulses p “ mv nicht immer gleich, wie sich bei (21.10) zeigt! 26

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27 Das Produkt pi qi hat stets die Dimension Ws2 einer Wirkung in folgenden Kombinationen. ‚ Energie mal Zeit ‚ Länge mal Impuls ‚ Winkel mal Drehimpuls

rWs ¨ ss rm ¨ Nss rp.{.q ¨ m Nss

(9.2)

Nach der dritten Möglichkeit hat auch der Drehimpuls die Dimension einer Wirkung! Die beiden Größen pi und qi bilden kanonisch konjugierte Variablenpaare oder insgesamt kanonische Koordinaten p und q. Mit den Impulskomponenten (9.1) lauten die Lagrange’schen Gleichungen (7.10), BL dpi “ p9i “ dt Bqi

(9.3)

wodurch gleichzeitig die Zeitableitungen der generalisierten Impulse dargestellt werden.

Kapitel 10

Hamilton-Funktion und kanonische Bewegungsgleichungen In das totale Differential der Lagrange-Funktion werden die Gleichungen (9.1) und (9.3) eingesetzt. dL “ “

f ´ ¯ ÿ BL BL BL dt ` dqi ` dq9i Bt Bqi B q9i i“1 f f ´ ¯ ÿ ÿ ` ˘ BL p9i dqi ` d pi q9i ´ q9i dpi dt ` Bt i“1 i“1

Die Umordnung liefert das totale Differential, d

f ´ÿ

¯

pi q9i ´ L i“1 loooooooomoooooooon

f ÿ ` ˘ BL dt ´ p9i dqi ´ q9i dpi “ dH “ ´ Bt i“1

“H

bei der die Größe in der linken Klammer als Hamilton-Funktion H bezeichnet wird, bei der die generalisierten Geschwindigkeiten gemäß (9.1) durch formale Gleichungsumkehrung durch die pi und qi ausgedrückt werden. q9i “ q9i ppk , qk , tq

pi, k “ 1, 2, ... , f q 28

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29

Dadurch kann man H als folgende Funktion darstellen, die keine Geschwindigkeiten enthält. f ˘ ÿ ` ˘ ` pi q9i ´ L qk , q9k , t H q1 , .. , qf , p1 , .. , pf , t “

(10.1)

i“1

Die Hamilton-Funktion hat wie L die Dimension Ws einer Energie. Im Gegensatz zur Koordinaten- oder Punkttransformation handelt es sich bei diesem Übergang um eine Legendre-Transformation, die zur Gruppe der Berührungstransformationen gehört und bei der sowohl die unabhängigen Variablen pqi , q9i Ñ qi , pi q als auch die abhängigen Variablen pL Ñ Hq transformiert werden, [9, S. 26], [13, S. 239], [22, S. 85], [26, S. 29], [29, S. 195]. In der Hamilton’schen Formulierung haben die generalisierten Koordinaten qi und Impulse pi den gleichen Status als unabhängige Variable, die zur Kennzeichnung der Bewegung des Systems notwendig sind. Das totale Differential der Hamilton-Funktion wird auf beiden Seiten der Gleichung (10.1) gebildet. dH “ “

f f ÿ ÿ BH BH BH dt dqi ` dpi ` Bqi Bpi Bt i“1 i“1 f ÿ

pi dq9i `

i“1

f ÿ

q9i dpi ´

i“1

f f ÿ ÿ BL BL BL dt dqi ´ dq9i ´ Bq B q 9 Bt i i i“1 i“1

Die unterstrichenen Summen heben sich wegen (9.1) auf und der Vergleich der Koeffizienten führt mit (9.3) auf die kanonischen Bewegungsgleichungen von Hamilton. q9i “

BH Bpi

p9i “ ´

BH Bqi

pi “ 1, 2, ... , f q

(10.2)

Die Bezeichnung kanonisch für diese Standardgleichungen im Sinne von regelmäßig und als Richtlinie dienend geht auf Jacobi zurück, [18, S. 348]. Diese 2f Differentialgleichungen 1. Ordnung sind zu den f Lagrange-Gleichungen 2. Ordnung (7.10) äquivalent.

30

10 Hamilton-Funktion und kanonische Bewegungsgleichungen

Der dritte Vergleich liefert die Beziehung BH BL “´ Bt Bt

(10.3)

In die totale Zeitableitung der Lagrange-Funktion werden (9.1) und (9.3) eingesetzt und die beiden Glieder in der Klammer werden nach der Produktregel zusammengefasst. j f „ ÿ BL dL BL BL q9i ` q:i ` “ dt Bqi B q9i Bt i“1 “ “

f ÿ ` i“1 f ÿ i“1

˘ BL p9i q9i ` pi q:i ` Bt

˘ BL d` pi q9i ` dt Bt

Das führt nach Umordnung mit (10.3) auf die totale Zeitableitung der Hamilton-Funktion. f ¯ dH d ´ ÿ BL “´ pi q9i ´ L “ dt i“1 dt Bt

Insgesamt gilt für die Zeitableitungen von Hamilton- und LagrangeFunktion damit dH BH BL “ “´ (10.4) dt Bt Bt Die kinetische Energie E kin ist in skleronomen Systemen nach (7.6) eine positiv definite, homogene quadratische Form der q9i . E kin

„ f "„ ÿ j2 j„ ÿ j* f f n n ÿ ÿ mk ÿ Brk mk Brk Brk q9i “ q9i q9j “ 2 i“1 Bqi 2 Bqi Bqj i“1 j“1 k“1 k“1 j f „ ÿ f ÿ n ÿ mk Brk Brk q9i q9j ą 0 “ 2 Bqi Bqj i“1 j“1 looooooooomooooooooon k“1 “ aij “ aji

31 Für quadratische Formen T pxi q mit symmetrischen Koeffizienten gilt der Euler’sche Homogenitätssatz, [12, S. 376], [27, S. 340]. T pxi q “

f f ÿ ÿ i“1 j“1

aij xi xj

Ñ

f ÿ BT xi “ 2T Bxi i“1

(10.5)

Mit diesem Satz für T “ E kin , sowie (7.6), (7.9), (9.1) und (10.1) folgt, 2E kin

f ” f ÿ ÿ BWpot q ı BL BE kin q9i “ ´ q9i “ B q 9 B q 9 B q9i i i looomooon i“1 i“1

Ñ

2E kin “

ÿf i“1

pi q9i

“0

(10.6) dass die Hamilton-Funktion in skleronom-konservativen Systemen die Gesamtenergie darstellt. 1 H“

f ÿ

˘ ` pi q9i ´ L “ 2E kin ´ E kin ´ Wpot

i“1

H “ E kin ` Wpot “ Wges

(10.7)

Wenn die Hamilton-Funktion zeitunabhängig ist und sie daher in solchen Systemen außer mittelbar über die Variablen qi ptq und pi ptq die Zeit t nicht explizit enthält, was nur in skleronomen Systemen der Fall sein kann, dann folgt aus (10.4) wegen, dWges dH BH “ “ “0 dt Bt dt dass die Hamilton-Funktion eine Konstante der Bewegung ist und das Energieintegral die Erhaltung der Energie bedeutet. ` ˘ H qi , pi “ Wges “ E kin ` Wpot “ const.

(10.8)

Das ist der Grund, warum man solche Kräfte und Felder konservativ, also erhaltend, genannt hat. Zwei abweichende Beispiele findet man in [17, S. 314]. 1

Häufige Energiebezeichnungen in der Literatur: Ekin “ ˆ T, Wpot “ ˆ U, V, Wges “ ˆE

32

10 Hamilton-Funktion und kanonische Bewegungsgleichungen

Mit den bis hierher dargelegten Betrachtungen wird in der klassischen Mechanik ein gewisser Abschluss auf einer formalen Ebene erreicht, [16, S. 217]. • Die Kinematik eines mechanischen Systems wird durch die Festlegung der generalisierten Koordinaten qi und pi beschrieben. • Die Dynamik wird durch die Aufstellung der Hamilton-Funktion Hpqi , pi q bestimmt. • Die Zeitentwicklung ist gegeben durch die kanonischen Bewegungsgleichungen (10.2). Bei Vorgabe von Anfangswerten qi pt0 q und pi pt0 q ist das mechanische System mit den Zeitfunktionen qi ptq und pi ptq vollständig bestimmt.

Kapitel 11

Integralprinzipien in Mechanik und Physik In vielen physikalischen Gebieten kann man die auftretenden Phänomene durch Lagrange’sche Gleichungen beschreiben, so dass sich die fundamentalen Gesetze der Natur aus einem einheitlichen Prinzip ableiten lassen, [38, II, S. 9]. Betrachtet man die gesamte Bewegung eines Systems zwischen den Zeitpunkten t0 und t1 mit kleinen virtuellen Abweichungen der durchlaufenen Bahnkurven als eine zu optimierende Variationsaufgabe, dann liegt als Extremalaussage ein Integralprinzip vor, dessen Untersuchung auf Hamilton zurückgeht. Das früheste Integralprinzip wurde von Pierre Louis Moreau de Maupertuis 1747 als Prinzip der kleinsten Wirkung ausgesprochen und war dem Fermat’schen Prinzip der Optik von 1662 nachempfunden, bei dem das Licht den Weg nimmt, der in der kürzesten Zeit durchlaufen wird. Für Maupertuis existierte in der Natur ein allgemeingültiges, noch religiös begründetes Prinzip, nach dem Wirkungen gemäß der „Weisheit des Schöpfers“ in Form eines Integrals in minimaler Weise ablaufen, [8, S. 195], [35, S. 61]. Dieses ursprünglich noch unklar formulierte und mathematisch nicht genügend gestützte Prinzip wurde von Euler und Lagrange durch die Entwicklung der Variationsrechnung exakt begründet, die in den EulerLagrange’schen Gleichungen resultierten, [11], [18, Kap. II], [28, Kap. II]. 33

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34

11 Integralprinzipien in Mechanik und Physik

Nach Sommerfeld ist der Begriff Wirkung nicht besonders glücklich gewählt, speziell dann, wenn es sich um ein Minimum handelt, da ja die Natur nicht die Wirkung im Sinne einer Folgeerscheinung, sondern den Aufwand für das Erreichen minimiert. Es ist also eher ein Prinzip des kleinsten Aufwandes bei größter Wirksamkeit. Das Wort Aktion, das im englischen Sprachgebrauch als (least) action für (kleinste) Wirkung verwendet wird, wäre nach Sommerfeld zwar besser geeignet, war aber wegen der Festlegung auf den Begriff Wirkung durch Helmholtz und Planck nicht durchsetzbar, [29, S. 159]. Das Interesse der theoretischen Physik an einem Prinzip der stationären Wirkung, wobei der Begriff stationär auf einen Extremwert mit verschwindender Ableitung hinweist, beruht auf der Bedeutung des Prinzips, das sich nicht auf die Mechanik beschränkt, sondern die Erfahrung zum Ausdruck bringt, dass sich viele wichtige Gleichungen der Physik aus diesem Prinzip herleiten lassen. Viele Naturgesetze können damit in kurzer, kompakter Darstellung beschrieben und Aussagen allgemeiner Art wie Erhaltungssätze abgeleitet werden, [17, S. 150], [31, S. 124]. Das Prinzip der stationären Wirkung stellt daher ein grundlegendes Prinzip der Physik dar.

Kapitel 12

Hamilton’sches Prinzip der stationären Wirkung Das Hamilton’sche Prinzip, das von William Rowan Hamilton 1834 formuliert wurde, besagt, dass die Bewegung mechanischer Systeme bei allen denkbaren oder variierten Bahnkurven, die zwischen zwei zeitlich definierten festen Punkten P0 “ P prpt0 qq und P1 “ P prpt1 qq möglich sind, auf derjenigen Bahnkurve tatsächlich verläuft, die eine extremale oder stationäre Wirkung hat. P1 stationäre Bahn Pα



variierte Bahnen P0

Abb. 12.1: Alternative Bahnkurven zwischen festen Raumpunkten

35

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36

12 Hamilton’sches Prinzip der stationären Wirkung

Dabei nimmt das Wirkungsintegral S, bei dem die Lagrange-Funktion den Integranden darstellt, ż t1 ` ˘ S“ L qi , q9i , t dt (12.1) t0

einen Extremwert, häufig ein Minimum, an, so dass seine Variation Null ist. ż t1 ` ˘ L qi , q9i , t dt “ 0 (12.2) δS “ δ t0

Das Verschwinden der Variation δS wird als Hamilton’sches Prinzip der stationären Wirkung bezeichnet. Als Bahnkurve des Systems ist dabei nicht die Bahn eines Systempunktes im dreidimensionalen Raum zu verstehen, sondern eine polydimensionale Charakteristik der Systembewegung mit f Freiheitsgraden. Die Grundaufgabe der Variationsrechnung ist die Verallgemeinerung der Extremwertsuche der Differentialrechnung. Dabei werden solche Funktionen qi ptq gesucht, für die das bestimmte Integral (12.1), das man auch als Funktional der Bahnkurve bezeichnet, einen Extremwert im Sinne von (12.2) annimmt. Die Variationsrechnung beweist, dass die notwendigen Bedingungen für einen Extremwert lauten, d ´ BL ¯ BL “0 ´ dt B q9i Bqi

pi “ 1, 2, ... , f q

(12.3)

die Euler’sche Gleichungen genannt werden, die Euler 1744 aufstellte, [11, S. 28, 37], [28, S. 170], und die den Gleichungen (7.10) entsprechen. Mit dem Hamilton’schen Prinzip werden die Lagrange’schen Gleichungen auf diesem zweiten, unabhängigen Weg abgeleitet, die man deshalb auch Euler-Lagrange’sche Gleichungen nennt. Der wesentliche Vorteil von Wirkungsintegral und Hamilton’schem Prinzip besteht in der Unabhängigkeit von den gewählten Koordinaten, die man durch Transformationen ändern kann, da kinetische und potentielle Energie Systemgrößen sind, die eine von der Wahl des Koordinatensystems losgelöste Bedeutung haben.

37

Das integrale Hamilton’sche Prinzip, das für die gesamte Bahnkurve gültig ist, gilt auch für ein beliebiges Teilstück zwischen den Punkten Pα und Pβ der Abbildung 12.1, da auch auf diesem Weg verglichen mit alternativen Bahnen die Wirkung minimal sein muss. Bei immer weitergehender Verkleinerung der Teilstücke gelangt man von der integralen zur differentiellen Betrachtungsweise, die in die Beschreibung durch das Newton’sche Bewegungsgesetz übergeht, [24, S. 45].

Kapitel 13

Orts-, Konfigurationsund Phasenraum Die kartesischen Koordinaten xk , yk , zk bestimmen im dreidimensionalen euklidischen Raum oder Ortsraum k Punkte und bei Zeitabhängigkeit xk ptq, yk ptq, zk ptq entsprechend k Bahnkurven dieser Punkte. Die generalisierten Koordinaten qi bestimmen als Lagegrößen einen Punkt im f -dimensionalen Konfigurationsraum der Mechanik nach Lagrange. Als Beispiel wird ein System aus zwei Massen M und m betrachtet, die durch einen Stab der Länge  miteinander verbunden sind. Dieses System besitzt fünf Freiheitsgrade: drei kartesische Lagekoordinaten für M und zwei Winkelkoordinaten für die Masse m, die sich auf einer Kugeloberfläche vom Radius  um M bewegen kann. Jede denkbare Konfiguration dieses Systems bei fester Zeit t wird durch genau einen Punkt P pqi q in einem fünfdimensionalen Konfigurationsraum beschrieben. Die Bahnkurven im Konfigurationsraum ermittelt man aus den Lagrange-Gleichungen, die von zweiter Ordnung sind. Für exakte Zeitverläufe qi ptq muss man als Anfangsbedingungen die Koordinaten und Geschwindigkeiten zu einem festen Zeitpunkt vorgeben. Die generalisierten Impulse pi bestimmen den Zustand eines Systems durch einen Punkt im f -dimensionalen Impulsraum. Der 2f -dimensionale Zustandsraum, in dem ein Punkt zum Zeitpunkt t durch die kanonisch konjugierten Variablen qi ptq und pi ptq den augenblicklichen Zustand des Systems festlegt, wurde von Josiah Willard Gibbs als Phasenraum der Mechanik bezeichnet. 38

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39

Der Phasenraum besitzt keine definierte metrische Struktur und nur aus praktischen Gründen stellt man pi und qi als rechtwinklige Koordinaten eines euklidischen Raumes dar, obwohl kein Grund für die Einführung einer entsprechenden Metrik vorliegt, [18, S. 172]. Eine Bahnkurve im Phasenraum heißt Trajektorie oder auch Orbit,(lat.: orbis, Kreis, Umkreis). Die Hamilton-Funktion H kann in beliebiger Weise von den als gleichberechtigt anzusehenden Variablen pi , qi abhängen, aus der die Bewegung der Systempunkte durch die kanonischen Gleichungen (10.2) ermittelt wird. Da es sich um Differentialgleichungen erster Ordnung handelt, muss man als Anfangsbedingungen nur die 2f Koordinaten zu einem festen Zeitpunkt aber keine Geschwindigkeiten vorgeben. Die Trajektorien verlaufen auf Phasenbahnen, deren Parameter die Zeit t ist. Bei einem einzigen Variablenpaar p, q, das man ggf. als Projektion aus der Gesamtheit der Variablen herausgreifen kann, besteht die graphische Darstellung nach Lagrange aus zwei Zeitverläufen pptq und qptq. Die Hamilton’sche Darstellung ist dagegen als ppqq ein Phasendiagramm in der pp, qq-Ebene mit der Zeit als Kurvenparameter. Beide Darstellungen sind äquivalent, aber die Hamilton’sche Darstellung bietet eine weitere Möglichkeit von Systembeschreibung und Interpretation, die man in Analogie zu Zeitverläufen in der komplexen Ebene beurteilen und untersuchen kann. Von besonderem physikalischen Interesse sind Systeme, bei denen periodische Bewegungen auftreten, von denen es zwei Typen gibt. Der erste Typ tritt auf, wenn sowohl pptq als auch qptq periodische Funktionen sind, wie das bei schwingenden Systemen wie Pendel oder harmonischem Oszillator charakteristisch ist. Periodische Bewegungen dieser Art treten auf, wenn die Anfangslage des Systempunktes zwischen zwei Nullstellen der kinetischen Energie liegt. Stehen die Frequenzen in einem rationalen Verhältnis zueinander, dann ist die Bahnkurve ppqq in der Phasenebene eine geschlossene Kurve, die eine Lissajous-Figur bildet. Eine solche Bewegung wird mit dem astronomischen Ausdruck Libration bezeichnet. Der zweite Typ tritt auf, wenn pptq periodisch ist und die Lagekoordinate qptq als Drehwinkel linear wächst wie bei einem starren Körper, der sich um eine feste Achse dreht. Da der Systemzustand für qptq nach einer Periode T mit qpt ` T q “ qptq ` q0 gleich ist, liegt eine Rotation vor, bei der die Bahnkurve ppqq in der Phasenebene einen periodischen Verlauf mit der Periode q0 hat, [8, S. 228] [13, S. 319].

Kapitel 14

Bewegungen im Phasenraum, Liouville’scher Satz Gegenüber dem Lagrange’schen Konfigurationsraum hat der Hamilton’sche Phasenraum einen bemerkenswerten Vorteil bei der Betrachtung der Gesamtheit aller Bahnkurven, die als vollständige Lösung bei beliebigen Anfangsbedingungen für viele Fragen in mechanischen Systemen von Interesse sind. Im Konfigurationsraum bilden die Bahnkurven ein Gewirr von Linien, die von jedem Punkt in beliebige Richtungen mit verschiedenen Geschwindigkeiten ausgehen können und bei denen keine Möglichkeit einer geordneten Darstellung besteht. Dagegen ist im Phasenraum der Hamilton’schen Darstellung der Verlauf der Gesamtheit aller möglichen Trajektorien in übersichtlicher Weise durch kanonische Gleichungen und Vorgabe der Anfangsbedingungen gegeben. Bei zeitunabhängiger Hamilton-Funktion geht durch jeden Punkt des 2f -dimensionalen Phasenraumes nur eine einzige Trajektorie, da die kanonischen Gleichungen deren Tangentenrichtung exakt bestimmen, die in einem Schnittpunkt zweier Bahnkurven nicht mehr eindeutig wäre. Bei explizit zeitabhängigen Systemen können sich die Bahnkurven in einem erweiterten p2f ` 1q-dimensionalen Phasenraum, der von den Koordinaten und der Zeit aufgespannt wird, nicht schneiden, [17, S. 347], [18, S. 174]. 40

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41

Man findet in jedem Fall einen Phasenraum, der von den Trajektorien bei steigender Anzahl der Massenpunkte ohne Schnittpunkte lückenlos ausgefüllt wird. Die Bewegung des Gesamtsystems verhält sich im Phasenraum wie ein Punktschwarm mit Phasenbahnen, die sich nicht schneiden, und bei dem eine vollständige Analogie zu Vogel- oder Fischschwärmen oder der Bewegung einer strömenden Flüssigkeit im dreidimensionalen Raum existiert. Wenn die Anzahl der Massenpunkte wie bei einem Gasvolumen ungeheuer groß ist, kann man unmöglich eine exakte Lösung aller Bahnkurven angeben. In der statistischen Mechanik besteht das Ziel deshalb darin, Aussagen über bestimmte mittlere Eigenschaften der Gesamtheit einer großen Zahl identischer Einzelsysteme zu machen. Ein elementarer Strömungstyp der Hydrodynamik ist die stationäre Strömung, die ein von der Zeit t unabhängiges Geschwindigkeitsfeld aufweist. v“

dr “ vprq “ vpx, y, zq dt

Diese Situation ist in konservativen, skleronomen Systemen in äquivalenter Weise gegeben, in denen die Hamilton-Funktion die zeitunabhängige Form Hppi , qi q hat. Dabei sind die Zeitableitungen q9i und p9i in den kanonischen Gleichungen (10.2) ebenfalls unabhängig von der Zeit, so dass die Trajektorien der Systempunkte im Phasenraum der stationären Strömung eines Phasenfluids entsprechen. Nach Differentiation der Hamilton-Funktion folgt mit (10.2) und (10.7) durch Integration der Energieerhaltungssatz (10.8). f ´ f ¯ ÿ dH BH ¯ ÿ ´ BH p9i ` q9i “ “ p9i q9i ´ p9i q9i “ 0 dt Bpi Bqi i“1 i“1

Hppi , qi q “ Wges “ E kin ` Wpot “ const. Die konstante Hamilton-Funktion repräsentiert eine Fläche im 2f -dimensionalen Phasenraum und für kontinuierliche Werte der Energie Wges erhält man eine unendliche Schar von sich nicht schneidenden Hyperflächen, die den Phasenraum kontinuierlich und lückenlos ausfüllen. Ein Massenpunkt oder eine Partikel des Phasenfluids bewegt sich gemäß der Anfangsbedingungen stets auf einer definierten Energiefläche.

42

14 Bewegungen im Phasenraum, Liouville’scher Satz

Im dreidimensionalen Raum gilt bei einer inkompressiblen Flüssigkeit für das Geschwindigkeitsfeld vpx, y, zq, div v “

Bvx Bvy Bvz B x9 B y9 B z9 ` ` “ ` ` “0 Bx By Bz Bx By Bz

was nach dem Gauß’schen Satz bedeutet, dass die Strömung der Flüssigkeit über eine geschlossene Fläche Null ist, [8, S. 450]. Für die Bewegung eines Phasenfluids mit der Geschwindigkeit vpqi , pi q, deren Komponenten durch die Größen q9i und p9i bestimmt sind, gilt im Phasenraum mit (10.2) eine entsprechende Beziehung. div v “

f ´ ÿ B q9i i“1

f B p9i ¯ ÿ ´ B 2 H B2 H ¯ ` ´ “ “0 Bqi Bpi Bqi Bpi Bpi Bqi i“1

Mit dem Gauß’schen Satz, der sich auf 2f Dimensionen verallgemeinern läßt, folgt der Liouville’sche Satz von 1838, der besagt, dass der Gesamtfluss eines Phasenfluids durch eine Hyperfläche im Phasenraum Null ist. Das bedeutet, dass sich ein Phasenfluid wie eine inkompressible Flüssigkeit verhält, [3, S. 95] [18, S. 177].

Kapitel 15

Zyklische Variable und Erhaltungsgrößen 15.1

Zyklische Variable

Eine generalisierte Koordinate q , die in der Lagrange-Funktion (7.9) nicht auftritt, wird nach Helmholtz zyklische oder nach Whittaker ignorable Variable genannt, [18, S. 125], weil sie häufig einer Drehung um eine Achse entspricht. Aus den Gleichungen von Lagrange (7.10) sowie (9.3) und den kanonischen Bewegungsgleichungen (10.2) geht hervor, dass dann auch die Hamilton-Funktion H nicht von der Koordinate q abhängt und der konjugierte Impuls p konstant ist, der damit eine Erhaltungsgröße oder eine Konstante der Bewegung darstellt. q zyklisch

Ñ

p9 “

BL BH “´ “0 Bq Bq

Ñ

p “ C “ const.

(15.1) Damit kann man die zyklische Variable ignorieren, da sie, wenn man sie mit  “ f als letzte wählt, in der Hamilton-Funktion nur noch in Form einer Konstanten Cf erscheint. ˘ ` H “ H q1 , ... , qf ´1 , p1 , ... , pf ´1 , Cf , t Das Integrationsproblem wird dadurch auf 2pf ´ 1q unbekannte Funktionen qi ptq, pi ptq reduziert. Das Zeitverhalten der zyklischen Variablen qf ptq wird 43

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44

15 Zyklische Variable und Erhaltungsgrößen

durch Integration der folgenden Gleichung bestimmt. BH BH q9f “ “ Bpf BCf

Ñ

qf ptq “

ż

t

t0

BH dτ BCf

Ein System kann durch unterschiedliche Sätze von generalisierten Koordinaten wie bei (3.3) beschrieben werden. In der Ebene kann man kartesische oder Polarkoordinaten verwenden, die gleichermaßen richtig sind, und nur nach der besseren Anpassung an ein gegebenes Problem gewählt werden. Bei Problemen mit Zentralkräften, für die F „ r gilt, sind alle drei kartesischen Koordinaten x, y, z nichtzyklisch, aber in der Darstellung mit Kugelkoordinaten r, ϑ, ϕ können einer oder beide Winkel als zyklische Variable auftreten. Da die Anzahl zyklischer Koordinaten von der Wahl der generalisierten Koordinaten abhängt, ist es von Interesse, Transformationen zu finden, bei denen möglichst viele oder sogar alle Variablen qi zyklisch werden, weil dadurch das Problem auf eine geringere Anzahl zu bestimmender Funktionen reduziert wird oder sogar trivial werden kann. Solche Transformationen werden im folgenden Kapitel ausführlich behandelt. Die Lagrange-Funktion bewahrt nach Kapitel 8 ihre Form bei einer Transformation, die zu einer zyklischen Koordinate führt, so dass sie damit invariant unter dieser Transformation ist, was auch als Symmetrie bezeichnet und im Abschnitt 64.5 näher behandelt wird. Sind im Sonderfall alle Variablen zyklisch, dann ist die Lösung des Problems trivial, denn dann kann man die kanonischen Bewegungsgleichungen sofort integrieren. Die Gesamtheit aller Impulse ist in diesem Fall konstant. Die Hamilton-Funktion wird eine reine Zeitfunktion mit diesen Konstanten als Parametern, p9i “ 0

Ñ

pi “ αi “ const. ˘ H “ H α1 , ... , αf , t

pi “ 1, 2, ... , f q

`

oder sie wird bei Zeitunabhängigkeit nach (10.8) selbst eine Konstante, die in konservativen Systemen der Gesamtenergie entspricht. ` ˘ H “ H α1 , ... , αf “ Wges “ const.

15.2 Erhaltungssätze der Physik, Noether-Theorem

45

Die generalisierten Koordinaten erhält man aus, ˘ ` BH BH “ “ hi α i , t q9i “ Bpi Bαi ż ˘ ` qi ptq “ hi αi , t dt ` Ci wobei die 2f Konstanten αi und Ci aus den Anfangsbedingungen zu bestimmen sind. Hängt die Hamilton-Funktion nicht explizit von der Zeit ab, dann ist sie selbst sowie die hi pαi q konstant und die Koordinaten qi stellen lineare Funktionen der Zeit dar, [13, S. 264]. hi pαi q “ βi

15.2

Ñ

qi ptq “ βi t ` Ci

(15.2)

Erhaltungssätze der Physik, Noether-Theorem

Wenn ein mechanisches System Symmetrien und damit Invarianz bei Translation, Rotation oder Zeitverschiebung aufweist, dann kann die zugehörige Koordinate q der Lage, des Winkels oder der Zeit in der LagrangeFunktion nicht auftreten. Eine solche Variable q ist daher zyklisch und der kanonisch konjugierte Impuls p bildet eine Erhaltungsgröße. Allgemein wird durch das Relativitätsprinzip, das zuerst von Galilei für mechanische Systeme ausgesprochen und später von Einstein generell postuliert wurde, gefordert, dass alle Naturgesetze unabhängig sein müssen von der Wahl eines Inertialsystems und der Zeitskala. Ihre mathematische Struktur muss daher forminvariant gegenüber den erwähnten Transformationen oder Symmetrien sein. Das bedeutet, dass die in alten und neuen Raum-Zeit-Koordinaten aufgestellten Beziehungen die gleiche mathematische Form haben müssen. Da Bewegungen durch die kanonischen Gleichungen (10.2) beschrieben werden, muss auch die Hamilton-Funktion diese Forderung erfüllen. Die Verallgemeinerung dieser Überlegung führt auf das von Emmy Noether 1915 bewiesene und 1918 veröffentlichte Noether-Theorem, auf das noch im Abschnitt 64.5 eingegangen wird. Dieses Theorem besagt, dass zu jeder Invarianz der Lagrange-Funktion bzw. jeder kontinuierlichen Transformation oder Symmetrie eines physikalischen Systems ein Erhaltungssatz existiert, [1, S. 196, 199], [17, S. 92, 98], [37, S. 60].

46

15 Zyklische Variable und Erhaltungsgrößen

Die Invarianzeigenschaften werden an den folgenden Beispielen demonstriert, [22, S. 113]. Für eine Zeitverschiebung geht man bei der Hamilton-Funktion (10.1) ` ˘ H qi , pi , t mit qi ptq und pi ptq zum Zeitpunkt t ` dt über, bei der die Taylor-Entwicklung gilt ‰ “ H qi pt ` dtq, pi pt ` dtq, t ` dt f ´ ÿ “ ‰ BH BH ¯ BH “ H qi ptq, pi ptq, t ` q9i ` p9i dt ` ... dt ` Bt Bqi Bpi i“1 looooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooon “ dH

Das Relativitätsprinzip verlangt die Gleichheit der Funktionen Hpt ` dtq und Hptq. In erster Näherung folgt daraus, dass H nicht explizit von der Zeit abhängen darf, dH “0 dt

Ñ

H “ Wges “ const.

‚ Die Invarianz gegenüber einer Zeitverschiebung hat den Energieerhaltungssatz zur Folge

(15.3)

Bei einer Translation gehen die Ortsvektoren rk der beteiligten Massenpunkte in rˆk “ rk `dr über. Die entsprechende Entwicklung der HamiltonFunktion lautet n “ ‰ “ ‰ “ ‰ ÿ H rˆk , pk , t “ H rk ` dr, pk , t “ H rk , pk , t ` grad k H ¨ dr ` ... k“1

mit

grad k “

B B B ex ` ey ` ez Bxk Byk Bzk

“ ‰ ˆ Das Relativitätsprinzip verlangt die Gleichheit der Funktionen H r , p , t k k ‰ “ und H rk , pk , t bei einer beliebigen Verschiebung dr. Daraus folgt mit (10.2) in erster Näherung ˙ n n ˆ ÿ ÿ BH BH BH ´ grad k H “ ´ ex ` ey ` ez Bxk Byk Bzk k“1 k“1 “

n ÿ k“1

n d pges d ÿ “0 p9 k “ pk “ dt k“1 dt

Ñ

pges “ const.

15.2 Erhaltungssätze der Physik, Noether-Theorem

‚ Die Invarianz gegenüber einer Translation hat den Impulserhaltungssatz zur Folge

47

(15.4)

Für die Rotation des Koordinatensystems gemäß Abbildung 64.3 werden die Beziehungen aus Abschnitt 64.4 verwendet. Der Drehimpuls ist definiert als L “ r ˆ p. Bei einer ebenen Drehung des Ausgangssystems S um die z-Achse um den Winkel dϕ in das gedrehte System Sˆ hat der Ortsvektor r “ rˆ zu einem festen Punkt P die Koordinatendarstellungen, r “ xT e “ rˆ “ x ˆT ˆ e bei denen die Komponenten näherungsweise folgendermaßen transformiert werden. ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ x ˆ cos dϕ sin dϕ x x ` y dϕ “ Ax “ « x ˆ“ yˆ ´ sin dϕ cos dϕ y y ´ x dϕ Für die Hamilton-Funktion gilt dann “ ‰ “ ‰ H x ˆ, yˆ, p, t “ H x ` y dϕ, y ´ x dϕ, p, t “ ‰ BH BH “ H x, y, p, t ` y dϕ ´ x dϕ Bx By “ ‰ Das Relativitätsprinzip verlangt die Gleichheit der Funktionen H x ˆ, yˆ, p, t “ ‰ und H x, y, p, t bei einer beliebigen Drehung dϕ und daher mit (10.2) ˙ ˆ ` ˘ BH BH 9 dϕ “ 0 y´ x dϕ “ ´ p9x y ` p9y x dϕ “ ez ¨ pr ˆ pq Bx By Da die Drehung um eine beliebige Achse stattfinden kann, gilt allgemein für ein System aus verschiedenen Massenpunkten für den Gesamtdrehimpuls Lges n ˘ ˘ d ÿ` rk ˆ p9 k “ rk ˆ pk dt k“1

n ÿ ` k“1

n dLges d ÿ “0 Lk “ “ dt k“1 dt

Ñ

Lges “ const.

48

15 Zyklische Variable und Erhaltungsgrößen

‚ Die Invarianz gegenüber einer Rotation hat den Drehimpulserhaltungssatz zur Folge

(15.5)

Die dargestellten Transformationen und die daraus folgenden Kernaussagen werden auf unterschiedliche Weise im Kapitel 64 abgeleitet und bestätigt.

Kapitel 16

Kanonische Transformationen 16.1

Allgemeiner zeitabhängiger Fall

In der Hamilton’schen Formulierung sind die generalisierten Koordinaten und Impulse gleichberechtigte, unabhängige Variable qi , pi , die durch eine Legendre-Transformation in zwei neue Variablensätze transformiert werden mit dem Ziel, möglichst viele zyklische Variable zu erzeugen. Nach Whittaker werden die neuen Variablen mit großen Buchstaben geschrieben, [18, S. 196], mit i, k P 1, 2, .. , f . # ` ` ˘ + ˘ Qk “ Qk qi , pi , t qi “ qi Qk , Pk , t ðñ (16.1) ` ` ˘ ˘ pi “ pi Qk , Pk , t Pk “ Pk qi , pi , t Diese Beziehungen bilden eine kanonische Transformation, die man auch als Punkttransformation im Phasenraum ansehen kann und bei denen die Variablen pqi , pi q den Originalbereich und pQi , Pi q den Bildbereich beschreiben. Bei der Lösung konkreter Aufgabenstellungen sind natürlich die Zeitfunktionen qi ptq, pi ptq des mechanischen Problems von Interesse, die man durch Rücktransformation oder geeignetes Auflösen berechnen muss. Bei einer solchen Transformation sollen auch die neuen Größen kanonische Koordinaten sein, die unter der Voraussetzung, dass eine neue Hamilton-Funktion KpQi , Pi , tq existiert, die kanonischen Bewegungsgleichungen in der zu (10.2) äquivalenten Form erfüllen müssen. BK Q9 i “ BPi

BK P9i “ ´ BQi 49

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(16.2)

50

16 Kanonische Transformationen

Neue und alte Variablensätze müssen die Variation des Wirkungsintegrals gemäß (12.2) zu Null machen und damit das Hamilton’sche Prinzip mit der neuen Hamilton-Funktion KpQi , Pi , tq erfüllen, was als Invarianzprinzip bezeichnet wird. ż

t1

L qi , q9i , t dt “ δ

δ

`

˘

ż t1´ ÿ f

t0

ż

t1

δ

t0

r Qi , Q9 i , t dt “ δ L ˘

`

“0

i“1

ż t1´ ÿ f

t0

` ˘¯ pi q9i ´ H qi , pi , t dt

t0

(16.3) Pi Q9 i ´ K Qi , Pi , t `

˘¯

dt “ 0

i“1

Das gleichzeitige Verschwinden der Variation beider Integrale bedeutet, dass sich die Integranden nur um die totale Zeitableitung einer noch zu bestimmenden Funktion S unterscheiden können, L“

f ÿ

` ˘ r ` dS pi q9i ´ H qi , pi , t “ L dt i“1 “

(16.4)

f ÿ

` ˘ dSpqi , pi , Qi , Pi , tq Pi Q9 i ´ K Qi , Pi , t ` dt i“1

da deren Variation an den festen Endpunkten Null ergibt. ż

t1

δ t0

dS dt “ δ dt

ż

t1

` ˘ dS “ δ Spt1 q ´ Spt0 q “ 0

t0

S heißt erzeugende Funktion oder Erzeugende der Transformation, die formal von den 4f `1 Variablen pi , qi , Pi , Qi , t abhängt, von denen wegen (16.1) aber nur 2f ` 1 voneinander unabhängig sind. Die Erzeugende kann daher in vier Formen auftreten, je nachdem, welche Variablen man als die unabhängigen ansieht, ˘ ` S 1 q i , Qi , t ,

˘ ` S2 qi , Pi , t ,

˘ ` S3 pi , Qi , t ,

˘ ` S4 pi , Pi , t

(16.5)

deren Wahl durch die Besonderheiten des zu lösenden Problems bestimmt wird. Liegt im ersten Fall ein Problem vor, in dem die Form S1 pqi , Qi , tq geeignet ist, dann gilt nach der Beziehung (16.4) und der totalen Zeitableitung

51

16.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall

der Erzeugenden S1 f ÿ

pi q9i ´ H qi , pi , t ´ `

˘

i“1

f ÿ

` ˘ Pi Q9 i ` K Qi , Pi , t

i“1



f f ÿ ` ˘ ÿ d BS1 BS1 9 BS1 q9i ` S1 q i , Q i , t “ Qi ` dt Bqi BQi Bt i“1 i“1

(16.6)

Wegen der Unabhängigkeit der Variablen qi , Qi , t kann (16.6) nur identisch erfüllt sein, wenn die Koeffizienten einzeln verschwinden. Aus dem Vergleich folgen dann die Impulse sowie die Umkehrungen für i “ 1, 2, ... , f . pi “

˘ ` BS1 “ p i q i , Qi , t Bqi

Ñ

˘ ` Qi “ Qi qi , pi , t

Ñ

Pi “ Pi qi , pi , t

(16.7)

˘ ` BS1 “ P i q i , Qi , t Pi “ ´ BQi

`

˘

Bei Vorgabe der Funktion S1 (s. Abschnitt 16.3) ergeben sich die rechts stehenden Beziehungen für Qi und Pi als die gesuchte kanonische Transformation (16.1), wodurch die Bezeichnung erzeugende Funktion gerechtfertigt ist. Als dritte Beziehung erhält man aus dem Vergleich die neue HamiltonFunktion mit der partiellen Zeitableitung der Erzeugenden. ˘ ` ˘ ` ˘ BS1 qi , Qi , t ` (16.8) K Qi , Pi , t “ H qi , pi , t ` Bt Als einfacher Fall wird die folgende kanonische Transformation betrachtet, bei der bis auf das Vorzeichen nur eine Vertauschung der generalisierten Koordinaten und Impulse erfolgt. f ` ˘ ÿ S 1 q i , Qi “ qi Q i

Ñ

p i “ Q i , P i “ ´ qi

i“1

` ˘ ` ˘ ` ˘ K Qi , Pi “ H qi , pi “ H ´ Pi , Qi Im zweiten Fall definiert man als Erzeugende die Form S2 qi , Pi , t “ S1 qi , Qi , t ` `

˘

`

˘

f ÿ i“1

Pi Q i

52

16 Kanonische Transformationen

und setzt sie zusammen mit der Zeitableitung dS2 {dt in (16.6) ein. Der Koeffizientenvergleich liefert die drei Beziehungen pi “

BS2 , Bqi

Qi “

BS2 , BPi

K“H`

BS2 Bt

(16.9)

Auf ähnliche Weise werden die beiden anderen Formen der Erzeugenden behandelt, [8, S. 181], [13, S. 266], [31, S. 154], [38, II, S. 52]. S 3 p i , Q i , t “ S1 q i , Q i , t ´ ˘

`

`

˘

` ` ˘ ˘ S4 pi , Pi , t “ S1 qi , Qi , t ´

f ÿ i“1 f ÿ

pi q i

i“1

16.2

f ÿ

pi q i `

Pi Q i

i“1

Zeitunabhängiger Fall

Ein besonderer Fall liegt vor, wenn die Hamilton-Funktion zeitunabhängig ist. Beide Seiten der umgestellten Gleichung (16.4) müssen gemäß Separation einer Konstanten gleich sein, wobei die nicht von der Zeit abhängige rechte Seite Null sein muss, da jede Hamilton-Funktion unabhängig von der Koordinatenwahl nach (10.7) die Gesamtenergie bedeutet, so dass deren Differenz verschwindet. f ÿ

pi q9i ´

i“1

f ÿ

` ˘ ` ˘ dS “ H qi , pi ´ K Qi , Pi “ 0 Pi Q9 i ´ dt i“1

Danach gilt bei Zeitunabhängigkeit einerseits Gleichheit der HamiltonFunktionen ` ˘ ` ˘ H qi , pi “ K Qi , Pi (16.10) und andererseits, dass die Differenz der Summen dS “

f ÿ i“1

pi q9i dt ´

f ÿ i“1

Pi Q9 i dt “

f ÿ i“1

pi dqi ´

f ÿ

Pi dQi

i“1

das totale Differential der Erzeugenden S sein muss, womit man auch die Kanonizität der Transformation prüfen kann, [7, II, S. 51], [32, S. 203].

16.3 Bedeutung der Methoden

16.3

53

Bedeutung der Methoden

Besonders zu betonen ist die große Freiheit bei der Wahl der kanonischen Transformationen, da die erzeugende Funktion S in beliebiger Weise definiert werden kann, um das zu lösende mechanische Problem mathematisch möglichst einfach zu gestalten, [8, S. 182]. Man kann praktisch jede beliebige Funktion als Erzeugende S ausprobieren und die nicht enthaltenen Variablen nach (16.7) bzw. (16.9) ermitteln, um festzustellen, ob die resultierende Transformation Vorteile für die Durchführung von Berechnung und Lösung bietet. Andererseits kann das Auffinden einer kanonischen Transformation oder einer erzeugenden Funktion, die zu einer einfachen Hamilton-Funktion führen soll, recht schwierig sein und daher keine wesentliche Vereinfachung im Vergleich mit dem Newton’schen oder Lagrange’schen Formalismus darstellen, sondern verschiebt nur den Rechenaufwand auf eine andere Methode. Die Bedeutung der Hamilton’schen Darstellung liegt daher nicht in ihrer Lösungsmethode selbst sondern in der tieferen Einsicht und dem theoretischen Verständnis, die sie in die formale Struktur der Mechanik gewährt. Der gleichberechtigte Status, der den generalisierten Koordinaten und Impulsen als unabhängige Variable gegeben wird, bietet eine größere Freiheit bei Auswahl und Festlegung entsprechender physikalischer Größen. Obwohl die Hamilton’sche Methode bei der Lösung praktischer Problemstellungen oft hilfreich ist und durchaus ihre Macht und Eleganz zum Ausdruck bringt, [13, S. 318], liegt ihre Bedeutung eher darin, welche Rolle sie bei der Entwicklung der modernen Theorien der Materie spielt. Als natürliche Folge der Hamilton’schen Darstellung bildeten verschiedene Formulierungen der klassischen Mechanik den Ausgangspunkt sowohl für die statistische Mechanik und damit auch der Thermodynamik als auch für die Quantenmechanik, [1, S. 253] [13, S. 263], [15, S. 401].

Kapitel 17

Poisson-Klammern Eine physikalische Größe F eines Systems, die vollständig durch Koordinaten, Impulse und Zeit bestimmt ist, heißt Observable oder messbare Größe. F “ F pqi , pi , tq In die totale Zeitableitung der Observablen werden die kanonischen Bewegungsgleichungen (10.2) eingesetzt. ˙ f ˆ ÿ BF BF BF dF q9i ` p9i “ ` dt Bt Bqi Bpi i“1 ˙ f ˆ ÿ BF BH BF BH BF ` ´ “ Bt Bqi Bpi Bpi Bqi i“1

(17.1)

Zur Abkürzung definierte Poisson 1809 die Poisson-Klammer für zwei Observable F und G, [18, S. 214],

˙ f ˆ “ ‰ ÿ BF BG BF BG F, G “ ´ Bqi Bpi Bpi Bqi i“1 54

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_17

(17.2)

55

die man auch in Determinantenform schreiben kann.    BF BF    f   “ ‰ ÿ  Bqi Bpi  F, G “    BG  i“1  BG  Bqi Bpi  Die folgenden Eigenschaften der Poisson-Klammern sind einfach zu zeigen. “ ‰ “ ‰ “ ‰ F, G “ ´ G, F Ñ F, F “ 0 Poisson-Klammern sind nicht komutativ oder nicht vertauschbar. “ ‰ “ ‰ kF, G “ k F, G “ ‰ “ ‰ “ ‰ F, G1 ` G2 “ F, G1 ` F, G2 “ ‰ “ ‰ “ ‰ F, G1 G2 “ F, G1 G2 ` G1 F, G2 Die Eigenschaften der Poisson-Klammern sind charakteristisch für eine mathematische Struktur, die auch beim doppelten Kreuzprodukt von Vektoren a ˆ pb ˆ cq im dreidimensionalen Raum sowie beim Kommutator AB ´ BA von Matrizen A und B und bei Operatoren in der Quantenmechanik in Abschnitt 43.9 auftritt. Für die voneinander unabhängigen Variablen qi und pi gelten wegen Bqi “ 0, Bpj

Bqi “ δij Bqj

Bpi “ 0, Bqj

Bpi “ δij Bpj

folgende Ergebnisse, die fundamentale Poisson-Klammern heißen. “ ‰ “ ‰ “ ‰ qi , qj “ pi , pj “ 0 , (17.3) qi , pj “ δij Dabei gilt folgende Klassifizierung. ‚ Größen, deren Poisson-Klammern Null sind, sind nicht vertauschbar ‚ Größen, deren Poisson-Klammern Eins sind, werden kanonisch konjugiert genannt

56

17 Poisson-Klammern

Weiterhin ergibt sich “

‰ BF , qi , F “ Bpi

‰ BF pi , F “ ´ Bqi



Setzt man in beiden Gleichungen für die Observable F die Hamilton-Funktion H ein, dann erhält man nach (10.2) die kanonischen Bewegungsgleichungen in der Darstellung mit Poisson-Klammern. ‰ BH “ q9i qi , H “ Bpi



‰ BH pi , H “ ´ “ p9i Bqi



(17.4)

Die Zeitableitung (17.1) der Funktion F führt mit den kanonischen Gleichungen auf eine Form, die deren Zeitentwicklung in kompakter Form beschreibt und aus der für F “ H die Beziehung (10.4) folgt. ‰ dF BF “ “ ` F, H dt Bt

Ñ

dH BH “ dt Bt

(17.5)

Bei einer physikalischen Größe F , die nicht explizit von der Zeit abhängt, stellt die Poisson-Klammer die totale Zeitableitung dar. “ ‰ BF dF “0 Ñ “ F, H Bt dt Dadurch kann man bei einer solchen zeitunabhängigen Größe F durch das Verschwinden der Poisson-Klammer ausdrücken, dass sie eine Erhaltungsgröße ist. “ ‰ dF “0 ðñ F, H “ 0 (17.6) dt Existiert neben F und G noch eine dritte Observable Apqi , pi , tq, dann gilt die Jacobi’sche Identität, [13, S. 284], die man durch Ausrechnen bestätigt. “ “ ‰‰ “ “ ‰‰ “ “ ‰‰ A, F, G ` F, G, A ` G, A, F “0 (17.7) Damit kann man einen auf Jacobi zurückgehenden Satz beweisen. Wenn die folgenden Größen konstant sind, ‰ BF “ dF F ppi , qi , tq “ const. “ ` F, H “ 0 Ñ dt Bt ‰ dG BG “ “ ` G, H “ 0 Ñ Gppi , qi , tq “ const. dt Bt

57

dann folgt mit der Hamilton-Funktion H und (17.7) ‰‰ “ “ ‰‰ “ “ ‰‰ “ “ ` G, looomooon H, F “0 H, F, G ` F, looomooon G, H “ ´ BG{Bt

“ BF {Bt

Durch Zusammenfassung und Umordnung erhält man mit (17.5) ‰ ““ ‰ ‰ ‰ B “ d “ F, G ` F, G , H “ F, G “ 0 Bt dt das Ergebnis, dass dann auch die Poisson-Klammer der Größen F und G konstant ist. “ ‰ F, G “ const. Ein wichtiges und einfaches Kriterium für die Kanonizität von Transformationen besteht darin, dass die fundamentalen Poisson-Klammern (17.3) erhalten bleiben, was man als kanonische Invarianz der Poisson-Klammern bezeichnet, bei der die neuen Variablen nach den alten abgeleitet werden, [1, S. 253], [17, S. 343]. ‰ “ ‰ “ ‰ “ Qi , Pj “ δij Qi , Qj “ Pi , Pj “ 0 , Für die Hamilton-Jacobi-Theorie bieten die Poisson-Klammern keine direkte Anwendung, aber sie haben neben ihrer Definition in der klassischen Mechanik große Bedeutung in der Quantenmechanik, wo die Observablen, d.h. die messbaren Größen, durch Operatoren und die PoissonKlammern durch Kommutatoren verallgemeinert werden.

Kapitel 18

Lösungsverfahren von Hamilton-Jacobi 18.1

Allgemeiner zeitabhängiger Fall

Durch geeignete Wahl der Erzeugenden soll eine kanonische Transformation (16.1) gefunden werden, bei der alle neuen Koordinaten Qi zyklisch sind, und die neue Hamilton-Funktion als KpPi , tq möglichst einfach wird. Der denkbar einfachste Fall ist offenbar dann gegeben, wenn die neue Hamilton-Funktion K identisch verschwindet und damit den Fall der zyklischen Qi umfasst. Als Erzeugende, die das bewirkt, wird die Form S2 nach (16.5) gewählt, die dann Hamilton’sche Wirkungsfunktion Spqi , Pi , tq oder Prinzipalfunktion genannt wird. Nach (16.9) folgt ˘ ` ` ` ˘ ˘ BS qi , Pi , t K Pi , t ” 0 “ ` H qi , pi , t (18.1) Bt Da K Null ist erhält man nach (16.2) konstante Werte für alle neuen Variablen Qi und Pi , die damit Erhaltungsgrößen sind. BK “0 Q9 i “ BPi

Ñ

BK P9i “ ´ “0 BQi

Ñ

Qi “ const. (18.2) Pi “ const.

Diese kanonische Transformation nennt man auch Transformation auf Ruhe. Da die neuen Variablen Qi und Pi als Konstanten keine Dynamik 58

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_18

18.1 Allgemeiner zeitabhängiger Fall

59

besitzen, wurde auf ein Gleichgewichtsproblem transformiert, [1, S. 256], [8, S. 186]. Für die ursprünglichen Impulse, die man in H einsetzt, gilt nach (16.9) pi “

BS Bqi

(18.3)

Die Erzeugende S, durch die die neue Hamilton-Funktion K identisch verschwindet, muss die zeitabhängige Hamilton-Jacobi Gleichung erfüllen, ˘ ` ´ BS qi , Pi , t BS ¯ ` H qi , ,t “ 0 (18.4) Bt Bqi die eine partielle Differentialgleichung 1. Ordnung für S in f ` 1 Variablen pqi , tq ist. Sie ist meist nichtlinear, weil die Impulse pi häufig quadratisch in H auftreten, [17, S. 357]. Durch die kanonische Transformation mit der speziellen Bedingung K ” 0 tritt sie an die Stelle der 2f gewöhnlichen Differentialgleichungen 1. Ordnung der kanonischen Bewegungsgleichungen (10.2) von Hamilton. Die Integration von Differentialgleichungen als Lösung eines gegebenen mechanischen Problems kann daher auch mit einer kanonischen Transformation nicht umgangen werden! Die Aufstellung der partiellen Differentialgleichung (18.4) wurde von Hamilton 1834 und die Lösung von Jacobi, die auch als Jacobi’scher Satz bezeichnet wird, 1837 angegeben, [8, S. 187, 191], [28, S. 221]. Obwohl die Lösung einer partiellen Differentialgleichung normalerweise als schwieriger angesehen wird, hat es sich jedoch erwiesen, dass ihre Behandlung besonders in Himmelsmechanik und Atomphysik durch das Verfahren der Separation (Kapitel 19) mitunter leichter ist als die Lösung des Systems der gewöhnlichen Differentialgleichungen (10.2). Die Integration von (18.4) liefert nur die Abhängigkeit von den alten Koordinaten qi und der Zeit t und gibt keine Auskunft über die neuen konstanten Größen Qi , Pi . Aber mathematisch muss die vollständige Lösung dieser Gleichung f ` 1 unabhängige Integrationskonstanten αi enthalten. Da die Wirkungsfunktion S nicht selbst sondern nur deren partielle Ableitungen in (18.4) auftreten, ist neben S auch S ` C mit einer additiven Konstante C eine Lösung. Diese Konstante ist bezüglich der Transformation ohne Interesse, da in den Transformationsbeziehungen ebenfalls nur partielle Ableitungen

60

18 Lösungsverfahren von Hamilton-Jacobi

von S auftreten. Die interessierende Lösung S von (18.4) enthält daher nur f Konstanten, von denen keine additiv ist. Da die konstanten Größen Pi noch nicht festliegen, kann man als Integrationskonstanten αi die neuen Impulse Pi wählen, wodurch die Wirkungsfunktion S die folgende Form erhält. ` ˘ ` ˘ Pi “ αi Ñ S “ S qi , Pi , t “ S q1 , ... , qf , α1 , ... , αf , t Hat man die Funktion S als Lösung der partiellen Differentialgleichung gefunden, worin allerdings die eigentliche Integrationsaufgabe besteht, dann bilden die Gleichungen (18.3) zum Zeitpunkt t “ t0 ` ` ˘ˇ ˘ˇ BS qi , Pi , t ˇˇ BS qi , αi , t ˇˇ pi 0 “ “ ˇ ˇ Bqi Bqi t“t0 t“t0 f Beziehungen zwischen den Konstanten Pi “ αi und den Anfangswerten qi0 und pi0 . Den zweiten Satz von f Integrationskonstanten βi , die man mit den konstanten Koordinaten Qi identifiziert, werden auf entsprechende Weise aus den Anfangsbedingungen dargestellt. ˘ˇ ˘ˇ ` ` BS qi , Pi , t ˇˇ BS qi , αi , t ˇˇ “ Qi “ βi “ ˇ ˇ BPi Bαi t“t0 t“t0 Mit den damit vorliegenden 2f Konstanten αi und βi liefert die Umkehrung oder Auflösung der beiden letzten Gleichungen bei beliebiger Zeit t, die prinzipiell immer wenigstens stückweise möglich ist (algebraisch, numerisch oder graphisch), die gesuchten Zeitfunktionen der generalisierten Koordinaten und Impulse gemäß (16.1). ` ˘ ` ` ˘ ˘ αi “ αi qi0 , pi0 Ñ qi “ qi Qi , Pi , t “ qi αi , βi , t ` ˘ ` ` ˘ ˘ βi “ β i q i 0 , α i Ñ pi “ pi Qi , Pi , t “ pi αi , βi , t Eine tiefere Einsicht in die physikalische Bedeutung der Wirkungsfunktion Spqi , tq erhält man aus ihrer totalen Zeitableitung, in die man (18.1) und (18.3) einsetzt, wobei die konstanten Impulse Pi keinen Beitrag leisten. ÿ BS ÿ dS BS q9i ` “ “ pi q9i ´ H “ L dt Bqi Bt i i

61

18.2 Zeitunabhängiger Fall

Die Wirkungsfunktion S unterscheidet sich vom Zeitintegral über die Lagrange-Funktion höchstens um eine Konstante und entspricht daher dem Wirkungsintegral (12.1), dessen Variation das Hamilton’sche Prinzip (12.2) erfüllt, [1, S. 256], [13, S. 306]. S“

ż

L dt ` const.

Ñ

δS “ δ

ż

t1

L dt “ 0

t0

18.2

Zeitunabhängiger Fall

Wenn in skleronomen Systemen die Hamilton-Funktion H die Zeit t nicht explizit enthält, dann kann die partielle Differentialgleichung (18.4) separiert werden, da bei Änderung von t jeder Summand für sich einer Konstanten m gleich sein muss. ˘ ` ` ˘ BS qi , Pi , t ` H qi , pi “ 0 (18.5) Bt loooooomoooooon loooomoooon “´m

“`m

Gemäß Separation ist die Hamilton-Funktion H konstant, also eine Erhaltungsgröße, die man mit der Integrationskonstante m “ α1 identifizieren kann. Die Wirkungsfunktion S hat folgende separierte Lösung, bei der die Integrationskonstante, die den zeitunabhängigen Anteil darstellt, als charakteristische Hamilton-Funktion W bezeichnet wird. BS “ ´m Bt

Ñ

` ˘ ˘ ` S qi , Pi , t “ W qi , Pi ´ mt

(18.6)

Die Erzeugende S transformiert auf zyklische Koordinaten Qi , wodurch nach (16.2) alle neuen Impulse Pi Erhaltungsgrößen werden, die man mit dem ersten Satz von f Integrationskonstanten identifiziert. Pi “ αi “ const.

(18.7)

Für die alten Impulse gilt nach (16.9) in diesem Fall, pi “

BS BW “ Bqi Bqi

(18.8)

62

18 Lösungsverfahren von Hamilton-Jacobi

die man zusammen mit dem Lösungsansatz (18.6) in (18.5) einsetzt, wodurch die charakteristische Funktion W die folgende partielle Differentialgleichung erfüllen muss, die als zeitunabhängige Hamilton-Jacobi Gleichung bezeichnet wird. In konservativen Systemen stellt H nach (10.7) die Gesamtenergie dar, so dass dann mit (18.8) insgesamt gilt H

´

qi ,

BW ¯ “ m “ α1 “ Wges “ const. Bqi

(18.9)

Die Lösungsfunktion W enthält f Integrationskonstanten αi , von denen als erste α1 “ Wges bereits festgelegt ist, und hat damit folgende Gestalt. ` ˘ W “ W q1 , ... , qf , α1 , α2 , ... , αf Die Koordinaten Qi , die den zweiten Satz βi von Integrationskonstanten liefern, ergeben sich nach (16.9), wobei man wegen m “ α1 eine Fallunterscheidung treffen muss. Q1 “

BS BS BW “ “ ´ t “ β1 BP1 Bα1 Bα1

Qi “

BS BS BW “ “ “ βi BPi Bαi Bαi

Wie im allgemeinen Fall werden schließlich die den Anfangsbedingungen ermittelt, ` ` ˘ˇ ˘ BW qi , αi ˇˇ BW qi , αi , βi “ pi0 “ ˇ Bqi Bαi t“t0

pi “ 2, ... , f q Konstanten αi und βi aus ˇ ˇ ˇ ˇ

# ´ t“t0

t0 0

i“1 i‰1

um damit die gesuchten Zeitfunktionen der generalisierten Koordinaten und Impulse zu berechnen. ` ˘ ` ˘ αi “ αi qi0 , pi0 Ñ qi “ q i α i , β i , t ` ˘ ` ˘ β i “ β i q i 0 , αi Ñ pi “ p i α i , βi , t Einen tabellarischen Überblick über die Lösungsmethoden mit und ohne Zeitabhängigkeit findet man in [13, S. 312], [15, S. 480]. Die Hamilton-Jacobi Gleichung der charakteristischen Funktion W führt auf die gleiche Form wie die Eikonalgleichung der Strahlenoptik, deren mechanisch-optische Analogie die Aufstellung der zeitunabhängigen

18.2 Zeitunabhängiger Fall

63

Schrödinger’schen Wellengleichung als Folge hatte, [17, S. 368, 370], was im Kapitel 23 behandelt wird. Als allgemeine Erkenntnis gilt, dass die Hamilton-Jacobi-Theorie bei einfachen Aufgaben meist aufwendiger ist als die Newton’sche Methode. Ihre Vorzüge kommen erst bei schwierigeren Problemstellungen und bei der Weiterentwicklung der klassischen Mechanik zur Geltung.

Kapitel 19

Separation der Variablen Die Hamilton-Jacobi Gleichung ist als partielle Differentialgleichung normalerweise schwerer zu lösen als gekoppelte gewöhnliche Differentialgleichungen, so dass man mit der Hamilton-Jacobi-Methode in der Praxis kaum Vorteile hätte. Für die Lösung der partiellen Differentialgleichung läßt sich keine allgemeine Vorschrift angeben, aber in bestimmten orthogonalen Koordinatensystemen existieren Bedingungen, die als Theorem von Staeckel bezeichnet werden, unter denen eine Separation der Variablen und damit eine Lösung gelingt, [7, II, S. 28], [14, S. 453, 613], [20, S. 5]. Bei fundamentalen Problemen, die beim Bohr’schen Atommodell auftraten, ist eine vollständige Lösung möglich und zwar insbesondere dann, wenn die HamiltonJacobi Gleichung zeitunabhängig ist. In konservativen Systemen gilt nach (18.9) ´ BW ¯ ˘ ` “ Wges H qi , pi “ H qi , Bqi In solchen Fällen kann man folgenden Summenansatz für die charakteristische Hamilton-Funktion machen,

W q1 , ... , qf , α1 , ... , αf “ `

˘

f ÿ

` ˘ Wi qi , α1 , ... , αf

i“1

64

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65

bei der jeder Summand nur von einer einzigen Variablen q abhängt, was dann auch für die Impulse gilt. p “

BW BW pq q “ “ p pq q Bq Bq

Eine Separation der Variablen ist möglich, wenn sich auch H in Summanden zerlegen läßt, H q1 , ... , qf , p1 , ... , pf “ `

˘

f ÿ

` ˘ Hi qi , pi

(19.1)

i“1

weil dann die Gleichung (18.9) in Summanden zerfällt, die jeweils nur von einer einzigen Variablen abhängen und daher Konstanten gleich sein müssen. ´ ´ BWf pqf q ¯ BW1 pq1 q ¯ ` ... ` Hf qf , “ Wges H 1 q1 , Bq1 Bqf looooooooooomooooooooooon looooooooooomooooooooooon “ α1

“ αf

Die resultierenden f Gleichungen ´ BWk ¯ H k qk , “ αk Bqk

pk “ 2, ... , f q

f ´ ÿ BW1 ¯ αk “ α1 “ Wges ´ H1 q1 , Bq1 k“2

sind gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung, die auf Quadraturen, also Integrationen, zurückgeführt werden. Man muss lediglich nach BWi {Bqi auflösen und dann über qi integrieren, was dann die eigentliche Aufgabe darstellt. Systeme, deren Bewegungsgleichungen durch Separation auf die Berechnung von Integralen zurückgeführt werden können, heißen integrable Systeme. Dabei lassen sich die auftretenden Integrale aber häufig nicht analytisch lösen sondern nur numerisch berechnen. Die Bedeutung der Hamilton-Jacobi Theorie beruht auf der vom Prinzip her einfachen Lösbarkeit separierbarer Aufgabenstellungen, die in der Himmelsmechanik mit der kanonischen Störungstheorie erfolgreich angewendet wurde, [7, II, S. 54], [38, II, S. 142, 147, 155].

66

19 Separation der Variablen

In der Praxis ist das Hamilton-Jacobi Verfahren nur dann eine geeignete Lösungsmethode, wenn sich eine solche Separation finden läßt, was glücklicherweise bei vielen Problemen der klassischen Mechanik sowie der Atomphysik der Fall ist. Es läßt sich indes außer dem Theorem von Staeckel kein einfaches Kriterium angeben, ob die Hamilton-Jacobi Gleichung separierbar ist, weil das auch von der Wahl der generalisierten Koordinaten abhängt. So ist das Kepler’sche Zweikörperproblem in Polarkoordinaten separabel, in kartesischen Koordinaten dagegen nicht, [13, S. 315]. Normalerweise ist die Hamilton-Jacobi Gleichung in geschlossener Form nur bei vollständiger Separation der Variablen lösbar. Man hat daher große Anstrengungen unternommen, für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen separierbare Koordinaten zu finden, [15, S. 485].

Kapitel 20

Wirkungs- und Winkelvariable Auf vielen Gebieten der Physik sind Systeme von besonderem Interesse, deren Bewegungen periodisch sind. Häufig sind dabei nicht die Einzelheiten der Bahnkurven, sondern nur die Frequenzen der Bewegung gesucht. Zur Behandlung periodischer Bewegungen kann man eine elegante und wirksame Methode anwenden, die eine Abwandlung des Hamilton-Jacobi Verfahrens darstellt. Der Unterschied zum normalen Verfahren besteht darin, dass für die neuen Impulse Pi nicht die dort auftretenden Integrationskonstanten αi sondern geeignet definierte Konstanten Ji verwendet werden, die Funktionen der αi sind. Aus Gründen der einfacheren Behandlung wird das System als konservativ mit nur einem Freiheitsgrad und der gegebenen Gesamtenergie angenommen, das nach (18.9) die folgende zeitunabhängige Hamilton-Funktion besitzt. ´ BW ¯ ` ˘ H q, p “ H q, “ Wges Bq Diese Beziehung beschreibt einerseits die zur Energie Wges gehörende Phasenbahn ppqq, andererseits stellt sie die zeitunabhängige Hamilton-Jacobi Gleichung dar, deren Integral die charakteristische Hamilton-Funktion W “ W pq, Wges q aus (18.6) ist. Über eine Periode der Bewegung wird ein Umlaufintegral gebildet, dass eine Funktion der Konstante Wges ist. Bei Libration wird es über die geschlossene Phasenbahn und bei Rotation über eine Periode von q erstreckt, 67

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68

20 Wirkungs- und Winkelvariable

wodurch das Phasenintegral lautet ¿ ¿ BW pq, Wges q dq JpWges q “ p dq “ Bq

(20.1)

Die Größe J wird Wirkungsvariable genannt, da das Integral eine Wirkung beschreibt. Die Gleichung kann man auch bei Inversion als Beziehung Wges “ Wges pJq für die Gesamtenergie betrachten, die bei festem J eine Konstante ist. Die charakteristische Funktion W “ W pq, Wges q “ W pq, Jq läßt sich als zeitunabhängige Erzeugende S2 pq, P q einer kanonischen Transformation nach (16.5) deuten, bei der die alten Koordinaten pq, pq in die neuen pw, Jq verwandelt werden. pq, pq

^

Ñ

pQ, P q “ pw, Jq

Dabei gilt nach der zweiten Gleichung (16.9) für die kanonisch konjugierte Winkelvariable w w“

BW pq, Jq BJ

(20.2)

Die Bezeichnung Winkelvariable wird verständlich, da nach (9.2) die zur Variablen J, die die Dimension einer Wirkung bzw. eines Drehimpulses hat, konjugierte Variable w ein Winkel sein muss. Aus der Gleichheit der Hamilton-Funktionen bei Zeitunabhängigkeit (16.10) Kpw, Jq “ Hpq, pq “ Wges pJq

Ñ

K “ KpJq

(20.3)

folgt, dass w zyklisch ist, da diese Variable in der neuen Funktion K nicht auftritt und dass daher die Wirkungsvariable J als konjugierter Impuls konstant ist. Aus den kanonischen Bewegungsgleichungen (16.2) erhält man die Bewegungsgleichung der Winkelvariablen, w9 “

dWges pJq BK “ BJ dJ

dWges pJq wptq “ t`δ dJ

(20.4)

die für festes J einen linearen Zeitverlauf hat und bei der δ eine Phasenkonstante darstellt.

69

Für einen vollständigen Zyklus von Libration oder Rotation und damit eine Periode T kann man den Zuwachs der Winkelvariablen sowohl nach (20.4) ausdrücken, Δw “ wpt ` T q ´ wptq “

dWges pJq T dJ

(20.5)

als auch über die infinitesimale Änderung dw “ pBw{Bqq dq beim Anwachsen von q allein. Mit (20.1) und (20.2) erhält man ¿ ¿ ¿ 2 ¿ Bw B W B BW BJ Δw “ dw “ dq “ dq “ dq “ “1 Bq BqBJ BJ Bq BJ Nach einem vollen Umlauf kehrt das System in seinen Ausgangszustand zurück, wobei die Bewegung in w periodisch mit der Periode Δw “ 1 ist. Aus dem Vergleich der Zuwächse ergibt sich mit (20.4) und (20.5) die Kreisfrequenz ω der Bewegung. ω “ 2π

dWges pJq 1 Δw dKpJq “ 2π “ 2π “ 2π “ 2π w9 T T dJ dJ

(20.6)

Die Bedeutung der Wirkungs- und Winkelvariablen besteht darin, dass man nicht die vollständige Lösung eines periodischen Bewegungsproblems berechnen muss, sondern bereits aus der Ableitung der HamiltonFunktion K nach J die Frequenz ω der Bewegung ermitteln kann! Konservative Systeme mit mehr als einem Freiheitsgrad werden behandelt in [8, S. 230], [13, S. 322], [15, S. 495].

Kapitel 21

Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion Zu verschiedenen mechanischen Problemen werden die Funktionen L und H an folgenden Literaturstellen abgeleitet bzw. angegeben, [8, S. 163, 176, 182, 189], [13, S. 22, 26, 47, 272, 307], [31, S. 113, 118, 150]. Eine große Zahl von mehr als 300 Beispielen und gelösten Aufgaben zur Mechanik findet man im Buch von Kuypers, [17], darunter auch solche zu den Funktionen L und H.

21.1 21.1.1

Harmonischer Oszillator Aufstellung der Hamilton-Funktion

Der harmonische Oszillator ist ein Massenpunkt der Masse m, auf den eine rücktreibende, elastische Kraft wirkt, die der Auslenkung entgegen gerichtet ist. Wird die Kraft durch eine Feder erzeugt, dann entspricht k der Federkonstanten c. Die Bewegungsgleichung nach Newton lautet, m: r “ ´ kr die man in die drei kartesischen Richtungen zerlegen kann. Erfolgt die Auslenkung nur in x-Richtung, dann lautet die Differentialgleichung mit der Eigenfrequenz ω0 x : ` ω02 x “ 0

mit

ω02 “

k m

70

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_21

(21.1)

71

21.1 Harmonischer Oszillator

Die Lösung kann man mit reellen Konstanten a, b oder komplexen Konstanten A, B angeben, die aus den Anfangsbedingungen bei t “ 0 für Ort und Geschwindigkeit bestimmt werden. xptq “ a sin ω0 t ` b cos ω0 t

(21.2)

xptq “ A ejω0 t ` B e´jω0 t Die kinetische Energie erhält man aus der Geschwindigkeit E kin pxq 9 “

m 2 x9 2

und die potentielle Energie aus der rücktreibenden Kraft, die sich als negativer Gradient einer Potentialfunktion darstellen läßt und daher konservativ ist. F “ ´ kr “ ´ grad WPot

Ñ

WPot prq “

k 2 r 2

Damit gilt für die x-Richtung WPot pxq “

k 2 m 2 2 x “ ω x 2 2 0

Mit den generalisierten Größen q “ x und p “ mx9 erhält man die zeitunabhängige Hamilton-Funktion ˘ ` ˘ 1 ` 2 p ` pm ω0 q2 q 2 H p, q “ Wges “ E kin ` Wpot “ 2m

21.1.2

Lösung nach Hamilton-Jacobi

Der Separationsansatz (18.6) ` ˘ ` ˘ S q, P, t “ W q, P ´ α t führt mit dem Impuls (18.8) p“

BW BS “ Bq Bq

(21.3)

72

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

auf die Hamilton-Jacobi Gleichung (18.9), „ j ´ BW ¯ 1 ´ BW ¯2 2 2 “ ` pm ω0 q q “ α “ Wges H q, Bq 2m Bq bei der die Konstante α die Gesamtenergie Wges bedeutet. Die Differentialgleichung kann man zwar direkt integrieren, d 2α BW “ m ω0 ´ q2 Bq m ω02 was aber nicht erforderlich ist, da nur Ableitungen von S und W auftreten. ż d 2α ´ q 2 dq W “ m ω0 m ω02 Gemäß (18.7) erhält man aus der Ableitung von S nach P “ α eine Stammfunktion, BS BS BW “ “β“ ´t BP Bα Bα ż dq 1 d ´ t “ ω0 2α ´ q2 m ω02 j „ c m ω02 1 ´ t arcsin q “ ω0 2α deren Umkehrung auf die Zeitfunktion der Ortskoordinate mit dem Phasenwinkel δ “ ω0 β führt. d ` ˘ 2 Wges sin ω0 t ` δ qptq “ xptq “ 2 m ω0 Den Impuls berechnet man aus der Ableitung d d ` ˘¯ 2α 2α ´ BW BS 2 2 “ mω “ “ m ω0 ω ´ q t ` δ 1 ´ sin pptq “ 0 0 Bq Bq m ω02 m ω02 a ` ˘ “ m xptq 9 “ 2m Wges cos ω0 t ` δ

73

21.1 Harmonischer Oszillator

Aus den Anfangsbedingungen d

2 Wges sin δ m ω02

c

2 Wges cos δ m

xp0q “ x0 “ q0 “ p0 “ xp0q 9 “ x9 0 “ m

wird der Phasenwinkel δ ermittelt. x0 q0 “ m ω0 tan δ “ ω0 x9 0 p0

21.1.3

Lösung mit kanonischer Transformation

Bei der Lösung mit kanonischer Transformation geht man aus von der zeitunabhängigen Hamilton-Funktion (21.3), die eine Summe zweier quadratischer Terme ist. Um mit der gesuchten Transformation eine zyklische Koordinate Q zu erzeugen, macht man folgenden Produktansatz mit einer zu bestimmenden Funktion f pP q, p “ f pP q cos Q q“

f pP q sin Q m ω0

wodurch wegen der Gleichheit (16.10) die neue Hamilton-Funktion nur noch von P abhängt. ˘ f 2 pP q ` ˘ f 2 pP q ` cos2 Q ` sin2 Q “ “ KpP q H p, q “ 2m 2m Um die unbekannte Funktion f pP q zu bestimmen, ist folgende Erzeugende der ersten Art ein geeigneter Ansatz. ` ˘ m S1 q, Q “ ω0 q 2 cot Q 2 Gemäß (16.7) erhält man die Transformationsgleichungen p“

BS1 “ m ω0 q cot Q Bq

P “´

BS1 m ω0 q 2 “ BQ 2 sin2 Q

74

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

mit der Auflösung, c

2P sin Q m ω0

a

2m ω0 P cos Q

q“ p“

(21.4)

wobei der Vergleich mit dem Produktansatz für p und q auf die zu bestimmende Funktion f pP q führt. Die Hamilton-Funktion K muss wie in (21.3) auch in den neuen Koordinaten der Gesamtenergie gleich sein. f pP q “

a

2m ω0 P

KpP q “ ω0 P “ Wges “ E kin ` Wpot Da Q zyklisch ist, hat der konjugierte Impuls P nach (15.1) den konstanten Wert, P “

Wges ω0

so dass sich beide Funktionen f pP q und KpP q als Konstanten herausstellen. Für die Koordinate Q gilt nach (16.2) BK “ ω0 Q9 “ BP

Ñ

Q “ ω0 t ` δ

Setzt man die neuen Koordinaten in (21.4) ein, dann erhält man die bereits in (21.2) ermittelten Zeitfunktionen für Ort und Impuls. d

` ˘ 2Wges sin ω0 t ` δ 2 m ω0 a ` ˘ pptq “ 2mWges cos ω0 t ` δ qptq “

(21.5)

In der Phasenebene stellt die Trajektorie ppqq eine Lissajous-Figur in Form einer Ellipse dar, die im Uhrzeigersinn durchlaufen wird.

75

21.1 Harmonischer Oszillator

21.1.4

Lösung mit Wirkungs- und Winkelvariablen

Bei der Lösung mit Wirkungs- und Winkelvariablen geht man aus von der Hamilton-Funktion aus kinetischer und potentieller Energie, in die als Größen nur Masse m und Federkonstante k eingehen. ` ˘ k p2 H p, q “ Wges “ E kin ` Wpot “ ` q2 2m 2 b p “ 2m Wges ´ mk q 2 In der ppqq-Ebene stellen diese Gleichungen eine Ellipse dar mit den Halbachsen, c aq “

2 Wges , k

bp “

a

2m Wges

so dass die Wirkungsvariable J deren Flächeninhalt entspricht, den man ohne Integration direkt angeben kann. Das Phasenintegral (20.1) lautet daher J“

¿

p dq “

¿ b

2m Wges ´

mk q 2

dq “ π aq bp “ 2π Wges

c

m k

(21.6)

Aus dieser Beziehung erhält man mit (20.6) die Kreisfrequenz, dWges “ ω0 “ 2π dJ

c

c

k m

Ñ

2π Wges “

k J “ ω0 J m

die mit der Eigenfrequenz (21.1) des harmonischen Oszillators übereinstimmt. Für die Winkelvariable gilt nach (20.4) wptq “

dWges ω0 t ` δ˚ “ t ` δ˚ dJ 2π

und nach (18.8) mit der charakteristischen Hamilton-Funktion W BW p“ “ Bq

b

2m Wges ´ m ω0 `

˘2

c q2

“ m ω0

J ´ q2 π m ω0

76

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

Die daraus hervorgehende Integraldarstellung von W führt mit (20.2) auf, „ż c j B J BW 2 w“ “ m ω0 ´ q dq BJ BJ π m ω0 ż 1 dq c “ 2π J ´ q2 π m ω0 ˆ c ˙ π m ω0 1 arcsin q “ 2π J woraus man durch Umkehrung die Zeitfunktion der Ortskoordinate erhält. c c ` ˘ J J qptq “ sin 2πwptq “ sin ω0 t ` δ π m ω0 π m ω0 Mit der später von Arnold Sommerfeld bei der quantenmechanischen Behandlung von Atomen eingeführte Quantisierung der Wirkungsvariablen J “ nh in (21.12) erhält man aus (21.6) die möglichen Eigenwerte Wn der Energie des harmonischen Oszillators. c Wges

Ñ

Wn “ 

k n “ ω0 n m

pn “ 0, 1, 2, ...q

(21.7)

Darstellungen des Oszillators findet man an folgenden Stellen: [8, S. 177, 182, 230], [13, S. 272, 307, 325], [15, S. 411, 472, 494], [17, S. 231, 359], [38, I, S. 40], [38, II, S. 106, 126].

21.2

Kepler-Problem

Die Bewegung einer punktförmigen Masse m im Zentralfeld einer raumfesten Masse M stellt ein Zwei-Körper-Problem dar, dass zuerst in der Himmelsmechanik im Gravitationsfeld als sog. Kepler-Problem und später in Elektrodynamik und Atomphysik im Coulomb-Feld mit elektrischen Ladungen Q und q behandelt wurde. Die Feldquellen M bzw. Q werden als groß gegen die Probegrößen m bzw. q und daher als ruhend angenommen. Gravitations- und Coulomb-Kraft sind Zentralkräfte, die man durch den

77

21.2 Kepler-Problem

negativen Gradienten einer potentiellen Energie darstellen kann, da die erzeugten Felder konservativ sind. Bei der Lösung mit der Hamilton’schen Theorie werden die Energien benötigt. In Kugelkoordinaten sind Wegelement und Geschwindigkeit durch (3.4) gegeben, woraus man die kinetische Energie wie in (7.5) bestimmt. E kin “

˘ m 2 m` 2 v “ r9 ` r2 ϑ9 2 ` r2 sin2 ϑ ϕ9 2 2 2

(21.8)

Im Gravitationsfeld haben Kraft und potentielle Energie folgende Gestalt F “ ´m

GM r “ ´ grad Wpot prq r2 r

Ñ

Wpot prq “ ´ m

GM r

und im elektrischen Feld für die Ladungen `Q und ´q, [39, II, S. 174, 498, 505]. F “ ´q

Q r “ ´ grad Wpot prq 4πε0 r2 r

Ñ

Wpot prq “ ´ q

Q 4πε0 r

Dabei sind G und ε0 die Gravitations- bzw. Dielektrizitätskonstante. In beiden Fällen gilt für die potentielle Energie das Potenzgesetz mit einer Konstante k, das im Fall der Gravitation lautet Wpot prq “ ´ m

k GM “´ r r

(21.9)

Nur für eine anziehende Kraft bei positivem k kann die Bahn beschränkt und daher periodisch sein. Aus der Lagrange-Funktion (7.9) L “ E kin ´ Wpot werden nach (9.1) die generalisierten Impulskomponenten berechnet, die nur bei der r-Komponente mit dem kinematischen Impuls p “ mv übereinstimmen! BL pr “ “ m r9 “ m vr “ m vr B r9 ˘ ` BL “ mr2 ϑ9 “ m r vϑ “ mr r ωϑ pϑ “ B ϑ9 ` ˘ BL “ mr2 sin2 ϑ ϕ9 “ mr sin ϑ r sin ϑ ωϕ “ m r sin ϑ vϕ pϕ “ B ϕ9

78

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

Dabei stellt pr einen Impuls, pϑ und pϕ stellen dagegen Drehimpulse dar. Mit diesen Größen erhält man die zeitunabhängige Hamilton-Funktion (10.8) des Kepler-Problems in Kugelkoordinaten. ˘ ` ˘ ` H r, ϑ, pr , pϑ , pϕ “ Wges “ E kin r, ϑ, pr , pϑ , pϕ ` Wpot prq ˙ ˆ p2ϕ p2 k 1 ´ “ p2r ` ϑ2 ` 2 2 2m r r r sin ϑ

(21.10)

Da H nicht explizit von der Zeit abhängig ist, gilt (18.8) und die Hamilton-Jacobi Gleichung (18.9) lautet mit der konstanten Gesamtenergie Wges “ α1 ˆ

BW Br

˙2

1 ` 2 r

ˆ

BW Bϑ

˙2

1 ` 2 2 r sin ϑ

ˆ

BW Bϕ

˙2

´ k¯ “ 2m Wges ` r

Diese partielle Differentialgleichung ist inhomogen, so dass die Separation der Variablen nicht mit dem Produktansatz von Bernoulli sondern mit folgendem Summenansatz durchgeführt wird. ` ˘ W r, ϑ, ϕ “ Rprq ` Θpϑq ` Φpϕq Da die Variable ϕ in H nicht auftritt und daher zyklisch ist, gilt für den konjugierten Impuls pϕ nach (15.1) und (18.8). BH “0 Bϕ dΦ BW “ “ αϕ “ const. pϕ “ Bϕ dϕ p9ϕ “ ´

Der dritte Summand des Ansatzes weist daher einen linearen Winkelverlauf auf Φpϕq “ αϕ ϕ und stellt den Flächensatz oder das 2. Kepler’sche Gesetz dar. Damit kann man die Differentialgleichung separieren, da die beiden auftretenden Summanden jeweils nur von einer Variablen abhängen und daher

79

21.2 Kepler-Problem

konstant sein müssen. ˙ ˙j „ˆ ˙ „ˆ ˆ 2 j αϕ dR 2 dΘ 2 k 2 ´ 2m Wges ` ` ` “ 0 r dr r dϑ sin2 ϑ loooooooooooomoooooooooooon looooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooon “ ´ α2ϑ

“ ` α2ϑ

Für jede Variable erhält man eine gewöhnliche Differentialgleichung, die man durch Quadratur lösen kann. Für r und ϑ folgt mit (18.8) ˆ ˙ ´ α2 dR 2 αϑ2 k¯ ` 2 “ p2r ` 2ϑ “ 2m Wges ` dr r r r ˆ ˙2 2 2 αϕ αϕ dΘ 2 “ p “ αϑ2 ` ` (*) ϑ dϑ sin2 ϑ sin2 ϑ Die drei gewöhnlichen Differentialgleichungen für die Variablen pr, ϑ, ϕq entsprechen jeweils einem Erhaltungssatz der Bewegung und alle drei Konstanten α1 , αϑ und αϕ haben eine physikalische Bedeutung. Die Größe α1 wurde gemäß (18.9) als die konstante Gesamtenergie Wges identifiziert. und die Größe αϕ stellt den konstanten Drehimpuls pϕ um die z-Achse dar. Mit der Differentialgleichung (*) in ϑ kann man die Hamilton-Funktion (21.10) umschreiben ˆ ˙ ˘ ` αϑ2 1 k 2 pr ` 2 ´ H r, ϑ, pr “ 2m r r In ebenen Polarkoordinaten pρ, ψq lauten Geschwindigkeit, kinetische Energie und Hamilton-Funktion ˘ dρ deρ dψ d ` dr “ ρ eρ “ eρ ` ρ “ ρ9 eρ ` ρ ψ9 eψ dt dt dt dψ dt ˘ m 2 m` 2 E kin “ v “ ρ9 ` ρ2 ψ9 2 2 2 ˆ ˙ a p2ψ ` ˘ ˘ ` k 1 2 pρ ` 2 ´ r “ ρ2 ` z 2 H ρ, z, pρ , pψ “ 2m ρ r v“

Der Vergleich der beiden Hamilton-Funktionen für pρ, ψq und pr, ϑq zeigt, da die Azimutvariable ψ zyklisch ist, dass pψ “ αϑ “ | L | “ const.

80

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

den Betrag des konstanten Gesamtdrehimpulses L bedeutet, [13, S. 317, 332], [15, S. 488]. Aus der kinetischen Energie (10.6) 2E kin “

f ÿ

pi q9i “ pr r9 ` pϑ ϑ9 ` pϕ ϕ9 “ pρ ρ9 ` pψ ψ9

i“1

erhält man für den Drehimpulsanteil pϑ ϑ9 “ pψ ψ9 ´ pϕ ϕ9

Ñ

pϑ dϑ “ pψ dψ ´ pϕ dϕ

Von den drei Wirkungsvariablen (20.1) kann man zwei sofort integrieren. ż2π BΦ dϕ “ αϕ dϕ “ 2π αϕ Jϕ “ pϕ dϕ “ Bϕ 0 ¿ ¿ ¿ Jϑ “ pϑ dϑ “ pψ dψ ´ pϕ dϕ ¿

¿

Wenn ϑ einen vollständigen Librationszyklus durchläuft, dann ändern sich die zyklischen Koordinaten ψ und ϕ jeweils um 2π und die Integrale über die konstanten Impulse pψ und pϕ ergeben die Wirkungsvariable. ˘ ` ˘ ` Jϑ “ 2π pψ ´ pϕ “ 2π αϑ ´ αϕ ˘ 1 ` αϑ “ J ϑ ` Jϕ 2π Eine andere Berechnung dieser Wirkungsvariable, bei der die Integration mit mehreren Substitutionen relativ aufwendig ist, wird in [15, S. 506] durchgeführt. Setzt man das in die dritte Wirkungsvariable ein, d ˙ ˆ ˙ ˆ ¿ ¿ ¿ J ϑ ` Jϕ 2 BR k dr “ ´ Jr “ pr dr “ 2m Wges ` dr Br r 2π r dann` erhält man ˘ nach der Ausführung der Integration die Gesamtenergie Wges Jr , Jϑ , Jϕ als Funktion der drei Größen J. Die Berechnung der Frequenzen nach (20.6) zeigt, dass wegen der Gleichheit ωϑ “ ωϕ bei periodischen Bewegungen in einem Zentralfeld einfache Entartung auftritt.

81

21.2 Kepler-Problem

Für die Berechnung des Integrals benötigt man die Librationsgrenzen r´ “ rmin und r` “ rmax als Nullstellen des Radikanden im Integral. d ˘ˆ ` ˙ j „ ´ Wges J ϑ ` Jϕ 2 k ˘ 1 ˘ r˘ “ ` 1´ 2m πk 2 ´ Wges Beide Nullstellen sind nur für p´Wges q ą 0 positiv, was dann zu einer periodischen Ellipsenbahn führt. Die Berechnung des Integrals für Jr ist auf elementarem Wege möglich, kann aber eleganter im Komplexen mit dem Residuensatz durchgeführt werden, [13, S. 334], mit dem Ergebnis d ˘ ` 2m ˘ Jr “ ´ J ϑ ` J ϕ ` π k ` ´ Wges Wges Jr , Jϑ , Jϕ “ ´ 2m `

˘

ˆ

πk J r ` Jϑ ` J ϕ

˙2

Alle drei Kreisfrequenzen haben nach (20.6) den gleichen Wert, ` ˘ BWges Jr , Jϑ , Jϕ p “ r, ϑ, ϕq ω “ 2π BJ ` ˘2 4m π k “ 2π ` ˘3 J r ` Jϑ ` Jϕ so dass die Kepler-Bewegung zweifach entartet ist und damit eine vollständige Entartung aufweist, was ihrem rein periodischen Charakter entspricht. Drückt man die Summe der J durch die Gesamtenergie aus, dann erhält man die Umlaufzeit oder die Bahnperiode des Probekörpers im Zentralfeld zu g f ω m f “ πk e T “ 2π 2 p´ Wges q3 Mit der Konstanten k nach (21.9) hat die große Halbachse der Ellipse für Planetenbewegungen den Wert, [13, S. 87], a“

GM k “m 2 p´ Wges q 2 p´ Wges q

82

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

mit dem sich das 3. Kepler’sche Gesetz ergibt. ` ˘2 ` ˘2 m 3 2π 2 T “ 2π a “ a3 „ a3 k GM Bei einem System mit Entartung kann man durch kanonische Transformation neue Wirkungs- und Winkelvariable einführen, um die entarteten Frequenzen zu eliminieren, [13, S. 336]. Eine geeignete Erzeugende der Transformation ist ` ˘ ˘ ` S “ w ϕ ´ w ϑ J1 ` w ϑ ´ w r J2 ` w r J 3 Die neuen Winkelvariablen lauten, w 1 “ w ϕ ´ wϑ w2 “ w ϑ ´ wr w3 “ w r so dass nach (20.6) die beiden Frequenzen ω1 und ω2 Null sind. Aus den Transformationsgleichungen J ϕ “ J1 ,

Jϑ “ J 2 ´ J 1 ,

J r “ J 3 ´ J2 ,

erhält man die neuen Wirkungsvariablen. J1 “ Jϕ J 2 “ J ϕ ` Jϑ J 3 “ J ϕ ` Jϑ ` Jr Damit lautet die neue Hamilton-Funktion, H “ ´ 2m

´ π k ¯2 J3

(21.11)

die nur noch diejenige Wirkungsvariable enthält, für die die entsprechende Frequenz von Null verschieden ist. Diese sechs neuen Größen Ji , wi sind in der Astronomie als Delaunay’sche Bahnelemente bekannt, die bei der Bewegung von Planeten kinematische Bedeutung haben, [8, S. 236], [13, S. 338]. Sie erweisen sich als besonders vorteilhaft bei der Berechnung von geringen Abweichungen von

83

21.2 Kepler-Problem

der Ellipsenbahn, die durch den Einfluss anderer Himmelskörper hervorgerufen werden. Damit sind die Wirkungs- und Winkelvariablen von großer Bedeutung für die astronomische Störungstheorie und bei der Bewegung des Mondes in der Mondtheorie, [7, II, S. 54, 57]. Mit der Entwicklung der Bohr’schen Quantentheorie des Atoms ab 1913 fand man, dass mit Hilfe der Wirkungsvariablen, die in der klassischen Mechanik kontinuierliche Werte besitzen, die Quantenbedingungen auf einfache Weise aufgestellt werden können. Nach Sommerfeld fordern diese Bedingungen, dass im atomaren Bereich die Bewegungen des Elektrons um den Atomkern auf Kreis- und Ellipsenbahnen beschränkt sind, für die die „Eigen“-Wirkungsvariablen, deren Frequenzen nicht entartet sind, diskrete Werte haben. Dazu löste man das Problem auf klassische mechanische Weise in Hamilton’scher Form und quantisierte die Bewegung, indem man die Wirkungsvariablen ganzzahligen Vielfachen des Planck’schen Wirkungsquantums h gleichsetzte, woraus verschiedene Quantenzahlen resultierten, [29, S. 211]. ¿ J “ p dq “ n h (21.12) Diese Lösungsmethode mit Wirkungs- und Winkelvariablen nannte Sommerfeld einen Königsweg zur Quantisierung, mit dem man Struktur und Eigenschaften des Wasserstoffatoms und einfacher Ionen und Moleküle erfolgreich aufklären konnte, [13, S. 338]. Beim Wasserstoffatom erhält man die quantisierten Energieterme aus der Hamilton-Funktion (21.11), indem man k “ Ze2 und J3 “ nh setzt. H “ Wges “ ´ 2m

´ πZe2 ¯2 nh

(21.13)

Z “ 1 ist dabei die Kernladungszahl und n die Hauptquantenzahl des entarteten Systems, da die Nebenquantenzahl  noch die n Werte  “ 0, 1, ... n ´ 1 annehmen kann. Da das Potential des positiv geladenen Protons im Atomkern im Unendlichen zu Null festgelegt wird, nimmt die potentielle Energie des negativ geladenen Elektrons bei Annäherung an den Kern ab. Man muss also dem Elektron Energie zuführen, um es gegen die anziehende Feldkraft vom Kern zu entfernen. Durch relativistische Korrekturen, die eine Präzession des Ellipsenperihels und damit eine Rosettenbewegung in der Bahnebene wie bei der Merkurbahn im Sonnensystem hervorrufen, [39, II, S. 583], wird die Entartung

84

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

teilweise aufgehoben, was zur Feinstruktur der Wasserstoffniveaus führt. Die Entartung wird vollständig aufgehoben durch ein homogenes Magnetfeld in Richtung der Bahnnormalen, die auf Grund der Larmor-Präzession eine magnetische Quantenzahl zur Folge hat und zum Zeeman-Effekt der Aufspaltung der Energieniveaus führt. Die Erfolge der Quantentheorie der Anfangszeit ließen sich bei Atomen jenseits des Wasserstoffs nur durch komplizierte Störungsmethoden fortsetzen, bis man zu der Erkenntnis gelangte, dass das Bohr’sche Atommodell und das Sommerfeld’sche Ellipsenmodell keine genauen Beschreibungen der Natur waren, da beide Vorstellungen von Elektronen als Newton’sche Partikel auf Elektronenbahnen ausgingen, die keine messbaren physikalischen Größen sondern nur ein anschauliches Modell darstellten. Fortschritte und Ausbau der Quantentheorie erfolgten dann in der Mitte der 1920er Jahre durch die Entwicklung der Wellenmechanik von Erwin Schrödinger und der Quantenmechanik von Werner Heisenberg, was in den folgenden Teilen des Buches ausführlich dargestellt wird. Die Behandlung des Kepler-Problems mit dem Newton’schen Bewegungsgesetz findet man in [7, I, S. 32], [8, S. 104], [13, S. 65, 83], [31, S. 45], und mit dem Hamilton-Verfahren in [5, S. 158], [8, S. 177, 233], [13, S. 317, 331], [15, S. 487, 505], [29, S. 208].

21.3 21.3.1

Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld Lagrange- und Hamilton-Funktion

Als weiteres Beispiel wird die Bewegung eines geladenen Teilchens im elektromagnetischen Feld betrachtet, in dem alle Feldgrößen Orts- und Zeitfunktionen sind. Auf das Teilchen mit der Masse m und der Ladung Q wirkt die Lorentz-Kraft. ` ˘ FL “ Q E ` v ˆ B Da diese Kraft geschwindigkeitsabhängig ist, kann sie nicht durch den Gradienten eines Potentials dargestellt werden. Sie ist daher nicht konservativ.

85

21.3 Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld

Wegen der Divergenzfreiheit der Induktion B wird das Vektorpotential A div B “ 0

Ñ

B “ rot A

in das Induktionsgesetz von Faraday eingeführt. ´ BA ¯ BB “ rot E ` “ 0 “ ´ rot grad ϕ rot E ` Bt Bt BA E “ ´ grad ϕ ´ Bt Mit den beiden elektrodynamischen Potentialen A und ϕ, [39, II, S. 217], lautet die Lorentz-Kraft ¯ ´ BA FL “ Q ´ grad ϕ ´ ` v ˆ rot A Bt Die totale Ableitung von Ax nach der Zeit lautet dAx BAx BAx Bx BAx By BAx Bz “ ` ` ` dt Bt Bx Bt By Bt Bz Bt BAx BAx BAx BAx ` vx ` vy ` vz “ Bt Bx By Bz BAx ` v ¨ grad Ax “ Bt

(*)

Die Geschwindigkeit vptq ist wegen x “ xptq

Ñ

dx “ xptq 9 “ vx ptq dt

Ñ

dvx dx9 “ “0 dx dx

ñ

Bv “0 Bx

keine Ortsfunktion und die elektrodynamischen Potentiale sind als Feldgrößen nicht von der Geschwindigkeit des Teilchens abhängig, so dass folgende Ableitungen gelten. ˘ BAy B ` BAx BAz BA v¨A “v¨ “ vx ` vy ` vz Bx Bx Bx Bx Bx ` ˘ Bv BA B v¨A “ ¨A`v¨ “ ex ¨ A ` 0 “ Ax Bvx Bvx Bvx Bϕ “0 Bvx

(**)

86

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

Für die x-Komponente des Kreuzproduktes erhält man mit geeigneter Ergänzung `

˘ BAy BAx BAz v ˆ rot A ¨ ex “ ` vx ` vy ` vz Bx Bx Bx BAx BAx BAx ´ vy ´ vz ´ vx Bx By Bz “

˘ B ` v ¨ A ´ v ¨ grad Ax Bx

Fasst man zusammen, dann gilt mit (*) und (**) für die x-Komponente der Lorentz-Kraft ˘ 1 BAx Bϕ B ` F L ¨ ex “ ´ ´ ´ v ¨ grad Ax ` v¨A Q Bx Bt Bx ˘ Bϕ dAx B ` ´ ` v¨A Bx dt Bx ´ ˘ ˘¯ B ` B ` d ϕ´v¨A ϕ´v¨A ´ “ dt Bvx Bx “´

Die geschwindigkeitsabhängigen Kraftkomponenten FLk lassen sich gemäß (7.11) daher durch ein generalisiertes Potential V darstellen, [17, S. 77, 476]. ` ˘ “ ` ˘ ` ˘‰ V r, v, t “ Q ϕ r, t ´ v ¨ A r, t (21.14) FLk “ FL ¨ ek “

d ´ BV ¯ BV ´ dt Bvk Bk

pk “ x, y, zq

Damit kann man die verallgemeinerte Lagrange-Funktion (7.12) eines Teilchens der Ladung Q im elektromagnetischen Feld angeben. ` ˘ m 2 “ ` ˘ ` ˘‰ v ´ Q ϕ r, t ´ v ¨ A r, t L r, v, t “ 2

(21.15)

In kartesischen Koordinaten xk “ px, y, zq erhält man aus der LagrangeFunktion 3 3 ÿ m ÿ 2 L xk , x9 k , t “ x9 ` Q x9 k Axk ´ Q ϕpxk , tq 2 k“1 k k“1

`

˘

87

21.3 Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld

die Impulse, pxk “

BL “ m x9 k ` QAxk B x9 k

woraus sich die Vektordarstellungen ergeben. ðñ

p “ mv ` QA

v“

˘ 1 ` p ´ QA m

(21.16)

Die Hamilton-Funktion bestimmt man aus der Definition (10.1), 3 ˘ ÿ ` ˘ ` pi x9 i ´ L xk , x9 k , t H xk , pk , t “ i“1

m 2 v ´ Qv ¨ A ` Qϕ 2 ` ˘ ˘2 1 ` “ p ´ QA ¨ v ´ p ´ QA ` Q ϕ 2m

“p¨v´

woraus man mit (21.16) eine in Elektrodynamik und Quantenmechanik häufig auftretende Darstellung erhält, [6, S. 1016]. ‰2 ` ˘ 1 “ p ´ QApr, tq ` Q ϕpr, tq H r, p, t “ 2m

(21.17)

Die Hamilton-Funktion ist dabei die Summe aus kinetischer und potentieller Energie, H “ E kin ` Wpot “

m 2 v ` Qϕ 2

während die Lagrange-Funktion nicht die Differenz dieser Energien wie in (7.9) darstellt, sondern sich nur mit dem generalisierten Potential V nach (21.14) beschreiben läßt. L “ E kin ´ V ‰ E kin ´ Wpot

88

21 Beispiele zu Lagrange- und Hamilton-Funktion

21.3.2

Bewegte Ladung im homogenen Magnetfeld

Als Beispiel wird die Bewegung einer Ladung Q im z-gerichteten homogenen Magnetfeld untersucht, bei dem kein skalares Potential ϕ existiert. ´ BA BAx ¯ y ´ ez , B0 “ rot A “ B0 ez “ ϕ“0 Bx By Das Vektorpotential A ist wegen ` ˘ rot A ” rot A ` grad φ “ B0 ez nicht eindeutig, so dass man auf verschiedene Weise zu einem Magnetfeld gelangen kann, das nur eine z-Komponente besitzt. Die folgenden Darstellungen entsprechen der Coulomb-Eichung, die nach (60.5) durch div A “ 0 definiert ist, [23, S. 242], [39, II, S. 219]. 1. A “ ´ yB0 ex 2. A “ ` xB0 ey 1 1 1 3. A “ B0 ˆ r “ ´ yB0 ex ` xB0 ey 2 2 2

(21.18)

Die Hamilton-Funktion (21.17) lautet mit der zweiten Möglichkeit für A 2m H “ p2x ` p2y ` p2z ´ 2 QB0 x py ` Q2 B02 x2 ` ˘2 “ p2x ` p2z ` py ´ QB0 x Mit der Zyklotronfrequenz, [40, S. 366], ω0 “

Q B0 m

(21.19)

erhält man nach (10.2) die Ableitungen der Koordinaten und Impulse. BH px “ Bpx m py BH ´ ω0 x “ q9y “ y9 “ Bpy m

q9x “ x9 “

q9z “ z9 “

BH pz “ Bpz m

˘ ` BH “ ω0 py ´ mω0 x Bqx BH p9y “ m: y“´ “0 Bqy

p9x “ m: x“´

p9z “ m: z“´

BH “0 Bqz

21.3 Geladenes Teilchen im elektromagnetischen Feld

89

Einsetzen von py “ m y9 ` mω0 x aus der zweiten Gleichung links führt auf das Differentialgleichungssystem, das aus der rechten Seite resultiert. x : ´ ω0 y9 “ 0 y: ` ω0 x9 “ 0 z: “ 0 Auf Grund der Eigenschaften der trigonometrischen Funktionen findet man für die Anfangsbedingungen xp0q “ a, yp0q “ zp0q “ 0 folgende Lösung, xptq “ ` a cos ω0 t yptq “ ´ a sin ω0 t zptq “ ht die eine kreisförmige Schraubenlinie vom Radius a und der Steigung h darstellt, bei der die positive Ladung Q den Vektor B0 im Uhrzeigersinn bzw. in einer Linksschraube in zunehmender z-Richtung umläuft. Das geladene Teilchen im elektromagnetischen Feld wird behandelt in [8, S. 166, 177] [13, S. 22], [17, S. 312], [21, S. 254, 294] [31, S. 118], [40, S. 920, 933].

Kapitel 22

Kinetische Energie und Riemann’sche Geometrie Die Verwendung generalisierter Koordinaten zur Beschreibung der Bewegung mechanischer Systeme ist ein wesentliches Merkmal der analytischen Mechanik, deren Gleichungsstruktur ohne Bezug auf ein spezielles Koordinatensystem dargestellt werden kann. Das entspricht Einsteins Relativitätsprinzip, nach dem alle physikalischen Gesetze unabhängig vom Bezugssystem in gleicher Form gelten müssen, was bereits im Abschnitt 15.2 angesprochen wurde. Damit auch bei relativistischen Geschwindigkeiten die mathematische Form der Beziehungen nicht von der speziellen Wahl des Inertialsystems abhängt, müssen physikalische Gleichungen eine Forminvarianz gegenüber der Lorentz-Transformation erfüllen, wobei man dann auch von einer kovarianten Formulierung der Gesetze spricht, [13, S. 215]. Eng verbunden mit dieser Theorie ist die Riemann’sche Geometrie, die auf der Definition einer differentiellen Größe, dem Wegelement ds, beruht. Nach dem Satz des Pythagoras lautet das Quadrat des differentiellen Abstands zweier Punkte P prq und P pr ` drq in kartesischen und Kugelkoordinaten, ds2 “ dx2 ` dy 2 ` dz 2 “ dr2 ` r2 dϑ2 ` r2 sin2 ϑ dϕ2 woraus man bei Kenntnis der Wertebereiche der Variablen alle Gesetze der euklidischen Geometrie ableiten kann. 90

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_22

91

Allgemein kann man für das Wegelement in n krummlinigen Koordinaten xk die invariante quadratische Differentialform ds “ 2

n ÿ n ÿ

gk dxk dx

k“1 “1

mit symmetrischen Koeffizienten fordern, die Funktionen der Variablen xk und damit ortsabhängig sind. gik “ gki “ f pxk q Sie bilden die Komponenten eines symmetrischen Tensors, der metrischer Fundamentaltensor G heißt, [39, II, S. 31], da die Größen gik die metrischen Eigenschaften des n-dimensionalen Raumes festlegen. Die Definition des Wegelementes bzw. seiner Koeffizienten gik ermöglicht die Entwicklung von nichteuklidischen Geometrien. In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie konnte Einstein mit Hilfe des Riemann’schen Krümmungstensors zeigen, dass die Gravitationskraft als Konsequenz der Riemann’schen Struktur der Raumzeit ein reines Geometriephänomen darstellt. Die Verteilung der Massen krümmt die Raumzeit, in der alle Körper Bahnkurven kürzester Länge, also geodätische Linien, durchlaufen, [39, II, Kap. 11]. Die Konzepte der Riemann’schen Geometrie kann man auch auf die analytische Mechanik übertragen. Die grundlegende Größe, die die Trägheit der Masse bestimmt, ist nicht der Impuls sondern die kinetische Energie. Für einen einzelnen Massenpunkt kann diese skalare Größe durch das Wegelement und damit durch die Geometrie des Raumes ausgedrückt werden. 1 1 ´ ds ¯2 1 ´ dx2 ` dy 2 ` dz 2 ¯ “ m E kin “ mv 2 “ m 2 2 dt 2 dt2 Für ein System von n Massenpunkten hat das Wegelement dann die Form 2 E kin “ mges v “ mges 2

n n ÿ ÿ ds2 ds2i 2 “ m v “ m i i i dt2 dt2 i“1 i“1

n ` ˘ 2 E kin 2 1 ÿ ds “ dt “ mi dx2i ` dyi2 ` dzi2 mges mges i“1 2

92

22 Kinetische Energie und Riemann’sche Geometrie

Das gesamte System kann man sich ersetzt denken durch ein einziges Teilchen der Masse mges in einem 3n-dimensionalen euklidischen Ortsraum. Das System läßt sich aber auch beschreiben, indem man die kartesischen Koordinaten auf Grund von Nebenbedingungen durch generalisierte Koordinaten qi darstellt, die einen f -dimensionalen Konfigurationsraum aufspannen. Das Wegelement dieses Raumes mit koordinatenabhängigen Koeffizienten ak pqi q weist eine Riemann’sche Geometrie auf, die nur in infinitesimalen Bereichen von Tangentialräumen, bei drei Dimensionen entsprechend in Tangentialflächen, eine euklidische Struktur aufweist. Das Wegelement wird in diesem Raum durch die kinetische Energie charakterisiert. ds2 “

f ÿ f ÿ k“1 “1

ak dqk dq “ 2

E kin 2 dt mges

Ein mechanisches Punktsystem durchläuft in diesem gekrümmten Riemann’schen Raum bei seiner Bewegung den kürzesten Weg einer geodätischen Linie. Damit wird das mechanische Problem übertragen auf ein Problem der Differentialgeometrie, [18, S. 17-24, 138].

Kapitel 23

Geometrische Optik und Wellenmechanik Für Systeme, deren Hamilton-Funktion die Zeit t nicht explizit enthält und die als Konstante der Bewegung der Gesamtenergie (10.7) entspricht, gilt nach Abschnitt 18.2 die Differentialgleichung (18.5). Zur anschaulichen Beschreibung reicht ein einzelner Massenpunkt der Masse m in kartesischen Koordinaten aus, für den man wegen des konstanten Impulses P nach (18.7) den folgenden Lösungsansatz für die Wirkungsfunktion S nach (18.6) mit (18.9) macht. ` ˘ ` ˘ (23.1) S x, y, z, t “ W x, y, z ´ Wges t Jede Gleichung W px, y, zq “ W0 “ const. der charakteristischen Funktion W stellt eine Fläche gleicher Wirkung im dreidimensionalen Raum dar, die für verschiedene Werte der Konstanten W0 eine Flächenschar beschreibt. Mit wachsender Zeit t durchläuft S die gesamte Flächenschar, was einer Wellenausbreitung ähnlich ist. Die Flächen S “ const. können daher als Wellenfronten der Wirkung angesehen werden, die eine Ausbreitung von Wirkungswellen im Ortsraum beschreiben. Die Impulskomponenten des Massenpunktes lauten nach (18.8) pξ “

BW BS “ Bξ Bξ

pξ “ x, y, zq

und bilden in Vektorform die Gradienten der beiden Funktionen. p “ mv “ grad S “ grad W 93

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(23.2)

94

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik

Der Massenpunkt bewegt sich daher auf orthogonalen Trajektorien, die den Feld- oder Stromlinien entsprechen, die als Gradienten auf den Niveauflächen W px, y, zq “ const. bzw. den Wellenfronten konstanter Wirkung Spx, y, z, tq “ const. senkrecht stehen. In ähnlicher Weise bilden in der geometrischen Optik Lichtstrahlen ebenfalls orthogonale Trajektorien für die optischen Wellenfronten, [25, S. 49]. Die Ausbreitungs- oder Phasengeschwindigkeit der Wellenbewegung vPh “

ds dt

mit dem Wegelement ds “ | dr | der Bahnkurve des Massenpunktes ermittelt man folgendermaßen. Bei fester Wirkung S “ S0 muss bei fortschreitender Zeit die charakteristische Funktion W entsprechend ansteigen. Sptq “ S0 “ W ´ Wges t ` ˘ Spt ` dtq “ S0 “ W ` dW ´ Wges t ` dt “ S0 ` dW ´ Wges dt dW “ Wges dt “ dr ¨ grad W “ ds | grad W | vPh “

Wges ds “ dt | grad W |

Die Hamilton-Funktion (10.7) führt mit der kinetischen Energie (7.5) und den Impulsen (23.2) auf die Darstellung, H “ E kin ` Wpot ¯ 1 ´ 2 px ` p2y ` p2z ` Wpot “ 2m „ˆ ˙ ˙ ˙ j ˆ ˆ BW 2 BW 2 BW 2 1 “ ` ` ` Wpot “ Wges 2m looooooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooooon Bx By Bz “ pgrad W q2

(23.3)

95

so dass man aus dem Gradienten ˘ ` ` ˘2 ` ˘2 grad W “ 2m Wges ´ Wpot “ 2m E kin “ mv “ p2 “ p2

(23.4)

die Phasengeschwindigkeit der Wellenbewegung erhält, die zur Bewegung v des Massenpunktes reziprok ist, [13, S. 341]. vPh “

Wges Wges Wges Wges Wges “b “ “ ` ˘ “a | grad W | mv p 2m E kin 2m Wges ´ Wpot (23.5)

Um nähere Erkenntnisse über die Welleneigenschaften der Wirkungsfunktion zu erhalten, werden die Verhältnisse bei der Wellenausbreitung der Elektrodynamik betrachtet. Elektromagnetische Wellen werden im nichtleitenden, homogenen Medium beschrieben durch die Wellengleichung einer Feldgröße Ψpx, y, z, tq, die bei sinusförmiger Erregung und Abspaltung des Zeitfaktors ejωt in die zeitunabhängige Helmholtz-Gleichung für den Phasor ψpx, y, zq übergeht. Die Psi-Funktionen kann man dabei mit einer kartesischen Komponente der elektrischen Feldstärke identifizieren. ΔΨ ´ με

B2Ψ “0 Bt2

Ñ

Δψ ` ω 2 με ψ “ 0

(23.6)

Die einfachste Lösung der Differentialgleichung beschreibt in komplexer Darstellung eine ebene Welle im homogenen Medium, die sich bei fortschreitender Zeit in Richtung des Wellenvektors k bzw. in z-Richtung mit der Wellenzahl k “ | k | ausbreitet. Ψpx, y, z, tq “ Ψ0 e jpωt´k¨rq Ψpz, tq “ Ψ0 e jpωt´kzq “ Ψ0 e jk0 pct´nzq “ Ψ0 e jϕ “ Ψ0 e ´jkz e jωt “ ψpzq e jωt Die Phasenfunktion ϕ als Argument der Wellenfunktion Ψ mit Periode T und Wellenlänge λ im Medium ϕ “ ωt ´ kz “

2π 2π t´ z T λ

96

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik

hat gleiche Werte ϕ “ ϕ0 “ const. in der Ebene einer Phasenfront. Aus dem totalen Differential dϕ0 “

Bϕ Bϕ dt ` dz “ ωdt ´ kdz “ 0 Bt Bz

erhält man die Phasengeschwindigkeit vP h der Welle, die sich mit zunehmender Zeit in positive z-Richtung bewegt. vPh “

ω 1 λ dz “ “ ? “ “ λf dt k με T

Ñ ω “ 2πf “ 2π

vPh “ k vPh “ k0 c λ

(23.7) Die Ausbreitung der Welle wird bestimmt durch die Wellenzahlen k im Medium und k0 im Vakuum, die sich aus der erregenden Frequenz ω und den Materialgrößen μ “ μr μ0 und ε “ εr ε0 des Mediums ergeben. k “ ω με “ ω μ0 ε0 μr εr “ 2

2

k0 “ ω

?

2

μ 0 ε0 “

k02 n2



k02

ˆ

c

˙2

vPh

2π ω “ c λ0

(*)

Dabei bedeutet n den Brechungsindex, der das Verhältnis der Phasengeschwindigkeiten in Vakuum und Medium darstellt. n“

c vPh



k λ0 ě 1 “ k0 λ

(23.8)

Die Beziehung zwischen Frequenz und Wellenzahl bzw. zwischen Brechungsindex und Frequenz wird als Dispersionsgleichung bezeichnet, die im Vakuum mit k0 „ ω nach (*) linear ist und in dispergierenden Medien durch entsprechende funktionale Zusammenhänge beschrieben wird. ω “ vPh k “ c

k n

ω “ ωpkq

npωq “

kpωq kpωq “c k0 ω

(23.9)

97

Liegt ein inhomogenes Medium vor, das eine stetige Ortsabhängigkeit des Brechungsindex npx, y, zq aufweist, dessen Änderungen als klein im Bereich einer Wellenlänge angenommen werden, dann wird die Welle kontinuierlich gebrochen und verliert ihren ebenen Charakter. Man versucht mit einem der ebenen Welle ähnlichen Ansatz die Differentialgleichung zu lösen, um die Flächen gleicher Phase zu bestimmen. Der Ansatz für die Wellenfunktion umfasst zwei örtlich nur langsam veränderliche Funktionen, nämlich die ortsabhängige Amplitude Apx, y, zq und eine Phasengröße φ, die das von Ernst Heinrich Bruns 1895 eingeführte Eikonal Lpx, y, zq enthält. [2, S. 216], [8, S. 206], [17, S. 373], [30, S. 180]. Φpx, y, z, tq “ Apx, y, zq e jpωt´k0 Lpx,y,zqq “ Apx, y, zq e jφpx,y,z,tq Dabei muss man das Eikonal L von der Lagrange-Funktion L unterscheiden, die hier aber auch nicht auftritt! Mit den Ableitungen nach x ˆ ˙ BA BΦ BL “ ´ jk0 A e jφ Bx Bx Bx ˙ ˆ 2 B A B2 Φ BA BL B2L ´ jk0 A 2 e jφ “ ´ jk0 Bx2 Bx2 Bx Bx Bx ˆ ˙ BL BA BL ´ jk0 A e jφ ´ jk0 Bx Bx Bx und den entsprechenden nach y und z lautet die Wellengleichung (23.6) ” ` ˘2 ı jφ e ΔΦ “ ΔA ´ j2k0 grad A ¨ grad L ´ jk0 A ΔL ´ k02 A grad L “ με

B2Φ “ ´ ω 2 με A e jφ “ ´ k02 n2 A e jφ Bt2

Der Realteil ergibt mit k0 “ 2π{λ0 ı ”` ˘2 ΔA 2 “0 ´ n ´ grad L k02 A Da die Änderungen von n und damit auch von A als klein im Bereich einer Wellenlänge angenommen werden, so dass das Medium als lokal homogen

98

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik

erscheint, kann man den ersten Summanden vernachlässigen und erhält die Eikonalgleichung der geometrischen Optik. ˘2

`

grad L

“ n2 px, y, zq

(23.10)

Diese Gleichung stellt die geometrische Optik als Grenzfall der Wellenoptik für verschwindende Wellenlängen λ Ñ 0 dar. Die aus dieser Gleichung für das Eikonal Lpx, y, zq “ const. resultierenden Flächen konstanter optischer Phase definieren die gekrümmten Wellenfronten der Lichtausbreitung, auf denen die Trajektorien der Lichtstrahlen, die durch grad L beschrieben werden, senkrecht stehen, [25, S. 23, 49]. Der Imaginärteil liefert eine Gleichung, in der die beiden Funktionen von Amplitude A und Eikonal L verknüpft sind, die aber nicht weiter verfolgt wird. 2 grad A ¨ grad L ` A ΔL “ 0 Für die geometrische Optik hat Fermat bereits 1662 den allgemeinen Satz aufgestellt, der als Fermat’sches Prinzip bezeichnet wird, dass der Lichtweg  zwischen zwei Punkten P1 und P2 als Produkt aus Brechungsindex n und Wegelement ds in der kürzesten Zeit durchlaufen wird. “

żP2 P1

n ds “

żP2

c dt “ c

P1

żP2

˘ ` dt “ c t1 ´ t2

ñ

Minimum

P1

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der optischen Weglänge  und dem Eikonal L entlang eines Lichtstrahls, denn es gilt n ds “ | dr | | grad L | “ dr ¨ grad L “ dL “

żP2 P1

n ds “

żP2

dL “ LpP2 q ´ LpP1 q

P1

Aus dem Fermat’schen Prinzip kann man Reflexions- und Brechungsgesetze und damit die gesamte geometrische Optik ableiten. Die Eikonalgleichung hat die gleiche mathematische Form wie die Hamilton-Jacobi-Gleichung (23.4) für die charakteristische Funktion W der

99

23.1 Der kühne Schritt zur Quantenmechanik

klassischen Mechanik, `

grad W

˘2

˘ ` “ 2m Wges ´ Wpot

(23.11)

so dass die Flächen W “ const. mit den Eikonalflächen L “ const. zusammenfallen, wenn folgende Proportionalität besteht. b “ ‰ 2m Wges ´ Wpot px, y, zq npx, y, zq „ Die Äquivalenz von Eikonalgleichung und Hamilton-Jacobi-Gleichung hatte Hamilton bereits 1834 entdeckt. Trotz der Einsicht, dass die geometrische Optik den Grenzfall der Wellenoptik bei vernachlässigbaren Wellenlängen darstellt, konnte Hamilton die klassische Mechanik aber nicht ebenso als Grenzfall einer allgemeineren Theorie erkennen, da jene zu seiner Zeit als vollkommen richtig angesehen wurde, mit der alle mechanischen Probleme korrekt behandelt und im Einklang mit der Erfahrung gelöst werden konnten, und auch keinerlei experimentelle Rechtfertigung für weitergehende Überlegungen bestand.

23.1

Der kühne Schritt zur Quantenmechanik

Den richtungweisenden Gedanken, die klassische Mechanik als Grenzfall einer neuen, umfassenderen Mechanik zu deuten, verfolgte erst Erwin Schrödinger auf der Grundlage der Hamilton’schen Mechanik, womit er 1926 zur Wellenmechanik und den nach ihm benannten Schrödinger’schen Wellengleichungen gelangte, [4, S. 128], [17, S. 375], [30, S. 182]. Die übereinstimmende Struktur von Eikonalgleichung (23.10) und Hamilton-Jacobi-Gleichung (23.11) legt eine Äquivalenz von Eikonal L und charakteristischer Funktion W bzw. von Wirkungsfunktion S nach (23.1) und Phasenfunktion φ nahe. Da das Vorzeichen im Exponenten der Drehzeiger wegen der Realteilbildung keine Rolle spielt, Ret e jpωt´k0 Lq u “ Ret e jpk0 L´ωtq u gilt die Proportionalität S “ W ´ Wges t „ φ “ k0 L ´ ωt

100

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik

Daraus folgt die von Max Planck eingeführte Äquivalenz von Energie und Frequenz, Wges „ ω, bei der h bzw.  “ h{p2πq als Proportionalitätskonstante das aus Experimenten zu bestimmende Planck’sche Wirkungsquantum (28.3) ist. Wges “  ω “ hf Die Wellenlänge im Medium kann man durch diese Gleichung sowie (23.5) und (23.7) mit den mechanischen Größen verknüpfen und auch in Vektorform darstellen. λ“

vPh h h h 2π “ “ “b “a ` ˘ k f p 2m E kin 2m Wges ´ Wpot

(23.12)

Damit ergeben sich die beiden Fundamentalgleichungen, Wges “  ω

p “ k

(23.13)

die in der denkbar einfachsten, nämlich linear proportionalen Weise die Teilchengrößen Wges und p mit den Wellengrößen ω und k verknüpfen. Beide Beziehungen werden in der Relativitätstheorie zu Vierergrößen, dem ViererWellenvektor und dem Viererimpuls, zusammengefasst, [39, II, S. 419, 470], worauf im Abschnitt 67.4 noch eingegangen wird. In der Darstellung der Dispersionsgleichung ω “ ωpkq nach (23.9), die historisch einen optischen Ursprung hat, bildet der Quotient ω{k die Phasengeschwindigkeit vPh nach (23.7). Bei einem freien Teilchen der Masse m, für das Wges “ E kin “

m 2 p2 v “ 2 2m

gilt, ergibt der Differentialquotient als Tangente der Funktion ωpkq d pWges {q dWges dω dE kin p “ “ “ “ “v dk d pp{q dp dp m die Geschwindigkeit v der Bewegung, die bei der Überlagerung von harmonischen Wellen zu Wellenpaketen nach Lord Rayleigh Gruppengeschwindigkeit vg genannt wird, und in Abschnitt 34.2 noch näher betrachtet wird, [10, S. 37].

101

23.1 Der kühne Schritt zur Quantenmechanik

Für die Geschwindigkeiten und ihr Produkt, das schon in (23.5) erkennbar war, gilt damit vPh “

ω k

v “ vg “

p dω “ dk m

vPh vg “

Wges “ const. m

(23.14) Auf Grund der formalen Zuordnung von Wellen zu Massenpunkten postulierte Louis De Broglie 1924, dass jedem Teilchen im atomaren Bereich eine Materiewelle mit der Wellenlänge λ “ h{p nach (23.12) zugeordnet werden kann, [10, S. 3], worauf im Kapitel 34 näher eingegangen wird. Auf Grund der geringen Größe von h sind die Wellenlängen von Massen im makroskopischen Bereich allerdings unmessbar klein, so dass die typischen Welleneigenschaften wie Interferenz und Beugung dort nicht in Erscheinung treten. Die De Broglie’sche Hypothese der Materiewellen wurde 1927 von Clinton Joseph Davisson und Lester Halbert Germer durch die Bestimmung der Elektronenwellenlänge bei der Reflexion von Elektronen an Nickeleinkristallen und von George Paget Thomson beim Durchgang von Elektronen durch dünne Metallfolien bestätigt. Auf Grund der festgestellten Äquivalenzen konnte Schrödinger für die einem Massenpunkt bzw. einem Teilchen zugeordnete Welle eine der Beziehung (23.6) entsprechende Helmholtz-Gleichung für die Wellenfunktion ψpx, y, zq aufstellen. Δψ ` k 2 ψ “ Δψ `

´ 2π ¯2 λ

ψ“0

Mit λ nach (23.12) folgt daraus die zeitunabhängige SchrödingerGleichung der Wellenmechanik, die für Wellen gültig ist, die ein Teilchen mit der Gesamtenergie Wges und damit einer festen Eigenfrequenz ω beschreiben. ´ p ¯2 ˘ 2m ` ψ “ Δψ ` 2 Wges ´ Wpot ψ “ 0 Δψ `   ´

2 Δψ ` Wpot ψ “ Wges ψ 2m

(23.15)

102

23 Geometrische Optik und Wellenmechanik

Für die Aufstellung der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung sind weitergehende Überlegungen erforderlich, die im Abschnitt 36.2 durchgeführt werden. Auf der rechten Seite von (23.15) erscheint dann an Stelle der Energie Wges der Operator der ersten zeitlichen Ableitung der Wellenfunktion Ψpx, y, z, tq, wodurch diese Gleichung für Teilchen ohne feste Energie gilt. ´

2 B ΔΨ ` Wpot Ψ “ j Ψ 2m Bt

(23.16)

Damit unterscheidet sich die zeitabhängige Schrödinger-Wellengleichung grundlegend von allen bis dahin bekannten Differentialgleichungen für die Fortpflanzung von Wellen, die wie in (23.6) stets von zweiter Ordnung bezüglich der Zeit sind! Die Untersuchung der Differentialgleichung (23.16) führt auf eine komplexe Lösungsfunktion Ψ, die daher keine messbare Größe oder Observable darstellt. Erst durch die Born’sche Interpretation von | Ψ |2 “ Ψ˚ Ψ als Wahrscheinlichkeitsdichte für den Aufenthaltsort von Teilchen konnte eine physikalische Bedeutung gefunden werden. Durch die Substitution folgender Funktion und ihrer Zeitableitung Ψpx, y, z, tq “ ψpx, y, zq e´jωt “ ψpx, y, zq e´ j pWges {q t B j Ψ “ Wges Ψ Bt wird die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (23.16) in die zeitunabhängige (23.15) überführt. Der erweiterte Ansatz unter Verwendung von (23.1) Ψpx, y, z, tq “ ψ0 e j W px,y,zq{ e´ j pWges {q t “ ψ0 e j Spx,y,z,tq{ mit den Ableitungen BΨ j BS “ ψ0 e j S{ Bt  Bt BΨ j BS “ ψ0 e j S{ Bx  Bx B2 Ψ j ” B2S j ´ BS ¯2 ı “ ` ψ0 e j S{ Bx2  Bx2  Bx

23.1 Der kühne Schritt zur Quantenmechanik

103

wird in die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (23.16) eingesetzt, wobei man mit der Hamilton-Funktion (23.3) folgende Darstellung erhält. ˘2 BS 1 ` j BS ` grad S ` Wpot “ `H “ ΔS Bt 2m Bt 2m Der klassische Grenzübergang  Ñ 0 führt dann auf die Hamilton-JacobiGleichung (18.4).

Literatur zu Teil I [1] Bartelmann, Matthias u.a.: Theoretische Physik I, Mechanik Springer Spektrum (2018) [2] Bartelmann, Matthias u.a.: Theoretische Physik II, Elektrodynamik Springer Spektrum (2018) [3] Becker, Richard: Theorie der Wärme Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York (1975) [4] Blochinzew, Dmitrij J.: Grundlagen der Quantenmechanik VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 3. Aufl. (1961) [5] Born, Max: Vorlesungen über Atommechanik, Erster Band, (Reprint) Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1976) [6] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Physics of Atoms and Molecules Pearson Education Limited, 2. ed. (2003) [7] Bucerius, Hans: Himmelsmechanik, I/II Bibliographisches Institut, Mannheim (1966/67) [8] Budó, Agoston: Theoretische Mechanik VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 6. Aufl. (1971) 104

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Teil II

Ältere Quantentheorie

109

Überblick Ausgehend von Mechanik und Elektrodynamik, die heute als klassische Physik bezeichnet werden, entwickelte sich die Quantenmechanik im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts. Wie bei allen „neuen“ Theorien spielen Zufall, Sachzwang durch experimentelle Erkenntnisse und die Entwicklung aufschlussreicher und aussagekräftiger Prüfmöglichkeiten eine große Rolle, aber vor allem hatten Genialität und Vorstellungskraft einzelner Forscher zu grenzüberschreitenden Gedanken einen entscheidenden Einfluss auf den Fortgang der wissenschaftlichen Entwicklung. Entstehung und Anfangsschritte der neuen und ungewohnten Vorstellungen und Denkansätze mit Modellen der atomaren Struktur sowie durch heute als Schlüsselexperimente bezeichneten Versuche werden dargestellt. Anfängliche Vermutungen und Hypothesen, die von der Denkweise der klassischen Physik bestimmt waren, führten trotz großer Erfolge zu Irrtümern und Unstimmigkeiten, so dass die sich abzeichnende Krise eine Neukonzeption der frühen Quantenmechanik erforderlich machte.

111

Kapitel 24

Quantenmechanik Ursprung, Tragweite und Bedeutung Die Quantenmechanik wurde wie jede physikalische Theorie entwickelt auf Grund überraschender und zunächst unerklärbarer Erfahrungen, wie die in der Spektroskopie seit langem untersuchten und in großer Fülle vorliegenden Absorptions- und Emissionslinien von Elementen und Verbindungen, und der Suche nach Deutung und formelmäßiger Beschreibung der beobachteten Phänomene. Ausgehend von der klassischen Physik haben viele berühmte Gelehrte, Wissenschaftler und Experimentatoren durch theoretische Erwägungen, Gedankenexperimente und heute als Schlüsselexperimente bezeichnete Arbeiten erkennen müssen, dass ein im mikroskopischen Bereich der Atome und Elektronen beobachtbares Verhalten eine den klassischen Vorstellungen fremde und völlig neuartige Betrachtungsweise der physikalischen Zusammenhänge erforderte, die ein grundlegendes Umdenken notwendig machte und geradezu eine Revolution im Verständnis der Natur bedeutete. Da unvereinbare, sog. komplementäre Eigenschaften bei mikroskopischen Objekten existieren, die man zwar mit angepassten und neu entwickelten mathematischen Werkzeugen beschreiben kann, die aber der klassischen, makroskopischen Anschauung und dem gesunden Menschenverstand widersprechen, benötigt man einfache und anschauliche Bilder und Modelle, die man in Schule und täglichem Leben für ein gewisses Verständnis vermitteln 112

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kann, die aber die physikalische Wirklichkeit weder im Grundsätzlichen noch in der Fülle ihrer Details befriedigend wiedergeben. Für das grundlegende und tiefgreifende Verständnis ist die exakte Theorie jedoch unverzichtbar, ohne die die Vielfalt der technischen Entwicklungen und modernen Anwendungen nicht möglich wäre. Die Quantenmechanik liefert die Grundlagen zum Verständnis des Aufbaus der Materie sowie der chemischen Bindung und sie ist die Basis für Entwicklung und Bau wesentlicher elektronischer Komponenten aus Halbleitern wie Transistoren, Mikroprozessoren und Rechnerchips, auf denen nahezu alle heutigen Geräte und Maschinen zur Steuerung und Bearbeitung in Industrie, Haushalt und Verwaltung sowie Kommunikation und Vernetzung mit Computern, Laptops, Smartphones und weiteren Geräten der Unterhaltungsindustrie beruhen, so dass moderne Gesellschaften in umfassender und unentbehrlicher Weise von diesem Instrumentarium und den zugrundeliegenden physikalischen Erkenntnissen abhängen.

Kapitel 25

Klassische Physik Die Physik wurde bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Mechanik von Massenpunkten bestimmt, deren Bewegung dem Grundgesetz der Dynamik (1.1) und dem Gravitationsgesetz von Newton gehorchen. F “ m r: ,

F “ ´G

mM r r2 r

(25.1)

Mit den großen Erfolgen dieser Theorie in terrestrischer und Himmelsmechanik ging die Überzeugung einher, dass aus der Kenntnis des aktuellen Zustandes eines abgeschlossenen physikalischen Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt der weitere Verlauf der Ereignisse in diesem System für jeden zukünftigen Zeitpunkt exakt berechnet werden könne, wodurch ein vollständiger Determinismus aller mechanischen Abläufe begründet wurde. Dadurch wurde auch die ständige Erfahrung der Menschen im Geschehen des Alltags bestätigt, nachdem naturwissenschaftliche Untersuchungen und Theorien die früheren mystischen oder religiösen Scheinerklärungen durch rationale und überprüfbare Begründungen überwinden konnten. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde neben der Mechanik der Kräfte ein neues Leitbild durch die Naturwissenschaftler Maupertuis und D’Alembert sowie später von Lagrange und Hamilton als Mechanik der Prinzipien entwickelt, (Kapitel 11), das sich für den weiteren Fortgang der Physik als überaus fruchtbar erweisen sollte, [15, S. 13]. Neben diese Ausbildung der klassischen Mechanik traten im 19. Jahrhundert einerseits die Elektrodynamik als Theorie des elektromagnetischen Feldes sowie des Lichts als elektromagnetische Strahlung, die von James Clerk Maxwell als konsistente Theorie dargelegt wurde. 114

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Andererseits entwickelte sich die Thermodynamik, wodurch die Begriffe Wärme und Temperatur geklärt und die Entropie als neue wichtige Systemgröße eingeführt wurden. Als besonders wichtige Entdeckungen für die gesamte Physik werden der 1. Hauptsatz über die Energieerhaltung und der 2. Hauptsatz über Entropie und Zeitrichtung physikalischer Prozesse angesehen. Als weiteres Gebiet entstand die statistische Physik, die mit der kinetischen Gastheorie begann, die ab 1860 durch die Arbeiten von Clausius, Maxwell und Boltzmann breitere Anerkennung fand. Obwohl man damit ziemlich konkrete Vorstellungen über den korpuskularen Aufbau der Materie entwickelte, waren Erklärungen der chemischen Verbindung von Atomen zu Molekülen sowie zum inneren Aufbau der Materie oder der Struktur der Atome zu dieser Zeit noch nicht möglich, [23, S. 377]. Am Ende des 19. Jahrhunderts schien das Gebäude der Physik im Wesentlichen abgeschlossen und die Entscheidung über die Natur von Licht und Strahlung auf Grund von Phänomenen wie Interferenz, Beugung und Polarisation endgültig zugunsten der Welleneigenschaft gefallen zu sein, wie sie von der Maxwell’schen Theorie beschrieben und durch die Versuche von Heinrich Hertz zur Wellenausbreitung nachgewiesen wurde. Beunruhigend war allerdings, dass eine Reihe wichtiger Erscheinungen, die die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie wie Absorption und Emission von Licht betrafen, aus Sicht der bisherigen physikalischen Theorien unerklärbar blieb und sich in keiner Weise durch Welleneigenschaften deuten ließ. So konnte trotz aller Anstrengungen der Theoretiker die gemessene Energieverteilung im Spektrum der Hohlraumstrahlung auf der Grundlage von Elektrodynamik und Wellentheorie nicht geschlossen sondern nur durch getrennte Formeln für niedrige Frequenzen (Rayleigh, Jeans) oder hohe Frequenzen (Wien) beschrieben werden.

Kapitel 26

Entdeckungen zur Struktur der Materie In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden mit Hilfe von Gasentladungsröhren, deren Vakuum durch eine vom Instrumentenbauer Heinrich Geißler entwickelte Quecksilbervakuumpumpe wesentlich besser war als bei bisherigen Geräten, von mehreren Wissenschaftlern Kathodenstrahlen untersucht. Deren Natur wurde von Joseph John Thomson 1897 als negativ geladene Elektronen erkannt, der auch die spezifische Ladung als Quotient aus Elementarladung und Masse des Elektrons mit dem Wert e As “ 1.759 ¨ 1011 me kg

(26.1)

bestimmen konnte. Im Jahre 1910 ermittelte Robert Andrews Millikan mit seinem Öltröpfchenversuch die Ladung p´eq des Elektrons, wobei diese Größe den folgenden, heute gültigen Wert besitzt. e “ 1.602 ¨ 10´19 As

(26.2)

Aus beiden Beziehungen ergab sich der Wert der Elektronenmasse zu me “ 9.1094 ¨ 10´31 kg

(26.3)

Ein weiteres Ergebnis der Gasentladungsexperimente war die Entdeckung der Kanalstrahlen, bei denen Ionen als positiv geladene Teilchen mit wesentlich größerer Masse als bei den Kathodenstrahlen durch Löcher oder Bohrungen, sog. Kanäle, in der Kathode flogen. 116

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In den vier goldenen Jahren der Physik von 1895 bis 1898 wurde eine Reihe wichtiger und fundamentaler Entdeckungen gemacht. Röntgen entdeckte 1895 die nach ihm benannten Röntgen-Strahlen, im angelsächsischen Sprachbereich als X-rays bezeichnet, Becquerel 1896 die Radioaktivität, Thomson 1897 das erwähnte Elektron und das Ehepaar Curie 1898 die Elemente Polonium und Radium, [23, S. 377f.]. Die drei Strahlungsarten, Kanal-, Kathoden- und Röntgen-Strahlen unterscheiden sich hinsichtlich der Beeinflussbarkeit durch elektrische und magnetische Felder sowie deutlich in ihrer Reichweite in Materialien. Rutherford bezeichnete später die drei Strahlungsarten als α-, βund γ-Strahlung, wobei letztere noch weit hochfrequenter und damit energiereicher sein kann als Röntgen-Strahlung bis hin zur kosmischen Strahlung. Heute versteht man unter einem Alphateilchen den Atomkern eines Heliumatoms aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Die Entwicklung der Nebelkammer ab 1911 durch Charles Wilson stellte ein wichtiges Nachweisinstrument für Teilchen dar, die bei ihrem Flug durch Stoßionisation in der Kammer Ionen erzeugen, die als Kondensationskeime für feinste Tröpfchen in einem Luft-Alkohol-Gemisch eine kurzfristig sichtbare Spur wie bei einem Kondensstreifen hinterlassen. Bei geladenen Teilchen wie Elektronen oder Ionen konnte man durch angelegte Magnetfelder auf Grund der Lorentz-Kraft spiralförmige Ablenkungen erzeugen, aus deren Krümmung man Masse und Energie der Teilchen ermittelte. Damit lag eine direkte Nachweismethode für die Existenz von Atomen und ihren Bausteinen vor, deren Natur bis dahin nur indirekt erschlossen werden konnte.

Kapitel 27

Coulomb-Gesetz, Feldstärke, Potential und Arbeit Die Kraft F , die eine kleine Probeladung `q im elektrischen Feld der Punktladung `Q erfährt, die sich im Koordinatenursprung befindet, wird durch das Coulomb’sche Gesetz (1785) beschrieben, qQ 1 er “ qE (27.1) 4πε r2 das die Grundlage der Elektrostatik bildet. Als Vektor hat die Kraft die Richtung des Einheitsvektors er “ r{r des Abstandes r zwischen den Ladungen Q und q und damit eine abstoßende Wirkung. Das durch Q erzeugte konservative Zentralfeld nach (51.1) wird durch den Vektor der elektrische Feldstärke E als Quotient aus angreifender Kraft und Probeladung gekennzeichnet, die als negativer Gradient eines Potentials V dargestellt werden kann. Die Konvention des negativen Vorzeichens führt bei positiver Ladung Q zu einer Feldstärke E, die in positive r-Richtung weist. Die Größe ε stellt die Permeabilitätskonstante des Mediums dar. F “

Eprq “

F prq Q “ ´ grad V prq “ er q 4πε r2

V prq “

Q 4πε r

(27.2)

Da das skalare Potential nur eine mathematisch geeignete Hilfsgröße ist, aus der durch Differentiation die physikalisch relevante, vektorielle Feldstärke hervorgeht, ist V nur bis auf eine beliebig wählbare Konstante bestimmt, über die man normalerweise durch die Festlegung V p8q “ 0 verfügt. 118

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119 Die freie Wahl der Konstante bei der Potentialfunktion, die keinen Einfluss auf den Feldvektor hat, stellt den einfachsten Fall einer als Eichung bezeichneten Vorgehensweise dar, die in erweiterter Form mit Funktionsvorgaben wie in (21.18) oder (60.5) bei den elektrodynamischen Potentialen zur mathematischen Vereinfachung durchgeführt wird, [29, II, S. 217]. Um im Feld der Ladung `Q eine Probeladung ´q durch Anziehung aus unendlich großer Entfernung zum Punkt P prq zu verschieben, ist folgende positive Arbeit durch die Feldkräfte erforderlich. żP żP żP żP WFeld “ F ¨ dr “ ´ q E ¨ dr “ q dr ¨ grad V “ q dV 8

8

8

8

“ q V prq ´ loomoon V p8q “ q V prq ą 0 ‰



“0

Umgekehrt muss man von außen eine betragsmäßig gleich große negative, mechanische Arbeit gegen die Feldkräfte der Ladung `Q aufwenden, um die Probeladung ´q vom Punkt P prq nach Unendlich zu bringen. Dabei verläuft die Integration in gleicher Weise nur mit umgekehrten Grenzen. ż8 ż8 ż8 Wmech “ F ¨ dr “ ´ q E ¨ dr “ q dV “ ´ q V prq ă 0 P

P

P

Die Probeladung ´q gewinnt durch die aufgewendete mechanische Arbeit die entsprechende Energie, woraufhin man ihr im Punkt P diese Arbeit als potentielle Energie Wpot “ ˆ Wmech zuordnet, die das Produkt aus Probeladung und felderzeugendem Potential ist. Wpot prq “ p´ qq V prq ă 0 Wenn man diese Aussagen der Elektrostatik auf das Wasserstoffatom überträgt, dessen Proton mit der Ladung Q “ `e das Elektron in seiner Atomhülle mit der Ladung ´e an den Atomkern bindet, dann wäre nach klassischer Vorstellung jeder negative Wert der potentiellen Energie WPot prq “ p´ eq V prq “ p´ eq

e 1 „ ´ 4πε r r

(27.3)

für das Elektron möglich. Diese Erwartung wird aber nicht bestätigt sondern durch die experimentelle Erfahrung mit diskreten Spektrallinien widerlegt, so dass die klassische Theorie versagt. Diese beiden unvereinbaren Vorstellungen sind in Abbildung 30.2 gegenübergestellt.

Kapitel 28

Anfänge der Quantentheorie Am Ende des Jahres 1900 stellte Max Planck das Strahlungsgesetz des Schwarzen Körpers bzw. der Hohlraumstrahlung auf, [29, II, S. 644], das zum Ausgangspunkt für die Entwicklung der Quantentheorie wurde. Plancks Ausgangspunkt war die Berechnung der Entropie S als Funktion der Energie W bei monochromatisch schwingenden Resonatoren oder harmonischen Oszillatoren in der Hohlraumwand, mit der dann auch die Energieverteilung der Hohlraumstrahlung als Funktion von Temperatur und Frequenz gegeben ist, [15, S. 24], [21, S. 99, 178f.]. Seine Abhandlung besagte, dass ein harmonischer Oszillator der Frequenz ω nur ganzzahlige Vielfache des Energiequantums W “ ω austauschen kann, [12, S. 1]. Die Ableitung des Gesetzes war zunächst nur ein besonderer mathematischer Kunstgriff, den Planck selbst als einen Akt der Verzweiflung bezeichnete, [7, S. 63, 66, 106, 111], [13, S. 35]. Durch die Annahme, dass Emission und Absorption von Strahlung nur in diskreten Portionen, den Energiequanten der Größe, W “ hf “  ω

(28.1)

stattfindet, wurde zwischen den beiden genannten Einzelformeln von Rayleigh-Jeans und Wien interpoliert, was sehr schnell durch Kurlbaum und Rubens experimentell bestätigt wurde. Planck’s Hypothese bedeutete eine fundamentale Abkehr von bisherigen klassischen Vorstellungen, in denen Energieänderungen stets in kontinuierlicher Weise stattfinden. 120

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121 Die Proportionalitätskonstante  “ h{2π zwischen Energie W und Kreisfrequenz ω “ 2πf heißt Planck’sches Wirkungsquantum, das eine universelle Naturkonstante darstellt, die nach (28.3) allerdings nur eine sehr geringe Größe hat. Bereits die Versuchsergebnisse von Wilhelm Hallwachs 1888 und Philipp Lenard 1902 zur Photoemission, die als Hallwachs-Effekt oder auch als Photoeffekt bezeichnet wurden und bei denen ein Lichtstrahl Elektronen aus einer Metalloberfläche auslöste, waren mit der elektromagnetischen Wellentheorie nicht zu verstehen, da die kinetische Energie der Photoelektronen von der Frequenz des einfallenden Lichtes aber nicht von dessen Intensität abhing, wie es nach der Elektrodynamik hätte sein müssen. Die Energie- oder Lichtquanten erhielten eine erste physikalische Bestätigung durch die Erklärung des lichtelektrischen Effektes durch Albert Einstein, der in seiner Lichtquantenhypothese von 1905 im Einklang mit Plancks Gleichung behauptete, dass Licht aus einem Strom von Korpuskeln oder Lichtquanten bestehe, die sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und deren Energie die Beziehung W “ hf nach (28.1) erfüllt. Mit dieser Annahme stellte er eine photoelektrische Gleichung auf für die kinetische Energie der aus der Metalloberfläche ausgelösten Photoelektronen der Masse me , bei der WA die Austrittsarbeit als Materialkonstante des bestrahlten Metalls bedeutet, [30, S. 18]. E kin “

1 me v 2 “ W ´ WA “ hf ´ WA 2

(28.2)

Die theoretische Voraussage dieser Gleichung wurde experimentell von Robert Andrews Millikan, der der Lichtquantenhypothese von Einstein skeptisch gegenüberstand, in längeren Versuchsreihen überprüft und 1916 mit überzeugender Präzision bestätigt. Dabei zeigte Millikan auch, dass es sich bei der auftretenden Konstante tatsächlich um das Planck’sche Wirkungsquantum h handelt, dessen Größe recht gut mit dem heutigen Wert h “ 6.626 ¨ 10´34 Ws2

(28.3)

übereinstimmte, den bereits Planck bei der Strahlung des Schwarzen Körpers angegeben hatte. Die Bezeichnung Photon für die Lichtquanten wurde von Einstein nicht verwendet und setzte sich erst Mitte der 1920er Jahre durch.

122

28 Anfänge der Quantentheorie

Im Jahre 1905 veröffentlichte Einstein auch die spezielle Relativitätstheorie, die die Lorentz-Transformation sowie die Äquivalenz von Masse und Energie enthielt, die in der recht häufig zu findenden Formel E “ mc2 resultiert. Ein kurzer Überblick dieser Theorie wird im Abschnitt 67.3 gegeben. Aus der daraus hervorgehenden Beziehung für die relativistische Energie, [29, II, S. 472], a p m0 c2 q2 “ pc “ hf (28.4) W “ Wrel “ ppcq2 ` looomooon “0

ergeben sich für Lichtquanten, die wegen ihrer Lichtgeschwindigkeit die Ruhmasse m0 “ 0 haben die wichtigen Beziehungen für deren Energie und Impuls. W “

hc λ

p“

hf W h “ “ λ c c

(28.5)

Mit seiner Lichtquantenhypothese kehrte Einstein damit zu den historischen Anfängen des Widerstreits zwischen Welle und Teilchen beim Licht zurück, bei der sich die beiden gegensätzlichen Auffassungen über dessen Natur gegenüberstanden. Christiaan Huygens deutete das Licht und die optischen Gesetze 1690 mit Hilfe der Wellenvorstellung und gilt als Begründer der Wellenoptik. Isaac Newton erklärte 1704 dieselben Gesetze mit Hilfe der Korpuskelvorstellung, nach der das Licht einen Strom von schnellen Teilchen darstellt. Diese Korpuskeltheorie konnte sich zunächst wegen der größeren Autorität von Newton durchsetzen. In der klassischen Physik sind die Erscheinungen von Welle oder Teilchen unvereinbar und schließen sich gegenseitig aus, [16, S. 37]. ‚ Wellen zeichnen sich durch Kontinuität und Interferenz bei Überlagerung aus

(28.6)

‚ Teilchen dagegen durch Individualität und Lokalisierbarkeit Mit dem richtungweisenden Doppelspaltversuch und der dabei auftretenden Interferenz wies Thomas Young 1802 die Wellennatur des Lichtes nach, die später durch die Entdeckungen von Polarisation und Beugung durch Dominique Arago und Augustin Jean Fresnel allgemein anerkannt

123

wurde und die 1864 durch James Clerk Maxwell ihre theoretische Basis und Erklärung als elektromagnetische Strahlung erhielt. Mehr als ein Jahrhundert lang stand dann die Wellenvorstellung für Strahlung im Vordergrund, und zwar in einem enormen Frequenzbereich von niederfrequenten Wellen im Radiobereich über Licht bis hin zu Röntgen-Strahlen, die durch Beugung an Kristallgittern 1912 von Max von Laue nachgewiesen wurden. Die Teilchenvorstellung, die Idee der Quanten und die Planck’sche Gleichung (28.1) erfuhren erst eine bedeutende Bestätigung durch die 1914 durchgeführten Elektronenstoßversuche von James Franck und Gustav Hertz, [14, S. 797]. Beim Franck-Hertz-Versuch werden in einer Röhre mit Quecksilberdampf im Grundzustand aus einer Glühkathode Elektronen ausgelöst, die auf ihrer Flugbahn Energie durch eine angelegte, variierbare Beschleunigungsspannung aufnehmen. Die kinetische Energie der Elektronen muss eine bestimmte Schwellenenergie überschreiten, damit die elastischen Stöße mit den Quecksilberatomen ohne Energieübertragung in unelastische Stöße unter Energieabgabe mit Anregung von höheren Atomzuständen des Quecksilbers übergehen. Die Energieabgabe an die Quecksilberatome geschieht durch Stoßanregung in mehrmaliger Weise und zwar immer dann, wenn die angelegte Beschleunigungsspannung ein Vielfaches der Schwellenenergie überschreitet. Weiterhin beobachtete man das Auftreten bekannter Spektrallinien des Hg-Gases, da dessen angeregte Elektronen diese Emissionen beim Übergang von der Anregung in den Grundzustand erzeugten, [6, S. 60]. Mit diesem Versuch wurde nachgewiesen, dass Atome Energie nur in bestimmten, festen Beträgen aufnehmen und abgeben können. In Abwandlungen des Versuchs mit anderen Gasen und höheren Anregungen wurden daraufhin viele weitere diskrete Energiestufen von Atomen untersucht. Diese Versuche bestätigten die aus mehreren Jahrzehnten vorliegenden Messergebnisse der Spektroskopie oder Spektralanalyse, die von Joseph Fraunhofer 1815 sowie von Gustav Robert Kirchhoff und Robert Wilhelm Bunsen 1859 begründet worden war. Die Spektroskopie lieferte durch ständige Weiterentwicklung im Laufe der Zeit eine Fülle von Spektren von Atomen und Molekülen und begründete auch die Astrophysik zur Analyse der elektromagnetischen Strahlung von Himmelskörpern sowie deren Klassifizierung, [24, S. 48], [27]. Durch Messung und Katalogisierung unzähliger Spektrallinien von Elementen und Verbin-

124

28 Anfänge der Quantentheorie

dungen wurde dadurch auch die Basis bei Aufbau und Weiterentwicklung der Quantenmechanik gebildet, da man Hinweise auf die innere Struktur der Atome erhielt, an denen die von den Physikern entwickelten Theorien überprüft werden konnten. Beim Wasserstoff wurden die erste Spektrallinie bereits 1853 von Anders Ångström und in den beiden nächsten Jahrzehnten drei weitere entdeckt. 1881 konnte der Astronom Sir William Huggins zehn Linien in den Spektren von Sternen beobachten, denn die Untersuchung des Spektrums im Labor war zur damaligen Zeit durch die Schwierigkeiten bei der Herstellung von atomarem Wasserstoff nicht einfach möglich, [31]. Diese experimentelle Erfahrung steht in Kontrast zur Aussage des Coulomb-Gesetzes der Elektrostatik in Kapitel 27, nach der die potentielle Energie des Elektrons jeden beliebigen negativen Wert aufweisen kann. Die Vorstellung der klassischen Theorie und die experimentellen Ergebnisse der Spektralanalyse sind in Abbildung 30.2 gegenübergestellt. Der Beitrag von Johann Jakob Balmer zur Aufklärung der Wellenlängenverteilung hatte eine grundlegende Bedeutung für das Verständnis dieser Spektrallinien und die Atomphysik des 20. Jahrhunderts insgesamt, der 1885 auf verschlungenem Wege die folgende Formel entwickelte, [15, S. 60], [26, S. 186], λ“C

n2 n2 ´ 4

nach der man die Linienfolge Hα , Hβ , Hγ , ... im sichtbaren Teil des Wasserstoffspektrums berechnen konnte, die mit großer Genauigkeit die experimentellen Werte wiedergab. Janne Rydberg gab 1889 der Formel der Balmer-Serie für die Frequenzen der Spektrallinien folgende Gestalt, ´1 1¯ pn “ 3, 4, ...q (28.7) fn “ R 8 2 ´ 2 2 n bei der R8 die Rydberg-Konstante (30.11) bedeutet. Allerdings arbeiteten die Physiker der damaligen Zeit weitgehend mit dem in der Spektroskopie üblichen Kehrwert der Wellenlänge, der Wellenzahl ν¯ “ f {c “ 1{λ, die die Anzahl der Schwingungen pro Einheitslänge von einem Zentimeter angibt und deren Dimension daher 1/cm ist. Häufig findet man noch Angaben der Wellenlänge in Ångström, wobei 1 nm = 10 Å bedeutet.

Kapitel 29

Frühe Atommodelle Zum Ende des 19. Jahrhunderts bestand auf Grund einer Fülle experimenteller Ergebnisse zu den Atomspektren Klarheit darüber, dass das elektrisch neutrale Atom aus einem positiv geladenen Anteil und einer Anzahl von negativen Elektronen bestand. Nach dem von J. J. Thomson 1903 entwickelten Rosinenkuchenmodell befinden sich die von ihm 1897 entdeckten Elektronen im Inneren einer homogenen, positiv geladenen Kugel wie Rosinen in einem Teig und verursachten durch ihre Schwingungen die Emission von Strahlung, [1, S. 13, 104]. Allerdings folgerte Lenard 1903 aus seinen Experimenten mit Kathodenstrahlen, dass das Innere der Atome praktisch leer sein müsste. Ernest Rutherford stellte 1911 nach umfangreichen Streuversuchen beim Durchgang an Metallfolien, die seine Mitarbeiter Hans Geiger und Ernest Marsden mit α-Strahlen durchführten, die als Helium-Kerne aus der Radioaktivität bekannt waren, das Rutherford’sche Atommodell vor. Danach konzentriert sich der größte Teil der Atommasse auf den Z-fach positiv geladenen Atomkern mit einem Durchmesser von etwa 10 fm, der von Z Elektronen im Abstand von etwa 100 pm umkreist wird, die die Atomhülle bilden. Das Atom ist damit insgesamt elektrisch neutral. Seine Kernladungszahl Z kennzeichnet das entsprechende Element und stimmt mit der Ordnungszahl im Periodensystem der Elemente überein, das Dimitrij Mendelejew 1869 veröffentlicht hatte. Dieses System der damals bekannten 63 Elemente ordnete die Elemente nach dem Atomgewicht an und wies noch Lücken auf. Bei dieser Zweiteilung des Atoms konnte man 125

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29 Frühe Atommodelle

das chemische Verhalten und den Aggregatzustand der Atomhülle mit den Elektronen und die Radioaktivität dem Atomkern zuordnen. Das Rutherford’sche Atommodell ähnelte einem Sonnensystem im Kleinen und wird deshalb auch als Planetenmodell bezeichnet, bei dem das Coulomb-Feld der Kernladung die Elektronen durch elektromagnetische Anziehungskraft ähnlich den Kepler-Bahnen auf Kreisen oder Ellipsen hält. Dieses Modell rief allerdings gravierende Kritik hervor, da nach der Elektrodynamik ein kreisendes und damit beschleunigtes Elektron ständig Energie abstrahlen müsste. Dadurch würde das Elektron auf einer Spiralbahn mit steigender Umlaufgeschwindigkeit unter Abgabe von Strahlung bei immer höher werdender Frequenz nach der kurzen Zeitspanne von etwa 100 ps in den Kern stürzen, wodurch stabile Atome entgegen der erwiesenen Realität unmöglich wären. Außerdem emittieren und absorbieren Atome gemäß der spektroskopischen Erkenntnisse Strahlung nur bei festen, wohldefinierten Frequenzen und nicht in kontinuierlichen Bändern. Diese Widersprüche zwischen den Vorhersagen der klassischen Physik und den experimentellen Erfahrungen legten es nahe, dass wesentliche Änderungen in den theoretischen Grundlagen für den atomaren Bereich notwendig sein würden.

Kapitel 30

Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum Einen ersten Schritt zur Lösung dieser Widersprüche machte Niels Bohr 1913, indem er Plancks Formel, Einsteins Lichtquanten und Rutherfords Modell kombinierte und durch eigene Vorstellungen erweiterte. Bohrs Ausgangspunkt war die Annahme, dass die Planck’sche Quantenhypothese mit diskreten Energiestufen nicht nur für den harmonischen Oszillator sondern auch für andere schwingfähige Systeme gelten könnte wie für Elektronen, die einen Atomkern als Coulomb-Zentrum umlaufen. Seine Vorstellungen resultierten im Bohr’schen Atommodell, [4, S. 23], das charakterisiert wird durch zwei Postulate, die der klassischen Physik fremd waren, sich nicht auf einfachere Grundannahmen stützten und erst später in der Quantenmechanik ihre Bestätigung und Gültigkeit erfuhren, [28, S. 618]. Das Modell wird ergänzt durch das Bohr’sche Korrespondenzprinzip, das besagt, dass im Grenzfall die Gesetze der klassischen Physik gelten. In der Quantenbedingung von Bohr als erstem Postulat wird die Erkenntnis formuliert, dass Atome nicht wie bei Rutherford beliebige, sondern nur diskrete Energien aufweisen können. Diese erlaubten stationären Energiezustände werden als kreisförmige Umlaufbahnen der Elektronen identifiziert, auf denen entgegen den Aussagen der Elektrodynamik keine Strahlungsenergie abgegeben wird. Diese Auswahlbedingung von Bohr legt die erlaubten Umlaufbahnen dadurch fest, dass der aus Ortsvektor und Impuls gebildete Bahndrehimpuls Le “ r ˆ p des Elektrons der Masse me ein ganzzahliges Vielfaches 127

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30 Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum

des Wirkungsquantums  ist. Le pnq “ me rn vn “ me rn2 ωn “ n

pn “ 1, 2, ... q

(30.1)

Dabei ist die ganze Zahl n die Quantenzahl, die die erlaubten Bahnen mit den Bahnradien rn und den Umlauffrequenzen ωn bestimmt. Nach dem zweiten Postulat kann Strahlung in Form eines Lichtquants nur beim Übergang eines Elektrons zwischen zwei benachbarten stationären Zuständen bzw. Elektronenbahnen in einem Quantensprung emittiert oder absorbiert werden, wobei die Strahlung nach der Bohr’schen Frequenzbedingung als Differenz der Energiezustände in Form eines einzigen Energiequants erfolgt, [2, S. 8], [10, S. 38]. hf “  ω “ Wn`1 ´ Wn ą 0 Die auf diese Weise entstehenden Frequenzen bzw. Wellenlängen, c „ ΔWmn “ Wm ´ Wn fmn “ λmn

(30.2)

(30.3)

die den Energiedifferenzen der verschiedenen Umlaufbahnen proportional sind, stellen die beobachtbaren Spektrallinien dar, aus denen das Gesamtspektrum eines Elementes gemäß Abbildung 30.1 besteht. Die Bohr’schen Postulate können nicht auf einfachere Grundannahmen zurückgeführt werden und müssen in dieser Form der Darstellung als Grundgesetze betrachtet werden. Denn aus klassischer physikalischer Sicht ist nicht zu erkennen, weshalb alle Elektronenbahnen bis auf die strahlungsfreien verboten sein sollen. Das Bohr’sche Atommodell konnte daher nur eine Zwischenlösung darstellen, das aber wegen seiner großen Anschaulichkeit nach wie vor zur einfachen Erklärung atomarer Vorgänge dient. Obwohl die Bohr’sche Theorie das Elektron noch als klassisches Teilchen behandelt, besteht ihre Bedeutung und Rechtfertigung in den Schlussfolgerungen aus den Postulaten, die bei der Aufklärung des Spektrums des Wasserstoffs mit den experimentellen Befunden übereinstimmen, [23, S. 437]. Der einfache Aufbau des Wasserstoffatoms mit einem Proton im Kern und einem Elektron in der Atomhülle führt zu einem Spektrum, dessen Charakteristik einfacher als bei anderen Elementen zu entschlüsseln war, obwohl

129

es einen gewissen Aufwand bedeutete, atomaren Wasserstoff zu erzeugen, um die Spektrallinien sichtbar zu machen, [31]. Auf Grund der Balmer-Serie von 1885 und der Formel (28.7) fand man später weitere Spektralserien, die Lyman-Serie 1906 im Ultravioletten sowie die Paschen-, Brackett- und Pfund-Serie in den Jahren 1908, 1922, 1924 im Infraroten, deren Frequenzen sich ergaben, wenn man in der Balmer-Formel an Stelle der Zahl 2 im ersten Quotienten, dem Grundterm, die Serienzahlen nS “ 1, 3, 4, 5 einsetzte. ´ 1 1¯ ´ (30.4) f pnS , nq “ R8 pnS ă nq n2 n2S Diese Formel entspricht nach Multiplikation mit h der Bohr’schen Frequenzbedingung (30.2) und stellt das Termschema des Wasserstoffs dar. Zugehörige Werte der Wellenlängen sind in Tabelle 55.2 angegeben. Da der zweite Quotient, der Laufterm, bei steigendem n immer kleiner wird, drängen sich die Spektrallinien einer Serie immer mehr zusammen und konvergieren gegen die höchste Frequenz, die Seriengrenze, f pnS , 8q “

R8 n2S

(30.5)

die für die Lyman-Serie mit nS “ 1 der Rydberg-Konstante entspricht. Walter Ritz verallgemeinerte 1908 diese Erkenntnis zum Ritz’schen Kombinationsprinzip, c “ c pTm ´ Tn q pm ă nq fmn “ λmn bei dem sich die Frequenzen fmn der Spektrallinien eines beliebigen Atoms aus der Kombination zweier Terme ergeben, was der Beziehung (30.3) entspricht. Mit Hilfe des Kombinationsprinzips konnte man jedem Atom ein charakteristisches Termschema zuordnen, wodurch die Fülle der Spektrallinien durch relativ wenige Terme Tm , die den Energieniveaus im Bohr’schen Atommodell entsprechen, dargestellt werden kann und beim Wasserstoff besonders einfach ist, [16, S. 26], [17, S. 183]. Jenseits der Seriengrenze schließt sich das Grenzkontinuum an, in dem keine diskreten Energieniveaus mehr existieren. Das Elektron ist in diesem Fall vom Atomrumpf, der dann ein positiv geladenes Ion darstellt, getrennt und besitzt als freies, ungebundenes Teilchen eine beliebige kinetische Energie wie in der klassischen Physik.

130

30 Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum

Grenzkontinuum

Seriengrenze 8

W

... W4

... W3

...

angeregte Zustände

...

W2 Ionisierungsenergie Spektralserie Grundzustand W1

Abb. 30.1: Termschema mit Spektralserien

Als Folge davon formulierte Bohr 1923 sein Korrespondenzprinzip, nach dem sich die Gesetze der Quantenphysik mit steigender Quantenzahl asymptotisch den Gesetzen der klassischen Physik annähern und im Grenzfall in diese übergehen, also die gleichen Aussagen treffen wie die klassische Theorie, [4, S. 30], [14, S. 763]. Die Vorstellung, dass das Elektron auf einer festen Umlaufbahn vom Radius rn um das Proton im Kern des Wasserstoffatoms kreist, erfordert die Gleichheit von anziehender Coulomb-Kraft und Zentrifugalkraft, in die die Quantenbedingung für den Drehimpuls (30.1) eingesetzt wird.

e2 vn2 L2e n2 2 2 “ m r ω “ m “ “ e n e n 4πε0 rn2 rn me rn3 me rn3

131

Für die erlaubten Bahnradien und Bahngeschwindigkeiten erhält man, rn “ n 2

2 4πε0 me e2

vn “ n

 1 e2 “ me rn n 4πε0 

(30.6)

wobei der Bohr-Radius des Wasserstoffs, der mit a0 bezeichnet wird, die engste Kreisbahn als Grundzustand kennzeichnet und damit gleichzeitig die Größenordnung des Atoms angibt. a 0 ” r1 “

 2 4πε0 “ “ 52.93 pm me v 1 me e2

(30.7)

Auf dieser innersten Bahn hat das Elektron die Geschwindigkeit, u0 ” v1 “

e2 “ αc 4πε0 

Mit der von Sommerfeld 1916 eingeführten Feinstrukturkonstante α α“

1 1 e2 “ « 4πε0 c 137.036 137

Ñ

a0 “

2 4πε0  1 “ me e2 me c α

(30.8) ist die Bahngeschwindigkeit u0 « c{137 klein gegen die Lichtgeschwindigkeit c, so dass man das Wasserstoffatom nichtrelativistisch behandeln kann. Im Feld des Wasserstoffkerns mit der Ladung `e hat das CoulombPotential im Abstand rn „ n2 die Größe Vn “

e 4πε0 rn

mit

V8 “ Vn prn Ñ 8q “ 0

Das Elektron besitzt die potentielle Energie (27.3) ˆ 2 ˙2 e 1 1 e2 me “´ 2 “ ´ α2 me c2 2 Wpot prn q “ ´ eVn “ ´ 2 4πε0 rn  4πε0 n n (30.9) sowie die kinetische Energie ˆ 2 ˙2 e 1 1 me 2 1 me 1 1 v “ “ α2 me c2 2 “ ´ Wpot prn q E kin prn q “ 2 n 2 2 4πε0 n2 2 n 2

132

30 Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum

und hat bei seinem Umlauf auf der n-ten Kreisbahn die Gesamtenergie Wges “ Wpot ` E kin “ Wpot {2. 1 e2 1 1 me “´ Wges prn q “ Wn “ ´ 2 4πε0 rn 2 2

ˆ

e2 4πε0

˙2

2 1 1 2 α m “ ´ c e n2 2 n2

pn “ 1, 2, ... q

(30.10)

Diese berühmte Bohr’sche Formel wurde 1913 abgeleitet, die ein wichtiges Ergebnis der frühen Quantenmechanik darstellt, [11, S. 182]. In Abbildung 30.2 sind klassische und quantenmechanische Vorstellungen für den atomaren Bereich gegenübergestellt.

b)

Wpot

Wn

r

r 8

W ...

a)

W3 1

~−r

W2 W1

Abb. 30.2: Potentielle Energie einer negativen Ladung im Zentralfeld einer positiven Ladung a) Elektrostatik jeder Wert Wpot (r)ă 0 ist nach (27.3) möglich b) Quantenmechanik nur diskrete Werte Wn nach (30.10) treten in Spektrallinien auf

133 Aus der Bohr’schen Formel ergeben sich nach (30.4) mit h “ 2π ˆ 2 ˙2 ` ˘ e 1 me hf nS “ 1, n Ñ 8 “ W p8q ´ W pa q “ “ hR8 ges ges 0 looomooon 2 2 4πε0 “0

die Rydberg-Konstante R8 sowie die Rydberg-Energie. ˆ 2 ˙2 e 1 me me e4 “ 2 3 “ 3.2898 ¨ 1015 Hz R8 “ 3 4π  4πε0 8 ε0 h Wges pa0 q “ ´ hR8 “ ´ 2.179 ¨ 10´18 Ws Ñ

W1 “ ´ 13.6057 eV

(30.11)

Der Energiebetrag ΔW “ | W1 |, der erforderlich ist, um das Elektron aus dem Grundzustand W1 in den freien Zustand W8 “ 0 zu überführen, entspricht der Ionisierungsenergie, wobei das ionisierte Atom nicht länger elektrisch neutral ist. Ein befreites Elektron gewinnt bei W ą ΔW eine kinetische Energie, die beliebige kontinuierliche Werte annehmen kann. Die Ionisierung von Atomen kann auf verschiedene Weise erfolgen, z.B. durch Stoßprozesse oder durch Absorption von Lichtquanten wie bei der Photoionisation im lichtelektrischen Effekt. Da das Atom auch von einem höheren Energieniveau aus ionisiert werden kann, stellen die Energiewerte | Wn | die Bindungsenergien dar, die das Elektron mit wachsendem n immer weniger fest an den Kern des Atoms binden. Der Index der Rydberg-Konstante R8 bezieht sich auf die Annahme eines unendlich schweren Atomkerns. Bei endlicher Masse mp des Wasserstoffkerns bewegen sich Proton und Elektron um ihr gemeinsames Massenzentrum. Da deren Massenverhältnis mp q“ « 1836 me beträgt, fällt die Korrektur mit der reduzierten Masse μ μ“

mp me q 1836 me “ me “ p1 ´ 0.544 ¨ 10´3 q me “ mp ` me 1`q 1837

für die Rydberg-Konstante nur sehr gering aus, [4, S. 28]. μ Rpmp q “ R8 “ 0.999 455 R8 me

(30.12)

134

30 Bohr’sches Atommodell und Wasserstoffspektrum

Der besondere Erfolg der Bohr’schen Theorie liegt darin, dass wichtige Größen wie erlaubte Energiewerte, Bahnradien, und Rydberg-Konstante auf eine Darstellung durch die Naturkonstanten e, me , h, c, ε0 zurückgeführt werden konnten. Mit dem Bohr’schen Atommodell war man auch in der Lage, wasserstoffähnliche Spektren zu berechnen, die bei Atomen der Ordnungszahl Z mit Z Protonen im Kern auftreten und in der äußersten Schale entweder nur ein Elektron haben wie die Alkali-Gruppe mit Natrium (Na), Kalium (K), etc. oder die dort bis auf ein Elektron ionisiert sind. Solche Atome unterscheiden sich vom Wasserstoff näherungsweise nur durch die Ladung Ze der Protonen im Kern und p´eq in der Hülle. Das Zwei-Körper-Problem mit Berücksichtigung endlich großer Kernmassen wird im Kapitel 57 näher behandelt. Dagegen versagte das Modell bereits beim Helium mit zwei sowie bei Atomen mit mehr Elektronen in der Atomhülle, die sich gegenseitig beeinflussen, so dass man sich gezwungen sah, Modellerweiterungen oder Näherungslösungen zu suchen.

Kapitel 31

Quantenzahlen und Aufbau der Atome Zur Überwindung der erkennbaren Probleme beschritt Arnold Sommerfeld einen Weg, indem er das Atommodell von Bohr weiterentwickelte. Das Bohr-Sommerfeld’sche Atommodell von 1916 zeichnet sich dadurch aus, dass bei Elementen wie dem Wasserstoff und den Alkalimetallen Li, Na, K etc. der ersten Hauptgruppe des Periodensystems mit nur einem Elektron in der äußeren Hülle für die Umlaufbahnen auch Ellipsen zugelassen wurden, so dass mehr Freiheitsgrade existierten, die man am besten mit Kugelkoordinaten pr, ϑ, ϕq beschreiben konnte. Dieses äußerste Elektron, das für Anregung und Ionisierung in Frage kommt, heißt Leuchtelektron oder wegen seiner Bedeutung für die chemische Bindung Valenzelektron. Elektronen, die sich in abgeschlossenen Schalen dichter am Atomkern befinden und seine Kernladung abschirmen, bilden die Rumpfelektronen. Sommerfeld ging aus von der Hamilton’schen Mechanik, die generalisierte, kanonisch konjugierte Variable p und q verwendet, deren Produkt nach (9.2) auf Grund der Dimension einer Wirkung und damit auch einem Drehimpuls entspricht. Die Wirkungsvariable J nach (20.1) wird durch ein Phasenintegral definiert, das einen vollständigen Umlauf in der Phasenebene pp, qq beschreibt und einem ganzzahligen Vielfachen des Wirkungsquantums h entsprechen muss. Sommerfeld nannte die Wirkungsvariable und das Phasenintegral einen „Königsweg zur Quantisierung“, mit der man Struktur und Eigenschaften einfacher Ionen und Moleküle erfolgreich aufklären kann, wobei das Phasenintegral für verschiedene Freiheitsgrade  135

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136

31 Quantenzahlen und Aufbau der Atome

der Elektronenbewegung mit einer eigenen Quantenzahl n quantisiert wird, [9, S. 337/340]. ¿ ! J “ p dq “ n h Setzt man für Impuls und Wegelement des Elektrons der Masse me auf seiner n-ten Kreisbahn die Werte p n “ m e v n “ m e rn ω n dqn “ rn dϕ ein, dann erhält man, Jn “

¿

pn dqn “

me rn2 ωn

ż2π dϕ “ 2π loooomoooon me rn2 ωn “ nh “ Le pnq

0

wonach die Wirkungsvariable Jn dem Bahndrehimpuls Le pnq des Elektrons und damit der Bohr’schen Quantenbedingung (30.1) entspricht. Le pnq “ rn pn “ me rn vn “ me rn2 ωn “ n

(31.1)

Für das Elektron im Grundzustand, das um die z-Achse auf einem Kreis vom Bohr-Radius a0 nach (30.7) mit der Winkelgeschwindigkeit ω1 umläuft, lautet der Vektor des Bahndrehimpulses, Le “ Le ez “ me a0 v1 ez “ me a20 ω1 ez “  ez

Ñ

| Le | “ 

dessen Betrag dem Planck’schen Wirkungsquantum entspricht. Jedes geladene Teilchen mit einem Bahndrehimpuls stellt einen magnetischen Dipol dar, der sich folgendermaßen ergibt. Aus der Umlaufbewegung mit v1 in der Bahnebene z “ 0 berechnet man den Kreisstrom I, den das bewegte Elektron mit der Ladung Q “ ´ e darstellt. v 1 “ a 0 ω1 “ a 0

2π T

Ñ

I“

Q v1 “ ´e T 2πa0

137

Das magnetische Dipolmoment m ist das Produkt aus Strom und Vektor der umlaufenen Fläche A. m “ IA ez “ ´

e v1 e e e πa20 ez “ ´ me a0 v1 ez “ ´ Le “ ´ ez 2πa0 2me 2me 2me

Wegen der negativen Ladung sind Dipolmoment m und Bahndrehimpuls Le beim Elektron entgegengesetzt gerichtet. m“´

μB e Le Le “ ´ 2me 

(31.2)

Das Bohr’sche Magneton μB mit der Dimension Am2 =J/T ist die kleinste Einheit des magnetischen Dipolmomentes elektronischen Ursprungs mit dem Wert | m | “ μB “

eV e “ 9.274 ¨ 10´24 Am2 “ 57.88 ¨ 10´6 2me T

(31.3)

Das Wasserstoffatom mit der Erweiterung zum Ellipsenmodell von Sommerfeld wird behandelt in [2, Kap. 21, 22], [19, Kap. 7]. Die drei räumlichen Quantenzahlen des Kugelkoordinatensystems, die im Bohr-Sommerfeld’schen Atommodell als ganze Zahlen auftreten und die in Teil V noch ausführlich behandelt werden, sind die radiale nr , die azimutale  und die magnetische Quantenzahl m. Sie haben folgende Bedeutung im Schalenmodell des Atoms, bei dem die Elektronen den Atomkern in konzentrischen Schalen umgeben, [28, S. 648]. Die Hauptquantenzahl n “ nr `  ` 1 ist zusammengesetzt und bestimmt die Energiezustände und die Kreisradien bzw. die Halbachsen a „ n2 und b „ np ` 1q der stationären Ellipsenzustände im Wasserstoffatom und ähnlichen Atomen. Die Elektronen, die zu einer festen Zahl n gehören, bilden Hauptschalen, die mit großen Buchstaben bezeichnet werden. n “

1 2 3 K L M

4 N

5 6 O P

7 Q

(31.4)

Die azimutale Quantenzahl, später Nebenquantenzahl  oder auch Drehimpulsquantenzahl genannt, bestimmt die kleine Halbachse der elliptischen Bahn bzw. den Bahndrehimpuls. Bei gegebener Hauptquantenzahl n

138

31 Quantenzahlen und Aufbau der Atome

kann  nur den begrenzten Zahlenbereich  “ 0, 1, .. , n ´ 1 annehmen, wobei sich die kreisförmigen Elektronenbahnen des Bohr-Modells beim Maximalwert  “ n ´ 1 ergeben. Es ist üblich, die Werte von  und damit die Unterschalen mit kleinen, aus der Spektroskopie stammenden Buchstaben zu bezeichnen. “0 “1 “2 “3

s p d f

scharf prinzipiell diffus fundamental

(31.5)

Das Wertepaar pn, q bestimmt gemeinsam die Elektronenkonfiguration des jeweiligen Elementes. Als Beispiel werden die Elektronen von vier Elementen angegeben, bei deren detaillierter Bezeichnung die Vorzahlen die Hauptschale und die hochgestellten Zahlen die Anzahl der Elektronen in der entsprechenden Unterschale angeben. Die Summe aller Hochzahlen entspricht der Ordnungzahl Z im Periodensystem der Elemente. Bei den Elementen handelt es sich um Wasserstoff (H, Z “ 1) mit nur einem Elektron, Kohlenstoff (C, Z “ 6), das insgesamt 6 Elektronen besitzt, 2 in der abgeschlossenen, innersten K-Schale und 4 in der teilbesetzten, äußeren L-Schale, Silicium (Si, Z “ 14), das Elektronen in den ersten drei Schalen aufweist sowie Silber (Ag, Z “ 47), das nur ein Elektron unter Auslassung der 4f -Unterschale in der äußersten O-Schale besitzt. H:

1s1

C:

1s2

2s2 2p2

Si :

1s2

2s2 2p6

3s2 3p2

Ag :

1s2

2s2 2p6

3s2 3p6 3d10

(31.6) 4s2 4p6 4d10

5s1

Eine vollständige Tabelle aller Atome findet man z.B. in [6, S. 131], [22, S. 624]. Die magnetische Quantenzahl m kennzeichnet die räumliche Orientierung der Bahnebene der Elektronen in Bezug auf die Richtung eines äußeren Magnetfeldes, da ein umlaufendes Elektron als Ringstrom einen Bahndrehimpuls mit einem magnetischen Dipolmoment darstellt. Der Winkel zwischen Feldrichtung und Dipolmoment kann nicht jeden Wert annehmen sondern

139 unterliegt einer Richtungsquantisierung, wobei m “ 0, ˘1, ˘2, .. , ˘ gilt, so dass man insgesamt 2 ` 1 verschiedene Zustände unterscheiden kann, (s. Abschnitt 62.3). Jede mögliche räumliche Orientierung der Bahnebene und damit des Drehimpulses entspricht einem eigenen Energienivau des Elektrons, was man bereits 1896 beim Zeeman-Effekt (s. Abschnitt 55.6) an der Aufspaltung der Spektrallinien eines leuchtenden Gases erkannt hatte, das einem starken Magnetfeld ausgesetzt wird. Ein eindrucksvoller Beweis der Richtungsquantisierung gelang den beiden Physikern Otto Stern und Walther Gerlach 1922 durch den SternGerlach-Versuch. Dabei fliegt ein Strahl von Silberatomen senkrecht durch ein stark inhomogenes Magnetfeld. Das Silberatom hat nur ein s-Elektron in seiner äußersten O-Schale, dessen Bahndrehimpuls und damit sein Dipolmoment sich parallel oder antiparallel zum Magnetfeld einstellen kann. Die vom Magnetfeld auf den Dipol einwirkende Kraft lenkt daher die Atome in unterschiedliche Richtungen ab, wodurch sich die beiden entstehenden Teilstrahlen aus Silberatomen in getrennten Bereichen auf einem Schirm abscheiden. Aus der Größe der Ablenkung konnte man das magnetische Dipolmoment der Elektronen bestimmen, dessen Wert mit dem Bohr’schen Magneton übereinstimmte, [3, S. 8]. Die ursprünglich von Stern und Gerlach vorgelegte Interpretation der Ablenkung als Quantisierung des Bahndrehimpulses der Elektronen musste später korrigiert werden, denn die eigentliche Erklärung des Versuchs wurde 1925 durch Samuel Goudsmit und George Uhlenbeck gegeben, die den Bahndrehimpuls des umlaufenden Elektrons in semiklassischer Vorstellung durch dessen Eigendrehimpuls um die eigene Achse oder Spin Ls ergänzten, der zur Richtung des Bahndrehimpulses Le parallel oder antiparallel gerichtet sein kann. Eine eingehende Untersuchung des Stern-GerlachVersuchs wird im Abschnitt 65.1 durchgeführt. Die experimentellen Befunde führten zu dem Schluss, dass der Spin des Elektrons und die daraus folgende Spinquantenzahl ms nur zwei halbzahlige Werte annehmen kann, [4, S. 37]. Ls “ ˘

 “ ˘ s 2

Ñ

s“

1 2

Ñ

ms “ ˘ s

(31.7)

Das Ergebnis des erweiterten Bohr-Sommerfeld’schen Atommodells besteht darin, dass die einzelnen Energiezustände der Elektronen in der Atomhülle durch vier Quantenzahlen pn, , m, ms q beschrieben werden. Auf Grund der Bedingungen für die einzelnen Quantenzahlen sind in den zur

140

31 Quantenzahlen und Aufbau der Atome

Nebenquantenzahl  gehörenden Unterschalen maximal 2s, 6p, 10d und 14f Elektronen möglich. Die Gesamtzahl N von Elektronen, die ein Atom bei einer bestimmten Hauptquantenzahl n besitzen kann, das dann über vollständig besetzte oder abgeschlossene Elektronenschalen verfügt, hat den Wert, N pnq “ 2

n´1 ÿ

p2l ` 1q “ 2n2

l“0

der für natürlich vorkommende Elemente von Wasserstoff bis Uran bei den Schalen K, L, M, N auch tatsächlich erreicht wird, bei O, P, Q dagegen nicht. Nach dem von Wolfgang Pauli 1925 formulierten Ausschließungsprinzip, das auch Pauli-Verbot genannt wird, kann jeder Energiezustand nur mit einem einzigen Elektron besetzt werden, so dass sich bei einem Atom je zwei Elektronen in mindestens einer der vier Quantenzahlen unterscheiden müssen. K n

L

1

2 0

l m s

1s

M 3

1 2s

N

0 2p

1 3s

4 2

3p

0 3d

1 4s

2 4p

4d

...

3 4f

Abb. 31.1: Schematische Darstellung des Schalenaufbaus Es war ein großer Erfolg der bis dahin entwickelten Atomtheorie, dass eine befriedigende Erklärung des Periodensystems der Elemente gelang und damit die chemischen Eigenschaften dieser Elemente ihre atomtheoretische Deutung und Begründung fanden. Der Aufbau der Atomhüllen mit steigender Anzahl von Elektronen, das sog. Aufbauprinzip, bildet die Reihenfolge der Elemente im Periodensystem. Dabei entspricht bei einem elektrisch neutralen Atom die Anzahl der Elektronen der Kernladungszahl und damit gleichzeitig der Ordnungszahl Z des Elementes im Periodensystem und jede Periode stimmt mit einer Elektronenschale überein.

141

Der Aufbau erfolgt dadurch, dass die Schalen der Elemente schrittweise bis zu ihrer Maximalzahl mit Elektronen aufgefüllt werden, wodurch die Gruppen des Periodensystems entstehen. Energetisch tiefer liegende Stufen werden stets zuerst besetzt, wobei es wie nach den Edelgasen Argon (Z “ 18) und Krypton (Z “ 36), wie beim Beispiel des Silbers (s.o.) sowie bei den Lanthanoiden (Z “ 58 .. 71) und Actinoiden (Z “ 90 .. 103) vorkommen kann, dass die Haupt- und Unterschalen aus Energiegründen in einer veränderten Reihenfolge besetzt werden. Weitere Details zum Aufbau der Atome findet man in [6, S. 123f.], [11, S. 248], [14, S. 766-790] und [18, S. 51-61], sowie in [32]. Die oben angegebenen Bereiche der Drehimpuls- und magnetischen Quantenzahl und das Auftreten ihrer Bedingungen sowie der Elektronenspin werden in den weiteren Teilen des Buches noch ausführlich mathematisch begründet.

Kapitel 32

Erfolg und Krise der Quantentheorie der Anfangszeit Der Bohr’schen Theorie und dem Bohr-Sommerfeld’schen Atommodell kommt ein bleibender Erfolg zu, da damit eine neue physikalische Denkweise ihren Anfang nahm, durch die eine Fülle experimenteller Erfahrungen gedeutet werden konnte. Obwohl im atomaren Bereich eigene Gesetze gelten, wurden Vorstellungen von Mechanik und Elektrodynamik aber nicht aufgegeben wie Elektronen als Teilchen auf erlaubten Umlaufbahnen, was sich auch in Bohrs Korrespondenzprinzip widerspiegelt. Die entwickelten, noch stark an der klassischen Physik orientierten Modellvorstellungen und Betrachtungsweisen bieten zwar eine große Anschaulichkeit und werden auch heutzutage in der Schulphysik und damit für weite Kreise der Bevölkerung als Einstieg in das atomare Geschehen und den Aufbau der einzelnen Elemente verwendet, aber sie geben die physikalische Realität nur in vereinfachter und eingeschränkter Weise wieder. Der Zeitabschnitt von den Anfängen bis etwa 1922 stellt die ältere Quantentheorie dar. Die Deutung der atomaren Struktur auf der Basis der drei Konstanten e, me , h und der Kernladungszahl Z durch Bohr und Sommerfeld sowie die Erkenntnis, dass der Aufbau des Periodensystems dem Schalenaufbau der Elektronenhüllen der Atome entspricht, bedeutete den Höhepunkt und krönenden Abschluss dieser Theorie. 142

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143

Arnold Sommerfeld hat diese Theorie zwischen 1919 und 1924 in vier Auflagen seines Buches „Atombau und Spektrallinien“ ausführlich dargelegt, [15, S. 89], Max Born gab zusammen mit Friedrich Hund im Jahr 1925 einen Abschluss der vorläufigen Quantentheorie im Buch „Vorlesungen über Atommechanik, Erster Band“, dem 1930 zusammen mit Pascual Jordan ein zweiter Band als „Elementare Quantenmechanik“ folgte, und Friedrich Hund fasste die Theorie 1927 im Buch „Linienspektren und periodisches System der Elemente“ zusammen. [2], [15, S. 89, 107, 119, 135]. Vor Mitte der 1920er Jahre führte der Weg in eine Krise, da die Physiker das Versagen der Bohr’schen Theorie und ihrer nicht weiter begründbaren Postulate erkannten, die die Atomprobleme mit der klassischen Theorie behandelten, der man die Quantenbedingungen aufzwang, [10, S. 61]. Die bis dahin entwickelte Quantentheorie konnte eine Reihe von Unstimmigkeiten und Effekten nicht erklären, was mit der Einführung halbzahliger Quantenzahlen in bestimmten Fällen begann, um Übereinstimmung mit den Experimenten zu erlangen, [19, S. 48]. Weiterhin war es nicht möglich, das nächsteinfache Spektrum des Heliums mit zwei Elektronen zu erklären oder das H2 -Molekül zu behandeln, [12, S. 16]. Man wurde sich langsam bewusst, dass man Elektronen nicht als klassische punktförmige und jederzeit identifizierbare Teilchen auf Umlaufbahnen betrachten darf und dass Schwierigkeiten und Unvollstängigkeiten nur durch eine tiefgreifende Umgestaltung und eine grundsätzliche Neufassung der Atomtheorie zu beheben sein würden, [14, S. 819], [15, S. 75, 89, 99, 121, 128]. Die weitere Entwicklung hat dann auch gezeigt, dass die klassische Theorie zur Erklärung der mikroskopischen Phänomene prinzipiell nicht ausreicht, weil die wahren Gesetze der atomaren Welt reine Quantengesetze sind, [2, S. 6]. Das von Bohr in Ergänzung zu seinen Quantisierungsregeln formulierte Korrespondenzprinzip hat eine grundlegende und weittragende Bedeutung, das von jeder Theorie zur Quantenmechanik zu erfüllen ist. Damit wird gefordert, dass die Aussagen der klassischen Theorien von Mechanik und Elektrodynamik als makroskopisch experimentell gesicherte Beschreibungen der Natur als Grenzfälle in der Quantentheorie enthalten sein müssen, [20, S. 28]. Eine auf mikroskopischen Skalen formulierte quantenmechanische Problemstellung muss bei Annäherung an makroskopische Skalen in ein korrespondierendes klassisches Problem übergehen. Am Anfang der Entwicklung einer umfassenden neuen und in gewissem Sinne revolutionären Theorie wurde von Arthur Holly Compton ein wichtiger Versuch durchgeführt und von Louis De Broglie eine weittragende Hypothese über die Welleneigenschaften der Materie aufgestellt.

Kapitel 33

Compton-Effekt Die Lichtquanten, die Einstein 1905 mit dem Dualismus von Welle und Teilchen beim Licht eingeführt hatte, wurde von den zeitgenössischen Physikern längere Zeit nicht ernst genommen. Ihre ablehnende oder gleichgültige Haltung änderte sich erst durch den berühmten Versuch von Compton im Jahre 1922, der neben dem Photoeffekt und dem FranckHertz-Versuch die korpuskulare Natur der elektromagnetischen Strahlung nachweisen konnte, [15, S. 51]. Gemäß Abbildung 33.1 trifft ein Röntgen-Strahl der Energie W0 auf einen Graphitblock, wobei durch elastische Stöße Elektronen ausgelöst werden, die in eine bestimmte Richtung fliegen. Dabei ist die Bindungsenergie der Elektronen an die Graphitatome gegenüber der Energie der Anregungsstrahlung gering, so dass man sie als freie Elektronen ansehen kann und das Ergebnis unabhängig vom Auftreffmaterial ist. Da die Geschwindigkeit der Elektronen unbekannt ist, werden sie relativistisch behandelt. Zusätzlich entsteht längerwellige, winkelabhängige Streustrahlung, die untersucht und berechnet wird. Die Erhaltungssätze gelten auch im atomaren Bereich und liefern für den Impuls folgendes Ergebnis. p 0 “ p 1 ` pe p0 “ p1 cos ϑ ` pe cos ϕ 0 “ p1 sin ϑ ´ pe sin ϕ 144

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145

Quadrierung und Summation führen auf folgenden Ausdruck. p20 ` p21 cos ϑ ´ 2p0 p1 cos ϑ “ p2e cos2 ϕ p21 sin2 ϑ “ p2e sin2 ϕ p20 ` p21 ´ 2p0 p1 cos ϑ “ p2e

(33.1)

W1 p

Elektron

W0 p0

1

ϑ ϕ

me

Wrel pe

Abb. 33.1: Streuung beim Compton-Effekt Das Elektron hat vorher die Ruheenergie me c2 und nachher die relativistische Energie Wrel . Der Erhaltungssatz der Energie liefert mit (28.4) a W0 ` me c2 “ W1 ` Wrel “ W1 ` ppe cq2 ` pme c2 q2 Mit W “ pc für Strahlungsquanten nach (28.5) und Quadrierung erhält man mit (33.1) ‰2 pW0 ´ W1 q ` me c2 “ ppe cq2 ` pme c2 q2 ‰2 “ pp0 ´ p1 q ` me c “ p2e ` pme cq2



pp0 ´ p1 q2 ` 2pp0 ´ p1 q me c “ p2e ´ 2p0 p1 ` 2pp0 ´ p1 q me c “ ´2p0 p1 cos ϑ p0 ´ p1 1 1 1 p1 ´ cos ϑq “ ´ “ p0 p 1 p1 p0 me c Mit p “ h{λ ergibt sich eine winkelabhängige, aber von der Frequenz der Anregungsstrahlung f0 “ c{λ0 unabhängige Wellenlängenerhöhung bzw. ein

146

33 Compton-Effekt

Energie- oder Frequenzabfall der Streustrahlung, da ein Teil der Einstrahlungsenergie in kinetische Energie des Elektrons übergeht. Δλ “ λ1 ´ λ0 “

˘ ϑ 2h h ` 1 ´ cos ϑ “ sin2 me c me c 2

λC “

h me c

(33.2)

Die Compton-Wellenlänge λC hat für Elektronen mit einer Ruhmasse me nach (26.3) folgenden Wert, der im Bereich der Röntgen-Strahlung liegt. λC “ 2.426 pm Ñ fC “ 1.236 ¨ 1020 Hz (33.3) Bei einem elastischen Stoß ist die Energieübertragung dann am größten, wenn beide Stoßpartner die gleiche Masse aufweisen. Nach der Äquivalenz von Masse und Energie ist der Compton-Effekt besonders ausgeprägt, wenn die den einfallenden Strahlungsquanten zukommende äquivalente Masse gerade der Ruhmasse der Elektronen entspricht mStr “

W0 hf0 h “ 2 “ “ me c2 c cλ0

Ñ

λ0 “

h “ λC me c

Das ist genau dann der Fall, wenn die Wellenlänge λ0 der Anregungsstrahlung der Compton-Wellenlänge λC entspricht, so dass der Compton-Versuch bei Röntgen-Strahlung die größten Messergebnisse erzielt.

Kapitel 34

De Broglies Welleneigenschaften der Materie Durch eine Reihe von Ergebnissen wie lichtelektrischer und Compton-Effekt hatten die Physiker einsehen müssen, dass elektromagnetische Strahlung neben den klassischen Welleneigenschaften auch Korpuskeleigenschaften aufweist, je nachdem, welches Experiment durchgeführt wird. Die jeweiligen Modelle von Welle oder Teilchen sind deshalb stets nur anschauliche Beschreibungen der bei einem Versuch auftretenden Phänomene, die nur gemeinsam im Sinne eines ergänzenden „Sowohl-als-Auch“ eine Gesamtdarstellung der physikalischen Wirklichkeit ergeben. Seit der Einführung der Quanten durch Planck und der Lichtquantenhypothese von Einstein war der Dualismus von Welle und Teilchen bei Licht und allgemein bei elektromagnetischer Strahlung eines der erstaunlichsten Merkmale der sich entwickelnden „neuen“ Physik, die trotz der Erfolge des Bohr-Sommerfeld’schen Atommodells bei der Materie noch längst nicht vollständig verstanden war. Da man beim Licht lange Zeit den Korpuskelcharakter gegenüber der Wellennatur vernachlässigt hatte, bestand der kühne Gedanke von De Broglie darin, ob man bei der Materie nicht einen äquivalenten Denkfehler begeht, indem man nur deren Teilchencharakter als bisher einzige Erscheinungsform zur Kenntnis nimmt und seine Wellennatur vernachlässigt, [5, S. 2], [23, S. 444]. 147

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148

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie

In seinen Arbeiten von 1924 dehnte Louis De Broglie unter Berücksichtigung der Relativitätstheorie die Wellenvorstellung auf die Materie aus und entwickelte damit einen Welle-Teilchen-Dualismus, der nicht nur für Licht und elektromagnetische Strahlung sondern in der gesamten Natur gültig ist. Dazu benötigt man einerseits die Eigenschaften von Wellen aus Sicht der Elektrodynamik, die bereits im Kapitel 23 behandelt wurden und deren Eigenschaften hier mit anderer Zielsetzung erneut erörtert werden. Andererseits muss man materielle Teilchen der Masse m, die sich mit hoher Geschwindigkeit v bewegen können, relativistisch, also mit spezieller Relativitätstheorie und Lorentz-Transformation, beschreiben, deren Beziehungen wie in De Broglies Buch, [5, S. 3, 34], als bekannt vorausgesetzt werden, und in [29, II, Kap. 7] ausführlich dargestellt sind.

34.1 Wellenausbreitung und Phasengeschwindigkeit In der Elektrodynamik werden elektromagnetische Wellen im nichtleitenden, homogenen Medium beschrieben durch die Wellengleichung einer Feldgröße Ψpx, y, z, tq, die bei sinusförmiger Erregung in komplexer Darstellung nach Abspalten des Zeitfaktors ejωt in die zeitunabhängige HelmholtzGleichung für den Phasor ψpx, y, zq übergeht. ΔΨ ´ με

B2Ψ “0 Bt2

Ñ

Δψ ` ω 2 με ψ “ 0

(34.1)

Die einfachste Lösung der Differentialgleichung beschreibt eine harmonische ebene Welle im homogenen Medium, die sich in beliebiger Richtung mit dem Wellenvektor k oder in z-Richtung mit der Wellenzahl k “ | k | mit der Geschwindigkeit vPh ausbreitet. Ψpx, y, z, tq “ Ψ0 e jpωt´k¨rq Ψpz, tq “ Ψ0 e jϕpz,tq “ Ψ0 e jpωt´kzq “ Ψ0 e jωpt´z{vPh q

(34.2)

“ Ψ0 e ´jkz e jωt “ ψpzq e jωt Die Wellenfunktionen Ψ und ψ kann man dabei bis auf einen Faktor mit einer kartesischen Komponente der elektrischen Feldstärke identifizieren, bei der man durch Realteilbildung eine physikalisch messbare Funktion erhält.

149

34.1 Wellenausbreitung und Phasengeschwindigkeit

Bei einer Transversalwelle Ex pz, tq “ E0 e jϕ im Vakuum, deren Feldstärkevektor orthogonal zur Ausbreitungsrichtung ez ist, stellt der Betrag des zeitlichen Mittelwertes des Poynting-Vektors, [29, II, S. 182, 212], E02 cos2 pωt ´ kzq ez ωμ0 die Leistung pro Fläche und damit den Energiefluss im Feld dar, a den man auch als Intensität I verstehen kann. Dabei bedeutet Z0 “ μ0 {ε0 den Wellenwiderstand des Vakuums. c ż 1 ε0 2 E2 1 | S | dt “ E0 “ 0 I “ | xSy | “ T T 2 μ0 2Z0 S “EˆH “

In vergleichbarer Weise definiert man die Intensität der komplexen Wellenfunktion Ψ. I “ | Ψpz, tq |2 “ Ψpz, tq Ψ˚ pz, tq “ ψpzq ψ ˚ pzq “ | ψpzq |2 “ | Ψ0 |2 (34.3) Die Phasenfunktion ϕ als Argument der Wellenfunktion mit Periode T , Kreisfrequenz ω und Wellenlänge λ im Medium ϕpz, tq “ ωt ´ kz “

2π 2π t´ z T λ

Ñ

ω“

2π “ 2πf T

k“

2π λ (34.4)

hat gleiche Werte ϕ “ ϕ0 “ const. in der Ebene einer Phasenfront. Aus dem totalen Differential Bϕ Bϕ dϕ0 “ dt ` dz “ ωdt ´ kdz “ 0 Bt Bz erhält man die Phasengeschwindigkeit vPh der Welle, deren Ausbreitungsrichtung bei zunehmender Zeit die positive z-Richtung ist. vPh “

ω 1 λ dz “ “ ? “ “ λf dt k με T (34.5)

Ñ

$ vPh ’ “ k vPh “ k0 c & ω “ 2πf “ 2π λ ´ ` ˘ z ¯ ’ % ϕpz, tq “ ωt ´ kz “ k vPh t ´ z “ ω t ´ vPh

150

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie

Die Ausbreitung der Welle wird bestimmt durch die Wellenzahlen k0 im Vakuum und k im Medium, die sich aus der erregenden Frequenz ω und den Materialgrößen μ “ μ0 μr und ε “ ε0 εr ergeben. c ist die Phasengeschwindigkeit im Vakuum. k0 “ ω

?

μ 0 ε0 “

2π ω “ c λ0

c“ ?

1 μ 0 ε0 (34.6)

k 2 “ ω 2 με “ ω 2 μ0 ε0 μr εr “ k02 n2 “ k02

ˆ

c vPh

˙2

Dabei stellt der Brechungsindex n das Verhältnis der Phasengeschwindigkeiten im Vakuum und im Medium dar. n“

c vPh



k λ0 ě 1 “ k0 λ

(34.7)

Im Vakuum und in Medien mit konstantem Brechungsindex sind Frequenz ω und Wellenzahl k proportional. Besteht dagegen zwischen diesen beiden Größen ein funktionaler Zusammenhang, der als Dispersionsgleichung ωpkq bezeichnet wird, dann liegt ein Medium vor, das man dispersiv oder dispergierend nennt, [25, S. 321]. ω “ vPh k “

c k „ k n

ω “ ωpkq

npωq “

kpωq kpωq “c k0 ω (34.8)

34.2

Gruppengeschwindigkeit von Wellen

Eine monochromatische Welle stellt eine Idealisierung dar, die zwar mathematisch einfach zu handhaben ist, in der Realität aber nicht auftreten kann, da sie einem unendlich langen und zeitlich unbegrenzten harmonischen Wellenzug entspricht. Jedes tatsächliche Signal, das in technischer Hinsicht der Träger einer Information ist, hat eine zeitlich begrenzte Dauer und besteht aus der Überlagerung einer Gruppe von Wellen, sog. Partialwellen, die im

34.2 Gruppengeschwindigkeit von Wellen

151

Frequenzspektrum nur ein meist eng begrenztes Band belegen und dadurch ein Wellenpaket bilden. Die von der Wellenzahl k abhängige Amplitudenfunktion Apkq der Wellen weist dann nur Werte im engen Bereich um einen mittleren Wert km auf. Apkq ‰ 0

für

km ´ δk ď k ď km ` δk

Ein solches Wellenpaket, das sich in z-Richtung ausbreitet, kann durch ein Fourier-Integral nach (37.4) dargestellt werden, dessen Grenzen auf den entsprechenden engen k-Bereich beschränkt sind, in dem die von der Wellenzahl abhängigen Wellenanteile überlagert werden. 1 Ψpz, tq “ 2π

kmż`δk

Apkq e jpωpkq t´kzq dk

(34.9)

km ´δk

Die Taylor-Reihen von Frequenzfunktion ωpkq mit ωpkm q “ ωm und Phasenfunktion ϕpkq haben um die Stelle k “ km die Darstellungen, ωpkq “ ωpkm q `

´ dω ¯

˘ k ´ km ` . . .

`

dk k“km ´ dω ¯ ı ˘” ˘ ` ϕpkq “ ωpkq t ´ kz “ ωm t ´ km z ´ k ´ km z ´ t ` ... dk k“km `

wobei der Differentialkoeffizient dω{dk eine Geschwindigkeit bedeutet. Das Wellenpaket kann man bei Vernachlässigung höherer Reihenglieder daher darstellen durch eine Wellenfunktion nach (34.2) mit den mittleren Werten ωm und km , Ψpz, tq “ Ψ0 pz, tq e jpωm t´km zq deren Amplitudenfunktion folgendermaßen lautet. ı ` ˘ ” ´ dω ¯ ż km `δk ´ j k´k z ´ t m 1 dk k“km dk Ψ0 pz, tq “ Apkq e 2π km ´δk An dem Ausdruck in der eckigen Klammer der Phase der Amplitudenfunktion erkennt man, dass sich die Hüllkurve des Wellenpaketes und damit das Signal mit einer Geschwindigkeit fortpflanzt, die Signal- oder Gruppengeschwindigkeit vg genannt wird. Für diese Größe, die Lord Rayleigh für

152

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie

Wellenbewegungen in dispergierenden Medien entwickelte, ergeben sich aus (34.4) mit dk{k “ ´ dλ{λ verschiedene Darstellungen, [5, S. 37], [25, S. 332]. vg “

dω dk

vg “

˘ d ` dvPh dvPh vPh k “ vPh ` k “ vPh ´ λ dk dk dλ

(34.10) Die rechtsstehende Beziehung in (34.8) führt auf den Reziprokwert der Gruppengeschwindigkeit, wenn der Brechungsindex als Funktion der Frequenz oder der Wellenlänge gegeben ist. ‰ 1” dk 1 d “ dn ı 1 ” dn ı 1 “ “ ω npωq “ npωq ` ω “ npλq ´ λ vg dω c dω c dω c dλ (34.11) Die Größe in der letzten eckigen Klammer, die in entsprechender Weise wie der Brechungsindex (34.7) definiert ist, wird in der optischen Übertragungstechnik Gruppenindex genannt, dn c (34.12) “ npλq ´ λ N pλq “ vg dλ der bei der Signalübertragung auf Lichtwellenleitern von Bedeutung ist. Die Gestalt eines Signals, das in Form von Impulsen stets als Wellenpaket aus der Überlagerung einer Gruppe von Wellen verschiedener, dicht benachbarter Frequenzanteile besteht, die sich in einem dispergierenden Medium mit unterschiedlichen Phasengeschwindigkeiten fortpflanzen, kann sich gemäß der Dispersionsgleichung ωpkq, der Breite des belegten Frequenzbandes und der Länge der Übertragungsstrecke beträchtlich ändern, wodurch erhebliche Verzerrungen auftreten können. Um hohe Qualität mit möglichst fehlerloser Erkennbarkeit der übertragenen Signale am Empfangsort zu gewährleisten, muss man daher aus technischer Sicht neben der Signaldämpfung auch der Dispersion speziell in analogen aber auch in digitalen Übertragungssystemen besondere Aufmerksamkeit widmen, um unvermeidliche Signalverzerrungen unter einer Toleranzschwelle zu halten. Die Lösung dieser Aufgabe wird in analogen Systemen durch höheren Aufwand bei den Übertragungskomponenten verfolgt mit dem Ziel, den Signal-Rausch-Abstand (SNR, signal to noise ratio) zu vergrößern. In digitalen Systemen wird eine hohe Übertragungsqualität auf völlig andere Weise mit Methoden der Codierungstheorie und Bit-Fehlerkorrektur realisiert.

153

34.3 Relativistische Betrachtung

34.3

Relativistische Betrachtung

De Broglie ging bei seiner Verknüpfung von Korpuskel und Welle aus von einem Inertialsystem S, in dem sich ein Teilchen der Masse m mit der Geschwindigkeit v in x-Richtung bewegt, [5, S. 34]. Das mit dem Teilchen ˆ Der Zusammenhang der mitbewegte Ruhesystem sei das Inertialsystem S. ˆ Koordinaten von S und S wird durch die Lorentz-Transformation beschrieben, auf die im Abschnitt 67.3 näher eingegangen wird. Im eindimensionalen Fall lauten die Transformationsbeziehungen, [29, II, S. 363], x ˆ “ γ px ´ vt q , ´ β ¯ tˆ “ γ t ´ x , c

yˆ “ y (34.13) zˆ “ z

mit der Abkürzung Beta für das Geschwindigkeitsverhältnis und dem Lorentz-Faktor Gamma. 0ďβ“

v ă 1, c

γ“b

1 1´

ě 1

(34.14)

β2

De Broglies Ausgangspunkt für die Verknüpfung ist die Zuordnung einer stationären Welle der Eigenfrequenz ω ˆ zu einem Teilchen im Ruhesysˆ tem S, die die folgende komplexe Darstellung hat. ˆ “ Ψ0 e j ωˆ tˆ Ψ Aus Sicht des Systems S erscheint die Teilchenwelle wegen (34.2) und (34.13) als Ψ “ Ψ0 e jγ ωˆ pt´βx{cq “ Ψ0 e jγ ωˆ pt´x{vPh q Setzt man die Frequenz ω ˆ

ω “γω ˆ“a 1 ´ β2

c Ñ

β“



´ω ˆ ¯2 ω

(34.15)

und die Phasengeschwindigkeit nach (34.5) vPh “

c2 ω c “ “ β v k

Ñ

vPh c “ c v

(34.16)

154

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie

in Ψ ein, dann erscheint die Teilchenbewegung im System S wie eine fortschreitende Welle der Frequenz ω, die sich mit der Phasengeschwindigkeit vPh fortpflanzt. Die dem Teilchen zugeordnete, ebene Wellenfunktion lautet damit Ψpx, tq “ Ψ0 e jpωt´kxq

(34.17)

Für den Brechungsindex (34.7) gilt im System S, n“

c vPh



v “β c

den man wegen npωq “ βpωq als Dispersionsbeziehung auffassen und gemäß (34.15) ableiten kann. ˘ d ` d a 2 1 vPh c ω 1 ω npωq “ “ ω ´ω ˆ2 “ ? “ “ “ 2 2 dω dω β n c v ω ´ω ˆ g Das Ergebnis liefert die Verknüpfung der Geschwindigkeiten, aus der man folgert, dass Teilchen- und Gruppengeschwindigkeit identisch sind. vPh vg “ c2

vg ” v ă c

vPh ą c

(34.18)

Die Phasengeschwindigkeit ist damit stets größer als die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und wird im Ruhesystem sogar unendlich, was keine Verletzung der Relativitätstheorie bedeutet, da vPh keine materielle Geschwindigkeit ist, sondern nur eine mathematische Größe für harmonische Funktionen oder Fourier-Komponenten darstellt! Nach der Relativitätstheorie hat ein Teilchen der Ruhmasse m0 im Ruhesystem Sˆ nach Gleichung (67.19) die Ruheenergie ˆ 0 “ m0 c2 “ hfˆ W Im System S hat ein Teilchen nach (67.21) die relativistische Gesamtenergie, die seiner relativistischen Masse mpvq proportional ist. b ˘2 ` hfˆ m0 c 2 “a “ mpvq c2 “ ppcq2 ` m0 c2 Wrel “ hf “ a 1 ´ β2 1 ´ β2 (34.19)

34.3 Relativistische Betrachtung

155

Für den Impuls des Teilchens folgt mit (34.16) eine Darstellung, die der Beziehung (28.5) für Lichtquanten entspricht. v m0 v ω p “ mpvq v “ a “ Wrel 2 “ “ k c vPh 1 ´ β2

(34.20)

Die Hypothese von De Broglie ordnet damit auch der Materie durch die Größen ω und k Welleneigenschaften zu, die man Materiewellen nennt und die die folgende De Broglie -Wellenlänge haben. λ “ λB “

h a h h “ 1 ´ β2 “ p m0 v mpvq v

(34.21)

An dieser Beziehung erkennt man auch den Gültigkeitsbereich der klassischen Mechanik, denn bei großen Massen des makroskopischen Alltags und damit großen Impulsen p wird die Wellenlänge λ im Grenzübergang beliebig klein, so dass die typischen Welleneigenschaften wie Interferenz und Beugung nicht mehr in Erscheinung treten. Der formale, mathematische Grenzübergang h Ñ 0, der für die Naturkonstante h physikalisch natürlich nicht möglich ist, hat die gleiche Auswirkung wie λ Ñ 0 und entspricht dem Korrespondenzprinzip, nach dem sich die Gesetze der Quantenphysik bei verschwindendem Wirkungsquantum asymptotisch den Gesetzen der klassischen Physik annähern und im Grenzfall in diese übergehen, [4, S. 44], [8, S. 2]. Die De Broglie’sche Hypothese der Materiewellen erhielt 1927 eine erste experimentelle Bestätigung durch Versuche zur Bestimmung der Elektronenwellenlänge, die Clinton J. Davisson und Lester H. Germer bei der Reflexion von Elektronen an Nickeleinkristallen, George P. Thomson beim Durchgang von Elektronen durch dünne Metallfolien sowie Hans Boersch 1940 bei Fresnel’scher Elektronenbeugung an einer geraden Kante durchführten, [3, S. 7], [12, S. 47, 49], [30, S. 115]. Mit der Wellenvorstellung für Korpuskeln konnte De Broglie gleichzeitig eine Erklärung für die postulierte und daher im Prinzip unbegründete Bohr’sche Quantenbedingung geben, [4, S. 39], [6, S. 161]. Fasst man das Elektron nicht als Teilchen sondern als eine den Atomkern umgebende Welle auf, dann ist eine stationäre Bahn nur als stehende Welle denkbar, bei der der Bahnumfang einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge des Elektrons entsprechen muss, da anderenfalls wegen destruktiver Interferenz kein stabiler Zustand des Atoms möglich wäre, was aber der

156

34 De Broglies Welleneigenschaften der Materie

physikalischen Erfahrung mit solider und beständiger Materie widerspricht. Für die erlaubten Bohr’schen Kreisbahnen muss daher gelten 2πrn “ nλn

pn “ 1, 2, ...q

Das Elektron mit der Masse me “ me pvn q “ pn {vn nach (34.20) und der De Broglie -Wellenlänge (34.21) hat den Bahndrehimpuls, L e “ m e v n rn “ m e v n

nλn h me v n n “ 2π pn 2π loomoon

Ñ

Le “ n

(34.22)

“1

was damit der Bohr’schen Quantenbedingung (30.1) bzw. (31.1) entspricht, die sich zwanglos aus der physikalisch plausiblen Stationaritätsbedingung der Elektronenwelle ergibt. Aus dem Impuls (34.20) werden mit der Gruppengeschwindigkeit v “ vg des Teilchens nach (34.10) durch Integration die Dispersionsgleichung der Materiewellen und die kinetische Energie bestimmt. h dω “ k “ mpvq vg “ mpvq λ dk  dω vg “ “ k dk mpvq p“

E kin “

p “ k

Ñ

1 p2 mpvq vg2 “ 2 2mpvq

ωpkq “

 k2 2mpvq

E kin pkq “

2 k2 2mpvq

(34.23)

Sowohl die Dispersionsgleichung der Materiewellen als auch die kinetische Energie der Teilchen hängen quadratisch von k ab.

Literatur zu Teil II [1] Arroyo Camejo, Silvia: Skurrile Quantenwelt Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2006) [2] Born, Max: Vorlesungen über Atommechanik, Erster Band, (Reprint) Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York (1976) [3] Brandt, Siegmund, Dahmen, Hans Dieter: Quantenmechanik in Bildern Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2015) [4] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Quantum Mechanics Pearson Education Limited, 2. ed. (2000) [5] De Broglie, Louis: Einführung in die Wellenmechanik Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig (1929) [6] Finkelnburg, Wolfgang: Einführung in die Atomphysik Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 12. Aufl. (1967) [7] Fischer, Ernst Peter: Der Physiker, Max Planck und das Zerfallen der Welt Siedler Verlag, München (2007) [8] Flügge, Siegfried: Rechenmethoden der Quantentheorie 157

158

Literatur zu Teil II

Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 3. Aufl., Nachdruck (1976) [9] Goldstein, Herbert: Klassische Mechanik Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 5. Aufl. (1978) [10] Gombas, Pal / Kisdi, David: Einführung in die Quantenmechanik und ihre Anwendungen Springer Verlag, Wien New York (1970) [11] Griffiths, David J.: Quantenmechanik Pearson München, 2. Aufl. (2012) [12] Heber, Gerhard / Weber, Gerhard: Grundlagen der Quantenphysik I, Quantenmechanik B. G. Teubner, Stuttgart (1971) [13] Hermann, Armin: Max Planck in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg (1973) [14] Höfling, Oskar: Physik Ferd. Dümmlers Verlag, 15. Aufl. (1990) [15] Hund, Friedrich: Geschichte der Quantentheorie Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich, 2. Aufl. (1975) [16] Kleine Enzyklopädie Atom- und Kernphysik, Struktur der Materie Herausgeber: Weißmantel, Christian et al. Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt/M. (1983) [17] Kleine Enzyklopädie Physik Herausgeber: Rennert, Peter et al. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig (1986)

Literatur zu Teil II

[18] Lindner, Helmut: Grundriss der Atom- und Kernphysik VEB Fachbuchverlag Leipzig, 16. Aufl. (1988) [19] Pauling, Linus / Wilson, E. Bright: Introduction to Quantum Mechanics Dover Publications, New York (1985) [20] Rebhan, Eckhard: Theoretische Physik: Quantenmechanik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, (2008) [21] Schöpf, Hans-Georg: Von Kirchhoff bis Planck Vieweg Verlag, Braunschweig (1978) [22] Schröter, Werner et al.: Taschenbuch der Chemie Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 12. Aufl. (1986) [23] Simonyi, Károly: Kulturgeschichte der Physik Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 3. Aufl. (2004) [24] Sparrow, Giles: Die Geheimnisse des Universums - in 21 Sternen Franckh-Kosmos Verlags-GmbH (2021) [25] Stratton, Julius Adams: Electromagnetic Theory McGraw-Hill Book Company (1941) [26] Taschner, Rudolf: Der Zahlen gigantische Schatten Springer Fachmedien Wiesbaden, 4. Aufl. (2017) [27] Teichmann, Jürgen: Der Geheimcode der Sterne Franckh-Kosmos Verlags-GmbH (2021)

159

160

Literatur zu Teil II

[28] Vogel, Helmut: Gerthsen Physik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 19. Aufl. (1995) [29] Werner, Wolfgang: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, I/II, Springer Vieweg, Wiesbaden (2019) [30] Wichmann, Eyvind H.: Berkeley Physik Kurs IV, Quantenphysik Friedrich Vieweg Verlag, Braunschweig (1975)

Spektrum der Wissenschaft [31] Hänsch, Theodor W., Schawlow, Arthur L., Series, George W.: Das Spektrum des atomaren Wasserstoffs SdW 5, 58 (1979) [32] Kaupp, Martin: Einstein in der Chemie SdW 12, 90 (2005)

Teil III

Quantenmechanik nach Schrödinger

161

Überblick Die Erkenntnis von De Broglie, dass neben Licht und Strahlung auch die Materie sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften aufweist, erforderte eine entsprechende mathematische Beschreibung. Schrödinger entwickelte Wellengleichungen, deren Lösungen diesen Aspekt der Materie beschreiben und der Teilchencharakter wurde von Born durch seine Wahrscheinlichkeitsinterpretation für den Aufenthaltsort der Teilchen ergänzt. Eine wichtige Rolle spielt der Hamilton-Operator, mit dem sich die Schrödinger-Gleichungen als Eigenwertproblem darstellen lassen, aus deren Lösungsfunktionen man durch Überlagerung Wellenpakete bilden kann. Die Fourier-Transformation liefert den Schlüssel für die Unschärferelation von Heisenberg, die durch Aufgabe des Determinismus im mikrophysikalischen Bereich als revolutionäre Erkenntnis einen fundamentalen Unterschied zwischen klassischer Physik und Quantenphysik darstellt. Für die spätere Anwendung werden mathematische Größen wie inneres Produkt und Operatoren untersucht und ihre wesentlichen Eigenschaften und Beziehungen angegeben.

163

Kapitel 35

Der Weg zur modernen Quantentheorie Anders als bei der Relativitätstheorie von 1905 und 1915, die ja praktisch im Alleingang von Albert Einstein entwickelt wurde, haben an den neuen Konzepten der Quantentheorie zur Aufklärung und Beschreibung der Phänomene im atomaren Bereich eine Reihe hochrangiger Physiker mitgewirkt, unter denen Bohr, Born, Heisenberg, Jordan, Schrödinger, Pauli und Dirac die bedeutendsten sind. Nachdem auf Grund der experimentellen Befunde der Dualismus von Welle und Teilchen einmal erkannt war, bestand die Aufgabe darin, eine Theorie zur Synthese der beiden konträren Vorstellungen zu entwickeln, die sich nach der klassischen Physik zwar widersprechen, aber zur Beschreibung von Quantenobjekten als komplementäre Phänomene gegenseitig ergänzen. Diese streng gültige Theorie, die heute allgemein Quantenmechanik genannt wird und die alle Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten der Theorie von Bohr überwinden konnte und weit über sie hinausging, wurde in den Jahren 1925 bis 1930 ausgearbeitet. Im Gegensatz zur Relativitätstheorie, die eher als Abschluss der klassischen Physik betrachtet werden kann, da sie die physikalischen Gesetze in ihrem Wesen nicht verändert hat, [39, S. 425], stellt die Quantenmechanik eine konsistente Theorie neuen Typs für den mikroskopischen Bereich dar, die ungewohnte und der klassischen Physik fremde Begriffsbildungen einführte, wodurch sie als eine der größten intellektuellen Leistungen des 20. Jahrhunderts angesehen wird, [4, S. 51]. 164

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_35

165

Zwei Wege zu dieser Theorie, die Erwin Schrödinger bereits im Frühjahr 1926 als äquivalent nachwies, was später Paul Dirac bestätigte, wurden fast zur gleichen Zeit vorgestellt, [21, S. 147]. Der erste Ansatz, den man zunächst als Matrizenmechanik bezeichnete, wurde in den Jahren 1925/26 von Werner Heisenberg sowie wesentlichen Beiträgen von Max Born und Pascual Jordan entwickelt und als sog. „Dreimännerarbeit“ 1926 veröffentlicht, [21, S. 132]. Heisenbergs Ausgangspunkt zur Überwindung der bestehenden Unklarheiten und Probleme war seine Überzeugung, dass die klassische Vorstellung von bewegten Elektronen nicht tragfähig sei. Er verfolgte daher eine von den bisherigen Ansätzen abweichende Theorie, die sich ausschließlich auf beobachtbare Größen, sog. Observable im atomaren Bereich, stützte wie Frequenzen und Amplituden, die in Quantensprüngen bei Emission oder Absorption auftraten und messbar waren. Born und Jordan erweiterten das Konzept durch den Wahrscheinlichkeitsbegriff, die Anwendung von Erwartungswerten und Operatoren und die Zuordnung von Matrizen zu den Observablen, wodurch eine nichtkommutative Algebra eingeführt wurde, was einen grundlegenden Unterschied zur klassischen Mechanik darstellt. Die Darstellung mit Matrizen wird im Abschnitt 43.7 kurz gestreift. Diese Herangehensweise an die Theorie stützt sich auf Axiome, erfordert die Mathematik des Hilbert-Raumes und verwendet Operatoren, Matrizen und die Bra-Ket-Notation von Dirac. Diese formale, axiomatische Entwicklung der Quantenmechanik ist abstrakter, gibt aber einen tieferen Einblick in ihre Grundlagen und Aussagen, die nur mit Operatoren und ihren Vertauschungsregeln vollständig geklärt und verstanden werden kann, und wird als der schnellste Weg angesehen, der auf einem hohen Niveau zum Verständnis und der Behandlung von Problemen führt, [14, S. 29], [16, S. 62], [44, S. 887]. Dieser formale, axiomatische Zugang zur Quantenmechanik wird im Teil VI behandelt. Der historisch zweite Ansatz, der durch die Hamilton’sche Mechanik und De Broglies Materiewellen eingeleitet wurde, war die Wellenmechanik von Erwin Schrödinger aus dem Jahre 1926, die viel anschaulicher ist. Sie stellt mit ihren Differentialgleichungen ein besser handhabbares Werkzeug zur Lösung konkreter Probleme dar, da Naturwissenschaftler, Physiker und Ingenieure durch ihre Ausbildung vertraut sind mit klassischer Mechanik und der Beschreibung von Schwingungssystemen und Wellenausbreitung. Daher liegt den meisten dieser Wissenschaftler die Schrödinger’sche Wellenmechanik näher als der axiomatische Zugang zur Quantenmechanik.

Kapitel 36

Die Schrödinger-Gleichung 36.1

Zeitfreie Schrödinger-Gleichung aus Hamilton’scher Mechanik

Der richtungweisende Gedankengang von Schrödinger ging aus vom Vergleich eines Lichtstrahls in der geometrischen Optik und der Bahn eines Elektrons im elektrischen Feld. Im ersten Fall gilt die Eikonalgleichung (23.10) der geometrischen Optik, `

grad L

˘2

“ n2

(36.1)

bei der die Funktion Lpx, y, zq das von Bruns 1895 einführte Eikonal und npx, y, zq den Brechungsindex des Mediums bedeuten. Im zweiten Fall bewegt sich ein Massenpunkt oder ein Teilchen der Masse m frei oder unter dem Einfluss von äußeren Kräften auf einer Bahnkurve, die man in der klassischen Mechanik nach dem Hamilton’schen Prinzip der stationären Wirkung, Gl. (12.2), als Variationsproblem behandeln kann, um damit die Zeitfunktionen der Koordinaten und Impulse der Bewegung zu ermitteln. Man gelangt dabei zur Beziehung (23.11) für die charakteristische Hamilton-Funktion W px, y, zq. `

grad W

˘2

˘ ` “ 2m Wges ´ Wpot 166

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_36

(36.2)

36.1 Zeitfreie Schrödinger-Glg. aus Hamilton’scher Mechanik 167

Lichtstrahlen und Bahnkurven stellen nach diesen Gleichungen jeweils orthogonale Trajektorien der Funktionen Lpx, y, zq bzw. W px, y, zq dar. Da die Strahlenoptik den Grenzfall der Wellenoptik bei kleinen Wellenlängen λ Ñ 0 darstellt, vermutete Schrödinger, dass auch die klassische Mechanik als Grenzfall einer allgemeineren Wellenmechanik aufgefasst werden kann, da ja die beiden Gleichungen (36.1) und (36.2) die gleiche formale Struktur aufweisen. Für die Erweiterung zur Wellentheorie lag es nahe, eine Wellengleichung für Ψpr, tq nach (34.1) anzusetzen, die bei sinusförmiger Erregung in eine Helmholtz-Gleichung für ψprq übergeht. ΔΨ ´

1 B2 Ψ “0 2 Bt2 vPh

Ñ

Δψ `

´ ω ¯2 ψ“0 vPh

(*)

Der Faktor bei der Ortsfunktion ψprq hat nach (34.4), (34.5), (34.21) sowie (23.5) folgende Darstellung mit linearer Dispersion. k“

ω 1 Wges p 1 2π “ “ “ “ λ vPh   vPh 

b

2m pWges ´ Wpot q

Ñ

ω „ k

Für den Fall, dass die potentielle Energie Wpot prq nur vom Ort aber nicht von der Zeit abhängt, erhält man aus (*) die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung der Wellenmechanik,

´

2 Δψprq ` Wpot prq ψprq “ Wges ψprq 2m

(36.3)

die Schrödinger als Grundlage der Wellentheorie für ein Teilchen ansah, [21, S. 146]. Diese Gleichung stellt bei gegebener Potentialfunktion Wpot ein Eigenwertproblem dar, dass nur für bestimmte Werte von Wges Lösungen für die Funktion ψ besitzt, die Eigenwerte heißen und damit ein diskretes Spektrum von Eigenfrequenzen zur Folge haben, so dass sich aus dieser Differentialgleichung die früher postulierten diskreten Energiezustände von selbst ergeben, [12, S. 5]. Eigenwertprobleme werden noch ausführlich in den Abschnitten 41.3 und 43.2 untersucht.

168

36 Die Schrödinger-Gleichung

36.2 36.2.1

Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung Differentialgleichung der Wellenfunktion

Aus den Experimenten beim Licht und der De Broglie’schen Hypothese für die Materie ergaben sich in (28.1), (28.5) und (34.20) zwei Beziehungen, die bereits in (23.13) angegeben wurden. Man bezeichnet sie als Fundamentalgleichungen, Wges “  ω

p “ k

(36.4)

die in der mathematisch einfachsten, linear proportionalen Weise die Teilchengrößen Wges und p und die Wellengrößen ω und k miteinander verknüpfen, deren charakteristische Eigenschaften durch die Kernaussagen (28.6) beschrieben werden. Bei der nichtrelativistischen Bewegung eines freien Teilchens mit Masse m, Impuls p und Energie Wges gilt nach (34.23), Wges “ E kin “  ω “

2 2 p2 k “ 2m 2m

Ñ

ω „ k2

(36.5)

die auch die quadratische Dispersionsbeziehung einschließt. Schrödinger ging zur Beschreibung der Teilchenbewegung von einer zugeordneten, ebenen Wellenfunktion Ψ der folgenden Form mit komplexer Amplitude Ψ0 und Phasenfunktion φ aus, die im Vergleich zur Wellendarstellung (34.2) der Elektrodynamik einen Vorzeichenwechsel beim Zeitfaktor e´jωt der Phasenfunktion aufweist, [4, S. 58, 82]. Ψpr, tq “ Ψ0 e jpk¨r´ωtq “ Ψ0 e jpp¨r´Wges tq{

φ “ k ¨ r ´ ωt

(36.6)

Wellen dieser Art pflanzen sich bei zunehmender Zeit t in Richtung des Wellenvektors k fort, für den gilt k ¨ r “ k x x ` ky y ` k z z “

py px pz x` y` z   

36.2 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung

169

Die Ableitungen der Wellenfunktion definieren die folgenden Differentialoperatoren, unter denen p ein Vektoroperator ist. Wges B Ψ “ ´j Ψ Bt 

Ñ

Wges “ j

B px Ψ“j Ψ Bx 

Ñ

p “ ´ j grad “ ´ j ∇

B2 p2x Ψ “ ´ Ψ Bx2 2

Ñ

Δ“´

p2 B “ Bt 2m (36.7)

p2 2m “ ´ 2 Wges 2  

Da in der Quantenmechanik eine Reihe weiterer Operatoren auftreten, die in Kapitel 43 in allgemeiner Form behandelt werden, wird zunächst die folgende grundsätzliche Definition gegeben, die eine Verallgemeinerung des gewöhnlichen Funktionsbegriffs darstellt. • Ein Operator, der durch ein Symbol gekennzeichnet wird, drückt aus, dass eine bestimmte Rechenvorschrift auf eine hinter ihm stehende Größe durchgeführt werden soll, [7, S. 249]. Die Anwendung eines Operators auf eine Funktion stellt eine Abbildung dar, die diese in eine andere Funktion überführt bzw. dieser zuordnet. Beispiele sind neben einfachen Multiplikationsoperatoren wie dem Ortsvektor r die Differentialoperatoren d{dx, ∇ oder Δ. In der Funktionalanalysis werden Vektorräume untersucht, deren Elemente Funktionen sind und die den Axiomen des Hilbert-Raumes gehorchen, [7, S. 245], die im Abschnitt 58.1 behandelt werden. Mit Operatoren kann man Abbildungen oder Zuordnungen zwischen solchen Funktionenräumen durchführen. Die Abbildung eines Funktionenraums in den Körper der reellen oder komplexen Zahlen, die meist durch ein Integral erfolgt, heißt Funktional. Die Wellenfunktion (36.6) erfüllt auf Grund der Definitionen (36.7) die folgende Operatorgleichung, die die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung darstellt. j

B 2 Ψpr, tq “ ´ ΔΨpr, tq Bt 2m

(36.8)

170

36 Die Schrödinger-Gleichung

Dies ist die einfachste Differentialgleichung für ein freies Teilchen, auf das keine äußeren Kräfte wirken. Sie unterscheidet sich grundlegend von allen bisher bekannten Differentialgleichungen für die Fortpflanzung von Wellen, die wie in (34.1) stets von zweiter Ordnung bezüglich der Zeit sind! Die Struktur der Gleichung wird im Abschnitt 36.2.4 noch näher behandelt. Besonders zu betonen ist die Tatsache, dass durch die nichtlineare Dispersionsbeziehung ω „ k 2 eine komplexe Differentialgleichung entsteht, die die Lösungsmöglichkeiten bestimmt und der die Wellenfunktion (36.6) genügen muss, [20, S. 58]. Daher befriedigt keine reelle sondern nur eine komplexe Wellenfunktion die Differentialgleichung (36.8), so dass weder sin ωt noch cos ωt als harmonische Funktionen Lösungen darstellen können, [12, S. 19]. Von besonderem Interesse ist die physikalische Deutung der Lösung dieser Gleichung, die als komplexe Funktion keine direkte physikalische Bedeutung hat, so dass man aus Ψpr, tq durch eine geeignete Interpretation eine reelle Größe ableiten muss. Der erste Vorschlag einer Materiedichte, [20, S. 59, 72], den Schrödinger selbst machte, war nicht tragfähig und wurde zugunsten der Wahrscheinlichkeitsinterpretation von Born aufgegeben, die in Abschnitt 38.2 dargestellt wird, [42, S. 67]. Bei den klassischen Wellengleichungen der Elektrodynamik verwendet man zwar auch eine komplexe Darstellung der harmonischen Funktionen, aber dort ist es lediglich ein mathematischer Kunstgriff zur einfacheren und eleganteren Rechnungsdurchführung, bei der man am Ende durch Realteilbildung wieder zu reellen und damit physikalisch messbaren Funktionen und Größen zurückkehrt.

36.2.2

Heuristischer Zugang zur Schrödinger-Gleichung

Die Verknüpfung von Teilchen- und Welleneigenschaften wird durch die Fundamentalgleichungen (36.4) von Planck und De Broglie dargestellt. Eine eindimensionale Wellenfunktion Ψpx, tq, die ein Teilchen mit Energie W und Impuls p durch eine in x-Richtung fortschreitende Welle beschreibt, kann nur aus folgenden Funktionen zusammengesetzt sein. cospkx ´ ωtq ,

sinpkx ´ ωtq ,

ejpkx´ωtq

(36.9)

Für kugelsymmetrische Teilchen, bei denen keine Raumrichtung durch Drehimpuls oder magnetisches Dipolmoment ausgezeichnet ist, kann die Wellenfunktion nur skalaren Charakter haben.

171

36.2 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung

Die gesuchte Differentialgleichung für Ψpx, tq muss linear sein, damit das Superpositionsgesetz gilt und man durch Überlagerung Interferenz- und Beugungseffekte beschreiben und Wellenpakete bilden kann. In der Gleichung dürfen als Koeffizienten nur Konstanten wie  oder Masse m und Ladung q der Teilchen auftreten, aber keine Bewegungsparameter wie W, ω, p, k, damit eine Überlagerung von Lösungen mit unterschiedlichen Werten dieser Parameter möglich ist. Als ersten Ansatz betrachtet man die aus Kenntnis der Wellenausbreitung vertraute Wellengleichung, B2Ψ B2 Ψ “ γ Bt2 Bx2 bei der die Größe γ als Quadrat der Ausbreitungsgeschwindigkeit auftritt. γ“

W 2 ´ p ¯2 ω2 2 “ “ “ vPh k2 p2 2m

Da hierbei der Koeffizient γ aber Bewegungsparameter enthält, kann eine solche Differentialgleichung keine Lösung darstellen. Bei der Suche nach einer geeigneten Gleichung hilft die Betrachtung, dass einmalige Ableitungen der Ansatzfunktionen (36.9) nach x den Faktor k und nach t den Faktor ω liefern. Das legt den folgenden Ansatz für die Differentialgleichung nahe. BΨ B2 Ψ “γ Bt Bx2 Damit scheiden wegen des Funktionswechsels beim Ableiten von sin- und cos-Funktionen die beiden reellen Ansatzfunktionen aus, so dass wegen der dann verbleibenden dritten Möglichkeit die Wellenfunktion Ψ komplex sein muss. Mit der Beziehung aus den Fundamentalgleichungen W “

2 k 2 p2 “ ω “ 2m 2m

Ñ

ω  “ 2 k 2m

erhält man beim Einsetzen der Exponentialfunktion in die Differentialgleichung für die Konstante γ die Darstellung, γ“j

ω  “j 2 k 2m

172

36 Die Schrödinger-Gleichung

so dass nach Multiplikation mit j und Erweiterung auf drei Dimensionen die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (36.8) entsteht. B 2 Ψpr, tq “ ´ ΔΨpr, tq Bt 2m Diese Betrachtung folgt der Darstellung in [33, S. 40, 43] und [38, S. 20]. j

36.2.3

Teilchenbewegung im konservativen Kraftfeld

Wenn ein Teilchen einer äußeren Kraft ausgesetzt ist, die durch eine vom Ort und ggf. von der Zeit abhängige Potentialfunktion oder potentielle Energie gemäß (5.4) beschrieben werden kann, F “ ´ grad Wpot pr, tq

(36.10)

dann muss die dem Teilchen zugeordnete Welle berechnet werden aus einer Differentialgleichung, bei der die kinetische Energie um die potentielle Energie zum Energieoperator der Gesamtenergie ergänzt wird. Wges “ j

p2 B 2 “ ` Wpot pr, tq “ ´ Δ ` Wpot pr, tq Bt 2m 2m

(36.11)

Damit erhält man für ein Teilchen, das sich in einem Potentialfeld bewegt, die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung die Schrödinger 1926 angegeben hat und die die Grundgleichung der nichtrelativistischen Quantenmechanik darstellt, [4, S. 84] [20, S. 71]. j

2 B Ψpr, tq “ ´ ΔΨpr, tq ` Wpot Ψpr, tq Bt 2m

(36.12)

Diese Gleichung wurde nicht formal abgeleitet sondern plausibel gemacht. Wie das Newton’sche Grundgesetz bezieht sie ihre Gültigkeit und Rechtfertigung aus der überwältigenden Anzahl von Übereinstimmungen zwischen ihren Voraussagen und den experimentellen Ergebnissen. Die um die Potentialfunktion Wpot prq erweiterte Dispersionsbeziehung (34.23) Wges  2 1 (36.13) “ k ` Wpot prq  2m  kann man gemäß (34.8) auch so interpretieren, als würde sie von einem ortsabhängigen Brechungsindex hervorgerufen, [20, S. 59]. ω“

36.2 Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung

36.2.4

173

Struktur der Schrödinger-Gleichung

Die mathematische Struktur der Schrödinger-Gleichung (36.8) unterscheidet sich vom hyperbolischen Typ der Wellengleichung mit zweifacher zeitlicher Ableitung, ΔΨ ´ k 2

B2 Ψ “0 Bt2

denn sie hat eher die Form der Differentialgleichung des parabolischen Typs der Diffusions- oder Wärmeleitungsgleichung mit einfacher Zeitableitung. ΔΨ ´ k 2

BΨ “0 Bt

Der spezielle Fall der Laplace’schen Differentialgleichung für k “ 0 stellt den elliptischen Differentialgleichungstyp der Potentialtheorie dar. ΔΨ “ 0 Da aber die Funktion Ψ nach (36.8) komplex sein muss, ist die Ähnlichkeit der Schrödinger-Gleichung mit der Diffusion nur formaler Natur. Im Fall der Gleichung (36.12) führt die Zerlegung Ψ “ u ` jv mit reellen Werten für die Abkürzungen a “ 2mWpot {2 und b “ 2m{ auf Δu ´ au ´ b

´ Bu ¯ Bv ` j Δv ´ av ` b “0 Bt Bt

Real- und Imaginärteil liefern bei gegenseitigem Einsetzen der Zeitableitungen die gleiche Differentialgleichung für w “ u bzw. w “ v, ΔΔw ´ 2aΔw ` a2 w ` b2

B2 w “0 Bt2

die komplizierter ist als Wellen- oder Diffusionsgleichung. Die Schrödinger-Gleichung weist Eigenschaften von beiden Differentialgleichungstypen auf, denn sie besitzt sowohl Lösungen in Form von ausbreitungsfähigen Wellen nach (36.6) als auch aus solchen Wellen aufgebaute Wellenpakete, die, wie im Abschnitt 40.3 gezeigt wird, im Laufe der Zeit breiter werden und „zerfließen“ und damit einen Diffusions-Charakter aufweisen, [33, S. 55].

Kapitel 37

Darstellung von Wellenpaketen, Fourier-Transformation Die Schrödinger-Gleichungen (36.8) und (36.12) sind linear und homogen, so dass das Superpositionsprinzip gilt, bei dem linear überlagerte Lösungen ebenfalls eine Lösung darstellen, [4, S. 57, 86], Ψpr, tq “ c1 Ψ1 pr, tq ` c2 Ψ2 pr, tq

(37.1)

was sich auf Summen oder Integrale verallgemeinern läßt. Die ebene Wellenfunktion (36.6) stellt einen unendlich ausgedehnten Wellenzug dar. Zur Beschreibung eines Teilchens, das auf einen bestimmten Bereich der Variablen z beschränkt ist, muss man wie in (34.9) ein Wellenpaket durch Superposition von ebenen Partialwellen mit Wellenzahlen k “ pz { bilden, die sich über einen gewissen Bereich erstrecken. Die Amplituden φppz q der Wellen weisen für ein Wellenpaket folgende Einschränkung auf, bei der Δpz die Weite des Impulses angibt, φppz q ‰ 0

p0 ´ Δpz ď pz ď p0 ` Δpz

für

(37.2)

so dass die Integration über pz auf den unendlichen Bereich ausgedehnt werden kann, wobei der Vorfaktor sogleich begründet wird. 1 Ψpz, tq “ ? 2π

ż8 φppz q eppz z´Wges tq{ dpz

´8

174

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_37

(37.3)

175 In der Systemtheorie sind Zeitfunktion f ptq und Spektralfunktion F pωq eines Signals in den beiden Variablen der Zeit t im Originalbereich und der Frequenz ω im Bildbereich durch Fourier-Transformation miteinander verknüpft, [30, S. 7], was durch ein besonderes Verknüpfungszeichen p˝´‚q mit leerem Kreis auf der Originalseite gekennzeichnet wird.

1 f ptq “ 2π

ż8

F pωq e

`jωt



˝´‚

ż8 F pωq “ F tf ptqu “ f ptq e´jωt dt

´8

´8

(37.4) Dabei erfüllen die Funktionen das Parseval-Theorem, [30, S. 27], das in der Literatur auch Rayleigh- oder Plancherel-Theorem genannt wird. ż8 ż8 1 2 | F pωq |2 dω f ptq dt “ 2π

´8

(37.5)

´8

Dieses Theorem besagt, dass die Signalenergie in gleicher Größe in Zeitfunktion und Frequenzfunktion enthalten ist. In entsprechender Weise kann man die Wellenfunktionen ψpzq und φppz q für die Variablen z und pz { beim Zeitpunkt t “ 0 als Fourier-Paar interpretieren. Allerdings ist es für die Quantenmechanik günstiger, die Fourier? Transformation mit symmetrischen Faktoren 1{ 2π zu verwenden, was nur einer anderen Skalierung entspricht, 1 ψpzq “ ? 2π

ż8 φppz q e`jz pz { dpz

‚´˝

´8

1 φppz q “ F tψpzqu “ ? 2π

ż8 ψpzq e´jz pz { dz

´8

da in diesem Fall beim Parseval-Theorem kein Vorfaktor auftritt, [4, S. 60, 62, 776, 779].

(37.6)

176

37 Darstellung von Wellenpaketen, Fourier-Transformation

j „ ż8 ż8 ż8 ż8 1 2 ˚ ˚ ´jz p { z | ψpzq | dz “ ψpzq ψ pzq dz “ ψpzq ? φ ppz q e dpz dz 2π

´8

´8

´8 ż8



´8

˚

φ ppz q

´8 ż8





1 ? 2π

j ż8 ´jz pz { ψpzq e dz dpz

´8

φ˚ ppz q φppz q dpz

´8

ż8 ż8 2 | ψpzq | dz “ | φppz q |2 dpz ´8

(37.7)

´8

Als Verallgemeinerung werden die von der Zeit abhängigen Funktionen Ψpz, tq und Φppz , tq eingeführt, für die gilt, Ψpz, t “ 0q ” ψpzq Φppz , t “ 0q ” φppz q die ebenfalls ein Fourier-Paar aus Originalfunktion im z-Bereich und Bildfunktion im p-Bereich darstellen. 1 Ψpz, tq “ ? 2π

ż8 Φppz , tq e`jz pz { dpz

‚´˝

´8

1 Φppz , tq “ ? 2π

ż8 Ψpz, tq e´jz pz { dz

(37.8)

´8

Die Bildung von Wellenpaketen kann mit den Differentialen dv und dp einfach auf drei Dimensionen erweitert werden, wobei der Vorfaktor dann in dritter Potenz auftritt. 8 ż8 ¡ ... dv “ ... dx dy dz ´8

´8

und

8 ż8 ¡ ... dp “ ... dpx dpy dpz ´8

´8

177

Die zeitabhängigen Wellenfunktionen bilden ein Fourier-Paar, die das Parseval-Theorem gemäß der Normierung (38.2) erfüllen, [4, S. 67, 86].

2π

3

Φpp, tq “ ? 8 ¡

2

| Ψpr, tq | dv “

´8

8 ¡

1 2π

8 ¡

Φpp, tq e`jp¨r{ dp

´8

‚´˝

Ψpr, tq “ ?

8 ¡

1

3

Ψpr, tq e´jp¨r{ dv

(37.9)

´8

| Φpp, tq |2 dpz “ 1

´8

Die Wellenfunktionen im Ortsraum besitzen als Fourier-Transformierte die Wellenfunktionen im Impulsraum. ψprq

˝´‚

φppq “ F tψprqu

Ψpr, tq

˝´‚

Φpp, tq “ F tΨpr, tqu

Die Betragsquadrate, die in (38.3) als Wahrscheinlichkeitsdichten interpretiert werden, haben folgende Dimensionen in Orts- und Impulsraum. ı ” 1 | Ψpr, tq |2 “ 3 m ” ı ´ m ¯3 | Φpp, tq |2 “ Ws2

Kapitel 38

Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψpr, tq 38.1

Doppelspaltversuch mit Elektronen

Ähnlich wie Thomas Young 1802 beim Licht führte Claus Jönsson 1959 Doppelspaltversuche mit Elektronen durch, wobei die Schwierigkeit in der Herstellung der Spaltbreiten von 0.5 μm mit einem Abstand von 2 μm in Metallfolien bestand, [1, S. 44]. Dieses Experiment, das von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Quantenmechanik ist, zeigt auf dem Empfangsschirm auch bei Elektronen ein Interferenzmuster, das wie beim Licht nur auftritt, wenn beide Spalte offen sind. Wird ein Spalt geschlossen, dann ergibt sich nur das Beugungsmuster am Einzelspalt, das die Wellennatur der Elektronen bestätigt. Das Interferenzmuster beim Doppelspalt kann nicht bei einem einzelnen Elektron beobachtet werden, sondern ist erst dann deutlich zu erkennen, wenn eine große Anzahl von Elektronen auf dem Empfangsschirm registriert worden ist. Bei Drosselung der Intensität auf ein Elektron pro Zeiteinheit überlagert sich in einem längerfristigen Experiment eine Vielzahl von Elektronen zum Interferenzmuster durch langsamen Aufbau des Trefferbildes aus Einzelpunkten auf dem Schirm, [4, S. 54], [14, S. 14]. Daraus folgert man, dass die Elektronen im Doppelspaltversuch zwar „irgendwie“ in einer Wellenvorstellung beide Spalte durchqueren, dass sie aber bei Detektion stets als Einzelpunkte auf dem Empfangsschirm und daher nur als unteilbare, streng lokalisierte Quantenteilchen festgestellt wer178

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_38

38.1 Doppelspaltversuch mit Elektronen

179

den, denn man fand bei diesen Teilchen niemals weder Bruchstücke noch eine Verschmierung über ein größeres Gebiet. Der wohldefinierte punktförmige Detektionsort auf dem Schirm sowie die vom Elektron durchlaufene Trajektorie und damit die Bestimmung oder Ermittlung, welcher Spalt durchquert wurde, können weder berechnet noch vorhergesagt werden, [46, S. 127]. Der Doppelspaltversuch wurde in Abwandlungen auch mit Neutronen, Atomen und komplexen Molekülen wie Fullerenen durchgeführt, bei denen die beobachteten Interferenzmuster die Welleneigenschaften klassischer Teilchen zeigen, deren Wellenlänge der De Broglie-Wellenlänge entspricht. Zur Erklärung der Beobachtungen in diesen Experimenten sah man sich gezwungen, sowohl das Wellenmodell wegen der auftretenden Interferenz als auch das Teilchenmodell bei Auftreffen und Detektion der einzelnen Elektronen auf dem Schirm zu verwenden, obwohl beide Bilder aus Sicht der klassischen Physik einen Widerspruch darstellen. Auf Grund der Erkenntnis, dass sich Wellen- und Korpuskelaspekt von Elektronen und anderen Teilchen gegenseitig ausschließen, aber dennoch in besonderer Weise zusammengehören und einander ergänzen, muss man solchen Mikroobjekten komplementäre Eigenschaften zuerkennen. Dennoch musste man eine Erklärung finden für die Frage, wie aus der Materiewelle eines einzelnen Elektrons, die ja den Raum erfüllt, dieses Elektron bei der Detektion auf dem Empfangsschirm als Teilchen in nur einem Punkt registriert werden kann, [1, S. 48f., 77f.]. Die ursprüngliche Erklärung bestand darin, Übergang oder Wandlung des Quantenobjekts vom Wellenbild, das das Interferenzmuster erzeugt, zum Teilchenbild, das die Ortsmessung auf dem Schirm ermöglicht, als Zusammenbruch oder Kollaps der Wellenfunktion zu bezeichnen, [4, S. 67], [22, S. 246], die aber von verschiedenen Physikern, insbesondere von Einstein, abgelehnt wurde, der darin eine „spukhafte Fernwirkung“ sah, bei der eine instantane, überlichtschnelle und damit nichtlokale Informationsweitergabe an entfernte Orte über die erfolgte Detektion des Elektrons der Relativitätstheorie widerspreche. Born, Heisenberg und andere betonten dagegen, dass die Wellenfunktion nur eine mathematische Konstruktion ohne reale, physikalische Bedeutung sei und nur eine Wahrscheinlichkeit für den Aufenthaltsort angebe. Im Fall der Detektion des Elektrons an einem bestimmten Ort ist seine Wahrscheinlichkeit dort Eins und überall sonst Null, so dass eine konkrete Informationsübertragung gar nicht stattfindet.

180

38 Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψpr, tq

Bohr und Heisenberg entwickelten 1927 eine Interpretation, die als Kopenhagener Deutung bekannt wurde. Danach erfolgt der Kollaps der Wellenfunktion durch den Messprozess, bei dem durch die Wechselwirkung zwischen dem makroskopischen Messgerät und dem Quantenobjekt dessen Charakter verloren geht bzw. Art und Beschaffenheit des Experimentes über Welle oder Teilchen entscheiden. Bohr hat für das Verhältnis von Wellen- und Teilcheneigenschaften, die in experimentellen Anordnungen in gewisser Weise gemeinsam auftreten, einander ausschließen aber dennoch zusammengehören und sich gegenseitig ergänzen, 1927 auf einem Physikerkongress in Como den Begriff Komplementarität geprägt, [10, S. 177], [21, S. 158], [23, S. 42]. Eine Diskussion der Modellbilder von Welle und Teilchen auf Grund theoretischer Fragestellungen und experimenteller Ausführungen findet man in [17, Kap. XVIII], [26, S. 22/24, 28, 36], [34, S. 449].

38.2

Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion

Als Ergebnis des Doppelspaltversuchs kann man die Intensitätsverteilung nur bei einer großen Zahl von detektierten Elektronen erkennen, so dass der Prozess einen statistischen Charakter annimmt. Die Wellenfunktion Ψ kann daher nur ein Maß für die Wahrscheinlichkeit darstellen, ein Elektron an einem bestimmten Ort zu finden. Beim längerfristigen Auftreffen vieler Elektronen entwickelt sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung zur tatsächlich beobachteten Verteilung auf dem Empfangsschirm, in der in der Gesamtheit der Elektronen die Wellenform zum Ausdruck kommt, in der aber jeder einzelne Auftreffpunkt den Teilchencharakter wiedergibt, [22, S. 238]. Die Wellenfunktion Ψ gibt damit den Zustand des Prozesses im Sinne einer Wahrscheinlichkeitsamplitude an, [4, S. 55], [8, S. 6], [38, S. 25]. Da die Wahrscheinlichkeit aber reell und nichtnegativ sein muss, ist eine erweiterte Definition notwendig. Die Wahrscheinlichkeit und ihre Begriffsbildungen werden im Kapitel 39 noch näher erläutert. Max Born war derjenige, der 1926 bei der Untersuchung der Streuung von Elektronen das Betragsquadrat der zur mathematischen Beschreibung der Materie eingeführten komplexen Wellenfunktion Ψpr, tq (36.6) als

38.2 Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion

181

Wahrscheinlichkeitsdichte P für den Aufenthalt von Teilchen deutete, [21, S. 151]. P pr, tq “ Ψ˚ pr, tq Ψpr, tq “ | Ψpr, tq | 2 ą 0

(38.1)

Das Produkt aus Wahrscheinlichkeitsdichte und Volumenelement WS “ P pr, tq dv “ | Ψpr, tq | 2 dv gibt dann die Wahrscheinlichkeit WS an, ein Teilchen zur Zeit t im Volumenelement dv “ dx dy dz am Ort r vorzufinden. Da die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen überhaupt irgendwo zu finden, als sicheres Ereignis Eins ist, muss die Wellenfunktion Ψ die folgende Normierung erfüllen. ¡

P dv “

8

¡

˚

Ψ Ψ dv “

¡

8

8

| Ψ |2 dv “ 1

(38.2)

Die Born’sche Wahrscheinlichkeitsinterpretation mit den Größen ‚ Wahrscheinlichkeitsamplitude

Ψpr, tq

‚ Wahrscheinlichkeitsdichte ‚ Wahrscheinlichkeit

P pr, tq “ | Ψpr, tq | 2 WS “ P pr, tq dv

(38.3)

und besonders die Normierung bedeuten für die Wellenfunktion Ψ strenge Beschränkungen, so dass aus der Fülle mathematisch möglicher Funktionen meist nur eine recht begrenzte Anzahl physikalisch zulässig ist, die die in (41.10) und (44.2) aufgeführten Eigenschaften erfüllt. Funktionen Ψ mit der Eigenschaft (38.2) heißen quadratisch integrierbar oder quadratintegrabel, die durch die Angabe Ψpr, tq P L2 pR3 q als Elemente im dreidimensionalen Raum der quadratintegrablen, komplexen Funktionen erklärt werden. Der Buchstabe L zur Bezeichnung von Funktionenklassen geht auf den französischen Mathematiker Henri Lebesgue zurück, [15, S. 38, 50], [29, S. 117].

182

38 Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψpr, tq

Damit das Integral in (38.2) existiert, muss als Verhalten in Unendlich ? | Ψ | Ñ 0 für r Ñ 8 gelten, so dass Ψprq mit der Dimension 1{ m3 die folgende Ungleichung erfüllen muss, [33, S. 64]. 1 lim Ψprq ă ? “ r´3{2 rÑ8 r3

(38.4)

Wegen des Parseval-Theorems (37.9) gibt das Produkt | Φpp, tq |2 dp in gleicher Weise die Wahrscheinlichkeit an, ein Teilchen zur Zeit t im Impulsvolumen dp “ dpx dpy dpz anzutreffen. Die Wahrscheinlichkeitsinterpretation von Born wurde recht schnell als Born’sches Gesetz von den Physikern akzeptiert und stellt einen charakteristischen Aspekt der modernen Quantentheorie dar, [33, S. 62], [42, S. 68]. Diese Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion ist im physikalischen Denken neuartig und unvertraut und bildet damit einen Grund für die Unanschaulichkeit der quantenmechanischen Erscheinungen, [35, S. 71]. Die Funktion P pr, tq stellt die Intensität des Materiefeldes dar, die man als Wahrscheinlichkeitsdichte der Materie oder auch als Teilchendichte deuten kann, [4, S. 86], [12, S. 4]. Auf die Größe P stößt man auch, wenn man die Schrödinger-Gleichung (36.12) mit Ψ˚ und ihr komplexes Gegenstück mit Ψ multipliziert. ˇ BΨ 2 ˇ ` j “´ ΔΨ ` Wpot Ψ ˇ ¨ Ψ˚ Bt 2m ˇ BΨ˚ 2 ˇ ´ j “´ ΔΨ˚ ` Wpot Ψ˚ ˇ¨ Ψ Bt 2m Durch Subtraktion beider Gleichungen erhält man ´ BΨ ˘ B` BP BΨ˚ ¯ j Ψ˚ ` Ψ “ j Ψ Ψ˚ “ j Bt Bt Bt Bt (38.5) ˘ 2 ` ˚ “´ Ψ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ 2m Mit ˘ BP  ` ˚ “j Ψ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ Bt 2m ` ˘  div Ψ˚ grad Ψ ´ Ψ grad Ψ˚ “j 2m

183

38.2 Wahrscheinlichkeitsdeutung der Wellenfunktion

definiert man einen Vektor j, für den man durch Zerlegung von Ψpr, tq nach Real- und Imaginärteil verschiedene Darstellungen erhält. ˘  ` ˚ Ψ grad Ψ ´ Ψ grad Ψ˚ 2m ` ` ˘ ˘   “´ Re j Ψ˚ grad Ψ “ Im Ψ˚ grad Ψ m m

jpr, tq “ ´ j

(38.6)

Den Vektor j kann man als Wahrscheinlichkeitsstrom oder Wahrscheinlichkeitsfluss ansehen, da ja nach (36.7) der Operator ´j

  p grad “ ´ j ∇ “ “v m m m

der Geschwindigkeit eines Teilchens entspricht, so dass der Vektor j das Produkt aus Wahrscheinlichkeitsdichte und Geschwindigkeit darstellt, [4, S. 89]. j“´

` ˘ ` ˘ ` ˘  Re j Ψ˚ grad Ψ “ Re Ψ˚ v Ψ “ Re | Ψ |2 v “ | Ψ |2 v m

Fasst man die Ergebnisse zusammen, dann erhält man die Beziehung, BP ` div j “ 0 Bt

(38.7)

die man in Anlehnung an die Elektrodynamik als Kontinuitätsgleichung der Wahrscheinlichkeitsdichte P deuten kann. Die Integration dieser Gleichung über das unendliche Volumen ist Null, da bei Anwendung des Gauß’schen Satzes das Flächenintegral über die unendlich ferne Hülle keinen Beitrag liefert, da der Integrand dort verschwinden muss. ¡ ¡ ¡ B  P dv “ ´ div j dv “ j pΨ˚ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ q dv Bt 2m 8 8 8 £ £ ` ˚ ˘  j ¨ da “ j “´ Ψ grad Ψ ´ Ψ grad Ψ˚ ¨ da “ 0 2m 8

8

184

38 Physikalische Deutung der Wellenfunktion Ψpr, tq

Das bedeutet auch wegen der Normierungsbeziehung (38.2) die Erhaltung der Wahrscheinlichkeit. B Bt

¡

P pr, tq dv “

8

B Bt

¡

| Ψpr, tq |2 dv “ 0

(38.8)

8

Aus (38.6) folgert man weiterhin, dass für reelle Funktionen Ψ der Vektor j Null wäre. Um aber Prozesse zu beschreiben, deren Wahrscheinlichkeitsfluss j nicht identisch verschwindet, sind daher komplexe Wellenfunktionen Ψpr, tq nach (36.6) erforderlich!

Kapitel 39

Wahrscheinlichkeit, Erwartungswerte und Momente 39.1

Klassische Wahrscheinlichkeitsaussagen

Eine Zufallsvariable X und ihre Verteilung heißen stetig, wenn die Wahrscheinlichkeit WS, dass die reelle Zahl X einen Wert im einseitig unendlichen Intervall ´8 ď X ď x annimmt, durch folgendes Integral dargestellt wird. WS pX ď xq “

żx

f pξq dξ

mit

f pxq ě 0

´8

Die nichtnegative, stetige Funktion f pxq bezeichnet man als Wahrscheinlichkeitsdichte oder auch als Dichte der Verteilung von X (pdf, probability density function). Da der Fall ´8 ď X ď `8 das sichere Ereignis darstellt, dessen Wahrscheinlichkeit Eins ist, muss für die Dichte der Verteilung folgende Normierung gelten. ż8

f pxq dx “ 1

´8

185

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_39

(39.1)

186

39 Wahrscheinlichkeit, Erwartungswerte und Momente

Der Erwartungswert einer Zufallsvariablen ist definiert durch, EtXu “ μ “ xXy “

ż8

x f pxq dx

(39.2)

´8

den man auch Mittelwert nennt und der in der Mechanik die Abszisse des Schwerpunktes einer Massenverteilung f pxq bestimmt. In der Literatur wird der Mittelwert an Stelle der spitzen Klammern öfter auch mit Querstrich als X bezeichnet. Für den Erwartungswert der Summe von Zufallsgrößen gilt EtX ` Y u “ xX ` Y y “ xXy ` xY y “ EtXu ` EtY u

(39.3)

Der Erwartungswert der quadratischen Abweichung vom Mittelwert, der die Streuung und damit ein Maß für die Breite einer Verteilung angibt, heißt Varianz σ 2 und σ selbst Standardabweichung. σ “ EtpX ´ μq u “ VartXu “ 2

2

ż8

@ D px ´ μq2 f pxq dx “ X 2 ´ xXy2

´8

(39.4) Die Varianz entspricht in der Mechanik dem Trägheitsmoment einer Massenverteilung bezüglich des Schwerpunktes. Die rechtsstehende Darstellung der Varianz wird Verschiebungssatz genannt, der in der Mechanik als Satz von Steiner bezeichnet wird. Weitere Kennwerte von Verteilungen sind die k-ten Momente und der Erwartungswert einer Funktion upXq. ż8  k k EtX u “ X “ xk f pxq dx ´8 ż8

  EtupXqu “ upXq “

upxq f pxq dx

´8

Für die technische Anwendung von Interesse ist die Wurzel aus dem zweiten Moment, die dem Effektivwert (rms, root mean square) entspricht. b b  2 X2 (39.5) Xeff “ Xrms “ EtX u “

39.2 Quantenmechanische Wahrscheinlichkeit

187

Damit kann die Varianz folgendermaßen ausgedrückt werden.    2 2 2 ´ E 2 tXu “ X 2 ´ X “ X 2 ´ X σ 2 “ Xeff Da der Mittelwert häufig auch durch einen Querstrich als xXy “ X bezeichnet wird, kann man sich die Varianz leicht durch folgende Ausdrucksweise merken: „Varianz gleich X Quadrat quer minus X quer Quadrat“ Für eine komplexe Zufallsvariable Z “ X ` jY lautet der Erwartungswert,       Z “ X `j Y und damit die Varianz reell und positiv wird, gilt die Definition      VartZu “ ZZ ˚ ´ Z Z ˚ Die wesentlichen Aussagen und Definitionen findet man in [2, S. 47, 80/83], [24, S. 80,84/93], [41, S. 108/115].

39.2

Quantenmechanische Wahrscheinlichkeit

Durch die Deutung von P “ Ψ˚ Ψ “ | Ψ |2 als Wahrscheinlichkeitsdichte nach (38.1) wird die Quantenmechanik zu einer statistischen Theorie, die sich aber von der klassischen Wahrscheinlichkeitstheorie dadurch unterscheidet, dass die Wellenfunktion Ψ komplex ist. Wird ein quantenmechanischer Zustand Ψptq nämlich durch Superposition von zwei oder drei Zuständen gebildet, dann gilt P “ pΨ1 ` Ψ2 qpΨ˚1 ` Ψ˚2 q “ | Ψ1 |2 ` | Ψ2 |2 ` Ψ˚1 Ψ2 ` Ψ1 Ψ˚2 ‰ “ “ P1 ` P2 ` 2 Re Ψ1 Ψ˚2

(39.6)

P “ pΨ1 ` Ψ2 ` Ψ3 qpΨ˚1 ` Ψ˚2 ` Ψ˚3 q “ ‰ “ P1 ` P2 ` P3 ` 2 Re Ψ1 Ψ˚2 ` Ψ1 Ψ˚3 ` Ψ2 Ψ˚3 ‰ “ Hierbei treten in der Quantenmechanik Interferenzterme 2 Re Ψ1 Ψ˚2 `... auf, die den klassischen Anteil P1 ` P2 ` ... größer oder kleiner werden lassen, [33, S. 64], die beim Doppelspaltversuch das Interferenzmuster zur Folge haben.

Kapitel 40

Gauß-Paket 40.1

Gauß-förmige Wellenfunktion in Impuls- und Ortsraum

Die Grundlage für Gauß’sche Kurvenverläufe ist die wichtige Funktion 2 e´x , die in Mathematik und Physik in vielen Bereichen auftritt. In Form der Gauß’schen Glockenkurve ϕpx; μ, σ 2 q “

px´μq2 1 ? e´ 2σ2 σ 2π

(40.1)

stellt sie die Wahrscheinlichkeitsdichte der N(μ, σ 2 )-Normalverteilung dar mit dem Mittelwert μ und der Varianz σ 2 , deren Integral als Gesamtwahrscheinlichkeit auf Eins normiert ist, [24, S. 126]. ż8

1 ϕpxq dx “ ? σ 2π

´8

ż8

´

e ´8

px´μq2 2σ 2

1 dx “ ? π

ż8

2

e´ξ dξ “ 1

(40.2)

´8 loooomoooon “

?

π

Die Wendepunkte der glockenförmigen Funktion liegen bei x “ μ ˘ σ mit einem Funktionswert von ϕpμ ˘ σq “ e´1{2 “ 0.6065. Sie haben einen Abstand voneinander, der der doppelten Standardabweichung Δx “ 2σ entspricht. In der Quantenmechanik betrachtet man das spezielle Wellenpaket, das im Impulsraum durch eine Gauß-förmige Wellenfunktion φppz q gemäß (40.1) gegeben ist. Die Weite Δpz des Wellenpaketes, die in (37.2) 188

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_40

40.1 Gauß-förmige Wellenfunktion in Impuls- und Ortsraum

189

definiert wurde, entspricht der Standardabweichung σ der Gauß-Funktion. ” pp ´ p q2 ı z 0 φppz q “ C exp ´ (40.3) 2pΔpz q2 Mit dem Parseval-Theorem (37.7) erhält man aus der Normierung (38.2) ż8 ż8 ppz ´p q2 ż8 0 ? 2 ´ 2 2 2 2 pΔp q z | φppz q | dpz “ 1 “ C e dpz “ C Δpz e´ξ dξ “ C 2 Δpz π ´8

´8

´8

die Größe des Maximalwertes. C“ ? 4

π

1 ?

Δpz

Mit dem bestimmten Integral, [19, S. 65], c ż8 π pb2 {a ´ cq ´ r ax2 `2bx`c s e e dx “ a

(40.4)

´8

wird die zugehörige Wellenfunktion ψpzq im Ortsraum als FourierTransformierte von φppz q nach (37.6) bestimmt. 1 ψpzq “ ? 2π “?

ż8 φppz q e`jzpz { dpz

´8 ż8

C 2π

” pp ´ p q2 z z ı z 0 pp p0 dppz ´ p0 q exp ´ ` j ´ p q ` j z 0 2pΔpz q2  

´8

1 ψpzq “ ? 4 π

c

Δpz ´ 1 e 2 

`

˘2

Δpz {

z2

ejp0 z{

(40.5)

Bis auf den Phasenfaktor e jz p0 { hat ψpzq ebenfalls die Form einer GaußFunktion nach (40.1), aus der man die Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nach (38.1) bestimmt, Δpz ´ pz Δpz {q2 ? e  π ? die symmetrisch um das Maximum M “ Δpz {p π q bei z “ 0 verläuft. | ψpzq |2 “

190

40.2

40 Gauß-Paket

Unschärferelation

Für die Wellenfunktion ψpzq wird als Weite im Ortsraum der Abszissenwert z “ Δz “ {Δpz gewählt, bei dem die Dichte auf den Wert M {e “ 0.3679 M abgefallen ist. Im Fall des Gauß’schen-Wellenpaketes hat das Produkt der beiden Weiten für Ort und Impuls den festen Wert Δz Δpz “ , so dass man eine der beiden Größen nur zu Lasten der anderen vermindern kann. Die Wellenfunktion ψpzq kann daher kein Teilchen beschreiben, das räumlich exakt lokalisiert ist und zugleich einen scharf definierten Impuls aufweist. Werner Heisenberg analysierte 1927 die Grundbegriffe Ort, Geschwindigkeit, Energie und Bahn von Teilchen und formulierte für die kanonisch konjugierten Größen der Physik gemäß (9.2), nämlich Ort und Impuls sowie Zeit und Energie, die nach ihm benannte Heisenberg’sche Unschärferelation oder Unbestimmtheitsrelation, Δz Δpz ě 

Δt ΔWges ě 

(40.6)

wonach die zusammen auftretenden Größen komplementäre Variable darstellen, [4, S. 76], [21, S. 156/159]. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Physik, der einen grundsätzlichen Bruch mit der seit Galilei und Newton gültigen Weltsicht bedeutete, da diese Aussage unabhängig von Präzision und Aufbau von Experimenten eine prinzipielle Beschränkung der Genauigkeit für Messung und Beschreibung physikalischer Systeme darstellt und damit den Determinismus als einen der Grundpfeiler der klassischen Physik in Frage stellt, [22, S. 238], [14, S. 41]. Es wurde mitunter die Ansicht vertreten, dass die Quantenmechanik gegen das Kausalitätsprinzip verstoße. Das ist jedoch nicht der Fall, da bei gegebenem Anfangsort und Anfangsimpuls eines Teilchens dessen Bewegungsablauf vollständig bestimmt ist. Die Quantenmechanik behauptet lediglich, dass die gleichzeitige Messung beider Größen nicht mit beliebiger Genauigkeit möglich ist, da im atomaren Bereich der Messprozess der einen Variablen die Anfangswerte der anderen verändert, wodurch die gleichzeitige exakte Angabe von Messwerten beider Größen unmöglich wird, [12, S. 3].

191

40.3 Zeitentwicklung des Gauß-Pakets

Heisenberg sprach das folgendermaßen mit dem Satz aus, • Wenn wir die Gegenwart genau kennen, können wir die Zukunft berechnen bei dem nicht der Nachsatz, sondern die Voraussetzung falsch ist, [21, S. 158]! Die Unschärferelation spiegelt eine allgemeine Eigenschaft der FourierTransformation wider, [11, S. 37], die als Zeitgesetz der Nachrichtentechnik oder als Zeit-Bandbreite-Produkt von Karl Küpfmüller 1924 angegeben wurde, [13, S. 87, 326], [27, S. 29, 93]. Definiert man nämlich als charakteristische Kennwerte zur Beurteilung von zusammengehörigen impulsförmigen, symmetrischen Zeit- und Frequenzfunktionen die Breiten von deren flächengleichen Rechtecken bei gleicher Maximalhöhe, dann hat das Produkt aus Impulsbreite Δt und Bandbreite Δω den festen Wert Δt Δω “ 2π, so dass man eine der beiden Größen nur auf Kosten der anderen verändern kann, [4, S. 69], [30, S. 65]. Auf diese Weise gelangt man auch problemlos zur Unschärferelation der komplementären Variablen Energie W “ ω und Zeit t, wobei die Konstante der Ungleichung (40.6) (2, , {2, ...) davon abhängt, welche Definition man den Funktionsweiten zugrunde legt.

40.3

Zeitentwicklung des Gauß-Pakets

Um die zeitliche Entwicklung des Gauß-Pakets zu ermitteln, wird die Impulsfunktion (40.3) in die Wellenfunktion (37.3) eingesetzt.

1 1 ? ? Ψpz, tq “ ? 4 π Δpz 2π

ż8 ” pp ´ p q2 ı z 0 exp ´ e jppz z´Wges tq{ dpz 2pΔpz q2

´8

(40.7) Mit (36.7) sowie den Abkürzungen qptq und ξ gemäß Wges t t“ p2 “ qptq p2z ,  2m z

ξ “ pz ´ p0

192

40 Gauß-Paket

erhält man mit geeigneten Erweiterungen für den Exponenten der e-Funktion ”z “` ˘2 ` ˘ ‰ı z ppz ´ p0 q2 2 pp p ` j ´ p q ` ´ q p ´ p ` 2p ´ p p ` p ´ z 0 0 z 0 0 z 0 0 2pΔpz q2   ” ´z ¯ ´z ¯ ı ξ2 2 ´ 2qp ´ qp ´ j qξ ´ ξ ´ “´ 0 0 p0 2pΔpz q2   ´z ´z ¯ ¯ 1 ` j2qpΔpz q2 2 ´ 2qp ´ qp ξ ` j ξ ` j p0 “´ 0 0 2pΔpz q2   loooooooomoooooooon looooooomooooooon looooooomooooooon “`a

“ ´ 2b

“´c

Das Integral (40.7) kann dann gemäß (40.4) gelöst werden, wobei für den Exponenten der e-Funktion im Ergebnis folgt, ´z ´z ¯2 ¯ ´ ¯ 2 2 p 1 ` j2qpΔp ´ 2qp ´ qp 2pΔp q q 2 0 z 0 0 z b 1  ´ c“´ `j  a 4 1 ` j2qpΔpz q2 1 ` j2qpΔpz q2 dessen Zähler Z sich vereinfacht. ı z 1 ”´ z ¯2 ´ 4 qp0 ` 4q 2 p20 pΔpz q2 Z“´ 2   ´ z ´z ¯ ¯ ´ qp0 p0 ´ 2 qp0 ´ 2q 2 p20 pΔpz q2 ` j   ´z ¯ 1 ´ z ¯2 ´ qp0 p0 “´ pΔpz q2 ` j 2   Nach Erweiterung mit dem konjugiert komplexen Nenner erhält man ´ ¯ 1 ´ z ¯2 2 ` z ´ qp ´ pΔp q p0 2q pΔpz q2 2 z 0 b 2   ´ c“ a 1 ` 4q 2 pΔpz q4 ”´ z ¯2 ´z ¯ ı ´ qp0 p0 q pΔpz q4 `   `j 1 ` 4q 2 pΔpz q4 Der Realteil des Exponenten lautet, wenn man die Abkürzung q “ t{2m wieder einsetzt ´ p ¯2 p0 0 2 2 ¯ ´ ¯ ´ b2 1 Δpz 2 z ´ 2 m t z ` m t ´c “´ Re a 2  pΔpz q4 2 1` t m2  2

40.3 Zeitentwicklung des Gauß-Pakets

193

Dabei stellt der Quotient vg “ p0 {m die Gruppengeschwindigkeit des Wellenpaketes dar. Die Größe Kptq vor der e-Funktion im Ergebnis hat den Wert d ? π 2 pΔpz q2 1 ? ? Kptq “ ? 1 ` j2qpΔpz q2 2π 4 π Δpz c a 1 ´ j2qpΔpz q2 Δpz 1 a “ ? 4 π  1 ` 4q 2 pΔpz q4 c ” “ ‰ı Δpz 1 1 1 2 a arctan 2qpΔp “ ? exp ´ j q z 4 4 π  2 1 ` 4q 2 pΔpz q4 Die Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit lautet dann ¯ı ” ´ b2 | Ψpz, tq |2 “ | Kptq |2 exp 2 Re ´c a Δpz  c “ ˆ ´ Δp ¯2 ´ Δp ¯2 ? z z 2 π 1` t m  « ff ` ˘2 ´ Δp ¯2 z ´ vg t z ˆ exp ´ ´ Δp ¯2 ´ Δp ¯2  z z 1` t2 m  Definiert man die räumliche Weite Δzptq “ z ´ vg t durch den Abfall von | Ψpz, tq |2 auf (1/e)-ten Teil des Maximums, | ΨpΔz, tq |2 “ | Kptq |2 e´1 dann ergibt sich die Weite der Wahrscheinlichkeitsfunktion zu c ´ Δp ¯2 ´ Δp ¯2  z z 1` t2 Δzptq “ Δpz m  Man erkennt, dass sich mit fortschreitender Zeit das Maximum | Kptq |2 vermindert und die Weite Δzptq vergrößert, das Wellenpaket also „zerfließt“, da ja wegen der Normierung (38.2) die Wahrscheinlichkeitsfläche erhalten bleiben muss, [4, S. 65].

194

40 Gauß-Paket

Das Zerfließen des Wellenpakets, das schon in Abschnitt 36.2.4 angesprochen wurde, steht im Gegensatz zur empirisch beobachteten Stabilität von Teilchen wie Elektronen und war im Rahmen der frühen Quantenmechanik unverständlich. Diese Schwierigkeit wurde aber durch die statistische Deutung durch Born behoben, der das Betragsquadrat | Ψpr, tq |2 der Wellenfunktion (38.1) als Wahrscheinlichkeitsdichte interpretierte, [20, S. 68, 72].

Kapitel 41

Hamilton-Operator 41.1

Zeitabhängige Schrödinger-Gleichung

In der klassischen Mechanik bildet die Summe aus kinetischer Energie E kin und potentieller Energie Wpot , die auch explizit von der Zeit abhängen kann, die Gesamtenergie Wges eines Teilchens, die als Hamilton-Funktion (10.7) bezeichnet wird. Mit den Differentialoperatoren nach (36.7) p “ ´ j ∇ “ ´ j grad p2 “ ´ 2 ∇2 “ ´ 2 Δ

(41.1)

und der Zusammenfassung zur Gesamtenergie Wges “ E kin ppq ` Wpot pr, tq “

p2 2 ` Wpot pr, tq “ ´ Δ ` Wpot pr, tq 2m 2m

wird der reelle Hamilton-Operator H eingeführt, der eine wichtige Rolle in der Quantenmechanik spielt, [4, S. 85], [12, S. 8].

H pr, p, tq “

2 p2 ` Wpot pr, tq “ ´ Δ ` Wpot pr, tq “ Wges 2m 2m 195

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_41

(41.2)

196

41 Hamilton-Operator

Mit dem Hamilton-Operator kann man die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (36.12) auch als Operatorgleichung schreiben. „ j B 2 j Ψpr, tq “ H pr, p, tq Ψpr, tq “ ´ Δ ` Wpot pr, tq Ψpr, tq Bt 2m (41.3) Aus den Beziehungen (38.5) und (38.8) folgt ¡ ¡ ` ˚ ˘ B 2 j P pr, tq dv “ 0 “ ´ Ψ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ dv Bt 2m 8 8 ¡ ” ` ˘ ` ˘˚ ı Ψ˚ H Ψ ´ Ψ H Ψ dv “

(*)

8

Mit der Konjugationsregel bei reellem H erhält man folgende Integralbedingung, ` ˘˚ H Ψ “ H Ψ˚

Ñ

¡

˚

8

Ψ H Ψ dv “ `

˘

¡ 8

` ˘ Ψ H Ψ˚ dv

(41.4)

die für alle quadratisch integrierbaren Lösungsfunktionen Ψpr, tq erfüllt sein muss. ‚ Jeder Operator L , der diese Integralbedingung erfüllt, ist ein hermitescher Operator, r4, S. 89, 199s

(41.5)

Allgemeine Eigenschaften von Operatoren werden im Kapitel 43 behandelt. Gleichung (41.4) bedeutet eine zusätzliche Einschränkung für Wellenfunktionen, denn für den Integranden von (*) gilt 2 B2 Ψ B 2 Ψ˚ ˚ B Ψ ´ Ψ ` Ψ ´ ... Bx2 Bx2 By 2 B ´ ˚ BΨ BΨ˚ ¯ B ´ ¯ B ´ ¯ “ Ψ ´Ψ ` ... ` ... Bx Bx Bx By Bz

Ψ˚ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ “ Ψ˚

Bei Integration über das unendliche Volumen ergibt dieser Ausdruck Null, wenn die Klammern für x, y, z Ñ ˘8 verschwinden. Aus Erfahrung weiß man, dass diese Eigenschaft für die Lösungen der Schrödinger-Gleichung erfüllt ist, die im Unendlichen genügend schnell gegen Null gehen, [7, S. 42].

41.2 Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichg., stationäre Zustände 197

41.2

Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung, stationäre Zustände

Wenn die potentielle Energie nicht von der Zeit abhängt, Wpot prq ‰ f ptq

Ñ

H pr, pq ‰ f ptq

dann ist auch der Hamilton-Operator zeitunabhängig. Wie in der klassischen Mechanik ist dann die Gesamtenergie Wges nach (10.8) eine Erhaltungsgröße. In diesem Fall kann man den Produktansatz Ψpr, tq “ ψprqf ptq in die Schrödinger-Gleichung (36.12) einführen, wodurch separierbare Lösungen entstehen, [4, S. 100], [18, S. 48], [31, S. 33]. ı 2 df ptq ” “ ´ Δψprq ` Wpot prqψprq f ptq j ψprq dt 2m Bei Division durch die Funktion Ψ “ ψf hängt jede Gleichungsseite nur von einer Variablen ab und muss daher einer Konstanten gleich sein, die man gemäß dem Hamilton-Operator (41.2) mit der Gesamtenergie identifiziert. ” ı 1 1 df 2 j “ ´ Δψprq ` Wpot prqψprq “ Wges “ const. f ptq dt 2m ψprq Die linke Seite läßt sich sofort integrieren, wobei man (36.4) einsetzt. Wges df “ ´j dt “ ´ jω dt f 

Ñ

ln

Wges f “ ´j t “ ´ jωt C 

Die Integrationskonstante C geht in den noch unbestimmten Ortsanteil der periodischen Wellenfunktion Ψpr, tq ein, und für ψprq gilt die Normierung (38.2) gleichermaßen. ´j Wges t{

Ψpr, tq “ ψprq e

“ ψprq e

´ jωt

¡ 8

| ψ |2 dv “ 1

(41.6)

Der reelle Ortsfunktionsanteil ψprq muss die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung (36.3) erfüllen, die man auch als Operatorgleichung schreiben kann. ” ı 2 Δ ` Wpot prq ψprq “ Wges ψprq H pr, pq ψprq “ ´ 2m

(41.7)

198

41 Hamilton-Operator

Da ψprq zeitunabhängig ist, nennt man alle Systemzustände, deren Wahrscheinlichkeitsdichten Ψpr, tq durch separierbare Lösungen nach (41.6) beschrieben werden, stationär, [4, S. 103]. ‚ Stationäre Systemzustände werden durch separierbare Lösungen der Schrödinger-Gleichung beschrieben

(41.8)

Der stationäre Systemzustand Ψpr, tq sagt nichts über den Charakter eines Teilchen aus, sondern macht nur eine Aussage über die zeitunabhängige Wahrscheinlichkeit für dessen Auffinden am Ort r, P pr, tq dv “ | Ψpr, tq |2 dv “ | ψprq |2 dv ‰ f ptq sowie die konstante Gesamtenergie Wges “ ω des Teilchens und damit auch über die Frequenz von dessen Materiewelle.

41.3

Eigenwertproblem

Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung (41.7) stellt das Eigenwertproblem für den Hamilton-Operator dar, H pr, pq ψprq “ Wges ψprq

(41.9)

bei dem nur bestimmte Werte Wges der Teilchenenergie die Funktion ψprq reproduzieren, was im Abschnitt 43.2 sowie in den Beispielen von Teil IV eingehend behandelt wird. Diese zulässigen Werte von Wges heißen Eigenwerte des Operators H , die diskret oder auch kontinuierlich verteilt sein können und die in ihrer Gesamtheit dessen Eigenwertspektrum bilden. Das Auftreten von diskreten Eigenwerten hat deshalb eine fundamentale Bedeutung, weil dadurch eine überzeugende und logisch zwingende Erklärung geliefert wird für bestimmte, ausgezeichnete Energieniveaus, die im Bohr’schen Atommodell dagegen in einem Postulat als erlaubte Energiewerte gefordert wurden, [20, S. 63]! Die zugehörigen Lösungen ψprq der Operatorgleichung (41.9) heißen Eigenfunktionen, die im Gültigkeitsbereich der Variablen folgende Eigenschaften aufweisen müssen, damit sie physikalisch sinnvoll sind. ‚ eindeutig, endlich und damit beschränkt ‚ quadratisch integrierbar und daher normierbar ‚ stetig mit stetiger Ableitung

(41.10)

199

41.3 Eigenwertproblem

Zur Beurteilung der Stetigkeitsbedingungen wird folgende Überlegung angestellt, [4, S. 86]. Wenn die potentielle Energie als Ortsfunktion an einer Stelle einen endlichen Sprung aufweist, der dann auch bei Δψ mit zweiten Ortsableitungen auftritt, dann müssen die ersten Ortsableitungen und damit auch grad ψ stetig sein und daher erst recht die Wellenfunktion ψprq selbst. Bei einer Funktion von x würde entsprechend gelten: f 2 pxq mit Sprung, f 1 pxq mit Knick, f pxq mit stetiger Ableitung Später wird sich zeigen, dass die Normierung nur für diskrete Eigenwerte problemlos durchgeführt werden kann, im anderen Fall dagegen besondere Überlegungen erforderlich sind, (s. Abschnitt 45.2). Jede Eigenfunktion der Form Ψn pr, tq “ ψn prq e´ j Wgesn t{ als Lösung der Schrödinger-Gleichung beschreibt wegen | Ψn pr, tq |2 “ | ψn prq |2 ‰ f ptq einen zeitunabhängigen, stationären Zustand, bei dem dessen Wellenfunktion zu einem bestimmten Eigenwert Wgesn gehört. Auf Grund des Superpositionsprinzips ergibt sich die allgemeine Lösung durch Linearkombination der Eigenfunktionen, ÿ ÿ cn Ψn pr, tq “ cn ψn prq e´ j Wgesn t{ Ψpr, tq “ n

n

bei der die Konstanten cn für ein konkretes Problem aus gegebenen Anfangsund Randbedingungen bestimmt werden müssen. Deren Berechnung erfolgt nach der verallgemeinerten Fourier-Methode in (43.14), da die Eigenfunktionen nach Abschnitt 43.2 ein vollständiges Orthogonalsystem bilden. Die allgemeine Lösung beschreibt keinen stationären Zustand, da sich wegen der verschiedenen Eigenwerte Wgesn bei der Bildung des Betragsquadrates | Ψpr, tq |2 die Exponentialfaktoren in den Interferenztermen (39.6) nicht gegenseitig aufheben, so dass die Überlagerung von Eigenfunktionen zu zeitabhängigen, nichtstationären Zuständen führt, [18, S. 52]. Bei reellen Werten für die Energien Wpot und Wges ist neben der komplexen Eigenfunktion ψn auch die konjugierte Funktion ψn˚ Lösung der Differentialgleichung. Bei komplexem ψn sind sowohl Real- als auch Imaginärteil

200

41 Hamilton-Operator

von ψn 2 Re ψn “ ψn ` ψn˚ ,

2 Im ψn “ ´ jpψn ´ ψn˚ q

als reelle Funktionen wegen des Superpositionsprinzips (37.1) ebenfalls Lösungen, aus denen sich alle Eigenfunktionen zu einem Eigenwert konstruieren lassen, so dass man sich auf die Ermittlung reeller Lösungsfunktionen beschränken kann, [4, S. 105]. Ein wesentlicher Erfolg der Wellenmechanik gegenüber der älteren Quantentheorie nach Bohr und Sommerfeld besteht darin, dass einerseits die Lösungen mit ihren Eigenwerten ganz natürlich den Forderungen nach erlaubten Energiewerten und atomaren Energieniveaus genügen und nicht aus postulierten Quantenbedingungen resultieren, [16, S. 81], und dass man andererseits aus den Wellenfunktionen als zugehörige Eigenfunktionen die Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Teilchen berechnen kann, die einen viel weitergehenden Einblick in die quantenmechanischen Zusammenhänge gestatten, [14, S. 176].

Kapitel 42

Inneres Produkt komplexer Funktionen Das innere Produkt zweier komplexer Funktionen, das auch häufig als Skalarprodukt bezeichnet wird, da es das skalare Produkt von dreidimensionalen Vektoren auf Funktionen verallgemeinert, genügt den Axiomen des Hilbert-Raumes, der im Abschnitt 58.1 behandelt wird, und ist durch folgende beschränkte Integrale definiert, deren Grenzen den relevanten Bereich der Variablen umfassen. Das innere Produkt, bei dem die erste Funktion im Integranden konjugiert komplex erscheint, wird mit spitzen Klammern abgekürzt und stellt eine komplexe Zahl dar.

xf, gy “

ż8

˚

f pxq gpxq dx ă 8

xϕ, ψy “

´8

8 ¡

ϕ˚ prq ψprq dv ă 8

´8

(42.1) Die für die Quantenmechanik bedeutsame Beziehung wird durch die rechts stehenden Definition im dreidimensionalen Raum dargestellt. Die Schreibweise des inneren Produktes unterscheidet sich vom Erwartungswert (39.2), der auch mit spitzen Klammern geschrieben wird, dadurch, dass stets zwei durch Komma getrennte Argumente auftreten.

201

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202

42 Inneres Produkt komplexer Funktionen

Das innere Produkt hat folgende Eigenschaften, wobei c und d komplexe Zahlen bedeuten. xϕ, ψy “ xψ, ϕy˚ “ xψ ˚ , ϕ˚ y xϕ, ψy˚ “ xϕ˚ , ψ ˚ y

(42.2)

xc ϕ, d ψy “ c˚ d xϕ, ψy xϕ1 ` ϕ2 , ψ1 ` ψ2 y “ xϕ1 , ψ1 y ` xϕ1 , ψ2 y ` xϕ2 , ψ1 y ` xϕ2 , ψ2 y

Zwei Funktionen heißen orthogonal, wenn ihr inneres Produkt Null ist. xϕ, ψy “ 0

ð ñ

ϕKψ

(42.3)

Das innere Produkt einer Funktion mit sich selbst führt auf deren Norm, die stets reell und positiv und damit positiv definit ist. 8 „¡ j1 a 2 2 | ψprq | dv ě 0 } ψ } “ ` xψ, ψy “ ´8

}cψ} “ |c|}ψ}

(42.4)

xψ, c ψy “ c xψ, ψy “ c } ψ }2 Eine Funktion heißt normiert, wenn ihre Norm Eins ist, } ψ } “ 1, was bei der Wahrscheinlichkeit in Gleichung (38.2) bereits auftrat. Ein System normierter Funktionen ψ1 , ψ2 , ... in dem je zwei Funktionen zueinander orthogonal sind, bildet ein normiertes Orthogonalsystem oder Orthonormalsystem, das folgende Orthogonalitätsrelation erfüllt.

xψi , ψk y “

8 ¡

ψi˚ prq ψk prq dv “ δik

(42.5)

´8

Dabei hat das Kronecker-Symbol folgende Bedeutung. # 1 i“k δik “ 0 i‰k

(42.6)

203

Für paarweise orthogonale Funktionen ψ1 , ... , ψn , ... und daher auch für ein Orthonormalsystem gilt der Satz des Pythagoras. } ψ1 ` ... ` ψn ` ... }2 “ } ψ1 }2 ` ... ` } ψn }2 ` ... Für beliebige Funktionen gelten folgende Ungleichungen, [28, S. 21/22]. Schwarz-Bunjakowski’sche Ungleichung | xϕ, ψy | ď } ϕ } ¨ } ψ }

(42.7)

}ϕ ` ψ} ď }ϕ} ` }ψ}

(42.8)

Dreiecksungleichung

Wegen der Schwarz-Bunjakowski’schen Ungleichung ist das innere Produkt für quadratintegrable Funktionen stets beschränkt. Definition und Eigenschaften des inneren Produktes findet man in [5, S. 40], [7, S. 43], [25, S. 128], [40, IV, S. 95].

Kapitel 43

Operatoren und ihre Eigenschaften 43.1

Lineare und hermitesche Operatoren

Ein linearer Operator L , der selbst komplex sein kann, hat bei Anwendung auf die Funktionen ϕ und ψ mit komplexen Faktoren α und β folgende Eigenschaft, L pα ϕ ` β ψq “ L pα ϕq ` L pβ ψq “ α L pϕq ` β L pψq

(43.1)

was als Superpositionsprinzip bezeichnet wird. Bei Anwendung eines Operators auf eine Funktion entsteht eine neue Funktion, wobei die Klammerung bei Eindeutigkeit auch häufig weggelassen wird, so dass gilt: L pϕq ” L ϕ “ ψ Die Norm eines Operators wird durch das innere Produkt (42.4) definiert. a a (43.2) } L ϕ } “ x L ϕ, L ϕ y “ x ψ, ψ y “ } ψ } ě 0

204

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43.1 Lineare und hermitesche Operatoren

205

Der mit dem Adjungiert-Zeichen : versehene, zu L adjungierte Operator L : hat für komplexwertige Funktionen ϕ und ψ folgende Eigenschaften, [28, S. 48], [33, S. 87]. D @ # x ϕ, L ψ y “ L : ϕ, ψ ` ˘: cL “ c˚ L : (43.3) Ñ D @ x L ϕ, ψ y “ ϕ, L : ψ Ein linearer selbstadjungierter oder hermitescher Operator wird durch folgende Eigenschaften definiert, L “ L:

Ñ

x ϕ, L ψ y “ x L ϕ, ψ y

(43.4)

so dass der Wert des inneren Produktes nicht davon abhängig ist, auf welche der beiden Funktionen der Operator L wirkt! Einen Beweis für die Hermitizität findet man in [7, S. 149]. Für hermitesche Operatoren gilt die Konjugationsregel, die in spezieller Form bereits beim reellen Hamilton-Operator in Gleichung (41.4) aufgetreten ist, [33, S. 57]. Lψ

`

˘˚

“ L ˚ψ˚

(43.5)

Bei hermiteschen Operatoren gilt L : “ L ˚ , wobei ein Unterschied erst dann in Erscheinung tritt, wenn die Operatoren im Abschnitt 43.7 durch Matrizen dargestellt werden, bei denen außer der komplexen Konjugierung noch eine Transponierung durchgeführt werden muss. Ein hermitescher Operator L heißt nach Hilbert beschränkt, [25, S. 91], [28, S. 51, 75], wenn mit einer Konstanten C und mit (42.7) gilt }Lψ} ď C }ψ} | x ϕ, L ψ y | ď } ϕ } ¨ } L ψ } ď C } ϕ } ¨ } ψ }

(43.6)

206

43.2

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Hermitesches Eigenwertproblem

Eine Operatorgleichung, die einer Abbildungsvorschrift oder auch einer Handlungsanweisung entspricht, bei der die Anwendung des Operators L die Funktion ψ bis auf einen skalaren Faktor λ reproduziert, heißt Eigenwertgleichung, und das Auffinden von Lösungen wird Eigenwertproblem genannt, was auch schon im Abschnitt 41.3 erläutert wurde. Lψ “ λψ

(43.7)

Normalerweise existieren nur bei bestimmten Werten λk , den Eigenwerten, Lösungen einer solchen Operatorgleichung, die Eigenfunktionen ψk des Operators heißen und für die die Gleichung L ψ k “ λ k ψk

(43.8)

identisch erfüllt ist. Die diskreten Eigenwerte λk , deren Anzahl endlich oder unendlich sein kann und die das Eigenwertspektrum des Operators bilden, werden der Größe nach geordnet und in der Quantenmechanik entsprechen ihre Werte physikalisch gewissen Quantenzahlen. In der Funktionalanalysis heißt eine solche Lösungsfunktion für λ “ 1 Fixpunkt der Abbildung, [25, S. 299]. Aus der Eigenwertgleichung des hermiteschen Operators L “ L : folgen die inneren Produkte x ψ, L ψ y “ x ψ, λψ y “ λ x ψ, ψ y “ λ } ψ }2 x L ψ, ψ y “ x λψ, ψ y “ λ˚ x ψ, ψ y “ λ˚ } ψ }2 Da die Differenz beider Beziehungen wegen der Hermitizität (43.4) Null ist und die Norm von ψ wegen (42.4) nicht verschwindet, folgt, dass ein hermitescher Operator L nur reelle Eigenwerte hat. x ψ, L ψ y ´ x L ψ, ψ y “ 0 “ pλ ´ λ˚ q } ψ }2 “ j 2 Impλq } ψ }2 Ñ λ reell ‚ Hermitesche Operatoren haben reelle Eigenwerte

(43.9)

207

43.2 Hermitesches Eigenwertproblem

Die Bedeutung dieses Ergebnisses liegt darin, dass nur selbstadjungierte, also hermitesche Operatoren die Möglichkeit bieten, reelle und damit physikalisch messbare Größen, sog. Observable, darzustellen, [3, S. 68], [33, S. 113]! Die Funktionen ψk und ψ seien zwei Lösungen der hermiteschen Eigenwertgleichung zu unterschiedlichen, reellen Eigenwerten λk ‰ λ , die wie angegeben multipliziert und integriert werden. ˇ ˇ ¨ ψ˚ L ψk “ λk ψk  ˇ ˚ ˚ ˇ ¨ ψk pL ψ q “ λ ψ Die entstehenden inneren Produkte lauten, x ψ  , L ψ k y “ λk x ψ  , ψ k y x L ψ , ψk y “ λ x ψ , ψk y deren Differenz für den hermiteschen Operator L wegen (43.4) Null ist. x ψ , L ψk y ´ x L ψ , ψk y “ 0 “ pλk ´ λ q x ψ , ψk y

Ñ

x ψ  , ψk y “ 0

Damit gilt die generelle Aussage ‚ Eigenfunktionen hermitescher Operatoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal

(43.10)

Der Fall der Entartung tritt auf, wenn zum gleichen Eigenwert μ mehrere, z.B. k linear unabhängige Eigenfunktion ψμ1 , ψμ2 , .. , ψμk existieren, die normalerweise nicht orthogonal sind. Mit dem Gram-Schmidt’schen Orthogonalisierungsverfahren nach Jørgen Pedersen Gram und Erhard Schmidt kann man aber alle Eigenfunktionen zu einem normierten Funktionssatz orthogonalisieren, [4, S. 101, 115], [5, S. 41] [7, S. 42], [29, S. 92], [33, S. 98], [38, S. 48]. ‚ Entartung liegt vor, wenn zu einem bestimmtem Eigenwert mehrere, linear unabhängige Eigenfunktionen existieren ‚ Bei Entartung sind die Eigenfunktionen hermitescher Operatoren orthogonalisierbar

(43.11)

208

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

43.3

Entwicklung nach Eigenfunktionen

Ein normiertes orthogonales System von Funktionen erfüllt die Orthogonalitätsrelation gemäß Gleichung (42.5), xψk , ψ y “ δk

(43.12)

aus der weiterhin folgt, dass orthogonale Funktionen auch linear unabhängig sind. Man bezeichnet einen Funktionssatz als vollständig, wenn man eine beliebige Funktion ψ, die die geforderten Randbedingungen erfüllt und damit den quantenmechanischen Zustand beschreibt, durch Linearkombination, also durch Superposition mit gewissen komplexen Koeffizienten ck durch den Satz der Eigenfunktionen tψk u des hermiteschen Operators L darstellen kann, was als Entwicklung nach Eigenfunktionen oder auch als Spektralzerlegung bezeichnet wird, [4, S. 205], [5, S. 39], [33, S. 107, 209]. ψ“

ÿ k

(43.13)

c k ψk

Auf Grund der Orthogonalitätseigenschaft (43.12) der Eigenfunktionen ist der Koeffizient ck durch das folgende innere Produkt bestimmt, xψk , ψy “

8 ¡

ψk˚ ψ dv



ÿ 

´8

8 ¡

c

ψk˚ ψ dv “

ÿ

c δk “ ck

(43.14)



´8

das die Koeffizientenberechnung nach der Methode von Euler und Fourier bei der Entwicklung periodischer Funktionen durch Fourier-Reihen verallgemeinert, [9, III, S. 411]. Aus dem inneren Produkt der normierten Funktion ψ und damit ihrem Normquadrat 2

xψ, ψy “ } ψ } “ 1 “

8 ¡ ÿ ´8

k

c˚k ψk˚

ÿ 

c ψ dv “

ÿ k

c˚k

ÿ 

8 ¡

c

ψk˚ ψ dv

´8 looooooomooooooon “ δk

43.4 Kontinuierliche und gemischte Eigenwertspektren

209

folgt die Vollständigkeitsrelation oder Parseval’sche Gleichung für ein vollständiges Orthonormalsystem, [5, S. 43], [43, S. 15]. 8 ÿ

2

| ck | “

k“1

43.4

8 ¡

| ψ |2 dv “ 1

(43.15)

´8

Kontinuierliche und gemischte Eigenwertspektren

Wenn der hermitesche Operator der Eigenwertgleichung (43.7) so geartet ist, dass seine reellen Eigenwerte einen Bereich dicht ausfüllen, dann besitzt L ein kontinuierliches Eigenwertspektrum oder auch Streckenspektrum, was im Abschnitt 44.3 genauer untersucht wird. Die zugehörigen Eigenfunktionen sind zwar orthogonal, aber nicht quadratisch integrierbar und daher nicht normierbar wie das in Abschnitt 41.3 gefordert wird! Diese Schwierigkeit kann man dadurch umgehen, dass man das System durch Grenzen einer charakteristischen Länge L beschränkt, wodurch diskrete Eigenwerte auftreten, die erst im Grenzfall L Ñ 8 in ein Kontinuum übergehen. Dieses Verfahren wird im Abschnitt 45.2 noch genauer betrachtet. Hat ein Operator sowohl diskrete als auch kontinuierliche Eigenwerte, und damit ein gemischtes Eigenwertspektrum, dann gelten in den zugehörigen Variablenbereichen die Eigenwertgleichungen L ψk “ k ψk

mit k P N

L ψμ “ μ ψ μ

mit μ P R

Eine beliebige Wellenfunktion kann man dann nach dem vollständigen Satz von Eigenfunktionen des Operators wie folgt entwickeln, wobei in der Literatur auch eine besondere zusammengefasste Schreibweise zu finden ist, [33, S. 260]. ż ż ÿ ÿ ^ ψ“ ck ψk ` cpμq ψμ dμ “ cpμq ψμ dμ k

pμq

pμq

210

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Die Forderung nach Normierung der Wellenfunktion führt mit Wechsel der Reihenfolge von Summen und Integralen zu folgender Darstellung. xψ, ψy “ } ψ }2 “ 1 “

8 ¡ ”ÿ

ÿÿ k

`

k

´8



c˚k ψk˚

ż c

˚

pμq ψμ˚ dμ

ı” ÿ 

pμq

c˚k c



8 ¡

c  ψ `

ψk˚ ψ dv

`

´8 looooooomooooooon

ż

˚

c pμq

pμq

`

ÿ

c˚k

k

ż cpνq pνq

ı cpνq ψν dν dv

pνq 8 ¡

ż cpνq

ψμ˚ ψν dv dν dμ

´8 looooooomooooooon

pνq

“ δk 8 ¡

ż

“ δpμ´νq

ψk˚ ψν

dv dν `

´8 looooooomooooooon

ÿ 

c˚

8 ¡

ż cpμq pμq

“0

ψμ˚ ψ dv dμ

´8 looooooomooooooon “0

Dabei wird der Beweis für das Verschwinden der beiden letzten Volumenintegrale hier nicht geführt, [4, S. 209], [26, S. 177], [33, S. 107]. Die Eigenfunktionen erfüllen damit die Orthogonalitätsrelationen xψk , ψ y “ δk ,

xψμ , ψν y “ δpμ ´ νq ,

xψk , ψν y “ xψμ , ψ y “ 0

Das zweite Volumenintegral ist eine Verallgemeinerung des ersten für Funktionen ψμ und mit der Ausblend- oder Siebeigenschaft der Dirac-Funktion folgt ż ż ż ż ˚ ˚ c pμq cpνq δpμ ´ νq dν dμ “ c pμq cpμq dμ “ | cpμq |2 dμ pμq

pνq

pμq

pμq

Damit erhält man die verallgemeinerte Parseval’sche Gleichung. ÿ k

2

| ck | `

ż pμq

| cpμq |2 dμ “ 1

(43.16)

211

43.5 Produkte von Operatoren

43.5

Produkte von Operatoren

Neben der Summe zweier Operatoren A und B C ψ “ pA ` Bqψ “ A ψ ` Bψ

Ñ

C “A `B

C : ψ “ pA ` Bq: ψ “ A : ψ ` B : ψ

Ñ

C : “ A : ` B:

(43.17)

sind deren Produkte von Interesse, wobei die Reihenfolge der nacheinander angewendeten Operatoren entscheidend ist und bei Tausch normalerweise nicht das gleiche Ergebnis liefert. + Pψ “ A pBψq “ A Bψ Ñ P “ AB ‰ R “ BA Rψ “ BpA ψq “ BA ψ Weiterhin gelten Distributiv- und Assoziativgesetz und die Regel für die Adjungierung von Produkten. ` ˘ A ` B C “ A C ` BC ` ˘ ` ˘ AB C “ A B C “ AB C (43.18) ` ˘: AB “ B : A : ‚ Produkte hermitescher Operatoren sind normalerweise nicht hermitesch!

(43.19)

Für das Produkt zweier hermitescher Operatoren kann man aber zeigen, dass die Summe S hermitesch ist, die Differenz D dagegen nicht, [3, S. 71], [33, S. 89]. ` ˘ ` ˘ 2AB “ loooooomoooooon AB ` BA ` AB ´ BA “ S ` D (43.20) hermitesch

43.6

Unitäre Operatoren und Transformationen

Durch die Anwendung eines unitären Operators auf die Wellenfunktion, die den Zustand eines quantenmechanischen Systems beschreibt, erhält man eine neue Wellenfunktion, die eine äquivalente Systembeschreibung liefert, was man als unitäre Transformation bezeichnet, [4, S. 202, 216, 219], [33, S. 263].

212

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Ein unitärer Operator U und sein dazu adjungierter Operator U : besitzen folgende Eigenschaft, bei der E den Einheitsoperator bedeutet. U U : “ U :U “ E

U : “ U ´1

Ñ

(43.21)

Unitäre Operatoren sind normalerweise nicht hermitesch, denn bei Hermitizität U “ U : würde auch U 2 “ E gelten, was nur in wenigen Fällen zutrifft, [33, S. 300], wie beim Paritätsoperator im Abschnitt 43.10. Unitäre Operatoren mit reellem skalarem Parameter α können auch in folgender Form mit einem hermiteschen Operator K “ K : durch die Summendarstellung des Operatorexponentials ausgedrückt werden. U pαq “ e jαK “

8 ÿ α2 2 α3 pjαK qk “ E ` jαK ´ K ´ j K 3 ` ... k! 2! 3! k“0

(43.22) Unter Anwendung von (43.3) ist wegen U : pαq “

8 8 ÿ ÿ ˘ k ‰: ˘k 1 “` 1 ` jαK ´ jαK : “ k! k! k“0 k“0

“ e´jαK “ U ´1 pαq “ U p´αq ‰ U pαq Ñ

U pαqU : pαq “ U pαqU p´αq “ ejαK e´jαK “ E

der Operator U pαq zwar unitär aber nicht hermitesch. Folgende Transformationen mit einem unitären Operator U führen von den Funktionen ψ und φ zu neuen Wellenfunktionen. ψˆ “ U ψ ,

φˆ “ U φ ,

(43.23)

Die beiden linearen Operatoren L und Lˆ mögen die Wellenfunktionen dann in folgender Weise verknüpfen, Lψ “ φ Lˆψˆ “ φˆ “ U φ “ UL ψ “ LˆU ψ

+ Ñ

UL “ LˆU

213

43.6 Unitäre Operatoren und Transformationen

woraus sich mit (43.21) folgender Zusammenhang ergibt.

LˆU “ UL

Ñ

Lˆ “ UL U : L “ U : LˆU

Ñ

U : Lˆ “ L U :

(43.24)

Die Zuordnungen oder Abbildungen ψ Ñ ψˆ und L Ñ Lˆ werden als unitäre Transformationen bezeichnet. Wenn L “ L : hermitesch ist, dann ist auch der unitär transformierte Operator Lˆ hermitesch. ` ˘: Lˆ: “ U L U : “ U L : U : “ U L U : “ Lˆ Die Eigenwerte λ von L L ψ “ λ  ψ  gelten auch für den Operator Lˆ. L ψ “ L U : U ψ “ λ ψ ` ˘ UL U : U ψ “ λ U ψ

|U ¨

pvon linksq

Lˆψˆ “ λ ψˆ Innere Produkte werden durch unitäre Transformationen nicht geändert, denn durch Ergänzungen gemäß (43.21) und Anwendung von (43.3) ergibt sich folgende Gleichheit. D @ D @ x χ, L ψ y “ χ, pU : U qL pU : U qψ “ χ, U : pU L U : qU ψ D @ D @ D @ ˆ Lˆψˆ “ χ, U : Lˆψˆ “ Uχ, Lˆψˆ “ χ, Für L “ E folgt, dass Skalarprodukt sowie Normierung unter unitärer Transformation invariant sind. @ D @ D x χ, ψ y “ χ, ˆ ψˆ “ Uχ, U ψ @ D @ D ˆ ψˆ “ U ψ, U ψ “ 1 x ψ, ψ y “ ψ, Die bei unitären Transformationen geltende Invarianz von Eigenwerten und inneren Produkten sowie Erwartungswerten, die im Abschnitt 59.1 behandelt

214

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

werden, folgt, dass man diese Größen sowohl im Originalsystem als auch in transformierten Systemen ermitteln kann. Damit ergibt sich die Möglichkeit, durch Auffinden einer geeigneten unitären Transformation Probleme leichter zu lösen und zu einem anderen Satz von Wellenfunktionen zu gelangen. Eine infinitesimale unitäre Transformation wird durch Uε “ E ` jεF

(43.25)

definiert, bei der die Änderung wegen des reellen Parameters ε ! 1 nur differentiell ausfällt und wenig vom Einheitsoperator E abweicht. Der Operator F wird als Erzeuger der Transformation bezeichnet. Die Unitarität führt mit (43.3), (43.4) und (43.17) in erster Näherung zu folgender Darstellung, E “ Uε Uε: “ pE ` jεF qpE ´ jεF : q « E ` jεpF ´ F : q Ñ

F “ F:

(43.26)

woraus hervorgeht, dass der Operator F hermitesch sein muss.

43.7

Darstellung von Operatoren durch Matrizen

Wenn man den hermiteschen Operator L auf die Funktion ψ anwendet, dann entsteht eine Funktion χ, die wie in (43.13) nach den Eigenfunktionen tψk u von L entwickelt werden kann, [3, S. 134], [4, S. 220], [34, S. 122]. ÿ χ “ Lψ Ñ χ“ dk ψk (43.27) k

Die Koeffizienten dk ergeben sich wie bei (43.14) aus inneren Produkten, wenn man (42.2), (43.1) und die Entwicklung (43.13) anwendet.     ÿ ÿ dk “ xψk , χy “ xψk , L ψy “ ψk , L c  ψ  “ ψ k , c  L ψ “

ÿ





c  ψ k , L ψ “





ÿ



Lk c



Diese Beziehung stellt ein Gleichungssystem dar, dass man auch eleganter in Matrixform schreiben kann, d “ Lc

  Lk “ ψk , L ψ

(43.28)

215

43.7 Darstellung von Operatoren durch Matrizen

bei dem die komplexen Koeffizienten Lk die Elemente der Matrix L des Operators L in der Basis seiner Eigenfunktionen tψk u bedeuten. ˛¨ ˛ ¨ ˛ ¨ L11 L12 ¨ ¨ ¨ c1 d1 ‹ ‹ ˚ ˚d ‹ ˚L ˝ 2 ‚ “ ˝ 21 L22 ¨ ¨ ¨‚˝c2 ‚ .. .. .. .. .. . . . . . Die auftretenden Matrizen können von unendlicher Ordnung sein und wurden erstmalig von David Hilbert in seiner Theorie der Integralgleichungen untersucht, wobei Fragen von Konvergenz und Beschränktheit eine wichtige Rolle spielen. Heisenberg hat mit solchen Matrixdarstellungen die Quantenmechanik als Matrizenmechanik entwickelt, [32, S. 102, 126]. Da die Koeffizienten c und dk jeweils eindeutige Entwicklungen der Funktionen ψ und χ bestimmen, besteht auch eine vollständige Äquivalenz zwischen Operatorgleichung (43.27) und Matrixgleichung (43.28). Je nach dem Charakter der Basis tψk u kann die Matrix L endlich- oder unendlichdimensional sein. Die Adjungierung eines hermiteschen Operators L “ L : führt bei seiner Matrixdarstellung auf die adjungierte oder hermitesche, also konjugiert transponierte Matrix L mit reellen Diagonalelementen Lkk , L “ L: Ñ

` ˘T ` ˘˚ L “ L: “ L˚ “ LT

(43.29)

die die komplexe Verallgemeinerung einer reell symmetrischen Matrix darstellt. Bei einem unitären Operator U führt dessen Matrixarstellung auf eine unitäre Matrix U mit der Eigenschaft, U : “ U ´1 Ñ

` ˘T ` ˘˚ U: “ U´1 “ U˚ “ UT

U: U “ E

(43.30)

die die komplexe Verallgemeinerung einer reellen orthogonalen Matrix darstellt.

216

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Das innere Produkt der Funktionen ψ und χ ergibt den Ausdruck, xψ, χy “

8 ¡ ´8



ÿ

˚

ψ χ dv “

8 ¡ ÿ ´8

ck˚ ψk˚

ÿ

k

d ψ dv “



ÿ

ck˚

k

ÿ 

8 ¡

d

ψk˚ ψ dv

´8 looooooomooooooon “ δk

` ˘T ck˚ dk “ c˚ d

k

mit dem man die Matrixdarstellungen von inneren Produkten erhält. xψ, χy “ c: d

43.8

xχ, ψy “ d: c

(43.31)

Ergebnisse für den hermiteschen Hamilton-Operator H

Die Eigenfunktionen ψprq der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung (41.6) bzw. des hermiteschen Hamilton-Operators H pr, pq erfüllen nach der Orthogonalitätsrelation (42.5) bzw. (43.12) die folgende Beziehung. 8 ¡

ψμ˚ ψν dv “ xψμ , ψν y “ δμν

(43.32)

´8

Für den hermiteschen Hamilton-Operator H pr, p, tq nach (41.2) erhält man mit der Eigenfunktion ψ zwei Darstellungen. # x H ψ, ψ y hermitesch nach (41.4) x ψ, H ψ y “ ˚ x H ψ, ψ y inneres Produkt nach (42.2) Die Gleichheit der rechten Seiten bedeutet, dass die Beziehung (41.4) eine reelle Zahl darstellt! x ψ, H ψ y “ x H ψ, ψ y “

8 ¡ ´8

` ˘ ψ ˚ H ψ dv

Ñ

reell

(43.33)

217

43.9 Kommutator

Damit lautet die verbale Aussage dieser Beziehung ‚ Hermitesche Operatoren haben bei gleicher Wellenfunktion reelle innere Produkte

43.9

(43.34)

Kommutator

Im Gegensatz zur klassischen Mechanik, bei der alle Größen den Regeln der gewöhnlichen Algebra gehorchen, treten in der Quantenmechanik Produkte von Operatoren auf, die nicht immer das Kommutativgesetz erfüllen und damit wie bei Matrizen eine nichtkommutative Algebra begründen. Um dieser Eigenschaft Rechnung zu tragen, wird der Kommutator definiert, der eine Schreibweise erhält, die durch die spezielle Klammerdarstellung deutlicher als in der einschlägigen Literatur ist. # vv

A ,B

ww

“ AB ´ BA

“0 ‰0

vertauschbar, kommutativ nicht vertauschbar

(43.35)

Sind zwei Operatoren A und B wegen der Gleichheit AB “ BA vertauschbar, sagt man auch, dass A und B kommutieren. Zur konkreten muss man Kommutatoren auf eine Wellenvv Beurteilung ww funktion gemäß A , B ψ “ AB ψ ´ BA ψ anwenden, um die Vertauschbarkeit zu prüfen, wie das bei der Berechnung zur Gleichung (59.10) erfolgt. Kommutatoren besitzen die folgenden Eigenschaften, wobei c eine Konstante ist und die letzten drei Beziehungen die Produktregeln darstellen, [4, S. 96, 213]. vv ww vv ww A , B “ ´ B, A vv ww vv ww vv ww c A ,B “ cA ,B “ A ,cB (43.36) vv ww vv ww vv ww vv ww vv ww A ` B, C ` D “ A , C ` A , D ` B, C ` B, D vv ww vv ww vv ww A ,BC “ A ,B C ` B A ,C vv ww vv ww vv ww A B, C “ A , C B ` A B, C (43.37) vv ww vv ww vv ww A B, C D “ A , C BD ` C A B, D vv ww vv ww ` A B, C D ` C A , D B

218

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Da der Kommutator eines Operators A mit sich selbst stets Null ist, sind auch alle seine ganzzahligen Potenzen vertauschbar. vv m ww A ,A n “ 0 pm, n “ 1, 2, ..q (43.38) Das Verschwinden eines Kommutators zieht nach den Produktregeln dasjenige der Potenzen nach sich. ww # vv A ,B2 “ 0 vv ww A ,B “ 0 Ñ (43.39) ww vv 2 A ,B2 “ 0 Sind zwei hermitesche Operatoren vertauschbar, dann ist ihr Produkt nach (43.20) ebenfalls hermitesch. vv ww H 1H 2 “ 0 Ñ H 1 H 2 hermitesch Im Abschnitt 59.1 wird gezeigt, dass man jeder reellen physikalischen Größe einen hermiteschen Operator zuordnen kann. Der Zustand eines quantenmechanischen Systems, das durch solche Größen bestimmt wird, kann nur dann gleichzeitig Eigenzustand zweier hermitescher Operatoren A und B sein, wenn die Wellenfunktion ψ des Systems eine gemeinsame Eigenfunktion beider Operatoren ist, so dass mit deren reellen Eigenwerten μ und ν gilt, A ψ “ μψ Bψ “ νψ mit der Folge für die Differenz nach Produktbildung + ABψ “ νA ψ “ νμψ vv ww Ñ A , B “ AB ´ BA “ 0 BA ψ “ μBψ “ μνψ Die zugehörigen Operatoren müssen also vertauschbar bzw. ihr Kommutator Null sein. Ebenso gilt auch umgekehrt, falls zwei solche Operatoren kommutieren, dass gemeinsame Eigenfunktionen bei unterschiedlichen Eigenwerten existieren, [3, S. 553], [20, S. 104], [33, S. 110]. ‚ Vertauschbare hermitesche Operatoren besitzen das gleiche vollständige Orthonormalsystem von Eigenfunktionen!

(43.40)

219

43.9 Kommutator

Diese Kernaussage hat eine weitreichende Bedeutung, denn damit liegt eine Wahlmöglichkeit für den einfacheren Weg zur Berechnung von Eigenfunktionen vor. Bei einem verschwindenden Kommutator vv ww A ,B “ 0 gelten die ermittelten Eigenfunktionen des einen Operators, die aus bestimmten Gründen bereits bekannt sein können, dann gleichermaßen für den anderen Operator. In den Buchteilen V und VI treten verschwindende Kommutatoren aus Hamilton-Operator und anderen, häufig Drehimpuls-Operatoren auf. Sind die Eigenfunktionen dieser anderen Operatoren bestimmbar oder bekannt, dann ist damit auch das Eigenwertproblem der zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichung (41.7) H ψprq “ Wges ψprq für die stationären Eigenfunktionen ψprq des Hamilton-Operators gelöst! Neben dem Kommutator wird noch der Antikommutator definiert, der die Summe der beiden Operatorprodukte angibt. vv ww vv ww A , B ` “ B, A ` “ AB ` BA

(43.41)

Kommutator und Antikommutator zweier Operatoren können im Normalfall nicht gleichzeitig Null sein! # `2A B vv ww vv ww A ,B ˘ A ,B ` “ (43.42) ´ 2 BA Mit beiden Kommutatoren kann auch das Operatorprodukt (43.20) in anderer Form dargestellt werden. vv ww vv ww (43.43) 2AB “ A , B ` A , B ` “ S ` D

220

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

43.10

Paritätsoperator

Im Gegensatz zu den kontinuierlichen Transformationen wie Translation, Zeitverschiebung und Rotation, die im Kapitel 64 behandelt werden, stellt die Raumspiegelung, bei der die Ortskoordinaten px, y, zq ihre Vorzeichen umkehren, eine diskrete Symmetrieoperation mit einem Sysmmetriezentrum dar, die auch als Inversion oder Paritätsoperation bezeichnet wird. Dabei geht ein Koordinatensystem als Rechtssystem in ein Linkssystem über, [4, S. 249], [33, S. 219], [37, S. 256, 497]. Der Paritätsoperator P, der durch die Eigenschaft PΨprq “ Ψp´ rq

ð ñ

PΨpx, y, zq “ Ψp´ x, ´ y, ´ zq “ Ψpξ, η, ζq

(43.44) definiert wird, ist hermitesch, denn bei Koordinatenumkehr ξ “ ´x, .. etc. gilt nach (43.4)

xΨ, PΨy “

8 ¡

Ψ˚ prq Ψp´ rq dxdydz

´8



8 ¡

Ψ˚ p´ rq Ψprq dξdηdζ “ xPΨ, Ψy

ñ

P “ P:

´8

Da die doppelte Anwendung des Paritätsoperators zur Ausgangssituation zurückführt und durch den Einheitsoperator dargestellt wird, können die Eigenwerte μ des Operators P bestimmt werden. P 2 Ψ “ Ψ “ μ2 Ψ

Ñ

P 2 “ PP : “ E

ñ

μ2 “ 1 Ñ μ “ ˘1

Die zugehörigen Eigenfunktionen Ψ` prq und Ψ´ prq heißen gerade für μ “ `1 und ungerade für μ “ ´1, die folgende Beziehungen erfüllen. PΨ` prq “ Ψ` p´ rq “ ` Ψ` prq

Ñ

positive Parität

PΨ´ prq “ Ψ´ p´ rq “ ´ Ψ´ prq

Ñ

negative Parität

(43.45)

221

43.10 Paritätsoperator

Wegen der Kernaussage (43.10) sind die Eigenfunktionen zueinander orthogonal. xΨ` , Ψ´ y “

8 ¡

Ψ˚` prq Ψ´ prq dxdydz

´8



8 ¡

Ψ˚` p´ rq Ψ´ p´ rq dξdηdζ

´8

“´

8 ¡

Ψ˚` prq Ψ´ prq dξdηdζ “ ´ xΨ` , Ψ´ y

´8

xΨ` , Ψ´ y “ 0 In Ergänzung zur Definition (43.44) lautet die Eigenwertgleichung für den Paritätsoperator PΨprq “ Ψp´ rq “ ˘ Ψprq

(43.46)

Weiterhin gilt wegen der doppelten Anwendung, P :PΨprq “ P 2 Ψprq “ E Ψprq “ Ψprq so dass der Paritätsoperator hermitesch und unitär ist. P : “ P ´1 “ P

P2 “ E

(43.47)

Wählt man spezielle Wellenfunktionen, dann folgt aus (43.44) Ψprq “ r Ψprq “ pprq “ m

dr dt

Ñ

Pr “ ´r

Ñ

Pp “ ´p

› › Ortsvektor r und Impuls p haben beide negative Parität › › › Dagegen haben konstante Größen sowie der › › Drehimpuls wegen L “ r ˆ p eine positive Parität

(43.48)

222

43 Operatoren und ihre Eigenschaften

Allgemein heißen Vektoren mit negativer Parität polare Vektoren und solche mit positiver Parität axiale Vektoren, [37, S. 258]. Weiterhin folgen aus ` ˘ P r Ψprq “ p´ rq Ψp´ rq “ ´ r PΨprq ` ˘ P p Ψprq “ p´ pq Ψp´ rq “ ´ p PΨprq Operatorbeziehungen, die man auch erhält, wenn man in (43.24) die Operatoren U mit P, L mit r und Lˆ mit ´ r bzw. p identifiziert. vv ww P rP : “ ´ r Ñ P r “ ´ rP ñ P, r ` “ 0 (43.49) vv ww P, p ` “ 0 P pP : “ ´ p Ñ P p “ ´ pP ñ Für den Kommutator von Paritäts- und Hamilton-Operator H nach (41.2) erhält man wegen der zweiten Ortsableitungen mit d2 {dp´xq2 “ d2 {dx2 etc. und daher mit PΔ “ ΔP vv

P, H “´

ww

Ψprq

` ˘ ` ˘ ˘ 2 ` 2 P Δ Ψprq ` P Wpot prq Ψprq ` Δ P Ψprq ´ Wpot prqP Ψprq 2m 2m

˘ 2 2 ΔΨp´ rq ` Wpot p´ rq Ψp´ rq ` ΔΨp´ rq ´ Wpot prq Ψp´ rq 2m 2m ‰ “ “ Wpot p´ rq ´ Wpot prq Ψp´ rq

“´

Die Operatoren H und P sind dann vertauschbar und haben gemeinsame Eigenfunktionen, wenn die als reell a vorausgesetzte Potentialfunktion Wpot symmetrisch ist, was wegen r “ x2 ` y 2 ` z 2 in Zentralfeldern gilt. vv

ww H ,P “ 0

für

PWpot prq “ Wpot p´ rq “ Wpot prq

(43.50)

Wie noch in Gleichung (61.3) gezeigt wird, ist die Parität in diesen Fällen eine Erhaltungsgröße.

223

43.10 Paritätsoperator

Wendet man den Kommutator aus Paritätsoperator und einer solchen Potentialfunktion auf eine Wellenfunktion an, dann erhält man mit der letzten Gleichung das Ergebnis, ww ` ˘ vv P, Wpot Ψprq “ P Wpot Ψ ´ Wpot PΨ “ PWpot prqPΨprq ´ Wpot prqPΨprq “ Wpot prqΨp´ rq ´ Wpot prqΨp´ rq Ñ

P, Wpot “ 0

vv

ww

aus der die folgende Operatorbeziehung resultiert. PWpot prq ´ Wpot prqP “ 0 PWpot prqP “ Wpot prqP 2 “ Wpot prq

(43.51)

Literatur zu Teil III [1] Arroyo Camejo, Silvia: Skurrile Quantenwelt Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2006) [2] Beckmann, Petr: Probability in Communication Engineering Harcourt, Brace & World, Inc. (1967) [3] Blochinzew, Dmitrij J.: Grundlagen der Quantenmechanik VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 3. Aufl. (1961) [4] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Quantum Mechanics Pearson Education Limited, 2. ed. (2000) [5] Courant, Richard / Hilbert, David: Methoden der Mathematischen Physik I Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 3. Aufl. (1968) [6] De Broglie, Louis: Einführung in die Wellenmechanik Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig (1929) [7] Döring, Werner: Einführung in die Quantenmechanik Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 3. Aufl. (1960) [8] Feynman, Richard P. / Hibbs, Albert R.: Quantum Mechanics and Path Integrals Dover Publications, New York, emended ed. (2010) 224

Literatur zu Teil III

225

[9] Fichtenholz, Grigori M.: Differential- und Integralrechnung I/II/III VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 5. Aufl. (1972) [10] Fischer, Ernst Peter: Die Stunde der Physiker Verlag C.H.Beck, München (2022) [11] Fischer, Friedrich Alexander: Einführung in die statistische Übertragungstheorie Bibliographisches Institut, Mannheim (1969) [12] Flügge, Siegfried: Rechenmethoden der Quantentheorie Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 3. Aufl., Nachdruck (1976) [13] Fritzsche, Gottfried: Theoretische Grundlagen der Nachrichtentechnik VEB Verlag Technik, Berlin (1987) [14] Gasiorowicz, Stephen: Quantenphysik Oldenbourg Verlag, München, 10. Aufl. (2012) [15] Göpfert, Alfred / Riedrich, Thomas: Funktionalanalysis BSB B. G. Verlagsgesellschaft, Leipzig (1980) [16] Gombas, Pal / Kisdi, David: Einführung in die Quantenmechanik und ihre Anwendungen Springer Verlag, Wien New York (1970) [17] Greiner, Walter: Quantenmechanik, Einführung Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 6. Aufl. (2005) [18] Griffiths, David J.: Quantenmechanik Pearson München, 2. Aufl. (2012)

226

Literatur zu Teil III

[19] Gröbner, Wolfgang / Hofreiter, Nikolaus: Integraltafel, Bestimmte Integrale Springer Verlag, Wien, 3. Aufl. (1961) [20] Heber, Gerhard / Weber, Gerhard: Grundlagen der Quantenphysik I, Quantenmechanik B. G. Teubner, Stuttgart (1971) [21] Hund, Friedrich: Geschichte der Quantentheorie Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich, 2. Aufl. (1975) [22] Jaeger, Lars: Die Naturwissenschaften: Eine Biographie Springer Spektrum, Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2015) [23] Kleine Enzyklopädie Atom- und Kernphysik, Struktur der Materie Herausgeber: Weißmantel, Christian et al. Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt/M. (1983) [24] Kreyszig, Erwin: Statistische Methoden und ihre Anwendungen Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 7. Aufl. (Nachdruck) (1979) [25] Kreyszig, Erwin: Introductory Functional Analysis with Applications Wiley Classics Library Edition (1989) [26] Kuypers, Friedhelm: Quantenmechanik Wiley-VCH Verlag, Weinheim (2020) [27] Lüke, Hans Dieter: Signalübertragung Springer Verlag Berlin Heidelberg, 7. Aufl. (1999) [28] Neumann, John von: Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Reprint 2. Aufl. (1996)

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227

228

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[39] Simonyi, Károly: Kulturgeschichte der Physik Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 3. Aufl. (2004) [40] Smirnow, Wladimir I.: Lehrgang der höheren Mathematik, I-IV VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, div. Aufl. (1968/71) [41] Smirnow, N. W. / Dunin-Barkowski, I. W.: Mathematische Statistik in der Technik VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften (1973) [42] Teta, Alessandro: A Mathematical Primer on Quantum Mechanics Springer International Publishing AG (2018) [43] Tricomi, Francesco G.: Vorlesungen über Orthogonalreihen Springer Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg (1955) [44] Vogel, Helmut: Gerthsen Physik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 19. Aufl. (1995) [45] Werner, Wolfgang: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, I/II, Springer Vieweg, Wiesbaden (2019) [46] Wichmann, Eyvind H.: Berkeley Physik Kurs IV, Quantenphysik Friedrich Vieweg Verlag, Braunschweig (1975)

Teil IV

Zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung Eindimensionale Beispiele und Lösungsmethoden

229

Überblick Nach Darlegung der Eigenschaften von Wellenfunktionen und einer Klassifizierung der Lösungsmöglichkeiten wird die Schrödinger-Gleichung zunächst für einige eindimensionale Aufgabenstellungen mit einfachen Potentialvorgaben gelöst, bei denen Phänomene wie der Tunneleffekt auftreten, die klassisch nicht zu erklären sind. Für mehrfach sich wiederholende elementare Potentialfunktionen wird eine Matrixmethode entwickelt. Beim Kronig-Penney-Modell mit periodischer Potentialfunktion kann man trotz der Idealisierung die Entstehung von Energiebändern, das Bändermodell insbesondere bei Halbleitern und den großen Variationsbereich der Leitfähigkeit erklären. Ein wichtiges Beispiel ist der lineare harmonische Oszillator, bei dem erstmalig die Kummer’sche Differentialgleichung auftritt. Deren Lösungsfunktionen stellen in Abhängigkeit der Parameter eine Fülle spezieller Funktionen der mathematischen Physik dar, im Fall des Oszillators die Hermite’schen Polynome.

231

Kapitel 44

Eigenschaften der Wellenfunktionen 44.1

Allgemeine Eigenschaften aus physikalischer Sicht

Zur Beschreibung von Teilchen in konservativen Feldern, bei denen eine potentielle Energie Wpot wirkt, gilt die zeitunabhängige oder stationäre Schrödinger-Gleichung (41.7), die in eindimensionaler Form lautet ‰ d2 ψ 2m “ ` 2 Wges ´ Wpot pxq ψpxq “ 0 2 dx 

(44.1)

Die Lösungen dieser Differentialgleichung müssen im Gültigkeitsbereich der Variablen folgende Eigenschaften aufweisen, damit sie physikalisch sinnvoll und daher mathematisch zulässig sind, was bereits in den Abschnitten 38.2 und 41.3 erörtert wurde. ‚ eindeutig ‚ endlich bzw. beschränkt ‚ stetig mit stetiger Ableitung ‚ quadratisch integrierbar und damit normierbar

232

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_44

(44.2)

233

44.2 Stetigkeitsbedingungen

44.2

Stetigkeitsbedingungen

Zur Untersuchung der Stetigkeitseigenschaften der Lösungsfunktion ψ bei einem endlichen Sprung von ΔW “ Wpot pxq ´ Wges ă 8 der Energie an der Stelle x “ a wird die Differentialgleichung (44.1) an der Sprungstelle integriert, wobei man mit ψ 1 pxq “ dψ{dx erhält a`ε a`ε ż ż ˘ 2m 2m ` Wpot pxq ´ Wges ψpxq dx “ 2 ΔW ψpxq dx ψ pa ` εq ´ ψ pa ´ εq “ 2   1

1

a´ε

a´ε

mit der Abschätzung im Integrationsintervall ˇ 1 ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ψ pa ` εq ´ ψ 1 pa ´ εq ˇ ď 2m ˇΔW ˇ ˇψpxqˇ 2ε max max 2  Bei endlichen Maximalwerten ist die Ableitung ψ 1 für ε Ñ 0 und damit auch die Funktion selbst stetig, was man auch durch die logarithmische Ableitung ausdrücken kann. ψ´ paq “ ψ` paq 1 paq “ ψ 1 paq ψ´ `

+ Ñ

1 paq ψ´ ψ 1 paq “ ` ψ´ paq ψ` paq

(44.3) ˇ ˇ d lnrψ´ pxqs ˇˇ d lnrψ` pxqs ˇˇ “ ˇ ˇ dx dx x“a x“a

44.3

Klassifizierung und Energiequantisierung

Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung (44.1) ˘ d2 ψ 2m 2m ` W ψpxq “ 2 ΔW ψpxq “ K 2 ψpxq “ pxq ´ W pot ges dx2 2  hat als Differentialgleichung zweiter Ordnung mathematish stets zwei linear unabhängige Lösungen, die für konstantes K lauten # sin Kx, cos Kx oszillierend für K 2 ă 0 ψpxq „ (44.4) an-/abklingend für K 2 ą 0 e`Kx , e´Kx

234

44 Eigenschaften der Wellenfunktionen

Eine daraus gebildete physikalisch sinnvolle Gesamtlösung muss die Eigenschaften (44.2) erfüllen, also insbesondere beschränkt und normierbar sein, so dass man Lösungen, die zwar mathematisch möglich sind, ggf. physikalisch ausschließen muss. Lösungen ψpxq werden für variierende Werte der für ein Teilchen gültigen Gesamtenergie Wges bzw. ΔW “ Wpot pxq ´ Wges in den verschiedenen Bereichen der Abbildung 44.1 untersucht. Dabei kommen als Kernaussagen folgende Funktionseigenschaften zur Anwendung, [34, I, S. 158]. ‚ ψpxq nach oben offen, konkav

Ñ

ψ 2 pxq ą 0

‚ ψpxq nach unten offen, konvex

Ñ

ψ 2 pxq ă 0

‚ ψpxq ohne Wendepunkte

Ñ

ψ 2 pxq ‰ 0

‚ ψpaq Wendepunkt

Ñ

ψ 2 paq : Nullstelle

(44.5)

Bereiche IV

W (+) Wges III

III

Wpot (x) W (−)

II

Wges II

Wges

Wmin

I x1

x2

x3

Abb. 44.1: Exemplarischer Verlauf der potentiellen Energie, konkav im Intervall (x1 , x2 ) ` ˘ ΔW “ Wpot pxq ´ Wges

x

44.3 Klassifizierung und Energiequantisierung

Bereich I

Wpot pxq ě Wmin ą Wges

`

235

˘

Da die potentielle Energie Wpot stets größer als die Teilchenenergie Wges ist, gilt ΔW “ Wpot pxq ´ Wges I ą 0, so dass ψ und ψ 2 für alle x das gleiche Vorzeichen aufweisen. Es gilt also nach (44.5) entweder ψ ą 0 und konkav oder ψ ă 0 und konvex. Wenn ψ 2 keine Nullstellen besitzt, hat ψ keine Wendepunkte und ist dann für x Ñ ˘8 unbeschränkt. Hat ψpxq einen Wendepunkt bei x “ a, der wegen der gleichen Vorzeichen nur auf der Abszisse liegen kann, dann gilt ψ 2 paq “ 0 mit ψpxq ¨ ψ 2 pxq ě 0, aber ψ ist für x Ñ ˘8 ebenfalls unbeschränkt. Im Bereich I kann man daher in keinem Fall eine physikalisch zulässige, beschränkte Lösung der Schrödinger-Gleichung finden. Bereich II

W p´q ą Wges ą Wmin

`

˘

Die Punkte, in denen die kinetische Energie bei gegebenem Wges II für Wges II ´ Wpot px1,2 q “ E kin px1,2 q “ 0 verschwindet, heißen klassische Wendepunkte, da hier die Bewegung für ein klassisches Teilchen endet, das auf den Innenbereich x1 ď x ď x2 mit positiver Energie Ekin ą 0 beschränkt ist. Die quantenmechanische Lösung setzt sich aus den Einzellösungen für die beiden Außenbereiche ´8 ď x1 und x2 ď 8 mit ΔW “ Wpot ´ Wges II ą 0 und den Innenbereich x1 ď x ď x2 zusammen, die bei x “ x1 und x “ x2 die Stetigkeitsbedingungen (44.3) erfüllen müssen. Im Innenbereich gilt ΔW “ Wpot ´ Wges II ă 0, so dass ψ und ψ 2 entgegengesetzte Vorzeichen haben. Daher gilt entweder ψ ă 0 und konkav oder ψ ą 0 und konvex. Hat ψpxq Nullstellen im Intervall px1 , x2 q, dann weist die Lösungsfunktion dort ein oszillierendes Verhalten mit abwechselnd positiven konvexen und negativen konkaven Anteilen auf. In den einseitig begrenzten Außenbereichen mit ΔW ą 0 gelten wegen ψpxq ¨ ψ 2 pxq ě 0 die gleichen Eigenschaften wie im gesamten Bereich I, aber von den beiden linear unabhängigen Lösungen der Differentialgleichung muss man im jeweiligen Bereich die konkave oder konvexe Funktion wählen, die in x1,2 stetig anschließt und für x Ñ ´8 bzw. x Ñ `8 gegen Null strebt, so dass in jedem Außenbereich eine beschränkte Lösungsfunktion gefunden werden kann.

236

44 Eigenschaften der Wellenfunktionen

Mit steigender Intervallbreite Δx “ x2 ´ x1 ą 0 des Innenbereichs von Null an werden die gesuchten Wellenfunktion der Teilbereiche bei einer bestimmten Energie Wges II “ W0 ą Wmin zum ersten Mal als ψ0 pxq die Stetigkeitsbedingungen (44.3) bei x1,2 erfüllen, was sich bei ansteigenden Werten W1 , W2 , ... wiederholt. Die Werte W0 ă W1 ă W2 ă ... bilden eine Kette diskreter, einfacher Eigenwerte Wk , deren Nummerierung gleichzeitig die Anzahl der Nullstellen von ψk pxq, die man auch Wurzeln oder Knoten nennt, im Innenbereich Δx angibt. Die Eigenwerte bilden ein diskretes Spektrum, das bei von Neumann Punktspektrum genannt wird, [25, S. 55]. Die Energie Wges “ W0 bildet den Grundzustand, alle anderen Werte Wk sind angeregte Zustände. Die den Eigenwerten zugeordneten Eigenfunktionen ψk pxq sind quadratisch integrabel und daher normierbar, die die gebundenen oder Bindungszustände der Teilchen in der Potentialmulde des Innenbereichs zwischen den klassischen Wendepunkten beschreiben. Die Quantisierung der Teilchenenergie in den gebundenen Zuständen ist eine natürliche Folge des Eigenwertproblems der Schrödinger’schen Wellenmechanik. Da auch in den Außenbereichen | ψk pxq |2 ą 0 gilt, existiert trotz negativer kinetischer Energie ΔW “ Wpot pxaußen q ´ Wges II “ ´ E kin pxaußen q ą 0 selbst für beliebig große x quantenmechanisch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dort ein Teilchen anzutreffen, die erst für | x | Ñ 8 zu Null wird. Bereich III

˘ ` p`q ą Wges ą W p´q W

In diesem Bereich existiert für Wges III nur ein klassischer Wendepunkt bei x3 , so dass ein klassisches Teilchen ungebunden wäre, da es sich im unendlichen Intervall p´8, x3 q bewegen könnte. Für x ă x3 gilt ΔW “ Wpot ´ Wges III ă 0 und nach den Erkenntnissen von Bereich II existieren quantenmechanisch zwei linear unabhängige, oszillierende Funktionen, die für x Ñ ´8 nicht verschwinden. Solche Wellenfunktionen beschreiben ungebundene oder Streuzustände von Teilchen, die man nicht auf direkte Weise normieren kann, (s. Abschnitt 45.2). Für x ą x3 mit ΔW ą 0 ist von den beiden Lösungsfunktionen nur diejenige zulässig, die für x Ñ `8 gegen Null strebt.

44.3 Klassifizierung und Energiequantisierung

237

Die Erfüllung der Stetigkeitsbedingungen (44.3) bei x3 , die die eindeutige Superposition der beiden oszillierenden Funktionen und die Anpassung an die für x ą x3 gültige Funktion erzwingt, ist für jeden Wert von Wges möglich, so dass das Spektrum der Energieeigenwerte ein Kontinuum bildet, das bei von Neumann Streckenspektrum genannt wird, [25, S. 55]. Bereich IV

Wges ą W p`q

`

˘

In diesem Bereich gilt für alle x-Werte ΔW ă 0 mit positiver kinetischer Energie, so dass ein klassisches Teilchen ungebunden wäre und seine Bewegung sowohl in positiver wie in negativer x-Richtung beliebig weit erfolgen könnte. Quantenmechanisch existieren zwei linear unabhängige, oszillierende Lösungsfunktionen, die Streuzustände beschreiben, die für beliebige Energiewerte Wges zulässig sind. Das Energiespektrum bildet daher ein Kontinuum mit zweifach entarteten Eigenwerten.

Zusammenfassung In der Schrödinger-Gleichung spielt die Teilchenenergie Wges die Rolle eines Parameters, dessen Quantisierung wesentlich vom Verlauf der potentiellen Energie Wpot abhängt. Im eindimensionalen Fall kann man drei Fälle unterscheiden. 1. Quantisierung Bei zwei klassischen Wendepunkten (Bereich II) liegen für das Teilchen im Innenbereich gebundene Zustände vor. Die Energie Wges wird durch diskrete Eigenwerte Wk quantisiert, für die zugehörige Eigenfunktionen ψk existieren. 2. Kontinuum Liegt nur ein oder kein klassischer Wendepunkt vor (Bereiche III und IV), dann ist das Teilchen ungebunden und kann sich als Streuproblem in einer oder in beiden Richtungen beliebig weit bewegen. Es existieren Lösungen für kontinuierliche Werte von Wges und damit ein kontinuierliches Spektrum.

238

44 Eigenschaften der Wellenfunktionen

3. Gemischtes Problem Unterhalb einer Energieschwelle Wkrit “ W p´q existieren zwei klassische Wendepunkte (Bereich II), oberhalb nur einer (Bereich III). Damit liegen für das Teilchen entsprechend seiner Energie sowohl gebundene Zustände mit quantisierten Eigenwerten als auch ungebundene Zustände mit kontinuierlich verteilten Energiewerten vor. Mathematisch hat die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung (44.1) für alle Werte der Energie Wges Lösungen. Erst durch die physikalische Forderung nach Beschränktheit und Normierbarkeit werden in entsprechenden Konstellationen aus den unendlich vielen Lösungsmöglichkeiten abzählbar unendlich viele diskrete Energiewerte als zulässig ausgesondert. Die dadurch eingeführte Quantisierung der Energie bedeutete eine völlig neue Sichtweise gegenüber der klassischen Physik und stellte eines der bemerkenswertesten Kennzeichen der Quantenmechanik dar, [20, S. 274]. Damit bestand die wichtigste Aufgabe der quantenmechanischen Theorie, die sich auf die Schrödinger-Gleichung stützt, darin, nachzuweisen, dass sich gebundene Teilchen nur in diskreten Energieniveaus aufhalten können. Diese Erscheinung tritt bei der Untersuchung aller Atomspektren auf und findet in der klassischen Mechanik und Physik keine Erklärung. Da diskrete Energieniveaus bei allen Elementen beobachtet werden, muss das für gebundene Zustände typisch sein und kann nicht durch spezielle Kraftfelder hervorgerufen werden, [31, S. 84]. Die Fallunterscheidung wird behandelt in [4, S. 104], [24, I, S. 766 / II, S. 1650], [29, I, S. 34].

Kapitel 45

Freies Teilchen im Raum Der einfachste denkbare Fall ist ein Teilchen, auf das im Raum keinerlei Kräfte einwirken. Im klassischen Fall würde ein solches Teilchen nur dem Trägheitsgesetz gehorchen und sich geradlinig gleichförmig und daher mit konstanter Geschwindigkeit, die auch Null sein kann, bewegen. In der Quantenmechanik führt die Schrödinger-Gleichung dagegen auf eine Wellenfunktion.

45.1

Lineare Bewegung

Ein Teilchen der Masse m0 und konstanter Geschwindigkeit v “ v x ex ` v y ey ` v z ez

mit

| v | “ v “ const.

mit positiven Komponenten vk ą 0 befindet sich im kräftefreien Raum mit verschwindender potentieller Energie. Wpot “ 0 Das Teilchen hat die Richtung des Einheitsvektors n im Raum, die durch die Richtungscosinus bestimmt wird, n“

vy vx vz v “ ex ` ey ` ez “ cos α ex ` cos β ey ` cos γ ez v v v v n ¨ r “ x cos α ` y cos β ` z cos γ 239

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_45

240

45 Freies Teilchen im Raum

bei denen die Summe der Kosinus-Quadrate Eins ist. n2 “ cos2 α ` cos2 β ` cos2 γ “ 1 Die Gesamtenergie (36.5), die gleichzeitig der kinetischen Energie und nach (41.7) dem Hamilton-Operator entspricht, Wges “ E kin ppq “

m0 2 p2 2 “ H pr, pq “ ´ Δ v “ 2 2m0 2m0

führt auf die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung. Δψprq `

2m0 Wges ψprq “ 0 2

Mit der Abkürzung für die Wellenkonstante k der Dimension 1/m, die auch später noch öfter auftritt, k2 “

2m0 Wges 2

und dem Bernoulli’schen Produktansatz von Daniel Bernoulli ψpx, y, zq “ XpxqY pyqZpzq für die Separation der Variablen erhält man die folgende Darstellung, [38, II, S. 229]. Δψ 1 d2 X 1 d2 Y 1 d2 Z “ ` ` “ ´ k2 2 2 2 ψ Xpxq dx Y pyq dy Zpzq dz looooomooooon looooomooooon loooomoooon “ ˘ m2

“ ˘ n2

“ ˘ s2

Bei den drei Separationskonstanten m, n, s kommen die positiven Vorzeichen gemäß (44.4) nicht in Betracht, da einerseits reelle Exponential- bzw. hyperbolische Funktionen als Lösungen im Unendlichen nicht beschränkt sind und andererseits die ψ-Funktion komplex sein muss, wie das bei (38.8) gefordert und begründet wurde. Von den beiden linear unabhängigen Lösungen in x-Richtung Xm pxq “ Am ejmx ` Bm e´jmx kann nur die erste auftreten, die mit der Zeitabhängigkeit e´ jωt in (41.6) eine Wellenausbreitung in der gleichen Richtung wie die Teilchenbewegung

241

45.1 Lineare Bewegung

beschreibt, so dass Bm “ 0 sein muss, was in entsprechender Weise auch für y und z gilt. Als Lösung ergibt sich eine ortsabhängige Wellenfunktion ψprq für einen stationären Zustand, die nach dem Korrespondenzprinzip die Richtung des Wellenpaketes bzw. der Teilchenrichtung beschreiben muss ψprq “ ψpx, y, zq “ Am Bn Cs e jpmx`ny`szq “ Ke j k¨r

(45.1)

und die beim Einsetzen in die Differentialgleichung den Separationsansatz erfüllt. ` ˘ ´ Δψ “ m2 ` n2 ` s2 ψ “ k 2 ψ Für die Bewegungsrichtung im Raum gilt dann, k ¨ r “ k n ¨ r “ mx ` ny ` sz “ x k cos α ` y k cos β ` z k cos γ so dass die Separationskonstanten den Richtungscosinus proportional sind und daher nicht beliebig gewählt werden können, sondern in einem festen Verhältnis zueinander stehen. Dabei ist k die Wellenkonstante, die auf die De Broglie-Beziehung führt. ´ 2π ¯2 2m0 2m0 2m0 p2 W “ ω “ E “ “ ges kin 2 2 2 2 λ h λ“ p

k 2 “ m 2 ` n2 ` s 2 “ Ñ

Die zeitabhängige Wellenfunktion des freien Teilchens stellt gemäß (41.6) eine ebene Welle dar Ψpr, tq “ ψprq e´ jωt “ Ke jk¨r e´ jωt “ Ke jpp¨r´Wges tq{

(45.2)

mit der Kreisfrequenz ω und der Gruppengeschwindigkeit vg , die der Teilchengeschwindigkeit v entspricht. ω“

 2 k , 2m0

v “ vg “

 dω p  2π “ k“ “ dk m0 m0 m0 λ

Aus Sicht des Eigenwertproblems liegt ein kontinuierliches Energiespektrum vor, da die Energie Wges “ E kin und damit k 2 jeden beliebigen reellen Wert aufweisen kann, so dass es kein Teilchen mit einer bestimmten Energie

242

45 Freies Teilchen im Raum

gibt. Die Energiewerte sind zweifach entartet wegen der beiden möglichen Wurzeln ˘k, was den beiden Richtungen ˘k im Raum entspricht, von denen im aktuellen Fall durch die Teilchenbewegung nur eine realisiert ist. Die Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit (38.1) des Teilchens ergibt aus beiden Wellenfunktionen eine Konstante, ˇ ˇ ˇ ˇ P “ Ψ Ψ˚ “ ˇ Ψ2 ˇ “ ψ ψ ˚ “ ˇ ψ 2 ˇ “ | K |2 so dass man keine Aussage darüber treffen kann, an welchem Ort sich das Teilchen zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhält, was ja auch bei einer ebenen Welle als dessen idealisierte Form der Materie mit einem unendlichen Wellenzug nicht möglich ist. Diese Unbestimmtheit von Ort und Zeit korrespondiert mit den durch die Teilchengeschwindigkeit v exakt festgelegten Werten von Impuls und Energie, so dass die Heisenberg’sche Unschärferelation (40.6) gewährleistet ist. Mit dem Gradienten der stationären Wellenfunktion grad ψprq “ jk ψprq und der Wahrscheinlichkeitsdichte P prq der Materie erhält man für den Wahrscheinlichkeitsfluss j nach (38.6) folgende Beziehung, ˘  ` ˚ ψ grad ψ ´ ψ grad ψ ˚ 2m0 p  2j k | K |2 “ | K |2 n “ vP prq n “ ´j 2m0 m0

jprq “ ´ j

die der Stromdichte in Elektro- oder Hydrodynamik äquivalent ist. Das Problem des freien Teilchens wird behandelt in [4, S. 134], [9, S. 18], [11, S. 103], [12, S. 83].

45.2

Normierung der Wellenfunktion bei freien Teilchen

Die Eigenfunktionen freier Teilchen sind im eindimensionalen Fall durch ejkx und e´jkx oder Linearkombinationen davon gegeben. Dabei ergibt sich das Normierungsproblem, dass bei solchen Lösungen keine dieser Funktionen

45.2 Normierung der Wellenfunktion bei freien Teilchen

243

quadratisch integrabel ist, denn deren Integrale konvergieren nicht entgegen der Forderung nach Gleichung (38.2)! ż8 e

˘jkx ¯jkx

e

dx Ñ 8

ð{ñ

´8

ż8

| ψpxq |2 dx “ 1

´8

Bei nicht quadratisch integrablen Eigenfunktionen wie beim freien Teilchen kann es mitunter ausreichen, nur von relativen Wahrscheinlichkeiten zu sprechen. Will man aber im Einklang mit der bisherigen Theorie bleiben, dann gibt es in der Literatur verschiedene Ansätze, um diese Schwierigkeit zu überwinden. Bei der Born-Normierung wird das Teilchen in einem Kasten der Länge L betrachtet, um die Normierung durch periodische Randbedingungen ψk pxq “ ψk px ` Lq mit diskreten Eigenwerten bei ganzen Zahlen n zu erreichen. k“

2π n L

Ñ

Wges “

2 2 h2 k “ n2 2m 2m L2

Das Eigenwertspektrum ist dann diskret, geht aber bei steigender Länge L in ein Kontinuum über. Die Normierung der Eigenfunktionen kann daraufhin für ψk pxq “ Kejkx erfolgen und bei reeller Konstante K gilt żL

| ψk pxq |2 dx “ K 2 L “ 1

Ñ

1 K“? L

0

Bei der Dirac-Normierung wird versucht, mit Hilfe der Dirac-Funktion eine Delta-Normierung zu erreichen, bei der für die Eigenfunktionen ψk pxq “ Kejkx “ Kejpk x{ unter Verwendung der Fourier-Darstellung, [4, S. 777], [27, S. 36], 1 δpt ´ t0 q “ 2π

ż8 ´8

e jpt´t0 qω dω

244

45 Freies Teilchen im Raum

die folgende Beziehung gilt, ż8

ψk˚ pxq ψ pxq dx

“K

´8

2

ż8 e

jpk´qx

dx “ K

2

´8

ż8

e jppk ´p qx{ dx

´8

“ K 2 2π δpk ´ q “ K 2 2π δppk ´ p q

Ñ

K“?

1 2π

die gleichzeitig zeigt, dass die Eigenfunktionen ein Orthonormalsystem bilden, [10, S. 73], [29, S. 40], [30, S. 102, 105]. Eine Normierung ist auch dadurch möglich, dass man ebene Wellen nach (45.2), dargestellt für den eindimensionalen Fall, Ψpx, tq “ ψpxq e´ jωt “ Ke jkx e´ jωt “ Ke jrkx´pk

2 {2m

0 qts

als Linearkombination zu einem Wellenpaket wie in (34.9) mit begrenztem k-Bereich überlagert, wobei nach (37.8) mit k “ pz { über k integriert wird. c Ψpx, tq “

 2π

ż8

φpkq e jrkx´pk

2 {2m

0 qts

dk

(45.3)

´8

Die gesuchte Bildfunktion φpkq wird aus der gegebenen Anfangsfunktion c Ψpx, 0q “

 2π

ż8

φpkq e jkx dk

´8

durch Fourier-Transformation gemäß (37.6) bestimmt, 1 φpkq “ F tΨpx, 0qu “ ? 2π

ż8

Ψpx, 0q e´jkx dx

´8

wobei als Bedingung ż8

| Ψpx, 0q |2 dx ă 8

´8

erfüllt sein muss, [12, S. 85], [30, S. 103].

45.3 Kreisendes Teilchen als ebener Rotator

245

Im einfachen Fall einer rechteckförmigen, normierten Anfangsfunktion # ´x¯ A |x| ď a “ Ψpx, 0q “ A Π 2a 0 sonst ż8

| Ψpx, 0q |2 dx “ 1

´8

Ñ

1 A“ ? 2a

erhält man für die Bildfunktion φpkq eine si-Funktion nach (54.7), c c ża a sin ka a A ´jkx “ sipkaq e dx “ φpkq “ ? π ka π 2π ´a

Die Wellenfunktion Ψpx, tq muss dann nach (45.3) bestimmt werden, allerdings läßt sich dieses Integral nicht durch elementare Funktionen ausdrücken, [12, S. 87].

45.3

Kreisendes Teilchen als ebener Rotator

Ein Teilchen der Masse m bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit v im kräftefreien Raum mit verschwindender potentieller Energie Wpot “ 0 um den Koordinatenursprung auf einer Kreisbahn vom Radius a. In einem zylindrischen Koordinatensystem gilt bei konstanter Winkelgeschwindigkeit ω für den Ortsvektor r der Bahnkurve und den Geschwindigkeitsvektor v, [38, I, S. 85, 412]. dϕ “ ϕ9 “ ω0 “ const. dt ˘ ` r “ a cos ϕ ex ` sin ϕ ey “ a e dr “ a e9  “ a ϕ9 eϕ “ a ω0 eϕ dt Die kinetische oder Rotationsenergie stellt die Gesamtenergie des Systems dar, die der Lagrange-Funktion L nach (7.9) entspricht. Mit dem Trägheitsmoment Θ des Massenpunktes im Abstand a von der z-Achse und dem Drehimpuls L v“

Θ “ ma2 L “ r ˆ p “ m r ˆ v “ Θ ω 0 ez

246

45 Freies Teilchen im Raum

wird die Gesamtenergie dargestellt. Wges “ E kin “ E rot “

1 L2 1 1 mv 2 “ ma2 ω02 “ Θ ω02 “ 2 2 2 2Θ 1 “ Θ ϕ9 2 “ Lpq, qq 9 2

Das System besitzt nur einen Freiheitsgrad mit der generalierten Koordinate q “ ϕ als Winkelvariable nach Kapitel 20 und dem generalisierten Impuls pϕ , der als Drehimpuls die zugehörige Wirkungsvariable darstellt. Mit (9.1) und (10.6) erhält man die beiden Größen pϕ “ E kin “

BL BE kin “ Θ ϕ9 “ B q9i B ϕ9 p2ϕ 1 1 pϕ ϕ9 “ Θ ϕ9 2 “ 2 2 2Θ

Nach (41.7) lautet der Hamilton-Operator, H ppq “ Wges “ E kin “

 2 a2 1 2 Θ ω02 “ ´ Δ“´ Δ 2 2m 2Θ

aus der die Schrödinger-Gleichung folgt, die in Zylinderkoordinaten wegen B{B “ B{Bz “ 0 nur eine gewöhnliche Differentialgleichung ist, die beim Radius  “ a gilt. ˇ 1 d2 ψ ˇˇ 2m 2Θ “ ´ 2 Wges ψpϕq “ ´ 2 2 Wges ψpϕq 2 dϕ2 ˇ“a   a Mit der Abkürzung für die dimensionslose Größe n2 “

2Θ Wges 2

erhält man die Differentialgleichung mit ihren beiden Lösungsfunktionen. # sin nϕ d2 ψ 2 ` n ψpϕq “ 0 Ñ ψn pϕq “ 2 dϕ cos nϕ Die Aufgabenstellung erfordert ein periodisches Verhalten, ψn p0q “ ψn p2πq

247

45.3 Kreisendes Teilchen als ebener Rotator

so dass die Null-Lösung nicht auftreten kann und n eine natürliche Zahl sein muss. Lösungen existieren daher nur für diskrete Eigenwerte der Energie, Wges

Ñ

Wn “

2 2 2 n “ n2 2Θ 2ma2

pn “ 1, 2, ...q

die alle einfach entartet sind, da sich der Massenpunkt in beide Richtungen drehen kann. Die Quantenmechanik liefert die Energiewerte der stationären Zustände, die mit der Theorie von Bohr übereinstimmen. Denn vergleicht man die Eigenwerte der Energie mit dem klassischen Energieausdruck des Rotators, E rot “

1 L2 Θ ω2 “ 2 2Θ

bei dem | L | “ Θ ω den Drehimpuls des Systems bildet, dann folgt daraus, dass eine Quantisierung des Drehimpulses mit den Werten ^

| L | “ Ln “ n

Ñ

n “ 1, 2, ...

vorliegt, die dem Bohr’schen Postulat in Gleichung (30.1) entspricht. Für eine Eigenfunktion, ψn pϕq “ An cos nϕ ` Bn sin nϕ bei der die Konstanten aus den Anfangswerten ϕp0q und ϕp0q 9 bestimmt werden, führt die Normierung auf das Ergebnis ż2π

| ψn pϕq |2 dϕ “ 1

Ñ

A2n ` Bn2 “

1 π

0

Das Problem des ebenen Rotators wird behandelt in [2, S. 281], [11, S. 104], [13, S. 66].

248

45 Freies Teilchen im Raum

45.4

Kenngrößen von Bewegungen

Lineare oder translatorische Bewegungen und Dreh- oder Rotationsbewegungen werden durch einander entsprechende Größen und Beziehungen beschrieben, die in der folgenden Tabelle gegenübergestellt sind.

Translation

Rotation

Masse als Widerstand gegen äußere Kraft

m

Trägheitsmoment als Widerstand gegen äußeres Drehmoment

Θ

Geschwindigkeit

v

Winkelgeschwindigkeit bei Kreisbewegung

ω v “ ωr

Impuls

p “ mv

Drehimpuls

L “ Θ ω

kinetische Energie

Ekin “

kinetische Energie

Erot “

F

mv 2 2 p2 “ 2m

Tabelle 45.1: Kenngrößen von Bewegungen

M

Θω 2 2 L2 “ 2Θ

Kapitel 46

Einfache Potentialvorgaben In Kern- und Festkörperphysik liegen häufig Potentialfunktionen vor, die man in bestimmten Bereichen als konstant ansehen kann. Um die Behandlung zu vereinfachen, werden die Aufgabenstellungen idealisiert, bei denen die Potentialfunktionen endliche Sprünge und keine kontinuierlichen Übergänge bei aneinander angrenzenden Regionen aufweisen. Die eindimensionale, stationäre Schrödinger-Gleichung (44.1) ‰ d2 ψ 2m “ ` 2 Wges ´ Wpot pxq ψpxq “ 0 2 dx  wird für Teilchen der Masse m für verschiedene Probleme gelöst. In der Literatur findet man häufig die Bezeichnungen Potential V pxq und Energie E für die beiden Energien Wpot pxq und Wges , (s. Fußnote S. 31). In den behandelten Beispielen werden die folgenden Abkürzungen k, q, r mit der Dimension 1/m sowie der auf die Bezugslinie oder Plateaulinie Wpot “ W0 ą 0 bezogene Energieparameter w verwendet. 2m 2mW0 Wges ¨ “ r2 w ą 0 k “ 2 Wges “  2 W0 2

c r“

2m W0 2 (46.1)

q2 “

˘ 2m ` Wges ´ W0 “ r2 pw ´ 1q £ 0 2  249

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_46

w“

Wges W0

250

46 Einfache Potentialvorgaben

Hinzu treten weitere Beziehungen und Abkürzungen, die vorab angegeben werden. k“r

q“r

κ“r

46.1

? w ?

w´1

?

1´w

α2 “

w´1 w

ε˘ “

1 ˘ α2 α

pw ą 1q

α r2 “

1´w w

εr˘ “

1˘α r2 α r

pw ă 1q

(46.2)

Potentialstufe

Für das dargestellte Problem mit einem Sprung der potentiellen Energie von Null auf das Potentialplateau W0 bei x “ 0

Wpot (x) Wges > W0

(A) W0

Plateaulinie

Wges < W0

(B)

x 0 Abb. 46.1: Potentialstufe erhält man zwei Differentialgleichungen, die auch bei weiteren Aufgabenstellungen, allerdings für andere Bereiche der x-Achse, Gültigkeit haben. d 2 ψ´ ` k 2 ψ´ pxq “ 0 dx2

für x ă 0

d 2 ψ` ` q 2 ψ` pxq “ 0 dx2

für x ą 0

(46.3)

251

46.1 Potentialstufe

Physikalisch haben die stationären ψ-Funktionen eine wahrscheinlichkeitstheoretische Bedeutung aber wegen der Zeitabhängigkeit e´ jωt nach (41.6) spricht man bei der Gesamtlösung Ψpr, tq „ ejp˘kx´ωtq oft auch von reflektierten, transmittierten und überlagerten Wellen, die sich bei fortschreitender Zeit in positive oder negative x-Richtung fortpflanzen. Daher kann man physikalisch sinnvolle Ansätze mit Reflexions- und Transmissionsfaktoren R und T bzw. | R |2 und | T |2 machen, wobei Phänomene auftreten, die man auch von Wellen in der Elektrodynamik kennt. Für die Lösungsansätze wird angenommen, dass Teilchen von links aus dem Bereich x ă 0 einfallen.

46.1.1

Wges ą W0

Fall A)

Wenn die Teilchenenergie größer als die Energiestufe ist, macht man folgende Ansätze mit reellem 0 ă q ă k, bei dem für x ă 0 einfallende und reflektierte Anteile, bei x ą 0 aber nur ein transmittierter Anteil als physikalisch beschränkte Lösung auftreten kann. ψ´ pxq “ e jkx ` R e´jkx

xă0

ψ` pxq “ T e jqx

xą0

Aus den Stetigkeitsbedingungen (44.3) für x “ 0 werden die reellen Werte von Reflexions- und Transmissionsfaktor bestimmt. 1`R“T

+ Ñ

jk p1 ´ Rq “ jq T

R“

k´q , k`q

T “

2k k`q

Mit den Abkürzungen für die Energiequotienten w“

Wges ą1 W0

Ñ

α2 “

´ q ¯2 k



w´1 w

lauten Reflexions- und Transmissionsfaktor R “ 2

ˆ

1´α 1`α

˙2 ,

T “ 2

ˆ

2 1`α

˙2

(46.4)

252

46 Einfache Potentialvorgaben

Die Teilchenstromdichten haben nach (38.6) und wegen (41.6) die Ortsabhängigkeit, Bψ ˚ ı  ” ˚ Bψ´ j´ pxq “ ´ j ψ´ ´ ψ´ ´ e x 2m Bx Bx “` ˘ ` ˘  e´ jkx ` R e jkx jk e jkx ´ R e´jkx “ ´j 2m ˘ ` ˘‰ ` ´ e jkx ` R e´jkx p´jkq e´jkx ´ R e jkx ex ˘ ` ˘ k ` 1 ´ R2 ex “ v´ 1 ´ R2 ex m ‰  “ ´jqx j` pxq “ ´ j Te jq T e jqx ´ T e jqx p´jqq T e´jqx ex 2m q 2 T ex “ v ` T 2 ex “ m “

(46.5)

wobei die Größen v´ “

k , m

v` “

q m

die Teilchengeschwindigkeiten in den beiden Bereichen darstellen. Für Reflexions- und Transmissionsfaktor gelten die Beziehungen, ` ˘2 q R2 ` T 2 “ 1 1 ` R “ T2 , k woraus folgt, dass die Teilchenstromdichte wegen ` ˘ k 4kq v´ 1 ´ R 2 “ v` T 2 “ m pk ` qq2 nicht von x abhängt, sondern überall den gleichen Wert hat. Die Wahrscheinlichkeitsdichten ergeben sich zu | ψ´ |2 “ 1 ` R2 ` 2R cos 2kx

xă0

| ψ` |2 “ T 2

xą0

Im Grenzfall Wges " W0 tritt keine Reflexion auf k«q

ñ

R “ 0,

T “1

mit

ψp0q “ 1

und im Grenzfall Wges “ W0 gilt α“0

ñ

R “ 1,

T “4

mit ψ´ pxq “ 4 cos2 kx

253

46.1 Potentialstufe





Abb. 46.2: Wahrscheinlichkeitsdichten | ψpuq |2 der Potentialstufe für den Fall A) ? ^ Abszisse: u “ rx mit kx “ w u Parameter: w “ 1, 1.25, 1.5, 1.75, 2, 10

46.1.2

Fall B)

Wges ă W0

Wenn die Teilchenenergie kleiner als die Energiestufe ist, wird q imaginär, so dass man mit einem reellen Wert κ als Abkürzung weiterrechnen kann. c q “ jκ

κ“

2m W0 2

c 1´

? Wges “r 1´w ą 0 W0

(46.6)

Man macht folgenden Ansatz, bei dem sich nur die Funktion ψ` für x ą 0 ändert. ψ´ pxq “ e jkx ` R e´jkx

xă0

ψ` pxq “ T e´κx

xą0

Nach den Stetigkeitsbedingungen lauten die komplexen Faktoren, die man auch durch formales Ersetzen von q “ jκ und α “ j α r findet + 1`R“T 2k k ´ jκ , T “ Ñ R“ k ` jκ k ` jκ jk p1 ´ Rq “ ´ κ T Mit den Abkürzungen für die Energiequotienten ´ κ ¯2 1 ´ w Wges ă1 Ñ α r2 “ “ 0ăw“ W0 k w

(46.7)

254

46 Einfache Potentialvorgaben

kann man den komplexen Reflexionsfaktor folgendermaßen darstellen. R“

z˚ 1 ´ jα r “ “ e´j 2ϕ 1 ` jα r z

mit

ϕ “ arctan α r

Wegen | R |2 “ 1 tritt Totalreflexion auf. Die Teilchen dringen zwar mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit abhängig von κ in das Gebiet x ą 0 ein, aber wegen j` pxq “ ´ j

‰  “ ˚ ´κx T e p´κq T e´κx ´ T e´κx p´κq T ˚ e´κx ex “ 0 2m

findet kein Teilchenfluss über diese Grenze statt. Für den Transmissionsfaktor gilt | T |2 “

4k 2 “ 4w k 2 ` κ2

Die Wahrscheinlichkeitsdichten ergeben sich zu ´ ¯ | ψ´ |2 “ 4 cos2 kx ` ϕ ?

| ψ` |2 “ 4 w e´2

xă0 xą0

1´w rx





Abb. 46.3: Wahrscheinlichkeitsdichten | ψpuq |2 der Potentialstufe für den Fall B) ? ^ Abszisse: u “ rx mit kx “ w u Parameter: w “ 1, 0.75, 0.5, 0.25, 0.1

255

46.2 Potentialwall

Die Faktoren für Reflexion und Transmission haben in Abhängigkeit von der Teilchenenergie Wges die Verläufe der folgenden Abbildung.

Abb. 46.4: Faktoren | R |2 in rot und | T |2 in blau Abszisse: w “ Wges {W0 Im Grenzfall einer unendlich hohen Potentialstufe W0 Ñ 8 gilt, # κÑ8

ñ

R “ ´1 T “0

# mit

ψ´ pxq “ j2 sin kx ψ` pxq “ 0

1 p0q ‰ ψ 1 p0q wegen des unendlichen Potentialwobei die Ableitungen ψ´ ` sprungs unstetig sind, (s. Abschnitt 44.2). Auf Grund der unendlich hohen Potentialstufe tritt wegen Wges ă W0 nur Fall B) auf, bei dem für jeden Energiewert Wges eine Lösung existiert, so dass das Energiespektrum kontinuierlich ist.

Die Potentialstufe wird behandelt in [4, S. 141], [10, S. 85], [33, S. 58].

46.2

Potentialwall

Die Potentialfunktion bildet nach Abbildung 46.5 mit dem Potentialplateau W0 eine Barriere für ein von links einfallendes Teilchen, wodurch es sich um ein Streuproblem mit einem kontinuierlichem Energiespektrum handelt.

256

46 Einfache Potentialvorgaben

Wpot (x) Wges > W0

(A) W0

Wges < W0

(B) −a

0

x

+a

Abb. 46.5: Potentialwall Mit den Konstanten k und q nach (46.1) bzw. (46.2) erhält man die gleichen Differentialgleichungen (46.3) wie bei der Potentialstufe mit anderen Gültigkeitsbereichen. d2 ψ ` k 2 ψpxq “ 0 dx2

für

|x| ą a

d2 ψ ` q 2 ψpxq “ 0 dx2

für

|x| ă a

Im Außenbereich des Potentialwalls gelten mit der Kenntnis der Lösung für die Potentialstufe die Wellenfunktionen ψ´ pxq “ e jkx ` R e´jkx

x ă ´a

ψ` pxq “ T e jkx

x ą `a

Die Teilchenstromdichten, die nicht von x abhängen sondern konstant sind, lauten wie bei (46.5), $ ˘ ` ˘ k ` ’ ’ 1 ´ | R |2 “ v 1 ´ | R |2 & “ m jpxq “ ’ ’ % “ k | T |2 “ v | T |2 m

x ă ´a x ą `a

wobei v “ k{m die Teilchengeschwindigkeit in beiden Außenbereichen darstellt. Im Innenbereich muss man eine Fallunterscheidung bezüglich der auftretenden Energien machen.

257

46.2 Potentialwall

46.2.1

Wges ą W0

Fall A)

Wegen q 2 ą 0 gilt für die Wellenfunktion im Innenbereich ψi pxq “ A e jqx ` B e´jqx

|x| ă a

Die Stetigkeitsbedingungen (44.3) für Funktion und Ableitung an den Stellen x “ ´a und x “ `a führen auf die folgenden vier Gleichungen. e´jka ` R e`jka “ A e´jqa ` B e`jqa ` ˘ ` ˘ jk e´jka ´ R e`jka “ jq A e´jqa ´ B e`jqa (46.8)

A e`jqa ` B e´jqa “ T e`jka ` `jqa ˘ jq A e ´ B e´jqa “ jk T e`jka

Mit den bereits verwendeten Abkürzungen für die Energieverhältnisse w“

Wges ą 1, W0

α2 “

´ q ¯2 k



Wges ´ W0 w´1 ă 1, “ Wges w

β“

B A

ergeben die Quotienten der beiden ersten und letzten Gleichungen α

1 ` R e`j2ka 1 ` β e`j2qa “ 1 ´ β e`j2qa 1 ´ R e`j2ka

Ñ R e`j2ka “

1 ` β e´j2qa “α 1 ´ β e´j2qa

Ñ

p1 ´ αq ` p1 ` αq β e`j2qa p1 ` αq ` p1 ´ αq β e`j2qa

β e´j2qa “ ´

1´α 1`α

Durch Einsetzen folgt `j2ka

Re

˘` ˘ 1 ´ α2 1 ´ e j4qa “` ˘2 ˘2 ` 1 ` α ´ 1 ´ α e j4qa ` ˘` ˘ 1 ´ α2 1 ´ e j4qa ˘` ˘ ` ˘ “` 1 ` α2 1 ´ e j4qa ` 2α 1 ` e j4qa `

und mit # 1˘e

j4qa

˘ “ e´j2qa ˘ e`j2qa e j2qa “ `

` 2 cos 2qa e j2qa ´ 2j sin 2qa e j2qa

258

46 Einfache Potentialvorgaben

erhält man den Reflexionsfaktor. ˘ ` 1 ´ α2 sin 2qa ˘ e´j2ka R“ ` 1 ` α2 sin 2qa ` j 2α cos 2qa Um den Transmissionsfaktor zu berechnen, bestimmt man zunächst die Konstanten A und B aus den beiden ersten Gleichungen (46.8) mit der inversen Matrix nach [38, I, S. 33]. ˜ ¸ ˜ ¸´1 ˜ ¸˜ ¸ A e´jqa e´jka ` e`jka 1 ` e`jqa “ ´jqa `jqa ´jka `jka αe ´αe B R e ´e 1 “ 2α

` p1 ` αq e´jpk´qqa ´ p1 ´ αq e`jpk`qqa

˜

¸˜ ¸ 1

´ p1 ´ αq e´jpk`qqa ` p1 ` αq e`jpk´qqa

R

Damit folgt aus der dritten Stetigkeitsgleichung (46.8), ` ˘ 2α T e jka “ A e jqa 1 ` β e´j2qa “ A e jqa 1`α 1 ´ α j2qa T “ e´j2pk´qqa ´ e R 1 ` α` ˘` ˘ j „ 1 ´ α 1 ` α sin 2qa 1´α ` ˘ ¨ e´j2pk´qqa “ 1´ 1 ` α 1 ` α2 sin 2qa ` j 2α cos 2qa Für den Zähler gilt, ` ˘ Z “ 1 ` α2 sin 2qa ` j 2α cos 2qa ´ p1 ´ αq2 sin 2qa “ j2α pcos 2qa ´ j sin 2qaq “ j2α e´j2qa so dass man den Transmissionsfaktor erhält. T “`

1`

α2

˘

j 2α e´j2ka sin 2qa ` j 2α cos 2qa

Mit den Abkürzungen ε˘ für w ą 1 ε˘ “

k q 1 1 ˘ α2 “ ˘ “a ¨ α q k wpw ´ 1q

ε2` ´ ε2´ “ 4

"

2w ´ 1 1

259

46.2 Potentialwall

erhält man die Betragsquadrate der Faktoren für Reflexion und Transmission in der Form , ε2´ sin2 2qa / 2 / |R| “ / 2 2 4 ` ε´ sin 2qa . Ñ | R |2 ` | T |2 “ 1 / 4 / / | T |2 “ 2 2 4 ` ε´ sin 2qa Die Wahrscheinlichkeitsdichten in den drei Bereichen lauten folgendermaßen, in die man die vier komplexen Konstanten einsetzen muss. ` ˘ | ψ´ pxq |2 “ 1 ` | R |2 ` 2 Re R e´j2kx x ă ´a ˘ ` |x| ă a | ψi pxq |2 “ | A |2 ` | B |2 ` 2 Re AB ˚ e`j2qx | ψ` pxq |2 “ | T |2

x ą `a

 

 



 

Abb. 46.6: Wahrscheinlichkeitsdichten | ψpuq |2 des Potentialwalls für Fall A) ? ? Parameter: ka “ ra w , qa “ ra w ´ 1 oben: ra “ 1 , w “ 1, 1.25, 1.5, 1.75, 2, 3, 10 unten: ra “ 3 , w “ 1, 2, 5

260

46 Einfache Potentialvorgaben

Die Teilchenstromdichte im Innenbereich ergibt mit den Konstanten A und B nach einigen Umformungen ` ˘ k ` ˘ ˘ q `  Re j ψ ˚ grad ψ “ | A |2 ´ | B |2 “ 1 ´ | R |2 m m m Der Vergleich mit den obigen Ergebnissen zeigt, dass die Teilchenstromdichte überall den gleichen konstanten Wert besitzt, was auch zu erwarten war, da ja nirgendwo Teilchen erzeugt oder vernichtet werden! ji pxq ¨ ex “ ´

46.2.2

Fall B)

Wges ă W0

Wenn die Teilchenenergie kleiner als die Energiestufe ist, wird q imaginär mit einem reellen Wert κ ą 0. c c c Wges 2m 1´w κ q r“j W0 1 ´ Ñ α “ “ j “ jα q “ jκ “ j 2  W0 k k w Für die Wellenfunktion im Innenbereich gilt dann ψi pxq “ A e´κx ` B e`κx Die Berechnung der Konstanten muss nicht im Einzelnen wiederholt werden, sondern wird erreicht, indem man in den Ergebnissen von Fall A) q und α durch jκ und j α r ersetzt. Damit folgen die Darstellungen der Konstanten A und B ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ A ´ p1 ` j α rq e´κa e´jka ` p1 ´ j α 1 rq e´κa e`jka j “ 2r α ` p1 ´ j α B R rq e`κa e´jka ´ p1 ` j α rq e`κa e`jka und von Reflexions- und Transmissionsfaktor. ˘ ` 1`α r2 sinh 2κa ˘ e´j2ka R“ ` 2 1´α r sinh 2κa ` j 2r α cosh 2κa T “

2r α ` ˘ e´j2ka 2 2r α cosh 2κa ´ j 1 ´ α r sinh 2κa

Mit den Abkürzungen εr˘ für w ă 1 εr˘ “

k κ 1 1˘α r2 “ ˘ “a ¨ α r κ k wp1 ´ wq

εr`2 ´ εr´2 “ 4

"

1 2w ´ 1

261

46.2 Potentialwall

lauten die Betragsquadrate der Faktoren für Reflexion und Transmission , εr`2 sinh2 2κa / 2 / |R| “ / 2 2 4 ` εr` sinh 2κa . Ñ | R |2 ` | T |2 “ 1 / 4 / / | T |2 “ 2 2 4 ` εr` sinh 2κa Die Wahrscheinlichkeitsdichten in den beiden Außenbereichen gleichen bei abweichenden Werten für R und T formal dem Fall A), aber im Innenbereich liegt eine andere Funktion vor. ` ˘ | ψ´ pxq |2 “ 1 ` | R |2 ` 2 Re R e´j2kx x ă ´a ˘ ` |x| ă a | ψi pxq |2 “ | A |2 e´2κx ` | B |2 e`2κx ` 2 Re AB ˚ | ψ` pxq |2 “ | T |2

x ą `a

 

 

Abb. 46.7: Wahrscheinlichkeitsdichten | ψpuq |2 des Potentialwalls für Fall B) Abszisse: u “ x{a ? ? Parameter: ka “ ra w , qa “ ra 1 ´ w w “ 0.1, 0.25, 0.5, 0.75, 1 oben: ra “ 1 , unten: ra “ 3

262

46 Einfache Potentialvorgaben

46.2.3

Transmission und Tunneleffekt

Durch Reihenentwicklung erhält man in beiden Fällen A) und B) den Grenzwert für den Transmissionsfaktor lim | T |2 “

wÑ1

1 2 ` ˘2 “ 1 ´ | R | 1 ` ra

Der Transmissionsfaktor hat in Abhängigkeit von der Teilchenenergie die Verläufe der Abbildung 46.8. Im Fall A) mit w ą 1 tritt für # sin2 2ka “ 0

Ñ

| R |2 “ 0 | T |2 “ 1

keine Reflexion sondern nur Transmission auf, was man als Transmissionsresonanz bezeichnet, [10, S. 90]. Die Resonanzbedingung 2ka “ nπ führt nach (46.1) auf die zugehörigen Energiewerte 2 ´ π ¯ 2 2 n pn “ 1, 2, 3, ...q (46.9) 2m 2a ? Je größer der Wert ra “ a 2mW0 { wird, um so schärfer sind die Transmissionsresonanzen ausgeprägt. Wgesn “





 

Abb. 46.8: Transmissionsfaktor | T |2 pwq des einfachen Potentialwalls, Bereich des Tunneleffekts in gelb Abszisse: w “ Wges {W0 Parameter: ra “ 1, 2, 3, 4

46.3 Potentialtopf

263

Die Größe | T |2 wird auch als Durchlässigkeitskoeffizient bezeichnet. Denn auch wenn die Teilchenenergie Wges kleiner als die Potentialbarriere W0 ist, gibt es in der Quantenmechanik anders als in der klassischen Mechanik eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Teilchen, den Potentialwall zu durchdringen. Dieses erstaunliche Phänomen der Quantenmechanik wird als Tunneleffekt bezeichnet, der ständig in Festkörper- und Halbleiterphysik auftritt. Allerdings existiert für diese Erscheinung eine klassische Entsprechung in der elektromagnetischen Wellenoptik. Fällt bei einer Anordnung zweier Halbräume mit höherem Brechungsindex, (z.B. Glas), die durch eine dünne Schicht mit niedrigerem Brechungsindex, (z.B. Luft), getrennt sind, eine ebene Welle unter einem Einfallswinkel auf diese Trennschicht, der größer als der kritische Winkel der Totalreflexion ist, dann erzeugt das in der Schicht existierende evaneszente Feld eine Welle im benachbarten Halbraum, die in sensibler Weise von den Brechzahlen, dem Einfallswinkel und der Schichtdicke abhängt. Die Energieübertragung von der Einfallswelle im ersten Halbraum durch die Trennschicht auf die zweite Welle im anderen Halbraum entspricht einem Tunneleffekt, der in der Wellenoptik als frustrierte Totalreflexion bezeichnet wird, [14, S. 125], [21, S. 448], [23, S. 34]. Der Potentialwall wird behandelt in [4, S. 150], [10, S. 91], [11, S. 117], [30, S. 137], [33, S. 63].

46.3

Potentialtopf

Der Potentialtopf stellt das reziproke Problem zum Potentialwall dar und dient als Modell für Kräfte von kurzer Reichweite, wie man sie in Kernphysik oder bei abgeschirmten Störstellen in Festkörpern vorfindet, [33, S. 70]. Solche Potentialfunktionen findet man in idealisierter Form bei Halbleitern für Elekronen im Leitungsband oder Löcher im Valenzband, was im Abschnitt 49 anhand des Bändermodells noch erörtert wird. Die im englischen Sprachgebrauch als Quantum -Well bezeichneten Strukturen haben einen großen Anwendungsbereich speziell auch in optoelektronischen Bauelementen wie Quantum -Well Lasern, [29, S. 83], [32, S. 728].

264

46 Einfache Potentialvorgaben

Wpot (x) Wges > W0

(A) W0

Wges < W0

(B) −a

x

+a

0

Abb. 46.9: Potentialtopf In den Differentialgleichungen sind die Konstanten k und q nach (46.1) gegenüber dem Potentialwall vertauscht. d2 ψ ` q 2 ψpxq “ 0 dx2

für

|x| ą a

d2 ψ ` k 2 ψpxq “ 0 dx2

für

|x| ă a

Die Lösungsfunktion lautet im Innenbereich wegen k 2 ą 0, ψi pxq “ A e jkx ` B e´jkx

|x| ă a

aber außerhalb ist eine Fallunterscheidung erforderlich.

46.3.1

Wges ą W0

Fall A)

Wegen q 2 ą 0 gilt für die Wellenfunktionen in den Außenbereichen ψ´ pxq “ e jqx ` R e´jqx

x ă ´a

ψ` pxq “ T e jqx

x ą `a

Die Stetigkeitsbedingungen (44.3) für Funktion und Ableitung an den Stellen x “ ´a und x “ `a führen auf die folgenden vier Gleichungen. e´jqa ` R e`jqa “ A e´jka ` B e`jka ˘ ` ˘ jq e´jqa ´ R e`jqa “ jk A e´jka ´ B e`jka `

Ae `

`jka

`jka

jk A e

`Be

´Be

´jka

´jka

˘

“Te

`jqa

“ jq T e`jqa

(46.10)

265

46.3 Potentialtopf

Mit den gleichen Abkürzungen wie beim Potentialwall ´ q ¯2 W ´ W Wges w´1 ges 0 w“ ă 1, ą 1, α2 “ “ “ W0 k Wges w

β“

B A

werden die Konstanten in entsprechender Weise ermittelt.

α

1 ` β e`j2ka 1 ` R e`j2qa “ α 1 ´ R e`j2qa 1 ´ β e`j2ka

Ñ R e`j2qa “

1 ` β e´j2qa “1 1 ´ β e´j2qa

Ñ

pα ´ 1q ` pα ` 1q β e`j2ka pα ` 1q ` pα ´ 1q β e`j2ka

β e´j2ka “ `

1´α 1`α

Für die Konstanten A und B folgt aus den beiden ersten Stetigkeitsbedingungen eine Darstellung, bei der die Matrizen im Vergleich zum Problem des Potentialwalls miteinander vertauscht sind. ˜ ¸ ˜ ¸´1 ˜ ¸˜ ¸ A e´jka ` e`jka e´jqa 1 ` e`jqa “ ´jqa `jqa ´jka `jka B αe ´αe R e ´e ˜ ¸˜ ¸ `jpk´qqa p1 ´ αq e`jpk`qqa 1 1 p1 ` αq e “ 2 p1 ´ αq e´jpk`qqa p1 ` αq e´jpk´qqa R Damit erhält man nach algebraischen Umformungen die Faktoren von Reflexion und Transmission ` ˘ 1 ´ α2 sin 2ka ˘ R“´` e´j2qa 1 ` α2 sin 2ka ` j 2α cos 2ka T “`

1`

α2

˘

j 2α e´j2qa sin 2ka ` j 2α cos 2ka

und mit den Abkürzungen 1 ˘ α2 k q 1 ¨ “ ˘ “a ε˘ “ α q k wpw ´ 1q die Darstellungen für die Betragsquadrate , ε2´ sin2 2ka / 2 / |R| “ / 4 ` ε2´ sin2 2ka . Ñ / 4 / 2 / |T | “ 4 ` ε2´ sin2 2ka

"

2w ´ 1 1

| R |2 ` | T |2 “ 1

266

46 Einfache Potentialvorgaben

Die Wahrscheinlichkeitsdichten in den drei Bereichen lauten folgendermaßen, in die man die vier komplexen Konstanten einsetzen muss. ` ˘ x ă ´a | ψ´ pxq |2 “ 1 ` | R |2 ` 2 Re R e´j2qx ˘ ` |x| ă a | ψi pxq |2 “ | A |2 ` | B |2 ` 2 Re AB ˚ e`j2kx | ψ` pxq |2 “ | T |2

x ą `a

Der Fall A) beschreibt ein Streuproblem, bei dem für jeden Energiewert Wges ą W0 eine Wellenfunktion existiert, wodurch das Energiespektrum kontinuierlich ist.





 

Abb. 46.10: Wahrscheinlichkeitsdichten | ψpuq |2 des Potentialtopfs für Fall A) ra “ 1 (oben) , ra “ 2 (unten) Abszisse: u “ x{a Parameter: w “ 1.1, 1.25, 1.5, 1.75, 2, 5 Wie beim Potentialwall tritt bei w ą 1 für # sin2 2ka “ 0

Ñ

| R |2 “ 0 | T |2 “ 1

keine Reflexion sondern nur Transmission auf, so dass auch in diesem Fall Transmissionsresonanz existiert.

267

46.3 Potentialtopf

Die Resonanzbedingung 2ka “ nπ führt wie bei (46.9) auf die zugehörigen Energiewerte Wgesn “

2 ´ π ¯2 2 n 2m 2a







pn “ 1, 2, 3, ...q

 

Abb. 46.11: Transmissionsfaktor | T |2 pwq des Potentialtopfs Abszisse: w “ Wges {W0 Parameter: ra “ 1, 2, 3, 6, 9

46.3.2

Fall B)

Wges ă W0

Im Innenbereich setzt man die Lösungsfunktion trigonometrisch an, was sich im weiteren Rechengang mit reellen Funktionen als günstiger erweist. ψi pxq “ A sin kx ` B cos kx

|x| ă a

Wegen q 2 ă 0 verwendet man die gleichen Abkürzungen wie in den vorherigen Beispielen. c Wges 1´w κ 0ăw“ ă 1 , q “ jκ , α r“ “ W0 k w Als Lösung kann in den Außenbereichen jeweils nur diejenige Exponentialfunktion auftreten, die für x Ñ ˘8 beschränkt ist. ψ´ pxq “ S e`κx

x ă ´a

ψ` pxq “ D e´κx

x ą `a

268

46 Einfache Potentialvorgaben

Die Stetigkeitsbedingungen (44.3) für x “ ˘a führen auf die folgenden Gleichungen, ´A sin ka ` B cos ka “ S e´κa ` ˘ k A cos ka ` B sin ka “ κS e´κa A sin ka ` B cos ka “ D e´κa ˘ k A cos ka ´ B sin ka “ ´ κD e´κa `

die ein homogenes Gleichungssystem bilden. ´ sin ka ˚ ` cos ka ˚ ˚ ˝ ` sin ka ` cos ka ¨

˛¨ ˛ ¨ ˛ 0 ` cos ka ´ e´κa A 0 ‹ ˚B ‹ ˚0‹ ` sin ka ´ α r e´κa 0 ‹˚ ‹ ˚ ‹ ‹˚ ‹ “ ˚ ‹ ` cos ka 0 ´ e´κa ‚˝ S ‚ ˝0‚ D 0 ´ sin ka 0 `α r e´κa

Eine nichttriviale Lösung existiert nur bei verschwindender Koeffizientendeterminante, für die man erhält, “ ‰ “ ‰ sin ka ´ α r cos ka looooooooooomooooooooooon cos ka ` α r sin ka “ 0 Det “ 2e´ 2κa looooooooooomooooooooooon “ K1

“ K2

wobei jede eckige Klammer die Null erzeugen kann. Aus den beiden ersten Stetigkeitsbedingungen erhält man bei verschwindender Klammer K1 ` ˘ A cos ka ` B sin ka “ α rS e´κa “ α r ´ A sin ka ` B cos ka ` ˘ ` ˘ A cos ka ` α r sin ka “ B looooooooooomooooooooooon α r cos ka ´ sin ka “0

A“0

Ñ

D “ S “ B e`κa cos ka

die gerade Lösung für den Potentialtopf. ψ´ pxq “ B e`κpx`aq cos ka ψi pxq “ B cos kx ψ` pxq “ B e´κpx´aq cos ka

269

46.3 Potentialtopf

Bei verschwindender Klammer K2 erhält man aus den beiden zweiten Stetigkeitsbedingungen ` ˘ r A sin ka ` B cos ka A cos ka ´ B sin ka “ ´ α rD e´κa “ ´ α ` ˘ ` ˘ A looooooooooomooooooooooon cos ka ` α r sin ka “ B sin ka ´ α r cos ka “0

B“0

Ñ

D “ ´S “ A e`κa sin ka

die ungerade Lösung für den Potentialtopf. ψ´ pxq “ ´ A e`κpx`aq sin ka ψi pxq “ A sin kx ψ` pxq “ A e´κpx´aq sin ka Das Verschwinden der Klammern K1,2 führt mit den Abkürzungen, + ? ξ “ ka “ ra w ą 0 η κ (46.11) r“ “ Ñ ξ 2 ` η 2 “ praq2 , α ? k ξ η “ κa “ ra 1 ´ w ą 0 wobei für den Energieparameter 0 ă w ă 1 gilt, auf die beiden Bestimmungsgleichungen für die Eigenwerte, 1q ξ tan ξ “ ` η

pgerade Lösungq

2q ξ cot ξ “ ´ η

pungerade Lösungq

(46.12)

deren Kurvenscharen im Eigenwertdiagramm in Abbildung 46.12 in der Form η “ f pξq zusammen mit den Kreisen ra “ const. dargestellt sind. a Bei einem festen Wert des Kreisradius ra “ a 2mW0 {2 , in den die potentielle Energie W0 und die halbe Breite a des Potentialtopfs eingehen, existieren als Schnittpunkte der Kurvenscharen stets nur endlich viele einfache Eigenwerte für die Teilchenenergie Wges , die man aus den Koordinaten pξ , η q der Schnittpunkte im Diagramm ermitteln kann, die von  “ 0 an gezählt werden. ´ ξ ¯2 ´ η ¯2 Wges   0 ă w “ “ “1´ ă1 (46.13) W0 ra ra Für ein Teilchen liegen innerhalb des Potentialtopfs gebundene Zustände und Quantisierung mit einem diskreten Energiespektrum vor.

270

46 Einfache Potentialvorgaben

Dem Diagramm kann man entnehmen, dass der Grundzustand für  “ 0 gerade ist und dass sich bei festem Parameter ra gerade und ungerade Zustände regelmäßig abwechseln. Bei einem bestimmten Wert ra gibt der Index der von  “ 0 an gezählten Schnittpunktswerte ξ die Anzahl der Knoten der aufeinander folgenden Eigenfunktionen ψ pxq an. 



Abb. 46.12: Graphische Bestimmung der diskreten Energieniveaus Kreise in schwarz für ξ 2 ` η 2 “ praq2 Kurvenschar in rot für die gerade Lösung η “ ` ξ tan ξ Kurvenschar in blau für die ungerade Lösung η “ ´ ξ cot ξ Als Beispiel werden die numerisch ermittelten Werte ξ , η , w für ra “ 5 in Tabelle 46.1 angegeben, bei denen sich gerade und ungerade Lösungen abwechseln. Man kann die Ergebnisse mit der Abbildung 48.3 vergleichen.

271

46.3 Potentialtopf

Es existiert kein Zustand mit der Energie Null wie im klassischen Fall, denn selbst im Grundzustand mit  “ 0 besitzt das quantenmechanische System die Nullpunktsenergie ´ ξ ¯2 0 Wges0 “ W0 ą 0 ra ra “ 5 |



ξ

η

w

0 1 2 3

1.306 439 2.595 738 3.837 467 4.906 294

4.826 304 4.273 422 3.205 283 0.963 466

0.068 271 0.269 514 0.589 046 0.962 869

Tabelle 46.1: Eigenwerte für den Potentialtopf gerade ( “ 0, 2), ungerade ( “ 1, 3) Die Konstanten A und B werden aus der Normierungsbedingung (41.6) ż8 ´8

ˇ 2 ˇ ˇ ψ pxq ˇ dx “ 2

ża 0

ˇ 2 ˇ ˇ ψi pxq ˇ dx ` 2

ż8

ˇ 2 ˇ ˇ ψ` pxq ˇ dx “ 1

a

bestimmt. Für gerade und ungerade Lösung führen die Integrationen zu den Resultaten ı ” 1 1 sin ka 1 ` ` “1 a B 2 cos2 ka κa ka cos ka cos2 ka ” 1 1 cos ka 1 ı ´ ` a A2 sin2 ka “1 κa ka sin ka sin2 ka Im letzten Glied wird jeweils 1 “ sin2 ka ` cos2 ka eingesetzt und mit den Klammern K1,2 folgt für beide Fälle das gleiche Ergebnis. ” 1 ´ κa ¯2 ı´1 κa ` ` 1 ` a B 2 cos2 ka “ a A2 sin2 ka “ κa pkaq2 ka ” ” ´ ı 1 ´1 κa ¯2 ı´1 “ 1` 1` κa ka

272

46 Einfache Potentialvorgaben

Damit sind alle Konstanten bestimmt, so dass man für feste Werte ra und zugehörige Eigenwerte Wges die Eigenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsdichten darstellen kann, was in den folgenden Diagrammen exemplarisch für die Werte w der Tabelle 46.1 erfolgt.

Abb. 46.13: Eigenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsdichten des Potentialtopfs für Fall B) gerade Lösungen ? a ψ 0, 2 puq, a | ψ 0, 2 puq | 2 in rot ungerade Lösungen ˇ ˇ ? a ψ 1, 3 puq, a ˇ ψ 1, 3 puq 2 ˇ in blau Eigenwerte für beide Diagramme: w 0, 2 “ 0.0683, 0.5890 w 1, 3 “ 0.2695, 0.9628 Abszisse: u “ x{a, Parameter: ra “ 5

273

46.3 Potentialtopf

Bei steigendem Wert W0 Ñ 8 der potentiellen Energie entsteht im Grenzfall ein Potentialtopf mit unendlich hohen Wänden. Mit den Parametern w Ñ 0 und κ Ñ 8 werden die Eigenfunktionen ψ˘ pxq im Außenbereich Null und wegen der Stetigkeit hat die Eigenfunktion ψi pxq für x “ ˘a Nullstellen. Mit dem Parameter ra Ñ 8 nehmen die ξ -Werte der Schnittpunkte in Abbildung 46.12 die Abszissenwerte der senkrechten Asymptoten an, die für die gerade bzw. ungerade Lösung bei ξ “ p ` 1qπ{2 und ξ “ π, insgesamt also bei ξn “ n

π 2

liegen, und die durch rote bzw. blaue Punkte markiert sind. Damit ergeben sich aus ξ “ ka mit k nach (46.1) unendlich viele diskrete Energieeigenwerte, Wgesn “

2 ´ π ¯ 2 2 n 2m 2a

pn “ 1, 2, 3, ...q

die den Resonanzwerten (46.9) entsprechen. Der Potentialtopf wird behandelt in [4, S. 163], [10, S. 89, 96], [11, S. 110], [29, S. 83], [33, S. 70].

Kapitel 47

Verschiebung der Basislinie von Potentialfunktionen In vielen Büchern zur Quantenmechanik werden Beispiele so behandelt, dass die Vorgabe der Potentialfunktion Wpot pxq, speziell beim Potentialtopf, auch negative Werte annehmen kann, wie das beim Coulomb-Potential im Kapitel 27 bereits aufgetreten ist. Die Auswirkungen werden an der folgenden Darstellung untersucht, bei der zunächst nur positive Energiewerte angenommen werden. a

i

a Wges > WP

(A) Plateau-Energie Wpot (x)

Wges < WP

(B)

Basis-Energie W=0

wm = 1

WP

WB 2a

wm = 0 x

Abb. 47.1: Verschiebung der Potentialfunktion Potentialsprung W0 “ WP ´ WB

274

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_47

275

Dabei muss man wie bei den bisherigen Beispielen zwischen Innen- und Außenbereich sowie den Fällen A) und B) unterscheiden. Wenn die variable Gesamtenergie Wges im grauen Bereich unterhalb der Basislinie liegt, dann existieren nach der Fallunterscheidung im Abschnitt 44.3 keine Lösungen für die Wellenfunktion ψpxq. In der Schrödinger-Gleichung (44.1) wird die Diskriminante D ergänzt, ‰ d2 ψ 2m “ ` 2 Wges ´ Wpot pxq ψpxq “ 0 2 dx  looooooooooooomooooooooooooon “ D2

` ˘‰ 2m “ Wges ´ WB ´ Wpot pxq ´ WB 2  j „ ˘ Wges ´ WB Wpot pxq ´ WB 2m ` ´ “ 2 W P ´ WB  W P ´ WB W P ´ WB

D2 “

(47.1)

Die Differenz zwischen Plateau- und Basisenergie W 0 “ W P ´ WB ą 0 entspricht dem Potentialsprung W0 bei den Beispielen von Potentialstufe, Potentialwall und Potentialtopf. Neben den Größen aus (46.1) c Wges 2m r“ W0 und w“ 2  W0 werden für die Basislinienverschiebung die modifizierten Abkürzungen vm und wm eingeführt, vm “

Wpot pxq ´ WB W0

wm “

Wges ´ WB W0

(47.2)

mit denen die Diskriminante lautet D2 “ r2 pwm ´ vm q

(47.3)

Die Größe wm vergleicht die Differenz zwischen Gesamtenergie und Basisenergie mit dem Potentialsprung von der Basislinie WB mit wm “ 0 über die Plateaulinie WP mit wm “ 1 hinaus.

276

47 Verschiebung der Basislinie von Potentialfunktionen

Für den Fall B) der gebundenen Zustände bezeichnet wm also den durch Wges gegebenen Anteil an der gesamten Potentialstufe und zählt auch die Eigenwerte wm relativ zur Basislinie. Es werden zwei spezielle Verläufe der Potentialfunktion betrachtet. a)

b)

Wpot (x) W0

(B)

Wpot (x)

Wges −a

0

−a

x

+a

+a

(B) − W0

x Wges

0

Abb. 47.2: Spezielle Fälle von Potentialvorgaben Teilbild a): WP “ W0 , WB “ 0 Teilbild b): WP “ 0, WB “ ´W0 In beiden Fällen gilt v mi “ 0 ,

v ma “ 1

Bei der Wahl der Potentialfunktion Wpot pxq nach Teilbild a) mit ausschließlich positiven Energiewerten Wges , die bei den bisher untersuchten Potentialvorgaben gegeben war, gilt + WP “ W 0 Wges Ñ wm “ “w ą 0 W0 WB “ 0 und die Diskriminanten lauten Di2 “ r2 w “ k2 ą 0 + ` pAq ˘2 Da “ ` r2 pw ´ 1q “ q 2 ą 0 ` pBq ˘2 Da “ ´ r2 p1 ´ wq “ ´ κ2 ă 0

Ñ

q “ jκ

Die Größen k, q, κ besitzen die Werte nach (46.2), so dass die Differentialgleichungen und ihre Lösungen die folgende Form der behandelten Beispiele

277

haben. Fall A)

Fall B)

ψa2 pxq ` q 2 ψa pxq “ 0

Ñ

e˘jqx

ψi2 pxq ` k 2 ψi pxq “ 0

Ñ

e˘jkx

ψa2 pxq ´ κ2 ψa pxq “ 0

Ñ

e˘κx ,

ψi2 pxq ` k 2 ψi pxq “ 0

Ñ

e˘jkx , sin kx, cos kx

sinh κx, cosh κx

Ist die Potentialfunktion Wpot pxq nach Teilbild b) gegeben, dann nimmt die Gesamtenergie Wges als Variable sowohl positive wie negative Werte an, so dass gilt ´1 ă w “ WP “ 0 W B “ ´ W0 ă 0

Wges ă 8 W0

+ Ñ

wm “

(47.4)

Wges ` W0 “1`w ą0 W0

Bei dieser Wahl der Plateaulinie lauten die Diskriminanten (47.1), Di2 “ r2 pwm ´ vmi q “ r2 p1 ` wq ą 0 ` pAq ˘2 “ r2 pwm ´ vma q “ ` r2 w ą0 Da ` pBq ˘2 “ r2 pwm ´ vma q “ ´ r2 | w | ă 0 Da

pw “ ´1 ... 8q pw “ 0 ... 8q

(47.5)

pw “ ´1 ... 0q

mit denen die Differentialgleichungen aufgestellt werden. Wenn Wges um den Bruchteil p über der Basisenergie liegt, dann gilt gemäß Abbildung 47.2 bei a) w “ p und bei b) wm “ p. Die Angabe der Energie für einen Eigenwert bedeutet im linken Teilbild W “ pW0 und im rechten Teilbild W “ pp ´ 1qW0 .

Kapitel 48

Methode der Transfer-Matrix Die bisher behandelten Aufgaben mit einfachen Potentialvorgaben waren relativ leicht lösbar, da die Stetigkeitsbedingungen nur an einer oder zwei Sprungstellen zu erfüllen waren. Der algebraische Aufwand steigt mit der Anzahl der Potentialsprünge aber erheblich an und ist dann kaum mehr auf überschaubare Weise zu bewältigen. Eine alternative Methode, bei der die Stetigkeitsbedingungen in Form von Transitions-Matrizen ausgedrückt werden und die gesamte Übertragung durch eine Transfer-Matrix beschrieben wird, hat eine klare und übersichtliche algebraische Struktur zur Folge, mit der auch komplexere Problemstellungen in formaler Weise gelöst werden können, [29, S. 64, 72, 76].

48.1

Transfer-Beschreibung von Potentialstufen

Die Methode wird zunächst an der positiven Potentialstufe der Abbildung 46.1 demonstriert, bei der die potentielle Energie bei x “ 0 von Null auf W0 springt. Für die Wellenfunktionen gilt in den beiden Bereichen ψ´ pxq “ e jkx ` R e´jkx # T e jqx (Fall A) ψ` pxq “ (Fall B) T e´κx

xă0 xą0

278

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_48

279

48.1 Transfer-Beschreibung von Potentialstufen

Man Multipliziert bei den zu erfüllenden Stetigkeitsbedingungen 1`R“T # jk p1 ´ Rq “

jq T

(Fall A)

´κ T

(Fall B)

die erste mit q bzw. κ und durch anschließende Summen- und Differenzbildung, erhält man folgende Matrixgleichungen, bei denen die Zustandsvektoren z ´ und z ` auf der negativen bzw. positiven x-Seite des Potentialsprunges eingeführt werden.

z`

˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ q`k q´k 1 T 1 “ “ 2q q ´ k q ` k R 0

z`

˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ κ ´ jk κ ` jk 1 T 1 “ MpBq z ´ “ “ 2κ κ ` jk κ ´ jk R 0

“ MpAq z ´ (48.1)

Die Matrizen, die die Zustandsvektoren auf beiden Seiten der positiven Sprungstelle verknüpfen, heißen Transitions-Matrizen. Man erhält die Matrix MpBq aus der Matrix MpAq auch dadurch, dass man q durch jκ ersetzt. Für die inverse negative Potentialstufe, bei der die potentielle Energie bei x “ 0 von W0 auf Null abfällt, lauten die Wellenfunktionen # ψ´ pxq “

e`jqx ` R e´jqx e´κx

`

R e`κx

(Fall A) (Fall B)

ψ` pxq “ T e`jkx

xą0

und Stetigkeitsbedingungen

(Fall A) (Fall B)

xă0

1`R“T + jq p1 ´ Rq “ jk T ´κ p1 ´ Rq

280

48 Methode der Transfer-Matrix

Multiplikation der ersten Bedingung mit k und Bildung von Summe und Differenz führen auf folgende Gleichungen mit Transitions-Matrizen. ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ “ ‰´1 k`q k´q 1 T 1 “ MpAq “ z´ z` “ 2k k ´ q k ` q R 0 z`

˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ “ ‰´1 k ` jκ k ´ jκ 1 T 1 “ MpBq “ “ z´ 2k k ´ jκ k ` jκ R 0

“ “ ‰´1 ‰´1 Man erhält auch hier die Matrix MpBq aus der Matrix MpAq durch formales Ersetzen von q durch jκ. Insgesamt ergibt sich das folgende Bild bei Sprüngen der potentiellen Energie an einer Stelle x “ x0 um den Wert W0 .

Wpot (x)

Wpot (x) Wges > W0

(A) W0 (B)

W0 z+

z−

Wges < W0 x

x0

z−

z+

x

x0

Abb. 48.1: Sprünge der potentiellen Energie Zu diesen Potentialsprüngen gehören Übergänge, die folgende Matrixgleichungen erfüllen. positiver Sprung z ` “ MpAq z ´ z ` “ MpBq z ´

negativer Sprung ‰´1 “ z ` “ MpAq z´ “ pBq ‰´1 z` “ M z´

pWges ą W0 q

(48.2)

pWges ă W0 q

Mit den in (46.4) und (46.7) eingeführten Abkürzungen c c Wges w´1 1´w κ q w“ , α r“ “ , α“ “ W0 k w k w

(48.3)

281

48.2 Transfer-Beschreibung des Potentialwalls

lauten die Transitions-Matrizen am Potentialsprung, 1 “ 2q

˜

q`k q´k q´k q`k

‰´1 1 “ MpAq 2k

˜

k`q k´q k´q k`q

1 “ 2κ

˜

κ ´ jk κ ` jk κ ` jk κ ´ jk

¸

‰´1 1 “ MpBq 2k

˜

k ` jκ k ´ jκ k ´ jκ k ` jκ

¸

M

pAq



MpBq



¸

1 “ 2α

˜

α`1 α´1 α´1 α`1

¸

¸

1 “ 2

˜

1`α 1´α 1´α 1`α

˜ α r´j α r`j ˜ r 1 1 ` jα 2 1 ´ jα r

1 “ 2r α “

(48.4)

¸

α r`j α r´j

¸

1 ´ jα r 1 ` jα r

¸

(48.5)

die die folgenden Determinanten besitzen. det MpAq “

48.2 48.2.1

k 1 “ α q

det MpBq “ ´

k j “ ´j α r κ

(48.6)

Transfer-Beschreibung des Potentialwalls Darstellung der Transitions-Matrizen

Beim Potentialwall gemäß Abbildung 48.2 sollen die Sprünge der potentiellen Energie in unsymmetrischer Weise bei x “ ´a und x “ `b erfolgen, um später den Zusammenhang der inneren Zustandsvektoren z´i und z`i allgemeiner zu formulieren. Mit den Zustandsvektoren z ´ und z´i am Sprung bei x “ ´a und z`i und z ` am Sprung bei x “ `b gelten in sinngemäßer Anwendung von (48.2) die Matrixgleichungen ‰´1 ` “ z´i “ MpXq z ´ und z ` “ MpXq zi

282

48 Methode der Transfer-Matrix

Wpot (x) W0 z −i

z− −a

z +i

z+

+b

0

x

Abb. 48.2: Potentialstufen und ihre Zustandsvektoren Dabei muss man für die Transitions-Matrix MpXq je nach der Energierelation von Wges und W0 die Matrix MpAq oder MpBq nach (48.4) bzw. (48.5) einsetzen. Aus den Stetigkeitsbedingungen (46.8) für den Potentialwall ermittelt man mit der gleichen Methode wie bei der Potentialstufe in Gleichung (48.1) die Matrixgleichungen für die Fälle A) und B). Multiplikation mit q bzw. k und Summen- und Differenzbildung der beiden ersten bzw. zweiten Bedingungen führt auf die folgenden vier Gleichungen mit den TransitionsMatrizen. Dabei wird bei den Zustandsvektoren z aus typographischen Gründen auf eine Indizierung mit A und B verzichtet. ˜ z´i “

z`

¸

˜ “ MpAq

e´jka R e`jka

¸ “ MpAq z ´

˜ ˜ ¸ ¸ ‰´1 ` “ “ pAq ‰´1 A e`jqb T e`jkb “ zi “ MpAq “ M ´jqb 0 Be ˜

z´i “

z`

A e´jqa B e`jqa

A e`κa B e´κa

¸

˜ “ MpBq

e´jka R e`jka

¸

˜ ¸ ˜ ¸ “ pBq ‰´1 A e´κb T e`jkb “ “ M 0 B e`κb

“ MpBq z ´ ‰´1 ` “ “ MpBq zi

Als Alternative kann man die Stetigkeitsbedingungen auch direkt als Matrixgleichungen schreiben, aus denen ebenfalls die Transitions-Matrizen hervorgehen.

283

48.2 Transfer-Beschreibung des Potentialwalls

Im Fall A) gilt für die linke Sprungseite x “ ´a ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ ¸˜ 1 1 1 1 e´jka A e´jqa “ B e`jqa R e`jka k ´k q ´q looooomooooon looooomooooon “z´

˜

1

z´i “

¸´1˜

1

q ´q

1

“ z´ i

¸

1



k ´k

1 “ 2q

˜

¸ q`k q´k z ´ “ MpAq z ´ q´k q`k

An der rechten Sprungseite bei x “ b kann man die Matrix auf der rechten Gleichungsseite wegen der Null im Spaltenvektor z ` geeignet ergänzen, so dass die Transitions-Matrix entsteht. ˜ ¸ˆ ¸˜ ¸ ˙ ˜ 1 1 1 1 T e`jkb A e`jqb “ B e´jqb 0 q ´q looooomooooon k ´k looooomooooon “ z` i

˜ z` “

1

¸´1˜

1

1

1

¸ z`i

q ´q

k ´k

Im Fall B) gilt ˜ 1

“z`

1 “ 2k

˜

¸ “ ‰´1 ` k`q k´q z`i “ MpAq zi k´q k`q

¸ ˜ ¸ ¸˜ 1 1 e´jka A e´jqa “ B e`jqa R e`jka jk ´jk ´κ κ looooomooooon looooomooooon ¸˜

1

“z´

˜ z´i



1

1

¸´1˜

1

¸

1



jk ´jk

´κ κ

“ z´ i

1 “ 2κ

˜

¸ κ ´ jk κ ` jk z ´ “ MpBq z ´ κ ` jk κ ´ jk

¸˜ ¸ ˜ ¸ 1 1 T e`jkb A e`jqb “ 0 B e´jqb jk ´jk ´κ κ looooomooooon looooomooooon

˜

1

1

¸˜

“z`

“ z` i

˜ `

z `“

1

1

jk ´jk

¸´1˜

1

1

¸

´κ κ

z`i

1 “ 2k

˜

¸ k ` jκ k ´ jκ ` “ pBq ‰´1 ` zi “ M zi k ´ jκ k ` jκ

Auf diese Weise ergeben sich die Transitions-Matrizen (48.4) und (48.5).

284

48 Methode der Transfer-Matrix

48.2.2

Diagonalmatrix bei konstanter potentieller Energie

Um zu einer Matrixgleichung für die gesamte Übertragung zu gelangen, muss man die inneren Zustandsvektoren z`i und z´i der Abbildung 48.2 durch eine Diagonalmatrix D W für den Potentialwall mit der potentiellen Energie Wpot “ W0 verknüpfen, bei der in den Exponenten die Überbrückungs- bzw. Wallbreite pa ` bq auftritt. ˜ z`i “

A e`jqb B e´jqb

¸

˜ ¸˜ ¸ 0 e`jqpa`bq A e´jqa “ “ D pAq z´i B e`jqa 0 e´jqpa`bq

A e´κb B e`κb

¸

˜ ¸˜ ¸ 0 e´κpa`bq A e`κa “ B e´κa 0 e`κpa`bq

˜ z`i



pAq DW

0 e`jqpa`bq ´jqpa`bq 0 e

˜ “

¸

pBq DW

0 e´κpa`bq `κpa`bq 0 e

˜ “

“ D pBq z´i ¸

(48.7) Diagonalmatrizen zur Energieüberbrückung wie D W haben die Determinante Eins und sind daher unimodular, [39, S. 119]. pAq

pBq

det D W “ det D W “ 1

(48.8)

Damit kann die gesamte Übertragung zur Transfer-Gleichung zusammengefasst werden, bei der der Exponent pXq entweder den Fall A) oder den Fall B) bezeichnet. pXq

z` “ MW z´

(48.9)

Die Transfer-Matrix des Potentialwalls oder Wallmatrix M W hat den folgenden allgemeinen Aufbau. Sie ist ebenfalls unimodular, denn nach dem Determinantensatz, [38, I, S. 40], und (48.8) ist ihre Determinante in beiden Fällen Eins. M W “ M´1 D W M

det M W “ 1

(48.10)

285

48.2 Transfer-Beschreibung des Potentialwalls

48.2.3

Symmetrischer Potentialwall

Für den symmetrischen Potentialwall nach Abbildung 46.5 mit Energiesprüngen bei x “ ˘a ergeben sich folgende Darstellungen für die Wallmatrizen. Im Fall A) erhält man die Transfer-Matrix mit der Diagonalmatrix (48.7) und den Transitions-Matrizen (48.4) ˜ ¸ “ pAq ‰´1 pAq pAq “ pAq ‰´1 e`j2qa 0 pAq MW “ M MpAq DW M “ M 0 e´j2qa ˛ 1 ` α2 1 ´ α2 cos 2qa ` j sin 2qa ´ j sin 2qa ‹ ˚ 2α 2α ‹ “˚ ‚ ˝ 1 ` α2 1 ´ α2 sin 2qa cos 2qa ´ j sin 2qa `j 2α 2α ¨

pAq

MW

(48.11) und im Fall B) mit den Transitions-Matrizen (48.5) ˜ ¸ “ pBq ‰´1 pBq pBq “ pBq ‰´1 e´2κa 0 pBq MW “ M MpBq DW M “ M 0 e`2κa ˛ 1´α r2 1`α r2 cosh 2κa ` j sinh 2κa ´j sinh 2κa ‹ ˚ 2r α 2r α ‹ “˚ ‚ ˝ 1´α r2 1`α r2 sinh 2κa cosh 2κa ´ j sinh 2κa `j 2r α 2r α ¨

pBq

MW

(48.12) In beiden Fällen haben de Transfer-Matrizen folgende Struktur mit komplexen Elementen m1 und m2 , pXq MW

“ M “

‰ pXq ´1

pXq D W MpXq

˜ “

m 1 m2 m˚2 m˚1

¸ (48.13)

so dass wegen (48.10) für die Determinante der Wallmatrix folgt pXq

det M W “ m1 m˚1 ´ m2 m˚2 “ | m1 |2 ´ | m2 |2 “ 1

(48.14)

286

48 Methode der Transfer-Matrix

Aus der Transfer-Gleichung des Potentialwalls ˜ ¸ ˜ ¸ e´jka T e`jka pXq pXq z` “ “ MW z´ “ MW `jka 0 Re ˜ ¸˜ ¸ e´jka m 1 m2 “ m˚2 m˚1 R e`jka

(48.15)

werden mit (48.14) Reflexions- und Transmissionsfaktor bestimmt. R“´

m˚2 ´j2ka e m˚1

T “

1 ´j2ka e m˚1

(48.16)

Für die Fälle A) und B) lauten die Faktoren ˘ ` 1 ´ α2 sin 2qa pAq ˘ R e´j2ka “` 1 ` α2 sin 2qa ` j 2α cos 2qa T pAq “ `

1`

R

pBq

α2

˘

j 2α e´j2ka sin 2qa ` j 2α cos 2qa

` ˘ 1`α r2 sinh 2κa ˘ “` e´j2ka 1´α r2 sinh 2κa ` j 2r α cosh 2κa

T pBq “

2r α ` ˘ e´j2ka 2r α cosh 2κa ´ j 1 ´ α r2 sinh 2κa

Die Ergebnisse stimmen überein mit denjenigen aus der direkten algebraischen Auflösungsmethode im Abschnitt 46.2.

287

48.3 Transfer-Beschreibung des Potentialtopfs

48.3

Transfer-Beschreibung des Potentialtopfs

48.3.1

Fall A)

Wges ą W0

Für den symmetrischen Potentialtopf der Abbildung 46.9 mit den Zustandsvektoren wie in Abbildung 48.2 erhält man im Fall A) aus den Stetigkeitsbedingungen (46.10) auf äquivalente Weise wie beim Potentialwall mit (48.2) und (48.4) folgende Matrixgleichungen. ˜ ¸˜ ¸ ¸ ˜ “ ‰´1 k`q k´q e´jqa A e´jka 1 ´ “ “ MpAq z´ zi “ `jqa `jka 2k k ´ q k ` q Re Be ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ q`k q´k A e`jka T e`jqa 1 “ MpAq z`i z` “ “ 2q q ´ k q ` k 0 B e´jka Da es beim Potentialtopf im Innenbereich keine Fallunterscheidung gibt, existiert nur eine unimodale Diagonalmatrix D T , die die inneren Zustandsvektoren verknüpft und bei der in den Exponenten die Topfbreite 2a auftritt. ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ e`j2ka 0 A e`jka A e´jka ` zi “ “ “ D T z´i `jka ´j2ka B e´jka B e 0 e 0 e`j2ka ´j2ka 0 e

˜ DT “

¸ (48.17)

Damit erhält man die Tranfer-Matrix des Potentialtopfs, die Topfmatrix, die die gleiche komplexe Struktur (48.13) besitzt, allerdings mit anderen Elementen m1,2 . ¸ ˜ “ pAq ‰´1 m 1 m2 pAq pAq MT “ M DT M (48.18) “ m˚2 m˚1 ˛ 1 ´ α2 1 ` α2 `j sin 2ka ‹ ˚cos 2ka ` j 2α sin 2ka 2α ‹ ˚ “˝ ‚ 1 ` α2 1 ´ α2 sin 2ka cos 2ka ´ j sin 2ka ´j 2α 2α ¨

pAq

MT

(48.19)

288

48 Methode der Transfer-Matrix

Einsetzen der beiden Zustandsvektoren z ´ und z ` und Auflösen der BeziepAq hung z ` “ M T z ´ liefert die beiden Transferfaktoren. ` ˘ 1 ´ α2 sin 2ka m˚2 ´j2qa ˘ Ñ R“´` R“´ ˚ e e´j2qa m1 1 ` α2 sin 2ka ` j 2α cos 2ka T “

1 ´j2qa e m˚1

48.3.2

Fall B)

Ñ

T “`

1`

α2

˘

j 2α e´j2qa sin 2ka ` j 2α cos 2ka

Wges ă W0

Im diesem Fall ist es günstiger, im Innenbereich die Lösung mit Exponentialfunktionen und nicht trigonometrisch anzusetzen, weil sich dabei die bereits ermittelte Transitions-Matrix MpBq nach (48.5) ergibt. ψ´ pxq “ S e`κx ψi pxq “ A e`jkx ` B e´jkx ψ` pxq “ D e´κx Aus den Stetigkeitsbedingungen erhält man folgende Matrixgleichungen. ˜ ¸˜ ¸ ¸ ˜ κ ´ jk κ ` jk A e´jka 0 1 z´ “ “ “ MpBq z´i 2κ κ ` jk κ ´ jk S e´κa B e`jka ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ κ ´ jk κ ` jk A e`jka D e´κa 1 “ MpBq z`i z` “ “ 2κ κ ` jk κ ´ jk 0 B e´jka Mit der Diagonalmatrix (48.17) erhält man die Tranfer-Gleichung, bei der die Topfmatrix eine reelle Struktur aufweist. ˜ ¸ u ` v `m “ pBq ‰´1 pBq pBq z` “ M DT M z´ “ MT z´ “ z´ ´m u ´ v ˛ 1`α r2 1´α r2 sin 2ka ` sin 2ka ‹ ˚cos 2ka ` 2r α 2r α ‹ “˚ ‚ ˝ 1´α r2 1`α r2 sin 2ka cos 2ka ´ sin 2ka ´ 2r α 2r α ¨

pBq

MT

(48.20)

289

48.3 Transfer-Beschreibung des Potentialtopfs

Aus der Matrixgleichung D e´κa 0

˜ z` “

¸

u`v

`m

´m

u´v

˜ “

¸˜

0 S e´κa

¸

pBq

“ MT z´

(48.21)

folgt einerseits der Zusammenhang der beiden Konstanten, D “ mS “ S

1`α r2 sin 2ka 2r α

die aus der Normierung der Wellenfunktion bestimmt werden müssen. Andererseits erhält man aus dem (2,2)-Element der Transfermatrix die Gleichung, pu ´ vq S e´κa “

´

cos 2ka ´

¯ 1´α r2 sin 2ka S e´κa “ 0 2r α

(48.22)

aus dem man durch Nullsetzen der Klammer die diskreten Eigenwerte im Bereich 0 ă w ă 1 für jeden Wert ra ermitteln kann. Mit den Abkürzungen (48.3) ergibt sich ` ? ˘ 1´α 2w ´ 1 r2 “ a cot 2ka “ cot 2 ra w “ 2r α 2 wp1 ´ wq

(48.23)

Die rechte Seite der Bedingungsgleichung ist punktsymmetrisch um den Energiequotienten w “ 1{2. Bei der Methode der Transfer-Matrix erkennt man allerdings nicht direkt die Einteilung der Wellenfunktionen in gerade und ungerade Lösungen. Als Beispiele werden die Diagramme für ra “ 5 und ra “ 11 dargestellt, bei denen man die Eigenwerte w aus den Schnittpunkten der Kurvenschar ermitteln kann. Im ersten Fall kann man sie vergleichen mit den Werten in Tabelle 46.1. Allerdings ist die graphische Darstellung der Eigenwertgleichung nicht so elegant und übersichtlich wie bei der Behandlung in Abschnitt 46.3 und in Abbildung 46.12, da für jeden Wert ra ein eigenes Diagramm betrachtet werden muss.

290

48 Methode der Transfer-Matrix

Abb. 48.3: Eigenwertdiagramme des Potentialtopfs 2w ´ 1 a in blau 2 wp1 ´ wq ? Kurvenscharen cot 2 ra w in rot

Kurven

Abszisse w im Intervall (0,1) Parameter ra “ 5 (oben), ra “ 11 (unten)

291

48.4 Doppelwall

48.4

Doppelwall

Die potentielle Energie des Doppelwalls hat den Verlauf der folgenden Abbildung.

Wpot (x) Wges > W0

(A) W0

Wges < W0

(B) − (b + 2a)

−b

0

+b

x

+ (b + 2a)

Abb. 48.4: Doppelwall mit unterschiedlichen Breiten Die Transfer-Matrizen (48.10) bzw. (48.13) gelten in beiden Fällen A) und B) für Elementarzellen (EZ) des einfachen Potentialwalls, dessen Transfer-Matrix M EZ die folgende allgemeine Struktur mit komplexen Elementen besitzt. ¸ ˜ m 1 m2 ´1 M EZ “ M D W M “ (48.24) m˚2 m˚1 Die Transfer-Matrix des Doppelwalls (DW) setzt sich dann aus solchen Matrizen und der Diagonalmatrix D T (48.17) des dazwischenliegenden Potentialtopfs der Breite 2b zusammen. M DW “ M EZ D T M EZ Die komplexe Struktur der Transfer-Matrix, die nur bei Streuproblemen aber nicht bei Quantisierung auftritt, setzt sich beim Doppelwall fort. ˜ M DW “

m1 m2 m˚2 m˚1

¸˜

0 e`j2kb ´j2kb 0 e

¸˜

m 1 m2 m˚2 m˚1

¸

˜ “

M 1 M2 M2˚ M1˚

¸

292

48 Methode der Transfer-Matrix

Die komplexen Matrixelemente lauten M1 “ m21 e`j2kb ` | m2 |2 e´j2kb M2 “ m1 m2 e`j2kb ` m˚1 m2 e´j2kb ` ˘ “ 2 m2 ¨ Re m1 e`j2kb und da die Determinante von Transfer-Matrizen nach (48.10) Eins ist, gilt

det M DW “ | M1 |2 ´ | M2 |2 “ 1

(48.25)

Im Fall A) erhält man mit den Elementen m1 und m2 der Matrix (48.11) nach Umformungen die Elemente der Transfer-Matrix für den Doppelwall. pAq

M1

” ´ 1 ´ α2 ¯2 ı2 1 ` α2 “ cos 2qa ` j sin2 2qa e´j2kb sin 2qa e`j2kb ` 2α 2α 1 ` α2 sin 4qa sin 2kb “ cos 4qa cos 2kb ´ 2α ”´ ı ¯ 1 ` α4 1 ` α2 2 ` j cos2 2qa ´ sin 4qa cos 2kb sin 2qa sin 2kb ` 2α2 2α “

pAq

M2

p1 ` αq2 p1 ´ αq2 cosp4qa ` 2kbq ´ cosp4qa ´ 2kbq 4α 4α ´ 1 ´ α2 ¯2 ı ! ”´ 1 ` α2 ¯2 cos 4qa ´ sin 2kb `j 2α 2α ) 1 ` α2 sin 4qa cos 2kb ` 2α

“ ´j 2 “ ´j

”´ ¯ ı 1 ` α2 1 ´ α2 sin 2qa ¨ Re cos 2qa ` j sin 2qa e`j2kb 2α 2α

” 1 ´ α2 2α

sin 4qa cos 2kb `

ı 1 ´ α4 1 ´ α4 cos 4qa sin 2kb ´ sin 2kb 4α2 4α2

293

48.4 Doppelwall

Im Fall B) gilt pBq

M1

ı2 ” ´1 ` α 1´α r2 r 2 ¯2 sinh 2κa e`2kb ` “ cosh 2κa ` j sinh2 2κa e´2kb 2r α 2r α 1´α r2 sinh 4κa sin 2kb “ cosh 4κa cos 2kb ´ 2r α ”1´α r2 `j sinh 4κa cos 2kb 2r α ´1 ` α ı ´1 ´ α r2 ¯2 r 2 ¯2 cosh 4κa sin 2kb ` sin 2kb ´ 2r α 2r α

pBq

M2

ı ”´ ¯ 1`α r2 1´α r2 sinh 2κa ¨ Re cosh 2κa ` j sinh 2κa e`j2kb 2r α 2r α ´ ¯ ı ”1 ` α 1´α r4 r2 cosh 4κa ´ 1 sin 2kb sinh 4κa cos 2kb ´ “ ´j 2r α 4r α2 “ ´j 2

Der Transfer über den Doppelwall wird durch folgende Gleichung beschrieben. ˜ ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ¸ e´jka e´jka T e`jka M 1 M2 “ “ M DW M2˚ M1˚ 0 R e`jka R e`jka Aus der zweiten Gleichung des Systems folgt der Reflexionsfaktor mit der Determinantenbeziehung (48.25) R“´

M2˚ ´j2ka e M1˚

| R |2 “

| M2 |2 | M2 |2 “ | M1 |2 1 ` | M2 |2

(48.26)

und aus der ersten Gleichung erhält man den Transmissionsfaktor. T “

e´j2ka M1˚

| T |2 “

1 1 2 “ | M1 | 1 ` | M2 |2

(48.27)

Diese Beziehungen stimmen formal mit der Darstellung (48.16) überein, was bei der direkten Behandlung des Potentialwalls im Abschnitt 46.2 noch nicht offensichtlich war.

294

48.5 48.5.1

48 Methode der Transfer-Matrix

Finite periodische Strukturen Rekursionsbeziehung bei Streuproblemen

Periodische Strukturen treten auf in Kristallen von Festkörpern, Metallen und Halbleitern, die ein regelmäßiges Gitter besitzen. Für die mathematische Behandlung quantenmechanischer Probleme idealisiert man die potentielle Energie durch eine periodische Abfolge von Elementarzellen, in denen sich Teilchen bewegen können. Im eindimensionalen Fall wiederholt sich dabei eine Elementarzelle wie z.B. ein Potentialwall entsprechend oft. Bei Kenntnis der Transfereigenschaften der Elementarzelle kann man die Transfer-Matrix der Gesamtstruktur aus n Zellen wie beim Doppelwall durch eine Matrixgleichung beschreiben, bei der eine entsprechend große Zahl von Matrizen miteinander multipliziert werden muss. Der entstehende Aufwand an Komplexität kann durch eine andere Betrachtung vermieden werden, die bei Streuproblemen auf eine Rekursionsbeziehung führt. Die Transfer-Matrix einer Elementarzelle hat gemäß (48.13), (48.24) und (48.25) folgende Darstellung, wobei für die Matrix und ihre komplexen Elemente andere Bezeichnungen gewählt werden, die sich für die Rekursion besser eignen. ¸ ¸ ˜ ˜ m1 m2 α 1 β1 M EZ “ ” M1 “ m˚2 m˚1 β1˚ α1˚ det M 1 “ α1 α1˚ ´ β1 β1˚ “ | α1 |2 ´ | β1 |2 “ 1 Für die Transfer-Matrix der Gesamtstruktur gilt bei n identischen Zellen die Rekursion ` ˘n M n “ M 1 “ M n´1 M 1 ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ αn´1 βn´1 α1 β 1 α n βn “ Mn “ ˚ ˚ βn˚ αn˚ βn´1 αn´1 β1˚ α1˚ det M n “ αn αn˚ ´ βn βn˚ “ | αn |2 ´ | βn |2 “ 1 Daraus folgt für die Elemente 1q αn “ αn´1 α1 ` βn´1 β1˚ 2q βn “ αn´1 β1 ` βn´1 α1˚

295

48.5 Finite periodische Strukturen

sowie speziell für n “ 1 α1 “ α0 α1 ` β0 β1˚

+

β1 “ α0 β1 ` β0 α1˚

# Ñ

α0 “ 1 β0 “ 0

Mit der Definition Un´1 “

βn β1

(48.28)

folgt aus der Beziehung 2) Un´1 “ αn´1 ` α1˚ Un´2

(*)

Man erhöht n Ñ n ` 1 und ersetzt wie angegeben p1q

˚ αn “ Un ´ α1˚ Un´1 “ lo αomo βon´1 n´1 on α1 ` lo moon β1 mit (*)

“ β1 Un´2

“ α1 Un´1 ´ α1 α1˚ Un´2 ` β1 β1˚ Un´2 mit dem Ergebnis Un ´ looooomooooon pα1 ` α1˚ q Un´1 ` loooooooomoooooooon pα1 α1˚ ´ β1 β1˚ q Un´2 “ 0 “ 2 Retα1 u

“1

Mit den Anfangsbedingungen und der Größe αr “ Retα1 u der Elementarzelle β1 “1 U0 “ β1 ˘ β2 p2q 1 ` α1 β1 ` β1 α1˚ “ α1 ` α1˚ “ 2 Retα1 u “ 2 αr “ U1 “ β1 β1 ergibt sich die Rekursion der Tschebyscheff-Polynome 2. Art. Un`2 pαr q ´ 2 αr Un`1 pαr q ` Un pαr q “ 0 Die ersten reellen Polynome lauten, [40, S. 491]. U0 “ 1

U3 pαr q “ 8 αr3 ´ 4 αr

U1 pαr q “ 2 αr

U4 pαr q “ 16 αr4 ´ 12 αr2 ` 1

U2 pαr q “ 4 αr2 ´ 1

U5 pαr q “ 32 αr5 ´ 32 αr3 ` 6 αr

(48.29)

296

48 Methode der Transfer-Matrix

Damit gilt für die Transfer-Matrix der Gesamtstruktur aus n identischen Elementarzellen, ˜

α n βn βn˚ αn˚

Mn “

¸

˜ ¸ β1 Un´1 Un ´ α1˚ Un´1 “ β1˚ Un´1 Un ´ α1 Un´1

(48.30)

aus der man in sinngemäßer Anwendung von (48.26) und (48.27) Reflexionsund Transmissionsfaktor für eine Kette aus n Elementarzellen berechnen kann, [29, S. 115f.]. 2 pα q | β1 |2 Un´1 | βn |2 | βn |2 r | Rn | “ “ “ 2 2 2 2 | αn | | 1 ` βn | 1 ` | β1 | Un´1 pαr q 2

(48.31)

1 1 1 | Tn |2 “ 2 “ 2 “ 2 2 pα q | αn | 1 ` | βn | 1 ` | β1 | Un´1 r

48.5.2

Mehrfachwall aus Elementarzellen

Die Elementarzelle für den Potentialwall

Wpot (x) W0 x b

2a

b

Abb. 48.5: Elementarzelle des Potentialwalls hat mit der Matrix (48.24) folgende Transfer-Matrix, ˜ M EZ “ D T M W D T “ D T M `

´1

DW M DT “ DT ˘

m1 m 2 m˚2 m˚1

¸ DT

wobei die auftretenden Matrizen durch die Gleichungen (48.11/48.12) sowie (48.7) und (48.17) gegeben sind.

297

48.5 Finite periodische Strukturen

Die Matrix M EZ der Elementarzelle hat folgende komplexe Struktur. ˜ M EZ ” M 1 “

α 1 β1 β1˚ α1˚

¸

˜ ¸˜ ¸˜ ¸ 0 0 e`jkb m1 m2 e`jkb “ m˚2 m˚1 0 e´jkb 0 e´jkb

m2 m1 e`j2kb ˚ ˚ m2 m1 e´j2kb

˜ “

¸

Das gleiche Ergebnis erhält man, wenn an Stelle der symmetrischen Elementarzelle eine einseitige Lücke der Breite 2b vorgesehen wird. Mit dem Element m2 nach (48.11/48.12) $ 1 ´ α2 ’ ’ sin 2qa & ´j 2α β 1 “ m2 “ ’ ’ r2 % ´j 1 ` α sinh 2κa 2r α

pFall Aq pFall Bq

lautet der Transmissionsfaktor der Elementarzelle des Potentialwalls 1 1 2 “ 1 ` | β1 | 1 ` | m2 |2

| T1 |2 “

Für den Doppelwall nach Abbildung 48.4 gilt mit (48.30) ˜ M2 “

α 2 β2 β2˚ α2˚

¸

2αr β1 4αr2 ´ 2αr α1˚ ´ 1 ˚ 2 2αr β1 4αr ´ 2αr α1 ´ 1

˜ “

¸

Mit der Größe αr “ Retα1 u der Elementarzelle gilt für das Element, (  β2 “ 2 αr β1 “ 2 β1 Re m1 e`j2kb das mit (48.11/48.12) lautet, ˇ ˇ ) !´ ¯ 1 ` α2 1 ´ α2 ˇ pAq ˇ sin 2qa ¨ Re cos 2qa ` j sin 2qa e`j2kb ˇ β2 ˇ “ 2 2α 2α ˇ ˇ !´ ) ¯ 1´α r2 1`α r2 ˇ pBq ˇ cosh 2κa ` j sinh2 2κa ¨ Re sinh 2κa e`j2kb ˇ β2 ˇ “ 2 2r α 2r α

298

48 Methode der Transfer-Matrix pAq

pBq

was mit den Elementen M2 und M2 aus Abschnitt 48.4 übereinstimmt. Damit gilt für den Transmissionsfaktor des Doppelwalls gemäß (48.31) | T2 |2 “

1 1 2 “ 1 ` | β2 | 1 ` 4 | m2 |2 αr2













Abb. 48.6: Transmissionsfaktor | T2 |2 pwq des Doppelwalls Abszisse w Parameter ra “ 1 b{a “ 0, 0.5, 1, 1.5, 2, 3

299

48.5 Finite periodische Strukturen

Für den Dreifachwall aus drei Elementarzellen gemäß Abbildung 48.5 erhält man entsprechend ˘ ` β3 “ β1 U2 “ m2 4αr2 ´ 1 ˇ ˇ ” ! ”´ ¯ ı ı)2 1 ` α2 ˇ pAq ˇ 1 ´ α2 sin 2qa 4 Re cos 2qa ` j sin 2qa e`j2kb ´1 ˇ β3 ˇ “ 2α 2α ˇ ˇ 1`α ¯ ” ! ”´ ı ı)2 1´α r2 r2 ˇ pBq ˇ 2 `j2kb β sinh sinh 2κa e 2κa 4 Re cosh 2κa ` j ´ 1 “ ˇ 2 ˇ 2r α 2r α | T3 |2 “

1 1 ` | β3 |2







Abb. 48.7: Transmissionsfaktor | T3 |2 pwq des Dreifachwalls Abszisse w Parameter ra “ 1, b{a “ 0, 1, 2

In die Funktionsargumente gehen die dimensionslosen Parameter ra und b{a ein, die die Breiten von Wall und Lücke bestimmen.

qa “ ra

?

w ´ 1,

κa “ ra

?

1´w,

kb “ ra

b? w a

300

48 Methode der Transfer-Matrix

Die folgenden Verläufe des Transmissionsfaktors sind daher identisch. ˇ ˇ ˇ ˇ | T1 |2 ˇ “ | T2 |2 ˇ ra“2 ra“1, b{a“0 ˇ ˇ ˇ ˇ | T1 |2 ˇ “ | T3 |2 ˇ ra“3 ra“1, b{a“0 ˇ ˇ ˇ ˇ | T1 |2 ˇ “ | T4 |2 ˇ ra“4

48.5.3

ra“1, b{a“0

Mehrfachtopf aus Elementarzellen

Die Elementarzelle für den Potentialtopf hat die folgende Gestalt, die der Abbildung 46.9 entspricht.

Wpot (x) W0 x b

2a

b

Abb. 48.8: Elementarzelle des Potentialtopfs Fall A)

Wges ą W0

In diesem Fall liegen Streuprobleme vor. Die Transfer-Matrix der Elementarzelle lautet mit der Diagonalmatrix (48.7) für die Außenbereiche und der Topfmatrix (48.19), ˜ ¸ m1 m2 pAq pAq pAq pAq pAq pAq ^ DW “ M1 M EZ “ D W M T D W “ D W ˚ ˚ m2 m1 und sie hat die folgende komplexe Struktur. ¸ ˜ ¸˜ ¸˜ ¸ ˜ 0 0 e`jqb m 1 m2 e`jqb α 1 β1 “ M1 “ β1˚ α1˚ m˚2 m˚1 0 e´jqb 0 e´jqb ˜ “

m2 m1 e`j2qb ˚ ˚ m2 m1 e´j2qb

¸

301

48.5 Finite periodische Strukturen

Auf Grund der Rekursionsbeziehung erhält man mit den Elementen von M n nach (48.30) ˇ ˇ (  ˇ pAq ˇ ˇ β2 ˇ “ β1 U1 “ 2 m2 αr “ 2 m2 Re m1 e`j2qb !´ ¯ ) 1 ` α2 1 ´ α2 sin 2ka ¨ Re cos 2ka ` j sin 2ka e`j2qb “2 2α 2α ˇ ˇ ˘ ` ˇ pAq ˇ ˇ β3 ˇ “ β1 U2 “ m2 4αr2 ´ 1 ı)2 ” ! ”´ ¯ ı 1 ` α2 1 ´ α2 sin 2ka 4 Re cos 2ka ` j sin 2ka e`j2qb ´1 “ 2α 2α und damit die Transmissionsfaktoren für Doppeltopf und Dreifachtopf. ˇ ˇ 1 ˇ pAq ˇ2 ˇ T2 ˇ “ ˇ ˇ , ˇ pAq ˇ2 1 ` ˇ β2 ˇ ˇ ˇ ˇ pAq ˇ2 T ˇ 3 ˇ “

1 ˇ ˇ ˇ pAq ˇ2 1 ` ˇ β3 ˇ

Im Fall A) sind die folgenden Verläufe des Transmissionsfaktors identisch. ˇ ˇ ˇ ˇ “ | T2 |2 ˇ | T1 |2 ˇ ra“2

ˇ ˇ | T1 |2 ˇ

ra“3

ra“1, b{a“0

ˇ ˇ “ | T3 |2 ˇ

ra“1, b{a“0

302

48 Methode der Transfer-Matrix

 



  

Abb. 48.9: Transmissionsfaktor | T2 |2 pwq des Doppeltopfs für Fall A) Abszisse w Parameter ra “ 1 b{a “ 0, 1, 2 und b{a “ 3, 4, 5

  

Abb. 48.10: Transmissionsfaktor | T3 |2 pwq des Dreifachtopfs für Fall A) Abszisse w Parameter ra “ 1, b{a “ 0, 1, 2

303

48.5 Finite periodische Strukturen

Fall B)

Wges ă W0

In diesem Fall liegen gebundene Zustände mit Energiequantisierung vor. Die Elementarzelle des Potentialtopfs hat eine Transfer-Matrix, die sich aus der Diagonalmatrix (48.7) für die beiden Außenbereiche der Breiten b und der reellen Topfmatrix (48.20) zusammensetzt, so dass die Rekursion (48.29) und ihre Folgerungen nicht gelten. Man muss daher schrittweise vorgehen, wobei die schon bei der Topfmatrix aufgetretene abgekürzte Schreibweise für ihre Elemente verwendet wird. pBq

pBq

pBq

pBq

M EZ “ D W M T D W ¸˜ ¸˜ ¸ ˜ 0 0 u ` v `m e´κb e´κb “ ´m u ´ v 0 e`κb 0 e`κb ¸ ˜ `m pu ` vq e´2κb “ ´m pu ´ vq e`2κb Wie bei der Matrixgleichung (48.21) werden die Energieeigenwerte der Quantisierung aus dem (2,2)-Element der jeweiligen Transfer-Matrix ermittelt. Für den einfachen Potentialtopf erhält man wie bei (48.22) die Eigenwertgleichung, die abkürzend als F1 pwq bezeichnet wird. F1 pwq “ pu ´ vq e`2κb “ 0 Ñ

cos 2ka ´

1´α r2 sin 2ka “ 0 2r α

Die Nullstellen dieser Gleichung liefern die diskreten Energieeigenwerte nach (48.23). “ pBq ‰2 Für den Doppeltopf liefert das (2,2)-Element der Matrixpotenz M EZ folgende Eigenwertgleichung, die außer am Rand jeweils zwei Energieeigenwerte in der Umgebung des Eigenwertes hat, den der einfache Potentialtopf aufweist. F2 pwq “ pu ´ vq2 e`4κb ´ m2 ´1 ` α ¯2 ¯2 ´ 1´α r2 r2 sin 2ka e`4κb ´ sin 2ka “ 0 “ cos 2ka ´ 2r α 2r α

304

48 Methode der Transfer-Matrix

  

Abb. 48.11: Eigenwerte von Einfach- und Doppeltopf als Nullstellen der verschiedenen Kurven F1 pwq in blau, F2 pwq mehrfarbig Abszisse w im Intervall (0,1) Parameter ra “ 5, b{a “ 0.05, 0.1, 0.2

  

Abb. 48.12: Eigenwerte von Einfach- und Dreifachtopf als Nullstellen der verschiedenen Kurven F1 pwq in blau, F3 pwq mehrfarbig Abszisse w im Intervall (0,1) Parameter ra “ 5, b{a “ 0.05, 0.1, 0.2

48.5 Finite periodische Strukturen

305

“ pBq ‰3 Für den Dreifachtopf liefert das (2,2)-Element der Potenz M EZ folgende Eigenwertgleichung mit jeweils drei Eigenwerten. F3 pwq “ pu ´ vq3 e`6κb ´ 2pu ´ vq m2 e`2κb ´ pu ` vq m2 e´2κb “ 0 Mit zunehmender periodischer Wiederholung der Elementarzelle erfolgt eine immer größere Aufspaltung der jeweiligen Eigenwerte nach Anzahl und Lage auf der w-Achse. Bei einer großen Anzahl periodischer Wiederholungen von Elementarzellen, wie das in Kristallstrukturen mit etwa 1023 /cm3 der Fall ist, ergibt sich bei jedem ursprünglichen Eigenwert ein entsprechend großer Satz von Energieeigenwerten, die man nicht mehr einzeln auflösen kann sondern als Kontinuum ansehen muss und die daher Energiebänder genannt werden. In periodischen Strukturen wie Halbleiterkristallen existieren auf Grund der Aufspaltung erlaubte und verbotene Energiebänder, die von Teilchen angenommen bzw. nicht erreicht werden können. In der Umgebung jedes einzelnen Eigenwertes des einfachen Potentialtopfs (single quantum well, QW) entsteht durch periodische Wiederholung zum Mehrfachpotentialtopf (Multiple Quantum Well, MQW) daher ein erlaubtes Energieband, [32, S. 497, 657].

Kapitel 49

Periodische Potentialfunktion, Kronig-Penney-Modell Ein wichtiges Anliegen der Physik bestand darin, das Verhalten der Elektronen im Festkörper zu beschreiben und die elektrische Leitfähigkeit im Rahmen eines atomistischen Modells zu deuten. Weder die Auffassung der Leitungselektronen als Elektronengas noch die Vorstellung, dass sie in zwischenatomaren Bindungen lokalisiert sind, führten zu befriedigenden Ergebnissen. Erst die Anwendung der Quantentheorie auf den Festkörper als Gesamtsystem lieferte den Schlüssel für das Verständnis. Da allerdings eine strenge Lösung des quantenmechanischen Vielkörpersystems mit einer großen Anzahl von Atomkernen und Elektronen auf unüberwindliche mathematische Schwierigkeiten stieß, wurden verschiedene Vereinfachungen und Näherungsverfahren durchgeführt. Man setzte voraus, dass die Elektronen auf abgeschlossenen Atomschalen im Festkörpergitter unbeeinflusst bleiben und nur die Außen- oder Valenzelektronen der Atome, die auch als Kristallelektronen bezeichnet werden, sich in Form von Materiewellen im Kristall ausbreiten können, [19, S. 488]. Betrachtet wird die Bewegung eines einzelnen Teilchens im Feld der periodischen potentiellen Energie der Atomrümpfe, die in Kristallgittern von Metallen oder Halbleitern vorliegen. Im eindimensionalen Fall sei die mit  periodische Potentialfunktion Wpot px ` q “ Wpot pxq 306

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_49

307

in idealisierter Form zusammengesetzt aus einer unendlichen Kette von Potentialtöpfen. Die Töpfe stellen die Bereiche um die Atomkerne dar, in dem die Elektronen von der Kernladung angezogen werden. Die Barrieren entsprechen den zwischen den Kernen liegenden Gebieten, in denen die Kernladung durch kernnahe Elektronen abgeschirmt ist. Mit diesem sehr vereinfachten Kronig-Penney-Modell für den tatsächlichen Verlauf der potentiellen Energie in Gitterstrukturen kann man dennoch wesentliche Eigenschaften für das Verhalten von Elektronen in kristallinen Festkörpern erklären.

Wpot (x) W0

...

... x a 0

a+2b l

Abb. 49.1: Potentialverlauf im Kronig-Penney-Modell Setzt man in der stationären Schrödinger-Gleichung (44.1) x `  an Stelle von x, ˘ 2m ` d2 ψpxq “ 2 Wpot pxq ´ Wges ψpxq 2 dx  ˘ 2m ` d2 ψpx ` q “ 2 W pot px ` q ´Wges ψpx ` q loooooomoooooon 2 dx  “ Wpot pxq

dann muss sowohl ψpxq als auch ψpx ` q Lösung der Differentialgleichung sein. Da bei eindimensionaler Bewegung eines Teilchens zu einem Energieeigenwert Wges “ Wn nur eine Eigenfunktion gehören kann, können sich die beiden Lösungen nur um einen konstanten Faktor C unterscheiden, was bei n-maliger Wiederholung zu folgender Beziehung führt, die als Floquet’s Theorem bezeichnet wird, [4, S. 183], [6, S. 368]. ψpx ` q “ C ψpxq

Ñ

ψpx ` nq “ C n ψpxq

pn “ 0, ˘1, ˘2, ...q

308

49 Periodische Potentialfunktion, Kronig-Penney-Modell

Eigenfunktionen, die auch für x Ñ ˘8 und damit n Ñ ˘8 beschränkt bleiben, sind nur möglich für einen Phasenfaktor vom Betrag Eins, C “ e jχ “ e jK bei dem man die reelle Größe χ als im Intervall ´π ď χ “ K ď `π

(49.1)

liegend ansehen kann. Physikalisch zulässige Funktionen müssen also von folgender Form sein, ψpx ` nq “ e jnχ ψpxq “ e jnK ψpxq was nach Felix Bloch als Bloch-Bedingung bezeichnet wird. Mit dem Zeitfaktor e´jωt und dem Ansatz ψpxq “ e jKx uK pxq stellt die zeitabhängige Gleichung (36.6) “ ‰ Ψpx, tq “ ψpxq e´jωt “ e jKx uK pxq e´jωt “ uK pxq e jpKx´ωtq Bloch-Wellen der Amplitude uK pxq dar, die die Wellenlänge  “ 2π{K haben und die der Periodizität des Kristallgitters entspricht. Aus dem Vergleich der beiden Darstellungen # jnK e ψpxq “ e jnK ¨ e jKx uK pxq ψpx ` nq “ e jKpx`nq uK px ` nq folgt das Bloch’sche Theorem über die Periodizität der Amplitude. uK px ` nq “ uK pxq “ ψpxq e´jKx Ñ

ψpx ` nq “ ψpxq e jnK

Die Lösung der Schrödinger-Gleichung erfolgt wie bei den früher behandelten Beispielen durch die Ansätze ψ T pxq “ A e jkx ` B e´jkx ψA pxq “ C e jqx ` D e´jqx ψB pxq “ E e´κx ` F e`κx

pTopfbereichq + pWallbereichq

309

mit den Konstanten k, q und κ nach (46.1) und (46.6). Im weiteren bedeutet X wie bisher Fall A) oder Fall B), je nachdem, ob die Teilchenenergie Wges größer oder kleiner als W0 ist. Die Funktionen und ihre Ableitungen müssen an den Sprungstellen stetig sein. Das bedeutet die Gleichheit einerseits von ψ T paq “ ψX paq und andererseits von ψX pa ` 2bq “ ψ T pa ` 2bq “ ψ T p´ a ` q “ e jχ ψ T p´ aq der Funktionen sowie von deren Ableitungen. Für Fall A) mit w ą 1 resultiert aus den Stetigkeitsbedingungen ein homogenes Gleichungssystem, das durch folgende Matrixgleichung beschrieben wird. ˛¨ ˛ ¨ ` e`jka ` e´jka ´ e`jqa ´ e´jqa A ‹ ˚ ‹ ˚ ` jk e`jka ´jka `jqa ´jqa ´ jk e ´ jq e ` jq e ‹ ˚B ‹ ˚ ‹ ˚ ‹“0 ˚ ˝ ` e jχ e´jka ` e jχ e`jka ´ e`jqpa`2bq ´ e´jqpa`2bq ‚˝ C ‚ ` jk e jχ e´jka ´ jk e jχ e`jka ´ jq e`jqpa`2bq ` jq e´jqpa`2bq

D

Eine nichttriviale Lösung existiert nur bei verschwindender Koeffizientendeterminante, ` ˘ p1 ` αq2 p1 ´ αq2 cosp2ka ´ 2qbq ´ cosp2ka ` 2qbq “ 0 det .. “ cos χ ` 4α 4α die auf folgende Bestimmungsgleichung für die Funktion FA pwq der Variablen w “ Wges {W0 ą 1 führt. 1 ` α2 sin 2ka sin 2qb 2α ? b? “ cos 2 ra w cos 2 ra w´1 a ? 2w ´ 1 b? ´ a sin 2 ra w sin 2 ra w´1 a 2 wpw ´ 1q

FA pwq “ cos χ “ cos 2ka cos 2qb ´

310

49 Periodische Potentialfunktion, Kronig-Penney-Modell

Der Fall B) für 0 ă w ă 1 führt auf ein ähnliches Gleichungssystem, dessen Bestimmungsgleichung man auch durch formales Ersetzen von q “ jκ und α “ j α r erhalten kann. 1´α r2 sin 2ka sinh 2κb 2r α ? b? “ cos 2 ra w cosh 2 ra 1´w a ? 2w ´ 1 b? ´ a sin 2 ra w sinh 2 ra 1´w a 2 wp1 ´ wq

FB pwq “ cos χ “ cos 2ka cosh 2κb ´

Für reelle Werte der Phasengröße χ nach (49.1) können nur Energiewerte w auftreten, die die Bedingung ´1 ď FX pwq “ cos χ ď `1 erfüllen. In den Abbildungen 49.2 und 49.3 sind die Verläufe der Funktionen FA pwq für w ą 1 und FB pwq für 0 ă w ă 1 sowie das Entstehen der Energiebänder dargestellt.

   

Abb. 49.2: Verlauf der Funktionen FpXq pwq Abszisse w Parameter ra “ 2, b{a “ 0.25, 0.5, 0.75, 1

311

In der zweiten Abbildung stellen die blau markierten Bereiche die erlaubten, die restlichen die verbotenen Energiebänder dar.

Abb. 49.3: Entstehung der erlaubten Energiebänder (in blau) im Kronig-Penney-Modell Abszisse w Parameter ra “ 2, b{a “ 1 Die Bandstruktur der Energieeigenwerte bei periodischer Potentialfunktion ist eine grundlegende Eigenschaft von Kristallen, die aus Atomen oder Ionen aufgebaut sind, aus der sich wichtige Eigenschaften der Festkörper erklären lassen, [11, S. 123]. Sie bildet als Bändermodell den Ausgangspunkt für das Verständnis der Leitfähigkeit der Festkörper, die die größte Variation einer physikalischen Eigenschaft aufweist und sich über einen enormen Wertebereich von bis zu 30 Zehnerpotenzen erstreckt, [15, S. 185], [38, II, S. 166]. Im Bändermodell von Halbleitern stehen sich in anschaulicher Weise als oberstes Band das bei Raumtemperatur nur wenige Elektronen enthaltende Leitungsband und das darunter liegende weitgehend mit Elektronen gefüllte Valenzband gegenüber, die durch eine Bandlücke von ΔW « 1 eV als verbotenes Band getrennt sind. Durch Dotierung, womit man das Einbringen von Spuren von Fremdatomen in das Halbleitermaterial bezeichnet, wird die Anzahl der Ladungsträger im Halbleiterkristall (Elektronen sowie Fehlstellen oder Löcher) geeignet erhöht, die durch Anlegen von Spannung von den Dotierungsatomen befreit werden können. Die Polarität der Spannung steuert den Bandwechsel der Ladungsträger zwischen Valenz- und Leitungsband, was bei pn-Übergängen zu Durchlass- und Sperrverhalten führt, [18, S. 208, 232].

312

49 Periodische Potentialfunktion, Kronig-Penney-Modell

Im Gegensatz dazu ist der Bandabstand bei Isolatoren mit einer Energielücke von ΔW “ 3 .. 7 eV zwischen Valenz- und Leitungsband wesentlich größer, so dass ein Bandwechsel nur bei Anlegen von hohen Spannungen möglich ist, der zum Durchschlag des Isolators führt.

Kapitel 50

Linearer harmonischer Oszillator 50.1

Bedeutung

Der harmonische Oszillator ist ein einfaches aber anschauliches Modell für die Darstellung schwingender Systeme, das deshalb große Bedeutung hat, da sowohl in der klassischen wie in der Quantenmechanik bei vielen Problemen mit Auslenkung von Massen proportionale, rücktreibende Kräfte auftreten. Dieses Modell des harmonischen Oszillators wurde benutzt, um Atome in den Hohlraumwänden bei der Strahlung des Schwarzen Körpers oder bei atomaren Schwingungen in Kristallen zu beschreiben. Im eindimensionalen Fall wird die Auslenkung xptq einer Masse m bestimmt durch die nach dem Hooke’schen Gesetz linear rücktreibend wirkende Federkraft, m

d2 x ex “ F pxq “ ´ c x ex dt2

bei der die positive Größe c die Federkonstante bedeutet. Die Lösung der Differentialgleichung bilden harmonische Funktionen mit der Kreisfrequenz ω der Schwingung. xptq “ A sin ωt ` B cos ωt

Ñ

ω“

c

313

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c m

(50.1)

314

50 Linearer harmonischer Oszillator

Die rücktreibende Kraft kann durch den Gradienten der potentiellen Energie Wpot als parabelförmige Potentialfunktion dargestellt werden. F pxq “ ´ grad Wpot pxq

Ñ

Wpot pxq “

1 2 mω 2 2 cx “ x 2 2

(50.2)

Jede beliebige Potentialfunktion Wpot pxq kann in der Umgebung eines lokalen Minimums bei x “ x0 durch eine Parabel angenähert werden. In der Taylor-Entwicklung um x0 1 Wpot pxq “ Wpot px0 q ` px ´ x0 q Wpot px0 q `

1 2 px ´ x0 q2 Wpot px0 q ` ... 2 (50.3)

kann man die Konstante Wpot px0 q “ 0 setzen, da sie keinen Einfluss auf 1 Null und die die Kraft hat. Da in einem Minimum die erste Ableitung Wpot 2 positiv ist, stellt bei kleinen Schwingungen die pazweite Ableitung Wpot rabolische Potentialfunktion die erste Näherung für ein Potential mit einem Minimum bei x “ x0 dar. Der harmonische Oszillator ist damit der Prototyp für Systeme, die kleine Schwingungen um einen stabilen Gleichgewichtspunkt ausführen. Das Problem des harmonischen Oszillators wird behandelt in [4, S. 170], [10, S. 108], [11, S. 106], [12, S. 64], [20, S. 141], [29, S. 190], [30, S. 147].

50.2

Differentialgleichung und Kummer’sche Funktion

Die Operatorgleichung (41.7) lautet in eindimensionaler Form, ” ı  2 d2 H ψpxq “ ´ ` W pxq ψpxq “ Wges ψpxq pot 2m dx2

(50.4)

die auf die Schrödinger-Gleichung (44.1) führt, ‰ d2 ψ 2m “ ` 2 Wges ´ Wpot pxq ψpxq “ 0 2 dx  deren Lösungen auf Grund des parabelförmigen Verlaufs der Funktion Wpot pxq gemäß der Klassifizierung in Abschnitt 44.3 nur gebundene Zustände darstellen.

315

50.2 Differentialgleichung und Kummer’sche Funktion

Für die mathematische Behandlung werden mit (50.1) zur Abkürzung folgende Größen eingeführt, bei denen ξ und λ dimensionslos sind. c 2Wges mω Ñ ξ “ αx , λ“ (50.5) α“  ω Mit dem Differential nach der Kettenregel 2 d2 ψ d ´ dψ ¯ d ´ dψ ¯ dξ d ´ dξ dψ ¯ 2 d ψ “ “ α α “ α “ dx2 dx dx dx dξ dx dξ dξ dξ dξ 2

und den Größen 2m 2m mω 2 2 ´ mω ¯2 2 x “ W pxq “ x “ α 4 x2 “ α 2 ξ 2 pot 2 2 2  2Wges mω 2m “ α2 λ Wges “ 2  ω 

(50.6)

erhält man die Schrödinger-Gleichung in folgender Form. ˘ d2 ψ ` 2 ´ ξ ´ λ ψpξq “ 0 dξ 2

(50.7)

Diese Differentialgleichung, [17, S. 400, (2.12)], wird in Abschnitt 50.4 durch einen Potenzreihenansatz gelöst, der auf Hermite’sche Polynome führt. Zunächst wird die Differentialgleichung aber in eine Form überführt, deren Lösung eine ganze Klasse mathematischer Funktionen umfasst. Durch Transformation der unabhängigen Variablen ? ξ“ z

Ñ

d dz d “ dξ dξ dz ´ ¯ ´ ? ¯ 2 ’ ? ’ % d d “ 2 z d 2 z d “ 4z d ` 2 d dξ dξ dz dz dz 2 dz $ ’ ’ &

geht (50.7) über in die Differentialgleichung z

d2 ψ 1 dψ 1 ` ´ pz ´ λq ψpzq “ 0 dz 2 2 dz 4

316

50 Linearer harmonischer Oszillator

und durch Transformation der abhängigen Variablen mit dem Produktansatz $ ¯ ´ ’ 1 pzq “ u1 ´ 1 u e´z{2 ’ ψ & 2 ψpzq “ e´z{2 upzq Ñ ¯ ´ ’ ’ % ψ 2 pzq “ u2 ´ u1 ` 1 u e´z{2 4 erhält man die Normalform der Differentialgleichung der konfluenten hypergeometrischen Funktion, die auch als Kummer’sche Differentialgleichung bezeichnet wird, [1, S. 504], [4, S. 357], [8, S. 62], [16, S. 276], [17, S. 427, (2.113)], [22, S. 111], [26, S. 322], [37, S. 157].

z

˘ du d2 u ` ´ a upzq “ 0 ` b ´ z dz 2 dz

(50.8)

Im vorliegenden Fall lauten die Parameter b “ 1{2 und a “ p1 ´ λq{4. Diejenige Lösung der Differentialgleichung, die im Nullpunkt beschränkt ist, stellt die konfluente hypergeometrische Funktion dar, die auch Kummer’sche Funktion heißt, und mit M pa, b, zq oder 1 F1 pa, b, zq bezeichnet wird. Diese Funktion wird umfassend in [5] untersucht und in Auftreten und Anwendungen erörtert. Durch spezielle Wahl der Parameter a und b werden viele wichtige Funktionen der mathematischen Physik dargestellt, [1, S. 509]. Die Potenzreihendarstellung der Kummer’schen Funktion lautet, M pa, b, zq “ 1 F1 pa, b, zq “ 1 `

8 ÿ paqk z k apa ` 1q z 2 a z ` ` ... “ b 1! bpb ` 1q 2! pbqk k! k“0

(50.9) bei der der Parameter b keine negative ganze Zahl oder Null sein darf! Die Koeffizienten der Reihe werden durch Pochhammer-Symbole paqn gebildet, die jeweils n Faktoren enthalten, [1, S. 256], paq0 “ 1

n´1 ź Γpa ` nq “ paqn “ apa ` 1qpa ` 2q ¨ ¨ ¨ pa ` n ´ 1q “ pa ` kq (50.10) Γpaq k“0

317

50.3 Lösungsmethoden der Differentialgleichung

und für die die Reflection-Formel gilt, [36, S. 151]. p´ aqn “ p´ aqp´ a ` 1qp´ a ` 2q ¨ ¨ ¨ p´ a ` n ´ 1q “ p´ 1qn pa ´ n ` 1qn

pn ď aq

Wird a durch die Variable x ersetzt, dann entstehen sog. PochhammerPolynome. Für große Werte z Ñ 8 gilt für die Kummer’sche Funktion der folgende asymptotische Ausdruck, [26, S. 323]. M pa, b, zq “ 1 F1 pa, b, zq „

1 z a´b ez Γpaq

(50.11)

Nur für den Fall, dass der Parameter a “ ´ n eine negative ganze Zahl oder Null ist, stellt die Funktion M pa, b, zq gemäß der Reflection-Formel ein Polynom vom Grade n dar, da die Reihe nach dem letzten Glied mit p´ nqn “ p´1qn n! abbricht.

50.3

Lösungsmethoden der Differentialgleichung

In der Literatur findet man zwei verschiedene Ansätze zur Behandlung der Differentialgleichung (50.7). Bei der ersten, hier verfolgten analytischen Methode wird die Lösung durch eine Potenzreihenentwicklung gefunden. Ein solches Vorgehen eignet sich für die in der mathematischen Physik auftretenden gewöhnlichen Differentialgleichungen der Fuchs’schen Klasse, [34, III/2, S. 305, 311], d2 ψ dψ ` qpzq ψpzq “ 0 ` ppzq 2 dz dz oder vom selbstadjungierten Sturm-Liouville-Typ, [24, I, S. 523, 530, 719], ‰ dψ ” dψ ı “ ppzq ` qpzq ` λ rpzq ψpzq “ 0 dz dz wie z.B. für Bessel-Funktionen z2

‰ d2 ψ dψ “ 2 `z ` z ´ ν 2 ψpzq “ 0 2 dz dz

318

50 Linearer harmonischer Oszillator

Der zweite Ansatz verwendet eine algebraische Lösungsmethode, die auf Dirac zurückgeht, [30, S. 153], bei der sog. Leiteroperatoren verwendet werden. Sie treten beim Drehimpuls im Abschnitt 53.2 in Gleichung (53.12) auf, können aber erst im Zusammenhang mit den Vertauschungsregeln für Operatoren im Abschnitt 62.1 ausführlicher behandelt werden und stellen bei der Addition von Drehimpulsen im Abschnitt 66.4 eine geniale und wirkungsvolle Methode zur Berechnung der Eigenvektoren dar. Mindestens von einem Autor wird die algebraische Methode als äußert raffiniert angesehen, die schneller und einfacher zum Ziel führt und nach seiner Meinung auch ein höheres Vergnügen bereitet, [12, S. 66].

50.4

Entwicklung der Lösung, Hermite’sche Polynome

Die analytische Lösungsmethode der Gleichung (50.7) geht zunächst als Standardschritt vom asymptotischen Verhalten für | ξ | Ñ 8 aus, bei dem man λ vernachlässigen kann. Die verbleibende Differentialgleichung d 2 ψ8 ´ ξ 2 ψ8 pξq “ 0 dξ 2 wird durch den Ansatz ψ8 pξq “ e˘ξ

2 {2

wegen

` ˘ 2 2 2 ψ8 pξq “ ξ 2 ˘ 1 e˘ξ {2 « ξ 2 e˘ξ {2

näherungsweise gelöst, wobei nur für das negative Vorzeichen im Exponenten eine physikalisch zulässige Wellenfunktion entsteht. Für die exakte Lösung macht man dann bis auf eine Konstante, die durch die Normierung zu bestimmen ist, folgenden Ansatz, bei dem das asymptotische Verhalten bereits abgespalten ist, und bei der die zu bestimmende Funktion Hpξq das oszillierende Verhalten zwischen den klassischen Wendepunkten beschreiben muss, die durch die parabelförmige Potentialfunktion gegeben sind. ψpξq “ Hpξq ψ8 pξq “ Hpξq e´ ξ

2 {2

(50.12)

Beim Einsetzen in (50.7) erhält man für die Funktion Hpξq die folgende Gleichung, die man als Hermite’sche Differentialgleichung bezeichnet. ˘ dH ` d2 H ` λ ´ 1 Hpξq “ 0 ´ 2ξ 2 dξ dξ

(50.13)

50.4 Entwicklung der Lösung, Hermite’sche Polynome

319

Man versucht sie durch einen Potenzreihenansatz zu erfüllen, 8 ÿ

Hpξq “

ck ξ k

(50.14)

k“0

ein Verfahren, das als Frobenius-Methode zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen bekannt ist, [12, S. 77], [29, S. 216]. Beim Einsetzen in die Differentialgleichung erhält man 8 ÿ “

‰ pk ` 1qpk ` 2q ck`2 ´ 2k ck ` pλ ´ 1q ck ξ k “ 0

k“0

Da diese Beziehung für beliebige Werte ξ gelten soll, muss zur Erfüllung der Gleichung jeder einzelne Koeffizient Null sein, was auf folgende Rekursionsbeziehung führt. ck`2 pλq “

2k ` 1 ´ λ ck pλq pk ` 1qpk ` 2q

Durch Vorgabe der beiden Konstanten c0 bzw. c1 kann man alle Koeffizienten mit geradem bzw. ungeradem Index schrittweise ermitteln, wodurch die beiden unabhängigen Lösungen der Differentialgleichung 2. Ordnung bestimmt sind, die jeweils nur aus geraden oder ungeraden Potenzen von ξ bestehen und die zusammen die allgemeine Lösung darstellen. Hpξq “ Hg pξq ` Hu pξq “

8 ÿ

ck ξ k `

k“0, 2, ...

8 ÿ

ck ξ k

k“1, 3, ...

In beiden Summen gilt nach Rekursion für große Werte der Laufvariablen k, ck`2 2 „ ck k so dass wegen des bei jedem Summanden hinzutretenden Faktors bis auf eine Konstante gilt ck „

1 pk{2q!

320

50 Linearer harmonischer Oszillator

Für große k hat die Funktion Hpξq daher bei unendlicher Summation das asymptotische Verhalten, ÿ ξk ÿ ξ 2k 2 Hpξq „ „ „ eξ (50.15) pk{2q! k! was für die Funktion des Ansatzes wegen lim ψpξq “ lim Hpξq e´ ξ

ξÑ8

2 {2

ξÑ8

„ lim e` ξ ξÑ8

2 {2

Ñ 8

eine physikalisch unzulässige Lösung bedeuten würde. Damit die Reihe für Hpξq beschränkt ist, muss sie nach endlich vielen Gliedern abbrechen. Für n “ kmax fordert man als Bedingung 2n ` 1 ´ λ “ 0, wodurch λ eine ganze Zahl wird. # + 4m ` 1 pn “ 2m, geradeq λn “ 2n ` 1 “ pm “ 0, 1, 2, ...q 4m ` 3 pn “ 2m ` 1, ungeradeq Dadurch ist cn pλn q der letzte nicht verschwindende Koeffizient und alle höheren sind Null. Wegen des Grenzwertes lim ξ k e´ ξ

ξÑ8

2 {2

“0

(50.16)

für endliche Werte k bleibt die Wellenfunktion ψpξq im Unendlichen beschränkt. Damit ist der Lösungsanteil Hn pξq ein Polynom vom Grad n, das bei gegebenem n entweder gerade oder ungerade ist. Die geraden Funktionen Hg pξq erhält man durch Vorgabe von c0 ‰ 0 und c1 “ 0 und die ungeraden Funktionen Hu pξq durch Vorgabe von c0 “ 0 und c1 ‰ 0. Die Kette der Koeffizienten lautet für gerades n “ 2m m c2 pλn q “ p´2q 2 c0 pλn q 1¨2 mpm ´ 1q m´1 c2 pλn q “ p´2q2 22 c0 pλn q c4 pλn q “ p´2q 2 3¨4 4! .. . m! 1 c2m pλn q “ p´2q 2 c2m´2 pλn q “ p´1qm 22m c0 pλn q p2m ´ 1q ¨ p2mq p2mq! c2m`2 pλn q “ c2m`4 pλn q “ ... “ 0

321

50.4 Entwicklung der Lösung, Hermite’sche Polynome

und für ungerades n “ 2m ` 1 m c1 pλn q 2¨3 mpm ´ 1q m´1 c3 pλn q “ p´2q2 22 c1 pλn q c5 pλn q “ p´2q 2 4¨5 5! .. . m! 1 c2m`1 pλn q “ p´2q 2 c2m´1 pλn q “ p´1qm 22m c1 pλn q 2m ¨ p2m ` 1q p2m ` 1q! c3 pλn q “ p´2q 2

c2m`3 pλn q “ c2m`5 pλn q “ ... “ 0 Die so entstehenden Funktionen Hn pξq heißen Hermite’sche Polynome, deren Standardisierung dadurch festgelegt wird, dass der höchste Koeffizient eine Zweierpotenz ist. c n “ 2n $ ’ 2m ’ & c2m pλn “ 4m ` 1q “ 2 Ñ ’ ’ % c2m`1 pλn “ 4m ` 3q “ 22m`1

Ñ c0 pλn q “ p´1qm

p2mq! m!

Ñ c1 pλn q “ p´1qm 2

p2m ` 1q! m!

Damit ergeben sich die Anfangskoeffizienten für m “ 0 zu c0 pλn “ 1q “ 20 “ 1

Ñ

H0 “ 1

c1 pλn “ 3q “ 21 “ 2

Ñ

H1 “ 2ξ

Mit Hilfe der Koeffizienten ck oder der dreigliedrigen Rekursionsbeziehung, [3, S. 56], Hn`2 pξq “ 2ξ Hn`1 pξq ´ 2pn ` 1q Hn pξq

(50.17)

kann man die Hermite-Polynome berechnen, deren erste lauten, [40, S. 491]. H0 “ 1

H3 pξq “ 8 ξ 3 ´ 12 ξ

H1 pξq “ 2 ξ

H4 pξq “ 16 ξ 4 ´ 48 ξ 2 ` 12

H2 pξq “ 4 ξ 2 ´ 2

H5 pξq “ 32 ξ 5 ´ 160 ξ 3 ` 120 ξ

(50.18)

322

50 Linearer harmonischer Oszillator

Die Hermite’schen Polynome bilden das einzige klassische Orthogonalsystem für das unendliche Intervall p´8, `8q mit dem folgenden Ortho2 gonalintegral, bei dem die Funktion wpξq “ e´ξ als Gewichtsfunktion bezeichnet wird, ż8

2

e´ξ Hn pξq Hp pξq dξ “ 0

für n ‰ p

(50.19)

? π

(50.20)

´8

und der Norm , [3, S. 54], [24, I, S. 786] N pnq “

ż8

2

e´ξ Hn2 pξq dξ “ 2n n!

´8

Jedes Hermite’sche Polynom Hn pξq hat n Nullstellen, die alle verschieden, reell und einfach sind, [3, S. 32].

50.5

Eigenwerte und Eigenfunktionen

Durch die notwendige Festlegung von λn “ 2n`1 “ 2kmax `1 zur Beschränkung der Wellenfunktionen resultiert nach (50.5) die Quantisierung der Energie eines Teilchens in einer unendlichen Kette von nichtentarteten, äquidistanten Eigenwerten, die jeweils den Abstand ω voneinander haben. ´ 1¯ ω pn “ 0, 1, 2, ...q (50.21) Wn “ n ` 2 Diese Beziehung erinnert an den von Planck 1900 gefundenen Zusammenhang zwischen Energie und Frequenz bei der Hohlraumstrahlung, was darauf zurückzuführen ist, dass die Modellierung des elektromagnetischen Feldes durch eine Zerlegung der Hohlraumwände in ungekoppelte harmonische Oszillatoren als schwingende Elemente erfolgte, [4, S. 174], [10, S. 111], [28, S. 30]. Sie entspricht der Bohr’schen Frequenzbedingung (30.2) aber nicht dem Ergebnis (21.7) für den harmonischen Oszillator. Im Grundzustand für n “ 0 ist entgegen der Annahme von Planck zur Deutung der Strahlungsformel und den Quantenbedingungen der älteren Quantentheorie die Energie nicht Null, [7, S. 51]. Der endliche Energieeigenwert W0 “ ω{2 im Grundzustand, der die Nullpunktsenergie darstellt,

323

50.5 Eigenwerte und Eigenfunktionen

ist ein reines quantenmechanisches Phänomen. Denn die niedrigstmögliche Energie Wges “ 0, die ein klassisches Teilchen im Ruhezustand aufweist, ist in der Quantenmechanik auf Grund der Unschärferelation verboten, da nach (40.6) für jeden Energieeigenwert die Potentialparabel (50.2) eine Breite Δx ą 0 hat, so dass die Gesamtenergie größer als Null sein muss! Δx Δp ě 

Ñ

Ekin “

2 1 Δp2 ě ą 0 2m 2m Δx2

Die Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators lauten als Lösung der Differentialgleichung (50.7) nach (50.12), wenn man wieder zur Variablen x und der Größe α nach (50.5) zurückkehrt ψn pxq “ An Hn pαxq e´ α

2 x2 {2

Man nennt sie auch Hermite’sche Funktionen der Ordnung n, die gemäß Hn nach (50.18) genau n Nullstellen haben. [35, S. 139]. Die Normierung verlangt, ż8 8

8 ż8 2 ż A 2 2 2 | ψn pxq | dx “ A2n Hn pαxq2 e´ α x dx “ n Hn pξq2 e´ ξ dξ “ 1 α 2

8

8

woraus mit der Norm (50.20) die Konstante bestimmt wird, c ? mω α 1 4 An “ a “a ? ? n n  2 n! π 2 n! π Auf Grund der Orthogonaleigenschaft (50.19) der Hermite’schen Polynome bilden die Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators ein Orthonormalsystem. Hn pαxq ψn pαxq ´ pαxq2 {2 ? “a ? e n α 2 n! π

(50.22)

Die Eigenfunktion ψ0 pξq zum niedrigsten Eigenwert entspricht bis auf den Vorfaktor der Wahrscheinlichkeitsdichte einer N(0,1)-Normalverteilung nach (40.1). ? α ´ξ2 {2 ? ? e “ 2α 4 π ϕpξ; 0, 1q ψ0 pξq “ ? 4 π

324

50 Linearer harmonischer Oszillator











Abb. 50.1: Normierte Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators ? oben: ψn pξq{ α für n “ 0, 1, 2, 3, 4 unten: | ψ50 pξq |2 {α in blau 50 pξq{α in rot Abszisse ξ “ αx ? klassische Umkehrpunkte ξn “ ˘ 101 Im unteren Diagramm der Abbildung 50.1 wird die quantenmechanische mit der klassischen Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Teilchens verglichen. Im klassischen Fall führt die Gesamtenergie Wges “ Ekin ` Wpot “

m ´ dx ¯2 m 2 2 ` ω x 2 dt 2

325

50.5 Eigenwerte und Eigenfunktionen

auf die reziproke Geschwindigkeit. dt 1 1 “ “c dx v 2 Wges ´ ω 2 x2 m Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit pxq eines klassischen Teilchens im Intervall dx nach (38.1) entspricht der Aufenthaltsdauer in diesem Intervall bzw. dem Zeitanteil dt an der einfachen Laufzeit T “ π{ω zwischen den Umkehrpunkten des klassischen Oszillators. pxq dx “ Bei Bezug auf α “

a

ω dt “ dt T π

mω{ nach (50.5) folgt daraus mit ξ “ αx

pξq 1 “ “ α αvT

c π

ω 1 “ c 2Wges mω 2Wges ´ ω 2 pαxq2 ´ ξ2 π m  ω

Für ein Teilchen mit gleicher Gesamtenergie gemäß (50.21) erhält man die klassische Aufenthaltswahrscheinlichkeit, die nur im reellen Bereich physikalische Gültigkeit besitzt. n pξq 1 “ a α π 2n ` 1 ´ ξ 2

p|ξ| ă

?

2n ` 1 q

? Zu den Umkehrpunkten ξn “ ˘ 2n ` 1 hin wird die Verweildauer und damit die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen anzutreffen, immer größer, da hier die kinetische Energie zugunsten der potentiellen immer kleiner wird. Bei großen Quantenzahlen n besteht im Mittel eine gute Übereinstimmung zwischen quantenmechanischer und klassischer Aufenthaltswahrscheinlichkeit, wodurch das Bohr’sche Korrespondenzprinzip bestätigt wird. Häufig wird eine Darstellung gewählt, bei der die Quadrate der Eigenfunktionen mit dem Parabelverlauf der Potentialfunktion in der Weise kombiniert werden, dass sie in der Höhe der äquidistanten Energieeigenwerte erscheinen.

326

50 Linearer harmonischer Oszillator

Die normierte Darstellung geht aus von der potentiellen Energie (50.2) und den Eigenwerten (50.21). Wpot pxq “

mω 2 2 ω mω 2 ω 2 2 x “ x “ α x 2 2  2

´ ω 1¯ ω “ p2n ` 1q Wgesn “ n ` 2 2

Ñ

Wpot “ pαxq2 “ ξ 2 ω{2

Ñ

Wgesn “ 2n ` 1 ω{2

Zur besseren Sichtbarkeit sind die Eigenfunktionen (50.22) mit der doppelten Amplitude dargestellt. In allen Fällen erstreckt sich der Bereich mit | ψ |2 ‰ 0 über den Parabelbereich, der die klassischen Umkehrpunkte bestimmt, hinaus und stellt damit den Tunneleffekt dar. Allerdings fällt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit außerhalb des Parabelbereichs recht schnell auf Null ab.

    

Abb. 50.2: Normierte Potentialfunktion ξ 2 (blau) Eigenfunktionen 2 | ψn pξq |2 {α (rot) Abszisse ξ “ αx Ordinate 2Wpot pξq{ω

Literatur zu Teil IV [1] Abramowitz, Milton / Stegun, Irene A.: Handbook of Mathematical Functions Dover Publications, Inc., New York (1965) [2] Atkins, Peter / de Paula, Julio / Keeler, James: Physical Chemistry Oxford University Press, 11th ed. (2018) [3] Beckmann, Petr: Orthogonal Polynomials for Engineers and Physicists The Golem Press, Boulder, Clorado (1973) [4] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Quantum Mechanics Pearson Education Limited, 2. ed. (2000) [5] Buchholz, Herbert: Die konfluente hypergeometrische Funktion Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg (1953) [6] Collin, Robert E.: Field Theory of Guided Waves McGraw-Hill , New York (1960) [7] Döring, Werner: Einführung in die Quantenmechanik Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 3. Aufl. (1960) [8] Flügge, Siegfried: Rechenmethoden der Quantentheorie 327

328

Literatur zu Teil IV

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Literatur zu Teil IV

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[19] Kleine Enzyklopädie Atom- und Kernphysik, Struktur der Materie Herausgeber: Weißmantel, Christian et al. Verlag Harri Deutsch, Thun, Frankfurt/M. (1983) [20] Kuypers, Friedhelm: Quantenmechanik Wiley-VCH Verlag, Weinheim (2020) [21] Lehner, Günther: Elektromagnetische Feldtheorie Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 7. Aufl. (2010) [22] Magnus, Wilhelm / Oberhettinger, Fritz: Formeln und Sätze für die speziellen Funktionen der mathematischen Physik Springer-Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg 2. Aufl. (1948) [23] Midwinter, John E.: Optical Fibers for Transmission John Wiley & Sons, Inc., New York (1979) [24] Morse / Philip. M., Feshbach, Herman: Methods of Theoretical Physics, I/II McGraw-Hill Book Company, (1953) [25] Neumann, John von: Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Reprint 2. Aufl. (1996) [26] Olver, Frank W. J. et al.: NIST Handbook of Mathematical Functions Cambridge University Press, New York (2010) [27] Papoulis, Athanasios The Fourier Integral and its Applications McGrawHill Inc., (1962) [28] Pauling, Linus / Wilson, E. Bright: Introduction to Quantum Mechanics Dover Publications, New York (1985)

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Literatur zu Teil IV

[39] Zurmühl, Rudolf: Matrizen Springer Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 4. Aufl. (1964) [40] Zwillinger, Daniel: CRC Standard Mathematical Tables and Formulae CRC Press, 30. Aufl. (1996)

331

Teil V

Schrödinger-Gleichung in Kugelkoordinaten

333

Überblick In der Quantenmechanik sind dreidimensionale Probleme mit zentralen Kraftfeldern der Atomkerne von grundlegender Bedeutung, so dass bei solchen Aufgaben eine Darstellung in Kugelkoordinaten mathematisch am einfachsten und elegantesten ist. Die Lösung der Schrödinger-Differentialgleichung gelingt durch Separation der Variablen und führt in den Winkelkoordinaten auf Kugelflächenfunktionen, die auch die Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators bilden, der in diesem Zusammenhang behandelt wird. In radialer Richtung kann man die separierte Differentialgleichung erst bei Kenntnis der dem Problem zugrunde liegenden Potentialfunktion lösen. Nach einigen einfachen Aufgabenstellungen, bei denen sphärische Bessel-Funktionen als Lösungen auftreten, wird als besonders wichtiges Problem das Wasserstoffatom behandelt, dessen Lösung eine Reihe von Ergebnissen des Bohr’schen Atommodells quantenmechanisch bestätigt. In radialer Richtung ergeben sich hierbei als Lösung der Kummer’sche Differentialgleichung Laguerre’sche Polynome.

335

Kapitel 51

Dreidimensionale Probleme in Kugelkoordinaten 51.1

Zentrale Kraftfelder

Zentralfelder sind dadurch gekennzeichnet, dass Erregung und Kraft von einem Zentrum ausgehen oder auf dieses gerichtet sind und daher nur von der radialen Koordinate r abhängen. Diese Felder sind konservativ, so dass nach (36.10) die Kraft als negativer Gradient einer Potentialfunktion ausgedrückt werden kann und die Arbeit als Wegintegral der Kraft nicht vom durchlaufenen Weg, sondern nur von seinen Endpunkten abhängt, [37, I, S. 378, II, S. 81]. dWpot r 1 prq er (51.1) “ ´ Wpot dr r Charakteristische Beispiele der klassischen Physik stellen Coulomb- und Gravitationsfelder dar. In der Quantenmechanik sind solche Felder von grundlegender Bedeutung, mit denen man die Bewegung geladener Teilchen wie Elektronen im Zentralfeld von Atomkernen sowie andere kugelsymmetrische Problemstellungen beschreiben kann, [4, S. 173]. Je nach dem radialen Verlauf der potentiellen Energie Wpot prq wirkt die erregende Zentralkraft entweder abstoßend oder anziehend auf ein Teilchen. + # ˇ 1 ˇ ˇ 1 ˇ 1 ˇ er ˇ ă 0 Abstoßung ` ˇ Wpot “ ´ ˇ Wpot Wpot ˇ ˇ ˇ ˇ Ñ F “ 1 ˇ e 1 1 ˇ ą 0 ´ ˇ Wpot Anziehung “ ` ˇ Wpot Wpot r F „r

Ñ

F “ ´ grad Wpot prq “ ´

336

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_51

337

51.1 Zentrale Kraftfelder

Wpot dWpot < 0 dr

r min

r

dWpot > 0 dr

Abb. 51.1: Verläufe der potentiellen Energie Abstoßung bei rotem Verlauf Anziehung bei blauem Verlauf Eine Ladung `Q im Zentrum mit dem Coulomb-Potentiel V prq ą 0 übt nach (27.2) folgende anziehende Kraft auf ein Elektron der Ladung ´e aus, die der elektrischen Feldstärke E proportional ist. ˘ d ´ e Q 1¯ ` ˘ ` F “ ´ grad Wpot prq “ ´ grad ´ eV prq “ ´ er ´ dr 4πε0 r (51.2) ` ˘ eQ 1 Q 1 “ ´ e “ ´ e e “ ´ e E r r 4πε0 r2 4πε0 r2 looomooon 1 ą0 “ Wpot

338

51 Dreidimensionale Probleme in Kugelkoordinaten

51.2

Separation in Kugelkoordinaten

Bei zeitunabhängigen, kugelsymmetrischen Problemen ist die Aufstellung der Schrödinger-Gleichung (36.3) als Eigenwertproblem in den Variablen pr, ϑ, ϕq der Kugelkoordinaten am besten angepasst. Für den Hamilton-Operator (41.2) gilt mit dem Laplace-Operator Δ, [6, S. 336], [10, S. 85], [13, S. 123], [14, S. 164], [37, I, S. 416; II, S.231 ], 2 Δ ` Wpot prq “ Wges (51.3) 2m „ j 1 B ´ 2 B¯ B2 2 1 B ´ B ¯ 1 “´ r ` 2 sin ϑ ` 2 2 2m r2 Br Br r sin ϑ Bϑ Bϑ r sin ϑ Bϕ2

H “´

` Wpot prq Damit lautet die Schrödinger-Gleichung in Kugelkoordinaten B2ψ 1 B ´ 2 Bψ ¯ 1 B ´ Bψ ¯ 1 (51.4) r ` sin ϑ ` r2 Br Br r2 sin ϑ Bϑ Bϑ r2 sin2 ϑ Bϕ2 ‰ 2m “ ` 2 Wges ´ Wpot prq ψpr, ϑ, ϕq “ 0  Die Lösung der Differentialgleichung erfolgt durch Separation der Variablen mit dem Bernoulli’schen Produktansatz,

ψpr, ϑ, ϕq “ Rprq Y pϑ, ϕq

(51.5)

den man in (51.4) einsetzt, anschließend mit r2 {pRY q multipliziert und geeignet anordnet. Da die beiden vorderen Summanden nur von r, die beiden anderen nur von ϑ und ϕ abhängen, müssen sie jeweils konstant sein, die aus später ersichtlichen Gründen mit der Separationskonstante p ` 1q angesetzt werden, wobei sich in (52.2) herausstellt, dass  eine ganze Zahl sein muss!

339

51.2 Separation in Kugelkoordinaten

‰ 1 d ´ 2 dR ¯ 2m “ r ` 2 Wges ´ Wpot prq r2 R dr dr  loooooooooooooooooooooooooooomoooooooooooooooooooooooooooon “ ` p`1q

`

1 1 B ´ BY ¯ 1 1 B 2 Y sin ϑ ` “0 Y sin ϑ Bϑ Bϑ Y sin2 ϑ Bϕ2 loooooooooooooooooooooooooomoooooooooooooooooooooooooon “ ´ p`1q

Durch den Produktansatz wurde von der partiellen Schrödinger-Differentialgleichung eine gewöhnliche Differentialgleichung für die r-Richtung abgespalten. Sie wird radiale Schrödinger-Gleichung oder Radialgleichung genannt und kann nur bei Kenntnis der Potentialfunktion Wpot prq gelöst werden, was in den Kapiteln 54 und 55 in verschiedenen Beispielen erfolgt. " * ı 2m ” d ´ 2 dR ¯ 2 r ` ´ W prq r ´ p ` 1q Rprq “ 0 W ges pot dr dr 2

(51.6)

Für Meridional- und Azimutrichtung verbleibt eine partielle Differentialgleichung, die daher als Winkelgleichung bezeichnet wird. 1 B ´ BY ¯ 1 B2Y sin ϑ ` ` p ` 1q Y pϑ, ϕq “ 0 sin ϑ Bϑ Bϑ sin2 ϑ Bϕ2

(51.7)

Da sie nur die geometrischen Koordinaten ϑ und ϕ enthält, kann sie direkt gelöst werden und wird deshalb zuerst behandelt.

Kapitel 52

Lösung der Winkelgleichung 52.1

Kugelfunktionen

Die aus der Separation hervorgegangene Gleichung (51.7) zur Bestimmung der Funktion Y pϑ, ϕq ist eine partielle Differentialgleichung für die Abhängigkeit von den Winkelvariablen ϑ und ϕ. B ´ BY ¯ B 2 Y sin ϑ sin ϑ ` ` p ` 1q sin2 ϑ Y pϑ, ϕq “ 0 Bϑ Bϑ Bϕ2 Da sie die Potentialfunktion nicht enthält, ist diese Winkelgleichung für alle Zentralfelder gleichermaßen gültig und kann unabhängig gelöst werden. Mit einem zweiten Produktansatz Y pϑ, ϕq “ Θpϑq Φpϕq und nach Division durch Y “ Θ Φ erhält man die Darstellung mit einer zweiten Separationskonstante m. sin ϑ d ´ dΘ ¯ 1 d2 Φ sin ϑ ` p ` 1q sin2 ϑ ` “0 Θ dϑ dϑ Φ dϕ2 looooooooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooooooon looomooon “ ´ m2

“ ` m2

Eine Verwechslung der Separationskonstante m mit der Masse m von Teilchen, die in der Literatur beide Standard sind, wird in der Schreibweise bei gleichzeitigem Auftreten dadurch vermieden, dass die Masse entweder in einer anderen Größe als Abkürzung aufgeht oder zur Unterscheidung mit einem Index wie m0 oder me versehen wird! 340

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_52

341

52.1 Kugelfunktionen

In ϕ-Richtung erhält man harmonische Funktionen als Lösungen, die man auch komplex ansetzen kann, da in der Quantenmechanik keine Beschränkung auf reelle Funktionen wie in der Elektrodynamik gegeben ist. # Cm sin mϕ ` Dm cos mϕ d2 Φ 2 ` m Φpϕq “ 0 Ñ Φm pϕq “ (52.1) 2 1 e`jmϕ ` D 1 e´jmϕ dϕ Cm m Wegen der Periodizität in ϕ-Richtung kann die Konstante m nur die ganzzahligen Werte m “ 0, ˘1, ˘2, ... annehmen, wobei man die Null-Lösung speziell prüfen muss. In ϑ-Richtung erhält man die Differentialgleichung der Winkelfunktion Θpϑq, die man mit der Substitution μ “ cos ϑ auch in einer zweiten Form darstellen kann, [28, S. 5/6]. 1 d ” dΘ ı ” m2 ı sin ϑ ` p ` 1q ´ Θpϑq “ 0 sin ϑ dϑ dϑ sin2 ϑ (52.2) d ” m2 ı dΘ ı ” Θpμq “ 0 p1 ´ μ2 q ` p ` 1q ´ dμ dμ 1 ´ μ2 Ihre Lösungen werden durch die nur für ganze Zahlen  ě 0 in der angegebenen Form mit p ` 1q gültigen zugeordneten Kugelfunktionen 1 2 , gebildet, die schon lange als spezielle Funktionen der mathematischen Physik bekannt sind, [20, S. 25], [29, Kap. 5]. Die Überlagerung der linear unabhängigen Lösungsfunktionen m Θm pϑq “ Am Pm  pcos ϑq ` Bm Q  pcos ϑq

p ě 0 , ganzq

sind Verallgemeinerungen der für m “ 0 auftretenden Legendre-Polynome, [7, S. 65, 73], [19, S. 132, 146], [21, S. 72]. Die Kugelfunktionen 2. Art werden auf der Rotationsachse Unendlich, Qm  p˘1q “ 8

für

ϑ “ 0, π

so dass Qm  als physikalische Lösungsfunktion nicht auftreten kann und Bm “ 0 gilt, wenn die z-Achse zum betrachteten Gebiet gehört. 1 2

Heine, Eduard, Handbuch der Kugelfunktionen I/II, (1878/81) Hobson, Ernest W., The Theory of Spherical and Ellipsoidal Harmonics, (1931)

342

52 Lösung der Winkelgleichung

Mit der Rodrigues-Darstellung der Legendre-Polynome, [28, S. 13] P pμq “

˘ 1 d ` 2 μ ´ 1 2 ! dμ 

pμ “ cos ϑq

und ganzen Zahlen für Ordnung m und Grad  ě m, kann man die zugeordneten Kugelfunktionen Pm  pμq auf folgende Weise durch Ableitung berechnen, [23, S. 360], [29, S. 115], [38, S. 954]. m 2 m{2 Pm  pμq “ p´1q p1 ´ μ q

dm P pμq dμ m

˘ d `m ` 2 p´1qm μ ´ 1 p1 ´ μ2 qm{2 “  2 ! dμ `m

(52.3)

Die zugeordneten Kugelfunktionen sind Null für m ą , da dann die Ordnung  ` m der Differentiation größer ist als der Grad 2 des zu differenzierenden Polynoms. In der Literatur werden diese Funktionen nicht einheitlich definiert. Der von Hobson eingeführte Vorzeichenfaktor p´1qm wird wie auch hier in [23, S. 360] und [28, S. 67] verwendet, in [6, S. 280], [16, S. 114], [19, S. 147] und [34, S. 122] sowie vielen Büchern über Quantenmechanik dagegen nicht. Nach Sommerfeld ist dieser Faktor für die Quantenmechanik aber belanglos, da nur das Betragsquadrat der Wellenfunktionen als Maß für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Teilchen physikalisch von Interesse ist! m Die ersten zugeordneten Kugelfunktionen Pm  pμq “ P pcos ϑq lauten, [21, S. 73], [28, Annexe I & III],

P00 pμq “ P0 pμq “ 1 P0 pμq “ P pμq P01 pμq “ μ 2 P02 pμq “ 3μ2 ´ 1

P11 pμq “ ´

a

1 ´ μ2 a P12 pμq “ ´ 3μ 1 ´ μ2 P22 pμq “ 3 p1 ´ μ2 q

2 P03 pμq “ μ p5μ2 ´ 3q

(52.4)

a 2 P13 pμq “ ´ 3 p5μ2 ´ 1q 1 ´ μ2 P23 pμq “ 15 μ p1 ´ μ2 q P33 pμq “ ´ 15p1 ´ μ2 q

a

1 ´ μ2

343

52.1 Kugelfunktionen



 

   





   









Abb. 52.1: Polardiagramme von Legendre-Polynomen und zugeordneten Kugelfunktionen bei variierender Skalierung Für die zugeordneten Kugelfunktionen gelten bei negativem Argument und negativer Ordnung folgende Beziehungen, [23, S. 361/362], [28, S. 68, 70]. ´m m P pμq Pm  p´ μq “ p´1q m P´ pμq 

“ p´1q

m

p ´ mq! m P pμq p ` mq! 

(52.5)

344

52 Lösung der Winkelgleichung

Geht man zurück zur ϑ-Darstellung, dann sind die Funktionen Pm  für gerade Werte a von m Polynome in μ “ cos ϑ, aber für ungerade m tritt ein Faktor 1 ´ μ2 “ sin ϑ hinzu. Wegen der Beschränkung der Ordnung auf | m | ď  existieren bei einer gegebenen ganzen Zahl  genau 2`1 zugeordnete Kugelfunktionen der Ordnung ´ ď m ď `, eine Eigenschaft, die sich auf die Werte der Quantenzahlen überträgt.  “ 0, 1, ...

Ñ

m “ ´ , ... , ` 

(52.6)

Die zugeordnete Kugelfunktion Pm  pcos ϑq besitzt ´m einfache Nullstellen im Intervall 0 ď ϑ ď π. Für einige Funktionen sind die Polardiagramme in der ( -z)-Ebene für μ “ cos ϑ in Abbildung 52.1 dargestellt.

52.2

Kugelflächenfunktionen

Die Differentialgleichung (51.7) wird gemäß Produktansatz durch die folgenden Kugelflächenfunktionen Ym pϑ, ϕq gelöst, die nach Lord Kelvin auch als sphärische Harmonische bezeichnet werden, wobei | m | ď  gilt, [23, S. 378], [28, S. 139], [38, S. 354]. , pcq Ym pϑ, ϕq “ Pm  pcos ϑq cos mϕ . psq Ym pϑ, ϕq



Pm  pcos ϑq

sin mϕ

pcq

Ñ

psq

Ym pϑ, ϕq “ Ym ˘ jYm

-

˘jmϕ – Pm  pcos ϑq e

(52.7) Kugelflächenfunktionen bilden als Produkt aus zugeordneten Kugelfunktionen der Variablen μ “ cos ϑ und harmonischen Funktionen von ϕ einen vollständigen Satz orthonormaler Funktionen für die Kugeloberfläche, die das folgende Orthogonalintegral erfüllen, deren Normierung weiter unten angegeben wird. ż2π żπ 0 0

Ym pϑ, ϕq Y˚1 m1 pϑ, ϕq

sin ϑ dϑ dϕ “ 0

"

 ‰ 1 m ‰ m1

* (52.8)

345

52.2 Kugelflächenfunktionen

Dieses Ergebnis folgt aus den Orthogonalintegralen der beteiligten Funktionen, die für positive ganze Zahlen , 1 und m, m1 folgendermaßen lauten, [15, S. 108], [23, S. 369], [28, S. 103, 105]. $ & 0 π cos mϕ cos m˚ ϕ dϕ “ % 2π 0 " ż2π 0 ˚ sin mϕ sin m ϕ dϕ “ π

ż2π

0 ż2π

sin mϕ cos m1 ϕ dϕ “ 0

m ‰ m1 m “ m1 ‰ 0 m “ m1 “ 0 m ‰ m1 m “ m1 ‰ 0

(52.9)

@ m, m1

0

żπ

m Pm  pcos ϑq P1 pcos ϑq sin ϑ dϑ “

0

żπ 0

´m Pm  pcos ϑq P1 pcos ϑq sin ϑ dϑ “

$ ’ & ’ % $ & %

0

 ‰ 1

2 p ` mq! 2 ` 1 p ´ mq!

 “ 1

0 2 2 ` 1

(52.10) ‰

1

 “ 1

Auf einer Kugeloberfläche bestimmen die ganzzahligen Werte von  und m die Anzahl der Knotenlinien, auf denen die Kugelflächenfunktionen (52.7) Null sind. pcq Für m “ 0 ist Y 0 pϑq “ P pcos ϑq unabhängig von ϕ und bildet wegen seiner  Nullstellen auf der Kugeloberfläche zwischen den Polen insgesamt  ` 1 abwechselnd positive und negative Zonen, so dass die einfachen Legendre-Polynome P “ P0 auch zonale Kugelfunktionen heißen. pcq psq Für  ą m ą 0 sind die Kugelflächenfunktionen Ym pϑ, ϕq und Ym pϑ, ϕq ihren Nullstellen entsprechend auf 2m Meridianen und  ´ m Breitenkreisen Null. Diese Knotenlinien bilden auf der Kugeloberfläche an den Polen Bogendreiecke und sonst Bogenvierecke, sog. Tesserae, in denen die Funktionswerte abwechselnd positiv und negativ sind und in einer (ϑ-ϕ)-Ebene ein Schachbrettmuster bilden. Man nennt sie deshalb tesserale Kugelfunktionen.

346

52 Lösung der Winkelgleichung

Im Sonderfall  “ m entarten die Tesserae zu 2m Bogenzweiecken, die durch Meridiane begrenzt werden, so dass die Funktionen dann sektorielle Kugelfunktionen genannt werden, [19, S. 172], [28, S. 24, 68, 88], [34, S. 120], [35, S. 402]. Um die Normierung der Wellenfunktionen ψpr, ϑ, ϕq nach (41.6) zu erreichen, die durch den Produktansatz (51.5) aus Faktoren bestehen, ist es günstig, die Teilfunktionen Rprq und Y pϑ, ϕq jeweils für sich auf Eins zu normieren. Mit der Kugelflächenfunktion in komplexer Darstellung jmϕ Ym pϑ, ϕq “ Am Pm  pcos ϑq e

bedeutet das die Normierung der Winkelfunktion. ż2π żπ

2

| Ym pϑ, ϕq | sin ϑ dϑ dϕ “ A2m

0 0

ż2π żπ

‰2

Pm  pcos ϑq



sin ϑ dϑ dϕ “ 1

0 0

(52.11) Daraus ergibt sich mit dem Orthogonalintegral (52.10) die Normierungskonstante, d 2 ` 1 p ´ mq! Am “ ¨ (52.12) 4π p ` mq! mit der die Kugelflächenfunktionen, die den Winkelanteil der Wellenfunktionen im Produktansatz (51.5) bilden, lauten d Ym pϑ, ϕq “

2 ` 1 p ´ mq! m ¨ P pcos ϑq e jmϕ 4π p ` mq! 

"

 “ 0, 1, 2, .. m “ ´, .. , `

*

(52.13) Bei folgenden speziellen Werten der Ordnung m der Kugelflächenfunktionen gilt gemäß (52.3) und (52.5) Y, `k pϑ, ϕq “ 0

pk “ 1, 2, ...q (52.14)

˚ pϑ, ϕq Y, ´m pϑ, ϕq “ p´1qm Ym

52.2 Kugelflächenfunktionen

347

Dreidimensionale Polardiagramme der Funktionen | Ym pϑ, ϕq |2 findet man in [5, S. 206]. In der Quantenmechanik wird der bei (52.3) diskutierte Vorzeichenfaktor p´1qm als Phasenfaktor von Condon–Shortley bezeichnet, der häufig in der Definition von Ym und nicht von Pm  explizit erscheint, worauf beim Studium der einschlägigen Literatur zu achten ist. Welcher Funktion man den Faktor zuschlägt, ist beliebig, aber er darf natürlich nur einmal auftreten! Die Beziehungen (52.14) gelten in jedem Fall. Bei Raumspiegelung mit r Ñ ´ r nach (43.48) gilt in Kugelkoordinaten P r “ Ptr, ϑ, ϕu “ tr, π ´ ϑ, π ` ϕu “ ´ r Für die Kugelflächenfunktionen ergibt die Raumspiegelung mit (52.1) und (52.5) PYm pϑ, ϕq “ P Pm  pcos ϑq Φpϕq “ Pm  p´ cos ϑq Φpπ ` ϕq m “ p´1q´m Pm  pcos ϑq p´1q Φpϕq

PYm pϑ, ϕq “ Ym pπ ´ ϑ, π ` ϕq “ p´1q Ym pϑ, ϕq

(52.15)

Die Kugelflächenfunktionen besitzen damit die Parität vom Grad . # positive Parität für  gerade Ñ negative Parität für  ungerade

Kapitel 53

Drehimpuls als Operator 53.1

Komponenten des Drehimpulsoperators

Rotation ist eine fundamentale Bewegung in der realen Welt. Daher ist der Drehimpuls oder Drall eines der wichtigsten Konzepte der klassischen Mechanik, der in abgeschlossenen Systemen mit Zentralkräften neben Energie und Impuls ebenfalls eine Erhaltungsgröße ist. Auch in der Quantenmechanik definiert die vektorielle Multiplikation von Ortsvektor r und Impuls p den Drehimpuls L, der in der älteren Quantenmechanik mit der Bahnbewegung eines Elektrons als Bahndrehimpuls interpretiert wurde. L“rˆp

L “ L x ex ` L y ey ` L z ez

(53.1)

Die kartesischen Komponenten des Drehimpulsvektors lauten in Operatordarstellung mit p “ ´ j ∇ nach Gleichung (36.7) ´ B B ¯ Lx “ ypz ´ zpy “ ´j y ´z Bz By ´ B B ¯ ´x Ly “ zpx ´ xpz “ ´j z Bx Bz ´ B B ¯ Lz “ xpy ´ ypx “ ´j x ´y By Bx 348

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_53

(53.2)

349

53.1 Komponenten des Drehimpulsoperators

oder zusammengefasst als Vektoroperator des Drehimpulses ` ˘ L “ ´j r ˆ ∇

(53.3)

Bei der`Darstellung in Kugelkoordinaten pr, ϑ, ϕq mit dem Funktions˘ satz x u ¨ ˛ x ˚ ‹ x “ ˝y ‚ , z

¨ ˛ r ˚ ‹ u “ ˝ϑ‚ ϕ

Ñ

$ ’ & x “ r sin ϑ cos ϕ ` ˘ y “ r sin ϑ sin ϕ x u “ ’ % z “ r cos ϑ

(53.4)

` ˘ existiert auch der inverse Funktionssatz u x , mindestens stückweise. Die partiellen Ableitungen einer mittelbaren Funktion f pr, ϑ, ϕq lauten Bf Bf Br Bf Bϑ Bf Bϕ “ ` ` Bx Br Bx Bϑ Bx Bϕ Bx oder formal mit ξ “ x, y, z, [8, I, S. 363]. Br B Bϑ B Bϕ B B “ ` ` Bξ Bξ Br Bξ Bϑ Bξ Bϕ

(53.5)

Die darin auftretenden partiellen Differentiale der Kugelkoordinaten nach den kartesischen ermittelt man aus den totalen ` ˘ Differentialen, die durch die Funktional- oder Jacobi-Matrix F x { u als Verallgemeinerung des Differentialquotienten dargestellt werden, bei der die Diagonalmatrix Δ die Quadrate der reziproken metrischen Faktoren h enthält, [37, I, S. 268, 393, 414]. ` ˘ dx “ F x { u du

Ñ

` ˘ ` ˘ du “ F´1 x { u dx “ Δ FT x { u dx

Das Matrizenprodukt lautet, ` ˘ Δ FT x { u “ ˛ ˛¨ ¨ sin ϑ cos ϕ sin ϑ sin ϕ cos ϑ 1 0 0 ‹ ‹˚ ˚ 0 “ ˝ 0 1{r2 ‚˝` r cos ϑ cos ϕ r cos ϑ sin ϕ ´ r sin ϑ‚ ´ r sin ϑ sin ϕ r sin ϑ cos ϕ 0 0 0 1{pr2 sin2 ϑq

350

53 Drehimpuls als Operator

womit folgt ¨

˛

¨

sin ϑ cos ϕ

dr ˚ ˚ ‹ ˚ 1 cos ϑ cos ϕ du “ ˝ dϑ ‚ “ ˚ ˝r sin ϕ dϕ ´ r sin ϑ

˛ sin ϑ sin ϕ cos ϑ ¨ ˛ ‹ dx 1 1 ˚ ‹ cos ϑ sin ϕ ´ sin ϑ‹ ‹ ˝dy ‚ r r ‚ cos ϕ dz 0 r sin ϑ

Daraus ergeben sich die partiell geschriebenen Ableitungen von r nach x und y Br dx dy dz “ sin ϑ cos ϕ ` sin ϑ sin ϕ ` cos ϑ Bx dx dx dx loomoon loomoon loomoon “1

“0

“0

Br dx dy dz “ sin ϑ cos ϕ ` sin ϑ sin ϕ ` cos ϑ By loody moon loody moon loody moon “0

“1

“0

und entsprechende Ergebnisse für die anderen Ableitungen. Insgesamt erhält man gemäß (53.5) folgende Darstellung in Matrixform. ˛ ¨ B ˚ Bx ‹ ˚ sin ϑ cos ϕ ˚ ‹ ˚ ˚B ‹ ˚ ˚ ‹ “ ˚ sin ϑ sin ϕ ˚ By ‹ ˚ ˚ ‹ ˚ ˝B ‚ ˝ cos ϑ Bz ¨

cos ϑ cos ϕ r cos ϑ sin ϕ r sin ϑ ´ r

´

˛¨ ˛ B sin ϕ ˚ ‹ r sin ϑ ‹ ‹ ˚ Br ‹ ‹ ‹ cos ϕ ‹ ˚ ˚ B ‹ ‹ ˚ r sin ϑ ‹ ˚ Bϑ ‹ ‹ ‚˝ B ‚ 0 Bϕ

(53.6)

Aus dem Funktionssatz (53.4) und dieser Matrix werden nach (53.2) die kartesischen Drehimpulskomponenten in Operatorform gebildet, die dann lauten, ´ B ¯ B ´ cot ϑ cos ϕ Lx “ ´j ´ sin ϕ Bϑ Bϕ ´ B ¯ B ´ cot ϑ sin ϕ Ly “ ´j ` cos ϕ Bϑ Bϕ B Lz “ ´j Bϕ

(53.7)

351

53.1 Komponenten des Drehimpulsoperators

und aus denen das Drehimpulsquadrat in Operatorform gebildet wird. L2 “ L2x ` L2y ` L2z

(53.8)

Dabei werden jedoch keine algebraischen Quadrate berechnet, sondern die Operatoren wirken gemäß ihrer Ableitungen aufeinander. Etwas kürzer ist der Rechenweg auf der Grundlage von (53.3). ` ˘ ` ˘ L 2 “ L ¨ L “ ´ 2 r ˆ ∇ ¨ r ˆ ∇ In Kugelkoordinaten lautet der maßgebliche Anteil des Drehimpulsoperators, ˙ ˆ B B 1 B 1 er ` eϑ ` eϕ r ˆ ∇ “ r er ˆ Br r Bϑ r sin ϑ Bϕ ` ˘ L “ ´ j r ˆ ∇ “ j

ˆ

1 B B eϑ ´ eϕ sin ϑ Bϕ Bϑ

˙ (53.9)

Die doppelte Anwendung liefert das folgende Skalarprodukt. ˆ ˙ ˆ ˙ ` ˘ ` ˘ 1 B 1 B B B rˆ∇ ¨ rˆ∇ “ ´ eϑ ` eϕ ¨ ´ eϑ ` eϕ sin ϑ Bϕ Bϑ sin ϑ Bϕ Bϑ B2 B 1 1 eϑ ¨ eϑ,ϕ eϑ ¨ eϑ ` 2 2 2 sin ϑ Bϕ sin ϑ Bϕ

“ ´

B2 1 1 B e ϑ ¨ eϕ ´ eϑ ¨ eϕ,ϕ sin ϑ BϑBϕ sin ϑ Bϑ

`

B2 cos ϑ B 1 1 B e eϕ ¨ eϑ ´ eϕ ¨ eϑ,ϑ ¨ e ´ ϕ ϑ 2 Bϕ sin ϑ BϑBϕ sin ϑ Bϕ sin ϑ

`

B2 B eϕ ¨ eϕ,ϑ eϕ ¨ eϕ ` Bϑ2 Bϑ

Mit den Ableitungen der Einheitsvektoren, [37, I, S. 416], eϑ,ϑ “ ´ er

eϕ,ϑ “ 0

eϑ,ϕ “ cos ϑ eϕ

eϕ,ϕ “ ´ sin ϑ er ´ cos ϑ eϑ

352

53 Drehimpuls als Operator

bleiben vom Skalarprodukt nur drei Glieder übrig und man erhält das Drehimpulsquadrat in Kugelkoordinaten ˙ B2 B2 B 1 ` cot ϑ ` L “ ´ Bϑ2 Bϑ sin2 ϑ Bϕ2 ˆ ˙ 1 B ´ B2 B ¯ 1 2 sin ϑ ` “ ´ sin ϑ Bϑ Bϑ sin2 ϑ Bϕ2 2

2

ˆ

(53.10)

Die Operatoren des Drehimpulses, seiner kartesischen Komponenten und seines Quadrats sind reine Winkeloperatoren, die nur auf Meridional- und Azimutwinkel ϑ und ϕ, aber nicht auf die radiale Koordinate r wirken.

53.2

Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren

Der Drehimpulsoperator Lz besitzt die Kugelflächenfunktionen (52.13) als Eigenfunktionen, jmϕ Ym pϑ, ϕq “ Am Pm  pcos ϑq e

da sie für beliebige Werte  die Differentialgleichung (53.7) erfüllen. Lz Ym pϑ, ϕq “ ´j

BYm “ m Ym pϑ, ϕq Bϕ

pm “ 0, ˘1, ... , ˘q

Die Eigenwerte m von Lz bestimmen die Quantenzahl m, durch die die z-Komponente des Drehimpulses bei der Bahnbewegung eines Teilchens quantisiert ist. Sie entspricht damit der Bohr’schen magnetischen Quantenzahl, die eine Richtungsquantisierung des Bahndrehimpulses in Bezug auf ein äußeres Magnetfeld beschreibt. Die Kugelflächenfunktionen erfüllen wegen der partiellen Differentialgleichung (51.7) auch die Operatorgleichung (53.10) für das Quadrat des Drehimpulsoperators. ˆ 2 ˙ B Ym BYm 1 B 2 Ym 2 2 ` cot ϑ ` L Ym pϑ, ϕq “ ´  Bϑ2 Bϑ sin2 ϑ Bϕ2 “ 2 p ` 1q Ym pϑ, ϕq

53.2 Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren

353

Die Eigenwerte von L2 lauten 2 p ` 1q mit  “ 0, 1, 2, .. . Die Quantenzahl  bestimmt daher den Betrag des Drehimpulses bei der Bahnbewegung eines Teilchens und ist mit der Bohr’schen Nebenquantenzahl identisch. Für die Operatoren Lx und Ly sind die Funktionen Ym pϑ, ϕq dagegen keine Eigenfunktionen, was sich folgendermaßen zeigen läßt. Dazu benötigt man die Rekursionsbeziehungen der zugeordneten Kugelfunktionen, [28, S. 99, 101], m`1 pcos ϑq ´ p ` mqp ´ m ` 1q Pm´1 pcos ϑq 2m cot ϑ Pm  pcos ϑq “ ´ P 

d Pm m`1  “ m cot ϑ Pm pcos ϑq  pcos ϑq ` P dϑ aus der sich die Beziehung ergibt 2

d Pm  “ Pm`1 pcos ϑq ´ p ` mqp ´ m ` 1q Pm´1 pcos ϑq   dϑ

Die Anwendung des Lx -Operators (53.7) auf die Kugelflächenfunktion Ym liefert „ j d Pm jmϕ m d jmϕ  2 Lx Ym pϑ, ϕq “ ´j Am ´ sin ϕ 2 e e ´ 2 cot ϑ cos ϕ P dϑ dϕ ” “ ‰ ´ p ` mqp ´ m ` 1q Pm´1 “ `j Am sin ϕ e jmϕ ` Pm`1   “ ‰ı m´1 ´ p ` mqp ´ m ` 1q P ` j cos ϕ e jmϕ ´ Pm`1   Mit den Beziehungen für die Normierungskonstante (52.12) d 2 ` 1 p ´ mq! Am “ 4π p ` mq! d 2 ` 1 p ´ m ´ 1q! 1 “ Am a A, m`1 “ 4π p ` m ` 1q! p ´ mqp ` m ` 1q d a 2 ` 1 p ´ m ` 1q! “ Am p ` mqp ´ m ` 1q A, m´1 “ 4π p ` m ´ 1q!

354

53 Drehimpuls als Operator

und den Zusammenfassungen ` ˘ ´ cos ϕ ` j sin ϕ e jmϕ Am “ ´ e jpm`1qϕ A, m`1

a p ´ mqp ` m ` 1q

` ˘ ` cos ϕ ´ j sin ϕ e jmϕ p ` mqp ´ m ` 1qAm p ` mqp ´ m ` 1q “ ` e jpm´1qϕ A, m´1 a p ` mqp ´ m ` 1q erhält man die Darstellung des Lx -Operators und auf entsprechende Weise diejenige des Ly -Operators. ı a  ”a p ´ mqp ` m ` 1q Y, m`1 ` p ` mqp ´ m ` 1q Y, m´1 Lx Ym “ 2 ı a  ”a Ly Ym “ ´j p ´ mqp ` m ` 1q Y, m`1 ´ p ` mqp ´ m ` 1q Y, m´1 2 Die Radikanden kann man noch in einer anderen Form darstellen, bei der zwei neue Konstanten eingeführt werden. ` ` ˘2 Cm “ p ´ mqp ` m ` 1q “ p ` 1q ´ mpm ` 1q ` ´ ˘2 Cm “ p ` mqp ´ m ` 1q “ p ` 1q ´ mpm ´ 1q

(53.11)

Damit gilt ¯ ´ ` ´ Cm Y, m`1 ` Cm Y, m´1 2 ¯ ´ ` ´ Cm Y, m`1 ´ Cm Y, m´1 Ly Ym “ ´j 2 so dass die Eigenfunktionen der beiden kartesischen Operatoren Linearkombinationen zweier benachbarter Kugelflächenfunktionen sind. Man bildet aus Summe und Differenz zwei weitere Operatoren, die aus bald ersichtlichen Gründen Leiteroperatoren heißen. Nach (53.7) gelten die Differentialdarstellungen, Lx Ym “

B ¯ B ` j cot ϑ ` L` “ Lx ` jLy “  e Bϑ Bϕ ´ B ¯ B ` j cot ϑ L´ “ Lx ´ jLy “  e´jϕ ´ Bϑ Bϕ `jϕ

´

(53.12)

53.2 Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren

355

deren Anwendung auf die Kugelflächenfunktion Ym oder die direkte Überlagerung folgende Darstellungen liefert. L` Ym “ 

a

` p ` 1q ´ mpm ` 1q Y, m`1 “  Cm Y, m`1

L´ Ym “ 

a

´  Cm Y, m´1

p ` 1q ´ mpm ´ 1q Y, m´1 “

(53.13)

Zusammenfassend gelten damit folgende Eigenwertgleichungen für Drehimpulsoperatoren und Kugelflächenfunktionen, L2 Ym pϑ, ϕq “ 2 p ` 1q Ym pϑ, ϕq Lz Ym pϑ, ϕq “  m Ym pϑ, ϕq

(53.14)

˘ L˘ Ym pϑ, ϕq “  Cm Y, m˘1 pϑ, ϕq

in denen die Drehimpulsquantenzahlen  und mpq gemäß (52.6) auftreten.  “ 0, 1, 2, ... mpq “ ´, ... , 0, ... , `

(53.15)

Neben der Kugelflächenfunktion Ym sind auch die beiden Funktionen L˘ Ym Eigenfunktionen der Operatoren L2 und Lz , denn deren Anwendung auf die dritte Gleichung von (53.14) liefert ` ˘ ˘ L2 Y, m˘1 L2 L˘ Ym “  Cm ` ˘ ˘ “ 2 p ` 1q  Cm Y, m˘1 ` ˘ “ 2 p ` 1q L˘ Ym ` ˘ ˘ Lz L˘ Ym “  Cm Lz Y, m˘1 ` ˘ ˘ “ pm ˘ 1q  Cm Y, m˘1 ` ˘ “ pm ˘ 1q L˘ Ym Die Anwendung der Operatoren L˘ auf die gemeinsame Eigenfunktion Ym von L2 und Lz erzeugt die weiteren Eigenfunktionen L˘ Ym , die für beide Operatoren übereinstimmen. Dabei bleibt der Eigenwert beim Operator L2 erhalten, beim Operator Lz dagegen nicht.

356

53 Drehimpuls als Operator

Die Operatoren L˘ werden deshalb auch als Leiteroperatoren bezeichnet, und zwar L` als Aufsteigeoperator, der den Eigenwert von Lz um  erhöht, und L´ als Absteigeoperator, der den Eigenwert um  erniedrigt, [6, S. 287], [14, S. 194], [26, S. 163]. Ebenso und entsprechend für höhere Operatorpotenzen gilt ` ˘ “ ` ˘‰ Lz L2˘ Ym “ Lz L˘ L˘ Ym ` ˘ ˘ “  Cm Lz L˘ Y, m˘1 ˘ ˘ “  Cm  C,m˘1 Lz Y, m˘2 ˘ ˘ “ pm ˘ 2q  Cm  C,m˘1 Y, m˘2 „ Y, m˘2

“ pm ˘ 2q L2˘ Ym Für gegebene Werte von  und m erhält man durch wiederholte Anwendung von L˘ eine Leiter von Zuständen, bei der sich die Eigenwerte der einzelnen Sprossen jeweils um  unterscheiden. Die Zustände durchlaufen die folgende Kette mit den angegebenen Eigenwerten. ` p´mq ˘ p´mq L z L` Ym “  L` Ym „ Y, .. .. .. . . . ` k ˘ k Lz L` Ym „ Y,m`k “ pm ` kq L` Ym .. .. .. . . . ` 2 ˘ 2 Lz L` Ym “ pm ` 2q L` Ym „ Y,m`2 ` ˘ “ pm ` 1q L` Ym Lz L` Ym „ Y,m`1 ` ˘ “ m Ym Lz Ym „ Ym (53.16) ` ˘ Lz L´ Ym „ Y,m´1 “ pm ´ 1q L´ Ym ` 2 ˘ Lz L´ Ym “ pm ´ 2q L2´ Ym „ Y,m´2 .. .. .. . . . ` k ˘ k Lz L´ Ym „ Y,m´k “ pm ´ kq L´ Ym .. .. .. . . . ` p`mq ˘ p`mq Lz L´ Ym “ p´q L´ Ym „ Y,´

53.2 Eigenwerte und Eigenfunktionen der Drehimpulsoperatoren

357

Die Anzahl der Zustände ist auf 2 ` 1 begrenzt, da einerseits die zugeordneten Kugelfunktionen Pm  und damit auch die Kugelflächenfunktionen Ym für | m | ą  gemäß (52.3) Null sind und andererseits für die Konstanten gilt ´ “0 C` “ C,´

Dabei erhält man gemäß (53.13) für k ‰ 0 ` ˘˘ ` ˘ ˘ Y ¨ ... ¨  C,m˘pk´1q Lk˘ Ym “  Cm looooooooooooooooomooooooooooooooooon ,m˘k

(53.17)

k Faktoren

Eine graphische Darstellung der Richtungsquantisierung des Drehimpulsvektors wird im Abschnitt 62.3 behandelt. Darstellung von Drehimpuls und Operatoren findet man in [6, S. 265, 285], [13, S. 127], [14, S. 192], [26, S. 163].

Kapitel 54

Lösung der Radialgleichung 54.1

Differentialgleichung und Normierung

In rotationssymmetrischen Koordinatensystemen kann man Laplace- und Helmholtz-Gleichung oft nicht direkt mit einem einfachen BernoulliAnsatz separieren, was aber mitunter durch R-Separation mit einer reduzierten Funktion gelingt, [22, S. 96]. Die radiale Schrödinger-Gleichung (51.6) mit ganzer Zahl  ě 0 * " ı d ´ 2 dR ¯ 2m ” 2 Wges ´ Wpot prq r ´ p ` 1q Rprq “ 0 r ` dr dr 2 wird durch den reduzierten Ansatz für die abhängige Variable $ dR r u1 ´ u ’ ’ “ & uprq dr r2 Rprq “ Ñ ” ı ’ r ’ % d r2 dR “ ru2 dr dr

(54.1)

in die reduzierte Radialgleichung für die Funktion uprq überführt. „ j d2 u 2m 2m 2 p ` 1q uprq “ 0 ` 2 Wges uprq ´ 2 Wpot prq ` dr2   2m r2

(54.2)

Die Differentialgleichung hat die gleiche mathematische Form wie (44.1), bei der keine erste Ableitung auftritt. 358

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_54

359

54.1 Differentialgleichung und Normierung

Der Ausdruck in der Klammer stellt das einer Energie entsprechende effektive Potential Weff prq dar, das bei  ‰ 0 den Einfluss eines Bahndrehimpulses berücksichtigt. Weff prq “ Wpot prq `

2 p ` 1q 2m r2

(54.3)

Der zweite Summand bildet nach Abschnitt 51.1 einen abstoßenden Zentrifugalterm, der mit dem Parameter  größer wird und ein Teilchen durch seinen Bahndrehimpuls wie eine Zentrifugalkraft in der klassischen Mechanik vom Zentrum nach außen zu bewegen versucht, [2, S. 305], [6, S. 338], [32, S. 124]. Die Normierung der Wellenfunktionen ψpr, ϑ, ϕq gemäß (41.6) bedeutet in Kugelkoordinaten ż8 ż2π żπ

| ψm pr, ϑ, ϕq |2 r dr r sin ϑ dϑ dϕ

0 0 0



ż8

2

| R prq | r dr 2

0

ż2π żπ

| Ym pϑ, ϕq |2 sin ϑ dϑ dϕ “ 1

0 0 loooooooooooooooooomoooooooooooooooooon “1

Da das Doppelintegral über Ym bereits in (52.11) normiert wurde, muss nur noch die Normierung der Radialfunktion gefordert werden. NR “

ż8 0

2

| R prq | r dr “ 2

ż8

| u prq |2 dr “ 1

(54.4)

0

Die Lösungen R prq bilden den zweiten Faktor der Eigenfunktionen im Produktansatz (51.5) in Kugelkoordinaten.

360

54 Lösung der Radialgleichung

54.2

Freier Massenpunkt im Raum, sphärische Bessel-Funktionen

Der einfachste Fall liegt vor für ein freies Teilchen der Masse m0 bei verschwindender potentieller Energie, Wpot prq “ 0 der an Kapitel 45 anknüpft und in [6, S. 341] behandelt wird. Mit der Größe k wie in (46.1), die gleichzeitig nach (34.4) als Wellenzahl eine Wellenlänge beschreibt, c 2m0 p 2π k“ “ ą 0 (54.5) Wges “ 2 λ  lautet die reduzierte Radialgleichung (54.2) d2 u ” 2 p ` 1q ı ` k ´ uprq “ 0 dr2 r2

(54.6)

Im speziellen Fall  “ 0 liegt eine Schwingungsgleichung vor. Die Radialfunktion R0 prq muss gemäß dem reduzierten Ansatz (54.1) im Nullpunkt beschränkt sein, so dass der zweite Summand der allgemeinen Lösung nicht auftreten kann und daher B0 “ 0 gilt. R0 prq “

sin kr cos kr u0 prq “ A0 ` B0 r kr kr

Ñ

R0 prq “ A0

sin kr kr

Die Lösungsfunktion des Problems tritt als si-Funktion sin x{x häufig in Anwendungen auf, z.B. in der Systemtheorie bei einem rechteckförmigen Ortsfrequenzspektrum der Breite Δωk “ 2k “ 4π{λ und der Höhe π{k. Denn gemäß Fourier-Transformation (37.4) gilt für dessen Ortsfunktion π ´ ωk ¯ Π k 2k

‚´˝

1 π 2π k

żk

jωk r

e ´k

1 dωk “ kr

żkr

cos ξ dξ “

sin kr kr

(54.7)

0

Im allgemeinen Fall mit  ‰ 0 wird die Radialgleichung (51.6) durch die

54.2 Freier Massenpunkt im Raum, sphärische Bessel-Funktionen 361

Substitution der unabhängigen Variablen bei positiver Größe k nach (54.5)  “ kr ą 0

Ñ

d d d d “ “k dr dr d d

(54.8)

überführt in die Differentialgleichung der sphärischen Bessel-Funktionen, [1, S. 437], [23, S. 262]. ı d ´ 2 dR ¯ ” 2 k `  k ´ p ` 1q Rpq “ 0 d k 2 d 2

ı dR ” 2 d2 R `  ` 2 ´ p ` 1q Rpq “ 0 d2 d

(54.9)

Die Lösungen Rpq “ R pq, die im Nullpunkt beschränkt bleiben, sind Bessel-Funktionen der 1. Art mit halbzahliger Ordnung  ` 1{2. Sie werden als sphärische Bessel-Funktionen 1. Art j bezeichnet und lassen sich nach der Rayleigh-Darstellung durch elementare Funktionen ausdrücken, die den Fall  “ 0 einschließen. R pq Ñ

j pq “

c

` ˘ ´ 1 d ¯ sin  π J `1{2 pq “ ´ 2  d 

(54.10)

Für die Funktion u aus (54.6) gilt die Lösung uprq “ rRprq “ r j pkrq.



  

Abb. 54.1: Sphärische Bessel-Funktionen der 1. Art j p q der Ordnung  “ 0, 1, 2, 3

362

54 Lösung der Radialgleichung

Die ersten sphärischen Bessel-Funktionen lauten j0 pq “

sin  

˘ sin  ` cos  j2 pq “ 3 ´ 2 ´3 2 3  

j1 pq “

sin  cos  ´ 2 

˘ sin  ` ` j3 pq “ 3 5 ´ 22 ´ 15 ´ 2 4

(54.11) ¯ cos  3

Die zweite, linear unabhängige Lösung von (54.9), die aber im Nullpunkt unbeschränkt ist, bilden sphärische Bessel-Funktionen 2. Art y , die nach Carl Neumann benannt werden. y pq “

c

` ˘ ´ 1 d ¯ cos  π Y `1{2 pq “ ´ ´  2  d 

(54.12)

Die ersten sphärischen Neumann-Funktionen lauten y0 pq “ ´

cos  

˘ cos  ` sin  y2 pq “ ´ 3 ´ 2 ´3 2 3  

y1 pq “ ´

cos  sin  ´ 2 

¯ ˘ cos  ` ` 2 sin  y3 pq “ ´ 3 5 ´ 22 ´ 15 ´  4 3

 





Abb. 54.2: Sphärische Bessel-Funktionen der 2. Art y p q, (Neumann), der Ordnung  “ 0, 1, 2, 3

(54.13)

54.3 Sphärischer Potentialtopf mit undurchdringlicher Oberfläche 363

Sphärische Bessel-Funktionen erfüllen folgende Rekursionsbeziehung, wobei f sowohl j als auch y bedeuten kann. f`1 pq “ p2 ` 1q

f pq ´ f´1 pq 

(54.14)

Die Wellenfunktion für den freien Massenpunkt lautet nach (51.5), (52.13) und (54.10), ψm pr, ϑ, ϕq “ R prq Ym pϑ, ϕq ˘jmϕ “ C j pkrq Am Pm  pcos ϑq e

(54.15)

deren Normierung mit (52.11) ż8 ż2π żπ

2

| ψm pr, ϑ, ϕq | r dr r sin ϑ dϑ dϕ “

0 0 0

ż8

| R prq |2 r2 dr

0

wegen ż8

j2 pkrq r2 dr Ñ 8

0

auf das gleiche Normierungsproblem stößt, das bereits im Abschnitt 45.2 diskutiert wurde. Die Eigenwerte k ą 0 nach (54.5) können jeden reellen Wert annehmen und führen auf ein Kontinuum von Energiewerten Wgesk “ k 2 2 {2m0 .

54.3

Sphärischer Potentialtopf mit undurchdringlicher Oberfläche

Bei Vorgabe der Potentialfunktion für eine Kugel vom Radius a durch # 0 răa Wpot prq “ 8 rąa ist die Wellenfunktion im Außenraum Null.

364

54 Lösung der Radialgleichung

Im Innenraum erhält man wie beim freien Massenpunkt die Differentialgleichung (54.9) der sphärischen Bessel-Funktionen, 2

ı d2 R dR ” 2 `  ` 2 ´ p ` 1q Rpq “ 0 d2 d

bei der die Neumann-Funktion nicht auftreten kann. Die Stetigkeit der auch bei diesem Problem gültigen Wellenfunktion (54.15) verlangt die Erfüllung der Randbedingung ψm pa, ϑ, ϕq “ 0

Ñ

j pkaq “ 0

Die Eigenwerte k nach (54.5) sind daher durch die mit s “ 1, 2, .. gezählten Nullstellen β ,s der sphärischen Bessel-Funktionen 1. Art gegeben. j pβ ,s q “ 0

(54.16)

Nach (54.11) gilt β 0,s π “ s a a β 1,s “ a β 2,s “ a

“0

j0 pkaq “ 0

Ñ sin ka “ 0

Ñ k 0,s “

“1

j1 pkaq “ 0

Ñ tan ka “ ka

Ñ k 1,s

“2

j2 pkaq “ 0

Ñ tan ka “

3ka 3 ´ pkaq2

Ñ k 2,s

“3

j3 pkaq “ 0

Ñ tan ka “

15ka ´ pkaq3 15 ´ 6pkaq2

Ñ k 3,s “

β 3,s a

Nur für  “ 0 sind die Nullstellen äquidistant und ab  “ 2 gleicht der Ausdruck tan ka dem Quotienten zweier Polynome, dessen Ordnung abwechselnd proportional zu 1{pkaq und ka ist. Die zugehörigen diskreten Energiewerte Wges der gebundenen Zustände ergeben sich zu, k ,s “

1 β ,s a

Ñ

W,s “

2 ´ β ,s ¯2 2m0 a

die alle entartet sind, da zu jedem Wert  genau 2 ` 1 verschiedene Werte der Quantenzahl m existieren.

54.3 Sphärischer Potentialtopf mit undurchdringlicher Oberfläche 365

Die Wellenfunktionen müssen wegen der beiden Separationskonstanten  und m und der Nullstellenzählung s dreifach indiziert werden. ´ r¯ ψms pr, ϑ, ϕq “ C,s j β ,s Ym pϑ, ϕq a Mit (52.11) und (54.4) muss wegen der Normierung gelten ż8 ż2π żπ

| ψms pr, ϑ, ϕq |2 r dr r sin ϑ dϑ dϕ

0 0 0



ża

2

| R prq | r dr “

0

2

2 C,s

ża

´ r¯ 2 r dr “ 1 j2 β ,s a

0

Mit dem folgenden Orthogonalintegral, [1, S. 485], [23, S. 243], sowie [38, S. 958] (mit Fehler, a2 an Stelle von a3 !), wird die Konstante C,s bestimmt. ża

j2

´

β ,s

r¯ 2 π a3 r dr “ a 2 β,s

0

ż1

2 t J`1{2 pβ ,s tq dt “

‰2 π a3 “ 1 J`1{2 pβ ,s q 4 β,s

0

Die Ableitung der Bessel-Funktionen gemäß Definition (54.10) führt mit der Rekursion (54.23) sowie den Nullstellen j pβ ,s q “ 0 nach (54.16) auf das Ergebnis c ı dJ`1{2 pxq 2 ”1 1 J`1{2 pxq “ “ j pxq ` x j1 pxq dx πx 2 1 pβ ,s q J`1{2



‰2



“ ‰2 2 2 2 2 2 β ,s j1 pβ ,s q “ β ,s j`1 pβ ,s q “ β ,s j´1 pβ ,s q π π π

Sowohl die Nullstellen β ,s als auch die aus der Normierung folgende Konstante C,s müssen numerisch ermittelt werden. 2 C,s “

4β ,s 1 1 2 ‰2 “ 3 2 “ 1 3 πa a j `1 pβ ,s q J `1{2 pβ ,s q

Die Zahlenwerte von Nullstellen β ,s und Funktionswerten J 1`1{2 pβ ,s q sind zu finden in [1, S. 467]. Das Problem wird behandelt in [10, S. 96], [12, S. 186], [13, S. 139], [14, S. 173].

366

54 Lösung der Radialgleichung

54.4

Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential

Die Potentialfunktion hat mit der Energie W0 ą 0 den kugelsymmetrischen Verlauf, der der Vorgabe von Teilbild b) der Abbildung 47.2 entspricht. # răa ´ W0 Wpot prq “ 0 rąa Es werden nur die gebundenen Zustände für Werte der Teilchenenergie im Bereich ´W0 ă Wges ă 0 betrachtet, die den Fällen B) in Teil IV entsprechen. In der Radialgleichung (51.6) " * ı 2m ” d ´ 2 dR ¯ 2 r ` Wges ´ Wpot prq r ´ p ` 1q Rprq “ 0 dr dr 2 looooooooooooomooooooooooooon “ D2

hat die Diskriminante D nach (47.3) bzw. (47.5) mit den Größen (47.4) folgende Werte, in denen die Abkürzungen σ, τ und rˆ eingeführt werden. a Dabei ersetzt die dritte Größe rˆ “ 2mW0 {2 das frühere r aus (46.1), um die radiale Variable r beizubehalten. , Di2 “ rˆ2 p1 ` wq “ ` σ2 ą 0 . Wges w“ “ ´1 ... 0 (54.17) W0 D2 “ rˆ2 w “ ´ rˆ2 | w | “ ´ τ 2 ă 0 a

Im Innenraum mit r ă a und Di2 ą 0 wird die Radialgleichung mit der angegebenen Substitution ζ der unabhängigen Variablen in die Differentialgleichung der sphärischen Bessel-Funktionen (54.9) überführt, ζ “ σr ą 0 Ñ

ζ2

ı d2 R dR ” 2 ` ζ ` 2ζ ´ p ` 1q Rpζq “ 0 dζ 2 dζ

(54.18)

deren linear unabhängige Lösungen gemäß (54.10) und (54.12) sphärische Bessel-Funktionen 1. Art und 2. Art sind. c c π π J`1{2 pζq , Y y pζq “ pζq j pζq “ 2ζ 2ζ `1{2

54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential

367

Da die sphärische Neumann-Funktion y pζq im Ursprung nicht beschränkt ist, muss sie als Lösungsfunktion ausgeschlossen werden. Ein weiteres Paar linear unabhängiger Lösungen stellen die sphärischen Hankel-Funktionen 1. und 2. Art dar, die zueinander konjugiert komplex sind und das folgende asymptotische Verhalten aufweisen, [1, S. 437], [23, S. 262, 265]. c π e`jζ p1q p1q p1q H`1{2 pζq , h pζ Ñ 8q „ h pζq “ j pζq ` j y pζq “ 2ζ ζ c π e´jζ p2q p2q p2q H`1{2 pζq , h pζ Ñ 8q „ h pζq “ j pζq ´ j y pζq “ 2ζ ζ Wie bereits bei der Potentialstufe dargelegt wurde, stellen wegen der Zeitabhängigkeit e´jωt in einer Gesamtlösung Ψpr, tq sphärische Hankel-Funktionen 1. und 2. Art einlaufende und auslaufende Wellen dar. Im Außenraum mit r ą a und Da2 ă 0 wird die Radialgleichung mit der Substitution χ der unabhängigen Variablen in die Differentialgleichung der modifizierten Bessel-Funktionen Ipχq und Kpχq mit halbzahliger Ordnung überführt, [1, S. 443], [23, S. 262, 264]. χ “ τr ą 0 Ñ

χ2

ı d2 R dR ” 2 ´ χ ` 2χ ` p ` 1q Rpχq “ 0 dχ2 dχ p1q

(54.19)

p2q

Linear unabhängige Lösungen sind i pχq und i pχq, aus denen k pχq gebildet wird. c ´ 1 d ¯ sinh χ π p1q i pχq “ I`1{2 pχq “ χ “ j ´ j pjχq 2χ χ dχ χ c ´ 1 d ¯ cosh χ π p2q I´p`1{2q pχq “ χ “ j ´p`1q y pjχq i pχq “ 2χ χ dχ χ c ı π π ” p1q π p2q p1q K`1{2 pχq “ p´1q`1 i pχq ´ i pχq “ ´ j  h pjχq k pχq “ 2χ 2 2 Bei imaginärem Argument der sphärischen Bessel-Funktionen treten an Stelle der trigonometrischen Funktionen in (54.10) und (54.12) hyperbolische Funktionen auf, die für χ Ñ 8 unbeschränkt wachsen. Nur in der

368

54 Lösung der Radialgleichung

Kombination der 1. Hankel-Funktion überlagern sich die beiden hyperbolischen Anteile gerade in der Weise, dass die Lösungsfunktion auch im Unendlichen beschränkt bleibt, was aus dem asymptotischen Verhalten für ζ “ jχ hervorgeht. ı ” p1q p1q p2q lim h pjχq “ lim j  i pχq ´ i pχq χÑ8

χÑ8

“ lim

χÑ8



ı

j pjχq ` j y pjχq

„ lim

χÑ8

e´χ “ 0 χ

Die ersten sphärischen Hankel-Funktionen lauten ´1 1 3¯ 3 p1q p1q h0 pjχq “ ´ e´χ h2 pjχq “ (54.20) ` 2 ` 3 e´χ χ χ χ χ ´1 ´1 1¯ 6 15 15 ¯ p1q p1q h1 pjχq “ j ` 2 e´χ ` 2 ` 3 ` 4 e´χ h3 pjχq “ ´ j χ χ χ χ χ χ Hankel-Funktionen erfüllen ebenfalls die Rekursionsbeziehung (54.14), wobei das imaginäre Argument zu beachten ist! Als Lösung des Eigenwertproblems erhält man die Radialfunktionen, piq

R prq “ A j pσrq paq

pr ă aq

p1q

R prq “ B h pjτ rq

(54.21)

pr ă aq

die für r “ a die Stetigkeitsbedingungen (44.3) und damit die folgenden transzendenten Gleichungen befriedigen müssen, die den Zusammenhang zwischen σ und τ bestimmen. p1q

A j pσaq “ B h pjτ aq

Ñ

ˇ ˇ piq paq dR {dr ˇˇ dR {dr ˇˇ “ paq ˇ ˇ piq R prq r“a R prq r“a ˇ ˇ p1q dh pjτ rq ˇˇ σ a dj pσrq ˇˇ jτ a “ j pσaq dpσrq ˇ r“a hp1q pjτ aq dpjτ rq ˇ r“a 

(54.22)

Die Ableitungen der sphärischen Bessel-Funktionen erfüllen die folgenden p1q Rekursionsbeziehungen, wobei f sowohl j als auch h bedeuten kann,

54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential

369

[1, S. 439], [23, S. 265]. f1 pζq “

df pζq  “ ´ f`1 pζq ` f pζq dζ ζ

p “ 0, 1, ...q

df pζq `1 “ ` f´1 pζq ´ f pζq f1 pζq “ dζ ζ

(54.23) p “ 1, 2, ...q

Zur Erfüllung der Randbedingungen werden mit w “ ´ | w | ă 0 folgende Abkürzungen eingeführt, die gegenüber (46.11) bezüglich w vertauscht sind! a + ξ “ σa “ rˆa 1 ´ | w | | w | “ 0 ... 1 (54.24) a η “ τ a “ rˆa | w | Aus (54.22/3) ergeben sich die Stetigkeitsbedingungen p1q

ξ

h pjηq j`1 pξq “ jη `1 p1q j pξq h pjηq

p “ 0, 1, ...q

ξ

p1q h´1 pjηq p1q h pjηq

p “ 1, 2, ...q

j´1 pξq “ jη j pξq

(54.25)

Im speziellen Fall  “ 0 gilt mit (54.11) und (54.20) p1q ´1 ¯ ´ j1 pξq h1 pjηq 1¯ ξ “ξ ´ cot ξ “ jη p1q “η 1` j0 pξq ξ η h0 pjηq

Ñ

ξ cot ξ “ ´ η

Damit erhält man die Bestimmungsgleichungen für die Eigenwerte, die sich bereits beim Potentialtopf mit (46.12/2) für die ungeraden Lösungen ergaben und die in Abbildung 46.12 als blaue Kurvenschar dargestellt wurde. ηpξq “ ´ ξ cot ξ ξ 2 ` η 2 “ pˆ raq2 Die Schnittpunkte der Funktion η “ f pξq mit den Kreisen rˆa “ const. werden mit s nummeriert und liefern für  “ 0 die Paare pξ 0,s , η 0,s q, aus denen

370

54 Lösung der Radialgleichung

man die Eigenwerte der Energie ermittelt. ˘ ` ` ˘ ξ 20,s “ pˆ raq2 1 ` w 0,s raq2 1 ´ | w 0,s | “ pˆ ´ ξ ¯2 Wges 0,s 0,s w 0,s “ “ ´1 W0 rˆa Mit den ξ- und η -Werten der Tabelle 46.1 erhält man die Tabelle 54.1. rˆa “ 5 |

s

ξ 0,s

η 0,s

w 0,s

1 2

2.595 738 4.906 294

4.273 422 0.963 466

´ 0.730 485 ´ 0.037 131

Tabelle 54.1: Eigenwerte für  “ 0 für den sphärischen Potentialtopf Im Fall  “ 1 erhält man folgende Beziehung, aus der sich mit den bereits berechneten Quotienten der sphärischen Bessel-Funktionen die transzendente Gleichung zur Ermittlung der Eigenwerte ergibt, bei der beide Seiten einer Konstanten 1{C gleichen muss. p1q ¯ 1´ 1 ´1 1 h1 pjηq 1¯ 1 j1 pξq “ ´ “ ´ cot ξ “ 1 ` ξ j0 pξq ξ ξ jη hp1q pjηq η η 0

Ñ

1 1 cot ξ 1 1 ´ 2 “ ` 2 “ ξ ξ η η C

Die Lösung der quadratischen Gleichung für η ą 0 lautet, wobei C ą 0 sein muss c C” 4 ı 2 1` 1` ą 0 Ñ ηpCq “ η ´ Cη ´ C “ 0 2 C Mit der Darstellung der Konstanten C“

ξ2 ξ cot ξ ´ 1

54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential

371

ergeben sich aus den Schnittpunkten pξ 1,s , η 1,s q der Funktion η “ f pξq mit den Kreisen rˆa “ const. d j „ ξ2 4pξ cot ξ ´ 1q ηpξq “ 1` 1` 2pξ cot ξ ´ 1q ξ2 raq2 ξ 2 ` η 2 “ pˆ gemäß Abbildung 54.3 die mit s nummerierten Eigenwerte der Energie für  “ 1. ´ ξ ¯2 Wges 1,s 1,s 2 2 2 raq p1 ` w 1,s q Ñ w 1,s “ ´1“ ξ 1,s “ pσaq “ pˆ rˆa W0 





Abb. 54.3: Graphische Bestimmung der Energieeigenwerte für  “ 1 Die zweite Möglichkeit zur Bestimmung der Eigenwerte w1,s ist gegeben mit den Funktionen (54.24) a ξpwq “ σa “ rˆa 1 ´ | w | a ηpwq “ τ a “ rˆa | w |

372

54 Lösung der Radialgleichung

durch die Schnittpunkte der beiden Funktionen in Abhängigkeit von w. f pξq “

ξ2 pˆ raq2 p1 ´ | w |q a ` a ˘ “ “ f p| w |q ξ cot ξ ´ 1 rˆa 1 ´ | w | cot rˆa 1 ´ | w | ´ 1 gpηq “

η2 pˆ raq2 | w | a “ “ gp| w |q 1`η 1 ` rˆa | w |

Da in Abbildung 54.4 die Abszisse der Darstellung der Betrag | w | ist, muss die Zählung von s von rechts nach links erfolgen!





Abb. 54.4: Zweite graphische Bestimmung der Energieeigenwerte für  “ 1 und rˆa “ 10 f p| w |q in rot, gp| w |q in blau Als Beispiel werden die numerisch ermittelten Werte von w1,s “ ´ | w1,s | und daraus von ξ1,s und η1,s für rˆa “ 10 in Tabelle 54.2 angegeben, die man mit Abbildung 54.3 vergleichen kann. rˆa “ 10 |

s

| w1,s |

ξ1,s

η1,s

1 2 3

0.833 943 0.515 743 0.073 776

4.074 999 6.958 854 9.624 051

9.132 052 7.181 422 2.716 179

Tabelle 54.2: Eigenwerte für  “ 1 für den sphärischen Potentialtopf

373

54.4 Sphärischer Potentialtopf mit endlichem Potential

Für die Fälle  ą 1 ist nur die zweite Möglichkeit zur Eigenwertberechnung geeignet, da eine algebraische Auflösung schwierig oder unmöglich wird. Für  “ 2 erhält man aus (54.25) p1q

1 h2 pjηq 1 j2 pξq “ ξ j1 pξq jη hp1q pjηq 1 nach Zwischenrechnung die Funktionen, f pξq “

ξ 2 ` 3ξ cot ξ ´ 3 , ξ 2 pξ cot ξ ´ 1q

gpηq “

η 2 ` 3η ` 3 η 2 pη ` 1q

aus deren Schnittpunkten man die Eigenwerte ermittelt. Mit den so bestimmten Eigenwerten lauten die Radialfunktionen (54.21), deren Werte für r “ a gemäß (54.22) übereinstimmen müssen piq

R,s prq

´ r¯ “ j ξ,s A a ` ˘ paq ´ R,s prq j ξ,s r¯ p1q h jη,s “ p1q A a h pjη,s q

pr ď aq (54.26) pr ě aq



Als Beispiel sind in Abbildung 54.5 die Radialfunktionen für  “ 0 sowie  “ 1 dargestellt, deren Koordinatenpaare pξ 0,s , η 0,s q in Tabelle 54.1 und für pξ 1,s , η 1,s q in Tabelle 54.2 gegeben sind.

 

 

 

 

 

Abb. 54.5: Nichtnormierte Radialfunktionen R,s prq  “ 0 für rˆa “ 5  “ 1 für rˆa “ 10



374

54 Lösung der Radialgleichung

Die Eigenfunktionen für den sphärischen Potentialtopf lauten wie für den freien Massenpunkt in (54.15) mit den entsprechenden Radialfunktionen für die beiden Bereiche x “ i, a und Am aus der Normierung. pxq

pxq

jmϕ ψms pr, ϑ, ϕq “ R,s prq Ym pϑ, ϕq “ Am R,s prq Pm  pcos ϑq e

Das Problem des sphärischen Potentialtopfes wird behandelt in [6, S. 347], [13, S. 137], [32, S. 319].

54.5

Räumlicher harmonischer Oszillator

In Verallgemeinerung zum linearen harmonischen Oszillator ist beim räumlichen Oszillator die rücktreibende Kraft radial gerichtet, die eine zu r2 proportionale potentielle a Energie zur Folge hat, die der Beziehung (50.2) mit der Frequenz ω “ c{m nach (50.1) entspricht. F prq “ m Ñ

d2 r er “ ´ c r er “ ´ grad Wpot prq dt2

1 mω 2 2 r Wpot prq “ c r2 “ 2 2

(54.27)

Die reduzierte Radialgleichung (54.2) geht mit den Abkürzungen (50.5) und den Größen (50.6) α“

c

mω 

2m Wges “ α2 λ , 2

Ñ

ξ “ αr,

λ“

2Wges ω

(54.28)

´ mω ¯2 2m W pxq “ r 2 “ α4 r 2 “ α2 ξ 2 pot 2 

sowie d2 {dr2 “ α2 d2 {dξ 2 über in folgende Differentialgleichung, die sich nur durch das Glied mit  von der Gleichung (50.7) des linearen harmonischen Oszillators unterscheidet. p ` 1q ı d2 u ” 2 upξq “ 0 ´ ξ ´ λ ` dξ 2 ξ2

(54.29)

375

54.5 Räumlicher harmonischer Oszillator

Auch hierbei wird zunächst als Standardschritt das asymptotische Verhalten für den Fall ξ „ r Ñ 8 untersucht. Die verbleibende Differentialgleichung d2 u8 ´ ξ 2 u8 pξq “ 0 dξ 2 wird wie beim linearen harmonischen Oszillator durch den abklingenden Ansatz ` ˘ 2 2 2 u8 pξq “ e´ ξ {2 wegen u28 pξq “ ξ 2 ´ 1 e´ ξ {2 « ξ 2 e´ ξ {2 “ ξ 2 u8 pξq näherungsweise gelöst. Für kleine Werte ξ „ r Ñ 0 findet man für die verbleibende Euler’sche Differentialgleichung, [33, II, S. 109], d2 u0 p ` 1q ´ u0 pξq “ 0 dξ 2 ξ2

(54.30)

durch den Ansatz u0 “ ξ λ die Lösungsfunktionen, u0 pξq “ ξ `1

und

u0 pξq “ ξ ´

von denen nur die erste Funktion im Nullpunkt beschränkt ist. Für die exakte Lösung der Differentialgleichung (54.29) geht man schrittweise vor und macht zunächst den folgenden Produktansatz mit einer zu bestimmenden Funktion vpξq, bei dem das asymptotische Verhalten bereits abgespalten ist. upξq “ u8 pξq vpξq “ e´ ξ

2 {2

vpξq

Beim Einsetzen in (54.29) erhält man die Differentialgleichung d2 v p ` 1q ı dv ” ` λ ´ 1 ´ ´ 2ξ vpξq “ 0 dξ 2 dξ ξ2 Im nächsten Schritt wird auch das Nullpunktsverhalten abgespalten und die Funktion wpξq des Ansatzes vpξq “ u0 pξq wpξq “ ξ `1 wpξq muss folgende Differentialgleichung erfüllen. ı dw ” ´ ı ”`1 d2 w 3¯ ´ ξ ´ 2  ` ´ λ wpξq “ 0 ` 2 dξ 2 ξ dξ 2

376

54 Lösung der Radialgleichung

Im letzten Schritt ersetzt man die unabhängige Variable durch die Sustitution $ d ? d dz d ’ “ “2 z ’ & dξ dξ dz dz ? Ñ ξ“ z ´ ¯ ´ ¯ 2 ’ ? ? ’ % d d “ 2 z d 2 z d “ 4z d ` 2 d dξ dξ dz dz dz 2 dz und erhält die Kummer’sche Differentialgleichung (50.8) z

ı dw ” 1 ´ 3¯ λı 3¯ d2 w ”´ ´ z ´  ` ´ wpξq “ 0 `  ` dz 2 2 dz 2 2 4

(54.31)

mit den Parametern b “  ` 3{2 und a “ p2 ` 3q{4 ´ λ{4. Nur die Kummer’sche Funktion (50.9), wpzq “ M pa, b, zq “ 1 F1 pa, b, zq kommt als Lösung des Problems in Betracht, da die zweite, linear unabhängige Lösung der Differentialgleichung im Nullpunkt nicht beschränkt ist. Auch die Funktion M pa, b, zq stellt wegen (50.11) nur dann eine physikalisch zulässige Lösung dar, wenn der Parameter a eine negative ganze Zahl p´ nr q oder Null ist, da dann deren Potenzreihe (50.9) abbricht und M pa, b, zq ein Polynom vom Grad nr darstellt. Die ganzzahlige Forderung 3¯ λ 1´ ` “ nr “ t 0, 1, 2, ... u ´a “ ´ 4 2 2 für die radiale Quantenzahl nr führt mit (54.28) auf die Bedingung ´ 3 ¯ 2Wges “ λ “ 2 2nr `  ` 2 ω Radiale und Nebenquantenzahl  bilden die Hauptquantenzahl n, n “ 2nr ` 

Ñ

nr “

n´ 2

(54.32)

die von Null an jede positive ganze Zahl annehmen kann und aus der sich die Energieeigenwerte ergeben. ´ 3¯ ω Wn “ n ` 2

pn “ 0, 1, 2, ...q

(54.33)

377

54.5 Räumlicher harmonischer Oszillator

Die Energie des Grundzustandes W0 “ 3ω{2 und damit die Nullpunktsenergie ist wegen der drei kartesischen Koordinaten dreimal größer als beim linearen harmonischen Oszillator. Die Differenz ω zweier benachbarter Energieeigenwerte entspricht der Bohr’schen Frequenzbedingung (30.2). Aus der Kette der Substitutionen folgt die doppelt indizierte Radialfunktion. 1 1 uprq 2 2 “ e´ ξ {2 vpξq “ e´ ξ {2 ξ `1 wpξq Ñ Rn prq r r r Gemäß (51.5) und (52.13) lautet die vollständige Eigenfunktion,adie wegen des Grenzwertes (50.16) für r Ñ 8 beschränkt ist, mit α “ mω{ und ξ “ αr bis auf eine Normierungskonstante Rprq “

ψnm pr, ϑ, ϕq “ Anm r e´ α

2 r 2 {2

M

´ ´ n

¯ 3 ,  ` , α2 r2 Pm pcos ϑq e jmϕ 2 2

(54.34) Bis auf den Grundzustand gibt es zu jedem bestimmten, durch n “ 2nr `  gegebenen Energieeigenwert mehrere Eigenfunktionen, so dass daher alle Eigenwerte entartet sind. Sowohl bei geradem als auch bei ungeradem n gibt es p ` 1 Partitionen oder Zerlegungen. ^

n “ 2p “ r2p ` 0s _ r2pp ´ 1q ` 2s _ ... _ r2 ¨ 0 ` 2ps Ñ

 “ 0, 2, ... , 2p ^

n “ 2p ` 1 “ rp2p ` 1q ` 0s _ rp2p ´ 1q ` 2s _ ... _ rp0 ` 1q ` 2ps Ñ

 “ 1, 3, ... , 2p ` 1

Da bei jedem  noch m “ 2`1 verschiedene Werte der magnetischen Quantenzahl m zulässig sind, erhält man insgesamt P Realisierungsmöglichkeiten und damit Entartungen für gerade bzw. ungerade n n “ 2p Ñ

P “

2p ÿ

p2 ` 1q “ pp ` 1q ` 2 ¨ 2

“0,2,...

p ÿ

k “ pp ` 1q ` 2p pp ` 1q

k“0

2p ` 2 2p ` 2 “ ` 2p 2 2 1 “ pn ` 1qpn ` 2q 2

378

54 Lösung der Radialgleichung

n “ 2p ` 1 Ñ

P “

2p`1 ÿ

p2 ` 1q “

“1,3,...

p ÿ

r2p2k ` 1q ` 1s “ 3pp ` 1q ` 4

k“0

“ 3pp ` 1q ` 2p pp ` 1q “

p ÿ

k

k“0

´n ´ 1

¯ ` 1 p2p ` 1 ` 2q

2 1 “ pn ` 1qpn ` 2q 2 Für die ersten Hauptquantenzahlen n haben die Entartungszahlen P folgende Werte. n “ 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 P “ 1 3 6 10 15 21 28 36 45 55 66

Als Beispiel wird der Fall n “ 3 angegeben, für den gilt ´ ¯ 5 5 ` ˘2 “1 Ñ a “ ´ nr “ ´1 Ñ M ´ 1, , pαrq2 “ 1 ´ αr 2 2 ´ 9 ¯ “3 Ñ a “ ´ nr “ 0 Ñ M 0, , pαrq2 “ 1 2 Wegen m “ ´, .. , ` haben die zugehörigen 10 Eigenfunktionen ψnm mit den Funktionen (52.4), (52.13) und (52.14) die folgenden Darstellungen. c ´ 3 5 ` ˘2 ¯ ´pαrq2 {2 ψ310 pr, ϑq “ A310 r e 1´ αr cos ϑ 2 4π ´ ¯c 3 ` ˘ 5 2 2 αr p´ sin ϑq e˘jϕ ψ31,˘1 pr, ϑ, ϕq “ A31,˘1 r e´pαrq {2 1 ´ 2 8π c 7 2 cos ϑ p5 cos2 ϑ ´ 3q ψ330 pr, ϑq “ A330 r3 e´pαrq {2 16π c 21 3 ´pαrq2 {2 p1 ´ 5 cos2 ϑq sin ϑ e˘jϕ ψ33,˘1 pr, ϑ, ϕq “ A33,˘1 r e 64π c 105 3 ´pαrq2 {2 ψ33,˘2 pr, ϑ, ϕq “ A33,˘2 r e sin2 ϑ cos ϑ e˘j2ϕ 32π c 35 3 ´pαrq2 {2 p´ sin3 ϑq e˘j3ϕ ψ33,˘3 pr, ϑ, ϕq “ A33,˘3 r e 64π Der räumliche harmonische Oszillator wird behandelt in [6, S. 367], [10, S. 99], [11, S. 166], [13, S. 142].

Kapitel 55

Wasserstoffatom Ein Problem der Anfangszeit der Quantentheorie bestand in der Aufklärung der Atomstruktur der Elemente und den erzeugten, durch eine Fülle von Messungen sehr genau bekannten Spektrallinien, insbesondere beim einfachsten Fall des Wasserstoffatoms, [39]. Die Bohr’schen Postulate boten keine stichhaltige Erklärung verschiedener beobachteter Phänomene, die erst durch die Quantenmechanik ihre überzeugende Begründung fanden. Nach dem Rutherford’schen Atommodell besteht das Wasserstoffatom aus einem Proton mit der Ladung p`eq im Atomkern und einem wesentlich leichteren Elektron der Masse me mit der Ladung p´eq in der Hülle, das sich auf einer Kreisbahn um das wegen des großen Massenunterschieds als ruhend betrachtete Proton im Ursprung des Koordinatensystems bewegt. Die Bindung des Elektrons erfolgt nach dem Coulomb’schen Gesetz (51.2) durch die Anziehungskraft Fe prq der entgegengesetzten Ladungen, bei dem das Coulomb-Potential Vp prq im Feld Ep prq des Protons im Kern die folgende potentielle Energie (30.9) aufweist, wobei α « 1{137 die von Sommerfeld eingeführte Feinstrukturkonstante (30.8) bedeutet. ` ˘ e2 1 e2 1 Fe prq “ ´ e Ep prq “ ´ e ´ grad Vp prq “ grad “ ´ er 4πε0 r 4πε0 r2 Wpot prq “ ´ e Vp prq “ ´

1 e2 1 “ ´ αc 4πε0 r r

379

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_55

(55.1)

380

55 Wasserstoffatom

55.1

Aufstellung der Differentialgleichung

Die aus der Schrödinger-Gleichung (51.3) hervorgehende und zu lösende reduzierte Radialgleichung (54.2) lautet dann mit dem effektiven Potential Weff in der eckigen Klammer j „ 2 d2 u 2 p ` 1q e2 1 ` uprq “ 0 ` Wges uprq ´ ´ 2me dr2 4πε0 r 2me r2

(55.2)

Für r Ñ 8 gilt Weff Ñ 0, so dass positive Werte von Wges beliebige Werte der kinetischen Energie bedeuten, die das Wasserstoffatom im ionisierten Zustand beschreiben, bei dem das Elektron nicht mehr an den Atomkern gebunden ist. Nach Bereich III der Klassifizierung in Abschnitt 44.3 nimmt die Lösung der in diesem Fall geltenden Schwingungsdifferentialgleichung im Unendlichen ein oszillierendes Verhalten an, das wegen des reduzierten Ansatzes mit r abklingt und das ein kontinuierliches Energiespektrum liefert. Die zugehörigen ungebundenen Zustände spielen eine wichtige Rolle bei der Untersuchung von Streuung und Kollisionen im atomaren Bereich, [6, S. 352]. Bei den gebundenen Zuständen des Elektrons, die im Bereich II der Klassifizierung in endlichen Entfernungen 0 ď r ă 8 auftreten, kann dessen Gesamtenergie Wges “ ´ | Wges | nur Werte im Bereich negativer potentieller Energie annehmen. Mit der Größe k nach (46.1) bzw. (54.5) und den beiden dimensionslosen Abkürzungen  und λ c k“

2me | Wges | 2

Ñ

´

2me Wges “ k 2 ą 0 2

 “ 2kr λ“

´ 2m

(55.3) e

2

e2 ¯ 1 me “ 2 αc 4πε0 2k 

d

2 “α 2me | Wges |

d

me c2 2 | Wges |

nimmt die Radialgleichung folgende Gestalt an, wobei  ganz ist. 4k 2

d2 u p ` 1q 2kλ u ´ 4k 2 ´ k2 u ` u “ 0 dp2krq2 r p2krq2

381

55.1 Aufstellung der Differentialgleichung

d2 u ” 1 λ p ` 1q ı ´ ` upq “ 0 ´ d2 4  2

(55.4)

Zum Auffinden der Lösung untersucht man zunächst das asymptotische und das Nullpunktsverhalten. Im Grenzübergang  Ñ 8 ist als beschränkte Lösung der Differentialgleichung nur die abklingende Funktion physikalisch sinnvoll. d 2 u8 1 ´ u8 pq “ 0 Ñ u8 pq “ e´{2 d2 4 Im Grenzübergang  Ñ 0 wird die verbleibende Euler’sche Differentialgleichung wie beim räumlichen harmonischen Oszillator in (54.30) durch die angegebenen Funktionen gelöst, von denen nur die mit dem positiven Exponenten im Nullpunkt beschränkt ist. d2 u0 p ` 1q ´ u0 pq “ 0 Ñ u0 pq “ `1 d2 2 Für die exakte Lösung macht man daher im ersten Schritt den Ansatz, upq “ e´{2 vpq mit der die Radialgleichung (55.4) folgende Form für die Funktion vpq annimmt. d2 v dv ” λ p ` 1q ı ` ´ ´ vpq “ 0 d2 d  2 Im zweiten Schritt setzt man vpq “ `1 ypq und erhält die Differentialgleichung, 

‰ dy “ ‰ d2 y “ ` 2p ` 1q ´  ´ p ` 1q ´ λ ypq “ 0 2 d d

(55.5)

die eine konfluente hypergeometrische oder Kummer’sche Differentialgleichung nach (50.8) mit den beiden Parametern b “ 2p ` 1q und a “ p ` 1q ´ λ darstellt. Gemäß der Begründung bei (50.11) muss für ein Polynom mit abbrechender Potenzreihe der Parameter a eine negative ganze Zahl p´ nr q oder Null sein. ´ a “ λ ´ p ` 1q “ nr “ 0, 1, 2, ...

382

55.2

55 Wasserstoffatom

Eigenwerte des Wasserstoffatoms

Wie beim räumlichen harmonischen Oszillator in (54.32) setzt sich die Hauptquantenzahl n aus der Nebenquantenzahl 0 ď  ď n ´ 1 und der radialen Quantenzahl nr zusammen, wodurch wegen  auch n eine ganze Zahl ist. d me c 2 n “ nr `  ` 1 pn ě 1q (55.6) Ñ n“λ“α 2 | Wges | Daraus ergeben sich unendlich viele negative, nur von der Hauptquantenzahl n abhängige Energieeigenwerte, die das Spektrum des Wasserstoffs bestimmen. Einige Zahlenwerte sind angegeben in Tabelle 55.1. 1 2me Wn “ ´ 4 2

ˆ

e2 4πε0

˙2

2 1 1 2 α m “ ´ c e n2 2 n2

pn “ 1, 2, ...q

(55.7)

Die Energieeigenwerte liegen zwischen W1 “ ´ 13.6 eV für den Grundzustand nach (30.11) und W8 “ 0 an der Seriengrenze. Diese Energiewerte, die aus der Lösung der Schrödinger-Gleichung gewonnen wurden, entsprechen genau den Werten (30.10) der Bohr’schen Formel. Sie bestätigen damit das Bohr’sche Atommodell und erklären die Spektralserien des Wasserstoffs im Kapitel 30.

n

Wn

1 2 3 4 5 6 .. . 8

-13.6056 8352 -3.4014 2088 -1.5117 4261 -0.8503 5522 -0.5442 2734 -0.3779 3565 .. . 0

Tabelle 55.1: Eigenwerte des Wasserstoffatoms in eV

383

55.2 Eigenwerte des Wasserstoffatoms

Aus den Differenzen der Energieeigenwerte ergeben sich gemäß dem Termschema in der Abbildung 30.1 die Wellenlängen der Spektralserien von Lyman, Balmer, Paschen u.a., wobei man noch den Umrechnungsfaktor der Dimensionen berücksichtigen muss. λmn “

hc ΔWmn

mit

Lyman (UV) Lα Lβ Lγ Lδ Lε Lζ

121.49 102.51 97.19 94.91 93.72 93.01

eV “ 1.602 176 ¨ 10´19 Ws

Balmer (VIS) Hα Hβ Hγ Hδ Hε Hζ

656.04 485.96 433.89 410.02 396.86 388.76

Paschen (IR) Pα Pβ Pγ Pδ Pε Pζ

1874.40 1281.33 1093.40 1004.56 954.24 922.56

Tabelle 55.2: Wellenlängen der Spektralserien des Wasserstoffatoms in nm Die sechs Wellenlängen der Balmer-Spektrallinien liegen im Bereich der sichtbaren Oktave zwischen etwa 400 nm und 800 nm. Für Zentralfelder mit potentieller Energie Wpot prq enthält die radiale Schrödinger-Gleichung (51.6) nur die Separationskonstante . Da die Eigenwerte aus der Radialgleichung ermittelt werden, sind sie von der Separationskonstante m unabhängig. Weil zu einem bestimmten Wert  nach (52.6) aber 2 ` 1 verschiedene Werte m gehören, sind bis auf den Fall  “ 0 alle Eigenwerte entartet, so dass mehrere Eigenfunktionen die Eigenwertgleichung beim gleichen Eigenwert erfüllen. P “

n´1 ÿ “0

p2 ` 1q “ n ` 2

n´1 ÿ “0

“n`2

1 pn ´ 1qn “ n2 2

(55.8)

384

55 Wasserstoffatom

Der Grad P “ n2 der Entartung stellt eine spezielle Eigenschaft des Coulomb-Potentials mit 1{r-Abhängigkeit dar, [12, S. 178], [32, S. 134]. Bei einer Änderung der radialen r-Abhängigkeit wird die Entartung reduziert oder aufgehoben, so dass die Energieeigenwerte und damit die Spektrallinien aufspalten, was beim Kratzer-Potential im Kapitel 56 behandelt wird.

55.3

Eigenfunktionen, Laguerre’sche Polynome

Die konfluente hypergeometrische Differentialgleichung (55.5) mit den ganzzahligen Parametern b “ 2p ` 1q und a “ ´ nr “ p ` 1q ´ n ď 0 heißt Laguerre’sche Differentialgleichung, 

‰ ‰ dy “ d2 y “ ` n ´ p ` 1q ` 2p ` 1q ´  looooomooooon ypq “ 0 d2 d

(55.9)

“ nr

deren Lösung man in entsprechender Weise wie bei der Gleichung der Hermite’schen Polynome (50.13) durch einen Potenzreihenansatz nach der Frobenius-Methode finden kann. Die Differentialgleichung wird gelöst durch die Kummer’sche Funktion (50.9) oder auch speziell durch die zugeordneten Laguerre’schen Polynome, [1, S. 509]. ` ˘ ypq “ M ´ nr , 2 ` 2,  “

nr ! Lp2`1q pq p2 ` 2qnr nr

(55.10)

Für den Faktor des Zusammenhanges erhält man mit dem PochhammerSymbol (50.10) den Binomialkoeffizienten ˙ ˆ n` p2 ` 2qnr Γpnr ` 2 ` 2q pnr ` 2 ` 1q! “ “ “ 2 ` 1 nr ! nr ! Γp2 ` 2q nr ! pnr ` 2 ` 1 ´ nr q! Als Lösung von (55.9) sind die zugeordneten Laguerre’schen Polynome pqq L p pq gegeben, deren Standardisierung durch den Koeffizienten der höchsten Potenz des Polynoms bestimmt wird. cn “

p´1qn n!

385

55.3 Eigenfunktionen, Laguerre’sche Polynome pqq

Die zugeordneten Laguerre’schen Polynome Lp pq mit ganzen Zahlen p, q bilden das klassische Orthogonalsystem für das unendliche Intervall p0, 8q mit der Funktion wpq “ q e´ als Gewichtsfunktion. Diese Polynome erfüllen das Orthogonalintegral ż8

pqq q e´ Lpqq p pq Ls pq d “ 0

für p ‰ s

(55.11)

0

und besitzen die Norm , [3, S. 54]. N pp, qq “

ż8

“ ‰2 pp ` qq! q e´ Lpqq p pq d “ p!

(55.12)

0

Die zugeordneten Laguerre’schen Polynome kann man entweder durch Mehrfachableitung aus den gewöhnlichen Polynomen Lp für q “ 0 oder aus der Rodrigues-Darstellung berechnen, [36, S. 213]. ˙ j ˆ p q ÿ p´1qp p pqq q d j p`q  Lp pq “ p´1q “  ` ... L pq “ p´1q p`q p ´ j j! dq p! j“0 Lpqq p pq “

´q e  dp ` p`q ´ ˘ e  p! dp

Mit den Anfangspolynomen und der dreigliedrigen Rekursionsbeziehung, [3, S. 56], pqq

pqq

pp ` 1q Lp`1 pq “ p2p ` q ` 1 ´ q Lpqq p pq ´ pp ` qq Lp´1 pq kann man die Kette der Laguerre’schen Polynome schrittweise ermitteln, deren erste lauten pqq

L0 pq “ 1 pqq

L1 pq “ ´  ` pq ` 1q (55.13) ‰ 1“ 2 pqq L2 pq “ p ´ 2pq ` 2q ` pq ` 1qpq ` 2q 2 ‰ “ 1 pqq L3 pq “ ´ 3 ` 3pq ` 3q2 ´ 3pq ` 2qpq ` 3q ` pq ` 1qpq ` 2qpq ` 3q 6

386

55 Wasserstoffatom pqq

Das Laguerre’sche Polynom Lp pq hat p Nullstellen, die alle verschieden, reell und einfach sind, [3, S. 32]. Mit den Eigenwerten (55.7) muss die Größe k ebenfalls indiziert werden, c 2me me c 1 1 | Wn | “ α “ kn “ 2   n na0 (55.14) 2r me c 2  “ 2kn r “ α r“  n na0 wobei a0 “ {pαme cq den Bohr-Radius nach (30.8) bedeutet. Mit der Kette der Substitutionen und der unabhängigen Variablen  gilt mit (55.10) für die Radialfunktion, Rprq “ Ñ

uprq 1 „ `1 e´ {2 ypq r r p2`1q

Rn pq “ An  e´ {2 L n´p`1q pq

deren Normierung nach (54.4) auf folgendes Integral führt. NR “

ż8

2 Rn prq r2 dr

0

A2 “ ` n˘3 2kn

ż8

ı2 ” p2`1q 2`2 e´  L n´p`1q pq d “ 1

0

Das Normierungsintegral, dessen  -Potenz um Eins höher ist als in der Norm (55.12), wird mit der Rekursionsbeziehung gelöst, die man mit dem pqq Faktor q e´  Lp pq multipliziert und von 0 bis 8 integriert. Auf Grund der Orthogonalität (55.11) sind zwei Integrale Null und mit der Norm erhält man das Ergebnis, [25, S. 312]. ż8

” ı2 pp ` qq! q`1 e´  Lpqq pq d “ p2p ` q ` 1q p p!

(55.15)

0

Damit folgt mit NR “ 1 und (55.14) für die Konstante der Radialfunktion, `

A2n

2kn “ 2n

˘3

pn ´  ´ 1q! pn ´  ´ 1q! 22 “ pn ` q! npna0 q3 pn ` q!

387

55.3 Eigenfunktionen, Laguerre’sche Polynome

mit der die Eigenfunktionen des Wasserstoffatoms mit den Kugelflächenfunktionen Ym nach (52.13) abschließend folgendermaßen lauten. 2`1 ψnm pr, ϑ, ϕq “ ? a n pna0 q3

d

pn ´ l ´ 1q! ´ r ¯ ´ r{pna0 q e ˆ pn ` q! na0 ´ 2r ¯ p2`1q Ym pϑ, ϕq ˆ L n´´1 na0

(55.16) Die Funktionen | ψnm pr, ϑ, ϕq | beschreiben die Dichte der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen und damit die Elektronenkonfiguration bzw. die Orbitale, (lat.: orbis, Kreis, Umkreis), in Abhängigkeit von den drei Quantenzahlen, bei denen n das Energieniveau,  die Form des Orbitals und m die räumliche Orientierung bestimmen. Zur Bezeichnung der Orbitale werden weiterhin die aus Spektroskopie und älterer Quantenmechanik stammenden Bezeichnungen mit Buchstaben nach (31.4) und (31.5) verwendet. 2

‚ n“1

K-Schale

 “ 0 1s-Orbital

‚ n“2

L-Schale

 “ 0 2s-Orbital  “ 1 2p-Orbitale

‚ n“3

M-Schale

 “ 0 3s-Orbital  “ 1 3p-Orbitale  “ 2 3d-Orbitale

n



m

Orbital

1

0

0

1s

2

0 1

0 0

+1

2s 2p

+1 +1

3s 3p 3d

3

0 1 2

-1

-2

-1 -1

0 0 0

+2

Tabelle 55.3: Niedrigste Werte der Quantenzahlen

388

55 Wasserstoffatom

Zu diesen Quantenzahlen lauten die zugehörigen Radialfunktionen Rn prq 2 R10 prq “ a 3 e´r{a0 a0 2 ´ r ¯ ´r{p2a0 q R20 prq “ a 3 1 ´ e 2a0 2a0 ´ r ¯ 2 e´r{p2a0 q R21 prq “ ? a 3 3 2a0 2a0 r 2 ´ r ¯2 ı ´r{p3a0 q 2 ” R30 prq “ a 3 1 ´ 2 e ` 3a0 3 3a0 3a0 ´ r ¯´ 4 r ¯ ´r{p3a0 q 2´ e R31 prq “ ? a 3 3a0 3 2 3a0 3a0 ´ r ¯2 4 R32 prq “ ? a 3 e´r{p3a0 q 3 10 3a0 3a0

p1q ˘

`

1s , L0

`

2s , L1

`

2p , L0

`

3s , L2

`

3p , L1

`

3d , L0

p1q ˘

p3q ˘

p1q ˘

p3q ˘

p5q ˘

und Winkelfunktionen Ym pϑ, ϕq, 1 Y00 “ ? 4π c

3 cos ϑ 4π c 3 sin ϑ e˘jϕ Y1,˘1 pϑ, ϕq “ ´ 8π Y10 pϑq “

c

˘ 5 ` 3 cos2 ϑ ´ 1 16π c 15 sin ϑ cos ϑ e˘jϕ Y2,˘1 pϑ, ϕq “ ´ 8π c 15 sin2 ϑ e˘j2ϕ Y2,˘2 pϑ, ϕq “ 32π Y20 pϑq “

aus denen die Wellenfunktionen der Orbitale nach (55.16) zusammengesetzt sind.

55.4 Besonderheiten von Eigenfunktionen und Orbitalen

55.4

389

Besonderheiten von Eigenfunktionen und Orbitalen pqq

Die Laguerre-Polynome L nr prq haben zwischen 0 und 8 genau nr Nullstellen, so dass die Eigenfunktion ψnm pr, ϑ, ϕq auf nr “ n ´  ´ 1 Kugelschalen identisch Null ist, die man Knotenflächen nennt. Für beliebige Hauptquantenzahlen n existieren bei  “ 0 nur die kugelsymmetrischen s-Orbitale ψn00 prq “ Rn0 prqY00 . Bei beliebigem  ą 0 und m “ 0 sind wegen Y0 pϑq „ P pcos ϑq alle Eigenfunktionen ψn0 rotationssymmetrisch bezüglich der z-Achse. Das entspricht aber nur jeweils einem der verschiedenen p -, d - oder f -Orbitale. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude für das rotationssymmetrische p -Orbital, das man deshalb auch mit pz bezeichnet, c 3 ^ cos ϑ „ cos ϑ pz “ ψ210 pr, ϑq “ R21 prqY10 pϑq “ R21 prq 4π hat die Gestalt zweier Kugeln, deren Mittelpunkte auf der z-Achse liegen und die sich im Nullpunkt berühren. Die Wahrscheinlichkeitsdichte | pz |2 sieht wegen der Quadrierung daher hantelförmig aus. Die beiden anderen p-Orbitale für die Quantenzahlen m “ ˘1, die entsprechend px und py heißen, haben wegen der Isotropie des Raumes die gleiche Gestalt wie pz , aber sie sind rotationssymmetrisch bezüglich der xbzw. y-Achse. Es existieren daher drei orthogonal gerichtete, hantelförmige p-Orbitale für die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons. Man erhält die beiden anderen durch Überlagerung zweier Kugelflächenfunktionen gemäß dem Superpositionsprinzip (37.1) unter Berücksichtigung der Normierungsbedingung (52.11). c

3 R21 prq sin ϑ cos ϕ 4π c 3 ^ R21 prq sin ϑ sin ϕ py “ R21 pY1,`1 ´ Y1,´1 q “ ´j 4π ^

px “ R21 pY1,`1 ` Y1,´1 q “ ´

(55.17)

Bei den d-Orbitalen gibt es neben der rotationssymmetrischen Form dz ^

dz “ R32 Y20 „ 3 cos2 ϑ ´ 1

390

55 Wasserstoffatom

weitere vier Orbitale in Form gekreuzter Doppelhanteln für die Quantenzahlen m “ ˘1, ˘2, die in entsprechender Weise aus Kugelflächenfunktionen überlagert werden und steigende räumliche Komplexität aufweisen. " cos 2ϕ ^ d˘1 “ R32 pY2,`1 ˘ Y2,´1 q „ sin ϑ cos ϑ sin 2ϕ (55.18) " cos 2ϕ ^ 2 d˘2 “ R32 pY2,`2 ˘ Y2,´2 q „ sin ϑ sin 2ϕ Eine prägnante Beschreibung und anschauliche Darstellung der verschiedenen Orbitale findet man in [2, S. 313]. Die beteiligten Funktionen erzeugen Nullstellen auf folgenden Knotenflächen, pqq

‚ L n´´1 prq

auf n ´  ´ 1

Kugelflächen r “ const.

‚ Pm  pcos ϑq * sin mϕ ‚ cos mϕ

auf  ´ m

Kegelflächen

ϑ “ const.

auf 2m

Halbebenen

ϕ “ const.

so dass die Wahrscheinlichkeitsdichte | ψnm |2 bei einem Orbital auf N “ pn ´  ´ 1q ` p ´ mq ` 2m{2 “ n ´ 1 Knotenflächen Null ist, [4, S. 188]. Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron in einem Raumelement dv anzutreffen, ist gegeben durch folgende Funktion bei den verschiedenen, von m abhängigen Orbitalen, wobei C die auftretenden Konstanten zusammenfasst. „ ´ r ¯2 ´ 2r ¯j2 p2`1q 2 ´2r{pna0 q L n´´1 e r2 dr ˆ | ψnm | dv “ C na0 na0 , (55.19) $ 1 / ’ . & m 2 cos mϕ dϕ ˆ P pcos ϑq sin ϑ dϑ / ’ % 2 sin mϕ Im ersten Anteil von | ψnm |2 dv gibt die radiale Verteilungsdichte an, wie die Intensität der Wellenfunktion vom Kernabstand r abhängt. „ j 1 22`2 pn ´ l ´ 1q! ´ r ¯2`2 ´2r{pna0 q p2`1q ´ 2r ¯ 2 2 2 L n´´1 e r Rn prq “ a 0 n2 pn ` q! na0 na0

55.4 Besonderheiten von Eigenfunktionen und Orbitalen

391

Gemäß der Laguerre-Polynome hat die Verteilungsdichte nr “ n ´  ´ 1 Nullstellen und daher n ´  Maxima für r ą 0. Bei der größten Nebenquantenzahl  “ n ´ 1 hat die Funktion 2 prq „ r2n e´2r{pna0 q r2 Rn,n´1

ihr einziges Maximum bei, rmax “ n2 a0 womit die wahrscheinlichsten Abstände des Elektrons vom Kern des Wasserstoffatoms nach (30.6) und (30.8) genau den Radien der Kreisbahnen im Bohr’schen Atommodell entsprechen. Für die Quantenzahlen n “ 1, 2, 3 lauten die radialen Verteilungsdichten folgendermaßen, die in Abbildung 55.1 dargestellt sind. 2 prq “ 4 a0 r2 R10

´ r ¯2 e´2r{a0 a0

´ r ¯2 ´ r ¯2 ´2r{p2a0 q e 1´ 2a0 2a0 2 ´ r ¯4 ´2r{p2a0 q 2 a0 r2 R21 prq “ e 3 2a0 2 a0 r2 R20 prq “ 2

16 ´ r ¯2 ”´ r ¯2 r 3 ı2 ´2r{p3a0 q ´3 ` e 27 3a0 3a0 3a0 2 8 ´ r ¯4 ´ r ¯2 ´2r{p3a0 q 2 a0 r2 R31 prq “ e 2´ 27 3a0 3a0 8 ´ r ¯6 ´2r{p3a0 q 2 a0 r2 R32 prq “ e 135 3a0 2 a0 r2 R30 prq “

Zur anschaulichen Darstellung von Orbitalen werden meist dreidimensionale Gitternetze für feste Werte der Wellenfunktionen ψnm pϑ, ϕq oder der Wahrscheinlichkeitsdichte | ψnm |2 pϑ, ϕq als Isoflächen oder Polardiagramme gezeichnet. Häufig wird eine Darstellung gewählt, bei der die Isofläche einen Raum umschließt, in dem sich das Elektron mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% befindet.

392

55 Wasserstoffatom

Anschauliche dreidimensionale Darstellungen findet man in [5, S. 206, 285, 289, 291], die z.T. auch in [14, S. 188] wiedergegeben sind. Allerdings zeigen sie nur die rotationssymmetrischen pz - und dz -Orbitale und gehen nicht auf die Besonderheit der durch Überlagerung gegebenen weiteren p - und d-Orbitale ein!



     







  2 prq Abb. 55.1: Radiale Wahrscheinlichkeiten a0 r2 Rn der einfachsten Orbitale (mit unterschiedlichen Skalierungen)

55.5 Vergleich und Bewertung

55.5

393

Vergleich und Bewertung

In allen einschlägigen Lehrbüchern zur Quantenmechanik wird das Wasserstoffatom behandelt, das eines der seltenen realistischen Systeme darstellt, die sich in geschlossener Form lösen lassen, [14, S. 186, 244]. Allerdings erfolgt die Darstellung in recht unterschiedlicher Weise, so dass der Vergleich von Durchführung und Ergebnissen mühsam oder wegen fehlender Hinweise und Anhaltspunkte zur Vorgehensweise mitunter nicht einfach nachvollziehbar ist. Weniger gravierend ist die bei Physikern auch heute noch verbreitete Verwendung des Gauß’schen an Stelle des in Deutschland seit 1985 gesetzlich vorgeschriebenen SI-Einheitensystems, dagegen betrifft es insbesondere die Definition der Laguerre-Polynome, worauf Beckmann [3, S. 149], speziell eingeht, und die darauf beruhende Normierung der Radialfunktionen. Die klarste Darstellung findet man in den Büchern von Pereyra, [25], und Bransden/Joachain, [6], wobei im zweiten die Laguerre-Polynome allerdings nicht nach dem gültigen Standard mathematischer Funktionen von [1] und [23] verwendet werden. Weiterhin ist es erstaunlich, dass außer bei Kuypers, [17, S. 285], und Schwabl, [32, S. 118], in keinem der vielfach zitierten Fachbücher der Quantenmechanik auf die Überlagerung der Wellenfunktionen zur Beschreibung der verschiedenen p - und d -Orbitale in den Gleichungen (55.17) und (55.18) eingegangen wird, was in Büchern zur Chemie wie [2, S. 313] oder [31, S. 114] wegen des Problems der chemischen Bindung naturgemäß der Fall ist! Die Behandlung des Wasserstoffatoms findet man in vielen Büchern in unterschiedlicher Ausführlichkeit, z.B. [5, S. 276], [6, S. 351], [7, S. 55], [10, S. 107], [11, S. 171], [12, S. 173], [9, S. 55, 176] [13, S. 148], [14, S. 177], [18, S. 267], [25, S. 231], [26, S. 172], [27, S. 151], [34, S. 183].

394

55 Wasserstoffatom

55.6

Zeeman-Effekt im homogenen Magnetfeld

Die von Hendrik Antoon Lorentz vorausgesagte Aufspaltung von Spektrallinien in einem äußeren Magnetfeld wurde von Pieter Zeeman 1896 nachgewiesen. Da die Behandlung ohne Berücksichtigung des Elektronenspins durchgeführt wird, spricht man vom normalen Zeeman-Effekt. Das Wasserstoffatom besitzt nach (55.1) die potentielle Energie Wpot prq “ ´

c e2 1 “ ´α 4πε0 r r

und den magnetfeldfreien Hamilton-Operator H 0 nach (41.2), H0 “

p2 ` Wpot 2me

Ñ

H0 “ ´

2 c Δ´α 2me r

(55.20)

dessen Eigenfunktionenen durch (55.16) gegeben sind. Liegt ein Magnetfeld B vor, dann geht man von der dafür geltenden Hamilton-Funktion H in (21.17) aus, H

Ñ

H “

‰2 1 “ p ´ QA ` Q ϕpr, tq 2me

(55.21)

wobei der Hamilton-Operator H , der im Kapitel 60 abgeleitet wird, gemäß Magnetfeldaufteilung für ein Elektron lautet H “ H0 ` HM “ H0 `

˘ e2 e ` A¨∇ A2 ´ j 2me me

(55.22)

Das Vektorpotential, das bereits in (21.18/3) auftrat, A0 “

1 B0 ˆ r 2

(55.23)

erzeugt ein z-gerichtetes homogenes Magnetfeld, B0 “ rot A0 “

` ` ˘ B0 ˘ 1 rot B0 ˆ r “ rot r sin ϑ eϕ 2 2 ` ˘ “ B0 cos ϑ er ´ sin ϑ eϑ “ B0 ez

55.6 Zeeman-Effekt im homogenen Magnetfeld

395

das divergenzfrei ist und damit der Coulomb-Eichung entspricht, [37, II, S. 219]. 1 1 1 B0 ˆ r “ B0 r ez ˆ er “ B0 r sin ϑ eϕ 2 2 2 ` ˘ 2 div A0 “ div B0 ˆ r “ r ˆ rot B0 ´ B0 ˆ rot r “ 0 A0 “

Mit der Lagrange-Identität, [37, I, S. 69], dem Tausch von Klammern und Zeichen beim Spatprodukt sowie dem Vektoroperator Le des Drehimpulses (53.3) erhält man ı2 ˘2 1 “ 2 2 ` ˘2 ‰ ” 1 1` B0 ˆ r “ B 0 r ´ B0 ¨ r B0 r sin ϑ “ A20 “ 4 4 2 (55.24) ˘ “ ` ˘‰ 1` 1 1 A0 ¨ ∇ “ B0 ˆ r ¨ ∇ “ j B0 ¨ ´ j r ˆ ∇ “ j B0 ¨ Le 2 2 2 Damit lautet der Hamilton-Operator, der im zweiten Glied das magnetische Dipolmoment m des Elektrons nach (31.2) enthält ı2 e e2 ” 1 H “ H 0 ` HM “ H 0 ` B0 r sin ϑ Le ¨ B 0 ` 2me 2me 2 looomooon “´m

Zur Abschätzung des Magnetfeldeinflusses setzt man r sin ϑ « a0 (BohrRadius) und beim Drehimpuls | Lz | “ , wodurch der Quotient der beiden rechts stehenden Summanden lautet, [6, S. 571], [18, S. 297], ea20 B0 B0 “ 1.064 6 4 10 T Für realistisch auftretende Magnetfelder in Laborexperimenten mit Werten von B0 ă 100 T kann man den dritten Summanden vernachlässigen, so dass daher mit (55.22) gilt HM “

e2 e e A20 ´ j A0 ¨ ∇ « Le ¨ B0 “ ´ m ¨ B0 2me me 2me

(55.25)

Mit dieser Näherung ergibt sich der Hamilton-Operator H im homogenen Magnetfeld B0 “ B0 ez , H “

e p2 ` Wpot ` L e ¨ B0 “ H 0 ´ m ¨ B 0 2me 2me

(55.26)

396

55 Wasserstoffatom

so dass die Eigenwertgleichung lautet ´ ¯ eB0 H ψ “ H0 ` Lz ψ “ Wges ψ 2me Nach (55.16) mit (52.13) sind die Eigenfunktionen ψnm “ Rn prqYm pϑ, ϕq des Operators H 0 wegen Lz ψnm “ m ψnm nach (53.7) ebenso Eigenfunktionen des Operators H , der im homogenen Magnetfeld B0 gültig ist. Mit der Larmor-Frequenz ωL nach (65.2) und dem Bohr’schen Magneton μB gemäß (31.3) ωL “

eB0 2me

μB “

e 2me

(55.27)

erhält man aus ˘ H 0 ´ Wges ` ωL m ψnm pr, ϑ, ϕq “ 0

`

mit (55.7) die durch das homogene Magnetfeld veränderten Energieeigenwerte des Wasserstoffs. $ & n “ 1, 2, ...  “ 0, 1, ..., n ´ 1 (55.28) Wnm “ Wn ` ωL m “ Wn ` mμB B0 % m “ ´, ..., ` Bei gegebenen Werten von n und  gibt es 2 ` 1 verschiedene Eigenwerte m, so dass eine Aufhebung der Entartung durch das Magnetfeld bezüglich der Quantenzahl m stattfindet, wodurch die Anzahl der entarteten Eigenfunktionen gegenüber dem Wert n2 nach (55.8) reduziert wird. Wegen der voneinander abweichenden Energiewerte ergibt sich dadurch eine Aufspaltung der Spektrallinien. Da die Entartung bezüglich der Quantenzahl  bestehen bleibt, führen gleiche Werte von n und m, aber verschiedenen Zahlen  zu gleichen Energiewerten. Beim Tripel tnmu haben z.B. tn11u und tn21u die gleichen Energiewerte. Beim normalen Zeeman-Effekt ohne den Einfluss des Elektronenspins spalten die Spektrallinien für  “ 0 überhaupt nicht auf (Singulett), für  “ 1 dreifach auf (Triplett) und für größere  in 2 ` 1 Niveaus auf, (s.a. Tabelle 66.1). Das Wasserstoffatom im magnetischen Feld wird behandelt in [11, S. 326], [18, S. 371], [25, S. 240], [26, S. 184].

Kapitel 56

Kratzer’sches Potential für zweiatomige Moleküle Das Kratzer’sche Potential wird durch die folgende potentielle Energie mit positiven Konstanten C und D dargestellt, Wpot prq “ ´

D C ` 2 r r

pC, D ą 0q

(56.1)

mit dem man die Bindung der Atome in zweiatomigen Molekülen der Massen M und m modellmäßig beschreiben kann. Außerhalb eines kritischen Abstandes ziehen sich die Atome auf Grund der Dipolmomente an, während sich innerhalb dieses Abstandes die Elektronenhüllen gegenseitig abstoßen, [26, S. 186]. Ist der Atomkern der Masse M schwer gegenüber dem anderen mit m, dann kann man ihn als ruhend im Ursprung des Koordinatensystems ansehen, was im weiteren Rechengang mit m ! M angenommen wird. Gilt diese Annahme dagegen nicht, dann kann das Problem durch Einführung von Relativ- und Schwerpunktskoordinaten sowie der reduzierten Masse μ “ M m{pM ` mq gemäß Kapitel 57 behandelt werden. Im Vergleich mit dem Wasserstoffatom tritt zur dortigen potentiellen Energie (55.1) ein Summand hinzu, der das Coulomb-Potential der zentralen Masse M für kleine Abstände r verändert, so dass das effektive Potential (54.3) durch den Zusatzterm in der Mitte erweitert wird. Weff prq “ Wpot prq `

2 p ` 1q C 2 p ` 1q D “ ´ ` ` 2m r2 r r2 2m r2 397

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_56

398

56 Kratzer’sches Potential für zweiatomige Moleküle

Der Verlauf der potentiellen Energie Wpot prq ist in Abbildung 56.1 dargestellt, die man mit Abbildung 51.1 vergleichen kann.

  





    

Abb. 56.1: Kratzer’sche Potentialfunktion Die Energie weist ein Minimum bei folgenden Koordinatenwerten auf, bei dem das Molekül seine Gleichgewichtslage annimmt. rmin “ Wmin

2D C

C2 D C “ Wpot prmin q “ ´ “´ 2 ă 0 “´ 4D 2rmin rmin

(56.2)

Bei größeren Schwingungsausschlägen und damit Abweichungen vom radialen Abstand rmin muss man an Stelle der parabolischen Näherung weitere Glieder der Taylor-Reihe (50.3) zur Beschreibung der potentiellen Energie berücksichtigen. Da dann die rücktreibende Kraft nicht länger proportional zur Verschiebung ist, liegt die Bewegung eines anharmonischen Oszillators vor. Für die Untersuchung der gebundenen Zustände kann die Gesamtenergie nur negative Werte im Bereich Wmin ď Wges ď 0 annehmen. Zur Berechnung der Bewegung des leichteren Kerns mit der Masse m im Feld des schweren Kerns muss die reduzierte radiale Schrödinger-Gleichung (54.2) gelöst werden. Dazu führt man die dimensionslosen Abkürzungen ein, “

r rmin

,

κ2 “

2m 2 | Wges | , r 2 min

γ2 “

2m 2m C rmin D“ 2 2   2

(56.3)

399 mit denen man mit rmin C “ 2D folgende Differentialgleichung erhält. d2 u ” 2m 2 p ` 1q ı 2m 2 ´ C D¯ 2 2 rmin ` r W ` r ´ r uprq “ 0 ´ ges min min min dr2 2 2 r r2 r2 d2 u ” 2γ 2 γ 2 ` p ` 1q ı 2 Ñ ` ´κ ` upq “ 0 ´ d2  2 Ihre Lösung bestimmt man wie bei den Problemen des linearen und räumlichen harmonischen Oszillators und des Wasserstoffatoms dadurch, dass man das asymptotische und das Nullpunktsverhalten ermittelt und die physikalisch zulässigen Funktionen im Ansatz für die exakte Lösungsfunktion bereits abspaltet. Für große Werte  Ñ 8 folgt u8 pq “ e´κ und für kleine Werte  Ñ 0 findet man für die verbleibende Euler’sche Differentialgleichung die Lösungsfunktion auf entsprechende Weise wie bei (54.30). Von den Lösungen der sich ergebenden quadratischen Gleichung für λ liefert nur die positive Wurzel eine zulässige, beschränkte Lösungsfunktion im Nullpunkt. , λpλ ´ 1q “ γ 2 ` p ` 1q / . c (56.4) Ñ u0 pq “ λ` ¯ ´ 2 / 1 1 2 λ` pq “ ` γ `  ` 2 2 Setzt man für die exakte Lösung den Produktansatz upq “ u0 pq u8 pq vpq “ λ` e´κ vpq ein, dann muss vpq mit (56.4a) folgende Gleichung erfüllen 

` ` ˘ dv ˘ d2 v ` 2 γ 2 ´ λ` κ vpq “ 0 ` 2 λ` ´ κ 2 d d

und mit ζ “ 2κ erhält man die Kummer’sche Differentialgleichung (50.8) mit den Parametern b “ 2λ` und a “ λ` ´ γ 2 {κ. ˘ dv ´ d2 v ` γ2 ¯ ´ λ` ´ vpζq “ 0 ζ 2 ` 2λ` ´ ζ dζ dζ κ Als Lösung ergibt sich für die Radialfunktion vpζq nur dann eine abbrechende Potenzreihe und damit für upq eine physikalisch zulässige Funktion, wenn a eine negative ganze Zahl oder Null ist, so dass aus dieser Bedingung folgt a “ ´ nr ď 0

Ñ

κ“

γ2 n r ` λ`

pnr “ 0, 1, 2, ...q

400

56 Kratzer’sches Potential für zweiatomige Moleküle

Aus (56.3) folgt beim Einsetzen von (56.2) einerseits κ2 “

2 rmin 2mD γ4 2 ´ | Wges | | W | “ γ “ ges 2 Wmin pnr ` λ` q2 loomo on looD moon “ γ2

(*)

“ ´ 1{Wmin

sowie andererseits γ 2 Wmin “

´ 2m C C ¯ 2m ´ C ¯2 r ´ “ ´ min 2 2 2rmin 2 2

(56.5)

Damit folgt für die Energie aus (*) Wges “ ´ | Wges | “

1 γ 2 Wmin 2m ´ C ¯2 “ ´ ă 0 2 2 pnr ` λ` q  2 pnr ` λ` q2

Mit der Hauptquantenzahl n “ nr `  ` 1

pn “ 1, 2, ...q

und λ` nach (56.4) ergeben sich die Energieeigenwerte der Gesamtenergie Wges zu Wn “ ´

2m ´ C ¯2 „ 2 2

´

n´ `

1¯ 2

1 c `

γ2

1 ¯2 ` ` 2 ´

j2

(56.6)

Man erkennt, dass durch den Zusatzterm D{r2 und D „ γ 2 in der potentiellen Energie (56.1) im Gegensatz zu den Eigenwerten (55.7) des Wasserstoffatoms 2 ˇ e2 2m ´ C ¯2 1 1 2 α ˇ C“ mc “ c α Ñ Wn H-Atom “ ´ 2 “ ´ 4πε0  2 n2 2 n2 teilweise die Entartung der Eigenwerte aufgehoben wird. Denn die Energiewerte sind bei gleicher Zahl n auf Grund der irrationalen Wurzel z.B. bei n “ 4 für pnr , q “ p1, 2q und pnr , q “ p2, 1q nicht mehr identisch! Für kleine Werte γ ! 1 erhält man die Entwicklung von Wn in eine TaylorReihe, die im Grenzfall γ Ñ 0 die Eigenwerte des Wasserstoffatoms liefert. ˇ ı 2m ´ C ¯2 1 ” 2n ` 3p2 ` 1q 4 2 ˇ 2 γ Wn ˇ “´ 2 ` γ ´ ... 1 ´  2 n2 p2 ` 1q n p2 ` 1q3 n2 γ!1

401 Für große Werte γ " 1, was für die meisten Moleküle erfüllt ist, entwickelt man Wn in eine Taylor-Reihe für die Größe ξ “ 1{γ um den Punkt ξ “ 0, wobei man anschließend wieder zu γ übergeht. ˇ ξ2 2m ´ C ¯2 ˇ c “´ 2 (56.7) Wn ˇ „´ j ´  2 γ"1 1¯ 1 ¯2 2 2 ξ` 1` ` nr ` ξ 2 2 ´ ´ 1 ¯2 1¯ ´ 1 ¯2 „ ¯ ´  ` 2 n 3 n ` ` r r 2m C 2 1 2 ´ 2 ` 2 1´ “´ 2 2 2  2 γ γ γ γ2 ´ ´ 1 ¯2 1 ¯´ 1 ¯3 j ` 3 nr ` 4 nr ` 2 2 2 ` ´ ` ... γ3 γ3 Im Grenzfall γ Ñ 8 erhält man mit (56.5) folgende Energie. 2m ´ C ¯2 1 D “ ´ 2 “ Wmin W8 “ ´ 2 2  2 γ rmin Der Energieeigenwert im Grundzustand mit n “ 1 und damit  “ nr “ 0 hat den Wert, ˇ ´ ¯ 1 1 1 ˇ “ Wmin 1 ´ ` 2 ´ 3 ´ ... ą Wmin “ ´ | Wmin | (56.8) W1 ˇ γ 2γ 8γ γ"1 der für die Gleichgewichtslage die Bindungs- oder Dissoziationsenergie angibt, die man aufwenden muss, um die beiden Atome voneinander zu trennen. In der Quantenmechanik kann sich das Molekül in Gleichgewichtslage im Grundzustand wegen der Unschärferelation nicht in Ruhe befinden, sondern muss eine oszillierende Bewegung ausführen. Zur Untersuchung der Oszillationen entwickelt man die potentielle Energie (56.1) am Minimum in eine Reihe und erhält eine Darstellung wie in der Entwicklung (50.3). 1 Wpot prmin q ` looooomooooon Wpot prmin q pr ´ rmin q ` Wpot prq “ looooomooooon “ Wmin

“0

1 2 Wpot prmin q pr ´ rmin q2 ` ... 2 looooomooooon “c

Bricht man die Entwicklung nach dem quadratischen Glied ab, dann erhält man die parabolische Näherung im Minimum, die in der Abbildung 56.1 dargestellt ist.

402

56 Kratzer’sches Potential für zweiatomige Moleküle

Die zweite Ableitung stellt die Bindungskonstante des Moleküls dar und entspricht der Federkonstanten beim linearen harmonischen Oszillator, für die nach (56.2) gilt ´ C ¯4 2D 2Wmin 2 c “ Wpot prmin q “ 4 “ 2D “´ 2 2D rmin rmin In der Reihenentwicklung tritt neben der minimalen Energie, die als Konstante nichts zur Kraft beiträgt, in erster Näherung das Oszillatorpotential wie in (54.27) auf, Wpot prq “ Wmin ` Wosz prq ` ... ˘2 1 ` “ Wmin ` c r ´ rmin ` ... 2 ı ” ´ r ¯2 “ Wmin 1 ´ 1 ´ ` ... rmin das eine zur Gleichgewichtslage hin gerichtete Kraft zur Folge hat. Wmin ´ r ¯ F “ ´ grad Wpot prq “ ´ 2 1´ er ` ... rmin rmin Mit dem Trägheitsmoment Θ in der Gleichgewichtslage 2 Θ “ m rmin

ergibt sich die Frequenz der Oszillation gemäß (50.1) zu ω2 “

2Wmin c “´ 2 m m rmin

Damit erhält man folgende Darstellungen, Wmin “ ´

1 Θ ω2 2

´ γ ¯2 2 γ 2 2 2 2 mD Wmin “ “ 2 “ Θ Θ Θ Θ 2 Θ 2Wmin Θω “´ γ“  ω ´ Wmin 1  ¯k 2 Θ ω “ ´ 2 Θω γk ω2 “ ´

(56.9)

403

die man in die Taylor-Reihe (56.7) einsetzt. ˇ ˇ W nr ˇ

γ"1

“´

´ 1 ¯2 32 ´ 1 1 ¯ 2 ´ 1 ¯2 Θ ω 2 ` ω nr ` ` ` nr ` ´ 2 2 2Θ 2 2Θ 2 1 ¯2 23 ´ 1 ¯3 33 ´ 1 ¯´ n  ` ` 2 nr ` ´ ` ` ... r Θ ω 2 2Θ2 ω 2 2

Der erste Summand ist eine Konstante, der zweite entspricht den Eigenwerten (50.21) des harmonischen Oszillators und gibt für verschiedene nr -Werte die Energieniveaus der linearen Molekülschwingungen oder Vibrationen an. Der dritte Summand gibt für die Drehimpulsquantenzahl  “ 0, 1, 2, ... die Energieniveaus der Rotationsschwingungen des Moleküls an und enthält wegen p ` 1{2q2 “ p ` 1q ` 1{4 eine weitere Konstante. Die weiteren Glieder der Entwicklung folgen aus der Anharmonizität des Oszillators sowie der Kopplung von Schwingung und Rotation. Der niedrigste Energieeigenwert tritt auf für n “ 1 mit nr “  “ 0, der durch folgende Reihe approximiert wird, die mit (56.8) übereinstimmt. ˇ ˇ Wn“1 ˇ

γ"1

“´

1 2 1 3 1 1 Θ ω 2 ` ω ´ ` ` ... 2 2 4 Θ 16 Θ2 ω

Das Kratzer’sche Potential wird behandelt in [10, S. 104], [11, S. 178], [12, S. 178], [13, S. 156], [26, S. 155, 186].

Kapitel 57

Zwei-Körper-Probleme Einzelne, massebehaftete Teilchen erzeugen Zentralfelder (s. Abschnitt 51.1), bei der die Wechselwirkung zweier Teilchen durch eine Kraft bzw. eine potentielle Energie erfolgt, die nach (25.1) nur vom gegenseitigen Abstand r “ | r | und seiner Richtung abhängt. In einem System wirken zwei Teilchen der Massen m1 und m2 und mit den kinetischen Energien Ekin1,2 durch die zeitfreie potentielle Energie Wpot pr2 ´ r1 q “ Wpot prq, die nur vom Abstandsvektor r abhängt, aufeinander ein. Werden die Impulse durch die Operatoren (36.7) gemäß p1,2 “ ´ j ∇r1,2

Ñ

p21,2 “ ´ 2 ∇2r1,2 “ ´ 2 Δr1,2

ersetzt, dann lautet der Hamilton-Operator (41.2), der nach Abschnitt 41.3 ebenfalls zeitunabhängig ist. H “ Ekin1 ` Ekin2 ` Wpot pr2 ´ r1 q “

p21 p2 ` 2 ` Wpot prq 2m1 2m2

“´

2 2 Δr 1 ´ Δr2 ` Wpot prq “ Wges 2m1 2m2

Die Operatorgleichung (41.3) für die Wellenfunktion j

B Ψpr1 , r2 , tq “ H pr1 , r2 , p1 , p2 q Ψpr1 , r2 , tq “ Wges Ψpr1 , r2 , tq (57.1) Bt

rechnet man auf Relativ- und Schwerpunktskoordinaten um. 404

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_57

405

S

m2

r

m1 R

r2

r1

0 Abb. 57.1: Größen beim Zwei-Körper-Problem Für das zweiatomige Molekül führt man folgende Größen ein. • Gesamtmasse M und reduzierte Masse μ • Vektoren für den Abstand r der beiden Massen und den Massenmittelpunkt oder Schwerpunkt SpRq des Gesamtsystems • Vektoren für Relativimpuls p und Gesamtimpuls P M “ m1 ` m2

μ“

m1 m2 m1 m2 “ m1 ` m2 M

r “ r 2 ´ r1

R“

m1 r1 ` m2 r2 m1 ` m2

p “ μpv1 ´ v2 q “

m2 p1 ´ m1 p2 m1 ` m2

P “ m1 v1 ` m2 v2 “ p1 ` p2

Für diese Größen gilt die Beziehung p21 p2 P2 p2 ` 2 “ ` 2m1 2m2 2M 2μ Mit den Impulsoperatoren P “ ´ j ∇R ,

p “ ´ j ∇r

erhält man die Operatorgleichung (57.1) in den neuen Koordinaten. ” ı 2 2 ´ ΔR ´ Δr ` Wpot prq ΨpR, r, tq “ Wges ΨpR, r, tq (57.2) 2M 2μ

406

57 Zwei-Körper-Probleme

Wenn man die Gesamtenergie als Summe darstellt, Wges “ WgesR ` Wgesr dann können mit einem doppelten Produktansatz gemäß (41.6) die Zeitund Ortsabhängigkeiten nach Relativ- und Schwerpunktskoordinaten durch Faktoren ausgedrückt werden. ΨpR, r, tq “ ψR pRq ψr prq e´jWges t{ “ ψR pRq e´jWgesR t{ ¨ ψr prq e´jWgesr t{ Dadurch läßt sich die Operatorgleichung (57.2) separieren. 2 ΔR ψR pRq 2 Δr ψr prq ` WgesR ` ` Wgesr ´ Wpot prq “ 0 2M ψR pRq 2μ ψr prq looooooooooooooomooooooooooooooon looooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooon “`C

“´C

Setzt man die Separationskonstante C “ 0, dann erhält man die beiden zeitunabhängigen Schrödinger-Gleichungen für die Koordinaten R und r. 2 ΔR ψR pRq ` WgesR ψR pRq “ 0 2M “ ‰ 2 Δr ψr prq ` Wgesr ´ Wpot prq ψr prq “ 0 2μ

(57.3)

Die erste Differentialgleichung beschreibt die Bewegung des Schwerpunktes S, in dem man sich die beiden Massen konzentriert denken kann, die zweite die Relativbewegung der beiden Atome zueinander. Man erhält dadurch eine Entkopplung des ursprünglichen Zwei-Körper-Problems und es entstehen zwei Ein-Körper-Probleme, wobei die Gesamtenergie Wges des Systems erhalten bleibt. Das erste Problem behandelt ein Teilchen der Masse M und der Energie WgesR wie einen freien Massenpunkt im Raum nach Abschnitt 54.2, das zweite ein Einzelteilchen der reduzierten Masse μ unter Einwirkung der potentiellen Energie Wpot prq. Die zweite Gleichung (57.3) entspricht den Gleichungen (36.3) bzw. (41.7) und wird in Kugelkoordinaten gemäß Abschnitt 51.2 separiert. Mit dieser Gleichung kann man für das Wasserstoffatom die gering ausfallende Korrektur durch die reduzierte Masse (30.12) von Proton und Elektron durchführen

407

oder beim Kratzer’schen Potential ähnliche Massen bei zweiatomigen Molekülen berücksichtigen. Das Zwei-Körper-Problem wird behandelt in [6, S. 236], [24, S. 158, 113], [26, S. 158, 186], [30, S. 89], [32, S. 140].

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Teil VI

Axiomatische Quantenmechanik

413

Überblick In den bisherigen Teilen des Buches wurde der Weg der Quantenmechanik aus den historischen Anfängen entwickelt, was eine Fülle von Einsichten erbrachte und zu plausiblen Erkenntnissen über die Zusammenhänge führte. Erst mit solchem Wissen kann man aus rückschauender Erfahrung und verständigem Überblick eine Axiomatik für eine Wissenschaftstheorie formulieren, was in ähnlicher Form auch bei der Wahrscheinlichkeitstheorie erfolgte, die erst nach langer Erfahrung in Glücksspiel, Wetten und Zufallsexperimenten für dieses Teilgebiet der Mathematik durch Kolmogorow aufgestellt werden konnte. Auf entsprechende Art wurden auch in der Quantenmechanik die frühen Theorien erst auf der Basis einer Fülle experimenteller Erfahrungen und grundlegender Diskussionen in abstrakter Weise in der Axiomatik des Hilbert-Raumes formuliert und in einer Reihe von Postulaten zusammengefasst. Mit der von Dirac eingeführten Schreibweise von Zustandsvektoren werden die Erwartungswerte physikalisch messbarer Größen, sog. Observabler, deren zeitliche Änderung und die Erhaltung von wichtigen physikalischen Größen angegeben. Die Untersuchung von Erwartungswerten liefert auch die Erkenntnis, dass die Faktoren von manchen Produkten von Operatoren vertauschbar sind, von anderen dagegen nicht. Die daraus folgenden Vertauschungsregeln von Operatoren spielen für die Quantenmechanik eine zentrale Rolle, mit denen man am Beispiel von Drehimpuls und harmonischem Oszillator zeigen kann, dass sich deren Eigenwerte auch ohne Kenntnis der Eigenfunktionen bestimmen lassen. Als Ergebnis der Untersuchung stellt die Theorie neben ganzzahligen auch halbzahlige Eigenwerte bereit. Kontinuierliche Transformationen, die auch als Symmetrien von Systemen verstanden werden und bei denen der Hamilton-Operator invariant 415

416

ist, führen zur Erhaltung von Gesamtenergie, Impuls und Drehimpuls, was auch als Noether-Theorem bezeichnet wird. Neben dem Bahndrehimpuls wurde auf Grund der beobachteten geradzahligen Aufspaltung von Elektronenstrahlen im Magnetfeld zunächst als Hypothese ein Eigendrehimpuls des Elektrons mit halbzahligem Wert einer vierten Quantenzahl eingeführt. Dieser Elektronenspin hat zwar kein Gegenstück in der klassischen Physik, erfüllt aber alle Eigenschaften und Vertauschungsregeln eines Drehimpulses. Pauli entwickelte eine Theorie des Spins, die aus den beiden Spinwerten ms “ ˘1{2 eine Darstellung mit Spinoren und zweireihigen Matrizen ableitet und die seither seinen Namen trägt. Er erweiterte die Schrödingerzur Pauli-Gleichung und stellte darüber hinaus auf Grund von Symmetrieüberlegungen das Pauli-Ausschließungsprinzip auf. Die gleichartige Beschreibung der Vektoren von Bahndrehimpuls und Spin erfordert die allgemeine Untersuchung der Addition von Drehimpulsen in quantenmechanischen Systemen sowie der dabei auftretenden Vertauschungsregeln, Eigenwerte und Eigenvektoren, was an Beispielen für zwei Drehimpulse veranschaulicht wird.

Kapitel 58

Axiome, Notation, Postulate 58.1

Axiomatik des Hilbert-Raumes

Die bisherigen Untersuchungen gingen aus von einer von Ort und Zeit abhängigen Wellenfunktion Ψpr, tq oder ψprq, die den Zustand eines quantenmechanischen Systems beschreibt. Da man eine Aufgabenstellung aber ebenso im Impulsraum mit der Fourier-Amplitude Φpp, tq oder auch mit den Koeffizienten ck einer Entwicklung (43.13) von ψ nach den Funktionen eines vollständigen Orthogonalsystems sowie auch mit einer Matrixdarstellung im Rahmen der Matrizenmechanik lösen kann, lag die Vorstellung nahe, von diesen speziellen Beschreibungsweisen abzusehen und eine allgemeine Grundlage zu entwickeln, die den wesentlichen Inhalt der Quantenmechanik ausmacht. Dazu war es nötig, eine Axiomatik zu begründen, aus der sich alle quantenmechanischen Gesetze widerspruchsfrei ableiten lassen. Dabei stellte sich heraus, dass mit der Theorie des Hilbert-Raumes sowie der Darstellung im Courant-Hilbert-Band von 1924 „Methoden der Mathematischen Physik I “ mit der Theorie der Eigenwerte und Eigenfunktionen und den für die Quantenmechanik wesentlichen Aspekten von Algebra und Analysis in der mathematischen Literatur bereits ein Konzept fertig vorlag, [8, S. 244], [25, S. 134]. David Hilbert gilt als Begründer und herausragender Vertreter des Formalismus in der Mathematik, der bereits 1899 mit seinem fundamentalen Werk „Grundlagen der Geometrie“ ein vollständiges Axiomensystem und eine streng axiomatisch begründete euklidische Geometrie entwickelt hatte. 417

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_58

418

58 Axiome, Notation, Postulate

Am Anfang der 1920er Jahre stellte Hilbert als Reaktion auf die Grundlagenkrise der Mathematik zwischen dem von ihm vertretenen Formalismus und dem Intuitionismus des niederländischen Mathematikers Bertus Brouwer die Forderung auf, die Mathematik vollständig auf einem widerspruchsfreien Axiomensystem aufzubauen, was jedoch für die Widerspruchsfreiheit der Axiome der Arithmetik durch den von Kurt Gödel 1931 bewiesenen Unvollständigkeitssatz widerlegt wurde, der besagt, dass es in einem widerspruchsfreien Axiomensystem immer Aussagen gibt, die aus diesem heraus weder bewiesen noch widerlegt werden können. Am Anfang des 20. Jahrhunderts begann eine Entwicklung, um die drei Teilgebiete der Mathematik, Analysis, Algebra und Geometrie, in einer abstrakteren Theorie zu verallgemeinern, die heute Funktionalanalysis heißt. Denn die Untersuchung mathematischer Probleme, die nach ihren konkreten Inhalten zwar unterschiedlich, in ihren Lösungsmethoden aber ähnlich oder gleichartig sind, vermag das Gemeinsame sowie die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten häufig besser zu enthüllen und kann bei weitergehenden Fragestellungen als vielseitige Methode mit Erfolg herangezogen werden. Erste wichtige Schritte in Richtung der Vereinheitlichung der drei Teilgebiete machten 1906/07 David Hilbert, Erhard Schmidt und Maurice Fréchet, die als Begründer der Funktionalanalysis gelten, sowie Hilbert 1912 mit seinem Buch „Grundzüge einer allgemeinen Theorie der linearen Integralgleichungen“, [24, S. 62, 126, 148, 182]. John von Neumann war der Verfasser des ersten mathematisch fundierten Buches zur Quantenmechanik, „Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik “ von 1932, die auf der Funktionalanalysis basierte und in der er die Theorie linearer Operatoren in Hilbert-Räumen in axiomatischer Weise entwickelte, [15, S. 155], [20, S. 18]. Die Funktionalanalysis ist eine Theorie abstrakter Räume, bei denen die Elemente n-Tupel oder Vektoren x “ tx1 , ... xn u aus n normalerweise komplexen Zahlen oder auch Funktionen ϕn sind, wodurch dann Vektorräume oder Funktionenräume entstehen. Dabei bestimmt die Zahl n die Dimension des Raumes, die endlich oder unendlich sein kann. Die Struktur eines Raumes wird bestimmt durch die Festlegung der Beziehungen zwischen seinen Elementen. Durch die algebraischen Grundgesetze von Addition der Elemente und ihrer Multiplikation mit skalaren Faktoren sowie der Definition eines Nullelementes entsteht ein linearer oder affiner Raum, [19, S. 168].

419

58.1 Axiomatik des Hilbert-Raumes

Durch Einführung eines inneren Produktes und einer damit erzeugten Vektornorm, die für Funktionen bereits im Kapitel 42 definiert wurden, sowie einer darauf beruhenden Abstandsfunktion d, die die Metrik des Raumes begründet, ÿ a dpx, yq “ } x ´ y } xx, yy “ x˚ y “ x˚k yk , } x } “ xx, xy , k

wird der affine Raum zum normierten, metrischen Raum, in dem die Schwarz-Bunjakowski’sche Ungleichung und die Dreiecks-Ungleichung gelten. Eine Folge txn u von Elementen des Raumes heißt konvergent und eine Cauchy-Folge, wenn der folgende Abstand eine Nullfolge bildet und den Grenzwert x besitzt, der ebenfalls Element des Raumes ist. lim dpxn , xq “ 0

nÑ8

Ñ

x “ lim xn nÑ8

Räume mit Cauchy-Folgen heißen vollständig. Alle dargestellten Eigenschaften gelten sinngemäß auch für quadratisch integrierbare Funktionen als Elemente des Raumes mit einem inneren Produkt, wobei der zugehörige Funktionenraum unendlich-dimensional ist. ‚ Ein linearer, metrischer und vollständiger Raum heißt Hilbert-Raum H

(58.1)

Alle Funktionen ϕ, ψ, ... mit endlichen Normen sowie auch die folgenden Funktionen mit komplexer Konstante c sind Elemente des Hilbert-Raumes, [20, S. 21, 32]. ϕ,

ψ,

c ϕ,

ϕ ` ψ,

xϕ, ψy

P H

Da der Hilbert-Raum ein Vektorraum ist, werden Wellenfunktionen als seine Elemente auch als Zustandsvektoren bezeichnet, die mit einem physikalischen Zustand identifiziert werden können. Ein linearer Operator L im Hilbert-Raum ordnet einem Element Ψ ein anderes Element eindeutig zu, das mit L Ψ bezeichnet wird. Für diese Operatoren gelten die Eigenschaften, die im Kapitel 43 definiert und untersucht wurden. In der Quantenmechanik sind von allen linearen Operatoren vor allem diejenigen von Interesse, die zusätzlich selbstadjungiert oder hermitesch

420

58 Axiome, Notation, Postulate

sind, da sie stets reelle Eigenwerte besitzen, die die Möglichkeit bieten, reelle und damit physikalisch messbare Größen als Observable zu beschreiben. Hermitesche Operatoren sind daher von zentraler Bedeutung, da sie die Verbindung zwischen den Wellenfunktionen und der Messung physikalischer Größen herstellen. Im Hilbert-Raum als einem Vektorraum kann man eine vollständige Basis aus orthonormalen Funktionen definieren, nach denen ein beliebiger Zustand entwickelt werden kann. Darstellungen von Funktionalanalysis und Axiomatik des Hilbert-Raumes findet man in [8, S. 245], [10, S. 64], [18, S. 128], [19, S. 168], [20, S. 18], [21, S. 59], [23, S. 249].

58.2

Dirac-Notation für Größen im Hilbert-Raum

Nach Abschnitt 58.1 werden die Elemente des Hilbert-Raumes H allgemein Vektoren genannt, die dreidimensionale Vektoren, n-Tupel von Zahlen oder Funktionen darstellen können. Für die Quantenmechanik mit Wellenfunktionen versteht man unter dem Hilbert-Raum H “ ˆ L2 pR3 q alle quadratisch integrablen, komplexen Funktionen Ψpr, tq bzw. ψprq, die wegen der Wahrscheinlichkeitsinterpretation auf Eins normiert sind. Nichtnormierbare Funktionen sind keine Elemente von H, da für sie kein endliches inneres Produkt existiert. Paul Dirac führte bei seiner Behandlung der Quantentheorie in der 3. Auflage seines Buches „The Principles of Quantum Mechanics“ eine spezielle Notation ein, [7, S. 16, 19], die die seither übliche Darstellung zur Beschreibung von Quantenzuständen darstellt. In dieser Dirac-BracketNotation wird im inneren Produkt, das eine komplexe Zahl darstellt, das Komma durch einen senkrechten Strich ersetzt, um die beiden Anteile, die nach dem englischen Wort bracket für Klammer benannt wurden, in Bra-Ket trennen zu können. xϕ, ψy

Ñ

xϕ | ψy

^



x Bra | Kety

(58.2)

Die Eigenschaften des inneren Produktes aus Kapitel 42 gelten auch mit der Dirac-Notation in entsprechender Weise.

421

58.2 Dirac-Notation für Größen im Hilbert-Raum

Die Dirac-Notation wird dargestellt in [5, S. 197], [9, S. 140], [22, S. 36, 51], [23, S. 249], [29, S. 10], [30, S. 164]. Spitze Klammern werden ebenso bei innerem Produkt, Dirac-Notation und Erwartungswert verwendet, wobei durch die unterschiedlichen Ausführungen jedoch keine Verwechslung auftreten kann! Ein Ket oder Ket-Vektor | ψy ist ein Element des Hilbert-Raumes. Die konjugiert komplexe Größe heißt Bra-Vektor oder Bra, der auch als dualer Vektor bezeichnet wird. ^

Ψpr, tq, ψprq

Ñ

| ψy

“ Ket

Ψ˚ pr, tq, ψ ˚ prq

Ñ

| ψy˚ “ xψ |

“ Bra

^

(58.3)

Ein Bra ist ein Funktional, dessen Anwendung auf ein Ket als inneres Produkt (Bra/Ket) eine komplexe Zahl ergibt. | ϕy˚ | ψy “ xϕ | ψy “ c “ a ` jb P C Dagegen ist die Anweisungsfolge (Ket/Bra) als dyadisches Produkt ein Operator, der bei Anwendung auf ein Ket | χy wieder ein Ket ergibt, “ ‰ | ψy xϕ | | χy “ | ψy xϕ | ψy “ | ψy c mit c “ xϕ | ψy P C und in Verbindung mit einem Bra xχ | wieder ein Bra ergibt, “ ‰ xχ | | ψy xϕ | “ xχ | ψy xϕ | “ d xϕ | mit d “ xχ | ψy P C Zwei Ket-Vektoren | ϕy und | ψy sind orthogonal, wenn gilt xϕ | ψy “ 0

(58.4)

Ein Operator A , der eine Abbildung im Hilbert-Raum darstellt, ordnet einem Ket-Vektor | ψy einen anderen Ket-Vektor | χy zu. A | ψy “ |A ψy “ | χy ‰˚ A | ψy “ |A ψy˚ “ xχ |



(58.5)

Der Projektionsoperator P ist das dyadische Produkt eines Ket-Vektors mit sich selbst, [5, S. 203], [22, S. 52]. Pϕ “ | ϕy xϕ |

422

58 Axiome, Notation, Postulate

Die Anwendung von Pϕ auf den Ket-Vektor | ψy liefert bis auf eine Konstante c “ xϕ | ψy den Ket-Vektor | ϕy, so dass | ψy daher in | ϕy -Richtung projiziert wird. Pϕ | ψy “ | ϕy xϕ | | ψy “ | ϕy loomoon xϕ | ψy “ xϕ | ψy | ϕy “ c | ϕy “c

Die Potenzen des Projektionsoperators sind bei normierter Funktion ϕ mit dem Operator identisch, Pϕ2 “ | ϕy xϕ | | ϕy xϕ | “ | ϕy loomoon xϕ | ϕy xϕ | “ Pϕ “ } ϕ }2 “ 1

was man als idempotent bezeichnet. In Dirac-Notation wird noch eine Reihe von Eigenschaften dargestellt, die bereits im Kapitel 43 im Zusammenhang mit Differentialgleichungen, speziell der Schrödinger-Gleichung, behandelt wurde. Mit der Norm von Ket-Vektoren xψ | ψy “ | ψy˚ | ψy “ } | ψy }2 “ 1

(58.6)

kann man die Entwicklung eines Vektors | ψy nach Funktionen eines vollständigen Orthonormalsystems tψk u gemäß Abschnitt 43.3 durchführen, die in Dirac-Notation lautet xψk | ψ y “ δk

Ñ

| ψy “

ÿ 

c  | ψ y

(58.7)

Wenn man von links mit xψk | multipliziert, ÿ ÿ xψk | ψy “ c xψk | ψ y “ c δk “ ck 



erhält man die Darstellung, die derjenigen in (43.13) entspricht. ÿ xψ | ψy | ψ y | ψy “

(58.8)



Mit Norm und Orthogonalität folgt, xψ | ψy “ | ψy˚ | ψy “ 1 ÿ ÿÿ ÿ ÿ “ c˚k | ψk y˚ c  | ψ y “ c˚k c xψk | ψ y “ | ck |2 k



k



k

423

58.2 Dirac-Notation für Größen im Hilbert-Raum

womit man die Vollständigkeitsrelation (43.15) erhält. ÿ

| ck |2 “

ÿ

k

| xψk | ψy |2 “ 1

(58.9)

k

Der Erwartungswert eines Operators A , der im Abschnitt 59.1 behandelt wird, lautet mit (58.5) in Dirac-Notation, | ψy˚ | A ψy “ | ψy˚ A | ψy

Ñ

xA y “ xψ | A | ψy

(58.10)

wobei in der Kurzform xA y die entscheidende Funktion ψ bzw. der KetVektor | ψy nicht auftritt, sondern dem Zusammenhang zu entnehmen ist! Beim Eigenwertproblem, das demjenigen der Darstellung in (43.7) entspricht, bildet der Operator A den Ket-Vektor | ψy bis auf eine Konstante c auf sich selbst ab. A | ψy “ c | ψy Lösungen, die diese Gleichung erfüllen, heißen entweder Eigenfunktionen oder aus Sicht des Hilbert-Raumes Eigenvektoren oder nach der DiracNotation Eigen-Ket zum Eigenwert c, der diskrete oder auch kontinuierliche Werte besitzen kann. Häufig wird das Eigenwertproblem auch in Dirac-Notation jeweils durch formale Angabe der Eigenwerte bzw. Quantenzahlen bezeichnet, wobei der Ket-Vektor als | my entweder die Eigenfunktion vertritt wie bei den Kugelflächenfunktionen Ym in (52.13), [5, S. 287], A | my “ c | my

Ñ

| my “ Ym pϑ, ϕq

(58.11)

oder als | s ms y den Zustandsvektor des Eigenzustandes darstellt, A | s ms y “ c | s ms y

(58.12)

wenn, wie beim Spin in Kapitel 65, keine Funktion angegeben werden kann, [13, S. 203].

424

58 Axiome, Notation, Postulate

Für hermitesche Operatoren H gilt nach (43.4), xϕ | H ψy “ xH ϕ | ψy “ xϕ | H | ψy so dass der Wert des inneren Produktes nicht davon abhängt, auf welche Funktion der Operator wirkt. Hermitesche Operatoren, die physikalische Größen repräsentieren, besitzen bei einem diskreten Eigenwertspektrum ein vollständiges und damit linear unabhängiges Orthonormalsystem von Eigenfunktionen | ψn y, das den Hilbert-Raum aufspannt und auch als Basissystem von Eigenvektoren gelegentlich nur mit | ny bezeichnet wird. Jeder Vektor | ψy kann wie in (58.8) nach diesem System entwickelt werden, wobei die Darstellung im Basissystem dann in formaler Weise lautet, ÿ ÿ ÿ | ψn y xψn | ψy “ | ny xn | ψy “ | ψy | ny xn| (58.13) | ψy “ n

n

n

woraus man die Vollständigkeitsrelation in folgender Form erhält, die den Einheitsoperator E definiert. ÿ n

58.3

| ψn y xψn | “

ÿ n

| ny xn| “

ÿ

Pn “ E

(58.14)

n

Postulate der Quantenmechanik

Die bisher dargestellte Theorie verwendete die Denkweise und Formulierung der Wellenmechanik. In einer allgemeineren Form werden die Grundsätze der Quantenmechanik durch eine Reihe von Postulaten ausgedrückt, die man in der Entwicklung dieser Theorie aufgestellt hat. Ihre Inhalte sind zum Teil in früheren Kapiteln bereits aufgetreten und erörtert worden, und sie werden durch eine Fülle experimenteller Ergebnisse gerechtfertigt. Ähnlich wie bei den Axiomen der Newton’schen Mechanik kann man diese Postulate an den Anfang der Quantenmechanik stellen. Wegen der erforderlichen Mathematik mit ihren anspruchsvollen Begriffsbildungen und der schwierigen Gedankengänge ist der Weg von diesem Ausgangspunkt zu einem tieferen Verständnis der Naturphänomene ohne Vorkenntnisse allerdings mühsam und daher zum Einstieg eher ungeeignet, weshalb die Postulate in der vorliegenden Darstellung erst an dieser späten Stelle erscheinen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der bisherigen Kapitel beruhen.

425

58.3 Postulate der Quantenmechanik

Die folgenden Postulate werden in der Literatur in gewisser, voneinander abweichender Form angegeben, [2, S. 94], [5, S. 194f., 231, 759], [23, S. 267], [26, S. 106, 191], [34, S. 1]. • Der Zustand eines quantenmechanischen Systems oder sein Quantenzustand wird in einem Hilbert-Raum H durch einen komplexen Zustandsvektor | Ψy P H als Element oder eindimensionaler Unterraum dargestellt, der auch als Zustandsfunktion bezeichnet und mit } | Ψy } “ 1 als normiert angenommen wird. • Jeder messbaren physikalischen Größe bzw. dynamischen Variablen oder Observablen A eines Systems entspricht ein linearer, hermitescher Operator A , der ein vollständiges System von Eigenzuständen oder Eigenvektoren | Ψn y besitzt. Neben den Observablen Ort, Impuls, Energie etc. gibt es auch Operatoren ohne ein klassisches Gegenstück wie den Spin von Teilchen. Die Zeit ist keine Observable sondern wird als Parameter betrachtet. • Die Menge der möglichen Messwerte bei einer Messung der Observablen A des quantenmechanischen Systems entspricht genau dem Eigenwertspektrum des zugehörigen hermiteschen Operators A , die im Eigenwertproblem der Observablen A | Ψ n y “ αn | Ψ n y

(*)

als reelle Eigenwerte tαn u auftreten, die auch entartet sein können. Bei diskreten Eigenwerten αn P R, die im weiteren angenommen werden, liegt eine Quantisierung der Observablen bzw. der Messwerte vor. Bilden die Eigenwerte tαν u ein Kontinuum, dann liegen die (uneigentlichen) Eigenfunktionen | Ψν y R H wegen mangelnder Normierbarkeit nicht im Hilbert-Raum, aus denen nur durch Überlagerung oder Superposition Wellenpakete als Elemente des Hilbert-Raumes gebildet werden können.

426

58 Axiome, Notation, Postulate

• Jeder Zustandsvektor | Ψy, der einen bestimmten Zustand eines quantenmechanischen Systems beschreibt, kann auf Grund des Superpositionsprinzips als Linearkombination des vollständigen Systems von orthogonalen oder bei Entartung orthogonalisierbaren Eigenvektoren | Ψn y P H mit xΨk | Ψ y “ δk des Operators A einer Observablen A dargestellt werden, ř | Ψy “ n cn | Ψn y (**) wobei die Koeffizienten nach (58.7) als cn “ xΨn | Ψy bestimmt werden. • Befindet sich ein Quantensystem, für das das Eigenwertproblem der Observablen A durch (*) gegeben ist, im Zustand | Ψy mit der Entwicklung (**) nach deren Eigenvektoren | Ψn y, dann hat die Wahrscheinlichkeit WS, bei einer Messung von A den Eigenwert αn des Operators A vorzufinden, den Wert WSpΨ, αn q “ | cn |2 “ | xΨn | Ψy |2 mit der Normierung ř ř 2 n WSpΨ, αn q “ n | cn | “ 1 Die Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Entwicklungskoeffizienten cn führt mit (58.10) und (**) auf den Erwartungswert der Messung der Observablen A. ř xA y “ xΨ | A | Ψy “ n αn | cn |2 Der Indeterminismus oder Mangel an Kausalität stellt ein grundlegendes Merkmal der Quantentheorie dar und steht in fundamentalem Gegensatz zur klassischen Physik. Dadurch kann man bei einer beliebigen Messung bis auf eine Wahrscheinlichkeitsangabe keine Voraussage über den aufzufindenden Eigenwert und damit den Messwert treffen. Nur im Sonderfall, dass sich das Quantensystem bereits in einem Eigenzustand | Ψy ” | Ψn y der Observablen A befindet, liefert die Messung den Erwartungswert xA y “ xΨ | A | Ψy “ αn als sicheres Ereignis. WSpΨn , αn q “ | xΨn | Ψn y |2 “ 1

58.3 Postulate der Quantenmechanik

• Ein Quantensystem im Zustand | Ψy wird durch die Messung der Observablen A in den Zustand | Ψn y überführt, der dem gemessenen Eigenwert αn entspricht. Der Messprozess wandelt daher in unstetiger, sprungartiger Weise durch eine Zustandsreduktion den vorliegenden Zustandsvektor | Ψy des Systems in den Eigenzustand | Ψn y um. ř ÝÑ | Ψn y | Ψy “ k ck | Ψk y Messung Im Augenblick einer Ortsmessung verschwindet die örtlich ausgedehnte Wellenfunktion Ψ eines Quantenteilchens an allen Orten bis auf denjenigen speziellen Ort der Teilchendetektion. Dieser Vorgang wird als Kollaps der Wellenfunktion oder als Messproblem der Quantenmechanik bezeichnet, der nicht durch die Schrödinger-Gleichung beschrieben werden kann. • Die zeitliche Entwicklung einer Zustandsfunktion | Ψy in einem abgeschlossenen Quantensystem, das sich daher nicht mit der Umgebung z.B. durch ein makroskopisches Messgerät in Wechselwirkung befindet, wird durch eine lineare Evolutionsgleichung beschrieben, durch die sich der Systemzustand nur stetig aber nicht sprungartig ändern kann. Die bisher betrachtete Evolutionsgleichung war die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (41.3), B j Ψptq “ H Ψptq Bt bei der der Hamilton-Operator H der Gesamtenergie des Systems entspricht. Wenn sich Quantenobjekte mit relativistischen Geschwindigkeiten bewegen, beschreiben die Klein-Gordon-Gleichung für Teilchen ohne Spin bzw. die Dirac-Gleichung für Teilchen mit Spin 1/2 als Evolutionsgleichungen die Bewegungen, die im nächsten Teil des Buches behandelt werden.

427

Kapitel 59

Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln 59.1

Quantenmechanische Erwartungswerte

Als allgemeingültiges Gesetz muss die Schrödinger-Gleichung nicht nur die atomaren Erscheinungen sondern auch alle makroskopischen Vorgänge in Übereinstimmung mit der experimentellen Erfahrung, also der Messung physikalischer Größen, beschreiben, [8, S. 144]. Dazu muss in der Quantenmechanik zunächst festgelegt werden, was den Größen der klassischen Mechanik wie den Koordinaten und Impulsen entsprechen kann. Durch die Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion lassen sich keine detaillierten Angaben über den Ausgang eines konkreten Versuchs machen, so dass man einer Messgröße quantenmechanisch lediglich experimentell durch vielfaches Messen unter gleichen Bedingungen einen mittleren Wert zuordnen kann. So läßt sich z.B. für die Ortskoordinate eines Elektrons aus den erhaltenen Messergebnissen ein Mittelwert, der quantenmechanisch üblicherweise als Erwartungswert bezeichnet wird, zur Festlegung des Ortes r gemäß (38.1) und (39.2) bilden, der einem inneren Produkt entspricht, [12, S. 86].

xry “

8 ¡ ´8

2

| Ψpr, tq | r dv “ looooomooooon WS-Dichte

8 ¡

Ψ˚ pr, tq r Ψpr, tq dv “ xΨ | rΨy

´8

428

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_59

(59.1)

429

59.1 Quantenmechanische Erwartungswerte

In der Quantenmechanik werden reellen physikalischen Größen A, x oder p als Observable lineare hermitesche bzw. selbstadjungierte Operatoren wie in (36.7) und (36.11) zugeordnet, bei deren Schreibweise gemäß Tabelle 59.1 bis auf formale Operatoren A , L und den Hamilton-Operator H serifenlose Steilschrift verwendet wird. physikalische Größe

Bezeichnung

hermitescher Operator

allgemeine Größe

A

A Ñ A

Ort

x, y, z , r

x, y, z , r

Impuls

pk , p

pk , p “ ´j ∇

Energie

Wges “ Ekin `W pot

Drehimpuls

L, J

L, J

magn. Dipolmoment

m

m

Spin

S

S

j

p2 B “ ` Wpot “ H Bt 2m

Tabelle 59.1: Schreibweise von physikalischen Größen und ihren hermiteschen Operatoren, (s.a. Abschnitt 65.4) Die allgemeine quantenmechanische Definition für den Erwartungswert xA y einer solchen physikalischen Größe wird durch das folgende Integral beschrieben,

xA y “

8 ¡

Ψ˚ pr, tq Apr, p, tq Ψpr, tq dv “ xΨ, AΨy “ xΨ | A | Ψy “ xAy

´8

(59.2) das nach (42.1) ein inneres Produkt darstellt, bei dem der Operator Apr, p, tq auf die Wellenfunktion Ψpr, tq angewendet wird. Für das weitere Vorgehen wird auch die Darstellung in Dirac-Notation nach (58.10) angegeben.

430

59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln

Nach der Kernaussage (43.34) sind die Erwartungswerte von hermiteschen Operatoren reell, so dass eine konsistente Relation zu Observablen besteht, [3, S. 69, 72], [5, S. 90, 95], [8, S. 149], [22, S. 165]. Der Erwartungswert der physikalischen Größe A kann daher auch als Erwartungswert des zugeordneten hermiteschen Operators A verstanden werden. Bei dieser Interpretation erscheint der Wahrscheinlichkeitsaspekt durch die komplexe Wellenfunktion Ψ selbst und nicht durch deren Dichte | Ψ |2 , da in dieser durch die Betragsbildung die quantenmechanische Dynamik nicht mehr vollständig enthalten ist. Bei konkreten Berechnungen von Erwartungswerten physikalischer Größen muss an Stelle der Kurzform xAy stets die Integraldarstellung des inneren Produktes gemäß der Definition (59.2) verwendet werden! Erwartungswerte sind ortsunabhängig und nur Funktionen der Zeit oder Konstanten, da ja nach der Integration nur noch die festen Grenzen des Volumenintegrals als Parameter auftreten! Dabei kann die physikalische Größe A als dynamische Variable selbst bzw. dessen Operator A entweder nur von r und ggf. von t wie bei der potentiellen Energie Wpot pr, tq oder nur von p wie bei der kinetischen Energie Ekin ppq oder auch gleichzeitig von r, von p sowie von der Zeit t abhängen, wie das bei der Gesamtenergie Wges bzw. dem Hamilton-Operator H der Fall sein kann. Wges “ j

p2 B 2 “ ` Wpot pr, tq “ ´ Δ ` Wpot pr, tq “ H pr, p, tq Bt 2m 2m

Die Bildung der Erwartungswerte führt nach (39.3) auf die ausführliche Darstellung

xWges y “

8 ¡ ´8



8 ¡ ´8



8 ¡ ´8

˙ ˆ B Ψpr, tq dv Ψ pr, tq j Bt ˚

j 2 Δ ` Wpot pr, tq Ψpr, tq dv Ψ pr, tq ´ 2m ˚



Ψ˚ pr, tq H Ψpr, tq dv

431

59.2 Erwartungswert des Ortsvektors

bzw. auf die Kurzform xWges y “

B

B j Bt

F



F 2 ´ Δ ` xWpot y 2m

B

die mit der Schrödinger-Gleichung (36.12) konsistent ist und der Gleichung (41.4) entspricht. In der Form von innerem Produkt oder Erwartungswert gilt xWges y “ xΨ, H Ψy “ xΨ | H | Ψy “ xH y

(59.3)

• Die den Größen x, r und Wpot zugeordneten Operatoren x, r und Wpot sind sehr einfach, da sie keine Ableitungen enthalten, sondern jeweils nur eine (kommutative) Multiplikation mit der Wellenfunktion ausführen. Wegen dieser Äquivalenz besteht zwischen Größe und Operator nur ein formaler Unterschied. (59.4)

59.2

Erwartungswert des Ortsvektors

Für die Wellenfunktion Ψpr, tq im Ortsraum mit den Fourier-Eigenschaften des Kapitels 37 stellt der Ausdruck | Ψpr, tq |2 dv die Wahrscheinlichkeit dar, ein Teilchen zur Zeit t am Ort x im Volumen dv zu finden. Der Erwartungswert der Koordinate x wird dann wie in (59.1) bzw. (59.2) definiert, wobei über das Volumenelement dv “ dx dy dz im Gesamtraum integriert wird, xxy “

8 ¡ ´8

2

x | Ψpr, tq | dv “

8 ¡

Ψ˚ pr, tq x Ψpr, tq dv

´8

“ xΨ, x Ψy “ xΨ | x | Ψy “ xxy und entsprechend für y und z, so dass man zum reellen Erwartungswert des Ortsvektors vektoriell zusammenfassen kann. xry “

8 ¡ ´8

Ψ˚ pr, tq r Ψpr, tq dv “ xΨ, rΨy “ xΨ | r | Ψy “ xry

(59.5)

432

59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln

Der Ortsvektor stellt einen hermiteschen Operator r dar, da er die definierende Bedingung (43.4) erfüllt. Allgemein lautet der Erwartungswert für eine beliebige Ortsfunktion wie die potentielle Energie

xWpot pr, tqy “

8 ¡

Ψ˚ pr, tq Wpot pr, tq Ψpr, tq dv

´8

“ xΨ, Wpot Ψy “ xΨ | Wpot | Ψy “ x Wpot y

59.3

Erwartungswert des Impulses

In äquivalenter Weise stellt der Ausdruck | Φpp, tq |2 dp der Wellenfunktion im Impulsraum die Wahrscheinlichkeit dar, ein Teilchen mit dem Impuls p zur Zeit t im Impulsvolumen dp “ dpx dpy dpz zu finden. Der Erwartungswert der Komponente px wird dann folgendermaßen definiert

xpx y “

8 ¡

Φ˚ pp, tq px Φpp, tq dp “ xΦ, px Φy “ xΨ | px | Ψy “ x px y

´8

und entsprechend für py und pz sowie allgemein für eine beliebige Impulsfunktion.

xgpp, tqy “

8 ¡

Φ˚ pp, tq gpp, tq Φpp, tq dp “ xΦ, gΦy “ xΨ | g | Ψy “ xgy

´8

Den Erwartungswert einer Impulskomponente kann man mit der FourierDarstellung nach (37.9) und Vertauschung der Integrationsreihenfolge in ein

433

59.3 Erwartungswert des Impulses

Integral über den Ortsraum umwandeln. xpx y “

8 ¡

Φpp, tq px Φ˚ pp, tq dp

´8



8 ¡

„ Φpp, tq px

?

´8



8 ¡



˚

Ψ pr, tq ?

´8

8 ¡

1 2π

Ψ pr, tq e

`jp¨r{

j dv dp

´8 8 ¡

1 2π

3

˚

Φpp, tq px e

3

`jp¨r{

j dp dv

´8

Die eckige Klammer der letzten Zeile stellt nach (37.9) die Ableitung von Ψpr, tq nach x dar, B ´ j Ψpr, tq “ Bx

„ ?

8 ¡

1 2π

3

Φpp, tq px e`jp¨r{ dp

j

´8

die man mit dem Operator px “ ´j B{Bx nach (36.7) oder Tabelle 59.1 ausdrücken kann. Damit erhält man den Erwartungswert durch Integration im Ortsraum, der für die Komponenten py und pz entsprechend lautet. xpx y “

8 ¡ ´8

B ¯ Ψpr, tq dv “ ´ j Ψ pr, tq ´ j Bx ´

˚

B

B Ψ, Ψ Bx

F

Den Erwartungswert des Impulses erhält man durch vektorielle Zusammenfassung der einzelnen Komponenten.

xpy “

8 ¡

` ˘ Ψ˚ pr, tq ´ j ∇ Ψpr, tq dv

´8



(59.6)

˘  “ Ψ, ´ j ∇ Ψ “ xΨ | p | Ψy “ xpy `

Der Erwartungswert ist reell, was durch folgende Differenzbildung unter Anwendung von (42.2) und (43.5) nachgewiesen wird, wobei ein Sonderfall

434

59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln

des Gauß’schen Satzes zur Anwendung kommt, [35, I, S. 431]. xpy ´ xpy˚ “ j 2 Im xpy “ xΨ, pΨy ´ xΨ˚ , p˚ Ψ˚ y 8 ¡ “ ˚ ‰ “ ´j Ψ ∇Ψ ` Ψ ∇Ψ˚ dv ´8

“ ´j

8 ¡

“ ´j “0

´8 £

grad | Ψ |2 dv | Ψ |2 da

8

Das Flächenintegral ist Null, da Wellenfunktionen wegen der quadratischen Integrierbarkeit (38.4) auf der unendlich fernen Hülle verschwinden, was man nicht mit der Normierung (41.6) verwechseln darf! Daraus folgt dann wegen der Kernaussage (43.34) weiterhin, dass der reelle Charakter der Erwartungswerte die Hermitizität der zugehörigen Operatoren nach sich zieht, [5, S. 94, 126], [23, S. 89]. + + x, y, z, r xxy , xyy , xzy , xry hermitesch reell Ñ p x , py , pz , p xpx y , xpy y , xpz y , xpy Der hermitesche Impulsoperator wird mit ξ “ x, y, z durch folgende Differentialquotienten dargestellt, was schon durch (36.7) nahegelegt wurde. p “ ´j ∇ “ ´j

” B ı B B ex ` ey ` ez Bx By Bz (59.7)

pξ “ ´j

B Bξ

p2 “ ´ 2 Δ

Der Erwartungswert des Produktes zweier Impulskomponenten lautet, xpx py y “

8 ¡

Ψ ´8

˚

´

F B B ¯´ B ¯ B2Ψ 2 ´ j ´ j Ψ dv “ ´  Ψ, Bx By BxBy

435

59.4 Erwartungswerte nichthermitescher Operatoren

so dass wegen der Vertauschbarkeit der gemischten partiellen Ableitungen die Operatorreihenfolge bei einer Produktbildung keine Rolle spielt, so dass die Komponenten kommutieren. xpx py y “ xpy px y

59.4

Ñ

D @ D px py “ py px

Ñ

@

vv

ww px , p y “ 0

(59.8)

Erwartungswerte nichthermitescher Operatoren

Die Erwartungswerte von Funktionen, die von r und p gleichzeitig abhängen, sind nicht notwendigerweise reell und die zugeordneten Operatoren damit nicht hermitesch. Als Beispiel wird der Erwartungswert der Größe xpx mit dem hermiteschen Operator px “ ´j B{Bx durch partielle Integration bestimmt, [5, S. 95]. xxpx y “

8 ¡ ´8

8 ˙ ˆ ¡ BΨ B Ψ dv “ ´j dx dy dz Ψ x ´j Ψ˚ x Bx Bx loomoon loomoon ˚

´8

“u

“ dv

Mit v “ Ψ und du “ BpxΨ˚ q{Bx¨dx erhält man zwei Summanden, von denen der erste verschwindet, da eine normierbare Wellenfunktion gemäß (38.4) im Unendlichen gegen Null gehen muss. “ ‰`8 xxpx y “ ´j x Ψ˚ Ψ ´8 ` j looooooooomooooooooon “

8 ¡ ´8

“0

B Ψ x `j Bx ˆ

˚

˙

8 ¡

Ψ ´8

B ` ˚˘ xΨ dx dy dz Bx

Ψ˚ dv ` j

8 ¡

Ψ˚ Ψ dv

´8

“ xxpx y ` j Man erhält eine imaginäre Differenz der Erwartungswerte, xxpx y ´ xxpx y˚ “ j 2 Im xxpx y “ j

(59.9)

so dass xxpx y nicht reell ist und der zugehörige Operator x px nicht hermitesch sein kann.

436

59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln

Der Erwartungswert des Operators px x lautet, xpx xy “

8 ¡

Ψ ´8



8 ¡ ´8

˚

B ´j Bx

ˆ

˙

`

˘ xΨ dv

8 ˙ ˆ ¡ B Ψ dv ´ j Ψ x ´j Ψ˚ Ψ dv Bx ˚

´8

“ xxpx y ´ j bei dem sich ebenso eine imaginäre Differenz der Erwartungswerte ergibt. “ ‰ xpx xy ´ xpx xy˚ “ xxpx y ´ j ´ xxpx y˚ ` j “ ´ j Damit ist auch der Operator px x nicht hermitesch. Die Produkte der hermiteschen Operatoren x und px sind beide nicht hermitesch und bestätigen damit die Kernaussage (43.19)! Für den Kommutator der Operatoren erhält man mit x “ ˆ x und (59.7) das Ergebnis ˙ ˆ vv ww ` ˘ Bψ Bpxψq x, px ψ “ xpx ´ px x ψ “ ´j x ´ “ j ψ Bx Bx und allgemein, vv

ww vv ww vv ww x, px “ y, py “ z, pz “ j

(59.10)

so dass Ort und Impuls bei gleicher räumlicher Richtung nicht vertauschbar sind!

59.5

Vertauschungsregeln von Koordinaten und Impulsen

Da Operatorprodukte häufig nicht das kommutative Gesetz erfüllen, gewinnen die Regeln der Reihenfolge und Vertauschung der Faktoren, also der Operatoralgebra, neben den Eigenschaften und Regeln des Kapitels 43 besonderes Interesse. Die Vertauschungseigenschaften sind daher charakteristisch und bestimmend für die Quantenmechanik und stellen ein wesentliches Kennzeichen der Theorie dar, [16, S. 103].

59.5 Vertauschungsregeln von Koordinaten und Impulsen

437

Die Erkenntnis aus der Berechnung der Erwartungswerte (59.5), (59.6) und (59.10) wird direkt im Sinne der Hamilton’schen Mechanik übertragen auf Operatoren von generalisierten Koordinaten qi ” xi “ x, y, z, die nur Faktoren entsprechen, und Impulsen pk “ px , py , pz nach (59.7), die vertauschbare partielle Ableitungen darstellen. Ortskoordinaten und Impulskomponenten sowie ihre ganzzahligen Potenzen für n “ 1, 2, ... kommutieren daher untereinander, wie z.B. xy “ yx und px py “ py px , was allgemeiner folgendermaßen für pi, k “ x, y, zq lautet.

vv

ww xi , xnk “ xi xnk ´ xnk xi “ 0

vv

ww pi , pnk “ pi pnk ´ pnk pi “ 0

(59.11)

Kombiniert man Koordinaten und Impulskomponenten in gleicher örtlicher Richtung, dann erhält man nach (59.10), vv

ww x, px “ xpx ´ px x “ j

bei ungleicher Richtung zeigt man dagegen auf entsprechende Weise, dass Vertauschbarkeit gilt. vv

x, py

ww

“ xpy ´ py x “ 0

Insgesamt gelten folgende Vertauschungsregeln für kanonisch konjugierte Größen, [3, S. 86], [16, S. 106], die man auch als kanonische Vertauschungsrelationen bezeichnet, [13, S. 67].

vv

ww xi , pk “ xi pk ´ pk xi “ j δik

pi, k “ x, y, zq

(59.12)

ww vv Wenn man den Kommutator x, px von links und rechts mit dem Operator x bzw. px multipliziert und die Summen bildet, erhält man Ergebnisse, die man auf ganzzahlige Potenzen mit n “ 1, 2, ... erweitern kann, und die für y

438

59 Erwartungswerte, Operatoren und Vertauschungsregeln

und z entsprechend gelten, [8, S. 155]. x2 px ´ xpx x “ j x xpx x ´ px x2 “ j x vv

ww xn , px “ xn px ´ px xn “ j n xn´1

(59.13)

px xpx ´ p2x x “ j px xp2x ´ px xpx “ j px vv

ww x, pnx “ xpnx ´ pnx x “ j n pn´1 x

(59.14)

Auf die gleiche Weise zeigt man, dass bei unterschiedlicher Richtung folgende Kommutatoren Null sind, was auch entsprechend für andere Richtungskombinationen gilt. vv

xn , py

ww

vv ww “ xn , p z “ 0

vv

ww vv ww x, pny “ x, pnz “ 0

px, y, z zyklischq (59.15)

Kapitel 60

Hamilton-Operator im elektromagnetischen Feld Ein geladenes Teilchen der Masse m und der Ladung q befindet sich im elektromagnetischen Feld, das durch Vektorpotential Apr, tq und skalares Potential ϕpr, tq beschrieben wird, die zusammen als elektrodynamische Potentiale bezeichnet werden, [35, II, S. 217]. Aus diesen Potentialen gewinnt man durch Differentiation die elektrische Feldstärke Epr, tq und die Induktion Bpr, tq. Die Hamilton-Funktion und damit auch der Hamilton-Operator sowie die Geschwindigkeit des Teilchens lauten nach den Beziehungen (21.16/21.17) sowie (55.21), [5, S. 232], [11, S. 246], [31, S. 145], ˘ dr 1 ` “ r9 “ v “ p ´ qA dt m ` ˘ ˘2 1 ` H r, p, t “ p ´ qApr, tq ` q ϕpr, tq 2m

(60.1)

womit die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung gemäß (41.3) lautet j

B Ψpr, tq “ H pr, p, tq Ψpr, tq Bt ı ” 1 “ ‰2 p ´ qApr, tq ` q ϕpr, tq Ψpr, tq “ 2m 439

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_60

(60.2)

440

60 Hamilton-Operator im elektromagnetischen Feld

Der erste Summand des Hamilton-Operators ist ein Skalarprodukt, das in Operatordarstellung mit dem Impulsoperator p “ ´j ∇ nach (59.7) ausgeführt wird, wobei die Reihenfolge der Faktoren beachtet werden muss. ˘ ˘ p p ´ q A ¨ p p ´ q A “ p 2 ` q 2 A2 ´ q p ¨ A ´ q A ¨ p ` ˘ “ p2 ` q 2 A2 ` j q ∇ ¨ A ` A ¨ ∇ Wendet man im letzten Summanden den Operator auf eine Wellenfunktion Ψ an, dann erhält man ` ˘ ` ˘ ∇ ¨ A ` A ¨ ∇ Ψ “ div ΨA ` A ¨ grad Ψ (60.3) “ Ψ divA ` 2 A ¨ grad Ψ Mit der potentiellen Energie Wpot “ q ϕ des Teilchens, die dem elektrodynamischen Potential ϕ proportional ist, ergibt sich für den HamiltonOperator ` ˘‰ ` ˘ q2 2 q “ p2 ` q ϕpr, tq ` A ` j divA ` 2 A ¨ grad H r, p, t “ 2m 2m 2m (60.4) Die Eichinvarianz des elektromagnetischen Feldes gestattet die Anwendung der Coulomb-Eichung, bei der die Divergenz des Vektorpotentials Null ist, [35, II, S. 219]. div A “ 0

(60.5)

Im elektromagnetischen Feld lautet der Hamilton-Operator, [5, S. 519], der dann in die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung eingesetzt wird ` ˘ q2 2 q p2 ` q ϕpr, tq ` A ´ A¨p H r, p, t “ 2m 2m m

(60.6)

Speziell für ein homogenes, z-gerichtetes Magnetfeld B0 , das durch A0 “ pB0 ˆ rq{2 nach (55.23) beschrieben wird, ergibt sich mit (55.25) der Hamilton-Operator in der Form (55.26), bei dem die ersten beiden Glieder den magnetfeldfreien Anteil H 0 darstellen. ` ˘ p2 ` q ϕpr, tq ´ m ¨ B0 “ H0 ´ m ¨ B0 H r, p, t “ 2m

(60.7)

Kapitel 61

Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern 61.1

Zeitliche Änderung von Erwartungswerten

In die zeitliche Ableitung des Erwartungswertes (59.2) der physikalischen Größe A, die man auch durch ihren hermiteschen Operator A identifizieren kann, ^

xAy “ xAy d xAy B “ dt Bt

8 ¡

Ψ˚ pr, tq Apr, p, tq Ψpr, tq dv

´8

B xΨ, AΨy “ “ Bt

B

BΨ , AΨ Bt

F

`

B

BA Ψ, Ψ Bt

F

`

B

BΨ Ψ, A Bt

F

wird die Schrödinger-Gleichung als Operatorgleichung (41.3) eingesetzt. BΨ j “´ HΨ Bt  Mit den Eigenschaften des inneren Produktes (42.2) für skalare Faktoren erhält man ´ j ¯˚    B BA F j  d xAy “ ´ Ψ ´ Ψ, AH Ψ H Ψ, AΨ ` Ψ, dt  Bt  441

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_61

442

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern

Das erste Glied kann man wegen der Hermitizität (41.4) des HamiltonOperators H umwandeln ¡   ¡ ` ˘` ˘ ` ˘ ˚ H Ψ, AΨ “ H Ψ AΨ dv “ Ψ˚ H AΨ dv 8

8

    ^ “ Ψ, H AΨ “ Ψ | H A | Ψ “ H A 



und mit dem dritten Glied in Dirac-Notation gemäß (59.2) zum Kommutator zusammenfassen. Die zeitliche Ableitung des Erwartungswertes lautet dann, [5, S. 234], d xAy ^ d xAy “ “ dt dt

B

BA Bt

F

´

ww j vv A, H 

(61.1)

Da Erwartungswerte gemäß der Begründung bei (59.2) ortsunabhängig sind, steht links die totale Zeitableitung, aber der Operator selbst kann von Zeit und Ort abhängen, so dass im ersten Glied der rechten Seite die partielle Ableitung stehen muss, [23, S. 79]. Die Beziehung (61.1) hat eine ähnliche Form wie das Ergebnis in (17.5), weshalb manche Autoren den Erwartungswert als Größe bezeichnen, der einer Poisson-Klammer entspricht, [3, S. 112], [8, S. 154], [23, S. 83]. Bei zeitunabhängigen Operatoren Apr, pq entfällt das erste Glied der rechten Seite, so dass die totale zeitliche Ableitung nur durch den Erwartungswert des Kommutators gebildet wird, den man auch als inneres Produkt darstellen kann. Apr, pq ‰ f ptq Ñ

ww D ww D d xAy j @ vv j @ vv “´ Ψ, A, H Ψ “ ´ A, H dt   (61.2)

Für die Operatoren von Koordinaten und Impulsen ist (61.2) erfüllt, da sie nicht explizit von der Zeit abhängen, [3, S. 113]. Liegt bei einem Operator Apr, pq zusätzlich noch die Vertauschbarkeit mit dem Hamilton-Operator H vor, dann ist der Erwartungswert der zugehörigen physikalischen Größe A zeitlich konstant, [5, S. 235], [8, S. 154].

443

61.2 Theorem von Ehrenfest

Die Größe A stellt in dem Fall eine Erhaltungsgröße dar, die man auch als Konstante der Bewegung bezeichnet. A, H

vv

ww

“ AH ´ H A “ 0

Ñ

xAy “ const.

(61.3)

Für stationäre Zustände, die gemäß (41.6) durch Ψ pr, tq “ ψ prq e´jW t{ beschrieben werden, sei ψ Eigenfunktion des zeitunabhängigen Hamilton-Operators H zur Eigenenergie W . Ist der Operator Apr, pq zeitunabhängig, dann hängt auch dessen Erwartungswert (59.2) nicht von der Zeit ab, ^

xAy “



   Ψ , AΨ “ ψ , Aψ ‰ f ptq

Ñ

d xAy “0 dt

so dass nach (61.2) der Erwartungswert des Kommutators verschwindet. vv ww D @vv wwD @ “0 (61.4) ψ , A, H ψ “ A, H

61.2

Theorem von Ehrenfest

Der zeitunabhängige Hamilton-Operator (41.7) p2 2 Δ ` Wpot prq “ ` Wpot prq 2m 2m ˘ 1 ` 2 “ px ` p2y ` p2z ` Wpot 2m

H pr, pq “ ´

bildet mit dem Ortsoperator x den folgenden Kommutator, bei dem wegen (59.15) zwei Glieder entfallen. ˘ ` ˘ ww 1 ` 2 px x ´ xp2x ` Wpot x ´ x Wpot H , x “ H x ´ xH “ 2m ww vv Der Kommutator Wpot , x ist Null, da beide Operatoren nur vertauschbare Multiplikationen mit Ortsfunktionen darstellen, so dass mit (59.14) folgt vv

ww j vv 2 ww px j vv H ,x “ p ,x “   x m

(61.5)

444

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern

Damit erhält man nach (61.2) das Ergebnis für die x-Koordinate, [5, S. 99],  j vv  ww   p  d 1  xxy “ Ψ, H , x Ψ “ Ψ, x Ψ “ Ψ, px Ψ dt  m m die man vektoriell zur Zeitableitung des Erwartungswertes des Ortsvektors zusammenfassen kann. d 1 xry “ xpy dt m

(61.6)

Zur Berechnung der Zeitableitung des Erwartungswertes der Impulskomponente d xpx y {dt bildet man den folgenden Kommutator, bei dem wegen (59.11) nur die Glieder mit der Energie übrigbleiben. vv ww H , px “ H px ´ px H “ Wpot px ´ px Wpot Wendet man den Kommutator auf eine Funktion ϕ an, dann folgt ´ ww ˘ vv B Wpot B ` Bϕ ¯ ` j Wpot ϕ “ j ϕ H , px ϕ “ Wpot ´ j Bx Bx Bx ww B Wpot H , px “ j Bx

vv

(61.7)

Damit erhält man für die px -Komponente des Impulses,  j vv  BW  ww  d pot xpx y “ Ψ, H , px Ψ “ ´ dt  Bx die man vektoriell zur Zeitableitung des Erwartungswertes des Impulses zusammenfassen kann. ww   d j vv xpy “ ´ p, H “ ´ grad Wpot dt 

(61.8)

Die Zusammenfassung der Ergebnisse (61.6) und (61.8) führt schließlich auf die Beziehung für den Erwartungswert der Kraft, die in makroskopischer Näherung der Newton’schen Bewegungsgleichung entspricht. m

  d d2 xry “ x p y “ x F y “ ´ grad Wpot 2 dt dt

(61.9)

61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen

445

Dieses Theorem, das Paul Ehrenfest 1927 für ein als Massenpunkt angenommenes Elektron bewies, besagt, dass unter den Bedingungen makroskopischer Experimente die quantenmechanischen Erwartungswerte, die aus der Schrödinger-Gleichung folgen, den Gesetzen der klassischen Mechanik genügen, [8, S. 153/156]. Ehrenfest’sches Theorem ‚ Die quantenmechanischen Erwartungswerte erfüllen die klassischen Bewegungsgleichungen

(61.10)

Gemäß dem Korrespondenzprinzip erfolgt die Bewegung eines Wellenpaketes wie bei einem klassischen Teilchen, wenn Entfernungen und Impulse so groß sind, dass man das Unschärfeprinzip ignorieren kann.

61.3 61.3.1

Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen Energiesatz der Quantenmechanik

Wendet man die Gleichung (61.1) auf den Hamilton-Operator an, dann folgt B F F B ww  BH BH d xH y j  vv “ ´ H,H “ dt Bt  loooomoooon Bt “0

Hängt der Hamilton-Operator nicht explizit von der Zeit ab, dann gilt mit (41.7) d xH y “ dt

B

BH Bt

F

“ 0

Ñ

Wges “ const.

(61.11)

In einem Feld von zeitunabhängigen Potentialen und Kräften ist der Hamilton-Operator eine Konstante der Bewegung und stimmt mit dem Operator der Gesamtenergie überein. Gleichung (61.11) drückt dann den Energieerhaltungssatz der Quantenmechanik aus, [3, S. 118], [5, S. 235]. Eine Diskussion der Energieerhaltung im Zusammenhang mit der Unschärferelation findet man in [23, S. 67, 237].

446

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern

61.3.2

Ortsvektor im elektromagnetischen Feld

Die zeitliche Ableitung des Erwartungswertes des Ortsvektors lautet nach (61.2) ww  ww  j  vv j  vv d xry “´ Ψ, r, H Ψ “ ´ r, H dt  

(61.12)

Mit dem Hamilton-Operator (60.6) im elektromagnetischen Feld ` ˘ q q2 2 2 Δ ` j A ¨ ∇ ` q ϕpr, tq ` A H r, p, t “ ´ 2m m 2m und den vektoranalytischen Beziehungen, die man in kartesischen Koordinaten nachweisen kann, [35, I, S. 380, 410], ` ˘ Δ rΨ “ r ΔΨ ` 2 grad Ψ ` ˘` ˘ ` ˘ A ¨ grad rΨ “ AΨ ` r A ¨ grad Ψ ` ˘` ˘ ` ˘ A ¨ grad r ˆ grad Ψ “ A ˆ grad Ψ ` r ˆ A ¨ grad grad Ψ

(61.13)

erhält man gemäß der Kernaussage (59.4) vv

r, H

ww

` ˘ 2 q grad Ψ ´ j AΨ Ψ “ rH Ψ ´ H rΨ “ m m

Insgesamt folgt damit für die Zeitableitung des Erwartungswertes des Ortsvektors die Darstellung ¯   1  ´ 1  d xry “ Ψ, ´ j ∇ ´ qA Ψ “ ´ j ∇ ´ qA dt m m

(61.14)

Nach dem Theorem von Ehrenfest entspricht dieses Ergebnis dem Geschwindigkeitsvektor (21.16) nach der Hamilton’schen Theorie. xvy “

˘ 1 ` xpy ´ q xAy m

447

61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen

61.3.3

Impuls im elektromagnetischen Feld

Die zeitliche Ableitung des Erwartungswertes des Impulses lautet nach (61.2)

ww  ww  d xpy j  vv j  vv “´ Ψ, p, H Ψ “ ´ p, H dt  

(61.15)

Das Einsetzen des Impuls-Operators p “ ´j ∇ führt gemäß  ` ˘  ` ˘ d xpy “ ´ Ψ, ∇ H Ψ ` Ψ, H ∇Ψ dt mit dem Hamilton-Operator (60.6) auf folgende vektoranalytischen Beziehungen. ∇pΔΨq ´ Δp∇Ψq “

grad pdiv grad Ψq “ ‰ ´ grad div pgrad Ψq ´ rot rot pgrad Ψq

“0 ` ˘ ´ ∇ q ϕ Ψ ` q ϕ ∇Ψ “ ´ q ϕ grad Ψ ´ Ψ grad pq ϕq ` q ϕ grad Ψ “ ´ Ψ grad pq ϕ q ˘ ` ´ ∇ A2 Ψ ` A2 ∇Ψ “ ´ A2 grad Ψ ´ Ψ grad A2 ` A2 grad Ψ “ ´ Ψ grad A2 ´ ∇pA ¨ ∇Ψq ` pA ¨ ∇q∇Ψ “ ´ grad pA ¨ grad Ψq ` pA ¨ grad qgrad Ψ ( ((

((q( pA(¨( grad grad Ψ ´ pgrad Ψ ¨ grad qA “ ´(

´ A ˆ looooomooooon rot grad Ψ ´ grad Ψ ˆ rot A “0

( ((

((q( pA(¨( grad grad Ψ `(

448

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern

Damit erhält man das folgende Ergebnis für die zeitliche Ableitung, das den Impulssatz der Quantenmechanik darstellt.  ` ˘  ˘  d xpy q2  ` “ ´ Ψ, grad pq ϕq Ψ ´ Ψ, grad A2 Ψ dt 2m 8 ¡ ` ˘ q ´ j Ψ˚ grad Ψ ¨ grad A dv m ´ j

q m

´8 8 ¡

(61.16)

` ˘ Ψ˚ grad Ψ ˆ rot A dv

´8

Ohne elektromagnetisches Feld gilt die einfache Gleichung (61.8). Sind die Operatoren p und H vertauschbar, dann folgt aus (61.15) der Impulserhaltungssatz.  vv

61.3.4

p, H

ww 

“0

Ñ

xpy “ const.

(61.17)

Drehimpuls im elektromagnetischen Feld

Die zeitliche Ableitung des Erwartungswertes des Drehimpulses lautet nach (61.2) ww  d xLy j  vv “´ L, H dt 

(61.18)

Man setzt den Hamilton-Operator H nach (60.6) und den Drehimpulsoperator L “ ´j pr ˆ ∇q nach (53.3) ein,  ` ˘  ` ˘ d xLy “ ´ Ψ, r ˆ ∇ H Ψ ` Ψ, H r ˆ ∇Ψ dt

61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen

449

wobei die folgende vektoranalytische Beziehung entsteht. rˆ∇pΔΨq ´ Δpr ˆ ∇Ψq “ r ˆ grad pΔΨq ´ grad looooooooomooooooooon div pr ˆ grad Ψq ` rot rot pr ˆ grad Ψq

“0 “ “ r ˆ grad pΔΨq ` rot loooooooooomoooooooooon pgrad Ψ ¨ grad q r ´ pr ¨ grad q grad Ψ “ grad Ψ

` r div grad Ψ ´ grad Ψ lo div omoorn



“3

‰ “ r ˆ grad pΔΨq ` rot pr ΔΨq ´ rot pr ¨ grad q grad Ψ “ ‰ “ r ˆ grad pΔΨq ` ΔΨ lorot omoron ´ r ˆ grad ΔΨ ´ rot pr ¨ grad q grad Ψ “

“0

“0

Die beiden ersten Glieder heben sich auf und das dritte ist Null, was sich aus der Rotation der folgenden Beziehung ergibt. ` ˘ ˘ grad r ¨ grad Ψ “ pr ¨ grad grad Ψ ` looooooooomooooooooon pgrad Ψ ¨ grad q r “ grad Ψ

Die weiteren Differenzen lauten mit (61.13) im dritten Fall ` ˘ ´ r ˆ ∇ q ϕ Ψ ` q ϕ r ˆ ∇Ψ “ ‰ “ ´ r ˆ q ϕ grad Ψ ` Ψgrad pq ϕq ` q ϕ r ˆ grad Ψ ` ˘ “ ´ r ˆ grad pq ϕq Ψ ` ˘ ` ˘ ´ r ˆ ∇ A2 Ψ ` A2 ¨ r ˆ ∇Ψ ` ˘ ‰ “ “ ´ r ˆ A2 grad Ψ ` Ψgrad A2 ` A2 ¨ r ˆ grad Ψ ˘ ` “ ´ r ˆ grad A2 Ψ ` ˘ ` ˘` ˘ ´ r ˆ ∇ A ¨ grad Ψ ` A ¨ grad r ˆ grad Ψ “` ˘ ` ˘ “ ´ r ˆ A ¨ grad grad Ψ ` grad Ψ ¨ grad A ‰ ` A ˆ rot grad Ψ ` grad Ψ ˆ rot A ` ˘ ` A ˆ grad Ψ ` r ˆ A ¨ grad grad Ψ ` ˘ “ A ˆ grad Ψ ´ r ˆ grad Ψ ¨ grad A ` ˘ ´ r ˆ grad Ψ ˆ rot A

450

61 Zeitliche Änderungen und Einfluss von Feldern

Mit diesen Ergebnissen erhält man die zeitliche Ableitung, die den Drehimpulssatz der Quantenmechanik darstellt.  ` ˘  ˘  q2  ` d xLy “ ´ Ψ, r ˆ grad pq ϕq Ψ ´ Ψ, r ˆ grad A2 Ψ dt 2m 8 ¡ ` ˘ q Ψ˚ A ˆ grad Ψ dv ` j m ´8

´ j

´ j

q m q m

8 ¡

` ˘ Ψ˚ r ˆ grad Ψ ¨ grad A dv

´8

8 ¡

` ˘ Ψ˚ r ˆ grad Ψ ˆ rot A dv

´8

(61.19) Ohne elektromagnetisches Feld erhält man die einfache Gleichung   d xLy “ ´ r ˆ grad pq ϕq dt

(61.20)

Wenn die Operatoren L und H vertauschbar sind, dann folgt aus (61.18) der Drehimpulserhaltungssatz.  vv

61.3.5

L, H

ww 

“0

Ñ

xLy “ const.

(61.21)

Virialsatz

Das innere Produkt wird auf den Kommutator der beiden zeitunabhängigen Operatoren r ¨ p und H angewendet, das nach (61.4) Null ist. @

ww  vv ww D  vv p2 ` Wpot ψ “ 0 ψ , r ¨ p , H ψ “ ψ , r ¨ p , 2m

451

61.3 Sätze der Quantenmechanik und Erhaltung von Größen

Das zweite Argument lautet mit den Operatoren (59.7) ausführlich ´ p2 ¯ ¯` ` ˘´ p2 ˘ ww vv p2 ` Wpot ψ “ r ¨ p ` Wpot ψ ´ ` Wpot r ¨ p ψ r ¨ p, 2m 2m 2m 2 ` ˘ ` ˘‰  “ r ¨ ∇ Δψ ´ Δ r ¨ ∇ψ “ j 2m “ ` ˘ ` ˘‰ ´ j r ¨ ∇ Wpot ψ ´ Wpot r ¨ ∇ψ Die Klammerausdrücke ergeben nach [35, I, S. 367, 379] sowie kartesischer Komponentenrechnung die vektoranalytischen Beziehungen ˘ ` r ¨ grad pΔψ q ´ div grad r ¨ grad ψ ‰ “` ˘ ` ˘ “ r ¨ grad pΔψ q ´ div looooooooomooooooooon grad ψ ¨ grad r ` r ¨ grad grad ψ “ grad ψ

“ r ¨ grad pΔψ q ´ Δψ ´ Δψ ` r ¨ grad pΔψ q “

r ¨ grad Wpot ψ `

˘



“ ´2 Δψ ` ˘ ´ Wpot r ¨ grad ψ “ ψ r ¨ grad Wpot

Insgesamt gilt für den verschwindenden Erwartungswert ” 2 ` ı vv ww D  @ ˘ ´ 2 Δψ ´ ψ r ¨ grad Wpot “ 0 ψ , r ¨ p , H ψ “ ψ , j 2m Daraus resultiert der Operator, der auf die Eigenfunktion ψ angewendet wird.   2     2 Δ ` r ¨ grad Wpot “ ´ 2 ´ Δ ` r ¨ grad Wpot “ 0 2 2m 2m Interpretiert man den ersten Summanden als Operator der kinetischen Energie, p2 2 Δ“ 2m 2m dann folgt aus der Operatorbeziehung mit der Kraft F nach (36.10) für stationäre Zustände der Virialsatz, E kin “ ´

2 x E kin y “ xr ¨ grad Wpot y “ ´ xr ¨ F y

(61.22)

der für die quantenmechanischen Mittelwerte die gleiche Aussage macht wie die klassische Mechanik, [35, II, S. 87].

Kapitel 62

Eigenschaften des Drehimpulsoperators 62.1 Vertauschungsregeln des Drehimpulsoperators Der vektorielle Drehimpulsoperator nach (53.1) und (53.3),

L “ ´j pr ˆ ∇q

L “ Lx ex ` Ly ey ` Lz ez

(62.1)

dessen Eigenwerte und Eigenfunktionen bereits im Abschnitt 53.2 bestimmt wurden, wird in diesem Kapitel aus axiomatischer Sicht untersucht, bei der die im Abschnitt 50.3 erwähnte algebraische Lösungsmethode zur Anwendung kommt. Der Erwartungswert des Drehimpulses ist reell, was man ähnlich wie beim Impuls (59.6) durch folgende Differenzbildung nachweisen kann. xLy ´ xLy˚ “ j 2 Im xLy “ xΨ, LΨy ´ xΨ˚ , L˚ Ψ˚ y 452

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_62

62.1 Vertauschungsregeln des Drehimpulsoperators

453

Der Integrand des inneren Produktes nach (59.2) ist Null, Ψ˚ LΨ ´ Ψ L˚ Ψ˚ “ ´ j Ψ˚ r ˆ grad Ψ ´ j Ψ r ˆ grad Ψ˚ ˘ ` “ ´ j r ˆ Ψ˚ grad Ψ ` Ψ grad Ψ˚ ` ˘ “ ´ j r ˆ grad ΨΨ˚ 2 “ ´ j r ˆ grad lo |oΨ mo|on “1 “0

so dass der Drehimpulsoperator wegen (43.9) und (43.34) hermitesch ist, was damit auch für seine einzelnen Komponenten gilt. Die Berechnung der Vertauschungsregeln erfolgt gemäß (53.2) in Operatorschreibweise für die kartesischen Komponenten des Drehimpulsoperators, Lx “ ypz ´ zpy Ly “ zpx ´ xpz

(62.2)

Lz “ xpy ´ ypx wobei die Impulskomponenten nach (59.7) Ableitungsoperatoren darstellen. Zur Berechnung der Vertauschung von Drehimpuls mit Koordinaten und Impulskomponenten werden die Kommutatoren betrachtet, wobei sich mit den Relationen (59.11) und (59.12) folgende Resultate ergeben. ˘ ww ` ˘ ` Lx , x “ ypz x ´ zpy x ´ xypz ´ xzpy ww vv ww vv “ z x, py ´ y x, pz “ 0 vv ww ` ˘ ` ˘ Lx , y “ ypz y ´ zpy y ´ yypz ´ yzpy ww vv ww vv “ z y, py ´ y y, pz “ j z vv ww ` ˘ ` ˘ Lx , px “ ypz px ´ zpy px ´ px ypz ´ px zpy ˘ ` ˘ ` “ ypz px ´ ypx pz ´ zpy px ´ zpx py ww vv ww vv “ y pz , px ´ z py , px “ 0 vv ww ` ˘ ` ˘ Lx , py “ ypz py ´ zpy py ´ py ypz ´ py zpy vv

“ ypz py ´ pypy ´ jqpz ` zpy py ´ zpy py “ j pz

454

62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators

Insgesamt erhält man die folgenden zyklischen Vertauschungsregeln mit Koordinaten und Impulsen. ww + Li , xk “ j ε ik x vv ww Li , pk “ j ε ik p

vv

^

pi, k,  “ x, y, zq

(62.3)

Dabei bedeutet ε ik das Levi-Civita-Symbol oder auch PermutationsSymbol nach [35, I, S. 222], das für zyklische Permutationen `1, für antizyklische ´1 und sonst Null ist. Der Kommutator der ersten Drehimpulskomponenten lautet mit (62.2) und den Eigenschaften (43.36) vv ww vv ww Lx , Ly “ ypz ´ zpy , zpx ´ xpz ww vv ww vv ww vv ww vv “ ypz , zpx ` zpy , xpz ´ ypz , xpz ´ zpy , zpx und bei seinen ersten Anteilen bleibt nach (43.37), (59.11) und (59.12) jeweils nur ein Glied übrig, vv ww vv vv ww vv ww ww ww vv ypz , zpx “ y, z pz px ` y pz , z px ` z y, px pz ` z y pz , px vv

zpy , xpz

ww

“ ´ j y px vv ww ww ww vv ww vv vv “ z, x py pz ` z py , x pz ` x z, pz py ` xy py , pz “ ` j xpy

während die beiden anderen Anteile Null sind. ypz , xpz

vv ww ww ww vv ww vv vv “ y, x pz pz ` y pz , x pz ` x y, pz pz ` x y pz , pz “ 0 vv ww vv ww ww ww vv ww vv vv z py , z px “ z, z py px ` z py , z px ` z z, px py ` z z py , px “ 0 vv

ww

Insgesamt ergeben sich entsprechend die drei Kommutatoren in zyklischer Weise ww ` ˘ vv Lx , Ly “ j x py ´ y px “ j Lz vv ww ` ˘ Ly , Lz “ j y pz ´ z py “ j Lx vv ww ` ˘ Lz , Lx “ j z px ´ x pz “ j Ly

455

62.1 Vertauschungsregeln des Drehimpulsoperators

und man erhält die Vertauschungsregeln für den Drehimpulsoperator. vv

^

ww Li , Lk “ j ε ik L

pi, k,  “ x, y, zq

(62.4)

Da unterschiedliche Drehimpulskomponenten nicht vertauschbar sind, können sie keine gemeinsamen Eigenfunktionen Xλ besitzen. Denn bei gleichzeitiger Gültigkeit von Lx Xλ “ λ x Xλ

Ly Xλ “ λy Xλ

und

würde sich der folgende Widerspruch ergeben, der die Kernaussage (43.40) bestätigt. vv

ww ˘ ˘ ` ` Lx , Ly Xλ “ Lx Ly ´ Ly Lx Xλ “ λx λy ´ λy λx Xλ “ 0 ‰ j Lz Xλ

Der Kommutator aus Drehimpulsquadrat (53.8) und z-Komponente lautet mit den Produktregeln (43.37) vv

ww vv ww L2 , Lz “ L2x ` L2y ` L2z , Lz ww vv ww vv 2 ww vv Lz , Lz “ Lx Lx , Lz ` Ly Ly , Lz ` loooomoooon “0



vv

ww vv ww Lx , Lz Lx ` Lx Lx , Lz ` Ly , Lz Ly ` Ly Ly , Lz ww

vv

ww

vv

“ ´ j Ly Lx ´ j Lx Ly ` j Lx Ly ` j Ly Lx “0 so dass L2 in entsprechender Weise mit allen Einzelkomponenten pξ “ x, y, zq kommutiert, was man vektoriell zusammenfassen kann und was auch mit (43.38) übereinstimmt. vv

ww L2 , Lξ “ 0

Ñ

vv

ww L2 , L “ 0

Für die Leiteroperatoren (53.12) L˘ “ Lx ˘ jLy

(62.5)

456

62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators

ergeben sich die Kommutatoren ww vv ww vv ww vv Lx , L˘ “ Lx , Lx ˘ j Lx , Ly “ ¯  Lz vv ww vv ww vv ww Ly , L˘ “ Ly , Lx ˘ j Ly , Ly “ ´ j Lz vv ww vv ww vv ww Lz , L˘ “ Lz , Lx ˘ j Lz , Ly “ ˘  L˘ vv

ww vv ww vv ww L2 , L˘ “ L2 , Lx ˘ j L2 , Ly “ 0

sowie vv

ww L` , L´ “ pLx ` jLy qpLx ´ jLy q ´ pLx ´ jLy qpLx ` jLy q vv ww “ ´j 2 Lx , Ly “ 2 Lz

Mit der Produktregel (43.37) folgt, ww vv ww vv ww vv ww vv Lz , L2˘ “ Lz , L˘ L˘ “ Lz , L˘ L˘ ` L˘ Lz , L˘ “ ˘2 L2˘ was für höhere ganzzahlige Potenzen entsprechend gilt. Damit erhält man weitere wichtige Vertauschungsregeln, vv

ww L2 , Lz “ 0

vv

ww L2 , L˘ “ 0

vv

ww Lz , Ln˘ “ ˘ n Ln˘

(62.6)

die auf unterschiedliche Weise in [5, S. 266], [9, S. 158], [13, S. 192], [22, S. 211], [23, S. 163], behandelt werden.

62.2

Eigenwerte des Drehimpulsoperators

Die Eigenwerte der Operatoren L2 und Lz , die im Abschnitt 53.2 bereits im Zusammenhang mit den Kugelfunktionen als Separationskonstanten ermittelt und in Gleichung (53.14) angegeben wurden, werden in diesem Abschnitt auf unabhängige Weise mit Hilfe der Vertauschungsregeln bestimmt, [8, S. 268], [19, S. 248]. Da die Operatoren L2 und Lz nach (62.6) kommutieren, besitzen sie nach der Kernaussage (43.40) das gleiche vollständige Orthonormalsystem, dessen formal eingeführte Eigenfunktionen mit Xλμ bezeichnet und mit unterschiedlichen Eigenwerten λ und μ ” m angesetzt werden. Da die beiden

457

62.2 Eigenwerte des Drehimpulsoperators

Eigenwerte λ und m beliebige Zahlen sein können, besteht zunächst keinerlei Einschränkung für die Ergebnisse. Die von den Eigenfunktionen Xλm zu erfüllenden Eigenwertgleichungen lauten L2 Xλm “ λ Xλm

(62.7)

Lz Xλm “ μ Xλμ “ m Xλm Mit den Kommutatoren (62.6) ww vv 2 L , L˘ “ 0 vv ww L z , L ˘ “ ˘  L˘

Ñ

L˘ L2 “ L2 L˘

Ñ

L˘ Lz “ Lz L˘ ¯  L˘

erhält man bei Anwendung der Operatoren L˘ auf (62.7) Eigenwertgleichungen mit anderen Eigenfunktionen. ` ˘ ` ˘ ` ˘ L˘ L2 Xλm “ L2 L˘ Xλm “ λ L˘ Xλm ` ` ˘ ` ˘ ˘ L˘ Lz Xλm “ Lz L˘ Xλm ¯  L˘ Xλm “ m L˘ Xλm p˘1q

Die neuen, geeignet bezeichneten Funktionen L˘ Xλm “ Xλm bilden für beide Operatoren L2 und Lz gemeinsame Eigenfunktionen, die zu den ursprünglichen Eigenwertgleichungen (62.7) hinzutreten. Bei L2 bleibt der Eigenwert λ erhalten, aber bei Lz ändert er sich um eine Einheit . Da man den Operator L˘ mehrfach anwenden kann, gilt folgende Funktionenkette, die das Ergebnis (53.16) verallgemeinert und bei der n eine ganze Zahl ist. p0q

Lz Xλm “ Lz Xλm “ m Xλm ` ˘ ˘ ` p˘1q Lz L˘ Xλm “ Lz Xλm “ pm ˘ 1q L˘ Xλm .. . ` ` n ˘ ˘ p˘nq Lz L˘ Xλm “ Lz Xλm “ pm ˘ nq Ln˘ Xλm

(62.8)

Die Operatoren L˘ werden deshalb auch als Leiteroperatoren bezeichnet, und zwar L` als Aufsteigeoperator, der den Eigenwert von Lz um  erhöht, und L´ als Absteigeoperator, der den Eigenwert um  erniedrigt, [5, S. 287], [13, S. 194]. Die Kette der auftretenden Eigenfunktionen erfüllt die folgende definierende Operatorbeziehung. p˘nq

Ln˘ Xλm “ Xλm “ Xλ,m˘n

(62.9)

458

62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators

Für einen gegebenen Wert λ erhält man damit eine durch n bestimmte Kette oder Leiter von Systemzuständen, die durch die unterschiedlichen Eigenfunktionen Xλ,m˘n charakterisiert werden und deren Eigenwerte jeweils den Abstand  voneinander haben, [23, S. 164]. Im Vergleich mit den bereits im Abschnitt 53.2 ermittelten Eigenfunktionen Ym pϑ, ϕq des Drehimpulses unterscheiden sich die formal eingeführten p˘nq Funktionen Xλm um das Produkt der in Gleichung (53.17) aufgetretenen Konstanten. Um die möglichen Werte λ und m zu bestimmen, werden die Normquadrate der beiden hermiteschen Operatoren L und Lz betrachtet. @ D } LXλm }2 “ x LXλm , LXλm y “ Xλm , L2 Xλm “ x Xλm , λXλm y “ λ } Xλm }2 ě 0 @ D } Lz Xλm }2 “ x Lz Xλm , Lz Xλm y “ Xλm , L2z Xλm @ D “ Xλm , pmq2 Xλm “ pmq2 } Xλm }2 ě 0 Daraus geht hervor, dass die Eigenwerte des Operators L2 wegen λ ě 0 positiv sein müssen. Da für die Erwartungserte gilt, dass die z-Komponente nicht größer als der Gesamtwert und nicht kleiner als Null sein kann, muss folgende Ungleichung bestehen. @ D @ 2D Ñ λ ě pmq2 ě 0 L ě L2z ě 0 Bei gegebenem λ muss die Anzahl der möglichen Systemzustände daher nach unten und oben begrenzt sein. Die Eigenwerte der zulässigen Leitersprossen werden mit ˚ und  an unterer und oberer Grenze der Kette auf folgende Werte festgelegt, wobei der Stern hierbei nur einen abweichenden und keinen konjugiert komplexen Wert bezeichnet!  und ˚ können beliebige reelle Zahlen sein, aber die Zahlen n und n˚ sind ganz. pm ´ n˚ q “ ˚

und

pm ` nq “ 

mit

˚ ă 

Jenseits dieser Sprossen sind alle Eigenfunktionen Null, so dass nach (62.9) gilt ` ˘ + Lk` Ln` Xλm “ Lk` Xλ, m`n “ Lk` Xλ “ 0 pk “ 1, 2, ...q (62.10) ` ˚ ˘ Lk´ Ln´ Xλm “ Lk´ Xλ, m´n˚ “ Lk´ Xλ˚ “ 0

459

62.2 Eigenwerte des Drehimpulsoperators

Damit entsteht die folgende beidseitig begrenzte Leiter von Operatoren und zugehörigen Eigenwerten. ˚

Operator

Ln´

...



Eigenwert

˚

...

pm ´ 1q

L0

L`

m pm ` 1q

...

Ln`

...



Das folgende Operatorprodukt, das eine Eigenfunktion nach (62.9) wegen des gleichzeitigen Auf- und Abstiegs außer an den Leiterenden nicht verändert, ` ˘` ˘ L˘ L¯ “ Lx ˘ j Ly Lx ¯ j Ly ` ˘ “ L2x ` L2y ¯ j loooooooomoooooooon Lx Ly ´ Ly Lx “ L2 ´ L2z ˘  Lz “ j Lz

führt auf die Operatorbeziehung des Drehimpulsquadrats. L2 “ L˘ L¯ ` L2z ¯  Lz

(62.11)

Für die oberste und unterste Sprosse mit den Eigenwerten ˚ und  ergeben sich mit (62.10) folgende Beziehungen. L2 Xλ, m`n “ L2 Xλ “ λ Xλ “ L´ p loomoon L` Xλ q ` L2z Xλ `  Lz Xλ “0

“ 0 `   Xλ ` 2 Xλ 2 2

Ñ

λ “ 2 p2 ` q

L2 Xλ, m´n˚ “ L2 Xλ˚ “ λ Xλ˚ “ L` p looomooon L´ Xλ˚ q ` L2z Xλ˚ ´  Lz Xλ˚ “0

2 ˚2

“ 0 `   Xλ˚ ´ 2 ˚ Xλ˚ Ñ

λ “ 2 p˚2 ´ ˚ q

460

62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators

Die quadratische Gleichung, die sich für ˚ aus beiden Beziehungen ergibt, # `1 Ñ ˚ “ ˚2 ´ ˚ ´ p ` 1q “ 0 ´ liefert nur für ˚ “ ´  ă  ein sinnvolles Ergebnis für die unterste Sprosse, so dass der Eigenwert λ an beiden Leiterenden beträgt λ “ 2 p ` 1q Die Eigenwerte m von Lz laufen in N “ n˚ ` n ganzzahligen Schritten von der unteren zur oberen Grenze, pm ´ n˚ q “ ˚ “ ´  ď m ď `  “ pm ` nq wobei gilt  “  ˚ ` n˚ ` n “ ´  ` N

Ñ

“

n˚ ` n N “ 2 2

Das bedeutet, dass der Eigenwert  nur ganzzahlig oder halbzahlig sein kann, je nachdem, ob N gerade oder ungerade ist! Die Untersuchung führt damit zu folgendem Resultat für die Drehimpulseigenwerte, wobei zu jedem gegebenen Wert  genau 2 ` 1 verschiedene Werte mpq existieren. L2 Xm “ 2 p ` 1qXm Lz Xm “ mXm

1 3 , 1 , , 2 , ... 2 2 mpq “ ´ , ... , `   “ 0,

(62.12)

Das Ergebnis ist deshalb bemerkenswert, da man erstens auch auf halbzahlige Eigenwerte gestoßen ist und zweitens nur auf Grund der Vertauschungsregeln (62.4) und (62.6) auf rein algebraischem Wege die Eigenwerte der Operatoren L2 und Lz ermitteln konnte, ohne die zugehörigen Eigenfunktionen Xm zu kennen oder zu benötigen! Damit erweisen sich die Vertauschungsregeln der Operatoren als die charakteristischen Beziehungen der Quantenmechanik, die die Eigenwerte bestimmen, und nicht die Differentialgleichungen der Wellenmechanik, denn halbzahlige Eigenwerte für Drehimpulse sind aus der Differentialgleichung für eindeutige Funktionen der Winkelkoordinaten ϑ und ϕ nicht zu gewinnen, [8, S. 269].

62.3 Graphische Darstellung der Richtungsquantisierung

461

Beim Bahndrehimpuls L eines Teilchens treten nur die ganzzahligen Werte von  und m auf, was sich im Abschnitt 53.2 bei den Eigenfunktionen Ym pϑ, ϕq in den Gleichungen (53.14) und (53.15) herausstellte. Dagegen kommen als Möglichkeit der Theorie die halbzahligen Werte von  und m dann zur Geltung, wenn man den Spin S der Elektronen berücksichtigt, was in Kapitel 65 behandelt wird.

62.3

Graphische Darstellung der Richtungsquantisierung

Nach (53.12) und (53.13)gilt, 2 Lx “ L` ` L´ j 2 Ly “ L` ´ L´ ˘ L˘ Ym “  Cm Y, m˘1

so dass man für die Erwartungswerte nach (59.2) mit dem Orthogonalintegral (52.8) erhält x L˘ y “ x Lx y ˘ j x Ly y ˘ “ x Ym , L˘ Ym y “ Cm x Ym , Y, m˘1 y “ 0

Dadurch verschwinden die Erwartungswerte der Drehimpulskomponenten Lx und Ly , so dass beide Richtungen gleichberechtigt und nicht unterscheidbar sind, so dass die Erwartungswerte ihrer Quadrate übereinstimmen. @ 2D @ 2D x Lx y “ x Ly y “ 0 Ñ Lx “ Ly Aus der Operatorgleichung (53.8) L2 “ L2x ` L2y ` L2z erhält man die Erwartungswerte sowie die Eigenwerte nach (62.12) @ 2 D @ D @ D @ D @ D L ´ L2z “ L2x ` L2y “ 2 L2x “ 2 L2y @

L2x

D

@ D D ‰ 1 @ 2 1 “ 1 L ´ L2z “ 2 p ` 1q ´ m2 ě 2  ě 0 “ L2y “ 2 2 2

462

62 Eigenschaften des Drehimpulsoperators

Durch ein Vektormodell kann man die Richtungsquantisierung veranschaulichen, [1, S. 288], [5, S. 289], [13, S. 196], [26, a S. 240]. Der Drehimpulsvektor L vom Betrag  p ` 1q liegt dabei auf einem zur z-Achse koaxialen Kegel, wobei jeder Azimutwinkelaϕ gleichwahrscheinlich ist. Da die z-Komponente Lz den Betrag m ă  p ` 1q hat, kann Lz nie in z-Richtung weisen. Die Öffnungswinkel der Kegel ergeben sich aus der Beziehung m pm “ 0, ˘1, ... ˘ q cos ϑm “ a p ` 1q ? Die Abbildung 62.1 zeigt das Vektormodell für den Fall  “ 2 mit | L | “  6 und den Öffnungswinkeln m



ϑm “

`2

`1

0

´1

´2

35.3˝

65.9˝

90˝

114.1˝

144.7˝

 

 



   

Abb. 62.1: Vektormodell der Richtungsquantisierung Die Darstellung wird wie hier normalerweise für die z-Richtung durchgeführt, sie gilt aber ebenso für jede beliebige Richtung eines Einheitsvektors n.

463

62.4 Drehimpulsoperator in Zentralfeldern

62.4

Drehimpulsoperator in Zentralfeldern

In Kugelkoordinaten lautet der Hamilton-Operator nach (51.3) mit (53.10) für ein zentrales, zeitunabhängiges Potentialfeld 2 Δ ` Wpot prq “ Wges 2m „ j 1 B ´ 2 B¯ B2 1 B ´ B ¯ 1 2 r ` 2 sin ϑ ` 2 2 “´ 2m r2 Br Br r sin ϑ Bϑ Bϑ r sin ϑ Bϕ2

H “´

1 1 B ´ 2 B¯ ` L2 ` Wpot prq r “ ´ 2 Br 2 2m r Br 2mr loooooooooooomoooooooooooon 2

` Wpot prq

“ Dr

Da der Operator Dr nur Ableitungen nach r, die Operatoren L und L2 gemäß (53.9) und (53.10) nur solche nach ϑ und ϕ haben, gilt wegen der Kommutativität der partiellen Ableitungen Dr L “ LDr . Die restlichen Summanden heben sich in den folgenden Kommutatoren gegenseitig auf, so dass man erhält vv ww H , L “ H L ´ LH “ 0 (62.13) vv ww H , L2 “ H L2 ´ L2 H “ 0 Die zweite Beziehung folgt auch gemäß (43.39) aus der ersten. Zusammen mit den Kommutatoren (43.50) und (62.6) vv ww vv 2 ww H ,P “ 0, L , Lz “ 0 folgt daraus, dass H , L2 , Lz und P gemäß (43.40) ein System von vertauschbaren Operatoren mit gemeinsamen Eigenfunktionen bilden und dass L, Lz und P nach (61.3) Erhaltungsgrößen sind. Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung (41.7) ” ı 2 H ψpr, ϑ, ϕq “ ´ Δ ` Wpot prq ψpr, ϑ, ϕq “ Wges ψpr, ϑ, ϕq 2m wurde im Abschnitt 51.2 mit dem Produktansatz ψpr, ϑ, ϕq “ Rprq Y pϑ, ϕq gelöst. Dabei führten der Hamilton-Operator H und die Drehimpulsoperatoren L2 und Lz im Abschnitt 53.2 auf unterschiedliche Weise auf die für die Winkelvariablen ϑ und ϕ geltenden Kugelflächenfunktionen Ym pϑ, ϕq.

Kapitel 63

Eigenwerte des linearen harmonischen Oszillators Die Eigenwerte des linearen harmonischen Oszillators, die im Abschnitt 50.5 bereits im Zusammenhang mit den Hermite’schen Polynomen ermittelt wurden, werden alternativ nach der algebraischen Lösungsmethode mit Hilfe der Vertauschungsregeln bestimmt, [5, S. 226], [9, S. 145], [13, S. 66], [19, S. 151], [23, S. 153]. Unter Verwendung der Abkürzung (50.5) c mω α“  werden durch folgende Definitionen neue dimensionslose, hermitesche Operatoren X und P für Ort und Impuls c ? mω d X“ x “ αx , p “ ´ j “ m ω P “ α P (63.1)  dx in die Gleichung (50.4) des Hamilton-Operators für den harmonischen Oszillator eingeführt,  2 d2 m ω2 2 m ω2 2 p2 x ` x “ Wges ` “ 2m dx2 2 2m 2 der dadurch folgende Darstellung erhält. ¯ ´ 1 H “ ω X2 ` P2 2 H “´

464

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_63

(63.2)

465

Aus den neuen Operatoren, die nach (59.10) den Kommutator ww ` ˘ 1` ˘ 1 X, P “ XP ´ PX “ xp ´ p x “ j “ j  

vv

besitzen, werden zwei zueinander konjugiert komplexe Operatoren gebildet, deren Indizierung sich später als zweckmäßig erweist ˘ 1 ` A` “ ? X ´ jP , 2

˘ 1 ` A´ “ ? X ` jP 2

(63.3)

und deren Produktoperatoren ` ˘ ` ˘ ` ˘ 2 A˘ A¯ “ X2 ` P2 ˘ j XP ´ PX “ X2 ` P2 ¯ 1 folgenden Kommutator bestimmen. vv ww A ` , A ´ “ A ` A ´ ´ A´ A ` “ ´ 1

(63.4)

Mit den Operatoren (63.3) kann man die Schrödinger-Gleichung folgendermaßen ausdrücken. ´ 1¯ ψpxq “ Wges ψpxq H ψpxq “ ω A` A´ ` 2

(63.5)

Neben der Eigenfunktion ψ mit dem Eigenwert Wges wird diese Eigenwertgleichung bei verändertem Eigenwert auch durch die Funktion A` ψ erfüllt, wenn man (63.4) und (63.5) berücksichtigt. ´ ` ˘ ˘ 1 ¯` H A` ψ “ ω A` A´ ` A` ψpxq 2 ´ ¯ 1 “ ω A` A´ A` ` A` ψpxq 2 ´ 1¯ “ A` ω A` A´ ` 1 ` ψpxq 2 ¯ ´ 1 “ A` ω A` A´ ` ψpxq ` ωA` ψpxq 2˘ ˘` ` “ Wges ` ω A` ψ Mit Vorzeichenwechsel in der Klammer gilt das auch für den Operator A´ .

466

63 Eigenwerte des linearen harmonischen Oszillators

Insgesamt erhält man bei mehrfacher Anwendung der Operatoren für ganzzahlige Werte n folgendes Ergebnis, wodurch sich die beiden Größen A˘ als Leiteroperatoren erweisen. ˘ ` ˘` ˘ ` H An˘ ψ “ Wges ˘ nω A˘ ψ

(63.6)

Ein hinzutretender Operator A` wirkt als Aufsteigeoperator, der den Eigenwert um ω erhöht und A´ als Absteigeoperator, der den Eigenwert um ω erniedrigt. Benachbarte Zustände unterscheiden sich jeweils um den Energiewert ω, was dem Energiequantum eines Photons entspricht. Wegen dieser Änderung um ein Quant werden die Operatoren A` und A´ auch als Erzeugungs- und Vernichtungsoperator bezeichnet. Wegen @ D ψ, X2 ψ “ x Xψ, Xψ y “ } Xψ }2 ě 0 D @ ψ, P2 ψ “ x Pψ, Pψ y “ } Pψ }2 ě 0 ist der Erwartungswert des Hamilton-Operators (63.2) positiv, x H y “ x ψ, H ψ y ě 0 so dass es einen Zustand niedrigster Energie Wmin , den Grundzustand, geben muss, der durch die Eigenfunktion ψ0 gekennzeichnet wird. Von dieser Grundfunktion ψ0 ausgehend können dann alle Zustandsfunktionen schrittweise durch Anwendung des Operators A` gemäß An` ψ0 “ ψn berechnet werden. Zur Ermittlung der Grundfunktion ψ0 geht man von folgender Überlegung aus. Da ψ0 Lösung der Schrödinger-Gleichung zur geringsten Energie Wmin “ W0 ist, kann die Anwendung des Operators A´ keinen kleineren Energieeigenwert erzeugen, so dass als Bedingung gelten muss, A´ ψ 0 “ 0 mit der man die Eigenwerte gemäß (63.5) bestimmt, die das Ergebnis (50.21) bestätigen. ´ 1¯ 1 ψ0 “ ω ψ0 “ W0 ψ0 H ψ0 “ ω A` A´ ` 2 2 ` ` ˘ ˘ H An` ψ0 “ H ψn “ Wn ψ0 “ W0 ` nω ψ0 ´ 1¯ Ñ Wn “ n ` ω pn “ 0, 1, 2, ... q (63.7) 2

467

Auch in diesem Fall wurde das Eigenwertspektrum durch Leiteroperatoren ermittelt, ohne die Schrödinger-Gleichung zu lösen! Die Grundfunktion selbst erhält man mit (63.3) ebenfalls aus der Bedingung ˘ 1 ` 1 ´ 1 d¯ A´ ψ0 “ ? X ` jP ψ0 “ ? ψ0 “ 0 αx ` α dx 2 2 Durch Trennung der Variablen, Integration und Normierung erhält man die Funktion ψ0 pxq, die dem Ergebnis (50.22) entspricht. dψ0 “ ´ α2 x dx ψ0 ż8

ψ02 pxq dx

“C

´8

2

ż8

Ñ 2

e´pαxq dx “ C 2

´8

2 {2

ψ0 pxq “ C e´pαxq ?

π “1 α

? α ´pαxq2 {2 e ψ0 pxq “ ? 4 π Die nächste Eigenfunktion wird durch Anwendung des Aufsteigeoperators berechnet, 1 ´ 1 d¯ ψ1 pxq “ A` ψ0 pxq “ ? ψ0 pxq αx ´ α dx 2 ? 2α 2 ψ1 pxq “ ? αx e´pαxq {2 4 π was dann als Kette der Eigenfunktionen durch ψn pxq “ A` ψn´1 pxq “ An` ψ0 pxq fortgesetzt werden kann.

Kapitel 64

Symmetrien und Erhaltungsgrößen Symmetrie ist eine geometrische Erscheinungsform, die man im Aufbau vieler Objekte in Natur und Technik findet. Bei physikalischen Phänomenen und Naturgesetzen und besonders bei Suche und Entwicklung von umfassenden Erklärungen und Weltformeln haben Symmetrien große Bedeutung als Theorie von Invarianzen bei Transformationen, aus denen universelle Erhaltungssätze resultieren, [32, S. 97]. Die betrachteten Symmetrieoperationen stellen kontinuierliche Transformationen der dynamischen Variablen von Ort und Zeit dar, die den zeitunabhängigen Hamilton-Operator eines abgeschlossenen quantenmechanischen Systems unverändert lassen, [5, S. 245]. Auf unabhängige Weise bestätigen die behandelten Transformationen die Ergebnisse des Abschnitts 15.2.

64.1

Verschiedene Betrachtungsweisen bei Transformationen

Bei Translationen und räumlichen Drehungen unterscheidet man zwei Betrachtungsweisen oder Standpunkte, [5, S. 270], [34, S. 23]. 468

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_64

469

64.2 Translation von Systemen

• Beim aktiven Standpunkt bleiben die Koordinatenachsen fest, während das physikalische System verschoben oder gedreht wird. • Beim passiven Standpunkt erfolgen Translation oder Rotation des Koordinatensystems, während das physikalische System unverändert bleibt. Man nennt sie daher auch Koordinatentransformationen. Betrachtet werden nur kartesische Koordinatensysteme px, y, zq, deren Einheitsvektoren in dieser Reihenfolge orthogonale Rechtssysteme bilden und deren dyadische Skalarprodukte die Einheitsmatrix E ergeben, [35, I, S. 108]. ¨

˛ ex e “ ˝ ey ‚ ez

64.2

mit

| eξ | “ 1

und

e ¨ eT “ E

Translation von Systemen

Im festen Koordinatensystem, also in aktiver Weise, wird eine Punktladung ˆ verschoben, wooder ein quantenmechanisches Teilchen Q in die Position Q bei für die Ortvektoren rQˆ “ rQ ` a gilt. Dabei erzeugt das Teilchen in Q ˆ die Wellenfunktion ψ bzw. ψˆ im Raum. bzw. in Q

z

Q a

Q

r −a

rQ

a

P'

P

P'' rP ρ Abb. 64.1: Translation im festen Koordinatensystem

470

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Gemäß Abbildung 64.1 gelten folgende Beziehungen für die Wellenfunktionen ˆ in P 1 . von Teilchen Q in P bzw. Q ˆ P ` aq ψprP q “ ψpr ˆ P q “ ψprP ´ aq ψpr Bei einer differentiellen Translation da in beliebiger Richtung erhält man in erster Näherung folgende Darstellung, wobei E der Einheitsoperator ist. ˆ P q “ ψprP ´ daq “ ψprP q ´ dψ ψpr “ ψprP q ´ da ¨ grad ψprP q ` ˘ “ E ´ da ¨ ∇ ψprP q Führt man den Impulsoperator (59.7) ein, dann folgt ¯ ´ ˆ P q “ E ´ j da ¨ p ψprP q “ UT pdaq ψprP q ψpr  Die Verknüpfung der beiden Wellenfunktionen ψ und ψˆ wird durch einen Translationsoperator UT vermittelt, der nach (43.25) unitär ist.

UT pdaq “ E ´

j da ¨ p 

(64.1)

Der Operator UT vermittelt eine infinitesimale unitäre Transformation mit dem hermiteschen Impulsoperator p als Erzeuger der Translation. ˆ hervorgerufenen Systemzustände werden Die von den Teilchen Q und Q durch die zugehörigen hermiteschen Hamilton-Operatoren H und Hˆ der Schrödinger-Gleichungen (41.3) bzw. (41.7) bestimmt. Da die physikalischen Eigenschaften von Systemen aber nicht durch eine Translation des Koordinatensystems geändert werden, müssen die Operatoren H und Hˆ identisch sein, so dass nach (43.24) gilt Hˆ “ UT H UT: “ H

Ñ

U T H “ H UT

(64.2)

471

64.2 Translation von Systemen

In die verschwindende Differenz setzt man den Operator UT ein, vv ww 0 “ H UT ´ UT H “ H , UT ´ ¯ ´ ¯ j j “ H E ´ p ¨ da ´ E ´ da ¨ p H   j j “ H ´ H p ¨ da ´ H ` da ¨ pH   vv ww j “ da ¨ p, H  woraus sich ergibt, dass die Operatoren p und H kommutieren. H UT ´ UT H “

vv

H , UT

ww

“0

Ñ

vv

p, H

ww

“0

(64.3)

Die Vertauschbarkeit von Impuls p und Hamilton-Operator H bedeutet nach (61.2) und (61.3), dass der Erwartungswert des Impulses zeitlich konstant ist. • Die Invarianz des Hamilton-Operators bei Translation hat zur Folge, dass der Impuls eine Erhaltungsgröße ist und eine Konstante der Bewegung darstellt. Eine endliche Translation a kann durch n aufeinander folgende differentielle Translationen a “ n da erreicht werden, bei denen man den Grenzübergang n Ñ 8 ausführt. Für den Translationsoperator folgt damit die Exponentialdarstellung, die nach (43.22) der Grenzwertdefinition der Exponentialfunktion entspricht. ¯n ´ ´ ¯ ´ j j a ¨ p ¯n “ exp ´ a ¨ p UT paq “ lim UT pdaq “ lim E ´ nÑ8 nÑ8  n  (64.4) Ist die Wellenfunktion ψ eine Eigenfunktion ψ des Operators p zum Eigenwert p, p ψ prP q “ p ψ prP q dann erzeugt die Anwendung des Translationsoperators nur einen Phasenfaktor, ψˆ prP q “ UT paq ψ prP q “ ψ prP q e´j a¨p { 

472

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

so dass durch Translation keine Zustandsänderung des quantenmechanischen Systems auftritt. Mit Hilfe des Translationsoperators UT (64.1) kann man die Paritätseigenschaft des Impulses bestimmen. Der Punkt P der Abbildung 64.2 kann auf ˆ transformiert werden, [29, S. 257]. zwei Arten in den Punkt Q A) Translation Ñ B) Inversion

Inversion:

Ñ Translation:

y

ˆ P Ñ Q Ñ Q ˆ P Ñ Pˆ Ñ Q

Q (x+dx, y+dy) dr P (x, y) x

P (−x, −y) − dr

Q (− x − dx, − y − dy)

Abb. 64.2: Zur Ableitung der Parität des Impulses Da das Ergebnis in beiden Fällen übereinstimmt, muss mit Translationsund Paritätsoperator P nach (43.44) deshalb gelten ¯ ´ ¯ ´ j j UT pdrqP “ PUT p´ drq “ E ´ dr ¨ p P “ P E ` dr ¨ p   Für beliebige Verschiebungen dr folgt daraus die negative Parität des Impulses wie in (43.49). vv ww P p “ ´ pP Ñ P, p ` “ 0

473

64.3 Zeitverschiebung von Systemen

64.3

Zeitverschiebung von Systemen

Die Zeitverschiebung kann als zeitliche Translation betrachtet werden. Die Lösung der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung (41.3) ist als Differentialgleichung erster Ordnung B j Ψpr, tq “ H pr, p, tq Ψpr, tq Bt bei Vorgabe einer Anfangsbedingung für t “ t0 für alle Zeiten t eindeutig bestimmt, die man mit einem Operator UZ der Zeitverschiebung ausdrücken kann. Ψpr, tq “ UZ pt, t0 q Ψpr, t0 q

mit

UZ pt0 , t0 q “ E

Setzt man die Wellenfunktion Ψpr, tq in die Schrödinger-Gleichung ein, dann muss UZ folgende Operatorgleichung erfüllen, die auf Ψ wirkt. j

B UZ pt, t0 q “ H UZ pt, t0 q Bt

Aus der invarianten Normierung 1 “ } Ψptq }2 “ xΨptq, Ψptqy “ xΨpt0 q, Ψpt0 qy folgt mit (43.3) @ D xΨptq, Ψptqy “ UZ pt, t0 qΨpt0 q, UZ pt, t0 qΨpt0 q D @ UZ: pt, t0 qUZ pt, t0 q Ψpt0 q “ Ψpt0 q, loooooooooomoooooooooon

(64.5)

“E

dass der Zeitverschiebungsoperator

UZ:

“ UZ´1 unitär ist.

Eine differentielle zeitliche Änderung ergibt mit der Schrödinger-Gleichung ˇ ‰ “ B ˇ dt “ H looooomooooon UZ pt0 , t0 q dt j UZ pt0 ` dt, t0 q ´ UZ pt0 , t0 q “ j UZ pt, t0 qˇ Bt t“t0 “E

Das bedeutet, dass der Operator UZ gemäß (43.25) eine infinitesimale unitäre Transformation mit dem hermiteschen Hamilton-Operator H als Erzeuger der Zeitverschiebung vermittelt. UZ pt0 ` dt, t0 q “ E ´

j dt H 

474

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Aus (43.24) folgt wie bei (64.2) für den Kommutator H UZ ´ UZ H “

vv

H , UZ

ww



ww j vv dt H , H “ 0 

(64.6)

• Da der Hamilton-Operator mit sich selbst kommutiert, wird bei seiner Zeitunabhängigkeit wie in (61.11) die Gesamtenergie des Systems eine Erhaltungsgröße, [5, S. 249]. Eine endliche Zeitverschiebung führt wie bei der Translation (64.4) zur Exponentialdarstellung. ´ j ¯ UZ pt, t0 q “ exp ´ H pt ´ t0 q 

64.4 64.4.1

Rotation von Systemen Vektorkomponenten beim passiven Standpunkt

Die Drehung des Koordinatensystems S mit den Einheitsvektoren e in das ˆ wird durch eine Gram’sche MaSystem Sˆ mit den Einheitsvektoren e trix beschrieben, die für kartesische Systeme mit A bezeichnet wird. Dabei bleibt ein beliebiger Vektor a als physikalische Größe unverändert. Für die Einheitsvektoren gilt, [35, I, S. 109, 126], ˛¨ ˛ ¨ ˛ ¨ ex ˆ ex ˆ e x ¨ ex ˆ e x ¨ ey ˆ ex ¨ ez ` ˘ ˘ ` ‹˚ ‹ ˚ ‹ ˚ T ey ‚ “ G ˆ ey ¨ e x ˆ ey ¨ e y ˆ ey ¨ ez ‚˝ey ‚ e, e e “ ˆ e¨e e“˝ˆ ˆ e “ ˝ˆ ˆ ez ˆ ez ¨ e x ˆ ez ¨ e y ˆ ez ¨ e z ez ˛¨ ˛ ¨ ex a11 a12 a31 ‹˚ ‹ ˚ “ ˝a21 a22 a23 ‚˝ey ‚ “ A e a31 a32 a33 ez Die Elemente der Matrix A als Skalarprodukte aus alten und neuen Einheitsvektoren stellen die Richtungscosinus zwischen den alten und neuen Achsen dar. Für i ‰ k gilt ei , ek q “ cos pˆ ei | | ek | cos pˆ ei , ek q “ aik ‰ aki “ ˆ e k ¨ ei ˆ ei ¨ ek “ | ˆ

475

64.4 Rotation von Systemen

Aus Orthogonalität und Rechtshändigkeit der Koordinatensysteme erhält man wegen E“ˆ e¨ˆ eT “ A e ¨ eT A T “ A A T die Eigenschaften der orthogonalen Transformationsmatrix A, deren Determinante positiv sein muss, damit bei der identischen Transformation kein Vorzeichenwechsel auftritt. AT “ A´1

A AT “ A T A “ E

det A “ ` 1

(64.7)

Jeder physikalische Vektor a ist forminvariant und kann gemäß Abbileq in Matrixdung 64.3 in der ursprünglichen peq und der gedrehten Basis pˆ schreibweise als Skalarprodukt aus skalarem Zeilenvektor und vektoriellem Spaltenvektor dargestellt werden, [35, I, S. 155]. aT ˆ e“ˆ aT A e a “ aT e “ ˆ

(64.8)

y

y ay ay

S, e

=

S, e

a

x

= χ

ax

ϕ ax

x

Abb. 64.3: Fester Vektor in gedrehten Koordinatensystemen Für die neuen Komponenten des Vektors folgt mit (64.7) ˆ a T A “ aT

Ñ

ˆ a “ pAT q´1 a “ A a

476

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Wählt man anstelle des beliebigen Vektors a speziell den Ortsvektor r, dessen Komponenten die Koordinaten x sind, mit den Zerlegungen, ˆT ˆ e“x ˆT A e r “ xT e “ x dann gelten insgesamt folgende Umrechnungsformeln. ˆ e “ Ae

ˆ a “ Aa

x ˆ “ Ax

(64.9)

In kartesischen Systemen werden Basisvektoren, Vektorkomponenten und Koordinaten in gleicher Weise, also kogredient, transformiert!

64.4.2

Vektorkomponenten beim aktiven Standpunkt

Im festen Koordinatensystem S der Abbildung 64.4 mit den Einheitsvektoren e wird der Vektor a durch eine räumliche Drehung in den Vektor a ˆ abgebildet. Dabei soll a ˆ gemäß Winkel χ die gleiche relative Lage zum Koordinatensystem S haben wie der Vektor a bezüglich des Systems Sˆ in Abbildung 64.3. y ay ay

a S

e =

ϕ

a

χ ax

x ax

Abb. 64.4: Drehung eines Vektors im festen Koordinatensystem

477

64.4 Rotation von Systemen

Diese Rotations-Transformation wird durch einen Tensor 2. Stufe TR als Operator vermittelt, den man im Skalarprodukt auf den Vektor a anwendet, [35, I, S. 189]. Die Umrechnung von Vektorkomponenten erfolgt durch Multiplikation mit der Tensormatrix TR . a “ aT e “ e T a a ˆ “ TR ¨ a “ eT TR e ¨ eT a “ eT TR a “ ˆ aT e “ eT ˆ a Ñ

ˆ a “ TR a

Aus dem invarianten Betrag des Vektors folgt a ¨ a “ aT e ¨ eT a “ aT a a ˆ¨a ˆ“ˆ a T e ¨ eT ˆ a “ a T TT R TR a Der Vergleich liefert die Orthogonalität der Tensormatrix TR wie in (64.7). T TR TT R “ T R TR “ E

Ñ

´1 TT R “ TR

Da in beiden Abbildungen 64.3 und 64.4 bei gleichem Ausgangsvektor a und a jeweils übereinstimmen, gleichem Drehwinkel ϕ die Komponenten a und ˆ muss für die Tensormatrix bei dieser Rotation gelten TR ” A

64.4.3

Transformation der ebenen Drehung

Findet die Rotation wie in den beiden vorherigen Abbildungen als ebene Drehung um die z-Achse statt, dann lautet die Transformationsmatrix der ebenen Drehung, [35, I, S. 126], ˛ cos ϕ sin ϕ 0 ‹ ˚ A “ Apϕq “ ˝´ sin ϕ cos ϕ 0 ‚ 0 0 1 ¨

(64.10)

Bei Drehung in die entgegengesetzte Richtung ist der Winkel ϕ negativ, so dass sich die Vorzeichen bei den Sinusfunktionen umkehren und die transponierte Matrix entsteht. Ap´ ϕq “ AT pϕq “ A´1 pϕq

478

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Wird der Vektor a “ ax ex ` ay ey um die z-Achse um den Winkel α in positiver Richtung gedreht, dann hat der Ergebnisvektor a ˆ folgende Komponenten. a ˆ “ T p´ αq ¨ a ˆ a “ Ap´ αq a “ AT pαq a ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ a ˆx cos α ´ sin α ax ax cos α ´ ay sin α “ “ ax sin α ` ay cos α sin α cos α a ˆy ay

64.4.4

(64.11)

Eigenschaften der Rotation

Da bei Rotationen die Transformation von Vektorkomponenten durch Matrizen beschrieben werden, entspricht die Hintereinanderausführung von Rotationen den Eigenschaften der Matrixmultiplikation, die normalerweise nichtkommutativ ist. Zwei Rotationen um die gleiche Achse sind jedoch vertauschbar, denn mit der Matrix A z der ebenen Drehung (64.10) um die z-Achse gilt ˛ ¨ cospϕ ` ψq sinpϕ ` ψq 0 ‹ ˚ A z pϕq A z pψq “ A z pψq A z pϕq “ ˝ ´ sinpϕ ` ψq cospϕ ` ψq 0 ‚ 0 0 1 Dagegen ist die Rotation um die x-Achse mit der Matrix ˛ ¨ 1 0 0 ‹ ˚ cos ϕ sin ϕ ‚ A x pϕq “ ˝ 0 0 ´ sin ϕ cos ϕ nicht vertauschbar mit der Rotation um die z-Achse mit der Matrix A z nach (64.10), wie auch bei Kombinationen um andere Achsen. ˛ ¨ cos ϕ sin ϕ 0 ‹ ˚ cos2 ϕ sin ϕ ‚ A x pϕq A z pϕq “ ˝ ´ sin ϕ cos ϕ sin2 ϕ ´ sin ϕ cos ϕ cos ϕ ˛ ¨ cos ϕ sin ϕ cos ϕ sin2 ϕ ‹ ˚ cos2 ϕ sin ϕ cos ϕ ‚ A z pϕq A x pϕq “ ˝ ´ sin ϕ 0 ´ sin ϕ cos ϕ

479

64.4 Rotation von Systemen

Im speziellen Fall eines differentiellen Drehwinkels ϕ “ ε Näherung bei Vernachlässigung der Potenzen von ε, ¨ 1 ε ˚ A x pεq A z pεq “ A z pεq A x pεq « ˝ ´ε 1 0 ´ε

! 1, gilt in erster ˛ 0 ‹ ε ‚ 1

so dass infinitesimale Rotationen vertauschbar sind, [29, S. 150].

64.4.5

Wellenfunktion und Rotationsoperator

Da der Raum isotrop, also in jeder Richtung gleichartig ist, müssen auch die physikalischen Eigenschaften eines Systems vor und nach einer Rotation identisch sein. ˆ Gemäß Abbildung 64.5 gelten folgende Beziehungen für die von Q bzw. Q erzeugten Wellenfunktionen bei Rotation des Systems, wobei UR den Rotationsoperator bedeutet. ˆ rP q “ ψprP q ψpˆ ˆ P q “ ψpr 1 q “ UR ψprP q ψpr

(64.12)

In äquivalenter Weise wie bei (64.5) zeigt man, dass UR unitär ist. y

P

Q

rP

Q

P

rP α

O

Δr

α α

r'

P' x

Abb. 64.5: Rotation im festen Koordinatensystem

480

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Der Operator A einer dynamischen Variablen A erfährt nach (43.24) eine Rotation durch die unitäre Transformation, Aˆ “ UR A UR: und da der Hamilton-Operator H bei Drehungen invariant ist, gilt wie bei Translationen in Gleichung (64.3), Hˆ “ UR pαqH UR: pαq “ H

Ñ

U R H “ H UR

so dass der Kommutator verschwindet. UR , H

vv

ww

“0

(64.13)

Um den Operator UR der unitären Transformation zu bestimmen, geht man aus vom Rotationswinkel α, der in Abbildung 64.5 mehrfach auftritt, was ebenso für einen infinitesimalen Winkel dα gilt. ˆ “ > POP ˆ “ > P’OP α “ > QOQ ˆ um die z-Achse um den differentiellen Winkel dα Bei Rotation von Q zu Q gilt mit der Matrix A der ebenen Drehung nach (64.11) für Ortsvektoren und ihre Komponenten r 1 “ TR pdαq ¨ rP “ rP ` dr x1 “ Apdαq xP ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ x1 cos dα sin dα xP 1 dα xP xP ` yP dα “ « “ yP ´ xP dα ´ sin dα cos dα yP ´ dα 1 y1 yP Für die Wellenfunktionen (64.12) bedeutet das bei Drehung um die z-Achse ˆ P q “ UR pdαq ψprP q “ ψpr 1 q “ ψprP ` drq “ ψprP q ` dψ ψpr “ ψpx1 , y 1 , zP q “ ψpxP ` dx, yP ` dy, zP q “ ψpxP ` yP dα, yP ´ xP dα, zP q “ ψprP q `

Bψ Bψ yP dα ´ xP dα BxP ByP

481

64.4 Rotation von Systemen

Damit erhält man mit (53.2) den Rotationsoperator. ” ´ B B ¯ ı ´ xp dα ψprP q UR pdαq ψprP q “ E ` yp BxP ByP ı ” j “ E ´ dα Lz ψprP q  Als Erzeuger der unitären Transformation bestätigt sich nach (43.26), dass die Drehimpulskomponente Lz hermitesch ist. Die Verallgemeinerung bei Drehung um eine Achse, die in Richtung des Einheitsvektors n weist, und der Darstellung des Drehimpulsoperators (62.1), wobei der Ortsvektor zum allgemeinen Aufpunkt P mit r oder als Operator mit r bezeichnet wird, Lz “ ez ¨ L

Ñ

Ln “ n ¨ L “ ´j n ¨ pr ˆ ∇q

ergibt den Rotationsoperator, UR pdαq “ E ´

j dα n ¨ L “ E ´ dα n ¨ pr ˆ ∇q 

(64.14)

der gemäß (43.26) eine infinitesimale unitäre Transformation mit dem hermiteschen Drehimpulsoperator L als Erzeuger der Rotation vermittelt. Da der Hamilton-Operator H eines Systems bei Rotation keine Änderung erfährt und daher invariant ist, zeigt man wie bei (64.2), dass aus (64.13) die Vertauschbarkeit der Operatoren L und H folgt, so dass der Erwartungswert des Drehimpulses nach (61.3) zeitlich konstant ist, [5, S. 275]. H UR ´ UR H “

vv

H , UR

ww



vv ww j dα n ¨ L, H “ 0 

(64.15)

• Die Invarianz des Hamilton-Operators bei Rotation hat zur Folge, dass der Drehimpuls eine Erhaltungsgröße ist und eine Konstante der Bewegung darstellt.

482

64 Symmetrien und Erhaltungsgrößen

Wie bei (64.4) erreicht man eine endliche Rotation um den Winkel α durch n aufeinander folgende differentielle Rotationen α “ n dα, bei denen man im Grenzübergang n Ñ 8 die Exponentialdarstellung des Rotationsoperators erhält. UR pαq “ lim

nÑ8

64.5

´

¯n

UR pdαq

“ lim

nÑ8

´

E ´

¯ ´ j j n ¨ L ¯n α “ exp ´ α n ¨ L  n  (64.16)

Noether-Theorem

Die quantenmechanischen Untersuchungsergebnisse der betrachteten kontinuierlichen Transformationen (Translation, Zeitverschiebung, Rotation) sind auf algebraische und gruppentheoretische Weise von Emmy Noether abgeleitet und bereits 1918 veröffentlicht worden, was seither als NoetherTheorem bezeichnet wird, [36]. Die Aussagen des Theorems wurden bereits im Abschnitt 15.2 aus Sicht und mit den Methoden der Hamilton’schen Mechanik bewiesen und hier auf eine alternative Weise abgeleitet. Das Noether-Theorem besagt, dass jede kontinuierliche Symmetrie eines abgeschlossenen physikalischen Systems eine Erhaltungsgröße zur Folge hat. Unter kontinuierlichen Symmetrien, bei denen kein Symmetriezentrum existiert, versteht man Transformationen wie Rotationen oder räumliche bzw. zeitliche Translationen eines abgeschlossenen Systems, die dessen physikalisches Verhalten nicht ändern, so dass Invarianz besteht, [32, S. 97, 105 126], [33, S. 59, 730]. Die aus den Invarianzprinzipien folgenden Erhaltungssätze stellen grundlegende Gesetze der Physik dar, die über den Rahmen von speziellen Theorien wie Mechanik, Elektrodynamik etc. hinaus universell gelten, und die damit die Erhaltungsgrößen Energie, Impuls und Drehimpuls zu fundamentalen physikalischen Größen machen.

64.5 Noether-Theorem

483

Die folgenden Fälle stellen kontinuierliche Symmetrien dar. • Homogenität der Zeit Die Bewegungsgleichungen sind invariant bei beliebiger Verschiebung des Zeitnullpunktes, woraus sich die Energie als Erhaltungsgröße ergibt • Homogenität des Raumes Die Bewegungsgleichungen sind invariant bei beliebiger räumlicher Verschiebung des Systems, woraus sich der Gesamtimpuls als Erhaltungsgröße ergibt • Isotropie des Raumes Die Bewegungsgleichungen sind invariant bei beliebiger räumlicher Drehung des Systems, woraus sich der Gesamtdrehimpuls als Erhaltungsgröße ergibt • Relativitätsprinzip Die Bewegungsgleichungen sind invariant unter einer Galilei-Transformation, also beim Wechsel zwischen Inertialsystemen, die sich mit konstanten Geschwindigkeiten gegeneinander bewegen. Der eindimensionale Wert der Zeit bestimmt die skalare Eigenschaft der Energie und ihres Erhaltungssatzes. Die drei Dimensionen des Raumes bestimmen die vektorielle Eigenschaft von Impuls und Drehimpuls und ihrer Erhaltungssätze. Unter das Noether-Theorem fallen keine Inversionen oder Spiegelungen, die diskrete Symmetrietransformationen mit einem Symmetriezentrum darstellen wie Raumspiegelung, Zeitumkehr und Ladungskonjugation, bei der die kennzeichnenden Größen px, y, z; t; qq ihre Vorzeichen umkehren, [17, S. 176]. Je nachdem, ob sich eine physikalische Größe in einem System bei Inversion ändert oder nicht, besitzt sie negative oder positive Parität. So haben polare Vektoren wie Ortsvektor r und Impuls p negative Parität, da sie bei Inversion ihre Aktionsrichtung umkehren. Dagegen weisen axiale Vektoren wie der Drehimpuls L “ r ˆ p wegen der doppelten Vorzeichenumkehr positive Parität auf, [32, S. 120]. Der Paritätsoperator P wurde bereits im Abschnitt 43.10 behandelt und seine Eigenschaften und entsprechende Aussagen erörtert.

Kapitel 65

Elektronenspin Die bisherige Betrachtung des Elektrons ging aus von der Charakterisierung als punktförmiges Elementarteilchen mit Masse me und Ladung ´e, die in den quantenmechanischen Bewegungsgleichungen auftraten. Mit diesen spezifischen Eigenschaften konnte man viele experimentelle Ergebnisse wie das Termschema des Wasserstoffatoms erklären. Allerdings kannte man seit langem eine Reihe von Experimenten wie die Aufspaltung von Spektrallinien im Magnetfeld im Zeeman-Effekt, bei dem sich das Elektron nicht mit dem klassischen Bahndrehimpuls L, dessen Eigenfunktionen als Kugelflächenfunktionen von den Ortsvariablen r, ϑ, ϕ abhängen, und den drei Quantenzahlen n, , m allein beschreiben ließ. Die experimentelle Erfahrung legte es nahe, dem Elektron noch eine weitere Drehimpulseigenschaft, den Spin S, zuzuschreiben, den man zwar anschaulich in klassischer Weise mit dem Eigendrehimpuls makroskopischer Körper bei Rotation um ihren Schwerpunkt verbindet, obwohl ein punktförmiges Teilchen keine solche Drehbewegung ausführen kann, so dass es kein klassisches Analogon gibt. Der Spin des Elektrons ist eine ebensolche intrinsische Eigenschaft wie Masse und Ladung. Deshalb kann man den Spin und seine Komponenten nicht durch Funktionen der Ortsvariablen r, ϑ, ϕ beschreiben, so dass die Eigenzustände des Spins durch Ket-Vektoren oder Matrizen dargestellt werden müssen.

484

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_65

485

65.1 Detaillierte Darstellung des Stern-Gerlach-Versuchs

65.1

Detaillierte Darstellung des Stern-Gerlach-Versuchs

Der Stern-Gerlach-Versuch von 1922 (s. S. 139), der in [3, S. 220], [4, S. 8], [5, S. 35], [19, S. 310], [23, S. 20, 304], [27, S. 182], behandelt wird, sollte zum Nachweis der Quantisierung des Drehimpulses dienen. Dabei wurden gemäß Abbildung 65.1 Silberatome als enger, y-gerichteter Parallelstrahl in die Symmetrieebene eines inhomogenen Magnetfeldes Bpx, yq eingeschossen und deren Ablenkung von der geraden Flugbahn als abgeschiedene Silberschicht auf einer Glasplatte hinter dem Magneten aufgezeichnet und gemessen. Das Experiment musste im Vakuum stattfinden, damit die Wahrscheinlichkeit der Kollision der Silberatome mit Gasteilchen möglichst gering war.

z N P(-x, z)

B

P(x, z)

Bz

Bz

B

B Bx

S

ey

S

x

Bx

Abb. 65.1: Magnetfeld beim Stern-Gerlach-Versuch Beim Silberatom nach (31.6) besitzt das in der äußersten O-Schale allein vorhandene s-Elektron einen Bahndrehimpuls Le , der nach (31.2) ein entgegengesetzt gerichtetes magnetisches Dipolmoment m erzeugt. m“´

μB e Le Le “ ´ 2me 

(65.1)

Das statische Magnetfeld B übt auf das Dipolmoment ein Drehmoment M aus, das den Dipol zur Feldrichtung parallel zu stellen versucht und das

486

65 Elektronenspin

nach dem Drallsatz, [35, II, S. 85], der zeitlichen Änderung des Drehimpulses entspricht. M “mˆB “

dLe dt

Aus beiden Gleichungen folgt der Vektor der zeitlichen Änderung des Dipolmomentes, der auf den Vektoren m und B senkrecht steht. dm e dLe e L ˆ m Bˆm“ω “´ “ dt 2me dt 2me Dadurch führt das Dipolmoment des Elektrons wie bei einem Kreisel eine L kegelförmige Präzession um den Vektor B mit dem Rotationsvektor ω aus, dessen Betrag Larmor-Frequenz heißt, [35, II, S. 320]. dm L ˆ m “ω dt

 L | “ ωL “ |ω

eB 2me

(65.2)

Im inhomogenen Magnetfeld des Stern-Gerlach-Versuchs sind Präzession und Larmor-Frequenz ortsabhängig.

z m B (-x, z)

ωL

m B (0, z)

m α B (x, z)

ωL ey

Abb. 65.2: Präzession der Dipolmomente im Magnetfeld

ωL x

65.1 Detaillierte Darstellung des Stern-Gerlach-Versuchs

487

Die Richtungen der Dipolmomente sind statistisch verteilt, so dass der Winkel α zwischen B und m, der den Öffnungswinkel des Präzessionskegels bestimmt, jeden Wert von 0 bis π aufweisen kann. Wenn der Vektor m des Dipolmomentes den Präzessionskegel durchläuft, dann schwanken seine Komponenten zwischen ihren Maximal- und Minimalwerten sinusförmig um ihre mit einem Querstrich gekennzeichneten Mittelwerte, wie das in Abbildung 65.3 für die x-Komponente dargestellt ist. Dabei gilt für die drei Größen, wobei im vorliegenden Magnetfeld für den Meridionalwinkel ϑ ą π{2 gilt, mx “ c “ b sinpπ ´ ϑq “ m cos α sinpπ ´ ϑq “ m cos α sin ϑ mxmax “ ` m sinpα ` π ´ ϑq “ m sinpϑ ´ αq mxmin “ ´ m sinpα ´ π ` ϑq “ m sinpϑ ` αq und entsprechend für die negativ gerichtete mz -Komponente. mz “ ´ b cospπ ´ ϑq “ m cos α cos ϑ mzmin “ mz ´ d sinpπ ´ ϑq “ m cos α cos ϑ ´ m sin α sin ϑ “ m cospϑ ` αq mzmax “ mz ` d sinpπ ´ ϑq “ m cos α cos ϑ ` m sin α sin ϑ “ m cospϑ ´ αq In der Nähe der Symmetrieebene x “ 0 gilt ϑ “ π ´ ε, so dass man für die Mittelwerte erhält mx “ m cos α sinpπ ´ εq « ` ε m cos α mz “ m cos α cospπ ´ εq « ´ m cos α

(65.3)

Da das Magnetfeld durch die Form der Polschuhe in der px, zq-Ebene stark inhomogen ist, wirkt auf die Dipolmomente eine Kraft F “ grad pm ¨ Bq, die in einem homogenen Feld nicht aufträte. Das Magnetfeld ist in y-Richtung homogen, so dass es sich um ein ebenes Problem mit B{By “ 0 handelt mit einer Induktion B “ Bx px, zq ex ` Bz px, zq ez Da der Raum nichtleitend und das Magnetfeld zeitunabhängig ist, führen die Maxwell’schen Gleichungen zu folgenden Beziehungen der Komponenten von B. BBz BBx “´ div B “ 0 Ñ Bx Bz (65.4) BBx BBz rot B “ 0 Ñ “ Bz Bx

488

65 Elektronenspin

z ϑ

P (x 0 , z 0 )

z0

Präzessionskegel

α

π−ϑ

m

α

b π−ϑ

c

m z min

d mz m z max

B ~ ωL ey

x x0 m x (t)

m x min t

mx

m x max

Abb. 65.3: Präzessionskegel des Dipolmomentes mit Variation seiner x-Komponente Für die örtlich konstanten Vektoren der Dipolmomente m lautet die Kaft ˘ ` ˘ ` F “ grad m ¨ B “ grad mx Bx ` mz Bz ” ” BBz ı BBx BBz ı BBx “ mx ` mz ex ` mx ` mz ez Bx Bx Bz Bz

65.1 Detaillierte Darstellung des Stern-Gerlach-Versuchs

489

Bezüglich der Symmetrieebene x “ 0 weist das Magnetfeld folgende Eigenschaften auf. ´ Bx p´x, zq “ Bx p`x, zq ą 0

Ñ

Bz p´x, zq “ Bz p`x, zq ă 0

Ñ

BBx ˇˇ ˇ “ Bx ´x0 BBz ˇˇ ´ ˇ “ Bx ´x0

BBx ˇˇ ą 0 ˇ Bx `x0 BBz ˇˇ ą 0 ˇ Bx `x0

Da die z-Komponente negativ gerichtet ist aber betragsmäßig mit z zunimmt, gilt ´ | Bz px « 0, z “ 0q | ą ´ | Bz px « 0, zq |

Ñ

BBz ă 0 Bz

Für den engen Strahl von Atomen in der Umgebung der Symmetrieebene gilt für ϑ “ π ´ ε näherungsweise, ˇ BBz ˇˇ «0 Bx ˇx « 0

(65.4)

´ÝÑ

ˇ BBx ˇˇ «0 Bz ˇx « 0

so dass man mit (65.3) und (65.4) im zeitlichen Mittel für die Kraft auf die Dipolmomente erhält

F « mx

BBx BBz ex ` mz ez Bx Bz

Ñ

$ BBz ’ ’ & F x p˘ x0 , zq “ ˘ ε m cos α Bz ’ ’ % F z p˘ x0 , zq “ ´ m cos α BBz Bz

Wegen der statistischen Verteilung der Winkel treten alle Werte α zwischen 0 und π tatsächlich auf, so dass die Bahnen der rechts und links von der Symmetrieachse fliegenden Atome in Abhängigkeit von ε und der Länge der Flugbahn durch Fx in x-Richtung trompetenförmig aufgeweitet werden. Das gleiche Verhalten würde man klassisch auch in z-Richtung erwarten. Tatsächlich beobachtet man dagegen nur zwei voneinander getrennte Abscheidungsstreifen von Silberatomen auf der auffangenden Glasplatte. Die ursprünglich von Stern und Gerlach gegebene Interpretation dieses Ergebnisses als Quantisierung des Bahndrehimpulses der Elektronen konnte allerdings nicht aufrechterhalten werden.

490

65.2

65 Elektronenspin

Spin und Spinoperator als Folgerungen aus dem Versuch

In der zu (65.1) gehörigen vektoriellen Operatorgleichung für das Elektron, die Drehimpuls Le und magnetisches Dipolmoment m verknüpft, m“´

μB e Le Le “ ´ 2me 

(65.5)

hat der Operator m2 nach (53.15) folgende Eigenwerte μ m2 ψ “

´ e ¯2 ´ e ¯2 L2e ψ “ 2 p ` 1q ψ “ μ2 ψ 2me 2me

und daher μ “ 0 für  “ 0. Dieses Ergebnis gilt beim Wasserstoffatom nach (55.6) für den Grundzustand n “ 1 und ebenso für andere Atome mit nur einem Elektron in der äußersten Elektronenschale wie Natrium (Na), Kalium (K), Caesium (Cs) oder auch Silber(Ag). Für die z-Kompoente des Operators m gelten nach (62.12) folgende Eigenwerte mz ψ “ ´

e e Lz ψ “ ´ m ψ “ ´ m μB ψ 2me 2me

mit dem Bohr’schem Magneton μB gemäß (55.27), dessen Wert man aus der Größe der Ablenkung bestimmen konnte. Aus der Bedingung m “ ´ , ... , 0 , ... , `  könnten für  “ 0 keine und bei  ą 0 nur ungeradzahlige Aufspaltungen in z-Richtung auftreten, was im Experiment wegen der Zweizahligkeit der Silberabscheidung aber nicht beobachtet wird, so dass das Dipolmoment m nicht durch den Bahndrehimpuls Le erzeugt werden kann! Das Ergebnis des Experiments wurde 1925 durch Samuel Goudsmit und George Uhlenbeck, die damals noch Studenten von Paul Ehrenfest in Leiden waren, in einer gewagten, aber von ihrem Mentor geförderten Hypothese dahingehend gedeutet, dass sie den Bahndrehimpuls des umlaufenden Elektrons in semiklassischer Vorstellung wie bei einem rotierenden Kreisel durch einen separaten vektoriellen Eigendrehimpuls um die eigene Achse ergänzten, der als Elektronenspin S bezeichnet wird, [19, S. 312]. Diese mechanische Modellvorstellung wurde recht bald überwunden und der Spin

491

65.2 Spin und Spinoperator als Folgerungen aus dem Versuch

und seine Dynamik wurden verstanden als eine besondere Form eines inneren Drehimpulses. Als Träger des mit diesem Drehimpuls verknüpften magnetischen Dipolmomentes ms kommt nur der Spin des Elektrons in Betracht und nicht der mit dem Moment der Nukleonen des Atomkerns verknüpfte Kernspin, der wegen der größeren Nukleonenmasse um den Faktor 1836 pro Proton kleiner ist. Für die zu definierenden Spingrößen, die zur vollständigen Beschreibung der quantenmechanischen Eigenschaften erforderlich sind, werden Darstellungen für die Operatoren verwendet, die ihrem physikalischen Charakter entsprechen. Für den Spin des Elektrons, der einen Drehimpuls darstellt, wird der vektorielle Spinoperator S eingeführt, dessen Eigenschaften denen des Drehimpulsoperators L in (62.1) entsprechen. In bestimmten Situationen wird eine alternative Darstellung verwendet, die den Vektorcharakter und die Matrixform der Komponenten betont. Eine ausführliche Erläuterung der Schreibweise wird dazu im Abschnitt 65.4 gegeben. S “ Sx ex ` Sy ey ` Sz ez

(65.6a)

S “ S ex ` S ey ` S ez x y z

(65.6b)

Wie beim Drehimpuls definiert man auch beim Spin die Operatoren, S˘ “ Sx ˘ jSy

(65.7)

die den Leiteroperatoren (53.12) entsprechen. Der Spinoperator erfüllt die gleichen Vertauschungsregeln (62.4) und (62.6) eines Drehimpulses mit dem Levi-Civita-Symbol ε ik sowie zyklischen Werten i, k,  für die Koordinaten x, y, z. vv

ww Si , Sk “ j ε ik S

vv

ww S2 , Sz “ 0

vv

ww S2 , S˘ “ 0

(65.8)

Nach den Untersuchungen im Abschnitt 62.2 und dem Ergebnis in Gleichung (62.12) hat die Komponente Sz von S die Eigenwerte ms , bei der die Spingröße s ganz- oder halbzahlig sein kann. ms “ ´ s, ... , 0, ... , ` s

(65.9)

492

65 Elektronenspin

Die im Stern-Gerlach-Versuch festgestellte Zweizahligkeit der Strahlaufteilung führte zu der Erkenntnis, dass für die Spinquantenzahl s des Elektrons gilt, s“

1 2

Ñ

ms “ ˘

1  2

(65.10)

was zu der Sprechweise führt, dass das Elektron einen halbzahligen Spin besitzt. Das bedeutet, dass der Elektronenspin oder Eigendrehimpuls des Elektrons in einer beliebig vorgegebenen Richtung, für die man normalerweise die z-Richtung wählt, nur zwei Eigenwerte, nämlich ` {2 und ´ {2, annehmen kann, und dass daher nur zwei Eigenzustände existieren. In der Natur kommen noch weitere Möglichkeiten gemäß (62.12) vor. ‚ Teilchen mit ganzzahligem Spin heißen Bosonen, s“0

Ñ

Higgs-Boson

s“1

Ñ

Photon, W-Boson, Z-Boson, Gluon

‚ Teilchen mit halbzahligem Spin heißen Fermionen, s “ 1{2

Ñ

Leptonen (Elektronen, Neutrinos), Quarks

Bosonen und Fermionen bilden zusammen das Standardmodell der Teilchenphysik, [35, II, S. 487], in dem noch weitere Elementarteilchen mit größeren Spin-Zahlen auftreten. Durch äußere Einflüsse kan man die Quantenzahl  des Bahndrehimpulses verändern, dagegen ist die Spinquantenzahl s als intrinsische Größe eines Teilchens fest, für die daher das Korrespondenzprinzip nicht gilt. Eine konsistente Erklärung für den zunächst heuristisch eingeführten Spin liefert erst die relativistische Dirac-Theorie für Teilchen mit einem Spin s “ 1{2 im Kapitel 69, so dass man den Spin als relativistischen Effekt interpretieren muss, [19, S. 312]. Teilchen mit Spin 1/2 stellen den wichtigsten Fall dar, denn die normale Materie besteht aus Fermionen, die die elementaren Bausteine in der Natur bilden. Ihre wichtigsten Repräsentanten sind die Nukleonen, nämlich die aus jeweils drei Quarks zusammengesetzten Protonen und Neutronen (s. Abschnitt 65.6), sowie die Elektronen.

65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2

493

Bosonen sind Austauschteilchen, die die Wechselwirkung zwischen den Fermionen vermitteln, indem sie von einem Baustein zum anderen wechseln. Photonen erzeugen die elektromagnetische, Z- und W-Bosonen die schwache und Gluonen die starke Wechselwirkung. Pauli formulierte 1925 das Ausschließungsprinzip oder Pauli-Verbot (s. Abschnitt 65.9), das in der Quantenfeldtheorie bewiesen wird. Danach können Teilchen mit halbzahligem Spin am selben Ort, was für Elektronen innerhalb eines Atoms gilt, keine identischen Zustandsfunktionen haben, so dass sie sich in mindestens einer der vier Quantenzahlen n, , m, ms unterscheiden müssen. Das Pauli-Verbot hat daher fundamentale Bedeutung für den Aufbau der Atome im Periodensystem der Elemente und daher für die gesamte Materie, indem es den Kollaps der Atomhülle auf die innerste Schale ausschließt, wo sich sonst alle Elektronen ansammeln würden, [19, S. 405].

65.3

Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2

Die nichtrelativistische Theorie für das Elektron wurde von Wolfgang Pauli entwickelt und 1927 veröffentlicht. Sie wird dargestellt in [5, S. 303, 308], [13, S. 204], [19, S. 311], [26, S. 372]. Die Spinoperatoren erfüllen entsprechende Eigenwertgleichungen wie in (62.12) mit folgenden Eigenwerten, wobei die z-Richtung die gleiche bevorzugte Koordinate wie beim Drehimpuls darstellt. S2

Ñ

2 sps ` 1q

Sz

Ñ

ms

(65.11)

An Stelle der Kugelflächenfunktionen Xm “ Ym pϑ, ϕq als Eigenfunktionen beim Drehimpuls L treten im Fall des Spins beim Elektron zur Kennzeichnung der Eigenzustände zwei Ket-Vektoren | χ˘ y auf, bei denen die Spinquantenzahlen s und ms nur die halbzahligen Werte gemäß (65.10) annehmen können. In der Literatur sind für die beiden Ket-Vektoren verschiedene Darstellungsweisen zu finden, die mitunter als spin-up und spin-down bezeichnet werden oder die man auch in Form von zweizeiligen Spaltenvektoren oder Spinoren χ˘ angibt, um zu einer Matrixdarstellung zu gelangen. Die zweikomponentigen Spinoren werden auch als Pauli-Spinoren bezeichnet.

494

65 Elektronenspin

Folgende Darstellungen werden verwendet und dienen als Basis, wobei die beiden Ket-Vektoren mit Pfeilen die Eigenzustände des Spins in z-Richtung angeben. $ ˆ ˙ ˇ D 1 ’ ’ ˇ ’ | s , `ms y , | 1{2, `1{2 y , | z, ` y , Ò , χ` “ 0 D ^ & | χ˘ “ ˆ ˙ ˇ ’ D ˇ D 0 ’ ’ % | s , ´ms y , | 1{2, ´1{2 y , ˇ z, ´ , ˇ Ó , χ´ “ 1 (65.12) Bei Darstellung eines Ket-Vektors | χy als Matrix oder Spinor χ werden innere Produkte mit dem adjungierten Spinor χ: , also der konjugiert transponierten Matrix gebildet, die mit dem Adjungiert-Zeichen : dargestellt wird. , ^ | χy: “ χ: . ` T ˘ ˚ ` ˚ ˘T : ” χ “ χ mit χ ^ | χy: | χy “ xχ | χy “ χ: χ (65.13) Damit lauten die Gleichungen der Eigenzustände beim Spin für die Werte s “ 1{2 und ms “ ˘1{2 gemäß (65.10) und (65.11) D 3 D S 2 | χ˘ “ 2 | χ˘ 4

ˇ D 3 ˇ D 3 Ñ S2 ˇ Ò “ 2 | Ò y , S2 ˇ Ó “ 2 | Ó y 4 4 (65.14) ˇ D ˇ D D D   1 Sz | χ˘ “ ˘  | χ˘ Ñ Sz ˇ Ò “ ` | Ò y , Sz ˇ Ó “ ´ | Ó y 2 2 2 Da die Ket-Vektoren des hermiteschen Operators Sz Eigenzustände sind, müssen sie normiert und zueinander orthogonal sein, so dass gilt , D χ˘ | χ˘ “ 1 . D @ χ˘ | χ ¯ “ 0 @

ðñ

$ & χ:˘ χ˘ “ 1 % χ: χ “ 0 ˘ ¯

(65.15)

Die Spinoren χ˘ stellen eine Basis in einem 2-dimensionalen Spin-Raum dar, nach der jeder beliebige Spinzustand oder Spinor χ entwickelt werden

65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2

495

kann. ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ 1 0 A χ “ A χ` ` B χ´ “ A `B “ 0 1 B D D | χy “ A | χ` ` B | χ´

(65.16)

In der Ket-Darstellung werden die Koeffizienten auf Grund der Orthogonaleigenschaften wie in (58.8) bestimmt, D D @ D @ D D D | χy “ A | χ` ` B | χ´ “ χ` | χ | χ` ` χ´ | χ | χ´ ˆ ˙ @ D ` ˘ 1 mit χ` | χ “ 1 0 A “A 0 ˆ ˙ D ` ˘ @ 0 “B und χ´ | χ “ 0 1 B 1 wobei die Vollständigkeitsrelation (58.9) gilt. ˇ@ D ˇ2 ˇ @ D ˇ2 | A | 2 ` | B |2 “ ˇ χ ` | χ ˇ ` ˇ χ ´ | χ ˇ “ 1 D Die Wahrscheinlichkeit dafür, ein Teilchen im Zustand | χ` oder spin-up 2 zu finden bzw. bei einer Messung Sz “ ` {2 festzustellen, D ist durch | A | gegeben. Entsprechend ist die Wahrscheinlichkeit für | χ´ , spin-down oder Sz “ ´ {2 dann | B |2 “ 1 ´ | A |2 . Neben dem Spinoperator S nach (65.6a) wird noch der vektorielle PauliOperator σ eingeführt, um sich vom Vorfaktor {2 zu befreien. S“

65.3.1

1 σ 2

ñ

σ “ σ x ex ` σ y ey ` σ z ez

(65.17)

Spin-Matrizen, Eigenwerte und Eigenvektoren

Da der Spin in z-Richtung nur zwei Werte annehmen kann, lassen sich die Spinoperatoren S2 , Sx , Sy , Sz durch 2 ˆ 2 -Matrizen darstellen, die zwei Eigenwerte aufweisen, [3, S. 223].

496

65 Elektronenspin

Aus der für den Spin angepassten Gleichung (53.13) der Leiteroperatoren, die für die zulässigen Werte von s gültig sind,

S` | χy “ S` | s , ms y “ 

a sps ` 1q ´ ms pms ` 1q | s , ms ` 1y a S´ | χy “ S´ | s , ms y “  sps ` 1q ´ ms pms ´ 1q | s , ms ´ 1y (65.18) folgen für s “ 1{2 nach (65.10) und (65.12) die vier Ergebnisse, ? D S` |`1{2, `1{2 y “  0 |`1{2, `3{2 y Ñ S` | χ` “ 0 ? D D S` |`1{2, ´1{2 y “  1 |`1{2, `1{2 y Ñ S` | χ´ “  | χ` ? D D (65.19) S´ |`1{2, `1{2 y “  1 |`1{2, ´1{2 y Ñ S´ | χ` “  | χ´ ? D S´ |`1{2, ´1{2 y “  0 |`1{2, ´3{2 y Ñ S´ | χ´ “ 0 Aus den Beziehungen der Leiteroperatoren in symbolischer Form ˇ D ˇ D S` ˇ Ó “  ˇ Ò ,

ˇ D ˇ D S´ ˇ Ò “  ˇ Ó ,

ˇ D ˇ D S ` ˇ Ò “ S´ ˇ Ó “ 0

(65.20)

gehen auch diejenigen der beiden kartesischen Spinoperatoren hervor. D ˘ D D 1` 1 S` ` S´ | χ˘ “ `  | χ¯ S x | χ˘ “ ` 2 2 D ˘ D D j` j Sy | χ ˘ “ ´ S` ´ S´ | χ˘ “ ˘  | χ¯ 2 2

(65.21)

Um von den Spinoperatoren zu zweireihigen Matrizen zu gelangen, ˆ

a c ˆ e “ g

S2 Ñ

S2 “

S` Ñ

S`

b d

˙

f h

Sz

, ˙ ,

Ñ

S´ Ñ



ˆ

α γ ˆ ε “ η

Sz “

β δ

˙

ξ ζ

˙

497

65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2

muss man deren einzelne Elemente nach der Beziehung (65.14) und (65.19) mit den Ket-Vektoren in der Darstellung als Spaltenvektoren bestimmen. ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ , 3 2 1 / a b 1 a / “ “  ˆ ˙ . c d 0 c 0 / 4 3 2 1 0 2 Ñ S “  ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ 0 1 4 3 2 0 / / a b 0 b / “ “  1 c d 1 d 4 ˆ ˙ , ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ 1 1 / α β 1 α / “ “ ` 2 / ˆ ˙ 0 . γ δ 0 γ 2 1 1 0 Ñ S  “ ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ z 0 ´1 2 1 2 0 / / α β 0 β / “ “´  1 γ δ 1 δ 2 ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ , e f 1 e 0 / / “ “ ˆ ˙ . g h 0 g 0 / 0 1 ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ / Ñ S` “  0 0 e f 0 f 1 / / “ “ g h 1 h 0 ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ , ε ξ 1 ε 0 / / “ “ ˆ ˙ . η ζ 0 η 1 / 0 0 ˆ ˙ / Ñ S´ “  1 0 ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ 0 / η 0 ε ξ / “ “ 0 ζ 1 η ζ Aus den beiden letzten Ergebnissen erhält man nach (65.21) die restlichen Matrizen. ˙ ˙ ˆ ˆ 1 1 0 1 0 ´j , Sy “  Sx “  1 0 j 0 2 2 Da alle drei kartesischen Matrizen den gleichen Vorfaktor enthalten, ergeben sich die hermiteschen Pauli-Matrizen gemäß dem Pauli-Operator σ nach (65.17), die man noch durch die Einheitsmatrix σ 0 “ E ergänzt. σ0 “

ˆ

˙ 1 0 , 0 1

σx “

ˆ

˙

0 1 1 0

,

σy “

0 ´j j 0

ˆ

˙ ,

σz “

ˆ

˙

1 0 0 ´1

(65.22) Als Eigenschaften der hermiteschen Pauli-Matrizen gilt, dass deren Determinanten, Spuren sowie Quadrate, aus denen die Kehrmatrizen hervorgehen,

498

65 Elektronenspin

gleich sind und Produkte nicht kommutieren und dass die Matrizen nach (43.30) unitär sind. det σ k “ ´1 ,

sp σ k “ 0

σ 2k “ σ 0 “ E

Ñ

pk “ x, y, zq

: σ ´1 k “ σk “ σ

σxσy σz “ j σ0

(65.23)

vv ww σ x σ y ´ σ y σ x “ σ x, σ y “ j 2 σ z

px, y, z zyklischq

σxσy “ j σz

Mit dem Antikommutator (43.41) erhält man für k ‰  ‰ 0 vv

σ k, σ 

ww

`

“0

Ñ

σk σ “ ´σσk

Die drei Matrizen σ k haben die gleichen Eigenwerte, die man folgendermaßen bestimmt und die in einer Diagonalmatrix Λ zusammengefasst werden, [35, I, S. 236]. ` ˘ det σ k ´ λ E “ 0

Ñ

λ “ ˘1

Ñ

Λ“

ˆ

˙

1 0 0 ´1

“ σz

Die Eigenvektoren der Matrizen müssen die Gleichung σk x “ λx erfüllen. Da ihre Beträge unbestimmt sind, wird zunächst entweder x1 “ 1 und anschließend wird der Vektor durch Division oder x2 “ 1 angenommen a mit dem Betrag x: x auf Eins normiert. Für die Matrix σ x bedeutet das ˆ

˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ 0 1 1 x2 1 “ “ `1 ¨ 1 0 x2 1 x2 ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ x2 0 1 1 1 “ “ ´1 ¨ 1 0 x2 1 x2

Ñ Ñ

ˆ ˙ 1 x` „ 1 ˆ ˙ 1 x´ „ ´1

499

65.3 Pauli-Theorie für Teilchen mit Spin 1/2

und für die beiden anderen Matrizen erhält man auf entsprechende Weise die normierten Eigenvektoren. χpxq `

σx

Ñ

x` “

σy

Ñ

y` “ χpyq `

σz

Ñ

z` “ χpzq `

ˆ ˙ 1 , 1 ˆ ˙ 1 1 “? , 2 j ˆ ˙ 1 “ , 0 1 “? 2

x´ “

χpxq ´

y´ “ χpyq ´ z´ “ χpzq ´

ˆ

˙ 1 ´1 ˆ ˙ 1 1 “? 2 ´j ˆ ˙ 0 “ 1 1 “? 2

(65.24)

Die Eigenvektoren der verschiedenen Richtungen sind jeweils linear unabhängig, denn die Linearformen c1 χ` ` c2 χ´ “ 0 sind nur für c1 “ c2 “ 0 erfüllbar. Mit der adjungierten Matrix sind sie wegen χ:` χ´ “ 0 jeweils orthogonal. Die aus diesen Eigenvektoren gebildeten Modalmatrizen X “ px` , x´ q, Y “ py` , y´ q und Z “ pz` , z´ q sind unitär, was im reellen Bereich der Orthogonalität entspricht, so dass inverse und adjungierte Matrizen übereinstimmen. ˘T ` X Ñ X´1 “ X: ” X˚ ˘T ` (65.25) Y Ñ Y´1 “ Y: ” Y˚ ` ˘ T Z Ñ Z´1 “ Z: ” Z˚ Durch Kongruenztransformation, [35, I, S. 30, 238], mit den Modalmatrizen werden die Pauli-Matrizen σ x und σ y in die Diagonalmatrix ihrer Eigenwerte überführt, was für die z-Richtung von sich aus erfüllt ist. 1 X σxX “ ? 2

ˆ

1 Y σy Y “ ? 2

ˆ

:

:

1 1 1 ´1 1 ´j 1 j

˙ˆ

˙ˆ

0 1 1 0

˙

0 ´j j 0

1 ? 2

˙

ˆ

1 ? 2

˙

1 1 1 ´1

ˆ

1 1 j ´j

ˆ ˙ 1 0 “ “Λ 0 ´1

˙



ˆ

˙ 1 0 “Λ 0 ´1

Einheitsmatrix und Pauli-Matrizen bilden zusammen eine vollständige Basis im Raum der komplexen 2 ˆ 2 -Matrizen, denn durch Linearkombination kann eine gegebene Matrix B stets aus den vier σ-Matrizen

500

65 Elektronenspin

dargestellt werden. ˙ b11 b12 b21 b22 ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ 0 1 0 ´j 1 0 1 0 cx ` cy ` c “ c0 ` 1 0 j 0 0 ´1 z 0 1 ¸ ˜ c 0 ` cz c x ´ j cy “ c x ` j cy c 0 ´ cz

B“

ˆ

Das sich daraus ergebende Gleichungssystem für die Koeffizienten ck läßt sich stets eindeutig lösen, da die Determinante der Koeffizientenmatrix von Null verschieden ist.   ¨ ˛¨ ˛ ¨ ˛  1 0 0 1  b11 1 0 0 1 c0   0 1 ´j 0  ˚0 1 ´j 0 ‹ ˚cx ‹ ˚b12 ‹   ˚ ‹˚ ‹ “ ˚ ‹ Ñ  0 1 `j 0  “ ´ 4j ˝0 1 `j 0 ‚˝cy ‚ ˝b21 ‚    1 0 0 ´1  1 0 0 ´1 cz b22 Mit dem vektoriellen Pauli-Operator σ nach (65.17) und beliebigen Vektoren a und b bildet man aus den Skalarprodukten mit den Eigenschaften (65.23) eine Matrixform. ` ˘` ˘ p σ ¨ aq p σ ¨ bq “ σ x ax ` σ y ay ` σ z az σ x bx ` σ y by ` σ z bz “

σ 2x ax bx ` σ x σ y ax by ` σ x σ z ax bz ` σ y σ x ay bx ` σ 2y ay by ` σ y σ z ay bz

` σ z σ x az bx ` σ z σ y az by ` σ 2z az bz ˘ ` “ a x bx ` a y by ` a z bz E ˘ ˘ ˘ ‰ “` ` ` ` j a y bz ´ a z by σ x ` a z bx ´ a x bz σ y ` a x by ´ a y bx σ z Der Pauli-Operator σ erfüllt damit folgende Identität, [5, S. 309]. p σ ¨ aq p σ ¨ bq “ pa ¨ bq E ` j σ ¨ pa ˆ bq

p σ ¨ aq2 “ a2 E

(65.26)

501

65.4 Anmerkung zur Schreibweise von Spingrößen

Als Matrixdarstellung hat die Identität die komplexe, skalare Gestalt p σ ¨ aq p σ ¨ bq ˜ “ ˜ “

az

ax ´ jay

ax ` jay

´ az

¸˜

bz

bx ´ jby

bx ` jby

´ bz

az bz ` pax ´ jay qpbx ` jby q

¸

az pbx ´ jby q ´ bz pax ´ jay q

¸

´ az pbx ` jby q ` bz pax ` jay q az bz ` pax ` jay qpbx ´ jby q

Man kann den vektoriellen Pauli-Operator wegen seiner Matrix-Komponenten (65.22) auch als formale Matrix mit komplexen Vektorelementen durch doppelte Unterstreichung kennzeichnen, was zu folgender Darstellung führt. ¸ ˜ ^ σ ¨ a “ σ x ex ` σ y ey ` σ z ez “ σ“

` ez

ex ´ jey

ex ` jey

´ ez

(65.27)

65.4 Anmerkung zur Schreibweise von Spingrößen Nachdem in den bisherigen Abschnitten dieses Kapitels bereits grundsätzliche Eigenschaften und wichtige Beziehungen für den Elektronenspin behandelt wurden, sollen vor dem weiteren Fortgang an dieser Stelle einige grundsätzliche Anmerkungen zur verwendeten Schreibweise gemacht werden. Für die Spingrößen S und σ sowie noch weitere, die in der Dirac-Theorie im Kapitel 69 definiert werden, wird in der Literatur vornehmlich eine Operatorschreibweise oder Darstellung verwendet, die weder den vektoriellen Charakter noch die Matrixform der Komponenten speziell kennzeichnet. Dadurch ist bei der Interpretation entsprechender Operatorbeziehungen eine besondere Aufmerksamkeit erforderlich, was deren Erfassung und Verständnis mitunter nicht entgegenkommt. Als Grundforderung für physikalische Gleichungen müssen alle Summanden von gleichem Charakter und gleicher Dimension sein, der eine konsequente Schreibweise aller auftretenden Größen Rechnung tragen muss. Wie bei physikalischen Vektoren nach (64.8) a “ ax ex ` ay ey ` az ez “ aT e

502

65 Elektronenspin

werden auch die vektoriellen Spinoperatoren in entsprechender Weise dargestellt und erhalten als Ornamente zur Präzisierung als Vektor einen übergesetzten Pfeil und eine einfache Unterstreichung zur Kennzeichnung der Matrixeigenschaft ihrer skalaren Komponenten. S “ S ex ` S ey ` S ez “ ST e x y z σ “ σ x ex ` σ y ey ` σ z ez “ σ T e In den kompakten rechten Matrixdarstellungen der Spinvektoren bestehen die Skalarprodukte aus einem Zeilenvektor aus Blockmatrizen, die konstante, skalare Elemente haben, und den Spaltenvektoren der Einheitsvektoren. ¯ , ´ ¨ ˛ ex . ST “ S x , S y , S z ¯ ´ e “ ˝ ey ‚ σT “ σ x , σ y , σ z ez In Gleichungen, in denen bisherige physikalische und Spin-Vektoroperatoren gemeinsam auftreten, werden die Operatoren r, m, p, L weiterhin ohne Ornamente dargestellt, da ihr Vektorcharakter in jedem Fall bekannt ist. In reinen Operatorgleichungen wie bei (65.19) oder (66.39). D D vv ww oder Lξ , Sη “ 0 S` | χ´ “  | χ` erscheinen die Spinoperatoren zur Vereinfachung ohne Ornamente, da Matrixoder Vektorcharakter auch ohne diese Zusätze durch Ket-Vektor oder bei Produktbildung erkennbar sind. Die Schreibweise mit Ornamenten wird immer dann verwendet, wenn Vektor- oder Matrixeigenschaften der Operatoren einen wesentlichen Aspekt beim Aufeinandertreffen darstellen. In Gleichungen, die die Überlagerung von Vektoroperatoren mit skalaren und Matrixelementen beschreiben, muss bei den ersteren Operatoren eine Ergänzung mit einer ranggleichen Einheitsmatrix E stattfinden, damit alle Summanden die gleiche mathematische Struktur aufweisen. Solche Fälle treten in den Abschnitten 65.6, 65.8 und im folgenden Kapitel bei der Untersuchung von Gesamtdrehimpulsen J auf, die aus Drehimpulsoperator L und Spinoperator S zusammengesetzt sind. Beide sind zwar Vektoroperatoren, aber sie unterscheiden sich bezüglich ihrer Komponenten, denn die Operatoren Lk sind Skalare, die Komponenten Sk “ ˆ Sk dagegen Matrizen. Auf eine konsistente Darstellung wird in der Literatur

65.5 Eigenwerte und Eigenzustände bei beliebiger Spin-Richtung

503

bei Betonung des Operatorcharakters aber meist verzichtet. Einen Hinweis auf diesen Umstand findet man in [28, S. 27]. Die beiden verschiedenen Sichtweisen kann man gemäß der folgenden Schreibweisen gegenüberstellen. J“L`S

Operatorsicht

J “ L E ` S

Vektor- und Matrixsicht

(65.28)

Die Operatorsicht gewinnt dadurch eine gewisse Berechtigung, dass man gedanklich solche Operatorgleichungen durch eine im Prinzip immer erforderliche Wellenfunktion vervollständigen muss, die beim Spin als Spinor einen Spaltenvektor darstellt, wodurch diese Ergänzung allen Summanden der Eigenwertgleichung die gleiche Matrixstruktur vermittelt. ` ˘ ^ J χ “ L ` S χ “ J χ “ L χ ` S χ “ λ χ Wenn man nur die Operatorgleichung schreibt und den Spinor weglässt, dann ist die Darstellung (65.28b) mit der Ergänzung einer Einheitsmatrix aus Gründen der Klarheit die angemessenere Form.

65.5

Eigenwerte und Eigenzustände bei beliebiger Spin-Richtung

Der Einheitsvektor n “ sin ϑ cos ϕ ex ` sin ϑ sin ϕ ey ` cos ϑ ez weist in eine beliebige räumliche Richtung, die durch Meridional- und Azimutwinkel ϑ und ϕ beschrieben wird. Der Spinoperator S hat in dieser Richtung die Komponente Sn “ n ¨ S, in die man die Pauli-Matrizen einsetzt. Sn “ Sx sin ϑ cos ϕ ` Sy sin ϑ sin ϕ ` Sz cos ϑ ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙  0 ´j  1 0  0 1 Sn “ sin ϑ cos ϕ ` sin ϑ sin ϕ ` cos ϑ 2 1 0 2 j 0 2 0 ´1 ˜ ¸ cos ϑ sin ϑ e´jϕ  “ 2 sin ϑ e`jϕ ´ cos ϑ

504

65 Elektronenspin

Die Erfüllung der Eigenwertgleichung mit allgemeinem Spinor ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ ` ˘ a a 0 a “ ν | χy “ ν Ñ Sn ´ ν E “ Sn | χy “ Sn b 0 b b führt auf das homogene Gleichungssystem mit der Koeffizientenmatrix K, ˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ ¸ a cos ϑ ´ 2ν sin ϑ e´jϕ a 0 “ “ (65.29) K `jϕ b sin ϑ e ´ cos ϑ ´ 2ν b 0 das nur bei verschwindender Determinante von K nichttrivial lösbar ist. ` ˘` ˘ 1 det K “ ´ cos ϑ ` 2ν cos ϑ ´ 2ν ´ sin2 ϑ “ 4ν 2 ´ 1 “ 0 Ñ ν “ ˘ 2 Das Gleichungssystem (65.29) hat die beiden Lösungen ν“`

1 2

Ñ

b 1 ´ cos ϑ `jϕ sin ϑ ϑ “` e e`jϕ “ ` tan e`jϕ “` a sin ϑ 1 ` cos ϑ 2

b 1 ` cos ϑ `jϕ 1 sin ϑ ϑ Ñ “´ e e`jϕ “ ´ cot e`jϕ “´ 2 a sin ϑ 1 ´ cos ϑ 2 Bei Bezug auf die Vektornorm $ |a| ’ ’ ’ N` “ ’ ϑ ’ ’ ˜ ¸ ’ cos ˇ ˇ & ´ ¯ 2 › › ` ˘ a 2 2 ˇbˇ N 2 “ › χ › “ χ : χ “ a ˚ b˚ Ñ “ | a |2 1 ` ˇ ˇ ’ a b ’ |a| ’ ’ N´ “ ’ ’ ϑ ’ % sin 2 erhält man die normierten Pauli-Spinoren der Eigenzustände, bei denen der Vorfaktor nur einen irrelevanten Phasenfaktor darstellt. $ ¨ ˛ ϑ ’ ’ cos ’ a ˚ ’ 2 ‹ ’ ˆ` “ χ ’ ˝ ‚ ’ ϑ ’ | a | `jϕ ’ ’ sin e & χ 2 ˆ“ Ñ χ ¨ ˛ ’ N ϑ ’ ’ ’ sin ’ a ˚ ’ ‹ 2 ’ ˆ´ “ χ ’ ˝ ‚ ’ ϑ ’ |a| % ´ cos e`jϕ 2 : Die Spinoren sind wegen χ ` χ ´ “ 0 orthogonal und daher linear unabhängig. ν“´

65.6 Spinmoment und Landé-Faktor

505

Der Erwartungswert der Operatorkomponente ergibt sich nach (59.2) für den Eigenzustand im ersten Fall aus der Darstellung, E E A  A  : ˆ `| σ x χ ˆ σ χ ˆ `| S x χ ˆ` “ ˆ` “ χ ˆ xSx y` “ χ χ 2 2 ` x ` ¨ ¨ ˛: ˛ ϑ ϑ ˜ ¸ cos ˚ cos 2 ‹  ˚ 2 ‹ ‹ 0 1 ˚ ‹ “ ˚ 2 ˝ ϑ `jϕ ‚ 1 0 ˝ ϑ `jϕ ‚ sin e sin e 2 2 ˘ ϑ ϑ ` `jϕ  ` e´jϕ sin cos e 2 2 2 und auf entsprechende Weise erhält man auch die anderen Erwartungswerte.  xSx y˘ “ ˘ sin ϑ cos ϕ 2  xSy y˘ “ ˘ sin ϑ sin ϕ 2  xSz y˘ “ ˘ cos ϑ 2 Die Winkel ϑ und ϕ bestimmen die Richtung des Spinoperators S. Die Eigenzustände spin-up und spin-down liegen in Richtung von p`nq bzw. p´nq. “

65.6

Spinmoment und Landé-Faktor

Ein reiner Bahndrehimpuls L, der häufig mit dem Index  versehen wird, erzeugt für ein Teilchen mit Masse m und Ladung q bzw. für ein Elektron nach (65.5) ein magnetisches Dipolmoment, das in Operatorschreibweise lautet q e L Ñ m “ ´ m “ Le 2m 2me Das gyromagnetische Verhältnis γ ist der Quotient aus den Beträgen von magnetischem Moment und Drehimpuls, wobei dessen Vorzeichen demjenigen der Ladung entspricht und das damit anzeigt, ob die Vektoren gleich oder entgegengesetzt gerichtet sind, [19, S. 298, 321]. # m ÒÒ L für q ą 0 | m | q γ“ “ ż 0 Ñ |L| 2m für q ă 0 m ÒÓ L

506

65 Elektronenspin

Der Eigendrehimpuls bzw. Spin S des Elektrons, der als Ergebnis des Stern-Gerlach-Versuchs neben dem Bahndrehimpuls Le vorhanden ist, erzeugt ebenfalls ein äquivalentes magnetisches Spinmoment ms , allerdings in Matrixform. Da das gyromagnetische Verhältnis bei Bahndrehimpuls und Spin nicht den gleichen Wert aufweisen muss, berücksichtigt man das in der Momentenformel durch den Landé-Faktor gs , der auch als gyromagnetischer Faktor bezeichnet wird, [5, S. 37, 563], [31, S. 190]. ms “ ´ g s

e S 2me

Ñ

γs “ gs

e 2me

(65.30)

Der Landé-Faktor hat nach dem Stern-Gerlach-Versuch und der relativistischen Dirac-Theorie im Abschnitt 69.7 den Wert gs “ 2, so dass der Elektronenspin ein doppelt so großes magnetisches Moment wie der Bahndrehimpuls erzeugt. Nach der Quantenelektrodynamik und präzisen Experimenten gilt dagegen gs “ 2.0023 Á 2. Mit dem Näherungswert gs “ 2 erhält man für das gesamte magnetische Dipolmoment des Elektrons aus Bahnmoment m und Spinmoment ms , wenn man das Bohr’sche Magneton μB nach (55.27) einführt, die Beziehung gemäß (65.28b).  s“´  ges “ m E ` m m

¯ ¯ e ´ μB ´ Le E ` gs S Le E ` gs S “ ´ 2me 

(65.31) Nukleonen haben andere Landé-Faktoren, die durch den inneren Aufbau aus u-Quarks mit einer Ladung von p`2{3q e und d-Quarks mit p´1{3q e hervorgerufen werden. Das positiv geladene Proton, das aus zwei u- und einem d-Quark besteht, hat den Landé-Faktor gp “ 5.5857. Das elektrisch neutrale Neutron, das aus einem u- und zwei d-Quarks besteht, hat wegen seiner inneren Ladungsverteilung auch ein magnetisches Moment und besitzt den Landé-Faktor gn “ ´ 3.8261, [19, S. 321].

65.7

Wellenfunktionen für Teilchen mit Spin

Die Wellenfunktionen Ψpr, tq von spinlosen Teilchen hängen nur von dynamischen Variablen, nämlich den reellen Koordinaten x, y, z oder r, ϑ, ϕ und der Zeit t ab, die kontinuierliche Werte durchlaufen.

507

65.7 Wellenfunktionen für Teilchen mit Spin

Dagegen stellt der Spin eines Teilchens einen unabhängigen Freiheitsgrad dar, dessen Quantenzahl s in einer beliebigen Richtung, für die man meist die z-Richtung wählt, nur 2s ` 1 diskrete Eigenwerte ms “ ´s, ´s ` 1, .. , `s annehmen kann. Daher existiert für die Spin-Variable keine klassische Entsprechung, [3, S. 227], [5, S. 301], [19, S. 324, 330], [23, S. 306], [31, S. 191]. Wegen der Unabhängigkeit der Freiheitsgrade für Raum, (Dreh-)Impuls und Spin kommutiert der Spinoperator mit diesen Operatoren. vv

S, r

ww

“0

vv

S, p

ww

“0

vv

S, L

ww

“0

(65.32)

Die Funktionen, die Raum und Spin beschreiben, sind Zustandsvektoren ΨR und χS in zwei voneinander unabhängigen Hilbert-Räumen HR und HS . Vektorpaare sind Elemente im Raum H “ HR b HS der direkten Produkte, die als einfache Produkte ΨR χS der Funktionen dargestellt werden, was einer Separation von Orts- und Spin-Variablen entspricht, [5, S. 316], [23, S. 307]. Der Hamilton-Operator von quantenmechanischen Systemen besteht dabei aus einem Summanden mit den räumlichen Operatoren und einem zweiten Summanden, der den Spinoperator enthält wie in der Pauli-Gleichung (65.39) weiter unten. Die Wellenfunktionen für den Gesamtzustand müssen zu mehrkomponentigen Spinorwellenfunktionen Ψpr, t, sq erweitert werden, die neben den Wellenfunktionen für die Ortsvariablen auch die Spinoren zur Erfassung der Spinorientierung von Teilchen durch die Spin-Variable s enthalten. Diese allgemeinere Spinorwellenfunktion kann dann für Teilchen mit Spin s “ 1{2 durch zwei Summanden oder bei anderen s-Werten mit größerer Gliederzahl dargestellt werden. Ψpr, t, sq “ Ψ` pr, tq χ` ` Ψ´ pr, tq χ´ Dabei werden die Ortsfunktionen nach den bisherigen Methoden z.B. bei stationären Problemen in Kugelkoordinaten in folgender Form mit normierten Radial- und Winkelfunktionen berechnet und dargestellt. ^

Ψ˘ prq “ Rn prq Ym pϑ, ϕq

(65.33)

Gelten für die Spinoren die Spalten der Einheitsmatrix, dann erhält man die Spinorwellenfunktionen in Form von Spaltenvektoren, und zwar zweizeilig

508

65 Elektronenspin

bei s “ 1{2 nach (65.12) Ψpr, t, s “ 1{2q “ Ψ`1{2

¸ ˆ ˙ ˆ ˙ ˜ Ψ`1{2 pr, tq 1 0 ` Ψ´1{2 “ 0 1 Ψ´1{2 pr, tq

(65.34)

und bei s “ 1 dreizeilig gemäß (66.14). ˛ ¨ ˛ ¨ ˛ ¨ ˛ ¨ Ψ`1 pr, tq 1 0 0 ‹ ˚ Ψpr, t, s “ 1q “ Ψ`1 ˝0‚` Ψ0 ˝1‚` Ψ´1 ˝0‚ “ ˝ Ψ0 pr, tq ‚ (65.35) 0 0 1 Ψ´1 pr, tq Die allgemeine Matrixdarstellung der Spinorwellenfunktionen lautet,

Ψpr, t, sq “

`s ÿ ms “´s

˛ Ψ`s pr, tq .. ‹ ˚ “˝ ‚ . ¨

Ψms pr, tq χ m

s

(65.36)

Ψ´s pr, tq

Der Anteil der Spinorwellenfunktion, der in der Kugelkoordinatendarstellung nur die Abhängigkeit von den Winkelvariablen sowie vom Spin enthält, wird Spin-Winkelfunktion genannt und mit dem Symbol Y bezeichnet, worauf in (66.49) und (66.56) noch genauer eingegangen wird. Die Spinorwellenfunktionen erfüllen die Normierungsbedingung 8 8 ¡ `s ¡ ÿ 2 : Ψ Ψ dv “ | Ψms pr, tq |2 dv “ 1 }Ψ} “ xΨ|Ψy “ m“´s ´8

´8

Wie bei Gleichung (38.1) bezeichnen die Größen 2

dPms “ | Ψms pr, tq | dv

und

Pms “

8 ¡

| Ψms pr, tq |2 dv

´8

die Wahrscheinlichkeiten, ein Teilchen zur Zeit t im Volumenelement dv bzw. im Gesamtvolumen anzutreffen, dessen Spinkomponente in z-Richtung den Eigenwert ms aufweist. Die Summe P “

`s ÿ ms “´s

| Ψms pr, tq |2 dv

entspricht der Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen zur Zeit t im Volumenelement dv anzutreffen, dessen Spinorientierung beliebig ist.

509

65.8 Pauli-Gleichung

65.8

Pauli-Gleichung

Im elektromagnetischen Feld hat der Hamilton-Operator für das Elektron ohne Spin nach (60.1) bzw. (60.6) die Gestalt, ` ˘ H r, p, t “

˘2 1 ` p ` eApr, tq ´ e ϕpr, tq 2me

p2 e2 e “ ´ e ϕpr, tq ` A2 ` A¨p 2me 2me me

(65.37)

Bei einem homogenen, z-gerichteten Magnetfeld B0 , dessen Vektorpotential nach (55.23) durch A0 “ pB0 ˆrq{2 beschrieben wird, lautet der HamiltonOperator nach (55.26) bzw. (60.7) ` ˘ p2 H r, p, t “ ´ e ϕpr, tq ´ m ¨ B0 2me Da das gesamte magnetische Dipolmoment des Elektrons nach (65.31) aber aus Bahnmoment und Spinmoment besteht, ¯ μ ´  s “ ´ B Le E ` gs S  ges “ m E ` m m  muss der Hamilton-Operator um den Spinanteil ergänzt und die Gleichung auf Matrixform gebracht werden. ı ` ˘ ” p2  s ¨ B0 ´ e ϕpr, tq ´ m ¨ B0 E ´ m H r, p, t “ 2me Die eckige Klammer kann man nach (65.37) wieder zusammenfassen. ı ˘2 ` ˘ ” 1 ` μB  S ¨ B0 (65.38) p ` eA0 pr, tq ´ e ϕpr, tq E ` gs H r, p, t “ 2me  Die Beziehung, die aus der nichtrelativistischen Schrödinger-Gleichung (60.2) durch Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Spin des Elektrons und einem äußeren Magnetfeld entsteht, heißt Pauli-Gleichung, bei der an die Stelle der skalaren Wellenfunktion Ψ nach Schrödinger die Spinorwellenfunktion Ψpr, t, sq nach (65.36) tritt. j

* "” ı ˘2 μB  B 1 ` Ψ“ S ¨ B0 Ψ p ` eA0 pr, tq ´ e ϕpr, tq E ` gs Bt 2me  (65.39)

510

65 Elektronenspin

Da beim Elektron der Spin nur die beiden Werte ms “ ˘1{2 annehmen kann, stellt dessen Pauli-Gleichung ein System aus zwei gekoppelten partiellen Differentialgleichungen für die beiden Spinorkomponenten gemäß (65.34) dar. ˜ ¸ Ψ`1{2 pr, tq Ψpr, t, 1{2q “ Ψ´1{2 pr, tq Die Pauli-Gleichung wird dargestellt in [19, S. 325], [26, S. 388], [31, S. 192].

65.9

Pauli-Prinzip

In der klassischen Mechanik können identische Teilchen stets auf Grund ihrer Bahnkurven verfolgt werden, so dass man sie im Prinzip unterscheiden kann. Dagegen kann man identische Teilchen in der Quantenmechanik, die in ihren intrinsischen Eigenschaften (Masse, Ladung, Spin) übereinstimmen, nicht unterscheiden, wenn Überschneidungen ihrer Wellenfunktionen und damit ihrer Aufenthaltswahrscheinlichkeiten vorliegen, wie das innerhalb des begrenzten Raumes im Atom der Fall ist. Dadurch kann man keine Aussagen über den Zustand einzelner Teilchen sondern nur über den Zustand des Gesamtsystems machen. Die Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen ist daher ein rein quantenmechanisches Phänomen, Wegen dieser Eigenschaft darf weder ein quantenmechanischer Operator noch eine Zustandsfunktion einem einzelnen unter identischen Teilchen einen Vorrang einräumen, da beim Tausch zweier Teilchen keine Systemänderung auftreten darf. Operatoren, die dieses Prinzip erfüllen, heißen symmetrische Operatoren. Ein quantenmechanisches System mit N identischen Teilchen wird gemäß (65.36) durch die Spinorfunktion Ψpr1 , s1 , .. , ri , si , .. , rk , sk , .. , rN , sN q ˆ Ψ piqpkq abgekürzt, beschrieben und wird mit Ψrp1q, .. , piq, .. , pkq, .. , pN qs “ wobei das Symbol piq den gesamten Satz pri , si q der Variablen repräsentiert. Beim Tausch zweier Teilchen, der sich dabei nur auf die Ortsvariablen bezieht, da ja die intrinsischen Eigenschaften identisch sind, gilt für den symmetrischen Hamilton-Operator H rp1q, .. , piq, .. , pkq, .. , pN qs “ H rp1q, .. , pkq, .. , piq, .. , pN qs Ñ

H piqpkq “ H pkqpiq

511

65.9 Pauli-Prinzip

Das ist deshalb richtig, da ja der Tausch nur eine Umbenennung der identischen Teilchen bedeutet, der den Hamilton-Operator unverändert läßt. Der Vertauschungs- oder Permutationsoperator Pik vertauscht die Teilchen i und k mit der Folge Pik Ψ piqpkq “ Ψ pkqpiq  ( Pik H piqpkq Ψ piqpkq “ H pkqpiq Ψ pkqpiq “ H pkqpiq Pik Ψ piqpkq “ H piqpkq Pik Ψ piqpkq Für identische Teilchen erhält man daher die Vertauschungsregel vv

ww Pik , H piqpkq “ Pik H piqpkq ´ H piqpkq Pik “ 0

(65.40)

Die Eigenwertgleichung des Vertauschungsoperators Pik Ψ piqpkq “ λik Ψ piqpkq liefert, da die doppelte Anwendung zum Ausgangszustand zurückführt, 2 Ψ piqpkq “ Ψ piqpkq “ Pik Pik Ψ piqpkq “ λ2ik Ψ piqpkq Pik

nur zwei Eigenwerte, die bei identischen Teilchen wegen der Ununterscheidbarkeit alle gleich sein müssen. λ2ik “ 1

Ñ

λik “ ˘1

ñ

λik ” λ “ ˘1

Die Zustände quantenmechanischer Systeme zum Eigenwert λ “ `1 werden symmetrisch, zum Eigenwert λ “ ´1 antisymmetrisch oder alternierend genannt. Beim Tausch zweier Teilchen weisen antisymmetrische Zustandsfunktionen einen Vorzeichenwechsel auf, symmetrische dagegen nicht. Wegen der Vertauschbarkeit (65.40) mit dem Hamilton-Operator ist der Operator Pik nach (61.3) eine Erhaltungsgröße, wodurch der (anti)symmetrische Zustand eines Systems sich zeitlich nicht ändern kann.

512

65 Elektronenspin

Für zwei und drei Teilchen kann man die normierten symmetrischen und alternierenden Eigenzustände durch folgende Kombinationen der Spinorfunktionen beschreiben, ‰ 1 “ Ψ sym rp1q, p2qs “ ? Ψ p1qp2q ` Ψ p2qp1q 2 ‰ 1 “ Ψ alt rp1q, p2qs “ ? Ψ p1qp2q ´ Ψ p2qp1q 2 (65.41) “ 1 Ψ p1qp2qp3q ` Ψ p2qp3qp1q ` Ψ p3qp1qp2q Ψ sym rp1q, p2q, p3qs “ ? 3! ‰ ` Ψ p3qp2qp1q ` Ψ p1qp3qp2q ` Ψ p2qp1qp3q 1 “ Ψ alt rp1q, p2q, p3qs “ ? Ψ p1qp2qp3q ` Ψ p2qp3qp1q ` Ψ p3qp1qp2q 3! ‰ ´ Ψ p3qp2qp1q ´ Ψ p1qp3qp2q ´ Ψ p2qp1qp3q bei denen in allen Fällen die Wahrscheinlichkeitsdichte in gleicher Weise normiert ist. 2

}Ψ} “ xΨ|Ψy “

8 ¡

Ψ: Ψ dv “ 1

´8

Wolfgang Pauli hat 1925 ein Prinzip zur Erklärung des Aufbaus der Atome formuliert, das in der ursprünglichen Version als Pauli-Prinzip oder auch Pauli-Verbot besagte, dass sich zwei Elektronen am gleichen Ort, also innerhalb eines Atoms, in mindestens einer der vier Quantenzahlen unterscheiden müssen. In der späteren, präzisierten Version lautet die Aussage des Prinzips für quantenmechanische Systeme folgendermaßen. • Systeme aus identischen Teilchen mit halbzahligem Spin, die man als Fermionen bezeichnet, werden durch antisymmetrische Zustandsfunktionen beschrieben • Systeme aus identischen Teilchen mit ganzzahligem Spin, die man Bosonen nennt, werden durch symmetrische Zustandsfunktionen beschrieben

513

65.9 Pauli-Prinzip

Das Pauli-Prinzip schließt die Möglichkeit aus, dass bei mehr als zwei identischen Teilchen gemischte Symmetrien auftreten, wie 1 Ø 2 symmetrisch und 1 Ø 3 antisymmetrisch. Die Systemzustände können also nur vollständig symmetrisch oder vollständig antisymmetrisch sein. Fermionen unterliegen der Fermi-Dirac-Statistik, Bosonen dagegen der Bose-Einstein-Statistik, die beide im Spin-Statistik-Theorem der Quantenfeldtheorie ihre theoretische Begründung finden. Ein besonderer Fall liegt bei N Fermionen vor, die keine Wechselwirkung aufweisen, aber einem gemeinsamen Potential unterliegen. Wie bei der Hamilton-Funktion in Gleichung (19.1) besteht der Hamilton-Operator im zeitunabhängigen Fall aus der Summe der Einzeloperatoren, H prq “

N ÿ

H k prq

k“1

bei der wegen s “ 1{2 der Satz der zweikomponentigen Eigenzustände mit den Energiewerten Wλk folgende Beziehung wie in (41.9) erfüllt. Hk prq Ψ λk prk , sq “ Wλk Ψ λk prk , sq λk repräsentiert dabei für das k-te Fermion den Satz der Quantenzahlen, der wegen der Identität der Teilchen bei allen die gleichen Zahlen enthält. Eine Lösung ist gegeben durch das Produkt der Einzelspinorfunktionen Ψ p1q .. pN q “ Ψ rp1q, .. , pN qs “ Ψ λ1 p1q Ψ λ2 p2q ¨ ... ¨ Ψ λN pN q ˆ pn, , m, ms q1 und Bei zwei Fermionen, bei denen die Auswahlen λ1 “ ˆ pn, , m, ms q2 lauten und Wges “ Wλ1 ` Wλ2 gilt, erhält man nach λ2 “ (65.41) die antisymmetrische Zustandsfunktion, ‰ 1 “ Ψ λ1 p1q Ψ λ2 p2q ´ Ψ λ1 p2q Ψ λ2 p1q Ψ alt rp1q, p2qs “ ? 2 die bei Teilchentausch das Vorzeichen wechselt und bei gleichen Quantensätzen λ1 “ λ2 verschwindet.

514

65 Elektronenspin

Die vollständig antisymmetrische Zustandsfunktion für N identische Fermionen ist in Verallgemeinerung von (65.41) gegeben durch die SlaterDeterminante,    Ψ p1q Ψ p1q ¨ ¨ ¨ Ψ p1q  λ1 λ2 λN       p2q Ψ p2q ¨ ¨ ¨ Ψ p2q Ψ 1   λ1 λ2 λN Ψ alt rp1q, .. pN qs “ ?   .. .. .. ..  N !  . . . .     Ψ λ pN q Ψ λ pN q ¨ ¨ ¨ Ψ λ pN q  1

2

N

die beim Tausch zweier Fermionen piq und pkq wegen des Zeilentauschs das Vorzeichen wechselt. Wenn zwei oder mehr Sätze von Quantenzahlen λi , λk , ... übereinstimmen, ist die Determinante wegen gleicher Zeilen Null. Ein solcher Systemzustand kann daher wegen der identisch verschwindenden Zustandsfunktion nicht existieren. Das bedeutet, dass nur ein einziges Fermion einen bestimmten, durch die vier Quantenzahlen definierten Zustand besetzen kann. Daraus folgt das Pauli-Prinzip, nach dem keine identischen Fermionen mit übereinstimmenden Quantenzahlen im gleichen Raumgebiet eines Atoms existieren können. Da sie sich gegenseitig ausschließen, begründete das die Bezeichnung Ausschließungsprinzip. Entsprechende Darstellungen findet man in [5, S. 472], [9, S. 265], [14, S. 233], [19, S. 398], [30, S. 362].

Kapitel 66

Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse 66.1

Vertauschungsregeln von Drehimpulsoperatoren

Da die Vertauschungsregeln eine fundamentale Rolle für die Quantenmechanik bilden, werden die wesentlichen Eigenschaften für Drehimpulse, die bereits abgeleitet wurden, zusammengefasst und erweitert, so dass man einen allgemeinen Drehimpuls, der mit J bezeichnet wird, im aktuellen Fall mit Bahndrehimpuls L, mit Spin S oder einer Kombination identifizieren kann. Der Vektoroperator J “ Jx ex ` Jy ey ` Jz ez

(66.1)

stellt genau dann einen allgemeinen Drehimpuls dar, wenn seine Komponenten hermiteschen Operatoren entsprechen, die die schon in (62.4), (62.6) und (65.8) aufgeführten zyklischen Vertauschungsregeln erfüllen, [5, S. 293]. vv

J x , Jy

ww

“ j Jz ,

vv

Jy , Jz

ww

“ j Jx ,

vv

Jz , Jx

515

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_66

ww

“ j Jy

(66.2)

516

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Die Beziehungen kann man zur vektoriellen Vertauschungsrelation zusammenfassen, ` ˘ ˘ ˘ ` ` J ˆ J “ Jy Jz ´ Jz Jy ex ` Jz Jx ´ Jx Jz ey ` Jx Jy ´ Jy Jx ez ww ww ww vv vv vv “ Jy , Jz ex ` Jz , Jx ey ` Jx , Jy ez die aber nur für den Operator J gültig ist. Denn für den gewöhnlichen dreidimensionalen Vektor J verschwindet natürlich das Kreuzprodukt, da dessen kartesische Vektorkomponenten kommutativ und damit vertauschbar sind! J ˆ J “ j J

J ˆJ “0

(66.3)

In entsprechender Weise wie bei (62.5) zeigt man, dass J2 mit den einzelnen Operatorkomponenten kommutiert, was man ebenfalls vektoriell zusammenfassen kann und was der Beziehung (43.38) entspricht. vv

J 2 , Jξ

ww

“0

pξ “ x, y, zq

Ñ

vv

J2 , J

ww

“0

(66.4)

In Verallgemeinerung der Gleichungen (64.14/64.16) gelten für Rotationen um eine Achse in n-Richtung die Rotationsoperatoren, ¯ ´ j j ñ UR pαq “ exp ´ α n ¨ J UR pdαq “ E ´ dα n ¨ J   bei denen der Drehimpuls J, der als Gesamtdrehimpuls aus verschiedenen Einzeldrehimpulsen vektoriell zusammengesetzt sein kann, den hermiteschen Erzeuger der unitären Transformation darstellt. Die Operatorformulierung mit UR verallgemeinert für die Quantenmechanik die klassische Definition mit dem Operator L “ r ˆ p des Drehimpulses, da damit auch der Spin S erfasst werden kann, für den weder r noch p Bedeutung haben. [29, S. 153]. Da der Hamilton-Operator H eines Systems nach (64.15) bei Rotation invariant ist, gilt dessen Vertauschbarkeit mit dem allgemeinen Drehimpuls J, der Bahndrehimpuls und Spin umfasst, [5, S. 275, 313]. ww # vv L, H “ 0 vv ww Ñ J, H “ 0 (66.5) vv ww S, H “ 0 Das bedeutet, dass der Gesamtdrehimpuls J eine Erhaltungsgröße ist und eine Konstante der Bewegung darstellt.

66.2 Eigenwerte allgemeiner Drehimpulsoperatoren

517

66.2 Eigenwerte allgemeiner Drehimpulsoperatoren Da J2 nach (66.4) mit jeder Komponente Jk kommutiert, existieren nach der Kernaussage (43.40) jeweils gemeinsame Eigenfunktionen bzw. Eigenvektoren und wegen der Hermitizität der Operatoren sind deren Eigenwerte reell. Setzt man die Eigenwerte von J2 als 2 ipi ` 1q und die von Jz als m mit den Quantenzahlen i und m an, dann werden die zugehörigen Eigenfunktionen Xim , die beim Spin dann Spaltenvektoren oder Spinoren sind, symbolisch dargestellt durch einen Ket-Vektor, bei dem die Konjugierung aus (58.3) durch Adjungierung ersetzt werden muss. # xi m | i my “ 1 ^ Xim “ | i my (66.6) mit | i my: “ xi m | Mit diesen für beide Operatoren gemeinsamen, orthonormierten Eigenfunktionen lauten die Eigenwertgleichungen mit halb- oder ganzzahligen Werten i wie in (62.12). J2 | i my “ 2 ipi ` 1q | i my Jz | i my “ m | i my

(66.7)

Mit der Definition (58.10) der Erwartungswerte gilt, @ 2D @ D @ D J “ i m | J2 | i m “ i m | 2 ipi ` 1q | i m “ 2 ipi ` 1q xi m | i my “ 2 ipi ` 1q so dass die Quadrate für hermitesche Operatoren positiv oder Null sind. @ D @ 2D @ 2D @ 2D @ 2D J “ Jx ` Jy ` Jz ě J2z ě 0 Ñ ipi ` 1q ě m2 ě 0 In gleicher Weise wie im Abschnitt 62.2, was hier nicht wiederholt wird, werden Auf- und Absteigeoperatoren bzw. Leiteroperatoren definiert, woraus Beziehungen für die adjungierten Operatoren und mit (66.4) für den Kommutator resultieren. # : J` “ J ´ vv 2 ww Ñ J , J (66.8) “0 J˘ “ Jx ˘ jJy Ñ ˘ J:´ “ J`

518

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Mit den reellen Normierungsgrößen N˘ , die die Eigenwerte enthalten und ˘ die den Konstanten Cm nach (53.11) äquivalent sind, gelten entsprechend (53.13) und (62.11) die Operatorbeziehungen J˘ | i my “ N˘ | i, m ˘ 1y J˘ J¯ “ J2 ´ J2z ˘  Jz J¯ J˘ “ J2 ´ J2z ¯  Jz vv ww vv ww J` , J´ “ ´j 2 Jx , Jy “ 2 Jz

(66.9)

Damit werden die halb- und ganzzahligen Drehimpulseigenwerte wie in (62.12) bestimmt mit ganzzahligem Abstand Δm “ 1 zwischen benachbarten m-Werten. , 1 3 i “ 0 , , 1, , 2 , ... . 2 2 i ě mpiq (66.10) mpiq “ ` i , i ´ 1 , ... , ´ i Die gemeinsamen Ket-Vektoren | i my der hermiteschen Operatoren J2 und Jz sind bei verschiedenen Eigenwerten nach (43.10) orthogonal und normierbar. Im Hinblick auf ihre Matrixeigenschaft als Spinor tritt Adjungierung gemäß (65.13) bzw. (66.6) auf, die Konjugierung und Transponierung bedeutet. @ D D: | i1 m1 | i my “ i1 m1 | i m “ δi1 i δm1 m ‰: “ ‰: “ J˘ | i my J˘ | i my “ N˘ | i, m ˘ 1y N˘ | i, m ˘ 1y “ N˘2 xi, m ˘ 1 | i, m ˘ 1y “ N˘2 J˘ | i my



‰:

J˘ | i my “ | i my: J:˘ J˘ | i my “ xi m | J¯ J˘ | i my D @ “ i m | J2 ´ J2z ¯ Jz | i m ‰ “ “ 2 ipi ` 1q ´ 2 m2 ¯ 2 m xi m | i my

Ñ

N˘ “ 

a

ipi ` 1q ´ mpm ˘ 1q

(66.11)

519

66.3 Drehimpuls -Matrizen

66.3

Drehimpuls -Matrizen

Die Matrixdarstellung der J-Größen erfolgt durch m ˆ m -Matrizen, deren Komponenten nach (66.7) die jeweiligen Eigenwerte berücksichtigen. D @ D i m1 | J2 | i m “ 2 ipi ` 1q i m1 | i m “ 2 ipi ` 1q δm1 m D @ D @ 1 i m | Jz | i m “ m i m1 | i m “ m δm1 m @

Für die Elemente der Matrizen der Leiteroperatoren folgt mit (66.9) D @ D i m1 | J˘ | i m “ i m1 | N˘ | i m ˘ 1 @ D “ N˘ i m1 | i m ˘ 1 a “  ipi ` 1q ´ mpm ˘ 1q δm1 , m˘1

@

Die Dirac-Funktionen δm1 m und δm1 , m˘1 der m ˆ m-Matrizen der J-Größen werden bei gegebenem i für die Werte m1 und m gemäß (66.10) nach folgendem Schema berechnet. ¨ ˚ ˚ ´ ¯ ˚ ˚ δm1 , m p˘1q “ ˚ ˚ ˚ ˝

m1 “ ` i m “ ` i p˘1q ............... ... ............... m1 “ ` i m “ ` i p˘1q

.. .. .. .. . .. .. ..

.. 1 ... ... m “ ` i . m “ ´ i p˘1q ......... ............... .. .. .. . . . ......... ............... .. 1 ¨¨¨ ... m “ ` i . m “ ´ i p˘1q

˛ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‹ ‚

Die Matrizen für die Operatoren J2 und Jz sind diagonal und daher einfach zu bestimmen und bei Jz stehen die Eigenwerte auf der Diagonale. Danach berechnet man die Matrizen für J˘ und gemäß (66.8) die kartesischen Matrizen Jx und Jy . Für den Eigenwert i “ 1{2 erhält man auf diese Weise mit den Normierungsgrößen # N` “ 

0 , 1

# N´ “ 

1 0

# für

pm “ `1{2q pm “ ´1{2q

(66.12)

520

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

die Drehimpulsmatrizen, ˆ ˙ 3 2 1 0 2 J “  0 1 4 ˆ ˙ 0 1 J` “  0 0 ˆ ˙ 0 1 1 Jx “  1 0 2

ˆ ˙ 1 0 1 Jz “  0 ´1 2 ˆ ˙ 0 0 J´ “  1 0 ˆ ˙ 0 ´j 1 Jy “  j 0 2

(66.13)

die den Spin-Matrizen (65.22) proportional sind, bei deren Bestimmung auch deren Eigenwerte und die Methode zur Berechnung ihrer Eigenvektoren (65.24) angegeben sind. Für den Eigenwert i “ 1 ergeben sich mit den Normierungsgrößen $ $ ? ’ ’ 0 pm “ `1q & ? & ?2 2 , N` “  N´ “  2 pm “ 0q ’ ’ % ?2 % 0 pm “ ´1q die Drehimpulsmatrizen, ¨ 1 2 2˝ J “ 2 0 0 ¨ 0 ? J` “  2 ˝0 0 ¨ 0 1 ˝ ?  1 Jx “ 2 0

˛ 0 0 1 0‚ 0 1 ˛ 1 0 0 1‚ 0 0 ˛ 1 0 0 1‚ 1 0

¨

1 ˝ Jz “  0 0 ¨ 0 ? J´ “  2 ˝1 0 ¨ 0 1 ˝ ? Jy “  j 2 0

˛ 0 0 0 0‚ 0 ´1 ˛ 0 0 0 0‚ 1 0 ˛ ´j 0 0 ´j ‚ j 0

Die kartesischen Matrizen haben jeweils die Eigenwerte λ “ `, 0, ´ und mit der Bezeichnung | χi,m y “ χi,m nach (65.12) erhält man die zugehörigen

Eigenvektoren oder Spinoren, die wegen χ: χ “ 1 orthonormiert sind. Für die z-Richtung ist die Eigenwertgleichung dann erfüllt, wenn χpzq in der Modalmatrix X der Eigenvektoren, [35, I, S. 238], ¯ ´ pzq pzq “E Ñ X “ χpzq , χ , χ Jz χpzq “ λ χpzq 1,`1 1,0 1,´1

521

66.3 Drehimpuls -Matrizen

beim zugehörigen Eigenwert die Spalten der Einheitsmatrix aufweist. ˛ 1 1 ? “ ˝ 2‚ 2 1 ˛ ¨ 1 ? 1 “ ˝j 2 ‚ 2 ´1 ¨ ˛ 1 “ ˝0‚ 0 ¨

pxq

Jx Ñ

χ 1,`1

Jy Ñ

χ 1,`1

Jz Ñ

χ 1,`1

pyq

pzq

pxq

χ 1,0

pyq

χ 1,0

pzq

χ 1,0

˛ 1 1 “? ˝0‚ 2 ´1 ¨ ˛ 1 1 “ ? ˝0‚ 2 1 ¨ ˛ 0 “ ˝1‚ 0

¨

¨

pxq

pyq

pzq

χ 1,´1

˛

1˝ ´ 2‚ 2 1 ˛ ¨ 1? 1 “ ˝´j 2 ‚ 2 ´1 ¨ ˛ 0 “ ˝0‚ 1 (66.14)

χ 1,´1 “

χ 1,´1

1 ?

Für i “ 3{2 erhält man die Drehimpulsmatrizen in entsprechender Weise. [8, S. 271], $ 0 ’ ’ ’ & ?3 , N` “  ’ 2 ’ ’ % ? 3

¨

1 ˚ 15 2 ˚0 J2 “  ˝ 0 4 0 ¨ ? 0 3 ˚0 0 J` “  ˚ ˝0 0 0 0 ¨ ?0 1 ˚ 3 Jx “  ˚ ˝ 0 2 0

$ ? 3 ’ ’ ’ & 2 ? N´ “  ’ 3 ’ ’ % 0

pm “ `3{2q pm “ `1{2q pm “ ´1{2q pm “ ´3{2q

˛ ¨ ˛ 0 3 0 0 0 1 ˚0 1 0 0‹ 0‹ ‹ ‹ Jz “  ˚ ‚ ˝ 0 0 0 ´1 0 ‚ 2 1 0 0 0 ´3 ¨ ˛ ˛ 0 0 0 0 0 0 ? ˚ 3 0 0 0‹ 2 ?0 ‹ ˚ ‹ ‹ J´ “  ˝ 0 2 ?0 0‚ 3‚ 0 3 0 0 0 0 0 ? ? ˛ ˛ ¨ 3 0 0 3 0 0 0 ´j ? ˚ 0 2 ?0 ‹ 0 ´j 2 0? ‹ ‹ Jy “ 1  ˚j 3 ‹ ‚ ‚ ˝ 3 3 2 ?0 0 j2 0 ´j 2 ? 3 0 0 0 0 0 j 3

0 1 0 0

0 0 1 0

522

66.4 66.4.1

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Addition von Drehimpulsen Vertauschungsregeln, Eigenwerte und Eigenvektoren

In Systemen mit mehreren Teilchen wie Mehrelektronenatomen benötigt man zur Beschreibung den Operator des Gesamtdrehimpulses J, der sich aus den Einzeldrehimpulsen Jk wie hier im Beispiel für nur zwei zusammensetzt, [5, S. 312], [19, S. 336, 341], [23, S. 327], [31, S. 195, 200]. # J “ J1 ` J2 Ñ

J“

˘ ˘ ˘ ` ` J1x ` J2x ex ` J1y ` J2y ey ` J1z ` J2z ez

`

J2 “ J2x ` J2y ` J2z “ J21 ` J22 ` J1 ¨ J2 ` J2 ¨ J1 (66.15)

Man zeigt leicht, dass neben (66.2) und (66.4) auch für k “ 1, 2 zyklische Vertauschungsregeln gelten und dass voneinander unabhängige Komponenten kommutieren, die zu verschiedenen Freiheitsgraden k gehören. vv ww Jkx , Jky “ j Jkz px, y, z zyklisch, gleiches k “ 1, 2q (66.16) vv ww J 1ξ , J 2 η “ 0 pξ, η “ x, y, zq Gemäß (62.5) sowie (66.16) sind folgende Kommutatoren Null, vv ww J1 , J2 “ 0 vv 2 ww vv ww J1 , J1ξ “ J22 , J2ξ “ 0 ww vv ww vv 2 J1 , J2ξ “ J22 , J1ξ “ 0

(66.17)

was man auch vektoriell zusammenfassen kann. ww vv ww vv ww vv ww vv 2 J1 , J1 “ J21 , J2 “ J22 , J1 “ J22 , J2 “ 0

(66.18)

Weiterhin gilt nach (66.17) vv 2 ww vv ww vv ww Jk , Jz “ J2k , J1z ` J2k , J2z “ 0

(66.19)

Beim Kommutator der Quadrate gilt für das typische Glied nach der Produktregel (43.37) vv ww vv 2 2 ww J1 , J2 “ ... ` J1ξ J1ξ , J2η J2η ` ... ww vv ww vv “ ... ` J1ξ , J2η J1ξ J2η ` J2η J1ξ J1ξ , J2η vv ww vv ww ` J1ξ J1ξ , J2η J2η ` J2η J1ξ , J2η J1ξ ` ...

523

66.4 Addition von Drehimpulsen

Da nach (66.16) die Kommutatoren aller Summanden verschwinden, ist der Kommutator insgesamt Null, vv 2 2 ww J1 , J2 “ 0 (66.20) so dass die vier Größen nach (66.16), (66.17) und (66.20) untereinander kommutieren. Sie bilden nach (43.40) ein System S1 von vertauschbaren Operatoren mit gemeinsamen Eigenfunktionen, [5, S. 316]. ^

S1 “

!

J21 , J22 , J1z , J2z

)

(66.21)

Man zeigt ebenso mit (66.15) ˘ ww vv 2 2 ww vv ` 2 J1 ` J22 ` J1 ¨ J2 ` J2 ¨ J1 , J21 J , J1 “ vv 2 2 ww vv 2 2 ww vv ww “ loooomoooon J1 , J1 ` loooomoooon J2 , J1 `2 looooooomooooooon J1 ¨ J2 , J21 “0

“A

“ 0 (66.20)

und dem typischen Glied nach (43.37), vv ww A “ ... ` J1ξ J2ξ , J21 ` ... ww vv ww vv J2ξ , J21 ` ... “ 0 “ ... ` loooomoooon J1ξ , J21 J2ξ ` J1ξ loooomoooon “ 0 (66.17)

“ 0 (66.17)

dass die folgenden Kommutatoren Null sind. vv 2 2 ww vv 2 2 ww J , J1 “ J , J2 “ 0

(66.22)

Nach (66.4), (66.19), (66.20) und (66.22) kommutieren die vier Größen ^

S2 “

!

J2 , Jz , J21 , J22

)

(66.23)

ebenfalls untereinander und bilden ein zweites System S2 vertauschbarer Operatoren, [5, S. 317], [23, S. 328], deren gemeinsame Eigenfunktionen aber nicht mit denen des ersten Systems übereinstimmen können!

524

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Denn nicht alle Operatoren der beiden Sätze S1 und S2 sind miteinander vertauschbar. Zwar gilt nach (66.16), ww vv ww vv ww vv pk “ 1, 2q (66.24) J z , J kz “ J 1z , J kz ` J 2z , J k z “ 0 aber für den folgenden Kommutator erhält man in entsprechender Weise wie oben mit (43.37) und (66.16) die Antikommutatoren. ww vv 2 ww vv 2 ww vv ww vv ww vv 2 J1 , J1z ` loooomoooon J2 , J1z ` J1 ¨ J2 , J1z ` J2 ¨ J1 , J1z J , J1z “ loooomoooon “ 0 (66.17)

“ 0 (66.17)

vv ww vv ww ` J1y J2y , J1z ` J1z J2z , J1z vv ww vv ww vv ww ` J2x J1x , J1z ` J2y J1y , J1z ` J2z J1z , J1z “ vv vv ww ww ‰ “ j J1x J2y ` ´ J1y J2x ` “

vv

J1x J2x , J1z

ww

Danach ist der Operator J2 des Gesamtdrehimpulses nicht vertauschbar mit den Einzelkomponenten J1z und J2z , die daher auch keine gemeinsamen Eigenfunktionen besitzen! ww vv ww vv 2 (66.25) J , J1z “ ´ J2 , J2z ‰ 0 Damit existieren zwei vollständige, aber unterschiedliche Darstellungen der quantenmechanischen Systeme S1 und S2 in Form ihrer jeweiligen Eigenfunktionen.

66.4.2

Eigentliche Addition

Die eigentliche Aufgabe der Addition von Drehimpulsen besteht darin, die Eigenwerte und Eigenfunktionen | i my des Gesamtdrehimpulses J aus den Größen der Einzeldrehimpulse J1 und J2 bei gegebenen Werten i1 und i2 zu bestimmen. Deren Eigenwertgleichungen lauten nach (66.7) mit den mk -Werten nach (66.10) S1 Ñ

J2k | ik mk y “ 2 ik pik ` 1q | ik mk y Jkz | ik mk y “ mk | ik mk y

pk “ 1, 2q

(66.26)

Ein Eigenvektor des Systems S1 ist wegen der Summe J “ J1 `J2 durch einen Verbundzustand gegeben und kann als direktes Produkt, [5, S. 316], der

525

66.4 Addition von Drehimpulsen

Einzelvektoren dargestellt werden, das auch häufig als Tensorprodukt mit dem Symbol b bezeichnet wird. S1 Ñ

^

| i1 i2 m1 m2 y “ | i1 m1 y | i2 m2 y “ | i1 m1 y b | i2 m2 y

(66.27)

Da mk bei festem Wert ik jeden der 2ik ` 1 Werte im Bereich ´ ik , ... , ` ik annehmen kann, existieren bei gegebenen Werten von i1 und i2 genau M “ p2i1 ` 1qp2i2 ` 1q

(66.28)

direkte Produkte und damit unabhängige Zustände, die einen vollständigen orthogonalen Satz von Eigenvektoren im System S1 bilden und eine Basis im Produktraum des Verbundsystems der Operatoren bilden. Die Verbundzustände (66.27) für J1z und J2z sind wegen der Superposition (66.24) auch Eigenvektoren des Summenoperators Jz “ J1z ` J2z . Wegen der Nichtvertauschbarkeit (66.25) sind sie aber keine Eigenvektoren von J2 im System S2 . Dessen Eigenvektoren bilden als S2 Ñ

| i my ” | pi1 , i2 q ; i my

(66.29)

einen zweiten vollständigen orthonormierten Funktionssatz der Anzahl M , bei dem man die gegebenen Quantenzahlen i1 und i2 zur Verdeutlichung auch besonders kennzeichnen kann. Gemäß (66.7) und (66.26) gelten folgende Eigenwertgleichungen für die Operatoren J2 und Jz “ J1z `J2z des Gesamtdrehimpulses im System S2 . J2 | i my “ 2 ipi ` 1q | i my Jz | i my “ pJ1z ` J2z q | i my “ m | i my Im System S1 gelten für Jz die gleichen Eigenfunktionen, wobei der Operator Jkz nur auf den Eigenvektor | ik mk y einwirkt. Daraus resultiert die Auswahlregel der Quantenzahlen m. Jz | i my “ Jz | i1 i2 m1 m2 y “ pJ1z ` J2z q | i1 m1 y | i2 m2 y “ ‰ “ ‰ “ J1z | i1 m1 y | i2 m2 y ` | i1 m1 y J2z | i2 m2 y “ m1 | i m1 y | i m2 y ` m2 | i m1 y | i m2 y Jz | i my “ pm1 ` m2 q | i1 i2 m1 m2 y

Ñ

m “ m1 ` m2

(66.30)

526

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Da beide Sätze von Eigenvektoren | i my und | i1 i2 m1 m2 y als Basis den gleichen Hilbert-Raum aufspannen, kann man | i my für den Gesamtdrehimpuls durch eine Linearkombination mit konstanten Koeffizienten nach den anderen Eigenvektoren entwickeln. Dabei werden die Koeffizienten ACG nur formal angegeben, ohne ihre Abhängigkeit von den Quantenzahlen speziell zu kennzeichnen, [6, S. 1031]. `i ÿ1

| i my “

`i ÿ2

ACG | i1 i2 m1 m2 y

m1 “´i1 m2 “´i2 `i ÿ1



`i ÿ2

ACG | i1 m1 y | i2 m2 y

m1 “´i1 m2 “´i2

Zur Ermittlung der erlaubten Werte von i, wenn i1 und i2 gegeben sind, gilt für die m-Werte die erweiterte Auswahlregel als Folgerung aus den Eigenwertgleichungen im System S2 , die die Wahl der Quantenzahlen einschränkt. # m “ m1 ` m2 Ñ

m1 “ ` i1 , ... , ´ i1 m2 “ ` i2 , ... , ´ i2

Ñ mmax “ i1 ` i2

(66.31)

Damit reduziert sich die Doppelsumme auf eine einfache Summe, bei der die Konstanten ACG in entsprechender Weise wie bei (58.7) durch Linksmultiplikation mit xi1 i2 mp mq | bestimmt werden. Der durchlaufene Wertebereich der Summe wird noch im Zusammenhang mit der Abbildung 66.1 erläutert. Die Größen ACG heißen Clebsch-Gordan-Koeffizienten, die von den angegebenen Quantenzahlen abhängen. ACG “ xi1 i2 m1 pm ´ m1 q | i my (66.32) S2 Ñ

| i my “

ÿ m1

ACG | i1 m1 y | i2 pm ´ m1 qy

Da m nur die 2i ` 1 Werte m “ ` i, ... , ´ i von mmax abwärts annehmen kann, lautet der Maximalwert iM von i ebenfalls iM “ mmax “ i1 ` i2

(66.33)

527

66.4 Addition von Drehimpulsen

und die Größe i durchläuft den Bereich i “ iM , iM ´ 1, ... , im bis hin zum Minimalwert im . Da die Anzahl der Zustände für m “ mpiq dem Wert M nach (66.28) gleichen muss, wird der Minimalwert aus folgender Bedingung bestimmt. iM iM ÿ ÿ M “ p2i1 ` 1qp2i2 ` 1q “ mpiq “ p2i ` 1q “

i“im iM ÿ

i“im im ´1 ÿ

p2i ` 1q ´

i“0

Ñ

p2i ` 1q “ piM ` 1q2 ´ i2m

i“0

i2m “ pi1 ´ i2 q2 i m “ | i1 ´ i2 |

(66.34)

Die Relation über die Grenzen der Gesamtquantenzahl i wird als Dreiecksungleichung bezeichnet. i m “ | i1 ´ i2 | ď i ď i 1 ` i2 “ i M

(66.35)

Bei der Relation i1 ě i2 für die i-Werte gelten mit iM “ i1 ` i2 sowie im “ i1 ´ i2 die Folgen i “ iM , iM ´ 1, ... , im ě 0 $ iM , iM ´ 1, . . . , ´ iM ` 1, ´ iM ’ ’ & iM ´ 1, . . . , ´ iM ` 1 mpiq “ .. ’ ’ . % im , . . . , ´ i m

(66.36)

Daraus geht weiterhin hervor, dass die Anzahl der Eigenvektoren durch folgende Bedingung begrenzt wird. | i my ” 0

für

|m| ą i

(66.37)

In Tabelle 66.1 ist die Zeile I der Vollständigkeit halber angegeben, wenn überhaupt kein Drehimpuls auftritt. Wenn der Gesamtdrehimpulseigenwert i bei einer Kombination von Einzeldrehimpulsen mehrere Werte aufweist, dann treten wegen der unterschiedlichen Möglichkeiten für m Multiplett-Zustände auf.

0

 ´ 1{2

2

 ` 1{2

0

1/2

0

1/2

1

1/2

1/2

1/2

1

1

1



III

IV

V

VI

VII

1{2

1

0

1{2

3{2 1{2 $ ’ & 2 1 ’ % 0 #  ` 1{2  ´ 1{2

#

1

1{2 # 1 0

0

i

#

`3{2, `1{2, ´1{2, ´3{2 `1{2, ´1{2 $ ’ & `2, `1, 0, ´1, ´2 `1, 0, ´1 ’ % 0 `p ` 1{2q, .. , ´p ` 1{2q `p ´ 1{2q, .. , ´p ´ 1{2q

#

`1, 0, ´1

`1{2, ´1{2 # `1, 0, ´1 0

0

mpiq

P T S

Q D

T S

Zustand

Tabelle 66.1: Eigenwerte bei Addition der niedrigsten Drehimpulse Multiplett-Zustände: Singulett (S), Dublett (D), Triplett (T), Quadruplett (Q), Quintett (P)

3{2

1

1

1{2

0

II

0

0

0

im

I

iM

i2

i1

528 66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

529

66.4 Addition von Drehimpulsen

Hat m dabei den Wert 0, spricht man vom Singulett-Zustand, bei zwei, drei, vier und fünf Werten vom Dublett-, Triplett-, Quadruplett- und Quintett-Zustand, etc., die bei i “ 0, 1{2, 1, 3{2, 2, ... auftreten. An der Spalte mpiq der Tabelle erkennt man auch, dass Multiplett-Zustände zur Entartung führen, da gleiche m-Werte bei verschiedenen i-Werten auftreten. Einen guten Überblick über das Zusammenspiel der verschiedenen Quantenzahlen erhält man durch das Diagramm der Abbildung 66.1, [2, S. 208]. m2 1

V

P

i2

m

1

=

iM =

i1 +

i1

i2

−i1

m1

m =

i1

W

=

=

i2

m

J−(n)

m

−i2

Q

=

m

m

=

2

0

−i

1

)

i2

−i

+

=

(i 1

m



Abb. 66.1: Zusammenspiel der verschiedenen Quantenzahlen für das Beispiel i1 “ 3, i2 “ 2 Die zulässigen Werte der Quantenzahlen m1 und m2 erzeugen innerhalb des grünen Rechtecks l PVQW ein Raster der Gitterweite Eins, bei dem jeder Gitterpunkt einer festen Paarung pm1 , m2 q entspricht, der eine bestimmte Funktion oder ein bestimmter Ket-Vektor zugeordnet ist. Das Diagramm ist für ganzzahlige Quantenzahlen dargestellt und muss bei halbzahligen entsprechend abgewandelt werden wie im Beispiel der Abbildung 66.3.

530

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Die Doppelsumme der Clebsch-Gordan-Koeffizienten würde alle Gitterpunkte im grünen Rechteck erreichen. Dagegen erfasst die Einfachsumme (66.32) jeweils nur die Punkte einer der blauen Diagonalen. Die Anzahl N der Summanden erreicht nur im Mittelteil den Maximalwert N “ 2i1 ´ 1, da außerhalb des grünen Rechtecks die Ket-Vektoren Null sind. Auf den blauen Diagonalen der Anzahl 2iM `1 liegen Punkte mit Paarungen gleicher Summe m “ m1 `m2 , deren Anzahl über die Kategorie der Entartung entscheidet. Im Punkt P liegt der Quantenzustand mit der maximalen Quantenzahl mmax “ iM “ i1 ` i2 nach (66.33) vor, der durch einen einzigen Eigenvektor | iM , iM y gebildet wird. Auf`der benachbarten ˘ ˘ ` Diagonale mit m “ i1 `i2 ´1 liegen die beiden Paarungen pi1 ´1q, i2 und i1 , pi2 ´1q , auf der nächsten dann drei usw. Bei der schrittweisen Anwendung der Absteigeoperatoren J´ , J2´ , ... auf den Ausgangszustand in P werden die weiteren der insgesamt 2iM ` 1 Eigenvektoren als Linearkombinationen der Funktionen erzeugt, die in den Punkten der jeweiligen Diagonale vorliegen. Dadurch können alle Eigenzustände des Gesamtdrehimpulses J zum Eigenwert iM bis zum Punkt Q mit dem Eigenvektor | iM , ´iM y ermittelt werden. Man kann in äquivalenter Weise vom Punkt Q ausgehen und durch schrittweise Anwendung der Aufsteigeoperatoren J` , J2` , ... die Eigenvektoren bis zum Punkt P berechnen. Im Abschnitt 66.4.5.1 werden beide Vorgehensweisen durch konkrete Berechnung verdeutlicht. Durch die Berechnung der Eigenvektoren und ihre Normierung werden die Clebsch-Gordan-Koeffizienten bestimmt, deren eindeutige Festlegung als reelle Zahlen aus der Darstellung (66.9) mit (66.11) für den Gesamtdrehimpuls folgt, die in entsprechender Weise auch für die Einzeldrehimpulse gilt. a J˘ | i my “  ipi ` 1q ´ mpm ˘ 1q | i, m ˘ 1y a J˘ | ik mk y “  ik pik ` 1q ´ mk pmk ˘ 1q | ik , mk ˘ 1y Die Wahl der relativen Phasen der Eigenvektoren bei der Bestimmung von Koeffizienten entspricht der bei der Beziehung (52.14) diskutierten Phasenkonvention von Condon und Shortley.

66.4.3

Konkrete Einzeldrehimpulse

Ein Teilchen, das sowohl einen Bahndrehimpuls L als auch einen Spin S besitzt, hat den vektoriellen Gesamtdrehimpuls J, der sich additiv aus

531

66.4 Addition von Drehimpulsen

beiden zusammensetzt. Nach (65.28) wird dem Zusammenhang entsprechend eine der beiden Schreibweisen verwendet. # J“L`S Ñ (66.38) J “ J1 ` J2 J “ L E ` S Alle drei hermiteschen Vektoroperatoren L, S und J erfüllen äquivalente Vertauschungsregeln, nämlich (62.4), (65.8) und (66.2). Da Bahndrehimpuls und Spin auf unterschiedliche Variable wirken und daher verschiedene Freiheitsgrade eines quantenmechanischen Systems beschreiben, kommutieren alle Komponenten von L mit denen von S gemäß (66.16). vv ww L ξ , Sη “ 0 für ξ, η “ x, y, z (66.39) Besteht das System aus mehreren Teilchen, dann gilt eine entsprechende Summation. ÿ ÿ ÿ Ji “ E S “ L E ` S J “ Li ` i i

i

i

Da Operatoren kommutieren, die auf unabhängige Variable verschiedener Teilchen wirken, sind auch die Kommutatoren aller Komponenten jeweils Null, [5, S. 270, 312]. ww vv ww vv ww vv Si ξ , S k η “ 0 , Jiξ , Jkη “ 0 pi ‰ kq (66.40) Liξ , Lkη “ 0 ,

66.4.4

Addition zweier Spins

Der einfachste Fall eines Gesamtdrehimpulses liegt vor bei Addition zweier Teilchen mit Spin 1{2, der beim Wasserstoffatom mit Proton und Elektron oder beim Heliumatom mit zwei Elektronen auftritt. Der Gesamtdrehimpuls ist daher der Gesamtspin S. ^

J “ S “ S1 ` S2 ,

^

Jz “ Sz “ S1z ` S2z

(66.41)

Die Einzelspins Sk besitzen die Quantenzahlen s1,2 “ 1{2 mit den Laufgrößen m1,2 “ t`1{2, ´1{2u und ihre Eigenvektoren haben nach (65.12) jeweils die Spinor-Darstellung $ ˇ D ^ ˇ D ˇÒ & ˇ 1{2 , `1{2 “ | χk y “ | sk mk y “ pk “ 1, 2q (66.42) ^ ˇˇ D % ˇˇ 1{2 , ´1{2D “ Ó

532

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Daraus ergeben sich die Quantenzahlen ps, mq des Gesamtspins S, die wegen der Extremwerte iM “ ˆ sM “ s1 ` s2 “ 1 und im “ ˆ sm “ s1 ´ s2 “ 0 nach (66.36) nur folgende Werte annehmen können, aus denen Verbundzustände der Anzahl M “ p2s1 ` 1qp2s2 ` 1q “ 4 gemäß (66.28) resultieren. # s “ tsM “ 1, sm “ 0u

Ñ

mpsM q “ `1, 0, ´1 mpsm q “

0

Diese Werte traten bereits in Zeile III der Tabelle 66.1 auf. Die Eigenvektoren des Systems S1 nach (66.21) werden durch die folgenden vier Verbundzustände gemäß (66.27) dargestellt.

| s1 m1 y | s2 m2 y

Ñ

$ ˇ Dˇ D & ˇÒ ˇÒ “ % ˇˇ D ˇˇ D Ò Ó “

ˇ D ˇ ÒÒ , ˇ D ˇ ÒÓ ,

ˇ Dˇ D ˇ D ˇ Ó ˇ Ó “ ˇ ÓÓ ˇ Dˇ D ˇ D ˇ Ó ˇ Ò “ ˇ ÓÒ

Die Eigenvektoren | s my des Gesamtspins S kann man nach (66.32) formulieren, wobei die Clebsch-Gordan-Koeffizienten noch unbestimmt bleiben, außer wegen (66.37) und der Normierung im ersten und dritten Fall. ˇ D ˇ D Dˇ D p1q ˇ ˇ 1{2 , `3{2 ` Ap2q ˇ 1{2 , `1{2 ˇ 1{2 , `1{2 | 1, 1y “ ACG ˇ 1{2 , ´1{2 loooooomoooooon CG loomoon “0

| 1, 0y “

p1q ACG

“1

ˇ ˇ Dˇ D Dˇ D ˇ 1{2 , ´1{2 ˇ 1{2 , `1{2 ` Ap2q ˇ 1{2 , `1{2 ˇ 1{2 , ´1{2 CG

Dˇ D D ˇ D p1q ˇˇ p2q ˇˇ ˇ ˇ 1{2 , ´3{2 | 1, ´1y “ loAomo CG on 1{2 , ´1{2 1{2 , ´1{2 ` ACG 1{2 , `1{2 loooooomoooooon | 0, 0y “

“1 p1q ACG

“0

ˇ ˇ Dˇ D Dˇ D ˇ 1{2 , ´1{2 ˇ 1{2 , `1{2 ` Ap2q ˇ 1{2 , `1{2 ˇ 1{2 , ´1{2 CG

Gemäß (66.23) weist die z-Komponente Sz “ S1z ` S2z des Gesamtspins die gleichen Eigenvektoren auf, die in symbolischer Darstellung folgende Eigenwertgleichungen erfüllt. Dabei wirkt der Operator Skz nur auf den Eigen-

66.4 Addition von Drehimpulsen

533

vektor | χk y ein. Wie bei (66.30) folgen mit (65.14) die Beziehungen ˇ D ” ˇ D ıˇ D ˇ D ı ˇ D ” Sz ˇ ÒÒ “ S1z ˇ Ò 1 ˇ Ò 2 ` ˇ Ò 1 S2z ˇ Ò 2 ˇ D 1 ˇ D 1 ˇˇ D ˇˇ D  Ò 1 Ò 2 ` ˇÒ 1  ˇÒ 2 2 2 ˇ D ˇ “ `  ÒÒ ˇ D ” ˇ D ıˇ D ˇ D ı ˇ D ” Sz ˇ ÒÓ “ S1z ˇ Ò 1 ˇ Ó 2 ` ˇ Ò 1 S2z ˇ Ó 2 “

ˇ D 1 ˇ D 1 ˇˇ D ˇˇ D  Ò 1 Ó 2 ´ ˇÒ 1  ˇÓ 2 2 2 “0 “

und in entsprechender Weise die restlichen, an denen man insgesamt die Eigenwerte `, 0, ´ ablesen kann. ˇ D ˇ D Sz ˇ ÓÓ “ ´  ˇ ÓÓ ˇ D Sz ˇ ÓÒ “ 0 Mit dem Absteigeoperator S´ wird der nächstniedrigere Eigenvektor entweder in symbolischer Form nach (65.20) oder in Matrixform gemäß (66.13) bestimmt, wobei im zweiten Fall das direkte Produkt dem Nebeneinanderstellen der Spaltenvektoren entspricht. ˇ D ıˇ D ˇ D ı ˇ D ” ˇ D ” S´ ˇ ÒÒ “ S1´ ˇ Ò 1 ˇ Ò 2 ` ˇ Ò 1 S2´ ˇ Ò 2 ˇ D ˇ D ˇ D ˇ D “  ˇÓ 1 ˇÒ 2 ` ˇÒ 1  ˇÓ 2 ” ˇ D ˇ Dı “  ˇ ÓÒ ` ˇ ÒÓ „ ˆ ˙ˆ ˙jˆ ˙ ˆ ˙„ ˆ ˙ˆ ˙j ˇ D 0 0 1 1 1 0 0 1 ˇ S´ ÒÒ “  `  1 0 0 0 0 1 0 0 ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ 0 1 1 0 “ ` 1 0 0 1 Die vier gemeinsamen Eigenvektoren des Systems S2 nach (66.23) werden direkt oder aus Linearkombinationen der Eigenvektoren von S1 gebildet, die als

534

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Eigenzustände von hermiteschen Operatoren mit verschiedenen Eigenwerten zueinander orthogonal sind und normiert werden. Ihre Skalarprodukte müssen also entweder Null sein oder dem Normquadrat N 2 “ 1 entsprechen. Damit gilt z.B., @ ˇ D N 2 “ ÒÒ ˇ ÒÒ “ 1 r2 “ N

˘ ˇ` ˘D ÒÓ ˘ ÓÒ ˇ ÒÓ ˘ ÓÒ @ ˇ D @ ˇ D @ ˇ D @ ˇ D “ ÒÓ ˇ ÒÓ ˘ ÒÓ ˇ ÓÒ ˘ ÓÒ ˇ ÒÓ ` ÓÒ ˇ ÓÒ @`

“1˘0˘0`1“2 womit folgt @ ˇ` ˘D @ ˇ D @ ˇ D ÒÒ ˇ ÒÓ ˘ ÓÒ “ ÒÒ ˇ ÒÓ ˘ ÒÒ ˇ ÓÒ “0˘0“0 @` ˘ˇ` ˘D @ ˇ D @ ˇ D @ ˇ D @ ˇ D ÒÓ ` ÓÒ ˇ ÒÓ ´ ÓÒ “ ÒÓ ˇ ÒÓ ´ ÒÓ ˇ ÓÒ ` ÓÒ ˇ ÒÓ ´ ÓÒ ˇ ÓÒ “1´0`0´1“0 r die folgenden vier orthonorInsgesamt erhält man nach Division durch N 2 mierten Eigenvektoren der Operatoren S und Sz .

| s my “

$ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ & ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ %

ˇ D | 1, `1y “ ˇ ÒÒ 1 ” ˇˇ D ÒÓ ` | 1, 0y “ ? 2 ˇ D | 1, ´1y “ ˇ ÓÓ 1 ” ˇˇ D | 0, 0y “ ? ÒÓ ´ 2

ˇ ˇ ÓÒ

, / / / / Dı .

Ñ

Triplett pi “ iM “ 1q

Ñ

Singulett pi “ im “ 0q

/ / / / ˇ Dı ˇ ÓÒ

(66.43) Als Vorfaktoren der Kets ergeben sich ? die Clebsch-Gordan-Koeffizienten, ? die im Singulett-Fall die Werte `1{ 2 und ´1{ 2 aufweisen.

66.4.5

Addition von Bahndrehimpuls und Spin

Betrachtet wird ein Teilchen, dass neben seinem Bahndrehimpuls L auch einen Spin S besitzt. Sein Gesamtdrehimpuls ist daher in Operatorschreib-

535

66.4 Addition von Drehimpulsen

weise J“L`S

(66.44)

Die Quantenzahlen der Operatoren werden folgendermaßen bezeichnet, J z , Lz , Sz

Ñ

i, , s

und

m i , m , ms

wobei nach der erweiterten Auswahlregel (66.31) mi “ m ` ms gilt. Die gemeinsamen Eigenfunktionen der Operatoren L2 und Lz sind die Kugelflächenfunktionen Y m pϑ, ϕq nach (52.13) und (53.14) mit den Quantenzahlen  “ 0, 1, 2, ... und m “ ´, ... , ` und diejenigen der Operatoren S2 und Sz sind die Spinoren χ s m mit ms “ ´s, ... , `s, die wie bei (66.14) s aus den Spalten der Einheitsmatrix der Ordnung 2s ` 1 gebildet werden. Gemäß (52.11) und (66.14) sind beide Funktionssätze und damit auch die zugehörigen Ket-Vektoren orthonormiert. + # ^ x m |  m1 y “ δ m m1 |  m y “ Y m pϑ, ϕq Ñ (66.45) ^ 1y “ δ | s ms y “ χ s m 1 xs m | s m s m m s s s s Die Operatoren L2 , S2 , Lz und Sz bilden nach (66.21) ein System S1 mit gemeinsamen Eigenfunktionen in entsprechender Eigenvektorschreibweise. ^

|  s m ms y “ |  m y | s ms y “ Ψ  s m ms “ Y m pϑ, ϕq χ s m

s

(66.46)

Bei den Summenoperatoren J2 und Jz des Systems S2 nach (66.23) durchlaufen die Quantenzahlen i und mi gemäß (66.36) folgende Wertebereiche. i “ iM , iM ´ 1, ... , im

mit

iM “  ` s und im “ |  ´ s |

Dabei weist jede Position der trapezförmigen Anordnung ein anderes Paar pi, mi q von Quantenzahlen des Gesamtdrehimpulses auf.

mi “

$ iM , iM ´ 1, iM ´ 2, . . . , ´ iM ` 2, ´ iM ` 1, ´ iM ’ ’ ’ ’ ’ & iM ´ 1, iM ´ 2, . . . , ´ iM ` 2, ´ iM ` 1 ’ ’ ’ ’ ’ %

iM ´ 2, . . . , ´ iM ` 2 .. . i m , . . . , ´ im

(66.47)

536

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Zu allen Positionen in diesem Schema müssen die Ket-Vektoren oder Spinoren | i mi y ermittelt werden. Sie sind gemeinsame Eigenvektoren EV im System S2 der Operatoren J2 , Jz , L2 , S2 , die in der folgenden Darstellung mit Matrixindizierung aufgeführt sind. Bei ihrer Berechnung geht man in diesem Schema zeilenweise vor, wobei die einmal gewählten Werte für  und s in einer Zeile fest bleiben. $ EV10 , EV11 , EV12 , . . . , EV1,2iM ´2 , EV1,2iM ´1 , EV1,2iM ’ ’ ’ ’ & EV21 , EV22 , . . . , EV2,2iM ´2 , EV2,2iM ´1 ^ | i mi y “ ’ EV32 , . . . , EV3,2iM ´2 ’ ’ ’ .. % . (66.48) Die zueinander orthogonalen Eigen- oder Ket-Vektoren sind Spaltenvektoren, die auch als Spin-Winkelfunktionen mit speziellem Symbol Y bezeichnet werden, bei dem die oberen Indizes die Quantenzahlen (QZ) des Gesamtdrehimpulses und die unteren die der Einzeldrehimpulse angeben. Dabei enthalten die Komponenten von Y den Winkelanteil der Spinorwellenfunktionen Ψpr, sq in der Darstellung (65.36), der den Kugelflächenfunktionen Ym pϑ, ϕq entspricht, sowie die Spinoren χ. Ð QZ des Gesamtdrehimpulses Ð QZ der Einzeldrehimpulse

| i mi y “ Y i,,smi pϑ, ϕq

(66.49)

Nach (66.32) gelten für die Eigenvektoren folgende Darstellungen, bei der sich die Summe über ms wegen der oft kleineren Zahl s als günstiger erweist. | i mi y “

` ÿ

pm q

ACG |  m y | s pmi ´ m qy

m “´ `s ÿ

(66.50)

pm q ACGs “ ms “´s

|  pmi ´ ms qy | s ms y

Der Eigenvektor EV10 für die maximale Quantenzahl i “ iM “  ` s lautet mit der Summendarstellung über s, ^

EV10 “ |  ` s,  ` sy “

p´sq

ACG | ,  ` 2sy | s, ´sy p´s`1q

` ACG

ps´1q

` ACG

p`sq

| ,  ` 2s ´ 1y | s, ´s ` 1y .. . | ,  ` 1y | s, s ´ 1y

` ACG | ,  y | s, sy

(66.51)

66.4 Addition von Drehimpulsen

537

bei der wegen (52.14) bzw. (66.37) nur der letzte Summand mit | ,  y ‰ 0 von Null verschieden ist. Der normierte Starteigenvektor für die erste Zeile von (66.47), der in psq Abbildung 66.1 im Punkt P vorliegt, lautet mit ACG “ 1 daher EV10 Ñ

| iM , iM y “ |  ` s,  ` sy “ | ,  y | s, sy

(66.52)

Die Potenzen des Absteigeoperators J´ nach (66.9) und (66.11) werden auf den Starteigenvektor angewendet und bestimmen die Kette der Eigenzustände EV1k “ Jk´ pEV10 q zu den Eigenwerten mi “ iM ´ k für alle weiteren mi -Werte der ersten Zeile von (66.47) bis zur Quantenzahl mi “ ´ iM im Punkt Q. In Operatorschreibweise lautet der Absteigeoperator nach (66.44), J´ “ Jx ´ j Jy “ Lx ` Sx ´ j pLy ` Sy q “ Lx ´ j Ly ` Sx ´ j Sy “ L´ ` S´ wobei nach (53.13) und (65.18) für die beiden Einzeloperatoren gilt a L´ | ,  ´ py “  p ` 1q ´ p ´ pqp ´ p ´ 1q | ,  ´ p ´ 1y a “  p2 ´ pqpp ` 1q | ,  ´ p ´ 1y (66.53) a S´ | s, s ´ qy “  sps ` 1q ´ ps ´ qqps ´ q ´ 1q | s, s ´ q ´ 1y a “  p2s ´ qqpq ` 1q | s, s ´ q ´ 1y Die schrittweise Anwendung des Absteigeoperators J´ auf den Startvektor EV10 und die weiteren Vektoren EV1k führt auf die folgenden noch un„“ ˆ |..y„ q, bei denen die einzelnen Summannormierten Eigenvektoren pEV1k den auf den Pfaden in Abbildung 66.2 entstehen, die durch die roten bzw. blauen Pfeile markiert werden. Dabei tragen nur diejenigen Ket-Vektoren zum Ergebnis bei, deren Gitterpunkte innerhalb des Rechtecks l PVQW der Abbildung 66.1 liegen, das durch die Vorgabewerte i1 “  und i2 “ s gebildet wird, da die Radikanden der Absteigeoperatoren L´ und S´ außerhalb dieses Rechtecks Null werden. Für die weitere Rechnung wird  ě s angenommen, um die Betragsstriche beim minimalen im -Wert zu vermeiden. Bei der Berechnung wirken die Absteigeoperatoren L´ und S´ wie in der

538

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Eigenwertgleichung (66.30) für Jz nur auf die zugehörigen Ket-Vektoren ein. Im einzelnen erhält man in der ersten Zeile der Eigenvektoren die folgenden unnormierten Ket-Vektoren. EV11„ Ñ J´ |  ` s,  ` sy “ |  ` s,  ` s ´ 1y„ “ pL´ ` S´ q | ,  y | s, sy “ ‰ “ ‰ “ L´ | ,  y | s, sy ` | , y S´ | s, sy “

?  2 | ,  ´ 1y | s, sy ? `  2s | ,  y | s, s ´ 1y

EV12„ Ñ J2´ |  ` s,  ` sy “ |  ` s,  ` s ´ 2y„ “ J´ |  ` s,  ` s ´ 1y “ ? “ pL´ ` S´ q  2 | ,  ´ 1 y | s, sy ? ‰ `  2s | , y | s, s ´ 1y ? a “ 2 2 p2 ´ 1q 2 | ,  ´ 2y | s, sy ? ? ` 22 2 2s | ,  ´ 1y | s, s ´ 1y ? a ` 2 2s p2s ´ 1q 2 | ,  y | s, s ´ 2y EV13„ Ñ J3´ |  ` s,  ` sy “ |  ` s,  ` s ´ 3y„ a ? a “ 3 2 p2 ´ 1q 2 p2 ´ 2q 3 | ,  ´ 3y | s, sy ? a ? ` 33 2 p2 ´ 1q 2 2s | ,  ´ 2y | s, s ´ 1y ? ? a ` 33 2 2s p2s ´ 1q 2 | ,  ´ 1y | s, s ´ 2y a ? a ` 3 2s p2s ´ 1q 2 p2s ´ 2q 3 | ,  y | s, s ´ 3y .. . Da alle Ket-Vektoren | ,  ´ py und | s, s ´ qy der Summanden der rechten Seiten nach (66.45) orthonormiert sind, erhält man die Normierung der b@ D „ „ Eigenvektoren EV1k durch Division mit der Norm N1k “ EV1k , EV1k„ , die der Wurzel aus der Summe der Quadrate der einzelnen Koeffizienten ent-

539

66.4 Addition von Drehimpulsen

spricht. 2 “ x  ` s,  ` s ´ 1 |  ` s,  ` s ´ 1 y„ N11

“ 22 p ` sq 2 N12 “ x  ` s,  ` s ´ 2 |  ` s,  ` s ´ 2 y„ ` ˘2 “ ‰ “ 22  p2 ` 2s ´ 1q ` s p2 ` 2s ´ 1q ˘` ˘ ` ˘2 `  ` s 2p ` sq ´ 1 “ 22 2 N13 “ x  ` s,  ` s ´ 3 |  ` s,  ` s ´ 3 y„ ` ˘2 “ ` ˘` ˘ ` ˘` ˘‰ “ 3 23 2 2 ´ 1  ` 3s ´ 1 ` 2s 2s ´ 1 s ` 3 ´ 1 .. .

Die Vorfaktoren der Ket-Vektoren stellen dann die Clebsch-GordanKoeffizienten dar. c EV11 :

|  ` s,  ` s ´ 1y “ `

c

 | ,  ´ 1y | s, sy `s

s | ,  y | s, s ´ 1y `s

d EV12 :

|  ` s,  ` s ´ 2y “

 p2 ´ 1q ˘` ˘ | ,  ´ 2y | s, sy  ` s 2p ` sq ´ 1

` d

`2

`s

` d

`

EV13 :

|  ` s,  ` s ´ 3y “

s ˘` ˘ | ,  ´ 1y | s, s ´ 1y 2p ` sq ´ 1

s p2s ´ 1q ˘` ˘ | ,  y | s, s ´ 2y  ` s 2p ` sq ´ 1

`

|  ` s,  ` s ´ 3y„ N13

Bei Fortführung wird der algebraische Aufwand allerdings immer größer.

540

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse 

  

  

  



 



 



Abb. 66.2: Ausschnitt aus Abbildung 66.1 mit Angabe der ersten Ket-Vektoren Die Eigenvektoren EV2k der mi -Werte der zweiten Zeile von (66.47) sind wegen der verschiedenen Quantenzahlen nach der Kernaussage (43.10) zu den bereits berechneten Eigenvektoren EV1k der ersten Zeile orthogonal. Führt man beim Eigenwert mi “ iM ´ 1 die Summe (66.50) für den Eigenvektor EV21 aus, dann sind zwei Summanden von Null verschieden, deren Ket-Vektoren in Abbildung 66.2 als blaue Punkte angegeben sind. Daher macht man für den Starteigenvektor der zweiten Zeile folgenden Ansatz, bei dem die Faktoren α und β die zugehörigen Clebsch-GordanKoeffizienten ACG sind, EV21 :

|  ` s ´ 1,  ` s ´ 1y “ α | , y | s, s ´ 1y ` β | ,  ´ 1 y | s, sy

die aus Orthogonalität und Normierung bestimmt werden. x EV11 | EV21 y “ 0

Ñ

x  ` s,  ` s ´ 1 |  ` s ´ 1,  ` s ´ 1 y c c s  `β “0 “α `s `s

x EV21 | EV21 y “ 1

Ñ

x  ` s ´ 1,  ` s ´ 1 |  ` s ´ 1,  ` s ´ 1 y

ñ

“ α2 ` β 2 “ 1 c c  s α“ , β“´ `s `s

541

66.4 Addition von Drehimpulsen

Die Wahl der Vorzeichen der Koeffizienten erfolgt nach der oben erwähnten Phasenkonvention von Condon und Shortley. Der normierte Starteigenvektor für die zweite Zeile von (66.47) lautet damit, EV21 :

c

 | ,  y | s, s ´ 1y `s

c

s | ,  ´ 1y | s, sy `s

|  ` s ´ 1,  ` s ´ 1y “ ` ´

der durch die Ket-Vektoren in den blauen Punkten der Abbildung 66.2 gebildet wird. Der nächste Eigenvektor wird dann in den durch die blauen Pfeile markierten grünen Punkten berechnet. EV22„ Ñ J´ |  ` s ´ 1,  ` s ´ 1 y c p2 ´ 1q 2s “ ´ | ,  ´ 2 y | s, sy `s c 2 ` p ´ sq | ,  ´ 1 y | s, s ´ 1y `s c 2 p2s ´ 1q | , y | s, s ´ 2 y ` `s Mit der Norm N22 “

b

x EV22„ | EV22„ y “ 

a

2p ` s ´ 1q

erhält man den normierten Eigenvektor EV22 :

|  ` s ´ 1,  ` s ´ 2y “

J´ |  ` s ´ 1,  ` s ´ 1y N22

und durch wiederholte Anwendung des Operators J´ und Normierung wird die Kette der Eigenvektoren EV2k dieser Zeile bestimmt. Für die dritte Zeile mit dem Eigenwert iM ´ 2 werden die Koeffizienten

542

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

des Startvektors EV32 :

|  ` s ´ 2,  ` s ´ 2y “ α | ,  ´ 2y | s, sy `β | ,  ´ 1 y | s, s ´ 1y `γ | ,  y | s, s ´ 2y

aus der Normierung x EV32 | EV32 y “ α2 ` β 2 ` γ 2 “ 1 und den beiden Orthogonalitätsbeziehungen bestimmt, die bereits durch Kürzung reduziert sind, a a ? x EV12 | EV32 y “ 0 Ñ ` α  p2 ´ 1q ` 2β  s ` γ s p2s ´ 1q “ 0 a a x EV22 | EV32 y “ 0 Ñ ´ α p2 ´ 1q s ` β p ´ sq ` γ  p2s ´ 1q “ 0 Die Konstanten lauten nach Zwischenrechnung d , s p2s ´ 1q / / / α “ ´γ /  p2 ´ 1q . 1 γ“a c / p ` sqp2 ` 2s ´ 3q ` 1 / / 2s ´ 1 / β “ `γ  In entsprechender Weise wird die Kette der Eigenvektoren EV3k dieser Zeile mit den Potenzen des Operators J´ berechnet und durch Division mit N3k normiert. Die Fortsetzung dieses Verfahrens liefert mit steigendem Aufwand für beliebige Werte  und s alle Eigenvektoren und Koeffizienten. In der Literatur werden Symmetrie- und Rekursionsbeziehungen für die Clebsch-Gordan-Koeffizienten angegeben, mit denen die Berechnungen einfacher durchgeführt werden können, [5, S. 320], [29, S. 212]. 66.4.5.1

Elektron als besonderer Fall:  und s “ 1{2

Bei einem Elektron der Quantenzahl  und dem Spin s “ 1{2 gelten die zugehörigen Quantenzahlen m “ t`, ... , ´u ms “ t`1{2, ´1{2u

(66.54)

543

66.4 Addition von Drehimpulsen

so dass das Schema (66.47) nur aus zwei Zeilen besteht und alle Eigenvektoren höchstens aus zwei Ket-Vektoren zusammengesetzt sind. Ein solch einfacher Fall wurde bereits im Abschnitt 66.4.4 behandelt. Mit iM “  ` 1{2 und im “ |  ´ 1{2 | lauten die Quantenzahlen des Gesamtdrehimpulses J (  (  i “ iM , im “  ` 1{2, |  ´ 1{2 | (66.55) #  ` 1{2,  ´ 1{2, ... , ´ p ´ 1{2q, ´ p ` 1{2q mi “ |  ´ 1{2 | , ... , ´ |  ´ 1{2 | 



  











Abb. 66.3: Quantenzahldiagramm für  “ 0, 1, 2 und s “ 1{2 Für  “ 0 erhält man nur einen Wert i “ iM “ im “ 1{2 und nach (66.50) mit mi “ t`1{2, ´1{2u zwei orthogonale Eigenvektoren in den gelben Punkte der Abbildung 66.3, wobei wegen der Normierung ACG “ 1 gilt. ˆ | 1{2, `1{2y “ ACG | 0, 0y | 1{2, `1{2y “ Y00 | Òy EV10 “ ˆ | 1{2, ´1{2y “ ACG | 0, 0y | 1{2, ´1{2y “ Y00 | Óy EV11 “ Für  ą 0 entstehen aus i “  ˘ 1{2 jeweils zwei Summanden, aus denen die Eigenvektoren gebildet werden. p`sq

p´sq

| i mi y “ ACG | , pmi ´ 1{2qy | 1{2, 1{2y ` ACG | , pmi ` 1{2qy | 1{2, ´1{2y Für den Fall  “ 1 erhält man mit den obigen allgemeinen Ergebnissen die folgenden Quantenzahlen. Dabei kann ein bestimmter Wert mi stets auf

544

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

zwei verschiedene Weisen aus m und ms wie im Beispiel zusammengesetzt werden. $ 1 1 3 3 ’ # ’ ` ´ ´ ` " * & 0 ` 1{2 2 2 2 2 3 1 1 i“ ñ mi “ “ , Ñ mi “ ’ 2 2 2 1 ´ 1{2 1 1 ’ % ´ ` 2 2 Die zugehörigen Eigenvektoren | i, mi y für das grüne Rechteck lauten ˇ D ˆ | 3{2, `3{2 y “ Y11 ˇ Ò EV10 “ c c ˇ D ˇ D 2 1 EV11 “ Y10 ˇ Ò ` Y11 ˇ Ó ˆ | 3{2, `1{2 y “ 3 3 c c ˇ D 1 ˚ ˇˇ D 2 EV12 “ Y11 Ò ` Y10 ˇ Ó ˆ | 3{2, ´1{2 y “ 3 3 ˇ D ˚ ˇ Ó ˆ | 3{2, ´3{2 y “ Y11 EV13 “ c

EV21 EV22

c ˇ D 1 2 Y10 ˇ Ò ` Y11 “ ˆ | 1{2, `1{2 y “ ´ 3 3 c c 2 ˚ ˇˇ D 1 Y11 Ò ` Y10 “ ˆ | 1{2, ´1{2 y “ ´ 3 3

ˇ D ˇÓ ˇ D ˇÓ

Für den Fall  “ 2 und das blaue Rechteck ergeben sich mit der Absteigemethode die drei Eigenvektoren im oberen Teil der weiter unten angegebenen Liste. Für den restlichen Teil der Eigenvektoren der ersten Zeile beginnt man im Punkt Q und wendet den Aufsteigeoperator J` “ L` ` S` an, da dann der algebraische Aufwand geringer ausfällt. Im Punkt Q hat der Eigenvektor EV1,2iM nach (66.50) die allgemeine Summendarstellung, | iM , ´iM y “ |  ` s, ´p ` sqy “

p´sq

ACG | , ´ y | s, ´sy p´s`1q

` ACG

ps´1q

` ACG

p`sq

| , ´ p ` 1qy | s, ´s ` 1y .. . | , ´ p ` 2s ´ 1qy | s, s ´ 1y

` ACG | , ´ p ` 2sqy | s, sy

545

66.4 Addition von Drehimpulsen

bei der wegen (66.37) nur der erste Summand mit | , ´ y ‰ 0 von Null verschieden ist. Damit lautet der Starteigenvektor im Punkt Q ˇ D EV1,2iM “ ˆ | , ´ y | s, ´sy “ Y˚ ˇ Ó Für die beiden Anteile des Aufsteigeoperators gilt,

L` | , ´  ` py “ 

a p ` 1q ´ pp ´ qpp ´  ` 1q | , ´  ` p ` 1y a “  p2 ´ pqpp ` 1q | , ´  ` p ` 1y

S` | s, ´ s ` qy “ 

a sps ` 1q ´ pq ´ sqpq ´ s ` 1q | s, ´ s ` q ` 1y a “  p2s ´ qqpq ` 1q | s, ´ s ` q ` 1y

bei denen die gleichen Wurzeln wie in (66.53) auftreten. Dadurch ergeben sich in symmetrischer Weise die gleichen Faktoren und Normierungen der Eigenvektoren, allerdings mit konjugierten Kets, die im unteren Teil der folgenden Liste angegeben sind. EV10 “ ˆ

| 5{2, `5{2 y “

ˇ D Y22 ˇ Ò c

ˆ EV11 “

| 5{2, `3{2 y “ | 5{2, `1{2 y

.............

..................

ˆ EV13 “

| 5{2, ´1{2 y

EV14 “ ˆ

| 5{2, ´3{2 y

EV15 “ ˆ

| 5{2, ´5{2 y

c

ˇ D 1 Y22 ˇ Ó 5

c ˇ D ˇ D 3 2 Y20 ˇ Ò ` Y21 ˇ Ó “ 5 5 ............................................... c c 2 ˚ ˇˇ D 3 ˚ ˇˇ D Y21 Ò ` Y Ó “ 5 5 20 c c 1 ˚ ˇˇ D 4 ˚ ˇˇ D Y22 Ò ` Y Ó “ 5 5 21 ˇ D ˚ ˇÓ “ Y22 c

EV12 “ ˆ

ˇ D 4 Y21 ˇ Ò ` 5

546

66 Eigenschaften und Addition allgemeiner Drehimpulse

Für die zweite Zeile der mi -Werte ergeben sich folgende Eigenvektoren. c c ˇ D ˇ D 1 4 Y21 ˇ Ò ` Y22 ˇ Ó ˆ | 3{2, `3{2 y “ ´ EV21 “ 5 5 c c ˇ D ˇ D 2 3 EV22 “ Y20 ˇ Ò ` Y21 ˇ Ó ˆ | 3{2, `1{2 y “ ´ 5 5 c c 3 ˚ ˇˇ D 2 ˚ ˇˇ D EV23 “ Y21 Ò ` Y Ó ˆ | 3{2, ´1{2 y “ ´ 5 5 20 c c 4 ˚ ˇˇ D 1 ˚ ˇˇ D EV24 “ Y22 Ò ` Y Ó ˆ | 3{2, ´3{2 y “ ´ 5 5 21 Bei beliebigen Werten  ą 0 und s “ 1{2 kann man allgemeine Beziehungen für die Eigenvektoren angeben, die wegen der Spinoren Spaltenvektoren darstellen, [28, S. 42], [29, S. 216], [31, S. 199]. Für die Werte i “ iM “  ` 1{2 mit mi “  ` 1{2, ... , ´p ` 1{2q erhält man folgende Eigenvektoren, wobei die Vorfaktoren die Clebsch-GordanKoeffizienten darstellen, ˇ  ˇ  ˇ iM , mi “ ˇ  ` 1{2, mi c c ˇ  ˇ   ` mi ` 1{2 ˇˇ  ´ mi ` 1{2 ˇˇ , mi ´ 1{2 ˇ Ò ` , mi ` 1{2 ˇ Ó “` 2 ` 1 2 ` 1 und für die Werte i “ im “  ´ 1{2 mit mi “  ´ 1{2, ... , ´p ´ 1{2q ergeben sich die weiteren Eigenvektoren, die gemäß (66.45) zu den ersten orthogonal sind. ˇ  ˇ  ˇ im , mi “ ˇ  ´ 1{2, mi c c ˇ  ˇ   ´ mi ` 1{2 ˇˇ  ` mi ` 1{2 ˇˇ , mi ´ 1{2 ˇ Ò ` , mi ` 1{2 ˇ Ó “´ 2 ` 1 2 ` 1 Für eine kompaktere Darstellung in Matrixform ersetzt man auf den rechten Seiten die Ket-Vektoren nach (66.46) durch Kugelflächenfunktionen und die Spinoren durch die Spalten der Einheitsmatrix gemäß (65.12). ˇ D ˇÒ “

ˆ ˙ 1 , 0

ˇ D ˇÓ “

ˆ ˙ 0 1

547

66.4 Addition von Drehimpulsen

Auf den linken Seiten führt man die Spaltenvektoren der Spin-Winkelfunktionen (66.49) ein unter Angabe der Quantenzahlen i “  ˘ 1{2 bei festem Wert s “ 1{2 für den Spin, ˜ ¸ ˜ˇ ¸ ˇ  ` 1{2, mi Y ,mi ´1{2 pϑ, ϕq ˘1{2, mi ˇ pϑ, ϕq „ Y , 1{2  „ ˇ  ´ 1{2, mi Y ,m `1{2 pϑ, ϕq i

die nach (66.23) bzw. (66.48) gemeinsame Eigenfunktionen im System der vertauschbaren Operatoren J2 , Jz , L2 und S2 sind. Damit kann man die beiden obigen Eigenvektorergebnisse zu zweikomponentigen Spaltenvektoren zusammenfassen und erhält schließlich die gesuchten Spin-Winkelfunktionen in Matrixform mit den Quantenzahlen nach (66.55), [5, S. 321], [28, S. 38, 42], [29, S. 216]. ˛ ¨ a ˘  ˘ mi ` 1{2 Y ,mi ´1{2 pϑ, ϕq 1 ˘1{2, m ‚ ˝ a Y ,1{2 i pϑ, ϕq “ ? 2 ` 1 `  ¯ mi ` 1{2 Y ,mi `1{2 pϑ, ϕq (66.56) Die Matrix der Clebsch-Gordan-Koeffizienten ¨ c c  ` mi ` 1{2  ´ mi ` 1{2 ` ˚` 2 ` 1 2 ` 1 ˚ M CG “ ˚ c ˚ c ˝  ´ mi ` 1{2  ` mi ` 1{2 ` ´ 2 ` 1 2 ` 1

˛ ‹ ‹ ‹ ‹ ‚

ist unimodular und ihrer Inversen gleich. det M CG “ 1 ,

M´1 CG “ M CG

Ñ

M2CG “ E

Zur Darstellung der vollständigen Form der Eigenvektoren tritt bei Problemen in Kugelkoordinaten noch die normierte Radialfunktion gemäß (65.33) hinzu, die nur bei Kenntnis einer gegebenen Potentialfunktion berechnet werden kann, so dass man abschließend die folgende vollständige Lösung für ein Elektron mit dem Spin s “ 1{2 erhält. ˘1{2, mi

Ψprq “ Rn prq Y , 1{2

pϑ, ϕq

(66.57)

Literatur zu Teil VI [1] Atkins, Peter / de Paula, Julio / Keeler, James: Physical Chemistry Oxford University Press, 11th ed. (2018) [2] Bartelmann, Matthias u.a.: Theoretische Physik III, Quantenmechanik Springer Spektrum (2018) [3] Blochinzew, Dmitrij J.: Grundlagen der Quantenmechanik VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 3. Aufl. (1961) [4] Brandt, Siegmund, Dahmen, Hans Dieter: Quantenmechanik in Bildern Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (2015) [5] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Quantum Mechanics Pearson Education Limited, 2. ed. (2000) [6] Cohen-Tannoudji, Claude / Diu, Bernard / Laloë, Franck: Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston, 5. Aufl. (2019) [7] Dirac, Paul: The Principles of Quantum Mechanics Oxford at the Clarendon Press, 3. ed. (1947) [8] Döring, Werner: Einführung in die Quantenmechanik Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 3. Aufl. (1960) 548

Literatur zu Teil VI

549

[9] Gasiorowicz, Stephen: Quantenphysik Oldenbourg Verlag, München, 10. Aufl. (2012) [10] Göpfert, Alfred / Riedrich, Thomas: Funktionalanalysis BSB B. G. Verlagsgesellschaft, Leipzig (1980) [11] Goldstein, Herbert: Klassische Mechanik Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 5. Aufl. (1978) [12] Gombas, Pal / Kisdi, David: Einführung in die Quantenmechanik und ihre Anwendungen Springer Verlag, Wien New York (1970) [13] Griffiths, David J.: Quantenmechanik Pearson München, 2. Aufl. (2012) [14] Hesse, Klaus: Halbleiter I Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich (1974) [15] Hund, Friedrich: Geschichte der Quantentheorie Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich, 2. Aufl. (1975) [16] Heber, Gerhard / Weber, Gerhard: Grundlagen der Quantenphysik I, Quantenmechanik B. G. Teubner, Stuttgart (1971) [17] Kleine Enzyklopädie Physik Herausgeber: Rennert, Peter / Schmiedel, Herbert / Weißmantel, Christian VEB Bibliographisches Institut Leipzig (1986) [18] Kreyszig, Erwin: Introductory Functional Analysis with Applications Wiley Classics Library Edition (1989)

550

Literatur zu Teil VI

[19] Kuypers, Friedhelm: Quantenmechanik Wiley-VCH Verlag, Weinheim (2020) [20] Neumann, John von: Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Reprint 2. Aufl. (1996) [21] Nowinski, J. L.: Applications of Functional Analysis in Engineering Plenum Press New York (1981) [22] Pereyra, Pedro: Fundamentals of Quantum Physics Springer Verlag Berlin, Heidelberg, (2012) [23] Rebhan, Eckhard: Theoretische Physik: Quantenmechanik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, (2008) [24] Reid, Constance: Hilbert Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York (1970) [25] Reid, Constance: Richard Courant 1888-1972 Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York (1979) [26] Reineker, Peter / Schulz, Michael / Schulz, Beatrix M.: Theoretische Physik III, Quantenmechanik 1 Wiley-VCH Verlag, (2007) [27] Rennert, Peter / Chassé, Angelika / Hergert, Wolfram: Einführung in die Quantenphysik Springer Spektrum Wiesbaden, (2013) [28] Rose, Morris E.: Relativistische Elektronentheorie I/II Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich (1971)

Literatur zu Teil VI

[29] Sakurai, Jun J. / Napolitano, Jim: Modern Quantum Mechanics Cambridge University Press, 3. ed. (2021) [30] Schiff, Leonhard I.: Quantum Mechanics McGraw-Hill Book Company, 3. ed. (1968) [31] Schwabl, Franz: Quantenmechanik (QM I) Springer Verlag Berlin, Heidelberg, 7. Aufl. (2007) [32] Tarassow, Lev V.: Symmetrie, Symmetrie! Strukturprinzipien in Natur und Technik Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin (1999) [33] Vogel, Helmut: Gerthsen Physik Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, 19. Aufl. (1995) [34] Wachter, Armin: Relativistische Quantenmechanik Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2005) [35] Werner, Wolfgang: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, I/II Springer Vieweg, Wiesbaden (2019)

Spektrum der Wissenschaft [36] Tobies, Renate: Emmy Noether SdW 8, 70 (2004)

551

Teil VII

Relativistische Quantenmechanik

553

Überblick Anfänglich wurde die Quantenmechanik entwickelt ohne Berücksichtigung der Relativitätstheorie, wodurch die Schrödinger-Gleichung keine kovariante Differentialgleichung darstellt. Sie ist daher unter Lorentz-Transformation nicht forminvariant, was aber durch das Relativitätsprinzip gefordert wird. Recht bald wurden deshalb von verschiedenen Forschern, darunter auch Schrödinger selbst, Überlegungen angestellt, um sie durch eine relativistische Gleichung zu ersetzen und in eine kovariante Form zu überführen. Dabei wurden die Prinzipien und Postulate gemäß Abschnitt 58.3 beibehalten, die der nichtrelativistischen Theorie zu Grunde liegen. Für die relativistische Beschreibung werden als Grundlage Vierervektoren und Lorentz-Transformation zunächst in einer kurzen Darstellung betrachtet. Aus den Bemühungen um die relativistischen Erweiterungen ging zunächst die Klein-Gordon-Gleichung hervor, die allerdings nur Teilchen mit dem Spin 0 behandeln kann. Zur Beschreibung von Elektronen konnte Dirac die nach ihm benannte Dirac-Gleichung entwickeln, die eine Matrixgleichung wie die Pauli-Gleichung ist, allerdings mit vierreihigen Matrizen. Die besondere Bedeutung der Dirac-Gleichung besteht darin, dass sie auf Grund negativer Energielösungen den Anlass gab für Dirac’s Löcher-Theorie und das Positron als Antiteilchen des Elektrons vorhersagte, das bei der Entwicklung der Theorie noch unbekannt war und erst kurze Zeit später in der kosmischen Strahlung entdeckt wurde. Zur Überprüfung der Ergebnisse wird mehrfach der nichtrelativistische Grenzfall untersucht, um sicherzustellen, dass die Lösungen physikalisch sinnvoll sind und dem Korrespondenzprinzip genügen. Im letzten Kapitel sind die zeitabhängigen Differentialgleichungen der Quantenmechanik nach ihren Urhebern tabellarisch zusammengestellt. 555

Kapitel 67

Vierervektoren der Raumzeit 67.1

Bedeutung der Vierer-Formulierung

Das Relativitätsprinzip von Albert Einstein fordert, dass alle Gesetze der Physik in gleichförmig gegeneinander bewegten Inertialsystemen die gleiche mathematische Form haben müssen, was als Forminvarianz bezeichnet wird und bedeutet, dass Vektorkomponenten bei Koordinatenwechsel den Regeln der Lorentz-Transformation gehorchen müssen, [4, S. 215]. Die Newton’schen Bewegungsgleichungen der klassischen Mechanik sind aber nur gegenüber der Galilei-Transformation forminvariant, die eine Fernwirkungstheorie darstellt, bei der Kräfte auf massebehaftete Körper unmittelbar und augenblicklich und daher mit unendlicher Geschwindigkeit wirksam werden. Da die Ausbreitung von Licht und Strahlung experimentell als nicht unendlich schnell erkannt wurde und diese Ausbreitungsgeschwindigkeit c im Vakuum von Einstein als fundamentale Größe und oberste Grenze für materielle Körper postuliert wurde, konnte mit der Lorentz-Transformation die Revision der klassischen Gesetze gefunden werden, bei der auch die Gleichzeitigkeit von Ereignissen eine Neubewertung erfuhr. Als Ergebnis sind alle physikalischen Gesetze, die die Lorentz-Transformation erfüllen, forminvariant, worunter auch die Maxwell’schen Gleichungen der Elektrodynamik als Nahwirkungstheorie fallen. Die Eigenschaft der Forminvarianz wird Lorentz-Kovarianz oder einfach Kovarianz genannt, die durch die Darstellung mit Vierervektoren garantiert wird und die kovariante Formulierung heißt, was unten noch näher begründet wird. 556

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_67

557

67.2 Invarianzeigenschaften

67.2

Invarianzeigenschaften

Dreidimensionale Vektoren beschreiben geometrische Größen wie den Ortsvektor r oder physikalische Vektoren a wie Geschwindigkeit, Kraft, etc., die von der Wahl eines Koordinatensystems unabhängige Bedeutung haben. Beim Wechsel der Koordinatensysteme ändern sich Vektoren als physikalische Größen nicht sondern nur ihre Vektorkomponenten als Beiträge in Richtung der Koordinatenachsen, die durch entsprechende Umrechnungsformeln bei Koordinatentransformationen wie Translation oder Rotation bestimmt werden. Wählt man für die Vektoren r bzw. a kartesische Darstellung oder Matrixform, r “ x ex ` y ey ` z ez

“ xT e

a “ a x ex ` a y ey ` a z ez “ a T e dann gelten bei Drehung des Koordinatensystems S in Sˆ für Basisvektoren und Komponenten nach (64.9) folgende Umrechnungsformeln mit orthogonaler Transformationsmatrix A. ˆ e “ Ae,

x ˆ “ Ax,

ˆ a “ Aa

(67.1)

Von besonderem Interesse sind diejenigen Eigenschaften und Größen, die bei Koordinatentransformationen unverändert bleiben und die man deshalb als Invarianten bezeichnet, [7, S. 146]. Die Länge bzw. der Betrag eines Vektors a ist eine solche Invariante, die sich nach dem Satz des Pythagoras als positive Wurzel aus der Summe der Komponentenquadrate ergibt. b b ? ˆ2x ` a ˆ2y ` a ˆ2z ě 0 (67.2) | a | “ a2 “ a “ a2x ` a2y ` a2z “ a Das gilt auch für das Betragsquadrat der Summe zweier Vektoren. ` ˘2 a ` b “ pa ` bq ¨ pa ` bq “ a2 ` b2 ` 2 a ¨ b Man erkennt daran, dass sowohl das Skalarprodukt a ¨ b zweier Vektoren eine Invariante ist, da es nur aus Betragsquadraten besteht, als auch der Winkel zwischen den Vektoren, der durch das Skalarprodukt definiert wird. ` ˘2 2 a ¨ b “ a ` b ´ a2 ´ b2 (67.3) a¨b cospa, bq “ |a||b|

558

67 Vierervektoren der Raumzeit

Diese Invarianzeigenschaften gelten auch dann, wenn man n-dimensionale Vektoren in einem Vektorraum mit paarweise orthogonalen Koordinatenrichtungen oder Einheitsvektoren definiert, und alle Summen dann bis zur Zahl n laufen. $ n n ř ř 2 2 “ ’ “ a a ˆ2k | a | ’ n n k & ÿ ÿ k“1 k“1 ˆk Ñ a“ a k ek “ a ˆk e (67.4) n n ř ř ’ ’ ˆ k“1 k“1 % a¨b“ a k bk “ a ˆ k bk k“1

k“1

Physikalische Gesetze müssen stets auf beiden Seiten der beschreibenden Gleichungen aus gleichartigen Größen wie Skalaren oder Vektoren mit gleicher Dimension bestehen. Die Forderung, dass solche Gesetze als Vektorbeziehungen im System S auch bei Drehung in äquivalenter Form im neuen System Sˆ gelten, ˆ ˆ“b a“b Ñ a wird dadurch gewährleistet, dass die Vektorkomponenten auf beiden Gleichungsseiten nach (67.1) und den oben genannten Invarianzeigenschaften auf identische Weise, also kovariant, transformiert werden. • Werden physikalische Gleichungen in Vektorform oder allgemeiner mit Tensoren gleicher Stufe aufgestellt, dann sind sie bei kovarianter Formulierung invariant gegenüber Transformationen des Koordinatensystems.

67.3

(67.5)

Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie

Physikalisch hat der vierdimensionale Raum der Raumzeit, der von Hermann Minkowski für die spezielle Relativitätstheorie von Albert Einstein eingeführt wurde, [17, II, Kap.7], eine besondere Bedeutung. Da bei einer punktförmigen Lichtquelle die Wellenfronten der Lichtausˆ die sich mit der konbreitung Beobachtern in zwei Inertialsystemen S und S, stanten Geschwindigkeit v gleichförmig und geradlinig gegeneinander bewegen, gemäß dem Michelson-Morley-Experiment stets als Kugelwellen erscheinen, muss gemäß der beiden Phasenfronten r ¨ r “ r 2 “ x2 ` y 2 ` z 2 “ pctq2

Phasenfront im System S

rˆ ¨ rˆ “ rˆ2 “ x ˆ2 ` yˆ2 ` zˆ2 “ pctˆq2

Phasenfront im System Sˆ

559

67.3 Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie

die folgende Invarianz bei der Transformation zwischen den Koordinatensystemen erfüllt sein. ˆ2 ` yˆ2 ` zˆ2 ´ pctˆq2 r 2 ´ pctq2 “ x2 ` y 2 ` z 2 ´ pctq2 “ rˆ2 ´ pctˆq2 “ x (67.6) Die Besonderheit der Transformation liegt darin, dass die Zeit tˆ, die im System Sˆ gemessen wird, nicht mit der Zeit t in S identisch ist! Dadurch existiert keine absolute Zeit wie bei Newton, die für alle Systeme gleichermaßen gültig wäre, so dass die Gleichzeitigkeit relativiert wird, denn das Ergebnis einer Zeitmessung ist auf das zugehörige Inertialsystem beschränkt. Minkowski fasste nach dem Vorbild des Ortsvektors r im dreidimensionalen Raum die räumlichen Koordinaten und die Zeit als imaginäre Koordinate x0 “ jct

x, y, z “ ˆ x 1 , x2 , x3 ,

(67.7)

zum Vierer-Ortsvektor R eines orthogonalen vierdimensionalen Koordinatensystems zusammen, R “ jct e0 ` r “ x0 e0 ` x1 e1 ` x2 e2 ` x3 e3 “ xT e

(67.8)

in dem dessen invariantes Quadrat R ¨ R “ R2 “ R2 “ r 2 ´ pctq2 “

3 ÿ k“0

x2k “

3 ÿ

x ˆ2k £ 0

(67.9)

k“0

sowohl positive als auch negative Werte annehmen oder auch Null sein kann. Das Kontinuum dieser vierdimensionalen Raumzeit wird auch als Minkowski-Raum bezeichnet, der wegen der indefiniten quadratischen Form als pseudo-euklidisch bezeichnet wird. Ein Punkt P pjct, x, y, zq “ P px0 , x1 , x2 , x3 q im Minkowski-Raum, der einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit kennzeichnet, wird Ereignis oder Weltpunkt genannt und der Weg, den ein Weltpunkt bei variierenden Koordinaten durchläuft, wird als Weltlinie bezeichnet. Der Vierer-Ortsvektor erscheint deshalb auch als Ereignisvektor. Die besondere orthogonale Transformation, die die Komponenten xk und x ˆk des Vierer-Ortsvektors R bzw. diejenigen eines beliebigen Vierervektors V

560

67 Vierervektoren der Raumzeit

bei einer konstanten Relativgeschwindigkeit v “ v ex zweier Inertialsysteme ineinander umwandelt, heißt Lorentz-Transformation, die durch eine orthogonale Matrix L vermittelt wird, [4, S. 208], [17, II, S. 363]. $ ˛ ¨ γ ´ jβγ 0 0 ˆ “ Le e ’ ’ ’ ‹ ˚ jβγ & ` ˘ γ 0 0‹ ´1 ˚ ˆ “ Lx x L“˚ Ñ (67.10) ‹ “ LT ’ ‚ ˝ 0 0 1 0 ’ ’ % ˆ V “ LV 0 0 0 1 Dabei bedeutet die Größe Beta das Verhältnis der Geschwindigkeiten bei Translation der beiden Systeme und Licht v ď1 c

0ďβ“

(67.11)

und die Größe Gamma den Lorentz-Faktor, γ“b

1 1 ´ β2

“c 1´

1 ´ v ¯2

ě 1

(67.12)

c

Die orthogonale Matrix L hat die Determinante det L “ `1 und für ihre Elemente gelten die Orthogonalitätsbeziehungen 3 ÿ

Lip Lkp “

p“0

3 ÿ

Lpi Lpk “ δik

(67.13)

p“0

Die Invarianz des Vierer-Ortsvektors R nach (67.6) bzw. (67.9) kann man als Drehung im vierdimensionalen Minkowski-Raum deuten, die durch die orthogonale Transformationsmatrix L vermittelt wird, wobei allerdings der Winkel dieser Drehung imaginär ist, [17, II, S. 364]. Der spezielle Fall der räumlichen Inversion mit rˆ “ ´ r bei identischer Zeit tˆ “ t wird vermittelt durch die Diagonalmatrix ¨ ˛ 1 0 0 0 ˚ 0 ´1 0 0 ‹ ˚ ‹ (67.14) L inv “ ˚ ‹ “ L´1 inv ˝ 0 0 ´1 0 ‚ 0

0

0

´1

67.3 Raumzeit der speziellen Relativitätstheorie

561

Wie bei drei Dimensionen gemäß (67.2) und (67.3) sind Beträge sowie Skalarprodukte von Vierervektoren unveränderlich und bilden LorentzInvarianten, so dass die Kovarianz von physikalischen Gleichungen gesichert ist, wenn sie mit Vierervektoren V und W formuliert werden. |V| “

a

V2 “

V¨W “

3 ÿ k“0 3 ÿ

Vk2 “

3 ÿ

Vˆk2

k“0

Vk Wk “

k“0

3 ÿ

(67.15) ˆk Vˆk W

k“0

Das totale Differential des Vierer-Ortsvektors und damit das Wegelement einer Weltlinie sowie das differentielle Abstandsquadrat lauten dR “

BR BR BR BR dx0 ` dx1 ` dx2 ` dx3 Bx0 Bx1 Bx2 Bx3

“ jcdt e0 ` dx ex ` dy ey ` dz ez dR2 “ dR ¨ dR “ dR2 “ pjcdtq2 ` dx2 ` dy 2 ` dz 2 “ dr2 ´ c2 dt2 ” 1 ´ dy ¯2 1 ´ dz ¯2 ı 1 ´ dx ¯2 “ ´ c2 dt2 1 ´ 2 ´ 2 ´ 2 c dt c dt c dt Ein Punkt bewegt sich auf seiner Weltlinie mit der Geschwindigkeit u, die nicht konstant sein muss und von der Relativgeschwindigkeit v zu unterscheiden ist! uptq “

dr dx dy dz “ ex ` ey ` ez “ ux ex ` uy ey ` uz ez dt dt dt dt

Damit erhält man folgende Beziehungen dR “ jc e0 ` u dt c c ´ u ¯ 2 ´ u ¯2 ´ u ¯ 2 ´ u ¯2 1 y x z 1´ ´ ´ “ 1´ ˚ “ c c c c γ ˚

Die Lorentz-Faktoren γ und γ sind zwar formal gleich aufgebaut, müssen aber sorgfältig unterschieden werden, denn sie resultieren aus voneinander

562

67 Vierervektoren der Raumzeit

unabhängigen Bewegungen mit den Geschwindigkeiten v und u! Die aus einem Skalarprodukt hervorgehende invariante Größe dR definiert die invariante Eigenzeit dτ , | dR | “

? dt dR ¨ dR “ dR “ jc ˚ γ

Ñ

dτ “

dt dR “ ˚ jc γ

(67.16)

mit der sich die Vierergeschwindigkeit U eines Weltpunktes ergibt, U“

˘ ˚ dR ˚` dR dR “ jc “ jc eR “ γ “ γ jc e0 ` u dτ dR dt

(67.17)

deren Quadrat eine Lorentz-Invariante ist. U ¨ U “ U2 “ ´ c 2

67.4

Physikalische Vierervektoren

Nach dem Vorbild der klassischen Impulsdefinition für ein Teilchen, das sich auf seiner Weltlinie bewegt, wird der Viererimpuls P gebildet, bei der die Ruhmasse m0 des Teilchens als skalare Größe eine Lorentz-Invariante darstellt, [17, II, S. 470]. ˘ ˚` P “ m0 U “ p0 e0 ` p “ m0 γ jc e0 ` u

(67.18)

Die Taylor-Entwicklung der relativistischen Masse mpuq führt auf die Darstellung, ” ı ˚ 1 ´ u ¯2 3 ´ u ¯4 j m0 1 ` “ m ` ` ... mpuq “ m0 γ “ ´ p0 “ c 0 ´ u ¯2 c 2 c 8 c 1´ c in der sich die relativistische Gesamtenergie Wrel , aus der kinetischen Energie und der Ruheenergie W0 des Teilchens zusammensetzt. ˚ 1 mpuq c2 “ γ m0 c2 “ m0 c2 ` m0 u2 ` ... “ Wrel 2 loomoon looooooomooooooon “ W0

“ E kin

563

67.4 Physikalische Vierervektoren

Wrel “ W0 ` E kin

W0 “ m0 c 2

(67.19)

In der nichtrelativistischen Schrödinger-Theorie besitzt ein freies Teilchen nur die klassische Energie Wklass “ Wrel ´ W0 “ Wrel ´ m0 c2 “ Ekin ě 0

(67.20)

Aus dem Quadrat des Viererimpulses P ¨ P “ m20 U ¨ U “ ´ pm0 cq2 “ ´ m0 W0 `˚ ˘2 W2 “ p20 ` p ¨ p “ ´ γ m0 c ` p2 “ ´ 2rel ` p2 c folgt die Beziehung (34.19) für die relativistische Gesamtenergie, die die von Einstein erkannte Äquivalenz von Masse und Energie ausdrückt. Wrel “ mpuq c “ 2

b

` ˘2 ppcq2 ` m0 c2

(67.21)

Setzt man die Fundamentalgleichungen (36.4) in die Energierelation ein, dann folgt daraus die Dispersionsbeziehung, bei der λC die ComptonWellenlänge (33.2) des Teilchens bedeutet, [11, S. 53]. ´ m c ¯2 ı ´ 2π ¯2 ı ” ” ` ˘ 0 2 ω 2 pkq “ c2 k 2 ` (67.22) “ c2 k 2 ` “ c 2 k 2 ` kC  λC Für den Viererimpuls P erhält man auch folgende Gestalt, bei der die relativistische Gesamtenergie Wrel und der klassische Impuls p zusammengefasst werden. ` ˘ Wrel Wrel P“j e0 ` p “ jc e0 ` u (67.23) c c2 Mit den Größen aus (36.7) und (67.7) p0 “ j

 B B B Wrel “´ “ ´ j “ ´ j c c Bt Bpjctq Bx0

lautet der Viererimpuls als Vektoroperator P “ ´ j

3 ÿ B B e0 ´ j ∇ “ ´ j ek Bx0 Bxk k“0

(67.24)

564

67 Vierervektoren der Raumzeit

In der Elektrodynamik werden Vierervektoren auf Grund von Kontinuitätsgleichung und Lorenz-Eichung definiert, [17, II, S. 429]. Die Viererstromdichte J verknüpft mit elektrischer Ladungsdichte  und Stromdichte J die Quellen des Feldes J “ jc e0 ` J “ jc e0 ` Jx ex ` Jy ey ` Jz ez

(67.25)

und das Viererpotential Φ fasst mit skalarem Potential ϕ und Vektorpotential A die elektrodynamischen Potentiale zusammen. Φ“j

ϕ ϕ e0 ` A “ j e0 ` Ax ex ` Ay ey ` Az ez c c

(67.26)

Die Vierergröße der Stromdichte J tritt nur hier auf, so dass man sie nicht mit dem Drehimpulsoperator J verwechseln kann! Eine weitere Vierergröße ist der Vierer-Wellenvektor k, der in Raum- und Zeitanteil aus dem dreidimensionalen Wellenvektor k und dessen Betrag k0 im Vakuum zusammengesetzt ist. k “ jk0 e0 ` k “ j

ω e0 ` kx ex ` ky ey ` kz ez c

(67.27)

Das Quadrat des Vierer-Wellenvektors ist daher Null k ¨ k “ k2 “ ´ k02 ` k ¨ k “ ´ k02 ` k02 “ 0 und sein Skalarprodukt mit dem Vierer-Ortsvektor ˘ ` ˘ ` k ¨ R “ jk0 e0 ` k ¨ jct e0 ` r “ k ¨ r ´ ωt “ φ ergibt nach (36.6) die Phasenfunktion φ, die eine Lorentz-Invariante ist. In Matrixschreibweise werden Vierervektoren wie in (64.8) mit Komponenten und Einheitsvektoren dargestellt, z.B. der Vierer-Ortsvektor (67.8) oder das Viererpotential (67.26). ˘ ` R “ xT e “ jct, x1 , x2 , x3 e (67.28) ´ ϕ ¯ Φ “ ΦT e “ j , Ax , Ay , Az e c

565

67.5 Ableitung von Vierervektor-Komponenten

Alle Vierervektoren erfüllen die Lorentz-Transformation (67.10) beim Überˆ gang von System S zu System S. ˆ “ LP, P

67.5

ˆ “ LJ, J

ˆ “ LΦ, Φ

ˆ “ Lk k

Ableitung von Vierervektor-Komponenten

Bei der Transformation x ˆ “ L x mit der orthogonalen Lorentz-Matrix nach (67.10), die die Eigenschaft L´1 “ LT besitzt, führt die Ableitung der Koordinaten des Vierer-Ortsvektors R zu folgenden Differentialkoeffizienten. 3 3 ÿ ÿ Bxi Bˆ xk “ Lki “ Lki δi “ Lk Bx Bx i“0 i“0 3 3 ÿ ÿ Bˆ xi Bxk “ Lik “ Lik δi “ Lk Bˆ x Bˆ x i“0 i“0

(67.29)

ˆ “ L V der Komponenten des ViererDie Ableitung der Transformation V vektors V lauten direkt und invers 3 ÿ B Vˆk BVi “ Lki Bx Bx i“0 3 ÿ B Vˆi BVk “ Lik Bˆ x Bˆ x i“0

(67.30)

Nach (53.5) und mit (67.29) gilt für die partiellen Ableitungsoperatoren xq abhängen, [5, I, S. 363], mittelbarer Funktionen, die von x ˆpxq bzw. von xpˆ 3 3 ÿ ÿ B Bˆ xi B B “ “ Li Bx i“0 Bx Bˆ xi i“0 Bˆ xi 3 3 ÿ ÿ Bxi B B B “ “ Li Bˆ x i“0 Bˆ x Bxi i“0 Bxi

(67.31)

Kapitel 68

Klein-Gordon-Gleichung 68.1

Freies Teilchen

Die Darstellung der Quantenmechanik in den zurückliegenden Teilen des Buches stützte sich auf die Hamilton’sche Formulierung der klassischen Mechanik, die ausgeht von der nichtrelativistischen Energiebeziehung, Wges ´ Wpot “ E kin “

p2 2m

(68.1)

bei der man durch Substitution mit den Operatoren (36.7) bzw. (59.7) Wges Ñ Wges “ j

B , Bt

p Ñ p “ ´j ∇

(68.2)

die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (41.3) erhält. j

2 B Ψpr, tq “ H pr, p, tq Ψpr, tq “ ´ ΔΨpr, tq ` Wpot Ψpr, tq Bt 2m

Diese Gleichung beschreibt physikalische Systeme nur bei nichtrelativistischen Geschwindigkeiten korrekt, denn sie ist wegen der unterschiedlichen Ableitungsordnungen, die die Variablen für Zeit und Ort verschieden behandeln, nicht Lorentz-kovariant, so dass sie nicht das Relativitätsprinzip erfüllt, [16, S. 5]. Daher hat Schrödinger bereits 1926 eine relativistische Erweiterung gesucht, die wegen der darüber hinaus gehenden Untersuchungen anderer Forscher den Namen Klein-Gordon-Gleichung trägt, [3, S. 679], [8, S. 256], [13, S. 467]. 566

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_68

567

68.1 Freies Teilchen

Die Herleitung der Gleichung geht aus von der von Einstein abgeleiteten relativistischen Energiebeziehung (67.21), die die Ruheenergie mc2 des Teilchens berücksichtigt. b ˘2 ˘2 ` ` 2 “ ppcq2 ` mc2 Ñ Wrel “ ω “ ˘ ppcq2 ` mc2 (68.3) Wrel Wenn man in die linke Beziehung die Operatoren (68.2) einsetzt, gelangt man bei Anwendung auf eine Wellenfunktion Ψpr, tq zur Klein-GordonGleichung. Da Ψ aber eine skalare Funktion ist, können mit dieser Gleichung nur Teilchen mit Spin 0 und daher keine Elektronen beschrieben werden, die nach Pauli Spinoren erfordern. Da bei einem freien Teilchen keine Kräfte wirken, gilt Wpot “ 0, und man kann die Klein-Gordon-Gleichung in zwei verschiedenen Gestalten schreiben. ´ 2

B2 Ψ “ ´ 2 c2 ΔΨ ` m2 c4 Ψpr, tq Bt2 (68.4)

ΔΨ ´

B2 Ψ

1 “ c2 Bt2

´ mc ¯2 

Ψpr, tq

Im Gegensatz zur zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung tritt in diesen Darstellungen nicht die erste sondern die zweite Ableitung nach der Zeit auf! Obwohl nur die linke Seite der zweiten Darstellung einer Wellengleichung entspricht, führt dennoch ein Ansatz durch ebene Wellen der folgenden Form,

Ψpr, tq “ e jpk¨r´ωtq

Ñ

$ BΨ ’ ’ “ ´jω Ψ , & Bt ’ ’ % BΨ “ `jk Ψ , x Bx

B2Ψ “ ´ ω2 Ψ Bt2 B2Ψ “ ´ kx2 Ψ Bx2

den man in die Differentialgleichung einsetzt, zu einer Lösung. Als Ergebnis muss die Frequenzbedingung, die eine Dispersionsbeziehung darstellt, b` b` ˘ ` ˘2 ` ˘2 ˘2 2 2 ω˘ “ ˘ “˘ (68.5) c k ` mc pc ` mc2

568

68 Klein-Gordon-Gleichung

erfüllt sein, deren Doppeldeutigkeit den Vorzeichen der Wurzel in der Gesamtenergie der relativistischen Ausgangsgleichung (68.3) entspricht. Der Ansatz stellt auch die Eigenfunktionen der Operatoren (68.2) dar, die die Eigenwerte ω bzw. k haben. Damit treten neben den Lösungen mit positivem Energieeigenwert W` “ ω` noch weitere Lösungen mit negativem Energieeigenwert W´ “ ω´ auf, deren Bereiche für ein freies Teilchen durch das verbotene Energieband ´mc2 ď W ď `mc2 getrennt sind.

...

W

+ mc2 0

ΔW

p=0

...

− mc2

Abb. 68.1: Bandlücke zwischen den positiven und negativen Energiekontinua Als Gesamtlösung bedeutet das bei dieser Theorie ein grundsätzliches Problem, da das negative Eigenwertkontinuum keine Untergrenze hat und damit keinen stabilen Grundzustand besitzt. Ein Teilchen im positiven Eigenwertkontinuum kann durch eine äußere Störung die Energielücke von ΔW “ 2mc2 überspringen und durch fortgesetzte und durch nichts aufzuhaltende Strahlungsemission immer tiefere Energiewerte bis herab zu W Ñ ´8 erreichen. Dadurch würden dem quantenmechanischen System beliebig große Energiebeträge entzogen, so dass es zu Instabilität und zur Strahlungskatastrophe käme, was natürlich nicht der experimentellen Erfahrung mit Stabilität der Materie entspricht.

569

68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld

Erst im weiteren Verlauf der physikalischen Erkenntnis konnten die negativen Energielösungen durch beobachtbare Antiteilchen und Ladungskonjugation interpretiert werden, so dass man die Klein-Gordon-Gleichung trotz verbleibender ungelöster Fragen als relativistische Erweiterung für Teilchen mit Spin 0 betrachten konnte, [16, S. 6, 13]. Eine entsprechende Vorgehensweise wie in Abschnitt 38.2, bei der man die erste Darstellung von (68.4) mit Ψ˚ und ihr komplexes Gegenstück mit Ψ multipliziert, liefert bei Subtraktion und geeigneter Ergänzung den Vektor jpr, tq des Wahrscheinlichkeitsstroms nach (38.6) ˘ B ”  1 ´ ˚ BΨ BΨ˚ ¯ ı  1 ` ˚ j ´ Ψ “j Ψ Ψ ΔΨ ´ Ψ ΔΨ˚ 2 2 Bt loooooooooooooooooooomoooooooooooooooooooon 2m c Bt Bt 2m c ”  ` “ Pˆ ˘ı “ div j Ψ˚ ∇Ψ ´ Ψ ∇Ψ˚ 2m looooooooooooooomooooooooooooooon “´j

Damit erhält man eine Beziehung, die der Kontinuitätsgleichung (38.7) ähnelt. B Pˆ ` div j “ 0 Bt

(68.6)

Wegen der Differenz in der Definition ist Pˆ aber nicht positiv definit, so dass diese Größe keine Wahrscheinlichkeitsdichte wie P in (38.1) darstellen kann! Bei Multiplikation mit einer Ladung q kann das Produkt q Pˆ bei reellem Wert aber als Ladungsdichte interpretiert werden, da in diesem Fall beide Vorzeichen auftreten können.

68.2

Teilchen im elektromagnetischen Feld

Führt man in der klassischen Energie eines freien Teilchens der Masse m und der Ladung q, Wges “ Wklass “ Ekin “

p2 2m

570

68 Klein-Gordon-Gleichung

das sich im elektromagnetischen Feld bewegt, folgende Substitutionen mit den elektrodynamischen Potentialen ϕ und A durch, Wges Ñ Wges ´ q ϕ ,

p Ñ p ´ qA

(68.7)

dann ergibt sich der nichtrelativistische Hamilton-Operator (60.1), wodurch die Substitutionen gerechtfertigt werden. Wges “

˘2 1 ` p ´ qA ` q ϕ “ H 2m

Im relativistischen Fall setzt man die Substitutionen (68.7) in die Energiebeziehung (68.3) ein. ˘2 ˘2 ` ˘2 ` Wrel ´ q ϕ “ p ´ qA c2 ` mc2 b` ˘2 p ´ qA ` pmcq2 Ñ Wrel ´ q ϕ “ ˘ c `

(*)

Dabei ergibt sich aber das Problem, dass durch die Wurzel aus dem Operator p “ ´j ∇ bei Reihenentwicklung alle Potenzen des Differentialoperators ∇ und damit beliebig hohe Ortsableitungen entstehen, was ohne gravierende Vereinfachungen nicht zu handhaben ist. Deshalb geht man direkt von der quadratischen Energiebeziehung (*) aus und setzt dort die Operatoren (68.2) ein, wodurch die Klein-Gordon-Gleichung im elektromagnetischen Feld entsteht, wenn sie auf eine Wellenfunktion Ψ angewendet wird. ´

j

¯2 ”` ˘2 ` ˘2 ı B ´ q ϕ Ψpr, tq “ j ∇ ` qA c2 ` mc2 Ψpr, tq Bt

(68.8)

Die Auflösung der Quadrate führt unter Berücksichtigung der Operatorreihenfolge und von (60.3) auf folgende Differentialgleichung.

´ 2

´ Bϕ ˘2 ` BΨ ¯ B2 Ψ Ψ ` 2ϕ ` q 2 ϕ2 Ψ ´ mc2 Ψ ´ jq 2 Bt Bt Bt ` ˘ ‰ “ 2 2 “ c ´  ΔΨ ` jq Ψ divA ` 2A ¨ grad Ψ ` q 2 A2 Ψ

(68.9)

68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld

571

Der Ansatz für die Wellenfunktion mit zunächst beliebiger Energie W0 “ ω (68.10) Ψpr, tq “ χpr, tq e´j W0 t{ $ BΨ ” Bχ W0 ı ´j W0 t{ ’ ’ “ ´ j χ e & Bt Bt  Ñ ´ ¯2 ı ” 2 2 ’ ’ % B Ψ “ B χ ´ j2 W0 Bχ ´ W0 χ e´j W0 t{ Bt2 Bt2  Bt  liefert nach Kürzen der Exponentialfunktion die Darstellung ´ 2

” B2χ

W0 Bχ ´ W0 ¯2 ı χ ´ Bt2  Bt  ” Bχ ˘2 ` Bϕ W0 ı ´ jq χ ´ jq 2ϕ ´j χ ` q 2 ϕ2 χ ´ mc2 χ Bt Bt  ` ˘ ‰ “ “ c2 ´ 2 Δχ ` jq χ divA ` 2A ¨ grad χ ` q 2 A2 χ ´ j2

Identifiziert man W0 “ mc2 mit der Ruheenergie des Teilchens, dann kann man auf der linken Seite die Summanden zusammenfassen. ` ˘ Bχ ” ` ˘ B2 χ Bϕ ı LS “ ´ 2 2 ` j 2 mc2 ´ qϕ ´ qϕ 2mc2 ´ qϕ ` jq χ Bt Bt Bt Im nichtrelativistischen Grenzfall wird die Teilchenenergie vornehmlich durch die Ruheenergie bestimmt, die groß ist gegen die kinetische Energie, so dass folgende Vernachlässigungen gelten, [3, S. 681], mc2 " q | ϕ | ˇ ˇ ˇ Bϕ ˇ 2 ˇ ˇ 2mc | ϕ | " ˇ j Bt ˇ ˇ ˇ 2 ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ ˇ j 2mc2 Bχ ˇ " 2 ˇ B χ ˇ ˇ ˇ ˇ 2 Bt Bt ˇ und nur noch die Glieder mit diesen Energien übrig bleiben. Bei CoulombEichung mit div A “ 0 geht die Gleichung in die nichtrelativistische, zeitabhängige Schrödinger-Gleichung mit dem Hamilton-Operator (60.6) über. j

Bχ q 2 q2 2 “´ Δχ ` qϕ χ ` A χ ` j A ¨ grad χ “ H χ Bt 2m 2m m

572

68 Klein-Gordon-Gleichung

Da im relativistischen Fall keine Möglichkeit besteht, die Pauli-Matrizen (65.22) in die Klein-Gordon-Gleichung einzubeziehen, kann man mit dieser Gleichung nur Teilchen ohne Spin beschreiben und daher auch das Elektron nicht behandeln, [13, S. 469].

68.2.1

Stationäre Zustände

Wenn die elektrodynamischen Potentiale ϕprq und Aprq nicht von der Zeit abhängen, kann die Klein-Gordon-Gleichung (68.8) wie in Abschnitt 41.2 separiert werden. Mit dem zu (68.10) äquivalenten Ansatz für stationäre Zustände Ψpr, tq “ ψprq e´j Wrel t{

(68.11)

ergibt sich für den speziellen magnetfeldfreien Fall A “ 0 mit einem skalaren Zentralfeld ϕprq die für den Ortsanteil geltende Differentialgleichung. ¯2 ` ˘2 ı 1 ”´ ψprq “ 0 Δψ ` 2 2 Wrel ´ q ϕprq ´ mc2  c Wie in Abschnitt 51.2 erreicht man die Lösung durch Separation der Variablen mit dem Produktansatz, ψpr, ϑ, ϕq “ Rprq Y pϑ, ϕq wodurch man erhält ¯2 ` ˘2 ı 2 1 d ´ 2 dR ¯ 1 ”´ r ` 2 2 Wrel ´ q ϕprq ´ mc2 r R dr dr  c looooooooooooooooooooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooooooooooooooooooon “ ` p`1q

`

BY ¯ 1 1 B 2 Y 1 1 B ´ sin ϑ ` “0 Y sin ϑ Bϑ Bϑ Y sin2 ϑ Bϕ2 loooooooooooooooooooooooooomoooooooooooooooooooooooooon “ ´ p`1q

Der zweite Anteil entspricht der Winkelgleichung (51.7), deren Lösung die Kugelflächenfunktionen Ym pϑ, ϕq nach (52.7) sind. Die Radialgleichung im ersten Anteil lautet, ´ r ¯2 ”´ ¯2 ` ˘ ı d ´ 2 dR ¯ 2 2 Wrel ´ q ϕprq ´ mc Rprq r ´ p ` 1q Rprq “ ´ dr dr c (68.12)

573

68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld

bei der die Klammer der rechten Seite mit einer modifizierten Energie Wm umgewandelt wird, für die man Wrel “ mc2 ` Wm setzt. ¯2 ` ” ı ´ ˘2 ... “ mc2 ` Wm ´ q ϕprq ´ mc2 Im nichtrelativistischen Grenzfall, wenn die Energien gegenüber der Ruheenergie mc2 klein sind, folgt daraus näherungsweise, ” ı ” ı` ˘2 Wm ´ q ϕprq ´ Wm ´ q ϕprq ¯2 ... “ 1 ` 2 ` ´ 1 mc2 2 2 mc mc looooooooomooooooooon «0

« 2mc

2

Wm ´ q ϕprq

`

˘

womit die Radialgleichung (51.6) mit der modifizierten Energie Wm entsteht. " * ı 2m ” d ´ 2 dR ¯ 2 r ` Wm ´ q ϕprq r ´ p ` 1q Rprq “ 0 dr dr 2

68.2.2

Wasserstoffatom aus relativistischer Sicht

Für das ohne Spin betrachtete Elektron der Masse me und der Ladung ´e sowie der Feinstrukturkonstante α lautet die potentielle Energie (55.1) im Feld des Protons im Wasserstoffkern Wpot prq “ q ϕprq “ ´

αc e2 1 “´ 4πε0 r r

Die Radialgleichung (68.12) ¯2 ` ˘2 ı d ´ 2 dR ¯ ´ r ¯2 ”´ αc r ` ` Wrel ´ me c2 Rprq ´ p ` 1q Rprq “ 0 dr dr c r ˘2 "` * 2 me c2 ´ Wrel d2 R 2 dR 2 αWrel p ` 1q ´ α2 ´ ` Rprq “ 0 ` ´ dr2 r dr 2 c 2 r c r2 nimmt mit den Abkürzungen ˘2 2 me c2 ´ Wrel , k “ 2 c 2 `

2

 “ 2kr ,

λ“

αWrel 1 c k

574

68 Klein-Gordon-Gleichung

nach Division durch 2 folgende Gestalt an, d2 R 2 dR ” 1 λ p ` 1q ´ α2 ı ´ ´ ` ` Rpq “ 0 d2  d 4  2

(68.13)

Das asymptotische Verhalten wird wie bei Gleichung (55.4) abgespalten Rpq “ R8 pq vpq “ e´{2 vpq und nach Einsetzen muss die Funktion vpq folgende Differentialgleichung erfüllen. ¯ dv ” λ ´ 1 p ` 1q ´ α2 ı d2 v ´ 2 vpq “ 0 ´ 1 ` ´ ` d2  d  2 Nach der Frobenius-Methode wählt man zur Lösung den Summenansatz, vpq “ μ Spq “ μ

8 ÿ

a q q

q“0

mit dem sich für Spq folgende Gleichung ergibt, die für  ě 0 gelten muss. “ ‰ “ ‰ 2 S 2 `  2pμ ` 1q ´  S 1 ` pλ ´ μ ´ 1q ` μpμ ` 1q ´ p ` 1q ` α2 S “ 0 Bei  “ 0 liefert die verbleibende quadratische Gleichung μpμ ` 1q ´ p ` 1q ` α2 “ μ2 ` μ ´ p ` 1q ` α2 “ 0

(*)

die Lösungen μ˘ pq “ ´

1 1a ˘ p2 ` 1q2 ´ 4α2 2 2

Damit vpq für  Ñ 0 beschränkt bleibt, sind nur die positiven Lösungen μ` ą 0 für  “ 1, 2, ... zulässig. Mit (*) reduziert sich die Gleichung für Spq auf, ` ˘  S 2 ´ S 1 ` 2pμ` ` 1q S 1 ` pλ ´ μ` ´ 1q S “ 0

575

68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld

aus der beim Einsetzen des Summenansatzes folgt 8 "” ı ÿ qpq ` 1q aq`1 ´ q aq q ` q“0

ı



` 2pμ` ` 1q pq ` 1q aq`1 ` pλ ´ μ` ´ 1q aq 

q

*

“0

Da für beliebige  jeder einzelne Koeffizient Null sein muss, erhält man die Rekursionsbeziehung aq`1 “

q ` 1 ` μ` ´ λ aq pq ` 1qr q ` 2 ` 2μ` s

Mit der gleichen Begründung wie bei den Hermite’schen Polynomen im Anschluss an Gleichung (50.14) muss die Summe nach endlich vielen Gliedern abbrechen, damit die Funktion vpq für  Ñ 8 beschränkt bleibt. Das bedeutet, dass man nach dem Summanden mit der ganzen Zahl n1 “ qmax fordern muss, an1 `1 “ 0

λn1 “ n1 ` 1 ` μ` pq

Ñ

p “ 1, 2, ...q

wobei die Differenz der Summanden λn1 ´ μ` ganz ist. Damit ergibt sich für den allgemeinen Koeffizienten aq “

q ´ pn1 ` 1q aq´1 qpq ` 1 ` 2μ` q

q p´1qq ź n1 ` 1 ´ j aq pq “ a0 q! j“1 j ` 1 ` 2μ` pq

pq “ 1, 2, ... n1 q

Wie in (55.6) wird die Hauptquantenzahl n eingeführt, n “ n1 `  ` 1 mit der die Radialfunktion lautet, Rn pq “ a0 

μ` pq ´{2

e

n´´1 ÿ q“0

q p´1qq q ź n´´j  q! 2μ ` pq ` 1 ` j j“1

die vollständig bestimmt ist, wenn der Koeffizient a0 aus der Normierung (54.4) berechnet wird.

576

68 Klein-Gordon-Gleichung

Zur Ermittlung der Eigenwerte wird die Gesamtenergie aus den Abkürzungen dargestellt. ` ˘2 ´ αW ¯2 1 2 me c2 ´ Wrel rel 2 k “ “ 2 c 2 c λ2 Ñ

Wrel “ c

me c2 ´ α ¯2 1` λn 1

Aus dem Abbruchkriterium folgt 1 1a ` p2 ` 1q2 ´ 4α2 2 2 ´ α ¯2

λn1 “ n1 ` 1 ` μ` “ pn ´  ´ 1q ` 1 ´  ` 1{2 λn 1 “1´ ` n n

c ´  ` 1{2 ¯2 n

´

n

und mit den Abkürzungen L “ p ` 1{2q{n und x “ α{pnLq erhält man die Darstellung α α{n x ? a “ “ 2 2 λn 1 1{L ´ 1 ` 1 ´ x2 1 ´ L ` L ´ pα{nq Für die Energiefunktion wird eine Taylor-Entwicklung nach Potenzen von x und damit der Feinstrukturkonstante α durchgeführt. Wrel 1 1 “c “d ¯ ´ ˙2 ˆ 2 me c α 2 x 1` ? 1` λn 1 1{L ´ 1 ` 1 ´ x2

(68.14) L2 2 p3L ´ 4qL3 4 “1´ x ` x ` ... 2 8 Nach Einsetzen der Abkürzungen erhält man folgende Energieeigenwerte nach der Klein-Gordon-Theorie, Wn “ me c

2



1 α2 ´ n 3 ¯ α4 ´ ´ 2 n2 2 ` 1 8 n4 j ”´ n ¯3 3 ´ n ¯2 3 ´ n ¯ 5 ı α6 ´ ` ´ ` ... ` 2 ` 1 2 2 ` 1 2 2 ` 1 16 n6



(68.15)

68.2 Teilchen im elektromagnetischen Feld

577

Für die Quantenzahlen sind folgende Werte möglich. n “ 1, 2, ...  “ 0, 1, ... , n ´ 1

pn Werteq

(68.16)

Der erste Summand stellt die Ruheenergie W0 “ me c2 dar und der zweite entspricht der Bohr’schen Formel Wn “ WBohr nach (30.10) bzw. dem nichtrelativistischen Energieeigenwert (55.7) des Wasserstoffs. Insgesamt erhält man aus Wn ´ W0 “ Wn ` ... “ WBohr ` Wnrel die Eigenwerte nach der Klein-Gordon-Theorie, [13, S. 471], [16, S. 80]. Die Summe der Glieder von Wnrel in (68.15) liefert die relativistischen Korrekturen, die die Feinstruktur des Wasserstoffspektrums ohne Berücksichtigung des Spins ergeben, wodurch die Entartung bei gleichen Werten n aber verschiedenen  aufgehoben wird. Bei wasserstoffähnlichen Atomen mit Z Protonen im Kern aber nur einem Elektron in der äußersten Schale ergeben sich mit der potentiellen Energie Wpot prq “ ´

Ze2 1 c “ ´ Zα 4πε0 r r

entsprechend größere negative Eigenwerte und ausgeprägtere relativistische Abweichungen in den Feinstrukturen.

Kapitel 69

Dirac-Gleichung 69.1 Grundgedanke und Einführung von Matrizen Bei einer Quantenmechanik, die auf der Klein-Gordon-Gleichung (68.4) B2 Ψ “ ´ 2 c2 ΔΨ ` m2 c4 Ψpr, tq Bt2 beruht, stößt man auf drei grundsätzliche Schwierigkeiten. Einerseits ist eine Lösung Ψptq wegen der zweiten Zeitableitung nicht nur durch Ψpt0 q allein bestimmt wie bei der Schrödinger-Gleichung, sondern zusätzlich ist noch eine zweite Anfangsbedingung BΨ{Bt |t0 erforderlich. Andererseits läßt sich gemäß (68.6) kein auf Ψ basierender positiv definiter Ausdruck finden, den man als Wahrscheinlichkeitsdichte deuten könnte. Drittens kann man keine Teilchen mit Spin und damit keine Elektronen beschreiben. Aus diesen schwerwiegenden Gründen suchte Paul Dirac 1928 nach einer anderen Grundgleichung, um die angegebenen Schwierigkeiten, speziell für das Elektron, zu überwinden. Dabei ging er ebenfalls von der allgemeinen Bewegungsgleichung (41.3) für freie Teilchen aus, wobei der HamiltonOperator wegen B “ Wrel (69.1) j Bt durch die relativistische Energiebeziehung (68.3) dargestellt wird. b ` ˘2 B j Ψpr, tq “ H Ψpr, tq “ ` ppcq2 ` mc2 Ψpr, tq “ Wrel Ψpr, tq Bt (69.2) ´ 2

578

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579

69.1 Grundgedanke und Einführung von Matrizen

Da die Gleichung linear in B{Bt ist und eine relativistische, Lorentz-kovariante Theorie alle vier raum-zeitlichen Koordinaten in gleicher Weise behandeln muss, machte Dirac für den Hamilton-Operator den folgenden genialen Ansatz, um die Wurzel zu vermeiden. H “ c α ¨ p ` β mc2

(69.3)

α “ α x ex ` α y ey ` α z ez

(69.4)

Der kartesische Vektor

im Skalarprodukt mit dem Impulsoperator p und die skalare Größe β sind beide dimensionslos und hängen nicht von den Ortsvariablen ab. Der erste Anteil c α ¨ p von H ist bei Anwendung auf eine Wellenfunktion Ψ für ein ruhendes Teilchen Null und muss daher einem Operator für die kinetischen Energie entsprechen. Der zweite Teil ist dann mit der Ruheenergie verknüpft, [11, S. 57]. Im Skalarprodukt der beiden Vektoren α und p weist der HamiltonOperator H nur erste Ortsableitungen auf, für dessen Quadrat man erhält ` ˘2 ` ˘2 ` ˘ H 2 “ c2 α ¨ p ` β 2 mc2 ` loooooooooooooomoooooooooooooon mc3 α ¨ p β ` β α ¨ p “A

Mt den Größen ´ B2 B2 B2 ¯ ` ` Bx2 By 2 Bz 2 ´ B B B¯ ` αy ` αz α ¨ p “ ´j αx Bx By Bz " ` ˘2 B2 B2 B2 α ¨ p “ ´ 2 αx2 2 ` αy2 2 ` αz2 2 Bx By Bz p2 “ ´ 2

` pαx αy ` αy αx q

B2 BxBy

` pαx αz ` αz αx q

B2 BxBz

B2 ` pαy αz ` αz αy q ByBz müssen die rechten Seiten von (69.2) und (69.3) übereinstimmen. ˘2 ` ˘2 ` ˘2 ` H 2 “ c2 p2 ` mc2 “ c2 α ¨ p ` β 2 mc2 ` A

*

580

69 Dirac-Gleichung

Mit numerischer Indizierung k “ p1, 2, 3q “ ˆ px, y, zq als alternative Schreibweise sind dann zur Erfüllung der Gleichheit folgende Bedingungen von den Größen αk und β zu fordern. α12 “ α22 “ α32 “ β 2 “ 1 α 1 α 2 ` α2 α 1 “ α 1 α 3 ` α3 α 1 “ α 2 α 3 ` α3 α 2 “ 0 A“0

Ñ

(69.5)

α1 β ` βα1 “ α2 β ` βα2 “ α3 β ` βα3 “ 0

Mit dem Antikommutator (43.41) erhält man für k ‰  vv ww αk , α ` “ 0 Ñ α k α  “ ´ α α k vv ww αk , β ` “ 0 Ñ αk β “ ´ βαk

(69.6)

Da keine Kommutativität gegeben ist, können die vier Größen αk und β keine Zahlen sein, sondern müssen durch Matrizen der Ordnung q dargestellt werden! ^

 “ α x ex ` α y ey ` α z ez , α “ α

β

(69.7)

 stellt einen Vektoroperator dar und die vier anderen Größen mit α“ ˆ α Unterstrich werden als Dirac-Matrizen bezeichnet. Damit sind alle Beziehungen, in denen Dirac-Matrizen auftreten, als Matrixgleichungen zu verstehen! Aus Konsistenzgründen müssen deshalb alle einkomponentigen skalaren oder vektoriellen Größen eine Ergänzung mit einer ranggleichen Einheitsmatrix E von passender Ordnung erhalten, worauf bereits im Abschnitt 65.4 hingewiesen wurde. Da der Dirac-Hamilton-Operator in dieser Theorie in Matrixform erscheint, wird er mit H

D

 ¨ p ` β mc2 “cα

(69.8)

bezeichnet, um ihn vom nichtrelativistischen, einkomponentigen HamiltonOperator H zu unterscheiden. Damit der Operator hermitesch ist, müssen auch die Dirac-Matrizen hermitesch sein, also nach (43.29) bzw. (65.13) den konjugiert transponierten Matrizen gleichen. ` ˘T ` ˘T α k “ α:k “ α˚ , β “ β: “ β ˚ (69.9)

581

69.1 Grundgedanke und Einführung von Matrizen

Die Bedingung (69.5a) liefert zusammen mit der charakteristischen Gleichung und dem Determinantensatz die Eigenwerte der Matrizenquadrate, aus denen sich ergibt, dass die Eigenwerte der vier Dirac-Matrizen als Wurzel nur zwei Werte annehmen können, [18, S. 147, 162]. α2k “ β 2 “ E ` ˘ “ ‰ det λ E ´ α2k “ det pλ ´ 1qE “ pλ ´ 1qq det E “ pλ ´ 1qq “ 0 # Eigenwerte von

α2k , β 2

Ñ

αk , β

Ñ

λ“1 ? μ “ λ “ ˘1

Für die Spuren der Matrizen gilt auf Grund der Bedingung (69.6) nach Rechtsmultiplikation, [15, S. 16], ˘ ` sp α k “ ´ sp α  α k α´1 “ ´ sp α k  mit dem Ergebnis, dass die Spuren aller vier Dirac-Matrizen Null sind. sp α k “ sp β “ 0 Da die Spur der Summe der Eigenwerte entspricht, [18, S. 148], muss die Anzahl der Diagonalelemente mit `1 und ´1 gleich groß sein, so dass die Matrizen von gerader Ordnung q sind. Bei der kleinsten Ordnung q “ 2 haben die vier Pauli-Matrizen mit (65.23) zwar die gleichen Eigenschaften wie sie in (69.6) gefordert werden, aber da sie eine vollständige Basis bilden, existiert keine weitere unabhängige p2 ˆ 2q-Matrix, so dass die Pauli-Matrizen nicht alle Bedingungen (69.5) erfüllen können. Bei der Ordnung q “ 4 machte Dirac folgenden Ansatz für die DiracMatrizen, die in Blockmatrix-Form aus den vier Pauli-Matrizen (65.22) aufgebaut sind, wobei σ 0 die Einheitsmatrix E bedeutet. Dabei gibt die erste Form die Matrix des Vektoroperators (69.7) an. ˜  “ α

0





0

¸

˜ αk “

0

σk

σk

0

¸

˜ ,

β“

¸

σ0

0

0

´σ0 (69.10)

582

69 Dirac-Gleichung

Die konstanten Matrizen der Dirac-Darstellung lauten ausführlich ¨ ¨ ˛ ˛ 0 0 0 1 0 0 0 ´j ˚ ˚ ‹ ‹ ˚0 0 1 0 ‹ ˚0 0 j 0 ‹ ˚ ˚ ‹ ‹ αx “ ˚ αy “ ˚ ‹, ‹ 0 1 0 0 0 ´j 0 0 ˝ ˝ ‚ ‚ 1 0 0 0 ¨

j

0

1

˚ ˚0 αz “ ˚ ˚1 ˝

0

‹ 0 ´1 ‹ ‹, 0 0 ‹ ‚

0

0 ´1 0

0

¨

˛

0

0

1 0

0 0

˚ ˚0 1 0 β“˚ ˚ 0 0 ´1 ˝

0

0 0

0

0 0

˛

‹ 0 ‹ ‹ 0 ‹ ‚ ´1

Auf Grund der Eigenschaften der Pauli-Matrizen läßt sich leicht nachweisen, dass alle Bedingungen (69.5) von diesen Matrizen erfüllt werden. Die Dirac-Matrizen sind hermitesch und ihren Kehrmatrizen gleich und daher unitär. Die Antikommutatoren der Matrizen sind Null, worin sich die Nichtkommutativität zeigt. α k “ α:k “ α´1 k

Ñ

α2k “ E

β “ β : “ β ´1

Ñ

β2 “ E

Ñ

αβ ` βα “ 0

αk β ` β α k “ 0

(69.11)

Die Bestimmung der Ordnung q “ 4 für die Dirac-Matrizen läßt sich auch formal mit Hilfe der γ -Matrizen (69.44) zeigen, [11, S. 62]. Die Dirac-Darstellung ist zwar die am häufigsten verwendete und bildet den Standard, aber sie ist nicht die einzig mögliche, denn eine weitere Lösung bietet die Weyl-Darstellung, [16, S. 94]. ˜ ˜ ¸ ¸ σ 0 0 ´ E k , βW “ (69.12) αW k “ 0 ´σk ´E 0

583

69.2 Hamilton-Operator und Dirac-Gleichung

69.2

Hamilton-Operator und Dirac-Gleichung

Als Folge der 4ˆ4-Matrizen muss auch die relativistische Spinorwellenfunktion in Matrixform erscheinen und zwar als vierkomponentiger Spaltenvektor, der als Viererspinor oder Dirac-Spinor, bezeichnet wird, und der geeignet ist, Partikel mit Spin 1/2, also Elektronen, zu beschreiben, den man dazu auch als zweikomponentigen Block-Spinor darstellt. ˛ Ψ0 pr, tq ¸ ˚ Ψ pr, tq ‹ ˜ ˚ 1 ‹ Ψ A pr, tq ‹ Ψpr, tq “ ˚ ˚ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ‹ “ Ψ pr, tq ˝ Ψ2 pr, tq ‚ B ¨

(69.13)

Ψ3 pr, tq

69.2.1

Kanonische Dirac-Gleichung

Damit ergibt sich die kanonische Dirac-Gleichung in Matrixform für  ¨ p die Dirac-Matrizen ein freies Teilchen, bei der im Skalarprodukt α α k als Komponenten des Vektors α gemäß (69.7) auftreten. j

B Ψpr, tq “ H Bt

” ı 2  Ψpr, tq “ c α ¨ p ` β mc Ψpr, tq D

(69.14)

Allerdings muss noch eine Erklärung für die vier Komponenten an Stelle von nur zwei für den Spin des Elektrons gefunden werden! Der Dirac-Hamilton-Operator (69.8) hat als Matrixgleichung die folgende Gestalt, H

D

 ¨ p ` β mc2 “ ´jc α  ¨ ∇ ` β mc2 “ Wrel E “ c α ´ B B B ¯ ` αy ` αz ` β mc2 “ ´jc α x Bx By Bz

(69.15)

wodurch die Dirac-Gleichungen komplizierter sind als die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung (41.3) und die Klein-Gordon-Gleichung (68.4), da sie als Matrixgleichungen Systeme von vier gekoppelten Differentialgleichungen erster Ordnung darstellen.

584

69 Dirac-Gleichung

69.2.2

Dirac-Gleichung im elektromagnetischen Feld

Um die Darstellung für ein Teilchen der Ladung q im elektromagnetischen Feld anzugeben, das durch die elektrodynamischen Potentiale ϕpr, tq und Apr, tq beschrieben wird, setzt man auch hier die Substitutionen (68.7) ein, ` ˘ ` ˘  ¨ p ´ qA ` β mc2 Wrel ´ q ϕ E “ c α (69.16) womit die Dirac-Gleichung für ein Teilchen im elektromagnetischen Feld lautet j

B Ψpr, tq “ H D Ψpr, tq Bt ı ” ` ˘  ¨ p ´ qA ` q ϕ E ` β mc2 Ψpr, tq “ Wrel Ψpr, tq “ cα (69.17)

69.3

Wahrscheinlichkeitseigenschaften

Die Adjungierung des Dirac-Spinors (69.13) ergibt den Zeilenvektor, ` ˘T ` ˘ (69.18) Ψ: pr, tq “ Ψ˚ pr, tq “ Ψ˚0 , Ψ˚1 , Ψ˚2 , Ψ˚3 mit dem sich das Skalarprodukt der Matrizen P “ Ψ: Ψ “

3 ÿ

| Ψk |2 ą 0

(69.19)

k“0

als positiv definite Wahrscheinlichkeitsdichte P deuten läßt, die die Darstellung (38.1) relativistisch erweitert. Ähnlich wie in Abschnitt 38.2 geht man vor, indem man die DiracGleichung mit Ψ: von links und ihr komplexes Gegenstück mit Ψ von rechts multipliziert. Dabei wird (68.2) eingesetzt und (69.9) berücksichtigt. ˇ BΨ ˇ :  ¨ ∇Ψ ´ cq α  ¨ A Ψ ` qϕ Ψ ` mc2 β Ψ “ H D Ψ “ ´ jc α ` j ˇ Ψ ¨ Bt ˇ BΨ:  ´ cq A Ψ: ¨ α  ` qϕ Ψ: ` mc2 Ψ: β ˇˇ ¨ Ψ ´ j “ Ψ: H :D “ ` jc ∇Ψ: ¨ α Bt

585

69.3 Wahrscheinlichkeitseigenschaften

Durch Subtraktion beider Gleichungen erhält man auf der linken Seite ´ BΨ BΨ: ¯ BP B` : ˘ ` Ψ “ j Ψ Ψ “ j LS “ j Ψ: Bt Bt Bt Bt Auf der rechten Seite heben sich mit  ¨ A Ψ ` A ¨ Ψ: α  Ψ“´ ´ Ψ: α

3 ÿ

Ψ : α k Ψ Ak `

k“1

3 ÿ

Ak Ψ : α k Ψ “ 0

k“1

die drei hinteren Differenzen auf. Die verbleibende Differenz der rechten Seite lautet wegen der konstanten Matrizen α k ” ı  Ψ  ¨ ∇Ψ ` ∇Ψ: ¨ α RS “ ´ jc Ψ: α ´ ¯ ” B B B Ψ ` αy Ψ ` αz Ψ “ ´ jc Ψ: α x Bx By Bz ´ B ´ B ¯ ¯ ¯ ı ´ B Ψ: α x Ψ ` Ψ: α y Ψ ` Ψ: α z Ψ ` Bx By Bz ¯ ¯ ¯ı ´ ” B ´ B B ´ c Ψ: α x Ψ ` c Ψ: α y Ψ ` c Ψ: α z Ψ “ ´ j Bx looooomooooon By looooomooooon Bz looooomooooon “ jx

“ jy

“ jz

Aus den drei skalaren Komponenten jk , die sich aus den Matrixprodukten ergeben, ˘ ` c Ψ˚0 Ψ3 ` Ψ˚1 Ψ2 ` Ψ˚2 Ψ1 ` Ψ˚3 Ψ0 jx “ ` ˘ jy “ ´ jc Ψ˚0 Ψ3 ´ Ψ˚1 Ψ2 ` Ψ˚2 Ψ1 ´ Ψ˚3 Ψ0 ` ˘ jz “ c Ψ˚0 Ψ2 ´ Ψ˚1 Ψ3 ` Ψ˚2 Ψ0 ´ Ψ˚3 Ψ1 kann man wie bei (38.6) einen Vektor  Ψ jpr, tq “ jx ex ` jy ey ` jz ez “ Ψ: c α

(69.20)

als Wahrscheinlichkeitsstrom oder Wahrscheinlichkeitsfluss definie als Geschwindigkeits-Operator ansehen ren, bei dem man die Größe c α kann, [3, S. 689]. Damit läßt sich die rechte Seite als Divergenz deuten und man erhält insgesamt eine zu (38.7) äquivalente Beziehung, die auch im relativistischen

586

69 Dirac-Gleichung

Fall im Gegensatz zu (68.6) die Kontinuitätsgleichung der Wahrscheinlichkeitsdichte P darstellt. BP ` div j “ 0 Bt

69.4

(69.21)

Dirac-Spin-Operator

Um im relativistischen Fall den Spin der Elektronen zu beschreiben, werden die vektoriellen Dirac-Spin-Operatoren SD und Σ mit den PauliOperatoren S und σ nach (65.17) in Blockmatrixform definiert,

 “ 1 SD “ 1  Σ 2 2

˜



0

0



¸

˜ “

S

0

0

S

¸ (69.22)

 “ Σ ex ` Σ ey ` Σ ez Σ x y z

woraus sich das Quadrat nach (65.11) bzw. (65.14) ergibt. ¨ `

S D

˘2

“˝

S2

0

˛

‚ “ 3 2 E 4 S 2

0

(69.23)

Der Vektoroperator Σ und seine Komponenten sind ähnlich wie die DiracMatrizen (69.10) aus den Pauli-Matrizen (65.22) aufgebaut. ˜  “ Σ



0

0



˜

¸ Σk “

σk

0

0

σk

¸ pk “ 0, x, y, zq

(69.24)

587

69.4 Dirac-Spin-Operator

Die konstanten Dirac-Spin-Matrizen lauten ausführlich ¨ ¨ ˛ ˛ 1 0 0 0 0 1 0 0 ˚ ˚ ‹ ‹ ˚ 0 1 0 0‹ ˚1 0 0 0 ‹ ˚ ˚ ‹ ‹ Σx “ ˚ Σ0 “ ˚ ‹ “ E, ‹ 0 0 1 0 0 0 0 1 ˝ ˝ ‚ ‚ 0 0 0 1 ¨

0 ´j 0

˚ ˚j Σy “ ˚ ˚0 ˝ 0

0 0 0

0 0 1 0

¨

˛

0

0

˚ ˚ 0 ´1 0 Σz “ ˚ ˚0 0 1 ˝

0

‹ 0 ‹ ‹, 0 ´j ‹ ‚ j

1

0

0

0

0

˛

0

‹ 0‹ ‹ 0‹ ‚

0 ´1

Der Operator Σ stellt wie in (65.27) eine formale Matrix dar. ¨ ˛ ex ´ jey 0 0 ez ˚ ‹ ˚ ex ` jey ‹ ´ ez 0 0 ˚ ‹ Σ “ ˚ ‹ e ´ je 0 0 e ˝ z x y‚ 0

0

ex ` jey

´ ez

Als Folge der Eigenschaften der Pauli-Matrizen gelten die Beziehungen der Komponenten, und

Σ k “ Σ:k “ Σ´1 k # Σi Σk “

Ñ E

j Σ

Σ2k “ E

pk “ x, y, zq

i“k i, k,  zyklisch

(69.25)

so dass die Σ -Matrizen hermitesch und unitär sind. Der Zusammenhang zwischen den Matrizen α k und Σ k wird durch eine spezielle Verknüpfungsmatrix τ vermittelt, die aus den Produkten der α -Matrizen nach (69.10) bzw. der γ -Matrizen nach (69.44) gebildet wird. Sie besteht aus Block-Einheitsmatrizen und ist ebenfalls hermitesch und unitär, [9, S. 43], [11, S. 63]. ¸ ˜ 0 E τ “ ´j αx αy αz “ γ 0 γ 1 γ 2 γ 3 “ E 0 (69.26) Ñ τ 2 “ E Ø τ “ τ : “ τ ´1

588

69 Dirac-Gleichung

Damit gelten für die Komponenten sowie für die Vektoroperatoren selbst die Verknüpfungen Σk “ αk τ “ τ αk αk “ Σk τ “ τ Σk

Ñ

 “ α  τ “τα  Σ

Ñ

  τ “τΣ  “ Σ α

(69.27)

Weiterhin gelten die Beziehungen # αi αk “

i“k

E j Σ

# αi Σk “ Σi αk “

i, k,  zyklisch (69.28)

i“k

τ j α

i, k,  zyklisch

sowie die folgende Vertauschbarkeit auf Grund der speziellen Elemente der Diagonalmatrix β β Σk “ Σk β

Ñ

 “ Σ  β βΣ

(69.29)

Man kann mit beliebigen Vektoren a und b verschiedene Produkte bilden,  ¨ bq “  ¨ aq p α pα

ÿ3

 ¨ bq “  ¨ aq p Σ pα

ÿ3

i“1

i“1

α i ai

ÿ3

α i ai

ÿ3

k“1

k“1

α k bk “

ÿ3

Σ k bk “

ÿ3

i“1

i“1

ÿ3 k“1

ÿ3 k“1

a i bk α i α k a i bk α i Σ k

die mit (69.25) und (69.28) für den Dirac-Spin-Operator Σ äquivalente Identitäten wie (65.26) für den Pauli-Operator σ ergeben.  ¨ aq p α  ¨ bq “ pa ¨ bq E ` j Σ ¨ pa ˆ bq pα  ¨ aq p Σ  ¨ bq “ pa ¨ bq E ` j Σ ¨ pa ˆ bq pΣ (69.30)  ¨ bq “ pa ¨ bq τ ` j α ¨ pa ˆ bq  ¨ aq p Σ pα  ¨ aq p α  ¨ bq “ pa ¨ bq τ ` j α ¨ pa ˆ bq pΣ

589

69.4 Dirac-Spin-Operator

Mit den Vektoren r und p erhält man zwei spezielle Produkte.  ¨ rq “ pr ¨ rq E ` j Σ  ¨ pr ˆ rq “ r2 E  ¨ rq p Σ pΣ  ¨ rq p Σ  ¨ pq “ pr ¨ pq E ` j Σ  ¨ pr ˆ pq “ pr ¨ pq E ` j Σ  ¨L pΣ Damit wird folgender Ausdruck gebildet, den man mit dem Faktor τ {r2 multipliziert und (69.27) anwendet.  ¨ pq “ p Σ  ¨ rqp Σ  ¨ rq p Σ  ¨ pq r2 E p Σ  ¨ rq “`r ¨ p˘ E ` j Σ  ¨ L‰ “ pΣ ´ ı r¯ ” ´r ¯ 1     ¨p E`j Σ¨L τ Σ¨p“ α¨p“ τ Σ¨ r r r loooomoooon loomoon “αr

“ pr

´

¯ 1  Σ¨L r

 ¨ p “ α r pr E ` j α

(69.31)

Dabei treten die radialen Größen  ¨ er “ α x pex ¨ er q ` α y pey ¨ er q ` α z pez ¨ er q αr “ α pr “ er ¨ p “ ´j er ¨ ∇ “ ´j

(69.32)

B Br

auf, die vertauschbar sind, da weder die Dirac-Matrizen noch die drei Skalarprodukte ex ¨ er “ sin ϑ cos ϕ ,

ey ¨ er “ sin ϑ sin ϕ ,

ez ¨ er “ cos ϑ

von der radialen Variablen r abhängen. α r pr “ p r α r Mit Ergänzungen  ¨ p “ αr α

”´

pr ´ j

´   ¨ L ¯ı ¯  Σ E ` loβ E β ` j j omoon r r r  “E

590

69 Dirac-Gleichung

definiert man neue Operatoren ˚ p und K,  ˚ p “ pr ´ j “ ´ j r

ˆ

B 1 ` Br r

˙

´

 “β E` K

¯ 1  Σ¨L 

(69.33)

mit denen man eine Darstellung erhält, die für die Lösung von Problemen in Zentralfeldern geeignet ist, [3, S. 704], [9, S. 104], [11, S. 69, 195]. „

 ¨ p “ α r pr E ` j α

69.5 69.5.1

„ j j 1    Σ ¨ L “ αr ˚ pE ` j β K r r

(69.34)

Dirac-Hamilton-Kommutatoren Kommutator mit Bahndrehimpulsoperator L

Im zeitunabhängigen, magnetfeldfreien Zentralfeld mit A “ 0 hat der Dirac-Hamilton-Operator aus Gleichung (69.17) die Gestalt in Matrixform, H

D

 ¨ p ` β mc2 ` q ϕprq E “cα

(69.35)

der im Gegensatz zum nichtrelativistischen Operator H nach (62.13) weder mit L noch mit L2 kommutiert, wie man folgendermaßen zeigt. Bei folgendem Kommutator heben sich die unterstrichenen Anteile auf. ww “ ‰ “ ‰ vv  ¨ p ` β mc2 ` q ϕprq E L ´ L c α  ¨ p ` β mc2 ` q ϕprq E H D, L “ c α Mit p “ ´j ∇ und L “ r ˆ p erhält man die Operatoren, B B B ` αy ` αz (69.36) Bx By Bz ´ B ´ ´ ¯ ¯ B B B B B ¯ r ˆ ∇ “ ex y ´z ` ey z ´x ` ez x ´y Bz By Bx Bz By Bx  ¨ ∇ “ αx α

 konstante mit denen der Kommutator lautet, wobei die Komponenten von α Matrizen sind. ww ` ˘2 ” ` ˘` ˘ ` ˘` ˘ı vv  ¨∇ rˆ∇ ´ rˆ∇ α  ¨∇ H D , L “ ´ j c α

69.5 Dirac-Hamilton-Kommutatoren

591

Im ersten Ausdruck entstehen 24 Summanden, von denen 18 durch den zweiten Ausdruck aufgehoben werden. Die sechs verbleibenden vektoriellen Summanden kann man zu einer formalen Determinante zusammenfassen,    e x ey ez    ww ` ˘2  α x α y α z  vv H D , L “ ´ j c    B B B     Bx By Bz die ein Kreuzprodukt darstellt. vv

69.5.2

H

D, L

ww

` ˘  ˆ ´ j ∇ “ ´j c α  ˆp “ ´j c α

(69.37)

Kommutator mit Spinoperator S

Um die gleiche Überlegung auf den Spin anzuwenden, wird wegen des Vektoroperators α mit seinen Komponenten α k als 4ˆ4-Matrizen der vektorielle Dirac-Spin-Operator SD (69.22) verwendet. Im Kommutator heben sich die unterstrichenen Anteile wegen (69.29) auf. ı ” vv ww   ¨ p ` β mc2 ` q ϕprq E H D , SD “ Σ cα 2 ı   ”  ¨ p ` β mc2 ` q ϕprq E ´ Σ cα 2 Damit verbleibt der Operatorausdruck, ˘ ˘ı ww vv  ”`  `α  ¨∇ Σ  ¨∇ α ´Σ H D , SD “ ´j c 2 in den man (69.36) und die Matrizen (69.10) und (69.24) einsetzt. In der eckigen Klammer treten dann für i, k “ x, y, z folgende Kommutatoren auf, ww vv α i, Σ k “ α i Σ k ´ Σ k α i ¸˜ ¸ ˜ ¸˜ ¸ ˜ σk 0 σk 0 0 σi 0 σi ´ “ σi 0 0 σk 0 σk σi 0 ¸ ˜ ¸ ˜ 0 σ iσ k σ kσ i 0 ´ “ σ iσ k 0 σ kσ i 0 ˜ vv ww ¸ σ i, σ k 0 “ vv ww 0 σ i, σ k

592

69 Dirac-Gleichung

für die man mit (65.23) erhält $ ’ ’ ww & ˜ vv α i, Σ k “ ’ ’ %

pi “ kq

0 0

j2 σ 

j2 σ 

0

¸ “ j2 α 

pi, k,  zyklischq

Damit ergibt sich für den Ausgangskommutator der Ausdruck, „ ´ vv ww B B ¯ H D , SD “ p´jq j c ex α y ´ αz Bz By ´ B B ¯ ` ey α z ´ αx Bx Bz j ´ B B ¯ ` ez α x ´ αy By Bx den man zu einer formalen Determinante zusammenfassen kann    e x ey ez      vv ww  αx αy αz  H D , SD “ p´jq j c    B B B     Bx By Bz und der ebenfalls ein Kreuzprodukt darstellt. vv

69.5.3

H

D , SD

ww

` ˘  ˆ ´ j ∇ “ ` j c α  ˆp “ ` j c α

(69.38)

Kommutator mit Gesamtdrehimpulsoperator J

Der Gesamtdrehimpuls J, der aus Bahndrehimpuls L und Spin SD vektoriell zusammengesetzt ist, kommutiert gemäß (69.37) und (69.38) mit dem Dirac-Hamilton-Operator, wodurch das Ergebnis (66.5) für J bestätigt wird. vv

H

D, J

ww

vv “ H

D , LE

ww vv ` SD “ H

D, L

ww

vv ` H

D , SD

ww

“ 0

(69.39)

593

69.5 Dirac-Hamilton-Kommutatoren

Wegen der Kommutatorregeln (43.37) und der Darstellung des Vektoroperators J nach (66.1) kommutiert der Dirac-Hamilton-Operator auch mit dem Quadrat und der z-Komponente des Gesamtdrehimpulses. vv

H

D, J

ww

“0

H

vv

2 D, J

ww

“0

H

vv

D , Jz

ww

“0

(69.40)

Da H D weder mit L noch mit SD kommutiert sondern nur mit deren Kombination J, ist zwar der Gesamtdrehimpuls eine Erhaltungsgröße aber nicht die Einzelgrößen Bahndrehimpuls und Spin, [12, S. 497].

69.5.4

Kommutator mit Operator K

In der Beziehung (69.33) wurde der Operator K in der Form definiert, dass er mit dem Dirac-Hamilton-Operator (69.35) kommutiert, was sich folgendermaßen zeigen läßt. ” ı ı ” vv ww 1   ¨ p ` β mc2 ` ϕprq E β E ` Σ H D, K “ cα ¨L  ı” ” ı 1  2  ´ β E ` Σ ¨ L c α ¨ p ` β mc ` q ϕprq E  Wegen der Matrixbeziehungen (69.11) und (69.29) bleiben nur folgende Summanden übrig, bei denen man die Matrix β unter Beachtung des Vorzeichenwechsels verschieben kann. ”` ww ˘ ˘ı ` vv  ¨p β´β α  ¨p H D, K “ c α ` ˘ ` ˘ ˘` ˘ı c ”`  ¨p β Σ  ¨p α ¨L ´β Σ ¨L α `  ˘ c ”` ˘` ˘ ` ˘` ˘ı `  ¨p  ¨p Σ  ¨p ´ β α ¨L ` Σ ¨L α “ ´ 2c β α  Mit den verschwindenden Skalarprodukten ` ˘ ` ˘ p ¨ L “ p´j2 q ∇ ¨ r ˆ ∇ “ p´j2 q ∇ ˆ r ¨ ∇ “ 0 ` ˘ ` ˘ L ¨ p “ p´j2 q r ˆ ∇ ¨ ∇ “ p´j2 q r ¨ ∇ ˆ ∇ “ 0 ergibt die eckige Klammer gemäß (69.30) ”` “ ‰ ˘` ˘ ` ˘` ˘ı  ¨p “jα  pˆL`Lˆp  ¨p Σ α ¨L ` Σ ¨L α

594

69 Dirac-Gleichung

Als vektoranalytische Beziehung lautet der wesentliche Anteil der beiden Kreuzprodukte nach Zwischenrechnung in kartesischen Koordinaten, ` ˘ ` ˘ ∇ ˆ r ˆ ∇ ` r ˆ ∇ ˆ ∇ “ ´2∇ (69.41) so dass man für den Kommutator erhält, ww ˘ c “ ` ˘‰ vv  ¨ p´jqp´2q ´ j ∇  ¨p ´ β jα H D , K “ ´ 2c β α  woraus die Vertauschbarkeit der beiden Operatoren folgt. H

vv

69.5.5

D, K

ww

“ 0

(69.42)

Relativistischer Paritätsoperator

Der hermitesche Paritätsoperator P nach (43.44) und der Dirac-Hamilton-Operator H D nach (69.35) sind nicht vertauschbar ! Denn wegen der konstanten Elemente der Dirac-Matrizen und Pϕprq “ ϕprq nach (43.50) gilt, vv ` ˘ ww P, H D Ψprq “ PH D ´ H D P Ψprq ` ˘ ` ˘ ` ˘  ¨ p Ψprq ` mc2 P β Ψprq ` q P ϕprq Ψprq “ `cP α  ¨ p PΨprq ´c α

´ mc2 β PΨprq ´ q ϕprq PΨprq looooooooooooooooooooooooomooooooooooooooooooooooooon “0

 ¨ p´ pq Ψp´ rq ´ c α  ¨ p Ψp´ rq “ `c α  ¨ p Ψp´ rq “ ´ 2c α woraus folgt vv P, H

D

ww

“ PH

D

´H

DP

‰ 0

Ñ

PH

DP

‰ H

D

Gesucht ist dagegen ein relativistischer Paritätsoperator Prel , der mit H D vertauschbar ist. : Um einen solchen hermiteschen Operator Prel “ Prel zu finden, für den gilt ww vv Prel , HD “ Prel HD ´ HD Prel “ 0 Ñ Prel HD Prel “ HD

595

69.6 Dirac-Gleichung in kovarianter Form

macht man folgenden Ansatz mit einer unitären Matrix U. Prel “ UP

: Prel “ P : U: “ PU:

Ñ

Damit erhält man mit (43.49) und (43.51) Prel H

D Prel

“ Prel H

: D Prel

 ¨ pPU: ` mc2 UPβPU: ` q UPϕprqPU: “ c UP α :  ¨ loomoon “ cUα PpP U: ` mc2 Uβ loPP Uon: loooomoooon PϕprqP omoon U ` q loU omo “´p

“E

“E

“ϕ

 U: ¨ p ` mc2 U β U: ` q ϕprq E “ ´c U α Damit dieses Ergebnis dem Dirac-Hamilton-Operator (69.35) gleicht, müssen folgende Bedingungen gelten, die wegen der Eigenschaften (69.11) durch die Matrix β erfüllt werden.   U: “ ´ α Uα

+ Ñ

U β U: “ β

U“β

Man erhält so die Darstellung des relativistischen Paritätsoperators, der wegen des verschwindenden Kommutators eine Erhaltungsgröße ist. Prel “ β P

69.6

Ñ

Prel , H

vv

D

ww

“0

(69.43)

Dirac-Gleichung in kovarianter Form

Die Dirac-Gleichung (69.14) wird mit x0 “ jct und den Substitutionen (68.2) in den Koordinaten der Raumzeit (67.7) dargestellt j

B B B Ψ “ ´ c Ψ “ ´ c Ψ Bt Bpjctq Bx0 ` ˘  ¨ ∇ Ψ ` β mc2 Ψ “ ´ jc α

596

69 Dirac-Gleichung

und mit β{c multipliziert, wobei β 2 “ E nach (69.11) gilt. β

´ B B B B ¯ mc ` αy ` αz Ψ` Ψ“0 Ψ ´ jβ αx Bx0 Bx By Bz 

Zur kürzeren Darstellung definiert man mit den Dirac-Matrizen (69.10) die γ -Matrizen, die aus den Pauli-Matrizen (65.22) aufgebaut sind. ˜ γ0 “ β “

σ0

0

0

´σ0

˜

¸ γ k “ ´ jβ α k “ ´ j

,

0

σk

´σk

0

¸

(69.44) In ausführlicher Darstellung lauten sie ¨

1 0

0

˚ ˚0 1 0 γ0 “ ˚ ˚ 0 0 ´1 ˝ 0 0 ¨

0

˚ ˚ 0 γ2 “ ˚ ˚ 0 ˝

0

0

‹ 0‹ ‹ “ β, 0‹ ‚

1 0

´1 0 0

0 0

j 0 ¨

˛

‹ 0 ‹ ‹, 0 ‹ ‚

´j

0

˚ ˚ 0 0 ´j γ1 “ ˚ ˚0 j 0 ˝

´1

0 0 ´1 0 1

¨

˛

0

´j 0

0

˚ ˚0 γ3 “ ˚ ˚j ˝

0

0

0

0

0 ´j

‹ 0 ‹ ‹ 0 ‹ ‚ 0

0

0

˛

0

˛

‹ j‹ ‹ 0‹ ‚ 0

Die γ -Matrizen sind hermitesch und ihren Kehrmatrizen gleich und damit ebenfalls unitär mit der aus (69.11/3) folgenden Eigenschaft. γ k “ γ :k “ γ ´1 k

Ñ

γ 2k “ E

γ0γk `γkγ0 “ βγk `γkβ “ 0

p@ kq pk ‰ 0q

(69.45)

Damit erhält man die kovariante Dirac-Gleichung für den Dirac-Spinor (69.13) eines freien Teilchens. ˆ

˙ 3 ÿ B mc E` Ψpr, tq “ 0 γk  Bxk k“0

(69.46)

69.6 Dirac-Gleichung in kovarianter Form

597

Ein Teilchen der Ladung q mit Spin 1/2 wird im elektromagnetischen Feld mit dem Dirac-Hamilton-Operator H D nach Gleichung (69.17) beschrieben, die man ebenfalls in den Koordinaten der Raumzeit darstellt. ” ı B  ¨ p ` β mc2 ` q ϕ E ´ qc α  ¨ A Ψpr, tq j Ψpr, tq “ c α Bt Die Glieder, die neben (69.14) im elektromagnetischen Feld zusätzlich auftreten, haben mit dem Viererpotential (67.26) bzw. (67.28) ´ ϕ ¯ ˘ ^ ` ΦT “ j , Ax , Ay , Az “ Φ0 , Φ1 , Φ2 , Φ3 c ´ ¯˚ (69.47) Φ: “ Φ T nach Multiplikation mit β{c und dem Einsetzen der γ -Matrizen (69.44) folgende Gestalt. ¯ 1 ´  ¨A β q ϕ E ´ qc α c q ´ ϕ¯ “ ´j β j  c ı ˘ ˘ ˘ ` ` q ”` ´ jβ α x Ax ` ´ jβ α y Ay ` ´ jβ α z Az ´j  ı q” γ 0 Φ0 ` γ 1 Φ1 ` γ 2 Φ2 ` γ 3 Φ3 “ ´j  Damit ergibt sich die kovariante Dirac-Gleichung für den DiracSpinor eines geladenen Teilchens im elektromagnetischen Feld, [3, S. 693]. ˆ

3 ” B ı˙ ÿ mc q E` γk ´ j Φk Ψpr, tq “ 0  Bxk  k“0

(69.48)

Beide kovarianten Gleichungen stellen homogene Gleichungssysteme für die Dirac-Spinoren Ψ dar. Die Adjungierung von (69.48) führt bei Berücksichtigung von (67.7) und (69.47) auf die Darstellung, 3 ” ı ÿ q´ ϕ ¯ı : B q B mc : ” Ψ ` `j ´j Ψ γ0 ` ` j Ak Ψ : γ k “ 0T  Bp´jctq  c Bxk  k“1

598

69 Dirac-Gleichung

die man von rechts mit der Matrix γ 0 multipliziert. Mit der Beziehung γ k γ 0 “ ´ γ 0 γ k nach (69.45) und unter Einführung des Zeilenvektors ΨTadj der Dirac-Adjungierten, die sich vom adjungierten Dirac-Spinor Ψ: nach (69.18) unterscheidet, ` ˘ (69.49) ΨTadj “ Ψ: γ 0 “ `Ψ˚0 , `Ψ˚1 , ´Ψ˚2 , ´Ψ˚3 erhält man die zu (69.48) adjungierte Dirac-Gleichung. 3 ” ı ÿ q B mc T Ψ adj pr, tq ´ ` Φk ΨTadj pr, tq γ k “ 0T  Bxk  k“0

69.6.1

(69.50)

Bedingungen für die Kovarianz

Damit die kovariante Gleichung (69.46) die Lorentz-Transformation erfüllt, bei der die Koordinaten pr, tq Ñ pˆ r , tˆq durch eine orthogonale Matrix L nach (67.10) umgerechnet werden, muss folgende Bedingung gelten, bei der die Gleichung ˆ

˙ 3 ÿ mc B ˆ r , ˆtq “ 0 E` Ψpˆ γk  Bˆ x k k“0

ohne und mit Dach pˆq in beiden Inertialsystemen S und Sˆ durch entspreˆ befriedigt wird. chende Wellenfunktionen Ψ und Ψ Dazu müssen neben den Koordinaten auch die Wellenfunktionen durch eine lineare Transformation mit einer zu bestimmenden Matrix Λ ineinander überführt werden. ˆ r , tˆq “ Λ Ψpr, tq Ψpˆ

(69.51)

Für die Gleichung ohne Dach folgt mit den Ableitungen (67.31a) und Tausch der Summationsreihenfolge „

3 ´ ÿ 3 ¯ B j ÿ mc E` Ψpr, tq “ 0 γ k Lik  Bˆ xi i“0 k“0

599

69.6 Dirac-Gleichung in kovarianter Form

Für die Gleichung mit Dach folgt nach Multiplikation mit der inversen Matrix und Wechsel des Laufindexes „ j 3 ÿ mc B Λ´1 E` Λ Ψpr, tq γk  Bˆ x k k“0 “



3

ÿ mc B E` Λ´1 γ i Λ  Bˆ xi i“0

j

Ψpr, tq “ 0

Die beiden letzten Gleichungen stimmen dann überein, wenn man bei der Koordinatentransformation mit der Matrix L eine Matrix Λ finden kann, die die folgende Bedingung erfüllt. Λ

´1

γiΛ “

3 ÿ

(69.52)

γ k Lik

k“0

y

a)

r

y

b)

Ψ

r x

Ψ

−r

Ψ x

Ψ

−r

Abb. 69.1: Paritätsoperation a) Transformation der Koordinaten PΨprq “ Ψp´ rq b) Gesamttransformation für Koordinaten und Wellenfunktionen ˆ Prel Ψprq “ Ψp´ rq Speziell für die in Abbildung 69.1 dargestellte räumliche Inversion mit pr, tq Ñ pˆ r “ ´ r, tˆ “ tq, die durch die Diagonalmatrix L inv nach (67.14) bewirkt wird und die nach Abschnitt 43.10 eine Paritätsoperation darstellt, erhält man # 3 ÿ pi “ 0q `γ0 “ β ´1 Λ inv γ i Λ inv “ γ k L invik “ ´γi pi “ 1, 2, 3q k“0

600

69 Dirac-Gleichung

Mit den Eigenschaften (69.45) der unitären γ -Matrizen gilt weiter, Λ´1 inv γ i Λ inv “ ˘ γ i

Ñ Ñ

γ i Λ inv “ ˘ Λ inv γ i # ` β Λ inv β Λ inv “ ´ γ i Λ inv γ i

pi “ 0q pi “ 1, 2, 3q

was in beiden Fällen durch Λ inv “ b β “ b γ 0 mit konstantem b erfüllt wird. Da die doppelte Inversion zur Ausgangssituation zurückführt, folgt aus (69.51) ˆ r, t q Λ inv Ψpr, tq “ Ψp´ ‰ “ ˆ Λ2inv Ψpr, tq “ Λ inv Λ inv Ψpr, tq “ Λ inv Ψp´ r, tq “ Ψpr, tq Λ2inv “ b β 2 “ E

Ñ

b “ ˘1

(69.53)

Die Kovarianz der Wellenfunktion wird bei räumlicher Inversion durch den Paritätsoperator Prel nach (69.43) bewirkt, der sowohl die Koordinaten als auch die Wellenfunktion transformiert, so dass man in der Schreibweise der Raumzeit mit dem Operator P nach (43.47) erhält ˆ r, jctq “ Λ inv Ψpr, jctq Prel Ψpr, jctq “ Ψp´

(69.54)

“ β PΨpr, jctq “ β Ψp´ r, jctq Die Paritätsoperation mit Prel erfordert also die Inversion r Ñ ´ r und die Multiplikation mit β, was gemäß (43.46) für die Spinoren folgendes bedeutet, [12, S. 498, 502], β Ψp´ rq “ ˘ Ψprq

(69.55)

Die gesamte Raumspiegelung für Koordinaten und Funktionen wird damit durch den relativistischen Paritätsoperator Prel bewirkt, der in Abschnit 69.5.5 entwickelt wurde.

69.7 Stationäre Lösungen im elektromagnetischen Feld

69.7

601

Stationäre Lösungen im elektromagnetischen Feld

Im stationären elektromagnetischen Feld sind die elektrodynamischen Potentiale ϕpr, tq und Apr, tq zeitunabhängig, so dass man wie in (41.6) bzw. (68.11) für den Vierer- oder Dirac-Spinor (69.13) den Ansatz in Blockform machen kann ¨ ˛ ψ0 prq ¸ ˜ ˚ ψ prq ‹ ˚ 1 ‹ ´j W t{ ψ A prq rel ‹ e´j Wrel t{ Ψpr, tq “ ˚ “ (69.56) ˚¨¨¨¨¨¨¨ ‹ e ψ prq ˝ ψ2 prq ‚ B ψ3 prq

Damit führt die Dirac-Gleichung (69.17) auf die Beziehung, ˜ ˜ ¸ ¸ ˜ ¸ ı ψ ” ` ˘ ψA ψ A A  ¨ p ´ qA ` q ϕ E ` β mc2 “ cα “ Wrel H D ψB ψB ψB in die die (konstanten) Dirac-Matrizen (69.10) eingesetzt werden. ¸ ˜ ¸ ˜ ¸ff˜ ¸ ˜ ¸ ˜ « ` ˘ 0 σ ψ ψ 0 E 0 E A A `qϕ ` mc2 “ Wrel c p ´ qA ¨ σ 0 ψB ψB 0 E 0 ´E Sie entspricht der Matrixgleichung, ˜ ¸ ˜ ¸ ` ˘ ¸˜ ψA pWrel ´ mc2 ´ q ϕq E 0 ´ c σ ¨ p ´ qA “ (69.57) ` ˘ 2 ψB ´ c σ ¨ p ´ qA pWrel ` mc ´ q ϕq E 0 die ein System von 2 ˆ 2 gekoppelten Gleichungen darstellt. ` ˘ ` ˘ c σ ¨ p ´ qA ψ B “ Wrel ´ mc2 ´ q ϕ ψ A ` ˘ ` ˘ c σ ¨ p ´ qA ψ A “ Wrel ` mc2 ´ q ϕ ψ B

(69.58)

Der Zusammenhang zwischen den beiden Teilspinoren der zweiten Gleichung lautet, ψ B prq “

` ˘ c  σ ¨ p ´ qA ψ A prq Wrel ` mc2 ´ q ϕ

602

69 Dirac-Gleichung

den man in die erste Matrixgleichung einsetzt. “ ` ˘‰2 ` ˘ c2 σ ¨ p ´ qA ψ A “ Wrel ´ mc2 ´ q ϕ ψ A 2 loooooooooomoooooooooon Wrel ` mc ´ q ϕ “ KA

Der Klammerausdruck KA wird mit der Identität (65.26) und dem Operator p “ ´j∇ berechnet, “ ` ˘‰“ ` ˘‰ KA “ σ ¨ p ´ qA σ ¨ p ´ qA “` ˘ ` ˘‰ ` ˘2 “ p ´ qA E ` j σ ¨ p ´ qA ˆ p ´ qA “ ‰ ` ˘2 p ˆ p ` q 2 A ˆA ´ q p ˆA ´ qA ˆ p “ p ´ qA E ` j σ ¨ loooooooooomoooooooooon “0

˘2

“ p ´ qA `

` ˘ ` ˘ E ´ q σ ¨ loooomoooon ∇ ˆ A ´q looooooomooooooon A ˆ ∇ ¨ σ “B  q“ 0 “ A ¨ p∇ˆ σ

so dass man die für den stationären Fall gültige Beziehung erhält. “` ˘2 ‰ ` ˘ c2 2  p ´ qA ´ q σ ¨ B ψ “ W ´ mc ´ q ϕ ψA rel A Wrel ` mc2 ´ q ϕ (69.59)

69.7.1

Nichtrelativistischer Grenzfall

Im nichtrelativistischen Grenzfall sind die Energien gegenüber der Ruheenergie mc2 klein, so dass gemäß (67.20) gilt Wrel ` mc2 “ Wrel ` W 0 “ Wklass ` 2mc2 « 2mc2 " q ϕ Wrel ´ mc2 “ Wrel ´ W 0 “ Wklass In einem homogenen Magnetfeld B0 geht die Lösung für das Elektron über in die Pauli-Gleichung (65.39), wenn man für die Spinorwellenfunktion einen stationären Ansatz macht. ”´ 1 ` ı ¯ ˘2 e σ ¨ B0 ψ A “ Wklass ψ A (69.60) p ` eA0 ´ e ϕ E ` 2me 2me Sie unterscheidet sich von der stationären Lösung der Schrödinger-Gleichung (60.2) durch den Summanden, e e   σ ¨ B0 “ 2 S ¨ B0 2me 2me

603

69.8 Lösung durch ebene Wellen

der die Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld und dem Spin des Elektrons beschreibt sowie durch die zweikomponentigen Spinorfunktionen. Aus dem Vergleich mit dem magnetischen Spinmoment (65.30)  s ¨ B0 “ ´ g s m

e  S ¨ B0 2me

ergibt sich, dass nach der Dirac-Theorie der Landé-Faktor den exakten Wert gs “ 2 besitzt, [3, S. 711].

69.8

Lösung durch ebene Wellen

Wie bei der Klein-Gordon-Gleichung versucht man, Lösungen der kanonischen Dirac-Gleichung (69.14) in Form ebener Wellen zu finden, für die man den Ansatz macht Ψpr, tq “ u e jpk¨r´ωtq “ u e jpp¨r´Wrel tq{

(69.61)

Dabei ist u ein von den Koordinaten r und t unabhängiger vierkomponentiger Spinor. Setzt man diesen Ansatz in die Eigenwertgleichung ein, dann erhält man nach Kürzen der Exponentialfunktion die Gleichung, “ ‰  ¨ p u “ Wrel u H D u “ looooooooooomooooooooooon β mc2 ` c α “B

die mit der charakteristischen Matrix C in umgestellter Form lautet ` ˘ C u “ B ´ Wrel E u “ 0 Daraus ergibt sich mit  ¨ p “ α x px ` α y py ` α z pz α p2 “ p2x ` p2y ` p2z das 4-zeilige homogene Gleichungssystem, ` pmc2 ´ Wrel q u0 ` c px u3 ´ jc py u3 ` c pz u2 “ 0 ` pmc2 ´ Wrel q u1 ` c px u2 ` jc py u2 ´ c pz u3 “ 0 ´ pmc2 ` Wrel q u2 ` c px u1 ´ jc py u1 ` c pz u0 “ 0 ´ pmc2 ` Wrel q u3 ` c px u0 ` jc py u0 ´ c pz u1 “ 0

604

69 Dirac-Gleichung

dessen Koeffizientendeterminante det C für nichttriviale Lösungen u ‰ 0 verschwinden muss. Für die weitere Rechnung werden folgende Abkürzungen eingeführt. , ξ “ cpx ` jcpy / 2 . K “ Wrel ´ mc η “ cp ´ jcp Ñ ξη ` ζ 2 “ ppcq2 (69.62) x y 2 / L “ Wrel ` mc ζ “ cpz Damit lautet das Gleichungssystem direkt und in Blockmatrixform ˛ ¨ .. ˛ . ζ η ‹¨ 0 ˚ ´K u0 .. ‹ ˚ ˜ ¸˜ ¸ ˚ ‹ ˚ 0 ´ζ ‹ ´K . ξ P ´KE uA ‹ ˚ u1 ‹ ˚ Cu “ ˚ ¨¨¨ ¨¨¨ ¨ ¨¨¨ ¨¨¨ ‹˚¨¨¨ ‹ “ “0 ‹ ˚ ˝ ‚ P ´LE uB .. u2 ‹ ˚ ζ . ´L 0 ‚ η ˝ u3 . ξ ´ζ .. 0 ´L (69.63) Für die Matrix P gilt ¸ ¸ ˜ px ´ jpy ζ η pz “c P“ ξ ´ζ px ` jpy ´pz ˜ ¸ 2 0 p “ ppcq2 E P2 “ c2 0 p2 ˜

det P “ ´ ζ 2 ´ ξη “ ´ ppcq2 Im Normalfall des bewegten Teilchens mit dem Impuls p ‰ 0 verschwindet die Determinante des Gleichungssystems nach der Schur-Formel für Blockmatrizen, [15, S. 89], wegen (67.21) “ ` ˘´1 ‰ det C “ det p´KE q det ´ LE ´ P ´ KE P “ ‰ 1 “ det p´KE q det ´ LE ` PEP K ” ¯ ı ı2 ”´ ppcq2 2 2 2 ppcq ´L E “K ´L “ K det K K “ ‰ 2 2 “ ppcq2 ` pmc2 q2 ´ Wrel det C “ 0

605

69.8 Lösung durch ebene Wellen

Damit ist das homogene Gleichungssystem nichttrivial lösbar und man erhält vier Eigenwerte des Energieoperators H D , die jeweils zweifach entartet sind. Sie stimmen mit der Energiebeziehung (68.3) bzw. der Dispersionsbeziehung (68.5) überein und erfordern auch eine entsprechende Indizierung bei den bereits eingeführten Abkürzungen. b ` ˘2 ^ Wrel “ W˘ “ ˘ Wp “ ˘ ppcq2 ` mc2 # K˘ “ ˘ Wp ´ mc2 Ñ (69.64) L˘ “ ˘ Wp ` mc2 ` ˘2 Ñ K` L` “ K´ L´ “ Wp2 ´ mc2 “ ppcq2 Die charakteristische Matrix C “ B ´ W˘ E hat den Rang r “ 2 und damit den Rangabfall oder Defekt d “ n ´ r “ 2, so dass neben ihrer Determinante auch alle dreireihigen Unterdeterminanten Null sind, was man mit dem Gauß’schen Algorithmus zeigen kann. Bei dessen Durchführung entstehen gestaffelte Systeme mit r “ 2 linear unabhängigen Zeilen für die zu bestimmenden, gebundenen Unbekannten der Anzahl r und die restlichen d “ n ´ r “ 2 freien Unbekannten, über die man mit beliebigen Werten verfügen kann, die vorzugsweise den Spalten der Einheitsmatrix entsprechen, sowie d “ 2 Zeilen, die nur Nullen enthalten. Für den Eigenwert W` “ `Wp wird der Gauß’sche Algorithmus von der letzten Zeile aufwärts und für W´ “ ´Wp von der ersten Zeile abwärts durchgeführt und in zwei Eliminationsschritten erhält man die gestaffelten Systeme, wobei folgende Ergebnisse berücksichtigt werden, die in den Matrizen durch die roten Nullen markiert sind. ξη ` ζ 2 ppcq2 ´ K` L` ´ K` “ “0 L` L` ξη ` ζ 2 ppcq2 ´ K´ L´ ´ L´ “ “0 K´ K´ Man erhält die beiden Matrixgleichungen ˛¨ ` ˛ ¨ ¨ ˛¨ ´ ˛ 0 ζ η u0 ´K´ 0 0 0 0 u0 ‹˚ ` ‹ ˚ ˚ ‹˚ ´ ‹ ˚ 0 ˚0 0 ´K´ ξ ´ζ ‹˚ u1 ‹ 0 0 ‹˚ u1 ‹ ‹˚ ‹ “ 0 , ˚ ˚ ‹˚ ‹ “ 0 ‹ ˚ ˚ ˚ ζ η ´L ˚ ´‹ `‹ 0 ‚˝ u2 ‚ 0 0 0 ‹ ˝ 0 ˝ ‚˝ u2 ‚ ` ξ ´ζ

0

´L`

u` 3

0

0

0

0

u´ 3

606

69 Dirac-Gleichung

` Mit den Spalten der Einheitsmatrix für die freien Unbekannten u` 0 , u1 bzw. ´ u´ 2 , u3 , die man mit den Pauli-Spinoren χ˘ aus (65.12) identifiziert, ergeben sich aus den beiden jeweils nichtverschwindenden Zeilen der gestaffelten Systeme bis auf den Normierungsfaktor die gesuchten Eigenvektoren. $ ´ cppx ` jpy q ¯T cpz ’ p1q ’ „ 1 , 0 , ` , ` u ’ & ` Wp ` mc2 Wp ` mc2 W` ñ ¯T ´ ’ cppx ´ jpy q cpz p2q ’ ’ , ´ % u` „ 0, 1, ` Wp ` mc2 Wp ` mc2 (69.65) $ ´ ¯T cpp ` jp q cp ’ x y p1q z ’ ’ & u ´ „ ´ W ` mc2 , ´ W ` mc2 , 1 , 0 p p W´ ñ ´ ¯T ’ p2q cppx ´ jpy q cpz ’ ’ , ` , 0 , 1 % u´ „ ´ Wp ` mc2 Wp ` mc2

Die Matrix C hat zu jedem entarteten Eigenwert genau d “ 2 linear unabhängige Eigenvektoren als Fundamentalsystem, aus denen eine allgemeine Lösung durch Superposition gebildet werden kann, um von physikalischen Aufgabenstellungen geforderte Randbedingungen zu erfüllen. Die Produkte aus Pauli-Operator σ nach (65.17), Impulsoperator p und den Pauli-Spinoren χ˘ nach (65.12) führen auf die beiden Spaltenvektoren, ` ˘ σ ¨ p χ` “ σ x px ` σ y py ` σ z pz χ` ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ 0 1 1 0 ´j 1 1 0 1 “ px ` py ` pz 1 0 0 j 0 0 0 ´1 0 ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ 0 0 1 “ px ` py ` pz 1 j 0 ˙ ˆ pz “ px ` j py ˘ ` σ ¨ p χ´ “ σ x px ` σ y py ` σ z pz χ´ ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ ˆ ˙ˆ ˙ 0 1 0 0 ´j 0 1 0 0 “ px ` py ` pz 1 0 j 0 0 ´1 1 1 1 ˆ ˙ ˆ ˙ ˆ ˙ 1 ´j 0 “ px ` py ` pz 0 0 ´1 ˙ ˆ px ´ j py (69.66) “ ´ pz

607

69.8 Lösung durch ebene Wellen

deren Skalarprodukt lautet `

σ ¨ p χ`

˘:

` ˘: σ ¨ p χ` “ σ ¨ p χ´ σ ¨ p χ´ “ p2

Mit den Größen (69.64) kann man die Eigenvektoren (69.65) der ebenen Wellen kompakter schreiben, deren Normierungsfaktoren aus der Orthogonalitätsforderung bestimmt werden. ¨ p1,2q

u`

p1,2q



˛

χ˘

‚ „ ˝ c σ ¨ p χ˘ L` ˛ ¨ c σ ¨ p χ˘ ‚ „ ˝ K´ χ˘

p1, 2 “ ˆ ˘q

(69.67)

Im ersten Fall erhält man `

p1q ˘: p1q u`

u`

“ 1 “ N2



´ c ¯2 ` ı ˘: σ ¨ p χ` σ ¨ p χ` χ:` χ` ` loomoon L` “1

“N

Wp2 2

“ N2

˘ 2 ` ˘2 ` ` 2mc2 Wp ` mc2 ` pc ` ˘2 Wp ` mc2

2Wp Wp ` mc2

und auf entsprechende Weise wegen K´ “ ´L` auch die drei anderen, so dass der für alle gleiche Normierungsfaktor lautet d N“

Wp ` mc2 2Wp

Die Eigenvektoren sind paarweise orthogonal. p1q :

p2q

piq :

pkq

p1q :

p2q

u` u` “ u´ u´ “ 0 u` u´ “ 0

pi, k “ 1, 2q

608

69 Dirac-Gleichung

Als Lösungen erhält man nach (69.61) die vier Wellenfunktionen. p1,2q

p1,2q

e jpp¨r´Wp tq{

p1,2q

p1,2q

e jpp¨r`Wp tq{

Ψ ` pr, tq “ u ` Ψ ´ pr, tq “ u ´

p1,2q

Wie bei der Klein-Gordon-Gleichung treten neben den Lösungen Ψ ` mit positivem Eigenwert W` “ ` Wp ą 0, die man als normale Teilp1,2q chenwellenfunktionen ansehen kann, noch zwei weitere Lösungen Ψ ´ mit negativem Eigenwert W´ “ ´ Wp ă 0 auf, die von Dirac durch seine Löcher-Theorie im Abschnitt 69.10 in besonderer Weise interpretiert werden konnten. Bei den Spinorlösungen (69.67) werden zwei Sonderfälle betrachtet. Im Fall eines ruhenden Teilchens ist der Impuls p “ 0, wodurch sich die vier linear unabhängigen Eigenvektoren auf die Spalten der Einheitsmatrix reduzieren. ¨ ˛ ¨ ˛ ¨ ˛ ¨ ˛ 1 0 0 0 ˇ ˇ ˇ ˇ ˚ ˚ ˚ ˚ ‹ ‹ ‹ ‹ 0 1 0 p1q ˇ p1q ˇ ‹ , up2q ˇˇ “ ˚ ‹ , ‹ , up2q ˇˇ “ ˚ 0 ‹ u´ ˇ “ ˚ u` ˇ “ ˚ ` ´ ˝ ˝ ˝ ˝ ‚ ‚ ‚ 0 0 1 0‚ 0 0 0 0 0 0 0 1 Die beiden ersten Vektoren zum positiven Eigenwert W0 “ ` mc2 beschreiben ein Teilchen mit Spin 1/2, das die Theorie von Schrödinger und Pauli erfüllt. Die beiden anderen zum negativen Eigenwert erhalten durch die Löcher-Theorie ihre Erklärung. Im nichtrelativistischen Grenzfall sind die Energien gegenüber der Ruheenergie mc2 klein, so dass nach (69.64) näherungsweise gilt # pc ! mc2 Ñ Wp « mc2 “ W0 Ñ

K´ « ´ Wp ´ mc2 “ ´ 2mc2 L` « ` Wp ` mc2 “ ` 2mc2

Für den Betrag des Impulses | p | “ p “ mv des Teilchens folgt ˇ ˇ pc pc « ˇˇ L` K´

ˇ ˇ ˇ« p « 1 v !1 ˇ 2mc 2 c

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

609

was auch für dessen Komponenten gilt. Damit vereinfacht sich der Normierungsfaktor. d W0 ` mc2 N« “1 2W0 Für die Eigenvektoren des Gleichungssystems (69.63) erhält man wegen (69.66) die Näherungen ˛ ¨ ˜ ¸ χ˘ u A` ‹ ˚ p1,2q Ñ u A` " u B ` u` « ˝ 1 ‚“ u B` σ ¨ p χ˘ 2mc ¨ ˛ ˜ ¸ 1 σ ¨ p χ˘ u A´ p1,2q ‚“ u ´ « ˝ 2mc Ñ u A´ ! u B ´ u B´ χ˘ Die Lösungen u A` und u B ´ stellen daher die großen Komponenten und u A´ und u B ` die kleinen Komponenten der Spinoren dar.

69.9

Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

Für ein Elektron der Masse me , das sich im magnetfeldfreien Fall mit A “ 0 im Zentralfeld des skalaren Potentials ϕprq befindet, folgt aus der DiracGleichung (69.17) im stationären Zustand die Eigenwertgleichung für den räumlichen Anteil des vierkomponentigen Dirac-Spinors (69.56). ˜ ¸ ¸ ˜ ¸ ˜ ” ı ψ ψA ψ A A  ¨ p ` β me c2 ` q ϕ E “ cα “ Wrel H D ψB ψB ψB (69.68) Nach Abschnitt 69.5 kommutiert der Dirac-Hamilton-Operator H D mit den Operatoren J2 , Jz , K und Prel , so dass sie nach (43.40) gemeinsame Eigenfunktionen mit den folgenden Eigenwerten haben, wobei κ noch zu bestimmen ist. , , H D / Wrel / / / ¸ ¸ ˜ /˜ / ipi ` 1q2 . ψ A J2 . ψ A “ / ψB ψB mi Jz / / / / / κ K

610

69 Dirac-Gleichung

Für den Paritätsoperator Prel folgen aus der Beziehung (69.55) ¸ ¸ ¸˜ ˜ ˜ ψ A p´ rq ψ A prq E 0 β Ψp´ rq “ “ ˘ Ψprq “ ˘ ψ B p´ rq ψ B prq 0 ´E als Fallunterscheidung zwei mögliche Lösungen, bei denen ψ A und ψ B gemäß (43.45) jeweils entgegengesetzte Parität haben. $ $ & ` ψ p´ rq “ ` ψ prq & ` ψ p´ rq “ ´ ψ prq A A A A I) , II) (69.69) % ` ψ p´ rq “ ´ ψ prq % ` ψ p´ rq “ ` ψ prq B B B B Als gemeinsame Eigenfunktionen eines Systems S1 nach (66.21) von J2 , Jz , L2 und S2 , die daher auch für H D , Prel und K gelten, ergaben sich für das ˘1{2, m Elektron die zweikomponentigen Spin-Winkelfunktionen Y ,1{2 i pϑ, ϕq in (66.56), die den Winkelanteil der Funktionen ψ A prq und ψ B prq bilden. Der halbzahlige Eigenwert i des Gesamtdrehimpulsoperators J2 kann beim Elektron nach (66.55) beim festem  höchstens zwei Werte aufweisen. + “0 Ñ i “ 1{2 1 Ñ i ě (69.70) 2  “ 1, 2, ... , n ´ 1 Ñ i “  ˘ 1{2 Bei einem gegebenen Wert i gilt, # i “  ˘ 1{2

Ñ

“

` “ i ` 1{2

`

Fall I

´ “ i ´ 1{2

`

Fall II

˘ ˘

(69.71)

dass sich die beiden ganzzahligen Werte ` und ´ um 1 unterscheiden, wodurch der eine gerade und der andere ungerade ist. Diese Unterscheidung überträgt sich wegen der Paritätseigenschaft (52.15) der Kugelflächenfunktionen mit p´1q auf die Spin-Winkelfunktionen, so dass die Funktionen ψ A und ψ B die festgestellte, entgegengesetzte Parität der Fallunterscheidung

i und dem Fall II) die aufweisen, wenn man dem Fall I) die Funktion Y i,`m,1{2 i als Winkelanteil zuweist. Funktion Y i,´m,1{2

Nach (69.31), (69.32) und (69.34) gilt „ j ” B  ¨Lı 1 Σ 1   ´j c α ¨ p “ c α r pr E ` j Σ ¨ L “ ´ jc α r r Br r 

611

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

 ¨ L durch die Quadrate des Gemäß (69.22) kann man das Skalarprodukt Σ Gesamtdrehimpulses ausdrücken. ` ` ˘ ˘ J 2 “ L E ` SD 2 “ L2 E ` 2 SD ¨ L ` SD 2 Bei Anwendung der Operatoren auf den Block-Spinor gemäß Abschnitt 65.4 und Einsetzen der Eigenwerte folgt  ¨ L Ψ “ 2 SD ¨ L Ψ “ J 2 Ψ ´ L2 Ψ ´ ` SD ˘2 Ψ Σ ” 3 ı “ 2 ipi ` 1q ´ p ` 1q ´ Ψ “ 2 μ Ψ 4 loooooooooooooomoooooooooooooon “μ

Bei beiden -Werten ergeben sich ganze Zahlen für μ und die neue Größe λ. # + pi ` 1{2qpi ` 3{2q 3 μ˘ “ ipi ` 1q ´ ´ 4 pi ´ 1{2qpi ` 1{2q # ´ i ´ 3{2 “ ´ pi ` 1{2 ` 1q “ ` i ´ 1{2 “ ` pi ` 1{2 ´ 1q # μ˘ “

´ pλ ` 1q

p` “ i ` 1{2q

` pλ ´ 1q

p´ “ i ´ 1{2q

mit λ “ i ` 1{2 ě 1 (69.72)

Aus der in (69.68) gegebenen Gleichung ¸ ¸ ˜ ˜ ı ψ ” ψ A A  ¨p ´c α “0 Wrel E ´ β me c2 ´ q ϕ E ψB ψB  und β nach (69.10) die magnetfeldfreie Matrixgleichung hervor, geht mit α die (69.57) entspricht. ¸˜ ¸ ˜ ¸ ˜ ψA 0 pWrel ´ mc2 ´ q ϕq E ´ c σ ¨ p “ ψB pWrel ` mc2 ´ q ϕq E 0 ´ c σ ¨ p Mit dem Produkt ” B ” B μı μı  ¨ p “ jc α r ´ “ jc ´ ´c α Br r Br r

˜

0 σr σr 0

¸

612

69 Dirac-Gleichung

und den Abkürzungen für Zentralfelder ‰ q ϕprq 1 “ Wrel ´ me c2 ´ q ϕprq “ f0 ´ c c ‰ q ϕprq 1 “ Wrel ` me c2 ´ q ϕprq “ g0 ´ gprq “ c c

f prq “

(69.73)

folgt daraus das System von 2 ˆ 2 gekoppelten Gleichungen. ” B ˘ μı 1` ´ σ r ψ A prq “ Wrel ` mc2 ´ q ϕ ψ B prq “ gprq ψ B prq Br r c (69.74) ” B ˘ μı 1` ´j ´ σ r ψ B prq “ Wrel ´ mc2 ´ q ϕ ψ A prq “ f prq ψ A prq Br r c ´j

Für die vierkomponentigen Block-Spinoren Ψ macht man für die Fälle (I/II) Ansätze mit Radialfunktionen, die auf Grund der Größen ˘ der Paritätseigenschaft (69.69) Rechnung tragen und bei denen die imaginäre Größe ? j “ ´1 einer reellen Darstellung dient. ¨ ˛ ¸ ˜ i PI prq Y i,´m,1{2 pϑ, ϕq ψ A prq ‚ “˝ Ψ I prq “ i ψ B prq I pϑ, ϕq ´ j QI prq Y i,`m,1{2 (69.75) ¨ ˛ ¸ ˜ i, mi PII prq Y ` ,1{2 pϑ, ϕq ψ A prq ‚ “˝ Ψ II prq “ i, mi ψ B prq II ´ j QII prq Y ´ ,1{2 pϑ, ϕq Dabei gilt für die zweikomponentigen Spin-Winkelfunktionen Y nach (66.56)  ´1{2, mi

i pϑ, ϕq “ Y ` Y i,`m,1{2 ` ,1{2

pϑ, ϕq ¨ ? ˛ ´ i ` 1 ´ mi Y ` ,mi ´1{2 pϑ, ϕq 1 ˝ ? ‚ “a 2pi ` 1q ` i ` 1 ` mi Y  ,m `1{2 pϑ, ϕq ` i  `1{2, m

i i pϑ, ϕq “ Y ´ pϑ, ϕq Y i,´m,1{2 ´ ,1{2 ¨ ? ˛ ` i ` m Y pϑ, ϕq i ´ ,mi ´1{2 1 ‚ “? ˝ ? 2i ` i ´ mi Y  ,m `1{2 pϑ, ϕq ´ i

613

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

Im Fall I) erhält man die Gleichungen ´j

” B ¯ μ` ı ´ i i ´ ´ jQI σ r Y i,`m,1{2 pϑ, ϕq “ f prq PI prq Y i,´m,1{2 pϑ, ϕq Br r ¯ ´ ¯ ” B μ´ ı ´ i i ´ PI σ r Y i,´m,1{2 pϑ, ϕq “ gprq ´ jQI Y i,`m,1{2 pϑ, ϕq ´j Br r

Der Operator σ r , in den die Pauli-Matrizen (65.22) eingesetzt werden, σ r “ σ ¨ er “ σ x pex ¨ er q ` σ y pey ¨ er q ` σ z pez ¨ er q ˙ ˙ ˆ ˙ ˆ ˆ 1 0 0 ´1 0 1 cos ϑ sin ϑ sin ϕ ` sin ϑ cos ϕ ` j “ 0 ´1 1 0 1 0 ˜ ¸ cos ϑ sin ϑ e´jϕ “ sin ϑ e`jϕ ´ cos ϑ führt bei den beiden links stehenden Spaltenvektoren σ r Y auf Grund der folgenden Identität der Spin-Winkelfunktionen i i pϑ, ϕq “ ´ Y i,¯m,1{2 pϑ, ϕq σ r Y i,˘m,1{2

(69.76)

zur Separation der Variablen und damit zu einer erheblichen Vereinfachung des Differentialgleichungssystems, da man den Winkelanteil kürzen kann! i Bei festen Werten von i und mi wird die Spin-Winkelfunktion Y i,˘m,1{2 pϑ, ϕq durch σ r in eine andere mit negativem Vorzeichen verwandelt, wobei die Parität durch den Übergang ˘ Ñ ¯ wechselt. Beweise dieser Identität findet man in [11, S. 44], [12, S. 504], [16, S. 186]. Aus den Gleichungen (69.74) gehen mit den Abkürzungen (69.73) und den Ansätzen (69.75) durch den Wegfall der Winkelfunktionen die folgenden gekoppelten Differentialgleichungssysteme für die Radialfunktionen hervor. ´d λ ´ 1¯ ´ PI prq “ ´ gprq QI prq dr r ´d λ ` 1¯ ` QI prq “ ` f prq PI prq dr r

(69.77)

614

69 Dirac-Gleichung

´d λ ` 1¯ ` PII prq “ ´ gprq QII prq dr r ´d λ ´ 1¯ ´ QII prq “ ` f prq PII prq dr r Da der Fall II) durch den Tausch λ Ñ ´λ aus dem ersten hervorgeht, kann man sich auf Fall I) beschränken und die Indizierung weglassen. Die Elimination einer der beiden Radialfunktionen führt auf eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, die der radialen Schrödinger-Gleichung (51.6) im nichtrelativistischen Fall entspricht. Dazu bildet man im System (69.77) den folgenden Differentialquotienten auf zwei verschiedene Weisen, ´

d` ˘ dQ dg gQ “ ´g ´ Q dr dr dr ´ λ ` 1 ¯ dg “ ´ g fP ´ Q ´ Q r dr ´ 1 dg λ ` 1 ¯´ dP λ´1 ¯ “ ´f gP ` ´ ´ P g dr r dr r ´ dg λ ` 1 ¯ dP ´ pλ ` 1qpλ ´ 1q 1 λ ´ 1 dg ¯ “ g ´ ` ´ f g P ´ dr r dr r2 g r dr

und ´

λ´1 λ ´ 1 dP d ` ˘ d2 P gQ “ ` ´ P 2 dr dr r dr r2

woraus sich die gesuchte Differentialgleichung für P prq ergibt. d2 P ” 2 1 dg ı dP ` ´ dr2 r gprq dr dr ” 1 λ ´ 1 dg λpλ ´ 1q ı ´ P prq “ 0 ` f prqgprq ` gprq r dr r2

(69.78)

615

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

69.9.1

Freies Teilchen

Ein freies Teilchen der Masse m unterliegt keiner Kraft, so dass man bei verschwindendem Zentralfeld ϕ “ 0 eine Wellenzahl k aus den Größen f0 und g0 der Abkürzungen (69.73) bilden kann. k 2 “ f0 g0 “

´W

rel

W 2 ´ pmc2 q2 ´ mc2 ¯´ Wrel ` mc2 ¯ “ rel c c pcq2

(69.79)

Aus klassischer Sicht muss nach (67.20) die kinetische Energie des Teilchens und damit auch k 2 positiv sein. Ekin “ Wrel ´ mc2 ě 0

Ñ

k2 ě 0

Aus (69.78) erhält man für ein freies Teilchen die Differentialgleichung, d2 P 2 dP ” 2 λpλ ´ 1q ı ` k ´ ` P prq “ 0 dr2 r dr r2 die mit der Substitution  “ kr in die Differentialgleichung (54.9) der sphärischen Bessel-Funktionen übergeht ı d2 P dP ” 2 `  ´ λpλ ´ 1q P pq “ 0 2 2 ` 2 d d mit der Lösung für Fall I) PI pkrq “ jλ´1 pkrq

(69.80)

Die andere Radialfunktion wird aus (69.77) ermittelt, ı λ´1 k ” dPI ´ PI pkrq QI pkrq “ ´ g0 dpkrq kr für die man mit der Rekursionsbeziehung (54.23) der sphärischen BesselFunktionen und d d k f0 Wrel ´ mc2 “ “ g0 g0 Wrel ` mc2 folgende Lösung erhält. d QI pkrq “

Wrel ´ mc2 jλ pkrq Wrel ` mc2

(69.81)

616

69 Dirac-Gleichung

Im Fall II) lautet das absolute Glied der Differentialgleichung λpλ ` 1q, so dass man die Lösungsfunktionen in entsprechender Weise bestimmt. d Wrel ´ mc2 QII pkrq “ ´ jλ´1 pkrq (69.82) PII pkrq “ jλ pkrq , Wrel ` mc2 Damit ergeben sich aus (69.75) die Block-Spinoren Ψ, die man nicht direkt normieren kann, da bei freien Teilchen das Normierungsproblem besteht, das im Abschnitt 45.2 betrachtet wurde.

69.9.2

Wasserstoffatom

Aus nichtrelativistischer Sicht wurde das Wasserstoffatom im Kapitel 55 behandelt. Auch in der Dirac-Theorie erfolgt die Bindung des Elektrons an den als ruhend angenommenen Atomkern durch die potentielle Energie des Coulomb’schen Gesetzes (55.1), in die die Feinstrukturkonstante α eingesetzt wird. Wpot prq “ q ϕprq “ ´ e ϕprq “ ´

c e2 1 “ ´α ă 0 4πε0 r r

Bei wasserstoffähnlichen Atomen muss α durch Zα ersetzt werden. Neben den Größen f0 und g0 wie beim freien Teilchen in (69.79) führt man die Abkürzungen v und w ein, die beide positiv sind. $ me c , Wrel ´ me c2 ’ / ’ v“ / ’ f “ ´ v p1 ´ wq “ 0 &  . c Ñ (69.83) ’ 2 Wrel / / ’ ` m c W e rel ’ w“ % g0 “ “ ` v p1 ` wq me c 2 c Mit der Substitution χ erhält man aus (69.77) das Differentialgleichungssystem $ ´ ” λ ´ 1¯ αı d ’ ’ ´ P pχq “ ´ 1 ` w ` Qpχq ’ & dχ χ χ (69.84) χ “ vr Ñ ¯ ” ı ´ d ’ λ ` 1 α ’ ’ ` Qpχq “ ´ 1 ´ w ´ P pχq % dχ χ χ Nach der Klassifizierung im Abschnitt 44.3 können aus klassischer Sicht gebundene Zustände nur für positive kinetische Energien E kin ě 0 auftreten.

617

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

Mit der relativistischen Beziehung (67.20), die um die potentielle Energie erweitert wird, ergibt sich aus dem Grenzfall der bei r “ r0 verschwindenden kinetischen Energie, c Ekin “ 0 “ Wklass ´ Wpot “ Wrel ´ me c2 ` α r0on loooooomoooooon loomo “ cf0 ă 0

ą0

dass beim Wasserstoffatom im Gegensatz zum freien Teilchen gelten muss, f0 “ ´ vp1 ´ wq ă 0

Ñ

0ăwă1

aber g0 und die entsprechend definierte Größe k positiv sind. k 2 “ ´ f0 g0 “ | f0 | g0 “ v 2 p1 ` wqp1 ´ wq “ v 2 p1 ´ w2 q ě 0 a a k “ | f0 | g0 “ v p1 ´ w2 q ě 0

(69.85)

Wie bei früheren Problemstellungen wird als erster Schritt zur Lösung des Differentialgleichungssystems (69.84) das asymptotische Verhalten für den Fall χ „ r Ñ 8 untersucht, bei dem folgende Gleichungen gelten. $ 2 , dP8 d P8 ’ / ’ ’ “ ´ p1 ` wq Q8 pχq / ´ p1 ´ w2 q P8 pχq “ 0 . & dχ dχ2 Ñ / ’ dQ8 d 2 Q8 / ’ ’ “ ´ p1 ´ wq P8 pχq ´ p1 ´ w2 q Q8 pχq “ 0 % dχ dχ2 Beide Funktionen müssen im Unendlichen beschränkt bleiben und daher abklingen, so dass für die Lösungen gelten muss ?

P8 pχq „ e´

1´w2 χ

Q8 pχq „ e´

1´w2 χ

?

Zur Lösung des allgemeinen Systems macht man einen mit der Potenz χs modifizierten Frobenius-Ansatz, ähnlich wie bei Gleichung (50.14). ?

P pχq “ e´

Qpχq “ e´

?

1´w2 χ

1´w2 χ

χs χs

8 ÿ ν“0 8 ÿ ν“0

cν χν dν χ ν

618

69 Dirac-Gleichung

Nach Einsetzen des Ansatzes in die Differentialgleichungen und Kürzen von Exponentialfunktionen und χs erhält man ”a ÿ8 λ´1´s´ν ı ν ´ α¯ ÿ8 χ “ 1`w` cν 1 ´ w2 ` dν χ ν ν“0 ν“0 χ χ ”a ÿ8 λ`1`s`ν ı ν ´ α¯ ÿ8 χ “ 1´w´ dν 1 ´ w2 ´ cν χν ν“0 ν“0 χ χ Der Koeffizientenvergleich für die niedrigste Potenz 1{χ bei ν “ 0 liefert die beiden Gleichungen, ps ` 1 ´ λq c0 “ ´ α d0

Ñ

ps ` 1 ` λq d0 “ ` α c0

Ñ

c0 α “´ d0 s`1´λ c0 s`1`λ “` d0 α

aus denen folgt ps ` 1 ` λqps ` 1 ´ λq “ ps ` 1q2 ´ λ2 “ ´ α2 Damit die Lösungsfunktionen P pχq und Qpχq im Nullpunkt beschränkt sind, ist beim Exponenten s im Frobenius-Ansatz nur das positive Vorzeichen der Wurzel physikalisch sinnvoll. # a λ “ i ` 1{2 ě 1 s ` 1 “ ` λ2 ´ α 2 mit (69.86) α « 1{137 Der Radikand ist auch bei wasserstoffähnlichen Atomen bei Z ď 92 Protonen im Kern stets positiv. Der Koeffizientenvergleich für die Potenz χν führt auf die beiden folgenden Beziehungen. a ˇ ? 1 ´ w2 cν ` pλ ´ s ´ ν ´ 2q cν`1 “ p1 ` wq dν ` α dν`1 ˇ ¨ 1 ´ w (*) a ˇ ? 1 ´ w2 dν ´ pλ ` s ` ν ` 2q dν`1 “ p1 ´ wq cν ´ α cν`1 ˇ ¨ 1 ` w Multipliziert man wie angegeben und bildet die Differenz der beiden Gleichungen, dann erhält man folgenden Quotienten. ? ? cν`1 α 1 ´ w ` pλ ` s ` ν ` 2q 1 ` w ? “ ? (69.87) dν`1 α 1 ` w ` pλ ´ s ´ ν ´ 2q 1 ´ w

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

619

Wegen des asymptotischen Verhaltens bei großen Argumenten, bei denen die Summanden mit großen Werten von ν überwiegen, müssen die Koeffizienten zueinander proportional sein. + P pχ Ñ 8q Ñ P8 pχq Ñ c ν “ A dν Qpχ Ñ 8q Ñ Q8 pχq Damit folgt aus den beiden Koeffizientenbeziehungen (*) für große Werte ν bei positiven Zählern ? ? ? ? cν`1 C A 1`w 1`w ´ 1`w 1´w Ñ ´ “ cν pλ ´ s ´ ν ´ 2q ´ α A ν ? ? ? ? dν`1 D A 1`w 1´w ´ 1´w 1´w Ñ ` “ dν A pλ ` s ` ν ` 2q ´ α ν Mit der gleichen Argumentation wie bei den Hermite’schen Polynomen bei Gleichung (50.15) würden die Summen im Frobenius-Ansatz mit der Variablen χ exponentiell wachsen, ? ´ 1´w2 χ

lim e

χÑ8

8 ? ÿ χν 2 “ lim e´ 1´w χ χs eχ “ 8 χ χÑ8 ν! ν“0 s

so dass die Funktionen P pχq und Qpχq nicht normierbar wären. Damit sie aber das erforderliche abklingende Verhalten aufweisen, müssen die Potenzreihen ab einem Laufindex ν “ n1 abbrechen. Die Reihen sind dann wegen des Grenzwertes ?

lim χs` e´

χÑ8

1´w2 χ

“0

p 0 ď  ď n1 , s beliebig q

ihrer endlich vielen Summanden beschränkt. Wegen cn1 `1 “ dn1 `1 “ 0 folgt dann aus beiden Koeffizientenbeziehungen (*) , ? c 1 ´ w2 cn1 “ p1 ` wq dn1 . 1`w c n1 Ñ “ ? dn1 1´w 1 ´ w2 dn1 “ p1 ´ wq cn1 Aus der Gleichsetzung mit (69.87) beim Index ν “ n1 ´ 1 c ? ? c n1 1`w α 1 ´ w ` pλ ` s ` n1 ` 1q 1 ` w ? “ ? “ dn1 1´w α 1 ` w ` pλ ´ s ´ n1 ´ 1q 1 ´ w

620

69 Dirac-Gleichung

wird die Größe w und daraus die Energie Wrel nach (69.83) bestimmt. ? ? α p1 ` wq ´ α p1 ´ wq “ rpλ ` s ` n1 ` 1q ´ pλ ´ s ´ n1 ´ 1qs 1 ` w 1 ´ w a αw “ ps ` 1 ` n1 q 1 ´ w2 ˙ ˆ Wrel 2 ps ` 1 ` n1 q2 2 w “ “ ps ` 1 ` n1 q2 ` α2 me c2 Mit den Größen s und λ aus (69.86) und dem Einsetzen der Hauptquantenzahl n “ n1 ` i ` 1{2 erhält man, a s ` 1 ` n1 “ n1 ` λ2 ´ α2 ´ ¯ a “ n ´ i ´ 1{2 ` pi ` 1{2q2 ´ α2 mit der die Energiefunktion lautet Wrel “d ˆ me c 2 1`

1 α a pn ´ i ´ 1{2q ` pi ` 1{2q2 ´ α2

˙2

(69.88)

Sie entspricht für L “ pi ` 1{2q{n und x “ α{pi ` 1{2q formal der Energiefunktion (68.14) mit der gleichen Taylor-Entwicklung. Wrel “d ˆ me c2 1`

1 x ? 1{L ´ 1 ` 1 ´ x2

L2 2 p3L ´ 4qL3 4 x ` x ` ... “ 1 ´ ˙2 2 8

Damit erhält man die Energieeigenwerte nach der Dirac’schen Theorie, Wn,i “ me c

2



3 ¯ α4 1 α2 ´ n ´ ´ 2 n2 2i ` 1 8 n4 j ”´ n ¯3 3 ´ n ¯2 3 ´ n ¯ 5 ı α6 ` ´ ` ´ ` ... 2i ` 1 2 2i ` 1 2 2i ` 1 16 n6



(69.89) wobei höhere Glieder wegen des geringen Wertes α « 1{137 vernachlässigt werden können.

621

69.9 Dirac-Gleichung in Zentralfeldern

Für die Quantenzahlen sind im Gegensatz zu (68.16) folgende Werte möglich. n “ 1, 2, ... 1 3 1 i “ , , ... , n ´ 2 2 2

(69.90) pn Werteq

In der Taylor-Entwicklung stellt der erste Summand die Ruheenergie dar und der zweite entspricht der Bohr’schen Formel (30.10) bzw. dem Schrödinger’schen nichtrelativistischen Energieeigenwert des Wasserstoffs nach Gleichung (55.7). Wn “ ´

α2 1 me c 2 2 2 n

Die weiteren Glieder stellen die relativistischen Korrekturen Rk dar, deren Beträge mit steigenden Werten von n und i schnell kleiner werden. ‰ “ p1q p2q Wn,i ´ me c2 “ Wn 1 ` R n,i ` R n,i ` ... ă 0 n ¯ 3 ı ´ α ¯2 ą 0 ´ 2i ` 1 4 n ” ´ n ¯3 ´ n ¯2 ´ n ¯ 5 ı ´ α ¯4 ` “ 2 `3 ´3 ą 0 2i ` 1 2i ` 1 2i ` 1 8 n

” ´ p1q R n,i “ 2 p2q

R n,i

Diese Korrekturen bewirken, dass jeder nichtrelativistische Energieeigenwert Wn auf Grund der i-Werte in n verschiedene, tiefer als Wn liegende Einzelniveaus aufgespalten wird. Die relativistischen Effekte vermindern daher den Entartungsgrad, da die Entartung der Schrödinger-Niveaus mit gleichem n aufgehoben wird, und sie führen durch die Aufspaltung der Spektrallinien zur Feinstruktur des Wasserstoffatoms. Zur Kennzeichnung der verschiedenen Energieniveaus verwendet man die herkömmliche spektroskopische Notation n i mit den Buchstaben s, p, d, f für die -Werte, bei der der i-Wert des Gesamtdrehimpulsoperators beim Elektron mit Spin s “ 1{2 höchstens zwei Werte aufweisen kann. Bei gleichen Quantenzahlen n und i stimmen in der Dirac-Theorie die zugehörigen beiden Energiewerte ˘ nach (69.71) überein, so dass z.B. die Niveaus 2s1{2 und 2p1{2 entartet sind. Die niedrigsten Energieniveaus und Orbitale sind in Tabelle 69.1 aufgeführt.

622

69 Dirac-Gleichung

n



i

Orbital

ΔW [eV]

ΔW {h [GHz]

1

0

1/2

1s1{2

181.13 ¨ 10´6

43 797

2

0 1 1

1/2 1/2 3/2

2s1{2 2p1{2 2p3{2

56.60 ¨ 10´6 56.60 ¨ 10´6 11.32 ¨ 10´6

13 686 13 686 2 737

3

0 1 1 2 2

1/2 1/2 3/2 3/2 5/2

3s1{2 3p1{2 3p3{2 3d3{2 3d5{2

20.12 ¨ 10´6 20.12 ¨ 10´6 6.71 ¨ 10´6 6.71 ¨ 10´6 2.24 ¨ 10´6

4 866 4 866 1 622 1 622 541

Tabelle 69.1: Orbitale des Wasserstoffatoms Abweichungen ΔW “ Wn,,i ´ Wn in eV von den Bohr’schen Energiewerten nach Gleichung (69.88) Im Jahr 1947 entdeckten Willis Lamb und Robert Retherford mit Methoden der Mikrowellentechnik, dass der Zustand 2p1{2 um die sehr geringe Energiedifferenz 4, 37 μeV niedriger liegt als der Zustand 2s1{2 entsprechend einem Frequenzabstand von 1057 MHz, was heute als Lamb-Shift bezeichnet wird. Diese Verschiebung stellt einen allgemeinen quantenmechanischen Effekt dar und bildete den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Quantenelektrodynamik (QED) ab Ende der 1940er Jahre, für die Richard Feynman, Julian Schwinger und Shinichiro Tomonaga 1965 den Nobelpreis für Physik erhielten. [10, S. 135]. Eine Reihe von relativistischen Effekten und ihre Auswirkungen bei verschiedenen Elementen wie Gold und Quecksilber wird in folgendem Artikel beschrieben, [19].

69.10 Negative Energiezustände, Dirac’s Löcher-Theorie

69.10

623

Negative Energiezustände, Dirac’s Löcher-Theorie

Sowohl im Klein-Gordon-Fall als auch in der Dirac-Theorie treten als wesentliche Schwierigkeit Zustände mit negativer Energie auf, die keine Untergrenze aufweisen. Da die Dirac-Gleichung Teilchen mit Spin 1/2 beschreibt, könnten Elektronen unter Abgabe beliebig großer Energiebeträge daher zu immer tieferen Zuständen negativer Energien gelangen. Eine solche Strahlungskatastrophe, die eine nichtstabile Materie zur Folge hätte, wird aber nicht beobachtet und hat daher keine physikalische Realität, so dass ihr Ausbleiben als Postulat gefordert werden musste. Das anfängliche Unverständnis der theoretischen Beschreibung wurde 1930 von Dirac durch die folgende bahnbrechende Interpretation gelöst, die seither als LöcherTheorie bezeichnet wird. Dirac nahm an, dass man den leeren Raum nicht als Zustand ohne Teilchen ansehen sollte, sondern als Zustand mit der niedrigsten Gesamtenergie, wobei alle Zustände im negativen Energiekontinuum der Abbildung 68.1 vollständig von Elektronen besetzt sind (jeweils spin-up und spin-down), die einen See von negativer Energie (Dirac-See) bilden, [10, S. 109]. Durch das Ausschließungsprinzip von Pauli wird die Strahlungskatastrophe dadurch verhindert, dass kein Elektron aus dem positiven in das negative Energiekontinuum übertreten kann, da es im Dirac-See keinen einzigen besetzbaren Zustand fände. Diese Vorstellung entspricht der Schalentheorie beim Atom, bei der Elektronen aus der äußersten Valenzschale, z.B. der M-Schale, keinen Quantensprung in die L- oder K-Schale machen können, wenn dort alle Plätze bereits vollständig von Elektronen besetzt sind. Nach Diracs Interpretation bildet das Vakuum dasjenige quantenmechanische System, bei dem alle Zustände negativer Energie mit Elektronen besetzt sind und für weitere Teilchen nur Zustände mit positiver Energie vorhanden wären. Strahlung in Form eines Photons der Energie W ą 2mc2 kann bei einem Elektron negativer Energie den Übergang in das positive Energiekontinuum in einen angeregten Zustand bewirken, wobei dort ein Elektron der Ladung ´e und der Energie `W entsteht. Aus der Sicht des Vakuums mit lauter negativen Ladungen fehlt dann im Dirac-See eine Ladung ´e mit der Energie ´W und auf Grund der Energieäquivalenz eine Masse ´me “ ´W{c2 .

624

69 Dirac-Gleichung

Diese Fehlstelle im See oder dieses Loch kann man auch in der Weise auffassen, dass ein Teilchen der Masse `me und der Ladung `e im ursprünglichen Dirac-See zu viel vorhanden ist. Diese Interpretation bedeutete nach Dirac die Entstehung eines Antiteilchens des Elektrons, das von Carl David Anderson 1932 in der kosmischen Strahlung als Bestätigung der Löcher-Theorie tatsächlich entdeckt wurde, der ihm den Namen Positron gab. Durch Absorption von Strahlung kann somit aus zugeführter Energie ein Teilchenpaar aus Elektron und Positron entstehen, was man als Paarerzeugung bezeichnet. Ist dagegen ein Zustand negativer Energie unbesetzt, dann kann ein Elektron aus dem positiven Energiekontinuum dieses Loch schließen, wobei das Elektron/Positron-Paar unter Emission der Energiedifferenz in Form eines Photons verschwindet. Diesen Vorgang nennt man Paarvernichtung oder Annihilation. Beide Möglichkeiten sind in Abbildung 69.2 veranschaulicht.

a)

b)

...

W

−e

−e

alle Zustände leer

+ mc2 = Vakuum

0 Strahlung − mc 2 +e

...

+e

Abb. 69.2: Bandübergänge im ursprünglichen Vakuumzustand a) Strahlungsabsorption mit Paarerzeugung b) Strahlungsemission mit Paarvernichtung

alle Zustände besetzt

69.10 Negative Energiezustände, Dirac’s Löcher-Theorie

625

Normalerweise liegt das Vakuum im obigen Sinn mit vollständig unbesetzten positiven und vollbesetzten negativen Energiezuständen nicht vor, sondern enthält immer eine gewisse Anzahl von jeweiligen Fremdladungen. Die Lebensdauer von Löchern oder Positronen im negativen Energiekontinuum ist allerdings nur kurz, da aus der Zahl der vorhandenen Elektronen im positiven Energiekontinuum recht schnell eines geeignet ist, die Bandlücke unter Energieabgabe zu überspringen, um ein entstandenes Loch durch Paarvernichtung wieder zu schließen, wodurch ein Systemzustand mit niedrigerer Energie erreicht wird. Der Löcher-Theorie kommt auch dadurch eine besondere Bedeutung zu, da sie die bisherige Vorstellung ersetzt, die das Vakuum als einen vollkommen leeren, materiefreien Raum oder strukturlosen Zustand definierte. Dirac entwickelte damit ein erstes Vakuummodell, dass durch eine innere Struktur mit unterschiedlichen Ladungen gekennzeichnet ist. Bei äußerer Einwirkung durch elektromagnetische Felder kann ein solches Vakuum durch Ladungsverschiebungen beeinflusst und verändert werden, was als Vakuumpolarisation bezeichnet wird. Trotz der Erfolge der Dirac-Theorie bei der Behandlung von Elektronen mit Spin 1/2 und der Erklärung des Landé-Faktors gs “ 2 sowie der Vorhersage des Positrons durch die Löcher-Theorie konnten nicht alle Fragen geklärt werden. Insbesondere ergibt sich durch die Annahme des Raumes als ein vollständig mit Elektronen gefüllter See eine unendlich große negative Energie, so dass man den Nullpunkt der Energieskala geeignet festlegen muss, um die Unendlichkeit zu beseitigen, was als Renormierung bezeichnet wird. Weiterhin werden Erzeugung und Vernichtung von Teilchen nicht erklärt, die in Beschleunigeranlagen (DESY, CERN, u.a.) bei hohen Energien als ständig beobachtete Ereignisse auftreten. Daher liegt auch keine Einteilchen-Theorie vor, so dass eine strengere Behandlung der Phänomene nur von einer relativistischen MehrteilchenTheorie und einer Quantisierung elektromagnetischer Felder erwartet werden konnte, die später von Quantenelektrodynamik (QED) und Quantenfeldtheorie (QFT) geleistet wurde. Eine Darstellung der Löcher-Theorie findet man in [2, S. 74] [3, S. 715], [6, S. 139], [9, S. 57] [11, S. 97], [16, S. 16, 117].

Kapitel 70

Quantenmechanische Wellengleichungen Die verschiedenen zeitabhängigen Differentialgleichungen der Quantenmechanik, die in den zurückliegenden Kapiteln des Buches behandelt und untersucht wurden, werden hier für einen Überblick tabellarisch zusammengestellt. Die Namen der Gleichungen sind mit denjenigen Physikern verbunden, die als Urheber gelten oder den wesentlichen Anteil an ihrer Aufstellung und Untersuchung hatten.

ohne Spin

mit Spin

nicht-relativistisch

(1) Schrödinger

(2) Pauli

relativistisch

(3) Klein-Gordon

(4) Dirac

Tabelle 70.1: Wellengleichungen der Quantenmechanik 626

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9_70

627

(1) Schrödinger-Gleichung für Teilchen im konservativen Kraftfeld nach (36.12) und (41.3) ı B Ψ ” p2 j “ ` Wpot Ψpr, tq Bt 2m für Teilchen im elektromagnetischen Feld nach (60.2) ı ˘2 BΨ ” 1 ` “ p ´ qApr, tq ` q ϕpr, tq Ψpr, tq j Bt 2m (2) Pauli-Gleichung für Elektronen nach (65.39) im homogenen Magnetfeld ¯ ı ˘2 μB B Ψ ”´ 1 ` “ S ¨ B0 Ψpr, tq p ` eA0 pr, tq ´ e ϕpr, tq E ` gs j Bt 2me  (3) Klein-Gordon-Gleichung für Teilchen mit Spin 0 nach (68.4) B2 Ψ “ ´ 2 c2 ΔΨ ` m2 c4 Ψpr, tq Bt2 oder nach (68.8) im elektromagnetischen Feld ¯2 ”` ´ B ˘2 ı ˘2 ` Ψpr, tq j ´ q ϕ Ψpr, tq “ j ∇ ` qA c2 ` mc2 Bt ´ 2

(4) Dirac-Gleichung für Teilchen mit Spin 1/2 nach (69.17) ı ` ˘ BΨ ” “ c α ¨ p ` eA ´ e ϕ E ` β mc2 Ψpr, tq j Bt In allen Differentialgleichungen stellen die eckigen Klammern den hermiteschen Hamilton-Operator H pr, p, tq bzw. H D pr, p, tq dar.

Literatur zu Kapitel VII [1] Aitchison, Ian J. R.: Relativistic Quantum Mechanics Macmillan Press, London (1972) [2] Bjorken, James D. / Drell, Sidney D.: Relativistische Quantenmechanik Bibliographisches Institut, Mannheim (1966) [3] Bransden, Brian H. / Joachain, Charles J.: Quantum Mechanics Pearson Education Limited, 2. ed. (2000) [4] Goldstein, Herbert: Klassische Mechanik Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 5. Aufl. (1978) [5] Fichtenholz, Grigori M.: Differential- und Integralrechnung, I VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin, 7. Aufl. (1972) [6] Heber, Gerhard / Weber, Gerhard: Grundlagen der Quantenphysik I, Quantenmechanik B. G. Teubner, Stuttgart (1971) [7] Kacser, Claude: Einführung in die Spezielle Relativitätstheorie Berliner Union, Stuttgart (1970) [8] Morse, Philip. M. / Feshbach, Herman: Methods of Theoretical Physics, I/II McGraw-Hill Book Company, (1953) 628

Literatur zu Kapitel VII

[9] Rebhan, Eckhard: Theoretische Physik: Relativistische Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie und Elementarteilchentheorie Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, (2010) [10] Resag, Jörg: Feynman und die Physik Springer-Verlag GmbH Deutschland (2018) [11] Rose, Morris E.: Relativistische Elektronentheorie I/II Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich (1971) [12] Sakurai, Jun J. / Napolitano, Jim: Modern Quantum Mechanics Cambridge University Press, 3. ed. (2021) [13] Schiff, Leonhard I.: Quantum Mechanics McGraw-Hill Book Company, 3. ed. (1968) [14] Schwabl, Franz: Quantenmechanik für Fortgeschrittene (QM II) Springer Verlag Berlin, Heidelberg, 5. Aufl. (2008) [15] Voigt, Christian / Adamy, Jürgen: Formelsammlung der Matrizenrechnung Oldenbourg Verlag, München, Wien (2007) [16] Wachter, Armin: Relativistische Quantenmechanik Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2005) [17] Werner, Wolfgang: Vektoren und Tensoren als universelle Sprache in Physik und Technik, I/II, Springer Vieweg, Wiesbaden (2019) [18] Zurmühl, Rudolf: Matrizen Springer Verlag, Berlin, Göttingen, Heidelberg, 4. Aufl. (1964)

629

630

Literatur zu Kapitel VII

Spektrum der Wissenschaft [19] Kaupp, Martin: Einstein in der Chemie SdW 12, 90 (2005)

Nachwort Wissenschaft als Ganzes und selbst einzelne Fachdisziplinen oder kleine Teile davon haben kein Ende und bei jedem Fortschritt oder jeder Erkenntnis erheben sich neue Fragestellungen, bei denen versucht wird, die auftretenden Probleme durch die Neugier und Beharrlichkeit unserer Spezies zu verstehen und zu lösen. Dagegen muss jedes Buch einen Abschluss erreichen und einmal zum Ende kommen, denn nur ein gewisser Ausschnitt aller interessanten und weitergehenden Themenkreise können behandelt und dargestellt werden, die der Zielsetzung des Autors entsprechen. Die Absicht bei diesem Fachbuch bestand darin, die wesentlichen Grundsätze der Quantenmechanik anhand der Vorläufer und des historischen Ablaufs zu untersuchen, was für die meisten Leserinnen und Leser vielleicht den am verständlichsten Zugang bedeutet, und durchaus tiefgründig bis zur axiomatischen und relativistischen Behandlung zu verfolgen. Dabei war wie auch in anderen Gebieten der Physik von Anfang an klar, dass man trotz des mitunter hohen mathematischen Aufwandes nur recht einfache oder idealisierte Problemstellungen geschlossen lösen kann, die aber dennoch zu wesentlichen Einsichten und Erkenntnissen führen. Die schon seit Mitte der 1920er Jahre verfolgten Methoden der Näherungsund Störungstheorie für naheliegende Probleme wie das Heliumatom mit zwei oder andere Atome mit mehr Elektronen wurden als eigenes umfangreiches Gebiet bewusst nicht behandelt, die bei Interesse in der Literatur zu finden sind. Besonders aus Sicht der Chemie sind Untersuchungen an Molekülen und Verbindungen von wesentlichem Interesse. Im Laufe von Jahrzehnten wurden mit enormem Aufwand in Forschung und Entwicklung durch Experimente, Algorithmen, Softwaresysteme und Computergenerationen große Fortschritte erzielt, die nur den in diesen Bereichen tätigen Spezialisten zugänglich 631

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632 sind. Einen kleinen Einblick darüber findet man z.B. in folgendem Buch 1 sowie in den mehrfach zitierten Büchern. 2 3 4 5 Leserinnen und Leser, die bis zum Ende durchgehalten haben und deren Wissensdurst noch nicht gestillt ist, werden verwiesen einerseits auf die Fülle der wissenschaftlichen Literatur, die in den Regalen der Universitätsbibliotheken darauf wartet, in Augenschein genommen zu werden, andererseits auf die Tiefen des Internets, das eine unübersehbare Flut von detailliertem Wissen bereitstellt. Die Erarbeitung dieses Buches führte mir wieder deutlich vor Augen, welch unermesslich großer Schaden durch die Vertreibung und Ermordung der jüdischen Bürger und weiterer Bevölkerungsgruppen in Deutschland und den besetzten Staaten in Europa unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft angerichtet wurde und welchen Verlust an Menschenleben und Intelligenz das bedeutete. Das betraf neben Physikern und Mathematikern, 6 die in diesem Buch Erwähnung finden, auch solche Menschen, die in Kunst und Kultur, Handel und Bankwesen, Medizin und anderen Wissenschaften einen Großteil von Fortschritt, Wohlstand und Unterhaltung beeinflussten und förderten, sowie eine Vielzahl von Bürgern, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollten. Diejenigen, die der Vernichtung entkamen, wurden in alle Himmelsrichtungen zerstreut und nur wenige konnten ihre vormalige Berufskarriere und Existenz fortführen. Danken möchte ich an erster Stelle meiner Frau Nelly, der ich auch dieses Buch widme, für ihre große Nachsicht und Geduld bei dem erheblichen Zeitaufwand, den ein solches Buchprojekt bedeutet. In vielen Diskussionen erhielt ich Anregungen und Ratschläge für Ergänzungen und Präzisierungen durch meinen Freund und Kollegen Professor Joachim Meißner, der stets ein kritischer und zuverlässiger Gesprächspartner war. Dem Springer-Verlag und seinem Cheflektor Herrn Dapper danke ich für die Annahme und Begleitung dieses zweiten Buchprojektes. 1

House, J. E., Fundamentals of Quantum Mechanics, Academic Press, 2018, Chap. 14 Bransden/Joachain, Quantum Mechanics, Chap. 8&9 3 Gasiorowicz, Quantenphysik, Kap. 11&15 4 Rebhan, Quantenmechanik, Kap. 8 5 Reineker et al., Theoretische Physik III, Quantenmechanik 1, Kap. 7 6 Bergmann / Epple, Jüdische Mathematiker in der deutschsprachigen akademischen Kultur, Springer Verlag 2009 2

Anhang

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Schreibweisen und Formelsymbole Schrifttypen Für die verschiedenen Größen werden zugeordnete Schrifttypen verwendet, die im einzelnen folgendermaßen dargestellt werden. ‚ skalare Größen in kursiver Antiqua

r x, V s

‚ dreidimensionale Vektoren in fetter, kursiver Antiqua

r a, A s

‚ dreidimensionale griechische Vektoren mit Pfeil

, ω s rα

‚ Einheitsvektoren in fetter, kleiner Antiqua

r e x , er s

‚ Spaltenmatrizen von Einheitsvektoren

res

‚ Spalten- und Zeilenvektoren in fetter, kleiner Antiqua

r a , aT s

‚ Matrizen mit Skalarelementen in fetter großer Antiqua

rA, M, Ψ,χs

‚ Matrizen mit Vektorelementen in fetter großer Antiqua

rVs

‚ Operatoren in großer Schreibschrift

rA , L, U s

‚ Hamilton-Operatoren in großer Schreibschrift

r H , HD s

‚ Vektoroperatoren in fetter, serifenloser Steilschrift

r p, L, S s

‚ Vektoroperatoren mit Matrixkomponenten

 s r σ , SD , Σ

‚ Vierervektoren in fetter, serifenloser Steilschrift

r R, P, Φ s

634

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Schreibweisen und Formelsymbole

635

Mehrfach auftretende Zeichen Bei den folgenden Formelgrößen kommen einige mehrfach vor, was aber kaum zu Verwechslungen Anlass geben sollte. Insbesondere die kleinen Buchstaben werden neben ihren mathematischen (j) oder physikalischen (i, k, , m, n, p, q, λ, μ, ν, ...) Eigenschaften z.B. als Quantenzahlen auch oft als Laufindizes in Summen verwendet. Da aber die in der Literatur häufig auftretende Einstein’sche Summationskonvention aus Gründen der klareren Darstellung nicht verwendet wird, ist die Bedeutung als Laufindizes und ihrer Laufweite stets eindeutig zu erkennen.

Mathematische Zeichen ^

“, ˆ “

entspricht

!



wird gefordert

@

für alle

˝´‚

Fourier-Verknüpfungszeichen

paqn

Pochhammer-Symbol

x..y˚

konjugiert komplex

x..y:

adjungierte Größe

x..y “ Et..u

Erwartungswert von Zufallsvariablen

ϕ1 pxq

Ableitung von ϕ nach dem Argument

“ dϕ{dx

xϕ, ψy

inneres Produkt zweier Funktionen

xψ |

Bra-Vektor

| ψy

Ket-Vektor

xL y “ xψ | L | ψy

Erwartungswert des Operators L

|ψ|

Betrag einer Größe

} ψ } “ xψ, ψy vv ww A ,B vv ww A ,B `

Norm einer Größe

∇ “ grad

Nabla-Operator, Gradient

a

Δ“∇¨∇“

∇2

Kommutator Antikommutator Delta-Operator, pdiv grad q

636

Schreibweisen und Formelsymbole

Δpz

Impulsweite von Wellenpaketen

Δz

Weite im Ortsraum von Wellenpaketen

Ret..u, Imt..u

Real-, Imaginärteil komplexer Größen

LS, RS

linke, rechte Seite einer Gleichung

WS

Wahrscheinlichkeit

Mathematische Größen 0

Null-Vektor

0

Null-Matrix

ACG

Clebsch-Gordan-Koeffizienten

A

Matrix mit skalaren Elementen

A

orthogonale Matrix bei Koordinatentransformation

AT

transponierte Matrix

A: “ A `

˘ ˚ T

adjungierte Matrix

A

Matrix mit vektoriellen Elementen

C

Menge der komplexen Zahlen

D

Diagonalmatrix

det x..y

Determinante einer Matrix

e˘jωt

Zeitfaktor

e x , er , n

Einheitsvektor in bestimmter Richtung

E

Einheitsmatrix, Rang gemäß Zusammenhang

E

Einheitsoperator

f pxq, f prq, f ptq

beliebige Orts- oder Zeitfunktion

F t..u ` ˘ F x{u

Fourier-Transformierte Funktional- oder Jacobi-Matrix

p1q h pζq

sphärische Hankel-Funktion 1. Art

Hn pxq

Hermite’sche-Polynome

Schreibweisen und Formelsymbole

H j“

?

Hilbert-Raum ´1

imaginäre Einheit

j pq

sphärische Bessel-Funktion 1. Art



Leiteroperatoren

pqq

Lp pq

Laguerre’sche Polynome

L

Lorentz-Matrix

M

Transitionsmatrix, Transfermatrix

M pa, b, zq “ 1 F1 pa, b, zq

Kummer’sche Funktion

N

Normierungsfaktor

N pμ, σ 2 q

Normalverteilung

N

Menge der natürlichen Zahlen

P pcos ϑq

Legendre-Polynome

Pm  pcos ϑq

zugeordnete Kugelfunktionen

P, Prel

(relativistischer) Paritätsoperator

r, ϑ, ϕ

Kugelkoordinaten

Rprq

Radialfunktion

R

Menge der reellen Zahlen

R3

dreidimensionaler euklidischer Raum

sp x..y

Spur einer Matrix

S

Funktionensystem

Un pxq

Tschebyscheff-Polynome 2. Art

U

unitärer Operator

Xeff “ Xrms

Effektivwert

y pq

sphärische Bessel-Funktion 2. Art

Y pϑ, ϕq

Winkelfunktion

Ym pϑ, ϕq

Kugelflächenfunktionen

Y i,,smi pϑ, ϕq

Spin-Winkelfunktionen

z

Zustandsvektor

637

638

Schreibweisen und Formelsymbole

 α

Dirac-Vektoroperator

α x, α y , α z , β

Dirac-Matrizen

 ¨ er αr “ α

Radialkomponente des Vektoroperators

γ 0, γ 1, γ 2, γ 3

γ-Matrizen

δik

Kronecker-Symbol

δpxq, δprq

Dirac-Funktion

Πpx{aq

Rechteck-Funktion der Breite a

, ϕ, z

Zylinderkoordinaten

σ 0, σ x, σ y , σ z

Pauli-Matrizen

Σ 0, Σ x, Σ y , Σ z

Dirac-Spin-Matrizen

τ “ γ0γ1γ2γ3

Verknüpfungsmatrix

Physikalische Größen a0

Bohr-Radius

rms

Apr, tq

Vektorpotential

r Vs{m s

B “ rot A

magnetische Induktion

r T “ Vs{m2 s

c

Vakuumlichtgeschwindigkeit

r m{s s

c

Federkonstante

r N{m “ Ws{m2 s

e

Elementarladung

r As s

E kin , E rot

kinetische, Rotationsenergie

r Nm “ kg m2 {s2 s

E

elektrische Feldstärke

r V{m s

f

Anzahl der Freiheitsgrade

r .{. s

f “ c{λ0

Frequenz

r Hz “ 1{s s

F

Kraft

rNs

gs

Landé-Faktor

r .{. s

h,  “ h{p2πq

Planck’sches Wirkungsquantum

r Ws2 s

H

Hamilton-Funktion

r Ws s

H

Hamilton-Operator

r Ws s

639

Schreibweisen und Formelsymbole

H

Dirac-Hamilton-Operator

r Ws s

j

Wahrscheinlichkeitsstrom, „fluss

r m{s s

J

(vektorieller) Drehimpuls-Operator

r Ws2 s

J

Viererstromdichte

r A{m2 s

k “ 2π{λ, k

Wellenzahl, Wellenvektor

r 1{m s

k

Vierer-Wellenvektor

r 1{m s

K

Vektor-Operator der Dirac-Theorie

r .{. s

L

Lagrange-Funktion

r Ws s

L

Eikonal

rms

L“rˆp

Drehimpuls

r Ws2 s

L

(vektorieller) Drehimpuls-Operator

r Ws2 s

m, m0 , me

Masse

r kg “ Ns2 {m s

mpuq

relativistische Masse

r kg “ Ns2 {m s

m

magnetisches Dipolmoment

r Am2 “ J{T s

n “ c{vPh

Brechungsindex

r .{. s

N “ c{vg

Gruppenindex

r .{. s

p

generalisierter Impuls

r Ns s

p

Vektor des Impulses

r Ns s

p

(vektorieller) Impuls-Operator

r Ns s

Radialkomponente des Operators

r Ns s

D

pr “ p ¨ er P “

Ψ: Ψ

2

“ | Ψ | Wahrscheinlichkeitsdichte

r 1{m3 s

P

Viererimpuls

r Ns s

q

generalisierte Koordinate

rms

q9

generalisierte Geschwindigkeit

r m{s s

q, Q

Ladung

r C “ As s

r, dr

Ortsvektor, Wegelement

rms

R

Reflexionsfaktor

r .{. s

R8

Rydberg-Konstante

r Hz s

R

Vierer-Ortsvektor

rms

640

Schreibweisen und Formelsymbole

s, ds “ | dr |

Bogenlänge, Bogenelement

rms

S

Wirkungsfunktion

r Ws2 s

S “EˆH S, S

Poynting-Vektor

r W{m2 s

(vektorieller) Spin-Operator

r Ws2 s

SD , S D

Dirac-Spin-Operator

r Ws2 s

S x , S y , S z , S ˘ Spin-Matrizen

r Ws2 s

T

Transmissionsfaktor

r .{. s

u

Geschwindigkeitsvektor

r m{s s

U

Vierervektor der Geschwindigkeit

r m{s s

vPh , vg

Phasen-, Gruppengeschwindigkeit

r m{s s

v

Geschwindigkeitsvektor

r m{s s

V

elektrisches Potential

r V “ J{C s

W “F ¨r

Arbeit, Energie

r Ws “ J “ Nm s

Wpot

potentielle Energie

r Ws s

x

Spaltenvektor der kartesischen Komponenten

rms

Ordnungszahl von Atomen

r .{. s

Wellenwiderstand des Vakuums

r Ω “ V{A s

Zwangskraft

rNs

Z Z0 “

a

μ0 {ε0

Z

α “ e2 {p4πε0 cq Feinstrukturkonstante

r .{. s

β “ v{c

relativistisches Verhältnis

r .{. s

γ

Lorentz-Faktor

r .{. s

γ

gyromagnetisches Verhältnis

r As{kg “ Am2 {Ws2 s

ε0 , ε

Dielektrizitätskonstante

r As{Vm s

Θ

Trägheitsmoment

r kg m2 “ Ws3 s

λ, λ0

Wellenlänge, im Vakuum

r m, 1 nm “ 10 Å s

λB “ h{p

De Broglie-Wellenlänge

r m, nm s

λC

Compton-Wellenlänge

r m, pm s

μ

reduzierte Masse

r kg “ Ns2 {m s

641

Schreibweisen und Formelsymbole

μ0 , μ

Permeabilitätskonstante

r Vs{Am s

μB “ e{2me

Bohr’sches Magneton

r eV{T s

ν “ 1{λ

Wellenzahl

r 1{cm s

σ, σ

(vektorieller) Pauli-Operator

r .{. s

 Σ, Σ

Dirac-Spin-Operator

r .{. s

ϕpr, tq

elektrodynamisches Skalarpotential

Φpp, tq, φppq

Wellenfunktionen im Impulsraum

rVs a r 1{ pm{Ws2 q3 s

Φ

Viererpotential

r Vs{m s

χ˘

Pauli-Spinoren

Ψpr, tq, ψprq

Wellenfunktionen im Ortsraum

Ψpr, t, sq

Spinorwellenfunktion

Ψpr, tq

vierkomponentiger Dirac-Spinor

r .{. s ? r 1{ m3 s ? r 1{ m3 s ? r 1{ m3 s

ω

Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit r 1{s s

Kombinationen physikalischer Größen e2 4πε0 W mc “ c  2   “¨ 2m 2m 2 p 2m 2 2Θ 2m k2 “ 2 W  k m  mω ? m ω

c “

r Ws m s r 1{m s r Ws ¨ m2 s r Ws s r Ws s r 1{m2 s r m{s s r m2 s r Ws2 {m s

Abbildungsverzeichnis 12.1 Alternative Bahnkurven zwischen festen Raumpunkten . . . . 35 30.1 Termschema mit Spektralserien . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 30.2 Potentielle Energie einer negativen Ladung . . . . . . . . . . . 132 31.1 Schematische Darstellung des Schalenaufbaus . . . . . . . . . 140 33.1 Streuung beim Compton-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . 145 44.1 Exemplarischer Verlauf der potentiellen Energie . . . . . . . . 234 46.1 Potentialstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.2 Wahrscheinlichkeitsdichten der Potentialstufe, Fall A . . . . 46.3 Wahrscheinlichkeitsdichten der Potentialstufe, Fall B . . . . 46.4 Reflexions- und Transmissionsfaktoren . . . . . . . . . . . . 46.5 Potentialwall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.6 Wahrscheinlichkeitsdichten des Potentialwalls, Fall A . . . . 46.7 Wahrscheinlichkeitsdichten des Potentialwalls, Fall B . . . . 46.8 Transmissionsfaktor des Potentialwalls . . . . . . . . . . . . 46.9 Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46.10Wahrscheinlichkeitsdichten des Potentialtopfs, Fall A . . . . 46.11Transmissionsfaktor des Potentialtopfs . . . . . . . . . . . . 46.12Graphische Bestimmung der diskreten Energieniveaus . . . 46.13Eigenfunktionen und WS-Dichten des Potentialtopfs, Fall B

. . . . . . . . . . . . .

250 253 254 255 256 259 261 262 264 266 267 270 272

47.1 Verschiebung der Potentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . 274 47.2 Spezielle Fälle von Potentialvorgaben . . . . . . . . . . . . . . 276 48.1 Sprünge der potentiellen Energie . . . . . . . . . . . . . . . . 280 642

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643

Abbildungsverzeichnis

48.2 Potentialstufen und ihre Zustandsvektoren . . . . . . . . . 48.3 Eigenwertdiagramme des Potentialtopfs . . . . . . . . . . 48.4 Doppelwall mit unterschiedlichen Breiten . . . . . . . . . 48.5 Elementarzelle des Potentialwalls . . . . . . . . . . . . . . 48.6 Transmissionsfaktor des Doppelwalls . . . . . . . . . . . . 48.7 Transmissionsfaktor des Dreifachwalls . . . . . . . . . . . 48.8 Elementarzelle des Potentialtopfs . . . . . . . . . . . . . . 48.9 Transmissionsfaktor des Doppeltopfs, Fall A . . . . . . . . 48.10Transmissionsfaktor des Dreifachtopfs, Fall A . . . . . . . 48.11Eigenwerte von Einfach- und Doppeltopf aus Nullstellen . 48.12Eigenwerte von Einfach- und Dreifachtopf aus Nullstellen

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . .

282 290 291 296 298 299 300 302 302 304 304

49.1 Potentialverlauf im Kronig-Penney-Modell . . . . . . . . . 307 49.2 Verlauf der Funktionen FpXq pwq . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 49.3 Entstehung der erlaubten Energiebänder . . . . . . . . . . . . 311 50.1 Normierte Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators . . . 324 50.2 Normierte Potentialfunktion des harmonischen Oszillators . . 326 51.1 Verläufe der potentiellen Energie . . . . . . . . . . . . . . . . 337 52.1 Polardiagramme von Kugelfunktionen . . . . . . . . . . . . . 343 54.1 54.2 54.3 54.4 54.5

Sphärische Bessel-Funktionen der 1. Art . . . . . . . Sphärische Bessel-Funktionen der 2. Art . . . . . . . Graphische Bestimmung der Energieeigenwerte . . . . Zweite graphische Bestimmung der Energieeigenwerte . Nichtnormierte Radialfunktionen . . . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

361 362 371 372 373

55.1 Radiale Wahrscheinlichkeiten der einfachsten Orbitale . . . . 392 56.1 Kratzer’sche Potentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 398 57.1 Größen beim Zwei-Körper-Problem . . . . . . . . . . . . . . . 405 62.1 Vektormodell der Richtungsquantisierung . . . . . . . . . . . 462 64.1 Translation im festen Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . 469 64.2 Zur Ableitung der Parität des Impulses . . . . . . . . . . . . . 472 64.3 Fester Vektor in gedrehten Koordinatensystemen . . . . . . . 475

644

Abbildungsverzeichnis

64.4 Drehung eines Vektors in festen Koordinatensystem . . . . . . 476 64.5 Rotation im festen Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . 479 65.1 Magnetfeld beim Stern-Gerlach-Versuch . . . . . . . . . . 485 65.2 Präzession der Dipolmomente im Magnetfeld . . . . . . . . . 486 65.3 Präzessionskegel des Dipolmomentes . . . . . . . . . . . . . . 488 66.1 Zusammenspiel der verschiedenen Quantenzahlen . . . . . . . 529 66.2 Ausschnitt aus Abbildung 66.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 66.3 Quantenzahldiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 68.1 Bandlücke zwischen den Energiekontinua . . . . . . . . . . . . 568 69.1 Paritätsoperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 69.2 Bandübergänge im ursprünglichen Vakuumzustand . . . . . . 624

Tabellenverzeichnis 45.1 Kenngrößen von Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 46.1 Eigenwerte für den Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . 271 54.1 Eigenwerte für  “ 0 für den sphärischen Potentialtopf . . . . 370 54.2 Eigenwerte für  “ 1 für den sphärischen Potentialtopf . . . . 372 55.1 Eigenwerte des Wasserstoffatoms . . . . . . . . . . . . . . . . 382 55.2 Wellenlängen des Wasserstoffatoms . . . . . . . . . . . . . . . 383 55.3 Niedrigste Werte der Quantenzahlen . . . . . . . . . . . . . . 387 59.1 Schreibweise von physikalischen Größen und ihren Operatoren 429 66.1 Eigenwerte bei Addition der niedrigsten Drehimpulse . . . . . 528 69.1 Orbitale des Wasserstoffatoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 70.1 Wellengleichungen der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . 626

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Berühmte Wissenschaftler in chronologischer Reihenfolge ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚

Pythagoras Euklid Galilei, Galileo Kepler, Johannes Fermat, Pierre Huygens, Christiaan Hooke, Robert Newton, Isaac Bernoulli, Jakob Bernoulli, Johann Taylor, Brook Maupertuis, Pierre Louis Moreau de Bernoulli, Daniel Euler, Leonhard D’Alembert, Jean Baptiste Le Rond Coulomb, Charles Augustin de Lagrange, Joseph Louis Laplace, Pierre Simon Legendre, Adrien-Marie Parseval, Marc-Antoine Fourier, Jean-Baptiste Joseph Young, Thomas Gauß, Carl Friedrich

(« 570 - 500 v.Chr.) (« 365 - 300 v.Chr.) (1564 -1642) (1571 -1630) (1601 -1665) (1629 -1695) (1635 -1703) (1643 -1727) (1654 -1705) (1667 -1748) (1685 -1731) (1698 -1759) (1701 -1784) (1707 -1783) (1717 -1783) (1736 -1806) (1736 -1813) (1749 -1827) (1752 -1833) (1755 -1836) (1768 -1830) (1773 -1829) (1777 -1855)

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Berühmte Wissenschaftler

‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚

Poisson, Siméon Denis Bessel, Friedrich Wilhelm Arago, Dominique François Jean Fraunhofer, Joseph (von) Fresnel, Augustin Jean Cauchy, Augustin Louis Faraday, Michael Coriolis, Gaspard Gustave de Steiner, Jakob Jacobi, Carl Gustav Bunjakowski, Viktor Jakowlewitsch Hamilton, William Rowan Liouville, Joseph Kummer, Ernst Eduard Bunsen, Robert Wilhelm Delaunay, Charles Eugène Ångström, Anders Helmholtz, Hermann (von) Tschebyschew, Pafnuti Lwowitsch Lissajous, Jules Antoine Clausius, Rudolf Hermite, Charles Kirchhoff, Gustav Robert Thomson, William, Lord Kelvin Balmer, Johann Jakob Riemann, Bernhard Maxwell, James Clerk Neumann, Carl Gottfried Laguerre, Edmond Nicolas Mendelejew, Dimitrij Hankel, Hermann Gibbs, Josiah Willard Pochhammer, Leo August Rayleigh, John William, Lord

(1781 -1840) (1784 -1846) (1786 -1853) (1787 -1826) (1788 -1827) (1789 -1857) (1791 -1867) (1792 -1843) (1796 -1863) (1804 -1851) (1804 -1889) (1805 -1865) (1809 -1882) (1810 -1893) (1811 -1899) (1814 -1872) (1814 -1874) (1821 -1894) (1821 -1894) (1822 -1880) (1822 -1888) (1822 -1901) (1824 -1887) (1824 -1907) (1825 -1898) (1826 -1866) (1831 -1879) (1832 -1925) (1834 -1886) (1834 -1907) (1839 -1873) (1839 -1903) (1841 -1920) (1842 -1919) NP 1904

648 ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚

Schwarz, Hermann Amandus Boltzmann, Ludwig Röntgen, Wilhelm Conrad Bruns, Ernst Heinrich Frobenius, Ferdinand Georg Gram, Jørgen Pedersen Becquerel, Antoine Henri Poynting, John Henry Lorentz, Hendrik Antoon Poincaré, Henri Rydberg, Janne Hobson, Ernest William Thomson, Joseph John Hertz, Heinrich Larmor, Joseph, Sir Planck, Max Hallwachs, Wilhelm Hilbert, David Lenard, Philipp Minkowski, Hermann Wien, Wilhelm Zeeman, Pieter Paschen, Friedrich Curie, Marie Sommerfeld, Arnold Millikan, Robert Andrews Wilson, Charles Thomson Rees Rutherford, Ernest Whittaker, Edmund Taylor Lyman, Theodore Lebesgue, Henri Schmidt, Erhard Jeans, James Hopwood, Sir Ritz, Walter

Berühmte Wissenschaftler

(1843 -1921) (1844 -1906) (1845 -1923) (1848 -1919) (1849 -1917) (1850 -1916) (1852 -1908) (1852 -1914) (1853 -1928) (1854 -1912) (1854 -1919) (1856 -1933) (1856 -1940) (1857 -1894) (1857 -1942) (1858 -1947) (1859 -1922) (1862 -1943) (1862 -1947) (1864 -1909) (1864 -1928) (1865 -1943) (1865 -1947) (1867 -1934) (1868 -1951) (1868 -1953) (1869 -1959) (1871 -1937) (1873 -1956) (1874 -1954) (1875 -1941) (1876 -1959) (1877 -1946) (1878 -1909)

NP 1901

NP 1902

NP 1906

NP 1918

NP 1905 NP 1911 NP 1902 NP 1903, 1911 NP 1923 NP 1927 NP 1908

649

Berühmte Wissenschaftler

‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚ ‚

Pfund, August Herman Einstein, Albert Laue, Max Felix Theodor von Ehrenfest, Paul Noether, Emmy Franck, James Born, Max Bohr, Niels Weyl, Hermann Plancherel, Michel Schrödinger, Erwin Hertz, Gustav Stern, Otto Gerlach, Walther Compton, Arthur Holly De Broglie, Louis Victor Hund, Friedrich Küpfmüller, Karl Pauli, Wolfgang Uhlenbeck, George Eugene Heisenberg, Werner Goudsmit, Samuel Abraham Jordan, Pascual Dirac, Paul Neumann, John von Gamow, George Bloch, Felix Gödel, Kurt Tomonaga, Shinichiro Boersch, Hans Feynman, Richard Phillips Schwinger, Julian Seymour (NP “ ˆ Nobelpreis)

(1879 -1949) (1879 -1955) (1879 -1960) (1880 -1933) (1882 -1935) (1882 -1964) (1882 -1970) (1885 -1962) (1885 -1955) (1885 -1967) (1887 -1961) (1887 -1975) (1888 -1969) (1889 -1979) (1892 -1962) (1892 -1987) (1896 -1997) (1897 -1977) (1900 -1958) (1900 -1988) (1901 -1976) (1902 -1978) (1902 -1980) (1902 -1984) (1903 -1957) (1904 -1968) (1905 -1983) (1906 -1978) (1906 -1979) (1909 -1986) (1918 -1988) (1918 -1994)

NP 1921 NP 1914

NP 1925 NP 1954 NP 1922

NP 1933 NP 1925

NP 1927 NP 1929

NP 1945 NP 1932

NP 1933

NP 1952 NP 1965 NP 1965 NP 1965

Personenverzeichnis Fermat, Pierre . . . . . . . . . . . . . . 33, 98 Feynman, Richard. . . . . . . . . . . . . .622 Fourier, Jean-Baptiste . . . 151, 175, 208 Franck, James . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Fraunhofer, Joseph . . . . . . . . . . . 123 Fresnel, Augustin Jean . . . . . . . . 122 Frobenius, Ferdinand Georg . . . 319 Fréchet, Maurice . . . . . . . . . . . . . . 418 Galilei, Galileo . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Gauß, Carl Friedrich . . . . . . . . . . . 188 Geiger, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Geißler, Heinrich . . . . . . . . . . . . . 116 Gerlach, Walther . . . . . . . . . 139, 489 Germer, Lester Halbert . . . 101, 155 Gibbs, Josiah Willard . . . . . . . . . . . . 38 Goudsmit, Samuel. . . . . . . . .139, 490 Gram, Jørgen Pedersen . . . . . . . . . 207 Gödel, Kurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Hallwachs, Wilhelm . . . . . . . . . . . 121 Hamilton, William Rowan . . 29, 35, 114 Hankel, Hermann . . . . . . . . . . . . . . 367 Heine, Eduard . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Heisenberg, Werner . . 84, 164, 165, 180, 190 Helmholtz, Hermann . . . . . . . . . . . 21 Hermite, Charles. . . . . . . . . . . . . . .321 Hertz, Gustav Ludwig . . . . . . . . . 123 Hertz, Heinrich . . . . . . . . . . . . . . 7, 115 Hilbert, David . . . . . . . . . . . . 215, 417 Hobson, Ernest W. . . . . . . . . 341, 342

Anderson, Carl David . . . . . . . . . 624 Arago, Dominique . . . . . . . . . . . . . 122 Balmer, Johann Jakob . . . . . . . . . 124 Becquerel, Antoine César . . . . . 117 Bernoulli, Daniel . . . . . . . . . . . . . 240 Bernoulli, Jakob . . . . . . . . . . . . . . . 16 Bessel, Friedrich Wilhelm . . . . . . 361 Bloch, Felix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 Boersch, Hans . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Bohr, Niels . . . . . . 127, 130, 164, 180 Boltzmann, Ludwig . . . . . . . . . 7, 115 Born, Max . . . . . . . 102, 143, 164, 180 Brackett, Frederick . . . . . . . . . . . 129 Bruns, Ernst Heinrich . . . . . . 97, 166 Bunsen, Robert Wilhelm . . . . . . . 123 Cauchy, Augustin Louis . . . . . . . . 419 Clausius, Rudolf . . . . . . . . . . . . . . . 115 Compton, Arthur Holly . . . . . . . . 143 Coulomb, Charles Augustin de . . 14 Courant, Richard. . . . . . . . . . . . . .417 Curie, Marie & Pierre . . . . . . . . . . 117 D’Alembert, Jean le Rond . 16, 114 Davisson, Clinton Joseph . . 101, 155 De Broglie, Louis Victor . 101, 143 Delaunay, Charles Eugène . . . . . . 82 Dirac, Paul Adrien Maurice . . . 164, 420, 578, 623 Ehrenfest, Paul . . . . . . . . . . 445, 490 Einstein, Albert . . . 45, 91, 121, 122, 164, 179, 556 Euler, Leonhard . . . 31, 36, 208, 375 Faraday, Michael . . . . . . . . . . . . . . . 85

650

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 W. Werner, Hamiltonsche Mechanik und Quantenmechanik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-41538-9

Personenverzeichnis

Huggins, William, Sir . . . . . . . . . . 124 Hund, Friedrich . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Huygens, Christiaan . . . . . . . . . . . 122 Jacobi, Carl Gustav Jacob . . 29, 349 Jeans, James, Sir . . . . . . . . . . . . . . 115 Jordan, Pascual . . . . . . . . . . . 143, 164 Jönsson, Claus . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Kelvin, William, Lord . . . . . . . . . . 344 Kepler, Johannes . . . . . . . . . . . . . . . 76 Kirchhoff, Gustav Robert . . . . . 123 Kummer, Ernst Eduard. . . . . . . . .316 Kurlbaum, Ferdinand . . . . . . . . . . 120 Küpfmüller, Karl . . . . . . . . . . . . . 191 Lagrange, Joseph Louis de . 15, 114 Laguerre, Edmond Nicolas . . . . 384 Lamb, Willis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 Laplace, Pierre Simon . . . . . . . . . 358 Larmor, Joseph, Sir . . . . . . .396, 486 Laue, Max von . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Lebesgue, Henri . . . . . . . . . . . . . . . 181 Legendre, Adrien-Marie . . . . . . . 341 Lenard, Philipp . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Liouville, Joseph . . . . . . . . . . . . . . . 42 Lissajous, Jules Antoine . . . . . . . . 39 Lorentz, Hendrik Antoon . . . . . . . 84 Lyman, Theodore . . . . . . . . . . . . . . . 129 Marsden, Ernest . . . . . . . . . . . . . . . 125 Maupertuis, Pierre Louis Moreau de 33, 114 Maxwell, James Clerk . . . . 114, 123 Mendelejew, Dimitrij . . . . . . . . . 125 Millikan, Robert Andrews . . . . . 116 Minkowski, Hermann . . . . . . . . . . 558 Neumann, Carl Gottfried . . . . . . . 362 Neumann, John von . . . . . . . 236, 418 Newton, Isaac . . . . . . . . . . 4, 114, 122 Noether, Emmy . . . . . . . . . . . 45, 482 Paschen, Friedrich . . . . . . . . . . . . . 129 Pauli, Wolfgang. . . . . . .140, 164, 493 Pfund, August Herman. . . . . . . . .129 Planck, Max . . . . . . . . . . . . . . . 34, 120 Poisson, Siméon Denis . . . . . . . . . . 54

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Poynting, John Henry . . . . . . . . . 149 Rayleigh, John William, Lord . 100, 115, 151 Retherford, Robert . . . . . . . . . . . 622 Riemann, Bernhard . . . . . . . . . . . . . . 90 Ritz, Walter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Rubens, Heinrich . . . . . . . . . . . . . . . 120 Rutherford, Ernest . . . . . . . . . . . 117 Rydberg, Janne . . . . . . . . . . . 124, 133 Röntgen, Wilhelm Conrad . . . . . 117 Schmidt, Erhard . . . . . . . . . . 207, 418 Schrödinger, Erwin. . .84, 164, 165 Schur, Issai . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 Schwinger, Julian . . . . . . . . . . . . . 622 Sommerfeld, Arnold . . . . 34, 76, 83, 131, 342 Stern, Otto . . . . . . . . . . . . . . . 139, 489 Taylor, Brook . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Thomson, George Paget . . . 101, 155 Thomson, Joseph John . . . . . . . . . 116 Tomonaga, Shinichiro . . . . . . . . . . 622 Uhlenbeck, George . . . . . . . 139, 490 Weyl, Hermann . . . . . . . . . . . . . . . . 582 Whittaker, Edmund Taylor . . . . 43 Wien, Wilhelm . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Wilson, Charles T. R. . . . . . . . . . . 117 Young, Thomas . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Zeeman, Pieter . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Ångström, Anders . . . . . . . . . . . . . 124

Sachverzeichnis Produkt-Symbol b . . . . . . . 507, 525 relativistische Parameter K, L, ξ, η, ζ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 604 Wp , K˘ , L˘ . . . . . . . . . . . . . . . . 605 rms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Schreibweise von Operatoren . . . . . . . . . . . . . 429 von Spingrößen . . . . . . . . 491, 501 Schrifttypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 SNR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 spitze Klammern Erwartungswert . . . . . . . . . . . . . 186 inneres Produkt. . . . . . . . . . . . .201 Mehrfachverwendung . . . . . . . 421 verschiedene Größen m . . . . . . . . 340 Wellenkonstante k . . . . . . . . . . . . . 240 übergesetzte Punkte . . . . . . . . . . . . . 4 Adjungierung. . .205, 211, 215, 494, 517, 518, 584, 598 Äquivalenz Eikonal-/Ham.-Jac.-Glg. . . . . . . . 99 Masse und Energie . . . . . . . 122, 563 Ansatz Bernoulli’scher Produktansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 240, 338 Potenzreihenansatz . . . . . . . . . . . . 319 Produktansatz . . 73, 197, 316, 375, 399 doppelter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 reduzierter Ansatz. . . . . . . . . . . . .358 Separationsansatz . . . . . . . . . . . . . . 71 Summenansatz . . . . . . . . . . . . . 64, 78 Arbeit im elektrostatischen Feld . . . . . . 119 Atom

A Abkürzungen & Schreibweisen f0 , g0 , f prq, gprq / Zentralfeld . . . 612 Adjungiert-Zeichen . . . . . . . 205, 494 Aufgaben-Parameter k, q, r, w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 q, κ, α r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 w, α, α r . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 ε˘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 εr˘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 κ, α, α r, ε˘ , εr˘ . . . . . . . . . . . . . . . 250 Basislinie, vm , wm . . . . . . . . . . . . . 275 Bra&Ket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . 420 Energiekürzel T,U,V,E . . . . . . . . . 31 Fourier-Verknüpfung. . . . . . . . .175 generalisierte Koordinaten . . . . . . . 9 Größe L Eikonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Funktionenklasse . . . . . . . . . . . 181 Lagrange-Funktion . . . . . . . . . 21 H-Atom k, , λ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380, 573 v, w, χ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 Index  für Bahndrehimpuls . . . 505 Kommutator-Klammerung. . . . .217 Kratzer-Potential, , κ, γ . . . . . . 398 Levi-Civita-Symbol . . . . . . . . . . 454 Oszillator, α, ξ, λ . . . . . . . . . 315, 374 pdf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 Pochhammer-Symbol . . . . . . . . 316 Potentialtopf, ξ, η . . . . . . . . . . . . . 269 Potentialtopf, sphärisch σ, τ, rˆ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 ξ, η . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

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Sachverzeichnis

Atomkern, Atomhülle . . . . . . . . . 125 Bohr-Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Elektronenkonfiguration . . 138, 387 Elektronenschale . . . . . . . . . . . . . . 140 Größenordnung. . . . . . . . . . . . . . . .131 Hauptschalen. . . . . . . . . . . . . . . . . .137 Ion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Orbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 hantelförmig . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Termschema. . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 Unterschalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 wasserstoffähnlich . . . . . . . . . . . . . 134 Zweiteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Atommodell Bohr’sches Atommodell . . . . . . 127 Bohr-Sommerfeld. . . . . . . . . . .135 Planetenmodell. . . . . . . . . . . . . . . .126 Rosinenkuchenmodell . . . . . . . . . 125 Rutherford . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Axiome im Hilbert-Raum . . . . . . . . . . . . 417 B Bahnkurve Delaunay-Bahnelemente . . . . . . 82 Orbit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Phasenbahn . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 67 Trajektorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Band Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Energieband. . . . . . . . . . . . . . . . . . .305 erlaubt, verboten. . . . . . .305, 311 Leitungs-, Valenzband . . . . 263, 311 Basis im Spin-Raum. . . . . . . . . . . . . . . . .494 vollständige Basis . . . . . . . . 420, 499 von Eigenfunktionen . . . . . . 215, 424 Bedeutung Hamilton’sche Darstellung . . . . 53 Hamilton-Jacobi Theorie . . . . . 65 Lagrange’sche Gleichungen . . . 22 Poisson-Klammern . . . . . . . . . . . . 57 Prinzip d. stationären Wirkung . 34 Wirkungs- u. Winkelvariable. . . .69 Wirkungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . 60

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Bedingung Bloch-Bedingung . . . . . . . . . . . . . 308 Bohr’sche Frequenzbed. . . . . . . 128 Bohr’sche Quantenbed. . . 127, 155 Normierungsbedingung . . . . . . . . 271 Randbedingung . . . . . . . . . . . . . . . 364 Resonanzbedingung . . . . . . 262, 267 Stationaritätsbedingung . . . . . . . 156 Stetigkeitsbedingungen . . . 199, 233 Bedingungen (nicht-) holonom. . . . . . . . . . . . . . . . .7 für Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . 13 rheonom, skleronom . . . . . . . . . . . . . 7 Zwangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . 6 Bewegung Bewegungsgleichungen . . . . . . . 5, 29 einer Flüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Frequenzen der Bewegung . . . . . . 67 geladenes Teilchen . . . . . . . . . . . . . . 84 harmonischer Oszillator . . . . . . . . 70 im Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Konstante der Bewegung . . . . 31, 43 Libration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 67 Lissajous-Figur . . . . . . . . . . . . . . . 39 periodische Bewegungen . . . . 39, 67 Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 67 Schraubenlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . .89 Beziehung De Broglie-Beziehung . . . . . . . 241 Dispersionsbeziehung . . . . . . . . . . 154 erweitert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 quadratisch . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Rekursionsbeziehung . 294, 319, 575 Bohr Bohr’sche Formel . . . . . . . . . . . . . 132 Bohr’sche Frequenzbed. . . . . . . 128 Bohr’sche Postulate . . . . . . . . . . 127 Bohr’sche Quantenbed. . . 127, 155 Bohr’sche Quantentheorie . . . . . 83 Bohr’sche Quantenzahlen . . . . . 352 Bohr’sches Atommodell . . 127, 135 Bohr’sches Korrespondenzprinzip . . 127, 130, 143, 155, 325 Bohr’sches Magneton . . . . 137, 396 Bohr-Radius . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

654

Brechungsindex . . . . . . . 96, 150, 154, 166 Gruppenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 ortsabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 D Determinante Slater-Determinante . . . . . . . . . 514 Determinismus . . . . . . . . . . . . . . . . 114, 190 Diagramm Eigenwertdiagramm . . . . . . . . . . . 269 Phasendiagramm . . . . . . . . . . . . . . . 39 Polardiagramm . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Dichte Teilchendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Wahrscheinlichkeitsdichte 181, 185, 242 der Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Differentialform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Dimension Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Hamilton-Funktion . . . . . . . . . . . . 29 Lagrange-Funktion . . . . . . . . . . . 21 Wellenfunktion . . . . . . . . . . . 177, 182 Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Dirac Dirac-Darstellung . . . . . . . . . . . . 582 Dirac-Gleichung adjungiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598 im el.-magn. Feld . . . . . . . . . . . 584 kanonisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 kovariant. . . . . . . . . . . . . . .596, 597 Dirac-Hamilton-Operator freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . . 583 magnetfeldfrei . . . . . . . . . . . . . . 590 relativistisch, Matrixform . . . 580 Dirac-Matrizen . . . . . . . . . . 580, 581 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . 420 Erwartungswert . . . . . . . . . . . . . 423 Dirac-Spin-Operator . . . . . 586, 591 Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 Dirac-Spinor . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 adjungiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 Dirac-See . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 Diskriminante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Dispersion Dispersionsbeziehung 154, 563, 567

Sachverzeichnis

erweitert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 quadratisch . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Dispersionsgleichung . . . . . . . . . . 150 quadratische . . . . . . . . . . . . . . . . 156 lineare Dispersion . . . . . . . . . . . . . 167 Drehimpuls Addition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 allgemeine Eigenschaften . . . . . . 515 Bahndrehimpuls . . . . . 127, 136, 156 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . 47, 245 Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Drehimpulsquadrat . . 351, 455, 459 in Kugelkoordinaten . . . . . . . . 352 Drehimpulssatz der QM . . . . . . . 450 Eigendrehimpuls. . . . . . . . . .139, 490 Erhaltungsgröße . . . . . 450, 481, 593 Gesamtdrehimpuls . . . 522, 530, 592 Tabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 im Zentralfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 kartesische Komponenten . . . . . . 350 Vektoroperator . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Vektoroperator J . . . . . . . . . . . . . . 515 Dualismus von Welle und Teilchen . . 122, 144, 147, 164 E Effekt Compton-Effekt . . . . . . . . . . . . . . 144 Hallwachs-Effekt . . . . . . . . . . . . 121 lichtelektrischer Effekt . . . . . . . . . 121 Photoeffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Tunneleffekt . . . . . . . . . . . . . . 263, 326 Zeeman-Effekt . . . . . . . . . . . 139, 394 Eichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Coulomb-Eichung . . . . 88, 395, 440 Eigen ... Eigen-Ket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 Eigendrehimpuls. . . . . . . . . .139, 490 Eigenfrequenzspektrum . . . . . . . . 167 Eigenfunktionen . . . . . 206, 236, 423 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 198 Entartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Entartung aufgehoben . 396, 400 gemeinsame . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Sachverzeichnis

gerade, ungerade . . . . . . . . . . . . 220 orthogonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Oszillator, linear . . . . . . . 323, 467 Oszillator, räumlich . . . . . . . . . 377 Spektralzerlegung . . . . . . . . . . . 208 Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . 387 Eigenvektoren . . . . . . . . . . . . 423, 425 allgemeine Beziehungen . . . . . 546 Pauli-Matrizen . . . . . . . . . . . . . 498 Starteigenvektor . . . . . . . . . . . . 537 vollständige Form . . . . . . . . . . . 547 Eigenwert . . . . . . . . . . . . . . . . 167, 236 als Quantenzahl . . . . . . . . . . . . 206 Aufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 305 Bestimmungsgleichung . 269, 369 Drehimpuls . . . . . . . 352, 460, 518 Eigenwertgleichung . . . . . . . . . 355 Eigenwertspektrum . . . . 198, 206, 209, 236, 237 Energieband . . . . . . . . . . . . . . . . 305 entartet . 237, 242, 247, 364, 377, 383 fundamentale Bedeutung . . . . 198 ganzzahlig, halbzahlig . . . . . . . 460 Oszillator, anharmonisch . . . . 400 Oszillator, linear . . . 76, 322, 466 Oszillator, räumlich . . . . . . . . . 376 Pauli-Matrizen . . . . . . . . . . . . . 498 reell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Wasserstoffatom . . 382, 396, 576, 577, 620 Eigenwertproblem . . . 167, 198, 206, 423 Eigenzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Eigenzustände beim Spin . . . . . . 494 Entwicklung eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . 422 nach Eigenfunktionen . . . . . . . 208 Eikonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Elektron abgeschlossene Elektronenschale . . . . . . . . . . . . 140 Bahndrehimpuls 127, 136, 156, 348 Bahnradien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Bohr’sches Magneton . . . . 137, 396

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Elektronenbeugung . . . . . . . . . . . . 155 Elektronenkonfiguration . . . . . . . 138 Elektronenwellenlänge . . . . . . . . . 155 Fermion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Gesamtenergie . . . . . . . . . . . . . . . . 132 im Festkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 intrinsische Eigenschaften.484, 510 Kristallelektronen . . . . . . . . . . . . . 306 Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Leuchtelektron . . . . . . . . . . . . . . . . 135 magnetisch Dipolmoment . . . . . . . . . . . . . . . 137 Gesamtmoment . . . . . . . . . . . . . 506 Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Präzession. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .486 Ruheenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Rumpfelektron . . . . . . . . . . . . . . . . 135 spezifische Ladung . . . . . . . . . . . . 116 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139, 490 halbzahlig . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Spinquantenzahl. . . . . . . . . . . . . . .492 Umlaufbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Valenzelektron . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Elektrostatik elektrische Feldstärke . . . . . . . . . . 118 Elementarzelle Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 Potentialwall . . . . . . . . . . . . . 291, 296 Energie Bandstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Bindungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . 133 diskrete Energiestufen . . . . . . . . . 123 Dissoziationsenergie . . . . . . . . . . . 401 Energie des Photons . . . . . . . . . . . 122 Energiebezeichnungen . . . . . . . . . . 31 Energiebänder . . . . . . . . . . . . 305, 311 Erhaltung der Energie . . . . . . . . . . 31 Gesamtenergie . . 31, 44, 52, 62, 72, 79, 132, 195, 197 Ionisierungsenergie . . . . . . . . . . . . 133 kinetische Energie . . 19, 20, 30, 71, 77, 91, 121, 131, 156 Nullpunktsenergie . . . 271, 322, 377 potentielle Energie . . 15, 20, 71, 77, 119, 131, 172, 336, 440 Extremwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

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relativistische Energie . . . . 122, 145, 154, 562 Ruheenergie . . . . . . . . . 562, 567, 579 Rydberg-Energie . . . . . . . . . . . . . 133 Schwellenenergie . . . . . . . . . . . . . . 123 Signalenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Entartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Aufhebung . . . . . . . . . . . . . . . 396, 400 bei Multipletts . . . . . . . . . . . . . . . . 529 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 einfache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Entartungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . 384 vollständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115, 120 Entwicklung eines Vektors . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 nach Eigenfunktionen . . . . . . . . . 208 Erfolg von Theorien Atomtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Bohr’sche Theorie . . . . . . . . . . . . 134 Dirac’sche Theorie . . . . . . . . . . . 625 klassische Physik . . . . . . . . . . . . . . 114 Wellenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . 200 Erhaltung der Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 der Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . 184 Erhaltungsgröße.43, 45, 56, 58, 61, 443, 463, 482 Drehimpuls . . . . . . . 348, 450, 481 Gesamtdrehimpuls . . . . . . . . . . 516 Gesamtenergie . . . . 197, 445, 474 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 448, 471 Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Erhaltungssätze . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bei Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . 468 Konstante der Bewegung . . . . . . . 31 Erwartungswert des Impulses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 des Ortsvektors . . . . . . . . . . . . . . . 432 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . 423 in der Quantenmechanik . . . . . . 165 Kurzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 ortsunabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . 430 quantenmech. Definition . . . . . . . 429 reeller Charakter . . . . . . . . . . . . . . 434 von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 430

Sachverzeichnis

zeitliche Ableitung . . . . . . . . . . . . 442 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 Zufallsvariable. . . . . . . . . . . . . . . . .186 Erzeuger bei Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 bei Translation . . . . . . . . . . . . . . . . 470 bei unitärer Transformation . . . 516 bei Zeitverschiebung . . . . . . . . . . .473 Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . 214 F Faktor gyromagnetischer Faktor . . . . . . 506 Landé-Faktor . . . . . . . . . . . . 506, 603 Lorentz-Faktor . . . . . . . . . 153, 560 Phasenfaktor von Condon–Shortley . . . . 347 Reflexions-/Transmissionsfaktor Potentialstufe . . . . . . . . . . . . . . . 251 Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . 265 Potentialwall . . . . . . 258, 260, 286 Zeitfaktor . . . . . . . . . . . . . 95, 148, 168 Feld evaneszentes Feld. . . . . . . . . . . . . .263 Geschwindigkeitsfeld. . . . . . . . . . . .41 im elektromagnetischen Feld Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 geladenes Teilchen . . . . . . . . . . . 84 Hamilton-Operator . . . 439, 440 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 konservatives Feld . . . . . . . . . . . . . . 31 konservatives Kraftfeld . . . . . . . . 172 Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 homogen . . . . . . . . . . . . . . . . . 84, 88 inhomogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Materiefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Potentialfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 Zentralfeld. .76, 118, 222, 336, 463, 609 Festkörper Kristall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 Kristallgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Folge

Sachverzeichnis

Cauchy-Folge . . . . . . . . . . . . . . . . 419 konvergente Folge . . . . . . . . . . . . . 419 Nullfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Fourier Fourier-Integral. . . . . . . . . . . . . .151 Fourier-Methode . . . . . . . . . . . . 199 Fourier-Paar. . . . . . . . . . . . . . . . .177 Fourier-Transformation . . . . . . 175 symmetrische Faktoren . . . . . 175 Verknüpfungszeichen . . . . . . . . 175 Freiheitsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Frequenz Eigenfrequenz . . . . . . . . . . . . . 70, 167 Kreisfrequenz der Bewegung . . . . 69 Larmor-Frequenz . . . . . . . . 396, 486 Schwingungsfrequenz . . . . . . . . . . 313 Zyklotronfrequenz . . . . . . . . . . . . . . 88 Funktion Abstandsfunktion . . . . . . . . . . . . . 419 erzeugende Funktion. . . . . . . . . . . .50 Funktionssatz Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . 349 normiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 vollständig . . . . . . . . . . . . . 208, 344 Gewichtsfunktion . . . . . . . . . 322, 385 Hamilton-Funktion in Kugelkoordinaten . . . . . . . . . 78 in Polarkoordinaten . . . . . . . . . . 79 zeitunabhängig . . . . . . . 31, 61, 71 Hermite’sche Funktionen . . . . . 323 komplexe Wellenfunktion 170, 171, 180, 184 konfluente hypergeometrische Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .316 Kugelflächenfunktionen . . 344, 346, 352 Normierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Orthogonalintegral . . . . . . . . . . 344 Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Kugelfunktionen Knotenlinien . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 Polardiagramme . . . . . . . . . . . . 344 Rekursion. . . . . . . . . . . . . . . . . . .353 Rodrigues-Darstellung . . . . . 342 Vorzeichenfaktor . . . . . . . . . . . . 342

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zonal, tesseral, sektoriell . . . . 346 zugeordnete . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Kummer’sche Funktion . . 316, 376 Lagrange-Funktion . . . . . . . . . . . 21 Auffinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 verallgemeinerte . . . . . . . . . . . . . 22 Laguerre’sche Polynome . . . . . 384 normierte Funktionen . . . . . . . . . 202 Original-, Bildfunktion . . . . . . . . 176 orthogonale Funktionen . . . . . . . 202 Phasenfunktion . . 95, 149, 168, 564 Potentialfunktion . . . . . . . siehe dort Prinzipalfunktionn . . . . . . . . . . . . . 58 quadratintegrabel. . . . . . . . .181, 420 Rechteck-Funktion . . . . . . . . . . . . 245 si-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . 245, 360 sphär. Bessel-Funktionen . . . . 361, 366, 615 Ableitung . . . . . . . . . . . . . . 365, 368 Funktionen j . . . . . . . . . . . . . . . 361 Funktionen y . . . . . . . . . . . . . . 362 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Nullstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 Orthogonalintegral . . . . . . . . . . 365 Rekursion . . . . . . . . . . . . . . 363, 369 sphär. Hankel-Funktionen . . . . 367 asymptotisches Verhalten . . . 367 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 sphärische Harmonische . . . . . . . 344 Spin-Winkelfunktion . 508, 536, 547 Wellenfunktion . . . . . . . . . siehe dort Wirkungsfunktion . . . 58, 60, 61, 93 Zustandsfunktion . . . . . . . . . 425, 511 Funktional . . . . . . . . . . . . . . . . . 36, 169, 421 Funktionalanalysis . . . . . . . . 169, 206, 418 G generalisiert Geschwindigkeiten . . . . . . . . . . . . . . 10 Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Vertauschung . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 geodätische Linie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Geometrie

658

Differentialgeometrie . . . . . . . . . . . 92 Riemann’sche Geometrie . . . . . . . 92 Geschwindigkeit Bahngeschwindigkeit . . . . . . . . . . 131 generalisierte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Geschwindigkeitsverh. β . . 153, 560 Gruppengeschwindigkeit . 100, 151, 154 keine Ortsfunktion . . . . . . . . . . . . . 85 Phasengeschwindigkeit 95, 96, 149, 153 Teilchengeschwindigkeit . . 154, 183, 252, 256 Gesetz Bewegungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . 4, 7 Born’sches Gesetz . . . . . . . . . . . . 182 Coulomb’sches Gesetz . . . . . . . . 118 Coulomb’sches Reibungsges. . . . 14 Gravitationsgesetz. . . . . . . . . . . . .114 Grundgesetz der Dynamik . . 4, 114 Kepler’sches Gesetz . . . . . . . . . . . 82 Strahlungsgesetz des Schwarzen Körpers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Zeitgesetz d. Nachrichtentechnik191 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Gleichgewichtsproblem . . . . . . . . . 59 Gleichung Bewegungsgleichungen 5, 29, 49, 56 Differentialgleichung asymptotisches Verhalten. . .318, 375, 381, 399, 617 der Fuchs’schen Klasse . . . . . 317 elliptisch, parabolisch, hyperbolisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Euler’sche . . . . . . . . . . . . 375, 381 Frobenius-Methode . . . 319, 617 Hermite’sche . . . . . . . . . . . . . . 318 komplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Kummer’sche 316, 376, 381, 399 Laguerre’sche . . . . . . . . . . . . . 384 Nullpunktsverhalten . . . 360, 375, 381, 399 sphär. Bessel-Funktionen . . 361 Sturm-Liouville-Typ . . . . . 317 Dirac-Gleichung adjungiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598

Sachverzeichnis

im el.-magn. Feld . . . . . . . . . . . 584 kovariant. . . . . . . . . . . . . . .596, 597 Dispersionsgleichung . 96, 100, 150, 156 Eigenwertgleichung . . . . . . . 206, 355 Eikonalgleichung . . . . . . . 62, 98, 166 Euler-Lagrange-Glgn. . . . . . . . 36 Euler’sche Gleichungen . . . . . . . . 36 Fundamentalgleichungen . . 100, 168 Grundgleichung der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . 172 Hamilton-Jacobi Gleichung zeitabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 zeitunabhängig . . . . . . . . . . . 62, 64 Helmholtz-Gleichung. . . . .95, 148 Klein-Gordon-Gleichung . . . . 567 im el.-magn. Feld . . . . . . . . . . . 570 Kontinuitätsgleichung der Wahrscheinlichkeit . . . . . . 183 relativistisch . . . . . . . . . . . . . . . . 586 Lagrange’sche Gleichungen . . . 21 Forminvarianz . . . . . . . . . . . . . . . 24 Operatorgleichung . . . . . . . . 196, 197 Parseval’sche Gleichung . 209, 210 Pauli-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . 509 Radialgleichung . . . . . . . . . . 339, 358 reduziert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Schrödinger’sche Wellengleichung . . . . . 63, 99, 101 Schrödinger-Gleichungsiehe dort Transfer-Gleichung . . . . . . . . . . . . 284 Potentialwall . . . . . . . . . . . . . . . 286 Ungleichung Schwarz-Bunjakowski . . . . 203 Dreiecksungleichung . . . . 203, 527 Wellengleichung . . . . . . . . . . . 95, 148 Winkelgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 340 Grenzfall nichtrelativistisch . . . 571, 573, 602, 608 H Hamilton Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . 29 Hamilton’sche Darstellung . . . . 39 Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Sachverzeichnis

Hamilton’sche Mechanik . . . . . 135 Hamilton’sches Prinzip . . . 36, 166 Hamilton-Funktion . . . 28, 31, 195 charakteristische . . . . . . . . 61, 166 zeitunabhängig . . . . . . . . . . . 52, 71 Hamilton-Operator . . . . . . 195, 216 magnetfeldfrei . . . . . . . . . . . . . . 394 Hamilton-Jacobi Gleichung zeitabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 zeitunabhängig . . . . . . . . . . . 62, 64 Hamilton-Jacobi Theorie . . . . . 65 Hydrodynamik inkompressible Flüssigkeit . . . . . . 42 stationäre Strömung . . . . . . . . . . . . 41 I Identität Dirac-Spin-Operator . . . . . . . . . 588 Jacobi-Identität . . . . . . . . . . . . . . . 56 Lagrange-Identität . . . . . . . . . . 395 Pauli-Operator . . . . . . . . . . . . . . . 500 Spin-Winkelfunktion . . . . . . . . . . 613 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . siehe dort Erhaltungsgröße . . . . . . . . . . 448, 471 generalisiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Impuls des Photons . . . . . . . . . . . 122 Impulssatz der QM . . . . . . . . . . . . 448 kanonisch konjugiert . . . . . . . . 26, 43 kinematischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Viererimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Interferenzmuster . . . . . . . . . . . . . 178 Interferenzterm. . . . . . . . . . . . . . . .187 Invarianz bei Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bei unitärer Transformation . . . 213 der Poisson-Klammern . . . . . . . . 57 des Hamilton-Operators 471, 481, 516 Eichinvarianz. . . . . . . . . . . . . . . . . .440 Forminvarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 bei Lorentz-Transform. . . . . . 90 der Lagrange-Glgn. . . . . . . . . 24 Invarianzeigenschaften bei Transformationen . . . . . . . . 46

659

von Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . 558 Invarianzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Kovarianz . . . . . . . . . . . . . . . . 556, 561 Lorentz-Invariante . 561, 562, 564 von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 K kanonisch Bewegungsgleichungen . . 29, 49, 56 Bezeichnung von Jacobi . . . . . . . 29 kanonisch konjugiert Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . 27, 135 Vertauschungsregeln . . . . . . . . 437 Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . 27, 49 Kernaussagen Drehimpulserhaltung . . . . . . 48, 481 Ehrenfest’sches Theorem . . . . 445 Eigenfunktionen bei vertauschbaren Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 218 Eigenschaft konkav/konvex . . . . 234 Eigenschaften von Wellenfunktionen . . . . . . . . . . . 232 Energieerhaltung . . . . . . . . . . 46, 474 Entartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 formaler Unterschied . . . . . . . . . . 431 hermitesche Operatoren . . 196, 217 nichthermitesche Produkte . . 211 Hilbert-Raum. . . . . . . . . . . . . . . .419 Impulserhaltung . . . . . . . . . . . 47, 471 kovariante Formulierung . . . . . . . 558 Operator-Definition . . . . . . . . . . . 169 orthogonale Eigenfunktionen . . 207 Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 reelle Eigenwerte . . . . . . . . . . . . . . 206 stationäre Zustände . . . . . . . . . . . 198 Wellen, Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . 122 Knoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236, 270 Knotenflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Knotenlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Koeffizient Binomialkoeffizient . . . . . . . . . . . . 384 Clebsch-Gordan-Koeff. . . . . . 526 Durchlässigkeitskoeffizient . . . . . 263 Gleitreibungskoeffizient . . . . . . . . . 14

660

Kollaps der Wellenfunktion . . . . . . . 179, 427 Kommutator . . . . . . . . . . . . siehe Operator komplementär Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Komplementarität . . . . . . . . . . . . . 180 Phänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 komplex Differentialgleichung . . . . . . . . . . . 170 in der Elektrodynamik . . . . . . . . 170 inneres Produkt . . . . . . . . . . . . . . . 201 Wellenfunktion . 149, 170, 171, 180, 184 Zufallsvariable. . . . . . . . . . . . . . . . .187 konservativ . . . . . . . . . . 14, 20, 31, 77, 336 Konstante Bindungskonstante . . . . . . . . . . . . 402 Federkonstante . . . . . . . . . . . . 70, 313 Feinstrukturkonstante . . . . 131, 379 Integrationskonstante . . . . . . . . . . . 60 Konstante der Bewegung . . . 31, 43, 443, 445, 471, 481, 516 Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . 134 Normierungskonstante . . . . . . . . . 346 Rydberg-Konstante . . . . . . 124, 133 Separationskonstante  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338, 341 m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 m, n, s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Wellenkonstante . . . . . . . . . . . . . . . 240 Koordinaten generalisierte . . . . . . . . . . . . . . . 9, 437 kanonische . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27, 49 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Funktionssatz . . . . . . . . . . . . . . . 349 Separation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . 24 Relativ-/SchwerpunktsKoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . 404 separierbare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 zyklische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Kopenhagener Deutung . . . . . . . . . . . . 180 kovariant Formulierung . . . . . . . . . 90, 556, 558 Kraft

Sachverzeichnis

D’Alembert’sche Trägheitskraft16 eingeprägte Kraft . . . . . . . . . . . . . 5, 7 geschwindigkeitsabh. Kraft . . . . . 22 konservative Kraft . . . . . . 14, 20, 31 Lorentz-Kraft. . . . . . . . . . . . . . . . .84 nichtkonservative Kraft . . . . . . . . . 84 Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 verlorene Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Zentralkraft . . . . . . . . . . . . . . . . 44, 76 Zwangskraft . . . . . . . . . . . . . . . 6, 7, 11 Krise der Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . 418 der Quantentheorie . . . . . . . . . . . . 143 L Lamb-Shift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 Linearkombination . . . 199, 208, 499, 526 Linie Basislinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Bezugs-, Plateaulinie . . . . . . . . . . 249 Knotenlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Plateaulinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Spektrallinien . . . . . siehe Spektrum Lösung gerade, ungerade Lösung . . . . . . 268 M Masse reduzierte Masse . . . . . 133, 397, 405 relativistische Masse . . . . . . . . . . . 154 Matrix γ-Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 adjungierte Matrix . . . . . . . . . . . . 215 Darstellung von Operatoren . . . 214 der ebenen Drehung . . . . . . . . . . . 477 Diagonalmatrix Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . 287 Potentialwall . . . . . . . . . . . . . . . 284 Dirac-Darstellung . . . . . . . . . . . . 582 Dirac-Matrizen . . . . . . . . . . 580, 581 Dirac-Spin-Matrizen. . . . . . . . . .587 Drehimpuls-Matrix . . . . . . . . . . . . 519 Einheitsmatrix . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Ergänzung . . . . . . . . . . . . . 502, 580 formale Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Funktional-/Jacobi-Matrix . . . . 349

Sachverzeichnis

Gram’sche Matrix . . . . . . . . . . . . 474 hermitesche Matrix . . . . . . . . . . . . 215 Modalmatrix . . . . . . . . . . . . . 499, 520 nichtkommutative Algebra. . . . .165 Pauli-Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . 497 Schur-Formel. . . . . . . . . . . . . . . . .604 Spin-Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Spinor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Topfmatrix . . . . . . . . . . . . . . . 287, 288 Transfer-Matrix . . . . . . . . . . 278, 284 Determinante . . . . . . . . . . . . . . . 292 komplexe Struktur . . . . . 285, 291 periodische Struktur . . . . . . . . 294 Transformationsmatrix . . . . . . . . 475 Transitions-Matrix . . . . . . . 279, 281 unimodular . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 unitäre Matrix . . . . . . . . . . . 215, 499 Verknüpfungsmatrix . . . . . . . . . . . 587 Wallmatrix . . . . . . . . . . . . . . . 284, 285 Mechanik analytische Mechanik . . . . . . . . . . . 90 Hamilton’sche Mechanik . . . . . 135 Matrizenmechanik . . . . . . . . . . . . . 165 Mechanik der Kräfte . . . . . . . . . . 114 Mechanik der Prinzipien . . . . . . . 114 Prinzipien der Mechanik . . . . . . . . 11 Quantenmechanik . . . . . . . 53, 57, 84 reine Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 statistische Mechanik . . . . . . . 41, 53 Wellenmechanik. . . . . . . .84, 99, 165 Messung Messprozess . . . . . . . . . . . . . . 180, 427 Messwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 physikalischer Größen . . . . 420, 428 Methode der Transfer-Matrix . . . . . . . . . . . 278 Frobenius-Methode.319, 574, 617 Lösungsmethode algebraisch . . . . . . . . 318, 452, 464 analytisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 nach Euler-Fourier . . . . 199, 208 Metrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Metriktensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Modell Atommodell . . . . . . . . . . . . siehe dort Bändermodell . . . . . . . . . . . . 263, 311

661

Kronig-Penney-Modell . . . . . . 307 Schalenmodell des Atoms . . . . . . 137 Standardmodell der Teilchenphysik . . . . . . . . . . . . . . 492 Teilchenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Vakuummodell . . . . . . . . . . . . . . . . 625 Vektormodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 Wellenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Moment Drehmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 magnetisch Dipolmoment . . . . . . . . . . 137, 485 Gesamtmoment . . . . . . . . . . . . . 506 Trägheitsmoment . . . . . . . . . 186, 245 von Wahrscheinlichkeitsverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Multiplett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 N Nebelkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Norm Hermite’sche Polynome . . . . . . 322 inneres Produkt . . . . . . . . . . . . . . . 202 Ket-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 Laguerre’sche Polynome . . . . . 385 Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Vektornorm . . . . . . . . . . . . . . 419, 504 Normierung Born-Normierung . . . . . . . . . . . . 243 Dirac-Normierung . . . . . . . . . . . . 243 Normierungsproblem.242, 363, 616 Radialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . 185 Wellenfunktion. .181, 197, 213, 242 Winkelfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Notation . . . . . . . . . . . siehe Abkürzungen Nullstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236, 390 Hermite’sche Polynome . . . . . . 322 Kugelfunktionen. . . . . . . . . . . . . . .344 Laguerre’sche Polynome . . . . . 386 sphär. Bessel-Funktionen . . . . . 364 O Observable . . 54, 165, 207, 420, 425, 429 Operator adjungierter Operator . . . . 205, 517

662

Sachverzeichnis

allgemeine Definition . . . . . . . . . . 169 Auf- und Absteigeoperator . . . . 356, 457, 466, 530, 537 beschränkter Operator . . . . . . . . 205 der kinetischen Energie . . . . . . . . 451 Differentialoperator . . . . . . . . . . . 169 Dirac-Hamilton-Operator freies Teilchen . . . . . . . . . . . . . . 583 magnetfeldfrei . . . . . . . . . . . . . . 590 relativistisch, Matrixform . . . 580 Dirac-Spin-Operator . . . . . 586, 591 Identitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 Drehimpulsoperator . . . . . . 349, 515 dyadisches Produkt . . . . . . . . . . . 421 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Eigenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Einheitsoperator . . . . . 212, 424, 470 Energieoperator . . . . . . . . . . . . . . . 172 Erzeugungs-, VernichtungsOperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 formaler Unterschied zur Größe431 Funktional . . . . . . . . . . . . . . . 169, 421 für die kinetischen Energie . . . . 579 Geschwindigkeits-Operator . . . . 585 Hamilton-Operator . . . . . . 195, 216 im el.-magn. Feld . . . . . . . . . . . 439 magnetfeldfrei . . . . . . . . . . . . . . 394 hermitesch, selbstadjungiert . . 420, 429 hermitescher Operator Definition . . . . . . . . . . . . . . 196, 205 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 Hermitizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 idempotenter Operator . . . . . . . . 422 Impulsoperator . . . . . . . . . . . 169, 434 in der Quantenmechanik . . . . . . 165 Kommutator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Antikommutator . . . . . . . . . . . . 219 Produktregeln . . . . . . . . . . . . . . 217 Konjugationsregel . . . . . . . . 196, 205 Leiteroperator . . 318, 354, 455, 466 beim Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 linearer Operator . . . . . . . . . . . . . . 204 im Hilbert-Raum . . . . . . . . . . 419

Matrixdarstellung . . . . . . . . . . . . . 214 Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Operatoralgebra . . . . . . . . . . . . . . . 436 Operatorexponential . . . . . . . . . . 212 Operatorgleichung . . . . . . . . 196, 197 Paritätsoperator . . . . . . . . . . . . . . . 220 relativistisch . . . . . . 594, 595, 600 Pauli-Operator . . . . . . . . . . . . . . . 495 Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Permutationsoperator . . . . . . . . . 511 Produkte von Operatoren . . . . . 211 Projektionsoperator . . . . . . . . . . . 421 Rotationsoperator . . . 479, 481, 516 Exponentialdarstellung. . . . . .482 Schreibweise Tabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 selbstadjungierter Operator . . . 205 Spinoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 symmetrischer Operator . . . . . . . 510 Translationsoperator . . . . . . . . . . 470 Exponentialdarstellung. . . . . .471 unitärer Operator . . . . . . . . . . . . . 212 Vektoroperator . 169, 349, 491, 495, 515, 563, 580 Ornamente . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 vertauschbare Operatoren . . . . . 217 Vertauschbarkeit mit H . . . . . . .442 Vertauschungsoperator . . . . . . . . 511 Vertauschungsregeln . . . . . . . . . . . 460 Winkeloperator. . . . . . . . . . . . . . . .352 Zeitableitung Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 zeitunabhängig . . . . . . . . . . . . . . . . 442 Koordinaten und Impulse . . . 442 Zeitverschiebungsoperator . . . . . 473 Exponentialdarstellung. . . . . .474 orthogonal Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Ket-Vektoren . . . . . . . . 421, 494, 518 orthonormiert. . . . . . . . . . . . . . .535 Orthogonalintegral. . .322, 345, 385 Orthogonalisierungsverfahren . . 207 Orthogonalitätsrelation . . 202, 208, 210

Sachverzeichnis

Trajektorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Oszillator anharmonisch . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 Eigenwerte. . . . . . . . . . . . . . . . . .400 harmonisch, linear . . . . . . . . . 70, 313 Eigenwerte . . . . . . . . . 76, 322, 466 harmonisch, räumlich. . . . . . . . . .374 Eigenwerte. . . . . . . . . . . . . . . . . .376 P Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Erhaltungsgröße . . . . . . . . . . . . . . . 222 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222, 472 Kugelflächenfunktionen . . . . . . . . 347 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 Paritätsoperation . . . . . . . . . 220, 599 positiv, negativ. . . . . . . . . . . . . . . .220 ParsevalGleichung . . . . . . . . . . . . . . . . 209, 210 Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . 175, 177 Pauli Pauli-AusschließungsPrinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 Pauli-Gleichung. . . . . . . . . .509, 602 Pauli-Matrizen . . . . . . . . . . 497, 581 Pauli-Operator . . . . . . . . . . . . . . . 495 Identität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 Pauli-Spinoren . . . . . . . . . . . 493, 504 Pauli-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Pauli-Verbot . . . . . . . . 140, 493, 512 Phase Phasenbahn . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 67 Phasendiagramm . . . . . . . . . . . . . . . 39 Libration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Lissajous-Figur . . . . . . . . . 39, 74 Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Phasenfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 Phasenfluid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41 inkompressible Flüssigkeit . . . . 42 Phasenfront . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Phasenfunktion . . . . . . 149, 168, 564 Phasengeschwindigkeit . . . . 149, 153 Phasenintegral . . . . . . . . . . . . . 68, 135 Phasenkonstante . . . . . . . . . . . . . . . 68

663

Phasenkonvention von Condon–Shortley . . . 530, 541 Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Photon Energie und Impuls . . . . . . . . . . . 122 Poisson-Klammer . . . . . . . . . . . . . . 54, 442 Bedeutung in der QM . . . . . . . . . . 57 fundamentale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Jacobi’sche Identität. . . . . . . . . . .56 kanonische Invarianz. . . . . . . . . . . .57 Polynome . . . . . . . . . siehe auch Funktion Hermite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .321 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Orthogonalität . . . . . . . . . . . . . . 322 Rekursion. . . . . . . . . . . . . . . . . . .321 Standardisierung . . . . . . . . . . . . 321 Laguerre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Orthogonalität . . . . . . . . . . . . . . 385 Rekursion. . . . . . . . . . . . . . . . . . .385 Rodrigues-Darstellung . . . . . 385 Standardisierung . . . . . . . . . . . . 384 Legendre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Tschebyscheff . . . . . . . . . . . . . . 295 Liste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 positiv definit Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Postulate Bohr’sche Postulate . . . . . . . . . . 127 der Quantenmechanik . . . . . . . . . 424 Potential, Potentialfunktion Basislinienverschiebung . . . . . . . . 274 Coulomb-Potential . . . . . . 131, 379 effektives Potential . . . . . . . 359, 397 elektrodynamische Potentiale . . . . . . . . . . 85, 439, 570 Elektrostatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 generalisiertes Potential . . . . . 22, 86 kinetisches Potential . . . . . . . . . . . . 21 Kraft als Gradient . . . . . . . . 172, 336 Oszillatorpotential . . . . . . . . . . . . 402 parabelförmig . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 periodisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 potentielle Energie . . . . . . . . . . . . . 15

664

Vektorpotential . . . . . . . . . . . . 85, 439 divergenzfrei . . . . . . . . . . . . . . . . 394 Prinzip Aktionsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . .4 Aufbauprinzip der Atome . . . . . 140 Ausschließungsprinzip140, 493, 514 D’Alembert’sches . . . . . . . . . . . . . 17 der kleinsten Wirkung . . . . . . . . . . 33 der stationären Wirkung. . . . . . . .34 der virtuellen Arbeit. . . . . . . . . . . .14 Differentialprinzip . . . . . . . . . . . . . . 17 Fermat’sches Prinzip . . . . . . 33, 98 Hamilton’sches Prinzip . . . 36, 166 Integralprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Invarianzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Kausalitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . 190 Korrespondenzprinzip . . . . 130, 143, 155, 325, 445 nicht beim Spin . . . . . . . . . . . . . 492 Mechanik der Prinzipien . . . . . . . 114 Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 Prinzipien der Mechanik . . . . . . . . 11 Relativitätsprinzip 45, 90, 483, 556 Ritz’sches Kombinationsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 Superpositionsprinzip 174, 204, 426 Problem Eigenwertproblem . . . 167, 198, 206, 423 Kepler-Problem . . . . . . . . . . . . . . . 76 Messproblem der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . 427 Streuproblem . . . 237, 255, 266, 294 Variationsproblem . . . . . . . . . . . . . 166 Zwei-Körper-Problem . 76, 134, 404 Entkopplung . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Produkt adjungiertes Produkt . . . . . . . . . . 211 direktes Produkt . . . . . . . . . 507, 524 dyadisches Produkt . . . . . . . . . . . 421 inneres Produkt . . . . . . . . . . 201, 420 Skalarprodukt . . . . . . . . . . . . 201, 213 Tensorprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . 525 Zeit-Bandbreite-Produkt . . . . . . 191 Punkt Fixpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Sachverzeichnis

Gleichgewichtspunkt . . . . . . . . . . 314 Massenpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 freier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Nullpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . 360, 375 Schwerpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Wendepunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 klassisch . . . . . . . . . . . . . . . 235, 236 Q Quanten Energiequanten . . . . . . . . . . . . . . . 120 Korrespondenzprinzip . . . . . . . . . 445 Lichtquanten . . . . . . . . . . . . . 121, 144 Energie und Impuls . . . . . . . . . 122 Lichtquantenhypothese . . . . . . . . 121 Photon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Quantensprung . . . . . . . . . . . . . . . . 128 statistischer Charakter . . . . . . . . 180 Quantenmechanik charakterist. Beziehungen . . . . . 460 Drehimpulserhaltungssatz . . . . . 450 Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . 445 Grundgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 172 Impulserhaltungssatz . . . . . . . . . . 448 Messproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 Postulate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 Vertauschungseigenschaften . . . 436 Quantenzahl als Eigenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Auftreten bei Sommerfeld . . . . 83 Auswahlregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 erweitert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 526 Drehimpulsquantenzahl . . . 137, 517 Einführung als Postulat . . . . . . . 128 Hauptquantenzahl . . 137, 376, 382, 575 magnetische Quantenzahl . 138, 352 Nebenquantenzahl . . 137, 353, 376, 382 radiale Quantenzahl . . . . . . 376, 382 Spinquantenzahl . . . . . . . . . . 139, 492 Quantisierung Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 elektromagnetische Felder . . . . . 625 Energiequantisierung 233, 269, 303, 322

665

Sachverzeichnis

Königsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . 83, 135 Richtungsquantisierung . . . . . . . . 139 Teilchenenergie . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Quantum Multiple Quantum Well . . . . . . . 305 Planck’sches Wirkungsquantum . . . . . . . . . . 121 Quantum-Well . . . . . . . . . . . . . . . . 263 R Raum abstrakter Raum . . . . . . . . . . . . . . 418 affiner Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 Funktionenraum. . . . . . . . . . . . . . .418 Hilbert-Raum . . . . . . 169, 417, 419 Impulsraum. . . . . . . . . . .38, 177, 188 komplexe 2 ˆ 2-Matrizen . . . . . . 499 Konfigurationsraum . . . . . . . . . . . . 38 metrischer Raum . . . . . . . . . . . . . . 419 Minkowski-Raum . . . . . . . . . . . . 560 Ortsraum . . . . . . . . . . . . . 38, 177, 189 Phasenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Raumspiegelung . . . . . . . . . . . . . . . 220 Spin-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Vektorraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 vollständiger Raum. . . . . . . . . . . .419 Zustandsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 reell Eigenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Erwartungswert Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 hermitescher Operator. . . . . . . . .216 Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 physikalische Interpretation reeller Größen . . . . . . . . . . . . . . 170 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Reihe Potenzreihe . . . . . . . . . . 316, 317, 319 Taylor-Reihe . . . 46, 151, 314, 400, 576 Rekursion Hermite’sche Polynome . . . . . . 321 Laguerre’sche Polynome . . . . . 385 Rekursionsbeziehung . 294, 319, 575

sphär. Bessel-Funktionen . . . . . 363 Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Tschebyscheff-Polynome . . . . 295 zugeordn. Kugelfunktionen . . . . 353 Relation Orthogonalitätsrelation . . 202, 208, 210 Unschärferelation . . . . . . . . . 190, 445 Vertauschungsrelation . . . . . . . . . 437 Vollständigkeitsrelation . . 209, 423, 424 Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 47, 67, 348 ebene Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . 477 um beliebige Achse . . . . . . . . . . . . 481 Vertauschbarkeit . . . . . . . . . . . . . . 478 von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 S Satz des Pythagoras . . . . . . . . . . 90, 203 Drehimpulserhaltungssatz . . . . . 450 Drehimpulssatz der QM . . . . . . . 450 Energieerhaltungssatz . . 31, 41, 445 Erhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Euler’scher Homogenitätssatz . 31 Funktionssatz . . . . . . . .207, 208, 349 Gauß’scher Satz . . . . . . . . . 183, 434 Hauptsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Impulserhaltungssatz . . . . . . . . . . 448 Impulssatz der QM . . . . . . . . . . . . 448 Jacobi’scher Satz . . . . . . . . . . . . . . 59 Liouville’scher Satz . . . . . . . . . . . 42 Residuensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Unvollständigkeitssatz . . . . . . . . . 418 Varianz Verschiebungssatz. . . . . . . . . . .186 Virialsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 von Heisenberg . . . . . . . . . . . . . . 191 von Steiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Schreibweisen . . . . . . . siehe Abkürzungen Schrödinger-Gleichung allgemeine Lösung . . . . . . . . . . . . . 199 eindimensional . . . . . . . . . . . . . . . . 232 mathematische Struktur . . . . . . . 173 radiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 stationär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

666

zeitabhängig . . . . . . . . . 169, 172, 196 zeitunabhängig . . . . . . . . . . . 167, 197 Separation . . . . . . . . . . . . . . . 59, 61, 65, 66 der Variablen. . . . . . . . . . . . . . . . . .240 Produktansatz. . . . . . . . . . . . 197, 240 R-Separation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150, 152 Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Verzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Wellenzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Spektrum Aufspaltung der Spektrallinien . . . . . . . . . . . . . . . 396 des Wasserstoffs . . . . . . . . . . . . . . . 382 im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . 396 diskret, Punktspektrum . . . . . . . 236 Eigenfrequenzspektrum . . . . . . . . 167 Eigenwertspektrum . . . . . . . . . . . . 425 Energiespektrum diskret . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Kontinuum . . . 237, 241, 255, 266 Grenzkontinuum . . . . . . . . . . . . . . 129 Ortsfrequenzspektrum . . . . . . . . . 360 Seriengrenze . . . . . . . . . . . . . . 129, 382 Spektrallinien . . . . . . . . . . . . 123, 128 Spektralserien . . . . . . . . . . . . 124, 383 Spektralzerlegung . . . . . . . . . . . . . 208 Streckenspektrum . . . . . . . . . . . . . 237 Wasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 wasserstoffähnlich . . . . . . . . . . . . . 134 Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139, 484, 490 Eigenzustände . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Kernspin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 relativistischer Effekt . . . . . . . . . . 492 Spin-Winkelfunktion 508, 536, 547, 610 Spingrößen Ornamente . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 Schreibweise . . . . . . . . . . . 491, 501 Spinmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 Spinoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 Spinquantenzahl . . . . . . . . . . 139, 492 Spinor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 adjungiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 Block-Spinor . . . . . . . . . . . . . 583, 601

Sachverzeichnis

Dirac-Spinor . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 Eigenvektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 520 Spinorwellenfunktion . . . . . . . . . . 507 Matrixdarstellung . . . . . . . . . . . 508 Viererspinor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 stationär Energiezustände . . . . . . . . . . . . . . . 127 Schrödinger-Gleichung . . . . . . 232 stationäre Bahn . . . . . . . . . . . . . . . 155 stationäre Welle . . . . . . . . . . . . . . . 153 Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34, 35 Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Zustände . . . . . . . . . . . . 197, 443, 572 Strahlung α-, β-, γ-Strahlung . . . . . . . . . . . . 117 Hohlraumstrahlung . . . . . . . 115, 120 Kanalstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 Kathodenstrahlen . . . . . . . . . . . . . 116 Röntgen-Strahlen . . . . . . . . . . . . 117 Strahlungskatastrophe . . . . . . . . . 568, 623 Symbol Fourier-Symbol . . . . . . . . . . . . . . 175 Kronecker-Symbol . . . . . . . . . . 202 Levi-Civita-Symbol . . . . . . . . . . 454 Pochhammer-Symbol . . . . . . . . 316 Tensorprodukt-Symbol . . . . . . . . 525 Symmetrie Bedeutung als Invarianz44, 45, 482 Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Translation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Zeitverschiebung . . . . . . . . . . . . . . 473 System freies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 gebundenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 integrables . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Orthogonalsystem . . . 322, 344, 385 Orthonormalsystem . 202, 219, 323, 422 Periodensystem . . . . . . 125, 140, 493 skleronomes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 System S1 , S2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 vertauschbare Operatoren 463, 523 T Teilchen

Sachverzeichnis

Alphateilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Antiteilchen . . . . . . . . . . . . . . 569, 624 Austauschteilchen . . . . . . . . . . . . . 493 Bosonen, Fermionen . . . . . . . . . . . 492 charakterist. Eigenschaften . . . . 122 freies Teilchen . . 170, 360, 583, 615 Gesamtenergie . . . . . . . . . . . . . . . . 154 identische Teilchen . . . . . . . . . . . . 510 Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Ion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116, 129 kinetische Energie . . . . . . . . . . . . . 156 Mehrteilchen-Theorie . . . . . . . . . . 625 Nukleonen . . . . . . . . . . . . . . . . 492, 506 ohne Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 Paarerzeugung und -vernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . 624 Positron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 Proton, Neutron. . . . . . . . . . . . . . .506 Ruheenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 Teilchengeschwindigkeit . . . . . . . 154 Teilchengrößen . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Teilchenwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Term Grund-, Laufterm. . . . . . . . . . . . . .129 Interferenzterm. . . . . . . . . . . . . . . .187 Termschema. . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 Zentrifugalterm . . . . . . . . . . . . . . . 359 Theorem Bloch’sches Theorem . . . . . . . . . 308 Floquet’s Theorem . . . . . . . . . . 307 Noether-Theorem . . . . . . . . 45, 482 Parseval-Theorem . . . . . . 175, 177 Spin-Statistik-Theorem . . . . . . . . 513 von Ehrenfest . . . . . . . . . . . . . . . 445 von Staeckel. . . . . . . . . . . . . . . . . .64 Theorie ältere Quantentheorie . . . . . . . . . 142 Atomtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Neufassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Elektrodynamik . . . . . . . . . . . . . . . 114 Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . siehe dort Hamilton-Jacobi Theorie . . . . . 65 kinetischen Gastheorie. . . . . . . . .115 Korpuskeltheorie . . . . . . . . . . . . . . 122 Löcher-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . 623 Mehrteilchen-Theorie . . . . . . . . . . 625

667

Mondtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Potentialtheorie . . . . . . . . . . . . . . . 173 Quantenelektrodynamik . . . . . . . 622 Quantentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Relativitätstheorie allgemeine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 spezielle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 statistische Theorie . . . . . . . . . . . . 187 Störungstheorie astronomisch . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 kanonisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Systemtheorie . . . . . . . . . . . . 175, 360 Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . 115 Wellenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Totalreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 frustrierte Totalreflexion . . . . . . . 263 Transformation aktiver, passiver Standpunkt . . 468 auf Ruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Berührungstransformation . . . . . . 29 Erzeugende der Transformation . . . . . . . . . . . . . . 50 Erzeuger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 bei Rotation . . . . . . . . . . . . . . . . 481 bei Translation . . . . . . . . . . . . . 470 bei Zeitverschiebung . . . . . . . . 473 Fourier-Transformation . . . . . . 175 Galilei-Transformation . . . . . . . 556 Inversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 kanonische Transformation . . . . . 49 Wahlfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Kanonizität . . . . . . . . . . . . . . . . . 52, 57 Kongruenztransformationen . . . 499 Legendre-Transformation. .29, 49 Lorentz-Transformation . 90, 153, 556, 560 Parität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Punkttransformation. . . . . . . .22, 49 unitäre Transformation . . . . . . . . 213 Transmissionsresonanz. . . . . . . . .262, 266 U unabhängig linear unabhängig . . . . . . . . . . . . . 208 zeitunabhängig

668

Schrödinger-Gleichung . . . 167, 197 Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . 198 Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen . . . . . . . . . . . 510 V Vakuum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .623 Renormierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 Vakuumpolarisation . . . . . . . . . . . 625 Variable dynamische Variable . . . . . . . . . . 430 kanonisch konjugiert . . . . . . . 27, 135 komplementär . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Separation . . . . . . . . . . . . . 65, 78, 240 Winkelvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Wirkungsvariable . . . . . . . . . . 68, 135 Zufallsvariable. . . . . . . . . . . . . . . . .185 komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 zyklische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 alle zyklisch . . . . . . . . . . . . . . 44, 58 Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . 33, 36 Funktional . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Vektor Abstandsvektor . . . . . . . . . . . . . . . 404 Bra-, Ket-Vektor . . . . . . . . . . . . . . 421 Eigenvektor . . . . . . . . . . . . . . 423, 425 Einheitsvektor Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . 24, 351 Ereignisvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 im Hilbert-Raum . . . . . . . . . . . . 418 Ket-Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 beim Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 spezielle Form . . . . . . . . . . . . . . 423 Ortsvektor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 polare, axiale Vektoren . . . 222, 483 Poynting-Vektor . . . . . . . . . . . . . 149 Starteigenvektor . . . . . . . . . . 537, 541 Vektorinvarianten . . . . . . . . . . . . . 557 Vierer-Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . 559 Vierer-Wellenvektor . . . . . . . . . . . 564 Wellenvektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 Zustandsvektor . 279, 281, 419, 423, 425 Vektoranalysis

Sachverzeichnis

Beziehungen446, 447, 449, 451, 594 Versuch Bestimmung der Elektronenwellenlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Compton-Versuch . . . . . . . . . . . . 144 Doppelspaltversuch mit Elektronen . . . . . . . . . . . . . 178 mit Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Franck-Hertz-Versuch . . . . . . 123 Öltröpfchenversuch . . . . . . . . . . . . 116 Stern-Gerlach-Versuch . . . . . 485 Stern-Gerlach-Versuch . . . . . 139 Streuversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Vertauschungsregeln Drehimpulsoperator . . 454–456, 515 Koordinaten und Impulse . . . . . 436 Spinoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 460 Vierergrößen Ableitung d. Komponenten . . . . 565 Vierer-Ortsvektor . . . . . . . . . . . . . 559 Vierer-Wellenvektor . . . . . . . . . . . 564 Vierergeschwindigkeit . . . . . . . . . 562 Viererimpuls . . . . . . . . . . . . . 562, 563 Viererpotential . . . . . . . . . . . . . . . . 564 Viererstromdichte . . . . . . . . . . . . . 564 virtuell Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Verrückung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Zwangsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . 13, 17 vollständig Funktionssatz . . . . . . . . . . . . 208, 344 Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 W Wahrscheinlichkeit Aufenthaltswahrscheinlichkeit klassisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Effektivwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Erhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Erwartungswert . . . . . . . . siehe dort Interferenzterm. . . . . . . . . . . . . . . .187 Interpretation nach Born 170, 181 Momente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Normalverteilung . . . . . . . . . 188, 323 Normierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Sachverzeichnis

quantenmechanisch . . . . . . . . . . . . 187 sicheres Ereignis . . . . . . . . . . . . . . . 185 Standardabweichung . . . . . . . . . . 186 Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 Wahrscheinlichkeitsamplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 dichte . . . . . . . . . . . . . 181, 185, 242 Wahrscheinlichkeitsdichte der Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 relativistisch . . . . . . . . . . . . . . . . 584 Wahrscheinlichkeitsfluss . . . . . . . 183 relativistisch . . . . . . . . . . . . . . . . 585 Zufallsvariable. . . . . . . . . . . . . . . . .185 Wasserstoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Balmer-Serie . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Spektralserien . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Termschema. . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . . . . 379 Energieeigenwerte 382, 396, 576, 577, 620 Feinstruktur . . . . . . . . 84, 577, 621 im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . 394 Lamb-Shift . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 Orbitale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Radial-/Winkelfunktionen . . 388 relativistisch . . . . . . . . . . . . . . . . 573 Wegelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Weite der WS-Funktion . . . . . . . . . . . . . . 193 des Impulses. . . . . . . . . . . . . .174, 188 im Ortsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Welle als Gesamtlösung . . . . . . . . . 251, 367 bei Materie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .148 Bloch-Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . 308 charakterist. Eigenschaften . . . . 122 ebene Welle . . . . . . . . . . . . . . 148, 241 Eikonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Materiewellen . . . . . . . . . . . . 101, 155 Partialwellen . . . . . . . . . . . . . 150, 174 stationäre Welle . . . . . . . . . . . . . . . 153 stehende Welle . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Teilchenwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Welle-Teilchen-Dualismus . . . . . 148

669

Wellenausbreitung . . . . . . . . . . 93, 95 Wellengleichung . . . . 63, 95, 99, 148 Wellengrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Wellenmechanik . . . . . . . . . . . . 84, 99 Wellenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Wellenpaket . . . . . . . . . 151, 174, 244 Gauß-Paket . . . . . . . . . . . . . . . 188 Zerfließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Wellenvektor . . . . . . . . . . . . . . 95, 148 Wellenwiderstand . . . . . . . . . . . . . 149 Wellenzahl . . . . . . . . . . . . 95, 148, 150 Wirkungswellen . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Wellenfunktion . . . . . . . . . . . . . . siehe auch Eigenfunktion Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . 177, 182 Eigenschaften . . . . . . . . . . . . 198, 232 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 im Impulsraum . . . . . . . . . . . 177, 188 im Ortsraum . . . . . . . . . . . . . 177, 189 Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Kollaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179, 427 komplexe . . . . . . . 170, 171, 180, 184 Normierung. . . . . . . . . .181, 197, 242 periodische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 quadratintegrabel . . . . . . . . . . . . . 181 reeller Ortsfunktionsanteil . . . . . 197 Spinorwellenfunktion . . . . . . . . . . 507 Matrixdarstellung . . . . . . . . . . . 508 Stetigkeitsbedingungen . . . 199, 233 Teilchen zugeordnet . . . . . . 154, 168 Verhalten in Unendlich . . . . . . . . 182 Wahrscheinlichkeitsdeutung . . . 180 Zusammenstellung . . . . . . . . . . . . 626 Wellenlänge Compton-Wellenlänge . . . 146, 563 De Broglie-Wellenlänge . . . . . 155 Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Aktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 stationäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Wechselwirkung . . . . . 115, 180, 404 Wirkungsintegral . . . . . . . . . . . . . . . 36 Wirkungsquantum . . . . . . . . 100, 121 Wirkungsvariable. . . . . . . . . . . . . .135

670

Sachverzeichnis

Z Zahl Kernladungszahl. . . . . . . . . . 125, 140 Ordnungszahl . . . . . . . . . . . . 134, 140 Quantenzahl . . . . . . . . . . . . siehe dort Wellenzahl . . . . . . . . . . . . . . . 148, 150 Zeit Eigenzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 Raumzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 zeitunabhängig Hamilton-Funktion . . . . 31, 52, 61 Hamilton-Jacobi Gl.. . . . . . . . . .64 Helmholtz-Gleichung . . . . . . . . 148 Schrödinger-Gl. . . . . . . . . . 63, 101 Zustand (anti-)symmetrisch . . . . . . . . . . . . 511 als Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . 180 angeregte Zustände . . . . . . . . . . . . 236 Eigenzustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Eigenzustände beim Spin . . . . . . 494 Energiezustände erlaubt, stationär . . . . . . . . . . . 127 gebundene Zustände . . . . . . 236, 269 Grundzustand . . 131, 133, 236, 270, 322, 377, 382, 466 kein stationärer Zustand. . . . . . .199 Leiter von Zuständen . . . . . . . . . . 356 Quantenzustand . . . . . . . . . . . . . . . 425 Singulett, Triplett Multiplett . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 stationäre Zustände . . . . . . 197, 572 Streuzustände . . . . . . . . . . . . 236, 237 Systemzustand . . . . . . . . . . . . . . . . 198 ungebundene Zustände . . . . . . . . 236 Verbundzustand . . . . . . . . . . . . . . . 524 von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Zustandsfunktion Vorzeichenwechsel. . . . . . . . . . .511 Zustandsreduktion . . . . . . . . . . . . 427 Zustandsvektor . . . . . . . . . . . 279, 281