Hamburg und die Welthandelspolitik von den Anfängen bis zur Gegenwart [Reprint 2020 ed.] 9783112342527, 9783112342510


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German Pages 384 [388] Year 1929

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Hamburg und die Welthandelspolitik von den Anfängen bis zur Gegenwart [Reprint 2020 ed.]
 9783112342527, 9783112342510

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Wiskemann :

Hamburg und die Welthandelspolitik

Hamburg und die Welthandelspolitik von den Anfängen bis zur Gegenwart

Von

Erwin Wiskemann Privatdozent für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Universität Marburg

Friederichsen, de Gruyter & Co. m. b. H. / Hamburg 1929

D r u c k von J . J . A n g u s t i o in Gl&clc9tadt u n d H a m b u r g .

Meinen Eltern

Vorwort. Die vorliegende Arbeit ist aus der volkswirtschaftlichen T ä t i g k e i t des Verfassers in der H a n d e l s k a m m e r zu H a m b u r g erwachsen. Handelspolitik wird darin als ein Teil der Politik, diese als B e t ä t i g u n g der Menschen i n i h r e m organisierten Lebens v e r b a n d , d e m S t a a t , b e t r a c h t e t . Die historische Darstellung dient hier nicht d e m K u l t des Individuellen, Einmaligen, sondern, i n d e m sie das spezifisch H a m b u r g i s c h e klar herauszustellen s u c h t , den größeren räumlichen u n d inneren Z u s a m m e n h ä n g e n der Menschheitsgeschichte. E s wird v e r s u c h t , die W i r t s c h a f t s p o l i t i k als lebendige, historisch sich wandelnde E i n h e i t menschlicher Ideen u n d H a n d l u n g e n ü b e r die h e r k ö m m l i c h e n wirtschaftspolitischen Systeme hinauszuheben. Die H a n d e l s k a m m e r zu H a m b u r g u n d der Direktor ihrer Commerzbibliothek, D r . E d u a r d R o s e n b a u m , h a b e n freundliche Hilfe bei der Auswahl u n d V e r w e r t u n g des H a m b u r g e r Materials g e w ä h r t . Die H e r r e n Dr. L e u c k f e l d u n d D r . M a t h i e s h a b e n d e m Verfasser p r a k t i s c h e Wege zur Veröffentlichung der Schrift gewiesen u n d aus eigner i n t i m e r S a c h k e n n t n i s inhaltlich m a n c h e n guten R a t s c h l a g gegeben. Die H a m b u r g i s c h e Wissenschaftliche S t i f t u n g h a t einen n a m h a f t e n Zuschuß z u m D r u c k des Buches geleistet. H e r r Professor D r . R u d o l f H ä p k e h a t die Arbeit im einzelnen u n d ganzen ungemein gefördert. Die historische Problemstellung geht vielfach auf ihn z u r ü c k . Ganz besonders m ö c h t e der Verfasser seinem verehrten Lehrer, H e r r n G e h e i m r a t Professor D r . W a i t h e r T r o e l t s c h d a n k e n , z u n ä c h s t f ü r die freundliche U n t e r s t ü t z u n g u n d f ü r das w a r m e Interesse a n dieser A r b e i t , n o c h m e h r a b e r f ü r die s t e t e H i n l e n k u n g auf das Typische i m W i r t s c h a f t s l e b e n u n d auf die Notwendigkeit möglichster Wirklichkeitsn ä h e aller w i r t s c h a f t l i c h e n B e t r a c h t u n g e n .

Inhalts-Verzeichnis. Seite

Vorwort Einleitung: 1. Historiographiscli-politische Grundlegung 2. Geopolitische Grundlegung . . . 3. Handelspolitische Grundlegung 4. Zusammenfassung

VII 1 5 9 18

A. H a m b u r g s H a n d e l s p o l i t i k im M i t t e l a l t e r . Erster Abschnitt: Politische und wirtschaftliche Anfänge Hamburgs bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts 1. Von der Bischofs- zur Grafenstadt 19 2. Der „Nordseehafen Lübecks" 21 3. Die Braustadt und ihre Handelspolitik bis gegen 1370 23 4. Hamburgs Handel um 1370. Beginnende Politik der Schlüsselstellung 24 5. Hamburg in Karls IV. Plänen 27 6. Kultur und Politik gegen Jahrhunderteude 29 Zweiter Abschnitt: Hamburgs Territorial- und Stapclpolitik im 15. Jahrhundert. 1. Hamburg in der Hansischcn Politik bis 1441 2. Machtvolle Territorialpolitik und Rückschlag 3. Endgültige Begründung des Stapelrechts 4. Der König von Dänemark Herr in Holstein 5. Außen- und Innenpolitik in der zweiten Jahrhunderthälfte . 6. Zusammenfassung. Hamburg an der Schwelle der Neuzeit...

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B. H a m b u r g s H a n d e l s p o l i t i k von 1500 bis 1814 (Neutralitätsund Handelspolitik). Erster Abschnitt: Hamburgs welthandelspolitische Verselbständigung von 1500 bis zum Dreißigjährigen Kriege 1. Der Anbruch einer neuen Zeit. Die politischen und wirtschaftlichen Probleme im Reich 44 2. Hamburg und die Hanse im Zeichen der neuen Zeit. Hamburg der große Importhafen im Verkehr mit dem europäischen Westen 48 3. Die Ostseepolitik bis zum Frieden von Speier 1544 53

Inhaltsverzeichnis Seite

4. Hamburgs Teilnahme am Schmalkaldisclien Krieg. Verteidigung der Elbc-Wescrmündungen 5. Hamburgs Elbhandelspolitik im 16. Jahrhundert 6. Weltwirtschaftliche und weltpolitische Konstellation gegen Jahrhundertende. Aufnahme der merchant adventurers in Hamburg 7. Hamburgs Handel und Kultur zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Zusammenfassende Betrachtung

62 65

69 75

Zweiter Abschnitt: Hamburgs Handelspolitik vom Dreißigjährigen Krieg bis gegen 1715. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Konflikte Hamburgs mit Dänemark im 30jährigen Krieg . . . 82 Hamburg in der Weltwirtschaft und Weltpolitik 1648—1670 86 Die Elbpolitik von 1648 bis 1670 91 Kommerzialisierung und Demokratisierung. Geistiges Leben bis 1670 94 Der dramatische Kampf Hamburgs mit Christian V 97 Der wirtschaftspolitische und politische Ausgang des 17. Jahrhunderts 100 Die Bedeutung der Friedensschlüsse von 1713 und 1720 für Hamburg. Hamburg und der Kolonialhandel 103 Zusammenfassung und Ausblick in die neue Zeit des Rationalismus 105

Dritter Abschnitt: Hamburgs Handelspolitik von 1715 bis 1814. 1. Übergang Hamburgs zum Porto transito 2. Verhältnis zu den europäischen Mächten bis zum Gottorper Vergleich 3. Hamburg und die Kolonialpolitik der Mächte. Freiheitskampf der Vereinigten Staaten 4. Hamburgs Handel und Kultur bis 1790 5. Hamburg während der französischen Revolution 6. Der Handel im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts. Höhepunkt Hamburgs 7. Die Wetterwolken der Mächtepolitik über Hamburg. Besetzung und Ende der Neutralitätspolitik 8. Gesamtrückblick auf die Epoche der Neutralitäts- und Handelspolitik von 1500 bis 1814

110 113 117 120 127 132 135 139

H a m b u r g s H a n d e l s p o l i t i k v o n 1814 b i s 1914. Erster Abschnitt: Hamburgs Handelspolitik von 1814 bis 1870 1. Hamburg im Deutschen Bund. Hamburgische Zollreformen und Handelsverträge 143 2. Hamburg und der Deutsche Zollverein bis in die vierziger Jahre 154

Inhaltsverzeichnis

3. Die hamburgischen Verkehrs- und Flächenprobleme 4. Die Jahre 1848 und 1849 5. Hamburg und der Plan einer österreichisch-deutschen Zollunion 6. Hamburg und die europäische Freihandelsacra 7. Die überseeische Entfaltung Hamburgs. Handel und Schifffahrt 1850—1866 8. Hamburg, Preußen und der Norddeutsche Bund 9. Hamburg 1814 bis 1871. Zusammenfassung und Ausblick. . Zweiter Abschnitt: Hamburgs Handelspolitik von 1870 bis 1914 1. Hamburg im wirtschaftspolitischen und politischen Aufbau des Deutschen Reichs 2. Der Zollanschluß 3. Hamburg und die deutschen Kolonialerwerbungen 4. Dampfersubvention und Überseebanken 5. Die ausgehende Aera Bismarck 6. Hamburg, der „neue Kurs" in Deutschland und der Imperialismus 7. Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes 8. Hamburg als Kommune 9. Hamburg in der Innen- und Außenpolitik des Deutschen Reichs bis 1914 10. Hamburgs wirtschaftliche Glanzzeit. Rückblick und Zusammenfassung Schluß. Krieg und Nach-Kriegszeit. Ausblick Register I. Autoren-, Archivalien- und Anonymenregister II. Personenregister III. Geographisches Register IV. Sach- und Firmenregister

XI Seite

165 172 178 181

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203 211 217 232 239 242 255 298 307 320 329 353 356 359 363

Einleitung. 1. H i s t o r i o g r a p h i s c h - p o l i t i s c h e G r u n d l e g u n g . An Büchern und Abhandlungen über Hamburgs Handel und Handelspolitik fehlt es nicht. Gelehrte Söhne oder Bewunderer der weltoffenen Elbestadt, ganz erfüllt vom Zauber ihrer Eigenart, haben in ihnen dem übrigen Deutschland ehrfurchtsvoll Kunde gegeben von den Taten eines klugen und fleißigen Seefahrer- und Kaufmannsgeschlechts. Der treffliche J o h a n n Georg B ü s c h begann damit, Wesen, Bedingungen und Aufgaben des hamburgischen Handels zu untersuchen, vor allem zum Nutz und Frommen der Kaufleute. Doch lag ihm nicht minder daran, im Binnenland Verständnis für seine Vaterstadt zu wecken, woran es überaus gebrach. Dieselben Ziele verfolgte ein halbes Jahrhundert später A d o l p h S o e t b e e r , der sich auch als Nationalökonom einen Namen machte. — Die jüngere Generation seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat die pragmatischen Ziele mehr vernachlässigt. Die Geschichte soll bei ihnen nicht mehr unmittelbar dem Handel dienen, sondern sie ist vor allem wissenschaftlicher Selbstzweck. K. K o p p m a n n , R. E h r e n b e r g , A d o l p h W o h l w i l l , E r n s t B a a s c h , H a n s N i r r n h e i m sind hier vor allem zu nennen. Wohlwill und Baasch setzen aber bewußt oder unbewußt die apologetischen Bemühungen von Büsch und Soetbeer fort, indem sie das eigene Interesse der Elbestadt historisch, ethisch und volkswirtschaftlich zu rechtfertigen suchen. Eine sorgfältige Quellenforschung hat trotz aller Zerstörungen durch den Brand von 1842 den historischen Wurzelboden Hamburgs in weitem Umfang ausgegraben. Mit liebevollem wissenschaftlichem Interesse und großer Gelehrsamkeit sind bis ins einzelne Ereignisse und Einrichtungen längst vergangener Zeiten zutage gefördert worden. Außer den genannten Schriftstellern und vielfach als geistiges Zentrum ihrer Bestrebungen hat sich der Verein für Hamburgische Geschichte hierum besondere Verdienste erworben. Es fehlen aber Darstellungen, die in großem Fluß die inneren Zusammenhänge zwischen den Jahrhunderten, die Beziehungen zwischen der Entwicklung Hamburgs und der anderer Städte und Staaten aufweisen. Nur Längs- und Querschnitte durch das weite Gebiet der Geschichte vermögen Wesen und Bedeutung des soziologisch-geschicht1

Wislcemann.

9

Einleitung

liehen Komplexes Hamburg klar herauszustellen und das Geschehene in der Idee wieder lebendig werden zu lassen 1 ). Geistige Leistungen von hohem Wert sind inzwischen in den historischen Monographien von R i c h a r d H e r t z über „ d a s Hamburger Seehandelshaus I. C. Godeffroy & Sohn" und von H e i n r i c h S i e v e k i n g über seine Vorfahren Johann Georg Sieveking und Karl Sieveking entstanden. Aber einen Ersatz für eine umfassende Hamburger Geschichte können und wollen die Verfasser damit nicht bieten. B a a s c h s neues Buch „Geschichte Hamburgs 1814—1918" hat Höhepunkte durchgeistigter Darstellung im ersten Teil, leidet aber doch, besonders in den späteren Kapiteln, an Einseitigkeiten, zu denen sich B a a s c h im Vorwort des zweiten Bandes offen bekennt, wenn er sagt, daß die der Gegenwart sich nähernde Geschichte nicht blul- und farblos, sondern nur mit Individuellem eng verbunden geschrieben werden könne. R e i n c k e s sehr lebendiger „Abriß der Hamburger Stadtgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart" ist besonders kulturgeschichtlich aufschlußreich. Von vornherein erstrebte der Verfasser der vorliegenden Arbeit etwas ganz anderes. Als Mitarbeiter der Hamburger Handelskammer in den stürmischen Nachkriegsjahren 1921—1924 stieß er immer wieder auf die tiefste Frage des Verhältnisses zwischen Staat und W i r t s c h a f t . E s war jene Zeit, als Rathenau das viel umstrittene Wort prägte, die Wirtschaft sei das Schicksal. Der Verfasser setzt sich zum Ziele, das Ineinandergreifen und gegenseitige Bedingtsein von Wirtschaft und Politik an der Geschichte Hamburgs aufzuzeigen. Der gegenwärtige Zustand der Staats Wissenschaften macht es nötig, hinzuzufügen, daß dabei das ökonomische wie das Politische unmittelbar auf den Menschen und die Gesellschaft mit ihren Seinsbedingungen, Strebungen und Bedürfnissen zurückbezogen werden soll. Einer Zeit, in der sich die abstrakten Ideen „ S t a a t und Recht" vor die Menschen und zwischen sie schieben, mag die Unterordnung des Politischen und ökonomischen unter den Menschen selbst unmöglich und sinnlos erscheinen. Dennoch haben die großen Revolutionen aller Zeiten dazu gedient, über die Barrikaden der in sich erstarrten Staatsorganisationen hinweg diesen Zusammenhang herzustellen und seine Notwendigkeit mit blutiger Schrift zu beweisen. Mehr als das — es gab Jahrhunderte — und sie waren fraglos die glücklicheren — wo die Lebensgemeinschaft der vielen in ihren Haupt- und Untergruppen aus dem „Wesenwillen" der unter sich Verbundenen hervorwuchs. So sind die sozialen Schichtungen 1 ) Auf den Mangel einer geistig belebten, über die lokalen Grenzen hinausreichendcn Hamburger Handelsgeschichte hat E d u a r d R o s e n b a u m im Weltwirtschaftlichen Archiv, herausgegeben von Bernhard Harms, Kiel 1916, bei einer Buchbesprechung nachdrücklich hingewiesen.

Ilistoriographisch-politische Grundlegung

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des Mittelalters in Ländern und Städten, ist die Zusammenfassung in der „katholischen Kirche" zu denken. Auch das Imperium, das Regnum (Frankreich), das Sacerdotium (Papstkirche) waren im Menschen wirksam, aber die abstrakte Idee „ S t a a t " schlechthin war unbekannt. So war auch die Wirtschaft damals viel unmittelbarer eine menschliche Angelegenheit, kein abstraktes Erwerbssystem mit rechenhafter Mechanik. Sie war dem Sinne des christlichen Lebens in seinen sozialen Stufungen unterworfen. Mochten sich auch einzelne Unternehmer und frühkapitalistische Teile der Wirtschaft hiervon emanzipieren, diese Ausnahme vermochte nichts gegen die Regel. Die etwa an mittelalterlichen Bauten wahrnehmbare Beziehung zwischen dem Handwerker und dem von ihm bearbeiteten Stoff zeigt, daß das wirtschaftliche Werk ihm mehr als ein Mittel, Geld zu verdienen, daß es der Teilvollzug eines sinnvollen Daseins war. Diesen Zusammenhang wahrten Zunftorganisationen und Wirtschaftspolitik der Städte ebenso wie die Gilden und religiösen Brüderschaften der Kaufleute. Selbst wenn diese heute stark betonten Tatsachen zum Teil eine Ideologie der Gegenwart wären, so zeigte gerade dies jedenfalls, wie sich der Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts mit allen Fasern gegeü politische und ökonomische Systeme zu wehren beginnt, die sich selbstherrlich vor ihn und seine Persönlichkeit schieben. So lehren Gefühl und Verstand, daß das Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft nur vom Menschen aus, in geschichtlicher Rückbeziehung auf seine letzten Ziele, auf den überindividuellen Sinn seines Handelns geklärt werden kann, nicht etwa von diesem oder jenem politischen Standpunkt, vom abstrakten freihändlerischen oder schutzzöllnerischen System. Das Vergleichen und Inverbindungsetzen sinnbezogener, „idealtypischer" Komplexe der Lokal- und der Weltgeschichte erfordert eine eigenartige kontrapunktische Linienführung der Historie. Die führende Stimme hat im ganzen die Hamburger Geschichte, aber in sie hinein tönen fernher die großen Melodien des historischen Geschehens überhaupt. Die Betrachtungen zeigen, daß es nicht damit getan ist, Hamburg mit einer einzelnen anderen Stadt oder einem Land, etwa Holland zu vergleichen. Diese kontrapunktische Vereinfachung würde notwendig auf eine Verflachung hinauslaufen, wahrscheinlich auch auf eine Vergewaltigung Hamburgs unter die Idee einer anderen, etwa der holländischen Geschichte. Im Vordergrund muß der hamburgische Eigenwert stehen bleiben. — Sicherlich ist es vom Nicht-Historiker gewagt, sich eine solche Aufgabe zu stellen. Den Verfasser trieb und treibt dabei der unabweisbare Zwang, Probleme theoretisch zu klären, deren Ungelöstheit ihm inmitten der praktischen Berufsarbeit noch ein Hemmnis für ihre rechte Erfüllung darzustellen schien. Da aber das Wirtschaftliche nur ein Teil der Lebensgehalte ist, so weitet sich eine solche Darstellung zur Geschichte unter besonderer Heraushebung des ökonomischen. Die extensive Verbreiterung, die die Arbeit hierdurch erfährt, ist unvermeidbar. Der rechte 1*

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Einleitung

Sinn einer Zeit ist niemals in einem einzigen Begriffe faßbar, an einer einzigen Stelle auffindbar; er liegt allen Lebensschichten zugrunde. Notwendig aber ist es, die Sinnbeziehung des Wirtschaftlichen möglichst straff zu gestalten. Eine klare Gliederung und Zusammenfassung am Schluß aller Abschnitte soll diese äußerlich erleichtern. Aus dem Gesagten ergibt sich für die Technik der Arbeit sowohl die Notwendigkeit wie die Möglichkeit, das mehr Philologische der Geschichtsschreibung zurückzustellen. In weitem Umfang kann sich die Schrift auf die Ergebnisse fremder Quellenforschung stützen, deren Nachprüfung im einzelnen Jahrzehnte in Anspruch genommen hätte, ohne wahrscheinlich zu wesentlich neuen Resultaten zu führen. Darin sieht der Verfasser zugleich einen Anlaß, dankbar anzuerkennen, daß ihm die unermüdlichen quellenkritischen Vorarbeiten eines B a a s c h , N i r r n h e i m usw. überhaupt erst die Möglichkeit gegeben haben, an den größtenteils von ihnen zutage geförderten Stoff der Hamburger Geschichte mit neuen Fragestellungen heranzutreten. Als f ü r H a m b u r g noch unverwertete Quellen wurden u. a. die v o m Verein f ü r Hansische Geschichte herausgegebenen, von H ä p k c bearbeiteten Niederländischen Akten u n d Urk u n d e n zur Geschichte der Hanse u n d zur deutschen Sccgcschichtc herangezogen. F ü r das 16. J a h r h u n d e r t ist u. a. das Danzigcr Archiv, über das sich der Verfasser n u r aus dem Danziger I n v e n t a r einen Überblick verschaffen konnte, verwertet. Aus dem N a c h l a ß Hagedorns mit quellengeschichtlichen Studien zur Erforschung der S p a n i e n f a h r t h a t der Verfasser mit freundlicher Erlaubnis des Hansischen Geschichtsvereins im Lübecker Staatsarchiv das Zertifikatenregister von 1605 u n d 1624 durchgearbeitet u n d im H a m b u r g e r Staatsarchiv mit den Originalen verglichen. Dabei h a t sich ergeben, d a ß B a a s c h alles Wesentliche ü b e r U r s p r u n g u n d Richtung der verschifften Güter schon aus einer von ihm b e n u t z t e n Sammlung handschriftlicher Aufzeichnungen aus dem J a h r e 1605, dem von i h m in einer wenig präzisen Weise sogenannten „ D o k u m e n t v o n 1605" e n t n o m m e n h a t t e 1 ) — Schiffslisten der H ä f e n Arnemuiden, ter Vere, Middelburg, A n t w e r p e n aus dem 16. J a h r h u n d e r t , die Herr Prof. H ä p k e der Forschung erschlossen u n d aus seinem Besitz dem Verfasser freundlicherweise abschriftlich zur Verfügung gestellt h a t , sind zur vorliegenden Arbeit herangezogen worden. — Die bisher f ü r H a m b u r g noch nicht vorgenommene Auswertung der Sundzollisten, bearbeitet von N i n a E l l i n g e r B a n g , besonders von B a n d I I über den W a r e n v e r k e h r , verspricht gleichfalls reichen wissenschaftlichen E r t r a g . Doch m u ß sie einer wirtschaftshistorischen Spezialarbeit vorbehalten bleiben. — I n auswärtigen Archiven liegt f ü r die hamburgische Forschung noch eine Fülle unerschlossencn Materials, das der Verfasser am Weg liegen lassen m u ß , u m den Abschluß u n d die mir obliegende Veröffentlichung nicht zu lang hinauszuzögern. Über d a s Admiralitätsregister H a m b u r g s , das gleichfalls der Bearbeitung harrt, s. u. S. 121.

Vom 17. Jahrhundert ab hat der Verfasser mit Auswahl diejenigen Dokumente im Original studiert, die ihm für die geistes- und kulturgeschichtlichen Zeitströmungen besonders aufschlußreich zu sein schienen, so vor allem die reiche Pamphletliteratur, die Werke älterer Historiker, Predigten usw. Ferner erlangte der Verfasser in alle Akten der Handelskammer und der Commerzdeputation nach Wunsch Einsicht. Für Ham1 ) B a a s c h , H a m b u r g s Seeschiffahrt u n d W a r e n h a n d e l v o m E n d e des 16. bis Mitte des 18. J a h r h u n d e r g , Zeitschrift f ü r hamburgische Geschichte, B a n d I X .

Geopolitische Grundlegung

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burgs kolonialpolitische Rolle im 19. Jahrhundert wurden die Papiere des Hauses W o e r m a n n von Herrn Karl Woermann freundlichst zur Verfügung gestellt. Das Werk „Hamburgs Reederei von 1814—1914" von O t t o M a t h i e s zeigt, daß die Fortsetzung des von ihm dankenswerter Weise begangenen, schwierigen Weges zu den Familienpapieren noch viel erwarten läßt. Gesandtschafts- und andere Berichte aus und über Hamburg, politische und wirtschaftliche Verhandlungsakten, ferner die Presse sind für die neueste Zeit noch nicht annähernd vollständig erschlossen. Diese Vollständigkeit anzustreben hat aber, so scheint es, vorläufig wenig Zweck. Alle Publikationen über die neueste Zeit seit 1890 leiden, auch wenn sie sich äußerster quellengeschichtlicher Akribie und Objektivit ä t im Urteil befleißigen, notwendig unter ihrer Gegenwartsnähe. Eine sichere Linienführung zwischen der Lokal- und der Weltgeschichte, wie sie hier angestrebt wird, ist für die Zeit seit 1890 dadurch erschwert, daß die in die unmittelbare Gegenwart hineinwirkende Sinngebung der Vorkriegszeit noch lebhaft umstritten, daß wichtiges weltpolitisches Material noch verborgen oder infolge ungenügender zeitlicher Distanz der Deutung unzugänglich ist. Eine Geschichtsschreibung, die ex eventu schulmeistert, steht wissenschaftlich auf schwachem Grund. Immerhin hat der Verfasser unerschrocken auch für die jüngstvergangene Zeit das Mögliche zu leisten versucht. E r hat sich bemüht, in einer bis ins einzelne gehenden Marktanalyse die sozialökonomischen und soziologisch-politischen Kräfte des Platzes aus ihrer Quelle abzuleiten. Zu einer solchen strukturellen Darstellung des unendlich komplizierten marktbildcnden Triebwerks waren bisher in Sonderveröffentlichungen über einzelne Zweige nur Ansätze vorhanden. Reiches Material der Handelskammer, der Verbände und Behörden läßt sich hierfür nutzbar machen. Enqueten und Statistiken müssen ergänzend hinzutreten. Bis zum Vollkommenen ist noch ein weiter Schritt. Und doch wird die hamburgische Wirtschaftsforschung diesen Weg fortsetzen müssen, wenn die Vorgänge des Alltags dem wachen Sinn eines neuen kaufmännischen Gemeinbewußtseins erschlossen und zum denkbar höchsten Gesamterfolg gelenkt werden sollen. 2. G e o p o l i t i s c h e

Grundlegung.

Die nachhaltige Beeinflussung des menschlichen Gesellschaftslebens durch Raum und Boden, auf der die von F r i e d r i c h R a t z e l begründete politische Geographie oder Geopolitik und die sogenannte Geoökonomie beruhen, zeigt sich besonders deutlich an der Geschichte Hamburgs. I m Drehpunkt der baltisch-atlantischen und der Elblinie, an der nach dem transatlantischen und europäischen Westen geöffneten Mündung des gewaltigen Stromes mit seinem breiten östlichen Hinterland, scheint die

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¡Einleitung

Stadt von der Natur selbst seit ihrer Entstehung zum Welthandelsplatz vorausbestimmt zu sein. Ein Blick in die Geschichte ist geeignet, diese Annahme zu modifizieren und Fehlschlüsse aus einer falsch verstandenen, einseitig gehandhabten Geopolitik zu verhindern. E s wäre ein grundlegender Irrtum, würde man glauben, daß Hamburg von Anbeginn konsequent seiner jetzigen meerbeherrschenden Stellung zugestrebt hätte. An diesem Ziele gemessen würde die Handelspolitik vergangener Jahrhunderte falsch beurteilt werden. Die kleine, nur durch ihre Brauerei über andere hinausragende Stadt am Alsterhafen im 14. Jahrhundert konnte weder ahnen, daß die unbekannte westliche Wasserwüste des Ozeans viele Jahrhunderte später den Weltverkehr auf neuen Wegen tragen würde, noch konnte sie die spätere Erschließung weiter landwirtschaftlicher und gewerblicher Gebiete Zentraleuropas erwarten. Tausend nicht voraussehbare Umstände hätten allem eine ganz andere Wendung geben können. Die gern hervorgehobene „eherne Konsequenz" der geopolitischen Entwicklung läßt sich immer nur rückschauend in die Geschichte hinein interpretieren. In Wirklichkeit ist diese Folgerichtigkeit eine optische Täuschung, die dadurch entsteht, daß nur eine Kausalreihe des Geschehens, die geographische, aus den vielfältigen Kausalverkettungen herausgegriffen und bis zur „letzten Ursache" zurückkonstruiert wird. Die Eigenwirksamkeit der menschlichen Gesellschaft aber, die sich aus oft unerklärlichen und oft unbewußten Antrieben, aus „freiem Willen" letzte Ziele setzt und ihnen auf die vielfältigste Weise zustrebt, wird bei einem solchen unwissenschaftlichen Verfahren übersehen. Mit gutem Recht läßt sich unter Hinweis etwa auf das einst fruchtbare, heut öde Mesopotamien oder auf die Inscllage Englands behaupten, daß erst der Mensch in Geschichte und Politik bestimmt, wozu ihm Raum und Boden dienen. Wird dies berücksichtigt, so können Schriften wie die von W a l t h e r V o g e l „Deutschlands Lage zum Meer im Wandel der Zeiten" 1 ) und von R i c h a r d L i n d e „Die Niederelbe" 2 ) für Hamburgs Geschichte höchst aufschlußreich sein. Vogel unterscheidet 3 Perioden: In der ersten ist trotz geringer Küstenausdehnung der Seeverkehr auf der Rheinstraße mit der Fortsetzung nach England recht ansehnlich. In der zweiten, die mit der Kolonisation der ostelbischen Gebiete beginnt, vollzieht sich die Scheidung zwischen rohstofferzeugenden Ost- und gewerbetätigen Westländern. Die deutsche Küste gewinnt für den Handelsverkehr große Bedeutung. An den Schnittpunkten der baltisch-flandrischen Straße und der Handelswege nach dem Norden liegen die hansischen Seestädte: Hamburg ist der Nordseehafen des weit mächtigeren Lübeck. — Die dritte Periode entsteht durch die Verlegung der wichtigsten Rohstofferzeugung in die überseeischen Erdteile, wodurch der Schwerpunkt mit Meereskunde, Heft 76. ' ) Richard L i n d e , Die Niederelbe, Velhagen u. Kissing 1908.

Geopolitische Grundlegung

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fortschreitendem Verkehr langsam vom Osten nach dem Westen rückt. Hamburg wird im 17. Jahrhundert der große Importhafen westlicher Produkte. Die brandenburgischen Kanalbauten dehnen seinen Wirkungsbereich nach dem Osten aus. L i n d e s heimatkundliche Darstellung, die wohl mit zum Besten auf diesem Gebiet gehört, sucht im 17. Abschnitt Hamburgs Eigenart aus der niederelbischen Landschaft zu deuten. Geest und Marsch berühren sich in ihr, zwei verschiedene Welten: Was der Binnenländer als hamburgische Eigentümlichkeit anzusehen pflegt, ist meist nichts weiter als niederelbische Wassernatur. „Mag auch der Name ,Hamburg' Geestwaldburg bedeuten und die Vororte sich weit auf die Geest hinaus erstrecken, in Wahrheit ist die Stadt in ihrem innersten Kern eine Marschenstadt. Sie ist die einzige Marschen-Großstadt, die Deutschland überhaupt besitzt 1 )." Wie die Stadt ist der Menschentypus aus der niederelbischen Wassernatur, aus Marsch und Küstensaum hervorgewachsen. „Auch ein gutes Stück des geistigen Seins dieser Stadt stammt von Marsch und Küste: das Massive und Untergärige, die derbe und gesunde Erdenlust, die nüchterne Klarheit, der Persönlichkeitstrotz, das freiheitliche Gefühl und zugleich die Freude an gebundener Sitte, an Haus und Hof und Heim und Familie. Was man oft hanseatischen Geist genannt hat, das fast zögernde Wägen vor dem Wagen, der langsam reifende Entschluß, dann aber auch nach einmal gefaßtem Entschluß das leidenschaftliche Festhalten an dem für Recht Erkannten, das Wartenkönnen mit der ganzen niederdeutschen Zähigkeit, das alles mag altes Gut der Küste sein, vererbt vom Anherrn, der bedächtig im Reed die Wassergräben zog, geduldig im Schlick die Siele und Dämme baute, die Deicherde schichtweise feststampfte und allmählich den feindlichen Strom niederzwang. 2 )". Neben dem Charakter des niederelbischen Wasserlandes findet Linde zwei weitere für Hamburg bezeichnende Elemente in seiner Eigenschaft als Welthandelsplatz und als bürgerlicher Stadtstaat. Als Hafen ist Hamburg durch mannigfache geographische Umstände bevorzugt 3 ). Es ist Mündung des alten nordeuropäischen Urstroms, weiter aufwärts können die Seeschiffe nicht dringen, weiter abwärts nicht die Flußschiffe. Der Gipfelpunkt der Flut des hereinströmenden Meeres liegt bei Hamburg. Schlickablagerungen fehlen, aber eine Fülle weichen Marschbodens steht für die Hafenanlagen zur Verfügung und diese Gunst der Vorbedingungen hat Hamburg kräftig ausgenützt. Die Masse der Zuwandernden, die die Stadt einem Kolonialland ähnlich machen, steuert mit ungebrochenen Arbeitskräften zum Fortschritt bei. Das Feld Hamburgs ist die Welt. In Übersee leistet die kaufmännische Jugend ihren eigentlichen Frontdienst Mit dem Blick für fremde Verhältnisse verbindet der Kaufmann die Liebe ! ) L i n d e , a. a. O., Seite 210. 2 ) Ebendort, Seite 2 1 5 f . 3 ) Ebendort, Seite 2 1 6 f f .

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Einleitung

zur Scholle und zur Familie, mit dem Weiten das Enge, Behütende, Schlichte. E s ist ein Verdienst Lindes, daß er mehr gibt als eine Darstellung der geographischen Kausalreihe, daß er die Natur selbst in Verbindung setzt mit dem inneren Sinn, den ihr die Menschen verleihen. So allein kann die Wissenschaft, wie es Ratzel meisterhaft getan hat, zur Synthese der beiden Komponenten vordringen, die zunächst bewußt getrennt wurden: der Geographischen und der Gesellschaftsgeschichtlichen. Die Synthese nimmt im gesellschaftlichen Verlauf der Mensch selbst vor, indem er die Verbindung von seinem Inneren zu der räumlich bestimmten Außenwelt herstellt und ihr in seinen Leistungen eine zwingende Form gibt. So betrachtet, ist jede Kultur bodenständig, raumbedingt, freilich auch der Niederschlag bestimmter Rassceigenschaften. Die Küstenkultur unterscheidet sich von der des Binnenlandes, die Kultur einer 'Nation mit weiter Fläche von der eines räumlich beengten Volkes usf. Ein Teil der Kultur aber ist die Wirtschaft, insofern der arbeitende Mensch mit den Mitteln der Natur, vor allem des Bodens, und mit seiner physischen Kraft dem Sinn seines Daseins Gestalt zu geben sucht. Mag auch irn kapitalistischen Zeitalter dieser Zusammenhang vielfach zerrissen sein, so tritt er doch im Gesamtbild von Handelsstädten und Industriezentren, Häfen und Dörfern augenfällig hervor. Überall steht da die Kultur der Menschen in deutlicher Beziehung zu den natürlichen Vorbedingungen der Wirtschaft. Dringen Geopolitik und Geoökonomie in die Tiefen dieser Zusammenhänge, so treffen sie ins Zentrum der politischen und wirtschaftlichen Antriebe. Denn wie stark auch immer andere Ziele und Zwecke im menschlichen Leben sein mögen: Die Völker folgen letztlich doch 6tets dem Gebot ihrer Kultur, weil diese allein dem Menschen auf unerklärbare Weise im Verhältnis zur Natur und zur Mitwelt jene innere Sicherheit gibt, die ihn über seine eigene Schwäche hinaushebt. Kompliziert werden die Vorgänge dadurch, daß sich die Kulturen im Laufe der Zeiten von den Menschen und Völkern emanzipieren, daß die Kulturkreise sich infolgedessen nicht unbedingt mit den nationalen Kreisen decken, daß wichtige Kulturelemente vielen Völkern gemeinsam sein und ein einzelnes Volk spalten können. Lindes Versuch der hamburgischen Kultur näher zu kommen, konnte nur halb gelingen, weil er in seiner heimatkundlichen Darstellung für die Dynamik kultureller Kräfte in der Geschichte keinen Raum hatte. Der Eigenwert Hamburgs kommt plastisch zum Ausdruck, aber es fehlt der größere Hintergrund der Wesensart anderer Städte und Länder. Die historischen Zusammenhänge mit Holland und England sind nur flüchtig angedeutet. Der Abschnitt über den bürgerlichen Stadtstaat leidet besonders unter dieser bewußten Raum- und Zeitverengung. Die hamburgische „Bürgerfreudigkeit" wird als ergänzender Wesenszug des freien Per-

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sönlichkeitstyps gut hervorgehoben. Aber es wird weder gezeigt, wie sie innerpolitisch entstanden ist, noch wie sie sich im Wettbewerb und Kampf der Stadt mit den großen Flächenstaaten der neuen Zeit bewährt hat. So bleibt es weiteren Arbeiten vorbehalten, die Gegensatzpaare: Hamburg — fremde Städte und Völker, Gruppenstadt — Einzelstadt, Stadtstaat — Flächenstaat, Küstenland — Binnenland scharf herauszuarbeiten, um alsdann in einer neuen Synthese Art und Geschichte der engeren Landschaft als einen Teil der Weltgeschichte deutlich werden zu lassen. 3. H a n d e l s p o l i t i s c h e

Grundlegung.

Aus den Beziehungen zwischen Wirtschaft und Politik ist die Außenwirtschaft* oder Handelspolitik nur ein Teil, nämlich die Tätigkeit eines organisierten Lebensverbandes, in der Regel eines Staates 1 ), die mit Mitteln der Wirtschaft dem obersten Zweck dieses Verbandes dienen will, Die Definition besagt, daß die Förderung der Wirtschaft nie der oberste, sondern stets nur ein mittelbarer Zweck ist, im modernen Staat so gut wie in der mittelalterlichen Stadt. Der Gesamtzweck geht dem Wirtschaftszweck voran. Hier und dort ist dennoch die Handelspolitik etwas so Verschiedenes, daß die Subsummierung unter einem gemeinsamen Begriff Gefahren in sich birgt. S c h m o l l e r und B ü c h e r haben die relativ autarke städtische Wirtschaftspolitik des Mittelalters klar dargestellt. Die Selbstversorgung der Städte aus dem engeren argrarischen Hinterland, daneben die Belieferung der Dörfer und Grundherrschaften mit städtischen Gewerbeprodukten nahmen einen breiten, bisweilen überragenden Raum gegenüber dem Fernhandel ein. Doch war die Wirtschaft der einzelnen Städte nicht so autark abgeschlossen, wie es beide Forscher geschildert haben, sondern fand im Rahmen der oft sehr ausgedehnten „ökonomischen Landschaft" ihre Ergänzung durch das weitere und weiteste Hinterland, in zahlreichen Fällen auch durch andere Städte dieser Landschaft mit verwandter oder ergänzender Produktion und günstigen Marktbedingungen 2 ). Der Fernhandel wurde oft über die Grenzen der ökonomischen Landschaft hinaus durch das gemeinsame Interesse der unter sich verbundenen Städte gefördert, wofür das Zusammenwirken der wendischen Städte in der Hanse, zu denen Hamburg gehörte, ein Beispiel liefert. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Fernhandel einen nicht unbedeutenden Rang in der 1 ) Aber auch z. B. der Hanse, die von S t i e r - S o m l o zu Unrecht als Staat aufgefaßt wird. 2 ) Über die Ökonomische Landschaft hat R. H ä p k e in der Gedächtnisschrift für Georg von Below, Stuttgart 1928 und in knappster Zusammenfassung in seiner Wirtschaftsgeschichte, 2. Aufl. 1928, S. 83 f. das Grundsätzliche gesagt. Ihre konkrete und höchst aufschlußreiche Anwendung findet diese neue Anschauungsweise in der Schrift desselben Verfassers, Die Entstehung der holländischen Wirtschaft, ein Beitrag zur Lehre von der ökonomischen Landschaft, Berlin 1928.

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G e s a m t w i r t s c h a f t besaß. Die aus den Pfundzollbüchern v o n 1369—70 b e k a n n t e n Außenhandelsziffern Lübecks u n d H a m b u r g s zeigen es f ü r dies Gebiet zur Genüge. U n d u m wieviel stärker war noch der H a n d e l d e r Mittelmeerländer u n d - s t ä d t e ! D a b e i w a r a b e r die S t r u k t u r des Handels u n d d a m i t a u c h der H a n d e l s politik eine andere, wesentlich primitivere als in der G e g e n w a r t : A u f v e r h ä l t n i s m ä ß i g wenigen großen Straßen d r ä n g t e sich der F e r n v e r k e h r der W e r t w a r e n z u s a m m e n . Den von der N a t u r u n d v o m R e c h t besonders b e g ü n s t i g t e n R o u t e n folgten die K a u f l e u t e u m so regelmäßiger, als F r a c h t k o s t e n u n d R ü c k s i c h t e n auf die Sicherheit des Weges n e b e n der Gewohnheit eine vielfach größere Rolle spielten als h e u t z u t a g e . H i n t e r den wenigen H a u p t l i n i e n folgten die anderen, deren es a u c h schon i m Mittelalter eine große Menge gab, in weitem Abstand 1 ). Von den Flüssen gilt dies a u c h •wenigstens teilweise 2 ). Die noch p r i m i t i v e L i n e a r s t r u k t u r des Fernhandels l ä ß t sich a m Beispiel der H a n s e deutlich nachweisen. Die großen R ä u m e N o r d d c u t s c h lands, die i h r angehörten, die flandrisch-holländischen, die baltischen u n d englischen Gebiete t r a t e n zurück h i n t e r der einzigen Grundlinie des F e r n h a n d e l s , d e r baltisch-flandrischen 3 ). I m Zuge dieser geoukonomischen Grundlinie bildete sich jene vielfältige G r u p p e deutscher K a u f m a n n s b ü n d e , die in gemeinschaftlicher Verfolgung ähnlicher Handelszweckc i m Ausl a n d ihre aus den verschiedensten n o r d d e u t s c h e n L ä n d e r n u n d S t ä d t e n s t a m m e n d e n Mitglieder v e r b a n d e n u n d Ausgangspunkte f ü r m a n n i g f a c h e n e u e Zweiglinien bildeten. Auch als u m 1350 an Stelle der k a u f m ä n n i s c h e n A u s l a n d s h a n s e n die fester gefügte deutsche S t ä d t e - H a n s e t r a t , die n a c h d e m Norden hin eine weiträumige Politik trieb, wurde v o n i h r e m V o r o r t L ü b e c k n i c h t vergessen, d a ß an der E r h a l t u n g u n d S t ä r k u n g der großen Ost-Westlinie das W o h l u n d Wehe, die ganze Existenz des B u n d e s h a f t e . Die aufgezeigte L i n e a r s t r u k t u r ließ große Märkte ganz n a t ü r l i c h als F. R. R a u e r s , Zur Geschichte der alten Handelsstraßen in Deutschland, A. Petermanns Mitteilungen LII. Bd. 1906, Seite 49 sagt, daß das ganze Straßensystem seit etwa dem 13. Jahrhundert eher einem festen Gefüge aus totem Holz als wie bis dahin einem wachsenden Baum glich, und daß die Kombinationsmöglichkeiten, selbst auf weiten Strecken, gering waren. 2 ) Die kleinen von ihnen waren zwar infolge höheren Wasserstandes und geringerer Schiffs-Tiefe und -Breite beliebtere Verkehrsstraßen als in der Gegenwart. Von den großen Strömen waren dagegen z. B. Elbe und Weichsel jahrhundertelang auf den Hauptstrecken nur sehr wenig befahren, teils infolge der mißlichen Strom- und Uferverhältnisse, teils infolge handelspolitischer Verkehrshemmungen, (s. den weiteren Teil der Arbeit.) — Das ändert nichts daran, daß die vielen Parallelflttsse des nordeuropäischen Tieflandes schon im frühen Mittelalter mit dem Ost-Westverkehr eine Einheit bildeten, wobei aber die Küstenachse die Hauptbedeutung hatte. Siehe hierzu B ä c h t h o l d , Der Norddeutsche Handel im 12. und beginnenden 13. Jahrhundert, 1908, S. 5 ff. 3 ) Für Skandinavien gilt dies nicht in gleicher Weise. Doch ändert die Ausnahme nichts an der Regel. Als heuristisches Prinzip wird die hier angewandte Betrachtungsweise nicht wertlos sein.

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Schnittpunkte von Straßen entstehen 1 ). In ihnen konzentrierte sich der Kaufbedarf von Landschaften, zuweilen von ganzen Ländern und Erdteilen. So wurde Brügge als Kreuzungspunkt der großen Straßenlinien aus dem Osten und aus der Levante vom flandrisch-europäischen zum intereuropäischen Markt 2 ). Das war in einer Zeit, die eine Weltwirtschaft, einen Weltflächcnhandel im heutigen Sinne noch nicht kannte, in der nur von einem WeltstraßenYerkehr gesprochen werden kann 3 ). Bedeutende Handelsstädte entstanden ferner an den Flußübergängen, so Köln, Dortmund, Bremen, Breslau, Frankfurt a. M., Frankfurt a. O., Hamburg u. a. 4 ) Andere Vorteile, die für Hamburg oben schon erwähnt wurden, kamen teilweise hinzu. Auf der Linearstruktur des mittelalterlichen Fernhandels baute sich nun auch die „äußere" Handelspolitik auf. Naturgemäß mußte sie sich an die Straßen und Märkte halten, deren natürliche Vorteile sie auszunutzen versuchte. Das System des Straßenzwanges wie die Politik des Jus Emporii ist nur auf dieser Grundlage verständlich, ebenso führt die umstrittene Theorie von der natürlichen Entstehung der Stapel auf diese Tatsache zurück. Fürsten und Städte als Markt-, Wege- und Zollherren und als Schützer des Landfriedens folgten hierbei den ganz egoistischen Gesichtspunkten, die sich aus der Linearstruktur von selbst ergaben. Es ist hier nicht der Ort darzulegen, wie durch die einzelnen Maßnahmen der Fernhandel, verschieden nach örtlichkeit, Waren und Rechten gefördert oder gehemmt wurde. Wichtig ist nur die Erkenntnis des linearen Grundcharakters der Handelspolitik. Hiergegen spricht auch nicht, daß zuweilen Privilegien für sämtliche Straßen und Handelsplätze eines Landes eingeräumt, daß die Grenzen eines ganzen Landes für die Kaufleute eines anderen geschlossen wurden. Es lag dem Mittelalter fern, das Land als Ganzes als eine wirtschaftliche Einheit, als eine „Volkswirtschaft", mit eigenen Lebensbedingungen, mit einem gewissen Volksreichtum usw. zu betrachten, Abstraktionen wie den „Gesamtmarkt " oder die „Gesamtproduktion" eines Gebietes zu erfassen. Die Fürsorge des Landesfürsten erstreckten sich selten in gleicher Weise auf alle Märkte eines Landes. Vielfach abgestuft waren die wohl erworbenen Rechte, denen sie Schutz verliehen. Markt- und Stapelmaßnahmen ebenso wie der Straßenzwang sollten dem Handel keine beliebige Bewegungsfreiheit im Räume geben, sondern ihn im Gegenteil Hiermit soll nicht etwa die Frage der Städteentstehung berührt werden. H ä p k e , Brügges Entwicklung zum mittelalterlichen Weltmarkt, Abhandlungen zur Verkehrs- und Seegeschichte, herausgegeben von Friedrich Schäfer, Berlin 1906, S. 253. 3 ) Brügge als Zentralkreuzungspunkt tritt plastisch hervor in der Karte von F. R a u e r s , Zur Geschichte der alten Handelsstraßen. *) Stieda, Artikel „Stapelrecht" im Handwörterbuch der Staatswissenschaften 1911. 2)

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an bestimmte Plätze und Straßen Linden. Diesen bevorzugten Orten oder mittelbar dem Landesherrn sollte daraus ein Vorteil erwachsen. Der mittelalterliche Markt war in erster Linie eine Einrichtung zugunsten einer bestimmten Stadt und ihrer Bürger. Die Bevorzugung des Bürgers vor dem Fremden war ein Wesensbestandteil dieses Systems. Mit der wirtschaftspolitischen Raumbeherrschung wuchs der Merkantilismus. Technik und Inhalt seiner Handelspolitik sind hierdurch von der mittelalterlichen unterschieden. Doch ist es bei der von der Praxis selbst ausgebildeten Wirtschaftspolitik der Fürstenstaaten selbstverständlich, daß wesentliche Grundzüge der linearen Handelspolitik bestehen blieben und nur allmählich eine andere Form erhielten, indem sie gewissermaßen ins Mehrdimensionale übersetzt wurden. Diese Fortbildung erfuhr z. B. die Versorgungspolitik des Marktes, der sich vom städtischen zum territorialen und damit von einem überschaubaren zu einem nur noch darstellbaren Gebilde ausweitete. Die wesentlichen neuen Züge des Merkantilismus waren: Fortschritt vom Statischen zum Dynamischen, Fortschritt von einer sozial-konservativen, zuwartenden Wirtschaftspolitik zu starker wirtschaftspolitischer Aktivität mit dem Ziel einer möglichst großen Gesamtproduktivkraft. Dieser Begriff, einerlei ob ausgesprochen oder nicht, einerlei ob mit fiskalischen oder mehr allgemeinpolitischen Gesichtspunkten und Zielen verbunden, taucht als etwas wesentlich Neues auf: In ihm ließ sich der nationale Raum nebst seinem Inhalt wirtschaftlich als ein Ganzes begreifen. Zu einem solchen Denken gelangte die Praxis nur langsam, von Stufe zu Stufe. Die Fürstenmacht suchte ihre ökonomischen Hilfsquellen zunächst in den verschiedensten Wirtschaftszweigen, bis sie allmählich, bei sich ausbreitender Verkehrswirtschaft, gewahr wurde, daß diese Teile auf die mannigfachste Weise untereinander verbunden seien und in dieser Verbundenheit zusammen die Gesamtproduktivkraft der Volkswirtschaft ausmachten. „Das Denken der Merkantilistcn wird erzeugt und bestrahlt von der in ihrem Innern glühenden, schöpferischen Idee der völkischen Produktivkraft, die aber noch nicht in der Gestalt eines scharfen Begriffes für den Aufbau ihres wirtschaftlichen Systems nutzbar gemacht worden ist" 1 ). J e nach der stufenweisen Entwicklung zu dieser Idee hin lassen sich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen des Merkantilismus in solche teilen, die nur gewisse Wirtschaftszweige und -Schichtungen oder wichtige Wirtschaftsplätze und Straßen fördern sollten, und solche, die auf die Förderung der gesamten volkswirtschaftlichen Produktion abzielten. Die Stufen sind nicht scharf zu unterscheiden, ganz abgesehen davon, daß große Verschiedenheiten unter den Ländern herrschten. Die Handelspolitik zeigt noch lange ein Nebeneinander mittelalterlicher und neuS o m b a r t , Der moderne Kapitalismus, München u. Leipzig 1922, II. Band, 56. Kap., Seite 929.

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zeitlicher Methoden 1 ). Die F o r t s c h r i t t e der Geographie als W i s s e n s c h a f t , die kolonialen E r w e r b u n g e n , die geistigen S t r ö m u n g e n , die A u s d e h n u n g des V e r k e h r s u n d H a n d e l s gaben d e m R a u m g e f ü h l eine s t a r k e A u s w e i t u n g . Die innere W i r t s c h a f t s p o l i t i k lernte, die K r ä f t e i m R a u m v o n einem ökon o m i s c h e n Z e n t r u m aus zu beherrschen, analog der P o l i t i k , die i m m e r m e h r i n einem staatlichen M i t t e l p u n k t z u s a m m e n g e f a ß t w u r d e . Dies ist weniger lokal als f u n k t i o n a l zu v e r s t e h e n . I n der S t e u e r p r a x i s bildete sich allmählich die T e n d e n z , auf die E r t r a g s - u n d E i n k o m m e n s q u e l l e n zurückzugreifen, a n s t a t t die Steuereingriffe willkürlich a n dieser oder j e n e r äußerlich bequemliegenden Stelle der W a r e n b e w e g u n g u n d des Besitzes v o r z u n e h m e n . Das Geld- u n d K r e d i t w e s e n e r f u h r in d e r G r ü n d u n g v o n S t a a t s b a n k e n eine zentrale Z u s a m m e n f a s s u n g . Deutlich t r i t t i n alledem das S t r e b e n zutage, von einer Mitte aus den R a u m zu beherrschen, der national-politisch u n d w i r t s c h a f t l i c h - p r o h i b i t i v gegen das u n e r w ü n s c h t e E i n d r i n g e n ausländischer E i n f l ü s s e abgeschlossen w a r , u n d alle n a t ü r lichen K r ä f t e der P r o d u k t i o n i m R a u m zu f ö r d e r n , sei es populationistisch, sei es d u r c h P r ä m i e n , S u b v e n t i o n e n , Schutzzölle oder d u r c h E i n f ü h r u n g n e u e r K u l t u r e n u n d P r o d u k t i o n s a r t e n . Politische u n d wirtschaftliche K r ä f t e e n t f a l t u n g sah m a n in organischer Einheit 2 ). Der R a t i o n a l i s m u s vollzog eine scharfe gedankliche T r e n n u n g zwischen d e m „ R e i n - w i r t s c h a f t l i c h e n " u n d d e m Politischen. I n d e m die S t r e b u n g e n des Menschen in die des s t e t s seinem Eigenintercsse n a c h g e h e n d e n h o m o occonomicus u n d die des v o n geselligen A n t r i e b e n b e w e g t e n h o m o politicus geschieden w u r d e n , gelangte m a n in der W i r t s c h a f t s l e h r c zu der großartigen H y p o t h e s e gesetzmäßiger zirkulatorischer Z u s a m m e n h ä n g e in einer Volkswirtschaft, die m i t d e m politischen Begriff Volk nichts m e h r zu t u n h a t t e , sondern eine gesellschaftliche Z u s a m m e n f a s s u n g v o n I n dividuen in zufälligen politischen Grenzen w a r . D e r T o n r u h t e dabei d u r c h a u s auf den I n d i v i d u e n , diese stellte m a n sich u n t e r w i r t s c h a f t l i c h e m G e s i c h t s p u n k t als n u r d u r c h d e n T a u s c h v e r b u n d e n v o r . Nicht m e h r organisch, sondern n u r noch rechnerisch, d u r c h den T a u s c h m e c h a n i s m u s des Marktes hingen f ü r diese B e t r a c h t u n g s w e i s e die einzelnen Zweige der „ V o l k s w i r t s c h a f t " z u s a m m e n . Folgerichtig b e g a n n m a n n a c h S m i t h , den „ V o l k s r e i c h t u m " n i c h t m e h r als eine i m N a t i o n a l e n v e r b u n d e n e potenzierte P r o d u k t i v k r a f t d e r Menschen, sondern als Rechengröße, als die S u m m e des R e i c h t u m s der I n d i v i d u e n a u f z u f a s s e n . Man f a n d , d a ß sich allein i m freien T a u s c h diejenigen W e r t e herausbilden, die den a u f x

) Siehe Seite 45. ) Absichtlich wird hier nicht eingegangen auf die These von F. K. M a n n in seiner Schrift „Der Marschall Vauban und die Volkswirtschaftslehre des Absolutismus" Leipzig 1913, wonach der Merkantilismus kein wirtschaftspolitisches „System" und sein Begriff als historische Hypothese unhaltbar ist. Mit Recht sagt O. S p a n n („Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre"), daß Mann das Kind mit dem Bade ausschüttet, wenn er jede Einheit der merkantilistischen Politik leugnet. 2

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gewandten Kosten entsprechen und eine gerechte Verteilung des Einkommens auf die Produktionsfaktoren bzw. letzten Kostenelemente, infolgedessen eine blühende Erwerbs- und damit auch Volkswirtschaft, ermöglichen. Dies waren zugleich die theoretischen Ausgangspunkte für die Freihandelslehre seit Ricardo. Ihre bald mehr rechnerische, bald mehr philosophische Argumentation läuft darauf hinaus, daß der freie internationale Tausch die Völker dazu führt, die rentabelsten Produktionszweige zur Entfaltung kommen zu lassen. Mit der Wirklichkeit stimmt sie so weit überein, wie die ökonomischen Antriebe das Leben tatsächlich beherrschen. Der hauptsächliche Mangel der abstrakten ökonomischen Auffassung liegt aber darin, daß sie nicht nur vom Nationalen, sondern vom Menschen selbst und von seinen lebendigen Antrieben in der Gemeinschaft mit anderen Menschen abstrahiert. Der Mensch und sein umfassendster Lebensverband lassen sich aber so wenig trennen wie das Individuelle vom Sozialen, Universellen überhaupt. Beides bedingt sich gegenseitig. Eine atomisierte, mechanisierte Summe von erwerbsstrebenden Menschen, die nur durch den Tausch verbunden und mit ihren produktiven Kräften lediglich auf möglichst große Vorteile beim Tausch eingestellt sind, ist eine Vorstellung, die dem Menschlichen Gewalt antut, wenn sie mehr sein will als eine Hypothese. E s widerspricht jeder höheren Vernunft, daß nur dasjenige produktiv sein soll, was sich mittelbar oder unmittelbar im Tausch bezahlt macht. Vollends erscheint es unmöglich, eine Wirtschaftspolitik zu konstruieren, die sich nicht den politischen Zielen überhaupt, der Sinngebung des umfassendsten, nationalen Lebensverbandes unterordnet. Aus dieser Kritik heraus entstand Lists „Nationales System", seine Theorie der produktiven Kräfte, sein Gedanke des Erziehungszolls zur höchsten Entfaltung der Wirtschaft, bis dereinst zwischen den zur höchsten Stufe entwickelten Wirtschaftsvölkern der Freihandel Platz greifen könne. Doch kam List in Zwiespältigkeiten hinein, die der Freihandelsschule fremd waren. Diese beschränkte sich auf den konstruierten Raum des „Rein-wirtschaftlichen". Der damit erreichte wissenschaftliche Fortschritt schien fortzufallen, als nun das Politische wieder hineingemengt wurde. Die hieraus entstehenden Schwierigkeiten zu beseitigen, ist bis jetzt nicht gelungen. List selbst hat sich in zunehmendem Maß mit großen wirtschaftspolitisch-imperialistischen Raumkonstruktionen beschäftigt und ist vom Freihandel als zukünftiger Krönung des weltwirtschaftlichen Systems später abgerückt 1 ). Die gesellschafts- und staatsphilosophischen Theorien des 19. Jahrhunderts vermochten die Einheit der Wirtschaftspolitik nicht herzustellen. Die zum Teil falsch interpretierten Ideen des „Nationalen Systems", auf Nach Mitteilungen von Prof. Friedrich L e n z auf Grund z. T. noch nicht veröffentlichter Werke.

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der einen, die Freihandelsthesen auf der anderen Seite standen sich als starre Maximen gegenüber, zwischen denen einige Forscher in einem zeitlich begrenzten Erziehungszoll und den auch von Smith in Notfällen als berechtigt anerkannten Retorsionszöllen bei sonst grundsätzlichem Freihandel einen vermittelnden Ausweg suchten. Dies half in den konkreten Fragen kaum weiter und ließ noch dazu den falschen Eindruck entstehen, als ob den Menschen irgendein abstraktes wirtschaftspolitisches System von einer höheren Weisheit vorgeschrieben sei. Daß das Politische wie das Wirtschaftliche in allerdings äußerst verwickelten gegenseitigen Beziehungen auf den Menschen selbst und seinen Lebensverband zurückgehen, daß die Systeme nur Abstraktionen aus lebendigen Bestrebungen sind, wurde meist verkannt. Die statische und abstrakte Denkweise der Verwaltungsjuristen war vielfach schädlich. Die größte Verwirrung entstand, als Anhänger der sozial-ethischen Schule des ausgehenden 19. Jahrhunderts aus vermeintlich und angeblich allgemein ethischen, in Wirklichkeit zeitlich-politisch bedingten Antrieben vorwiegend auf dem Gebiet der Sozialpolitik und der sonstigen inneren Wirtschaftspolitik bestimmte Forderungen erhoben 1 ), als ferner in gegenseitiger Durchdringung der nur rational geschiedenen Lebensbezirke die Wirtschaft sich immer mehr politisierte, die Politik sich immer mehr mit wirtschaftlichen Fragen durchsetzte und kapitalistischen Interessen unterwarf. E s bestand jetzt die Gefahr, daß die wirtschaftspolitische Ideologie der Gelehrten lediglich zum Vorspann kapitalistischer oder sozialistischer Verbände wurde. Diese Krisis der Nationalökonomie aus tiefstem Verständnis ihres Wesens zuerst klar erkannt und damit auch schon gelöst zu haben, ist ein Verdienst M a x W e b e r s 2 ) . Ihm schieden sich die Sphären des Seins und des Sollens, des Lebens nach überindividuellen und relativ dauernden, allgemeinen Zielen und des Trachtens nach individuellen, rasch vergänglichen Zwecken. Als Gelehrter legte sich dieser im höchsten Sinn politisch veranlagte und ehrgeizige Führer eine freiwillige Askese auf, indem er sich und seiner Wissenschaft die Sphäre des individuellen Zweckstrebens, des „Sollens" im engeren Sinn menschlich-politischer Willkür unerbittlich verschloß. Damit verblieben der Wirtschaftswissenschaft nur noch zwei Felder: Das Gebiet der „reinen Ökonomie", gleichbedeutend mit theoretischer oder allgemeiner Nationalökonomie, und ferner die geschichtlich-soziologische Betrachtung der Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik nach der von Weber selbst aufgewiesenen idealtypischen Methode. Diese Geschichtssoziologie kann die Gegenwart geistig beeinflussen, doch wird sie ihr nie Gesetze des Handelns aus wissenschaftlicher Erkenntnis auferlegen können. Siehe Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 152. B d . Seite 580ff. -) Die bleibenden Verdienste der sozial-ethischen Richtung sollen hier keineswegs in F r a g e gestellt werden. Die Kritik wendet sich nur gegen den Mangel methodologischer Klarheit, dessen sich einige ihrer Vertreter schuldig gemacht haben.

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Die von Weber gezogenen Dämme sind vielleicht stark genug, die Wissenschaft zu schützen. Darüber hinaus brausen aber die Ströme des Lebens selbst. Unablässig bewegen sich die Beziehungen der Menschen untereinander und zur Natur. Die tatsächlichen politischen Räume decken sich nicht mit den wirtschaftlichen, die die Völker zur optimalen Lebensgestaltung in dem von ihnen erstrebten Sinn brauchen und begehren. Die ökonomische Autarkie bleibt für den modernen Staat eine Idee, die aber stark genug ist, um das imperialistische Streben der Großstaaten dauernd zu beflügeln. Die wirtschaftlichen Antriebe des Imperialismus sind von Natur aus an eine nationale Grundlage gebunden, einerlei ob das nächste Ziel auf eine Zusammenfassung der über die Kontinente zerstreuten nationalen Kräfte oder auf eine Expansion eines Herrscherstaates hinausläuft. Dort wo der politischen Ausdehnung Grenzen gezogen sind, kann dennoch in den verschiedensten Formen eine wirtschaftliche Expansion stattfinden, mit oder ohne Zutun und Schutz des Staates. Ein Ausgleich der wirtschaftlichen Rauminteressen nach dem Prinzip des do ut des wird in den Handels- und Schiffahrtsverträgen erzielt und technisch dadurch erleichtert, daß die durch die Freiliandelsschule gebräuchlich gewordene abstrahierende Rechenmethode ein gegenseitiges Auskalkulieren der Vor- und Nachteile ermöglicht. Die ökonomische Verkettung der Staaten bringt es dahin, daß hierbei eine Art internationalen Skontrierungsverfahrens stattfindet und die Zölle nur noch einen gewissen Spitzen-Ausgleich für die Nachteile darstellen, die die Staaten ohne sie in der Gesamtabrechung auf dem Weltmarkt zu erleiden befürchten. Zu einer Verbreiterung der Handelsvertragsbasis in diesem Sinn trägt am wirksamsten die Meistbegünstigungsklauscl bei. Politische Erwägungen haben fast alle Staaten dazu geführt, eine Potenzierung der inneren Produktivkräfte anzustreben und der kalkulatorisch-ausgleichenden internationalen Tauschwirtschaft voranzustellen, um in dieser einen höheren Rang einzunehmen. Die Dynamik dieser Vorgänge ist eine unbegrenzte. Wo die gesammelte Produktivkraft eines Volkes expansiv in den Wirtschaftsraum anderer Völker eindringt, ohne daß die schwächeren Wirtschaften einen friedlichen Ausgleich erreichen können, entsteht die Gefahr kriegerischer Verwicklungen, die bei labilem Gleichgewicht der internationalen politischen Kräfte, wie es vor dem Krieg herrschte, akut werden kann. Doch sind stets starke Gegenkräfte vorhanden, nicht nur in der Überlegung, daß die wirtschaftlich untereinander verketteten Staaten meist gemeinsam unter den Verlusten eines Krieges leiden, sondern auch in den internationalen politischen und kulturellen Bindungen der Völker. Das Verhältnis der Völker untereinander gleicht demjenigen von Individuum und Gemeinschaft. Der Versuch, Prinzipien zu finden, die das Leben der Völker in ihrer Gemeinschaft befriedigend regeln, ist allerdings bis jetzt immer wieder gescheitert, obgleich zweifellos vielfach eine heiße Sehnsucht nach Frieden und ein starker ethischer

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Wille dahinter standen. Aber andererseits sind doch in allen Kontinenten Bestrebungen des Zusammenschlusses wahrnehmbar. In einer Epoche der Riesenräume wird aber der Mensch sein Verhältnis zur Umwelt ganz neu bestimmen, und damit werden sich auch zwischen den Staaten neue Beziehungen anbahnen. Andere Formen des wirtschaftlichen Lebens sind gegenwärtig schon in undeutlichen Umrissen sichtbar: Die Zusammenfassung der Produktivkräfte gewaltiger Räume scheint dazu zu führen, daß der Produktionsapparat immer bewußter volks- bzw. gemeinwirtschaftlichen Zwecken dienstbar gemacht wird, daß zwischen Produktion und Konsumtion ein planwirtschaftlicher Ausgleich stattfindet, daß alle am Produktionsprozeß Beteiligten ihre volkswirtschaftliche Funktion immer mehr erkennen. Die handelspolitischen Auswirkungen sind noch kaum zu übersehen. Die Vermehrung der internationalen Kartelle ist nur eine Teilerscheinung. Hamburg als ein seit Beginn der Neuzeit für sich abgeschlossener Stadtstaat inmitten dieser zu immer größeren Dimensionen fortschreitenden Entwicklungen der Staaten und Volkswirtschaften ist ein überaus interessantes und eigenartiges Problem. Ist, wie dargestellt, der Raum in vieler Hinsicht für die Handelspolitik entscheidend, so verspricht die Untersuchung gerade von hier aus für die Erkenntnis weiter wirtschaftspolitischer Zusammenhänge fruchtbar zu werden, die mit den allgemein politischen eng verbunden sind. Bis 1500 ist Hamburg Gruppenstadt in der „ökonomischen Landschaft" der wendischen Städte und von Lübeck abhängig. Von 1500 bis gegen 1800 ist die gegenseitige Ergänzung von Neutralitäts- und Handelspolitik der Stadt zwischen den großen Mächten als Kennzeichen herauszuheben. Die Notwendigkeit, sich dauernd auf neue Machtkonstellationen einzustellen, scheint sich mit Hamburgs bekannten Konservatismus schlccht zu vertragen. Doch ist zu bedenken, daß auch das Wort Neutralitätspolitik als einfaches Erklärungsprinzip keineswegs genügt, sondern daß das eigentliche Hamburger Wesen sich nur aus Betrachtung der mittelalterlichen Geschichte erschließt, die noch bis ins 19. Jahrhundert hinein ihre Wirkungen entfaltet. Die Bevorzugung der eigenen Bürger z. B. wird mit gewissen Ausnahmen bis geger 183C beibehalten, die hamburgische Verfassung enthält mindestens bis 1867 etwas vom mittelalterlichen Sozietätsgeist und den entsprechenden Formen. Doch gleichzeitig sieht sich die Stadt seit dem 16. Jahrhundert immer mehr in den Weltverkehr hineingestellt und zu entschieden neuen Maßnahmen genötigt. Der Ausbau der kommerziellen Einrichtungen, der Abbau der Zölle dienen der Heranziehung des Handels in Konkurrenz mit anderen Plätzen, die ihren Aktionsradius immer weiter auszudehnen. Die Konzentration der bürgerlichen Kräfte auf dies Ziel befähigt die Stadt zu Leistungen, die selbst wohlhabende Flächenstaaten für einen einzelnen Hafenplatz nicht aufwenden können. — Nach dem Wechsel der europäischen Lage in Gefolgschaft der napoleonischen Kriege und nach dem Nieder2

Wiskemano.

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Zusammenfassung

bruch der Neutralitätspolitik glaubt Hamburg als Freihafen Deutschlands seine Ausnahmestellung gegen den zoll- und handelspolitischen Vormarsch Preußens im 19. Jahrhundert wahren zu müssen. Der Anschluß an den Norddeutschen Bund schafft eine neue Lage. Der Zollanschluß verbindet Hamburg noch enger mit seinem Hinterland. Hamburg ist seither vor allem als Organ des Reiches zu betrachten. Darüber hinaus ist es „global" gesehen der Verbindungspunkt zwischen Übersee und dem mittleren und östlichen Europa. Der Hamburger Kaufmann ist der Vorkämpfer nicht nur des deutschen Handels, sondern des friedlichen kommerziellen Prinzips in aller Welt, die Hamburger Reederei entfaltet ihre für alle Völker vorbildliche Initiative. Die Markt- und Hafenpolitik der Stadt dient dem Ziel, den Umschlag der Binnengüter auf die See und umgekehrt zu erleichtern und dadurch zu vervielfältigen. Doch wird nun für Hamburg als Hafen, Industrie- und Siedelungsstätte das Raumproblem in der „Großhamburgfrage" akut. So rückt auch im modernen Kulminationspunkt der hamburgischen Entwicklung das Verhältnis zwischen Stadtstaat und Flächcnstaat in den Vordergrund des Bildes. 4. Z u s a m m e n f a s s u n g . Der Mcnsch und sein Lebensverband, der Staat, die Handelspolitik im Dienst der Ziele dieses Lebensverbandes sind die Grundelemente der vorliegenden Arbeit. Die Beziehungen des Stadtstaates Hamburg zu den Flächenstaaten und wirtschaftlichen Großräumen sind darzulegen. Die geographisch-politische und -ökonomische Betrachtungsweise soll zu einer Synthese zusammengefaßt, der historische Eigenwert Hamburgs zu der Geschichte anderer Städte und Völker in innere Verbindung gebracht werden. Die Durchfurchung des ganzen Arbeitsfeldes in der Quer- und Längsrichtung dient einer Analyse der räumlichen, politischen und kulturellen Faktoren. Stadt- und Flächenstaat, Bürger- und Fürstenstaat, Küsten- und Binnenland, Hamburg als Kommune und als weltoffene Handelsstadt, Geist des genossenschaftlichen Mittelalters und des Kapitalismus wirken gegen- und ineinander. Die Zeitabschnitte sollen dem Rhythmus der hamburgischen Geschichte wie der Weltgeschichte gerecht werden. Der Verfasser hofft, daß eine diesen Zielen zustrebende Arbeit dazu beitragen wird, die Einheit der Lehre von der Wirtschaftspolitik in geschichtlicher und theoretischer Betrachtung wieder herzustellen und eine technisch-mechanische, juristisch-statische Systemlehre in eine Lebenslehre umzuwandeln.

A. Hamburgs Handelspolitik im Mittelalter. Erster Abschnitt: Politische und wirtschaftliche Anfänge Hamburgs bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts. 1. Von der B i s c h o f s - zur G r a f e n s t a d t . Hamburg oder, wie der ursprüngliche Name lautete, die Hammaburg, fiel als sächsische Befestigung zwischen Alster, Elbe und Bille 804 den siegreichen Franken in die Hände. Wiederholt gab die offene Lage seitab von der Elbe den feindlichen Angriffen der Dänen und Wenden vom Norden und Osten freien Raum. Schon 845 mußte das von Ludwig dem Frommen crrichtete Erzbistum nach dem geschützteren Bremen verlegt werden. Doch erstand die oft zerstörte Anlage neu und allmählich wehrhafter aus der Asche. 1 ) Erzbischof Adaldag, Ottos des Großen Berater, legte wie in Bremen so auch hier den Grund für die Altstadt, die dann unter Erzbischof Adalbert 1043 bis 1077 hohe Bedeutung für die Christianisierung gewann. Bis zur Begründung des Erzsitzes Lund in Schweden im Jahre 1104 gehörte der ganze damals bekannte Norden von Grönland bis Skandinavien zur erzbischöflichen Metropole Hamburg-Bremen. Als sicher kann vorausgesetzt werden, daß Mission und Handel Hand in Hand gingen, und daß ferner der zahlreiche Klerus der Stadt einen bedeutenden Konsum hatte. Daher darf, besonders seit dem Ende der Wendennot, also vom Ausgang des 11. Jahrhunderts ab, mit einem nicht ganz unbeträchtlichen Fernhandel gerechnet werden. Friesen besuchten in Hamburg den Markt 2 ). Besondere Bedeutung hatte die Straße in südlicher Richtung über Lüneburg, von dem östlich der meist benutzte Stromübergang lag, und von wo aus sich das Wegenetz nach allen Seiten 1 ) Vermutlich war Hamburg im Reich Karls d. Großen Stromübergangs- und Querhandelsplatz und einer der Grenzmärkte neben Bardowiek, Magdeburg, Erfurt, Regensburg und Lorch. Bestimmtes läßt sich aber darüber nicht aussagen. A. W i e s k e „Der Elbhandel und die Elbhandelspolitik bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts", Halberstadt 1927, beruft sich u. a. auf eine Urkunde König Arnulfs v. 888, zit. nach B. W e i ß e n b o r n „Die Elbzölle und Elbstapelplätze im Mittelalter", Halle 1901. Danach sei der Landhandel schon längst vor 888 in Hamburg heimisch gewesen. -) T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr im Mittelalter, Hamburgs Überseejahrbuch 1925, Seite 332. 2*

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Von der Bischofs- zur Grafenstadt

verzweigte. Unbekannt ist die Rolle Hamburgs in der Bergfahrt ausländischer Kaufleute ebenso wie in der Seefahrt obcrelbischer Händler 1 ). Doch lassen sich Handelsbeziehungen zum Oberland nachweisen. Dagegen ist nichts bekannt über eine Verbindung mit dem Rhein, dem damaligen Hauptträger des deutschen Handelsverkehrs 2 ). Im 12. Jahrhundert gewinnt die Elbe für Hamburg an Bedeutung. Während die Marschen an der Niederelbe von holländischen, friesischen, holsteinischen und westfälischen Siedlern in Kultur genommen werden 3 ), wird etwa gleichzeitig der bisherige Grenz- ein deutscher Binnenstrom. Denn unaufhaltsam gewinnt die deutsche Kolonisationsarbeit in den ostelbischen Landen gegen die Slaven an Raum. Im Zug dieser Ereignisse entsteht 1143 Lübeck als deutsche Stadt. Die Schauenburger Grafen, die diese ihre erste Gründung an Heinrich den Löwen verlieren, erkennen die günstige Lage Hamburgs als Handelsplatz. 1189 gründet Adolph III. von Schauenburg nahe der Alstereinmündung in die Elbe eine kaufmännische Ansiedelung, die er einem gewissen Wirad von Boizenburg, 1190 als Ratmann urkundlich erwähnt, zur Anlage eines Hafens überträgt; als Entgelt dient freie Verfügung über Grund und Boden, Zollfreiheit in Hamburg und im ganzen gräflichen Gebiet sowie eine Beteiligung Wirads an den städtischen Strafgefällen. Noch aus demselben Jahr 1189 stammt das Privileg Friedrich Barbarossas, das die Hamburger auf der Fahrt zwischen Stadt und Elbmündung vom Stader Zoll befreite. Die junge Stadt blieb von Stürmen nicht verschont. 1190 fiel ganz Nordelbingen an Heinrich den Löwen, der Hamburg das Privileg zollfreien Verkehrs bis Boizenburg einräumte. Dann wurde die Stadt 1202 von Dänemark dem Grafen Adolph, der um sein Besitzrecht kämpfte, entrissen, und 1214 samt dem übrigen Nordelbingen von Friedrich II. diesem Land zugesprochen. Doch halfen die Hamburger nebst anderen Bundesgenossen 1227 Adolph IV. zum Sieg von Bornhöved, durch den für über zwei Jahrhunderte die Dänengefahr von Hamburg, Holstein und den Ostseevorlandcn abgewehrt wurde. Angesichts der Nöte hatten sich 1216 bischöfliche Alt- und gräfliche Neustadt für immer verschmolzen. Im weiteren Verlauf des Jahrhunderts erlangte die Stadt von den Grafen die Selbstverwaltung und eigene Jurisdiktion. Doch ließ nach mittelalterlicher Art die Summe der erworbenen Einzelrechte noch immer Platz für die Hoheitsrechte der Grafen von Holstein, denen zunächst vor allem die Vogtei und der schauenburger Zoll verblieben. Während die Vögte allmählich zu städtischen Beamten *) W. S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts, Gießen 1900. S. 35. 2 ) Wahrscheinlich hat eine derartige Verbindung Hamburgs mit dem Rhein nicht bestanden. B ä c h t h o l d DerNordd.Handelim 12.und beginnenden 13. Jahrhundert a.a.O., Seite 163 ff. 3 ) L i n d e , Die Niederelbe a. a. O., S. 50.

Hamburg in der Hansischen Ostwestlinic

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herabsanken, erstarkte der städtische R a t , der sich in einem eigenartigen Verfahren aus einem Kreis von etwa 40—50 angesehenen Bürgern ergänzte, von denen jeder mindestens einmal den Ratsstuhl innegehabt hatte. Trotz ihrer starken Selbständigkeit betrachtete sich die Stadt während des ganzen Mittelalters als ledemate (Gliedmaß) von Holstein, wo sie auch ein großes wirtschaftliches Hinterland hatte. 2. D e r „ N o r d s e e h a f e n L ü b e c k s " . Mit dem Vordringen des Deutschtums im Osten, mit der Entstehung deutscher Städte, Burgen und Dörfer, mit der Festsetzung des ritterlichen Unternehmertums im Ordensland belebte sich der schon jahrhundertealte Handel auf der Ostsee. Über Lübeck führte nun die kürzeste Verbindungslinie zwischen dem agrarischen Osten und den Märkten desWestens, auf denen flandrische Tuche und Produkte des Südens und Westens zum Tausch standen. Für J a h r h u n d e r t e bildete die große Ost-Westlinie mit ihren zahlreichen Verzweigungen das Rückgrat der nord- und mitteldeutschen Handelsunternehmungen. Unbedenklich kann m a n von einem ,,Travestapel" Lübecks 1 ) reden, da die an Zahl weit überwiegenden Wertwaren bei der Gefährlichkeit der Sundfahrt für kleine Schiffe den Weg zwischen West- und Ostsee regelmäßig über die Travestadt nahmen. Neben diesem Durchgangsstapel bildete Brügge am Swin zuerst als natürlicher Anziehungspunkt, später als Zwangsstapel im Westen jahrhundertelang einen Brückenpfeiler im Hansesystem. Lübecker und Hamburger Kaufleute drangen u m 1240 auf der Wattenfahrt Südersce-holländische Binnengewässer nach Flandern vor und bemühten sich seit Mitte des Jahrhunderts mit Erfolg um Privilegien in Brügge, wobei sie zugleich als Beauftragte anderer Städte handelten 2 ). Der Erfolg ihrer Bestrebungen bildete das Kernstück des hansischen Privilegiensystems. Als „Nordseehafen Lübecks" 3 ) ließ Hamburg Städte wie Lüneburg, Stade und den alten karolingischen Grenzplatz Bardowiek allmählich hinter sich. Klug verstand es die Notwendigkeit engster Verbindung mit Lübeck. War auch der ausschlaggebende Flügel der hansischen Wirtschaftspolitik der Ostarm, mit Hilfe dessen Lübeck die zugehörigen Gebiete wirtschaftlich beherrschte, so h a t t e Hamburg doch nach Westen und Nordwesten hin und im Handel mit Mitteldeutschland freie H a n d . Nach London, Irland, Norwegen, Schweden, Schonen, wo der Heringsfang betrieben wurde und große Märkte stattfanden, und nach der atlantischen Küste von Südeuropa dehnte sich im 13. J a h r h u n d e r t die hamR. H ä p k e , Die Regierung Karls V. u. der europäische Norden, Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien u. Hansestadt Lübeck, 1914, Seite 20, schlägt diese Bezeichnung vor. 2 ) Derselbe, Brügges Entwicklung a. a. 0., S. 101 ff. 3 ) Der Ausdruck stammt von W. V o g e l (Kurze Geschichte der Deutschen Hanse, 1915).

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Der „Nordseehafen Lübecks"

burgische Schiffahrt aus, und zu Land besuchten hamburgische Kaufleute über Brügge hinaus die flandrischen, wahrscheinlich auch die brabantischen Märkte. Die Darstellung K i e s s e l b a c h s 1 ) , als wenn alle hansische Schifffahrt vom Swin ausgegangen und Hamburg selbst ein schiffsleerer Platz gewesen wäre, ist von W a l t h e r S t e i n , R u d o l f H ä p k e u. a. als falsch nachgewiesen worden. 2 ) — Die Hansen im Ausland bildeten dauernde feste Stützpunkte für die deutschen Kaufleute. Im Stalhof zu London, einer ursprünglich kölnischen Niederlassung, und zu Brügge war die Hamburger Kaufmannschaft neben der lübischen und anderen vertreten 3 ). Nach dem Hamburger Schiffsrecht von 1292 war die Hanse der Hamburger zu Ostkerken, zwischen Damme und Sluis, zu halten. Später wandten sie sich nach Houcke, das näher an Sluis lag 4 ). Die Vertretung der Gesamtkaufmannschaft in Brügge lag zeitweise in den Händen eines Hamburgers und eines Lübeckers. 6 ) Später, seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, entstanden die Kontore in Bergen und anderen norwegischen Städten, in denen Hamburg gleichfalls mit an der Spitze stand 6 ). Mit dem norddeutschen Binnenland verbanden Hamburg die mannigfachsten Beziehungen. Aus Stendal und Salzwedel wurden Salz, Leinewand und grobe Wolltücher bezogen, aus der Mark Getreide, aus den oberen Elbgegenden allerlei Waldprodukte, aus dem Oberharz wertvolle Metalle, aus Lüneburg Salz, aus Osnabrück Gewebe, aus Holstein landwirtschaftliche Produkte, wogegen Tücher, südländische Weine und Fische geliefert wurden. Holz und Fische waren die wichtigsten Handelsgüter Hamburgs 7 ). Die Stadt wurde wohlhabender und erweiterte sich ins Marschland hinein. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erreichte sie eine für weitere zwei Jahrhunderte genügende Ausdehnung 8 ). Zahlreiche Handwerker hatte es bereits in der bischöflichen Altstadt gegeben. Tischlerei, Böttcherei, Reifschlägerei standen mit Handel und Schiffahrt in enger K i e s s e l b a c h , „Die wirtschaftlichen Grundlagen der Deutschen Hanse und die Handelsstellung Hamburgs bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts", Berlin 1907. 2 ) Kiesselbachs These beruht auf einer juristisch überspitzten Auslegung des alten hamburgischen Seerechts, s. W a i t h e r S t e i n , Die deutsche Genossenschaft in Brügge und die Entstehung der Deutschen Hanse. Hansische Geschichtsblätter, Jhg. 1903, 2. Heft, S. 409—466; ferner R u d o l f H ä p k e , Zur Genesis des mittelalterlichen Weltmarkts, Zeitschrift des Vereins für Hamb. Geschichte, Band XIV, S. 169 ff. 3 ) 1306 wird in Brügge zum ersten Mal eine Hamburger Straße genannt. Von Deutschen war sonst nur nach den Lübeckern dort eine Straße genannt. *) H ä p k e , Brügges Entwicklung, a, a. O., S. 40. s ) K i e s s e l b a c h , „Die wirtschftl. Grundlagen der Dtsch. Hanse", a. a. O., S. 88ff. ®) E. D a e n e l l , „Die Blütezeit der Deutschen Hanse", Hansische Geschichte von der zweiten Hälfte des XIV. bis zum letzten Viertel des X V . Jahrhunderts, 2 Bände, Berlin 1905 u. 1906, I, Seite 27. Über die zahlreichen hamburgischen Niederlassungen für den Bierabsatz s. folgende Seite. 7 ) Näheres über die Handelsverbindungen zwischen Hamburg und den märkischen Städten s. W i e s k e , Der Elbhandel und die Elbhandelspolitik a. a. O., S. 19ff. 8 ) R e i n c k e , Hamburg a. a. O., S. 14.

Handelsverbindungen im 14. Jahrhundert

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Beziehung. An St. Vitus (15. Juni) und an Maria Himmelfahrt (15. August) waren Jahrmärkte, die dem Fernhandel dienten 1 ). Das Stadt- und das Schiffsrecht zeugt von beträchtlicher Entwicklung der Wirtschaft. Das letztere wurde 1299 von Lübeck, 1303 von Bremen übernommen und den dortigen Verhältnissen entsprechend abgeändert. 3. Die B r a u s t a d t u n d i h r e H a n d e l s p o l i t i k b i s g e g e n 1370. Seit Ende des 13. Jahrhunderts blühte in Hamburg ein neuer Zweig mächtig empor: das Braugewerbe. Hunderte von Brauhäusern findet man in der damals etwa 7000 Einwohner zählenden Stadt. Die Hersteller waren zugleich Händler, meist auch Verfrachter. So wurde Hamburg das ,,Brauhaus der Hanse", und die Handelspolitik hatte die Brauinteressen zu berücksichtigen. Vermutlich differenzierten sich im 14. Jahrhundert Groß- und Kleinbrauereien, bis im Jahre 1410 ein Zunftgesetz die Unterschiede wieder zu nivellieren suchte 2 ). Im Ausland herrschte große Nachfrage nach Hamburger Bier, besonders seitdem das technische Verfahren durcli Einführung von Hopfen an Stelle des alten Grutezusatzes verbessert wurde 3 ). 1321 konnte Graf Wilhelm von Holland ein Verbot liamburgisclien Bieres gegen seine Untertanen nicht durchsetzen 4 ). In Stavoren und Amsterdam wurden hamburgische Niederlassungen für den Bierabsatz errichtet. Schankstätten fanden sich in vielen Orten. Auch im Handel mit Friesland spielte das Bier die Hauptrolle. Die heutzutage phantastisch anmutende, sich aus dem schlechten Trinkwasser erklärende Höhe des mittelalterlichen Bierkonsums half Hamburgs Wohlstand gründen5). Obwohl Hamburg, wie gezeigt, nach Westen und Nordwesten selbständige Handelsbeziehungen pflegte, konnte es sich der lübischen Handelspolitik mit großem Nutzen anschließen. Ohne Lübeck hätte Hamburg sich im Ausland nicht durchsetzen können. Von hervorragender handelspolitischer Wichtigkeit für beide Städte war nach wie vor Flandern. In den sieben Gesandtschaften, die die Hanse im 13. und 14. Jahrhundert dorthin schickte, war Hamburg nachweislich fünfmal vertreten 8 ). Doch war Lübeck die Seele jener energischen Angriffspolitik gegen Flandern, die nach zeitweiser Verlegung des Stapels in die Stadt Dortrecht im Jahre 1360 die Privilegien der jetzt geeinten Hanse in Brügge sicherte 7 ). 2)

T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr a. a. O., S. 336. H. L ü d e r s , Hamburgs Handel und Gewerbe am Ausgang des Mittelalters, LeipDissertation 1908, S. 22. Ebendort, Seite 21. Ebendort, nach L a p p e n b e r g , Realgewerberechte, S. 8. Die Kämmereirechnungen weisen unter Kriegskosten bis zur Hälfte für Bierkonsum

ziger 3) 4) s) auf. 6 ) L ü d e r s , Hamburgs Handel und Gewerbe, a. a. O., S. 11. 7 ) D a e n e l l , Die Blütezeit der Deutschen Hanse, a. a. O., S. 21 ff.

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Hamburgs Handel um 1370. Beginnende Politik der Schlüsselstellung

Auch kulturelle Beziehungen zwischen Elbe- und Travestadt, bei denen Lübeck meist der gebende Teil war, wirkten verbindend. Femer äußerte sich die enge Zusammengehörigkeit im gemeinsamen Aufbruch lübischer und hamburgischer Kaufleute zu ihren Seefahrten und in anderem mehr. Eine starke wirtschaftliche Brücke im Straßenhandel zwischen Elbund Travestadt war Oldesloe1). Freilich hatte Hamburg auch seine eigenen Sorgen, die es zeitweise von der Hanse ablenkten. Hierbei ist das Augenmerk vor allem auf die innerpolitischen Angelegenheiten und die Feindschaft des Landadels gegen die Stadt zu richten. 1325 hatte Hamburg das Recht eigener Münze erworben. Bald darauf aber erschütterte der 1337 ausgebrochene Streit mit dem Domkapitel — ein Spiegelbild der großen Auseinandersetzung zwischen weltlicher und kirchlicher Macht — alle Verhältnisse. Raub und Plünderung hamburgischen Kaufmannsgutes waren an der Tagesordnung. Noch viel schlimmer wurden die Verhältnisse nach dem Tod Gerhards des Großen v. Holstein 1340 2 ). Der Adel spürte keine starke Hand mehr über sich. Die Städte, die sich immer mehr Land zu ihrem Besitz hinzukauften, griffen in seine Sphäre über. Inzwischen tobte der Domstreit weiter, der endlich 1355 mit einem erträglichen Vergleich beendet wurde. Am ersten Krieg gegen Waldemar IV. 1361—1365 nahm Hamburg eifrig teil. Im zweiten Krieg von 1367—1370 dagegen erregte seine Zurückhaltung ernsten Unwillen, so daß seine Verhansung erwogen wurde 3 ). Erst im Oktober 1368 t r a t die Stadt der Konföderation bei. An dem Ertrag des Sieges nahm sie aber in vollem Maß teil. Die kluge Politik Lübecks hatte die Hanse zu einem anerkannten Faktor der nordcuropäischcn Politik erhoben.

4. H a m b u r g s H a n d e l um 1370. B e g i n n e n d e P o l i t i k der S c h l ü s s e l s t e l l u n g . Recht ansehnlich sind die Leistungen der Stadt in diesen Jahren. Der Handel und das Braugewerbe waren ein goldner Boden. Die der Nachwelt überlieferten Abrechnungen von 1369 über das Pfundzollgeld, das zur Finanzierung der Kriege gegen Waldemar von der Ausfuhr zur See erhoben wurde, und das aus derselben Zeit stammende Handlungsbuch Vickos von Geldersen4) geben einen ausgezeichneten Überblick über Umfang und Art des Handels. Bei einer Gesamtausfuhr von 182000 Mark lübsch entfielen auf Bier über 62000 Mark, wovon etwa wiederum ein Drittel nach Amsterdam bestimmt war. Neben dem Handel mit Bier war der mit Tuch und deutscher Leinewand besonders wichtig. Bei ihm lag im Gegensatz zum Bier die Ausfuhr vorwiegend in Händen fremder, vor allem lübischer Kaufleute. An dritter Stelle finden sich nördliche und östliche Produkte der Land- und Waldwirtschaft, ferner Heringe von S. folgende Seite. ) R. B a l l h e i m e r , Zeittafeln zur Hamburgischen Geschichte, a. a. O., IV., S. 14. 3) Ebendort, I I I , S. 24. 4 ) H. N i r r n h e i m , „Das Handlungsbuch Vickos von Geldersen", herausgegeben vom Verein für Hamburgische Geschichte, Hamburg u. Leipzig 1895. Derselbe, „Das hamburgische Pfundzollbuch von 1369", Hamburg 1910. 2

Richtungen und Wert des Handels um 1370

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Schonen, Gewürze und Spezereien, Öl und Reis, aus Flandern importiert, schließlich Talg, Schwefel, Metalle, Kessel, Waffen, Schiffstaue u. a. Alles in allem überwogen im Außenhandel die billigen Schwergüter. Auf den Export von Genuß- und Nahrungsmitteln zusammen kamen etwa 90 000 Mark, also nicht ganz die Hälfte des Gesamtexports. Der Viehhandel vollzog sich meist über Wedel, der vom Norden nach dem Westen Deutschlands führende Ochsenweg ging aber dicht an Hamburg vorbei, das an den Zolleinnahmen in Wedel zur Hälfte beteiligt war 1 ). Das Buch des Kaufmanns und Ratsherrn von Geldersen, der mit allen nur möglichen Gütern handelte und u. a. 34 verschiedene Sorten Tuch im großen kaufte, um sie z. T. im Einzelhandel weiterzugeben, zeugt von recht ausgedehnten Kreditgeschäften und von einer regen Gesellschaftsbildung 2 ). Der im Ausland weilende Gesellschafter ersetzte vielfach den kaufmännischen Vertreter. Neben dem Eigenhandel war die Spedition, vor allem für Lübeck, bedeutend. In der Schiffahrt bestand die Partenreederei. Der sicher bedeutende Anteil der Hamburger Schiffe an der Gesamtausfuhr läßt sich nicht bestimmen. Die Richtung des Handels ist leider nicht stets zuverlässig überliefert. Doch treten zwei Verbindungen besonders hervor: die mit dem baltischflandrischen Handelszug, wobei der Bierexport nach Holland und Fricsland sowie der Handel mit flandrischem Tuch eine Hauptrolle spielt; ferner die Verbindung mit dem ökonomischen Hinterland im engeren Sinn. Die Verbindung mit dem Nordwesten und Norden, die England- und Bergenfahrt, stehen dahinter zurück 3 ). Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit Bremen stand Hamburg doch vielmehr im Ost-Westzug der Hanse. Zum engeren ökonomischen Hinterland gehörte alles Land zu beiden Seiten der Niederelbe, darüber hinaus führten die Straßen weit ins innere Holstein hinein. „Die unsichtbare Einflußgrenze gegen Lübecks Hinterland verlief über Trittau, Oldesloe, Segeberg. Doch hatte Lübeck zeitweise auch sehr enge Handelsbeziehungen zum Westen (Dithmarschen)" 4 ). Die Bedeutung der Durchgangsverbindung mit Lübeck über Oldesloe, und zwar von dort ab vorwiegend auf der Trave, läßt sich daran ermessen, daß im lübischen Gesamthandel der Verkehr mit Oldesloe nach dem mit Schonen an zweiter Stelle stand 5 ). Diese Straße stellte eine Hauptachse in der ökonomischen Landschaft der wendischen Städte dar, während eine zweite Hauptlinie von Lübeck zu den ihm geschichtlich und wirtschaftlich eng verbundenen Städten der mecklenburgisch-pommerschen Küste führte. Ein unmittelbarer Elb-Querhandel Lüneburgs mit Wismar 6 ) 1) 2) 3) 4) 6) •)

T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr a. a. O., S. 340. N i r r n h e i m , Das Handlungsbuch Yickos v. Geldersen. T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr, a. a. O., S. 341. Ebendort, S. 339. Ebendort, S. 343 ff. W i e s k e , Der Elbhandel und die Elbhandelspolitik, a. a. O., S. 40.

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H a m b u r g s H a n d e l u m 1 3 7 0 . Beginnende Politik der Schlüsselstellung

bildete die dritte Seite des so bezeichneten Dreiecks. Die internen Markt beziehungen zwischen Lüneburg, Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock usf. müßten einer besonderen Untersuchung unterzogen werden. Lüneburger Salz und Kalk, Hamburger Bier, von Lübeck importierte Tuche und andere Güter des Westens, Lübecker Gewerbe- und Kunstgegenstände, mecklenburgisches Holz scheinen Hauptartikel des internen Tauschs gewesen zu sein. Die enge ökonomische und kulturelle Ergänzung zwischen Hamburg und Lübeck wurde schon erwähnt. Offenbar sind die wendischeu Städte die einzige feste ökonomische Landschaft der Hanse überhaupt. Stärker als die landschaftliche war aber die weltwirtschaftliche und handelspolitische Verbundenheit der wendischen Städte. In Schonen hatten sie ihr gemeinsames maritim-händlerisches Zentrum. Wirtschaftspolitisch stützte sich Lübeck als Hansevormacht besonders auf die ihm zugehörige Gruppe der südwestlichen Ostseestädte, die ebenso wie es selbst und Hamburg an der alten hansischen Ost-Westlinie interessiert waren. Noch notwendiger wurde diese Verbindung, als seit 1370 der „Travestapel" und die ganze benachbarte Ostsee durch die zunehmende Sundfahrt anderer Städte und Nationen vom europäischen Westen nach dem Osten mehr und mehr bedroht wurde 1 ). Erst langsam lösten sich dann in der ferneren Folgezeit die Bestrebungen Hamburgs als Nordseehafen selbständigen Charakters von denen der westlichen Ostseestädte. Für Getreide war Hamburg weit mehr Konsument als Exporteur. Wie überhaupt im Mittelalter und noch bis in die Neuzeit hinein war die Versorgung der Bürger mit diesem Nahrungsgrundstoff eine der wichtigsten Aufgaben des Stadtregiments. Für Notzeiten vorzusorgen, billigen Einkauf zu ermöglichen, mußte das Hauptziel sein. Außerdem aber wurde für die Bierproduktion und somit indirekt für den Export viel Getreide gebraucht. Hieraus erklärt sich die auf ausreichende Getreideversorgung gerichtete Stapelpolitik, die ihr Seitenstück in ähnlichen, z. T. früheren und weiter reichenden Maßnahmen anderer Städte hatte, so Stettins, Magdeburgs usw. Sogar Stade hatte schon früher durchgesetzt, daß die von See kommenden Kaufleute drei Flutzeiten lang mit ihren Waren dort liegen bleiben mußten, wovon aber 1340 die Hamburger Bürger ausgenommen wurden 2 ). Nachdem schon im 13. Jahrhundert den Holländern wiederholt der Getreideexport untersagt war, verbot Hamburg 1359 allgemein den Gästen oder deren Vertretern den Ankauf des Getreides auf dem Flusse und suchte ferner die Getreideausfuhr der Gäste zu beschränken. Seit 1383 mußten alle Bürger, Eingesessenen und ihre Handelsgesellschafter in den Elbstädten oder Elbuferlandschaften gekauftes Korn nach Hamburg bringen 3 ). F. R ö r i g , Hansische Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft, Nr. 12, 1928, S. 162f. 2 ) S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse, a. a. O., S. 43 u. 46. *) Ebendort, S. 48.

Beginnende Stapel- und Territorialpolitik

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Neben diesen unmittelbar wirtschaftspolitischen Maßnahmen laufen Bestrebungen einher, die Elbposition durch Besitzerwerb zu stärken und damit mittelbar den eigenen Handel zu fördern. Schwierigkeiten bereitete die deilaartig sich verzweigende Elbmündung mit ihren vielen heute nicht mehr vorhandenen Wasserarmen. Bereits im 13. Jahrhundert war von den Herzögen von Sachsen das Recht zur Errichtung einer Feuerbake auf der Insel Neuwerk erworben worden, die samt Ritzebüttel und der Insel Scharhörn die Niederelbe abriegelte. 1309 errichteten die Hamburger dort einen Schutzturm gegen Wassers- und Feindesgefahr, zu dessen Unterhaltung seither der ,,Wcrkzoll' erhoben wurde. 1394 ergriff Hamburg dann vom Schloß Ritzebüttel Besitz. Noch näher mit der Stapelpolitik hingen die Bestrebungen zusammen, auf den in südlich ausgebuchtetem Bogen die Stadt meidenden Stromzweig, die Süderelbe, Einfluß zu gewinnen, die Schiffahrt der Norderelbe zu sichern. Schon 1328 hatte die Stadt von Grafen Adolf VII. erwirkt, daß die Norderelbe nicht durch einen Damm abgeleitet werden dürfe. 1375 nahm Hamburg durch Erwerbung des Glindesmoors und Eroberung der Moorburg auf die Süderelbe Einfluß. Hamburgische Auslieger auf der Elbe und vor ihrer Mündung sollten teils die Seeräuber fernhalten, teils die unberechtigte Ausfuhr und die Umfahrt verhindern. Diese wurde mit der Zeit immer mehr betrieben, da das Binnenland in den schweren Jahren des ausgehenden Mittelalters die Hamburger Zölle vermeiden und direkt exportieren wollte. Straßenverträge und weitere Befestigungen sicherten den hamburgischen Besitz. 5. H a m b u r g in K a r l s IV. P l ä n e n . Wenn auch ein Anfang zu einer zielbewußten Politik der „Schlüsselstellung" 1 ) gemacht war, so darf der lokale Charakter des Getreidestapels, die lokale Beschränkung der hamburgischen Einflußsphäre nicht übersehen werden. Noch war der Elbverkehr vielfach unzusammenhängend und jedenfalls wesentlich geringer als der Verkehr auf dem Rhein. Zwischen Hamburg und Magdeburg schob sich bis weit ins 16. Jahrhundert hinein Lüneburg mit seinen Ansprüchen auf Ausübung von Stapel- und Niederlagsrechten, auf Benützung der Landstraßen im Durchgangsverkehr, auf ausschließliche Verfrachtung lüneburgischen Salzes im Elbverkehr. Der Verkehr Hamburgs mit Böhmen hielt sich in recht engen Grenzen. Erstaunlich genug, daß in dieser Zeit ein deutscher Kaiser aus luxemburgischem Hause der Elbverbindung eine bedeutsame, wenn auch im ganzen noch nicht völlig klare Rolle in seinen Plänen zuwies 2 ). 1 ) Die Bezeichnung soll ausdrücken, daß der Mündungsplatz seine Stellung so auszubauen versuchte, daß sie wie ein Schlüssel zur Öffnung und Schließung des Stromes und damit zur Gewaltausübung über ihn zu benutzen war. 2 ) R e i n c k e , „Machtpolitik und Weltwirtschaftspolitik Kaiser Karls IV." Hansische

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Hamburg in Karl IV. Plänen

E s war Karl IV. Zu Böhmen und Mähren erwarb er einen großen Teil der Oberpfalz hinzu, der ihm eine beherrschende Stellung am Handelsweg Nürnberg-Frankfurt sicherte. Den Rest von Schlesien eignete er sich durch Heirat an. Nun griff er mit seiner Politik in die mittleren Elblande hinüber, wo er sich Sachsen und Mecklenburg und besonders eng das Erzbistum Magdeburg verpflichtete, die Lausitz und die Mark Brandenburg in seinen Besitz brachte. Im Süden verband er sich 1364 eng mit dem Haus Habsburg, im Osten verschaffte er seinem Haus Anwartschaft auf Ungarn. Jetzt trat Karl mit wirtschaftspolitischen Plänen hervor: Die Südstraße wollte er von Italien, ferner den östlichen Donauverkehr von Ungarn über Prag hinüber auf die Elbe lenken und sie bei Hamburg in die OstWeststraße nach Brügge einmünden lassen. Gleichzeitig schickte er Gesandtschaften nach Venedig und Hamburg. In seinen zwei Schreiben an die Hamburger ordnete er die Errichtung einer Messe und einen ewigen Jahrmarkt an. Die Messe sollte drei Wochen um Pfingsten dauern, die üblichen Freiheiten genießen und ebenso wie die Fahrt dahin unter dem Königsfrieden stehen. — In der folgenden Zeit betrieb Kiirl mit größtem Eifer die Verwirklichung seines Planes, für den er in Venedig zunächst Interesse gefunden hat: er sandte längere Zeit einen kaiserlichen Agenten nach Hamburg, von wo aus die weitere Propagierung der internationalen Messe in die Wege geleitet wird; er errichtete an der Strecke Kaufhäuser, ging an den Bau einer Flußschifflotte und nahm die Kanalisierung der Strecke zwischen Moldauknie und Donau in Angriff. Doch dann versinkt plötzlich das ganze leuchtende Gedankenschloß in der Tiefe. Zweifellos hatte Magdeburg alles dagegen getan, was es konnte, weil es sein Elbstapelrecht gefährdet sah. Auch Dresden und die Anrainer des Donau-Moldaukanals leisteten Widerstand. Für Venedig erwies sich bei näherer Prüfung der von Karl vorgeschlagene Weg als großer Umweg. Die Hamburger wollten keinen Fremdhandel am Platze. Alles in allem scheiterte der Plan an den alten Gewohnheiten und der Handelspolitik der Städte. Die tatsächlichen Erfolge der eben beschriebenen Wirtschaftspolitik Karls für Hamburg sind schwer nachzuweisen. Ein besonders reger Verkehr mit Böhmen hat sich auch in der Folgezeit nicht entwickelt. R e i n c k e vermutet ohne sichern Anhaltspunkt, daß der 1391 bis 1398 gebaute, Lauenburg mit Lübeck verbindende Stecknitzkanal auf Karls Anregungen zurückgehe. Diese Wasserstraße war später vor allem für die Salzfahrt zwischen Lübeck und Lüneburg wichtig, doch war sie für einen wirklich bedeutenden Verkehr nicht geeignet 1 ). Geschichtsblätter, 49. Jahrgang 1924, S. 78 ff. — Derselbe „Kaiser Karl IV. und Hamburg", Hamburger Nachrichten vom 10. September 1922. An ihn lehnt sich die folgende Darstellung im wesentlichen an. Die von ihm gewählte Bezeichnung „Weltwirtschaftspolitik Karls I V . " ist wohl etwas kühn. !) B a a s c h , „Die Handelskammer zu Hamburg 1665—1915", Band I, 1665—1814, Hamburg 1915, S. 559.

Geistesleben und soziologische Schichtung

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6. K u l t u r und P o l i t i k g e g e n J a h r h u n d e r t e n d e . Nach Karls Tode 1378 erlitt sein Werk völligen Abbruch, teils durch die Erbteilung, in höherem Maße durch die spätere Verselbständigung Brandenburgs unter den Hohenzollern und Österreichs unter den Habsburgern. Prag -wurde immer mehr in den Bereich des oberdeutschen Wirtschaftslebens gezogen. Die Hamburger schafften bereits 1383 „zum Vorteil der Bürger" die Pfingstmesse wieder ab. Nur die kulturelle Verbindung zwischen Hamburg und Böhmen erwies sich nach Karls Zeit als wirksam 1 ). Zur selben Zeit, wo Prags Kunst und Wissenschaft unter Karl emporblühte und französische und italienische Einflüsse neben den vorherrschenden deutschen in sich aufnahmen, brachte um 1367 Meister Bertram von Minden die Prager Hofkunst unter Wahrung seiner künstlerischen Selbständigkeit nach Hamburg 2 ). Auch die Gewerbe blühten damals in Hamburg empor, die Zahl der Meister nahm stark zu. Die Kaufmannschaft schloß sich in Gesellschaften zusammen, deren wichtigste die Flandern-, Englands- und Schonenfahrer waren. Jeder Bürger gehörte wie stets im Mittelalter einer oder mehreren Brüderschaften an, die das sozietär-kirchliche Gegenstück der beruflichen Gilden und mit diesen oft geradezu verschmolzen waren. Einen besonders angesehenen Rang nahmen die in einer societas zusammengeschlossenen Wandschneider ein 3 ). Ein offensichtlicher Gegensatz bestand im 14. Jahrhundert zwischen den Vertretern von Handel und Gewerbe. Der gewaltsame Versuch der Ämter im Jahre 1375, die Vermögenssteuer von ihren Mitgliedern abzuwälzen und sich bürgerschaftliche Macht gegenüber dem Rat anzueignen, scheiterte am Widerstand der Kaufleute und der von diesen abhängigen Zünfte. Bald schloß sich der Rat exklusiver als bisher ab 4 ) und trieb dadurch offenbar die Kaufmannschaft in die bürgerschaft1 ) Trotz dieser kulturellen Blüte ist die Auffassung L i c h t w a r k s , als sei Hamburg und nicht Lübeck das Zentrum der norddeutschen Kunst gewesen, irrig. 2 ) Besonders ausführlich dargestellt bei R e i n c k e „Beiträge zur mittelalterlichen Malerei in Hamburg" Zeitschrift für Hamb. Geschichte, Band X X I , 1916, S. 112ff. 3 ) F. R ö r i g , Hansischc Beiträge zur deutschen Wirtschaftsgeschichte,Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgescllschaft Nr. 12, 1928, hat die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Gcwandschnitts für das Lübeck des ausgehenden 14. Jahrhunderts untersucht. Seine Feststellung, daß der Gewandschnitt im 14. Jahrhundert nicht mehr als selbständiger Beruf, sondern als Tätigkeit neben andern ausgeübt worden sei, wird auch für Hamburg zutreffen. Das ändert aber nichts daran, daß die Wandschneider, auch wenn sie teilweise oder sogar überwiegend andere Funktionen ausübten, ihren früher eroberten sozialen Rang in und vermittels ihrer societas im 14. Jahrhundert weiterbehaupteten. Daß es auch in Hamburg um diese Zeit schon reine Tuchgroßhändler gegeben habe, die den Gewandschnitt nicht mehr ausübten, wie es R ö r i g für Lübeck nachweist, läßt sich nur vermuten. Besser spricht man mit H ä p k e , Wirtschaftsgeschichte, a. a. O., 2. Aufl., S. 97, in diesem Fall von Ganzverkäufern, um nicht die Vorstellung von Großhändlern im neuzeitlichen Sinn aufkommen zu lassen. 4 ) Über diese allgemeine Erscheinung jener Zeit s. D a e n e l l , Die Blütezeit der Deutschen Hanse, a. a. O. II, S. 500 ff.

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Kultur und Politik gegen Jahrhundertende

liehe Opposition hinein. Wenigstens zeigt sich im 15. Jahrhundert verschiedentlich eine politische Verbindung zwischen Kaufleuton und Handwerkern gegen eine unbeschränkte Ratsgcwalt. Möglich auch, daß die immer -wachsenden öffentlichen Lasten bei den in mittelmäßigem Wohlstand lebenden Wirtschaftsschichten den Wunsch hervorriefen, an der Erhebung und Verwendung der Gelder mitzuwirken und überhaupt eine stärkere Kontrolle gegenüber dem R a t auszuüben. Geld kostete der Aufkauf der Vogtei 1394, kostspielig war auch die schon erwähnte Eroberung Ritzebüttels im Bund mit den Wurstfriesen, der Erwerb größerer Landstrecken, die Errichtung neuer Kirchen. Ferner zeigt sich Hamburg im ausgehenden 14. Jahrhundert an zahlreichen Hanseaktionen aktiv beteiligt. Tatkräftig griff die Hanse in die verwirrten flandrischen Verhältnisse ein, wo sich ihr Philipp von Burgund feindlich zeigte. 1388 wurde der Stapel von Brügge nach Dortrecht verlegt. 1391 kam es aber in Hamburg auf einem Hansetag zur Einigung, die den Hansen die volle Bestätigung ihrer alten Privilegien und Entschädigungen brachte. 1392 stand Hamburg mit an der Spitze, als die hansischen Kaufleute in feierlichem Zug von Dortrecht nach Brügge zurückgeführt wurden. Der vorübergehende Verlust der holländischen Privilegien ließ sich bei dieser Aktion nicht vermeiden 1 ). Der Politik Lübecks, der sich Hamburg auch in dieser Zeit noch immer eng anschloß, schien Brügge als der Brückenpfeiler im West-Ostzug unersetzlich. Die bunten Bilder des 14. Jahrhunderts schließen mit dem Kampf Hamburgs gegen die Vitalienbrüder. Der sagenumsponnene Seeräuber Klaus Störtebecker fiel 1400 unter dem Hamburger Richtbeil.

Zweiter Abschnitt: Hamburgs Territorial- und Stapelpolitik im 15. Jahrhundert. 1. H a m b u r g i n d e r h a n s i s c h e n P o l i t i k b i s g e g e n 1441. Um das J a h r 1400 befand sich die Hanse im Kriegszustand mit Holland. Den unmittelbaren Anlaß bildete das Eingreifen Hamburgs in Friesland, über das Herzog Albrecht von Holland seine Macht auszudehnen trachtete. Albrecht bediente sich der Vitalienbrüder, die von Bremen und Hamburg trotz wiederholter Niederlagen nicht ausgerottet waren und unter den verschiedenen friesischen Häuptlingen weiter eine ernste Gefahr für den Handel bildeten 2 ). Die kriegerischen Verwicklungen zwischen den Hansen und Holland wurden 1403 mit Handelsvorteilen für Hamburg beendet. a)

D a e n e l l , ebendort, S. 87. N i r r n h e i m , „Hamburg und Ostfriesland in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts", Dissertation, Straßburg i. Eis. 1890, S. 18. 2)

Unruhen und Kriege im beginnenden 15. J a h r h u n d e r t

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Auch im Verhältnis zu England ergaben sich Schwierigkeiten. Seit Mitte des 14. J a h r hunderts entwickelte der englische Handel größere Selbständigkeit und drang in der Ostsee vor, wo er mit dem Ordensland anknüpfte. Zudem h a t t e England seit Ende des J a h r hunderts eine eigene Tuchindustrie und einen steigenden Tuchexport. Die englischen Kaufleute verlangten jetzt Aufnahme in die Hanse und suchten sich, da diese verweigert ward, gegen die große Übermacht der Hansen durch Kapereien zu wehren. 1407 wurde im Haag ein Ausgleich geschaffen, der nicht alle Wünsche der Hansestädte erfüllte, aber doch ihre Privilegien unangetastet ließ. In dieser und der nächsten Zeit wurde Lübeck durch innerpolitische Wirren schwer behindert. Einige Jahre erhielt Hamburg hierdurch ein vermehrtes Gewicht. Mit Energie und Erfolg übernahm es die Führung im neuen Kampf gegen die Vitalienbrüder 1 ). Trotz großer Aufwendungen gelang auch jetzt keine völlige Befriedung, da die friesischen Häuptlinge im Streit untereinander und gegen Holland den Vitalienbrüdern Schutz gewährten. Seit 1410 wurde auch Hamburg durch innere Unruhen gelähmt. Die Bürgerschaft wühlte 15 Männer aus jedem Kirchspiel, die sogen. Sechziger, auf die nun laut Vereinbarung mit dem Rat, wichtige politische Befugnisse übergingen. Mit dem Aufbau der bürgerschaftlichen Gewalt auf den Kirchspielen waren die Kaufleute einverstanden. Neue bürgerliche Elemente zogen in den Rat ein und entfalteten dort eine starke Initiative. Kaiser Ruprecht hatte über Lübeck die Reichsacht verhängt, Kaiser Sicgmund t a t trotz vieler Drohungen nichts Entschiedenes 2 ) Doch herrschte in der Hanse Unsicherheit und Verwirrung, und dies in einer Zeit, wo im Osten das Ordensland den Angriffen des Polenkönigs unterlag. Wenn auch das Verhältnis zwischen der Hanse und dem Ordensland keineswegs sehr befriedigend gewesen war, so schadete die rasche Unterwerfung der Städte. Der englisch-französischc Krieg ließ bei allen Nationen den Seeraub immer neu aufleben. König Sigmund erwies sich nicht als der kräftige Schirmherr des Handels, f ü r den man ihn gehalten hatte. Er fand in der Hanse weder eine Goldgrube, noch ein politisch gefügiges Werkzeug. 3 ) Lübeck wurde nach Wiedereinsetzung des alten Rates durch den Kaiser und mehrere Hansestädte 1416 wieder der Hort des konservativen Geistes in der Hanse. Es brachte ihn zur Anwendung, als auch Bremen einige Jahre später eine demokratische Revolution erlebte. Ebenso mußte Hamburg unter dem Druck der Hanse die Verfassungsreform von 1410 wieder aufgeben. In Bremen und Hamburg t r a t aber trotz der Niederlage des demokratischen Elements keine so völlige Reaktion ein wie in Lübeck 4 ). Die nächste Zeit ist erfüllt von Kriegen gegen Dänemark, das in der Calmarer Union die beherrschende Macht des Nordens geworden war. Der Wettstreit der dänischen Krone mit den Schauenburgern um das Regiment in Schleswig führte zum Kampf mit den Städten. Der Hamburger R a t unterstützte die „Holstenherren" und legte viel Gewicht darauf, daß es aus freien Stücken geschah. Der hansische Verband war längst nicht so stark wie im Krieg gegen Waldemar Attertag. 1427 gerieten die hamburgischen Schiffe vor Kopenhagen auf Grund. Der Ratsherr Johann Kietze mußte diesen Fehlschlag mit seinem Kopf büßen. 1429 begann der Dänenkönig Erich mit der Erhebung jenes Sundzolls, der in der hansischen und hamburgischen Geschichte fortan eine bedeutende Rolle spielt. Er ward auch nicht beseitigt, als im Frieden von Wordingborg 1435 die Hansestädte ihre alte Stellung zurückerlangten. Schleswig war f ü r Dänemark verloren, wenn auch nicht formell endgültig an Holstein abgetreten; Schweden erhob sich gegen die Union 5 ).

*) N i r r n h e i m , Hamburg u. Ostfriesland a . a . O . , S. 30ff. 2 ) D a c n e l l , Die Blütezeit der Deutschen Hanse. I, S. 165ff. 3 ) Ebendort, S. 195. 4 ) Für Bremen s. W. von B i p p e n , Geschichte der Stadt Bremen, 1892, 1898 und 1904, I, S. 313 ff. 5 ) D a e n e l l , Die Blütezeit der Deutschen Hanse, a. a. O., I, S. 255f.

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Machtvolle Territorialpolitik und Rückschlag

Die beherrschende Rolle Dänemarks am Sund mußte die Hanse bei ihrem Verhältnis zu Holland in immer steigendem Maß in Rechnung stellen. Denn durch die Sundpassage drangen die Holländer ungehindert nach demOsten vor, wo sie sich zum Ankauf von Getreide an „ungewohnte", d. h. nichthansische Häfen wandten und das getreideliefernde Land gegenüber den Städten stärkten. Dänen und Holländer verbanden ihr Interesse gegen die Hanse. Holland und Seeland hatten an dem burgundischen Staat, dem sie seit 1428 angeschlossen waren, einen festen Rückhalt. — 1438 trat jedoch zugunsten der Hanse eine Wendung dadurch ein, daß der dänische Reichsrat den König Erich mit dem Einvernehmen der wendischen Städte absetzte und sich diesen durch Betätigung all ihrer Privilegien und durch eine Handelssperre gegen Holland und Seeland gefällig erwies. Hamburg und Lübeck ließen sich dies ein gutes Stück Geld kosten. Die Holländer führten aber einen geschickten Kaperkrieg und wußten sich im Waffenstillstand 1441 für 10 Jahre das Recht ungehinderten Durchgangsverkehrs auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu sichern. Damit war der erste Sperrversuch der Hanse gescheitert. 2. M a c h t v o l l e T e r r i t o r i a l p o l i t i k u n d

Rückschlag.

Hamburg fuhr im gleichen Zeitraum fort, seine geographisch günstige Lage zu einer Schlüsselstellung auszugestalten. In drei Richtungen wurde diese Politik fortgesetzt: Weitere Befestigung der Landbrücke nach Lübeck, die Beherrschung der Niederelbe und die Herrschaft über das friesische Küstenhinterland. Mögen auch die Motive mannigfaltig, die Zusammenhänge oft zufällig gewesen sein, so ist doch ein einheitlicher großer Zug in diesen Aktionen unverkennbar. Die Stadt fühlte sich kräftig. Ihre Finanzen zeigten große Fortschritte. Mit Lübeck zusammen wurden 1420 Bergedorf und Riepenburg, die Vierlande und der Sachsenwald erobert, wobei auch der Zoll zu Eßlingen bei dem seit 1460 sogen. Tollenspieker in hamburgischen Besitz kam. Beide Städte errichteten im neuen Gebiet ein Condominium. Gemeinsam gingen auch beide 1422 gegen bewaffnete Räuberhorden an der ElbeTravestraße vor. In anderer Richtung führte seit 1433 der erneute Kampf gegen die in Ostfricsland festgenisteten Seeräuber und deren Beschützer 1 ). 1425 hatte der Häuptling Focko den Erzbischof von Bremen besiegt und gefangen, bald darauf sich durch einen Sieg über seinen friesischen Hauptgegner Ocko zum Herrn von ganz Ostfriesland gemacht. Doch seine harte Herrschaft rächte sich. Seine eigenen Gemeinden schlössen sich unter Edzard aus dem Hause Cirksena gegen ihn zusammen, während er sich selbst 1430 bei einem Zug gegen Bremen eine ernste Schlappe holte. Focko mußte fliehen. Von seiner Gefolgschaft war noch Propst Imel in der Stadt Emden niederzuzwingen. Gegen ihn gewann Edzard die Hilfe Hamburgs. Nach einem kleineren Vorstoß mit Bremen zusammen im J a h r e 1432 richtete Hamburg 1433 seine entscheidenden Angriffe gegen Emden und die Sibetsburg, 1)

Das folgende nach N i r r n h e i m , Hamburg u. Ostfriesland, a. a. O., S. 5 5 f f .

Eroberungen u n d E n t t ä u s c h u n g e n in Ostfriesland

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die es nacheinander eroberte. Die erheblichen Kosten wurden z. T . auf die Kirchspiele repartiert, nachträglich aber v o n der Hanse eingefordert. Anscheinend gegen die vorher d e n Friesen gegebenen Versprechungen behielten die H a m b u r g e r das Land, wo mit der H e r r s c h a f t der Häuptlinge immer wieder schlechte E r f a h r u n g e n gemacht worden waren. E m d e n sollte f ü r H a m b u r g ein Handelsstützpunkt werden 1 ). Zugleich war die Küste eine geeignete Basis f ü r eventuelle kriegerische Unternehmungen im Westen. Die S t a d t Groningen war hiervon wenig e r b a u t , doch k a m m i t ihr ein Waffenstillstand zustande. Als H a m b u r g e r A m t m a n n in E m d e n blieb Detlef Bremer zurück. Edzard unterstellte sich den H a m b u r g e r n , die im Land starke Befestigungen anlegten und es sich gemeinsam mit ihm Untertan machten. Ein Versuch Bremens, seine Stellung an der J a d e zu festigen, u m H a m b u r g an der Ems nicht einseitig zu stark werden zu lassen, mißlang. 2 ) Doch Groningen blieb feindlich, und ebenso stellten sich der Bischof von Münster u n d Philipp der Gute von Burgund als Herr v o n Holland gegen H a m b u r g . Zudem h a t t e dieses seine finanziellen K r ä f t e und die hansische Beihilfe überschätzt. I m Krieg mit Holland m u ß t e es E m d e n dem ihm befreundeten Edzard u n d dessen Bruder Ulrich überlassen, die es jedoch auf Verlangen jederzeit zurückgeben sollten. Edzard behauptete sich gegen seine östlicher wohnenden friesischen Feinde, wobei ihm 1441 die Hamburger Hilfe leisteten. Nach seinem Tod befestigte sich Ulrichs Herrschaft. Gegen ihn suchte H a m b u r g Unterstützung bei den anderen Hansestädten, da es wohl einsah, daß E m d e n ihm sonst verloren wäre. Sie wurde ihm zugesagt, aber nicht gewährt. Wahrscheinlich glaubte m a n , daß der Erfolg in erster Linie H a m b u r g zugute komme, während dieses die endgültige Ausrottung der Seeräuber als ein gemeinsames Interesse hinstellte. Nach mehreren Niederlagen durch Ulrich, dem ein immer stärkerer Anhang zuwuchs, wurde Ostfriesland 1453 aufgegeben.

Zugleich scheiterten andere große Pläne: Die Zudämmung der Goseund Dove-Elbe und die Umschließung aller oberelbischen Marschen durch ein großes gemeinsames Deichband, die Verbindung von Alster und Trave, die Bezeichnung des Elbwassers durch Tonnen und Baken. 3 ) Der Grund dieses Rückschlags war die finanzielle Überlastung der Bürger und die Uberfüllung der Ämter. Die Territorialpolitik, die Kämpfe mit den Fürsten und gegen die Seeräuber waren äußerst kostspielig. Auch zu Reichspflichten sah sich Hamburg herangezogen. 1430 mußte es ein Kontingent zum Hussitenfeldzug stellen, das aber nicht zum Kampf kam. Die Beute bei den Kriegszügen konnte in den wenigsten Fällen die Unkosten decken, die sich im Durchschnitt des 15. Jahrhunderts jährlich auf 2000 ® beliefen 4 ). Trotz Schoß, Erbschaftssteuer, Werkzoll, Eßlinger Zoll, dem wiederholt erhobenen Pfundzoll, Akzisen und sonstigen Abgaben stiegen seit 1430 die Schulden der Stadt ununterbrochen. Im Gegensatz zu den italienischen und oberdeutschen Städten hatte Hamburg das Rentenkapital nie bevorzugt. Allerdings gab es auch in Hamburg reiche Rentenbesitzer. So hatte Vicko von Geldersen 1390 ' ) N i r r n h e i m , cbendort, S. 79. 2 ) v o n B i p p e n , Geschichte der S t a d t Bremen, a. a. O., I , S. 325ff. 3 ) R e i n c k e , „ H a m b u r g , ein kurzer Abriß der Stadtgeschichte v o n den Anfängen bis zur Gegenwart", Friesen-Verlag, Bremen 1925, S. 29. *) H . P o t h o f f „ D e r öffentliche Haushalt H a m b u r g s im 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t " , Zeitschrift f ü r H a m b u r g s Geschichte, Band X X X I . 3

Wisltemann.

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Endgültige Begründung des Stapelrechts

allein 2400 H> in Renten angelegtes Vermögen. Aber das waren doch nur Ausnahmen. Die Tendenz des Bürgertums war dem Kapital nicht günstig. Gleichmäßiger Wohlstand, gleichmäßige Teilnahme an den Lasten, nicht Reichtum weniger war das Ziel. Gegen den beginnenden Kapitalismus richtete sich die 1410 einsetzende strenge Zunftpolitik im Braugewerbe. Kein Bürger sollte mehr brauen als der andere. In den Ämtern machte sich jetzt überhaupt eine scharfe Reaktion gegen die frühere Freiheit bemerkbar. Ein besonders krasses Beispiel sind die Böttcher, die von 1370 bis 1387 allein 184 Meister neu eingetragen hatten. 1437 wurde ein numerus clausus von 200 Meistern geschaffen, 1458 wurde er auf 150 herabgesetzt 1 ). Zugleich trat jetzt eine ausgesprochene Fremdenfeindlichkeit hervor. Wechselnd war die Kraft des Bürgertums gegenüber dem R a t . Der aufgehobene Rezeß von 1410 wurde 1458 und 1483 wiederhergestellt. 3. E n d g ü l t i g e B e g r ü n d u n g d e s

Stapelrechts.

Nicht ohne Zusammenhang mit den sonstigen einengenden Tendenzen auf wirtschaftpolitischem Gebiet stand die Getreidestapelpolitik, die nach den Anfängen im 14. Jahrhundert jetzt für 200 Jahre feste Formen annahm. Schärfer als bisher gerieten der mittelalterliche Versorgungsgedankc und das kapitalistische Exportstreben in Gegensatz zueinander. Wie andere große Mündungsstädte begann sich Hamburg zu größerer Macht aufzuschwingen. Ein wirksames Stapelrecht war so lange unmöglich, wie die Lüneburger und andere elbaufwärts wohnende Kaufleute die Süderelbe zur Umgehung benützten. Die erwähnte Einflußnahme auf die Süderelbe durch Erwerbung des Glindesmoors und der Moorburg 1375, der B a u der Moorburg 1390, der Erwerb des Ochsen- und Moorwärders 1395, die Eroberung der Vicrlande 1420, die verschiedensten wasserbaulichen Maßnahmen zur Stärkung des norderelbischen Flußlaufs hatten Hamburgs Stellung befestigt, aber nicht das Kernübel beseitigt. 1412 erhielt Hamburg den Beistand der holsteinisch-schauenburgischen Grafen bei seinen Versuchen, die Süderelbe auszuschalten 2 ). 1417 dagegen verbot Kaiser Sigmund den Hamburgern, die Lüneburger bei ihrer Fahrt nach Stade zur Benutzung der Norderelbe zu zwingen. E s entwickelte sich in der Folgezeit ein hartnäckiger, jahrhundertelanger Kampf mit dem Hause BraunschweigLüneburg 3 ). Tatsächlich setzten sich die Hamburger dennoch durch. 1435 und 1447 wurde eine Stapelzwang für alle von Gästen eingebrachten Güter erreicht. Dies lag zugleich im Sinn eines hansischen Statuts von 1417, demzufolge das stromabwärts gebrachte deutsche Getreide nur von Hansestädten aus verladen werden sollte. T r e u t l e r , Hamburgs Handelsverkehr, a. a. O., S. 349. ) S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse, a. a. O., S. 45. 3 ) Näheres s. B a a s c h , „Der Kampf des Hauses Braunschweig-Lüneburg mit Hamburg um die Elbe vom 16.—18. Jahrhundert", 1905. 2

Christian I., das Stapelrecht und die „Annehmung"

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Um 1450 war der Stapclzwang für Getreide in Hamburg faktisch durchgeführt. Bald darauf begannen Bestrebungen zur Errichtung eines Holzstapels. 1480 verlieh Christian I. von Dänemark als Landesherr 1 ) der Stadt Hamburg zum Lohn für geleistete oder noch zu leistende Dienste auf ewige Zeiten das Recht, daß niemand Korn, Roggen, Weizen, Gerste, Mehl, Wein und Bier elbabwärts an Hamburg vorbeiführen dürfte 2 ). 1482 verbriefte Kaiser Friedrich III. im Widerspruch mit Sigmund und ohne das Privileg Christians I. zu erwähnen, daß es ein uraltes Herkommen sei, keines der eben genannten Güter an Hamburg herbeizuführen, — eine Entscheidung, bei der sich Lüneburg nicht beruhigte, die aber im 16. Jahrhundert wiederholt von anderen Kaisern bestätigt wurde. 1487 verbürgten sich Hamburg, Bremen, Stade und Buxtehude gegenseitig den Stapelzwang für Getreide3). Hamburgs außerordentlich geschickte Politik, die den Kaiser und den Dänenkönig für das Stapelrecht mit den verschiedensten Argumenten unter kluger Berücksichtigung der persönlichen Interessen zu erwärmen wußte 4 ), hatte einen großen Erfolg davongetragen. Zur wirksameren Durchführung des Stapelrechts an der Niederelbe pachtete Hamburg die beiden kornreichsten Gegenden dieses Stromteils: die Lande Hadeln und Steinburg. Nur rittermäßige Holsten durften das Getreide exportieren. Doch wurde der Besitz beider Gebiete in den 80er Jahren wieder aufgegeben. 4. Der K ö n i g v o n D ä n e m a r k H e r r in H o l s t e i n . In außenpolitischer Beziehung hat 1459 das Aussterben der Schauenburgischen Linie für Hamburg jahrhundertelange Bedeutung gewonnen. Gegen den Wunsch Lübecks und Hamburgs, die sich für die Pinneberger Nebenlinie einsetzten, wählten die Landstände zum Herrn von Holstein den Dänenkönig Christian I. Bei den Beratungen hierüber war die Stadt zunächst zugezogen, später aber wieder ausgeschlossen, da sie merkten, „daß es mit Hamburg eine andere Gelegenheit als mit anderen Landständen habe" 5 ). Christian verlangte die Huldigung, aber Hamburg weigerte sie und fand auf Vorschlag Detlef Bremers einen Ersatz in der sogen. „Annehmung" die nach späterer hamburgischer Interpretation nichts anderes sein sollte als „ein Bekäntniß, daß Hamburg Gliedmaß des Landes zu Holstein und 1)

S. den folgenden Abschnitt 4. T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr, a. a. O., S. 358. Christian datierte das Privileg gleichzeitig auf 1465 zurück, s. W i e s k e , Der Elbhandel und die Elbhandelspolitik, a. a. O., S. 149 f. 3 ) B a a s c h , Der Kampf des Hauses Braunschweig-Lüneburg, a. a. O., S. 2. 4 ) T r e u t i e r , Hamburgs Handelsverkehr, a. a. O., S. 358. 5 ) Hamburger Streitschrift: „Was es mit des Königs Christian IV. Proceduren und dessen praetendirter Herrschaft für eine Bewandtniß habe", Hamburg, Anfang des 17. Jahrhunderts. 3* 2)

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Der König von Dänemark Herr in Holstein

Stormarn sei, und Gelübde, daß sie (die Hamburger) zu dem Könige und seinen Conhorten als Fürsten zu Holstein und Stormarn sich halten und halten wollten in allen gebührlichen Sachen, als sich ihre Vorfahren zu der holsteinischen Herrschaft gehalten haben, mit Vorbehalt ihrer Privilegien"1). Hamburg verpflichtete sich ferner nicht ohne weiteres, den Erben Christians I. anzuerkennen, sondern machte dies von der Zustimmung des Rats und der Landstände abhängig. Zugleich setzte die Stadt die Anerkennung ihrer alten Privilegien durch. Mehr erstrebte Hamburg nicht. Insbesondere hatte und begehrte es nicht den Charakter einer reichsfreien Stadt, wenn es auch 1421 zum ersten Mal auf dem Reichstag in Nürnberg vertreten war2) und seit 1438 seine eigene Vertretung am kaiserlichen Hof unterhielt. Die kaiserliche Huld war ein unsicherer politischer Aktivposten. Und weder das Reich noch die Landesfürsten und Territorien hatten ein Interesse an dem weiteren Erstarken der Städte 3 ). So gaben auch die dänischen Könige den Versuch nicht auf, Hamburg zur Erbhuldigung zu zwingen. Die Stadt wehrte sich aber standhaft. Während die Landstände 1482 den Söhnen Christians I. huldigten, weigerte sie sich auch diesmal. 200 Mitglieder der Bürgerschaft hatte der Rat sich adjungiert, die erklärten, daß sie niemals huldigen und hierfür mit Gut und Blut einstehen wollten. Schwieriger als zwischen anderen Städten und Territorialfürsten war das Verhältnis, weil hier der Landesherr zugleich König von Dänemark war. Und wenn auch Hamburg, besonders in der Folgezeit, bei ihm streng zwischen der Eigenschaft als Herzog von Holstein und als König von Dänemark schied, so war das Doppelverhältnis doch ungünstig. Das sollte sich aber erst in der Zukunft zeigen. Zunächst übten die Dänenkönige über Hamburg eine milde Oberherrschaft aus. Die Stadt begann sich jetzt bei Kaiser und Reich sogar ausdrücklich darauf zu berufen, daß sie zu Holstein gehöre, während sie sich andererseits dem Landesherrn gegenüber auf ihre Privilegien stützte. Im 15. Jahrhundert kam es zwischen Dänemark und den Hansestädten zu keinem offenen Konflikt mehr. Die Calmarer Union verfiel der Auflösung. Dänemarks Machtfülle war dadurch geschmälert. Wenngleich das damalige Verhältnis Dänemarks und der Hanse, speziell Lübecks schwer auf eine Formel zu bringen ist4), so waren doch Konfliktsmöglichkeiten vorhanden. Eine starke Oberherrschaft Dänemarks über SchleswigHolstein konnte von der lübischen Handelspolitik nicht ruhig hingenommen ') Hamburger Streitschrift. 2 ) B a l l h e i m e r , Zeittafeln, a. a. O., IV, Seite 8. Kaiser Sigmund verlieh Hamburg das ius de non evocando. 1435 erhielt die Stadt das Recht, eigene Goldmünzen zu prägen. 3 ) S c h ä f e r , „Die Deutsche Hanse" in Monographien zur Weltgeschichte, Velhagen und Klasing, 3. Aufl. 1925, S. 94 ff. 4 ) S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse, a. a. O.

Der Aufschwung Holland-Seelands

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werden. Vor allem aber mußte Lübecks Politik darauf abzielen, nötigenfalls durch einen Druck auf Dänemark die Sundpassage in die Gewalt zu bekommen, um auf diese Weise die immer lästigeren Holländer in Schranken zu halten. Seit 1490 läßt sich eine deutlich wachsende Verfeindung zwischen Lübeck und Dänemark wahrnehmen. 5. A u ß e n - u n d I n n e n p o l i t i k in d e r z w e i t e n J a h r h u n d e r t h ä l f t e . Im niederländischen Westen hatten sich große Umwälzungen vollzogen. Zunächst war 1428 eine gewisse Stabilisierung der sehr verwirrten Verhältnisse dadurch eingetreten, daß Philipp der Gute von Burgund Holland-Seeland an sein südniederländisches Reich gezogen hatte. Dann hatte Karl der Kühne die gesamten Niederlande, die noch ein buntes Gemisch von Städten und fürstlichen Herrschaften bildeten, zusammengefaßt. Nach seinem Tod fielen sie an Maria und Maximilian, abgesehen von Geldern, das in eine Feindschaft gegen Burgund hineingetrieben wurde, durch das es seine Selbständigkeit dauernd bedroht fühlte 1 ). — Der Anschluß Holland-Seelands an Burgund, seine Aufnahme in einen Flächenstaat mit starker Beamten- und Militärverwaltung, schied das politische Leben und die Seefahrt der Friesen und Holländer von der deutschen und leitete den Entfremdungsprozeß des deutschen Staates vom Meer ein 2 ). Wirtschaftlich war im gleichen Zeitraum durch die Abwanderung des Handels von Brügge nach Antwerpen und die Entwicklung Amsterdams eine Umwälzung eingetreten. Die Beziehung zwischen Brügge und der Hanse dauerte mit gewissen Ausnahmen noch an, doch hatte die deutsche Kaufmannschaft bereits 1409 ein dauerndes vertragliches Fundament für den Handel mit Antwerpen gewonnen 3 ). Die Scheidestadt mit ihren drei Vorhäfen Middelburg, Arnemuiden, ter Veere wurde jetzt Welthandelsstadt anstelle von Brügge. — In Antwerpen verfolgte Hamburg ebenso wie Köln ohne Rücksicht auf die Hanse seit Jahrhundertmitte seine Sonderzwecke 4 ). — Der Verkehr zwischen Hamburg und Amsterdam nahm dauernd zu, nicht nur durch den Bierhandel. Neben Danzig und Bremen wurde Hamburg schom im 15. Jahrhundert als Hauptlieferant von Korn genannt 5 ). Nördlich Amsterdams blühte in den Dörfern des Waterlands die Reederei auf, die an der Getreideschiffahrt guten Verdienst fand 6 ). J e mehr die Niederlande auf fremde Kornzufuhr angewiesen waren, S. u. S. 54. ) V o g e l , Geschichte der deutschen Seeschiffahrt, Berlin 1915, I, S. 335. 3 ) S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse, a. a. O., S. 83. 4 ) D a e n e l l , Blütezeit der Deutschen Hanse, a. a. O., II, S. 77. 5) J . M ü l l e r , „Handel und Verkehr Bremens im Mittelalter", Marburger Dissertation 1925, maschinenschriftl. Exemplar S. 99. 6 ) H ä p k e , Die Entstehung der Holländischen Wirtschaft, a. a. 0 . , S. 26: „Wenn irgendwo eine ökonomische Landschaft' höheren Stiles bestand, so ist es hier, wo Amsterdam 2

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Außen- und Innenpolitik in der zweiten Jahrhunderthälfte

desto stärker mußte sich der wirtschaftliche Expansionsdrang der Holländer nach der Ostsee bemerkbar machen. Die Entstehung immer zahlreicherer Ein- und Ausfuhrländer zeigt den Beginn der Weltwirtschaft an 1 ). In England wuchs der Unmut gegen die Hanse weiter. Ein äußerer Anlaß wurde dazu benutzt, um 1468 den Stalhof zu schließen. Doch waren die innerpolitischen Ereignisse in England für die Hanse günstig. 1474 gelang es ihr noch einmal im Frieden von Utrecht ihre Privilegien bestätigt zu erhalten. Köln hatte sich von der Einheitsfront der Städte ausgeschlossen und war verhanst worden. In diesen Auseinandersetzungen mit England trat der außerordentliche Machtzuwachs Danzigs hervor, das aus dem Niederbruch des Ordensstaates Gewinn gezogen hatte und nun auch im Westen eine immer stärkere Initiative entfaltete. In der Handelspolitik hatten sich dort ganz gleichartige Vorgänge vollzogen wie in Hamburg. 1435 hatte die Stadt ihre bis dahin freiheitliche Gästepolitik aufgegeben. Ohne wesentlichen Widerstand des Ordens hatte Danzig einen festen Stapel errichtet. Besonders kam ihm zustatten, daß es im preußischen Außenhandel schon immer einen beherrschenden Platz eingenommen hatte 2 ). Wie erwähnt, war das Emporkommen der strombeherrschenden Mündungsstädte, die Stärkung ihres Jus Emporii eine Zeiterscheinung, die Waither S t e i n im Zusammenhang geschildert und erklärt hat 3 ). Im Bund der preußischen Städte gegen den Orden hatte Danzig die Führung übernommen und 13 Jahre lang ungeheure Opfer gebracht, selbstverständlich nicht um Polens willen, sondern um seine eigene Selbständigkeit zu stärken 4 ). So gedieh es denn auch bald zu einer der größten Handelsstädte Europas. In Zukunft war in mehr als einer Hinsicht Danzig das östliche Hamburg. Seit den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts ist dann auch ein engeres Verhältnis beider Städte festzustellen. Wie im Westen in zunehmendem Maße Hamburg die Elblande, so beherrschte im Osten Danzig die Weichscllande, während dagegen Stettin und Frankfurt an der Oder sich das Leben gegenseitig erschwerten und infolgedessen niedergingen. Der Aufstieg der Mündungsstädte mußte Lübecks Stellung beeinträchtigen, das über kein nennenswertes Stromhinterland verfügte. Eine Umgruppierung aller Machtverhältnisse bahnte sich an. Hamburgs wachsende Verselbständigung läßt sich an einer ganzen Reihe von Vorgängen verfolgen. So emanzipierte es sich vor allem zu als Hafenemporium und die Schiffahrtstädtchcn.und -Dörfer des \\ aterlandes jene enge Verbindung miteinander eingegangen sind, die für Hollands Seefahrt so außerordentlich charakteristisch ist." Unter Ein- und Ausfuhrländern werden hier nach S o m b a r t solche verstanden, die auf Ein- und Ausfuhr notwendig angewiesen sind. 2 ) D a e n e l l , ebendort, II, S. 156. 3 ) S t e i n , Beiträge zur Geschichte der Deutschen Hanse, a. a. O. 4 ) E. K e y s e r , Danzigs Geschichte, Danzig 1921, S. 56.

Verselbständigung nach außen, wirtschaftliche Gegensätze im Innern

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Lübecks großem Verdruß gleich den Engländern von dem Kontor in Bergen, indem es sich am Fischhandel aus Island beteiligte und ihn sogar 1475 und 1476 auf städtische Kosten mit drei Schiffen betrieb 1 ). Die Islandfahrt, daneben die Fahrt zu den Shetlandinseln, alle zum Teil in Gemeinschaft mit Bremen, wurden jetzt blühende Zweige des Hamburger Handels; die alten Gesellschaften der Flandern-, England- und Schonenfahrer fanden ihr Gegenstück in den Islandfahrern. Ganz besonders in den nordwestlichen Gewässern und in Holland entfaltete Hamburg eine starke Initiative. Auch an der Baienfahrt, die den größeren Schiffen im Salz eine erwünschte Rückladung gab, war es seit dem 15. Jahrhundert beteiligt. Umfaßte die hansische Flotte zu Ende des Jahrhunderts etwa 500—1000 Schiffe, so gehörten Hamburg davon vielleicht 100 — 200. Doch war der Schiffstyp meist ziemlich klein 2 ). Die inneren Zustände Hamburgs waren weniger erfreulich. Die Bildung arbeitsloser, verarmender Bevölkerungsteile hielt bei der Beschränkung der Zünfte an. Der gleichmäßige Wohlstand begann infolgedessen seit Mitte des Jahrhunderts zu schwinden. Um so krampfhafter waren die Versuche, den alten Zustand wiederherzustellen und den Kapitalismus abzuwehren. Gegen den freien Getreidehandel erhoben sich kleinbürgerliche Widerstände, die in Notjahren besonders stark wurden. In dem unruhevollen Jahr 1458 erließ der Rat jenen Rezeß, der dem oberelbischen Getreidehandel den Weg über Hamburg vorschrieb und die Ausfuhrerlaubnis in die Hände des Rats legte. 1483 entstand eine Teuerung und in ihrer Folge ein Aufstand der kleinen Brauer und der Schiffszimmerleute gegen den Rat, der vorübergehend abgesetzt wurde. Man beschuldigte ihn, er dulde, daß von der Elbe kommendes Getreide ausgeführt werde, sorge nicht für genügende Vorräte und stecke mit einzelnen Bürgern unter einer Decke. Daraufhin wurde der Rezeß von 1458 verschärft und vor allem für den Kleinverkauf des Getreides an die Bürger gesorgt 3 ). — Wie gegenüber dem Rat, so traten auch gegenüber dem Domkapitel die Bürger mit Ansprüchen auf. Freie Pfarrerwahl und Gründung neuer deutscher Schulen, auch gegen den Willen der Kirche wurden gefordert 1 ). *) V o g e l , Deutsche Seeschiffahrt, a. a. O., S. 353ff., läßt es dahingestellt, ob dies als Beispiel eines städtischen Frühmerkantilismus anzusehen sei. — Die Spezialschrift B a a s c h s über die hamburgische Islandfahrt war dem Verf. nicht erreichbar. 2 ) B. H a g e d o r n , „Die Entwicklung der wichtigsten Schiffstypen bis ins 19. J a h r hundert", Abhandlungen zur Verkehrs- u. Seegeschichte, Berlin 1914, S. 19. 3 ) W . N a u d e , „Deutsche städtische Getreidehandelspolitik vom 15. bis 17. Jahrhundert mit besonderer Berücksichtigung Stettins und Hamburgs, Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen von G. Schmoller, Leipzig 1889, S. 41. *) R e i n c k e , Hamburg, a. a. 0 . , S. 36.

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Zusammenfassung. Hamburg an der Schwelle der Neuzeit

6. Z u s a m m e n f a s s u n g . H a m b u r g an der S c h w e l l e der N e u z e i t . An der Schwelle der Neuen Zeit stand Hamburg handelspolitisch zweifellos gestärkt, aber doch noch unter der hansischen Führerschaft Lübccks. Auf der Grundlage der großen Ost-Westlinic hatte Lübeck eine glänzende Politik geführt, die selbst der großen Schwierigkeiten in England noch einmal Herr geworden war und dort für weitere Jahrzehnte die alten Hanseprivilegien wiederhergestellt hatte. Doch drohten Wolken am Horizont der Hanse: die stärkste äußere Gefahr bildete Hollands Eindringen in die Ostsee, eine innere Gefahr erwuchs aus dem Erstarken Hamburgs und Danzigs mit ihren von der Hauptlinie abzweigenden Stromlinien. Auch Bremen, das ähnlich wie Hamburg, aber doch in großem Abstand von diesem nach Nordwesten und Westen eine eigene Initiative entfaltete und in der Hanse immer eine angesehene, aber doch abseitige Stellung eingenommen hat, war im 15. Jahrhundert emporgestiegen 1 ). Ein lebhafter Schiffbau und Schiffsverkehr wurde dort betrieben, Fisch- und Tuchhandel blühten, der Getreideexport kam immer mehr hinzu. Noch war der Elbverkehr mit dem Oberland durch Lüneburg weitgehend behindert; der rege Handel mit mitteldeutschen Städten, unter denen jetzt Leipzig als Verbindungsglied zwischen Nord und Süd neben dem alten Nürnberg erstarkte, spielte sich noch vorwiegend auf den Straßen ab. Nur Schwergüter befuhren in größeren Mengen den Fluß. Doch hatte Hamburg sich an der Niederelbe teils im beginnenden Kampf mit Braunschweig-Lüneburg um die Süderelbe, teils durch seine Stapelpolitik am Hauptstrom und durch territoriale Erwerbungen seine Herrschaft fest begründet. Die Methoden seiner Handelspolitik gehörten noch zum mittelalterlichen Linearsystem 2 ), ohne in irgendeiner Hinsicht originell zu sein. Die kombinative Raumpolitik Lübecks stützte sich auf die große Ost-Westlinie. Die Raumpolitik Karls IV. hatte sich nicht durchgesetzt. Doch begann sich nun langsam hier und da eine Raumpolitik der Territorien zu bilden 3 ). Erst, wo diese bewußt oder unbewußt die Gesamtproduktivkraft des Gebietes oder zum mindesten wesentliche volkswirtschaftliche Zweige zentral fördern wollte, kann sie merkantilistisch genannt werden 4 ). Im Reich selbst divergierten die wirtschaftlichen Kräfte von Nord und Süd, ohne daß seit Karl IV. bis zu Karl V. eine Zusammenfassung ernstlich versucht worden wäre. Freilich zeigt sich gerade an Hamburg, daß sich die Kaiser ihren Aufgaben als Schutzherren über Märkte und Straßen durch ihr Eigeninteresse und ihre Hausmachts*) J . M ü l l e r , Handel und Verkehr Bremens, a. a. 0., S. 117 des maschinenschr.Exemplars. 2 ) Siehe Einleitung S. 10. 3 ) G. S c h m o l l e r , Grundriß der allgemeinen Volkswirtschaftslehre, 1915, II, S. 668ff. 4 ) Siehe Einleitung S. 12.

Zusammenfassung. Hamburg an der Schwclle der Neuzeit

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politik nicht ganz entfremden ließen, sich sogar gelegentlich nachhaltig hierum kümmerten. Doch fehlte das Hinstreben auf bestimmte einheitliche Ziele. Maximilians I. Reichsreformen versprachen -wenigstens mittelbar eine Grundlage für eine festere Reichswirtschaftspolitik abzugeben. Reich und Hanse standen sich kühl gegenüber. Im Kampf zwischen deutschen Fürsten und Städten hatten die letzteren ihren Höhepunkt überschritten. Die Kraft der Städtebünde mußte darunter leiden, daß einzelne Städte nun alle andern weit überflügelten und ihre besonderen Interessen verfolgten. Hamburg selbst hatte den Rückschlag in seiner Territorialpolitik, der sich aus seiner Kapitalarmut ergab, schwer zu spüren bekommen. Der Verlust Ostfrieslands bedeutete den Verzicht auf weit ausgreifende Pläne, wenn auch Hamburg nebst Bremen für die Ostfriesen der bevorzugte Markt blieb. Die Kapitalarmut, die den norddeutschen Städten überhaupt gemeinsam war, unterschied Hamburg vor allem von den großen italienischen Handelsplätzen und gab ihm außen- und innenpolitisch ganz andere Probleme auf. Die kapitalistischen Zentren jenseits der Alpen hatten eine Standes- und Geldaristokratie, die aus eigenen Kräften die Außenpolitik führen und infolgedessen eine starke Herrschaft entfalten konnte 1 ). Die Deutschen waren viel ärmer. Dabei waren die Kriegsausgaben und die Kosten für den Schutz der Elbe und die Verhinderung der Umfahrt sehr hoch. Die Zölle, von denen 1459 Hamburg die Hälfte des Schauenburger Zolls hinzu erworben hatte, und zu denen ferner für Kriegslasten seit Ende des Jahrhunderts der mit Lübeck zusammen erhobene Rote Zoll hinzukam, reichten nicht aus. Die dauernd wachsenden städtischen Leihgelder konnten nur zum geringen Teil in Hamburg selbst aufgenommen werden. Etwas von der Herbststimmung der spätmittelalterlichen Zeit lag über dem Handwerk, das nicht mehr vorwärts gekommen war und nun in den einengenden Maßnahmen der Zunftpolitik seine Rettung suchte. Doch konnte man mit den alten Formen den alten Geist mittelalterlich-statischer, akapitalistischer Sozietät nicht retten. Im öffentlichen Leben konnten wie im gesamten Hansegebiet die Ämter ihre weitgehenden Ansprüche nur zum geringen Teil durchsetzen 2 ). Aber die handwerklich populäre Srömung war immerhin stark genug, die innere Politik Hamburgs weitgehend zu beeinflussen. Mißtrauen der Beherrschten gegen die Herrschenden ebenso wie umgekehrt war auch dem italienischen Städteleben nicht fremd, wie die vielen politischen Kontrollinstitutionen Venedigs zeigten. In dem engen Raum einer Stadt, in der einer den anderen überwachen konnte, E. F u e t e r , Geschichte des europäischen Staatensystems von 1449—1539, R. Oldenbourg 1919, S. 159: die Klasse der handeltreibenden Kaufleute, die von den Steuern vor allen getroffen wurde, war auch dieselbe, die den Staat leitete und an dessen Prosperität Anteil hatte. 2 ) D a e n e l l , Blütezeit der Deutschen Hanse, a. a. O., II, S. 511.

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Zusammenfassung. Hamburg an der Schwelle der Neuzeit

in der sich Klatsch und kleinliche Mißgunst leicht festsetzten, in der die Regierten das Menschlich- allzu Menschliche der Regierenden und ihres Anhangs beobachtete, war dies nichts Außergewöhnliches. Aber der ganze Zug der italienischen Städtepolitik war doch ungleich viel größer als der Hamburgs, dessen Ansätze zu einer Territorialpolitik nach Art der venezianischen, genuesischen usw. in Ostfriesland zusammengebrochen waren. Hamburg hatte vielleicht 10 000 Einwohner, Venedig dagegen nach K ö t z s c h k e über 100 000, Florenz, Mailand, Genua hatten über 50 000, ganz abgesehen vom umgebenden Landgebiet und den Kolonien 1 ). Trotz der erlittenen Rückschläge und der gedrückten, unzufriedenen Stimmung im kleinen Bürgerstand entfalteten Rat und Kaufleute unentwegt frische Tatkraft. Im Gegensatz zu den Zünften und dem niederen Volk waren sie innerlich dem neuen Geist des Kapitalismus und dem Fortschritt zugewandt. Auf vielen Gebieten schritt Hamburg vorwärts. Der autokratische Dr. Langenbeke reformierte 1497 das Stadtrecht mit einigen wichtigen Konzessionen an das römische Recht und schuf später mit seinem Kommentar die Anfänge der Hamburger Rechtswissenschaft 2 ). Schon wurde neben der kombinativen lübisclien Politik eine lavierende Politik Hamburgs sichtbar: Dr. Murmester und Dr. Langenbeke waren ihre ersten Vertreter. In den Pfingstblättern des Hansischen Geschichtsvereins 1908 hat H. N i r r n h e i m , soweit die Quellen und der Mangel an Selbstzeugnissen es zuließen, ein lebensvolles Bild von Hinrich Murmester entrollt: der junge Hamburger studierte zuerst in Erfurt, lenkte dann aber 1461, etwa 26 Jahre alt, seine Schritte nach Padua, wo er 1462 Rektor der Universität wurde und 1464 den Doktor legum erwarb. Wie weit Murmester den neuen Strömungen des Humanismus zugewandt war, läßt sich nicht ermitteln. Sicherlich konnte aber nur eine geistig bedeutende Persönlichkeit das Amt eines Rektors der italienischen Universität so ausüben, wie er es tat. Auch aus den späteren Lebensjahren dieses Hamburger Juristen, der 1465 in den Rat gewählt und 1467 Bügermeister wurde, gewinnt der Leser den Eindruck eines überragenden Mannes von kaum zu erschöpfender Tatkraft und mit regen literarischen, kirchlichen und ethischen Interessen. Freilich war Murmester vorwiegend Praktiker und Politiker. Als solcher steuerte er seine Vaterstadt durch viele Fährnisse hindurch und wußte ihr in Verhandlungen mit Dänemark, England und Holland vermehrtes Ansehen zu verschaffen und Vorteile zu sichern. Ihm hatte Hamburg die Anerkennung des Stapelrechts durch Christian I. zu danken 3 ) 1 ) K ö t z s c h k e , Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters, 1924, S. 574ff. Vergleiche die im ganzen damit übereinstimmenden Zahlen H. d. Staatsw., 4. Aufl. II 676/683, bearbeitet von v. I n a m a - S t e r n e g g , neubearbeitet von R. H ä p k e . Allerdings Bind nach diesen Verfassern die hohen Ziffern mit Vorsicht aufzunehmen. 2 ) R c i n c k e , Hamburg, a. a. O., S. 35f. 3 ) S. o. S. 42.

Hamburgisches Geistesleben a n der Schwelle d e r N e u z e i t

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Auf geistigem Gebiet war der Lektor und Dekan am Dom, Syndikus der Stadt, Dr. Albert Krantz, zweifellos bedeutender. Als tiefgründiger Humanist und Anhänger der Scholastik zugleich hat er sich in seinen vielfältigen Werken bekundet. 1 ) Er starb an der Schwelle der Reformation. Die Entdeckungen unbekannter Erdteile, an denen Hamburg nicht teilnimmt, eröffnen riesige neue Perspektiven. Der Einbruch dieser fremden Welten in den hamburgischen Gesichtskreis vollzieht sich in den nächsten Jahrhunderten. Zugleich wird Europa, wird der ganze Erdkreis zum Schauplatz der neuzeitlichen Mächtepolitik. In stärkster innerer Verbindung und Wechselbeziehung mit ihr entfaltet sich die Neutralitätsund Handelspolitik Hamburgs vom 16. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Die holsteinische Landesherrschaft und das Reich werden geschickt gegeneinander ausgespielt. Bald darauf nimmt Hamburg zwischen Lübeck und Holland zum ersten Mal eine vermittelnde Stellung ein. Zu dem aufsteigenden Küstenvolk im Westen wird es in Zukunft sein eigenes Verhältnis finden müssen. Die Ereignisse des Jahrhunderts haben Hamburg darüber belehrt, daß mit den hansischen Methoden dort nicht mehr viel auszurichten ist, und daß es sich empfiehlt, zu don in vieler Hinsicht verwandten, aufsteigenden Holländern dauerhafte Brücken zu bauen. R e i n c k e , H a m b u r g , a. a. O., Seite 36. Nach ihm ist K r a n t z „ d e r grüßeste Mann,

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Abnahme 16,6%

daß im Zeitraum 1877 bis 1880 gegenüber den Jahren 1872 bis 1876 die seewärtige Ausfuhr von Fabrikaten überhaupt um 11,9% stieg 1 ), die seewärtige Einfuhr von Fabrikaten aber um 16,6% zurückging 2 ). Bei der Einfuhr stieg die überseeische stärker als die europäische, der Anteil Großbritanniens am hamburgischen seewärtigen Import ging zum Beispiel zwischen 1871/75 und 1876/80 um 6 bis 9% zurück 3 ). Ebenso verminderte sich der Wert der seewärtigen Einfuhr gegenüber dem Import auf dem Landwege um 7 bis 10%. Trotz allem dominierte auch in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre der großbritannische Handel noch mit 28,5 bzw. 24,3% des Gesamtimports 4 ) und mit 28% des Gesamtexports 5 ). Noch immer war also Hamburg vorwiegend auf den Verkehr mit England ausgerichtet, noch immer charakterisierte es sich als nordeuropäischer Vermittlungshafen. Hamburg wirtschaftlich mehr in das Reich hineinzuziehen, das wichtige Außenhandelsorgan enger mit der exportierenden deutschen Industrie zu verbinden, dies Bestreben des Reichskanzlers war daher sehr verständlich, ganz abgesehen von der schon erwähnten Aufrührung des Problems durch die aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen. Für die wirtschaftsS. Tabelle III. 2) S. Tabelle IV. 3 ) S. Tabelle I. 4 ) S. Tabelle I. F r e y t a g , Die Entwicklung des Ha mburger Warenhandels, Berlin 1906, S. 38, berücksichtigt nur die seewärtige Einfuhr, nicht auch diejenige land- und flußwärts. Er berechnet danach den Allteil Großbritanniens am europäischen Import Hamburgs auf 8 0 % in den Jahren 1871—1880, auf 70% 1881—1890, am Gesamtimport auf über 50%, 1871—1880, auf 4 1 % 1881—1890. 5 ) S. Tabelle II.

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Der Zollanschluß

politische Schau des Kanzlers konnte die Freihafenstellung der Hansestädte nur vorläufiger Natur sein, da sie j a eben für ihn von den organischen Notwendigkeiten im ganzen abhing. Juristisch war es unzweifelhaft, daß diese Auffassung gegen den Willen der Hansestädte nicht durchgesetzt werden konnte, da verfassungsmäßig die Initiative zum Zollanschluß mit klaren Worten ihnen vorbehalten war. Das stand auch für Bismarck fest; er beabsichtigte keine Rechtsbeugung, scheute aber keinen tatsächlichen Druck auf Hamburg, um es zur Verhandlung über den Anschluß zu bewegen. So scharf und rücksichtslos er sich hierin zeigte, so entgegenkommend war er schließlich in der praktischen Durchführung. In Hamburg hielt man sich an die Tradition und an den Prinzipienund Rechtsstandpunkt. Die Männer, die in den alten Börsen-, Kontor-, Lager- und Speichergewohnheiten groß geworden waren 1 ), konnten sich nur schwer an den Gedanken gewöhnen, daß Wohn- und Geschäftsstadt hier, Speicher und Warenlager dort durch Zollschranken getrennt werden sollten. Wohn- und Kaufmannsstadt waren nach alter Vorstellung dasselbe, — gerade ihre intime Vereinigung, wie sie etwa in den früheren Speicherhäusern zutage trat, bezeichnete das alte Hamburg. Der Widerstand gegen die schutzzöllnerische • Handelspolitik führte erst recht zur Versteifung auf die Forderung eines umfassenden Freihafens zum ungehinderten weltwirtschaftlichen Verkehr. Für das Hamburger Interesse war die Verbindung mit dem Zollinland durch die Regelung von 18682) ausreichend gesichert. Man fürchtete die Zollbelastung der Güter, die Umständlichkeit der Verzollung, das Eindringen eines Zollbürokratismus, womöglich mit preußischen Zollbeamten in das ureigenste, bisher freie Gebiet. Zu alledem wußte man das gute Recht der Artikel 34 und 78 der Reichsvcrfassung hinter sich. Verfassungspolitisch glaubte Hamburg innerhalb der Grenzen, welche die Reichsverfassung gezogen hatte, gerade so souverän dazustehen wie Preußen, Bayern oder Württemberg 3 ). Nicht die zunehmende Zahl von Zollanschlußfreunden in Hamburg, nicht ihr Zusammenschluß in der „Hamburger Zollanschlußpartei" 4 ), nicht die auf halbem Wege entgegenkommende Adresse einiger großer Handelshäuser an Bismarck war dafür entscheidend, daß trotz scheinbar unversöhnlicher Gegensätze schließlich doch ein für beide Teile sehr befriedigender Ausgleich mit dem Reich zustande kam. Die Anschluß- und Vermittlungspartei befand sich bis zum Vertrag in starker zahlenmäßiger Minderheit. Entscheidend war vielmehr die Tatsache, daß Kirchenpauer, der als charakteristischer Vertreter des „alten Hamburg" das Prinzip des Freihafens und die konservativen Grundsätze in dieser Angelegenheit unentwegt hochhielt, im April 1880 aus dem Bundesrat ausschied, und ') 2) 3) «)

B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O., II, 1, S. 182. S. oben S. 195. v. E c k a r d t , Lebenserinnerungen, a. a. O., II, S. 48. 25. Mai 1880.

Bismarcks Drohungen. Hamburgs Einlenken

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daß sein Nachfolger Versmann geschickt und unter voller und energischer Wahrung der Hamburger Interessen den Kampf aus dem Feld prinzipieller Beharrung in dasjenige taktisch-praktischer Verhandlungen im Hinblick auf die konkreten Erfordernisse des hamburgischen und deutschen Handels überlenkte 1 ), wobei er die Mithilfe ausgezeichneter Sachverständiger von der einen und anderen Seite fand 2 ). Die glänzende Vorbereitung des Vertrags führte dann dazu, daß sich zwischen dem März und dem 25. Mai 1881, dem Datum des Vertrags, resp. nach dessen Abschluß bis zum 15. Juni, dem Tag der Annahme durch die Bürgerschaft, die Mehrheit der Hamburger Bevölkerung und Kaufleute für den Zollanschluß gewinnen ließ 3 ). Allerdings wäre der Umschwung wohl nicht eingetreten, wenn nicht Bismarck nach vergeblichen Einwirkungsversuchen auf Hamburg mit der Einbeziehung Altonas, St. Paulis und der Niederelbe gedroht hätte, wovon er dann allerdings St. Pauli in seinen Anträgen an den Bundesrat fallen ließ. Doch war natürlich schon die Ende Mai 1880 beantragte und Mitte Juni vom Bundesrat beschlossene Zollkontrolle über die Niederelbe ein genügendes Druckmittel 4 ). Wichtig war, daß Versmann durch die Reise einer gemischten Kommission, der er selbst angehörte, nach den großen europäischen Hafenplätzen im Herbst 1880 brauchbare Grundlagen für ein Verhandlungsprogramm gefunden hatte. Die fünf Punkte dieses Programms waren: „1. Fortbestand eines verkleinerten Freihafens (mit Einschluß eines Stückes des Elbstroms), 2. Zulassung der Exportindustrie im Freihafengebiet, 3. weitgehende Zugeständnisse im Abfertigungsverfahren, 4. Übertragung der Zollverwaltung im hamburgischen Gebiet an eine dem Hamburger Senat zu unterstellende Behörde, *) v. E c k a r d t , Lebenserinnerungen, a. a. O. II, S. 59. 2 ) Für das Reich Zollinspektor Klostermann, für Hamburg der Sekretär für indirekte Abgaben und spätere Senatssyndikus Roeloffs, dann natürlich die Handelskammer. 3 ) 106 Mitglieder der Bürgerschaft stimmten für, 46 gegen den Vertrag. In der Handelskammer verhielt sich nur noch ein Mitglied ganz ablehnend. 4 ) Die Drohungen wirkten besonders auch dadurch, daß Bismarck sie mit allem Gewicht seiner Persönlichkeit, mit Leidenschaft und Reizbarkeit durchzusetzen suchte, wobei er 6ich oft zu sehr hinreißen ließ. Besonders brachtc ihn ein Gegenantrag Hamburgs in hellen Zorn, die Zulässigkeit der Einverleibung von Altona—St. Pauli vom Verfassungsausschuß des Bundesrats prüfen zu lassen. Bismarcks gereizte Stimmung und seine Ausbrüche versetzten alle Verteidiger der Hamburger Sache in fast panischen Schrecken, (v. E c k a r d t , Lebenserinnerungen, a. a. O., II, S. 54.) Nur Versmann behielt Mut genug, den Hamburger Standpunkt in einer Bundesratssitzung vom 5. Mai 1880 trotz weiterer Zomentladungen zu verteidigen, bot dann aber in dieser Sitzung die Hand zum Ausgleich. Wenn man v. E c k a r d t glauben darf, so war ein gewisses Schuldbewußtsein in Berlin für den weiteren vermittelnden Fortgang günstig. Nach freundlichen Mitteilungen von Prof. Heinrich S i e v e k i n g hat Wilhelm I. auf Bismarck besänftigend eingewirkt. Er wollte nicht dulden, daß ein Bundesstaat schlecht behandelt würde.

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Der Zollanschluß

5. Gewährung eines angemessenen Beitrags zu den beträchtlichen Kosten, welche die Ausführung des Zollanschlusses veranlassen würde" 1 ). Alle diese Punkte konnte Hamburg im Vertrag vom 25. Mai 1881 durchsetzen. Am 21. Januar 1882 sprach der Reichstag die Bereitwilligkeit aus, dem Reich 40 Millionen Mark als Beitrag zu den Kosten des Zollanschlusses aufzuerlegen. Damit war der Vertrag reichsseitig erfüllt. Als nächste Folge der Vorgänge blieb in Hamburg eine tiefe Verstimmung gegen Bismarck zurück, die sich in den Reichstagswahlen auswirkte 2 ). In Hamburg wurden 1881 bis 1883 nacheinander drei Kommissionen eingesetzt 3 ), um den Generalplan zur Durchführung des Anschlusses zu entwerfen, zu begutachten und ins Werk zu setzen, alle unter dem Vorsitz von Bürgermeister Petersen. Mit Umsicht wurden die praktischen Fragen gelöst, und dies war um so notwendiger, als hohe Summen auf dem Spiel standen, die sich j e nach den verschiedenen Vorschlägen zwischen 96 und 123 Millionen Mark hielten. Man entschied sich schließlich nach langen Beratungen und lebhaftem Meinungsaustausch auch in der Presse für das sog. Projekt V i a , das 106 Millionen Mark kostete, aber dafür auch alle nur möglichen Vorteile für den Handel vereinte: die günstigste Ausnützung des zugestandenen Freihafenbezirks, eine örtlich eng vereinte Warenlagerung in der Nähe der Stadt, große Freihafenspeicher, den nötigen Spielraum für die Lagerung von Massenartikeln am tiefen Wasser, den B a u eines Zollkanals. Die Gestaltung des Freihafengebiets machte es möglich, daß eine von jeder Störung freie Zollinlands-Wasserstraße von Böhmen bis zum Meer führte 4 ). Die Enteignung des notwendigen Geländes vollzog sich ohne Schwierigkeiten. Durch den notwendigen Abbruch ganzer Wohnviertel wurden 24 000 Menschen betroffen, deren Verpflanzung aber keine Schwierigkeiten bereitete. Unter Führung und Garantie der Norddeutschen Bank wurde eine Freihafenlagerhausgesellschaft gegründet, mit der der Staat einen Vertrag schloß. Nachdem schon 1872 der Grasbrook, 1876 der Petroleumhafen gebaut war, wurde nun das Hafensystem erweitert und intensiviert, vor allem auf dem linken Elbufer. Auch für einen möglichst vollkommenen Binnenschiffs- und Bahnumschlag wurde gesorgt, so daß auch rein verkehrstechnisch die organische Zwischengliederung Hamburgs zwischen Seeund Binnenwirtschaft im weiteren Verlauf erreicht wurde 5 ). W o h l w i l l , Aus drei Jahrhunderten, a. a. O., S. 157. ) B a a s c h , Geschichte Hamburgs 1814 bis 1918, a. a. O., II, S. 155. 3 ) Eine vorbereitende Kommission setzte im Juli 1881 der Bundesrat ein, B a a s c h , ebendort, S. 210. 4 ) F l ü g e l , Die deutschen Welthäfen Hamburg und Bremen, Jena 1914, S. 112. Dort S. 109 ff. eine gute zusammenfassende Darstellung der Zollanschlußbauten. 5 ) Der Vorschlag eines Bahnhofs im Freihafen kam nicht zur Ausführung. ( B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O. II, S. 192f.) 2

Die praktische Durchführung des Zollanschlusses

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Bis 1888 waren die Zollanschlußbauten errichtet, gleichzeitig war die neue Zollverwaltung organisiert. Am 29. Oktober 1888 konnte von Wilhelm II. der Schlußstein gelegt werden. Der Zollanschluß zeitigte die wohltätigsten Folgen. Der ungeheure Aufschwung des hamburgischen Handels nach 1888 ist ihm großenteils zuzuschreiben. Mittelbar ist er zum Teil auch dem durch den Anschluß veranlaßten Hafenausbau zu verdanken, dessen zweckmäßigeDurchführung ein großes Verdienst Hamburgs war. In der internationalen Konkurrenz der Häfen befestigte es dadurch seine Stellung außerordentlich. Bedeutungsvoll war dann noch eine indirekte Folge: Im Januar 1881 hatten Mitglieder des „Vereins zur Wahrung der gemeinsamen Interessen in Rheinland und Westfalen" den Hafen besucht, um sich ein zureichendes Bild von den Handels- und Schiffahrtsverhältnissen und den Problemen des Zollanschlusses zu machen. Der Besuch war im September 1881 von Mitgliedern der Handelskammer erwiedert worden. Viel wichtiger als der Umstand, daß sich die Industriellen von der Notwendigkeit eines Freihafenbezirks überzeugen ließen, war die so erstmalig in die Wege geleitete gegenseitige Bekanntschaft der westlichen Großindustrie und des Großhandels. Beiderseits war man hoehbefriedigt und von den Möglichkeiten eines ferneren Zusammenwirkens erfüllt. Während sich Hamburg zum guten Abschluß der Zollanschlußfrage beglückwünschen konnte, schnitt Bremen im Vertrag von 1885 schlechter ab. Ein Freibezirk wurde ihm zwar zugestanden, doch durfte es dort keine Großindustrie einrichten. Zu den Kosten des Anschlusses gewährte das Reich 12 Millionen Mark, also nur 30 % des Betrags, den Hamburg erlangt hatte. Immerhin konnte man in der Weserstadt auch damit zufrieden sein, zumal der Senat mit dem Anschlußgesuch reichlich lange gezögert und dadurch die schon an sich schlechte taktische Position nicht gerade verbessert hatte 1 ). 3. H a m b u r g und die d e u t s c h e n K o l o n i a l e r w e r b u n g e n . Es ist kein äußerliches Zusammentreffen, daß die Jahre des Ubergangs zum Schutzzoll mit der Fidschifrage, mit der Samoavorlage, mit der in größtem Umfang beginnenden Kolonialpropaganda zugleich das allerdings noch unsichere und krisenhafte Vorstadium zur Kolonialpolitik des Reichs bildeten. Bestehen doch zwischen Schutzzoll- und Kolonialpolitik nach Art der deutschen enge innere Zusammenhänge. Hier wie dort greift der Staat gestaltend in die Wirtschaft ein, hier wie dort will er sie möglichst zur Selbständigkeit und Kraftentfaltung bringen. Wo der Uberschuß an Menschen- und Güterkraft infolge der schutzzöllnerischen Politik und 1 ) Die zuweilen gehörte Ansicht, als habe Bismarck Bremen dieses zögernde Verhalten beim Vertrag in kleinlicher Weise entgelten lassen, ist nach Senatssyndikus Roeloffs unzutreffend. (Laut mündlicher Mitteilung.)

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Hamburg und die deutschen Kolonialerwerbungen

der durch sie bedingten Ausfuhrerschwerung 1 ) zu groß wird, müssen neue Absatzgebiete erschlossen werden, und hier bietet sich wiederum der koloniale Weg als der in vieler Hinsicht vorteilhafteste an, — vorteilhaft nämlich in bezug auf die möglichste Erhaltung, Ausbreitung und Betätigung national-kultureller Kräfte über den engeren Staatenrahmen hinaus. „Die Kolonialpolitik bildet daher die notwendige Fortsetzung der Bismarckschen Schutzzollpolitik und damit den Abschluß der Reichsschöpfung, mochte diese Kette, die uns heute bei historischem Rückblick selbstverständlich erscheint, auch nur den wenigsten Zeitgenossen zum Bewußtsein kommen" 2 ). In Wirklichkeit ist nun allerdings die Linienführung zwischen Schutzzollund Kolonialpolitik keineswegs so klar, wie es theoretisch, unter starker Vereinfachung der Sachverhalte, auf den ersten Blick scheinen könnte. Ganz abgesehen von politisch-diplomatischen und militärischen Begleitumständen, die für jede Kolonialpolitik mitentscheidend sind, ganz abgesehen auch von geopolitischen und soziologischen Grundlagen und letzten kulturellen Zielen der kolonisierenden Nationen können sich rein wirtschaftliche Erwägungen in der verschiedensten Richtung kreuzen. E s kann z. B. entweder die Frage der Rohstoffsicherung, der möglichsten Ausbreitung von Handel und Schiffahrt oder der möglichst günstigen Kapitalanlage oder der nationalen Auswanderung in den Vordergrund gerückt werden, und jede dieser Fragen kann zu völlig anderen Entscheidungen, zu völlig anderen Kolonialwirtschaftstypen oder überhaupt zur Negierung der Notwendigkeit und Ersprießlichkeit jeglicher Kolonisierung führen 3 ). Und last not least: Selbstverständlich konnte sich die Bismarcksche Schutzpolitik in einer Kolonialpoütik nur unter den zwei Voraussetzungen fortsetzen, daß erstens genügend kolonisierungsfähiges herrenloses Land vorhanden war, und daß zweitens die außen- und innenpolitische Situation die Aneignung, aber auch das dauernde Festhalten und den Schutz des erworbenen Landes ohne gefährliche internationale Komplikationen möglich machte. Unter all diesen Gesichtspunkten ist es verständlich, daß Bismarck von der Schutzzoll- nicht geradlinig zur Kolonialpolitik überging, sondern daß er sich der letzteren gegenüber noch jahrelang viel reservierter verhielt, als es den für die Politik nicht verantwortlichen Kolonialenthusiasten lieb war 4 ). Selbst bei gewissenhaftester Abwägung aller einzelnen Momente Infolge von eigener Preissteigerung und von Abwehrmaßnahmen anderer Staaten. ) Maximilian v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, Stuttgart u. Gotha 1923, S. 15. 3 ) Schon die Auswanderungsfrage allein hat die Wirtschaftstheoretiker und Praktiker bekanntlich in ein Wirrsal sich widersprechender Argumentationen verstrickt, so z. B. in den Streit über die Frage, ob die Auswanderung der 70er und 80er Jahre eine Folge der Übervölkerung gewesen sei. 4 ) Bismarcks Hauptaugenmerk galt der Festigung des jungen Reichs im Innern, der Erhaltung des Friedens nach außen durch geschickte Mächtekombinationen. Mit England wollte er nicht in Konflikt kommen. Der deutschen Flotte unter v. Stosch traute er wenig zu. (v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 55.) Die Kolonialentdeckungen ver2

Schutzzoll- und Kolonialpolitik. Bismarcks Zurückhaltung

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war der Übergang zur aktiven Kolonialpolitik für Bismarck und das Reich „ein Sprung ins Dunkle". Der Kanzler versuchte es daher seit 1876 zunächst mit der sog. Freundschaftsvertragspolitik, die dem deutschen Kaufmann im wesentlichen nur „offene T ü r " und konsularische Gleichbehandlung sichern sollte 1 ). Und als er sich mit der Samoavorlage, von der noch zu sprechen sein wird, eine Niederlage holte, schien es, als sei er kolonialpolitisch überhaupt entmutigt. Das aber war nicht der Fall. Im Gegenteil arbeitete er im Stillen zielbewußt so weiter, daß vier Jahre später der Ubergang zur aktiven Kolonialpolitik unter glücklichem Stern erfolgen konnte. Sein Hauptziel war es schließlich, Deutschland überseeische Rohstoff- und Auswanderungsgebiete, Ausdehnung des Handels und der Schiffahrt zu sichern, die überseeischen Erwerbungen Deutscher nachhaltig zu schützen und im Wettbewerb mit anderen Nationen dem Reich noch in zwölfter Stunde die auch von ihm erkannten kolonialen Möglichkeiten zu sichern. Dabei nutzte er dann mit der ihm eigenen Energie die günstige politische Konstellation des Jahres 1884 aus, die sich durch den Dreibund, den Rückversicherungsvertrag und ein zur Zeit besonders freundschaftliches Verhältnis zu den übrigen Großmächten ergab 2 ). In Deutschland kam ihm der nun allgemein erwachende Kolonialenthusiasmus zustatten, so daß er später behauptete, er habe diesem nur nachgegeben. Unmittelbar stützte sich der Kanzler bei der Erwerbung der fremden Gebiete vor allem auf die Hamburger Kolonialpioniere, früher seine Hauptstützen im kolonialen Manchestertum, besonders auf Adolph Woermann Eine merkwürdige Koinzidenz der Interessen lag hier vor: die einer Reichs, kolonialpolitik lange Zeit durchaus abgeneigten, im Grunde manchester_ liehen Hamburger Kaufleute appellierten an die Hilfe des Reichs in dem selben Augenblick, als für Bismarck auch aus sonstigen Gründen die Stunde des kolonialpolitischen Handels, wenn überhaupt je, so jetzt gekommen war, und für Bismarck kamen nun die praktisch erfahrenen, wagemutigen und energischen Hamburger mit ihrer Bitte als Mithelfer bei der Kolonialerwerbung wie gerufen 3 ). Aber fast noch merkwürdiger war der weitere Verlauf, der nun wieder zeigt, wie wenig von der Schutzzollpolitik geradlinig auf die Fortsetzung jn der Kolonialpolitik geschlossen werden kann: Bismarck nämlich, der folgte er zwar teils persönlich, teils durch seinen kolonialpolitischen Adlatus v. Kusserow, und teilweise besaß er auch auf diesem Gebiet erstaunliche Kenntnisse. Doch traute er sich mit Recht eine Beherrschung der kolonialen Probleme, in denen ja auch die Sachverständigen noch uneins waren, nicht zu. Besonders in der Auswanderungsfrage war sein Standpunkt widerspruchsvoll und abwegig. !) v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 68ff. 2 ) Näheres v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 146ff. 3 ) Z. T. erklärt sich die Koinzidenz allerdings ganz natürlich daraus, daß gleiche Ursachen unter gleichen Zeitumständen Bismarck und die Hamburger zu einer veränderten kolonialpolitischen Haltung veranlaßten.

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Schutzzollpolitiker, blieb kolonialpolitisch manchesterlich und wollte das Reich, den Fiskus und das Parlament mit dem neuen Unternehmen möglichst wenig engagieren. Aus diesem Grunde wollte er keine Kolonien, sondern Schutzgebiete, in denen die Initiative, die Verwaltung, die Hauptkosten der vereinigten Kaufmannschaft vorbehalten bleiben sollten 1 ). Die Kaufleute dagegen, in der Handelspolitik durchaus manchesterlich eingestellt, lehnten dieses System kaufmännischer Kolonialverwaltung ab und wünschten realen staatlichen Schutz und staatlich finanzierte Verwaltung. Eigentliche koloniale Pläne hatte man in Hamburg seit dem unglücklichen Sievekingschen Projekt der Erwerbung der Chatam-Inseln 2 ) nicht mehr gehabt. Die kolonialen Schrittmacherdienste hamburgischer Kaufleute im 19. Jahrhundert waren j a gerade durch das Fehlen jeglicher staatlicher Hilfe gekennzeichnet. Eben dieser Umstand sichert ihnen im Urteil der Nachwelt dauernden Ruhm, obwohl es sich zunächst um rein kapitalistische, mit dem Staatsinteresse nicht verbundene Unternehmungen handelte. Alleine mußten sich die überseeischen Kaufleute durchkämpfen, ohne regelmäßige Schiffsverbindungen, ohne ausgebaute Häfen, ohne sichere Kenntnis von Klima, Land und Leuten, meist ohne jeden Schutz als etwa den befreundeter Häuptlinge. Wenn möglich wurde der Schutz fremdstaatlicher Konsuln oder Machthaber nachgesucht und später durch Freundschaftsverträge gesichert. Dies wurde lange Zeit für ausreichend gehalten und war es wohl auch, solange die Solidarität der Weißen in den betreffenden Gebieten nicht durch die Außen- und besonders die Kolonialpolitik der Mächte gestört wurde. Daß der Hamburger Händler nur Händler und nicht Vorposten irgendeiner politischen Macht war, eben darauf hatte j a seine Beliebtheit in Übersee bis zur Gründung des Norddeutschen Bundes beruht, und diese Auffassung dauerte im Unterbewußtsein noch fort. Diese Haltung war verständlich, solange das Reich keine Kolonialpolitik in irgendeiner Form trieb und Deutschlands Flotte höchstens zu Demonstrationen gegen Eingeborene ausreichte. !) Als Muster für die Ausführung schwebten Bismarck die Chartergesellschaften des 17. und 18. Jahrhunderts vor, doch lag ihm sklavische Nachahmung fern. Er betonte sogar ausdrücklich, daß sein Programm überhaupt keinem fremden Beispiel folge. E s ist müßig, Bismarcks koloniale Absichten systematisieren zu wollen. Vor allem wollte der Kanzler keine „Treibhauskolonien" und fürchtete die „Krebsfräßigkeit" der Bürokratie, wenn diese erst einmal in den Kolonien Eingang fände. Das Schwergewicht seiner Politik wollte er in Europa behalten, und deshalb sollten die Schutzgebiete keine „überseeischen Provinzen" sein. (v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O. S. 181 ff.) Handelspolitisch blieben die Kolonien Ausland. Wenn W i l h e l m II. in seinen „Ereignissen und Gestalten" (Leipzig und Berlin , 1922, S. 7) sagt, er habe bei Bismarck „stets mehr die Absicht vorgefunden, die Kolonien als Handels- und Tauschobjekte zu benutzen, als sie für das Vaterland nutzbringend zu verwerten oder zur Rohstofflieferung zu gebrauchen", so trifft dies für die erste Zeit sicher nicht zu. 2 ) s. oben S. 164.

Die monopolartige Stellung der Kolonialpioniere

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Auf ihrem Gebiet waren manche Kolonialpioniere ungekrönte Könige. Das hohe Risiko ihrer Unternehmungen wurde durch die monopolartige Stellung ihres Handels mit den Eingeborenen belohnt. Ganz natürlich wollte der Händler diese schwer errungenen Vorteile möglichst sich selbst vorbehalten und war er daher schon aus diesem Grund lange Zeit gegen eine Kolonialpolitik, die anderen Kaufleuten staatlicherseits die Wege geebnet und dazu noch das bisher gute Verhältnis zum Ausland gefährdet hätte. Dabei beschränkten sich die überseeischen Kaufleute nicht allein auf die nächstliegenden und einfacheren Aufgaben kolonialer Tätigkeit, was man sonst vielfach dem Händler als Kolonisator zur Last legt. Sie drangen vielmehr von der Küste auch unter großen Schwierigkeiten in das Hinterland vor 1 ) oder unterstützten direkt oder im Zusammenwirken mit wissenschaftlichen Gesellschaften die Forscher 2 ). Das Haus Woermann begann 1878 mit planmäßiger Bodenkultivierung und Plantagenkultur, allerdings nur in kleinem Maßstab und ohne großen Erfolg 3 ). Immerhin wurde erreicht, daß die Eingeborenen rund um die in Bebauung genommenen Plätze herum seßhaft wurden und selbst ihren Boden bebauten. Hinter manche Pläne der literarischen Kolonialenthusiasten setzten die skeptischen Hamburger ein Fragezeichen. In Abweichung von der sonstigen Gewohnheit empfahlen die Hamburger Großhandelshäuser Ende 1870 für die Friedensverhandlungen den Erwerb der französischen Kolonien in Hinterindien mit Saigon. Prinz Adalbert befürwortete den Plan aus flottenstrategischen Gesichtspunkten. Die Gesamtheit der Hamburger Kaufmannschaft stand keineswegs dahinter. Der Handelskammer erschien das Projekt vielmehr so bedenklich, daß sie ihm öffentlich entgegenzuwirken beschloß 4 ). Bismarck war dem Plan unzugänglich. Die Beteiligung an Kolonialvereinen war im Binnenland oft reger als in der Elbestadt. Doch sind seit den siebziger Jahren sehr zahlreiche Anregungen allgemeiner kolonialpolitischer Art von Hamburg ausgegangen. Einer der erfolgreichsten Vorkämpfer deutscher Kolonien, HübbeSchleiden, Verfasser des damals viel beachteten Buchs „Ethiopien, C o p p i u s , Hamburgs Bedeutung auf dem Gebiete der deutschen Kolonialpolitik, a. a. O., S. 77. Für die Erschließung wissenschaftlicher Kenntnisse über die überseeischen Gebiete war César Godeffroy vorbildlich, der Schöpfer des völkerkundlichen Museums Godeffroy. Viele Forscher wurden von ihm unterstützt und hinausgeschickt. ( H e r t z , Das Hamburger Seehandelshaus J . C. Godeffroy, a. a. O., S. 56 ff.) 2 ) Z. B. C o p p i u s , ebendort, S. 81 ff., S. 84f„ S. 122f. 3 ) Ebendort S. 115 f. Hier auch ein Zitat aus einem Vortrag A. Woermanns in der Geographischen Gesellschaft in Hamburg 1879: „Es darf nicht die Aufgabe des deutschen Kapitals sein, neue Handelsunternehmungen in Westafrika zu gründen, sondern wenn man denn einmal dieses Land der Kultur erschließen will, so müssen alle Unternehmungen darauf hinarbeiten, den Boden in Afrika auszubauen und der Produktion zurückzugeben, wie dies in anderen tropischen Ländern bereits geschehen." 4 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O. II, 2, S. 317. Sehr zurückhaltend äußerte sich zur Erwerbung von Cochinchina das Fremdenblatt vom 29. I. 71.

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Hamburg und die deutschen Kolonialenverbungen

Studien über Westafrika", 1879, war selbst Hamburger und hatte als Besitzer einer Handelsniederlassung zwei Jahre in Westafrika gelebt1). Nachhaltig wirkten die Ideen dieses Mannes auf Robert Flegel, der 1875 bis 1878 in einem Hamburger Handelshaus an der Sklavenküste tätig war und hier den Gedanken faßte, die vom Hamburger Dr. Barth entdeckte Wasserstraße des Niger Benue zur Erschließung Zentralafrikas für den deutschen Handel zu benützen. Dies sinnvolle Projekt wurde freilich nicht zur Durchführung gebracht. Obwohl sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre aus Gründen, die noch klarzulegen sein werden, eine Wendung im kolonialpolitischen Denken maßgebender Hamburger Uberseekaufleute vollzog, war dies bei der sogenannten Samoaangelegenheit noch nicht merkbar. Die Veranlassung zu ihr bildete der Krach des um die wirtschaftliche Erschließung des Südseegebiets verdienten, im Besitz von Agenturen an fünfzig verschiedenen Plätzen und von großen Ländereien befindlichen Hauses J . C. Godeffroy & Sohn 2 ). Bismarck ließ 6ich von der nationalen Bedeutung der Angelegenheit und von der Notwendigkeit einer Sanierungsaktion überzeugen. Ilanscmann, der Direktor der Discontogesellschaft, wollte dem Südseeunternehmen beispringen, wenn das Auswärtige Amt eine Garantie leistete. Der Vorschlag barg für das Reich kaum ein Risiko, da es sich nur um die vorübergehende Insolvenz eines an sich rentabeln Unternehmens handelte. Der Bundesrat genehmigte den Entwurf am 15. April 1880 gegen die Bedenken von Hamburg und Bremen, im Reichstag wurde die Vorlage mit 128 gegen 112 Stimmen abgelehnt. Daß sich in den Hansestädten nicht eine Hand für Erhaltung von Godeffroys Unternehmen rührte, und daß man sich hier Bambergers Vorwürfe gegen Bismarcks Vorlage zueigen machte, daran trug u. a. eine recht unglückliche Verquickung der handelsund kolonialpolitischen Situation die Schuld: Bismarcks schutzzöllncrischc Politik empörte den Freihandel gegen ihn und somit auch gegen die als mcrkantilistisch verdächtigte Samoavorlage. Das Haus Godeffroy stand selbst im Lager der Schutzzöllner und wurde darum bekämpft. Femer sah man nicht ein, warum gerade dies eine Unternehmen die Nation vor seinen Wagen spannen wollte, und zwar nicht etwa nur zur staatlichen Sicherung nationaler Interessen, sondern in erster Linie zu seiner eigenen kaufmännischen Sanierung. Man bedauerte großenteils Godeffroy persönlich, aber man hielt dies für grundsätzlich unzulässig und einen Verstoß gegen die ungeschriebenen, aber ehernen Gesetze kaufmännischer Verantwortlichkeit 3 ). Schließlich fürchtete man wohl auch auswärtige Komplikationen, die dann bei der Unmöglichkeit, die überseeischen Interessen mit Gewalt zu verteidigen, wohl nur um so mehr zu allgemeiner kolonialpolitischer Entmutigung geführt hätten.

Mit der Samoaangelegenheit stand die Fidschiangelegenheit in gewissem Zusammenhang. 1874 hatte Großbritannien die Gruppe der Fidschiinseiii annektiert, um dem Vordringen der Deutschen in der Südsee hier zuvorzukommen. Dabei waren deutsche, vor allem auch hamburgische BesitzC o p p i u s , Hamburgs Bedeutung a. d. Geb. d. Kolonialpolitik, a. a. O., S. 88ff. HiibbeSchleiden forderte den Übergang von der kosmopolitisch-freihändlerischen Anschauung zu nationalem Selbstbewußtsein. Seine positiven, auf Kolonisierung in Westafrika aasgehenden Vorschläge wurden von Woermann schon 1879 befürwortet. 2 ) Näheres s. H e r t z , Das Hamburger Seehandelshaus J . C. Godeffroy, a. a. 0 . , Seite 43 ff. 3 ) S. besonders Hamburgischer Correspondent vom 17. II. 80.

Samoa- und Fidschiangelegenheit. Der mangelnde Schutz

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rechte ernsthaft geschädigt worden. Daß Bismarck im Verlauf der Fidschiverhandlungen die deutschen Interessen von England so schlecht vertreten sah, war für seine Wendung zur aktiven Kolonialpolitik geradezu entscheidend 1 ). Aus dem gleichen Jahre 1874, in dem erstmalig deutsche Reichsangehörige in Übersee kräftigen Reichsschutz erbaten, stammt eine Eingabe von J . Thormälen, dem damaligen Vertreter der Firma Woermann, an das Auswärtige Amt mit der Bitte, einen deutschen Konsul für die Küste zwischen Bonny und Kamerun zu ernennen. Der Zustand, daß die Deutschen auf das Entgegenkommen des jeweiligen englischen Konsuls angewiesen seien, sei auf die Dauer nicht haltbar und ermutige die Eingeborenen zu Übergriffen. Veranlaßt war dies Schreiben durch eine Anfrage des Auswärtigen Amts an Woermann, ob in Westafrika ein besonderer Schutz deutscher Interessen gewünscht werde. Die Anfrage hatte offenbar rein informatorischen Charakter, jedenfalls erfolgte nichts darauf 2 ). Es blieb vorläufig dabei, daß sich die Deutschen in Notfällen an den englischen Konsul wenden mußten. In der Regel wurde ihnen Hilfe zuteil 3 ). Wenn nun auch Woermann selbst immer offensichtlicher einer deutschen Kolonialpolitik zuneigte, so beobachtete doch auch er eine gewisse Reserve. In einer Besprechung der Handelskammer über Kolonialund Auswanderungsfragen vom 17. Oktober 1881 verhehlte er seine Bedenken gegen eine staatliche Kolonialpolitik nicht, die viel koste und die Gefahr kriegerischer Verwicklungen heraufbeschwöre. Doch sei die Bewegung für Kolonisation im Inland so stark geworden, daß eine cinfach ablehnende Haltung Hamburgs sie doch nicht zu hemmen vermöchte. Hamburgs Aufgabe sei es daher, sie in die richtige Bahnen zu leiten. Von einem Gegner jeglicher Kolonialpolitik wurde ausdrücklich festgestellt, daß Woermanns eventuelle Zustimmung zu staatlichen Kolonien in der Handelskammer ein völliges Novum sei. Wolle man nutzbringende Kolonien, so müsse man auch Schutzzölle und Differenzialzölle wollen, denn Holland und England hätten ihre Kolonien auch nur mit merkantilistischen Mitteln entwickelt. Einstimmig wurde zuletzt der Wunsch ausgesprochen, die Kolonialfrage auf die Tagesordnung des Handelstages zu setzen, ferner wurde einstimmig die Anstellung tüchtiger Berufskonsuln zum Schutz der v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O. S. 571. Coppius, Hamburgs Bedeutung a. d. Geb. d. Kolonialpolitik, a. a. O., S. 128, mißt dem Vorgang zu viel Bedeutung bei, wenn er glaubt, daß „mit ihm die deutsche Kolonialpolitik eingeleitet" sei. So auch v. H a g e n , Bs. Kolonialpolitik a. a. O. S. 59. 3 ) Dies erkennt auch die genannte Eingabe an. Noch 1883 ließ der Hamburger Senat auf Wunsch Woermanns durch den Botschafter Grafen Münster der englischen Regierung für den Schutz danken, den der englische Konsul der Firma durch Entsendung eines Kanonenboots gewährt hatte. 2)

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Hamburg und die deutschen Kolonialerwerbungen

deutschen Auswanderer und zur Verbindung mit dem Mutterland gewünscht, und schließlich einstimmig auch die Aufhebung des Auswanderungsverbots nach Südbrasilien empfohlen. Dagegen wurde nur mit Majorität erklärt, daß die Handelskammer „die im Inland vorhandenen Bestrebungen für Kolonisation mit warmem Interesse verfolgt." Damit war auch die Aktion Woermanns in der Handelskammer fürs erste erledigt, auf dem Handelstag wurde die Kolonialfrage nur kurz gestreift. Zunächst schien es auch nicht, als ob die Verhältnisse in Westafrika eine rasche Wendung herbeiführten. Noch im Brief eines afrikanischen Vertreters an Woermann vom Dezember 1882 wurden englische Annexionsabsichten für unwahrscheinlich erklärt. Doch hatten bereits im J u n i 1882 Frankreich und England eine Konvention über ihre Besitzungen an der Küste von Sierra Leone geschlossen, die dort die deutschen Kaufleute durch höhere Abgaben benachteiligte. Am 1. März 1883, ein Vierteljahr, nachdem der Bremer Lüderitz zum ersten Mal um Schutz des Deutschen Reichs für die von ihm geplante Niederlassung in Südwest-Afrika gebeten hatte, richtete Woermann an das Auswärtige Amt eine ausführliche Denkschrift, in der er die Vorgänge am Kongo darlegte und die Ansicht aussprach, daß Deutschland jetzt zum Kolonialerwerb übergehen müsse1). Doch wurde er auf den amtlichen Weg über den Hamburger Senat verwiesen. Noch wollte man in Berlin den kolonialpolitischen Kurs nicht wechseln. Erst im Februar 1883 hatte Bismarck der englischen Regierung erklären lassen, daß „uns jetzt wie früher alle überseeischen Projekte und insbesondere jede Einmischung in vorhandene britische Interessen fernlägen" 2 ). Immerhin war die Deutsche Regierung nun aus berufenem Mund darüber unterrichtet, daß die deutschen Kaufleute in Westafrika ein weiteres Vordringen Englands und Frankreichs fürchteten, und daß sie sich bedroht fühlten. Sie ersuchte am 14. April 1883 die Hansestädte um Äußerung ihrer Wünsche und Fragen zu der durch die englisch-französische Konvention geschaffenen Lage. Lübeck verzichtete auf Stellungnahme, Bremen schlug die Entsendung eines deutschen Kriegsschiffs vor, um daraufhin zu Verträgen mit den Eingeborenen zu kommen. Die Handelskammer Hamburg äußerte sich am 6. Juli 1883 in einer Denkschrift über die deutschen Interessen in Westafrika. Diese „kann nicht nur unbedenklich für die bedeutendste Enquête über afrikanische Kolonialinteressen Deutschlands vor seinem Eintritt in die Kolonialpolitik erklärt werden ; sie muß auch für den staatsmännisch weit- und umsichtigsten Bericht über koloniale Aussichten und kolonialpolitisches Vorgehen bei der Anlage von Handels- und Plantagenkolonien gelten, wie man sie in Hamburg offenbar allein für erstrebensP. D a r m s t a e d t e r , Geschichte der Aufteilung und Kolonisation Afrikas seit dem Zeitalter der Entdeckungen. I I . Bd. 1870—1919, Berlin und Leipzig 1920, S. 70f. 2 ) Ebendort, S. 60 f.

Der kolonialpolitische Wendepunkt 1883/81

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wert hielt. Bismarck lernte aus ihr offensichtlich zuerst die Hauptprobleme kolonialpolitischer Tätigkeit (wie Auswanderung und Klima, Kosten der Verwaltung und Vorteile kaufmännischer Initiative, kriegerische Verwicklungen und deren Verhütung) kennen, die hier in weitblickender Form abgewogen und zugunsten der in Zukunft erhofften Vorteile für lösbar gehalten wurden 1 )". Die entscheidende Initiative zu der Aktion lag bei Woermann, der jetzt aus seiner Reserve völlig heraustrat, weil er erkannte, daß jetzt gehandelt werden m u ß t e , wenn eine Kolonialpolitik überhaupt noch durchgeführt werden sollte, und daß gehandelt werden k o n n t e , weil die politische Lage Deutschlands zur Zeit günstig war 2 ). Woermann „hat das große Verdienst, dieser Anfrage von Berlin, die zunächst nur als vorsichtig ausgestreckter Fühler erschien, eine weitere Bedeutung gegeben und die Antwort der Handelskammer zu einem Programm, zu einer aktive Kolonialpolitik fordernden Kundgebung gemacht zu haben" 3 ). Auf Bismarck wirkte das schneidige Vorgehen Woermanns entscheidend ein 4 ). Daß in Hamburg selbst die Meinung einiger interessierter, aber außerhalb der Handelskammer stehender Firmen durch Woermanns Vorgehen vergewaltigt wurde, wie C o p p i u s glaubt 5 ), ist nicht unwahrscheinlich, aber auch nicht erheblich.. In der Zollanschlußfrage war es j a nicht anders gewesen. Und wie anders sollte in ähnlichen geschichtlichen Momenten das Schwergewicht der traditionellen Meinung einer Kaufmannsrepublik überwunden werden! Ganz richtig sagte Woermann bei Begründung seiner Anträge in der Handelskammer 6 ) : Die Notwendigkeit der Hebung des deutschen Exports im Interesse der deutschen Industrie sei stets anerkannt worden; hier liege nun die Möglichkeit vor, sich ein großes Absatzgebiet zu erobern, wenn die Deutschen nicht wieder wie bisher noch stets vor lauter Theorie das praktische Eingreifen versäumten. Jetzt sei gerade der günstigste Zeitpunkt dafür gegeben. Deutschlands Machtstellung sei so groß, daß man ernstliche Verwicklungen mit den europäischen Staaten infolge einer Kolonialpolitik nicht zu fürchten brauche Die Geldopfer würden durch den Nutzen, der der deutschen Industrie, dem Handel und der Schiffahrt erwachsen würde, reichlich aufgewogen werden. Was die Kriegsmarine betreffe, so sei das von ihr bei einer Kolonialpolitik Erwartete ihre eigentliche Aufgabe. Die Gefahren des Klimas seien nicht größer als in anderen tropischen 1)

v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 156. ' ) s. die der Denkschrift vorausgehenden Verhandlungen in der Handelskammer vom 1. und 22. Juni 1883. Es wurde zunächst eine Kommission von fünf Mitgliedern eingesetzt, in der Woermann ein Exposé vorlegte. Das Gutachten wurde gegen die Ansicht zweier Kommissionsmitglieder abgegeben. 8 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. 0 . II, 2, S. 322f. 4 ) v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. 0., S. 162. 6 ) Coppius, Hamburgs Bedeutung a. d. Geb. d. Kolonialpolitik, a. a. 0., S. 162. •) Gesammelte Protokolle der Handelskammer aus dem Jahr 1881. 15

VitkeminD.

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H a m b u r g u n d die deutschen Kolonialerwerbungen

Ländern. Wenn Deutschland jetzt nicht zugreife, wo deutsche Handlungshäuser bereits seit langem Fuß gefaßt hätten, so werde man erleben, daß Engländer, Franzosen oder Portugiesen den Handel verdrängten. Die p r a k t i s c h e n Forderungen der D e n k s c h r i f t gipfelten in folgenden P u n k t e n : 1. Vereinbarung m i t den europäischen Mächten zum Schutz der deutschen Handelsinteressen in W e s t a f r i k a , vor allem m i t F r a n k r e i c h , zur A u f h e b u n g seines dortigen Prohibitivsystems. 2. Abschluß von Verträgen mit den F ü r s t e n unabhängiger einheimischer S t ä m m e u n d S t a a t e n , die n a m h a f t g e m a c h t waren 1 ). 3. Aussendung v o n Kriegsschiffen, u m den V e r t r ä g e n N a c h d r u c k u n d dem H a n d e l Schutz zu verleihen. 4. E r r i c h t u n g eines deutschen Konsulats a n der Goldküste u n d einer F l o t t e n s t a t i o n auf der spanischen Insel F e r n a n d o P o , wie sie E n g l a n d u n d die Vereinigten S t a a t e n d o r t bereits besaßen 2 ). 5. Besitzergreifung des K ü s t e n s t r i c h s a n der Biafrabai. 6. N e u t r a l i s i e r u n g der j ü n g s t erschlossenen K o n g o m ü n d u n g . Die D e n k s c h r i f t verwies in der B e g r ü n d u n g noch besonders auf die Notwendigkeit, das H a n d e l s m o n o p o l der Küstenneger zu brechen, u m deutschen Erzeugnissen Eingang ins innere A f r i k a zu verschaffen, u n d ferner auf den R e i c h t u m des in Frage stehenden Bodens a n Gewürzen, G u m m i u n d Kaffee u n d auf die Möglichkeit der P l a n t a g e n k u l t u r .

Bismarck nahm das hamburgische Gutachten nach einigem Zögern und erneuter Eingabe Hamburger Kaufleute 3 ) zum Anlaß einer weitausgreifenden kolonialpolitischen Initiative. I m W i n t e r 1883/84 w u r d e die K o r v e t t e „ S o p h i e " e n t s a n d t , u m die deutschen I n t e r essen zu w a h r e n u n d m i t Spanien ein E i n v e r n e h m e n über eine F l o t t e n s t a t i o n auf Fern a n d o P o zu treffen. D a r a u f sollte d a n n — vorbehaltlich der Einstellung einer Dotierung f ü r den Posten eines Berufskonsuls in den Reichshaushalt 1885/86 — eine kommissarische V e r t r e t u n g der deutschen Interessen zur D u r c h f ü h r u n g der Verhandlungen u n d eine d a u e r n d e Stationierung von Kriegsschiffen folgen. Zur Besitzergreifung der K ü s t e aber entschloß sich Bismarck erst später, als die Dringlichkeit solchen Vorgehens d u r c h zahlreiche U m s t ä n d e noch deutlicher wurde, sodann aber auch v e r a n l a ß t d u r c h die B i t t e von Lüderitz u m Reichsschutz f ü r seine E r w e r b u n g e n in Südwestafrika im April 1884. Lüderitz w u r d e die Schutzerklärung erteilt, u n d es w u r d e im gleichen J a h r nicht n u r die Besitzergreifung v o n Togo u n d K a m e r u n d u r c h g e f ü h r t , sondern es w u r d e auch der H a n s e m a n n ' s c h e n Expedition zur E r w e r b u n g von Neuguinea u n d anderen Südseeinseln der Reichsschutz versprochen. Gleichzeitig w u r d e die Internationalisierung des Kongostaats 4 ) im Zusammenspiel mit Frankreich durchgesetzt. Der Schutzbrief f ü r DeutschOstafrika folgte erst 1885. *) E n g l a n d h a t t e allein mit etwa 70 Negerfürsten a n der W e s t k ü s t e Afrikas Verträge, u n d die englischen Kriegsschiffe sorgten f ü r deren I n n e h a l t u n g . Die Deutschen w a r e n auf die G u n s t der H ä u p t l i n g e angewiesen. (Deutsches Weißbuch, zit. bei C o p p i u s , H a m burgs B e d e u t u n g a. d. Geb. d. Kolonialpolitik, a. a. O., S. 135.) 2 ) Beabsichtigt war scheinbar eine E r w e r b u n g v o n F e r n a n d o Po, die d a n n aber offenbar an d e r H a l t u n g Spaniens gescheitert ist. 3 ) D a r m s t a e d t e r , Aufteilung u n d Kolonisation Afrikas, a. a. O. I I , S. 73. Die F i r m e n , die die E i n g a b e v o m November 1883 unterzeichneten, gaben der, wie h e u t e f e s t s t e h t , richtigen B e f ü r c h t u n g Ausdruck, d a ß K a m e r u n in nächster Zeit von E n g l a n d a n n e k t i e r t würde, w e n n D e u t s c h l a n d j e t z t zögere. 4 ) W o auch H a m b u r g e r Interessen auf d e m Spiel s t a n d e n .

Zusammenwirken Bismarcks und Woermanns

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Mit den hamburgischen Interessenten, besonders mit Woermann, dem „kaufmännischen Bismarck", trat der Kanzler seit April 1884 persönlich in enge Fühlung. Als Vertrauensmann der Discontogesellschaft, wodurch er mit Hansemann und indirekt mit dessen Schwiegersohn v. Kusserow in persönlicher Beziehung stand, und als nationalliberaler Reichstagsabgeordneter war Woermann dem Kanzler ein besonders willkommener Mitarbeiter. E r half im Auftrag Bismarcks Ende April zunächst eine Instruktion für den nach Westafrika zu entsendenden Generalkonsul Nachtigal auszuarbeiten. Bei der Durchführung sollte auf französische Interessen tunlichst Rücksicht genommen werden, und zwar im Hinblick auf die zwischen Bismarck und Ferry vorher abgeschlossene Kolonialentente in bezug auf Ägypten und das Kongogebiet. Am 6. Mai 1884 gab Woermann seinen überseeischen Vertretern Anweisung, im engsten Einvernehmen mit dem Vertreter der anderen deutschen Kamerunfirma, Jantzen und Thormälen, Land und zugehörige Hoheitsrechte zu erwerben, das dann Nachtigal für den deutschen Kaiser in Besitz nehmen sollte. Rechte Dritter sollten hierbei geschont werden. Den Häuptlingen sollten die Vorteile des künftigen Schutzes durch das Reich vorgestellt, und es sollte ihnen das Recht der Abgabeerhebung wie bisher zugesichert werden. Geschenke wollten die beiden Firmen gemeinsam tragen, in der festen Hoffnung auf spätere um so größere Ausdehnung der Geschäfte. E s heißt dann wörtlich: „ E s wäre schade, wenn die Geneigtheit des Fürsten Bismarck, jetzt vorzugehen, nicht benutzt werden s o l l t e . . . . E s ist zweifellos, daß, für den Fall, daß das Land deutsch wird, manche Bestrebungen dahingehen werden, dort ausgedehnte Pflanzungen anzulegen, und dann ist immer gut, wenn das Land bereits in unserm Privat-Eigenthum ist, sodaß wir es später weiter verkaufen können. Sie müssen natürlich versuchen, möglichst billig zu kaufen. Man kann das Land j a beinahe umsonst bekommen" 1 ) Die tatsächliche Durchführung scheint nicht so einfach gewesen zu sein, wie Woermann sie sich wohl gedacht hatte, und wie v. H a g e n sie darstellt 2 ). U. a. bemerkten die Woermann'schen Vertreter, die Häuptlinge seien nicht so selbständig, wie man geglaubt habe. Meist müßten sie sich erst wieder mit ihren Unterführern vereinbaren. Die Engländer hätten auf die Eingeborenen großen Einfluß. Sie hätten von den Verhandlungen Wind bekommen und intrigierten gegen die Deutschen 3 ). Es sei gut, daß das Schiff mit Nachtigal noch nicht da sei. Am 11. wird gemeldet, ein englisches Kanonenboot sei nach Kamerun gekommen, der Kommandant habe den Häuptlingen zugeredet, mit den Deutschen nicht abzuschließen, ehe der englische Konsul da sei. Am 11. Juli abends traf dann die „Möwe" ein, nachdem Nachtigal zuvor ohne Auftrag, aber unter Ausnutzung sehr günstiger Umstände von Togo Besitz ergriffen hatte. Er Unberechtigt wäre es, aus dieser Briefstelle moralische Vorwürfe gegen Woermann abzuleiten, der niemals verleugnete, daß er in der Kolonialfrage nur als Kaufmann handelte (s. u. S. 229 f.). 2 ) Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 385ff. 3 ) 10. Juli 1884. 15*

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Hamburg und die deutschen Kolonialerwerbungen

bestätigte die Woermann'schen Verträge, schloß neue Schutzabkommen mit den Häuptlingen ab und hatte am 14. J u l i bereits das Küstengebiet durch Flaggenhissung dem Reich gesichert.

Der Sommer und Herbst des Jahres 1884 brachten Verhandlungen zwischen Bismarck und den Hamburger Kaufleuten über die Gründung einer West-Afrika-Compagnie, die nach Absicht des Kanzlers die Verwaltung in den neuen Gebieten übernehmen, während dem Reich das Portefeuille des Auswärtigen, des Krieges und der Justiz zustehen sollte 1 ). Die Kaufleute sollten also auch die Hauptkosten für ein Unternehmen tragen, das Bismarck als ein vorwiegend wirtschaftliches, erst sekundär politisches ansah, und dessen wirtschaftliche Verantwortung er ganz ihnen zuschob. Dafür sollten ihnen vorläufig allerdings nur auf dem Papier stehenden Monopole wie Steuern und Bergregale zufallen, und der Schutz des Reichs sollte ihnen im Ernstfall sicher sein 2 ). In Hamburg wehrte man sich hiergegen mit allen Kräften. Im Oktober kam es zur Gründung eines „Syndikats für Westafrika", das aber keine chartered compagny sein, sondern der Regierung nur Auskünfte und Vorschläge über westafrikanische Verhältnisse übermitteln wollte 3 ). Aufschlußreich ist das im Brief von Woermann an Konsul Bieber vom 6. September 1884 entwickelte vorläufige Verwaltungsprogramm hauptsächlich folgenden Inhalts: 1. Über das erworbene Gebiet soll S. M. der deutsche Kaiser nicht das Protektorat, sondern die faktische Oberhoheit übernehmen. Es soll Reichsgebiet werden. 2. Kamerun soll für sich verwaltet werden. 3. Die Begrenzung des Gebiets soll möglichst rasch und möglichst tief ins Innere hinein stattfinden. 4. E s soll ein Zivilgouverneur eingesetzt werden, dem in einem „Kamerunrat" unter seinem Vorsitz etwa vier Kaufleute und zwei frühere Negerhäuptlinge zur Seite stehen. Der Kamerunrat soll die Jurisdiktion gegenüber Europäern und Negern haben. Die Ausübung der Polizeigewalt soll vier Leuten, möglichst ehemaligen deutschen Polizisten übertragen werden. 5. Dauernd soll ein deutsches Kriegsschiff anwesend sein. 6. Die den Häuptlingen weiter zugesicherten Abgaben vom Handel sollen vom Kamerunrat eingezogen und von diesem den Häuptlingen ausgezahlt werden. Später wird es richtig sein, diese Abgaben durch eine Jahresrente abzulösen. 7. Die Jurisdiktion des Kamerunrats soll sich auf das ganze anschließende Gebiet erstrecken. Es wird sich empfehlen, in anderen Plätzen untergeordnete Vertreter des Gouverneurs einzusetzen. 8. Dem Zivilgouverneur muß ein ausrangiertes Kriegsfahrzeug als hulk zur Verfügung gestellt oder ein Regierungsgebäude errichtet werden. 9. „Wenn die deutsche Regierung die Absicht haben sollte, dem neu erworbenen Lande nicht nur Schutz angedeihen zu lassen, sondern auch etwas für dessen Entwicklung zu tun, und dadurch indirekt der Entwicklung des Handels daselbst zu nützen", dann muß dem Kamerunrat Geld für Wegebau zur Verfugung gestellt werden; „ferner dürfte es der Reichsregierung nicht fern liegen, für die Errichtung von Schulen und Missionsanstalten v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 201f. ) Ebendort, S. 181 ff. 3 ) s. Mitteilungen Woermanns darüber in der Handelskammer-Plenarsitzung vom 10. Oktober 1884. 2

Die Hamburger gegen eine kaufmännische Kolonialverwaltung

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zum Lehren der deutschen Sprache, des Schreibens und Lesens und zum Lehren praktischer Handwerke von Anfang an einen Betrag zu bewilligen, ebenfalls für die Erforschung des noch ziemlich unbekannten Hinterlandes." 10. werden bestimmte Grenzregulierungen mit Spanien empfohlen. 11. kommt Woermann auf den schon in der Handelskammer angedeuteten Vorschlag zurück, Fernando Po zu erwerben, zugleich Eloby und die Küstenstrecke beim K a p St. John. Von diesen Stützpunkten aus könnte der Handel ins Hinterland vordringen. 12. Sollte die Küstenstrecke Lome—Bagida nicht festgehalten werden können, so kommt als Kompensationsobjekt die Westseite des Kamerunberges, die Ambas-Bay mit Victoria, in Betracht. 13. Die weitere Organisation kann späterer Zeit vorbehalten bleiben.

Anscheinend begegnete der hamburgische Standpunkt in Berlin keinem rechten Verständnis. Von v. Kusserow war die Idee der mit Schutzbriefen ausgestatteten Kolonialkompagnien mit selbständiger Verwaltung ausgegangen, von der auch Bismarck sich nur schwer trennte. So ist es zu verstehen, daß Woermann in einem Brief vom 24. März 1885 an den Generalkonsul, späteren Kolonialdirektor Krauel in Berlin seine Meinung recht temperamentvoll noch einmal präzisierte. E s handelte sich scheinbar um den Vorschlag, daß das Westafrikasyndikat Victoria, eine Gründung der englischen Mission, erwerben, und daß sich dann dort die deutsche Mission niederlassen sollte. In dem Brief heißt es: „ D a s Syndikat für West-Afrika als solches hat keineswegs irgend welche Mittel zur Verfügung. E s liegt auch nicht in der Absicht der Mitglieder desselben, irgend welche pekuniäre Unternehmungen gemeinsam zu machen. Das Syndikat hat sich seinerzeit auf Veranlassung des Fürsten Bismarck gebildet, und wir betrachten dasselbe lediglich als eine Vereinigung der nordafrikanischen Firmen, um dem Auswärtigen Amt auf Anfrage Auskunft über die Verhältnisse in Westafrika zu erteilen und Vorschläge zur Einrichtung und Verwaltung in den deutschen Gebieten zu machen. D a s Syndikat als solches wird daher niemals Beamte einstellen können, das Syndikat wird auch nicht sich um die Aussendung von Missionaren oder um die Einrichtung von Missionsgesellschaften bekümmern können. Von dem Syndikat wird man Gutachten und Mitteilungen erwarten können, — sonst nichts. — E s hat schon Mühe genug gekostet, die Herren, welche j a sehr verschiedene Interessen haben, so weit zu vereinigen, daß sie sich zur gemeinsamen Tragung der Kosten für einen Sekretär verstanden haben. Speziell haben also alle Mitglieder des Syndikats — bis auf die in Kamerun etablierten Firmen — gar kein Interesse daran, ob in Kamerun deutsche oder englische Missionare tätig sind. E s frägt sich also, welches Interesse die in Kamerun etablierten Firmen an der Erwerbung Victorias haben und daran, daß eine deutsche Missionsgesellschaft statt der englischen daselbst etabliert i s t . " E s folgt dann eine Stelle, in der Woermann ausführt, daß er keine Beträge für allgemeine Zwecke ausgeben könnte, die sich nicht mit dem

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Hamburg und die deutschen Kolonialerwerbungen

geschäftlichen Standpunkt vereinigen ließen, da er nicht für sich allein, sondern für eine große Zahl von Familienmitgliedern zu sorgen habe. Victoria habe zudem einen recht geringen Nutzwert. Er fährt fort: „Ich bitte Sie, geehrter Herr Geheimrat, freundlichst eine Bemerkung zu entschuldigen. Es wird so oft jetzt bei den kolonialen Verhältnissen das Privatinteresse mit dem Staatsinteresse ganz durcheinander geworfen. In Neu Guinea, wo sich die Neu Guinea Compagnie gebildet hat, welche ausdrücklich erklärt, keine H a n d e l s g e s e l l s c h a f t zu sein, sondern welche von großen Gesichtspunkten aus das Land kultivieren, bebauen und verwalten will, da liegen die Verhältnisse anders. Diese Kolonie hat politisch Rücksichten zu nehmen, weil sie gewissermaßen selbst Oberhoheit hat, und kann dafür auch Geld ausgeben; eine solchc Compagnie arbeitet aber mehr für die Zukunft, und es bleibt sich gleich, ob und wann die einzelne Anlage sich verzinst. Wir sind verschiedene einzelne Firmen, deren Mittel nicht dafür ausreichen, Anlagen für die nächstfolgende Generation zu machen. — Wir können uns auch nicht zu gemeinsamer Aktion vereinigen, weil die Interessen zu weit auseinander laufen, und wir auch nie in der Lage wären, unsere kaufmännischen Concurrenten anderer Nationen zu zwingen, sich unseren Anregungen zu fügen. — Bei uns in Kamerun kann derartiges nur von Seiten des Staates geschehen, welcher sich für seine Kosten durch Abgaben von den Einzelnen decken muß. Die Sache ist die, daß in Kamerun nur dann wirklich etwas geleistet werden kann, wenn der Staat dort dieselbe Spekulation macht, welche die Neu Guinea Compagnie in Neu Guinea macht; — die Einzelnen sind in Kamerun nicht mächtig genug, um das selbst tun zu können." Unwillig bemerkte Bismarck zu dem hier präzisierten Standpunkt der hamburgischen Kaufleutc, daß sie entgegen seiner Erwartung „nach gewohnter preußischer oder deutscher Art" die staatliche Fürsorge der Unabhängigkeit vorzögen1). Dabei setzte er aber, wie v. H a g e n richtig bemerkt, eine ideale Kaufmannschaft voraus, die die Kolonialverwaltung übernehmen sollte, — ideal freilich nur im staatlichen, nicht im kaufmännischen Sinn. Weitgehend können die Interessen des Staats und des Handels übereinstimmen, aber stets werden sich gerade dann Friktionen ergeben, wenn die Trennungslinie der verschiedenen Verantwortlichkeiten und Bedingtheiten nicht beachtet wird. Bismarck ist von dem — bei der Ungeklärtheit der damaligen kolonialpolitischen Probleme sehr verständlichen — Irrtum nicht freizusprechen, daß er die aus der Kolonisation erwachsenden Staatsaufgaben zu gering veranschlagte. Sein kolonialpolitisches Manchestertum, ein Produkt aus Resten alter Überzeugung und Opportunismus, führte zu Halbheiten. Die Ungebrochenheit der kaufmännischen, wenngleich nicht manchesterlichen Auffassungen Woermanns hebt sich deutlich davon ab. v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O. S. 191.

Politischer und kaufmännischer Standpunkt

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Zugleich zeigt sich ein anderer Unterschied: Bismarcks politisches Blickfeld umfaßte Preußen, Deutschland, Europa in unerreicht gewaltiger u n d zugleich feinfühligster Zusammcnschau aller unendlich verwirrten Einzellinien und Tendenzen und daneben die überseeischen Interessen, soweit sie in die europäische Politik hineinspielten. Woermann, der kaufmännische Kolonialpionier und Reeder, wurzelte mit Denken und Sein mindestens ebensosehr in Übersee wie in der Elbestadt. Und das war nun, im Zusammenhang der hier behandelten Probleme gesehen, vielleicht das Wichtigste: d a ß in der Politik des noch in den siebziger J a h r e n „saturierten" Reiches jetzt weltweite wirtschaftliche u n d kulturelle Ansprüche angemeldet wurden, und zwar nicht n u r von einer kleinen Zahl Interessierter, sondern vom Volk als Ganzem. Diesen nationalen Eifer zu dämpfen, die auf Expansion drängenden K r ä f t e anzubinden, glaubte Bismarck nicht verantworten zu können, ebenso wie j a auch Woermann, seinen eigenen Worten zufolge, durch diesen Eifer über seine ursprünglichen Absichten und Ansichten hinausgerissen wurde. Hierzu steht es nicht im Widerspruch, d a ß Bismarck selbst in harten Kämpfen n u n erst wieder dem Parlament diese Ziele mehr oder minder aufoktroyierte. Insoweit Bismarck m i t seinen zollpolitischen Schutzmaßnahmen die auf Expansion drängenden K r ä f t e der Wirtschaft selbst materiell herangebildet oder doch zum mindesten ideell ermutigt h a t t e , setzte er allerdings tatsächlich n u r seine Schutzzollpolitik fort. Wie aber auch diese verwickelten Zusammenhänge nationaler und internationaler Art gedeutet werden mögen: so viel steht fest, d a ß damit die Entscheidung f ü r weltpolitisches Denken und Handeln getroffen war, mochte Bismarck sich auch bemühen, das Schwergewicht seiner Politik in Europa zu behalten. F ü r die Z u k u n f t war es von größter Bedeutung, ob die Grenzen der Verantwortlichkeiten zwischen Staat und Wirtschaft so abgesteckt, die politischen Ziele und Methoden so gewählt wurden, d a ß auch der überseeische K a u f m a n n trotz der Begrenztheit seiner politischen Möglichkeiten der deutschen Politik weiter nützlich sein konnte. So wie die Dinge nun einmal lagen, waren Männer wie Woermann f ü r Deutschland von unschätzbarem Wert, — immer vorausgesetzt, d a ß der Staat sich ihrer in der richtigen Weise bediente u n d nichts von ihnen erwartete, das sich mit kaufmännischer Geschäftspolitik und unternehmerischer Verantwortlichkeit nicht vertrug. Der überseeische K a u f m a n n t r a t als neuer politischer Typus der Deutschen zur großen Überraschung des Auslandes in Erscheinung 1 ). !) H e r t z , Das Hamburger Seehandelshaus J. C. Godeffroy, a. a. O. S. 44: „Während das deutsche Binnenland zunächst nur an der Entstehung des Godeffroy sehen Museums in Hamburg und an der dekorativen Stellung des „königlichen Kaufmanns" einiges Interesse nahm, die liberalen Hansestädte in der ganzen Angelegenheit im wesentlichen eine Verirrung sahen, entdeckten die Engländer mit großer Sorge ihre besten Eigenschaften, kühle Berechnung, Unbedenklichkeit und hohe kolonisatorische Begabung plötzlich bei nie erwarteten Fremden wieder, eine Entdeckung, die für das damalige Deutschland nicht minder Uberraschend sein mußte wie für das Ausland."

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Dampfersubvention und Überseebanken

4. D a m p f e r s u b v e n t i o n u n d Ü b e r s e e b a n k e n . Nur relativ kurzer Erwähnung bedürfen zwei wirtschaftspolitische Unternehmungen des gleichen Zeitabschnitts, die mit der Ausbreitung überseeischer Interessen aufs engste zusammenhingen und Hamburg stark berührten: die sog. Postdampfersubvention und die Gründung von Überseebanken. Der Plan einer reichsseitigen Dampfersubvention ging ursprünglich vom Generalpostmeister Stephan aus, und zielte darauf ab, in der Post-, aber auch Frachtverbindung mit den Ländern im Stillen Ozean nicht mehr wie bisher auf die Vermittlung fremder, z. T. subventionierter Dampferlinien angewiesen zu sein: „Der Stellung und Bedeutung Deutschlands im Weltpostverein entspricht es nicht, daß in jenen ausgedehnten und verkehrsreichen Gegenden seine Postflagge nicht weht" 1 ). Aus seiner auf nationalwirtschaftliche Unabhängigkeit und Ausbreitung deutscher Wirtschaftsinteressen abzielenden Ideenrichtung heraus trat Bismarck für den Plan der Subvention ein und legte erstmalig im April 1881 auf ein französisches Subventionsgesetz für die Handelsschiffahrt eine Denkschrift vor. Die hamburgische Reederei und die Handelskammer, letztere unter dem Vorsitz von Woermann, lehnten Subventionen nach französischem Muster völlig ab. In einer Eingabe der Handelskammer wurde bezweifelt, daß die deutschen Reedereien von den französischen subventionierten Ernstliches zu fürchten hätten. Die französischen Prämien bewirkten das Gegenteil von dem, was sie erreichen sollten. Ernstere Gefahr drohe von einer Konkurrenz im Binnenland. Bei Subventionen würde der Schiffsbau über die Grenzen des tatsächlichen Bedarfs hinaus gesteigert werden. Darunter müßten dann aber auch die alten Schiffsgesellschaften leiden 2 ). Man solle der Entwicklung ihren freien Raum und den persönlichen Kräften der Unternehmer ihre Entfaltung lassen. Die deutsche Reederei habe aus eigener Kraft alle Krisen überwunden und stehe jetzt blühender da als je. „Auch ferner wird die deutsche Reederei ihre Ehre darin suchen, den anderen deutschen Industrien zu zeigen, daß deutsche Kraft und Tüchtigkeit auch ohne staatliche Unterstützung imstande ist, die fremde Konkurrenz zu bestehen, und sie hofft, daß ihr Beispiel mit der Zeit auch auf sie nicht ohne Einfluß bleiben wird." Diese stolzen Worte sind aus der hamburgischen Opposition gegen Bismarcks Schutzzollpolitik und aus der damaligen erfreulichen Entwicklung der hamburgischen Schiffahrt zu verstehen. Nach den ernsten Rückschlägen 1)Aus

der Begründung der Vorlage 1884. P. F. S t u b m a n n , Ballin, Leben und Werk eines deutschen Reeders, Berlin 1926, S. 35, meint, daß die Hamburger Reeder 1881 die Subventionen „nicht etwa aus Kraftgefühl, sondern aus Furcht vor Konkurrenz" verworfen hätten. Das kann man aber doch nicht aus dem Text der Eingabe oder aus Freytag herauslesen, auf den er sich beruft. (C. T F r e y t a g , Die Entwicklung des Hamburger Warenhandels, Berlin 1906, S. 49.) Es stimmt auch sicher nicht mit den Tatsachen überein. 2)

Widerstand gegen den ersten Subventionsentwurf

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der siebziger Jahre 1 ) war die Hamburger Reederei in ein Stadium des Aufbaus getreten, das allerdings im blühendsten Zweig, nämlich in der Auswandererbeförderung nach den Vereinigten Staaten, von schweren Konkurrenzkämpfen nicht frei sein sollte 2 ). Das Liniennetz breitete sich gerade in diesen Jahren allseits aus, neu eingerichtet oder erweitert wurden z. B. die Frachtdampferfahrt der Hapag nach Mittelamerika, die Fahrten der Hamburg-Süd nach Brasilien und dem La Plata, die Fahrten der Dampfschiffsgesellschaft „Kosmos" nach der Westküste von Südamerika. Nach Asien allerdings unterhielt nur die „Kingsin-Linie" zweimonatlich je eine Fahrt, doch war sie im kräftigsten Aufstieg. Die Öffnung des Suezkanals hatte 1869 für Hamburg den Zugang nach Asien erst eigentlich erschlossen, eine große Zukunft stand hier noch bevor. Woermanns Westafrikadienst diente vorerst nur seinem eigenen Geschäft, erst 1882 nahm er einen regelmäßigen Dampferdienst auf. 49 Reedereien mit 228 060 Registertons vertraten die Ablehnung der Subvention 3 ). Trotz des Mißerfolgs der ersten Denkschrift legte Bismarck kurz darauf eine zweite vor, die aber nicht auf die Tagesordnung des Reichstags kam. Hier sollte die Subventionierung auf die Privatdampferlinien beschränkt sein, die außer der Warenfracht den regelmäßigen Postdampferverkehr nach Ostasien und Australien übernehmen wollten 4 ). Stephan präzisierte später die Bedingungen der Subventionserteilung, und im April 1884 wurde nun eine entsprechende Gesetzesvorlage beim Reichstag eingebracht. Jetzt, nach grundsätzlicher Zustimmung zu einer Reichskolonialpolitik, war die Lage für die Handelskammer Hamburg verändert. Denn wenn auch, wie gezeigt, die Postdampfersubvention von Hause aus mit der Kolonialpolitik nicht zusammenhing, so waren jetzt innere Beziehungen doch unverkennbar. Hier wie dort handelte es sich im Grunde um die Ausbreitung und Verselbständigung der deutschen Weltwirtschaft mit staatlicher Hilfe. Freilich sollte in der Postdampfersubvention der Staat finanziell unmittelbar wirtschaftsfördernd eingreifen. In dieser Hinsicht wurde aber scharf hervorgehoben, daß nicht mehr, wie bei dem erstenVorschlag von 1861, eine allgemeine Schiffahrtssubventionierung in Frage stehe, sondern daß es sich jetzt um ein Entgelt für spezielle national wichtige Leistungen handle, die die Privatwirtschaft ihrer Unrentabilität wegen nicht übernehmen könne. Besonders Woermann setzte sich jetzt mit dieser Begründung für die Vorlage ein, während andere Mitglieder wiederum starke Bedenken geltend machten. Wichtig war auch die Überlegung, welcher Stadt und Reederei bei der geplanten Ausschreibung die Subvention erteilt werden würde. Man fürchtete in Reederkreisen, sicher nicht mit Unrecht, daß bei Ablehnung durch Hamburg die Sub1) S. oben S. 206. Das Folgende nach M a t h i e s , Hamburgs Reederei, a. a. O., S. 92ff. 3 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O. II, 2, S. 18. 4 ) v. H a g e n , Bismarcks Kolonialpolitik, a. a. O., S. 102. 2)

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Dampfersubvention und Überseebanken

vention an Bremen fallen werde 1 ). Unter dem Einfluß der Reeder, von denen Bolten den Hamburger Staat nötigenfalls mit zur Subvention herangezogen wissen wollte, entschloß sich die Handelskammer zu einem im ganzen zustimmenden Gutachten, zugleich mit der Forderung, daß „Hamburg, sowohl wegen seiner Stellung als erster Handelsplatz Deutschlands überhaupt, als auch weil das Ex- und Importgeschäft nach Ostasien und Australien hier liegt und durch hiesige Rhedereien großgezogen ist, als Ausgangspunkt der zu gründenden Linie festgehalten werde". In veränderter Form kam die Vorlage im November 1884 nochmals an den neuen Reichstag. Es waren nun noch Zweiglinien von Venedig oder Genua nach Alexandria und von Aden nach Bombay sowie eine Linie für den Verkehr mit den afrikanischen Kolonien von der deutschen Küste nach Angra Pequena—Kapstadt—Sansibar vorgesehen. Diese Zusätze hielt die Handelskammer für schädlich, da der Mehrbetrag der Subventionen nach ihrer Ansicht dafür zu gering veranschlagt war In heftigen parlamentarischen Kämpfen gegen seine handels-und kirchenpolitischen Gegner rettete Bismarck 1885 von der Vorlage die australischen und ostasiatischen Linien mit einem Zuschuß von insgesamt 4 Millionen Mark sowie die Zweiglinie Triest—Brindisi—Alexandria mit 400 000 Mark. In Hamburg war man inzwischen eifrig bemüht gewesen, ein hamburgisches Angebot zuwege zu bringen. Obwohl sich die bedeutendsten Reeder darum bemühten und in der Kingsin- und der Sloman-Australlinie j a bereits gute Ansätze vorhanden waren, gelang es nicht, gegen den Norddeutschen Lloyd aufzukommen, da weder das erforderliche Kapital von 10—12 Millionen Mark, hauptsächlich für die geplante Inbetriebstellung von Schnelldampfern für Post-, Fracht- und Passagierbeförderung voll aufzubringen noch ein gemeinsamer Betrieb für die verschiedenen Linien zu erreichen war, wie es der Lloyd verbürgte. Da die Subvention für 15 Jahre erteilt war, so trat erst 1890 die ganze Frage wieder an Hamburg heran. Für den Lloyd wurde die Subventionsfahrt ein Verlustgeschäft 2 ). Das Projekt einer Uberseebank mit Beteiligung oder unter Leitung oder Oberaufsicht des Reichs trat an die Handelskammer zuerst im Mail884 heran. Es ging auf den Reichsbankpräsidenten von Dechend zurück. B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O. II, 2, S. 20; s. auch Handelskammerprotokoll vom 30. April. 2 ) Allein für 1887 betrug der Verlust für den Lloyd 744 361,— Mk. (E. M u r k e n , Die großen transatlantischen Linienreederei-Verbände, Pools und Interessengemeinschaften bis zum Ausbruch des Weltkriegs. Ihre Entstehung, Organisation und Wirksamkeit, Jena 1922, S. 19f.) 1890 wurde aufgrund des neuen Postdampfersubventionsvertrags in Hamburg die Deutsch-Ost-Afrika-Linie errichtet, „die einzige deutsche Reederei, deren Gründung auf eine Anregung der Regierung und Aussicht auf Subvention zurückgeht". Auch für diese Gesellschaft, deren Leitung eng mit der Woermann-Linie verbunden war, waren die Subventionsbedingungen ungünstig. (Näheres M a t h i e s , Hamburgs Seeschiffahrt a. a. O., S. 67.)

Umkehr in der Subventionsfrage. Überseeische Reichsbank

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Doch lag der Gedanke von Bankinstituten f ü r den Außenhandel überhaupt in d e r Luft. Es war ein unhaltbarer Zustand, daß überseeische Handelskredite in Deutschland n u r mit großen Schwierigkeiten und zu ungünstigen Bedingungen zu erlangen waren. P r i v a t e Versuche von Übersee-Filialgründungen der Deutschen Bank, die eigentlich zu diesem Zweck hauptsächlich ins Leben gerufen war 1 ), u n d der Norddeutschen B a n k in Südamerika und Ostasien waren bisher nicht ermutigend gewesen. Es waren dort erhebliche Unregelmäßigkeiten vorgekommen 2 ). Diese Niederlassungen hatten aufgehoben werden müssen. v . Dechends P r o j e k t wollte stärkere Sicherheiten schaffen. Zugleich lag d e r Zusammenhang mit Bismarcks Handels-, Schiffahrts- und Kolonialpolitik auf der H a n d , auch hier handelte es sich darum, einen deutschen weltwirtschaftlichen Zweig, nämlich den Kreditverkehr mit dem Ausland, möglichst selbständig zu machen und die deutsche Zahlungsbilanz durch die Zinsgewinne insbesondere des Rembourskredites und rentabler Auslandsanlagen zu verbessern. Dazu galt es, zunächst Wege zu finden, um den deutschen überseeischen Verkehr von der englischen Valuta unabhängig werden zu lassen. Die Besprechung der Handelskammer mit dem Reichsbankpräsidenten sollte lediglich informatorischen Charakter haben. Man war sich darüber klar, d a ß die Möglichkeit, dem deutschen Wechsel anstelle des Wechsels auf London vermehrten Eingang zu verschaffen, im wesentlichen von der Steigerung des deutschen Exports nach den betreffenden Gebieten abhing. Z. T . sei diese Entwicklung auch schon feststellbar, z. B. im Verkehr mit Brasilien. I m ganzen aber überwiege der Wechsel auf England noch außerordentlich 3 ). Vorgeschlagen wurde zur Abhilfe: 1. womöglich ein niedrigerer Reichsbankdiskont, 2. eine Anknüpfung überseeischer Verbindungen der Reichsbank, etwa so, daß mit deutschen Privatbanken zusammen und unter Heranziehung deutschen Kapitals aus allen Schichten eine Überseebank mit Auslandsfilialen gegründet werden sollte. I n Berlin wurde noch im gleichen J a h r der Entwurf zur Errichtung einer deutsch-überseeischen Bank ausgearbeitet, der sich stark an das Reichsbankstatut anlehnte. Die Aufsicht sollte dem Reichskanzler und den von ihm bzw. vom Kaiser zu ernennenden Beamten übertragen, die Anteilscheine sollten vom Reichskanzler begeben werden. Die Überseeb a n k sollte d a n n Filialen errichten. I n Berliner Bankkreisen wurde dies Projekt im J u n i 1884 f ü r den Fall abgelehnt, d a ß die Regierung die Stempelsteuer nicht zurückzöge. Der Präsident der Hamburger Handelskammer, der Anfang 1885 über die 1

) M a x S t e i n t h a l , Hermann Wallich (Aus der Geschichte der Deutschen Bank), Der deutsche Volkswirt, 1928, 2. Jhrg., Heft 36, S. 1230ff. 2 ) S. „Die Disconto-Gesellschaft, 1851—1901", Denkschrift zum 50jährigen Jubiläum, Berlin 1901, S. 75. 3 ) Stichprobenweise war in einer Hamburger Bank z. B. festgestellt worden, daß von Wechseln über 100 000 £ nur für 2 000 £ auf Deutschland gestellt waren.

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Dampfersubvention und Überseebanken

Angelegenheit Bericht erstattete, glaubte, daß dieser Vorwand zur Ablehnung den Bankierkreisen sehr erwünscht gewesen sei. In Berlin — d. h. wohl seitens der Regierung und Reichsbank — erwarte man eine zustimmende Haltungs Hamburgs. Auch für dies Projekt setzte sich Woermann ein, da private Kreise die verlustbringenden Gründungen nicht alleine tragen könnten 1 ). Die überwiegende Meinung in der Handelskammer entschied sich aber gegen eine überseeische Reichsbank. Daraufhin gaben auch die Reichsregierung und Hansemann, die gegenüber dem ablehnenden Standpunkt der Berliner Bankwelt in Hamburg Rückhalt gesucht hatten, das Projekt auf. In den folgenden Jahren spezialisierte sich das Interesse der Regierung und der Berliner Kreise auf den Plan einer Deutsch-Asiatischen Bank, die mit Hilfe der Seehandlung, des Preußenkonsortiums und großer Privatbanken ins Leben gerufen werden sollte. Der Statutenentwurf hierzu stammte von der Discontogesellschaft. „ N a c h d e m endlich die rechtlichen G r u n d l a g e n in befriedigender Weise gewonnen waren, e n t s t a n d die schwierige Frage, wie die B a n k f ü r ihr K a p i t a l gegen die Gefahren der V a l u t a s c h w a n k u n g e n in Ostasien zu schützen sei. D a s v o n einer Seite vorgelegte P r o j e k t , die B a n k m i t Silberthalern v o n 3,— Mk. zu fundieren, d i e v o n der R e i c h s b a n k zu e n t n e h m e n seien, m i t der V e r p f l i c h t u n g , den B e t r a g in Gold d u r c h eine l a n g e Reihe v o n J a h r e n allmählig zurückzuzahlen, w u r d e v o n den Mitgliedern des K o n s o r t i u m s a n g e f o c h t e n , aber v o m Reichskanzler gebilligt u n d schließlich a n g e n o m m e n . Der Reichs b a n k p r ä s i d e n t v . Dechend erhob aber so energisch Widerspruch, selbst, als der J u s t i z m i n i s t e r d e n Vorschlag f ü r rechtlich vereinbar erklärt h a t t e mit den S t a t u t e n der R e i c h s b a n k , d a ß d e r Kanzler das P r o j e k t fallen ließ. Es w u r d e n n u n v o n den vereinigten B a n k f i r m e n die weiteren V e r h a n d l u n g e n d u r c h die Disconto-Gesellschaft n a c h i h r e m E n t w ü r f e fortgesetzt. Sie f ü h r t e n endlich am 12. F e b r u a r 1889 zur G r ü n d u n g der „Deutsch-Asiatischen B a n k " m i t dem Sitz in Shanghai" 2 ).

Die Bank, die in der Folgezeit ihr Kapital von 5 auf 7,5 Millionen Taels erhöhte und ausländische Filialen gründete, davon eine in Indien, diente vor allem dem Handel, aber sie betrieb auch Emissionen von chinesischen und japanischen Staatsanleihen und von industriellen Unternehmungen, ferner Hypothekengeschäfte und Notenausgabe. Sie stand in enger Fühlung mit der Regierung 3 ), vertrat die gesamte deutsche Hochfinanz und gehörte seit 1890 dem damals gegründeten „Konsortium für asiatische Geschäfte" an, an dem von Hamburg die Norddeutsche Bank und L. Behrens u. Söhne teilnahmen. Wenngleich die Geschäftsführung der Bank starke Kritik erfuhr, ist ihr doch die Zurückdämmung des bis dahin allein herrschenden s. Protokoll der H a n d e l s k a m m e r . Die H a l t u n g W o e r m a n n s ist z. T . aus seiner nationalen Einstellung z. T . wohl d a r a u s zu erklären, d a ß er H a n s e m a n n u n d der Discontogesellschaft n a h e s t a n d , die als einzige damals der Regierung sekundierte. (Denkschrift der Disconto Gesellschaft, a. a. 0 . , S. 213). An sich h a t t e dies P r o j e k t einer in Berlin zentralisierten, v o n der Regierung kontrolliertenÜberseebank v o m hamburgischen Standp u n k t aus e r n s t e Bedenken. 2 ) D e n k s c h r i f t der Disconto-Gesellschaft, a. a. O. S. 213 f. 3 ) Die W a h l des Aufsichtsratspräsidenten w u r d e v o n der Bestätigung d u r c h den Kaiser abhängig g e m a c h t .

Gründung von Auslandsbanken

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englischen Kapitals als Verdienst anzurechnen 1 ). Doch konnte nicht verhindert werden, daß deutsche Kaufleute auch mit englischen Banken weiter arbeiteten, die auf Grund ihrer größeren Depositenkraft oft bessere Bedingungen gewähren konnten. Uberhaupt aber muß man sich die Bindung der überseeischen Kaufleute an die Banken des eigenen Landes und umgekehrt die Widmung der Banken für die Förderung der nationalen Wirtschaft und nationalen Politik elastisch vorstellen, wie es ja bei Geltung freier Konkurrenz nicht anders sein kann. Weder Kaufleute noch Industrielle können auch bei „nationaler Expansion" das Gewinnstreben zurückstellen 2 ), das allerdings auf die verschiedenste Weise und auf die Dauer meist am besten im Rahmen einer Förderung der eigenen nationalen Wirtschaft befriedigt werden kann. Durch Gründung von Auslandsbanken und umgekehrt durch Niederlassungen ausländischer Filialen im eigenen Stadtbezirk stieg in der Folgezeit auch Hamburg wieder zum Rang eines internationalen Finanzplatzes auf, freilich nur zweiten oder dritten Grades. Die Deutsehe Bank, die sich wiederum als erste seit 1886 an der Gründung von Auslandsbanken sehr stark beteiligte, hatte schon 1872 eine Niederlassung in Hamburg errichtet. Die Discontogesellschaft war bereits in den siebziger Jahren mit der Norddeutschen Bank in Verbindung getreten, die dann 1895 in ihr aufging. 1892 folgte die Dresdner Bank mit einer Niederlassung in Hamburg, 1896 die Mitteldeutsche Privatbank, 1912 die Darmstädter Bank. Mit dem Hauptsitz in Hamburg wurden gegründet 3 ): die Brasilianische Bank für Deutschland 4 ), die Bank für Chile und Deutschland 5 ), die 1 ) Ausführlicher hierüber K a r l S t r a s s e r , Die deutschen B a n k e n im Ausland, a. a. O. S. 112ff., ferner F r i t z B e n f e y , Die neuere E n t w i c k l u n g des deutschen A u s l a n d b a n k wesens 1914 bis 1925, Berlin/Wien 1925, S. 81 ff. 8 ) A u s der F e s t s c h r i f t der Brasilianischen B a n k f ü r Deutschland, zit. bei S t r a s s e r , Die d e u t s c h e n B a n k e n im Ausland, a. a. O., S. 25: „Gewiß f i n d e n in einer deutschen Übers e e b a n k die geschäftlichen Beziehungen zu Deutschland i h r e n Kristallisationspunkt, wie in einer englischen diejenigen zu E n g l a n d , in beiden Fällen sinkt aber dieser U m s t a n d auf d a s N i v e a u einer begleitenden Erscheinung, ebenso wie der U m s t a n d , d a ß das S t a m m k a p i tal, die kontrollierende Zentralleitung, die höhere B e a m t e n s c h a f t d e m europäischen Mutterl a n d e angehören. Z u r ü b e r r a g e n d e n B e d e u t u n g gelangt vielmehr ausnahmslos die konk u r r i e r e n d e B e t ä t i g u n g auf d e m überseeischen lokalen Wirtschaftsgebiet, ohne j e d e Rücksicht auf die N a t i o n a l i t ä t , also das „eigene W u r z e l n schlagen" im f r e m d e n L a n d e " . — Es ist d e m aber h i n z u z u f ü g e n : W o erst einmal Wurzel geschlagen ist, k a n n eine derartige B a n k d a n n a u c h vorzugsweise die Interessen v o n H a n d e l , Schiffahrt u n d I n d u s t r i e des eigenen L a n d e s befördern, u n d das h a b e n die deutschen A u s l a n d s b a n k e n auch getan. Z. T . w a r e n sie geradezu Agenturen deutscher Industrie- u n d E x p o r t f i r m e n . ( S t r a s s e r , Seite 25.) 3 ) Die f o l g e n d e n A n g a b e n n a c h A. H ü b b e , D a s B a n k w e s e n , H a m b u r g b u c h der D e u t s c h e n A u s l a n d s - A r b e i t s g e m e i n s c h a f t , a. a. 0 . , S. 114 f. 4 ) G e g r ü n d e t 1887 v o n der Disconto-Gesellschaft u n d der Norddeutschen B a n k , Zweign i e d e r l a s s u n g e n : Rio de J a n e i r o , Santos, Sao Paolo u n d P o r t o Alegre. 5 ) G e g r ü n d e t 1895 v o n denselben; Zweigniederlassungen: Valpareiso, Santiago, Concepción, T e m u c o , A n t o f a g a s t a , Victoria u n d Valdivia.

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Dampfersubvention und Überseebanken

Deutsche Afrika-Bank 1 ). Auch die Übersee-Banken, die ihren Hauptsitz in Berlin hatten, hatten Zweigniederlassungen in Hamburg 2 ). Das Zusammenwirken zwischen Hamburg und Berlin bei Gewährung kaufmännischer Uberseekredite, bei Emission überseeischer Anleihen uws. gestaltete sich sehr harmonisch. In Hamburg bedurfte man, um die kommerziellen Aufgaben im Verkehr mit Ubersee durchzuführen, des Berliner Kapitals. Auch konnte man nun über die Londoner Filialen deutscher Banken, die ihren Sitz in Berlin hatten, billigeren Londoner Kredit bekommen. In Berlin andererseits war man froh, den Rat und die Geschäftserfahrung der überseekundigen Hamburger zur Seite zu haben. Denn in diesen Dingen war man in der Reichshauptstadt doch ein gutes Teil binnenländischer und bürokratischer. Vorbildlich für alle derartigen Institute waren die von der Norddeutschen Bank zuerst ausgebildeten Geschäftsführungsprinzipien, nach denen die überseeischen Filialen einer sehr scharfen Kontrolle durch das Mutterhaus unterworfen waren. Valutarisiken wurden durch volle Deckung aller auf ausländische Währung lautenden Geschäfte vermieden. Die an der Wirksamkeit der Institute geübte Kritik ist meist, wie angedeutet, auf falsche und übertriebene Erwartungen zurückzuführen, die an sie geknüpft wurden, ferner aber auf eine Unterschätzung der überragenden Stellung Londons als Geld- und Kapital-Markt und Großbritanniens als Handels- und Industriemarkt. Schon in jener Hamburger Beratung der Handelskammer von 1884 zur Frage einer staatlichen Uberseebank war mit voller Klarheit erkannt worden, daß der deutsche Wechsel nur im Maß der Ausdehnung des deutschen Exports vordringen könne. Die Ausfuhr zu heben, die deutsche Handels- und Zahlungsbilanz in den Grenzen des Möglichen gegen eine starke und vielfach überlegene Konkurrenz anderer Kapital-, Handels- und Industriemächte zu verbessern, haben sich alle deutsche Auslandsbanken eifrig und in weitem Umfang erfolgreich bemüht, und dies war ja auch der Zweck, den Bismarck mit ihnen verfolgte 3 ). Gegründet 1906 von denselben: Zweigniederlassungen: Swakopmund, Lüderitzbucht, Windhuk. 2 ) Auch zwischen dem hamburgischen Bankwesen und nichtdeutschen Banken in Europa bestanden enge Beziehungen; die Nordd. Bank hatte sich z. B. an der Gründung führender Institute in Italien, Rumänien, Bulgarien beteiligt. 3 ) Bismarck dachte vor allem nicht an eine rein politische Kapitalexpansionspolitik. Wenn man den deutschen Banken den Vorwurf gemacht hat, daß sie in der Gewährung politischer Kredite versagt hätten (s. z. B. Fr. L e n z , Wesen und Struktur des Kapitalexports vor 1914, weltwirtschaftliches Archiv, 18. Band 1922), so wird dabei verkannt, daß die politische Kapitalexpansion für die älteren und mit weit größeren Überseebesitzungen ausgerüsteten Kapitalmächte England und Frankreich viel leichter war, und daß die nationale Wirtschaft jedenfalls bei einer außenpolitisch orientierten Kapitalpolitik gelitten hätte, ohne daß andererseits der politische Erfolg sicher gewesen wäre. Für die Aera Bismarck kann man es als charakteristisch betrachten, daß sie eine politische Raumeroberung durch das nationale Kapital noch nicht kannte und auch in diesem Sinn zweifellos nicht „imperialistisch" war.

Kapitalzentrum Berlin. Verhältnis zum Reich

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5. Die a u s g e h e n d e Ä r a B i s m a r c k . Indem nun die Berliner und Hamburger Banken ebenso wie der Hamburger Handel und die Schiffahrt Schrittmacher der deutschen Industrie wurden, schlössen sie sich allmählich untereinander und mit dieser eng zusammen. Auf die verschiedenste Weise wuchsen die Zweige der Wirtschaft des neuen Reichs organisch ineinander, teils durch die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Ziele, die dann auch in rein politischer Richtung gemeinsame Marschrouten verschiedener Wirtschaftszweige und -Schichtungen erzeugte, teils, damit zusammenhängend, durch persönliche Fühlungnahme der Großunternehmer, teils durch natürlich-geographisches Ineinandergreifen der einzelnen Reichsgebiete und ausländischen Interessenzonen, teils endlich durch die Maßnahmen staatlicher Wirtschaftspolitik. Diese beeinträchtigten freilich die organische Natur des Prozesses, indem sie unvermeidlicherweise die Interessen bestimmter Wirtschaftsschichten vorzugsweise unterstützten. Zugleich hatte sich doch aber auch der Staat das Ziel des sozialen Ausgleichs gesteckt, durch den Arbeit und Kapital, Landwirtschaft, Industrie und Handel, reich und arm, Klein- und Großbetrieb im deutschen Gesamtgebiet enger aneinander gebunden und teilweise miteinander versöhnt und gegenseitig ergänzt werden konnten. Wenn der Hamburger Hafen wirtschaftlich erst von 1888 an Reichshafen war, so befestigten sich die Beziehungen zur deutschen Industrie doch schon vorher offensichtlich. In Hamburg selbst drang schon seit Ende der siebziger Jahre die westfälische Kohle ein, neben der allerdings die bis dahin alleinherrschende englische einen wichtigen Rang behielt. Der Außenhandel zeigte fortwährend ein weiteres Ansteigen der industriellen Ausfuhr, absolut und im Verhältnis zur Gesamtausfuhr, die hamburgische Schiffahrt beförderte immer mehr Produkte deutschen Gewerbefleißes und dehnte im Zusammenhang hiermit ihr Liniennetz aus. Im Handelstag und politisch vorzugsweise in der nationalliberalen Partei ergaben sich gemeinsame Berührungspunkte mit der Industrie. Durch Vertrauensposten in Großbanken, die ihrerseits die Industrie finanzierten und in ihren Aufsichtsräten auch maßgebende Großindustrielle enthielten, wurde eine weitere Fühlung hergestellt. Als Pfadfinder und Wegbereiter des deutschen Industrieexports, an dem sie steigendes Interesse hatten, verleugneten die Hamburger doch nicht ihre auf möglichste Freiheit des internationalen Handelsverkehrs abzielenden handelspolitischen Anschauungen. Vor allem aber kämpften sie gegen alle Monopolpläne und gegen die agrarischen Tendenzen, die auswärtige Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse immer weiter zu behindern. Wie gegen das Tabakmonopol, so erklärte sich Hamburg auch gegen die Pläne eines Branntweinmonopols 1 ). Daß die Handelsvertrags*) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. 0 . II, 1, S. 166ff.

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Die ausgehende Ära Bismarck

politik seit 1883 zu einigen Verträgen überging, die die Zollsätze banden oder teilweise ermäßigten, begrüßten die Kaufleute sehr. Ein Handelsvertrag mit Spanien im Jahr 1882 fand dagegen scharfe Kritik, weil nach der sog. Spritklausel nur solcher Spiritus als deutsche Ware behandelt werden sollte, der aus deutschem Rohspiritus in Deutschland hergestellt war, aber nicht der im Hamburger Freihafengebiet aus fremdem Rohspiritus fabrizierte. 1 ) Der heftige Widerstand erklärt sich daraus, daß solcher Spiritus noch immer eine sehr beliebte Rückladung war, und daß die Spiritusindustrie im Freihafen von seinem Vertrieb existierte. Der Kampf gegen die Spritklausel half aber nichts. Die relativ autonome, aber ziemlich maßvolle Zollpolitik der Bismarckschen Ära gab dem Handel zwar zum Teil eine andere Richtung, brachte ihm aber doch indirekt durch Kräftigung der binnenländischen Wirtschaft mehr Nutzen als Schaden2). Auch fielen für den Hamburger Handel unmittelbar besondere Vergünstigungen in der Kolonialpolitik ab, wobei z. B. die Fa. Woermann für die Verwertung von Faserstoffen in Kamerun eine monopolartige Stellung erlangte. Aber mit der materiellen Stärkung und psychischen Ermutigung der binnenländischen Wirtschaft waren nun allerdings zugleich Begehrlichkeiten erweckt, die sich innen- und außenpolitisch verhängnisvoll auswirken konnten, wenn nicht eine mit feinem Instinkt für die ökonomischsoziologischen Untergründe begabte und verantwortungsbewußte Politik auch fernerhin betrieben wurde. Das Tempo der politisch-wirtschaftlichen Veränderungen ist kaum faßlich: zwanzig Jahre vor Bismarcks Abgang hatte es noch kein Reich gegeben; noch in den siebziger Jahren konnte das Reich als „saturiert" gelten; jetzt pochte es bereits laut an Tore der Welt. Innerpolitisch war die soziale Frage mit Macht aufgetaucht. Alle Parteien ökonomisierten und „sozialisierten" sich, d. h. paßten sich den neuen wirtschaftlichen Schichtungen weitgehend an 3 ), insbesondere aber war die schon im konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes vertretene, infolge der Wirtschaftskrisis der siebziger Jahre gewaltig wachsende Sozialdemokratie als Partei eines bestimmten Standes, der Handarbeiter, „sozialisiert". Bismarck versuchte, die politischen Gefahren, die er von der Sozialdemokratie für die Nation fürchtete, durch das Sozialistengesetz zu beseitigen, gleichzeitig aber sozialpolitisch-autoritativ die Lebensbasis der Arbeiterschaft zu sichern. In Hamburg hatte sich bereits seit den fünfziger Jahren unter dem Eindruck der Enttäuschung von 1848/49 und der demokratischen Mißerfolge B a a s c h , a. a. O., S. 79ff. Über die Gefahren, die Bismarcks Zollpolitik bei längerer Dauer und sich verschärfendem internationalem Kampf in sich trug s. u. S. 244. 3 ) K a r l L a m p r e c h t , Zur jüngsten deutschen Vergangenheit, Freiburg i. Br. 1904, II, 2, insbesondere S. 130 ff. 2)

.Sozialisierung" der Parteien und Arbeiterbewegung

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eine immer stärkere Arbeiterbewegung entwickelt. Der Bildungsverein von 1845 war unter polizeiliche Kontrolle gestellt worden, weil er verfolgten Anhängern der kommunistischen Bewegung die Flucht nach England und Amerika ermöglicht hatte 1 ). Die Spaltung zwischen Lassalleanern und Marxisten hatte zunächst die Wahlergebnisse der Arbeiterpartei noch sehr beeinträchtigt. Seit der Einigung in Gotha war dann ihre Stoßkraft dauernd gewachsen. Hinzu kam die Gründung von Fachgewerkschaften und die dauernde Vermehrung der Arbeiterschaft, hauptsächlich seit dem Beginn der modernen Werftindustrie. Schon 1878 betrug der Wahlanteil der Sozialdemokraten an den Reichstagswahlen: 4 1 % , 1881: 3 9 % und stieg dann fortdauernd bis 1898 auf 6 2 , 5 % . Auf bürgerlicher Seite konnte man sich in Hamburg weder für Bismarcks Kampf gegen die „Auswüchse der Sozialdemokratie" noch für sein sozialpolitisches Programm sonderlich erwärmen 2 ). Der „Reichstagswahlverein von 1884", an dessen Spitze u. a. Woermann stand, konnte nur den einen bürgerlichen Wahlkreis vorläufig retten 3 ). Der im Oktober 1880 verhängte Belagerungszustand wurde zunächst so mild als möglich gehandhabt, erst allmählich ging man, hauptsächlich auf dauerndes Betreiben Preußens, zu schärferen Maßnahmen über, aber nur bis 1888 4 ). Bezeichnend ist die von B a a s e h 5 ) festgestellte Tatsache, daß man in den hamburgischen maßgebenden Kreisen die sozialreformerische Richtung der Sozialdemokratie noch für verderblicher hielt als die rein politische; „sie war schon verfemt als eine Annäherung an die sozialpolitischen Ideen Bismarcks". Wie der Hamburger Kaufmann der staatlichen Sozialpolitik nie, auch nicht in der nachbismarckischen Zeit, wirkliche Liebe entgegenbrachte 6 1 ) R i c h a r d P e r n e r , Die Arbeiterbewegung, Hamburgbuch der Deutschen AuslandsArbeitsgemeinschaft, a. a. O., S. 48 ff. 2 ) B a a s c h , Geschichte Hamburgs 1814 bis 1918, a. a. O. II, S. 226: „An eine Gemeingefährlichkeit der sozialistischen Bestrebungen wollte man in Hamburg nicht recht glauben; man sagte sich: „Bei uns in Hamburg hat das nichts zu sagen; unsere mit dem Handelsstand direkt in Berührung stehenden Arbeiter denken nicht daran, ihre gesicherte Lebensstellung aufs Spiel zu setzen, und deshalb sind wir außer Gefahr." Diese damals hier weitverbreitete Ansicht sollte freilich durch die Ereignisse bald gründlich widerlegt werden. Es kam hinzu, daß man sich mit einer A r t von republikanischem Stolz brüstete, daß Hamburg den Ausgewiesenen ein Asyl gewäh re. Jedes Vorgehen auf Grund des Sozialistengesetzes galt als „preußischer Servilismus"." Zwischen Fortschrittlern und Sozialdemokraten kam es zu einem Bündnis. Ihm war die hamburgische Unzufriedenheit mit Bismarcks Handelspolitik günstig. 3 ) 1881 hatte die Sozialdemokratie den ersten Sitz in Hamburg erobert, 1882 und 1883 die zwei weiteren Wahlkreise, 1884 verlor sie den dritten Wahlkreis, seit 1890 hatte sie dann alle Wahlkreise inne. 4 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg, a. a. O., 2. S. 242. 5 ) Ebendort, S. 236. 6 ) Als Vertreter des privatwirtschaftlich-kaufmännischen Prinzips war der Hamburger Großhändler geneigt, Fragen des Lohnes und der sozialen Abgaben vom Kostenstandpunkt zu behandeln. Soziale Sentimentalität kannte er nicht, der selbst mit vollem Einsatz

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Wiskemann.

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Hamburg, der „neue K u r s " in Deutschland und der Imperialismus

und die weitgehenden Ansprüche der sozialen Bewegung auf dem Gebiet des Ökonomischen selbst nicht anerkennen mochte, so stand er überhaupt in Gefahr, über dem ökonomischen Auftrieb und seinen speziellen Aufgaben die Beachtung der soziologisch-ökonomischen Machtumschichtungen zum eigenen Schaden zu vernachlässigen. Die persönliche Opposition gegen den Kanzler hörte in Hamburg erst eigentlich auf, als dieser von seinem jugendlichen Monarchen entlassen wurde und sich grollend nach Friedrichsruh zurückzog. 6. H a m b u r g , d e r „ n e u e K u r s " in D e u t s c h l a n d u n d d e r I m p e r i a lismus. Der „neue K u r s " Wilhelms II. führte für Hamburg in mehr als einer Hinsicht eine neue Zeit herauf. In dem nun mit aller Macht beginnenden weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Kampf um den Lebensraum der deutschen Nation war die Stadt mit ihrem Hafen und Handel eines der wichtigsten Glieder. In ihr, ferner in Bremen und in weiterem Abstand in Emden drängte sich j a die deutsche Meeresküste auf engem R a u m zusammen. Später als die übrigen Großstaaten, weniger gesichert an allen Grenzen, ohne die Tradition einer Seemacht, ohne große Führerpersönlichkeiten und darum ohne innere Sicherheit begann das Reich die weltpolitischen Bahnen zu betreten. War Bismarcks Flug in die Kolonial- und Weltsphären noch vom festen Boden der ihm vertrauten europäischen Politik aus erfolgt, ohne sich je sehr weit von ihm zu entfernen, so steuerte Wilhelm II. jetzt ins Unbekannte hinein. Seine Politik war weder noch konnte sie eine Fortsetzung der Bismarckschen sein, auch wenn sie nicht in unglücklichster Weise mit der Kündigung des deutsch-russischen Rückversicherungsvertrags begonnen, auch wenn sie sich der Maximen des großen Kanzlers befleißigt, seine Kombinationen und Methoden beibehalten und sich unnötiger Allerweltsunternehmungen und Redseligkeit enthalten hätte 1 ). Die kontinental-europäischen Lebensformen der großen Nationen waren ausnahmslos in einem Strukturwandel begriffen. Der Drang zum Meer, zur Raumbeherrschung,— das Expansionsstreben wachsender, national ehrgeiziger, militärisch gerüsteter Bevölkerungen und ungeheuer gesteigerter Wirtschaftskräfte charakterisieren „das Zeitalter des Imperialismus" 2 ). In England zuerst war die Entdeckung gemacht, daß moderne Staaten, im Gegensatz zu den griechischen Stadtstaaten des Altertums, ihrem Wesen seiner Kräfte zu arbeiten gewohnt war. Wo dagegen wirkliche Not herrschte, war es alte Hamburger Art, im stillen wohltätig einzugreifen. !) Max L e n z , Deuschland im Kreis der Großmächte, 1871—1914, Berlin 1925, S. 34 f. 2 ) Imperialismus ist mit F r i e d j u n g hier im historisch engeren Sinn verstanden, den der Begriff im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert erlangt hat.

Politik der Welträume

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nach beliebig groß sein könnten 1 ). In der Tat — erst jetzt, von einem Seeley, einem Düke und Männern der gleichen Richtung, wurde nach über 350 Jahren die neue Welt noch einmal entdeckt. Nachdem der Merkantilismus die überseeischen Besitzungen zu einem Annex der Krone und zu einem Ausbeutungsobjekt privilegierter Handelsgesellschaften gemacht, nachdem dann der Freihandel sogar in England sie ohne jede nationale Begeisterung als Früchte der Eroberung betrachtet hatte, die im Reifezustand von selbst abfallen würden, wurden jetzt ganz neue Ausdehnungsmöglichkeiten für Politik, Kultur, Wirtschaft und Religion der Muttervölker in ihnen erkannt; und in der engen inneren Vereinigung mit ihnen, wie sie durch die neuen Verkehrsmittel technisch ermöglicht wurde, entdeckte man eine höhere Stufe der Nation. Eine eigentliche Unterbrechung hatten die englischen und französischen Landerwerbungen nie erfahren. In den achtziger Jahren aber war, teils veranlaßt durch die deutsche Kolonialpolitik, teils ohne Zusammenhang mit ihr, ein neuer Landhunger auch bei den übrigen Völkern erwacht 2 ). England besetzte 1885 das Nigergebiet, Britisch-Ostafrika, Betschuanaland und leitete die Erwerbung des Matabele-, Swazi- und Nyassalandes ein. Außerdem nahm es den Südostteil von Neuguinea, während die Westhälfte an Holland kam. Frankreich eignete sich die zahlreichen von de Brazza im Kongogebiet erforschten Länder an, erwarb das Protektorat über Madagaskar und den Besitz von Annam und Tongking. Italien besetzte 1885 Massaua und erwarb vorübergehend das Protektorat über Abessinien. Für Deutschland lagen die weltpolitischen und wirtschaftlichen Verhältnisse am weitaus schwierigsten, da es am spätesten in den Wettbewerb um den Erdraum eingetreten war. Uberall wurde es von jetzt an als Störenfried empfunden. Wo es Handelsinteressen anmelden oder schützen wollte, schloß J . R. S e e l e y , Die Ausbreitung Englands, Vorlesungen der siebziger Jahre, herausgegeben von K. A. v. Müller, Stuttgart 1928. „Für die Griechen ist Stadt und Staat so vollkommen eins, daß ihre Sprache bekanntlich für beides den gleichen Ausdruck hatte. Obgleich Aristoteles Flächenstaaten wie Mazedonien und Persien kennt, schließt er sie in seiner „Politik" von der Behandlung vollständig aus. Viele der von ihm aufgestellten Grundsätze beweisen, daß sie ihm gar nicht als Staaten im eigentlichen Sinn erscheinen, eben weil sie keine Städte sind Die moderne Auffassung andererseits — und wenige wissen, wie modern sie ist, und wie allmählich sie entstanden ist — geht dahin, daß die Angehörigen eines Volkes und einer Sprachgemeinschaft im allgemeinen auch eine Regierung haben sollen." Während im Altertum die Auswanderer aus dem Stadtstaat naturgemäß ausgeschieden seien, ziehe der moderne Staat mit dem Auswanderer übers Meer. „Darin liegt, wird aber besser doch noch besonders erwähnt, daß der Bau des modernen Staates eine unbegrenzte territoriale Ausdehnung gestattet, die dem antiken Staate unmöglich war." Prägnanter sagte später C e c i l R h o d e s „Nachdem ich die Geschichte anderer Länder gelesen hatte, sah ich, die Ausdehnung sei alles, und da die Oberfläche der Welt beschränkt ist, muß es unsre Aufgabe sein, so viel von ihr zu nehmen, wie wir irgend haben können." (Zit. bei H. F r i e d j u n g , Das Zeitalter des Imperialismus, Berlin 1919, S. 73) 2 ) P. L e u t w e i n , Kolonien und Kolonialpolitik, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Auflage. 16*

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Hamburg, der „neue Kurs" in Deutschland und der Imperialismus

man ihm die Tür. Frankreichs Kolonialpolitik hatte stets merkantilistisch abschließende Tendenzen. Die großbritannischen Besitzungen, die bis 1846 in der Einfuhr ihrer Erzeugnisse eine Vorzugsbehandlung im Mutterlande genossen hatten, wollten sich diese wiederum sichern, unter ihnen vor allem Kanada. 1887 wurde auf der ersten britischen Kolonialkonferenz der Wunsch nach einem 2prozentigen Reichszuschlagszoll auf ausländische Waren erhoben. Die Furcht vor der zunehmenden deutschen Konkurrenz brachte jetzt sogar Freihändler zum Gedanken der Vorzugsbehandlung zwischen Mutterland und überseeischen Besitzungen, bis dann 1896 Chamberlain diese Idee offiziell mit aller Energie aufgriff. Außer vor diesen äußeren Schwierigkeiten stand die deutsche Handelspolitik vor einer inneren Krise. Manche Befürchtungen, die man ihr in Ham* bürg entgegengebracht hatte, bestätigten sich jetzt. In zwiefacher Hinsicht führte Bismarcks handelspolitisches System, so sehr es die nationalwirtschaftlichen Fundamente gestärkt hatte, auf längere Dauer das Reich in ein Dilemma hinein: Auf der einen Seite steigerten die Schutzzollgesetze zwar die Möglichkeit, aber auch die Notwendigkeit des Exports. Denn sie halfen zweifellos die Industrialisierung zu beschleunigen, die wiederum eine rapid wachsende Arbeiterbevölkerung mit großem Nahrungsbedarf zur Folge hatte. Andererseits bestärkten sie das Ausland in seiner eigenen protektionistischen Abwehr gegen den deutschen Export und reizten es zu einer feindseligen Handelspolitik. Die nicht unbeträchtlichen Erhöhungen des Zolltarifs 1885 und 1887 hatten hierzu wesentlich beigetragen. Unter Bismarck waren die Zölle in der Hauptsache autonom festgesetzt worden. Gleichzeitig war aber das Reich durch die im Frankfurter Frieden Frankreich auferlegte ewige gegenseitige Meistbegünstigung in den Mitgenuß aller Vorteile gekommen, die dieser Staat anderen Ländern eingeräumt hatte. Dieser „ideale" Zustand konnte nicht ewig dauern. Er mußte ein Ende finden, als Frankreich zum 1. Februar 1892 seine Handelsverträge kündigte, und als gleichzeitig auch noch eine Reihe anderer deutscher bezw. europäischer Handelsverträge ablief. Es drohte jetzt eine allgemeine handelspolitische Anarchie, in der der Stärkere sein Recht suchte. Deutschland aber war dabei in der abhängigsten und darum prekärsten Lage von allen Großstaaten. Dazu kam erschwerend für die Nahrungsversorgung eine zeitweise beträchtliche Erhöhung der Getreide- und Mehlpreise in den Jahren 1887 bis 1891. Zwei Wege konnten nun gewählt werden: Entweder Beibehaltung des bisherigen Prinzips der autonomen Zölle und der allgemeinen Meistbegünstigung, wobei aber im Einzelfall und auf kürzere Fristen spezielle vertragliche Zollbindungen oder Zollermäßigungen hätten stattfinden können, wie das auch schon bisher geschehen war; oder aber man mußte zu einem ausgedehnten Vertragssystem mit Zollermäßigungen und mit längeren Bindungen übergehen. Der erste, im Prinzip autonomeWeg ermöglichte die Ausnützung günstiger wirtschaftspolitischer Situationen von Fall zu Fall,

Caprivis Übergang zu langfristigen Handelsverträgen

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setzte aber ein sehr geschicktes Lavieren und ein weiteres Spezialisieren des Tarifs voraus und mußte praktisch zu einem dauernden handelspolitischen Machtkampf mit anderen Staaten, zu einer Erhöhung des internationalen Zollniveaus und zu einer dem Handel höchst unerwünschten Labilität der Zollverhältnisse führen. Bekanntlich wählte Caprivi den zweiten Weg. Im Grundsatz blieb es jetzt bis 1914 bei der langfristigen Handelsvertragspolitik mit Vertragszöllen. Nur wurden späterhin gelegentlich der Erneuerung der Verträge die Zölle differenziert und erhöht, so daß die handelspolitische ,,Ara Bülow" sich von der „Ära Caprivi" als etwas Selbständiges, Wesensverschiedenes deutlich abhebt. Bei Abwägung des Pro und Contra einer langfristigen Handelspolitik entschied sich Caprivi für sie nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen. Mit ihrer Hilfe wollte er ähnlich wie in der Außenpolitik einfachere und übersichtlichere Verhältnisse in der Handelspolitik auch für das Zusammenspiel mit der hohen Politik schaffen. Die sog. Dezemberverträge mit ÖsterreichUngarn, Italien, der Schweiz und Belgien und die sog. kleinen Handelsverträge mit Rumänien, Serbien und Spanien sollten die deutsch-österreichische Freundschaft stärken und weiterhin die Interessen des übrigen Europa mit der europäischen Mitte verflechten. Der französisch-russische Zusammenschluß in der Politik verlangte ein verstärktes Gegengewicht. Österreich Ungarn war für diese politische Handelspolitik zu gewinnen, zumal es an einem verstärkten Agrarexport ins Reich lebhaft interessiert war 1 ). Auf Grund des Vertrags mit Deutschland schloß es seinerseits Verträge mit Italien, Belgien und der Schweiz und in den folgenden Jahren mit den Balkanstaaten ab und vervollständigte so die handelspolitische Kooperation. In Rußland war die Empörung über den deutsch-österreichischen Vertrag zunächst lebhaft, weil hier dem Getreide der Donaumonarchie vom Reich 1 ) Nach H a r m s , Der Auswärtige Handel in Deutschland unter Kaiser Wilhelm II., Berlin 1914, S. 237, hat die Monarchenzusammenkunft im Sommer des Jahres 1890 zwischen Kaiser Wilhelm II. und Kaiser Franz Joseph die handelspolitische Kooperation angebahnt und ist die Initiative dazu von Wilhelm II. persönlich ausgegangen Aus Caprivis Reichstagsrede vom 10. Dezember 1891, mit der er die neue Vorlage einführte, sind folgende Sätze für den imperialistisch-politischen Hintergrund seines Programms charakteristisch: „ E s ist in der letzten Zeit eine weltgeschichtliche Erscheinung zum Bewußtsein der Völker gekommen, die ich hoch anschlage: Das ist die Bildung großer Reiche, das Selbstbewußtsein dieser Reiche, das Bestreben, sich gegen andere abzuschließen." „ E s ist nicht ausgeschlossen, daß es zwischen den Staaten zu einer Art von Kriegführung kommt, in der nicht geschossen wird, in der sie den Gesetzesparagraphen und die Tarifposten in der Hand haben." „Auf alle Fälle ist soviel klar: Wir haben es mit großen Staaten zu tun, die über kurz oder lang zur Rücksichtslosigkeit gegen andere neigen werden. Der Schauplatz der Weltgeschichte hat sich erweitert: Damit sind die Proportionen andere geworden und ein Staat, der als europäische Großmacht eine Rolle in der Geschichte gespielt hat, kann, was seine materielle Kraft angeht, in absehbarer Zeit zu den Kleinstaaten gehören. Wollen nun die europäischen Staaten ihre Weltstellung aufrecht erhalten, so werden sie nach meinem Dafürhalten nicht umhin können... eng aneinander sich anzuschließen."

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ein wesentlich niedrigerer Tarif eingeräumt war. 1892 nahm Deutschland die fast prohibitiven russischen Zollsätze zum Anlaß eines Differenzialzolls, woraus 1893 der Zollkrieg erwuchs. 1894 wurde er mit einem für beide Teile befriedigenden Handelspakt beendigt. Bismarcks Kritik daran, daß im deutsch-österreichischen Vertrag Handels* und Außenpolitik nicht getrennt worden waren, ist rein politisch zu verstehen1). Der Altreichskanzler hielt es für opportun und durchaus möglich, den Dreibund und das friedliche Verhältnis zu den übrigen europäischen Staaten auch ohne die wirtschaftlichen Konzessionen des Vertragssystems aufrecht zu erhalten. Ein Bund wie der deutsch-österreichische schien ihm entwertet und von nur noch bedingter Zuverlässigkeit zu sein, wenn man ihm durch ökonomische Zugeständnisse an die Freunde kaufte. Er fürchtete, daß Deutschland hier aus eigener Tasche die Geschäfte Österreich-Ungarns besorge, indem dieses so der innerpolitischen Spannungen enthoben werde, die aus der Begehrlichkeit seiner östlichen Landesteile hervorgingen. Gegen die Bismarcksche Argumentation ließ sich wirtschaftspolitisch manches einwenden. Denn wenn Deutschland bei den Verhandlungen vielleicht zu eifrig und um des erstrebten Ziels willen zu konzessionsfreudig gewesen war, so hatte es doch seine Handelspolitik praktisch aus einer Sackgasse gerettet und für ganz Europa eine neue handelsvertragliche Basis geschaffen. Dagegen kann man Caprivi den Vorwurf nicht ersparen, daß er unter dem Eindruck der damaligen Krise zu übereilt, ohne die notwendige gründliche technisch-ökonomische Überprüfung und teilweise Abänderung des Zolltarifs, seiner einzelnen Positionen und Sätze zum Vertragszollsystem mit seinen langen Bindungen überging. Geschädigt wurde dabei die Landwirtschaft, während Industrie und Handel zweifellos nur Vorteile hatten. Die einseitige Industrialisierung aber drohte die Gefahren der deutschen wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung nur noch zu verstärken. Den innerpolitischen Rückschlag hatte der Kanzler sehr bald zu spüren: Als infolge zufälliger Ernte- und Welthandelskonjunkturen die Getreidepreise nach 1891 zu sinken begannen, gingen die Agrarier geschlossen zum Angriff gegen ihn und seine Handelsvertragspolitik über. Ihr Widerstand konzentrierte sich in dem 1892 gegründeten Bund der Landwirte. Caprivi, der sich besonders durch den Handelsvertrag mit Rußland den Haß der Agrarier zuzog, mußte als Opfer dieser Feindschaft im Oktober 1894 sein Amt niederlegen. Bereits unter seinem Nachfolger, Fürst v. Hohenlohe, wurde ein „wirtschaftlicher Ausschuß zur Beratung und Begutachtung handelspolitischer Otto v. B i s m a r c k , Gedanken und Erinnerungen, III., Erinnerung und Gedanke, Stuttgart 1919, S. 153 ff. Aus dieser Stelle kann nicht entnommen werden, wie es oft fälschlich geschieht, daß Bismarck für grundsätzliche Trennung zwischen Politik und Handelspolitik gewesen wäre. Das hatte er ja selbst, und zwar gerade bei Österreich, seinerzeit nicht durchgeführt. Er stellt nicht allgemein fest, daß beides getrennt werden m ü s s e , sondern nur, daß es ohne Schaden für die Politik getrennt werden könne.

Der Bülow'sche Zolltarif

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Maßnahmen" eingesetzt. Er beriet zunächst über ein neues Zolltarifschema, das wesentlich spezialisierter gestaltet wurde. In zweiter Linie wurden nicht nur vom Ausschuß, sondern durch Umfrage in allen Wirtschaftskreisen Deutschlands von der Regierung Unterlagen für die neuen Zollsätze gesammelt. Mit Unterstützung der Rechten, des Zentrums und der Nationalliberalen wurde die Vorlage der Regierung am 14. Dezember 1902 in 181/2 stündiger Sitzung gegen heftigen Widerstand mit 202 gegen 100 Stimmen angenommen. 1906 trat sie in Kraft. Die für Getreide geschaffenen Minimalzölle übertrafen durchweg die von 1887, die Maximalzölle gingen natürlich noch erheblich darüber hinaus. Nachdem schon durch Gesetz vom April 1894 der Identitätsnachweis für die zollfreie Einfuhr von Weizen, Roggen, Hafer, Hülsenfrüchten, Gerste, Raps und Rübsaat gefallen war, konnten nun die dem Getreideexporteur erteilten Einfuhrscheine zur zollfreien Einfuhr jeder beliebigen Getreidegattung verwendet und ferner bei der Verzollung von Kaffee und Petroleum angerechnet werden. Der neue Tarif war von vornherein als Grundlage für neue Handelsverträge bestimmt, über die nun auch verhandelt wurde. Hatten die Gegner des Gesetzes geglaubt, daß auf der Grundlage dieses Tarifs eine Erneuerung der Caprivischen Verträge unmöglich sein werde, so hatten sie sich getäuscht. Allerdings erhöhten auch die Vertragsgegner vor den Verhandlungen ihre Tarife. So konnte der stärkere Schutz für landwirtschaftliche Produkte nur mit einer Erhöhung des internationalen Zollniveaus und mit erschwerten Verhältnissen für den deutschen Industrieexport erkauft werden, die jedoch z. T. durch erhöhte deutsche Industriezölle ausgeglichen wurden. Weitere Tarifverträge außer den erneuerten alten konnten mit Bulgarien, Portugal, Schweden und Japan abgeschlossen werden. Die Stellung Hamburgs zur Zoll- und Handelsvertragspolitik der Wilhelminischen Zeit ergab sich aus interessenpolitischen und aus weltanschaulichen Motiven. Selbstverständlich begrüßte der Handel den Übergang von der autonomen Zollpolitik zu den Handelsverträgen mit langen tariflichen Bindungen und niedrigen Kornzöllen, und ebenso selbstverständlich bekämpfte er den Bülowschen Tarif 1 ). Bei den Handelsverträgen Caprivis wollte die Handelskammer die Meistbegünstigung auch auf die Einfuhr aus dem Eigenhandel der Vertragsstaaten ausgedehnt wissen und bemängelte, daß die Freihafenindustrie, „welche doch auch eine deutsche Industrie ist", teilweise von den Vergünstigungen ausgeschlossen sei 2 ). In der Beurteilung des Zolltarifs von 1902 kritisierte die Handelskammer mit größter Schärfe die Bevorzugung der Landwirtschaft und den Versuch, die den Agrariern gewährten Schutzzölle durch industrielle Schutzzölle auszugleichen, wodurch nur eine allgemeine gegenseitige Schädigung erzielt, das Zollniveau im ganzen erhöht und das handelsfeindliche protektionistische System in 1)

Die Hamburger Nachrichten nahmen eine abweichende Haltung ein. zit. nach O. W u l f , Hamburg und die Handelsvertragspolitik des Deutschen Reichs unter Caprivi und Bülow, ungedruckte Hamburger Dissertation 1922, S. 35. 2)

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Hamburg, der „neue K u r s " in Deutschland und der Imperialismus

der Welt gestärkt werde. Natürlich suchte der Hamburger Handel auch auf eine möglichst rasche Beilegung der Zollstreitigkeiten mit anderen Staaten hinzuwirken, so vor allem auf die Beendigung des Zollkriegs mit Rußland 1893-94 und mit Spanien 1894-96. Die hamburgischen Zeitungen erschwerten beim Zollkrieg mit Rußland die deutsche Position durch ihre allzu lauten Klagen, so daß das Auswärtige Amt den hanseatischen Gesandten bitten mußte, dämpfend auf die Presse einzuwirken. Den Zollkrieg mit K a n a d a unterstützten die Hamburger Kaufleute moralisch, da sie prinzipielle Gegner des dort durchgeführten Vorzugsprinzips waren. Stets wandte sich die Handelskammer gegen differenzierende protektionistische Maßnahmen des Auslands, über die das Reich oft zu klagen hatte. Ebenso bekämpfte sie alle autarkistischen und monopolistischen Tendenzen im internationalen Warenhandel. In den ausländischen Kolonien wurde die „offene T ü r " erstrebt. Als geeignete Grundlage eines dauerhaften gegenseitigen Freundschaftsverhältnisses mit dem Ausland wurden unbeschränkte Meistbegünstigung und vertragliche Zollermäßigungen empfohlen 1 ). Handelspolitische Einzelfragen, die Hamburg besonders interessierten, waren u. a. die Zollrückvergütung an die Exportindustrie und der zollfreie Veredelungsverkehr. Die Handelskammer hatte besonders gegen die Ansicht der binnenländischen Fabrikanten zu kämpfen, daß der Veredlungsverkehr ihnen schädlich wäre 2 ). U. a. handelte es sich um Stoffe, die zum Gummieren nach England gesandt und andererseits Strumpfgarne, die zum Färben nach Hamburg gebracht und zollfrei zurücktransportiert werden sollten. „Daß der deutsche Exporteur um so leistungsfähiger und der ausländischen Konkurrenz um so eher gewachsen ist, wenn er alle von den Kunden gewünschten Waren-Gattungen und Spezialitäten zu liefern vermag, liegt auf der Hand, ebensosehr aber auch, daß die Stärkung des deutschen Exportgeschäfts, auch wenn dasselbe sich des Veredelungsverkehrs mit fremden Waren bedient, im Interesse der deutschen Industrie liegt." Die Industrie wollte sich jedoch nicht überzeugen lassen. Besonders gegen den sog. aktiven Eigenveredelungsverkehr, der auf Rechnung von Inländern ausländischen Rohstoffen und Halbfabrikaten bei Veredelung in Deutschland zuteil werden sollte, erhoben die Industriellen Einspruch, weil hierbei ausländische Grund- und Halbstoffe vom Inländer bevorzugt würden. Die händlerischen Marktinteressen und die industriellen Schutzbedürfnisse standen sich entgegen 3 ). In praxi erteilten die Zollbehörden bezw. der Bundesrat von Fall zu Fall Genehmigungen. Zu einem bedingungslos freien Veredelungsverkehr, wie man ihn in Hamburg wollte, konnte sich auch der deutsche Handelstag nicht entschließen 4 ). — Daß die Hamburger wie gegen die künstliche Förderung der Schiffahrt auch gegen Prämien imAußenhandel waren, versteht sich *) Ausführliche Begründung z. B. im Jahresbericht der Handelskammer 1901, S. 18ff. 2 ) So z. Bsp. Jahresberichte der H. K „ 1900, S. 23 f, 1901, S. 20. 3 ) Jahresbericht der Handelskammer von 1908, S. 28. 4) „ „ „ „ 1904, S. 27.

Hamburg und die Handelspolitik seit Bismarck

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von selbst. Von jeder staatlichen Unterstützung der privaten Wirtschaft fürchteten sie ein Erlahmen der Privatinitiative. Außerdem lagen die unnatürlichen Verhältnisse, wie sie durch die verschiedenen Prämien im Zuckerexport hervorgerufen waren, j a offen zutage. Die Kaufmannschaft begrüßte daher lebhaft die Brüsseler Zucker-Konvention. Ein Urteil über die handelspolitische Haltung Hamburgs darf sich nicht zu sehr an die einzelnen Meinungsäußerungen jener Jahre halten. Vom Standpunkt des Ganzen aus war es wichtig, daß der agrarisch-schwerindustriellen Interessenexpansion der Bülowschen Ära hier eine Tendenz führender Wirtschaftskreisn begegnete, über der Förderung der deutschen Wirtschaft die höheren weltwirtschaftlichen Zusammenhänge nicht zu vergessen. Selbst wenn man anhand der streng objektiven Prüfungen von H a r m s 1 ) zur Ansicht gelangt, daß die Bülowsche Handelspolitik die volkswirtschaftlichen Gesamtinteressen nicht nachhaltig geschädigt und sich sogar in der Blüte des Außenhandels bewährt hat 2 ), läßt sich doch die latente Gefahr der entfesselten Begehrlichkeiten und des großindustriell-agrarischen Übergewichts für die damalige Weiterentwicklung im Innern und nach außen nicht verkennen. Im Innern war es ein unerfreulicher Zustand, daß die Regierung kaum den Schein vermied, mit einzelnen Wirtschaftsmächten zu paktieren. Mit Recht rügte die Handelskammer, daß bei der Zusammensetzung des „wirtschaftlichen Ausschusses" der Handel nicht gebührend berücksichtigt worden sei. Der Zolltarif sei auf einer Konferenz von Staatsmämnnern der bedeutenden Bundesstaaten besprochen worden. Daß man trotz der eminenten wirtschaftlichen Bedeutung Hamburgs einen hanseatischen Vertreter nicht zuzog, „war ein Merkzeichen für die Richtung, in welcher die Angelegenheit geleitet werden sollte" 3 ). War tatsächlich zur Zeit Caprivis die Landwirtschaft gegenüber Handel und Industrie zweifellos benachteiligt worden, so suchten die Agrarier jetzt mehr als den Ausgleich dieser Mängel zu erreichen. Immer wieder hatte Hamburg handelsfeindlichen Wünschen der Landwirte entgegenzutreten, so der Erschwerung der Vieheinfuhr durch überspannte Veterinär- und seuchenpolizeiliche Vorschriften 4 ), dem Antrag Kanitz auf Einführung eines Getreidemonopols, dem Plan einer Doppelwährung. 1)

H a r m s , der auswärtige Handel Deutschsland unter Kaiser Wilhelm II. a. a. O. Wulf, Hamburg und die Handelsvertragspolitik des Deutschen Reichs a. a. O. Sein Versuch, die Folgen der Handelspolitik zwischen 1892 und 1914 speziell für den Hamburger Handel nachzuweisen, führt zu keinen schlüssigen Ergebnissen. Mit Vorsicht will der Verfasser sein zusammenfassendes Urteil aufgenommen wissen: „Es ergibt sich somit, daß die Befürchtungen, welche an die Handelsvertragspolitik des Fürsten Bülow geknüpft wurden, in den Gesamtzahlen des Hamburger Außenhandels nach Übersee keine Rechtfertigung finden." 3 ) Jahresbericht der Handelskammer 1901, S. 17. 4 ) Jahresberichte der Handelskammer 1894, S. 7 und 13, 1900, S. 15 usw. Die Handelskammer sträubte sich nicht grundsätzlich gegen scharfe Handhabung der Fleischbeschau, 2)

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Hamburg, der „neue Kurs - ' in Deutschland und der Imperialismus

Ins Herz Hamburgs zielten die von sehr breiten Kreisen in Deutschland ausgehenden Angriffe gegen den Terminhandel. Bereits seit den siebziger Jahren hatte sieh die Handelskammer gegen die Tendenz gewandt, die Börsengeschäfte von Reichs wegen „vorsorglich zu regeln 1 )". Auch hier wieder gingen die Angriffe in der Hauptsache von den Agrariern aus, übrigens z. T. nicht ohne Grund, denn es war vor allem an der Berliner Börse, aber auch in Hamburg, manches Unerfreuliche vorgekommen. Gegen das Börsengesetz von 1896 faßte der „Ehrbare Kaufmann" eine ungewöhnlich scharfe Resolution 2 ). Der darüber aufgesetzte Bericht durfte im Reichstag nicht verteilt werden. 1897 trat die Hamburger Börsenordnung auf Grund des neuen Gesetzes in Kraft. In vieler Hinsicht bewahrte sie die Überlieferungen der alten Börse trotz der neu eingefügten Institutionen, von denen das Börsenregister als die schädlichste heftig bekämpft wurde. Seine Beseitigung im Börsengesetz von 1908 wurde mit Genugtuung begrüßt Der Protest gegen die Aufhebung des Getreideterminhandels war vergeblich. Indessen gelang es nicht nur, die bestehenden Terminmärkte zu erhalten, sondern auch in den letzten Vorkriegsjahren einen Terminmarkt für Metalle aufzubauen 3 ). In al len Zweigen der Handelspoltik galten die eifrigsten Bemühungen Hamburgs dem Aufbau des eigenen Marktes. Der Kampf für den zollfreien Veredelungsverkehr unterschied sich hierin nicht prinzipiell von dem erbitterten Widerstand gegen die Börsenreformen. Auch die Verkehrspolitik orientierte man ziemlich ausschließlich nach den Marktinteressen. Im Hinblick hierauf befürwortete die Kaufmannschaft den Bau des Nord-Ostseekanals und des Dortmund-Emskanals, wie sie sich andererseits gegen den Mittellandkanal wehrte, von dem sie eine Ablenkung des Elbverkehrs auf andere deutsche und ausländische Häfen fürchtete 4 ). Auch die Seehafenausnahmetarife kamen Hamburg als Markt und Hafen zugute 5 ). wohl aber gegen Benachteiligung des eingeführten Fleisches und somit gegen „Prohibitivmaßregeln unter falscher Flagge." (Jahresbericht der H. K. 1900, S. 15) Besonders wehrte sich Hamburg auch gegen die Bemühungen der Agrarier, den Zolltarif „lückenlos" zu gestalten. (Im Tarif von 1902 waren nicht alle Sätze sämtlicher Positionen erhöht worden.) !) Baasch, Die Handelskammer zu Hamburg a. a. o. II, 1, S. 623 ff. 2) Mit Pathos schreibt Baasch, ebendort, S. 629: „Die Zustimmung, die der Ehrbare Kaufmann der ihm vorgelegten Erklärung gab, ist der offizielle Ausdruck einer in Hamburg seit Jahren offen hervorgetretenen Empörung über die Angriffe gegen den Kaufmannsstand, bedeutet aber andrerseits den Schmerzensschrei über das Ende einer alten, nur auf selbstgepflegter Respektabilität, auf Selbstaufsicht, auf Treue und Glauben beruhenden Börsenentwicklung." 3) s. u. S. 266 f. 4 ) Jahresberichte der Handelskammer 1898, S. 40, 1899, S. 39 und an anderen Stellen. — Der Dortmund-Emskanal stärkte Emden, aber nicht in einem Maße, daß Hamburg dadurch Abbruch geschehen wäre. Die Absicht, mit ihm die englische Kohle aus Hamburg zu vertreiben, mißlang. Die deutsche Kohle nach Hamburg benutzte den Bahnweg, nicht den Kanal. (Guderian, die Bedeutung des Kaiser-Wilhelm-Kanals für den Verkehr, Berlin 1925, S. 52). Über den Nord-Ostseekanal näheres s. u. S. 261. *) s. u. S. 262 ff.

Markt- und Überseepolitik

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Während Industrie und Landwirtschaft sich in Deutschland auf großer Fläche und in großer Zahl verbanden, kämpften die Hafenstädte für sich allein auf dem ihnen von der Natur zugewiesenen kargen, aber bedeutsamen Baum. Dennoch oder, besser vielleicht, gerade deswegen behielt man den Blick auch über See gerichtet, während das Binnenland nach anfänglicher Kolonial- und zeitweiser Flottenbegeisterung immer wieder nur zu sehr auf seine nächsten Interessen hingelenkt war. Noch während die Kolonialwirtschaftspolitik in bedauerlichster Weise stagnierte, wurden die Hamburger Kaufleute nicht müde, auf die Notwendigkeit vermehrter Kapitalanlage in den deutschen Schutzgebieten nachdrücklich hinzuweisen. Es erschien ihnen sogar richtiger, englisches Kapital dazu heranzuziehen als die Dinge so weitertreiben zu lassen 1 ). Immer wieder wurde die Erschließung durch Bahnen für notwendig erklärt. Dernburgs wirtschaftliche Tatkraft in den Kolonien fand in Hamburg Billigung. In den Yorkriegsjahren wurde dem Bahnbau und der sonstigen Initiative der öffentlichen Verwaltung wiederholt große Anerkennung gezollt, nicht ohne daß immer wieder auf die Notwendigkeit rastloser Erschließungstätigkeit und auf neue Projekte hingewiesen wurde. Das Streben nach fiskalischer Selbstverwaltung der Kolonialgebiete wurde gebilligt. Differenzielle Begünstigung der eigenen Kolonien lehnten die Hamburger Kaufleute auch weiterhin ab. Die neuen überseeischen Erwerbungen in Kiautschou, auf den Karolinen u. s. w. wurden als geeignete Betätigungsfelder für deutschen Fleiß und als kommerziell-maritime Stützpunkte lebhaft begrüßt 2 ). Uber den Tausch von Zanzibar und Witu gegen Helgoland waren die Meinungen geteilt. Die Hamburger Nachrichten als das Blatt Bismarcks stimmten in die heftige Kritik ein, die sich im Reich hiergegen erhob. Vorwiegend aber wurde der Erwerb des Eilands doch gutgeheißen, das „in der Hand der Briten eine beständige Drohung gegen Hamburg und Bremen" gewesen war 3 ). Jahresbericht der Handelskammer 1898, S. 8 f : „Die Hauptsache ist, daß unsere Kolonien durch Eisenbahnbauten, sowie durch kaufmännische und gewerbliche Unternehmungen aufgeschlossen und nutzbar gemacht werden. Findet sich in Deutschland nicht das erforderliche Kapital, und wollen sich die Engländer oder Belgier mit ihrer Persönlichkeit oder ihrem Kapital an solchen Unternehmungen beteiligen, so haben wir alle Ursache, sie willkommen zu heißen, zumal, wenn, wie hier, nicht allein hinsichtlich der Hoheitsrechte, sondern auch in sonstiger Beziehung die deutschen Interessen ausgiebig gewahrt sind. Wenn die Deutschen sich nicht zutrauen, ohne direkte Zurücksetzung und Fernhaltung der Ausländer auch in wirtschaftlicher Beziehung in unseren Kolonien die Oberhand zu behalten, so hätte das Reich besser getan, sich mit der Erwerbung von Kolonien überhaupt nicht zu befassen." 2 ) Sein Interesse für die Kolonialfragen bekundete Hamburg 1908 durch Gründung des Hamburgischen Kolonialinstituts, das hauptsächlich der Kolonialforschung und der Ausbildung von Kolonialbeamten dienen sollte. 3 ) W i l h e l m II. Ereignisse und Gestalten a. a. O. S.46 f. Auch als ein Akt freundschaftlicher Verständigung mit England entsprach der Tausch den Hamburger Tendenzen. Der Weltkrieg hat die Notwendigkeit des Erwerbs von Helgoland genugsam erwiesen.

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Hamburg, der „neue Kurs" in Deutschland und der Imperialismus

Ganz im Gegensatz zu früher hatte der Hamburger Kaufmann jetzt ein volles Einsehen für die Notwendigkeit, den überseeischen Handel machtvoll zu schützen. Schon vor dem Beginn der eigentlichen Flottenpropaganda trat die Hamburger Handelskammer wiederholt für den Schutz überseeischer Interessen durch Entsendung von Kreuzern und für Vermehrung der deutschen Kreuzerflotte ein. Es fiel der Marine wegen Mangels an Schiffen oft schwer, diesen Wünschen zu entsprechen 1 ). In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wurde die Frage einer Flottenreform brennend, gleichzeitig wurde die Stimmung in der Öffentlichkeit leidenschaftlicher und gegensätzlicher. Ablehnend verhielt sich gegen eine aktivere Flottenpolitik auch in Hamburg der Freisinn. Dies führte wiederum dazu, daß die Hamburger Kaufmannschaft von Flottenenthusiasten verschiedentlich in übertriebener und ungerechter Weise angegriffen wurde 2 ). Die Flottenpropaganda der Regierung in den nun folgenden Jahren wurde von den Hamburger Kaufleuten wiederholt durch Versammlungen und Kundgebungen unterstützt 3 ). So schlug im Dezember 1897 die Handelskammer dem E h r b a r e n K a u f m a n n eine E n t schließung vor, derzufolge die Kriegsflotte als „unabweisbares Bedürfnis f ü r die E r haltung u n d Förderung des Ansehens des Deutschen Reichs, f ü r den Schutz seiner Angehörigen u n d der weit verzweigten, schwerwiegenden deutschen Interessen in überseeischen L ä n d e r n " usw. hingestellt u n d der E r w a r t u n g Ausdruck gegeben wurde, d a ß der Reichstag die Regierungsvorlage annehmen werde. 4 ) I m J a n u a r 1898 beteiligte sich d a n n die Handelskammer a n einer großen Berliner Versammlung führender Kreise des Handels u n d der Industrie zugunsten starken Flottenausbaues. Hierbei war W o e r m a n n eine treibende K r a f t . Auch das zweite Flottengesetz von 1900, zu dem der Kaiser durch seine H a m b u r g e r Rede v o m 19. Oktober 1899 den A u f t a k t gab, wurde von der Handelskammer H a m b u r g im Zusammenwirken m i t den K a m m e r n der Schwesterstädte u n d der übrigen Seeküste durch eine Eingabe an den Reichstag nachdrücklich u n t e r s t ü t z t . Veranlaßt wurde dies neue Vorgehen d u r c h die Vermehrung der Handelsflotte u n d des Auslandkapitals, d u r c h die gespannte Lage in Ostasien, durch die Vorgänge des amerikanisch-spanischen Kriegs u n d !) 1891 f o r d e r t e die Handelskammer u. a. die Entsendung eines Kreuzers nach Chile, wo Unruhen ausgebrochen waren. Als der Staatssekretär des Reichsmarineamts dies ablehnte, b a t die Handelskammer den Senat u m Unterstützung. Darauf antwortete der Präses der D e p u t a t i o n f ü r Handel, Schiffahrt u n d Gewerbe: „ N a c h d e m der Senat in dieser Angelegenheit bereits früher, in Vertretung der in der Handelskammer geltend gemachten Handelsinteressen, m i t dem Reichskanzler sich in Verbindung gesetzt habe u n d nach dem Ergebnis dieser Verhandlung ein Erfolg f ü r weitere Anträge u n d Vorstellungen sich nicht erhoffen lasse: daß der Senat bedaure, davon absehen zu müssen, den Anträgen der Handelskammer näher zu t r e t e n . " (Nach den Protokollen der Handelskammer.) Schließlich entsandte die Reichsregierung doch noch rechtzeitig ein Kriegsschiff. 2 ) s. vor allem den Artikel „Preußische Auffassung vom hanseatischen Handelsgeist" im Novemberheft der Marine-Rundschau 1896, der einen Vizeadmiral zum Verfasser h a t t e u n d ausfällige Angriffe gegen H a m b u r g enthielt. 3 ) Näheres Protokolle der Handelskammer 1897 ff. u n d B a a s c h , Die Handelskammer zu H a m b u r g a. a. O. I I , 2, S. 371 ff. 4 ) Bereits im November 1897 h a t t e die H a n d e l s k a m m e r dem Reichsmarineamt durch Ausfüllung eines Fragebogens über die Seeinteressen wertvolle Aufschlüsse gegeben, ganz ähnlich wie seinerzeit d e m Auswärtigen A m t in der Kolonialfrage.

Kriegsflotte. Kommerzielle Schiffahrtspolitik

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durch die Beschlagnahme des Hamburger Dampfers „Bundesrath" durch die Engländer an der Delagoa Bay Ende 1899 während des Burenkriegs. Auch die Werftinteressen Hamburgs sprachen erheblich mit. Zweifellos trug die hanseatische Aktion zur Annahme der Flottennovelle bei, für die aber überhaupt infolge des englischen Übergriffs die Stimmung in Deutschland günstig war. 1 ) Die Genugtuung der Handelskammer wurde nicht ernstlich dadurch beeinträchtigt, daß die Kosten der Flottennovelle in Form erhöhter Börsensteuern den Handel einseitig trafen. In entscheidenden Punkten hatte man sich aber den Flottenausbau anders vorgestellt, als ihn Tirpitz erstrebte und durchsetzte. Den Hamburgern kam es primär auf Auslandskreuzer an, dem Admiral auf eine Schlachtflotte, die die Machtbasis der deutschen Seeinteressen sichern und Deutschland für England weltpolitisch bündnisfähig machen sollte. Die Flottenbestrebungen machten die Sorge um ein verbessertes internationales Seekriegsrecht nicht überflüssig. Handelskammer und Senat setzten sich für die Ergänzung der Pariser Deklaration von 1856 ein, besonders für klarere Konterbandebestimmungen.

In der kommerziellen Schiffahrtspolitik trat für Hamburg dadurch eine Änderung ein, daß sich seit 1898 die Hamburg-Amerika-Linie mit dem Lloyd im subventionierten Postdampferdienst nach Ostasien zusammentat. Der Lloyd mußte sich nun gegenüber dem Reich verpflichten, die Dampfer für die ostasiatische Linie abwechselnd von Bremen und Hamburg abgehen bezw. dort enden zu lassen 2 ). Im Grunde blieb es das Bestreben der Hamburger Reederei, sobald wie irgend möglich die Subventionen wieder zu beseitigen. 1903 fiel die Betriebsgemeinschaft zwischen Hapag und Lloyd auseinander, so daß der Lloyd nun wieder den Postdampferdienst allein, die Hapag die Frachtfahrt betrieb. 1914 zerschlug Ballin die ganze Schifffahrtssubvention, indem er einen monatlichen Schnelldampferdienst nach Ostasien ohne staatlichen Zuschuß einzurichten versprach und den Lloyd in die Notwendigkeit versetzte, diesem Beispiel zu folgen und seinen 14 tägigen Postdampferdienst ohne Subvention fortzusetzen 3 ). Sehr wichtig auf dem Gebiet der kommerziellen Schiffahrtspolitik war für Hamburg die Auswanderungsgesetzgebung 4 ). Die Hamburger Kaufmannschaft verschloß sich nicht grundsätzlich der nationalen Tendenz des Reichsgesetzes über das Auswanderungswesen, das zum ersten Mal 1892 im Entwurf vorlag, doch wollte sie die indirekte Auswanderung nur bei den deutschen Auswanderern erschwert wissen, nicht bei ausländischen. Die Verschärfung der nationalen Gegensätze auf dem Gebiete der Schiffahrt und des Handels betrachtete die Handelskammer als unerwünscht und nachteilig. Sie trat ferner für direkte Passageabschlüsse zwischen Reedereien und Auswanderer ein, wobei sie das Agentenwesen gesetzlich zu beseitigen empfahl 5 ). a)

W i l h e l m II., Ereignisse und Gestalten a. a. O. S. 196ff. B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg a. a. O. II, S. 31. M a t h i e s , Hamburgs

Reederei a. a. O. S. 115 ff. 3)

M u r k e n , Die großen transatlantischen Linienreederei -Verbände a. a. O. S. 536. Noch 1887 hatte Hamburg selbst ein Auswanderergesetz verabschiedet, das im wesentlichen die 15 älteren Verordnungen, Reglements und Nachträge zusammenfaßte. ( B a a s c h , Auswanderungswesen in Hamburg a. a. O., S. 402ff.) 5 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu Hamburg a. a. O. II, 2, S. 312ff. 4)

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Hamburg, der „neue Kurs" in Deutschland und der Imperialismus

Sehr spürbar war bei der Stellungnahme zum Auswanderergesetz ebenso wie in der Kolonial-, Flotten- und Subventionsfrage der Einfluß des Vereins Hamburger Reeder, wie es bei dem Charakter der Materien ja auch nahe lag. Indem das Auswanderungsgesetz vom Juni 1897 den numerus clausus für Auswandererlinien brachte, verhinderte es übermäßige Konkurrenz zwischen ihnen und schuf so eine „Rückendeckung", ohne die Ballin „seine gewaltige Expansionspolitik, die 1898 schlagartig einsetzte, schwerlich hätte durchsetzen können"1). Wenn das Gesetz also für die deutschen und fremden Auswandererlinien der deutschen Häfen Vorteile mit sich brachte, so hatte es doch auch seine Schattenseiten und Schwächen. Wie der Reederverein und die Kaufleute befürchtet hatten, entzogen sich die ausländischen Auswanderer, die man dem Gesetz unterworfen hatte, seiner Reichweite zum Teil dadurch, daß sie von anderen Häfen aus ihre Uberfahrt antraten. Schlimmer war eine andere Folge des deutschen Gesetzes: In anderen Ländern, zuerst in Italien, fand es rasche Nachahmung, wurde dort aber noch protektionistischer ausgestaltet. Nimmt man die hohen Schiffahrtsubventionen ausländischer Staaten, die protektionistischen Zollgesetze, die Bestrebungen Chamberlains hinzu, so wird die national überheizte Atmosphäre seit den neunziger Jahren deutlich. Alle Einzellinien handelspolitischer Betätigung in Hamburg führten so schließlich notwendig auf Eines hin: Auf die Auseinandersetzung mit Nationalismus und Imperialismus der Völker. Soweit sie rein politischer Natur war, wird unten noch davon zu sprechen sein. Es ist kennzeichnend, daß die maßgeblichen Stellen in Hamburg mit Äußerungen grundsätzlicher Natur über diese Erscheinungen zurückhaltend waren. Wo die Handelskammer auf Chamberlains Pläne kam, war sie ablehnend und skeptisch, zugleich allerdings auch besorgt über die Tendenzen, den deutschen Lebensraum zu beengen. In Hamburg, von dem jährlich mehr Schiffahrtslinien und immer stärkere Handelsbeziehungen in die Welt hinausgingen, empfand man die elementare Gewalt des deutschen Lebensbedürfnisses und die Notwendigkeit, den wirtschaftlichen Expansionskräften der Nation freie Bahn zu schaffen. Der Hamburger Uberseekaufmann und Reeder selbst eroberten im friedlichen Wettbewerb mit anderen Nationen immer neuen Boden. Daß dieser Wettbewerb friedlich bliebe, daß er die Kräfte aller Völker neben- und miteinander zur Entfaltung brächte, — darauf zielten die hamburgischen Wünsche. Wie man in den Kolonien die „offene Tür" und ein friedliches Nebeneinanderarbeiten der Nationen wünschte, so glaubte man wohl auch, daß in der Türkei und Vorderasien deutsche und ausländische Interessen nebeneinander bestehen könnten. Auf jeden Fall bekundete man in der Presse, in !) M u r k e n , Die großen transatlantischen Linienreederei-Verbände a. a. O. S. 603.

Welt und Stadt. Strukturwandlungen

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den Jahresberichten der Handelskammer usw. seit 1888 für die Anatolische und Bagdadbahn und die damit zusammenhängenden Probleme großes Interesse. In gewisser Weise ging j a auch dies einzige Projekt, bei dem sich deutsches Kapital gesammelt in den Dienst großer außenpolitischer Ziele stellte, Hamburg besonders viel an: Endlich versprach sich hier der kürzeste Weg der levantisch-ozeanischen Verbindung zu verwirklichen. Hamburg mit der Elblinie verwies über Österreich-Ungarn hinaus in die Richtung eines neuen, zukunftsreichen Raumes für deutsche Interessen. Sicher aber — und vom hamburgischen Standpunkt aus mit Recht — betrachtete man diese Entwicklung hier rein wirtschaftlich, während aus ihr, in der Hauptsache durch Fehler der deutschen Diplomatie 1 ), verhängnisvolle Entscheidungen imperialistischer, deutschfeindlicher Mächtepolitik unmittelbar hervorgingen. 7. D i e s o z i a l ö k o n o m i s c h e n K r ä f t e H a m b u r g s . Analyse seines Marktes. Ausschließlicher als in irgend einer anderen deutschen Stadt ist in Ham bürg das „Gesellschaftliche" von jeher ökonomisch bedingt. In dem weltoffenen Hafenplatz mit seinen tausendfältigen überseeischen Beziehungen gibt es noch das beruflich gebundene Eigenleben einer Gemeinschaft. ,,In einem Kreis, der mit kaum 1000 Meter Radius um den Block von Rathaus und Börse geschlagen werden kann, liegen die Arbeitsstätten aller der Menschen, die für Hamburgs Führung Bedeutung haben" 2 ). Der Schwerpunkt in Hamburgs Leben ist heute derselbe wie vor Jahrhunderten. Die Stetigkeit der Entwicklung und die Ruhe des Bildes harmoniert so sehr mit niederdeutscher Art und Landschaft, daß Natur und Kultur völlig eins zu sein scheinen. Freilich ist und war auch im Kerngetriebe des größten kontinentalen Hafenplatzes der dauernde Wandel, die bunte Bewegtheit das einzig Beständige. Nirgends kann das unendliche Auf und Ab von Menschen und Schiffen von der edlen Ruhe des städtischen Antlitzes, wie es sich etwa an der Alster darbietet, reizvoller kontrastieren als in Hamburg. Doch noch in einem anderen Sinn vollzieht sich ein ständiger Wandel: Die scheinbar gleichen Einrichtungen und Tätigkeiten ändern sich mit der Struktur der Wirtschaft. Dieselbe Börse war um 1900 etwas völlig anderes als um 1850, und nicht minder stellte j a der Hafen von Grund aus etwas Neues dar. Wohn- und Geschäftsstadt waren durch eine rationale Linie zerschnitten. Und in rationaler Weise fügten sich nun überhaupt Markt, Hafen und alle damit 1 ) S. u. a. M e i n e c k e , Geschichte des deutsch-englischen Bündnisproblems, München und Berlin 1927, S. 120ff. 2 ) E d u a r d R o s e n b a u m , Das Gesicht Hamburgs, den Mitgliedern der Gesellschaft der Bibliophilen überreicht von G. Petermann, 1927, S. 11.

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes.

zusammenhängenden Institutionen der Gesamtentwicklung von Volks- und Weltwirtschaft ein. Dabei ist es aber von entscheidendem Belang, wie Hamburg im Zeitalter des Hochkapitalismus bei fortschreitender Entpersönlichung und bei fortdauernder Konzentration, Expansion und gegenseitiger Verflechtung der versachlichten, anonymen Unternehmungsformen seinen Charakter wahrte, und wie die kaufmännische Initiative das Kapital zugleich ihren eigenen und den kontinental-überseeischen Zwecken dienstbar machte. Reizvoll ist es, zu sehen, wie in einer Zeit gewaltiger und bedrohlicher Massenhäufung der Kräfte in imperialistischen Großräumen eine einzelne Stadt auf die friedlich-ökonomische Verbindung der Weltteile hinarbeitete. An zulänglichen Darstellungen über den komplizierten Organismus moderner Hafen- und Großhandelsplätze fehlt es fast gänzlich. Meist werden einzelne technische, geographische oder wirtschaftspolitische Gesichtspunkte einseitig in den Vordergrund gerückt. Die Addition von Börsen-, Verkehrs-, Industrieeinrichtungen usw., von Hafenbecken, Pferdestärken der Maschinen und Arbeiterzahlen gibt in Summa nichts. Dabei fehlt die Seele des Geistig-Kommerziellen, die alles Einzelne in gegenseitiger Einfügung so herstellt und vervollkommnet, daß in der Gesamtwirkung höchster Arbeitserfolg erzielt wird" 1 ). Im Folgenden sollen zunächst vom lebendigen Zentrum kaufmännisch bewegender Lenkung aus die Werkzeuge und Einrichtungen des Handels und Hafens betrachtet werden, also der Hafen selbst mit seinen Verlängerungen ins Hinterland, die Börse und die Banken, die Industrie und die Schiffahrt. In einer anderen Ebene wird das funktionell Unterschiedliche zu trennen, d. h. Arbeits-, Stufen- und Kapitalbildung innerhalb der beteiligten Wirtschaftszweige aufzuweisen sein. Endlich wird hiernach um so deutlicher die funktionelle Einheit des Ganzen, die Arbeits- und Kapitalvereinigung zum Gesamterfolg Hamburgs herausgestellt und nun mit der Einheit anderer Handelshäfen verglichen werden müssen. Nur so, durch Vergleich des einen Hafenganzen mit dem anderen, kann auch der Fehler vermieden werden, daß etwa dem Unterschied zwischen den Kaigebühren im einen und anderen Hafen oder sonstigen relativ untergeordneten Faktoren durch isolierte Betrachtung übertriebener Wert beigemessen wird 2 ). Die Be1 ) In mancher Hinsicht vorbildlich für die moderne Hafenliteratur ist die Schrift von Hermann S c h u m a c h e r „Antwerpen, seine Weltstellung und Bedeutung für das deutsche Wirtschaftsleben", München und Leipzig 1916. Doch gelangt Sch. in seiner Polemik gegen W i e d e n f e l d , der denselben Gegenstand behandelt hatte (Antwerpen im Weltverkehr und Welthandel, München 1915) zu Einseitigkeiten, die Paul A r n d t richtiggestellt hat. (Antwerpen, Rotterdam und die deutsche Rheinmündung, Stuttgart 1918.) Ganz allgemein scheint S c h u m a c h e r die Bedeutung des Eigenhandels für den Rang der Häfen zu unterschätzen (s. Schumacher ebendort S. 80) 2 ) Da es dem Verfasser hiernach ganz auf das Funktionelle ankommt, so wird er statistische Zahlen, deren Fülle den gewünschten lebendigen Zusammenhang zerstören könnte, in diesem Kapitel nach Möglichkeit vermeiden.

Hafen und Markt als Ganzes. Hafenausbau

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deutung der geoökonomischen Grundlagen für Hamburgs Hafen und Handel darf beim Folgenden nie aus den Augen verloren werden. Hamburg als östlichster Nordseehafen, soweit in sein Hinterland hineingerückt, daß das Seeschiff hier gerade noch das Flußschiff treffen kann, die Mündung und der Lauf der weitverzweigten Elbe als großes Verbindungstor mit dem Ozean beherrschend —all das wurde schon genügsam betont. Doch auch hier gilt, daß erst der Mensch in Geschichte und Politik bestimmt, wozu ihm Raum und Boden dienen —'), nicht nur in dem Sinn, daß die natürlichen Bedingungen z.T.technisch verbessert und verändert werden, sondern vor allem in der Bedeutung, daß erst die Arbeit des Kaufmanns, deslndustriellen, des Reeders und ihr zielstrebiges Zusammenwirken beim Aufbau des wirtschaftlichen Kunstwerks die Hinterlandslage nutzbar machte. Hinterlandslage allein— dies sei einmal ganz scharf betont—, ist keine ausreichende Erklärung für die Entwicklung eines Hafens, selbst wenn die politische und wirtschaftliche Entfaltung des Hinterlands gebührend hervorgehoben wird. In allererster Linie entscheidet über die Größe und den Rang eines solchen Platzes doch die Initiative derer, die hier in scharfem Konkurrenzkampf mit andern Plätzen ihre unternehmerischen Kräfte einsetzen. Wie die W e r k z e u g e u n d E i n r i c h t u n g e n d e s H a f e n s u n d H a n d e l s fortwährende Erweiterung und Umbildung erfuhren, davon gibt die Geschichte des Hafenaufbaues einen vollkommenen Eindruck. Kühnheit und Wagemut fehlen in diesem Bild nicht, aber charakteristischer ist doch, wie der H a f e n b a u durch den Blick für das Zweckmäßige und Bewährte so gelenkt wurde, daß sich eines aus dem andern fast zwangsläufig ergab.Kühn war die Schaffung des neuartigen Systems der Tidehäfen und die Neugliederung und Umgestaltung des Hafens beim Zollanschluß gewesen. Der Neubau von Hafenbecken, Kais, Speichern, die Verbesserung der Lade- und Löscheinrichtungen und der Fluß- und Schienenfortsetzungen des Hafens vollzog sich nun sinngemäß. E s galt, naturgegebene und in der Anlage vorhandene Bedingungen in vollem Umfang den neuen Zwecken nutzbar zu machen. In diesem Sinn wurde vor allem die Grenzlage zwischen Fluß- und Seeschiffahrt ausgewertet und für die oberländischen Schiffe genügender unmittelbarer Hafenraum im Anschluß an die Seehäfen geschaffen. Im Unterschied zu Antwerpen, dem Hafen mit vorwiegendem Eisenbahnumschlag, und zu Rotterdam, bei dem der Umschlag zwischen Seeund Binnenschiff einseitig dominierte, hatte Hamburg ein mehr ausgeglichenes Verhältnis zwischen den beiden Umschlagsarten. Der Wasserumschlag der Güter überwog dabei der Menge nach aber doch beträchtlich. Um ihn zu erleichtern, mußten die Becken möglichst breit gebaut werden. Dem Ausbau des Kais galt eifrige Sorge 2 ). Doch gelang es kaum, die Gesamtlänge aller Schiffsliegeplätze an Kais und Dückdalben mit dem Verkehr ) s. Einleitung S. 6. ) 1913 ging über die Hälfte der Hamburger Tonnage zum Laden und Löschen an die Kais. 1

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Wiskemann.

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Die sozialökonomischen K r ä f t e Hamburgs. Analyse seines Marktes

Schritt halten zu lassen. Die wachsenden Schiffsgrößen, die vermehrten Kaistrecken und die zunehmenden Zahlen und Raummaße der Kaischuppen sowie die Gleisanlagen erforderten viel Raum. Die mit Rücksicht auf Platzersparnis eingeführten Portalkräne, ferner Getreideheber und andere Lade- und Löscheinrichtungen aller Art vervollkommneten die Umschlagsfähigkeit außerordentlich 1 ). Die fortschreitende Technisierung des Hafens ließ zwischen Arbeiter- und Maschinenkraft eine Konkurrenz entstehen. Doch wurde dies von Arbeiterseite überschätzt 2 ). Der wesentlichste Teil der Leistungen im Hafenbetrieb entfiel doch trotz aller technischen Einrichtungen auf das gut geschulte Personal der in ihm wirkenden rund 20000 Arbeiter. Die Raumverteilung, vielleicht das schwierigste aller Probleme, wurde in dem zur Verfügung stehenden Gebiet befriedigend gelöst. Auf verschiedene Weise, hauptsächlich durch eigene Neuanlagen und durch Abschluß von Pacht- und Kaufkontrakten nahm der Staat mit Hilfe der Finanzdeputation und der Baudeputation hierauf maßgeblichen Einfluß. Dabei wurden die Reedereien nicht einseitig bevorzugt. Der Werft- und Exportindustrie wurde viel Entgegenkommen bewiesen, das sich trotz des Platzverlustes der eigentlichen Schiffahrt belohnt machte. Staatlicher Initiative war es u. a. auch zu verdanken, daß die Deutsch-Amerikanische Petroleumgesellschaft von Bremen nach Hamburg übersiedelte. Für Petroleum 5 Holz5 Südfrüchte, für das Ein- und Ausladen von Kohle, Getreide usw. waren teils besondere Häfen, teils ortsfeste oder an bestimmte räumliche Voraussetzungen gebundene Anlagen nötig, woraus sich allmählich von selbst die Tendenz ergab, die Hafenanlagen mehr als bisher nach Warengattungen und Umladungsformen einzuteilen. Geographisch fiel der überseeische Verkehr in der Hauptsache dem linken, der europäische dem rechten Elbufer zu. Nach Möglichkeit wurde im Hafen das Prinzip des kürzesten Wegs !) 1913 hatte Hamburg etwa 650 ha (1914: 723 ha) Gesamtwasserfläche für Seeschiffe, davon im Freihafengebiet 534 ha. Die Gesamtlänge der nutzbaren Uferstrecke für Seeschiffe betrug etwa 51 km, die Liegeplätze an Pfählen hatten eine Länge von über 21 km. Hierzu kamen dann noch die umfangreichen Einrichtungen für Flußschiffe. Damit zusammen betrug die Gesamtwasserfläche etwa 1270 ha, die Gesamtuferstrecke 144 km. Die überdachte Kaifläche hatte einen Umfang von ca. 500.000 qm. Sämtliche Kaischuppen wurden ausgerüstet mit Straßen- u. mehrgleisigem Eisenbahnanschluß, mit fahrbaren elektrischen Kränen an der Wasserseite und festen Drehkränen an der Landseite. Die Anzahl der Landkräne betrug 806 mit einer Tragfähigkeit von 2.140.000 kg. Unter den Schuppen sind besonders zu erwähnen: Sammelschuppen für seewärts einkommende Stückgüter, die unter Zollverschluß weitergehen, Verteilungsschuppen, in denen unter Zollverschluß ankommende Sammelladungen für die Ausfuhr auf die Seeschiffe verteilt werden, Ausfuhrschuppen, die der Sammlung von Ausfuhrgut für die an Dückdalben liegenden Schiffe dienen, und heizbare bezw. kühlbare Schuppen für Früchte, Fleisch, Eier usw. (Letzteres nach der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" 1928. Nr. 30). 2 ) s. besonders Carl L i n d o w , Verkehrs- und Arbeitsverhältnisse in Hamburg, Berlin 1915.

Raum- und Verkehrsprobleme im Hafen

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für Menschen, Fahrzeuge und Güter durchgeführt. Dazu diente vor allem der Bau neuer Stichkanäle und Brücken und des imposanten Elbtunnels. In der Verbundenheit aller seiner Einzelteile, im rastlos pulsierenden Betrieb und Wechsel des Kommens und Gehens glich der Hafen einem lebendigen Organismus. Staatliche und private Hafenbetriebe griffen reibungslos ineinander, z. T. sogar im gleichen Tätigkeitszweig 1 ). Die staatlichen Einrichtungen hielten sich infolge enger Berührung und teilweiser Personalunion der Behörden mit der Kaufmannschaft dem Bürokratismus im allgemeinen fern. Die Sozialdemokratie wünschte weitergehende Verstaatlichung der Hafenbetriebe mit größeren Machtbefugnissen der Bürgerschaft besonders im Verkehrswesen 2 ). Höchst unbeliebt war in Arbeiterkreisen die Straßenbahngesellschaft, bei der bemängelt wurde, daß sie ihr privates Monopol ausnütze, Anlagen und Betrieb vernachlässige und die Tarife überhöhe. Auch gegen die Hafendampfschiffahrtsgesellschaft und die privaten Jollenführer wurden immer wieder heftige Klagen laut. Dem Senat wurde mangelnde Energie bei Wahrnehmung seiner Aufsichtsrechte und Begünstigung der Unternehmer vorgeworfen. Daß beklagenswerte Mißstände in der Arbeiterbeförderung bestanden, ist kein Zweifel3). Der Hauptübelstand lag aber in der durchschnittlich weiten Trennung zwischen Wohnund Arbeitsstätten der Hafenarbeiter und in den Mängeln der Siedelungspolitik, m. a. Worten in den städtischen Raum- und Siedlungsproblemen 4 ). Zuerst und am augenfälligsten wurde der Raummangel im Hafen selbst deutlich. Immer wieder stellte sich heraus, daß die Erweiterungen, auf die die Kaufmannschaft unablässig hindrängte, dem Verkehrsbedürfnis nur relativ kurze Zeit genügten. Hatten sie sich seit dem Zollanschluß zunächst 1 ) So wurden die Kais teils staatlich, teils privat betrieben. Da aber die Privatkais von Reedereien gepachtet waren, deren eigene Schiffe hier fast ausschließlich verkehrten, fand eine Konkurrenz zwischen Staats- und Privatbetrieb nicht statt. Teilweise hatte der Staat außer seinen Aufsichtsrechten über die privaten Gesellschaften auch Gewinnbeteiligung an ihnen, so an der Freihafenlagerhausgesellschaft, an der Hoch- und Untergrundbahn, seit 1912 auch an den Hamburgischen Elektrizitätswerken. 2 ) Carl L i n d o w , Verkehrs- und Arbeitsverhältnisse a. a. O., S. 39 ff. B a a s c h , Geschichte Hamburgs 1814 bis 1918, a. a. 0 . , II, S. 68 ff. 3 ) L i n d o w , Verkehrs- und Arbeitsverhältnisse a. a. O. entnimmt sein reiches Material der von den Arbeitern 1900 gegründeten Verkehrskommission. Er selbst betont, daß die gerügten Mißstände — unregelmäßige, unsichere, teuere Verbindungen usw. — sich vor dem Krieg besserten (S. 68). 4 ) An der relativ schmalen Grenze zwischen dem hauptsächlich für den Hafen ausgenützten und für Besiedelung in der Hauptsache nicht verwendbaren Marsch- und dem Geestland drängt sich ein großer Wohnbedarf zusammen. Die Verbindung mit den äußern Stadtteilen führt durch das städtische Zentrum und ist daher langsam. Ferner wird der Verkehrsapparat nur zweimal am Tag voll ausgenützt und arbeitet daher unrentabel. (F. S c h u m a c h e r , Zukunftsfragen an der Unterelbe, Jena 1927, S. 22ff.) In der Großhamburg-Denkschrift von 1921, S. 29 berechnet der Senat, daß 26000 in den entfernter gelegenen Stadtteilen wohnende Arbeiter morgens und abends eine Meile zurücklegen müßten. Daraus erwachse ein täglicher Zeitverlust von 13 000 Stunden und eine Verkehrsleistung von 300000 Personen-km.

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes

hauptsächlich auf den oberen östlichen Teil des linken Elbufers erstreckt, so wurde seit 1890 auch das Gebiet bis zum Köhlbrand hin in Angriff genommen, das nach 1910 dann seine westliche Fortsetzung jenseits des Köhlbrands fand 1 ). Das Übergreifen dieser Entwicklurg in den politisch-territorialen Geltungsbereich machte schwierige Verhandlungen mit Preußen nötig. Im dritten Köhlbrandvertrag von 1908 konnte durch einen Gebietsaustausch auf Neuhof eine südlichere und damit organischere Ausdehnung des hier erschlossenen Hafenteils erreicht werden. Ferner erhielt Hamburg das Recht, die Niederelbe bis zur Mündung vorläufig bis auf 10 Meter zu vertiefen 2 ). Es hatte den Vertrag aber teuer zu bezahlen. Unablässig forderte die wachsende Zahl und zunehmende Größe der Schiffe neue Zufahrtsverbesserungen, und je wichtiger das Hinterland für die Bedeutung der Hafenplätze wurde, desto notwendiger war die V e r l ä n g e r u n g d e r H ä f e n i n s H i n t e r l a n d h i n e i n . Für die niederelbischen Wasserverhältnisse bedeutete es einen großen Fortschritt, daß liier der Köhlbrandvertrag eine einheitliche Stromkorrektion ermöglichte. Seit 1909 begannen dieVertiefungsarbeiten, die dann zu einem den modernen Ansprüchen genügenden Zustand dieses Stromteils führten. Mangelhaft war noch immer die Wassertiefe der Oberelbe, besonders in heißen Sommern. Hierauf hatte Hamburg naturgemäß wenig Einfluß. Durch den starken Wechsel der Frachtsätze infolge des Wasscrstandwechscls erlitt der Hamburger Kaufmann und die Flußreederei beträchtlichen Schaden. Daher befürwortete die Handelskammer 1909 ein Reichsgesetz, das eine weitere Vertiefung vorsah, obwohl die erforderlichen Kosten aus besonderen Schiffahrtsabgaben erhoben und nicht, wie Hamburg es wollte, aus allgemeinen Staatsmitteln getragen werden sollten 3 ). In erfreulicher Weise wurde ohne hamburgisches Zutun, aber zugunsten des Elbehafens d a s W a s s e r s t r a ß e n s y s t e m d e r E l b e ausgebaut. Zu nennen ist vor allem die Kanalisierung der Strecke Prag—Aussig, die Vertiefung und Regulierung linkselbisch der Saale, rechtselbisch der Havel, die Kanalisierung der Spree und die Spree-Oder-Wasserstraße. 4 ) Besonders die letztere lenkte den Verkehr von Berlin bis Breslau und noch weiter nach Hamburg anstatt nach Stettin. 5 ) Dazu kamen dann noch,

1 ) E s ist hier davon abgesehen, die Hafenerweiterungen im einzelnen aufzuführen. Eine knappe und gute Zusammenstellung gibt E n g e l s , zit. in der Großhamburg-Denkschrift 1921, S. 8. 2 ) Hamburg mußte der Vertiefung der auf seinem Gebiet belegenen Mündung des Köhlbrands, der Zufahrtstraße Harburgs, zustimmen. Ferner mußte es die Kosten großer Wasserbauten oberhalb des Hamburger Hafens übernehmen, die erforderlich waren, um die Vertiefung des Köhlbrands und eventuell eines größeren Teils der Süderelbe zugunsten Harburgs zu ermöglichen. Die Regelung umfaßte also vorwiegend Wasserinteressen im Stromspaltungsgebiet, während für die Landinteressen nur eine sehr partielle Lösung gefunden wurde. 3 ) Jahresberichte der Handelskammer 1909, S. 28,1910, S. 34f., 1911, S. 25f. Vgl. hierzu auch den früheren Standpunkt Hamburgs in der Frage der Schiffahrtsabgaben, der also konsequent beibehalten wurde. — Die Flußschiffahrtsunternehmer waren nicht nur Gegner der Abgaben, sondern auch der Vertiefung, da sie fürchteten, wenn die Kähne voll ausgenützt würden, würde ein Überangebot an Frachtraum entstehen. *) F l ü g e l , Die deutschen Welthäfen Hamburg und Bremen a. a. O. S. 68ff. 5 ) Ebendort S. 75.

Wasserstraßen- und Tiahnsystem

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gleichfalls die K o n k u r r e n z Stettins erschwerend, der Kaiser-Wilhelm-Kanal u n d der ElbeT r a v e - K a n a l . Die Nordostseeverbindung w a r ein alter Plan, f ü r dessen Verwirklichung der Krieg von 1864 die politische Voraussetzung geschaffen hatte. 1 ) Von vornherein erk a n n t e m a n , als das P r o j e k t 20 J a h r e später hauptsächlich f ü r militärische Zwecke neu ins Auge gefaßt und 1887 bis 1895 verwirklicht wurde, den N u t z e n f ü r die eigene Schiffahrt n a c h der Ostsee, w ä h r e n d m a n im übrigen die Bedeutung dieses Wasserwegs f ü r die intern a t i o n a l e Großschiffahrt n i c h t übermäßig hoch veranschlagte. 2 ) F ü r L ü b e c k h a t t e n seit d e m Mittelalter sich die Verhältnisse völlig u m g e k e h r t : J e t z t dominierte der E l b h a f e n u n d b r a c h auch mehr u n d m e h r in Lübecks eigentlichstes Gebiet, die Ostseefahrt ein. Organisch zugehörig zu H a m b u r g s weltwirtschaftlichem Bereich war nicht nur das Wassernetz als solches, s o n d e r n auch die d a m i t verbundenen B i n n e n h ä f e n , Verladeeinrichtungen usw., die gleichfalls überall vervollkommnet wurden. Als u n m i t t e l b a r e r Vorh a f e n war Cuxhaven besonders wichtig f ü r den Passagierverkehr u n d f ü r den Fall starken Eisgangs im Strom, d a n n aber auch f ü r den Fischfang. Auch hier w u r d e n d a u e r n d e Vergrößerungen vorgenommen.' 1 ) Endlich ist nicht zu vergessen, daß die Binnenschiffahrt aus den Vergrößerungen u n d den technischen F o r t s c h r i t t e n der Flußschiffahrtsgcsellschaften N u t z e n zog. F ü r H a m b u r g w a r die wichtigste die Vereinigte Elbeschiffahrts A.-G., die 1904 aus der Verschmelz u n g v o n drei großen Gesellschaften hervorging u n d einen regelmäßigen Güterverkehr zwischen Prag u n d H a m b u r g betrieb. F ü r das an die Elbe anschließende Stromnetz der H a v e l , Spree, Oder usw. k a m neben a n d r e n Gesellschaften vor allem die Schlesische Dampfer-Compagnie-Bcrlincr Lloyd in B e t r a c h t .

Durch Verzweigtheit und Länge seines modern ausgestatteten Wasserstraßennetzes nebst allen Nebenlinien und Anschlüssen war Hamburg vor anderen Häfen stark bevorzugt, während der mächtigere Rhein allerdings eine wesentlich größere Schiffahrt aufwies als die Elbe, zumal im Auslandsverkehr. In der Binnenschiffahrt wurde Hamburg von Rotterdam weit überholt, und selbst Antwerpen drohte den Elbehafen darin zu erreichen 4 ). In vielen Artikeln wie Zucker, Getreide, Düngemitteln, Kohle, Petroleum usw. war der Elbeverkehr noch sehr entwicklungsfähig. Eine größere Tankflotte stand im Dienst des Petroleumverkehrs, der sich hauptsächlich dank der Elbe von Bremen hierher gezogen hatte. H a m b u r g s B a h n s y s t e m mit seinen vielen Kaianschlüssen und seinen dezentralisierten Güterbahnhöfen 5 ) mußte gleichfalls einer immer stärkeren, zudem aber sehr schwankenden Raumnachfrage genügen. ' ) B a a s c h , Geschichte der H a n d e l s k a m m e r zu H a m b u r g a. a. 0 . I I , 2, S. 136. 2 ) Die E n t w i c k l u n g g a b diesem Urteil r e c h t . Näheres G u d e r i a n , die B e d e u t u n g des Kaiser-Wilhelm-Kanals f ü r den Verkehr, Berlin 1925. 3 ) 1892 w u r d e m i t d e m B a u des Neuen H a f e n s begonnen, der d a n n k u r z vor d e m Krieg f ü r die Schiffe der „ I m p e r a t o r - " K I a s s e erheblich erweitert wurde 1907 wurde die Cuxhavener Hochseefischerei A.-G. gegründet. Der Fischereihafen erhielt P a c k r ä u m e , Versteigerungshallen, Fischindustrieanlagen. 4 ) N a c h P . S t u b m a n n , H a m b u r g , A n t w e r p e n u n d R o t t e r d a m i m 19. u n d 20. J a h r h u n d e r t , Marine-Rundschau 1912, S. 758ff. wurden im F l u ß s c h i f f a h r t s v e r k e h r tal- u n d b e r g w ä r t s folgende G ü t e r m e n g e n in to b e w e g t : 1 8 9 0 von H a m b u r g 3 4 9 2 7 6 0 , v o n A n t werpen 1165457, von R o t t e r d a m 2582792. 1 9 0 0 von H a m b u r g 6245 422, von A n t w e r p e n 2605633, v o n R o t t c r d a m 7 845 5 4 5 , 1 9 1 0 v o n H a m b u r g 10368862, v o n A n t w e r p e n 7727219, v o n R o t t e r d a m 17663520. 5 ) D e r Personenverkehr w a r seit 1906 i m H a u p t b a h n h o f zentralisiert. Hierzu h a t t e n langjährige u n d schwierige Verhandlungen zwischen dem Senat u n d der preußischen Eisenbahnverwaltung geführt.

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes

Bei guten K o n j u n k t u r e n , vor allem aber auch bei unerwartetem Stilliegen der Binnenschiffahrt war die B a h n o f t überlastet. So wurde nicht selten über Wagenmangcl geklagt, gelegentlich auch über Unzulänglichkeit der Güterverkehrsanlagen. 1 ) Stockungen u n d Sperrungen des Verkehrs ließen sich nicht immer vermeiden. I m ganzen aber gelang die Überwindung der Schwierigkeiten erstaunlich gut, obwohl sich das Grundnetz seit den siebziger J a h r e n k a u m veränderte, u n d obgleich die Eisenbahnverwaltung j a in preußischen Händen lag. 2 ) Seit 1903 wurde das Landgebiet durch Bahnen planmäßig aufgeschlossen. 3 ) Ergebnislos verliefen in der Vorkriegszeit die Verhandlungen mit Preußen über den Bau der sogenannten Finkcnwärder Bahn, 4 ) die schon im Köhlbrandvertrag vorgesehen war u n d die den Anschluß der neuen großen Hafenbecken im Westen an das Reichseisenbahnnetz in zweckmäßiger F o r m herstellen sollte. Die H a m b u r g e r fühlten sich, als es an die Ausführung ging, von Preußen überfordert. 5 ) Auch die sogenannte Güterumgehungsbahn Eidelstedt—Billwärder, ein P r o j e k t von recht erheblicher Tragweite für die Verkelirscrleichtcrung, konnte nicht zum Abschluß gebracht werden. Nicht n u r auf die Bahnen seiner nächsten Umgebung und auf die Betriebsgestaltung u n d Tarifbildung bei ihnen suchtc H a m b u r g nach Möglichkeit Einfluß zu n e h m e n ; nicht minder zielte sein Interesse darauf hin, daß die großen Anschluß- u n d Durchgangslinien dauernd vervollkommnet wurden. Besonderer W e r t wurde n a t u r g e m ä ß auf die gute Verbindung mit Rheinland-Westfalen gelegt. D a ß sie unzureichend sei, wurde vor dem Krieg lebhaft empfunden. 8 ) Der von der preußischen B a h n geplante Bau der Linie Rotenburg— Verden wurde als beachtenswerter Anfang einer Verbesserung empfohlen. Großes Interesse wandte H a m b u r g einer direkten Verbindung mit Kopenhagen über Lübcck— F e h m a r n u n d dann mit F ä h r e nach Laaland zu. Von dem hierfür gegründeten FelimarnBahn-Komitce wurde 1912 der preußischen Bahnverwaltung eine Denkschrift überreicht. Man hoffte, in noch erheblich größerem U m f a n g als bisher den skandinavischen Verkehr mit dem Westen über H a m b u r g u n d von Berlin abzulenken, das ihn durch seine bequemen Anschlüsse zum großen Teile an sich gezogen h a t t e . ' )

In ähnlicher Weise, wenn auch nicht in so starkem Maß wie das belgische Eisenbahnwesen für Antwerpen besaß das deutsche Bahntarifsystem für Hamburg marktbildende Bedeutung. In Belgien war das ganze Bahnsystem auf den einen großen Seehafen zugeschnitten, in Deutschland waren dagegen eine Reihe von Seehafenstädten zu berücksichtigen. Außerdem waren auch die Motive andere: In Belgien wollte man durch gute Eisenbahnverbindungen mit Deutschland und niedrige Tarife einen Ausgleich dafür schaffen, daß Antwerpen politisch vom Rhein abgetrennt war und wollte ferner mit Hilfe von Durchgangstarifen eine günstige Ausnützimg der relativ kurzen Bahnstrecken des kleinen Landes erzielen. In Deutschland wollte man die durchschnittlich weite Entfernung der Hauptproduktions- und Konsum1 ) Jahresbericht der Handelskammer 1911, S. 32. I n den folgenden J a h r e n n a h m e n die Klagen zu. 2 ) Natürlich war H a m b u r g im Bezirkseisenbahnrat Altona vertreten, ferner im Bezirkseisenbahnrat H a n n o v e r u n d Münster. I m H a m b u r g e r Senat war die Kommission für das Eisenbahnwesen zuständig. 3 ) Näheres B a a s c h , Geschichte H a m b u r g s von 1814 bis 1918 a. a. O. ,11, S. 279f. 4 ) s. „Großhamburg-Denkschrift desHamburger Senats" 1921, S. 24. Dagegen preußische Denkschrift „ Z u r Frage einer Abtretung Preußischer Gebietsteile an H a m b u r g " , S. 30. 5 ) Preußen wollte die erforderliche Abschleusung der Süderelbe auf H a m b u r g abwälzen, weil dies d a r a n das weit größere Interesse habe. 6 ) Jahresbericht der Handelskammer 1912 S. 32. ' ) Ebendort S. 34.

Die Seehafenausnahmetarife

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tionsstätten von der deutschen Seeküste und den Häfen tarifarisch verkürzen, also einen geoökonomischen Nachteil ausgleichen und in den bestrittenen Gebieten des deutschen Westens, Südens und Südostens die deutschen Häfen in der Konkurrenz mit den ausländischen stärken 1 ). In beiden Ländern bediente man sich besonderer Seehafenausnahme- und Durchfuhrtarife 2 ), die allerdings im Reich infolge der längeren Entfernungen wirkungsvoller zur Geltung kamen. Die sehr mannigfaltigen deutschen Seehafenausfuhrtarife für Wagenladungen wurden durch den relativ niedrigen Ausfuhrstückguttarif ergänzt, der die Beziehungen zwischen Exportindustrie und Seehäfen enger gestaltete. Als „Seehafentarife im engeren Sinn", lassen sich solche bezeichnen, bei denen der Schutz deutscher Häfen das ursprünglich maßgebliche Motiv war und nicht die Interessen der Produktionsstätten 3 ). Besonders die Seehafeneinfuhrtarife für ausländische Rohstoffe und Agrargüter dienten primär der Marktbildung der Häfen. Zweifellos erfüllten die Tarife auch sehr weitgehend diesen Zweck. Sie unterstützten die handelspolitischen Prinzipien einer Verselbständigung der deutschen Produktionsund Verkehrswirtschaft, einer Förderung des Industrieexports und einer Kräftigung der iiu wirtschaftlichen Gesamtorganismus so wichtigen Seehäfen. Andererseits hatten sie dem Ausland gegenüber weit mehr einen defensiven als einen offensiven Charakter. Allerdings gelang es mit ihrer Hilfe, die Einflußzone der Nordseehäfen „bis vor die Tore des Adriahafcns" vorzutragen. 4 ) Aber daran waren die mangelhaften Ilafenverhältnisse Triests, die geringere Bedeutung des Mittelinecrs für den transatlantischen Verkehr und die schlechten Eisenbahnverbindungen des österreichischen Hafens zum nicht geringen Teile schuld. Als 1906 die Pyhrn- und 1909 die Taucrnbahn eröffnet wurde, gewann Triest Von dem wichtigsten Wettbewerbsgebiet Rheinland-Westfalen sind es ab Oberhausen 356 k m nach Hamburg, 260 km nach Antwerpen und 214 km nach Rotterdam. Im Verkehr mit Rotterdam wird Hamburgs Lage durch die Binnenschiffahrt verschlechtert. Dazu sind Antwerpen und Rotterdam dem Ozean näher. Das kilometrische Vorzugsgebiet Antwerpens und Rotterdams den deutschen Nordseehäfen gegenüber erstreckt sich aber weiter „über Elsaß-Lothringen, Baden, Württemberg und den südwestlichen Zipfel Bayerns. Auf dem rechten Rheinufer in Preußen gehört eine verhältnismäßig schmale Zone, die jedoch sehr wichtige Plätze in sich schließt, zum geographischen Vorzugsgebiet der belgischholländischen Häfen. Die Grenze liegt hier zwischen Bochum und Dortmund " (E. v. B e c k e r a t h , Die Seehafenpolitik der deutschen Eisenbahnen und die deutsche Rohstoffversorgung, Berlin 1918, S. 58.) 2 ) Es bestanden und bestehen noch heute in Belgien die «Tarifs de ports de mer» und das «Transit-Barcme», ein Durchfuhr-Staffelsystcm ziemlich primitiver Art, das vom Wert der Güter ganz absah, aber gerade hierdurch hochwertige Sendungen begünstigte und an sich zog. (Näheres E. v. B e c k e r a t h , Die Wettbewerbslage der deutschen Welthäfen, Weltwirtschaftliches Archiv, 19. Band, 1923, S. 396 £f.) Die Eisenbahntarife beruhten in Belgien auf dem Gebührenprinzip, — im Gegensatz zu den deutschen Bahnen waren die belgischen keine Einnahmequelle. Holland gewährte Durchfuhrtarife und Rückvergütungen. 3 ) Es gab auch Ausnahmetarife, die dem Ortsverbrauch der Seehäfen dienten, und die noch aus der Privatbahnzeit stammten, jedoch zum Wettbewerb deutschen Eisens und deutscher Kohle mit englischen beibehalten wurden. Trotz der sogenannten Abfuhiklausel konnte nicht verhindert werden, daß das Eisen z. T. mit neuem Frachtbrief ins Inland zurückbefördert wurde, woraus der Eisenhandel der Seestädte Nutzen zog. 4 ) v. B e c k e r a t h , Die Seehafenpolitik der deutschen Eisenbahnen a. a. O. S. 66.

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes

gleich im österreichischen, aber auch im bayrischen Gebiet gegenüber H a m b u r g einen erheblichen kilometrischen Vorsprung. 1 ) F ü r H a m b u r g wirkte in Richtung auf ÖsterreichUngarn vor allem auch die billige Elbverbindung. Ohnedies waren zum kilometrischen Vorzugsgebiet des Elbehafens die industriereichsten Teile der Donaumonarchie zu rechncn. W e n n i h m also Böhmen u n d Österreichisch-Schlcsien eisenbahnpolitisch als Verkehrsgebiet weithin zugehörten, so wurde dies durch die Erstreckung der Adriasphäre bis Bayern u n d d u r c h österreichische Sondertarifc f ü r Süddcutschland zum Teil kompensiert. Und im Westen befanden sich, wie gezeigt, die deutschen H ä f e n noch mehr in der Abwehr. Hier waren die geltenden Ausnahmetarife unumgänglich und wahrscheinlich noch nicht einmal genügend. Ein Mangel war es insbesondere, daß sie grundsätzlich auf E m d e n abgestellt waren, also auf einen zu weit westlich liegenden P u n k t . 2 ) Während von K a u f l e u t e n u n d Spediteuren unablässig eine Initiative zur E i n f ü h r u n g neuer Seehafenein- u n d ausfuhrtarife ausging, war die K a u f m a n n s c h a f t in der Beurteilung der Durchfuhrtarife vorsichtiger. Hier t a u c h t e das alte Transitproblcm in neuer u n d komplizierterer Form wieder auf. Beim sogenannten Levantetarif z. B. befürwortete zwar die Handelskammer die Vereinigung der See- und Eisenbahnfracht zu einem einheitlichen Frachtsatz, weil damit der Verkehr von ausländischen Häfen abgelenkt werden konnte. Doch warnte sie davor, das System ohne weiteres auf schon bestehende Verkehrslinien zu übertragen. 3 ) Der Ausbau der Wasserstraßen u n d Eisenbahnen zugunsten Hamburgs durch andere Länder, vor allem durch Preußen, spricht nicht gegen die natürlich-organische Entwicklung des Elbehafens. Preußen h ä t t e an einer künstlichen Förderung des ihm nicht zugehörigen Platzes, der seinen eigenen H ä f e n Wettbewerb leistete, nicht das geringste Interesse geh a b t . Es war jedoch mit seinen Außenhandels- u n d Verkehrsbestrebungen durch Geschichte u n d N a t u r dem Elbehafen verbunden, u n d dasselbe galt für den grüßten Teil des Reichs. Wohl h a t t e n die preußischen Eisenbahntarife marktbildende K r a f t . Aber umgekehrt war diese Eisenbahnpolitik doch erst d a d u r c h veranlaßt, daß sich dort ein lebensfähiger u n d zukunftsreicher Markt befand, dessen Annäherung an das Landesinnere einen unschätzbaren Vorteil f ü r Deutschland darstellte.

Den Kern des Marktes bildete nicht sein hafen- und verkehrstechnisches, sondern sein g e i s t i g - k o m m e r z i e l l e s Rüstzeug in der Hand der Kaufleute : Die Börse und die mannigfachen sonstigen Einrichtungen zur Erleichterung des Handels wie die Musterläger, das Auktionswesen, die typenhaften Vertragsformen, Schiedsgerichte usw. Und auch dies würde nur zu einem sehr unzulänglichen Verständnis des Marktes führen, wenn man die Seele selbst: den hamburgischen Kaufmann in seiner individuellen Eigenart verkennen und etwa nur als einen beatus possidens oder als Funktionär mechanischer Verrichtungen betrachten wollte.Schließlich waren es ja auch die Kaufleute, die als einzelne oder in Gemeinschaft die äußeren Marktinstitutionen schufen, zeitgemäß umformten und zum besten Gesamterfolg vereinigten. Das gilt ganz besonders für den Sammelpunkt kommerziellen Lebens, für d i e B ö r s e . Der weiträumige Zweckbau, die ihn mit tausend Beziehungen füllenden Kaufleute, der Geist der Geschäftlichkeit, die geschriebene und ungeschriebene Börsenordnung und die Summe der aus dem Börsenabschlüssen resul!) E b e n d o r t S. 67. 2 ) G i e s e , H a u p t f r a g e n der Reichsbahnpolitik, Berlin 1928, S. 113. 3 ) B a a s c h , Die Handelskammer zu H a m b u r g a. a . O. I I , S. 446ff.

Börse und Tfrminmurkte

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tierenden Handlungen und Verpflichtungen, — alles dies will zusammengeschaut werden, um das bei aller Nüchternheit Imposante der Einrichtung zu begreifen. Nach Hamburger Auffassung war es keine Herabwürdigung der freistaatlichen Hoheit, sondern ein Symbol der tatsächlichen Verhältnisse, daß Rathaus und Börse seit 1895 auch baulich vereinigt waren. Bemerkenswert blieb der allgemeine Charakter der Börse, die im Prinzip unbeschränkte Zulassung zu ihr und ihr regelmäßiger Besuch durch Personen, die nur mittelbar mit dem Mobilienhandcl zu tun hatten, z. B. Rechtsanwälte, Versicherungsmakler u. s. f. 1 ) Die Warenbörse stand im Vordergrund, Spezialzweige von ihr waren die Kaffee-, Zucker-, Spiritus-, Baumwoll- und seit 1911 die Metallbörse mit eigenen Terminmärkten. In Plantagen- und Paragummi mußte bis zum Krieg das handelsrechtliche Lieferungsgeschäft den Terminhandel ersetzen. 1887 wurde eine Warenliquidationskasse mit 3 Millionen Aktienkapital für das Termingeschäft in Kaffee und Zucker gegründet. Am Verkehr der verschiedenen Börsen, die selbständige Abteilungen der Gesamtbörse darstellten, durften sich unmittelbar nur Vereinsmitglieder der betreffenden Warenvercine beteiligen, also Mitglieder des Vereins der am Kaffeehandel, am Metallhandel usw. beteiligten Firmen. Auch Makler wurden als Mitglieder zugelassen. Amtliche Makler gab es an der Hamburger Warenbörse nicht. Der klassische Terminmarkt Hamburgs war der in Kaffee, der 1887 zur Konkurrenz mit dem Terminmarkt in Havre gegründet war. Man begreift daher, daß der Handel ihn gegen alle Angriffe energisch verteidigte. Aus einer Denkschrift der Handelskammer von 1889 seien nur einige bemerkenswerte Stellen zitiert: „Hier hat sich das Termingeschäft organisch aus dem Effektivgeschäft entwickelt, zu dem günstige Bezugs- und Absatzbedingungen vorlagen. Der europäische Bezugsplatz, welcher dem Großhandel im Termingeschäft den Vorteil der Deckung des Risikos bietet, wird stets der bevorzugte sein. Havre konnte mit dem Termingeschäft immer größere Mengen Kaffee an sich ziehen ... „Der Terminmarkt übt . . . eine große Anziehungskraft auch auf solche Kaffeesorten aus, die garnicht im Termin gehandelt werden . . . Ein großer Teil der überseeischen Kaffeebezüge erfolgt in Form von Konsignationen. Der europäische Importeur vereinbart mit dem überseeischen Pflanzer und Händler für eine zu konsignierende Partie Kaffee einen demselben zu leistenden Vorschuß, der bei dem scharfen Mitbewerb aller Kaffee importierenden Seeplätze einen wesentlichen Teil des Wertes der Ware ausmacht. Zur Sicherung des geleisteten Vorschusses verkauft der betreffende Importeur für Rechnung des Verladers auf dem europäischen Markt einen entsprechenden Posten Terminware, welche er bei passender Preislage durch Terminkauf wieder deckt, um alsdann die effektive Ware im entsprechenden Preisverhältnisse auf dem Lokalmarkt zu verkaufen " Im ganzen zählte die Börse vor dem Krieg täglich etwa 9 bis 10000 Besucher. Verschiedene Erweiterungsbauten mußten seit 1870 durchgeführt werden.

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes

„Der auf diese Weise vom Terminhandel ausgehende „marktbildende" Einfluß hat sich in Hamburg bereits seit der kurzen Zeit des Bestehens des Termingeschäfts in erfreulicher Weise gezeigt; so kommen namentlich zentralamerikanische Kaffees, die während einer längeren Reihe von Jahren hauptsächlich über ausländische Märkte, namentlich London, dem deutschen Konsum zugeführt wurden, jetzt wieder in größeren Quantitäten nach Hamburg. Auch für die Belieferung des Nordens und Nordostens Europas ist das wichtig" 1 ). Im Terminhandel mit europäischem, speziell deutschem und österreichischem Rübenrohzucker wurden gleichfalls steigende Umsätze erzielt. Im Kaffee- wie im Zuckertermingeschäft wurden von der Warenliquidationskasse vor dem Krieg jährlich 10—20 Millionen Sack gebucht. Im Kaffeehandel wurde London sogar überflügelt 2 ). Die Ausfuhr von Zucker und Kaffee betrug wertmäßig zusammen über die Hälfte der Nahrungsmittelausfuhr. Mit der Brüsseler Konvention erreichte das stürmische Vordringen des Rübenzuckers auch auf dem englischen Markt einen gewissen Stillstand. Dennoch wurde sie gutgeheißen. Als Exportplatz für deutschen Rohspiritus hatte Hamburg ein umfangreiches Termingeschäft in rohem Kartoffelspiritus und ein Effektivgeschäft in rektifiziertem Kartoffelspiritus 3 ). Relativ schwach war der Terminmarkt in Baumwolle. Weitaus den Vorrang hatte Bremen, das aber im Unterschied zu Liverpool fast nur amerikanische Sorten berücksichtigte, während Hamburg auch ostindische und sog. exotische Sorten heranzog 4 ). Sehr wichtig war dagegen die Gründung der Terminbörse für Metalle 5 ). Unkontrollierbare und willkürliche Preisvorgänge auf dem Kupfer- und Zinnmarkt, die beide der ziemlich absoluten Monopolherrschaft ausländischer Produzentengruppen unterlagen, und damit verbundene Risiken für die deutschen Händler und Abnehmer führten zu dem Gedanken, dem LonDie Denkschrift gibt gewisse Auswüchse, die der Terminhandel gezeigt habe, so einen Corner im September 1887, zu. Hiergegen seien aber für die Zukunft ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen. Näheres über den Corner bei F r e y t a g . Die Entwicklung des Hamburger Warenhandels a. a. O. S. 87 ff. Die Standardsorte war „Santos good average". Brasilkaffee hatte am hamburgischen Kaffeehandel den weitaus größten Anteil. 1913 waren von 3,5 Millionen Sack importiertem Kaffee 2 Millionen Sack allein Santoskaffee, 226.886 Guatemala, 115.886 Rio usw. Zum Umschwung der unnatürlich gesunkenen Kaffeepreise trug das Hamburger Haus Th. Wille u. Co. bei, indem es als größte brasilianische Exportfirma die Valorisation von Sao Paulo 1907 tatkräftig unterstützte. 2 ) v. B e c k e r a t h , Die Seehafenpolitik der deutschen Eisenbahnen a. a. O. S. 37. 3 ) S o n n d o r f e r , Technik des Welthandels, Wien u. Leizig 1905 II, S. 271. *) Bremen hatte 1886 die deutschen Spinner zum Eintritt in die bereits 1872 gegründete Baumwollbörse gewonnen. Bremens eigener Terminhandel datiert aber streng genommen erst von 1914. (A. W. C r a m e r , Bremer Baumwollbörse 1872 bis 1922, Bremen, 1922.) 5 ) s. hierüber und zum Folgenden E. R e i n h a r d t , Die Kupferversorgung Deutschlands und die Entwicklung der deutschen Kupferbörsen, Kölner Studien zum Staats- und Wirtschaftsleben, Heft IV, Bonn 1913.

Terminmärkte und typenhafte Handelsformcn

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doner Beispiel folgend in Hamburg eine Terminbörse zu errichten, um den Metallinteressenten Deckung zu ermöglichen. Daneben hoffte man in fernerer Zukunft durch geregelte Spekulation den Markt zu erweitern, den Preis zu beeinflussen und Vorräte am Platze zu bilden, die in Haussezeiten gleichfalls preis ausgleichend wirken mußten. Diese Bestrebungen lagen auch im Interesse der Hütten-, der Elcktrizitäts-, der Weißblechindustrie usw., für die die Metalle von höchster Bedeutung waren. 1907 wurde der „Verein der am Metallhandel beteiligten Firmen " gegründet, 1908 kam es zum ersten Entwurf der Terminhandelsbedingungen. Nach § 50 des Börsengesetzes waren zunächst Vertreter der beteiligten Erwerbskreise gutachtlich zu hören und das Ergebnis dem Reichskanzler mitzuteilen. Bei diesem erhob das preußische Handelsministerium gewisse Bedenken. So konnte erst im April 1911 der Terminhandel in Kupfer, am 1. Januar 1912 der in Zinn offiziell eröffnet werden, nachdem bereits seit Anfang 1901 ein handelsrechtliches Lieferungsgeschäft in Kupfer sich langsam entwickelt hatte. Für eine lebhafte, dem Preisausgleich zweifellos dienliche Arbitrage 1 ) war durch die unvermeidlich enge Verbindung mit dem älteren und ausgedehnteren Londoner Markt und mit der gleichfalls neugegründeten Metallbörse in Berlin gesorgt. Die Termintechnik beruhte auf einem auktionsähnlichen Verfahren gegenseitigen Bietens. Die Erleichterungen einer Liquidationskasse bot die Maklerbank. Die junge Börse entwickelte sich in den wenigen Jahren erstaunlich gut. Sowohl der Effektivhandel wie die ausgesprochene Spekulation betätigten sich an ihr lebhaft. Die Umsätze reichten an London zwar nicht zur Hälfte heran, ließen aber doch Berlin erheblich hinter sich. Das Ziel einer Risikoverteilung und -entlastung der Konsumenten wurde erreicht, und ebenso war das erhebliche Lager an Kupfer und Zinn, das für das Reich bei Kriegsausbruch höchst erwünscht war, größtenteils der Terminbörse zu danken. Außer durch Terminmärkte wurde das überseeische Geschäft durch die sonstigen t y p e n h a f t e n H a n d e l s f o r m e n unterstützt, die in den verschiedenen Branchen in Gestalt von Schlußscheinen, Lieferungsbedingungen,Bestimmungen über Qualitätsfeststellung usw. Anerkennung genossen2). Hierbei spielte für den überseeischen Import das freihändige Lieferungs- oder cif-Geschäft eine hervorragende Rolle. „Das cif-Geschäft ermöglichte es dem festländischen Bezieher, unabhängig Von London eine Ware zu erwerben, die zur Zeit des Vertragsabschlusses in Ubersee lagerte oder noch nicht einmal erzeugt war. Diese Geschäftsform richtete sich nicht nur gegen die Auktionen, deren natürliche Voraussetzungen aufgehoben wurden, sondern gegen das Londoner Lagergeschäft überhaupt. Je mehr Waren sich das eif1)

Arbitrage hier im Sinn spekulativer Ausnützung interlokaler Preisdifferenzen. s. Hamburgisches Börsenhandbuch, Sammlung von den hamburgischen Handel betreffenden Gesetzen, Verordnungen, Bekanntmachungen, Regulativen, Usanzen, Geschäftsbedingungen, Schlußnoten usw., begründet von Dr. A. J ü r g e n s , herausgegeben von Dr. G. L e u c k f e l d und Dr. 0 . M a t h i e s . 2)

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Die sozialökonomischen Kräfte Hamburgs. Analyse seines Marktes

Geschäft unterwarf, desto häufiger ließ sich der Londoner Markt umgehen.. Sehr hell wird der dargelegte Zusammenhang dadurch beleuchtet, daß beim Pflanzungsgummi sich die allmähliche Ablösung vom Londoner Markte gleichzeitig mit der durchgeführten Standardisierung und der Einbürgerung des cif-Geschäfts vollzogen hat" 1 ). Die verschiedenen Vereine für den Warenhandel ließen es sich eifrigst angelegen sein, die Herausbildung von Standardqualitäten und typenhaften Vertragsformen zu unterstützen, wobei aber die wünschenswerte Vereinheitlichung nicht immer erreicht wurde 2 ). Für den Getreidehandel höchst bedeutungsvoll war der sog. Deutsch-Niederländische Vertrag 3 ). Mit seiner Hilfe wurden 1904 einheitliche Kontraktbedingungen für den Handel der deutschen und niederländischen Getreideimporteure mit Rußland und den Donauländern geschaffen, wie sie England schon vorher besessen hatte. Später wurde der Kontrakt auch auf Ostsee-Abladungen ausgedehnt. Es gelang nun, den englischen Handel, der sich natürlich auf £ Basis abgespielt hatte, auf Mk.-Basis teilweise zurückzudrängen und zugleich der Willkür der ausländischen Ablader Grenzen zu setzen. Die Initiative war von Berlin ausgegangen, aber au den Vorteilen der Neuregelung partizipierte Hamburg sehr deutlich. Gerade aus den genannten Gebieten nahm die Getreideeinfuhr dauernd zu. Bezeichnend ist, daß 1913 aus Rußland am Schwarzen Meer allein für über 128 Millionen Mark Gerste, 1,75 Millionen Mark Roggen, 3,8 Millionen Mark Weizen und 3,3 MillionenMark Mais importiert wurden, dagegen aus denVereinigten Staaten für 16 Millionen Mark Gerste, 0,1 Millionen Mark Roggen, 47,4 Millionen Mark Weizen, 13,4 Millionen Mark Mais 4 ). Auch die Aufhebung des Identitätsnachweises und der Bedarf einer ständig wachsenden Bevölkerung ließen den ausländischen Getreideimport fortwährend steigen 5 ). Das Lieferungsgeschäft war zwar kein voller Ersatz für den Terminhandel, ließ aber doch in gewissem Umfang eine Dekkung zu 6 ). Eng mit den typenhaften Vertragsformen verbunden und durchweg in sie aufgenommen waren Bestimmungen über die schiedsgerichtliche Regelung vorkommender Streitigkeiten. Zuerst, wohl seit den sechziger Jahren, entwickelte sich die Vereinsarbitrage, die auf der Einsetzung ständiger Scliiedsx)

v. B e c k e r a t h , Die Seehafenpolitik der deutschen Eisenbahnen a. a. O. S. 34. So existierten im Getreidehandel z. Bsp. über 20 Schlußscheintypen, von denen sich einzelne untereinander nur durch unbedeutende Nuancen unterschieden. Im Gebiet der Schiffahrt gelang eine weitgehende Vereinheitlichung 1912 durch Schaffung eines deutschen Einheitskonosseinents. 3 ) Näheres s. Handbuch des Landesproduktenhandels 1926 und S k a l k a , Hanielsgebräuche der Hamburger Getreidebörse, S. 211 ff. 4 ) Kleie kam vorwiegend aus Argentinien und aus den Vereinigten Staaten. 5 ) Trotz der durch Umladung entstehenden Kosten versorgte Hamburg einen Teil der Nordischen Länder mit Mais, Weizenmehl usw. ( F r e y tag, Die Entwicklung des Hamlurger Warenhandels a. a. O. S. 64 und 75.) •) Näheres J ö h l i n g e r - H i r s c h s t e i n , Praxis des Getreidehandelsgeschäfts. B«rlin 1925, S. 83 f. 2)

Typenverträge, Arbitrage, Platzusanzen

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gerichte beruhte, später die sog. freundschaftliche Arbitrage 1 ). Schließlich kannte man am Platz über 20 verschiedene Arten der Arbitrage, deren Vorteil übereinstimmend in der Schnelligkeit der Entscheidung und im Sachverständnis der Schiedsrichter lag 2 ). Indem sich kraft typenhafter Verträge auch ausländische Parteien weitgehend der Platzarbitrage zu unterwerfen hatten, unterstützten diese die internationale Stellung des hamburgischen Handels. Immerhin befand sich die Loslösung von den bis dahin vorherrschenden englischen Vertragstypen und von der Londoner Arbitrage noch im Fluß. Sehr vielfach wurden sogar von Hamburger Firmen untereinander noch Kontrakte auf englischer Basis abgeschlossen. Die Beispiele zeigen, wie die z. T. Jahrhunderte alten Platzusanzen des Handels, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen für Ausländer geradezu undurchdringlichen Sumpf und eine Geheimwisscnschaft gebildet hatten 3 ), allmählich mit Rücksicht auf den internationalen Wettbewerb vorsichtig erneuert, spezialisiert und ergänzt wurden. In ihrer eigenartigen Mischung von Tradition und Fortschritt waren sie für Hamburg ebenso wichtig wie bezeichnend. Überbleibsel alter Handelsgebräuche und neue Verkehrsformen wuchscn nebeneinander. In diesem Zusammenhang bedürfen noch besonderer Erwähnung die nach englischem Muster 1884 eingeführten Südfruchtauktionen. Bei dem bis dahin vorherrschenden Kauf von Apfelsinen und Zitronen auf feste Rechnung war das Risiko sehr groß gewesen. Nunmehr ließen sich die Importeure a»is

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Hatte Hamburg docb schon nach den Befreiungskriegen erfahren, daß sie von selbst weichen würde, wenn der Hamburger Handel nur erst wieder selbst fest auf den Beinen stand. 1 ) Dem Ausländer fehlte vor allem die intimere Marktkenntnis. Viel schlimmer war die Erschütterung der Vertrauensgrundlagen in der Staats- und in der Privatwirtschaft, im Binnen- und im Außenverkehr. Zäh und unablässig arbeitete der Hamburger Handel daran, sich das alte unbeschränkte Vertrauen im In- und Ausland zurückzugewinnen, und wirkte, wo er von den Güterproduzenten abhängig war, auf diese im gleichen Sinne hin. Mit der Wiederbefestigung der alten strengen Grundregeln des Kreditverkehrs verband sich eine unnachsichtige Ausmerzung der unzuverlässigen und nicht existenzfähigen Elemente im Handel selbst. In dieser Richtung lag die scharfe Handhabung der Ehrengerichtsbarkeit an der Börse ebenso wie die Kritik an dem Institut der Geschäftsaufsicht, wo diese den ohnehin zum Untergang bestimmten Firmen das Leben auf bequeme Weise fristete. Andererseits war die Kaufmannschaft für Schonung da, wo an sich leistungsfähige Häuser vorübergehend illiquid geworden waren. 2 ) Die rasche und völlige Wiederherstellung des Kredits im Hamburger Handel ist zweifellos seine größte Nachkriegsleistung. So wurde nicht nur die gute Tradition der Vorkriegszeit, sondern der innere Kern der auf den Kreditusanzen beruhenden Kaufmannsmoral und damit der tiefere Anspruch auf Fortbestand eines königlichen Kaufmannstums gerettet. Die soziologische Kontinuität war wieder hergestellt, die „Gemeinschaft der Privatleute" erhalten. 3 ) Dies bedeutete aber doppelt viel in einer Zeit, in der die alten Vertraucnsgrundlagen so stark erschüttert waren. Zugleich befähigte die wiedergewonnene merkantile und moralische Position den Kaufmann, von hier aus gegen die sich zäh einnistende Behördenwirtschaft vorzugehen. Freilich war hier sein Erwerbsinteresse im Spiel. Dies zu beschönigen, hieße auf sehr törichte Art Geschichte zu fälschen. Aber zugleich ging der Kampf im allgemeineren Sinn darum, ob das Wirtschaftsleben wieder auf die Person und die persönliche Initiative, Kreditwürdigkeit und Leistungsfähigkeit gegründet und so mit den feinen Fasern des soziologisch-ökonomischen Nervensystems verbunden und durch sie reguliert, oder, abgelöst von ihnen, einer schematisch diese Lebenszentren durchquerenden, auf außerökonomischen Fundamenten aufbauenden autoritären Wirtschaftsregelung unterliegen sollte. Das System der Außenhandelskontrolle lieferte selbst den Beweis seiner Unbrauchs. oben S. 146. Noch in jüngster Vergangenheit haben Zahlungsschwierigkeiten einiger auch guter Uberseefirmen die Öffentlichkeit überrascht. Diese Ausläufer der Vertrauenskrisis werden die Aufmerksamkeit des Kaufmanns auch weiterhin auf genaue Überprüfung der Grundlagen seines Kredits gerichtet halten. Zu allgemeineren Besorgnissen geben die einzelnen Vorkommnisse keinerlei Anlaß. =) s. o. S. 3 0 0 2)

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

b a r k e i t , als es nach A n s i c h t seiner V e r f e c h t e r a m n ö t i g s t e n gewesen w ä r e . Der S t a a t m u ß t e es aufgeben, zum S c h u t z der W ä h r u n g in die i n t e r n a t i o nalen W i r t s c h a f t s b e z i e h u n g e n einzugreifen, u n d m u ß t e erst einmal selbst wieder f ü r seine F i n a n z w i r t s c h a f t und sein Geldwesen die seit der K r i e g s zeit verlassene G r u n d l a g e der k r e d i t w i r t s c h a f t l i c h e n V e r b i n d u n g zwischen Leistung u n d Gegenleistung u n d d a m i t die V e r t r a u e n s b a s i s zurückgewinnen. A u f diese N o t w e n d i g k e i t w a r v o n H a m b u r g e r Seite o f t genug hingewiesen. A u c h h a t t e es an Vorschlägen zur Stabilisierung n i c h t gef e h l t , teils v o n T h e o r e t i k e r n u n d B a n k i e r s , teils v o n K a u f l e u t e n , die bereits langjährige A u s l a n d s e r f a h r u n g e n in der I n f l a t i o n h a t t e n . 1 ) U b e r Ziel und G r u n d p r o b l e m e w a r m a n sich im ganzen einig, — die p r a k t i s c h technische V e r w i r k l i c h u n g ließ v i e l e Möglichkeiten o f f e n , v o n d e n e n die Regierung n u r eine m i t staatlicher A u t o r i t ä t zu decken und m i t v o l l e r Energie und schonungsloser Beseitigung der M i ß w i r t s c h a f t im ö f f e n t lichen H a u s h a l t d u r c h z u f ü h r e n brauchte. 2 ) Es h ä t t e dazu n i c h t „des W u n d e r s der R e n t e n m a r k " b e d u r f t . A m u n m i t t e l b a r s t e n m a c h t e sich die W i e d e r h e r s t e l l u n g der V e r t r a u e n s basis in der W i e d e r e r ö f f n u n g k o m m e r z i e l l e r A u s l a n d s k r e d i t e b e z a h l t . In den i n t e r n a t i o n a l e n K r e d i t v e r k e h r w u ß t e sich der H a m b u r g e r Handel, zum Teil m i t h i l f e der einheimischen B a n k e n , aufs neue einzuschalten. Im Verhältnis zu den englischen Banken bot zunächst die Abtragung der Vorkriegsverbindlichkeiten eine Schwierigkeit, die im Liquidationsverfahren eine für die deutschen Remboursschuldner wenig günstige Regelung erfuhr. 3 ) Erst zögernd und auf einen kleinen Kreis altangesehener Importeure beschränkt, später aber immer ausgedehnter und in liberaleren Formen kam das alte Akzeptgeschäft der Londoner merchant bankers Hamburg wieder zugute. Schmerzlich war der Verlust der deutschen Bankfilialen in London. Die deutschen Auslandsbanken in Übersee wurden zwar durch Krieg und Inflation z. T. hart betroffen. Doch gelang es den meisten von ihnen erstaunlich rasch, sich neu zu entwickeln. Auch das Kapital der liquidierten Institute konnte größtenteils erhalten werden. Im Kampf um die Geltung der Mark brachte der Kriegsausgang einen großen Rückschlag. 4 ) In Chile und Brasilien stellten die Discontogesellschaft und Norddeutsche Bank ihre überseeischen Tochterinstitute auf dortige Währung um, damit verknüpft war eine Firmenänderung und Verlegung ihres Sitzes nach Übersee. Im übrigen sollte an der bisherigen Leitung nichts verändert werden. — Auch amerikanische Rembourskredite kamen seit dem Krieg für den Hamburger Importeur in Betracht. Doch behielten sie einen relativ geringen Umfang. Die Vereinigten Staaten nützten ihre großen Chancen, London als GeldDie Namen Kurt S i n g e r , Max W a r b u r g , Walther D a u c h bedürfen hier besonderer Hervorhebung. 2 ) Im Außenhandel war schon früh die Goldrechnung angewandt, die Kreditbanken führten neben den Papiermark- Goldkonten ein und gingen z. T. zur Kreditgewährung auf Goldbasis über. Auf Dollarbasis beruhte die Hamburgische Bank von 1923, die einem geordneten Zahlungsverkehr diente. Die Hamburger Girogoldmark war der 4,2te Teil eines Dollars. 3 ) Näheres S c h ü t t , Die Finanzierung des Hamburger Auesenhandels, a. a. O., S. 117 ff. 4 ) Auch die Beteiligung am ausländischen Emissionsgeschäft fällt seit dem Krieg fast ganz fort. Das Platzgeschäft in Übersee konnte dagegen meist ausgedehnt werden. (H. R i c h t e r , Die Bilanzen der deutschen Überseebanken in der „Bank", Oktoberheft 1928).

Auslandsbanken. Privateigentum im Ausland

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markt zu verdrängen, nicht besonders geschickt aus. Es fehlte ihnen die nötige Geschäftspraxis. Auch empfand der deutsche Importeur die Unbequemlichkeiten des amerikanischen Kreditverkehrs und seine geringere Liberalität. 1 ) So gingen z. B. selbst große Importeure von amerikanischen Schmalz und Fleisch an den Londoner Remboursmarkt und tauschten dann die Pfund- gegen Dollarwechsel um. England wußte mit größter Energie dem Pfundwechsel wieder das alte Ansehen zurückzuerobern. Wesentlich stärker war der amerikanische Einfluß auf dem Markt der sonstigen, auch langfristigen Kredite und Finanzierungen. Bei der Heranziehung solchcr Kapitalien waren die Hamburger Bankinstitute günstige Vermittler. Das Bankhaus M. M. Warburg & Co. gewann jetzt aufgrund seiner amerikanischen Beziehungen noch vermehrte Bedeutung. Max Warburg selbst lenkte in verdienstvoller Weise zugleich den Blick der binnenländischen Wirtschaft auf die neuzeitlichen amerikanischen Untemehmungsformen und Finanzierungsmethoden. 2 )

Die alte feste Kreditbasis des internationalen Handels war allerdings nicht so leicht wiederhergestellt. Ganz abgesehen von der Zerrüttung des internationalen Kapitalmarkts durch die politischen Schulden- und Reparationslasten war das Vertrauen selbst durch die feindlichen Eingriffe in das deutsche Privateigentum während des Kriegs nachhaltig erschüttert worden. Der Vertrag von Versailles führte diesen Zustand noch in den Frieden hinüber. Ein Teil der ehemaligen Feinde verzichtete auf die Liquidation. Ihre Mehrheit aber ist bis jetzt vom Krieg gegen das deutsche Privateigentum moralisch noch nicht abgerückt, wenngleich auch sie aus wohlverstandenem Eigeninteresse auf die weitere Anwendung ihres Beschlagnahme„rechts" gegen deutsches Eigentum verzichtet hat. 3 ) Hamburg hatte nach dem Verlust des liquidierten Vermögens zunächst noch jahrelang bis 1928 die Ungewißheit über die endgültige reichsseitige Regelung des Liquidationsschädengesetzes zu tragen. Die endgültige Festsetzung unterstützte im Kompromiß mit der sozialpolitischen Fürsorge für die weniger leistungsfähigen Geschädigten vor allem den Wiederaufbau der verlorenen deutschen Außenpositionen. Wäre die versprochene Hilfe, ungestört durch die Inflation, rascher erfolgt, so wäre sie wesentlich wirksamer gewesen. — Erfolgreich war die hamburgischc Mitwirkung an der Vorbereitung der amerikanischen Freigabebill. Sie war mehr als eine Geschäftsaktion, obgleich die Vermögensfreigabe für die Schifffahrtsgesellschaften eine Kardinalfrage ist. 4 ) Die Heiligkeit des Privat' ) Man scheute die umständliche Versendung der Dokumente von Amerika nach Europa und zurück. Diese konnte vermieden werden, wenn eine amerikanische Bank mit ihrer Einlösung beauftragt wurde. Aber man wollte die Banken in die deutschen Geschäftsverbindungen keinen zu tiefen Einblick gewinnen lassen. Wurde aber eine weitere Bank dazwischengeschoben, so verteuerte sich hierdurch der Kredit. 2 ) Unter seinen zahlreichen bedeutsamen Reden sei hier diejenige auf der Tagung des Reichsverbands der deutschen Industrie in Hamburg 1922 erwähnt. (Mitteilungen der Handelskammer 1922, Nr. 11.) 3 ) Sogar England hat Teile des von den Vereinigten Staaten befreiten deutschen Vermögens, auf die es Anrecht zu haben glaubte, noch 1928 zu beschlagnahmen versucht. 4 ) Die Vorschläge des Hamburger Delegierten Rechtsanwalt Kiesselbach Ende 1925 bereiteten die endgültige Regelung in ausgezeichneter Weise vor. (Magazin der Wirtschaft 1926 Nr. 14, S. 439.)

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

eigentums auch im Krieg wurde hier wenigstens nachträglich anerkannt. 1 ) Mit der Wiedergewinnung der Kredits war zwar die Überfremdungsgefahr im Handel und Hafen in der Hauptsache beseitigt. Aber die alte Marktbedeutung Hamburgs in den einzelnen Zweigen mußte erst in zäher Arbeit zurückgewonnen werden. Teilweise hatten sich die weltwirtschaftlichen Angebots- und Absatzverhältnisse völlig verschoben. Der „Strukturwandel der Weltwirtschaft", um dessen Klärung B . H a r m s sich große Verdienste erworben hat, machte sich im Brennpunkt des Welthandels fühlbar. Für Hamburg war die Wiederbegründung seiner Märkte noch dadurch erschwert, daß das feindliche und neutrale Ausland mit seinem stärkeren Kapital eine wesentlich verschärfte Konkurrenz leistete, während zugleich verminderte Kaufkraft und Protektionismus in vielen Ländern den Absatz erschwerten. Uber den Neuaufbau der hamburgischen Märkte kann hier nur weniges andeutend gesagt werden: In der Bestrebung, sich beim Rohstoffbezug von weltwirtschaftlichen Monopolstellungen der Produktion und des Handels erster Hand unabhängig zu machen, stand Hamburg nicht allein. Hier kamen ihm die gleichgerichteten Bemühungen großer Nationen in ihrem gegenseitigen Wettkampf mit zustatten. Erinnert sei nur an den Wettstreit niederländischer und englischer Konzerne mit der Standard Oil auf dem großen Kampfgebiet in Asien, an das Streben Englands, den kolonialen Baumwollanbau zu fördern, und Südamerikas, sich in der Baumwollproduktion zu emanzipieren, an die Fortschritte der Holländer im Plantagenkautschuk in Konkurrenz mit England und an die mit amerikanischem Kapital finanzierten Gummianpflanzungen in Südamerika und Afrika. Diesen Bestrebungen war es günstig, daß viele Rohstoffe sich an anderen Stellen der Erde gewinnen ließen als früher für möglich gehalten war. 2 ) Im Zusammenhang damit ist bemerkenswert, daß angebaute Rohstoffe im Lauf der Zeit infolge von meteorologischen und anderen Einflüssen ihre Qualität ändern können, wie es z. B . bei der nordamerikanischen Baumwolle beobachtet ist. Schließlich wird die früher beherrschende Stellung mancher Produkte durch Ersatzstoffe oder Verwendung von Altmaterial und durch den wirtschaftlichen Rangwechsel der Rohstoffe in Frage gestellt. In dieser Hinsicht ist u. a. der teilweise Ersatz von Kautschuk durch regenerierten Gummi, von natürlicher Seide durch Kunstseide, von Chilesalpeter durch Kunststickstoff, von Kohle durch Erdöl zu nennen. Überall Darüber, daB die Vereinigten Staaten keineswegs bloß aus idealen Antrieben der Freigabe zuneigten, kann kein Zweifel bestehen. Als größtes Gläubigerland der Welt haben sie selbst das stärkste materielle Interesse an der Respektierung des Privateigentums. Eine immense Waffenrüstung ist dazu bestimmt, die erschütterte Achtung zu unterstützen. Den inneren Riß des Weltvertrauens wird sie am wenigsten ausheilen. — 2 ) Carl B r i n k m a n n , Imperialismus und Wirtschaftspolitik, Festgabe für Brentano, 1925, S. 80ff, hat auf diesen „Ubiquitäts-Charakter" in der modernen Rohstoffwirtschaft hingewiesen.

Strukturämlerun«: des W elthandels

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aber sind derartige Veränderungen der Rohstoffwirtschaft von der Umstellung und Erweiterung des Konsums mit abhängig, wie sie für Erdöl und Gummi z. B. durch die Motorfahrzeuge, für Baumwolle durch den gestiegenen Weltverbrauch an Baumwollstoffen und das Aufkommen neuer Industrien gegeben ist. Überhaupt macht sich in der Rohstoffwirtschaft die Neuindustralisierung vieler Länder bemerkbar, z. T. so, daß die Produktionsländer anstatt der Grundstoffe Halb- oder Ganzfabrikate exportieren, z. T. in dem vermehrten Bedarf der auf Zufuhr angewiesenen neuen Industrien. Der Hamburger Handel ergriff mit kluger Initiative die sich aus all dem ergebenden Möglichkeiten der Bedarfs- und Marktbildung. Für den schon in der Vorkriegszeit hier in großen Mengen gehandelten Wildkautschuk, dessen Pflege London während des Krieges ganz vernachlässigt hatte, wurde der Markt wiederhergestellt. — In Baumwolle wurden exotische Sorten neu herangezogen, und es wurde versucht, das Mißtrauen der binnenländischcn Industrie hiergegen zu überwinden. 1 ) Auch bei Wolle blieb Hamburg der wichtigste deutsche Hafen für exotische Sorten. — Schwierig war die Lage der Salpeterimporteure angesichts der Konkurrenz des künstlichen Stickstoffs, der billiger und dabei qualitativ besser war. Die auf Preiserhöhung ausgehende Politik der Produzenten, der hohe Ausfuhrzoll und lange Zeit die deutschen Valutaverhältnisse hinderten den Import. So ist der Salpetermarkt einer der wenigen Warenmärkte, die bis jetzt nicht oder nur in geringem Grad wiederhergestellt werden konnten. — Im Petroleumgeschäft drang gegenüber der früher fast monopolartig herrschenden Standard Oil auch die Koninklijkc Shellgruppe in Hamburg ein, der sich die früheren Olwerke Stern-Sonneborn und Rhenania-Ossag anschlössen. Nicht unbeeinflußt blieb Hamburg von den Stützungsaktionen und Valorisationen fremder Regierungen auf den verschiedensten Gebieten der internationalen Rohstoff- und Agrarwirtschaft und von der Preispolitik monopolartiger Produzentenzusammenschlüsse. Besonders bemerklich wurden die Kaffeevalorisationen Brasiliens, die freilich durch Hochhalten des Preises den mittelamerikanischen Sorten Gelegenheit gaben, auf dem Markt vorzudringen, aber doch bei stark steigendem internationalem Kaffeebedarf zum Erfolg führten. 2 ) ') s. Warenberichte im Überseejahrbuch Hamburg, 1922. ) s. Hamburger Überseejahrbuch 1928, S. 326. — Ferner sind hervorzuheben: die englische Gummirestriktion nach dem Stevenson-Plan, die aber mißglückt ist und Ende 1928 aufgegeben wird. (Über die starken hierdurch bedingten Preisschwankungen s. cbendort, S. 347). Weiterhin das neue chilenischc Verkaufsschema für Salpeter, das einen Zusammenschluß von Produzenten und Händlern und eine Poolung der Gewinne, ferner eine obere und untere Preisgrenze vorsieht. In der Zuckervalorisierung ist Kuba führend, das zugleich die europäischen Hauptproduzenten zu einem Kontingentierungsabkommen für die Ausfuhrmengen aus der Kampagne 1928/29 gewonnen hat. Von den sehr zahlreichen Kartellen, die mit ihrer Preisbildung den Hamburger Markt stark beeinflußten, ist besonders das Kartell der amerikanischen Kupferexporteure zu nennen. 2

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

Um so wichtiger war es, daß Hamburg den Neuaufbau seiner Terminbörsen und des Lieferungsgeschäfts im Getreidehandel betrieb. Freilich zeigte sich hier z. T. das Fehlen einer breiten Spekulation, wie sie vor dem Krieg bestanden hatte, und großenteils eine starke Abhängigkeit von den ausländischen Notierungen. Spiritus- und Baumwollterminmärkte bestehen noch nicht wieder. 1 ) Im Zusammenhang mit der Börse und Warenvereinen wurden die Standardisierungen von Waren fortgesetzt und auf neue Provenienzen ausgedehnt, ferner wurden neue Typenverträge geschaffen. Die Bemühungen der internationalen Handelskammer, Einheitlichkeit in allen Staaten, z. B. bei Anwendung der cif-, fob-Klausel usw. zu erzielen, führten vorläufig nicht zum Erfolg. In Hamburg unterstützte man diese Absichten, war aber der Ansicht, daß stets etwa bestehende Ortsusanzen derartigen allgemeinen Abmachungen vorgehen sollten. Erfolgreich waren auf vielen Gebieten die Bestrebungen der Importeure, mit den ausländischen Produzenten wieder in unmittelbare Verbindung zu kommen. So konnte Hamburg vor allem seine Kaffee,- Kakao-, Reis-, Südfrucht-, und Häutemärkte wiederherstellen. In diesen und anderen Zweigen, besonders auch im Getreidehandel, kehrte der Transit mit Ostund Nordeuropa in seine alten Bahnen zurück, zu dem dort die neuentstandenen Länder wie die Tschechoslowakei, Polen und die Randstaaten hinzukamen. Neu aufgebaut wurde die Gcfrierfleischeinfuhr, mit umfassenden technischen Vorrichtungen in Schiffen und Lagern. Schwierigkeiten erwuchsen aus der deutschen Kontingentierung. Die stärksten Wandlungen erfuhr der Getreide- und Futtermittelimport, durch das Fortbestehen der öffentlichen Bewirtschaftung 2 ), durch wiederholte handelsvertragliche und Zolländerungen für Getreide und Mehl3) sowie das Einfuhrscheinsystem, durch den Fortfall deutscher Produktionsgebiete, hauptsächlich aber eines großen Teils der früheren Importe aus Rußland und Rumänien, durch die Fortschritte Kanadas neben den Vereinigten Staaten und Argentinien und durch die Umstellung und Vergrößerung des Futtermittelverbrauchs, besonders den vermehrten Maiskonsum anstelle von Gerste. Doch zeigte sich der freie Handel all diesen Umwälzungen gewachsen. Der Bedarf konnte stets völlig befriedigt werden. Der Einfuhr- wie der Ausfuhrhandel wurde nach dem Krieg noch mehr wie vorher von den Versuchen der Produzenten und Konsumenten zu unmittelbarer gegenseitiger Anknüpfung betroffen. Verstärkend kam 1)

Z. Zt. gibt es also Warenterminbörsen für Kaffee, Zucker, Kupfer, Zinn, Kautschuk. Zunächst der Reichsgetreidegesellschaft, dann der privaten, aber mit öffentlichen Mitteln gestützten Getreidehandels-Gesellschaft, die zur Regulierung des Roggenpreises gegründet wurde. 3 ) 1927 wurde mit dem Einverständnis des Handels der Mehlzoll erhöht, um dem immer vermehrten Eindringen ausländischen Mehls eine Grenze zu setzen. 2)

Güterverkehr seit 1925

337

gegenüber der Vorkriegszeit hinzu, daß die Produzentenzusammenschlüsse erstarkt waren. Immerhin war der Fertigwarenindustrie da, wo sie mit eigenen Filialen und Agenturen im Ausland direkten Export bewerkstelligen wollte, der Erfolg großenteils versagt. Die Markt- und Landeskenntnis des Hamburger Händlers waren hier nicht zu entbehren. Trotzdem hatte der Exporthandel in der verschärften internationalen Konkurrenz und bei den fast überall erhöhten Industriezöllen keinen leichten Stand. Für die Exportagenten kam erschwerend hinzu, daß der Zusammenschluß der Industrien sie häufig überflüssig machte. 1 ) In der Rangordnung der exportierten Fabrikate änderte sich nichts Wesentliches, wenn sich auch die Prozentsätze im einzelnen zuungunsten der Maschinen- und chemischen Industrie verschoben. Der bedeutende Export deutscher Kohle während des englischen Streiks war eine Ausnahmcerscheinung. In Hamburg selbst streiten noch immer englische und deutsche Kohle um den Vorrang. Statistisch sei aus der Warenbewegung nur einiges kurz zusammengefaßt: Der Güterverkehr, der sich langsamer entwickelt hat als die Schiffahrt, hat 1926/27 im Zusammenhang mit der Hochkonjunktur einen lebhaften Auftrieb erfahren. Es betrug (in dz.): Die seewärtige Einfuhr 1913 165484103 1925 124292615 1926 106702308 1927 167931660

Die seew ärtige Ausfuhr. 89095002 69615376 106362195 83304810

Von der Ober- und Niederelbe kamen an, und es gingen dorthin ab (in dz. brutto) 1913 53819864 72477125 1925 34341200 30050770 49653730 1926 33426990 39063690 51102010 1927 Für den Eisenbahnverkehr betrugen die entsprechenden Ziffern: 1913 52451994 26154176 1925 40037455 33187504 1926 85816990 28101780 1927 51377760' 34743370 Gewichtsmäßig hatten die einzelnen Erdteile folgenden Anteil (in 0 / 0 ) : an der seewärtigen E i n f u h r : an der seewärtigen Ausfuhr: Erdteil 1913 1926 1927 1913 1926 1927 Europa 53,9 42,7 38,4 57,0 63,0 63,2 Amerika 30,3 33,7 40,7 26,2 24,7 21,8 Afrika 5,1 7,3 6,1 6,1 3,8 5,2 Asien 9,5 14,5 13,5 8,4 8,0 9,4 Australien 1,2 1,8 1,3 2,3 0,5 0,4 1

) Jahresbericht der Hamburger Handelskammer 1927, S. 127. 22 WUlcemanQ.

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Schluß. Krieg u n d Nachkriegszeit. Ausblick

Es zeigt sich der verminderte R a n g E u r o p a s , der v e r m e h r t e Amerikas u n d Asiens bei der E i n f u h r . I n der Ausfuhr sind Amerika u n d Australien zurückgegangen, w ä h r e n d E u r o p a sich gehoben h a t . Von den einzelnen europäischen L ä n d e r n sind in der seewärtigen E i n f u h r Großbritannien und I r l a n d , R u ß l a n d , F r a n k r e i c h u n d Spanien s t a r k zurückgegangen, w ä h r e n d D ä n e m a r k u n d die Niederlande, letztere als D u r c h f u h r l a n d , sich erheblich entwickelt haben. Von Amerika h a t K a n a d a gegen 1913 seine B e d e u t u n g verd o p p e l t bis verdreifacht. I n Asien sind sowohl die Beziehungen m i t den britischen wie m i t den niederländischen Besitzungen gestiegen. I m Schiffsverkehr scheint H a m b u r g im J a h r 1928 seine H a u p t k o n k u r r e n t e n A n t werpen u n d R o t t e r d a m erstmalig wieder zu überholen. Die bisherigen Ziffern f ü r die wichtigen H ä f e n b e t r u g e n : (in 1000 N . R . T . ) Hafen Hamburg Bremen Danzig London Liverpool Rotterdam Antwerpen Cherbourg Marseille Le H a v r e Lissabon Tricst Genua New York

1913/14

1924/25

14216 3528 936 12465 11632 12249 20017 4587 8133 3502 7891 4733 5817 15595

15792 4432 1158 17161 13273 16432 17017 10033 9346 4247 5782 1760 6464 20022

1925/26 16545 5331 3268 20471 13666 20956 19506 10500 9905 5150 5813 1914 6679 20501

1926/27 18821 3350 3350 19349 13098 21454 20193 10681 10243 6077 6341 1886 7082 20 956»)

1927 zeigten u n g e f ä h r 4 0 ° / 0 der Schiffe im H a m b u r g e r H a f e n die deutsche Flagge.

Das Wachstum der Schiffahrt im Hamburger Hafen weit über den Vorkriegsstand ist eine erstaunliche Leistung, besonders wenn die Lage der Werften und Reedereien in den ersten Nachkriegsjahren in Rücksicht gezogen wird, deren Schicksal naturgemäß eng verknüpft war. Bei den Werften machte die viel zu große Leistungskapazität im Verhältnis zum Schiffsbedarf eine angemessene Kapitalverzinsung unmöglich und führte weitgehend zu ernsten Krisenerscheinungen, die durch Materialteuerung und Lohnerhöhungen verschärft wurden. Zuerst war 1926 die Sanierung der Reiherstieg-Schiffswerft unumgänglich. Immerhin gab die Reedereiabfindung und die Bereitstellung des Schiffserneuerungsfonds des Reichs dem Schiffsbau eine Stütze. Hohe technische Leistungen wurden vollbracht. Durch Serienbau und sonstige Rationalisierung strebte man eine Kostenverminderung bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung an. Die der Not entspringende Konzentrationsbewegung im Schiffbau, die ihr Zentrum in der Deschimag in Bremen fand, griff auf Hamburg nur teilsweise über. Blohm & Voß und die 1918 von der binnenländischen Großindustrie und der Hapag gemeinsam gegründete Deutsche Werft, Auszug aus d e m H a m b u r g e r W i r t s c h a f t s d i e n s t 1928, H e f t 22, S. 915.

Schiffahrt im Hafen. W erften und Reederei

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die sich 1927 den Reiherstiegbetrieb angliederte, waren stark genug, allein zu bleiben. Bei den Reedereien hatte der Konzentrationsprozeß j a schon längst vor dem Krieg begonnen. Nachher war es doppelt notwendig, die dezimierten Kräfte zusammenzufassen. So kam es zu neuen Gemeinschaftsdiensten und Fusionen. Diese Verträge, ferner die Valutaerträge der Inflationszeit bei relativ geringen Arbeitskosten und die Reedereiabfindung erlaubten einen raschen Aufstieg. Besonders wichtige Jahre des Wiederaufbaues waren 1920, wo die Hapag ihren bekannten Vertrag mit Harriman schloß und sich den deutschen Levantedienst angliederte, und ferner 1926, wo die jetzt wesentlich gekräftigte Gesellschaft durch Aufhebung des Vertrags mit Harriman ihre völlige Selbständigkeit zurückerlangte, und wo sie ferner die Austral-Kosmos-Stinnesgruppe mit 355000 T im ganzen übernahm 1 ). Bei den Fusionsvorgängen von 1926 wurden die mächtigen Einflüsse der Berliner Hochfinanz fühlbar. Sie, nicht der freie Wille der Hapagverwaltung gab den Ausschlag. Das Eindringen außerhamburgischer Bestrebungen und Einflüsse seitens der Großindustrie und Großbanken reicht aber schon bis in den Krieg zurück und knüpft sich zuerst an den Namen Hugo Stinnes. 2 ) Das prinzipiell Bedenkliche dieser Entwicklung im Vergleich zum früheren Zustand völliger Selbstbestimmung der hamburgischen Reederei liegt auf der Hand. 3 ) Bedauerlicherweise gingen ähnlich wie beim Werftzusammenschluß auch in der Reedereipolitik die Interessen Hamburgs und Bremens auseinander. Diesen Spannungen sollte aber keine übertriebene Bedeutung beigemessen werden. Sie fehlten j a auch der Vorkriegszeit nicht und verhinderten nicht die glänzende Entwicklung. Nur eine paritätische Verbindung der zwei größten Schiffahrtsgesellschaften wird gesunden und dauerhaften Charakter haben können. Im Afrika- ebenso wie im Ostasiendienst bestehen auch jetzt zwischen Hapag und Lloyd Abmachungen. 4 ) Nach außen scheinen beide Reedereien in den internationalen Schifffahrtsverbänden eine gemeinsame Politik zu vertreten. Das Wiederaufleben dieser Pools und sonstigen Vereinigungen kann auch hier über Änderungen im Vergleich zur Vorkriegszeit nicht hinwegtäuschen. Außerwirtschaftliche Gesichtspunkte, so die Prestigepolitik der Nationen, ferner auch die hohen Subventionen in den verschiedenen Staaten, sogar in Rolf E r d m a n n , Die Rationalisierung der Seeschiffahrt, Nauticus 1928, S. 129. Die Hapag wuchs so auf 870000 t. an. 2 ) Näheres M a t h i e s , Hamburgs Seeschiffahrt a. a. O., S. 110 ff. 3 ) s. o. S. 296. *) Der Lloyd hatte sich gleichfalls im Wege der Fusionen 1925 beträchtlich vergrößert. Mit der „Bremen" und „Europa" hat er die schnellsten und größten Schiffe. Der Gesamttonnage nach ist aber die Hapag größer als der Lloyd. Auch ihr Frachtverkehr ist zweifellos bedeutender. Dagegen beförderte der Lloyd 1927: 130000, die Hapag nur 90000 Personen. Der alte Kapitalvorsprung der Hapag wird durch die neue Kapitalverbreiterung des Lloyd mit Hilfe befreundeter New Yorker Banken eingeholt. 22*

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

England, und sonstige protektionistische Maßnahmen der Schiffahrtspolitik sind hier Störungselemente. 1 ) Doch sind die immer •wieder auftauchenden Befürchtungen über die Bedrohung der Nordatlantischen, der Südamerikanischen und sonstigen Konferenzen wohl übertrieben. Bei der auch im Ausland stark fortgeschrittenen Vertrustung und den außerordentlichen im einzelnen Unternehmen festgelegten Kapitalien kann die absolut freie Konkurrenz noch weniger als vor dem Krieg gewagt werden. Der durch die Verbände gestärkten Linienreederei gegenüber spielt die Trampfahrt heute eine noch geringere Rolle als früher. Die Wiederherstellung des ausgedehnten Liniennetzes, das Hamburg mit 2000 Häfen der Welt verbindet, ist für den Hamburger Markt von unschätzbarer Bedeutung. Die Qualität der Schiffe ist infolge ihres geringen Durchschnittsalters und technischer Verbesserungen hoch. Im Personenverkehr ist zwar die Einwanderungsbeschränkung der Vereinigten Staaten eine ernstes Hindernis. Dafür hat sich aber der Touristenverkehr erfreulich entwickelt. Auch die übrigen für Hamburg wichtigen Verkehrsfragen haben seit 1913 ihr Gesicht teilweise stark verändert. Neben der Schiffahrt und dem Bahnwesen und teilweise in aussichtsvollem Zusammenwirken mit ihnen ist die Luftfahrt ein Zweig des internationalen Verkehrs geworden. Hamburg ist Hauptknotenpunkt in den Flugverbindungen zwischen dem europäischen Westen und Norden und steht in enger Verbindung mit dem Seeflughafen Travemünde, zu dessen Ausbau es beigetragen hat. Grundlegend neue Tatsachen im kontinentalen Verkehr sind die Zusammenfassung der Länderbahnen zur Reichsbahn und deren Loslösung vom Fiskus als selbständige Gesellschaft eigenen Rechts sowie der Niederschlag der Daweseinflüsse in ihrer Organisation. Die Vereinheitlichung des gesamten Betriebs und des Tarifaufbaues konnte für Hamburg wie für das ganze Reich nur vorteilhaft sein. 2 ) Auch der Ubergang zum Staffeltarif mit der Bevorzugung weiter Entfernungen hatte für das peripher gelegene Hamburg überwiegende Vorzüge. Die nach oben revidierte neue Güterklassifikation und die Erhöhung der Tarife dagegen hatte vom hamburgischen Standpunkt aus Bedenken. Ein Glück war es, daß trotz der Voreingenommenheit der Dawessachverständigen gegen die Sechafenausnahmetarife dies in der Vorkriegszeit bewährte System nach vorübergehender, durch den Friedensvertrag erzwungener Aufhebung wieder eingeführt wurde 3 .) Niedrige Durchfuhrtarife über die deutschen Seehäfen wurden nach der Schweiz, Österreich, Polen und der ') Über die Subventionen s. Jahresbericht der Handelskammer 1927, S. 86 f. 2 ) In den Verwaltungsrat der Reichsbahn wurde der Bankier und damalige Handelskammerpräses Hermann Münchmeyer hineingewählt. Die Vertretung Hamburgs in den zuständigen Landeseisenbahnräten blieb natürlich bestehen. 3 ) Im Dezember 1924 wurden einige dieser Tarife auf Belgien übertragen, das laut Friedensvertrag bis 1925 diesen Anspruch stellen konnte. Billigkeitshalber wurden sie auch Holland eingeräumt. Für Belgien wurden sie 1925 wieder aufgehoben.

Luftfahrt, Balinwesen, Binnenschiffahrt

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Tschechoslowakei geschaffen, eingeführt wurden solche aber auch für die belgischen und holländischen Häfen. 1 ) Das sachlich berechtigte Streben, die Tarife auf Hamburg abzustellen, 2 ) ließ sich nicht in allen Fällen verwirklichen. Ein zäher Frachtkampf mit Unterbietungen wurde von Triest um die Abgrenzung der Einflußzone dieser beiden Häfen heraufbeschworen. Das Ziel Deutschlands, die Grenze in die geographische Mitte zwischen Triest und Hamburg zu legen, konnte zwar in der Vereinbarung vom J u l i 1928 nicht voll verwirklicht, aber es konnte immerhin der wichtigste Teil des böhmischen Industriegebiets an Hamburg herangezogen werden. Der Binnenschiffahrt leistete die Bahn nicht nur durch die Ausnahmetarife, sondern auch durch den Staffeltarif im Normalgüterverkehr Konkurrenz. 3 ) Auch sonst war die Lage der Binnenschiffahrt auf der Elbe als internationalisiertem Strom im Gegensatz zur Weser erschwert. Zum Glück hatte die Tschechoslowakei in vielem gleichlaufende Elbinteressen wie das Reich. Ein Kampf zwischen der mit österreichischem Schiffsmaterial neu begründeten Tschechoslowakischen Elbeschiffahrts-A. G. und den deutschen Flußreedereien konnte durch Aufnahme der ersteren in die Elbeschiffahrts-Vereinigung von 1916 vermieden werden. An die Reichsverwaltung der Elbe treten in der Notwendigkeit weiterer Flußregulierungen wichtige Aufgaben heran, teilweise im Zusammenhang mit dem Bau des Mittellandkanals. 4 ) Von Hamburg mit großem Eifer verfolgt wird das Projekt des Hansakanals als direkte Verbindung mit RheinlandWestfalen. Hamburg, Bremen und die westdeutschen Interessenten einigten sich auf einen gemeinsamen Plan. Die bessere Verbindung Hamburgs mit dem deutschen Westen liegt, wie allseits anerkannt wird, im Reichsinteresse, dem das bisher dort unvermeidliche Übergewicht der außerdeutschen Rheinhäfen nicht entspricht. Verheißungsvoll ist die Möglichkeit, auf dem Kanal auch für den Verkehr mit dem Westen den Schwergütern in Ein- und Ausfuhrrichtung den billigeren Wassertransport zur Verfügung zu stellen und im Hafen selbst noch mehr als bisher den billigen Umschlag von Schiff zu Schiff zu befördern, — einer der Gründe, warum man in Hamburg den Kanal einer Massengüterbahn vorzieht. Gleichzeitig würde der Hafen bei vermehrter Heranziehung von Ruhrkohle und anderen Schwergütern des Westens durch die verbesserte Tonnagebilanz billiger werden. 5 ) 1 ) Ferner spielen heute die Mindesttarife eine beträchliche Rolle, die bei Zusicherung gewisser Mindestmengen durch den Verfrachter eingeräumt werden. 2 ) s. o. S. 264. 3 ) Den Wünschen der Binnenschiffahrt nach Umschlagtarifen wurde nicht entsprochen. Dagegen versuchte 6ie mit Erfolg eine Anpassung durch Berechnung der Frachtkosten nach Güterklassen. 4 ) Wird die Elbe nicht so ausgebaut, daß ein bequemer Übergang der Kanalschiffe auf sie möglich ist, so ist eine Abwanderung aus dem bisherigen Hinterland Hamburgs auf Rotterdam und Antwerpen zu befürchten. (Jahresberichte der Handelskammer, 1926, S. 77, und 1927, S. 75.) 5 ) s. o. S. 292 f.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

Das Hansakanalprojekt kann man daher zu den Plänen rechnen, die auf die Verbesserung Hamburgs als Speditionshafen abzielen. Das Bestreben, die Wasserfläche im Hafen und die natürliche Grenze zwischen See- und Binnenschiff möglichst nutzbar zu machen, wird der Art des Platzes entsprechend aber weiterhin seinen Ausgleich im Ausbau der Eisenbalinund Kaianlagen finden müssen. Je mehr Hamburg bei sinngemäßer Übertragung vorbildlicher Einrichtungen anderer Plätze seinen eigenen Charakter ausbildet, desto sicherer ist seine Zukunft. Hamburgs Bedeutung liegt in der engen Verbindung seines Marktes und des Eigen- und Kommissionshandels mit dem Güterumschlag, wobei letzterer als das dienende Glied des lenkenden kommerziellen Geistes zu betrachten ist. Schon in der Vorkriegszeit war die Qualitätsleistung hier wichtiger als die Billigkeit im engeren Sinn, im Eigenhandel wie in der Spedition. Außerordentlich vermehrte, oft übertriebene Kapitalaufwendung kennzeichnet in aller Welt die Hafenpolitik der Nachkriegszeit. 1 ) Mit Recht ist demgegenüber die Notwendigkeit stärkerer Rationalisierung und Konzentrierung der Kräfte betont worden. Daß die Probleme anders lagen als bei der Industrie, daß insbesondere die Stetigkeit und das Handinhandgreifen fehlte, daß der Hafenbetrieb viel mehr auf dem Nebenais auf dem Füreinander berührt, gab diesem Bemühen seine besondere Richtung. 2 ) Um so mehr sollte man den Fehler vermeiden, der die Rationalisierung in der Industrie vielfach ihres eigentlichen Erfolgs beraubt: Den Blick nur auf die technischen Mittel zu richten und mit wirtschaftlicher Verschwendung technisch zu sparen. Die Rationalisierung eines Hafens wie Hamburg hat zur allerersten Voraussetzung ein Zusammengehen zwischen Hafentechnik, Verkehr und Handel, der dabei gleichzeitig vom betriebs- und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkt aus die Richtung geben muß. Ungleich viel wichtiger als die Frage, welche Fassungskraft bestimmte Kräne haben sollen usw., ist die Notwendigkeit, die Zweige der Ein- und Ausfuhr umschlagstechnisch zu begünstigen, auf denen Hamburgs Bedeutung beruht. Man kann das Zutrauen zu der 1927 eingeleiteten Hafenenquete haben, daß hier danach verfahren wird. Eine solche Untersuchung aber wird ihre dauernde Fortsetzung finden müssen in der wachen Fürsorge der Behörden und kaufmännischen Vertretungen, wobei auch eine Rationalisierung des Außenhandels durch zweckmäßige Vereinfachung der Usanzen und Typenverträge, durch Verbesserung des Konjunkturdienstes usf. und eine weitere Verselbständigung der Hamburger Märkte planmäßig anzustreben sein wird. Einen prinzipiellen Fortschritt darf man darin erblicken, daß die Kaigebühren nach Sven H e i a n d e r , Moderne Hafenentwicklung. Hamburger Wirtschaftsdienst 1927, S. 548 und 590. 2 ) Aus dem ausgezeichneten Aufsatz „Hafenbetrieb" von Baurat W. Böttcher, Hamburger Überseejahrbuch 1925, S. 317ff.

Ausbau und Rationalisierung des Hafens

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Güterkategorien gestaffelt worden sind. 1 ) Dies liegt in der allgemeinen Linie moderner Verkehrspolitik und gestattet eine wesentlich leichtere Anpassung der Gebührenpolitik an die Handelserfordernisse. Nach wie vor werden dabei Konkurrenzrücksichten eine entscheidende Rolle spielen, wobei die gegenwärtige schwierige Finanzlage eine Überspannung der Idee des Gebührenwettbewerbs von selbst verhindern wird. 2 ) Im Grundsatz bleibt es dabei, „daß der Hamburger Hafen dann nicht nach finanziellen Gesichtspunkten verwaltet werden darf, wenn dadurch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und der Umschlagsverkehr vermindert wird." 3 ) Mit besonderer Sorgfalt wird auch die Frage der Hafenlöhne zu prüfen sein, unbekümmert um die in letzter Zeit wieder hervorgetretenen radikalen Strömungen. Teils durch Ausführung von Vorkriegsprojekten wie die streckenweise fertiggestellte Güterumgehungs- und die Finkenwärder Bahn und die Einrichtung der großen westlichen Hafenbecken, teils auf ganz neuer Basis wurde der Hamburger Hafen den modernen Erfordernissen angepaßt. Die Güterbahnhöfe wurden ausgebaut, die Umladeeinrichtungen technisch vervollkommnet. 4 ) Dazu wurde das Industriegelände an der Bille weiter aufgehöht, mit neuen Gleisanschlüssen verschen und sonst zur Benützung hergerichtet, und ebenso wurde eine tätige Siedlungsfürsorge betrieben. 5 ) Wie vor dem Krieg beschritt der Staat erfolgreich den Weg der Anleihe. Unter den wesentlich ungünstigeren Umständen kam es Hamburg zugute, daß es im In- und Ausland seinen Kredit niemals verloren hatte. 6 ) Die Auf') Jahresbericht der Handelskammer 1926, S. 75. Die Kaigebühren wurden allerdings gleichzeitig erhöht, weil die Finanzdeputation der Ansicht war, daß der Kaibetrieb sich selbst tragen müsse. Die Gebührensätze sind inzwischen mit Wirkung vom 6. Juni 1928 teils vermindert, teils erhöht worden. 2 ) s. hierzu o. S. 294. 3 ) Jahresbericht der Handelskammer 1927, S. 74. *) Das gesamte Hafengebiet Hamburgs umfaßt 1928 4041 ha. mit einem Freihafengeländc von 1349 ha. Von der Gesamtwasserfläche von 1657 ha entfallen 743 auf den Freihafen. In 19 Seeschiffsbecken mit 59 km Uferlänge liegen 23 Seeschiffhäfen mit 508 ha Wasserfläche. Die Liegeplätze an den Dückdalben umfassen 32 km. (Deutsche Allgemeine Zeitung Nr. 30 vom 25. Juli 1928.) 1925 waren im Freihafen 200,40 km öffentliche Gleise vorhanden; dazu kommen 93,20 km Privatanschlüsse. (Hamburg und die Industrie a. a. O. S. 12.) Von 1920 bis 1927 wurden 11 Kaischuppen gebaut. Die überdachte Kaifläche betrug Mitte 1928: 640 225 qm. Die technische Ausrüstung des Kaibetriebs ist wesentlich verbessert worden hinsichtlich der Beweglichkeit und Hebefähigkeit der Kräne, der Geräumigkeit der Schuppen usw. (Jahresbericht der H. K. 1926 S. 73 f.) Eine neue zollausländische Elbbrücke wurde gebaut. Zum Ganzen vergl. o. S. 258, Anm. 1. 5 ) Über die Fortschritte der Hamburger Industrie seit dem Kriege s. „Hamburg und die Industrie", Denkschrift der Handelskammer a. a. O., insbes. S. 13 f, 19 f, 25. Symptomatisch ist der Ausbau der Elektrizitätswerke als Schlüsselindustrie, s. „Die Entwicklung der Hamburgischen Electricitäts-Werke", Vortrag von Direktor Dr. Bannwarth, Hamburger Überseejahrbuch 1928, S. 135 ff. 6 ) Seit 1924 nahm H a m b u r g als Staat im Ausland zwei große Anleihen auf von 20 000 000 § und 2 000 000 £. Es steht mit diesem Betrag unmittelbar hinter Preußen und Bayern, erheblich vor den übrigen deutschen Ländern.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

bringung der Mittel im ordentlichen Haushalt erforderte äußerste Anspannung der Steuerkräfte, oft bis über das erträgliche Maß hinaus. In den gegebenen finanziellen Leistungs- und Raummöglichkeiten hat Hamburg mit unermüdlicher Tatkraft sich wieder den ersten Platz als Hafenstadt auf dem Kontinent erkämpft. 1 ) Die grundsätzliche Seite der Raumfrage, die Hamburg in der erwähnten Denkschrift von 1915 über das Großhamburgproblem angeschnitten hat, ist bis jetzt ungelöst geblieben. An dieser Stelle brauchen die Raumprobleme, wie sie sich bereits in der Vorkriegszeit ergeben hatten, 2 ) nicht nochmals auseinandergesetzt und für die einzelnen Gebiete des Hafenbaues, der Industrieerweiterung und der Siedelung aufgewiesen zu werden. Auch sei hier der Verlauf der fruchtlosen politischen Auseinandersetzung mit Preußen übergangen. Das „Großhamburg-problem" in seiner klassischen Form, die es durch die Großhamburg-Denkschrift des Senats von 1921 erhalten hatte, besteht nicht mehr. Der Gedanke, alle unterelbischen Städte zu einem Gemeinwesen zu verbinden, ist durch die Tatsachen überholt. Teillösungen eines Gebietsaustausches werden alleine nicht befriedigen können, wo es sich um die qualitativ beste Ausnützuug des Gesamtgebiets handelt. 3 ) Noch weniger kommt eine Eingliederung Hamburgs in Preußen infrage. Abgesehen davon, daß sich hier in veränderten Formen die gleichen Probleme ergeben würden, wenn Hamburg die erforderlichen Gebiete eingemeinden wollte, diese aber sich wehrten, 4 ) widerspräche eine solche Lösung dem historischen Sinn. Wer die Geschichte des Elbplatzes an sich vorbeiziehen läßt, erkennt, daß die Leistungen Jahrhunderte lang mit seiner Natur als Stadtstaat nicht bloß äußerlich verbunden waren, ebensowenig, wie sich Rathaus und Börse nur äußerlich aneinanderfügen. Hier bestehen tiefere Zusammenhänge, die sich im Wandel der Zeiten und Umstände immer von neuem als befruchtend für das ganze Reich erwiesen haben, auch in der Nachkriegszeit. Die hier auf eine große Aufgabe ganz konzentrierte, auf sich selbst gestellte Leistungskraft des Unternehmertums, von dem sich mehr und mehr auch auf die Arbeiterschaft der gemeinsame Ring städtisch-wirtschaftlichen Zusammengehörigkeitsgefühls erweitert hat, kann nicht mechanisch in einen anderen räumlich-politischen Organismus hinübergetragen werden. Aus der Einheit kaufmännischer Erfahrung und Denkweise und fachwissenschaftlicher Durchdringung des Stoffs ist der Antrieb zu sehr vielen Neuerungen hervorgegangen. Quantitativ in ganz anderem Umfang als früher stützt sich die Kaufmannschaft auf die Tätigkeit ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter, die schon längst als soziologisches Element von erheblicher Bedeutung in das geistige Zentrum der Hafenstadt miteingerückt sind. *) s. o. S. 259 f. 3 ) F. S c h u m a c h e r , Zukunftsfragen an der Unterelbe a. a. O. 4 ) Ebendort.

( Großham])urgproblem.''

Politischer Neuaufbau

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So bleibt, solange nicht die auf Neugliederung des Reichs abzielenden Bestrebungen den Territorialfragen ein ganz anderes Gesicht geben, nur der Weg eines praktisch-wirtschaftlichen und verwaltungsrechtlichen Zusammenwirkens mit Altona, Harburg-Wilhelmsburg und Wandsbek. 1 ) Hamburg wird, so bedauerlich eine Hinausschiebung der territorialen Kernfrage auch vom Standpunkt des Ganzen aus ist, sicher sein dürfen, daß sich mit der von Preußen energisch geförderten Ausdehnung dieser Gemeinwesen dort auch die Notwendigkeit einer Interessengemeinschaft immer fühlbarer machen wird, in der die eigenen Wünsche nicht ohne die notwendigen Zugeständnisse an Hamburg zu erfüllen sein werden. Eine der Kräftekonzentrierung widerstrebende Hafenpolitik im Elbdelta ist zum Mißerfolg verurteilt. Der scheinbar radikale Neuaufbau ließ die ungeschriebene Verfassung Hamburgs im Kern unangetastet. Zwar bedeuten der Übergang des Kyrions auf „das hamburgische Volk", die parlamentarische Abhängigkeit des Senats einen grundlegenden Wandel. Soziologisch betrachtet aber hat die Neuordnung vom Alten nicht nur die „Fassade" übrig gelassen. Es wäre unsinnig gewesen, den Denkmalsschutz auf politische Formen zu erstrecken wenn man nicht gehofft hätte, in ihnen trotz der schwerwiegenden inneren Eingriffe und Wandlungen das Leben zu erhalten. 2 ) Maß und Plötzlichkeit der Demokratisierung, Parteienkampf und kommunistische Radikalisierung ließen und lassen zeitweise vergessen, daß es sich in der Hauptsache um äußerste Konsequenzen einer schon in der Vorkriegszeit merklichen und schließlich unabänderlichen Umlagerung und demokratischen Erweiterung der Kräfte handelt. Bei allem Zwiespalt und Parteihader, der das politische Dasein der Kommune seiner beschaulichen Ruhe endgültig entrissen hat, hat sich hamburgische Einheit doch stets bewährt, wo Hafen und Handel auf dem Spiel standen. In den Grundanschauungen der Großhamburgfrage waren Unternehmer und Arbeiter ganz einig. Für manche Ausgleichung war besonders in den ersten Jahren nach der Revolution der neugeschaffene Wirtschaftsrat ein geeignetes Organ. Weltanschauliche Gegensätze traten wie schon vor dem Krieg bei der Kulturpolitik, aber auch bei der Frage der steuerlichen und sozialpolitischen Die Form einer Verwaltungsgemeinschaft empfiehlt die „zweite Skizze zu einem Staatsvertrag zwischen Preußen und Hamburg über einen Gebietsaustausch, einen Finanzausgleich und eine Verwaltungsgemeinschaft f ü r Hamburg und seine Nachbargemeinden" v o n Staatsminister a. D. Dr. Drews und Staatsminister a. D. Graf von Roedern vom März 1926. Neue Anregungen für gemeinsame Siedelungs- und Verkehrsbetätigung gibt eine Denkschrift der Freien Deutschen Akademie des Städtebaues v o m April 1928, die von Wirtschaftsführern Hamburgs und der Nachbargemeinden befürwortet wurde. 2 ) Schon nach den ersten Bürgerschaftswahlen bewies die Sozialdemokratie Einsicht dafür, daß die Kontinuität des Bürgerlich - Unternehmerischen gewahrt werden müsse. Sie verzichtete auf die Möglichkeit, einen rein sozialdemokratischen Senat zu bilden. Von den damals 18 Senatssitzen beanspruchten sie 9, während 3 den Demokraten und der R e s t parteilosen, aber durchweg rechts orientierten Männern zufiel.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

Lastenverteilung hervor, in der Kommune wie im Reich, dessen Finanzverwaltung nun in den Bezirk Hamburgs tief eingriff. Waren vor dem Krieg in finanz- und sozialpolitischer Hinsicht zweifellos Einseitigkeiten und Mängel in der Hamburger Struktur festzustellen, 1 ) so drohten seither wie überhaupt im Reich die fiskalischen und sozialpolitischen Prinzipien überspannt zu werden. Zweierlei war hieran für Hamburg funktionell noch gefährlicher als die Belastung an sich und hohe Löhne, deren volkswirtschaftlicher Nutzen in vieler Hinsicht nicht in Abrede zu stellen ist: Die störenden und schematischen Eingriffe der Gesetzgebung in den kommerziellen und hafentechnischen Kreislauf selbst und die unklare Vermengung von Versorgungs- und Leistungsgedanken. ,,Das Interesse der Volkswirtschaft trifft zusammen mit dem Interesse des Arbeitnehmers in der Forderung, daß nicht der Versorgungs- sondern der Leistungsgedanke die Wirtschaftspolitik beherrsche," schrieb die Handelskammer in ihren Jahresberichten von 1922 und 1923, und wiederholt beklagte sie in der späteren Zeit, daß diese beiden Gedankenrichtungen verwischt würden. Auch erhob die Kaufmannschaft ihre mahnende Stimme wiederholt gegen die unverantwortliche, von der Idee der Leistung ganz losgelöste Art der Bewilligung vieler öffentlicher Ausgaben durch die Parlamente. 2 ) In ähnlicher Richtung bewegen sich die Bedenken der Hamburger Unternehmer gegen das immer weitere Vordringen des Staats in die private Wirtschaft. Auch hier liegt eine jener soziologischen Grenzverwischungen vor, die für die Synthese zwischen den gestaltenden Kräften von Politik und Wirtschaft nicht nur nicht förderlich, sondern äußerst hinderlich sind. Die Sauberkeit des wirtschaftspolitischen Lebens beruht auf einer Respektierung der Grenzen zwischen dem Rentabilitätsgedanken und der Idee des öffentlichen Wohls. Die Handelskammer betonte die Wichtigkeit des Bemühens, politische und wirtschaftliche Ursachenreihen wieder schärfer zu sondern. Eindringlich beleuchtete sie die Gefahren, die mit dem Einbruch des Staats in die Sphäre des freien Erwerbs verbunden sind. 3 ) Die politische Mitarbeit Hamburgs am Neubau des Reichs, für welche durch das den Großstädten günstigere Wahlsystem zum Reichstag und durch den vorläufigen Reichswirtschaftsrat sowie durch die z. T. engere Fühlungsnahme der Verwaltungsbehörden und Ministerien mit der Wirtschaftspraxis eine breitere Basis geschaffen war, orientierte sich stets in !) 8. o. S. 301 ff. 2 ) 8. Jahresbericht der Handelskammer 1927, S. 17 f. Ferner ist bemerkenswert eine Resolution des Ehrbaren Kaufmanns zur Gestaltung des Steuerwesens vom 28. April 1926, in der für alle von der Reichsregierung nicht vorgesehenen, aber vom Reichstag beschlossenen Ausgaben die Zustimmung der Reichsregierung oder einer Zweidrittelmehrheit des Reichstags verlangt wurde. Das Gleiche sollte Geltung haben für die Parlamente der Länder und Gemeinden. (Mitteilungen der Handelskammer 1926, Nr. 10.) 3 ) Jahresberichte der H. K. 1925 und 1926, S. 15.

Staat und Wirtschaft. Kcclitswirksamkeit. Üherseegedanke

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der Hauptsache an den auswärtigen und überseeischen Lebensinteressen der Nation. Etwas von Kirchenpauerscher Tradition wurde hier in den Vertretern Hamburgs lebendig. Als eine Art Reaktion gegen die weltpolitischen Ziele und Enttäuschungen der Vorkriegszeit drohte sich die öffentliche Meinung in Deutschland von der Küste wiederum abzukehren, zumal die schärfste politische Aufmerksamkeit auf die Vorgänge im eigenen Land und in Europa gerichtet sein mußte. Deutsche in Ubersee und Deutsche in der Heimat verstanden sich nicht mehr, doppelt getrennt durch das Meer und die ganz verschiedenen politischen Erlebnisse und Perspektiven. Unter diesen Umständen war es ein Verdienst Hamburgs, daß hier eine Art politisch-überseeischen Anschauungsunterrichts gepflegt wurde. Von den vielen hierher gehörigen Bestrebungen seien nur genannt die Uberseewoche 1 9 2 2 , d i e Gründung des Überseeclubs Hamburg im gleichen Jahr, die zahlreichen der Pflege von Überseeintcressen dienenden regelmäßigen Publikationen und Vortragsveranstaltungen, die Hervorkehrung überseeischer Probleme auf Kongressen in Hamburg und im Reich. Die hamburgische Presse unterstützte das alles nachhaltig. Uberhaupt trug sie viel zum geistigen und wirtschaftlichen Neuaufbau und zur Berücksichtigung überseeischer Interessen bei. Auch die Gründung der liamburgischen Universität 1919 wird in diesem Zusammenhang zu nennen sein. 2 ) Denn mit ihr wurde nun der überseeischen Forschung und Lehre, die im bisherigen Kolonialinstitut noch immer den eigentlichen Kern bildete, erst der nach allen Seiten sich weitende Horizont ermöglicht. Um Anschauungsunterricht handelt es sich auch in dem Sinn, daß die Einrichtungen und der ganze Charakter Hamburgs eindringlich für sich selbst sprechen, wie ja auch Bismarck hier beim Hafenbesuch die Sprache einer „ganz neuen Welt" vernommen hatte. Mit der Selbstverständlichkeit großer Kunstwerke entstand auf diesem Kulturboden der schiffsförmige Bau des Chilehauses des Architekten Fritz Höger. Der überseeische Gedanke wäre ebenso wie der hanseatische in Gefahr, zu einer Phrase zu werden, wenn ihm nicht ganz bestimmte Inhalte zueigneten. Der konkreten und realen Begründung der Idee tut es keinen Abbruch, wenn in ihrem Zeichen die Erinnerung an das hochgehalten wird, was Deutschland Übersee verloren hat. Es handelt sich dabei um keine im Gebiet des Politischen unangebrachte Sentimentalität, sondern um das Wachhalten der Sinne und Kräfte für erneute Betätigung des Deutschtums in größerem Raum. Den kolonialen Gedanken hat die Kaufmannschaft nie fallen lassen, obwohl es ihr natürlich unter den herrschenden politischen Verhältnissen nicht möglich war, ihm bestimmte Form zu geben. „Wenn.. *) Ein Auszug aus den Reden und eine ausführliche Wiedergabe der zusammenfassenden Schlußansprache des damaligen Handelskammerpräses F. H. W i t t h o e f f t findet sich in den Mitteilungen der Handelskammer 1922, Nr. 19/20. 2 ) s. o. S. 327 f.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

erneut aus wirtschaftlichen und politischen Gründen die Forderung nach Kolonien erhoben wird, so wird dabei keineswegs übersehen, welche Wandlungen Begriff und Wesen der überseeischen Kolonisation in den letzten Jahren erfahren haben und auch fernerhin unterworfen sein mögen. Hieraus in seinem Verhältnis zu solchen Gebieten die nötigen Folgerungen zu ziehen, muß jedoch jedem souveränen Staat selbst überlassen bleiben. Deutschland bedarf einer Verbreiterung seiner weltwirtschaftlichen Raumgrundlagen, und sein Anspruch richtet sich vor allem gegen die Staaten, die es unter nichtigen Vorwänden der Möglichkeit beraubten, an der Entwicklung der wirtschaftlichen Kräfte ferner Gebiete mitzuarbeiten." 1 ) Nicht minder richtet sich der Uberseegedanke auf die Erhaltung des Deutschtums im Auslande. Hier wird er gestützt durch die rein praktische Überlegung, daß die Deutschen im fremden Lande, deren nationales Zugehörigkeitsgefühl nicht schläft, ihr Augenmerk auf deutsche Erzeugnisse lenken, aber damit auch die eingeborene Bevölkerung zum Kauf deutscher Waren veranlassen werden. Aus diesem Grundgedanken haben Handelskammer und Senat die Bestrebungen des Vereins für Deutschtum im Ausland stets nachhaltig gefördert. 2 ) Von Hamburg aus sind auch mit erheblichen privaten Geldmitteln in der Nachkriegszeit deutsche Kulturwerke im überseeischen Ausland unterstützt worden. Im Unterschied zur Vorkriegszeit hat sich die Kaufmannschaft auch entschiedener zu dem Gedanken der deutschen Handelskammern im Ausland bekehrt, wo ein wirkliches Bedürfnis nach solchen am Orte selbst auftritt. 3 ) Ein erfreulich enges Verhältnis hat sich zwischen der Handelskammer Hamburg und den deutschen Handelskammern in Lateinamerika herausgestellt, die hiereine eigene Geschäftsstelle gegründet haben. Schließlich führt der Überseegedanke in seiner allgemeineren Fassung notwendig zu dem Bemühen, für gegenseitiges Verständnis zwischen den Völkern und für die Rückkehr der guten Sitten in ihrem politischen und wirtschaftlichen Verkehr zu sorgen. Hier stimmt er mit den Zielen der hohen Politik überein, die seit dem Krieg mit dieser Idee für den guten Namen und das gute Recht Deutschlands kämpft. Ein Markstein auf diesem Weg war es, als Dr. Cuno am 31. Dezember 1922 im Ehrbaren Kaufmann, zugleich als dessen früheres Mitglied und als Reichskanzler das Gewissen der Welt anrief und ein Reparationsangebot der Öffentlichkeit unterbreitete. 4 ) Als Deutschland nach der Abwehr an der Ruhr den Dawes!)

Jahresbericht der Handelskammer 1926, S. 134. Mitteilungen der Handelskammer 1926, Heft 1, S. 4. 3 ) Als seit den achtziger Jahren diese Frage sehr lebhaft umstritten war, beurteilte die Handelskammer derartige Auslandskammem sehr skeptisch wegen des Mangels an geeigneten Persönlichkeiten, der schwierigen Beschaffung der Mittel, der Möglichkeit, daß dort fremde und egoistische Interessen vertreten würden. Auch die Regierung verhielt sich ablehnend. (Bülow im Reichstag am 28. 2. 1900.) *) „Aus berufenem Munde haben wir vor einigen Tagen gehört, daß Hamburg die Brücke sei zwischen Amerika und Deutschland. Ich nehme dies Wort gern auf, aber was 2)

Aufgaben der Überseepolitik

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plan als den Versuch einer vorläufigen Lösung annahm, als weiter zur Befestigung der europäischen Verhältnisse in Locarno gewisse Teile des Vertrags von Versailles anerkannt wurden und das Reich in den Völkerbund eintrat, blieb erst recht der Kampf gegen die Lüge von der Alleinschuld und für die Geltung deutschen Ansehens in aller Welt eine Aufgabe von mehr als ideologischem Wert. Durch Wort und Leistung wirkt Hamburg hieran mit, auch wieder in Einigkeit der Parteien. Uberseeisch geben seine Schiffe, in der Heimat gibt das edle Antlitz seiner Stadt dem Ausländer den Eindruck einer festgegründeten, von vielen Geschlechtern des Kaufmanns gelebten Kultur. 1 ) Möglicherweise kann der Überseegedanke in der deutschen Politik eine bestimmtere Bedeutung dadurch erhalten, daß das Reich mit den Vereinigten Staaten engere Fühlung sucht. Wenngleich an eine „Umorientierung" nur mit aller Vorsicht und unter peinlicher Beobachtung der europäischen Interessen gedacht werden sollte, so ist doch kein Zweifel daran möglich, daß das kapital- und waffenmächtige Amerika die Weltpolitik nachhaltig beeinflussen wird. Wie die hohe Politik ist auch die Handels- und Schiffahrtspolitik gegenwärtig auf den Kampf für die Idee hingewiesen. Zugleich aber findet in ihr der überseeische Gedanke Hamburgs seine konkreteste Gestalt. Zwar wurden vor dem Krieg wichtige Tarifverträge hauptsächlich mit europäischen Staaten abgeschlossen, aus denen gewichtsmäßig über die Hälfte der deutschen Einfuhr kam, und nach denen über dreiviertel der deutschen Ausfuhr gingen. Auch nach dem Krieg hat sich bis jetzt das dargestellte Verhältnis nicht wesentlich verschoben. Und auch seither ist die Handelspolitik mehr europäisch als überseeisch orientiert gewesen. Aber gerade jetzt, wo der paneuropäische Zusammenhang so gern betont und auch eine ihm angepaßte zoll- und handelspolitische Form gesucht wird, sollte nicht vergessen werden, daß jeder einzelne europäische Staat außer seinen festländischen Wirtschaftsbeziehungen notwendig auf den Verkehr mit Übersee angewiesen ist, ganz besonders auch das Reich, dessen Abhängigkeit von den überseeischen Rohstoffmärkten der Krieg genugsam erwiesen hat. Dem europäischen Osten und Norden ist Hamburg im Verhältnis zu a m stärksten diese Verbindung trägt, nicht nur mit den Vereinigten Staaten, sondern mit der ganzen Erde, d a s ist nach dem Sinne jenes feinen Worts nicht die S t a d t , sondern ihr Geist, der Geist des Ehrbaren Kaufmanns. Dieser Geist pflegte die Verhandlungen der Wirtschaftler hier in Hamburg zu beherrschen. Nach den Methoden, die aus ihm fließen und die auch fünf harte und doch glückliche und wertvolle Lehrjahre des Wiedera u f b a u s hier in H a m b u r g mir Lebensregel waren, gedenke ich die Verhandlungen des Reichs zu führen, um dem Reich und unserm Volk zu dienen und zugleich der Anbahnung eines wahren Friedens der Völker, zu dem dieser Vorabend eines neuen J a h r e s besonders mahnt." K u r t J o h a n n s e n , Hamburgs Gesicht in Übersee, Hamburger Überseejahrbuch 1927, S. 289ff gibt davon Zeugnis, aufgrund vieler überseeischer Zeitungsberichte, die Hamburgs R u h m besingen.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

Übersee vorgelagert. In der immer stärkeren Heranziehung des östlichen Mitteleuropas an die Atlantische Küste, in der Durchbrechung des agrarischen Selbstabschließungsgürtels im Osten, in der Weckung neuer Bedürfnisse in den selbstgenügsamen, vor- und antikapitalistischen Völkern des Balkans und Asiens liegen große Aufgaben für den Überseekaufmann. 1 ) Dazu kommt die steigende Entwicklung überseeischer Länder, die dort zwar zu Abschließungstendenzen gegen die europäischen Exportwaren führt, aber die Notwendigkeit, Agrar- und Rohstoffe nach Europa zu exportieren, nicht abschwächen wird. 2 ) Endlich sind Überseegedanke und Handelspolitik insofern miteinander verbunden, als sich die Regeln eines gesunden internationalen Wirtschaftsverkehrs nicht auf Europa beschränken dürfen. Deutschland seinerseits ist von der Politik der Imperialismen, die ein Reich wie das chinesische lediglich als ihre kapitalistische Domäne betrachten, nach dem Krieg energisch abgerückt und hat zuerst von den Großmächten China politisch und wirtschaftlich als gleichberechtigt anerkannt. Die auf der Weltwirtschaftskonferenz in Genf und auf den Tagungen der Internationalen Handelskammer von der Mehrzahl vertretenen Grundsätze, die sich gegen Einfuhrverbote, gegen einfuhrausschließende Schutzzölle, gegen den Verwaltungsprotektionismus der Zollbehörden und die mangelnde Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit der Zolltarife richteten, stehen in starkem Kontrast zur tatsächlichen Herrschaft des Protektionismus in den meisten Staaten. Ein Stück der großen europäischen Desorganisation, des gegenseitigen Mißtrauens und der Angst, der autarkischen Überheblichkeit auf der anderen Seite spiegelt sich in diesen schutzzöllnerischen Bestrebungen, die auch in England mehr hierin als in einem kraftvollen Imperialismus ihren Grund haben. Der noch immer andauernde Handelskrieg mit Polen spiegelt diese trüben Untergründe. Die Hamburger Kaufmannschaft kann fast in allen Einzelheiten an die Handelspolitik anknüpfen, die sie schon vor dem Krieg betrieben hat. 3 ) Die grundsätzlichen Gedanken sind heute noch viel aktueller und für Deutschland zutreffender als ehedem. Sie finden sich daher mutatis mutandis wieder in der richtunggebenden Denkschrift, die 1923 mit von Hamburger Seite dem deutschen Industrie- und Handelstag unterbreitet worden ist, 4 ) sowie in allen weiteren Hamburger Eingaben und Berichten. 5 ) s. den Aufsatz des Verfassers „Hamburg zwischen Europa und Übersee" im Überseejahrbuch 1928, S. 251. 2 ) „Für die überseeischen Länder besteht daher eine Interessensolidarität mit Europa, die auch handelspolitisch zu bestimmten Konsequenzen führt. Mag es an der Einsicht in diese Zusammenhänge heute noch fehlen: es wird die Zeit kommen, in der sie sich den Beteiligten aufdrängen muß." (B. H a r m s , Das neue Deutschland im neuen Europa, Strukturwandlungen der deutschen Volkswirtschaft, I, Berlin 1928, S. 10.) 3 ) s. o. S. 247 ff. 4 ) Dr. B r a n d t , und Dr. L e u c k f e l d , Hamburg, Die künftige Zoll- und Handelspolitik Deutschlands, Berlin 1923. 5 ) s. insbes. die Jahresberichte und Mitteilungen der Handelskammer.

Aufgabe der Handelspolitik

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W e n n v o r d e m K r i e g die F e s t i g k e i t u n d G r u n d s ä t z l i c h k e i t in der Vert r e t u n g des h a m b u r g i s c h e n S t a n d p u n k t s zuweilen u n t e r der mangelnden V e r b i n d u n g zwischen der wirtschaftspolitisch-freihändlerischen Willensr i c h t u n g der K a u f m a n n s c h a f t u n d der politisch-imperialistischen des Reichs litt, 1 ) so ist diese Gefahr h e u t e d u r c h die U m s t ä n d e gemildert. Denn i m S t r e b e n n a c h E r w e i t e r u n g des potentiellen L e b e n s r a u m s der Nation b e f i n d e t sich die gegenwärtige d e u t s c h e Politik bei ihrer K n e b e l u n g in völliger Abhängigkeit von der E x i s t e n z znd A u s d e h n u n g der W i r t s c h a f t . I n diesem Sinn k a n n m a n R a t h e n a u s W o r t „ D i e W i r t s c h a f t ist das Schicks a l " gelten lassen. D e r Leidensweg der R e p a r a t i o n e n h a t dies genügend bewiesen. N o t g e d r u n g e n m u ß das deutsche Reich h e u t e der W i r t s c h a f t noch wesentlich m e h r A u f m e r k s a m k e i t u n d Pflege zuwenden als ehed e m u n d dabei den E i n - u n d A u s f u h r n o t w e n d i g k e i t e n volle R e c h n u n g t r a g e n . D e n n auf engerem u n d wichtiger Schätze b e r a u b t e m Boden m u ß nicht n u r eine r e l a t i v dichtere u n d wachsende Bevölkerung e r n ä h r t , sondern es müssen a u c h R e p a r a t i o n e n u n d Zinsen a u f g e b r a c h t werden. U n t e r d e m Zwang dieser Verhältnisse h a t die Zoll- u n d Handelspolitik Deutschlands B a h n e n eingeschlagen, m i t denen H a m b u r g s W i r t s c h a f t s kreise, bei m a n c h e r K r i t i k i m einzelnen, e i n v e r s t a n d e n sein k ö n n e n . Nicht ohne den notwendigen Schutz f ü r b e d r o h t e u n d entwicklungsfähige Zweige wird in der H a u p t s a c h e doch m i t Hilfe mäßiger Zölle d u r c h ein Netz neuer Handels- u n d Schiffahrtsverträge m i t u n b e d i n g t e r Meistbegünstigung u n d größtenteils m i t Zollcrmäßigungen auf einen größeren potentiellen L e b e n s r a u m h i n g e s t r e b t . Freilich bereitet der ausländische P r o t e k t i o n i s m u s noch große Schwierigkeiten. F e r n e r ist der deutsche Zolltarif noch nicht endgültig u n d in vieler Hinsicht v e r b e s s e r u n g s b e d ü r f t i g . S t a r k e handelspolitische Meinungsverschiedenheiten fehlen auch j e t z t i m Reiche nicht. Noch h a b e n sich bisher m ä c h t i g e S t r ö m u n g e n in der I n d u s t r i e u n d in der L a n d w i r t s c h a f t d e m v o n der Regierung in Aussicht g e n o m m e n e n Zolla b b a u widersetzt. I m Weg des K o m p r o m i s s e s m ü ß t e n die niedrigen landwirtschaftlichen z. T . den höheren Industriezöllen angeglichen werden. E i n e hauptsächlich agrarische R i c h t u n g sieht ihr Ziel in d e r E r n ä h r u n g des deutschen Volkes auf eigenem B o d e n u n d in größerer A u t a r k i e . Aber selbst d o r t , wo diesem Ideal gefolgt wird, b e g i n n t doch der v o n H a m b u r g i m m e r b e t o n t e Leistungsgedanke vor d e m S c h u t z g e d a n k e n das Übergewicht zu e r h a l t e n , u n d bereits e r k e n n t m a n in Kreisen d e r d e u t s c h e n L a n d wirtschaft, d a ß der u n b e s t r e i t b a r h a r t e n Notlage der Gegenwart weniger d u r c h Zölle als d u r c h P r o d u k t i o n s v e r m e h r u n g u n d Qualitätsleistung abzuhelfen ist. Ü b e r e i n s t i m m u n g h e r r s c h t weithin a u c h d a r ü b e r , d a ß n u r v e r m e h r t e r E x p o r t , sofern dies ü b e r h a u p t möglich ist, zur A b t r a g u n g der R e p a r a t i o n s l a s t e n f ü h r e n k a n n . I n a n b e t r a c h t d e s s e n h a t sich der H a m b u r g e r H a n d e l n a c h anfänglichem s t a r k e n W i d e r s t a n d sogar m i t M a ß n a h m e n !) s. o. S. 319.

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Schluß. Krieg und Nachkriegszeit. Ausblick

wie der Garantie des Reichs für den 300-Millionen-Kredit an Rußland und mit derstaatlich unterstützten Exportkreditversicherung abgefunden, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß die anfänglichen Befürchtungen vor einer Unterstützung leistungsunfähiger Firmen übertrieben waren. Ein Teil der Hamburger Exporteure hat die Institution, deren Bedeutung für die Schaffung „zusätzlichen E x p o r t s " nicht überschätzt werden darf, besonders in Form der Bündelversicherung schon recht rege in Anspruch genommen. Dem Ideen- und Lebensgehalt Deutschlands kann der überseeische Kaufmann auch heute, und in vieler Hinsicht sogar mehr als früher, notwendige Elemente hinzufügen. Politik und Handel sind bei der gegenwärtigen Lage des Reichs auf enge Gemeinschaft hingewiesen. Noch sind sehr fühlbare Mängel im gegenseitigen Verhältnis vorhanden, noch gehen Wirtschaft und Politik vielfach aneinander vorbei, bestehen oft zwischen den Vertretern beider Gebiete Unverständnis, Vorurteile und Berufsspannungen. Dennoch hat die Not der Nachkriegszeit die Sammlung der Kräfte in Ökonomie und Staat begünstigt, die der blutmäßigen historischen Entfremdung der wirtschaftlich und politisch führenden Schichten des Reichs entgegenwirkt. Hieran selbst unter Geld- und Zeitopfern mitzuarbeiten, liegt im eigensten Interesse des Handels, wenn er nicht lediglich zum Objekt unübersehbarer politischer Gestaltungen werden will. Aber auch sein Verantwortungsgefühl wird ihn dazu treiben, dem „Volk ohne R a u m " mit zu neuer Freiheit zu verhelfen. Kaufmann und Staatsmann mögen sich da gegenseitig zum allgemeinen Nutzen ergänzen. Die Küste mag sich dem Binnenland, die kontinentale Schau der überseeischen annähern. Aber niemals wird dies zu einer unklaren und im tiefsten Sinn unwahren Grenzverwischung zwischen sinnhaft gesonderten Lebensgebieten und Berufen führen dürfen. Die Wirtschaft wolle nicht die Politik, die Politik nicht die Wirtschaft ersetzen. Der Staatsmann strebe nach Größe und Wohl seines Landes, der Kaufmann treibe Handel. Hamburg aber bleibe Hamburg zum Besten des Reichs!

Register. I. Autorenregister. Anonyma. Archivalien. 1. A u t o r e r e n g i s t e r . Adler, F., 270 Arndt, Paul 256, 292 Anbin, C. 94

Entholt 148. 169, 181 Erdmann, Heinrich 44, 98 ff., 110 Erdmann, Rolf 339

Iiaascli, Ernst 1, 2, 4, 29, 34f., 55, 65ff., 74, 77ff., 86ff., 90f., 95, 101f„ lOlf, 110f., 113 ff., 118, 123 ff., 132ff„ 143, 146, 149ff., 157 ff., 163f„ 166ff., 169, 173, 175, 177f„ 180, 182, 184ff., 190ff., 196, 204, 206f., 209f.. 214, 216, 221, 225, 233f., 240f., 250, 252f., 259, 261, 264, 269, 297, 302f„ 309f., 313, 324, 327 Bächthold, Hermann 10, 20 Ballheimcr, Rudolf 24, 36 Bannwarth, A. 343 Becker, Hermann 111 Becker, Vincent 294, 301 f. V. Beckerath, Erwin 262f., 265, 284, 293 Benfey, F. 237 Bessel 298 Bindewald, S. 165, 168 v. Bippen 31, 33, 82 v. Bismarck, O. 246 Brinkmann, Carl 198 Brinner, L. 86f„ 101f., 105 Bücher, Karl 9 Büsch, J . G.119, 122, 128f., 133

Fahrenkrüger, I. A. 124 f. Fechner, II. 94 Feiler, A. 312 Fitgcr, E. 186 Flügel, Heinrich 197, 216, 260, 283, 284, 321 Frcytag, C. T. 213, 232, 266, 268, 322 Friedjuni,', H. 242f„ 316, 318

Coppius, A. 117, 149f., 187, 221ff„ 225ff. Daenell, E. 22f., 29ff., 37f„ 41 Dannenbaum, R. 269 Darmstädter, P. 224, 226 David, H. 285 Dernburg, F. 278 Dirksen, V. 147, 167, 326 Dreyer, A. 82, 85 v. Eckardt, Julius 143, 203, 205, 210,214f. Ehrenberg, Richard 1, 71ff., 79, 81, l l l f . , 122 f., 133 f. Engels 260 23

WiskemaDn.

Fueter, E. 11

Geffken, I. 100 Geishi'imer, H. 94 Goos, Max 53ff., 62ff. v. Gregory, K. A. Frhr. 271 v. Griesheim, C. L. 123 Guderian 250, 261 Häpkc, Rudolf 4, 9, 11, 21f., 37, 45ff., 49, 51, 53ff., 58, 62ff., 69, 74, 78, 83f., 160 f., 275 Hagedorn, B. 39, 52, 70ff., 77 v. Hagen, M. 218ff., 223, 230, 233 v. Halle, E. 80, 271 Hansen, T. 154f., 157f„ 175 Harms, B. 245, 349 Hasse, E. 103, 120f. Hasselmann, F. 134 Heiander, Sven 342 Helfferich, Karl 204 ff. Hellauer, J. 285 Hertz, Richard 2, 94, 145, 176, 183, 222, 231 Hirsch, Julius 284 f., 290 Hitzigrath 74f., 77, 83 Höhlbaum, C. 74 Hübbe, A. 237 Huldermann, Bernhard 278, 280, 282, 292, 298, 311, 315, 319

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Register

v. Inama-Sternegg 42 Johannsen, Kurt 349 Jöhlinger-Hirschstein 268 Keyser, E. 38 Kiesselbach, Wilhelm 22 Kötzschke, R. 42 Koppmann, Karl 1, 124 Kühn, H. 285 Lamprecht, Karl 240 Lappenberg, I. M. 23 Lehmann 297 Lenz, Fr. 14, 238 Lenz, Max 242, 315 Lenz, P. 291 Leuckfeld, G. 267, 350 Leutwein, P. 243 Lichtwark, A. 28 Linde, R. 6, 20, 299 Lindow, C. 258 f. Lötz, W. 183 Lüders, F. 167 Lüders, H. 23 Manger 117, 120, 129 Marcus, J . R. 74 Mathies, O. 5, 132f., 150, 170f„ 186, 205, 233, 253, 267, 296, 330 Meinecke, F. 255 v. Melle, W. 109, 327 Mohr, R . 297 Müller, J . 37, 40 Murken, E. 234, 253f., 280f., 288 Naudé, W. 39, 65, 67f., 112 Nirrnheim, H. 1, 4, 30ff., 32f., 42, 54, 173 Notz, William 163 Obst, Arthur 305 Perner, R. 241 Peters, M. 169, 171, 181 v. Petersdorff, H. 157 Pinner, F. 278 v. Poschinger, H. 310 Posthumus, N. W. 160 Pothoff, H. 33 Rachel, H. 68, 90, 92ff., 102ff. Rau, H. 189

Rauers, F. R. 10, 148f. Reincke, Hans 2, 22, 27 ff., 33, 39, 42, 44, 53, 62, 80f., 95f., 99, 109, 122f., 137, 168, 173, 300f„ 303f., 326 Reichardt, E. 266 Röpke, W. 324 Rörig, F. 26, 29 Rosenbaum, Eduard 2, 255, 274, 283 Sartorius v. Waltershausen, 154, 187 f., 203 Sax, E. 207, 294 Schäfer, Dietrich 36, 53, 70 Schär, I. F. 285. Schmitz, O. 83 Schmollcr, G. 9, 45, 48 Schütt, A. 273f., 285, 332 Schumacher, F. 344, 259 Schumacher, II. 256, 270, 275f., 282, 287, 292f., 296 Schwertfegcr, B. 314 Seeley, I. R. 243 Sieveking, Heinrich 2, 120, 123 f., 127 f., 133, 139, 150, 153, 164, 172, 215 Soetbeer, Adolph 1, 120, 129, 146 ff. Sombart, W. 12, 50f., 78 Sommer, A. 163 Sonndorfer, R. 265 Spengler, O. 300 Stein, W. 20, 22, 26, 34, 37ff. v. Stein, Lorenz 164 Stcinthal, Max 235 Stieda 11 Strasser, Karl 237 Stubmann, P. 232, 261, 278, 311, 329 Tern, R. 270 Thilenius, Georg 327 v. Tirpitz, A. 313, 315, 317f. Tönnies, F. 306 v. Treitschke, H. 197 Treutier, H. 19, 23, 25, 34 f. Troeltsch, Walter 285, 325 Vogel, Waither 6. 21, 37, 39, 53, 59, 94 f. Waitz, G. 54 Walter, C. 97 Weber, Max 15 f. Weber, W. 160, 180 Westphal, O. 108 Weyermann, M. R. 298 Wiedenfeld, K. 185, 256

Register Wieske, A. 19, 25, 67 Wilhelm I I . 220, 251, 253, 311, 317f. W i l m a n n s , E r n s t 131, 136 W i n d e l b a n d , W . 49, 116, 136 W i s k e m a n n , Heinrich 47 Wohlwill, Adolf 1, 89, 91, 9 8 f „ 105, 115,

355

117, 126 f., 129 f., 138, 157, 166, 176, 187, 193 ff., 197, 209 f, 216 Wulf, O. 247, 249 Zache, H a n s 292 Zimmermann, A. 157 f., 160, 179

2. R e g i s t e r d e r A n o t y m a u n d A r c h i v a l i e n . Acta Borussica, bearbeitet von H u g o Rachel, 9. Autorenregister bei R a c h e l Admiralitätsregister, Hamburgisches 121 A k t e n , Protokolle, J a h r e s b e r i c h t e u n d Mitteilungen der H a m b u r g e r H a n d e l s k a m m e r insbes. S. 204, 225, 228, 234f., 236, 248 ff., 260, 286, 333, 341 ff., 346, 350 A k t e n u n d U r k u n d e n , Niederländische, zur Geschichte der H a n s a u n d zur D e u t s c h e n Seegeschichte, bearbeitet von R . H ö p k e , 51 f., 55, 58, 69, 84 Abgenötigte, in J u r e et F a c t o wohl beg r ü n d e t e Apologia H a m b u r g e n s i s , H a m b u r g 1641 91 Armeebefehl des schwedischen Gencralfeldmarschalls L i e n h a r d t Torstensohn v o m 10. I I I . 1642 86 Dänisches Memorial v o m 16. I X . 1642 an das Reichsdirektorium 90 D a n z i g e r I n v e n t a r 1531—1591, b e a r b e i t e t v o n P a u l S i m s o n 54 Denkschrift betr. die Übergangswirtschaft des H a m b u r g e r H a n d e l s v o m 14. X I . 1916 329 Denkschrift v o m 14. J u l i 1755 ü b e r die Verbesserung des ungarischen H a n d e l s m i t H a m b u r g u n d Wien 113 „Die Disconto-Gescllschaft, 1851—1891," D e n k s c h r i f t z u m 50jährigen J u b i l ä u m , Berlin 1901 235 f Georg Greilingers H a m b u r g e r Reisehandlung 97 Die Große Politik der Europäischen K a b i n e t t e 1871 bis 1914, S a m m l u n g der Diplomatischen A k t e n des Auswärtigen A m t s , im A u f t r a g e des Auswärtigen Amts. Herausgegeben v o n J o h a n n e s Lepsius, Albrecht Mendelsohn-Bartholdy, Friedrich T h i m m e , 40 Bände, Berlin 1927 314, 316f. G r o ß h a m b u r g - D e n k s c h r i f t des H a m b u r g e r Senats 1921 259, 262, 297 H a m b u r g e r Ü b e r s e e - J a h r b u c h , herausgege23*

ben in Verbindung m i t dem Überseeklub H a m b u r g von Friedrich Stichert 335 „Wirtschaftsdienst", Weltwirtschaftliche Nachrichten, herausgegeben v o m Weltwirtschafts-Archiv a n der Universität H a m b u r g in Verbindung m i t dem I n stitut f ü r Weltwirtschaft u n d Seeverkehr an der Universität Kiel 336 Meder, H a n d b u c h von 1558, Nürnberg, 59 Preußische Denkschrift „ Z u r Frage einer Abtretung Preußischer Gebietsteile an H a m b u r g " , 1921 297 „Die Reorganisation unseres auswärtigen Dienstes", Denkschrift Hamburger Außcnhandelsfirmen von 1917 310, 329 Schiffslistcn der H ä f e n Antwerpen, Arnemuiden, Middelburg, Vcre, Vlissingen, erstmalig bearbeitet von R . H ä p k e 4, 56 ff Balthasar Schuppius 97 Statistische ¡Mitteilungen des H a m b u r g e r Staats 289 f. Statistische bezw. Tabellarische Übersichten, herausgegeben v o m Handelsstatistischen A m t 211 ff., 320ff., 337 Der Streik der H a m b u r g e r H a f e n a r b e i t e r 1896/97. Amtliche Darstellung n a c h den Akten der Abtlg. I I der Polizei-Behörde, H a m b u r g 1897 306 Tabellen over Skibsfart og V a r e n t r a n s p o r t gennens 0 r e s u n d 1497—1660, bearbeitet von Nina Ellinger B a n g 61 „ W a s es mit des Königs Christianie IV. Prozeduren f ü r eine B e w a n d n i ß h a b e , H a m b u r g e r S t r e i t s c h r i f t , A n f a n g des 17. J a h r h . Zertifikatenregister, Hamburgisches, von 1605 u n d 1624 4, 78 Zweite Skizze zu einem S t a a t s v e r t r a g zwischen Preußen u n d H a m b u r g ü b e r einen Gebietsaustausch, einen F i n a n z gleich u n d eine Verwaltungsgemeinschaft von Staatsminister a. D . Drews u n d Staatsminister a. D. Graf v . R o e d e r n , 1926 344

356

Register

II. Personenregister. 1 ) ( F i r m e n stehen i m Sachregister.) A b e n d r o t h , Bürgermeister 172 Adalbert, Erzbischof 19 Adalbert, Prinz von P r e u ß e n 221 Adaldag, Erzbischof 19 Adolph IV., Graf von S c h a u e n b u r g 20 Adolph V I I I . , Graf v o n S c h a u e n b u r g 27 Alba, Herzog 72, 84 Albrecht, Herzog von H o l l a n d 30 Asquith, H e r b e r t , H e n r y , engl. Premierminister 314 Ballin, Albert, 253, 273, 288, 298, 305, 308ff., 311 ff., 312ff., 3 1 7 f f „ 329 Ballin und Wilhelm I I . 311 B a m b e r g e r , Ludwig, Abgeordneter 222 Bartels, Bürgermeister 173 Baumeister, Dr. H e r m a n n 173 B a r t h , Dr. 187, 222 Beneke, F . 139, 145 v. B e t h m a n n Hollweg, Reichskanzler 3 1 4 f f „ 318 B e r t r a m v o n Minden 29 v. Beust, Sachs, Minister 181 Bieber, K o n s u l 228 v. Bismarck, Reichskanzler F ü r s t O t t o 179, 190ff., 203, 206, 2 0 8 f f „ 213ff., 238ff., 244, 309f., 347 Bolten, A u g u s t 170f., 186, 234 Bourienne, französischer Gesandter 138 d e Brazza, französischer Geograph 243 B r a h m s , J o h a n n e s 326 Brockes, B a r t h o l d H i n r i c h 123 B r i n c k m a n n , J u s t u s 326 Büsch, J o h a n n Georg 123 f. v. Caprivi, Reichskanzler 245 ff. Cassel, Sir E r n e s t 314 Chamberlain, Joseph, engl. S t a a t s s e k r e t ä r der Kolonien 244, 254, 312 d e Chapeaurouge, Charles 194 Christian I . König von D ä n e m a r k 35 f., 42 Christian I I . , König von D ä n e m a r k 49, 53 f., 55 Christian IV., König v o n D ä n e m a r k 75, 76, 82, 85 f., 8 9 , 9 1 Christian V., König v o n D ä n e m a r k , 97 ff., 101

Churchill, W i n s t o n , erster Lord d e r Adm i r a l i t ä t 314, 317, 319 Clay, Amerik. S t a a t s s e k r e t ä r 152 Claugh, R i c h a r d 71 Cromwell, Oliver 87 Cruningen, Kaiserl. General 63 Curtius, L ü b . S e n a t o r Dr. 138 f. Cuno, Reichskanzler Dr. 348 D a l m a n n , W a s s e r b a u d i r e k t o r 185, 196 D ä m m e r t , Bürgermeister 176 D a u c h , W a i t h e r 332 D a v o u s t , französ. Marschall 138 v. Dcchend, Reichsbankpräsident 234 ff. Dehmel, R i c h a r d 326 v. Delbrück, Rudolf 193 D ü k e , Sir Charles 243 D o o r m a n n , S y n d i k u s 138 D o r o t h e a , Tochter Christians I I . von Dänem a r k 49 Drews, S t a a t s m i n i s t e r a. D. 341 Duckwitz, Bremer Senator 159, 174, 181 E d u a r d V I I . , König v o n E n g l a n d 316 E d z a r d , friesischer H ä u p t l i n g 32 f. Elisabeth, Königin von England 4fi, 70 f. E r i c h , Herzog von Kalenberg 63 Erich, König von D ä n e m a r k 31 f. E r n s t , Herzog von Celle 66 F e r d i n a n d I I I , Kaiser 93 F e r r y , Jules, französischer Ministerpräsid e n t 227 Flegel, R o b e r t 187, 222 F o c k o , friesischer H ä u p t l i n g 32 Friedrich I., König von D ä n e m a r k 53 ff. F r a n z I . , K ö n i g von Frankreich 58 Friedrich I I . , König von F r a n k r e i c h 69 Friedrich I I I . , König von F r a n k r e i c h 89 Friedrich V I I I . , König v o n F r a n k r e i c h 191 Friedrich I., Barbarossa, Kaiser 20 Friedrich I I I . , Kaiser 35 Friedrich der Große, König v o n P r e u ß e n 115, 126 f. Friedrich Wilhelm, der Große K u r f ü r s t 92ff., 102, 103, 105, Friedrich Wilhelm I . , König v o n P r e u ß e n l l 4

' ) G r u n d s ä t z l i c h e s s. S. 324, A n m . 2. Folgende N a m e n sind i m T e x t f e h l e r h a f t g e d r u c k t : K l o p s t o c k S. 123, Z. 14, G. H . S i e v e k i n g , S. 131, Z. 13, ( W i l l m a n n s , S. 131, A n m . 1).

Register Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 135, 137, 139 Friedrich Wilhelm IV. König vou Preußen 176, 179 Geffcken, Senator 174 Gerhard der Große von Holstein 24 Gildemeister, Bremer Senator 153, 181 Godeffroy, Adolph 171, 186 Godeffroy, Johann César 171, 176, 291 Goethe 128 Goschen, Sir William E., englischer Botschafter 317 v. Graffen, hanseat. Ministerresident 158 Gresham, englischer Minister 70 Grey, Sir, später Lord Edward, englischer Minister des Auswärtigen 314 Griebe, Joachim 66 Gustav Adolf, König von Schweden 85 Gustav Wasa 55 v. Hagedorn, Friedrich 123 Ilaldane, Richard Burdon, Viscount, englischer Kriegsministcr 315, 317 Haller, Präses der Commerzdeputation 149 v. Hansemann, Geschäftsinhaber der Diskontogesellschaft 222, 226f„ 236 Hebbel, Friedrich 326 Heckscher, Advokat, Reichsminister, Dr. 173 Heine, Heinrich 326 Heinrich II., König von Frankreich 69 Heinrich VIII., König von England 70 Heinrich der Löwe 20 Hertz, A. J . 171 v. der Heydt, preußischer Minister 187 Höger, Fritz 347 v. Hohenlohe, Reichskanzler, Fürst 246 Hübbe, Heinrich, Wasserbaudirektor 185 Hübbe- Schleiden 221 Huldermann, Bernhard 305 v. Humboldt, Alexander 123 Jackson, Präsident der Vereinigten ten 152 Jakob II., König von England 99 Jastram 98 f. Isabella von Burgund 53 Karl Karl Karl Karl

IV., Kaiser 27, 40 V., Kaiser 40, 46ff., 53, 62, 69 der Große 19 der Kühne 37

Staa-

357

Kiesselbach, W., Rechtsanwalt, jetzt Oberlandesgerichtspräsident 333 Kirchenpauer, Bürgermeister 163, 166,174, 176, 193, 195, 202, 210, 214, 346 Kietze, Johann, Ratsherr 31 Klostermann, Zollinspektor 215 Klopstock 123, 128 Krauel, Kolonialdirektor 229 Krantz, Dr. A„ 42f. Kruli, Ratsherr 98 f. v. Kusserow, preußischer Gesandter 227, 229 Laeisz, Carl 171, 186 Laeisz, Ferdinand 186 Langenbeke, Dr., Bürgermeister 42, 53f. Lappenberg, I. M., Archivar 326 Legeditsch, österr. General 178 I.ehoc, französischer Gesandter 128 f. Leopold, Kaiser 101 Lessing 123f. Lichtwark, Alfred 326f. v. I.iliencron, D. 326 Li,¡«Hey, Ingenieur 168, 185. List, Friedrich 14, 154f„ 163, 206 Lloyd George, englischer Schatzkanzlcr im Kabinett Asquith 314, 317 Loytze 68 Ludwig XIV. 97 f., 101 Ludwig der Fromme 20 Lüderitz, Bremer Kaufmann 224, 226 Liittckens, Nikolas Gottlieb 125 Lutteroth-Legat, Senator 174 Mansfeld, Graf von 63 Margaretha von Parma 71 Maria von Burgund 37 Maria, Königin von England 70 Maria von Ungarn, Regentin der Niederlande 51, 63 Maximilian I., Kaiser 37, 41 Metternich, Fürst, Staatskanzler 158, 163, 179 Metternich, Graf Wolff, deutscher Botschafter in London 314, 316 ff. Mettlerkamp, Oberstleutnant 139 Meurer, Ratsherr 98 ff. Merck, Kaufmann 173 Milberg, Agent 171 Mohrmann, Reeder 169 Moller, Wilhelm, Staatssyndikus 72 Moritz von Sachsen 65 v. Motz, Friedrich 157

358

Register

Münclimeyer, Hermann, Bankier, Präses der Handelskammer 340 Münster, Graf, deutscher Botschafter in England 223 Murmester, Bürgermeister, Dr. 52, 54 Nachtigal, Generalkonsul 227 Napoleon I, 136 ff. Naumann, Friedrich 308 f. Niebuhr, B. G. 123 Ocko, friesischer Häuptling 32 O'swald, W. 171 Otto der Große 20 Oxenstierna, Axel, schwcdischer Kanzler 86 Parish, John 133, 135 Perthes, F. 139, 145, 202 Peter der Große 104 Petersen, Bürgermeister 176,192f., 197,198 Philipp der Kühne von Burgund 30 Philipp der Gute von Burgund 33, 37 Philipp II., König von Spanien 70 Philipp IV., König von Spanien 83 ff. Pohlmann, Führer der Populären 98 Prince Smith, John 183 Pütter 158 Rathenau, W. 2, 350 Rèe, Dr. 194 Reimarus, Christine 130 Reimarus, Johann Albert Ilinrich 124 Reimarus, Hermann Samuel 124 Reinhard, französischer Gesandter 130f., 138 Rhodes, Cecil 243 Richardson 187 v. Richthofen, preußischer Gesandter 192, 196 Rießer, Dr. Gabriel 174 v. Roedern, Graf, Staatsminister a. D. 344 Roeloffs, Senatssyndikus 215, 217 Rondeck, kaiserlicher Gesandter 98 Roß, E. D. 173 Rumbold, englischer Gesandter 137 Rumpff, hanseatischer Ministerresident 152 Runge, Philipp Otto 326 Ruprecht, Kaiser 31 Salsborch, Bürgermeister, Heinrich 54 v. Schinckel, Max, Geschäftsinhaber der Norddeutschen Bank 273 Schlüter, hanseatischer Resident in Paris 130

v. Schoen, Staatssekretär 317 v. Schönborn, Graf Hugo Damian, kaiserl. Kommissar 109 Schumacher, Fritz, Oberbaudirektor 326 Schuppius, Balthasar, Prediger an St. J a kobi 96 Schwarzenberg, österreichischer Staatskanzler 179 Seeley, I. R., 243 Sieveking, Georg Heinrich 123ff., 127f., 131 Sieveking, Karl 139, 143, 145, 150, 153, 156, 159, 163 f., 172, 198, 202, 220, 327, Sigmund, Kaiser 31, 36 Singer, K u r t 332 Sloman, Rob. M. 170f., 176, 194 Smidt, Bremer Bürgermeister 137 f., 148, 158, 161 ff., Smith, Adam 119 Snitgcr, Führer der Populären 98 f. Soetbcer, Adolph 173ff„ 188, 204 v. Stein, Freiherr 139 v. Stein, Lorenz 164 Stephan, Generalpostmeister 232 f. Stinnes, Hugo 339 Störtebecker, Klaus 30 v. Stumm, Botschaftssekretär in London 316 Sudermann, Dr. Syndikus der Hanse 71, 76 v. Tettenborn, Graf, russischer General 138 Thormälen, I. 223 v. Tirpitz, Alfred, Großadmiral 253, 314f., 318f. Torstensohn, schwedischer Generalfeldmarschall 86 v. Treitschke, Heinrich 197 Tudors, englisches Königshaus 40 Versmann, Bürgermeister 193, 198, 215 Vicko von Geldersen 24 f., 33 Viehheuser, Reichsvizekanzler 74 de Villers, Charles 172 Voght, J . Caspar 124 Waldemar, IV. Atterdag 24 Warburg, Max 273, 332 f. Warburg, Paul 273 Wilhelm I., Deutscher Kaiser 195, 215 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 217, 242, 310ff., 314, 316ff. Wilhelm III., Prinz von Oranien, König von England 108 Windischgrätz, Fürst, kaiserlicher Gesandter 98

Register Wirad von Boitzenburg 20 de Witt, Johann 108 Witthoeff, F. H., Kaufmann, Präses der Handelskammer, jetzt Senator 346 Woermann, Adolph 219, 223 ff., 232 f., 236, 278, 291, 309 f.

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Woermann, Carl 171 Woermann, Karl 5 Wrangel, schwedischer Marschall 98 Wrisberg, kaiserlicher Obrist 63 Wullenweber, Jürgen 54 Wurm, Professor 174, 202

III. Geographisches Register. Abessinien 243 Aden 234 Afrika im ganzen 78, 185, 188, 211, 315, 321 f., 334, 337 (s. auch unter Barbaresken, Kolonien usw.) Ägypten 189, 227 Alexandria 234 Alster 19, 33, 113, 255 Altona 92, 101 f., 112, 116, 118, 152, 174, 201, 211 f., 215, 297, 344 Ambas-Bay 229 Amsterdam 23, 37, 51, 63, 69, 75, 80, 134, 148, 155, 320 Amerika im ganzen 118, 132, 148ff., 321, 337 Anhalt 92, 182 Antofagasta 237 Antwerpen 37, 47, 50 ff., 56, 70, 148, 257, 261 ff., 270, 279, 282, 292, 295 f., 320, 338 Archangelsk 95, 121 Argentinien 149, 182, 322 Arnemuiden 37, 56, 60 Asien im ganzen 150, 211, 233, 236, 315, 321 f., 334, 337, 349 Asien, brit. Besitzungen in 322, 337 Asien, niederl. Besitzungen in 322, 337 Augsburg 137 Australien und Südseeinseln 171, 186, 188, 211, 222, 223, 321, 337 Baden 263 Bagdadbahn 255, 316 f. Bagida 229 Balkan 316, 349 Bardowiek 19, 21 Bautzen 93 Bayern 83, 158, 263 Beeskow 69 Belgien 148, 159, 262, 340 Bergedorf 32, 166 Bergen 39

Berlin 69, 93, 102, 140, 166, 292, 303, 316 Berlin-Hamburger Bahn 168, 212 Betschuanaland 243 Biafra-Bay 226 Bille 19, 276, 343 Billwärder 262 Blankenese 168 Bochum 283 Böhmen 28, 68, 75, 113, 140, 264, 322 Bolivien 333 Bombay 234 Bordeaux 148 Bornhövcd (Schlacht bei) 29 Brake 123, 161 Brandenburg 28, 66, 69, 87, 98 112 Brasilien 78, 105, 149, 153,187f., 232f„ 335 Braunschweig 67, 102 Bremen 11, 19, 25, 31f., 35, 39, 50, 52, 61, 63ff., 78, 86, 98, 102, 129ff., 136, 140, 152, 156ff., 164, 169ff., 181 ff., 190, 196, 201, 207, 209, 217, 222, 224, 234, 242, 253, 258, 261,266,272,275,280, 293,295, 298, 320, 340 Bremerhaven 148 Breslau 11, 93 f. Britisch-Ostafrika 243 Britisch-Südafrika 312 Britisch-Indien 333 Brügge 11, 21 ff., 28, 30, 37, 51 Brüssel 47, 58, 63, 72 Buenos Aires 149 Bulgarien 238 Bullenhausen 92 Burgund 32, 46, 48, 54, 63 Buxtehude 35 Cadix 51 Canada s. Kanada Celle 67, 98, 102 Chatam Island 164 Chile 182, 332 China 182, 188, 236, 322, 333, 349 Christiania 323

360

Register

Concepcion 237 Cuxhaven 261 Dänemark 19f., 31f., 35ff.. 48, 53ff., 61 f., 70, 82 ff., 84ff., 89, 98ff., 101, 103ff., 114ff., 118, 120, 139f., 166, 176, 181f., 337 Danzig 37, 40, 50f., 53, 54, 68, 78, 104, 338 Domingo, St. 118 Donau 28, 264 Dortmund 11, 263 Dortmund-Emskana) 250 Dortrecht 23, 30 Drakenburg (Schlacht bei) 64 Dresden 28, 180 Elbe (s. auch Ober-, Nieder-, Süder- und Norderelbe) 5, 7, 19, 25ff„ 28, 32f., 34f., 50, 52, 62ff., 65ff„ 75, 83 ff., 87, 89ff., 98, 106, 115f„ 138,156,161,165 ff., 167f., 182, 185, 188, 210, 212, 215, 255, 257 ff., 260 f.. 264, 298, 322, 337, 341, 344 f. Elbe-Oderverbindung 69, 93, 260 Elbe-Wescrecke 104, 140 Elbe-Travekanal 261 Emden 32f., 69, 71ff., 78, 181, 242, 250, 264 England (Großbritannien) 6, 31, 38, 39f., 46, 68ff., 84, 88,103f., 105,117ff., 121ff., 126, 129, 131 f., 135 f., 147ff., 153, 155, 157, 159, 164, 169, 176, 205, 211, 213, 222ff., 242ff., 253,268,294,312f., 315ff., 320, 333 ff., 339, 350 Erfurt 19 Europa im ganzen 155, 170, 211 ff., 231, 242, 245, 321, 337, 349 f. Fernando Po 226, 229 Fidschiinseln 222 Finkenwärder 116 Finkenwärder Bahn 262, 343 Finow- und Plauescher Kanal 115 Flandern 23, 25, 30, 49f. Frankfurt a. M. 11, 108, 121, 137, 174, 178, 180, 205 Frankfurt a. O. 11, 68f., 108, 121, 125 Frankreich 46 f., 49, 69, 71, 88 f., 100f., 103ff., 114,117ff., 120,128 ff., 133,135 ff., 138, 140, 148, 172, 182ff„ 188, 208, 224, 226, 243, 294, 315, 337 St. Franzisko 171 Französ. Kolonien in Hinterindien 221 Friesland 19 f., 23, 30 Fürstenwalde 69

Galizien 93 Geldern 37, 54 Genua 42, 234 Gibraltar 104 Glückstadt, 82, 85, 90, 101 f. Göttingen 67 Griechenland 159 Groningen 33 Grönland 19, 86f„ 95, 101 f., 121 Großbritannien s. England Guatemala 333 Haiti 333 Hamburg (nicht registriert, da zu häufig) Hannover 104, 116, 156, 158, 161, 166, 178, 180, 196, 299 Harburg 92, 107, 112f., 167, 181, 196, 260, 297 Havanna 171 Le Havre 265, 338 Hessen-Darmstadt 157 Hessen-Nassau 160 Hirschberg 94 Holland (s. auch Niederlande) 3, 20, 23, 30, 32, 37 ff., 40, 53, 68, 69, 77, 83 ff.. 97, 102f., 112, 114, 117, 123, 128f„ 148, 155, 160, 223, 243, 263, 276, 304, 334, 340 Holstein (s. auch Schleswig-Holstein) 20 ff., 43,65, 70,78,84,86f., 99,156,161,191 f., 194 Houke 20 Indien 186, 236, 333 Irland 21, 88 Island 39, 121, 188 Italien 28, 136, 243, 254 Japan 182, 188, 236, 322 St. Jean 118 St. John, Kap 229 Kamerun 223, 226, 230, 240, Kampen 54 Kanada 119, 149, 244, 336, 337 Kapstadt 234 Karolinen 251 Kiautschou 251 Köln 11, 38, 52, 70 Königgrätz (Schlacht bei) 193 Kolumbien 149 Kongo 226 f. Kopenhagen 105, 262 Krempe 75 Kuba 335 Kurhessen 157 f.

Register La Piata 233 La Rochelle 73 Lauenhurg 84, 156, 168, 194 Lausitz 28, 154 Leipzig 40, 93, 103, 108, 121, 146 Lenzen 66 Levante 68, 87, 118, 136, 255, 264 Lissabon 50 f., 78 Liverpool 155, 266, 338 Locamo (Verträge von) 348 Lome 229 London 21, 107, 129, 134, 155, 165, 186, 188f., 266ff., 295, 314, 323, 335, 338 Lucia St. 118 Lübeck 20f., 22ff., 26, 31f., 40f., 43, 48ff., 52ff., 61 f., 70, 74, 76, 78, 84f„ 68, 91, 103, 130, 136 ff., 150, 152, 156, 166, 181, 185, 195, 201, 224, 261 Lübeck—Hamburg, Straße 181 Lüderitzbucht 238 Lüneburg 19, 21 f., 25ff., 34f„ 40, 66f„ 69, 78, 92, 102, 114 Madagaskar 243 Mähren 28 Magdeburg 19, 26ff., 64f„ 66ff., 88, 93, 102, 115, 146, 157 Mailand 42 Malaga 51 -Marburg a. L. 96 Marokko 78, 104, 151 (Barbarien s. auch Barbaresken) Marseille 104, 111, 148 Massaua 243 Matabeleland 243 Mecklenburg 25f., 28, 84, 156f., 166, 168f., 178, 182, 195, 299 Mexiko 149, 153, 186, 188, 189 Middelburg 37, 58 Mittelamerika 117, 148, 171, 189, 233, 322f. Mitteldeutschland 51 Mitteleuropa 159, 179f., 245, 349 Mittellandkanal 250, 341 Mittelländisches Meer 78, 263 Moldau 28 Moorwärder 185 Müllroserkanal 69, 93 f., 106, 260 Narwa 70 Neuenburg 136 Neuguinea 226 Neuwerk 27 New York 155, 170, 266, 338 New Zealand 164

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Niederelbe (s. auch Elbe) 20, 35, 40, 117, 215, 337 Niederlande (s. auch Holland) 37, 47 ff., 61, 63ff., 70, 80, 82, 87ff., 90, 108, 120, 139, 159f., 188, 337 Nicderlausitz 69 Niger-Bcnuegebiet 187 Nordafrika 187 Nordamerika 121, 148, 170, 186, 188, 211, 322, Norderelbe (s. auch Elbe) 34, 91, 185 Nordsee 21, 83, 250, 263 Nürnberg 28, 40, 94, 137 Nyassaland 213 Oberdeutschland 40, 68, 72 Obere!!,e (s. auch Elbe) 22, 25, 34, 10, 66f., 113, 167f., 212, 261, 337 Oberpfalz 28 Oder 69, 91, 93, 113, 260 Östcrrrich(-Ungarn) 29, 75, 121, 147, 154, 156, 158, 162f„ 167f., 178ff., 183, 191, 208, 253, 264 Östermchisch-Schlesicn 264 Österreichische Niederlande 116 Oldenburg 64, 158, 161, 180 Oldesloe 24 f. Oppeln 113 Osnabrück 22 Ostasien 171, 186, 233f„ 235f., 252, 253 Ostfriesland 32f„ 41, 63, 73, 83 Ostindien 116, 132, 150, 171, 189 Ostkerken 22 Ostsee 21, 32, 40, 50, 53ff., 61, 83, 186, 250, 261 Persischer Golf 317 Polen 38, 93, 104, 336, 340 Pommern 25, 78, 84 Porto Alegre 237 Portugal 48, 50, 78, 105, 114, 129, 149, 159, 226 Prag 29 Preußen 62, 94, 104, 113ff., 122, 125, 127f., 129, 131, 135ff., 149, 154ff., 165, 178ff., 190ff., 196, 198ff., 203f., 226, 231, 260, 262 ff., 264, 297 f., 344 Rathenow 69 Regensburg 19 Rhein 20, 27, 138, 160, 166, 261 Rheinland 154, 341 Riepenburg 32 Rio de Janeiro 237

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Register

Ritzebüttel 27, 137 Rönnebeck 161 Rostock 26, 84 Rotterdam 148,155, 257,261, 263, 272, 279, 293, 296, 320, 338 Rumänien 238, 336 Rußland 70, 104, 114, 121, 133, 143, 208, 245, 268, 315, 322f., 336f., 351 Sachsen 28, 78, 103, 113, 154, 157, 160, 167, 178 Sachscnwald 32 Salzwedel 22 Sansibar 171, 234, 251 Santiago 237 Santos 237, 266 Saö Paolo 237, 266 Scharhörn (Insel) 27 Schaumburg-Lippe 158, 180 Schlesien 28, 68f., 75, 93f., 102, 113, 120, 140, 154, 264 Schleswig 31, 191, Schleswig-Holstein (s. auch Holstein) 53, 176, 178, 182, 194, 299 Schmalkalden 78 Schweden 21, 31, 49, 53, 62, 70, 84, 87, 89, 102, 104, 122, 176, 323 Schweiz 129, 340 Segeberg 25 Shanghai 236 Shetlandinseln 39 Sierra Leone 224 Singapore 171, 287 Skandinavien 19, 49, 68, 78, 121, 262 Spanien 47f„ 50, 68, 70, 74, 78, 83ff., 103, 105, 114, 118, 120 f., 129, 149, 188, 226, 229, 337 Spree 51, 93, 260 Stade 21, 26, 35, 75, 82 Stavoren 23 Stecknitzkanal 28 Stendal 22 Stettin 26, 68, 104, 106, 115, 159, 261 Stiller Ozean 232 Stockholm 323 Stonnam 36 Stralsund 84 Straßburg i. E. 99, 101 Südamerika 147, 170f., 186, 188, 211, 234, 322f. Süddeutschland 154, 157f., 163, 194f., 263 Süderelbe (s. auch Elbe) 34, 65 ff., 76, 91 ff., 167 Südeuropa 211 Südosteuropa 140

Südsee (s. auch Australien und Südseeinseln) 171, 185, 222 Südwestafrika 224, 226 Suezkanal 233 Sund (s. auch Zölle: Sundzoll) 21, 32, 48, 54, 58, 61, 116 Swakopmund 238 Swaziland 243 Swin 21 Temuco 237 Thomas, St. 117 f., 149 Thüringen 154, 157 Tongking 243 Trafalgar (Schlacht bei) 136 Trave 21, 25, 33, 52 Triest 121, 263f„ 338, 340, Trittau 25 Tschechoslovakei 336, 341 Türkei 50, 159, 254 Ungarn 28, 47, 75, 113, 208, 264 Utrecht, Friede von 163 Valdivia 237 Valparaiso 237 Venedig 28, 41 f., 47, 50, 97, 234 Venezuela 153, 188 Venloer Bahn 196, 212 Vere 37, 56 f. Vereinigte Staaten 117ff., 132, 134, 149, 151 f., 155, 170, 181, 187, 208, 268, 322f„ 333 Victoria 229, 237 Vicrlande 32 Vlissingen 56 ff. Vogtland 154 Vorpommern 104 Wandsbek 297, 344 Warekauri 164 Washington 152 Waterland 37 Weser 50, 62, 161, 190, 341, Westafrika 149, 171, 221 ff., 322 Westfalen 20, 154, 341 Westindien 105, 117f., 149, 189, 211 Westküste Südamerikas 171 Wien 101, 155 Wilhelmsburg 297, 344 Windhuk 238 Wismar 25 f., 28 Witu 251 Württemberg 158, 263 Zanzibar s. Sansibar Zentralafrika 222. Zentralamerika s. Mittelamerika

Register

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IV. Sachregister. (enthält auch die Firmen. Sämtliche Waren sind bei W unter „Waren", sämtliche Zölle bei Z unter „Zölle" zu finden). Adlerlinie 206 Admiralität 79, 81, 83, 95f„ 144, 164 adventurers, merchant 69 ff., 77, 140 Agrarier, freihändlerische Politik der 183 Agrarier, Schutzzollpolitik der 208, 246, 249 f. Aktiengesellschaft, die — in Hamburg 205, 289 Akademisches Gymnasium 81, 326f. Aktive Neutralitätspolitik 100, 107 Aktiver Eigenveredlungsverkehr 248 Akzeptgeschäft der merchant bankers (s. auch Rembourskredit) 332 Akzisen 33, 164, 184 Allgemeine Armenanstalt 125 Allgemeiner Deutscher Handels- und Gewerbeverein 154 Amerikanische Rembourskredite 332 f. Annehmung 35, 65 Angestelltenschaft 298. Anlcihepolitik 302, 343 Antisemiten 303 Arbitrage 267 ff. Arbitrage, Hamburger 269 Arbitrage, Londoner 269 f. Arbeitgeberverbände 307, 309 Arbeiterbeförderung 259 Arbeiterfrage 240 ff., 305 ff., 345 Arbeiterreserveannee 307 Arbeitsnachweis 307 Arbeitszeit in Kontoren 306 Arbeit und Maschinenkraft im Hafen 258 Atlantic Conference 288 Assekuranz Compagnie, Hamburgische 125 Assignaten 128 Augsburger Allgemeine Zeitung 155, 158, 164 Auktionen 126, 188, 267, 270 Ausfuhrschuppen 258 Ausfuhrstückguttarif 263 Ausländische Bankfilialen in Hamburg 237 Auslandsbanken 332 Auslandsdienst, politischer 255, 329 Auslandshandelskammern 291 Außenhandelskontrolle 331 Außenhandelskredit 329 Austral-Kosmos-Stinnesgruppe 339 Auswärtiges Amt 223f, 229, 248, 310 Auswanderung 148f, 170f., 186f., 218f., 224, 253 f.

Aversum 194 Avokatorien 101 Bagdadbahn 255, 316 f. Baggerungen 168 Bahnwesen 165ff., 196, 206ff., 261 ff., 340f. Bank für Chile und Deutsclüand 237, 332 Bankwesen 8o, 133, 169, 188, 234ff., 272ff., 289, 332 f. Barbaresken 78, 88, 104, 114, 121, 144, 151. Baudeputation 272 Beamte, Behörden (s. auch Verwaltung) 20, 100, 203, 258, 300ff„ 331 Behn, Meyer u. Co. 171 L. Behrens u. Söhne 273 Joh. Berenberg, Gossler u. Co. 273 Berliner Kapitalzcntrum 238 f., 295, 339 Beschlagnahme der Hamburger Bank 139 Betriebsgemeinschaften in der Reederei 279 Bevölkerung Hamburgs 23, 42, 81, 87, 95, 125, 277, 982 Binnenland, Hamburg und das 81 f., 96,108, 121, 128, 141 f, 153ff., 155, 158, 189, 195, 199, 201 f., 204, 239f, 303, 308 Binnenschiffahrt (s. auch Elbe) 185, 260f., 341 Bischofsstadt 19 Blohm und Voß 275, 277, 329, 338 Börse 52, 80, 100, 139, 169, 188, 201, 250, 255f., 264ff., 300, 331, 335 Börsengesetz von 1896 250 Bört- oder Reihefahrt 79, 115 Brand von 1842 172 f. Branntweinmonopol 239 Brasilianische Bank für Deutschland 237, 332 Braugewerbe, Braustadt 23 Braunschweig-Lüneburg, Haus 34, 65 ff., 92 Bromberg u. Co. 291 Bolkartikel 272 Bund der Landwirte 208, 246 Bundesakte des Deutschen Bundes 144,158, 161, 180, Bundesflagge 193 Bundeskontingent 143 Bundesmacht, Hamburg als souveräne 151 Bundesrat 203, 214ff., 222, 248, 310 Bundestag 161, 179 Bürgereid 152 Bürgermilitär 176, 196

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Register

Bürgerschaft und Bürgertum 29, 31, 39, 44, 94f., 98f., 100, 109, 111, 123, 141, 145, 173, 177, 190ff., 204, 210, 215, 299, 301, 303f., 309f., 327, 345 Calmarer Union 31, 36 Calvinismus 95 Carlo witz u. Co. 291 Cellische Linie des Hauses BraunschweigLüneburg 92 Centraiverein deutscher Reeder 307 Chartergesellschaften 220, 228 Chilehaus 347 Chinafirmen 291 Cholera 302 f. cif-Klausel 267 f., 336 Commerz- u. Discontobank (jetzt Coinmerzund Privatbauk) 273 Commerzdeputation (s. auch Handelskammer) 9 5 f „ 100, 107, 110, 116, 124, 1 2 8 , 1 3 1 , 1 3 1 , 1 3 8 , 1 4 6 , 1 5 2 , 1 5 7 , 1 6 3 , 167, 169 f., 173 ff., 1 7 7 , 1 8 0 , 1 8 5 , 1 9 0 f . Commerzkammer 138 Conseil municipal 138 Convoycn oder Admiralschaften 95 f.. 104, 113 Corner in Kaffee 266 Dampfersubvention 232 ff. Darmstädter Bank 237 Dawesplan 240 Deckenmiete 293 Deflationskrise 330 Deklarationsabgabe 210 Demokratie und Demokratisierung (politisch) 9 4 f „ 173, 177f., 204, 208, 303ff„ 345 Demokratisierung (wirtschaftlich) 285, 299 Deputationen (s. auch Commcrzdep.) 95, 99, 109, 113, 144,186, 191, 203, 300 Deputation für Handel und Schiffahrt 177, 191 Desiderien 131, 141 Detaillistenkammer 300 Deutsch-Amerikanische Petroleumgesell— schaft 283, 286 Deutsch-Asiatische Bank 236 Deutsch-Australische Dampfschiffahrtsgesellschaft 279 Deutsch-englische Frage 312 f. Deutsch-Niederländischer Vertrag 268 Deutsch-österreichisches Bündnis 245 f. Deutsch-ostindische Handelskompagnie 105 Deutsche Afrika-Bank 238

Deutsche Bank 235, 273 Deutsche Ostafrika-Linie 279 Deutsche Petroleumverkaufsgesellschaft 283 Deutsche Zentralhandelsbchörde 162 Deutscher Bund (s. auch Bundesakte usf.) 143 f. Deutscher Export über Hamburg 78, 113, 121, 189ff., 204, 213, 225, 244ff„ 247, 270, 272, 283, 287, 320 ff. Deutscher Levantedienst 338 Deutschtum im Ausland 347 Dezemberverträge 245 Diplomatische und berufskonsularische Ausbildung 310 Direktorium in Hanseaticis 150 Discontogesellschaft 222, 227, 235ff., 273, 332 Docks, Dockhäfen 168, 185f. Doppelbesteuerung 302 Doppelschraubendampfer 280 Dreibund 211 Dreikönigsbündnis 193 Dresdner Bank 237, 273 Dückdalben 168, 343 Durchfuhrtarife, überseeischer' Durchfrachtenverkehr 263 f., 283, 340 Durchgangshafen 282 Eckplatzposition 148 Edikt von Nantes 100 Effektenmarkt, Fondsbörse 188, 273 Ehrbarer Kaufmann 81, 100, 141, 149, 230, 252, 300, 346 f. Ehrengerichtsbarkeit der Börse 300, 331 Eigenhandel 25, 79, 147, 247, 284, 290, 341 Eigen- und Fremdkapital im Handel 134?., 289 Einfuhrlisten 126, 272 Einfuhrscheine 268, 336 Einfuhrverbote 350 Einkaufskommissionär 284 Einkommensteuer 184, 301 f. Einwanderungsbeschränkung der Vereinigten Staaten 340 Einzeluntemehmung 289 Eisenbahnwesen s. Bahnwesen Eisenindustrie 277 Elbblockade 137 Elbbrücken 166, 196, 343 Elbdelta 298, 344 f. Elbpolitik s. Stapelpolitik, ferner 165:'., 167f., 182, 260f. Elbtunnel 258

Register Embargo 129, 131, 133 Englische Banken s. Rembourskredite Englische Geschäftsformen 145, 147, 269f. 284 Englische Industrie 147 Englische Court s. adventurers, ferner 77, 135, 147 Enquete der Eisenindustrie 209 Entrepötsystem 174 Erbgesessenheit 109 (Erbgesessene Bürgerschaft s. Bürgerschaft) Erbschaftssteuer 33, 302 Erbuntertänigkeit 35f., 82, 97 ff. Europäertum, geistiges 124 Expansionspolitik der Reedereien 206, 279ff., 338f. Export, direkter 121, 2C3, 287, 336 Export, zusätzlicher 351 Exportagenten 270, 336 Exporteure. Exporthäuser 270, 283, 285, 291, 330 Exportkreditversicherung 351 Fabrikwesens, Anfang des 125 Faktor 25, 79 Fehmarn-Bahn-Projekt 262 Feruhandel im Mittelalter 9 Finanzdeputation 191, 258 Finanzielle Leistungskraft Hamburgs 293f., 342 f. Finanzwesen, städtisches 24, 30, 33, 71, 81, 96, 146, 172, 191, 258, 294, 301 ff., 343, 345 Finkenwärder Bahn 262, 343 Firmensteuer 302 Fischauktionen 270 Flächenstaatliche Probleme 12, 17, 37, 45ff., 94, 111, 142, 144, 152, 154ff„ 165ff., 172, 184, 198f., 242f., 325 Flagge, amerikanische 132, 151 Flagge, deutsche 159, 193, 338 Flagge, fremde 119 Flagge, hamburgische 90, 107, 119, 193 Flethe 52, 113 Flotte, deutsche Flottengesetze 162, 176, 187, 226, 252f., 312, 313ff. Flottensuprematie, englische 313 Flottenverhandlungen, deutsch-englische 314ff. Föderativprinzip 156, 162, 200 Föderativstaat 143f., 159 Fölsch u. Co 291 Frachtkampf mit Triest 340 Frachtenmarkt 278

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Frcigabebill, amerikanische 333 Freihäfen 109ff., 118, 146, 155, 174, 178, 192 ff., 199 f., 209 ff., 276 Freihafenbezirk 216f., 240, 258, 343 Freihafenindustrie 247, 274, 277 Freihafenlagerhausgcsellschaft 216, 259 Freihafenspeicher 216 Freihandel 14f„ 111, 125, 147, 155, 163, 175, 181 ff., 204, 208, 214, 243, 309, 320, 325, 350 f. Freihandelsgesiunung 164, 177, 195, 286 (s. auch Koloniales Manchestertum) „Frei Schiff, frei G u t " 118 Fremdenrecht (Gästerecht) 12, 26, 34, 71 f., 74, 87, 126, 141, 151f. Fremden, Aufnahme der . . . 70 ff., 74, 100 Freundschaftsvertragspolitik 219 Funktionsteilung im Hamburger Handel 283 Fürstenkonzern 296 Fusionen in der Schiffahrt 279, 338 Gebührenwettbewerb der Häfen 293f., 342 Geldmarkt, Hamburgischer 122, 135, 273 Geld- und Devisengeschäft, internationales 129, 273 Gelateino 348 Gemeinschaftsdienste der Reedereien 280, 338 Genossenschaften 285, 298 f. Gcoökonomische und geopolitische Grundlagen 5 f f . , 17, 21, 25, 37, 50f., 93f., 116, 165 ff., 185, 199, 257, 274, 297 f., 344, 349 Gesandtschaften 55, 100, 150f„ 203 Gesellschaft, Hamburger 299 Gesellschaftsunternehmungen, kaufmännische im Mittelalter 25 Getreidehandelsgesellschaft 336 Getreidemonopol 249 Getreidestapel s. Stapelrecht, StapelpoUtik Getreideexporthafen, Hamburg als 75, 120 f., 268 Gewerbe, Hamburgisches und Industrie 22 f. 29, 34, 41, 52, 95, 169, 184, 186, 195, 215, 258, 263, 274ff., 296, 303, 343 Gewerbefreiheit 184 Gewerbekammer 277 Gewerkschaften 241, 301, 306 f. Gleichgewichtspolitik, englische 148, 316 Godeffroy, I . C. und Sohn 94, 206, 222 Godeffroy, Museum 222, 231 Goldwährung 204, 332 Gose- und Doveelbe 33 Gottorper Vergleich 113, 115f.

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Register

G r a f e n f e h d e 55 G r a f e n s t a d t 19 Grasbrook 168, 216, 276 Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumvereine 285 G r o ß h a m b u r g 18, 201, 259, 276, 297f., 344f. Groß- u n d Kleinhandel 29, 79, 300 G r u n d e i g e n t ü m e r 173, 177, 191 Grundsteuer 301 f. Grundstückpreise 184, 206 G u m m i t e r m i n b ö r s e 265, 335 G ü t e r b a h n h ö f e 261 f., 343 Güterklassifikation der B a h n 340 dass. in der B i n n e n s c h i f f a h r t 341 dass. i m H a f e n 342 dass. in der S c h i f f a h r t 278 G ü t e r u m g e h u n g s b a h n 262, 343 H a f e n , H a f e n b a u 5 1 f „ 77, 113, 116, 146, 168, 185, 196, 199, 216f., 239, 255, 257, 260, 282, 292f., 297, 342f. H a f e n , E n d - u n d Ausgangs- 282 H a f e n a b g a b e n 292, 297 H a f e n b a h n 293 Hafenbetriebsverein 307 Hafendampfschiffahrtsgesellschaft 259 H a f e n e n q u e t e 342 H a f e n i n s p e k t o r 307 H a m b u r g - A m e r i k a - L i n i e (Hamliurp-Amerikanische P a c k e t f a h r t - A . - G . ) 170f„ 186, 206,233, 273, 278 ff., 338 f. Hamburg-Brasilianische Packetfahrt-Gesellschaft 186 Hamburg.-Brasil. Dampfschiffahrtsgesells c h a f t 187 H a m b u r g e r F r e m d e n b l a t t 221, 313 H a m b u r g e r G i r o b a n k 8 0 , 1 2 2 , 1 3 3 , 169,188, 205 H a m b u r g e r Häuteverwertungsgesellschaft 270 H a m b u r g e r N a c h r i c h t e n 24-7, 310 H a m b u r g - I n d i s c h e Reiswerke 276, 295 H a m b u r g i s c h e B a n k v o n 1923 332 H a m b u r g i s c h e Electricitätswerke 259, 303, 343 H a m b u r g i s c h e Wissenschaftliche S t i f t u n g 327 H a m b u r g - Südamerikanische Dampfschifffahrtsgesellschaft 206, 233 H a m b u r g - Vera - Cruz - Packetfahrtgesells c h a f t 186 H a n d e l nach E r d t e i l e n 78, 132, 1 4 8 f „ 189, 211 ff., 320ff., 337 H a n d e l nebenbei u n d p e r Gelegenheit 79

Handelseifersucht, englische 312 Handelseinrichtungcn insgesamt 80, 107, 133f., 145, 188, 201, 264ff., 329ff. Handelsgericht 14-4 Handelsgesellschaft, offene 289 Handelshilfspersonen 79, 271 Handelshochschule 327 Handelsinspektor 306 H a n d e l s k a m m e r , H a m b u r g e r (s. a u c h Comm e r z d e p u t a t i o n ) 191, 207, 209f., 215, 223ff., 232, 2 3 4 f f „ 247ff., 2 5 1 f f „ 260, 262f., 265f., 269, 2 7 6 f „ 284, 286, 294, 300, 306, 333, 342, 346 H a n d e l s k a m m e r n , deutsche im Ausland 348 Handelskammerschiedsgericht 269 Handelskolonien 220f., 224ff., 251 Handelspolitik s. auch Stapelpolitik, Freihandel, Handelsverträge, Zölle usw. 9ff., 23, 27f., 34f., 43, 45ff., 5 5 , 6 5 f f . , 70ff 76, 91ff., 100f„ 109, 111, 118f., 130f„ 139ff„ 15 Off.. 154ff., 174f., 178ff„ 181ff., 195, 197ff., 204, 208ff., 217 f., 232f., 240, 242ff., 244ff., 309, 325, 349ff. Handelssperre, Handelsverbote 32, 37, 58, 61, 62, 71, 128, 130, 135ff. Handelstag, Deutscher, j e t z t Industrie- und Handelstag 204, 223 Handelstechnik s. Handelseinrichtungen Handels- u n d Schiffahrtsverträge 16, 66, 72,88 f., 1 0 2 , 1 1 4 , 1 1 9 , 1 3 0 f . , 150 ff., 159f., 162, 182f„ 199, 244ff., 2 4 7 f „ 351 H a n s a k a n a l 341 H a n s e , Hansepolitik 6, 10, 21 f., 23f., 26, 30ff., 38f., 40f., 13, 48ff., 53f., 56ff., 70ff„ 76, 83f., 91, 130f., 136ff., 139f., 159, 161 ff., 164 H a n s e s t ä d t e in engerer B e d e u t u n g s. H a m burg, Lübeck, Bremen, geographisches Register H a n s e a t e n t u m 201f., 231, 308f., 311 H a p a g s. Hamburg-Amerika-Linie H a p a g u n d Norddeutscher Lloyd 280, 311, 339 H a r r i m a n , Vertrag der H a p a g m i t 338 H ä u t e a u k t i o n e n 270 Heilige Allianz 143, 147 Herzoglich Holsteinisches H a u s 116 Hinterlandslage s. Geoökonomische Grundlagen Hoch- u n d U n t e r g r u n d b a h n 259 Holsteinisch-Schauenburgische Grafen 20, 34 H u g e n o t t e n 100, 171 Hundertsechziger 109

Register I d e n t i t ä t s n a c h w e i s 247 I m p c r a t o r k l a s s e 261, 280 Imperialismus 16, 242ff., 254, 256, 312, 350, I m p o r t , direkter 271, 283, 336 I m p o r t h ä u s e r 285, 291 I n d u s t r i e , H a m b u r g i s c h e s. Gewerbe u n d Industrie I n d u s t r i e , westdeutsche 154, 204, 217, 239, 263 f. I n d u s t r i e , süddeutsche 154 I n d u s t r i e e x p o r t s. E x p o r t , deutscher Industriegelände 274 ff. Industriekommission der H a n d e l s k a m m e r 277 I n f l a t i o n 330 Innenpolitik, deutsche 195, 201, 211, 240, 307 ff. I n s e r a t e n m a r k t 272 I n t e r n a t i o n a l e H a n d e l s k a m m e r 335, 349 I n t e r n a t i o n a l e Kartelle (s. auch Schiffahrtskartelle) 335 I n t e r n a t i o n a l e Vereinheitlichung der Handelsgebräuche 336 Internationalisicrung 226, 329, 341 Jacobinertuxn 128, 131 J a h r m ä r k t e 23, 28 J a n s s e n u n d Schmielinsky 275 J n n t z e n u n d T h o r m ä l c n 227 J a p a n f i n n e n 291 Jollenführer 259 J u d e n 74, 78, 124, 173, 194, 311 J u n g e Deutschland, das 145, 326 Juristischer E i n f l u ß in H a m b u r g 81, 96. 109 ius de non evocando 36 ius n a v i g a t i o n e m non prohibendi 91 ius emporii s. Stapelrecht J u s t i z 81, 94, 109, 144, 173, 177 Kabinettspolitik 198 K ä m m e r e i 89, 96 Kaffeeterminbörse 265 f. Kaffeevalorisationen 266 K a i , Kaischuppen, K a i g e b ü h r e n usw. 185, 197, 257 f., 277, 293, 343 Kaiser, H a m b u r g u n d die Deutschen . . . 19ff., 27f., 31, 36, 40f., 48ff., 55, 58, 62ff., 65, 66, 68, 74f., 83ff., 90, 114, 116f., 128, 131, 140, 156, 176, 201, 203f., 215, 310ff. K a m e r u n r a t 228

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K a n ä l e 28, 33, 69, 93f., 97, 216, 233, 250, 260f., 341 K a n i t z , Antrag 249 K a p i t a l , kaufmännisches, s. auch Eigenk a p i t a l 289 ff. K a p i t a l , Schiffahrts- 273, 279, 295 f., 333, 339 K a p i t a l a r m u t , H a m b u r g s 33 f., 41, 49 K a p i t a l e x p o r t , nationaler 238, 255, 291 f. K a p i t a l i s m u s 39, 81, 94ff., 123, 141, 256 K a p i t a l p l a t z , H a m b u r g als 33, 41, 71, 133, 205, 295 s. auch Bankwesen Kapitalzentruni, Berliner 205, 238, 295, 303, 339 K a r g a d ö r e 119 Kartellwesen 285 ff. K a u f m ä n n i s c h e Gesellschaften, Gilden, B r ü d e r s c h a f t e n 29, 39, 46, 71, 87 K a u f m ä n n i s c h e Risiken 290 Kaufmännisches Element in W i r t s c h a f t u n d Politik s. auch E h r b a r e r K a u f m a n n , Commerzdeputation, Handelskammer, k a u f m ä n n i s c h e Gesellschaften 30 f., 42, 81, 123ff„ 135, 141, 144 f., 155, 164, 175, 177, 191, 202, 220ff., 227, 2 3 0 f „ 241 f., 2 9 8 f f „ 303ff., 307ff., 319, 3 2 5 f f „ 350 K a u f m a n n und Reeder, K a u f m a n n s r e e d e r e i 79, 169, 171, 282, 287f. K a u f m a n n s ä l t e r l e u t e 81 Kingsinlinic (Deutsche DampfschiffsRecdcrei zu H a m b u r g ) 206, 233 f. Kirchenkollegien 109 Kirstenlinie 279 Kleinhandel 29, 79, 300 K ö h l b r a n d f r a g e 161, 196, 259f., 262, 297 Kölner Allgemeines Organ f ü r H a n d e l u n d Gewerbe 158 Königsbund 178 Koloniales Manchestcrtum 219ff., 230ff. Kolonialfragen 43, 105, 116ff., 120, 149, 162, 164, 171 f., 187ff., 2 1 7 f f „ 233, 235, 243, 251, 347 Kolonialinstitut, Hamburgisches 251, 327, 347 Kolonisationsverein, H a m b u r g e r f ü r Ansiedelung Deutscher in Süd-Brasilien 187 Kommerzialisierung 94ff., 107, 123 Kommissionshandel 79, 129, 147, 284, 341 Kommunalpolitik 301 ff. K o m m u n i s t e n 241, 345 Konfektionsklausel 195 K o n g r e ß deutscher Volkswirte 183 K o n j u n k t u r u n d Krisen i m H a n d e l 122f., 134f., 205f., 290, 324, 330

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Konossemente 119 Konsignationen 79, 122, 265, 269 Konsortialgeschäfte mit ausländischen Häusern 134, 292 Konstituante 176f.. Konsulatswesen 150, 187, 193, 223, 226, 310 Konsumvereine s. Genossenschaften Konsumzentrum, Hamburg a l s . . . 277 Konterbande 101, 107, 119, 128, 131 Kontinentalsperre 71, 136ff„ 146 Konvenienzpolitik 110 Konvention in Hamburg 299 f. Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen 285 ff. Kosmopolitische Haltung 111, 138, 164, 208 Kosmos 233, 279 Kostenvergleich mit andern Häfen 292 Kräne 185, 258, 343 Kreditbasis, kaufmännische 289, 300,330 f. Kreditverkehr 41, 49, 52, 62, 79, 122, 134f. 188, 235ff., 289, 330ff. Kreisausschrcibcndc Fürsten 120, 128 Kriegsmarine, deutsche (s. auch Flotte) 162, 176, 226, 252f., 312, 314ff. Kricgsschuldlüge 348 f. Kriegswirtschaft 329 Krisen s. Konjunktur Kultur, Hamburgische 7f., 24, 29, 4 2 f „ 8 0 f . 122ff., 144f., 214, 221, 255, 298ff„ 305, 325 ff., 346ff. Kyrion s. Verfassung Lagerscheine, indossable 289 Landgebiet, Hamburgisches 262, 303 Landwirte s. Agrarier Langer RezeB von 1548 64 Lassaleaner 241 Lederindustrie 275 Levante-Linie, Deutsche 279, 338 Lieferungsgeschäft, handelsrechtliches 268, 335 Linearpolitik, Linearsystem 10, 40, 49, 112 Linke, die 303 Linkes Zentrum 303 Liniennetz der Schiffahrt 165, 170ff., 232ff., 253f., 279, 339f. Linien- und Trampschiffahrt 186, 278, 339 Liquidationsschädengesetz 333 Lohnbewegung s. Arbeiterfrage Lohnniveau 169, 275, 293, 305, 342 Luftverkehr 340 Lutheraner 124

265, 106,

186, 287,

Luthertum 95 A. Lüthke u. Co. 276 Makler 188, 265, 271 f. Maklerbank 267 Manchestertum s. Freihandel, Freihandelsgesinnung Mark-Banko 110, 133, 188, 205 Markt, Hamburg als 7, 24f., 28, 39, 78f., 120f., 133f., 188f., 200, 211ff., 250f., 255ff., 320ff., 335ff Märkte, Verselbständigung der Hamburger 188f., 213, 272, 342 Marsch- und Geestland 7, 20, 259 Marxisten 241 Maschinenindustrie 275 Massengüterbahn 341 Materialismus 123, 134, 145, 328 Meistbegünstigung 16, 151, 153, 162, 248f., 351 merchant adventurers s. adventurers merchant bankers 273 Merkantilismus 12, 45ff., 103, 121, 125, 131, 171, 243 Messen 28f., 120f., 125 Exportmustermessen 270 Metallterminbörse 265 f., 335 Militärconventioncn mit Preußen 196 Mindesttarife 340 Mission, christliche 228 f. Mitteldeutsche Privatbank 237 Mitteldeutscher Verein 157 Monopole, staatliche 180 f., 207, 209, 239, 325 Moorburg, die 27 Moorburger Vertrag 68 Morgantrust 28, 287, 311 Münchmeyer und Co. 273 Mündungsstädte 21, 27, 38, 51, 62ff., 65ff., 91 ff., 106 Münzwesen 24, 36, 110, 122, 126, 188, 204, 332 Museen 221, 327 Musterlager s. Messen Nationalhafen 159, 197, 323 Nationalliberale 227, 303 Nationalökonomie 96f., 111, 119, 125f., 163 f., 206 Nationalversammlung von 1848 173 ff. Naturwissenschaftliche Institute 326 Navigationsgesetz, britisches 87f., 147, 153, 161 Negotiation von 1796 132

Register Neu-Guinea-Compagnie 230 Neuhof 260 Neuindustrialisierung 334 Neunerkommission 177 Neunerverfassung 177, 190 Neutralität, bewaffnete 119 Neutralitätsdeputation 118 Neutralitätspakt, deutsch-englischer 316 ff. Neutralitätspolitik, s. auch aktive N. 55, 85, 88 f., 107, 126, 130 ff., 135ff„ 139ff., 143 Neutralitätsprogramm von 1796 130ff. New Zealand Company 164 Niederländisch-preußischer Handelsvertrag von 1839 159 f. Niedersächsischcr Kreis 91 Nordatlantischer Dampferlinienverband 281 Nordatlantische Konferenzen 288, 339 Norddeutsche Affinerie 275 Norddeutsche B a n k 188, 216, 232, 2 3 5 f f „ 273, 332 Norddeutscher B u n d 193f. Norddeutscher Lloyd 186, 190, 234. 239, 253, 273, 280 Nordische Effekten 273 Nordseehafen Lübecks 21 Notable 177, 191, 204, 303 Oberalte 44, 95, 98, 109f., 130, 177ff. Oberdeutsche Häuser in Hamburg 95 ObeTlandesgcricht 203 Offene T ü r 219, 248, 254 Öffentliche Wirtschaft 346 Ökonomische Landschaft 9, 26 Ölindustrie 277 Ölwerke Stern-Sonneborn 335 Opportunismus 126, 325 Optionsklausel 283 Ostasien -Kompagnien 105 Ost-Westlinie, Hansische 10, 21, 28, 40, 48 Parlamentarische Finanzwirtschaft 340 Parteiwesen, hamburgisches 303, 345 Partenreederei 25, 79 Patriotische Gesellschaft 125, 173 Paulskirche 174 f. P a x Britannica 223, 312 Perlenfischerei 171 Personen- und Nachrichtenverkehr 79, 144, 169, 195, 271 f. Petroleumhafen 216 Pfund- und Mark-Devise 2 0 4 f . , 235, 328, 332, Pietismus 100, 145 Pinneberger Interimsrezeß 98 2 4

WiBkemann.

369

Plange, Getreidemühle von 276 Plantagen 122, 221, 226, 291, 334 Politik s. Kaufmännisches Element in Wirtschaft und Politik Politisierung, neuzeitliche 303 ff. Polizei 144, 173 Populäre 41, 62, 64, 9 8 f . Porto Franko s. Freihafen Porto Transito 112, s. auch Freihafen Portugiesische Navigationsakte 159 Post s. Personen- und Nachrichtenverkehr Prädestination, weltwirtschaftliche 1 2 7 , 1 3 0 Prämien 248 f., 266 Prämienhandel 134 Preiscouranc, Preislisten 134, 272 Preisprüfungs- und Außenhandelsstellen 330 Preistreiberei- und Kettenhandelsverordnungen 330 Presse, hamburgische 126, 248, 272, 303 ff., 342 Preußenkonsortium 236 Preußische Handelskammern 300 Preußische Sechandlung 236 Privateigentums, R a u b d e u t s c h e n . . . 329, 333 Privatmann 300 Privilegien 11, 20f., 34, 36, 38, 40, 47, 65, 70 ff. Professorenkonvent 327 Protektionismus 254, 329, 334, 336, 350 R a t , s. auch Senat 21, 2 9 f „ 31, 36, 39, 42, 54, 62, 64, 65, 71, 81, 95, 100, 105 R a t h a u s 265, 326 Rationalisierung 338, 342 Rationalismus UOff., 126 Raumprobleme i m Hafen s. Großhamburg Rechnungshof 302 Rechte, die 303 Redcmptionsvertrag von 1649 87 Reederei s. Schiffahrt Reedereiabfindung 338 Reederei-Vereinigung 280 Reform (Zeitung) 305 Reformation 44, 81, 100 Reformierte 100, 114 Reichardtkakaowerke 276 Reichsbahn 206, 340 Reichsbank 205, 235 Reichsdeputationshauptschluß 136f. Reichseinkauf 329 Reichsgetreidegesellschaft 336 Reichskammergericht 45, 67, 91, 115

370

Register

Reichsstadt 90 f. Reichstag 90f., 191, 210, 222, 231, 210, 217, 250, 252, 310, 317, 346 Reichstagswahlverein 309 Reichsunmittelbarkeit 136 Reichsverfassung 175, 214 Reichswirksamkeit, mangelnde 308 Reichswirtschaftsministeriuin 330 Reichswirtschaftsrat, Vorläufiger 31 f> Reihefahrt s. Börtfahrt Reiherstieg 113 Reiherstiegschiffswerft 186, 275, 338 Reisgesellschaft, Allgemeine 276 Reisindustrie 275, 296 Reismühle Reiherstieg 276 Reismühle, Norddeutsche 276 Reis- und Handels A.-G. 276 Rembourskredite 188, 231ff.. 270. 272. 274, 332 Rentenkapital 33 Reorganisationsdeputation 144, 172 Reorganisationsprogramm 146 Repräsentatiwerfassung, Ilamliurgische 173, 177 Republikanisches Selbstbewußtsein 108. 143, 198, 203, 309 Rctorsionsmaßnahmcn 159, 162, 209 Reziprozität 151 f., 162 Rheinbund 138 Rhenania-Ossag 335 Rohstoffwirtscliaft, moderne 338 Romantik 145, 159, 326 Rückfracht 149, 162 s. auch Tonuageliilanz Rückvergütungen im Bahnwesen 263 Rückversicherung 274 Rückversicherungsvertrag, deutsch-russischer 219, 242, 315 Ruhreinbruch 330 Sammelschuppen 258 Samoaangelegenheit 217. 222 Sandtorhafen 185, 196 Schiedsgerichte 268 Schiffahrt, hambuTgische 22, 39f„ 56ff., 61, 75,77, 87, 95, 97, 132f„ 148f., 152.169ff., 170, 185ff., 189, 210, 232ff., 239, 277ff., 311, 338 ff. Schiffahrtsabgaben 260 Schiffahrtseffekten 273 Schiffahrtshanse, Deutsche 159, 164 Schiffahrtskartelle 281, 286ff., 311, 319, 339 Schiffahrtssubvention 159, 232ff., 253, 339 Schiffsbau, Werften 40, 169, 186, 232, 258, 274ff., 282, 329, 338

Schiffserneuerungsfonds 338 Schiffslisten von Antwerpen und seinen Vorhäfen 56 ff. Schiffsrecht, altes 23 Schlesische Dampfer-Coinpagnie-Berliner Lloyd 261 Schiubach und Thiemer 291 Schlußscheine 267 ff. Schmalkaldischer Bund 45 Schnelldampferbau 230 Schottische Kompagnie 105 Schröder, Gebr. und Co. 273 Schutzzoll- und Kolonialpolitik 217 f. Schwcrgütcr 40, 103, 106, 287, 341 Sechziger 109, 130, 177 Seebcrufsgenosscnschaft 306 Seeflughafen 340 Seehafenausnahmetarife 207 f., 250. 262 ff.. 297, 340 Seeräuber, Seeraub 30 f., 33 f., 73, 79, 88. 104, 114, 151 Secversicherungsbedingtingen 274 Senat (s. auch R a t ) 94, 109, 123, 138, 111, 158, 164,169f., 173ff., 177, 190, 2)4, 221, 259, 301, 304, 306, 309, 327, 345. 348 Scptentrionale Negotiation 83 Sicdelungsprobleme 259, 302 f., 343 Sicmsscn u. Co. 171, 291 Sloman-Australlinie 234 H. B. Sloman u. Co. 291 Rob. Sloman u. Co. 279 Sozialdemokratie 240f„ 259, 303f., 306. Soziale Frage s. Arbeiterfrage Sozialisierung 330 Sozialistengesetz 241 Sozietätsgedanke, mittelalterlicher 29, 41, 95, 109 Spediteure, Spedition 25, 67, 79, 1(6, 116, 184, 282 ff., 296 Spekulation 52, 122, 135, 205 f., 265 if., 285. 290f., 335 Spezialisierung i m Handel 79 Spezialschiffe 278 Spiritusterminbörse 265f., 335 Spritklausel 240 Staatsanleihen s. Finanzwirtschaft Stadtstaat 8, 17f., 107f., 143, 155, 165. 197 ff., 256, 298, 300, 307 Städtekurie 137 Staffeltarif 340 f., Stapelpolitik 11, 26,f., 34, 38, 49, 65ff., 75f., 91 ff., 106, U l f . , 140 Stalhof 38, 73 Standardisierung 268, 335

Register Standard Oil 283, 331 f. Steinburger Vertrag 82, 98 Stempelsteuer 235, 253 Steuerverein 158, 179 Stevenson-Plan 335 Straits Homeward-Konferenz 287 Stromregulierungen 52, 113, 168, 185, 260 Südamerikanische Konferenz 339 Südfruchtauktionen 269 f. Sundzollisten 4, 61 surtaxe d'entrepôt 183, 210 Syndikat für West-Afrika 228 ff. Syndikats-Rcederci m. b. H. 280 Syndiker 313 Tabakenquête 209 Tabakmonopol 209, 239 Tankflotte 261 tarifs de port de mer 263 Terminbörse 131, 250, 265ff„ 290f., 335 Territorialpolitik s. auch Großhamburg 27, 32 f., 41, 75, 89, 115, 137 Tidehäfen 185, 257 Titelsucht 300 Tonnagebilanz 189, 292, 341 Tonnageklausel 281 Torspcrrc 144, 181 Trampfahrt s. auch Linien- und Trampschiffahrt 186, 339 Tranbrennerei 95 Transit-barcme 263 Transithandel 272, 283f., 323 Transito-Ordnung 126 Transito-Deklaration 184 Travestapel 21, 26, 48, 53 Tripelentente 316 Tschechoslovakische Elbeschiffahrts-A. G. 341 Tuchbereitung 95 Two-I'ower-Standard 313 Typenhafte Handelsformen 267 ff., 335, 342 Übergangswirtschaft 329 Überfremdungsgefahr 146, 330 f. Überseeclub Hamburg 346 Übersee-Gedanke 347ff. Überseeische Erziehung 141 Überseeischer Handel 6. Handel nach Erdteilen Überseeischer Kaufmann als politischer Typus 231 Überseeische Reichsbank 234 ff. Uferlänge 258, 343 Umschlagtarif 341 24*

371

Universität, Hamburgische 327 f., 347 Union, die 178 Unruhen, innere 31, 39, 64, 94, 98f., 100, 173, 184 Unternehmungsformen 25, 79f„ 205, 289 Usanzen 145 f., 188, 269, 342 Valorisationen 266, 335 Verbeamtung 203, 300 Veredelungsindustrie 275 Veredelungsverkehr 248 Verein der Nichtgrundeigentümer 173 Vereine für den Warenhandel 267 f., 300 Verein für Deutschtum im Ausland 348 Verein für Hamburgische Geschichte 1 Verein für Handelsfreiheit 175, 309 Verein Hamburger Reeder 159, 254 Verein hamburgischer Juristen 173 Vereinigte Elbeschiffahrts-A.G. 261 Vereinigte Liberale 304 Vcrcinsbank 1881, Verein zur Wahrung der gemeinsamen Interessen in Rheinland und Westfalen 217 Vereisung der Elbe 168 Verfassung, Hamburgische 31,44,109,172ff, 177, 179, 190f., 303f., 345 Verfassungsausschuß des Bundestags 179, 190 Verhältniswahlsystem 304 Verkehrskommission des Senats 259 Verkehrswesen im Hafen 259 Vermögenssteuer 29, 62, 301 Versicherungsbörse, Versicherungswesen 79, 125, 134, 169, 188, 201, 274 Versicherungsmakler 265, 274 Verteilungsschuppen 258 Vertrauenskrisis 330 f. Vertrag von Versailles 348 Vertrustung des Petroleumhandels 289 Verwaltung, Hamburgische s. auch Beamte 144, 173, 177, 203,249, 298,302 Veterinär- und scuchenpolizeiliche Vorschriften 249 Vitalienbrüder 30f., 33f. Vorortbahnen 303 Vorwerk Gebrüder u. Co. 291 Wachsmut und Krogmann 171 Wagenstandsgeld 293 Wahlkreiseinteilung 309 Wahlrechtsraub 304 Im Text irrtümlich bezeichnet als Volksbank.

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Register

Wandschneider 29, 71 M. M. Warburg u. Co. 273, 333 Waren: Barchent 78, Baumwolle 132, 118, 189,269,272,334, Bergwerksprodukte 10, Bier 2 4 f „ 26, 35, Blech 78, 112, Chemikalien 272, Chilesalpeter 271, 283, 291, 323, 334ff., Eisen und Eisenwaren 263, 272, Erze 283, Essig 103, 112, Farbwaren 94, Faserstoffe 240, 283, Fische 22, 40, 270, Fleischwaren 238, Früchte 103, 258, 336, Fustein 78, Futtermittel 268, 336, Garn 94,112,Gefrierfleisch 336,Gerbstoffe 275, Getreide 22, 26, 32, 34f„ 39f„ 49ff„ 51, 65ff., 68, 70, 78, 92, 112, 120, 128f., 133, 161, 246f., 258, 268, 272, 323, 336, Gewebe 22, Gewerbe- und Kunstgegenstände 26, Gewürze 25, 51, 129, 272, Glasflaschen 78, Glaswaren 113, 272, Gummi 265, 272, 334f., Häute 270, 275, 323, 336, Heringe 24, 51, 104, Holz 22, 26, 50, 92, 103, 112f., 128, 258, 272, Indigo 189, Industriewaren 128f„ 272, Jute 275, Kaffee 118, 120, 129, 153, 189, 266, 335f„ Kakao 271 f., 336, Kalk 26, Kartoffclspiritus 266, Käse 78, Kaurimuschel 171, Kessel 25, Kohle 162, 239, 250, 258, 263, 286, 334, 337, Kolonialprodukte 51, 88 f f , 105, 118, 120, 129, 132, 189, 2 6 5 f f , 283, 285, 335 f., Kunststickstoff 334, Kupfer 78, 112, 266f., 335, Landwirtsch. Produkte (s. auch Getreide) 22, 24 f. 78, 128 f., 266, 272, Leinen 2 2 , 2 4 , 7 8 , 9 4 , 112f., 149, 189, Luxuswaren 120, 133, Mehl 35, 268, 336, Maschinen 272, 275, 328, Metalle, Metallwaren (s. auch Eisen) 25, 78, 113. 266f., 272, 335, ö l 25, 275, 277, Papier 78, 272, Petroleum 258, 272, 283, 334 f., Reis 129, 148, 272, 275, 296, 336, Salpeter s.Chilesalpeter, Salz 22, 26ff., 39, 51,56ff„ 66ff., 93,103, Schiffsbaumaterial, Schiffsbedarf 25, 28 50, 128, 275, Schmalz 272, 283, 332, Schmieröl 283, Schwefel 25, Seide 189, 334, Spielwaren 272, Spiritus 240, 265 f., 335, Südfrüchte 258, 272, 336, Tabak 148, 209, 269, 272, Talg 25, Tee 189, Tuch 22, 24, 26, 31, 40, 51, 71, Waffen 25, Wein 22, 35, 56f., 103, 112f„ 120, 272, Wildhäute 270, Wildkautschuk 335, Wolle 50, 51, 189, 269, 272, 335, Zucker (Rohr- und Rübenzucker) 51, 1 0 3 , 1 1 2 , 1 1 8 , 1 2 0 , 1 2 9 , 1 5 3 , 160,169,189, 266, 328, Zwillich 78 Warenliquidationskasse 265 f. Warenpreiskourant s. Preiscourant

Warenvereine 267 f., 300 Warenverkehr nach Ländern s. Ilandlelsverkehr Wasserfläche im Hafen 258, 343 Wassergeusen 73 Wasserstraßensystem der Elbe 260, 3231 Wasserumschlag 185, 257, 293, 341 Wechselmakler 79 Wechselrecht 79 Wechselreiterei 122, 135 Wahrhaftigkeit, hamburgische 113. 141 Weltkrieg 310, 316, 329 Weltpolitischer Wendepunkt 316 Weltpostverein 232 Weltwirtschaftskonferenz 349 Werft, die Deutsche 338 Werften s. Schiffbau Wertpapiere, kaufmännische 289 Wertwaren 10, 21, 106 Wertzuwachssteuer 302 Westafrikadienst der Afrikanischen Danipfschiffs-A. G. 233 West-Afrika-Compagnie 228 Wettbewerbsgebiete 263 Wiener Kongreß 143, 166 Th. Wille u. Co. 266, 291 Wirtschaftlicher Ausschuß.. 247 Wohn- und Geschäftsstadt 214, 255 Wohnungswesen, s. auch Siedclun^sprobleme 80 C. Woermann, Firma 171, 221, 223, 24-0 Zeitgeschäft, s. auch Terminhandel 52 Zentralverband deutscher Industrieller 208 Zertifikate 78, 89 Zölle: Zoll und Zölle i. allg. 16, 27,41. 48, 66, 85, 102, 112, 121, 146f., 184, 244, 247f., 336, 351, Agrarische Schutzzollpolitik 249 ff., 351, Ausgangszoll 146, Bakenzoll 74, Bismarcks Schutzzollpolitik 208 ff., 217 f., 232, 244, Bülows Schutzzollpolitik 247, 249, Bremens Zollanschluß 181, 217, Britische Reichszollpläne 244, Deutscher Zollverein 154ff, 167, 179ff., 182ff., 189, 194f., Differenzialzölle 154, 162, 175, 223, 246, Durchfuhrzoll 104, 109, 112f., 158f„ 181 f., Eisenzölle 209, Elbzölle 67, 92ff., 165ff., 182, 210, Elbzollkonferenzen 67, 93, 103, 165, 182, Englischer Zoll in Hamburg "7, Erziehungszölle 163, Eßlinger Zoll 33, 182, Februarvertrag von 1853 zwischen Österreich und dem Zollverein 180, Glückstädter Zoll 86, 101 f., Hamburgs Zoll-

373

Register vercinsniederlage 195, Handelsverträge des Zollvereins 159f., 180, 182f., Kampfzölle 151, 210, 246, Lcnzener Zoll 93, Maximalzölle 247, Mehlzoll 336, Minimalzölle 247, Pfundzoll 24, 33, Preußisches Zollgesctz 154, Reichszölle 48, 166, Reichszollakte 175, Roter Zoll 41, Schauenburger Zoll 41, Scheldezoll (Aufhebung) 182, Schutzzölle 164, 180, 208ff., 223, 244 ff., 247, 249, Stader Zoll (Ablösung) 182, Sundzoll 31, 61, 87, 136,181, Tonnenzoll 74, Transitzölle s. Durchfuhrzoll, Twistzölle 175, Vertragszölle 209, Werkzoll 27, 33, 77, 86, Zollanschluß 155ff., 161,163f., 175, 178, 269ff„ 211ff.,

Zollanschlußpartei 161, 214, 222, Zollbehörden 248, Zollbundesrat 195, Zollkanal 216, Zollkriege 248, 350, Zollrückvergütungen 247 f., Zollvereinsniederlage in Hamburg 214, Zoll zu Brunshausen 82, Zoll zu Eßlingen 32, Zoll zu Wittenberge 182.

Zuckcrsiedcrcien 95, 133 Zuckerterminbörse 256 f., Zuckcrvalorisation 335 Zünfte, Ämter, Brüderschaften 29, 34, 41, 169 Zuwanderung von Arbeitern und Unternehmern 7, 299 Zwischengewerbe im Hafen 271

Berichtigungen. Seite 123, Zeile 14 lies: Klopstock. 124, „ 15, 16 lies: der eine Tochter von Johann Albert Hinrich Reimarus zur Frau hatte (dieser ist der in der Anmerkung 3 erwähnte Sohn des dort genannten Hermann Samuel R.). „ 131, Zeile 13 lies: G. H. Sieveking. „ 188, ,, 9 lies: „Vereinsbank" statt „Volksbank'-.

Hamburgs Reederei 1814-1914 Von

Dr. Otto Mathies Oktav. 298 Seiten mit 95 Abbildungen und 190 Kontorflaggen. In Leinen RM. 20.—. In Halbleder RM. 27.50 Der Erfolg im ersten Erscheinungsjahr hat bestätigt, daß es notwendig war, diese Geschichte der Reedereien in Hamburg vom Ausgange der Napoleonischen Kriege bis zum Beginn des Weltkrieges herauszugeben. Das Buch ist wertvoll als wirtschafts-, kultur- und familiengeschichtliche Hamburgensie und wichtig als Sammlung mündlich überlieferter Erinnerungen alter Reeder, von Schiffsbildern besonders älterer Bauart, Hafenansichten, Porträts, Dokumenten und Kontorflaggen. Darüber hinaus betonen Besprechungen aus berufener Feder, daß Mathies an dem hervorragenden Beispiel Hamburg ein prächtiges Bild von der Entwicklung der deutschen Handelsflotte, des deutschen Kaufmannsstandes und der deutschen Schiiisbautechnik von 1814 an entworfen hat.

Hamburger Geschichtsatlas Heimatkundliche Karten und Bilder In Verbindung mit Dr. H. S c h r ö d e r , Kustos am Museum für hamburgische Geschichte, Studienrat Dr. H a n s S c h r ö d e r und Lehrer M a x F e h r i n g , herausgegeben von Studienrat K a r l W ö l f l e . Quart. 48 Seiten mit 147 Karten, Diagrammen, Statistiken und Bildern in mehrfarbigem Offset- bzw. Tiefdruck. Schulausgabe in Halbleinen RM. 7.50, Ausgabe in Ganzleinen RM. 8.50 Ein besonderer Vorzug dieses Geschichtswerkes ist es, daß es nicht nur die ferne und fernste Vergangenheit lebendig macht, sondern auch hineinleitet in die brennenden Tagesfragen, in die Probleme der Gegenwart, so in die wirtschaftliche, städtebauliche und soziale Entwicklung und besonders auch in die G r o ß h a m b u r g f r a g e , die hier z u m e r s t e n m a l g e s c h i c h t l i c h v e r a n s c h a u l i c h t wird. Es ist wohl kein Zufall, daß derselbe Gelehrte (Prof. D r . E. O b s t , Hannover), der im Septemberheft der „Geopolitik" der GroOhamburgfrage einen bedeutsamen Artikel gewidmet hat, in der gleichen Zeitschrift von unserem Atlas schreibt: „Die Fülle des interessanten Materials, die originellen Methoden der Darstellung und die vorzügliche Ausstattung machen den Atlas für jeden geopolitischInteressierten zu einem wichtigen und willkommenen Gegenstand der Belehrung. Das Hamburger Unternehmen muß als musterhaft bezeichnet werden."

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Andere W e r k e über Hamburg Hamburg in seiner politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung.

Herausgegeben von der D e u t s c h e n A u s 1 a n d s - A r b e i t s g e m e i n s c h a f t H a m b u r g 1921. Oktav, V I , 170 Seiten mit 24 Abbildungen, einem Hafcnplan und einer Karte von Hamburgs Umgebung. Geheftet R M . 1.— kartoniert R M 1.50, Leinen RM. 3.—

Die Verkehrs- und Siedlungspolitik der Freien und Hansestadt Hamburg. Von A n t o n S ü r t h . (Groß-IIamburgische Streitfragen, Heft 2/3.) 1919, Oktav, 100 Seiten RM. 1.—

Hamburgs Wohnungspolitik von 1818—1919.

Von F r i t z S c h u m a c h e r (Groß-Hamburgische Streitfragen. Heft 4/5.) 1919, Oktav, IV, 74 Seiten RM. —.80

Hamburgs Finanzen von 1914—1924.

Von J ü r g e n B r a n d t . 1924. Oktav. 94 Seiten

RM. 3.—

Die Stellung Hamburgs in der Organisation des Welthandels mit pflanzlichen Ölstoffcn, Ölen und Ölkuchen

von A r n o l d O t t i n g . 1925 Oktav 91 Seiten RM. 7.50 „Der Titel dieses Buches künnte vermuten lassen, daß es sich um eine Veröffentlichung handelt, die nur für ganz wenige Fachkreise Bedeutung habe, nur sozusagen Hamburger Lokalinteresse habe. Das ist indes keineswegs der Fall. Der Verfasser gibt vielmehr in anziehender Weise ein klares Bild über das ganze Gebiet, über die Rohstoffe, ihre Herkunft und Verwertung, über die Wichtigkeit, welche diese Produkte für den Hamburger Handel hatten und haben, und namentlich auch über die überwiegende Bedeutung Hamburgs i m deutschen Ülhandel. Ganz besonders anschaulich kommt in einem eigenen Abschluß der Einfluß der Kriegsnöte a u f den Olhandel zur Betrachtung, die Zwangswirtschaft und letzten Endes die gegenwärtigen Verhältnisse mit Einschluß der Zollfrage." „Farbe und L a c k " , J g . 1925. Nr. 50.

Die Geschäftsbedingungen des Vereins zur Förderung des hamburgischen Handels mit Kolonialwaren und getrockneten Früchten (Warenvcrein der Hamburger Börse). Von O t t o M a t h i c s . 1925. Oktav. V, 160 Seiten. RM. 10.—, gebunden RM. 12 —

Englischer Besuch in Hamburg im Jahre 1798.

Wie zwei große englische Dichter nach Hamburg reisten, und w a s sie dort sahen, insbesondere ihre höchst merkwürdigen Gespräche mit Herrn Klopstock, Lcgationsrat und Verfasser der Messiade. Eingeleitet und übersetzt von Dr. K u r t L o c w e n f c l d . 1927. Oktav, 91 Seiten RM. 5 — „Vom guten alten Hamburg mit der guten alten Küche, von den hübschen Dienstmädchen und den häßlichen Straßen werden Sic etwas hören. Sie lesen eine Übersetzung aus dein Englischen des J a h r e s 1798 und erfahren ans den langen, aber nicht langweiligen Anmerkungen allerlei Wissenswertes und Amüsantes. Auch die Übersetzung selbst, die sozusagen die Grundlage des Ganzen bildet, ist unterhaltsam und erzählt von der alten S t a d t mit ihren verschnörkelten Türmen und Giebeln, und vom alten Klopstock mit seinen noch verschnörkelteren Ansichten: Schiller ist ein abgetaner Mann bei ihm und K a n t ein Wirrkopf, den kein vernünftiger Mensch verstehen k a n n . "

Plan des Hamburger Hafens. 4. erw. Aufl. 1925. Format 41X110 cm RM 2.— Auf Leinen in Taschenformat R M . 5.—

Die Elbe von Hamburg bis zur Mündung (Elbfeuerschiff 1)

9. neubearb. Aufl. 1928. Format 3 2 x 1 8 0 c m R M . 6 . — A u f Leinen in Taschenformat R M . 10.—

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Übersee-Geschichte

eine Schriftenfolge herausgegeben von

Adolf Rein

Das Problem der europäischen Expansion in der Geschichts-Schreibung von

Adolf Rein Überseegcschichte, Band 1. Oktav. 38 Seiten. Preis RM. 2.50 Es wird in Umrissen gezeigt, welche Abspiegelung die überseeische Ausdehnung des Abendlandes in der allgemeinen Geschichtsschreibung der Europäer in den vier J a h r hunderten seit der Zeit der Entdeckungen gefunden hat, und die Anwendung der Ranke'.sehen Grundsätze auch auf die Ausdehnungsgcschichte Europas gefordert.

Amerikanische Interessen- und Prinzipienpolitik in Mexiko 1910—1914 Ein Beitrag zur Kritik des Wilsonismus von

Hans G. Römer Überseegcschichte, Band 2. Oktav. X, 150 Seiten. Preis RJI. 9.— Neben der Darstellung der amerikanischen Mexikopolitik von X910—14 und ihren Eiwirkungen auf das damalige amerikanisch-englische Verhältnis, — dem als Vorspiel fiir das englisch-amerikanische Einvernehmen im Weltkrieg eine größere Beachtung zukommen dürfte, als ihm gemeinhin gezollt wird — hat der Verfasser sich bemüht, die amerikanische Tradition der „Wilsonschen Ideen" im Rahmen der Arbeit anzudeuten, und das ideologische Fundament klarzulegen, das der Wilsonschen Mexikopolitik, wie seiner späteren Europapolitik, seinen Völkerbunds- und Mandats-Konstruktionen, zu Grunde liegt und das Wcltstaatcnsystem bis heute beeinflußt.

Nordamerika im Urteil des Deutschen Schrifttums bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Eine Untersuchung über Kürnbergers „Amerika-Müden" Mit einer Bibliographie von

Hildegard Meyer Überseegeschichte, Band 3. Oktav. VI, 166 Seiten. Preis RM. 10.— Die Schrift stellt sich die Aufgabe, zu untersuchen, seit wann Nordamerika als Repräsentant des Westens ein Kulturproblem für Deutschland wird. Amerika-Enthusiasmus und Amerika-Kritik, wie sie aus verschiedenen Zeitproblemen im deutschen Schrifttum erscheinen, werden von den ersten Äußerungen in der Revolutionszeit des 18. Jahrhunderts, im Zeitalter der Restauration, der Romantik und des Liberalismus verfolgt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, da in der Auseinandersetzung mit Bestrebungen der Achtundvierziger in Kürnbergers Werk eine umfassende und wirksame Warnung vor dem Westen gegeben wurde.

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