Haftungsprobleme bei informellem Verwaltungshandeln: Zur Haftpflicht in den verwaltungsrechtlichen Anbahnungsverhältnissen [1 ed.] 9783428511303, 9783428111305

Das informelle Verwaltungshandeln beschäftigt die Rechtswissenschaft seit längerem, ohne daß die von ihm aufgeworfenen R

113 59 1MB

German Pages 266 Year 2004

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Haftungsprobleme bei informellem Verwaltungshandeln: Zur Haftpflicht in den verwaltungsrechtlichen Anbahnungsverhältnissen [1 ed.]
 9783428511303, 9783428111305

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

¨ ffentlichen Recht Schriften zum O Band 949

Haftungsprobleme bei informellem Verwaltungshandeln Zur Haftpflicht in den verwaltungsrechtlichen Anbahnungsverha¨ltnissen

Von Martin Kellner

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MARTIN KELLNER

Haftungsprobleme bei informellem Verwaltungshandeln

¨ ffentlichen Recht Schriften zum O Band 949

Haftungsprobleme bei informellem Verwaltungshandeln Zur Haftpflicht in den verwaltungsrechtlichen Anbahnungsverha¨ltnissen

Von

Martin Kellner

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Bielefeld hat diese Arbeit im Jahre 2002 / 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11130-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Das informelle Verwaltungshandeln beschäftigt die Rechtswissenschaft seit längerem, ohne daß die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen auch nur annähernd abschließend beantwortet worden wären. Im Vordergrund des Interesses stehen zumeist die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die mit dem Bürger kooperierende Verwaltung. Auch werden häufig die Rechte solcher Drittbetroffener diskutiert, deren Rechtspositionen das informelle Zusammenwirken tangiert. Vernachlässigt wird dagegen die haftungsrechtliche Seite der Kooperationsbeziehungen. Mit meiner Dissertation möchte ich einen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen. Während des Entstehens der Arbeit ist das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft getreten, das auch für das öffentliche Haftungsrecht nicht ohne Folgen blieb. Die Einführung des „neuen Schuldrechts“ sensibilisiert für den Dezisionismus, auf dem die zivilrechtlichen Bestimmungen in weiten Bereichen beruhen. Vor diesem Hintergrund erscheint es um so dringlicher, die hinter den zivilrechtlichen Bestimmungen stehenden Haftungsprinzipien offen zu legen und ihre Übertragbarkeit auf das Öffentliche Recht zu untersuchen. Die Dissertation wurde von Herrn Prof. Dr. Joachim Wieland betreut. Für die stete Unterstützung und für die Aufnahme als Mitarbeiter an seinem Frankfurter Lehrstuhl möchte ich ihm an dieser Stelle herzlich danken. Herrn Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke danke ich dafür, daß er von der Warte des Zivilrechts aus das Zweitgutachten für die Dissertation schrieb. An seinem Urteil war mir besonders gelegen. Danken möchte ich ferner Herrn Prof. Dr. Johannes Hellermann für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Der Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort sowie das Bundesministerium des Innern haben die Veröffentlichung der Arbeit mit Druckkostenzuschüssen unterstützt. Auch hierfür bedanke ich mich. Die juristische Fakultät der Universität Bielefeld hat die Dissertation im Wintersemester 2002/03 angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden für die Drucklegung auf aktuellen Stand gebracht. Frankfurt am Main, im Juli 2003

Martin Kellner

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung: Das informelle Verwaltungshandeln in den haftungsrechtlich relevanten Lagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das informelle Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die haftungsrechtlich relevante Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die dogmatischen Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlage mittels Gesamtanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Lehre vom Verhandlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die culpa in contrahendo als Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nähere dogmatische Charakterisierung der privatrechtlichen Vertrauenshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Theorie vom einheitlichen Schutzpflichtverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Sicherungspflichten für vertragsfremde Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Abbruch der Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der unwirksame Vertragsschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Schutz vor inhaltlich nachteiligen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Umfang der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns im Verwaltungsrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rechtsverhältnis als Grundeinheit einer allgemeinen Rechtslehre . . . . . . a) Das Allgemeine Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Besondere Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung der Rechtsverhältnislehre für die Verwaltungsrechtsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Erfassung der Zeitdimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Berücksichtigung einer Mitwirkung des Bürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die dogmatische Leistungsfähigkeit im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Besondere Rechtsverhältnis des konsensualen Verwaltungshandelns . . . . . 1. Das Prinzip von Treu und Glauben im Öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Anwendbarkeit des Grundsatzes im Öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . b) Die ungeschriebenen Anwendungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verwaltungsrechtsverhältnis bei informellem Verwaltungshandeln . . . .

11 13 18 20 22 23 24 27 27 29 31 32 35 35 37 40 43 44 46 48 49 51 51 51 53 56 56 58 60 63 63 64 64 66 71

8

Inhaltsverzeichnis a) Die Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben auf informelle Kontakte zwischen Verwaltung und Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Gleichordnung der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Interessenverflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Freiwilligkeit des Kontaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der fehlende Rechtsbindungswille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Grundrechtspositionen des Privaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Sanktionierung von Pflichtverstößen: Begründung einer Rechtsverhältnishaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Konstruktion der Schadensersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die dogmatische Einordnung der Haftung wegen culpa in contrahendo beim Verwaltungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Machtgefälle beim öffentlich-rechtlichen Vertragsschluß . . . . . . . bb) Die materielle Austauschbarkeit von Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag und Absprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das verfassungsrechtliche Gebot einer haftungsrechtlichen Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Perspektive der Rechtsverhältnislehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gegenüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Schutz des Bürgers durch den Gesetzesvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Schutz des Staates vor einer „Überhaftung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 4 Das Rechtsverhältnis des informalen Verwaltungshandelns als Ordnungsrahmen für Rechte und Pflichten: Konkretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der flexible Verhaltensmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Formulierung von Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Sicherungspflichten für verhandlungsfremde Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die tatsächliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die normative Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Sonderfall verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo . . . . . . . . dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Abbruch der informalen Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Relativierung wegen des fehlenden Rechtsbindungswillens der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Relativierung wegen der Privatautonomie des Privaten . . . . . . . . . . . . . . cc) Relativierung wegen der Letztentscheidungskompetenz der Verwaltung im mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Verzögerung des Verhandlungsverlaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Schutz vor unwirksam konsentierten Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die allgemeinen Regeln der Fallgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insbesondere für die Absprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere für den Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Insbesondere für den Verwaltungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71 71 75 78 79 79 80 82 82 83 85 88 89 93 96 97 97 103 104 106 107 107 109 111 111 112 114 115 116 117 118 120 126 127 130 131 132 132 134

Inhaltsverzeichnis e) Der Schutz vor inhaltlich nachteiligen Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insbesondere für die Absprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insbesondere für den Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere für den Verwaltungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die spezifischen Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei . . . . . . . . . . . . . . 1. Das methodische Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Recht der Amtspflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes als konkretisiertes Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Integration der verfassungsrechtlichen Pflichten in das Verwaltungsrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die einzelnen Verfassungsvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Rechtsstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Legalitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorhersehbarkeit und Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung des Ersatzanspruchs: Die Struktur der Rechtsverhältnishaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das haftungsbewehrte Verwaltungsrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der sachliche Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der zeitliche Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die schädigende Schutzpflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die beidseitigen Schutzpflichten aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Vertrauenstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Vertrauensverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Vertrauensverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die spezifischen Schutzpflichten der öffentlichen Verhandlungspartei . . . 3. Das Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Verschuldensmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Verschuldensmaßstab für die private Verhandlungspartei . . . . . . . bb) Der Verschuldensmaßstab für die öffentliche Verhandlungspartei . . . cc) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verantwortlichkeit für fremdes Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Zurechnungsprinip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Folgen für die Parteien der Rechtsverhältnishaftung . . . . . . . . . . . . cc) Der Verschuldensmaßstab für Gehilfenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Ersatz des negativen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9 136 137 138 141 144 144 145 145 147 149 150 152 152 156 157 158 161 163 164

165 165 166 166 167 171 171 172 173 175 176 177 177 180 181 183 183 184 186 188 190 190 190

10

Inhaltsverzeichnis aa) bb) cc) dd)

Die allgemeinen Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verletzung abschlußbezogener Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verletzung inhaltsbezogener Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verletzung spezifischer Pflichten der öffentlichen Verhandlungspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fragen der konkreten Schadensbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Zurechenbarkeit privater Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Quantifizierung des verwaltungsseitigen Schadens . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten . . . . . . . . . . . . . Die Verjährung des Ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verjährungsfrist kraft Gewohnheitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die tatsächliche Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtsüberzeugung der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verjährungsfrist durch Analogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Beweislastverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verhältnis der Rechtsverhältnishaftung zu der Haftung aus Delikt . . . . . . . . 1. Das Konkurrenzverhältnis zur deliktsrechtlichen Haftung des Bürgers . . . . . . 2. Das Konkurrenzverhältnis zum Amtshaftungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 197 198 198 199 203 205 207 208 209 210 211 211 212 214 214 216 216 218 221 221

§ 6 Zusammenfassung in zehn Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die allgemeine Rechtsverhältnislehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Anbahnungsrechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Verwaltungsrechtsverhältnishaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

228 228 228 229

III.

IV. V.

VI.

191 192 194

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

§ 1 Einleitung: Das informelle Verwaltungshandeln in den haftungsrechtlich relevanten Lagen Das Verwaltungshandeln, das außerhalb der tradierten Formen auftritt, ist erst in der jüngeren Zeit in den Mittelpunkt des rechtswissenschaftlichen Interesses gerückt. 1 „Die Verwaltungsrechtslehre entdeckt die Verwaltungswirklichkeit“ 2 und stellt fest, daß das moderne Verwaltungswesen in den verschiedensten Ausprägungen Verhaltens- und Vorgehensweisen wählt, die nicht den positivierten Entscheidungsformen Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlicher Vertrag zugeordnet werden können: Behörden warnen, sie sprechen Empfehlungen aus oder sie erteilen Auskünfte.3 Neben diesen informierenden Tätigkeiten, bei welchen die Behörde einseitig gegenüber dem Bürger agiert, ist Verwaltungshandeln beobachtbar, bei dem die Verwaltung zusammen mit dem Privaten nach Problemlösungen sucht. Diese einseitigen und zweiseitigen behördlichen Maßnahmen werden im Verwaltungsrecht unter den farblosen Rubriken des „schlichten Verwaltungshandelns“ oder des „Realakts“ geführt, weil sie nicht auf unmittelbare Rechtsfolgen gerichtet sind und keiner der klassischen Handlungsformen des Verwaltungsverfahrens zugeordnet werden können. 4 1 Etwa H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241–268; E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, 1981; W. Brohm, DVBl. 1994, S. 133–139; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277–289; H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267–275; H. Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990; W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Bd. 1 und 2, 1990; St. Kautz, Absprachen im Verwaltungsrecht, 2002; P. Körner, Informelles Verwaltungshandeln im Umweltrecht, 2000; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295–302; H.-W. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1988; H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, 1999; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995; D. Song, Kooperatives Verwaltungshandeln durch Absprachen und Verträge beim Vollzug des Immissionsschutzrechts, 2000; W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, 1994; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht, 1995; G. von Wedemeyer, Kooperation beim Vollzug des Umweltrechts, 1991. 2 U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 250; ähnlich St. Kippes, Bargaining, S. 63. 3 Dazu etwa U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 395–444; R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 278–300; Ch. Gusy, NJW 2000, S. 977–986; P. Körner, S. 75–121; G. Lübbe-Wolff, NJW 1987, S.2705–2712; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §15 Rn. 8–13 a; F. Ossenbühl, UTR 3 (1987), S. 27–48; M. Schulte, DVBl. 1988, S. 512–520; ders., Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 50–58. 4 Etwa H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 30 Rn. 1; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 237–242; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 passim, insbes. Rn. 1 f.; F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (685); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 20 f., 29, 35; U. Siems, S. 238; R. Stober, Handbuch, § 62 I (S. 814–817); ders., Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 37 (S. 386 f.); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungs-

12

§ 1 Einleitung

Den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bildet das schlichte Verwaltungshandeln in seiner zweiseitigen Gestalt. Heute kann davon ausgegangen werden, daß es keinen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung von einiger Bedeutung und keinen Erlaß von Ordnungsverfügungen gibt, die finanziellen Aufwand erfordern, ohne daß eine mehr oder minder intensive Kommunikation zwischen der Verwaltung und dem Adressaten vorausgegangen wäre. 5 So verständigen sich – nicht nur 6 – im öffentlichen Wirtschaftsrecht Verwaltung und Bürger über die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe oder über die zukünftige Ausübung des Rechtsfolgeermessens. Im Vorfeld eines Genehmigungsverfahrens, das auf die Zulassung einer industriellen Anlage gerichtet ist, finden in der Regel eine Interessenartikulation und ein Informationsaustausch statt. Dabei klären Behörde und Projektträger die Voraussetzungen für die Realisierung des Vorhabens. 7 Oder die Behörde sucht, anstatt eine einseitige nachträgliche Anordnung im Immissionsschutzrecht zu erlassen, eine einvernehmliche Lösung mit dem Anlagenbetreiber. Ein auf diese Weise erzielter Konsens kann rechtsverbindlich in einer Sanierungsverfügung, also in einem Verwaltungsakt, oder in einem öffentlich-rechtlichen Sanierungsvertrag fixiert werden. In der Verwaltungspraxis wird aber häufig auch eine Sanierungsabrede gewählt. In deren Rahmen verspricht der Private, die konkrete Sanierung vorzunehmen. Im Gegenzug duldet die Verwaltung den rechtswidrigen Zustand solange, bis der Anlagenbetreiber die angekündigte Maßnahme durchgeführt hat. Eine solche Absprache zeitigt Bindungen als „Gentlemen’s Agreement“, Rechtsverbindlichkeit fehlt ihr aber. 8

recht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 Rn. 1. Siehe aber auch bereits W. Jellinek, § 2 I (S. 20–28), und E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 2, S. 200 f. Siehe ferner die Nachweise über gerichtliche Entscheidungen zum „schlichten Verwaltungshandeln“ bei M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 18 f. 5 Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1198); M. Reicherzer, DVBl. 2002, S. 557; H.-H. Trute, UTR 48 (1999), S. 13 (29); J. Wieland, ZUR 2001, S. 20 (22 f.). E. Hagenah, Prozeduraler Umweltschutz, S.37, zufolge handelt es sich bei den informalen Verhandlungen um „Verwaltungsalltag“; ähnlich H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (268). 6 Siehe nur die weiterführenden Hinweise auf informelle Praktiken auf anderen öffentlichen Rechtssektoren bei St. Kippes, Bargaining, S. 5; P. Körner, S. 123; D. Song, S. 20; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 26. 7 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 52 f.; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (279 f.); K. Bussfeld, S. 39 (44); N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 352 f.; W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (192 f.); R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 35 f.; H.-W. Rengeling, S. 31 f.; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 41 f.; C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 146 f.; G. von Wedemeyer, S. 177. Siehe auch G. Hager, S. 128. 8 P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S. 125 (140 f.); H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (248); J. Fluck, NuR 1990, S. 197 (198); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (273); R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 427; St. F. Rabe, S. 103; D. Song, S. 36 f. Vgl. auch die Beispiele aus der Praxis bei M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (284–286); dems., Umweltschutz, S. 147 f.; N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 205, 300.

I. Das informelle Verwaltungsrecht

13

I. Das informelle Verwaltungsrecht Obgleich sich für die beschriebenen Fälle administrativer Realakte der Begriff des informellen – oder synonym: informalen 9 – Verwaltungshandelns heute als eine feste Größe des Verwaltungsrechts etabliert hat, 10 ist diese Bezeichnung noch immer weder eindeutig definiert, noch genießt sie allseits sprachliche Akzeptanz. Uneinigkeit herrscht bereits darüber, ob die einseitigen, informierenden Vorgehensweisen ebenfalls unter die Bezeichnung des informalen Verwaltungshandelns zu fassen sind, 11 oder ob die Bezeichnung allein den zweiseitigen Kontakten vorbehalten bleiben soll. 12 Beantworten läßt sich diese Frage nach der Weite des Begriffs mit einem Rekurs auf den Zweck juristischer Begriffsbildung. Dieser Zweck kann – wenigstens soweit es um die Klassifikation tatsächlicher Phänomene geht – nur ein deskriptiver sein. Das Vorgefundene ist sinnhaft zu ordnen und auszudifferenzieren, um es einer rechtlichen Bewertung zuzuführen. 13 Letztlich kommt es deshalb bei der Wahl der Begrifflichkeiten allein darauf an, die zu benennende Sa9 Diese Synonymie bejahen etwa BVerfGE 104, S. 249 (266); H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 486; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 237; St. Kautz, S. 32; M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 a (Rn. 206); Th. Müller-Graf, S. 1, 99 mit Fn. 386; F. Ossenbühl, UTR 3 (1987), S. 27 (28); V. Schlette, S. 217 mit Fn. 290; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 (S. 494); F. Schoch, Verw. 25 (1992), S. 21 (52); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 25; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 162; C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 141 f.; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 17; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 Rn. 5 (S. 847). Gegen eine Synonymie indes V. Neumann, VSSR 1993, S. 119 f.; H. Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 16. 10 Der Begriff findet sich bereits in der gängigen Lehrbuchliteratur, etwa U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 250–254; H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 486; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 237–242; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 14–21; H. J. Wolff/O. Bachof/ R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 passim, und jüngst bei BVerfGE 104, S. 249 (266). 11 So zuerst F. Ossenbühl, UTR 3 (1987), S. 27 (29 f.). Ihm folgen etwa U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 251 f.; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 240 f.; M. Kloepfer, „Gyosei Shido“, S. 83 (86); P. Körner, S. 41 (75); G. Püttner, KritV 1991, S. 62 (71); M. Schulte, DVBl. 1988, S. 512; H. Schulze-Fielitz, Informales oder illegales Verwaltungshandeln?, S. 233 (237); R. Stober, Rückzug, S.58; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.17; skeptisch Ch. Gusy, NJW 2000, S. 977 (979). 12 So restriktiv der Sprachgebrauch bei H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241–268 passim; E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, passim; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32; H. Maurer; Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 14–21; U. Volkmann, JuS 2001, S. 521 (523). 13 Auf der gleichen Linie für das „informale Verwaltungshandeln“ ausführlich E. Bohne, in: O. Kimminich/H. Frhr. von Lersner/P.-Ch. Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, Stichwort: Informales Verwaltungshandeln, Sp. 1046 (1051–1055); R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 Fn. 414 (S. 494). Da der Terminus des Informalen hier lediglich deskriptiv und nicht als dogmatischer Begriff gebraucht werden soll, läuft M. Schultes Kritik leer, vgl. dens., Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 27.

14

§ 1 Einleitung

che selbst treffend zu erfassen und eine Verständigung zu ermöglichen. 14 So mag die extensive Anwendung des Begriffs „informelles Verwaltungshandeln“ auf einseitige und zweiseitige Realakte sprachlich gerechtfertigt sein. Bedeutet informal oder informell doch grammatisch zunächst einmal nichts anderes, als daß eine besondere rechtliche Regelung für etwas fehlt, und der Gegenstand „ohne Formalitäten“, „nicht offiziell“ 15 behandelt wird. Ordnete man beide Handlungsweisen unter dieser Kategorie ein, krankte sie aber unweigerlich an Unschärfe. Sie nähme ein so weites Feld höchst unterschiedlicher Handlungsformen in sich auf, daß von einer einheitlichen Klassifizierungsgruppe nicht mehr die Rede sein könnte. Einer sinnvollen einheitlichen rechtlichen Beurteilung wäre das angesprochene Gebiet nicht mehr zugänglich. 16 Informales Verwaltungshandeln bildete nur noch den Blankettbegriff für jede nicht durch die Handlungsformen des Verwaltungsverfahrensgesetzes regulierte Behördentätigkeit. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit soll deshalb hier der engeren Definition gefolgt werden, die unter den Klassifikationsbegriff nur den kooperativen, zweiseitig-konsensualen Bereich des schlichten Verwaltungshandelns faßt. Auch wenn bei dieser Festlegung ein Moment von Willkür bleiben mag, sollten die hiergegen vorgebrachten, rein terminologischen Bedenken nicht überbewertet werden. Die Kritik an den Vokabeln gewinnt hingegen an Gewicht, soweit sie echten Sachproblemen Rechnung trägt. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine Abstandnahme von den Bezeichnungen gefordert wird, um eine negative Besetzung des kooperativen Verwaltungsstils durch die Attribute „informell“ und „informal“ zu vermeiden. Ebendiese liefen auf eine sprachliche Abwertung und eine Gleichstellung mit Vorgehensweisen hinaus, die der Umgehung des formellen Rechts durch „Kungelei“ und Heimlichkeiten dienen. 17 Jedoch hat sich heute der Begriff des informellen Verwaltungshandelns so weit eingebürgert, daß er gemeinhin mit der sachlichen Neutralität gebraucht wird, die dem Thema ansteht.18 Da die befürchtete negative Konnotation nicht (mehr) auszumachen ist, besteht kein Anlaß, von den gängigen Bezeichnungen informell und informal abzurücken. Überhaupt fällt die rechtswissenschaftliche Einschätzung informalen Verwaltungshandelns heute wesentlich positiver aus als noch vor einigen Jahren. Weitge14 Vgl. etwa H. Bauer, Die Bundestreue, S.2 f., 254; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 29. Aus sprachanalytischer Perspektive zur Funktion von Prädikator und Terminus in der Wissenschaft W. Kamlah/P. Lorenzen, S. 27–31, 70 f.; H. Seiffert, S. 53–67. 15 Vgl. Duden, Das große Wörterbuch, Bd. 5, Stichwort: informell, S. 1936. Zur etymologischen Herkunft des Begriffspaars formal/informal St. Kippes, Bargaining, S. 14 f. 16 Vgl. E. Bohne, in: O. Kimminich/H. Frhr. von Lersner/P.-Ch. Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, Stichwort: Informales Verwaltungshandeln, Sp. 1046 (1050 f., 1054 f.); H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S.647 (649–651); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 16; U. Siems, S. 208 f.; D. Song, S. 40. 17 So M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (278, 288); ders., Umweltschutz, S.147 (155 f.); R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 278. 18 Ebenso R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 Fn. 414 (S. 494); sprachwissenschaftlich fundiert St. Kippes, Bargaining, S. 15, 28.

I. Das informelle Verwaltungsrecht

15

hend durchgesetzt hat sich die Erkenntnis, daß Verständigungen zwischen Bürger und Verwaltung über die Normanwendung häufig in den Normen selbst angelegt und vom Gesetzgeber nicht nur unbewußt provoziert, sondern beabsichtigt sind. 19 Einige Gebiete des Öffentlichen Rechts, etwa das Umwelt- und Technikrecht, sind in ihrer Komplexität für den privaten Adressaten kaum noch durchschaubar. Der private Unternehmer sieht sich gezwungen, sich an die Behörde zu wenden, um sich über die rechtlichen Anforderungen zu informieren, die an seine projektierte oder bereits betriebene Anlage gestellt werden. 20 Die Wissensüberlegenheit der Verwaltung gegenüber dem Bürger auf dem rechtlichen Gebiet spiegelt sich mit umgekehrtem Vorzeichen im Bereich des Tatsächlichen: Will sich die Verwaltung ein Bild über die technischen Abläufe und Gegebenheiten einer Anlage machen, ist sie auf die Informationen des sachnäheren Bürgers angewiesen. 21 Gerade bei größeren genehmigungsbedürftigen Projekten erweisen sich Konsultationen als zweckmäßig. In Gesprächen kann die Verwaltung ihre Einschätzung und etwaige Vorbehalte artikulieren. Der Bürger mag darauf eingehen, versuchen, 19 E. Hagenah, Prozeduraler Umweltschutz, S. 38 f.; H. Hill, DÖV 1987, S. 885 (893); ders., VVDStRL 47 (1989), S. 172 (199); R. Stober, Rückzug, S. 63. In der undurchschaubaren Komplexität des öffentlichen Wirtschaftsrechts und den dadurch bedingten „Gewißheitsverlusten“ erkennen die Ursache für einen Kooperationsbedarf H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (251); H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (656 f.); St. Kippes, Bargaining, S. 65; H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 122. H. Dreier, a. a. O., S. 659, entnimmt der Vagheit der Vorschriften eine Anweisung des Gesetzgebers an die Verwaltung, eine „flexible Implementationsstragie“ zu ergreifen. Ähnlich C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (452); A. Randelzhofer/D. Wilke, S. 95. Zum sog. Kooperationsprinzip im Recht des Umweltschutzes BVerfGE 98, S. 83 (98–100); S. 106 (121 f., 128–132); U. Di Fabio, Das Kooperationsprinzip, S. 37 (49 f.); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 4 IV (Rn. 45–55); M. Reese, ZUR 2001, S. 14–19; H.-W. Rengeling, passim; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 111; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 390 f.; S. Westphal, DÖV 2000, S. 996–1000; kritisch H.-J. Koch, NuR 2001, S. 541 (551); D. Murswiek, ZUR 2001, S. 7 (12 f.); J. Wieland, ZUR 2001, S. 20 (23). Vgl. auch F. Ossenbühl, Die Not des Gesetzgebers, S. 25 f. Für UVP-pflichtige Vorhaben im Sinne der Anlage zu §3 UVPG sind Vorverhandlungen unter der Bezeichnung „Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen“ (sog. „Scoping“) durch § 5 UVPG und § 2 a der 9. BImSchV rechtlich geregelt worden. Eine umfassende materielle und verfahrensmäßige Beratungspflicht der Genehmigungsbehörden gegenüber dem Vorhabenträger im immissionschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sieht § 2 Abs. 2 der 9. BImSchV vor, generell für Genehmigungsverfahren ansatzweise § 71 c Abs. 2 VwVfG. 20 M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (279 f.); C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (441); R. Krumsiek/P. Frenzen, DÖV 1995, S.1013 (1016 f.); G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S.295 (297); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 41 f.; C. Tegethoff, BayVBl. 2001, S. 644 (645); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 30. 21 D. Cansier, S. 285 (286); C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (442); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (272); H. Hill, DVBl. 1989, S. 321 (324); G. Lübbe-Wolff, NuR 1993, S. 217 (226); J. Martens, Die Praxis, Rn. 195 (S. 128); R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 144; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S.199 (227); St.Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.29, 65; G. von Wedemeyer, S. 196. Zu den entsprechenden Informationsasymmetrien im Bereich der Altlastensanierung St. Kippes, Bargaining, S. 182 f.

16

§ 1 Einleitung

bestehende Einwände zu widerlegen, und gegebenenfalls Alternativen anbieten. Möglicherweise erreicht der Private auch verwaltungsseitige Zugeständnisse. Solche Zugeständnisse liegen dann nahe, wenn der Behörde an der Realisierung des Vorhabens liegt oder wenn sie Zweifel hegt, ob ihre Rechtsauffassung einer gerichtlichen Prüfung standhält. 22 Der Vorteil der Kooperation besteht darin, daß die Verständigungen und Absprachen das eigentliche Verwaltungsverfahren entlasten und so zur Ersparnis von Zeit und Kosten führen. 23 Daß sich die hoheitliche Entschließung als ein Produkt des gemeinsamen Bemühens von Privatem und Verwaltung darstellt, 24 ist nicht per se unzulässig. Der Verwaltung sind traditionell durch unbestimmte Rechtsbegriffe und durch Ermessen von dem Gesetzgeber Entscheidungsmargen belassen. Wenn sich die Behörde bei ihrem Entgegenkommen innerhalb ihrer gesetzlichen Handlungsspielräume bewegt, ist ihre Entscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. 25 Gleichwohl ist das informale Verwaltungshandeln mit unbestreitbaren Risiken verbunden. Begegnen sich Verwaltung und Bürger in bipolaren Verhandlungen, besteht die Gefahr, daß Interessen Dritter, in die das Produkt der zweiseitigen Kooperation eingreift, unberücksichtigt bleiben. Deshalb wird das informale Verwaltungshandeln mitunter in einen Zusammenhang mit den Begriffen Kollusion und Korruption gebracht. 26 22 Vgl. E. Hagenah, Prozeduraler Umweltschutz, S. 38 f.; W. Hoffmann-Riem, Verhandlungslösungen, S. 13 (16–18); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (272); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 18. Vgl. auch H. Schulze-Fielitz, in: R. Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bes. Teil, § 3 VI 1 a (S. 280), zu den verbreiteten informalen Abstimmungen über den Begriff der „Anlage“ im Immissionsschutzrecht. Sehr kritisch indes G. Lübbe-Wolff, Modernisierung, S. 97 (103); dies., NuR 1993, S. 217 (225 f.); H. Sendler, DÖV 1989, S. 482 (486). 23 H. Bauer, VerwArch 78 (1997), S.241 (252); P. Rombach, S. 182 f.; H. Schulze-Fielitz, Informales oder illegales Verwaltungshandeln?, S.233 (245); C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 159; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.29 f.; P. Weise, S. 47 (57); J. Ziekow, Verankerung, S. 172. 24 Vgl. dazu die Gleichstellung von konsentierten Verwaltungsakten mit Verwaltungsverträgen bei M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 2 a (Rn. 191 a. E.); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (36); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 24 a. E.; H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 192 f. 25 A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 28; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 42; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32 Rn. 5; D. Gorny, ZLR 1993, S. 283 (289 f.); G. Hager, S. 130; H. Hill, DÖV 1987, S. 885 (890); W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (128 f.); R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 349–353; H.-W. Rengeling, S. 107–109; R. Stober, Rückzug, S. 63; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 24 f.; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 54; dennoch skeptisch W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1029 f.). Siehe dagegen Luhmanns Kategorie der „brauchbaren Illegalität“ für Verhalten, das formale Erwartungen verletzt, N. Luhmann, Funktionen und Folgen, S. 304; krit. hierzu U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 253; H. P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 242–245. 26 Vgl. etwa W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (204); G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (296); D. Murswiek, ZUR 2001, S. 7 (9); H. Rossen, Vollzug und Verhandlung,

I. Das informelle Verwaltungsrecht

17

Aufgabe der Verwaltungsrechtswissenschaft muß es sein, die rechtlichen Grenzen des informalen Verwaltungshandelns abzustecken. Die rechtliche Verarbeitung des Phänomens wurde vielfach versucht. Allerdings standen diese Unterfangen regelmäßig vor dem Problem, entweder zu konkret oder zu abstrakt entwickelt zu sein. 27 Man legte empirische Untersuchungen vor oder führte staatstheoretische und verfassungsrechtliche Diskurse. Beide Wege ließen eine praktische Anleitung für das Verhalten bei der informalen Kooperation vermissen; eine handhabbare rechtliche Konzeption für das informale Verwaltungshandeln fehlt noch immer. Verschiedentlich werden sogar Einwände gegen eine rechtliche Erfassung informalen Verwaltungshandelns erhoben. Stellte man für die informale Kooperation rechtliche Vorgaben auf, würden sich Verwaltung und Bürger nur neuerlich unverbindlicher und unkontrollierter, eventuell zeitlich noch weiter vorgelagerter Strategien bedienen, um sich der Verrechtlichung zu entziehen. 28 Diese Argumentation mutet befremdlich teleologisch an. Der unverbindliche Charakter, den die Kooperationspartner subjektiv den informalen Kontakten beimessen, kann nicht dazu führen, daß sich die Kooperanten außerhalb aller rechtlichen Bande bewegen. Wenn sich kraft geltenden Rechts Verhaltensregeln für die Beteiligten ergeben, können diese nicht aufgrund der bloßen Willensentscheidung der Parteien, in eine unverbindliche Kooperation zu treten, eliminiert werden. Die Präzisierung rechtlicher Vorgaben im Sinne von Verhaltensregeln für die Partner der informalen Kooperation erweist sich bei genauerer Betrachtung als Desiderat. Eine gewisse normative Determination des Zusammenwirkens kann dem Schutz des zweckmäßigen und sinnvollen Kooperationsmodells als Institution dienen. Denn die rechtliche Reglementierung steuert präventiv gegen pflichtwidriges Verhalten der Beteiligten, wenn die Regelverletzung ahndbar ist. Die Formulierung von konkreten Verhaltensregeln kann in dieser Weise mittelbar dem Schutz und der Aufrechterhaltung informaler Kontakte als nützlicher Einrichtung dienen. Eine obS. 219, 306 f.; V. Schlette, S. 222; H. Sendler, DÖV 1989, S. 482 (486); A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 59 Fn. 26, S. 340. Siehe auch die Beiträge über das informale Verwaltungshandeln in dem Band von A. Benz/W. Seibel (Hrsg.) mit dem bezeichnenden Titel: Zwischen Kooperation und Korruption, 1992. 27 So auch die Kritik bei A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 11, die allerdings mehr gegen die verwaltungswissenschaftliche als gegen die rechtswissenschaftliche Forschung gerichtet ist. Ähnlich A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 83–88. 28 H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (662 f.), befürchtet ein „Hase-und-Igel-Spiel: wenn das Recht endlich an Ort und Stelle ankäme, wären die informalen Verständigungsprozesse schon wieder ein gutes Stück weiter fortgerückt.“ Dasselbe Bild bereits bei Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (6). Auf der gleichen Linie M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (289); ders., Umweltschutz, S. 147 (156); N. Dose, Verw. 27 (1994), S. 91 (98); W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (156); W. Kahl, S. 67 (131 mit Fn. 393); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 21 a. E.; F. Schoch, Verw. 25 (1992), S. 21 (52); J. Ziekow, Verankerung, S. 174, die sich aber allesamt gegen Interventionen des Gesetzgebers wenden. Ähnlich wie hier C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S.189; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 89. 2 Kellner

18

§ 1 Einleitung

jektive und somit berechenbare normative Regelung vermag überdies zu helfen, Mißtrauen gegen die Verständigungen zwischen Staat und Bürger abzubauen und zu deren weiterer Akzeptanz beizutragen. 29

II. Die haftungsrechtlich relevante Ausgangslage Aufgabe der vorliegenden Arbeit soll es nicht sein, dem informellen Verwaltungshandeln umfassend einen rechtlichen Rahmen zu geben; thematisiert wird lediglich ein enger Bereich pathologischer Fälle. Dabei geht es nicht um Nachteile, die Dritten aufgrund der informalen Verhandlungen entstehen, sondern um Konstellationen, in denen die Verhandlungspartner selbst zu Schaden kommen. In der Phase der Kompromißsuche können durch die beteiligten Parteien bereits erhebliche Aufwendungen vorgenommen werden. Auf seiten des Bürgers sei nur an Investitionen in Planungen und die begonnene Umsetzung vorläufiger Verhandlungsergebnisse gedacht, die in Erwartung eines erfolgreichen Kooperationsabschlusses getätigt werden. 30 Auch die öffentliche Hand kann im Vertrauen auf das Zustandekommen der beabsichtigten Projekte vermögenswerte Vorleistungen erbringen. Zu verweisen ist hier nicht nur auf die allgemeine Arbeit des Verwaltungsapparates im Zusammenhang mit der Erledigung solcher Verständigungen und dem damit verbundenen Aufwand von Zeit und Ressourcen. 31 Die Verwaltung wird auch oftmals durch den Bürger animiert, „Planungshilfen“ in der Weise zu leisten, daß sie Planungen und Gutachten selbst erstellt. 32 Es fragt sich, ob und welche haftungsrechtlichen Folgen es nach sich zieht, wenn es durch eine Pflichtverletzung während der Kooperation zu Vermögensschäden bei dem jeweiligen Gegenüber kommt, insbesondere wenn die Verhandlungen aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens einer Partei scheitern, und der andere hierdurch Vermögenseinbußen an seinen Vorleistungen erleidet. Zur Verdeutlichung der Problematik sei ein Bericht aus der informalen Verwaltungspraxis wiedergegeben: 33 Hier nahmen die Behörde und ein größeres Unternehmen Konsultationen mit dem Ziel der Sanierung einer Kesselanlage auf. Auslöser für den informalen Kon29 Ähnlich C. Franzius, AöR 126 (2001), S. 403 (438); A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 59 f. Zum Zusammenhang zwischen Sanktionserwartung und Normbefolgung N. Luhmann, Das Recht, S. 134 f. 30 R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 344; vgl. auch H. Fischer, DVBl. 2001, S. 258 (259, 263); D. Song, S. 88. 31 E. Hagenah, Prozeduraler Umweltschutz, S. 59. 32 N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 276; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (299); R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 320 (324, 327). 33 Die folgende Beschreibung der informalen Praxis stammt aus dem Regierungspräsidium Stuttgart. Der damalige Regierungspräsident Stuttgarts M. Bulling berichtet hierüber ausführlich in: DÖV 1989, S. 277 (283 f.), und kürzer in: Umweltschutz, S. 147 (148). Der Fall wird ebenfalls wiedergegeben von N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 362–365; D. Song, S. 163, 211 f. Der Sachverhalt wird hier leicht abgewandelt, vgl. die folgende Fn. 34.

II. Die haftungsrechtlich relevante Ausgangslage

19

takt waren vorausgegangene Messungen sowie Nachbarschaftsbeschwerden und diesbetreffende Presseberichte. Die zwei zu sanierenden Kessel waren Bestandteil einer Heizanlage, die mit schwerem Heizöl befeuert wurde. Die Verwaltung und der Betreiber erreichten zunächst eine unmittelbar durchzuführende Vereinbarung, die sich auf technische Änderungen hinsichtlich des Betriebes der Anlage sowie den Einsatz von mitschreibenden Meßeinheiten richtete. In der Folge wurden Schadstofffrachten ermittelt, die über den Emmissionswerten der GroßfeuerungsanlagenVerordnung lagen. Die Behörde erklärte dem Betreiber, daß er innerhalb der eher kurzen Frist von einem Jahr – nämlich bis zu dem in der GroßfeuerungsanlagenVerordnung für die Einhaltung der Emissionswerte genannten Datum – die Anlage überholen zu lassen habe. Der Betreiber bezweifelte darauf, daß die Heizanlage unter die Verordnung falle. Er führte aus, daß die beiden Kessel jeweils eine Feuerungswärmeleistung von weniger als 50 Megawatt hätten, und sie damit die Schwelle zur Anwendung der Großfeuerungsanlagen-Verordnung nicht erreichten. Der Betreiber wies zudem eine gegenseitige elektrische Verriegelung der Kessel nach, die verhinderte, daß die zwei Kessel zeitgleich betrieben wurden. Hierauf zeigte das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Einsehen, und es wendete zutreffend die TA-Luft an. Dies änderte jedoch nichts an der Sanierungsbedürftigkeit der Kesselanlage. Da die Emissionswerte für Staub deutlich über denen der TA-Luft lagen, mußten auch nach dieser Vorschrift beide Kessel saniert werden. Behördlicherseits wurde zunächst binnen kurzer Frist die Beachtung des Emissionswertes gefordert, wobei unter Hinweis auf die Dynamisierungsklausel der TA-Luft der Emissionswert für Schwefeldioxid erheblich niedriger angesetzt wurde. Die Beamten des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes und des Regierungspräsidiums begannen, eine so gestaltete nachträgliche Anordnung auszuarbeiten. Zeitlich parallel wurden mit dem Betreiber Verhandlungen über die Inhalte des Verwaltungsaktes aufgenommen. 34 Die Behörde trat mit dem Ziel auf, die relativ hohen Schmutzfrachten, welche die TA-Luft für schwere Heizölanlagen zuläßt, dadurch drastisch zu verringern, daß das Unternehmen auf einen umweltfreundlicheren Heizstoff umsteigt. Die Verhandlungen führten behördlicherseits Vertreter des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes, teilweise zusammen mit Mitarbeitern des Regierungspräsidiums, teilweise auch in persönlicher Anwesenheit des Regierungspräsidenten. Im Verlauf der schwierigen und zähen Verhandlungen wurde ein Einvernehmen erarbeitet, das mit einer informalen Absprache abschloß. Der Anlagenbetreiber erklärte sich bereit, tatsächlich auf umweltfreundlicheres Gas oder leichtes Heizöl umzustellen und das schon ein Jahr früher, als es die TA-Luft vorschrieb. Als „Gegenleistung“ für diese durch den Betreiber in Aussicht gestellten Verbesserungen sollte das Unternehmen in einem Verwaltungsakt eine Regelung erhalten, die 34 Im Originalsachverhalt wurde über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag verhandelt. Bei der Regelung von Belangen des Umweltschutzes durch Verwaltungsverträge handelt es sich um eine Besonderheit des Regierungspräsidiums Stuttgart, vgl. P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S. 125–142; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (281 f.).

2*

20

§ 1 Einleitung

sehr genau auf seine Interessen abgestimmt werde. So sollte lediglich die Sanierung eines der Kessel verlangt werden. Den an sich rechtswidrigen Betrieb des nicht sanierten zweiten Kessels wollte die Behörde befristet hinnehmen. Nur einige Wochen nach Abschluß der Absprache nahm der Betreiber Abstand von der gefundenen Abmachung. Er sehe sich außerstande, den geforderten Grenzwert für die Schwefeloxyd-Emissionen einzuhalten und verlangte neue Verhandlungen über die bereits vereinbarten, künftigen Grenzwerte. Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt haderte nicht, sondern reagierte auf die Kündigung des Konsenses binnen 48 Stunden mit dem Erlaß einer nachträglichen Anordnung, für die es in Teilen den Sofortvollzug anordnete. Dem Betreiber wurde in einer umfänglichen Ordnungsverfügung mitsamt detaillierten Auflagen die Sanierung der beiden mit schwerem Heizöl betriebenen Kessel nach den Grenzwerten der TA-Luft aufgegeben und zwar bis zu dem von der TA-Luft gesetzten Termin. Mit der überraschenden Distanzierung von den vorausgegangenen informalen Verhandlungen entwertete das Unternehmen die zunächst scheinbar erfolgreiche Kooperation. Im nachhinein mußte die Behörde erkennen, daß der Betreiber sie während der langwierigen Verhandlungen über seine wahren Absichten getäuscht hatte. Diesem kam es nur darauf an, über die Aufnahme von Verhandlungen den drohenden Erlaß einer ihn belastenden Sanierungsanordnung zumindest auf Zeit abzuwehren. 35 Die Verhandlungen, die einen intensiven behördlichen Aufwand von Zeit und Arbeit erforderten, erwiesen sich sonach nicht nur als vertane Mühe, sondern auch als vergeudeter Einsatz öffentlicher Mittel und Ressourcen. In haftungsrechtlicher Hinsicht interessiert es, ob die öffentliche Hand von dem Privaten die Kosten ersetzt verlangen kann, die ihr durch die fehlgeschlagenen Verhandlungen entstanden sind, und aus welcher Anspruchsgrundlage des geltenden Rechts dem Staat ein Schadensersatzanspruch gegen den Bürger zustehen könnte. Es stellt sich die Folgefrage, ob dem Bürger Schadensersatzansprüche gegen den Staat erwachsen können, wenn die informale Kooperation aus Gründen fehlschlägt, die aus der Sphäre der Verwaltung stammen.

III. Der Gang der Untersuchung Obgleich Fälle, in denen die Verhandlungen aufgrund des Fehlverhaltens einer Seite gescheitert sind, nur selten an die Öffentlichkeit dringen, ist der Literatur die Haftungsproblematik bekannt. Die angebotenen Lösungen bleiben indes unscharf. Mitunter wird eine Haftung des Bürgers gegenüber der Verwaltung befürwortet, 36 35 So die Wertung der Motivationslage des Betreibers durch M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (284), und D. Song, S. 212. Anders N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S.364. N. Dose hält bloße Verzögerungsabsichten des Betreibers für unwahrscheinlich, da die Verhandlungen auch für die Unternehmensleitung zeit- und arbeitsaufwendig waren. 36 H. Bauer, VerwArch 78 (1986), S. 241 (266); M. Bullinger, DÖV 1989, S. 277 (279 f.); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 281 (317); St. Kautz, S. 346 f.; H. Maurer, Allg. Verwal-

III. Der Gang der Untersuchung

21

mitunter wird sie abgelehnt 37. Zugunsten des Bürgers wird vor allem auf die Amtshaftung nach § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG verwiesen. 38 Die vorliegende Arbeit macht es sich zur Aufgabe zu reflektieren, ob eine Haftung des Bürgers gegenüber der Verwaltung wie auch umgekehrt eine Haftung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in den kritischen Konstellationen anzunehmen ist, und wie etwaige Reaktionsansprüche dogmatisch einzuordnen sind. Ansatzpunkt soll dabei die vergleichbare Situation des Zivilrechts sein, in der eine Partei bei der Anbahnung eines bürgerlich-rechtlichen Vertragsabschlusses dem prospektiven Vertragspartner einen Schaden zufügt (Teil § 2). Die Lösung des öffentlichrechtlichen Haftungsproblems nimmt ihren Ausgang im Abstrakten, nämlich bei der Erfassung des informalen Verwaltungshandelns durch die Rechtsverhältnislehre (Teil § 3). Sodann wird die Untersuchung auf einer niedrigeren Abstraktionsstufe den Versuch unternehmen, für konkrete Sachverhaltskonstellationen die Haftungsfrage zu beantworten (Teil § 4). Die gewonnenen Erkenntnisse zur Haftpflicht im Rechtsverhältnis des informalen Verwaltungshandelns werden weiterhin zu einem strukturierten und operationalisierbaren System entwickelt (Teil § 5). Eine Zusammenfassung der wesentlichen Feststellungen bildet den Abschluß (Teil § 6).

tungsrecht, § 15 Rn. 20; Th. Meysen, Die Haftung, S. 210 f.; G. von Wedemeyer, S. 247 f.; wohl auch J. Fluck, NuR 1990, 197 (200); für das schweizerische Recht H. Pfenninger, S. 191 f. Ausdrücklich offengelassen von W. Pauly, S. 25 (30); G. Püttner, KritV 1991, S. 62 (73); R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 Fn. 439 (S. 498). 37 W. Beyer, S. 268 f.; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 44 a. E.; R. Keller, S. 126 f., 129; P. Körner, S. 171 f., 182 f., 187; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201 f.), und für das schweizerische Recht Th. Müller-Graf, S. 208 f., sofern die Verhandlungen nicht auf den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sind. Andernfalls käme eine Haftung wegen verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo in Betracht. P. Körner, S. 171 f., weist darauf hin, daß eine Haftung des Privaten nach den §§ 823, 826 BGB möglich ist. 38 W. Beyer, S. 269; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 43; C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (449); J. Fluck, NuR 1990, S. 197 (200); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 316 f.; St. Kautz, S. 343; P. Körner, S. 173–178, 183; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201); H.-W. Rengeling, S. 148.

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen Die Haftung für eine Schädigung des Verhandlungspartners während der Vertragsverhandlungen ist seit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts“ am 1.1.2002 in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB geregelt. 1 Bereits vor der Gesetzesreform war im Zivilrecht unbestritten, daß der Eintritt in Vertragsverhandlungen für die Beteiligten eine Sonderverbindung schafft und damit erhöhte Sorgfaltspflichten begründet. Diese Erkenntnis hat der Gesetzgeber aufgegriffen, wenn heute in § 311 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB geschrieben steht, daß „rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse“ mit den in § 241 Abs. 2 BGB beschriebenen Rücksichtnahmepflichten schon vor Vertragsschluß entstehen. Die Haftung innerhalb einer Sonderbeziehung unterliegt einem schärferen Regime als dem des allgemeinen, jedermann gegenüber geltenden Deliktsrecht der §§ 823 ff. BGB. Eine Eigenart des deutschen Deliktsrechtes ist es, daß es von dem Gedanken des differenzierenden Rechtsgüterschutzes ausgeht. So werden durch § 823 Abs. 1 BGB in der Hierarchie der Güter hoch anzusiedelnde Rechts- und Lebensgüter bereits vor fahrlässigen Verletzungen geschützt. Das nicht durch diese Norm erfaßte Gut Vermögen genießt hingegen einen schwächeren Schutz durch § 823 Abs. 2 und § 826 BGB. Diese sehen eine Haftung nur bei einem gesteigerten Unrechtsgehalt der Verletzungshandlung vor. Während § 826 BGB eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung verlangt, setzt § 823 Abs. 2 BGB die Verletzung eines Schutzgesetzes voraus. Das erhöhte Ausmaß des Unwertes einer Schutzgesetzverletzung wird erkennbar, wenn man sich nur den Vermögensschutz über § 823 Abs. 2 BGB bei der Übertretung von Strafgesetzen vergegenwärtigt. 2 Wesentlich günstiger gestaltet sich indessen der Vermögensschutz innerhalb eines bestehenden Sonderkontaktes im Sinne eines Schuldverhältnisses. Für Vermögensverletzungen wird hier unabhängig vom Grad des Verschuldens, also auch bei bloßer Fahrlässigkeit, gehaftet. Das Ausmaß der Pflichten bestimmt sich nicht nach dem anonymisierenden deliktsrechtlichen Postulat des „neminem laedere“ oder dem sozialethischen Minimum der „guten Sitten“, sondern gem. § 242 BGB nach den gesteigerten Geboten von „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“. Obgleich sich diese Norm 1 BGBl. I 2001, S. 3138. Zu dem europarechtlichen Hintergrund der Schuldrechtsreform R. Schulze/H. Schulte-Nölke, Schuldrechtsreform und Gemeinschaftsrecht, S. 1–24; zu den weiteren Perspektiven des europäischen Vertragsrechts H. Schulte-Nölke, JZ 2001, S.918–920; D. Staudenmayer, S. 419–430. 2 C.-W. Canaris, in: Festschrift Larenz, S. 27 (32); K. Larenz/C.-W. Canaris, Schuldrecht II, Halbbd.2, § 75 I 1 b (S. 356 f.), § 77 II 4 c (S. 438); vgl. auch P. Krebs, Sonderverbindung, S.78 f., 486.

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

23

dem Wortlaut nach allein auf die Erfüllung der sich aus einem Schuldverhältnis ergebenden Pflichten bezieht, gilt der Grundsatz von Treu und Glauben nach einhelliger Ansicht für jede zivilrechtliche Sonderverbindung. 3 Hierbei ist die Formel von Treu und Glauben in heutigem Sprachgebrauch als eine „auf Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit und Rücksichtnahme beruhende äußere und innere Haltung gegenüber einem anderen“ sowie „das Vertrauen auf eine solche Haltung“ 4 zu verstehen. Nimmt man nun eine Sonderverbindung auch im Vorfeld eines Vertragsschlusses zwischen den Verhandlungspartnern an, dann schulden auch diese Parteien einander ein gewisses Maß an Sorgfalt und Redlichkeit. Bei einer zu vertretenden Pflichtverletzung kann der Schädiger dem verletzten Teil auch haftbar sein. Das Verschuldenserfordernis als Haftungsvoraussetzung ist dabei § 276 Abs. 1 BGB zu entnehmen. 5 Diese allgemeinen, mit der Zeit gewachsenen Erkenntnisse hat der Reformgesetzgeber verarbeitet, indem er in § 241 Abs. 2 BGB festschrieb, daß ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teil verpflichten kann. Die uneingeschränkte Erwähnung der „Rechtsgüter“ neben den „Rechten“ soll zum Ausdruck bringen, daß über den insoweit begrenzten Bereich des § 823 Abs. 1 BGB hinaus auch das bloße Vermögen geschützt wird. 6 Ein Schuldverhältnis mit solchen Pflichten entsteht nach § 311 Abs. 2 BGB bereits (1.) durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, (2.) durch die Anbahnung eines Vertrages, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut oder (3.) durch ähnliche geschäftliche Kontakte. Bei einer zu vertretenden Verletzung der Rücksichtnahmepflichten kann der andere Teil Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen, § 280 Abs. 1 BGB.

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze Die Existenz einer Haftung für culpa in contrahendo war im Zivilrecht schon vor der Schuldrechtsmodernisierung unstreitig. Es bestand eine entsprechende, seit Jahrzehnten geübte Rechtsüberzeugung, die gewohnheitsrechtliche Absicherung genoß. 7 3 Vgl. nur Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 14 f.; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 6; K. Larenz, Richtiges Recht, S. 85; ders., Schuldrecht I, § 10 I (S. 127), § 10 II (S. 131); D. Looschelders, Rn. 63; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 72 f.; A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 31–34. 4 H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 3 (Abkürzungen ausgeschrieben); fast wortgleich R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 12. 5 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 IV 1 (S. 201); K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 112, Fn. 23). 6 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 285. 7 BGH, NJW 1979, S.1983; W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 II 2 (Rn. 70); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 11; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 108 f.); D. Looschelders, Rn.181; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§275–283 Rn.59; R. Schwarze,

24

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Mit den neuen Bestimmungen des BGB sollte an dieser Praxis nichts geändert werden. Das Ziel der Kodifikation lag lediglich darin, den Grundsätzen dieses Rechtsinstitutes einen „textlichen Ausdruck“ zu geben. 8 Um der formulierten culpa in contrahendo die Flexibilität zu erhalten, die ihr als ungeschriebene Haftungsgrundlage eigen war, wurde bewußt eine abstrakte, generalklauselartige Umschreibung gewählt. 9 Daher ist bei den §§311 Abs.2, 240 Abs.2, 280 Abs.1 BGB weniger von einer das Haftungsinstitut konstituierenden „Normierung“ der culpa in contrahendo auszugehen, als vielmehr von einer klarstellenden Deklaration dessen, was sich ohnehin schon aus allgemeinen Erwägungen und Prinzipien des Schuldrechts ergibt. Will man zu der dogmatischen Begründung der culpa in contrahendo vordringen, darf bei der gewohnheitsrechtlichen oder gesetzlichen Anerkennung nicht Halt gemacht werden. Eine solche Begründung erfordert vielmehr, die Rechtsprinzipien offenzulegen, welche die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen rechtfertigen. 10 Die modernere Dogmengeschichte der culpa in contrahendo beginnt mit ihrer „Entdeckung“ durch Rudolph von Jhering im 19. Jahrhundert. 11 Seither ist mit einer Vielzahl von differierenden Ansätzen versucht worden, dem Rechtsphänomen ein theoretisches Fundament zu schaffen. 1. Rechtsgrundlage mittels Gesamtanalogie Der älteste Erklärungsansatz stammt von von Jhering selbst. In seiner Abhandlung „Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfection gelangten Verträgen“ geht er von den Fällen des Mißverständnisses im Rechtsverkehr aus. Er untersucht die Konstellationen, in denen der Vertrag zwar äußerlich abgeschlossen scheint, wegen des schuldhaften Verhaltens eines Teils tatsächlich aber entweder nichtig oder überhaupt nicht zustande gekommen ist. Über S.34; W. Thiele, JZ 1967, S.649. Gegen eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung indes R. Keller, S. 63–66; kritisch auch H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 1, 42 f. 8 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 373. Den hierdurch zu erwartenden Perspektivenwandel begrüßt A. Heldrich, NJW 2001, S. 2521 (2523); ähnlich C.-W. Canaris, JZ 2001, S. 499 (519); H. Fleischer, S. 243 (250 f.). 9 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 372, 374. Kritisch zu einer „Kodifikation als Blankettermächtigung“ B. Dauner-Lieb, Kodifikation, S. 305 (316); ähnlich M. Gotthardt, Rn. 67; U. Huber, S. 31 (37); P. Krebs/M. Lieb/A. Arnold, in: B. DaunerLieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, §3 Rn.36. Skeptisch gegenüber einer „Kodifizierungsreife“ der culpa in contrahendo bereits H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S.51 f. 10 Vgl. H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 114. Doch können Gesetzesreformen auch zu einem Verlust an dogmatischen Wissen führen, vgl. P. Krebs, DB, Beilage 14/2000, S. 27, und J. H. von Kirchmann, S. 23: „drei berichtigende Worte des Gesetzgebers und ganze Bibliotheken werden zu Makulatur.“ 11 Bahnbrechend R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1–112. Dabei ist die genaue Datierung des Jahres der „Entdeckung“ ungeklärt (1860 oder 1861), vgl. D. Medicus, in: Festgabe Kaser, S. 169. Siehe dazu auch T. Giaro, S. 113 f.

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

25

Jahre hat von Jhering die Frage bewegt, ob die irrende Partei, also „der culpose Theil[,] dem Gegner nicht zum Ersatz der durch seine culpa ihm verursachten Auslagen“ verpflichtet sein müßte. Das von Jhering zur Verfügung stehende Schrifttum scheint eine Haftung zu verneinen, 12 da die Grundsätze für eine „contractliche culpa“ mangels eines wirksamen Vertrages ausscheiden müssen und die außervertragliche Haftung „nur gegen dolus“ schützt. 13 Für von Jhering liegt die „Unbilligkeit und praktische Trostlosigkeit eines solchen Resultats [...] auf der Hand; der culpose Theil geht frei aus, der unschuldige wird das Opfer der fremden Culpa!“14 Aus seinem Rechtsempfinden heraus meint von Jhering, daß es in dieser Situation eines Schadensersatzanspruches der geschädigten Seite bedürfe.15 Daraufhin wendet er sich den überlieferten Quellen des Römischen Rechts zu und sucht Fälle, in denen es um die „culpa bei Abschluß von Contracten: culpa in contrahendo“ 16 geht. Schließlich findet er in der Literatur des Römischen Rechts eine ganze Reihe von Gestaltungen, in denen sich dieser Tatbestand wiederholt. Der wichtigste Fund ist ihm, „daß das römische Recht selbst in zwei Fällen, dem des Verkaufs einer res extra commercium und einer nicht existierenden Erbschaft, die Schadensersatzverbindlichkeit ausgesprochen hatte.“ 17 Nach dem Quellenstudium hat von Jhering, nach seinem Dafürhalten, genügend Anhalt im positiven Recht seiner Zeit ausgemacht, um mittels einer Interpretation der römischen Literatur und einer Gesamtanalogie 18 die Haftung wegen culpa in contrahendo zu konstruieren. Von Jhering konstatiert: „Wer contrahirt, tritt damit aus dem rein negativen Pflichtenkreis des außercontractlichen Verkehrs in den positiven der Contractsphäre“ und habe „beim Contrahiren selbst bereits die nöthige diligentia aufzuwenden.“ 19 Allerdings räumt von Jhering dem Verhandlungsverhältnis keine eigenständige Bedeutung ein. Für ihn ist die entscheidende Zäsur der – wirkliche oder scheinbare – Vertragsschluß, der das Vertrauen auf die Erklärungen der Gegenseite erlaubt. Deshalb kann kein Schadensersatz gewährt werden, wenn der Schaden vor oder ohne Vertragsschluß eingetreten ist. 20 Insofern handelt es sich bei dem Verhandlungsverhältnis, innerhalb dessen die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gilt, um eine vertragsabhängige Rechtsbeziehung. 21 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (2). R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (42). Der außervertragliche Schutz vor bloßen Vermögensschädigungen ist im heutigen Recht ganz ähnlich, vgl. § 826 BGB. 14 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (2). 15 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (5). 16 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (7). 17 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (8). 18 Vgl. die methodische Bewertung des Vorgehens R. von Jherings bei K. Larenz, Methodenlehre, S. 422 f. 19 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (41 f.). 20 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S.1 (43). Mit diesem Ergebnis sympathisiert noch D. Medicus, in: Festgabe Kaser, S. 169 (179). 21 Diese Einordnung bei M. Frost, S. 43. In besonderer Weise vertragsabhängig ist auch der Ansatz F. Leonhards. Leonhard, S. 58 f., ordnete die culpa in contrahendo quasi als Vorwirkung 12 13

26

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Gravierende Änderungen für die Lehre von der culpa in contrahendo hat in der Folgezeit das Bürgerliche Gesetzbuch gebracht. Dem Gesetzgeber waren die Überlegungen von Jherings bekannt. Er ging allerdings über die von von Jhering entwikkelten Grundsätze hinaus, als er in § 122 BGB (Schadensersatzpflicht des Anfechtenden) und § 179 BGB (Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht) eine Haftpflicht wegen Verhaltens bei den Vertragsverhandlungen statuierte, ohne ein Verschulden des Schädigers zu fordern. Damit hatte das BGB die von Jhering untersuchten Tatbestände größtenteils geregelt. Es wurde darüber hinaus aber bewußt keine allgemeine Vorschrift über vorvertragliche Pflichtverletzungen aufgestellt. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die Entscheidung, ob noch in anderen Fällen eine besondere Schadensersatzpflicht wegen eines schädigenden Verhaltens bei Vertragsverhandlungen in Betracht kommt, Lehre und Praxis überlassen. 22 Schon wenige Jahre nach Einführung des BGB sah sich das Reichsgericht veranlaßt, den Anwendungsbereich der culpa in contrahendo auszuweiten.23 Der Grund für die Extension ist vor allem in den Unzulänglichkeiten des deutschen Deliktsrechts zu suchen. 24 Mit der Einführung des BGB zum 1.1.1900 bestand die Konstruktion, die die Haftpflicht wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen rechtfertigen sollte, in einer Rechtsanalogie zu Einzelbestimmungen dieses Gesetzes. Im wesentlichen waren es die schon genannten §§ 122 (Vertrauen auf eine nicht ernstliche oder angefochtene Willenserklärung), 179 (Vertrauen auf eine nicht vorhandene Vertretungsmacht) sowie §§ 307, 309 (Vertrauen auf die anfängliche Möglichkeit einer Leistung), §§ 523 Abs. 1, 524 Abs. 1, 600 (Vertrauen auf die Mängelfreiheit eines geschenkten oder geliehenen Gegenstandes) und § 694 (Vertrauen auf die Ungefährlichkeit einer hinterlegten Sache). 25 Den Vorschriften lag der Gedanke zugrunde, daß schon bei der Anbahnung von Rechtsgeschäften Sorgfalt gegenüber dem Verhandlungspartner zu verlangen ist und deshalb im Verletzungsfalle auf Schadensersatz gehaftet werden muß. Dabei besteht die Ersatzpflicht unabhängig davon, ob ein eines anschließenden gültigen Vertragsschlusses ein. Die Lehre Leonhards wurde zwar zunächst vom RG rezipiert, vgl. etwa RGZ 95, S. 58 (60 f.); 103, S. 47 (50); JW 1912, S. 743 (744). Sie wurde aber bald verworfen, weil nicht ersichtlich war, wie das Bestehen vorvertraglicher Pflichten vom späteren Vertragsschluß abhängen könne, siehe die entsprechende Kritik bei Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (542), und M. Frost, S. 44. Die Lehre Leonhards ist letztlich Ausdruck einer – auch für die vorliegende öffentlichrechtliche Fragestellung interessierenden – Neigung, späteren rechtlichen Ereignissen Vorbzw. Rückwirkungen beizumessen. 22 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd.II, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1888, S. 178 f. Dazu T. Giaro, S. 113 (122 f.); J. Köndgen, S. 231 (233 f.). 23 Siehe RGZ 78, S. 239–241, Urteil vom 7.12.1911. 24 T. Giaro, S. 113 (131); V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 57; D. Looschelders, Rn. 182. 25 Die Aufzählung ließe sich fortsetzen, wobei streitig war, welche Vorschriften zur Analogie taugen, vgl. nur RGZ 104, S. 265 (267); R. Battes, in: Erman, BGB, § 276 Rn. 112; K. Engisch, S. 192 f.; J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 I 3 (S. 174 f.); K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 107 f.); R. Schwarze, S. 26.

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

27

Vertrag zwischen den Parteien später wirksam zustande kommt. 26 Wegen ihrer Nähe zur Vertragshaftung qualifizierte man die Haftung für culpa in contrahendo als vertragsähnlich. 27 Bedenkt man allerdings, wie vereinzelt und verstreut sich die Vorschriften fanden, welche eine solche Gesamtanalogie rechtfertigen sollten, erscheint der Schluß auf einen allgemeinen Rechtsgedanken zweifelhaft. 28 Auch vermag sie kaum die qualitativen Weiterentwicklungen der Haftung nach der Einführung des BGB zu begründen. Als alleinige dogmatische Basis für die Anerkennung einer Haftpflicht für ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen vermochte die Rechtsanalogie in späterer Zeit nicht mehr zu fungieren. Sie konnte nur noch als eine zusätzliche „Stütze“ einer Anerkennung der Rechtsfigur dienen. 29 2. Die Lehre vom Verhandlungsverhältnis Eine modernere und adäquatere dogmatische Grundlage für die Haftung wegen culpa in contrahendo bietet die Lehre vom Verhandlungsverhältnis. a) Das Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen Die Lehre von den Vertragsverhandlungen als „Verhandlungsverhältnis“ läßt sich vor allem auf Heinrich Stoll zurückführen. Stoll löst die Phase der Vertragsanbahnung von einer späteren Vertragsbeziehung. Schon der vorkonsensuale Zustand ist vom Grundsatz von Treu und Glauben geprägt, woraus schuldrechtliche Pflichten unter den Verhandelnden resultieren. Deren schuldhafte Verletzung erzeugt einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz. Diese Erkenntnis entnimmt auch Stoll den Vorschriften des geltenden Rechts. 30 Abweichend von der „herrschenden 26 Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 41; W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 II 2 (Rn. 70); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 61. Aufl., § 276 Rn. 66; D. Looschelders, Rn. 185; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 103, 112. 27 RGZ 78, S. 239 (240). Anders freilich R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (32): „contractliche Schadensersatzklage“. Die Einordnung als Vertragshaftung auch bei F. Leonhard, S. 58 f., der den Haftungsgrund in einer Vor- bzw. Rückwirkung des zeitlich nachfolgenden, wirksamen Vertragsschlusses sieht, dazu auch oben § 2 I 1 Fn. 21. 28 K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 107); vgl. auch D. Medicus, Verschulden, S. 479 (506). 29 W. Küpper, S. 30; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 108); in diesem Sinne wohl auch W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 II 2 (Rn. 70). Dem ursprünglichen Charakter der Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen als Institut analoger Rechtsanwendung wurde allerdings noch dadurch Rechnung getragen, daß eine Regelungslücke Voraussetzung ihrer Anwendbarkeit war, sog. Subsidiarität, vgl. H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 2; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 61. Aufl., § 276 Rn. 68; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 103. 30 Heinrich Stoll kann sich dabei nicht nur auf die schon genannten Vorschriften des BGB berufen, sondern u. a. auch auf die Haftung für den unrichtigen Börsenprospekt (§ 45 BörsG)

28

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Lehre“ seiner Zeit erkennt aber Stoll, daß es „nicht einzusehen [ist], warum das Vertrauen der Parteien, daß ihre Interessen nicht gegen Treu und Glauben vom Gegner verletzt werden, nur gerechtfertigt sein soll, wenn ein Vertrag später gültig abgeschlossen wird, und getäuscht werden darf, wenn die Verhandlungen scheitern.“ 31 Stoll sieht ein praktisches Bedürfnis, bereits im Stadium der Vertragsverhandlungen Sorgfaltspflichten unter den Parteien anzuerkennen. 32 Heinrich Stolls nachhaltige Leistung liegt darin, daß er von den schuldrechtlichen Leistungspflichten die Schutzpflichten unterscheidet. Diese Differenzierung hat der Gesetzgeber heute in § 241 Abs. 1 und Abs. 2 BGB kodifiziert. 33 Während die Leistungspflichten ausschließlich der Verwirklichung des Gläubigerinteresses an der Erfüllung dienen, sind die Schutzpflichten nicht dazu bestimmt, den Leistungserfolg herbeizuführen. Letztere bestehen vielmehr unabhängig vom Leistungserfolg. Sie dienen lediglich der Abwehr von Schädigungen und treffen in gleicher Weise Schuldner wie Gläubiger. Die Schutzpflichten beruhen allein auf dem Vertrauensgedanken und gelten schon bei den Vertragsverhandlungen. 34 „Diese Pflichten können [aber] nicht in der Luft hängen. Es muß für sie eine allgemeine Grundlage geben“35, denn „wie sollte die Berufung auf Treu und Glauben zu einem Ergebnis führen, solange nicht das Rechtsverhältnis nachgewiesen ist, zu dessen Auslegung allein doch die Grundsätze von Treu und Glauben Anwendung finden?“ 36 Stoll zieht den Schluß, daß das Bestehen rechtlicher Pflichten ganz allgemein aus der Tatsache des Rechtsverhältnisses der Vertragsverhandlungen zu folgern ist. 37 Eine greifbare dogmatische Begründung der Entstehung des rechtlich relevanten „Vertrauensverhältnisses“ 38 während der Verhandlungen bleibt Stoll jedoch schuldig. und auf die Obliegenheit des Versicherungsnehmers, vor Vertragsschluß Auskunft zu erteilen (§§ 6, 16 VVG), vgl. dens., LZ 1923, Sp. 532 (537). 31 Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (542) (Abkürzungen sind hier und im weiteren ausgeschrieben). 32 Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (543). 33 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 283–286. Der Gesetzgeber hat jedoch den Ausdruck „Rücksichtnahmepflichten“ dem der „Schutzpflichten“ vorgezogen, kritisch zu dieser Begriffswahl P. Krebs, DB, Beilage 14/2000, S. 9; ders./ M. Lieb/A. Arnold, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 4. 34 Heinrich Stoll, Leistungsstörungen, S. 26–28. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß Stolls Denkschrift Ausdruck einer „Nationalsozialistischen Rechtsidee“ sein sollte. So verdienstvoll die Arbeit Stolls für die weitere Entwicklung der Schuldrechtsdogmatik war, trat er doch auch auf Grundlage einer völkischen Ideologie für eine konkrete Treuepflicht aller Deutschen untereinander ein, ders., a. a. O., S. 10. Dadurch geriet die Theorie einer bürgerlich-rechtlichen Sonderverbindung in Verruf, vgl. die (knappen) Hinweise bei W. Fikentscher, Generalklausel, S. 165 (177, dort insbes. Fn. 38); B. Rüthers, S. 339–343. 35 Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (543). 36 Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (540). 37 Heinrich Stoll, LZ 1923, Sp. 532 (545). Die Wendung „Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen“ übernehmen von Stoll u.a. C.-W. Canaris, JZ 1965, S.475 (476); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 16, und K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 112). 38 Heinrich Stoll, Leistungsstörungen, S. 26. Der Ausdruck „Vertrauensverhältnis“ auch bei BGH, NJW 1998, S. 3636; 1998, S. 3644 (3645); DVBl. 2001, S. 1603 (1604).

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

29

b) Die culpa in contrahendo als Vertrauenshaftung Im Anschluß an diese Lehren wurde vielfach versucht, eine schuldrechtliche Sonderverbindung schon vor dem Vertragsschluß zu erklären. Dazu muß zwischen den Verhandlungsparteien zunächst ein Rechtsverhältnis entwickelt werden, auf das man haftungsbegründend bauen kann. Weithin unstreitig ist, daß der Anknüpfungspunkt zur Ausfüllung der Beziehung zu einem Schuldverhältnis das von Stoll entdeckte vorvertragliche Vertrauen sein muß und daß § 242 BGB den Maßstab gibt, nach dem die Rechte und Pflichten der Parteien zu beurteilen sind. 39 Die innere Rechtfertigung für die Konstruktion einer vorvertraglichen Sonderbeziehung liegt zum einen in der „Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens“. 40 Nehmen die Parteien die Vertragsverhandlungen auf, so besteht zwischen ihnen keine bloße Zufallsbegegnung mehr, für die sich die Verhaltenspflichten allein aus dem Deliktsrecht ergeben. Es handelt sich vielmehr um eine „Spezialverbindung“, innerhalb derer der eine Teil um Vertrauen wirbt und der andere diese Einladung annimmt. 41 Die Parteien sind dadurch faktisch aus dem anonymen „Nebeneinander“ des allgemeinen Rechtsverkehrs heraus- und in ein Verhältnis des „Miteinanders“ hineingetreten. 42 Die zuvor nur allgemeinen sozialen Beziehungen zwischen den Partnern verdichten sich zu einem Sonderkontakt. 43 Als Reaktion auf das entgegengebrachte und schützenswerte Vertrauen trifft den anderen Teil die Pflicht, den Gegenüber nicht zu enttäuschen. Wird dessen Vertrauen dennoch schuldhaft verletzt, haftet der pflichtwidrig handelnde Teil. Auf Grundlage des gewährten Vertrauens entsteht damit eine Sonderbeziehung im Sinne eines Schuldverhältnisses, die vom Gedanken von Treu und Glauben beherrscht ist. 44 Ein anderer Denkansatz stellt eher auf die Seite des Schädigers ab als auf die des Opfers. Wer zu erkennen gibt, daß er mit einem anderen einen Vertrag schließen will, tritt aus dem allgemeinen Kreis der nur deliktischen Sorgfaltspflichten, die jedermann geschuldet werden, heraus. 45 Der Eingeladene lockert seinen ansonsten nach außen isolierten und geschützten Rechtskreis um des Ziels eines intensiven Gedanken- und Interessenaustausches willen. Er bringt billigend seine Güter in die 39 Kritisch allerdings V. Emmerich, der das enttäuschte Vertrauen als einen zu allgemeinen und zu unbestimmten Gedanken ansieht und feststellt, daß die culpa in contrahendo zu einem „flexiblen Allzweckinstrument“ entwickelt wurde, ders., Jura 1987, S.561 (566 f.); kritisch ferner F. Jost, S. 126 f.; R. Schmidt, S. 93. Einen anderen Ausgangspunkt nimmt auch Jürgen Schmidt ein, der mit der culpa in contrahendo vor allem die Vertragsverhandlungen als Institution geschützt sehen will, ders., in: J. von Staudinger, BGB, § 242 Rn. 1223. 40 So zuerst K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (507); ähnlich bereits H. Dölle, ZgS 103 (1943), S. 67 (74). 41 J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 29 I 1 (S. 137). 42 M. Frost, S. 67. 43 H. Dölle, ZgS 103 (1943), S.67 (74); J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 29 I 1 (S. 137). 44 K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (503). 45 W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 I 1 (Rn. 69).

30

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Rechtssphäre des anderen ein, disponiert entsprechend und nimmt dadurch zusätzliche Risiken für seine „Besitzstände“ in Kauf. Gibt der eingeladene Teil Geschäfts- oder Vermögensinteressen preis, birgt die erhöhte Einwirkungsmöglichkeit des anderen zwangsläufig eine besondere Gefährdungslage auf seiten des Opfers. 46 Der Umstand, daß die eine Seite ihren Rechtskreis vorbehaltlos geöffnet hat, reicht aus, um eine partielle Verschmelzung der Rechtssphären beider Verhandlungsparteien zu bewirken und eine besonders enge Rechtsbeziehung im Sinne einer Sonderverbindung zu erzeugen. 47 Es fällt leicht, die Erklärung der Sonderbeziehung auf einer höheren Ebene anzusiedeln, wenn man bedenkt, daß erst die Privatautonomie dem einzelnen gestattet, fremde Rechtskreise zu beeinflussen. Da die Pflichten im Anbahnungsverhältnis der gesteigerten sozialen Verantwortung der Verhandlungspartner entspringen, kann man sie auch als Korrelat privatautonomer Gestaltungsmöglichkeit verstehen. 48 Damit begründet die besondere Verletzbarkeit des Opfers, also die bloß faktische Beziehung der Parteien, die Sonderverbindung. Die Seite, der die Einwirkungsmöglichkeit auf die fremden Rechtsgüter zuteil geworden ist, trifft aus § 242 BGB die Pflicht, sich so zu verhalten, wie es Treu und Glauben verlangen. Deshalb ist sie angehalten, im erhöhten Maße Sorgfalt walten zu lassen. Diese „verfeinerte Verkehrsmoral“ 49 führt dazu, daß über den allgemeinen Rechtsgüterschutz des Deliktsrechtes hinaus noch weitere Pflichten gegenüber dem gefährdeten Partner anerkannt werden müssen, die sich als haftungsbewehrte Schutzpflichten darstellen. 50 Die Begründungsansätze, die einerseits vom Vertrauensgedanken und andererseits von der besonderen Gefährdungslage ausgehen, lassen sich zwanglos miteinander verbinden: Zu bedenken ist nur, daß die Partei, die ihre Vermögensgüter bewußt einem Risiko aussetzt, dies in der vertrauensvollen Erwartung unternimmt, daß der andere auf diese Schutzinteressen Rücksicht nehmen und die fremden Rechtsgüter schonen wird. 51 Es zeigt sich, daß beide Denkansätze auf den Vertrauensschutz als entscheidendes Moment zurückzuführen sind und einander nicht ausschließen. 52

46 C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 440, 442; M. Frost, S. 66; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 191 f. 47 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477); ders., Die Vertrauenshaftung, S. 540; M. Frost, S. 80; G. Frotz, Gedenkschrift Gschnitzer, S. 163 (174). 48 So zuerst G. Frotz, Gedenkschrift Gschnitzer, S. 163 (173). Kritisch R. Schwarze, S. 40. 49 W. Thiele, JZ 1967, S. 649. 50 M. Frost, S. 68 f. 51 Vgl. M. Frost, S. 88; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 193. 52 Ähnlich C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 440, 442 dort insbes. Fn. 16. Oftmals werden beide Ansätze gar nicht getrennt, etwa bei Th. Bodewig, Jura 2001, S. 1 (3); M. Frost, S. 88, und J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 29 I 1 (S. 137 f.). Schon Heinrich Stoll hatte auf beide Rechtfertigungen einer Schutzpflicht in contrahendo hingewiesen, ders., Leistungsstörungen, S. 28.

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

31

c) Nähere dogmatische Charakterisierung der privatrechtlichen Vertrauenshaftung Ist eine haftungsrechtlich relevante Sonderbeziehung zwischen den prospektiven Vertragspartnern damit dogmatisch begründet, bleibt zu prüfen, mit welchen rechtlichen Kategorien sie näher umschrieben werden kann. Die amtliche Überschrift des § 311 BGB nennt die vorvertraglichen Sonderbeziehungen „rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse“. 53 Teilweise wird die culpa in contrahendo als „vertragsähnliche“ Haftung charakterisiert. 54 Nähe zur rechtsgeschäftlichen, also zur vertraglichen Haftung gewinnt das vorvertragliche Rechtsverhältnis dadurch, daß hier Vorschriften und Grundsätze anzuwenden sind, die auch innerhalb einer Vertragsbeziehung gelten, so etwa die Zurechnungsnorm des § 278 BGB. 55 Die Haftung im Verhandlungsverhältnis wird hierdurch aber nur in ihren Rechtsfolgen „vertragsähnlich“. In ihrer dogmatischen Begründung handelt es sich bei der culpa in contrahendo um eine gesetzliche Haftung. Der Realakt der Vertragsverhandlungen bringt rechtsnotwendig das besondere Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen mit sich. Die Vertragsverhandlungen gehen die Parteien zwar willentlich ein, die der Haftung zugrunde liegende rechtliche Sonderbeziehung entsteht jedoch unabhängig von einer Willensbetätigung ipso jure. Sie beruht letztlich auf dem Prinzip von Treu und Glauben des § 242 BGB. 56 Es handelt sich deshalb bei der culpa in contrahendo um einen gesetzlichen Haftungstatbestand innerhalb eines gesetzlichen Schuldverhältnisses. 57 Da die Parteien vor Vertragsschluß noch keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Leistungserbringung oder Erfüllung eingegangen sind, erschöpft sich die Bezie53 Dazu der Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/7052, S. 292; siehe aber auch die Charakterisierung als gesetzliches Schuldverhältnis in BT-Drs. 16/6040, S. 374. Zu Recht krit. zum Standort der Vorschrift im „Abschnitt 3. Schuldverhältnisse aus Verträgen“ M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 1. 54 RGZ 78, S. 239 (240); siehe auch VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (244); S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (544); J. Punke, S. 105; J. Scherer, NVwZ 1986, S. 540 (541); L. Schmidt, SchlHA 1978, S. 93 (95 f.); W. Spannowsky, S. 112. 55 Etwa R. Battes, in: Erman, BGB, § 276 Rn. 131; Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/ H. Roth (Hrsg.), BGB, § 280 Rn. 23, § 311 Rn. 110; P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 311 BGB Rn. 37; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 106 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 103; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, §311 Rn. 13, 23; R. Schwarze, S. 35; M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 278 Rn. 8; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 177. 56 C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 429; ders., in: Festschrift Larenz, S. 27 (89); K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 109); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 112; J. Schapp, JZ 2001, S. 583 (589). 57 BGHZ 6, S. 330 (333); NJW 1979, S. 1983; C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (476); W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 II 1 (Rn. 70); M. Gehrlein, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 4; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 61. Aufl., § 276 Rn. 65; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 106); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 103, 112; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 12; R. Schwarze, S. 35, 40; M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 1, 34; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 102.

32

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

hung allein in den Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und Loyalität, die aus § 242 BGB resultieren und die in § 241 Abs. 2 BGB umschrieben sind. Weder kommt eine Haftung wegen Unmöglichkeit der Leistung noch wegen Verzuges in Betracht. Mit dem Sprachgebrauch Stolls bringt das Schuldverhältnis der Vertragsanbahnung ausschließlich Schutzpflichten und keine Leistungspflichten hervor. Wenn diese Pflichten verletzt werden, entstehen auf der Sekundärebene Ansprüche auf Wiedergutmachung. Das gesetzliche Rechtsverhältnis stellt sich somit als „Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht“ 58 dar. d) Die Theorie vom einheitlichen Schutzpflichtverhältnis Innerhalb der Lehre vom Verhandlungsverhältnis herrscht weiterhin Uneinigkeit darüber, welches Schicksal das Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen im Falle eines Vertragsschlusses erfährt. Nach der Lehre vom „einheitlichen gesetzlichen Schuldverhältnis“ ist die vorvertragliche Verbindung nur eine Ausprägung eines auf Vertrauen begründeten Schutzverhältnisses. 59 Schutzpflichten, die auf in Anspruch genommenem Vertrauen beruhen, gelten bekanntlich auch in einer Vertragsbeziehung. Die Verletzung dieser Pflichten, die ebenso aus Treu und Glauben abzuleiten sind, bewirkt hier gleichfalls Schadensersatzansprüche. Vor der Reform des Schuldrechts ergab sich die Haftung aus der ungeschriebenen Anspruchsgrundlage der positiven Vertragsverletzung; 60 nunmehr resultiert sie als Haftung wegen der Verletzung von Rücksichtnahmepflichten aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. 61 Führt der Verstoß gegen Schutzpflichten unabhängig von einem vertraglichen Leistungsverhältnis zu einer Haftung, liegt der Schluß nahe, die Schutzpflichten vor und nach Vertragsschluß als identisch einzustufen. Hiervon ausgehend nimmt die Theorie vom einheitlichen Schutzpflichtverhältnis ein Vertrauensverhältnis an, welches das vorvertragliche wie das vertragliche als „gesetzliches Begleitschuldverhältnis“ 62 gleichermaßen überspannt. Die Haftung wegen enttäuschten Vertrauens soll konstruktiv eine „dritte Spur“ neben der Vertrags- und der Deliktshaftung bilden. 63 Das 58 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 21; F. Faust, in: P. Huber/F. Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/7; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 161; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 106). 59 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477 mit Fn. 15), unter Berufung auf Heinrich Stoll. Aus neuerer Zeit C.-W. Canaris, AcP 200 (2000), S. 273 (311 Fn. 135). 60 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477), wobei C.-W. Canaris darauf hinweist, daß die Schutzpflichtverletzungen nur einen Unterfall der positiven Vertragsverletzung bildeten. Positive Vertragsverletzungen könnten daneben auch die Verletzung von (Neben-)Leistungspflichten darstellen. 61 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 302–311. 62 Diese Bezeichnung bei D. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 203, 208, der freilich der Konstruktion ablehnend gegenübersteht. 63 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (478 f.); ders., in: Festschrift Larenz, S.27 (102); ders., in: Festgabe BGH, S. 129 (173 f.); J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 1, § 6 V (S. 111); Teilbd. 2, § 29 I 2 (S. 132); H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 156;

I. Die dogmatischen Erklärungsansätze

33

Vertrauensverhältnis stellt demgemäß ein gesetzliches Schuldverhältnis dar, das neben dem Vertragsschuldverhältnis als Leistungsverhältnis fortbesteht. Die Verletzung der Schutzpflichten, die dieses Schuldrechtsverhältnis beherrschen, führt je danach, ob die Verletzungshandlung vor oder nach der rechtsgeschäftlichen Einigung liegt, zu einer Haftung wegen culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB oder nach den Grundsätzen der Forderungsverletzung gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 1 BGB. Beide Haftungsinstitute wären demnach „wesensgleich“ 64. Für diesen Gedanken spricht nach der Reform des Schuldrechts, daß die Rücksichtnahmepflichten innerhalb der Schuldverhältnisse einheitlich von § 241 Abs. 2 BGB beschrieben und durch § 280 Abs. 1 BGB mit der Haftungsfolge ausgestattet werden. 65 Bei vordergründiger Betrachtung verspricht die Annahme eines zusätzlichen Schuldrechtsverhältnisses ein beträchtliches Maß an dogmatischer Kohärenz. Gleichwohl ist die Behauptung zweifelhaft, daß der Inhalt der Schutzpflichten vor und nach Vertragsschluß identisch seien: Im vorbereitenden Rechtsverhältnis wird in erster Linie Aufklärung zur Entscheidung über den Abschluß des intendierten Vertrages geschuldet. Diese Pflicht erledigt sich, sobald der Vertrag geschlossen ist. Nach dem Vertragsschluß geht es hingegen um Aufklärung, die überwiegend auf eine korrekte Erfüllung des bestehenden Vertrages gerichtet ist. 66 An die Stelle vorvertraglicher Vertrauenspflichten treten somit zumindest teilweise solche Pflichten, die unmittelbar den Leistungsvollzug zum Gegenstand haben. Diese leistungsbezogenen Schutzpflichten liegen im Parteiwillen radiziert, im Gegensatz zu den vertragsunabhängigen Obligationen des gesetzlichen Anbahnungsverhältnisses. Daran hat sich auch nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz durch die einheitliche Bestimmung des § 241 Abs. 2 BGB nichts geändert. Zwar schreibt § 311 Abs. 2 BGB zwingend vor, daß ein Schuldverhältnis durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen, Anbahnung eines Vertrages und ähnlichen geschäftlichen Kontakt entsteht und verweist hinsichtlich der in der Beziehung geltenden Pflichten auf § 241 Abs. 2 BGB, welcher auch für die vertraglichen Schuldverhältnisse gilt. Über Inhalt und Ausmaß der Pflichten geben indes weder § 311 Abs. 1 BGB noch § 241 Abs. 2 BGB Auskunft. Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils anhalten. Ob und im welchem Ausmaß es im Einzelfall dann tatsächlich die Parteien verpflichtet, richtet sich „nach der konkreten Situation“ 67 und ergibt sich letztlich weiterhin aus § 242 BGB. P. Krebs, Sonderverbindung, S. 563 f.; L. A. Müller, JuS 1998, S. 894 (897); W. Thiele, JZ 1967, S. 649 (653 f.). 64 S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (540). 65 Insofern widersprüchlich die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BTDrs. 14/6040: für die Trennung des vorvertraglichen vom vertraglichen Schuldverhältnis explizit S. 375, dagegen ausdrücklich offengelassen auf S. 286. 66 D. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 203. 67 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 285. 3 Kellner

34

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Der Inhalt des behaupteten einheitlichen Schuldverhältnisses hängt folglich von der Wirksamkeit und dem Grad der Ausführung des Vertrages ab. Die Prämisse der Lehre vom einheitlichen Schutzverhältnis, daß die Pflichten trotz des Vertragsschlusses ihre Identität bewahren, ist nicht erfüllt. 68 Ein übergreifendes Schuldverhältnis zu installieren, das zwar unabhängig von einem Vertragsverhältnis besteht, dessen Inhalt sich aber an einem etwaigen Vertragsschluß orientiert, bringt als Denkmodell keine Vorteile für das Zivilrecht und wirkt gekünstelt. Die Kreation eines Schuldverhältnisses dritter Art ist auch nicht zwingend. Vielmehr finden die Schutzpflichten nach dem Vertragsschluß ihren Platz innerhalb der vertraglichen Rechtsbeziehung. Mit dem Konsens geht – bildlich gesprochen – das vorvertragliche Schutzverhältnis im vertraglichen Rechtsverhältnis auf. 69 Die Schutzpflichten, die heute in § 241 Abs. 2 BGB benannt werden, wandeln sich somit mit diesem Einschnitt in Vertragspflichten um und finden ihre Rechtfertigung im Vertragsschuldverhältnis. Die Institute der culpa in contrahendo nach §§ 280 Abs. 2, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB und der positiven Vertragsverletzung nach §§ 280 Abs. 2, 241 Abs. 2, 311 Abs. 1 BGB sind demnach in ihrer dogmatischen Grundlegung voneinander zu trennen. Der Theorie vom einheitlichen Schutzverhältnis ist indes zuzugeben, daß die Rechtsfiguren insofern miteinander verbunden sind, als beide ihren Geltungsgrund im Prinzip von Treu und Glauben finden, das die Verhaltenspflichten im Anbahnungsverhältnis (in contrahendo) und parallel im Vertragsverhältnis (in solvendo) ausgestaltet. 70 Beiden Anspruchsgrundlagen ist gemein, daß sie die Reaktion auf eine Verletzung von Ansprüchen auf Redlichkeit und Sorgfalt in einer Sonderbeziehung sind. 71 Die culpa in contrahendo ist deshalb auch als eine Forderungsverletzung eigener Art im Schuldverhältnis der Vertragsanbahnung einzuordnen. 72 Somit sind die positive Vertragsverletzung und das Verschulden bei den Vertragsverhandlungen in ihrer dogmatischen Begründung und in ihrem Gehalt ähnlich. Die materiellen Unterschiede zwischen den Rechtsfiguren sind aber zu groß, als daß beide auf ein „einheitliches gesetzliches Schuldverhältnis“ zurückgeführt werden könnten.

68 W. Fikentscher, Schuldrecht, §20II1 (Rn.70); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §2IV4 (S. 28); W. Küpper, S. 297; D. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 203. 69 K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I b (S. 119 f.); Hans Stoll, in: Festschrift von Caemmerer, S. 435 (455); M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 46. Vgl. auch die Bilder: Die Schutzpflicht sei in das Schuldverhältnis „eingebettet“, so M. Frost, S. 219. Und: Der Haftungsgrund des enttäuschten Verhandlungsvertrauens werde von der stärkeren Haftung aus Vertrag gleichsam „überrollt“, so K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (529), und BGHZ 63, S. 382 (388), oder „überholt“, so BGH, NJW 1975, S. 642 (644 f.). 70 D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 5, 132. Für die Herleitung der positiven Vertragsverletzung aus § 242 BGB ferner BGHZ 11, S. 80 (84); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 61. Aufl., § 276 Rn. 105. Generell zur pflichtenbegründenden Funktion des § 242 BGB auch W. Fikentscher, Generalklausel, S. 165 (172–175 m. w. Nachw.); J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764 (765). 71 Die Ansprüche auf Einhaltung der Schutzpflichten sind allerdings nicht unbeschränkt klagbar, vgl. nur D. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn.208; L. A. Müller, JuS 1998, S.894 (895). 72 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 I 5 (S. 177).

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

35

3. Ergebnis Das von Rudolph von Jhering „entdeckte“ und heute in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB kodifizierte Haftungsinstitut der culpa in contrahendo läßt sich dogmatisch auf eine verschärfte Haftung innerhalb einer Sonderbeziehung zurückführen. Auslöser der Spezialverbindung ist das entgegengebrachte Verhandlungsvertrauen. Für die Teilnehmer der Sonderverbindung wirkt nach § 242 BGB das Prinzip von Treu und Glauben obligierend. Die Akteure des Anbahnungsverhältnisses treffen deshalb besondere Schutzpflichten für die jeweils andere Seite in einem gesetzlichen Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht. Die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten bringt als Forderungsverletzung im Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen eine Haftungsfolge zugunsten des geschädigten Teils. Diese Haftpflicht ist heute mit deklaratorischer Wirkung im BGB niedergelegt.

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung Als Resümee der bisherigen Erkenntnisse zur Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen kommt man zu der Regel, daß bereits der Eintritt in Vertragsverhandlungen für die Beteiligten eine Sonderverbindung schafft und erhöhte Sorgfaltspflichten begründet. Dieser Schluß aus der dogmatischen Erklärung der culpa in contrahendo im Vertrauensverhältnis, der in § 311 Abs. 2 BGB kodifiziert wurde, erfolgt auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau. Bei der gebotenen Konturierung hilft § 241 Abs. 2 BGB, auf den § 311 Abs. 2 BGB verweist, nur bedingt weiter. Hier ist lediglich eine Verpflichtung „zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils“ niedergelegt, die zudem durch die „Kann“-Formulierung fakultativ gestellt ist. 73 Die generalklauselartige Wendung, läßt mehr offen als sie klärt und erschließt sich erst bei Kenntnis des gegenwärtigen Standes der Dogmatik der culpa in contrahendo. Bei der neuen BGB-Bestimmung handelt es sich daher um nicht mehr als einen verdeckten Formalverweis auf die hergebrachte Rechtsprechung und Lehre zu diesem Haftungsinstitut.74 73 Kritisch zu der „Kann“-Formulierung B. Dauner-Lieb, Kodifikation, S. 305 (313); M. Gotthardt, Rn. 12, 67; U. Huber, S. 31 (139 f.); P. Krebs, DB, Beilage Nr. 14/2000, S. 9; ders., in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 241 BGB Rn. 6 f., § 311 BGB Rn. 5; P. Krebs/M. Lieb/A. Arnold, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 6; vgl. auch U. Magnus, S. 67 (72). 74 Vgl. B. Dauner-Lieb, Kodifikation, S. 305 (317); V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 BGB Rn. 54; F. Faust, in: P. Huber/F. Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Rn. 3/14; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 14; U. Huber, S. 31 (37); P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 241 BGB Rn. 10; P. Krebs/M. Lieb/

3*

36

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Sichtet man das Fallmaterial der Rechtsprechung, fällt eine breite Fächerung des Anwendungsgebietes der culpa in contrahendo auf, dessen Einsatzbereich zudem einer stetigen Ausweitung unterliegt. 75 Um der Rechtsfigur Konturen zu geben, ist die Bildung von Fallgruppen erforderlich. Erblickt man im Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen ein Schuldverhältnis, das sich von den anderen Schuldverhältnissen strukturell nur durch die Abwesenheit primärer Leistungspflichten unterscheidet, muß die Konkretisierung in der Entfaltung jener Pflichten zu suchen sein, die von den Parteien des Schuldverhältnisses zu erfüllen sind. 76 Dabei sind die Verhaltenspflichten allein aus dem Prinzip von Treu und Glauben des § 242 BGB zu deduzieren. 77 Die Schutzpflichten innerhalb des Anbahnungsverhältnisses gelten als Korrelat des entgegengebrachten Vertrauens. Dann muß auch entscheidend dafür, ob und welche Schutz-, Erhaltungs-, Erklärungs- oder Unterlassungspflichten entstehen, in jedem Abschnitt der Verhandlungen der Grad des Vertrauens sein, das gefordert und gewährt wird. 78 Das führt dazu, daß die Intensität der Verhandlungen für die vorvertraglichen Pflichten der Parteien von Bedeutung ist. Da das Vorbereitungsverhältnis in ständiger Wandlung und Entwicklung begriffen ist, wird der Pflichtenmaßstab des § 242 BGB ebenfalls entsprechend variieren. 79 Besonderer Stellenwert kommt innerhalb der Anwendungstatbestände der culpa in contrahendo den Offenbarungspflichten zu. Die Pflicht zur Information kann wiederum dem Prinzip von Treu und Glauben entnommen werden. Sie gilt im Vorbereitungsverhältnis immer dann, wenn eine Partei Umstände nicht kennt, die für einen Vertragsschluß von entscheidender Bedeutung sind, und die andere Seite dies erkennen kann. 80 Auch wenn die prospektiven Vertragsparteien widerstreitende Interessen verfolgen, besteht die Pflicht, die jeweils andere Seite unaufgefordert über solche Tatsachen aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können und daher für ihren Entschluß von wesentlicher Bedeutung sind, sofern man die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung redlicherweise erwarten durfte. 81 Ob und in welchem Umfang derlei Aufklärung im Einzelfall geschuldet wird, richtet sich unter anderem A. Arnold, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 36; J. Schapp, JZ 2001, S. 583 (589); vgl. auch U. Magnus, S. 67 (79). 75 V. Emmerich, Jura 1987, S.561; M. Lieb, in: Festschrift 600 Jahre Universität Köln, S.251. Vgl. auch K. Larenz, Schuldrecht I, § 27 III b 2 (S. 442). Von einer künftigen Fortentwicklung der culpa in contrahendo geht auch die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG aus, BT-Drs. 14/6040, S. 374. 76 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 4 (S. 183 f.). 77 K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 106). 78 K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (506). 79 K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (504); W. Küpper, S. 41. 80 BGH, NJW 1985, S. 1769 (1771); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 70; V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 99; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 241 Rn. 114, 123; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, §311 Rn. 39; M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 19. Krit. zur Formulierung der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, in denen die Bedeutung der Informations- und Beratungspflichten nicht hinreichend zum Ausdruck kommt, D. Zimmer, NJW 2002, S. 1 (7). 81 BGHZ 114, S. 87 (90 f.); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 123.

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

37

nach dem jeweils intendierten Vertragstyp sowie dem Kenntnis- und Bildungsstand der Verhandlungspartner und ist erneut unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu bestimmen. 82 Die praktische Relevanz der Offenbarungspflichten ist in der Rechtsprechung erheblich und hat solch ein Ausmaß erfahren, daß eine detaillierte und zugleich systematische Einteilung heute kaum noch möglich ist.83 Die folgenden Anwendungsfälle einer Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen wurden von Rechtsprechung und Literatur herausgearbeitet. 1. Die Sicherungspflichten für vertragsfremde Güter Wer in Vertragsverhandlungen tritt, wird, wenn er in einen unmittelbaren körperlichen Kontakt mit dem Geschäftsbereich des einladenden Teils gelangt, seine körperliche Unversehrtheit und sein Eigentum einer gewissen Gefährdung aussetzen. Zu denken ist dabei primär an die räumlich fixierte, ständige Geschäftsbereitschaft von Läden und Gastwirtschaften. Entsteht ein Schaden an den vertragsfremden Rechts- und Lebensgütern des Verhandlungspartners, insbesondere des Kunden im Ladenlokal, wird es gemeinhin als ungerecht empfunden, wenn der Ladeninhaber, der doch der potentielle Vertragspartner des Kunden ist, für unerlaubte, schädigende Handlungen seiner Angestellten nur nach Maßgabe der deliktsrechtlichen Vorschrift des § 831 BGB einzustehen hat. Der Geschäftsinhaber wird regelmäßig darauf verweisen können, daß sein Angestellter stets sehr sorgfältig arbeite, und kann sich damit gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB exkulpieren. Das RG hat die Unbilligkeit dieses Ergebnisses bereits in dem im Jahre 1911 entschiedenen „LinoleumrollenUrteil“ 84 festgestellt, bei dem eine Kundin im Warenhaus wegen des Ungeschicks eines Angestellten durch eine fallende Linoleumteppichrolle verletzt wurde. Seither ist anerkannt, daß bereits für das Rechtsverhältnis im Vorfeld eines Vertragsschlusses die schuldrechtliche Zurechnungsvorschrift des § 278 BGB anzuwenden ist, der zufolge der Geschäftsherr für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen verantwortlich ist. Demnach wird dem Geschäftsinhaber das fahrlässige Verhalten des Angestellten zugerechnet, für das er wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen haftet. Ebenfalls von der Interessenlage geleitet war das „Gemüseblatt-Urteil“ 85 des BGH. Dort war die Tochter der einkaufswilligen Mutter auf einem Gemüseblatt ausgerutscht und verletzt worden. Da deliktsrechtliche Ansprüche bereits nach § 852 BGB a. F. verjährt waren, hat der BGH einen eigenen Schadensersatzanspruch der Tochter aus culpa in contrahendo in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte bejaht. Dieser Anspruch unterlag der dreißigjährigen 82 V. Emmerich, Jura 1987, S. 561 (563); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 71; M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 19. 83 Vgl. J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 7 (S. 190–193). 84 RGZ 78, S. 239 (240 f.). 85 BGHZ 66, S. 51 (59).

38

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Regelverjährung des § 195 BGB a. F. und konnte der Tochter zugesprochen werden. 86 Der Gesetzgeber hatte diese Fallkonstellationen vor Augen, als er in § 311 Abs. 2 BGB ein Schuldverhältnis in Fällen der Anbahnung eines Vertrages vorschrieb, in welchen „der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut“. 87 Die dem zu Grunde liegende Rechtsprechung diente vor allem dazu, die als ungerecht empfundenen Härten des Deliktsrechtes auszugleichen und dem Opfer einen Anspruch nach dem wesentlich strengeren Recht der Sonderverbindung zu gewähren. Indes bestehen grundsätzliche Bedenken dagegen, die Gruppe der Sicherungspflichten 88 für Eigentum und Körper des Verhandlungspartners dem Recht der Sonderverbindung zuzuweisen, obwohl die Güter gleichzeitig in § 823 Abs. 1 BGB geschützt sind. Die culpa in contrahendo wurde schließlich dogmatisch aus dem in § 242 BGB verankerten Vertrauensprinzip entwickelt. Betritt ein möglicher Kunde ein Geschäftslokal, fehlt es an einem Vertrauen des Kundens auf irgendwelche Erklärungen des Inhabers. Eine Disposition in dem Sinne, daß der Geschädigte vertrauensvoll bestimmte Maßnahmen vorgenommen oder unterlassen hat, ist nicht gegeben. Um dieses konstruktive Defizit auszugleichen, wird für die Fallgruppe der Sicherungspflichten auch von einer „Anvertrauenshaftung“ gesprochen. Derjenige, der ein Geschäft betritt, setze seine Güter der Einwirkungsmöglichkeit des anderen Teils aus und vertraue sie ihm gewissermaßen an. 89 Diese Formulierung wird auch in § 311 Abs. 2 Nr. 2 a. E. BGB gebraucht. 90 Doch wenn man hier ein Vertrauen nicht fingieren will, kann dieser Ansatz nicht überzeugen. Grundlage des vorvertraglichen Schutzes vertragsfremder Güter bilden nicht Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes, sondern situationsbedingte Billigkeitserwägungen. Sollte einmal die Exkulpationsmöglichkeit für Verrichtungsgehilfen nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB vom Gesetzgeber beseitigt werden, 91 86 Kritisch zu dieser Entscheidung des BGH D. Medicus, Verschulden, S. 479 (492); ders., Schuldrecht I, Rn. 104; C.-W. Canaris, in: Festschrift Larenz, S. 27 (108); ders., AcP 200 (2000), S. 273 (319 f.); R. Zimmermann, JuS 1984, S. 409 (416); siehe dazu auch J. Schumacher/V. Lada, ZGS 2002, S. 450, 454. 87 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 376. 88 Die Bezeichnung als Sicherungspflicht findet sich etwa bei W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 III 1 (Rn. 71). Unglücklich ist die mitunter gebrauchte Formulierung „Verkehrssicherungspflichten“ (etwa bei V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 89), da die Sicherungspflichten innerhalb der Sonderbeziehung nur dem individualisierten Verhandlungspartner bzw. dem in den Vertragsschutz einbezogenen Dritten gelten und von den grundsätzlich gegenüber jedermann bestehenden Verkehrssicherungspflichten des Deliktsrechts streng zu unterscheiden sind. 89 C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 540. Kritisch M. Frost, S. 87–89. 90 Kritisch zu dieser sprachlichen Wendung P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 311 BGB Rn. 20; P. Krebs/M. Lieb/A. Arnold, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 15, 38. 91 Diese Beseitigung war vor einiger Zeit geplant, ihre Umsetzung ist aber nicht absehbar, vgl. K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I c (S. 121 f.); E. Schmidt, AcP 170 (1970), S. 502 (520–533).

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

39

wäre die aufgedeckte Unzulänglichkeit des Deliktsrechts beseitigt, und es bestünde kein legitimer Anlaß mehr, in dieser Situation mit dem Recht der Sonderverbindung zu arbeiten. 92 Das andere Argument für diese Fallgruppe, die Ausschaltung des als ungerecht wahrgenommenen § 852 BGB a. F., ist bereits mit der Angleichung der Verjährung für deliktische Schadensersatzansprüche und für Ansprüche aus Schuldverhältnissen hinfällig geworden. Das neue Verjährungsrecht sieht Verjährungsfristen vor, die sich nicht mehr nach der Natur der Anspruchsgrundlage richten, sondern nach der Art des verletzten Rechtsgutes. Im Fall des „Gemüseblatt-Urteils“ verjähren die Schadensersatzansprüche der Tochter wegen ihrer körperlichen Verletzung jetzt einheitlich nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in drei Jahren ab Schluß des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden sind, und die Tochter von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Schadensersatzansprüche wegen Folgeschäden, die zunächst unerkannt blieben, unterliegen nach § 195 Abs. 2 BGB einer absoluten, von subjektiven Kriterien unabhängigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren von der Verletzungshandlung an gerechnet. 93 Obgleich die „pseudodeliktische“ 94 Fallgruppe durch ihre ausdrückliche Erwähnung in § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB im Zuge der Schuldrechtsreform eine gewisse Aufwertung erfuhr, ist auch ihre praktische Bedeutung eher gering95. Die Regulierung von Integritätseinbußen an vertragsfremden Rechtsgütern des anderen Verhandlungsteils kann daher nur bedingt als Domäne der culpa in contrahendo eingestuft werden.

Entgegen der Erwartung von J. Köndgen, S. 231 (237), „überlebte“ §831 BGB auch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 14/8780. 92 J. Köndgen, S. 231 (237); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 487; D. Medicus, Verschulden, S. 479 (491); ders., Schuldrecht I, Rn. 104. Anderer Ansicht freilich C.-W. Canaris, in: Festschrift Larenz, S. 27 (87), K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I c (S. 121 f.), und K. Larenz/C.-W. Canaris, Schuldrecht II, Halbbd. 2, § 74 I 4 c (S. 360), unter Hinweis auf den selbständigen Erfüllungsgehilfen (independent contractor), der nicht von § 831 BGB erfaßt wird, sehr wohl aber von der Zurechnungsvorschrift des § 278 BGB. 93 Zur Verjährung der Ansprüche wegen culpa in contrahendo nach der Schuldrechtsreform P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 311 BGB Rn. 45; H.-P. Mansel, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 1 Rn. 31. 94 Diese Charakterisierung durch B. Dauner-Lieb und M. Lutter bei N. Jansen, S. 329 (330); H. Fleischer, S. 243 (252). Vgl. auch J. Köndgen, S. 231 (237): „Krypto-Deliktsfälle“. 95 V. Emmerich, Jura 1987, S.561 (562); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §8II5 (S.184). D. Medicus forderte deshalb auch, daß sich die culpa in contrahendo auf den Bereich der Vermögensverletzungen zurückziehen solle, ders., Bürgerliches Recht, Rn. 199.

40

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

2. Der Abbruch der Vertragsverhandlungen Während die vordem behandelte Fallgestaltung Schädigungen an vertragsfremden Gütern betraf, wie sie auch abseits von Vertragsverhandlungen entstehen können, handelt es sich nunmehr um ein den Verhandlungen immanentes Schadenspotential: Die Erwartung des Vertragsabschlusses der einen Seite wird enttäuscht, nachdem die andere den Vertrag nicht zur Perfektion gelangen läßt. Das kann zunächst dadurch erfolgen, daß die Verhandlungen noch vor Erreichen einer Einigung einseitig abgebrochen werden. Zu nennen ist ferner, daß eine Partei trotz einer erzielten Einigung den Vollzug der nötigen Form verweigert oder eine fehlende, für die Wirksamkeit erforderliche Genehmigung nicht einholt. In diesen Fällen erleidet das Opfer (bloß) eine Einbuße an seinem Vermögen. Solche Schäden können etwa in Aufwendungen liegen, die in Abschlußerwartung getätigt werden und die sich wegen des Scheiterns der Vertragsverhandlungen als nutzlos erweisen. Das Vermögen als solches genießt aber durch das Deliktsrecht nur einen geringen Schutz. Ein doloser Abbruch der Vertragsverhandlungen oder ein arglistiges Vorspiegeln einer Verhandlungsbereitschaft wird zwar den Tatbestand des § 826 BGB erfüllen, 96 an einer für die Haftung erforderlichen Sittenwidrigkeit wird es aber regelmäßig fehlen, oder der Schädigungsvorsatz wird zumindest nicht nachzuweisen sein. 97 Da nun zwischen den Parteien im Stadium der Vertragsanbahnung eine Sonderbeziehung im Sinne eines Schuldverhältnisses besteht, genießt das gewährte Vertrauen des Opfers Schutz nach § 242 BGB. Der Ausgangspunkt für eine Haftung wegen des Nichtzustandekommens eines Vertrages liegt damit in der vorkonsensualen Loyalitätspflicht, die Verhandlungstreue zu wahren. Für den Zeitraum der Vertragsanbahnung ist die Treuepflicht anerkannt, bei dem Verhandlungspartner nicht die Erwartung eines Vertragsschlusses zu wecken oder zu bestärken, die nach dem Stand der Verhandlungen nicht gerechtfertigt ist. Dem Gegenüber muß die Möglichkeit gegeben sein, den jeweiligen Verhandlungsstand richtig einzuschätzen und damit die Risiken zu bewerten, die mit der Fortsetzung der Verhandlungen oder mit der Erbringung von Vorleistungen verbunden sind. 98 Wenn ein Teil den Vertragsabschluß verweigert, obwohl er die Erwartung in einen Vertragsschluß genährt hat, ist ihm ein selbstwidersprüchliches Verhalten vorzuwerfen. In dieser Verletzung des Verbotes des venire contra factum proprium liegt ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben. 99 Die Pflicht zur Verhandlungstreue kann folglich mit dem Nichtzustandebringen eines Vertrages verletzt sein und zu einer Haftung wegen culpa in contrahendo führen. 96 Vgl. W. Küpper, S. 168–170; D. Medicus, Verschulden, S. 479 (495); M. Weber, AcP 192 (1992), S. 390 (393–396). 97 D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 105. 98 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 6 (S. 184). 99 Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 106; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 55; K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 II b (S. 133); D. Looschelders, Rn. 83; M. Weber, AcP 192 (1992), S. 390 (410).

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

41

Diese These bedarf indes sogleich wieder der Einschränkung: Würde man eine rigorose Schadensersatzpflicht für das Abweichen von einer zuvor geäußerten Bereitschaft zum Vertragsschluß anerkennen, so folgte daraus unverkennbar die Gefahr eines mittelbaren Kontrahierungszwanges. 100 Die Partei, die einmal den Willen zum Vertragsabschluß erklärte, müßte sich hieran festhalten lassen, um sich nicht einer Haftpflicht wegen inkonsistenten Verhandlungsverhaltens ausgesetzt zu sehen. Kollisionen mit dem das Zivilrecht bestimmenden Grundsatz der Privatautonomie wären vorprogrammiert. Privatautonomie bedeutet aber nun die Befugnis jeder Person, ihre Rechtsbeziehungen zu anderen Personen selbst – eben autonom – zu regeln. 101 Dieses Selbstbestimmungsrecht qua rechtliche Selbstgestaltung ist eine durch Art.2 Abs. 1 GG geschützte Freiheit; mitunter wird sie auch als in der Würde des Menschen verwurzelt gesehen. 102 Konkretisierung der Privatautonomie ist wiederum die Vertragsfreiheit und zwar auch in Form der negativen Abschlußfreiheit, also der Freiheit, den Vertragsschluß mit einem anderen zu unterlassen.103 Demnach müssen die Parteien bis zum endgültigen Vertragsabschluß in ihren Entschließungen grundsätzlich frei sein, insbesondere auch dann, wenn der andere Teil in Erwartung des Geschäftes bereits Aufwendungen getätigt hat. Um die grundrechtlich garantierte Abschlußfreiheit nicht durch die Drohung mit Schadensersatzansprüchen einzuschränken, ist es erforderlich, die Haftpflicht wegen der Beendung von Vertragsverhandlungen restriktiv zu fassen. 104 Von den Gerichten und der Lehre sind dazu eine Vielzahl von einschränkenden Kriterien entwickelt worden. Diese Ansätze unterscheiden sich oftmals nur in Nuancen: Eine Haftung trete ein, wenn der Abschluß als gesichert hingestellt wurde 105, der Abbruch müsse darüber hinaus ohne triftigen Grund 106 erfolgt sein oder der in Anspruch genommene Verhandlungspartner müsse V. Emmerich, Jura 1987, S. 561 (564). C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 413; W. Küpper, S. 141. 102 BVerfGE 8, S. 274 (328); 72, S. 155 (170); 89, S. 214 (231); NJW 2001, S. 957 (958); P. Badura, Staatsrecht, Rn. C 82, 108; C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 414; U. Di Fabio, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art.2 Abs. 1 Rn. 101; H. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art.2 Abs. 1 Rn. 24, 47; H.-U. Erichsen, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.6, § 152 Rn.57 (S.1210); W. Fikentscher, Schuldrecht, §21II (Rn.83); Ph. Kunig, in: I. von Münch/Ph. Kunig, GG, Art. 2 Rn. 16; K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 1 I 1 a (Rn. 2 f.); G. Manssen, Privatrechtsgestaltung, S.197; Ch. Starck, in: H. von Mangoldt/F. Klein/Ch. Starck (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 136; K. Stern, Staatsrecht, Bd. 3, Teilbd. 1, S. 1577 f. 103 Th. Bodewig, Jura 2001, S. 1 (2); U. Di Fabio, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 101; W. Fikentscher, Schuldrecht, §21 II (Rn. 83); P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 311 BGB Rn. 7; K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 34 III (Rn. 22 f.). 104 Noch enger Medicus, der einen Vertrauensschutz verwehren will, solange sich nicht der andere Verhandlungspartner durch einen Vorvertrag oder ein Vertragsangebot gebunden hat, D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 106 f. 105 BGH, WM 1967, S. 798 (799); 1984, S. 253 (254); 1988, S. 163 (164); BB 1996, S. 1238 (1239). 106 Wobei an die „Triftigkeit“ i. d. R. geringe Anforderungen gestellt werden, vgl. etwa BGH, in: LM Nr. 28 zu § 276 (Fa) BGB; V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 181; W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 III 2 (Rn. 72); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 100 101

42

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

bei seinem Gegenüber die berechtigte Erwartung geweckt oder genährt haben, daß der Vertrag demnächst mit Sicherheit zustande komme 107. Der Tatbestand des Abbruches der Vertragsverhandlungen bleibt schwierig zu handhaben, denn eine generalisierende und zugleich genaue Festlegung, wann es gestattet ist, von einer berechtigten Erwartung zu sprechen, ist gelöst vom Einzelfall kaum möglich. Nicht geklärt ist, ob eine Schadensersatzpflicht wegen des Abstandnehmens vom Vertragsschluß auch im Vorfeld von formbedürftigen Verträgen ausgelöst wird. Bedenkt man, daß die Formvorschriften regelmäßig die Parteien vor Übereilung schützen sollen – so etwa bei § 311 b Abs. 1 BGB der Gang zum Notar – sprechen hier gute Gründe gegen eine Haftpflicht. Der Schutz wäre weitgehend aufgehoben, wenn der den Vollzug der Form verweigernde Teil einer indirekten Abschlußpflicht unterläge, indem er die Belastung mit einem Schadensersatzanspruch der enttäuschten anderen Seite fürchten müßte. 108 Gleichwohl kann der durch die Formvorschrift verfolgte Zweck nicht von den mit dem Eintritt in Vertragsverhandlungen verbundenen Schutz- und Aufklärungsgeboten entbinden, so daß der Teil, der in schuldhafter Weise das Vertrauen in das Zustandekommen des Vertrages herbeigeführt oder unterhalten hat, der Gegenseite verantwortlich ist. 109 Der Fallgruppe des Verhandlungsabbruches kann schließlich noch eine ähnliche Gestaltung angereiht werden, bei der genauso das Vertrauen des Verhandlungspartners auf das zukünftige Rechtsgeschäft oder auf dessen Zeitpunkt enttäuscht wird: Der eine Teil verzögert die Vertragsverhandlungen derart, daß dem Verhandlungspartner Schäden entstehen. Für Verzögerungen bei der Vertragsanbahnung, etwa bei der Vertragsannahme oder -ablehnung, wird in der Regel nicht gehaftet. Anderes gilt nur, wenn der Verhandlungspartner durch nicht gerechtfertigte Vertröstungen von einem anderweitigen Vertragsschluß abgehalten wird. 110 Schließlich haftet auch der nur scheinbar Verhandelnde in gleicher Weise aus culpa in contrahendo wie der den Partner Hinhaltende. Hier liegen die Schwierigkeiten abermals bei dem Beweis des dolosen Verhaltens. 111

§ 8 II 6 (S. 186 f., dort insbes. auch Fn. 57); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 61; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 31. 107 BGH, NJW 1970, S.1840; in: LM Nr. 43 zu § 276 (Fa) BGB; J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 29 II 2 a (S. 144). 108 BGHZ 116, S. 251 (257 f.); BB 1996, S. 1238 (1239); W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 III 2 (Rn. 72); D. Medicus, Verschulden, S. 479 (498); ders., Schuldrecht I, Rn. 107; M. Weber; AcP 192 (1992), S. 390 (433). 109 BGH, WM 1974, S. 687 (688); 1982, S. 1436 (1437); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 34; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§ 275–283 Rn. 77, 81; D. Reinicke/K. Tiedtke, ZIP 1989, S. 1093 (1096); M. Schwab, JuS 2002, S. 773 (777). 110 BGH, NJW 1984, S. 866 (867); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 311 BGB Rn. 64; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 38. 111 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 6 (S. 185); M. Weber, AcP 192 (1992), S. 390 (393).

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

43

3. Der unwirksame Vertragsschluß In den zuvor erfaßten Lebenssachverhalten waren die Vertragsverhandlungen abgebrochen, bevor sie die Parteien für beendet hielten. Nun geht es um Konstellationen, in denen die Verhandlungen nach Ansicht wenigstens einer Seite zu einem Vertragsschluß gelangt sind, dieser tatsächlich aber nicht zur Vollendung gediehen ist. Als Abschlußmängel kommen dabei alle rechtlichen Umstände in Betracht, die unmittelbar oder nach einem vernichtenden Akt Nichtigkeit oder Teilnichtigkeit bewirken. 112 Denkbare Mängel sind: der versteckte Dissens, 113 das Herbeiführen eines gesetzeswidrigen Vertrages, 114 das Fehlen einer behördlichen Genehmigung 115 und der Vertragsschluß durch einen nicht vertretungsberechtigten Verhandlungsführer 116. Eine Verletzung der Verhandlungstreue kann zum einen darin liegen, daß das Wirksamkeitshindernis herbeigeführt oder es pflichtwidrig nicht beseitigt wurde. Aus § 242 BGB ergibt sich die Verpflichtung beider Seiten, Abschlußmängel, die aus der eigenen Verantwortungssphäre kommen, auszuräumen. 117 Zum anderen kann die Pflichtverletzung im Unterlassen der rechtzeitigen Aufklärung über das Hindernis bestehen. Die Vertragsanbahnenden trifft – wiederum als ein Gebot von Treu und Glauben – die Verpflichtung, bei einem unwirksamen Vertrag den Verhandlungspartner über die Umstände des Unwirksamkeitsgrundes aufzuklären. 118 Jede Partei muß deshalb die andere auf ihr bekannte Bedenken gegen die Gültigkeit des Vertrages hinweisen. Offenbarungspflichten sind allerdings nur anzuerkennen, wenn der Unwirksamkeitsgrund allein aus dem Verantwortungsbereich der fraglichen Partei stammt. Eine weitergehende Aufklärung über allgemeine Wirksamkeitshindernisse wird regelmäßig nicht geschuldet. 119 Die zu vertretende Verletzung der Pflichten, das Vertragshindernis auszuräumen oder dem Verhandlungspartner einen Unwirksamkeitsgrund mitzuteilen, führt zu einem Anspruch wegen culpa bei den Vertragsverhandlungen auf Ersatz der Nachteile, welche die Seite erleidet, die auf einen wirksamen Vertragsschluß vertraute. 112 W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 III 3 (Rn. 73); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 6 (S. 187). 113 RGZ 104, S. 265 (267–269) (Weinsteinsäure-Fall). 114 BGHZ 99, S. 101 (107) (Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB). 115 BGHZ 18, S. 248 (252) (devisenrechtliche Genehmigung); 142, S. 51 (62 f.); BGH, in: LM Nr. 4 zu § 276 (Fc) BGB (Genehmigungsmängel bei privatrechtlich handelnden politischen Gemeinden). 116 BGHZ 6, S. 330 (334 f.); 92, S. 164 (175 f.); DVBl. 1984, S. 335 (337); NVwZ 1990, S. 403 (406); NJW-RR 1992, S.1435 (1436); OLG Brandenburg, LKV 1997, S.426 (428) (Vertretungsmängel bei privatrechtlich handelnden politischen Gemeinden). 117 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 6 (S. 169); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 41; D. Medicus, Verschulden, S. 479 (504 f.). 118 V. Emmerich, Jura 1987, S. 561 (563); W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 III 3 (Rn. 73); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 37. 119 H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 41; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§ 275–283 Rn. 79; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 108.

44

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

4. Der Schutz vor inhaltlich nachteiligen Verträgen Ein in seinen Rechtsfolgen umstrittener Anwendungsfall der culpa in contrahendo ist der des Schutzes vor wirksamen, aber inhaltlich nachteiligen Verträgen. Während bei den zuvor behandelten Konstellationen der Schaden unabhängig vom Zustandekommen eines Vertrages entsteht oder gerade aus dem Fehlen oder der Unwirksamkeit des Vertragsschlusses resultiert, ist es auch möglich, daß erst der Inhalt eines wirksamen Vertrages eine Schädigung mit sich bringt. So ist etwa daran zu denken, daß das Opfer durch Täuschung oder Drohung zum Vertragsschluß gebracht wurde oder der Vertragsinhalt wegen einer schlechten Beratung nachteilig ist. Im letzteren Fall wird es gewöhnlich darum gehen, daß der Schädiger dem Geschädigten unrichtige oder unvollständige Informationen gegeben hat. Das pflichtwidrige Verhalten kann demnach in einem Tun oder Unterlassen liegen, nämlich in einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Irreführung oder im Verschweigen von bestimmten Umständen. Das Verschweigen ist dabei nur von Belang, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter der Berücksichtigung der Verkehrsauffassung Aufklärung erwarten durfte. 120 Die Pflichtverletzung liegt dann in der Beeinträchtigung des Dispositionsinteresses des Verhandlungspartners; 121 dessen Schaden besteht darin, aus einem gültigen, aber lästigen Vertrag verpflichtet zu sein. 122 Deshalb entspricht es gefestigter Rechtsprechung des BGH, bei dieser Fallgestaltung als Rechtsfolge die Auflösung des nicht erwartungsgerechten Vertrages zuzubilligen. Dazu wird auf den Grundsatz der Naturalrestitution des § 249 S. 1 BGB verwiesen: Die schuldhaft fehlgeleitete Seite müsse so gestellt werden, wie sie ohne die Irreführung stünde. Hätte der eine Teil nicht pflichtwidrig auf die Willensbildung des anderen Teils eingewirkt, so hätte dieser im Zweifel den Vertrag überhaupt nicht geschlossen. Restitution in natura bedeute demnach eine Rückgängigmachung des Vertrages, und zwar durch einen Anspruch auf Vertragsaufhebung. 123 Alternativ wird der verletzten Seite auch die Anpassung des Vertrages, der zu ungünstigen Bedingungen geschlossen wurde, zuerkannt. Sie 120 H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 42; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 153. 121 Zum Schutz des Dispositionsinteresses durch §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 285 a. E.; P. Krebs, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 241 BGB Rn. 8, § 311 BGB Rn. 2, 24, 27; kritisch P. Krebs/M. Lieb/A. Arnold, in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 3 Rn. 5, 29, 39. 122 Zu der Schadensproblematik BGH, NJW 1998, S. 302 (303 f.). 123 Vgl. beispielsweise BGH, NJW 1962, S.1196 (1198); 1974, S.849 (851 f.); 1979, S.1983 (1984); 1993, S. 2107; 1998, S. 302 (303); dazu H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 42; D. Looschelders, Rn. 194; St. Lorenz, NJW 1999, S. 1001; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§ 275–283 Rn. 105; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 249 Rn. 195; R. Schwarze, S. 307 f. Im Ergebnis zustimmend auch W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 VII 3 (Rn. 81); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 III 3 (S. 198), § 8 IV 2 (S. 204); Hans Stoll, Festschrift Deutsch, S. 361 (368); H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 275 Rn. 106.

II. Die Fallgruppen der zivilrechtlichen Haftung

45

kann Herabsetzung der von ihr geschuldeten Leistung auf ein angemessenes Maß und Rückzahlung des Mehrbetrages fordern. 124 Die generöse Aufhebung der Vertragsbindungen durch die Rechtsprechung stößt in der Literatur freilich auf heftige Kritik. Es wird hierin ein Verstoß gegen die Wertung des § 123 BGB erkannt, wonach nur eine arglistige Täuschung, nicht aber schon eine fahrlässige Irreführung zur Rückgängigmachung des Vertrages berechtige. 125 Eine schadensersatzrechtliche Minderung der Gegenleistung scheitere schon daran, daß die pflichtwidrig handelnde Seite sich unter dieser Bedingung vermutlich gar nicht auf einen Vertragsschluß eingelassen hätte und es somit an einer Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden fehle. Es könne lege artis mit Hilfe der culpa in contrahendo nicht mehr begründet werden als ein Geldanspruch auf Ersatz der Differenz zwischen dem jetzigen und dem ohne die Pflichtverletzung vorliegenden Vermögensstand. 126 Für die Rechtsprechung spricht zwar, daß die Grundsätze der culpa in contrahendo neben den §§ 119 ff. BGB mit allen Konsequenzen selbständig entwickelt wurden. 127 Indes geht das BGB von dem Grundsatz des pacta sunt servanda aus, und danach soll die Vertragslösung nur im Falle einer massiven, arglistigen Beeinflussung der Willensbetätigung nach §§ 123, 142 Abs. 1 BGB gewährt werden. 128 Über die bloße Kompensation des Vermögensschadens hinaus mit dem Verschulden bei den Vertragsverhandlungen die weitreichende Rechtsfolge einer Änderung der Vertragsbindungen zu konstruieren, ist jedoch schwerlich mit der dogmatischen Herkunft des Haftungsinstitutes vereinbar. Der Vorwurf schlechter Konstruktionsjurisprudenz 129 kommt nicht von ungefähr. 124 Vgl. z. B. BGHZ 69, S. 53 (58); WM 1988, S. 1700 (1702); NJW 1998, S. 2900 (2901); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 280 Rn. 37; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 42, 59; St. Lorenz, NJW 1999, S. 1001 f.; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, §§ 275–283 Rn. 107; R. Schwarze, S. 316 f.; Hans Stoll, in: Festschrift Deutsch, S. 361 (371 f.); dem BGH folgt neuerdings auch C.-W. Canaris, Handelsrecht, 23. Aufl., § 8 Rn. 32; ders., AcP 200 (2000), S. 273 (315). 125 Vgl. H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 38 f.; ders., Reformperspektiven, S. 269 (272 f.); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 492 f.; D. Medicus, JuS 1965, S. 209 (214). Es bestehen zudem Friktionen mit § 124 BGB, wonach eine Anfechtung bei Arglist nur binnen Jahresfrist zulässig ist, der Anspruch auf Vertragsaufhebung aus culpa in contrahendo hingegen nach §§ 195, 199 BGB einer längeren Verjährungsfrist unterliegt, dazu auch H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 160 f.; ders., Reformperspektiven, S. 269 (279–281); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 488 f.; St. Lorenz, Die Lösung vom Vertrag, S. 329 (331 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 109; M. Schwab, JuS 2002, S. 773 (775); R. Schwarze, S. 309 f.; F. Weiler, ZGS 2002, S. 249, 251 f. Kritisch gegenüber der Rechtsprechung auch W. Grunsky, EWiR 1998, S. 727 (728). 126 H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 190, 198; ders., Reformperspektiven, S. 269 (286 f.); M. Lieb, in: Festschrift 600 Jahre Universität Köln, S.251 (266–268). D. Reinicke/K. Tiedtke, ZIP 1989, S. 1093 (1101), sehen hier eine unzulässige Einschränkung der Privatautonomie des haftenden Vertragsteils. 127 Vgl. J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 III 3 (S. 198). 128 M. Lieb, in: Festschrift 600 Jahre Universität Köln, S. 251 (263). 129 So noch C.-W. Canaris, Handelsrecht, 22. Aufl., § 8 II 3 b (S. 137).

46

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Schuldrechtsreform einer Entscheidung dieses Streites enthalten. Er wollte der Rechtsprechung weiterhin freie Hand bei ihrer Rechtsfindung lassen, und hat deshalb bewußt offen gelassen, ob dem Geschädigten unter Anwendung von § 249 Abs. 1 BGB die Lösung vom Vertrag als Naturalrestitution zu gewähren ist und ob auch eine Modifikation der vertraglichen Verpflichtungen in Betracht kommt. 130

III. Der Umfang der Haftung Wer eine Schutzpflicht im Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen fahrlässig oder vorsätzlich verletzt, hat dem anderen nach § 249 Abs. 1 BGB den dadurch erlittenen Schaden zu ersetzen. Schon Rudolph von Jhering hat für die Rechtsfolge der culpa in contrahendo die Unterscheidung zwischen „positivem“ und „negativem“ Vertragsinteresse entwickelt. 131 Unter positivem Interesse ist dabei das an der Aufrechterhaltung des Vertrages, also das an Erfüllung, zu verstehen. Es wird durch den Schadensersatz wegen Nichterfüllung ausgeglichen. 132 Dem steht das negative Interesse am Nichtabschluß des Vertrages gegenüber, welches dem entspricht, was der Geschädigte haben würde, „wenn die äußere Thatsache des Contractsabschlusses gar nicht vorgekommen wäre“, 133 oder weiter gefaßt: wenn der Betroffene von den Vertragsverhandlungen nie etwas gehört hätte 134. Vornehmlich handelt es sich um Vermögensaufwendungen, die sich wegen des pflichtwidrigen Verhaltens der anderen Seite als nutzlos herausstellen. Das negative Interesse beruht letztlich auf dem enttäuschten Vertrauen in den erwarteten Vertragsschluß und kann demnach auch als „Vertrauensschaden“ bezeichnet werden. 135 Da es in der Terminologie Heinrich Stolls beim negativen Interesse um die Verletzung von Schutzpflichten im Gegensatz zu den Leistungspflichten geht, ist ebenfalls der Ausdruck „Schutzinteresse“ gebräuchlich. 136 Das negative Interesse wird regelmäßig geringer sein als das positive. Aber auch das Gegenteil kann gelten, wenn etwa der Geschädigte ohne das Vertrauen in den fehlgeschlagenen Vertragsschluß ein anderes, vorteilhafteres Geschäft abgeschlossen hätte. Dann kann der Vertrauensschaden durchaus auch weit über dem an der Erfüllung des nachteilhaften Vertrages liegen. 137 Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 375. R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (15–22). Zur Fortgeltung der Differenzierung nach der Schuldrechtsreform C.-W. Canaris, DB 2001, S. 1815 (1817). 132 D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 668; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 69; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, Vorbem. § 249 Rn. 48, § 249 Rn. 194. 133 R. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (16). 134 Vgl. D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 668; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 69; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, Vorbem. § 249 Rn. 48, § 249 Rn. 195. 135 Etwa W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 VII 3 (Rn. 81); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 668; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, vor §§ 249–253 Rn. 12, § 311 Rn. 25. 136 C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477). 130 131

III. Der Umfang der Haftung

47

137

Der Gesetzgeber übernahm die Zweiteilung der Schadensersatzfolgen nach von Jhering und hat in den gesetzlich geregelten Fällen der Haftung wegen eines schädigenden Verhaltens bei den Vertragsverhandlungen einen Ersatz des negativen Interesses vorgesehen. In der im neuen BGB noch erhaltenen, wichtigen Konstellation des § 122 Abs. 1 BGB gibt das BGB indes eine Begrenzung nach oben durch den Betrag des positiven vor. Die Rechtfertigung dieser Restriktion ist darin zu sehen, daß der Geschädigte nicht besser stehen soll, als er bei Wirksamkeit des Geschäftes stünde. 138 Doch bildet diese Begrenzung keine allgemeine Regel für alle Fälle der Haftung auf das Vertrauensinteresse. Daher ist das wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu leistende negative Interesse grundsätzlich nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt. Vielmehr ist nach dem Leitprinzip des § 249 Abs. 1 BGB der Geschädigte vermögensmäßig so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils stehen würde. 139 Eine Naturalrestitution im Sinne dieser Norm kann aber nicht darin bestehen, daß der Teil, der einen Vertragsschluß in pflichtwidriger Weise vereitelt hat, zum Abschluß des Vertrages verpflichtet wäre. Ein solcher Kontrahierungszwang wäre nicht vereinbar mit der negativen Vertragsabschlußfreiheit als Ausprägung der grundrechtlich garantierten Privatautonomie. 140 Die Größe des negativen Interesses paßt allerdings nicht für eine Verletzung von Sicherungspflichten für die vertragsfremden, absoluten Rechts- und Lebensgüter. Vielmehr ist die Rechtsfolge des Ersatzes des Vertrauensinteresses auf Vermögensschäden wegen der Verletzung von Loyalitätspflichten abgestimmt: Die Verletzung vertragsfremder Güter ist eben eine der Vertrauenshaftung unbekannte Kategorie. Erkennt man aber im Rahmen der Sonderbeziehung der Vertragsverhandlungen auch Schutzpflichten im Sinne von Bewahrungs- und Obhutspflichten für Leben und Eigentum des Verhandlungspartners an, so ist bei deren Verletzung das Erhaltungsinteresse zu leisten. 141 Nach § 249 BGB ist der aus der Körperverletzung oder Sachbeschädigung entstandene Schaden zu ersetzen.

137 BGHZ 69, S. 53 (56); NVwZ 2001, S. 116 (117); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., vor § 249 Rn. 17, § 311 Rn. 57 f.; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 668; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 311 Rn. 25. 138 D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 669; Hans Stoll, in: Festschrift von Caemmerer, S. 435 (438 f.). 139 J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 29 II 6 (S. 151); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 IV 2 (S. 202); Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 280 Rn. 35; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 57. 140 BGH, WM 1968, S. 1402 (1403); V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 186; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§ 275–283 Rn. 84. Für eine Abschlußpflicht aber J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I, Teilbd. 2, § 29 II 6 a (S. 152); ähnlich R. Schwarze, S. 319. 141 J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 IV 2 (S. 202); K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 112); M. Löwisch, in: von Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 72.

48

§ 2 Die zivilrechtliche Haftung bei Vertragsverhandlungen

IV. Ergebnis Die zivilrechtliche Schadensersatzpflicht für ein Verschulden bei den Vertragsverhandlungen setzt bei dem tatsächlichen Kontakt zwischen den Verhandlungspartnern an. Dadurch, daß eine Partei Vermögenswerte vertrauensvoll Gefährdungen durch das jeweilige Gegenüber aussetzt, entsteht zwischen beiden ein Rechtsverhältnis. Das Rechtsverhältnis der Vertragsanbahnung wird durch die Vorschrift des § 242 BGB begründet. Verstöße gegen die Treuepflichten werden als Forderungsverletzungen durch eine Haftung auf das negative Interesse sanktioniert. Als Fallgruppen des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen wurden von Rechtsprechung und Literatur entwickelt: die Verletzung vertragsfremder Güter, der Abbruch der Vertragsverhandlungen, der unwirksame Vertragsschluß und der Schutz vor inhaltlich nachteiligen Verträgen. Von den einzelnen Fallkonstellationen geht allerdings eine unterschiedlich starke dogmatische Überzeugungskraft aus.

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns im Verwaltungsrechtsverhältnis Für das Zivilrecht gilt, daß die Beziehungen zwischen den Bürgern weitgehend durch Rechtsverhältnisse in Form von Schuldverhältnissen bestimmt sind, innerhalb derer die Rechte und Pflichten der Personen verankert liegen. 1 Übergreifend, also für das Zivilrecht wie auch für das Öffentliche Recht, geht die allgemeine Rechtsverhältnislehre davon aus, daß die gesamte Rechtsordnung aus einer Vielzahl von Rechtsverhältnissen besteht. Ein Rechtsverhältnis beruht dabei regelmäßig auf gegenseitigen, aufeinander bezogenen Rechten und Pflichten der Beteiligten. Rechtsverhältnisse können zwischen zwei Subjekten bestehen und damit zweipolig sein, Rechtsverhältnisse können darüber hinaus mehrpolig eine Vielzahl von Rechtsträgern verbinden. Da die Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern durch subjektive Rechte beider Teile gekennzeichnet sind, sind hier ebenfalls Rechtsverhältnisse anzunehmen. 2 Die Rechtsverhältnislehre kann für sich eine weit zurückreichende staatsphilosophische und staatstheoretische Tradition beanspruchen. 3 Für das Verwaltungsrecht wird die Rechtsverhältnislehre bereits in der älteren Standardliteratur nutzbar gemacht. 4 Die jüngere Rezeptionsgeschichte setzt indes Anfang der 1970er Jahre ein, als man der Rechtsverhältnislehre für das Verwaltungsrecht einen hohen Stellenwert zuerkannte. Sie wurde allzu forsch zum „neuen archimedischen Bezugspunkt“ 5 der 1 R. Gröschner, in: ders./C. Dierksmeier/M. Henkel/A. Wiehart, S. 5; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (219). 2 Grundlegend N. Achterberg, Die Rechtsordnung, S. 50 und passim; ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 1; H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 170 und S. 161 ff. passim. 3 Der Gedanke wird schon den klassischen Weisheiten Sokrates’ und Aristoteles’ als implizit nachgewiesen von R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 80 Fn. 49. Der Ansatz, auf die Beziehungen, also die Verhältnisse zwischen den Personen abzustellen, findet sich in der dialogischen Philosophie Kants, vgl. m. Nachw. N. Achterberg, Rechtsordnung, S. 51; ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 4. Ferner geht die Rechtsverhältnislehre konform mit den Staatstheorien vom „Gesellschaftsvertrag“ als Grundlage staatlicher Legitimität, E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (539); W. Schur, S. 189. Allgemein zum Gedanken eines Gesellschaftsvertrages in Rechtsethik und Verfassungstheorie K. Graf Ballestrem, ZfP 1983, S. 1–17 passim; E.-W. Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 39 f., 54, 68; H. Dreier, Universitas 1993, S. 377 (383–387). 4 Siehe etwa schon W. Jellinek, § 9 (S. 179–205) passim; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Bd., S. 13–15, 101; später E. Forsthoff, § 10 (S. 177–194) passim. 5 So der vielzitierte Ausspruch von P. Häberle auf dem Sozialrechtslehrertag von 1979, in: Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (250).

4 Kellner

50

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Verwaltungsrechtswissenschaft erhoben und als „Pfeiler einer neuen Systembildung“ 6 gefeiert. Oder man gab sie zumindest als ein Institut aus, das mehr als jedes andere verdiene, „eine beherrschende [...] Stellung im Verwaltungsrecht einzunehmen“ 7. Nachdem man aber in eben dieser „neuen“ Lehre einen Affront gegen die herkömmliche Doktrin von den Handlungsformen wähnte, 8 insbesondere auf den Verwaltungsakt, 9 bemühten sich die Vertreter der Rechtsverhältnislehre, die Wogen zu glätten. Sie suchten das hergebrachte Material der Verwaltungsrechtsdogmatik im System ihrer Lehre einzuordnen und dieser Theorie dadurch einen Eigenwert zukommen zu lassen, daß sie die als unentbehrlich erkannten Handlungsformen in ein neues Licht rückt. 10 Daraus, daß sich die Rechtsverhältnislehre in der Folgezeit überwiegend auf deskriptive Aufgaben beschränkte, erwuchs ihr allerdings der Vorwurf, sie sei lediglich eine „heuristisch-didaktische Figur“11 oder gar, sie sei überhaupt nicht erkenntnisfördernd 12. Die Frage nach der „Leistungsfähigkeit der Rechtsverhältnislehre“ entwickelte sich zu einem viel behandelten Problem der Verwaltungsrechtswissenschaft. Im folgenden soll anhand einer Darstellung der Grundlinien der Rechtsverhältnislehre deren dogmatischer Wert unterstrichen werden. Danach ist der Nutzen der Lehre für das Haftungsproblem beim informellen Verwaltungshandeln zu untersuchen. P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (265). Vgl. O. Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231); siehe auch ebd., S. 243 (Leitsatz 24): „Schlüsselstellung“ des Verwaltungsrechtsverhältnisses. 8 W. Frotscher, VVDStRL 45 (1987), S. 277; B. Kempen, S. 98, 102 f. 9 Für ein Zurücktreten des Verwaltungsaktes als Konsequenz der Rechtsverhältnislehre N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, §20 Rn.33; ähnlich H. Faber, Vorbemerkungen, S.291, 295; ders., Verwaltungsrecht, § 7 IV (S. 45); W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 1 (35 f.). 10 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (915); R. Gröschner, Verw. 30 (1997), S. 301 (336 f.); R. Schmidt-De Caluwe, S.8 f., 33; M. Schulte, DVBl. 1988, S.512 (514); siehe dann auch P. Häberle, der eine „Zwei-Beine-Theorie“ von Verwaltungakt und Rechtsverhältnislehre fordert, ders., VVDStRL 45 (1987), S. 251 (252). 11 F. E. Schnapp, DÖV 1986, S. 811 (814). Sinngemäß auch Th. von Danwitz, Verw. 30 (1997), S. 339 (362 f.); H. Dreier, Merkls Verwaltungsrechtslehre, S. 55 (82, dort insbes. Fn. 155); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S.768 (773); J. Knebel/L. Wicke/G. Michael, S. 44; W. Löwer, NVwZ 1986, S. 793 (794); H.-W. Rengeling, Das Kooperationsprinzip, S. 95; H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 165 f. Fn. 571; H. Sodan, in: H. Sodan/J. Ziekow (Hrsg.), § 42 VwGO Rn.381; E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S.533 (540); ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 70 Rn. 31 (S. 646). 12 O. Depenheuer, Verw. 28 (1995), S. 117 (118). Auf dieser Linie ferner B. Grzeszick, S. 328–333; F. Hufen, NVwZ 1996, S. 882 (883); B. Kempen, S. 103 f., 128 f.; W. Löwer, NVwZ 1986, S. 793 (794); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 24 a. E.; J. Pietzcker, Verw. 30 (1997), S. 281 (299); V. Schlette, S. 173 f.; R. Schmidt-De Caluwe, S. 13 f.; E. Schmidt-Jortzig, DÖV 1996, S. 800. Vgl. auch H. Meyer, VVDStRL 45 (1987), S. 272: Das Rechtsverhältnis sei „das inhaltsloseste Rechtsinstrument, das je angeboten worden ist“, und dens., VVDStRL 47 (1989), S. 241, der feststellt, daß die Rechtsverhältnislehre „zu keinerlei Erkenntniszuwachs führt, weshalb man es lassen sollte davon zu reden“. 6 7

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

51

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre Das Rechtsverhältnis ist für das Zivilrecht und das Öffentliche Recht die juristische Grundeinheit schlechthin 13 und entfaltet als Teil einer allgemeinen Rechtslehre für alle Rechtsgebiete universelle Wirkung. 14 1. Das Rechtsverhältnis als Grundeinheit einer allgemeinen Rechtslehre Die Rechtsverhältnislehre unterscheidet zwischen dem „Allgemeinen Rechtsverhältnis“ und dem „Besonderen Rechtsverhältnis“. Dabei beschreiben diese Kategorien nicht von einander zu trennende Relationen, sondern verschiedene Zustände der Beziehung zwischen den Rechtsgenossen. a) Das Allgemeine Rechtsverhältnis Das Allgemeine Rechtsverhältnis ist das Verhältnis, in dem das Mitglied des rechtlich verfaßten Gemeinwesens stets mit den anderen Rechtssubjekten steht. Zwischen den Bürgern werden die Rechtsbeziehungen vornehmlich durch den Bestand an sogenannten absoluten Rechten, insbesondere den Persönlichkeitsrechten und den Sachenrechten, gestaltet. 15 In der Relation zwischen Staat und Bürger als Verfassungsrechtsverhältnis stehen sich zudem die Grundrechte der Staatsbürger im status negativus und die Befugnisse des Staates gegenüber. 16 Aus dem Allgemeinen Rechtsverhältnis kann das Rechtssubjekt aber noch keine konkreten subjektiven Rechtspositionen im Sinne von Ansprüchen gegenüber anderen herleiten: der Bürger gegenüber seinen Mitbürgern oder dem Staat ebensowenig wie der Staat gegenüber den Bürgern. 17 Zwar gelten unter dem Grundgesetz auch im allgemeinen Staat-Staatsbürger-Verhältnis rechtliche Regelungen, 18 jedoch ist das W. Henke, NVwZ 1983, S. 534 (535). H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §8 Rn.16; F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn.86. Vgl. dazu auch N. Achterberg, Die Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung, passim, und W. Henke, Recht und Staat, § 59 (S. 607–614) passim. 15 N. Achterberg, in: Gedächtnisschrift Küchenhoff, S. 13 (18 f., 21); K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 13 I 4 b (Rn. 13); W. Henke, Subventionsrecht, S. 115 (119 f.); H. Hill, NJW 1986, S. 2602 (2605). Siehe dazu auch K. Larenz, Richtiges Recht, S. 47. Skeptisch aber J. Martens, Die Praxis, Rn. 32 (S. 27). 16 R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 89, 106 f.; W. Henke, Recht und Staat, § 59 (S. 611 f.); J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 169; St. Scholl, S. 52. 17 Vgl. W. Jellinek, Verwaltungsrecht, § 9 I (S. 192), der die Relation treffend als „Rechtszustand“ bezeichnet. Vgl. auch den Hinweis von H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 21, daß mit der Pflicht, die Rechte des anderen zu achten, nicht zwingend konkrete Unterlassungsansprüche korrespondieren. 18 W. Henke, Recht und Staat, § 59 (S. 611 f.). 13 14

4*

52

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Abstraktionsniveau des Allgemeinen Rechtsverhältnisses zu hoch, als daß es greifbare Folgen in Form von Verhaltensberechtigungen hervorbringen könnte. 19 Das Allgemeine Rechtsverhältnis bedeutet aber nicht die Abwesenheit von Rechtsbeziehungen, sondern deren Latenz. 20 Ohne einen signifikanten Kontakt zwischen den Rechtsgenossen „ruhen“ die Rechte und Pflichten der Teilnehmer. 21 Das Allgemeine Rechtsverhältnis hat vor allem Bedeutung als „abstrakt-theoretische Grundfigur“ 22, die vor Augen führt, daß der einzelne nie außerhalb der Rechtsbeziehungen und nie außerhalb des Rechts steht: Jedwede Person ist als Zuordnungsobjekt von Rechten und Pflichten und damit als Rechtsträger anzuerkennen. 23 Die Relation zwischen Staat und Bürger besteht deshalb auch nicht in einem „Gewaltverhältnis“ 24, das einseitig durch die Macht des Hoheitsträgers gegenüber dem Untertan bestimmt wird, sondern in einer bilateralen Beziehung, die durch Rechte und korrespondierende Pflichten beider Teile gekennzeichnet ist. 25 Der Zustand des Menschen setzt sich somit im rechtsstaatlichen Gemeinwesen als eine „Gesamtbefindlichkeit“ 26 oder ein „rechtliches Grundverhältnis“ 27 zwingend aus Rechtsbezie19 H. Bauer, DVBl. 1986, S.208 (216); F.E. Schnapp, DÖV1986, S.811 (813); ähnlich für das allgemeine Bürger-Bürger-Verhältnis K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 13 I 4 b (Rn. 13). Wegen seiner Wirkungslosigkeit lehnen die Annahme eines Allgemeinen Rechtsverhältnisses ab H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 16; F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 86. 20 So für das allgemeine Staat-Bürger-Verhältnis H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 711; für das allgemeine Bürger-Bürger-Verhältnis K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 13 4 b (Rn. 13); universell N. Achterberg, in: Gedächtnisschrift Küchenhoff, S. 13, 21, und R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 106. 21 Vgl. H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 711, für das Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger. Das Allgemeine Rechtsverhältnis ist von solcher Allgemeinheit, daß es kein Rechtsverhältnis im Sinne des Prozeßrechts (§ 43 VwGO) bildet. 22 Vgl. H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 169, und dens., DVBl. 1986, S. 208 (216). 23 H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 169; K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 2 I 2 (Rn. 11); St. Scholl, S. 51. Vgl. auch W. Jellinek, Verwaltungsrecht, § 9 I (S. 192). 24 Für das Allgemeine Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger ist (noch) der Begriff des „allgemeinen Gewaltverhältnisses“ gebräuchlich, etwa bei N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 34; U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 94; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 5; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 32 Rn. 15. 25 H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 168–170; ders., AöR 113 (1988), S. 582 (620); J. Martens, KritV 1986, S. 104 (130); ähnlich R. Gröschner, in: ders./C. Dierksmeier/M. Henkel/A. Wiehart, S. 5 f.; H. Hill, DVBl. 1989, S. 321 (322); J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 166; R. Schmidt-De Caluwe, S. 278 f. Vgl. auch BVerwGE 1, S. 159 (161). Daß trotz der strukturellen Gleichordnung des im Verwaltungsrechtsverhältnis involvierten Bürgers mit der Verwaltung das Rechtsverhältnis inhaltlich asymmetrisch angelegt ist wegen der hoheitlichen Befugnisse des Staates, unterstreichen zutreffend R. Gröschner, Verw. 30 (1997), S. 301 (324); ders., in: ders./C. Dierksmeier/M. Henkel/A. Wiehart, S. 6; W. Henke, DÖV 1984, S. 1 (2); ders., Subventionsrecht, S. 115, 118 f.; R. Schmidt-De Caluwe, S. 279 f.; F. E. Schnapp, DÖV 1986, S. 811 (813). 26 H. Bauer, DVBl. 1986, S. 208 (216). 27 So bezeichnet K. Larenz das Prinzip des gegenseitigen Achtens und der Anerkennung der Personenwürde des anderen, in welchem er die „Grundlage aller anderen Rechtsverhältnisse“

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

53

hungen zusammen. Das Allgemeine Rechtsverhältnis verbindet auf diese Weise den einzelnen mit den übrigen Menschen und mit dem Staat, und es bewirkt die Integration des Individuums in die Rechtsgemeinschaft. 28 b) Das Besondere Rechtsverhältnis Unbestreitbare rechtsdogmatische Bedeutung erlangt das Rechtsverhältnis in der Ausprägung des Besonderen Rechtsverhältnisses. Dieses definiert sich als die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm ergebende rechtliche Beziehung zwischen den Rechtssubjekten. Das Besondere Rechtsverhältnis besteht in der Regel aus gegenseitigen, aufeinander bezogenen Berechtigungen und Verpflichtungen der Teilnehmer. 29 Im Gegensatz zu dem Allgemeinen Rechtsverhältnis charakterisiert demnach das Besondere die Dichte und Konkretisierung der rechtlichen Verbindung. 30 Es fragt sich, wodurch die vorerst indifferente Relation in ein mit Rechten und Pflichten versehenes Besonderes Rechtsverhältnis „umschlägt“. Das Besondere Rechtsverhältnis aktualisiert sich erst mit einer näher zu bestimmenden „Berührung“ zwischen den Rechtssubjekten. Vorher bleiben die Rechtsbeziehungen im Allgemeinen Rechtsverhältnis latent. Der erforderliche Kontakt setzt voraus, daß die Merkmale und endlich das „Grundprinzip des Rechts“ überhaupt sieht, ders., Richtiges Recht, S.45 f., 47. Vgl. dazu auch K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 2 I (Rn. 4). 28 H. Bauer, DVBl. 1986, S. 208 (216); W. Henke, DÖV 1980, S. 621 (624); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 205. Hier wird die Übereinstimmung der Rechtsverhältnislehre mit dem verfassungstheoretischen Modell vom Gesellschaftsvertrag deutlich. Diese Theorie, die zwischen den Bürgern untereinander und dem Bürger und dem Staat eine Vertragsverflechtung annimmt, korrespondiert mit der Annahme einer Verbindung der Mitglieder eines rechtlich verfaßten Gemeinwesens miteinander und mit ihrem Staat durch ein Allgemeines Rechtsverhältnis, vgl. E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (539); W. Schur, S. 189 f. Siehe ferner K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 2 I 2 (Rn.9), die eine „durch das Gebot des Achtens gestiftete Rechtsgemeinschaft“ gewahren. Nicht übersehen werden darf aber, daß aus einem fiktiven urzeitlichen Gesellschaftsvertrag keine dogmatischen Folgen abgeleitet werden können, R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 109 f., 114; K. Larenz, Richtiges Recht, S. 121 f. 29 Vgl. etwa N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 14; ders., Die Rechtsordnung, S. 31; H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 170, 176; ders., DVBl. 1986, S. 208 (215, 217 f.); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 4; H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 273; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 16; P. Stelkens/ H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 16. Konstruktiv können auch mehrpolige Besondere Rechtsverhältnisse gebildet werden. Zur Ermittlung materieller Berechtigungen und Verpflichtungen ist aber die Zerlegung in Zwei-Personen-Verhältnisse erforderlich, vgl. P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (221); W. Schur, S. 199 a. E.; diesbezüglich anderer Ansicht R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S.150. Vgl. zu dem heuristischen Nutzen des mehrpoligen Rechtsverhältnisses im Verwaltungsrecht noch unten § 4 I 2 cc, § 5 I 3 a vor aa. 30 P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (254); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 273.

54

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

einer rechtserzeugenden Norm erfüllt werden. 31 Nicht notwendig ist hingegen, daß die beteiligten Rechtssubjekte einen final auf die Entstehung einer Verbindung gerichteten Willen haben oder äußern. Ob das Besondere Rechtsverhältnis dann öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, richtet sich nach der dem Verhältnis zugrunde liegenden Norm. 32 Der Prototyp des Besonderen Rechtsverhältnisses ist das zivilrechtliche Schuldverhältnis. 33 Die entsprechende öffentlich-rechtliche Relation zwischen Verwaltungsträger und Bürger wird als Verwaltungsrechtsverhältnis bezeichnet. 34 Hierin finden die der herkömmlichen Dogmatik bekannten subjektiven öffentlichen Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat ihre Heimstatt. 35 Im Verwaltungsrechtsverhältnis ist aber auch Raum für subjektive öffentliche Rechte des Staates als juristischer Person gegenüber dem Bürger. 36 Gerade in der Verdeutlichung korrespondierender Rechte und Pflichten der Verwaltung gegenüber dem Bürger und des Bürgers gegenüber der Verwaltung liegt ein besonderer Wert der Rechtverhältnislehre für das Verwaltungsrecht. Entstehungstatbestand für ein Verwaltungsrechtsverhältnis kann demzufolge ein objektiver Rechtssatz des Öffentlichen Rechts sein. Die einschlägige Norm kann dem geschriebenen oder dem ungeschriebenen Recht angehören.37 In Betracht kommen dabei das Verwaltungsrecht und das Verfassungsrecht. 38 Ferner kann ein Ver31 N. Achterberg, Die Rechtordnung, S.64; ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 14; ders., in: Gedächtnisschrift Küchenhoff, S. 13 (15); D. Ehlers, DVBl. 1986, 912; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 175; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 16; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 205. 32 Vgl. etwa H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 16; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 4; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 16. Das entspricht der modifizierten Subjektstheorie/ Sonderrechtstheorie und der heute „herrschenden Meinung“. Zu den Abgrenzungstheorien zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht siehe etwa D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 14–30; H.-U. Erichsen, Jura 1982, S. 537 (538–541); J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 15–33; H. Maurer, a. a. O., § 3 Rn. 14–19. 33 H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 273; W. Schur, S. 24. 34 Etwa H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 4. Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung und unter Anlehnung an den Sprachgebrauch des Verwaltungsverfahrensgesetzes (vgl. etwa § 54 S. 2 VwVfG) werden im weiteren die Begriffe Verwaltung und Behörde synonym mit dem des rechtsfähigen Verwaltungsträgers gebraucht. 35 Vgl. hierzu die Antwort W. Henkes auf die Behauptung von N. Achterberg, die Rechtsverhältnislehre mache das subjektive öffentliche Recht „schlicht überflüssig“, N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 68, und W. Henke, NVwZ 1983, S. 534 f. Vgl. aber auch H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S.172; dens., AöR 113 (1988), S.582 (613); E. SchmidtAßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 76; H. J. Wolff/O. Bachof/ R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 43 Rn. 26. 36 H. Bauer, DVBl. 1986, S. 208 (217); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 4; R. Keller, S. 28 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 32 Rn. 38, § 40 Rn. 3; krit. A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (194 f.). 37 H. Bauer, AöR 113 (1988), S. 582 (612); D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912. 38 Verwaltungsrechtsverhältnisse können nicht nur von Vorschriften des Verwaltungsrechts gestiftet werden, sondern auch Verfassungsnormen, welche die Rechte des Bürgers gegenüber

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

55

waltungsrechtsverhältnis durch eine Bestimmung der Behörde statuiert werden, nämlich durch den Verwaltungsakt. Dieser ist seinerseits in § 35 VwVfG normiert und bedarf in seiner gegenüber dem Adressaten belastenden Ausprägung wegen des Vorbehalts des Gesetzes ebenfalls einer gesetzlichen Grundlage. Verwaltungsrechtsverhältnisse können daneben auch einvernehmlich zwischen mehreren Rechtssubjekten im Wege der darauf gerichteten Einigung via öffentlich-rechtlichen Vertrag entstehen. 39 Verschiedentlich wird vertreten, daß bloße Realakte ein Verwaltungsrechtsverhältnis konstituieren könnten. Dabei wird unter anderem auf die Haftungsrechtsverhältnisse im Falle deliktischer Tathandlungen und auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen verwiesen. 40 Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als lediglich solche Tathandlungen ein Besonderes Rechtsverhältnis zu stiften vermögen, an welche vorgegebene Normen bestimmte Rechtsfolgen knüpfen. 41 So bewirkt nicht etwa eine Verletzungshandlung ohne weiteres ein auf Kompensation gerichtetes Rechtsverhältnis. Vielmehr entsteht das Schadensersatzverhältnis erst aufgrund des Rechtssatzes, der rechtserzeugend einen Schadensersatzanspruch vorsieht, 42 etwa § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG. Gleich wenig begründet eine bloße faktische Leistung ohne Rechtsgrund einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Der Rückerstattungsanspruch resultiert erst aus einer ungeschriebenen Rechtsnorm, nämlich dem Prinzip der wiederherstellenden Gerechtigkeit in Verbindung mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung des Art. 20 Abs. 3 GG, das den Ausgleich einer mit dem Recht nicht übereinstimmenden Vermögenslage fordert. 43 der Verwaltung regeln, vgl. St. Kautz, S. 77 f.; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 4 IV 2 (S. 89 f.). So begründet etwa eine verwaltungsseitige Grundrechtsverletzung den Folgenbeseitigungsanspruch und damit ein Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen Verwaltung und Bürger, dazu H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 30 Rn. 5; H.-J. Papier, in: Th. Maunz/ G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 62; F. Schoch, VerwArch 79 (1988), S. 1, 34–36; H.-D. Sproll, JuS 1996, S. 219, 221. 39 H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 8; R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 176 f.; W. Henke, Subventionsrecht, S.115, 119; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn.177 f. Zum Rechtsverhältnis durch verwaltungsrechtlichen Vertrag explizit §54 S.1 VwVfG. Allerdings verlangt auch der subordinationsrechtliche Vertrag über die Verweisung auf den Verwaltungsakt die Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes. 40 H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (320); H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 725; R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 177; ders., Verw. 30 (1997), S. 301 (326); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 35 III (S. 332); nachdrücklich C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 19 Rn. 25. 41 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912; St. Scholl, S. 52 f. 42 Allgemein N. Achterberg, Die Rechtsordnung, S. 64; insbes. für das Öffentliche Recht H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 8, 26. 43 Vgl. BVerwGE 71, S. 85 (87 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 21; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.415, 422; H.J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd.2, 6. Aufl., § 55 Rn. 19 a. Gelöst von den in der Verwaltungsrechtslehre vorgefundenen Begründungstatbeständen wird mitunter behauptet, Verwaltungsrechtsverhältnisse bildeten sich auch durch bloßen sozia-

56

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

2. Die Bedeutung der Rechtsverhältnislehre für die Verwaltungsrechtsdogmatik Will man den dogmatischen Wert der Rechtsverhältnislehre für die Verwaltungsrechtswissenschaft bestimmen, so muß sich diese Theorie mit dem herkömmlichen, auf die Handlungsformen fixierten Dogma vergleichen lassen. Die Vorzüge der Rechtsverhältnislehre werden deutlich, wenn man abstellt auf die Erfassung der Zeitdimension (sub a), auf die Berücksichtigung der Mitwirkung des involvierten Bürgers (sub b) und schließlich auf die dogmatische Leistungsfähigkeit der Lehren für den Einzelfall (sub c). Die Darstellung erfolgt unter besonderer Berücksichtigung des informellen Verwaltungshandelns. a) Die Erfassung der Zeitdimension Die Handlungsformenlehre erfaßt mit ihrem Ensemble lediglich einen Ausschnitt der Rechtsbeziehungen zwischen Verwaltung und Bürger. Der Verwaltungsakt, der öffentlich-rechtliche Vertrag oder die Kategorie des Realakts bilden innerhalb der sich entwickelnden Beziehung nur „Momentaufnahmen“ 44, in welchen die interne Entscheidungsfindung der Verwaltung zum Abschluß gelangt, und das materielle Recht außenverbindlich angewendet, ausgeformt und konkretisiert wird. 45 Der besondere Wert der Handlungsformen liegt denn auch in deren Stabilisierungswirkung. Gerade dem Verwaltungsakt und dem öffentlich-rechtlichen Vertrag kommen mit Beendigung des Verwaltungsverfahrens gem. § 9 VwVfG in materiellrechtlicher Hinsicht eine nachhaltige Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion zu. 46 Die Verwaltung kann gegenüber dem Bürger etwa qua Verwaltungsakt konkrete Gebote oder Verbote aussprechen, Rechtsverhältnisse begründen oder sie verbindlich feststellen und Erlaubnisse und Genehmigungen aussprechen, Leistungen oder Vergünstigunlen Kontakt zwischen Verwaltung und Bürger im Sinne gesteigerter Nähe, vgl. P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (249, 270 dort Fn. 24). Dieser „Nähetheorie“ folgen H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (320); U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718); J. Fluck, NuR 1990, S. 197 (199 f.); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (274); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 273; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 179 f.; W. Schmitt Glaeser, Die Position des Bürgers, S.35 (86); W. Schur, S.216. Darauf wird sogleich zurückzukommen sein. 44 O. Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231). Bachof bezieht sich zwar nur auf den Verwaltungsakt, das punktuelle Moment haben jedoch sämtlichen Handlungsformen gemein. 45 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (914); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 25; vgl. auch K. Stern, Die Bedeutung, S. 29 (44). 46 Vgl. insbes. für den Verwaltungsvertrag W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (270); H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (273 f., 283); J. Fluck, Die Erfüllung, S. 63; und für den Verwaltungsakt D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (915); R. Schmidt-De Caluwe, S. 130, 214; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (199–244 passim, insbes. S. 221, 231); M. Siegmund, in: J. Brandt/M. Sachs (Hrsg.), Handbuch, Rn. D I 20; und allgemein E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (540).

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

57

gen gewähren und so weiter. 47 Dem Adressaten gegenüber wird somit „im Einzelfall bestimmt, was für ihn Rechtens sein soll“ 48. In verfahrensrechtlicher Hinsicht geben die Handlungsformen Auskunft über die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes, vgl. § 9 VwVfG, und bilden damit Bezugspunkte für Rechte, Pflichten und Obliegenheiten im Verwaltungsverfahren. Die Handlungsform kann außerdem die Verfahrensfehlerfolgen präjudizieren: Die relative Fehlerresistenz des Verwaltungsvertrages 49 und die weithin fehlerunabhängige Rechtswirksamkeit des Verwaltungsaktes 50 mit den Folgen der Bestandskraft, der Bindungswirkung und eines Rechtsgrundes für zukünftige Rechte und Pflichten sorgen für Rechtssicherheit sowohl bei dem Verwaltungsadressaten als auch bei der Behörde. 51 Als vertypte Fixpunkte gewinnen die auf Stabilität ausgerichteten Handlungsformen jedoch einen punktuell-augenblicksverhafteten Charakter. 52 Sie vermögen nicht, das prozedurale Gepräge der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger zu erfassen. Lediglich der Zeitraum der Geltung des Verwaltungsverfahrensgesetzes gem. § 9 VwVfG, also der Abschnitt von dem Zeitpunkt, in dem die Verwaltung entscheidet, mit dem Verfahren zu beginnen, 53 bis zum Erlaß des Verwaltungsaktes oder dem Abschluß des Verwaltungsvertrages, wird in seiner Verfahrensdimension erfaßt. Dieses Stadium beschreibt nur einen engen, wenn auch wichtigen Zeitabschnitt der Beziehungen zwischen der Behörde und dem Bürger. Verfahrenslagen des wechselseitigen Kontaktes, die vor oder hinter dieser Phase liegen, geraten aus dem Blick. 54 Eine erweiterte Erfassung rechtlicher Beziehungen zwischen Staat und Bürger bietet die Rechtsverhältnislehre. Das Verwaltungsrechtsverhältnis lenkt die Sicht 47 Zum Einsatzbereich des Verwaltungsaktes im Wirtschaftsverwaltungsrecht R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 4 (S. 476); R. Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 34 II 3 (S. 367). 48 O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Bd., S. 93; überhaupt begriffsprägend ebd., § 9 (S. 92–103). 49 Vgl. die differenzierenden Regelungen des § 59 VwVfG, dazu H.-J. Blanke, S. 238 f.; E. Gurlit, Jura 2001, S. 731 (734 f.). 50 Eine Ausnahme bildet § 44 VwVfG: Nichtigkeit des Verwaltungsaktes wegen offenkundiger und besonders schwerwiegender Fehler. 51 H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 40; F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (683); F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S.199 (201). Vgl. auch BVerfGE 60, S.253 (269 f.); F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 131, 140 f.; H. Maurer, Staatsrecht, § 8 Rn. 52; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 83 (S. 1031). 52 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (914); P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (249); so für den Verwaltungsakt W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 1 (36). 53 Auf die Entscheidung der Verwaltung kommt es sowohl an, wenn das Verwaltungsverfahren von Amts wegen als auch, wenn das Verfahren auf Antrag eingeleitet wird, F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 113; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 95. 54 Zum Ablauf des Verwaltungsverfahrens die Übersicht bei P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 vor Rn. 90.

58

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

von der anvisierten Verwaltungsentscheidung ab und verweist die Betrachtung auf die in der jeweiligen Phase der Beziehungen geltenden materiellen Rechte und Pflichten der Beteiligten. 55 Das Verfahrensrechtsverhältnis im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes bildet dann nur noch den „harten Kern“ 56 der auf einer in beide Richtungen erweiterten Zeitachse angesiedelten Beziehung. Die Vorteile einer zeitlich gestreckten Betrachtung liegen auf der Hand: Das Rechtsverhältnis vermag in allen Stadien der Beziehung – also während der Anbahnung des Verwaltungsverfahrens, im Verwaltungsverfahren und nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens – die jeweils variierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten in sich aufzunehmen und ihnen einen Ordnungsrahmen zu bieten.57 Besonders in der Phase vor dem Verwaltungsverfahren im strengen Sinne finden sich Kontaktaufnahmen, Informationsaustausche und Vorabklärungen und sonstige „Arrangements“ zwischen der Behörde und dem Privaten, die dem informellen Verwaltungsrecht zuzuordnen sind. 58 Zur systematisierenden Erfassung dieses Stadiums bietet das Denken in Rechtsverhältnissen eine Ergänzung der Handlungsformenlehre. Die Handlungsformen bleiben indes schon wegen ihrer stabilisierenden Wirkung für das Verwaltungsrecht unverzichtbar. b) Die Berücksichtigung einer Mitwirkung des Bürgers Eine Lehre, die ausschließlich auf die Handlungsweise der Verwaltung abhebt, muß zwangsläufig bei der Erfassung der Mitwirkungshandlungen des Bürgers im Entscheidungsprozeß versagen. Verengt man die Sicht allein auf das von der Verwaltung ausgesprochene Entscheidungsergebnis, gerät die Partizipation des Verwaltungsadressaten während der Entscheidungsfindung aus dem Gesichtsfeld: Der Verwaltungsakt stellt sich nur noch als eine einseitig-imperative, vom Willen des Betroffenen unabhängige Maßnahme einer Behörde dar. 59 Der an sich auf eine Wil55 E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (540); ders., Zur Reform, S. 11 (44). Vgl. ferner O. Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231); H. Hill, VVDStRL 47 (1989), S. 172 (174); P. Krause, Rechtsformen, S. 47, 188. 56 U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718). Vgl. auch F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 103; W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsverfahren, S. 9 (21 f.); E. Schmidt-Aßmann, Der Verfahrensgedanke, S. 1 (16 f., 23); ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 70 Rn. 8 (S. 628); H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S. 47 (48 f.); M. Schulte, (Nicht-)formalisiertes Verwaltungsverfahren, S. 57 f.; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 VwVfG Rn. 16. 57 H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (314); U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718); H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S.647 (668); P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (262); W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 1 (35 f.); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 207 f. 58 Siehe dazu bereits die Einleitung, oben § 1. 59 So bereits O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Bd., S. 93; aus neuerer Zeit A. von Mutius, Jura 1979, S. 167 (168); F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (684); J. Zeibig, S. 44 f.; vgl. auch I. Heberlein, Auswirkungen, S. 319, und V. Schlette, S. 51, 177. Daß nach der Legaldefi-

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

59

lenseinigung zwischen Staat und Bürger – also auf einen zweiseitigen Rechtsakt – angelegte verwaltungsrechtliche Vertrag gewinnt als hoheitliche Handlungsform allein Bedeutung in der behördlichen Willenserklärung im Vertragsschluß. 60 Das informelle Verwaltungshandeln, also der wechselseitige Kontakt zwischen Verwaltung und Bürger im Vor- und Umfeld formalisierter Verwaltungsentscheidungen, wird mangels Regelungswirkung dem Bereich des „schlichten Verwaltungshandelns“ zugewiesen, wobei sich diese Gruppe nur noch als profillose Auffangkategorie 61 darstellt. Die Beteiligung der Zivilperson im Entscheidungsprozeß wird damit im tradierten Kanon der Handlungsformen in rechtsstaatlich bedenklicher Weise ausgeblendet. Der Bürger tritt lediglich als eine Art „quantité négligeable“ 62 in Erscheinung. Anderes gilt für die Rechtsverhältnislehre, die sich mehr am Entscheidungsvorgang selbst als an dessen Produkt orientiert. Versteht man den Kontakt zwischen Verwaltung und Bürger in seiner zeitlichen Dimension, so lassen sich wechselseitige Einflußnahmemöglichkeiten systematisch im Verwaltungsrechtsverhältnis entfalten. 63 Besonders für die nicht gesetzlich geregelten kooperativen und konsensualen Verhaltensweisen zwischen Verwaltung und Privaten gibt deshalb die Rechtsverhältnislehre den adäquateren Ordnungsrahmen.64 Aber auch für die typisierten nition des §35 S. 1 VwVfG der Verwaltungsakt überhaupt nicht einseitig erlassen sein muß, betont indes J. Martens, KritV 1986, S. 104 (106). 60 P. Krause, Rechtsformen, S. 216 Fn. 4; A. von Mutius, Jura 1979, S. 223; W. Spannowsky, S. 68. Kritisch H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (312); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33). Teilweise wird diese Willenserklärung gar ihrerseits als Verwaltungsakt eingestuft, so F. O. Kopp, BayVBl. 1980, S. 609 (612); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 11 IV 4 (S. 193). 61 U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 247; F. Hufen, NVwZ 1996, S. 882; F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (685); G. Robbers, DÖV 1987, S. 272 (274); R. Stober, Handbuch, § 62 I (S. 817); G. von Wedemeyer, S. 179. Vgl. auch F. Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 622, wonach das informelle Verwaltungshandeln „der unumgängliche Hebel“ sein könnte, „der nicht nur geeignet ist, sondern der es auch notwendig macht, das geltende System der Handlungsformen wenn nicht aus den Angeln zu hebeln, so doch in einem wesentlichen Punkt zu ergänzen.“ 62 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (914). 63 W. Schmitt Glaeser, Die Position des Bürgers, S. 35 (86); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 207; insbes. für das Wirtschaftsverwaltungsrechtsverhältnis R. Stober, Handbuch, § 58 I (S. 754). 64 U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 96 f.; H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 214 (259–267); U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718 f.); G. Dauber, S. 67 (79, 84); R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 280; ders., Verw. 30 (1997), S. 301 (333 f.); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (274); H. Hill, NJW 1986, S. 2602 (2610); ders., UTR 27 (1994), S. 91 (98); K.-H. Ladeur, VerwArch 86 (1995), S. 511 (526); F. Ossenbühl, DVBl. 1989, S. 622 (623); E.-H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium, S. 69 (84); R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 (S. 498); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 217 f.; G. von Wedemeyer, S. 185–189; zustimmend aus schweizerischer Sicht Th. MüllerGraf, S. 168; H. Pfenninger, S.97–100. Skeptisch indessen N. Dose, Verw. 27 (1994), S.91 (99); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32 Fn. 41 a. E.; A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (198).

60

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Handlungsformen bringt das Rechtsverhältnismodell den Perspektivenwechsel fort von einer teleologischen, das Verwaltungsrecht allein nach Zwecken und Mitteln des Verwaltungshandelns strukturierenden Perspektive, hin zu einem dialogischen Verständnis des Verwaltungsrechts. 65 c) Die dogmatische Leistungsfähigkeit im Einzelfall Abschließend ist die dogmatische Leistungsfähigkeit der Formen- und der Rechtsverhältnislehre für die Erfassung des praktischen Einzelfalls zu untersuchen. Die Funktion der Dogmatik soll dabei in der Herstellung eines Ordnungszusammenhanges zwischen Begriffen, Regeln, Prinzipien und Institutionen des positiven Rechts gesucht werden. 66 Der wichtigste Zug des Formungsgedankens findet sich in seiner ordnenden, systematisierenden Funktion. Das amorphe Verwaltungshandeln wird durch die rechtlichen Handlungsformen kanalisiert, wobei die Formen eine rechtlich disziplinierende Wirkung entfalten und geeignet sind, einer wirksamen zweck- und gesetzesgerechten Erfüllung der öffentlichen Aufgaben zu dienen. 67 Die Handlungsformen entlasten in ihrer rationalisierenden Funktion die Verwaltung, da diese nicht in jedem Einzelfall aufs neue grundsätzliche Sach- und Wertungsfragen aufwerfen muß. Die Einordnung des Verwaltungshandelns in eine vorgegebene, typisierte Form beantwortet zugleich Fragen des Umfangs der Rechtswirkungen und der Bestandskraft, des einzuhaltenden Verfahrens, des anzuwendenden Rechtsregimes etc. 68 Neben diesem Bewirkungsauftrag erfüllen die Handlungsformen einen Schutzauftrag gegenüber dem Bürger. In rechtsstaatlicher Hinsicht bringt die Orientierung an vorgefaßten Handlungsformen den Gewinn, daß die Verwaltung an bestimmte Verfahrens- und Verhaltensregeln gebunden ist, die sich jeweils unmittelbar aus der gewählten Vorgehensweise ergeben. 69 Zugunsten des Bürgers bietet die Handlungs65 R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 104 f.; ders., Verw. 30 (1997), S. 301 (336 f.); vgl. auch J. Ziekow, Modernisierung, S. 69 (71). 66 Zu den Funktionen juristischer Dogmatik H. Dreier, Merkls Verwaltungsrechtslehre, S.55 (57 f.); ders., Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (667); R. Gröschner, Verw. 30 (1997), S. 301 (319); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 10 f.; zum Ziel rechtswissenschaftlicher Theorie und Systembildung E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform, S. 11 (13 f.); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 4–7. 67 F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 f.; ders., UTR 3 (1987), S. 27 (47 f.); E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 253. 68 H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (310); P. Krause, Rechtsformen, S. 21 f.; F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681; V. Schlette, S. 170 f.; E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533; ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.2, § 70 Rn. 6 (S. 627); G. F. Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 65 (99); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 44 Rn. 2. 69 P. Krause, Rechtsformen, S. 16; F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 f.; ders., UTR 3 (1987), S. 27 (48); E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (535).

I. Die Grundlagen der Rechtsverhältnislehre

61

form zudem den Vorteil, daß der jeweilige hoheitliche Handlungstyp einen greifbaren Anknüpfungspunkt für den Gegenstand und die Art des Rechtsschutzes liefert. 70 Der Handlungsformendogmatik kommt somit eine unbezweifelbare systematisierende Funktion zu, deren Bedeutung für die Verwaltungspraxis nicht überschätzt werden kann. Untauglich ist das starre Formenrepertoire hingegen zur Erfassung der vielgestaltigen, nicht gesetzlich geregelten kooperativen und konsensualen Handlungsweisen zwischen Verwaltung und Bürger. Die vorgeschlagene Zuweisung des informellen Verwaltungskontaktes zu der Handlungsform des „schlichten Verwaltungshandelns“ kann auch an dieser Stelle nicht befriedigen. Bei dieser Kategorie handelt es sich um ein diffuses Sammelbecken mannigfaltiger faktischer staatlicher Handlungsweisen, 71 für die ein gemeinsamer Nenner nicht zu finden ist. Faßbare Anforderungen an die Zulässigkeit einer solchen Handlungsweise oder klare Rechtsfolgen können aus der Klassifikation als „schlichtes Verwaltungshandeln“ nicht gewonnen werden. Überhaupt ist die von der Verwaltung gewählte Regelungsform für den materiellrechtlichen Gehalt des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger wenig aussagekräftig. Das Inventar der Formenlehre stellt dogmatische „Speicher“ 72 dar, die als leere Hülsen dem Verwaltungshandeln eine äußere Fassung bieten. Als bloße Instrumentarien der Behörde bleiben der Verwaltungsakt und der öffentlich-rechtliche Vertrag gehaltlose Handlungspotentiale, deren Gebrauch keinerlei Urteil über Intensität und Ausmaß der materiellen Rechtsbindungen der Beteiligten enthält.73 Diese Handlungstypen verharren somit unabhängig von ihrem Inhalt im Einzelfall auf einer Generalisierungshöhe, die zwar Auskunft über besondere rechtliche Anforderungen und Wirkungen des Verwaltungshandelns gibt, die aber losgelöst von der jeweiligen hoheitlichen Aufgabenerfüllung ist. Mithin sind die behördlichen Handlungsformen auf einer mittleren Abstraktionsebene anzusiedeln.74 Dieses Niveau ist zu hoch, um ergänzende Pflichtmomente und Grundsätze dogmatisch zu erklären. 70 So vor allem mit Blick auf den Verwaltungsakt BVerwGE 3, S. 258 (262); 34, S. 248 (250 f.); H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (310); H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 490; kritisch R. Schmidt-De Caluwe, S. 27 f., 291 f. 71 Hier finden sich u. a. einseitige hoheitliche Wissenserklärungen und tatsächliche Verrichtungen, vgl. H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 2, und bereits oben § 1 vor I. 72 E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 3, 7; V. Schlette, S. 170; E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533; ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 251. Dieselbe Formulierung gebrauchen für die Handlungsform Verwaltungsakt H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (770, 781); F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (235). 73 D. Ehlers, DVBl. 1986, S. 912 (916); P. Krause, Rechtsformen, S. 108 f.; ders., VVDStRL 45 (1987), S. 182 (240, 248 mit Leitsatz 8). Vgl. auch schon O. Bachof, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231). 74 E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform, S. 11 (44); insbes. für den Verwaltungsakt H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (770); E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (538); ders., Zur Reform, S. 11 (62). Zu der Gewinnung der Handlungsformen durch Abstraktion B. Kempen, S. 95, und P. Krause, Rechtsformen, S. 14–27 passim.

62

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Ganz anders die Rechtsverhältnislehre: Sie vermag es, ganzheitlich die Relation zwischen dem Staat und dem einzelnen Bürger in allen Facetten zu erfassen und sämtlichen bilateralen Rechten und Verpflichtungen einen bündelnden Rahmen zu geben. 75 Eine Gesamtschau bietet sich für die Beziehung zwischen Staat und Bürger unter dem Grundgesetz schon deshalb an, da für die öffentlich-rechtliche Seite das Rechtsverhältnis als Gesamt geregelt ist durch das Verwaltungsrecht und in verfassungsrechtlicher Hinsicht durch die Verpflichtung auf Gesetz und Recht nach Art.20 Abs. 3 GG, durch die Beachtung der Grundrechte der Bürger nach Art. 1 Abs. 3 GG sowie durch die Vorgaben des Rechtsstaats- und des Sozialstaatsprinzips.76 Problemlos lassen sich auch sogenannte Nebenpflichten der Parteien, etwa solche zur gegenseitigen Rücksichtnahme oder zur Fürsorge, als Rechtspositionen im Verwaltungsrechtsverhältnis systematisieren. 77 Diese können sich im zeitlich gestreckten Rechtsverhältnis dynamisch, den wechselnden Intensitäten der materiell- und verfahrensrechtlichen Wirkungskomponenten angepaßt, entfalten. 78 Für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger ist innerhalb der Rechtsverhältnislehre allerdings umstritten, ob man jede einzelne Beziehung als eigenes Rechtsverhältnis ansehen oder ob man alle Beziehungen als einen Komplex verstehen solle. So wird zur Vereinfachung der Rechtsfindung die Trennung des formellen Verwaltungsverfahrensrechtsverhältnisses und des materiellen Verwaltungsrechtsverhältnisses erwogen. 79 Jedoch werden solche Aufspaltungen dem Charakter des Verwaltungsrechtsverhältnisses nicht gerecht. Will man der erreichten Gesamtschau nicht wieder verlustig gehen, ist von einer Sezierung abzusehen und das Verwaltungsrechtsverhältnis als ein vielsträngiges Beziehungsgeflecht zu verstehen. 80

75 U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 97; H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (319, 321 f.); H. Faber, Vorbemerkungen, S.291 (295); Th. Meysen, Die Haftung, S.53; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 256; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (212 f.); M. Schulte, Die Rechtsverhältnislehre, S. 257 (258); vgl. auch A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 82. 76 H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 177 f., 180 f.; ders., AöR 113 (1988), S. 582 (613, 615); W. Schur, S. 203. 77 H. Bauer, Verw. 25 (1992), S. 301 (322); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); J. Martens, Die Praxis, Rn. 126 (S. 85); F. E. Schnapp, DÖV 1986, S. 811 (818); F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (213); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 207. 78 So läßt sich das Verwaltungsrechtsverhältnis mit der zivilrechtlichen Metaphorik zum Schuldverhältnis durchaus als „Gefüge und Prozeß“ kennzeichnen, vgl. K. Larenz, Schuldrecht I, § 2 V (S. 26). 79 So etwa U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); J. Martens, Die Praxis, Rn. 33 (S. 27), Rn. 63 (S. 46); C. H. Ule/ H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 19 Rn. 23 f. 80 F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S.199 (214). Kritisch zu einer Aufspaltung auch M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 205 f.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

63

d) Folgerungen Mit den traditionellen Handlungsformen verfügt das Verwaltungsrecht über ein stabiles, wenn auch buntscheckiges Mobiliar. Die Rechtsformen erfüllen wichtige rechtsdogmatische und rechtspraktische Funktionen und bleiben unentbehrlich. Die Rechtsformen sind zwar elastisch genug, um einen weiten materiellrechtlichen Bereich aufzunehmen, ihr Abstraktionsniveau ist aber zu hoch, als daß sie weitergehende inhaltliche Bindungswirkungen entfalten könnten. Das Verwaltungsrechtsverhältnis vermag hingegen die Beziehung zwischen Privatem und Verwaltung in ihrer zeitlich hingezogenen Dimension als dynamisches Kontinuum zu beschreiben und zu erklären. Die Rechtsverhältnislehre erfaßt auch die Mitwirkungshandlungen des Bürgers in der Phase der Entscheidungsfindung der Verwaltung. Das Denken in Rechtsverhältnissen bewirkt mittels einer Gesamtschau eine Integration aller die Rechtsbeziehungen beeinflussenden Aspekte. Als alliierende, nicht als rivalisierende Doktrinen bilden Handlungsform und Rechtsverhältnis funktionell komplementäre Komponenten einer modernen Verwaltungsrechtslehre. Zwischen ihnen besteht keinerlei Konkurrenz. Nach alledem bietet sich das Verwaltungsrechtsverhältnis in besonderer Weise an, als Ordnungsrahmen für das informelle Verwaltungshandeln zu fungieren.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis des konsensualen Verwaltungshandelns Es wirft sich die Frage auf, wie man den Befund zum Verwaltungsrechtsverhältnis für das Haftungsproblem im informellen Verwaltungsrecht fruchtbar machen kann. Durch die koordinierenden Verhandlungen und Absprachen zwischen Behörde und Bürger könnte ein Verwaltungsrechtsverhältnis entstehen, das den Ausgangspunkt für die Erfassung von Rechten und Pflichten der beteiligten Parteien bildete. Zu erwägen ist, daß sich – wie im zivilen Schuldrecht – bereits im vorkonsensualen Stadium ein konkretes Rechtsverhältnis ergibt, welches die Grundlage für Berechtigungen und Verpflichtungen darstellt und im Falle von Pflichtverletzungen eine Haftung innerhalb einer Sonderbeziehung nach sich zieht. In Anlehnung an die Erkenntnisse der bürgerlichen Schuldrechtslehre wäre die Begründungsnorm dieses Rechtsverhältnisses im Prinzip von Treu und Glauben zu suchen. Die Arbeit wird einen Dreischritt von Tatbestandsidentifizierung, Subsumtion und Rechtsfolgenbestimmung unternehmen: Auf einer mittleren Abstraktionsstufe ist zunächst die Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Verwaltungsrecht zu überprüfen (sub 1). Danach ist zu untersuchen, ob bei informellen Verwaltungskontakten zum Bürger dieses Prinzip Geltung genießt (sub 2). Schließlich wird zu fragen sein, ob eine Sanktionierung von Pflichtverstößen im Verwaltungsrechtsverhältnis durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen möglich und geboten erscheint (sub 3).

64

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

1. Das Prinzip von Treu und Glauben im Öffentlichen Recht Die Forderung nach einem an Treu und Glauben ausgerichteten Verhalten, also nach einem Vertrauensschutz, wurde an sich im Zivilrecht für die Art und Weise der Leistungserbringung durch den Schuldner entwickelt und in § 242 BGB festgelegt. Erst später trat dieser Verhaltensmaßstab seinen Siegeszug durch die gesamte Rechtsordnung an und entpuppte sich als „das Grundelement der westlich-abendländischen Rechtskultur“ 81 schlechthin. a) Die Anwendbarkeit des Grundsatzes im Öffentlichen Recht Der Anstoß für die Expansion des Anwendungsbereiches von Treu und Glauben ist darin zu suchen, daß sie als Ermächtigungsgrundlage für eine Neubildung von Rechtssätzen zu dienen vermögen, die außerhalb der ansonsten stärker konturierten und ausformulierten Normenkomplexe stehen. Somit kommt der Vorschrift die Funktion eines „Notventils“ zu, das es ermöglicht, aufgrund seiner Unbestimmtheit flexible Reaktionen zu finden, die mit den aktuell herrschenden Wertvorstellungen konform gehen. 82 Aus seiner Funktion läßt sich die fundamentale Bedeutung des Prinzipes von Treu und Glauben erschließen: Es handelt sich nicht mehr um eine gesetzliche Regelung für einen Teilgebiet des Privatrechts, sondern um eine gesetzesübersteigende rechtsethische Maxime, 83 die innerhalb einer Sonderverbindung eine billige Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des anderen Teils sowie ein redliches und loyales Verhalten fordert 84. Zu engsichtig wäre es, dem Prinzip von Treu und Glauben über eine Analogie zu § 242 BGB im Öffentlichen Recht Geltung zu verschaffen. 85 Vielmehr steht hinter 81 G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 11. Vgl. auch BGHZ 71, S. 386 (393): Vertrauensschutz „als Merkmal jeder rechtsstaatlichen Ordnung“. Zu Rationalität von Vertrauen aus systemtheoretischer Sicht N. Luhmann, Vertrauen, S. 112–126, dort auch S. 43 f.; ders., Das Recht, S. 131 f.; ders., Die Gesellschaft, S. 225. 82 J. Gernhuber, JuS 1983, S.764; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, §242 Rn. 2. Nicht übersehen werden darf, daß der unbestimmte Begriff von Treu und Glauben auch die Gefahr des Mißbrauchs in sich birgt. Exemplarisch aus der Zeit der NS-Diktatur für das Verwaltungsrecht A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (415 f).; 39 (1934), S. 1, 38 f.; für das Privatrecht Heinrich Stoll, oben § 2 I 2 a Fn. 34; hierzu B. Rüthers, S. 210–270. Generell zu den Gefahren der Generalklauseln R. Weber, AcP 192 (1992), S. 516 (520 f.). 83 J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 1; K. Larenz, Richtiges Recht, S. 85; ders., Methodenlehre, S. 421–423; A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (401); M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 2; R. Weber, JuS 1992, S.631 (632); H.J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd.1, 11.Aufl., §25 Rn.3. 84 H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62.Aufl., § 242 Rn. 3; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 11. 85 So aber Teile der älteren Rechtsprechung und Lehre, vgl. die Nachweise bei E. Forsthoff, § 9 (S. 168 Fn. 3); aus neuester Zeit Ch. Grüneberg, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 11. Irreführend auch die Behauptung, §242 BGB selbst sei im Öffentlichen Recht anwendbar, so etwa (unreflektiert) A. Jochum, NVwZ 1987, S. 460 (463), obgleich es nicht diese

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

65

der Vorschrift des BGB das allgemeine Prinzip, daß innerhalb einer rechtlichen Sonderverbindung besondere Pflichten zur Rücksichtnahme bestehen. Dieses „Grundgebot der Redlichkeit“ 86 durchwirkt als Ausfluß des Prinzips des Rechts und der Gerechtigkeit die gesamte Rechtsordnung. Der Lehre von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen folgend, ist davon auszugehen, daß es allgemeingültige Regeln gibt, die in jeder Rechtsgemeinschaft konstante Interessenlagen durchwalten, und die das normative Grundgerüst einer jeglichen Rechtsordnung bilden. 87 Solche allgemeine Rechtsgrundsätze bilden als ungeschriebene Fundamentalnormen Rechtsquellen, aus denen positiv geltende Rechtssätze abzuleiten sind. 88 Bei § 242 BGB handelt es sich bei dieser Betrachtungsweise nur noch um einen besonderen zivilrechtlichen Ausdruck des Rechtsprinzips von Treu und Glauben im geschriebenen Recht. 89 Als allgemeiner Rechtsgrundsatz entfaltet die „bona fides“ aber nicht nur im Zivilrecht obligierende Wirkung, sondern ganz allgemein im gesamten Rechtsleben und auf allen Rechtssektoren. 90 Der Treue-Grundsatz kann damit – wie schon das Denken in Rechtsverhältnissen – einer allgemeinen Rechtslehre zugewiesen werden. Er ist einem ungeschriebenen „Allgemeinen Teil des Rechts“ zugehörig, der „vor die Klammer“ der einzelnen Rechtsgebiete gesetzt werden kann.91 Vom Verfassungsgeber Vorschrift, sondern der unter der Norm liegende Rechtsgedanke ist. Unscharf ferner die Formulierung, bei Treu und Glauben handele es sich um einen zivilrechtlichen Grundsatz, der in das Verwaltungsrecht „hineinwirke“, so aber H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 733. 86 K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 128 a. E.). 87 BVerwGE 42, S. 222 (227); K. Engisch, S. 201 f.; Th. Meysen, Die Haftung, S. 288 f.; G. Schwär, S. 80; L. Simons, S. 181; H. J. Wolff, in: Gedächtnisschrift Jellinek, S.33 (39 f.); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 3; generell zur Wirkung allgemeiner Rechtsgedanken bereits F. Schack, in: Festschrift Laun, S. 275 (284 f.); A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (405 f.), und aus neuester Zeit F. Ossenbühl, in: H.-U. Erichsen/ D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 84; ders., Staatshaftungsrecht, S. 422. 88 H. J. Wolff, in: Gedächtnisschrift Jellinek, S.33 (43); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 2, 6. 89 Vgl. etwa H. Bauer, Die Bundestreue, S. 245 f.; W. Fiedler, NVwZ 1986, S. 969 (974); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 1, 16 f.; K. Larenz, Methodenlehre, S. 421; Ch.-F. Menger, in: Festschrift Bogs, S. 89 (95); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 11; L. Simons, S. 181; M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 10; H. J. Wolff, in: Gedächtnisschrift Jellinek, S. 33 (37); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 2. Gegen diesen Argumentationsweg wendet sich wegen seiner Abstraktheit indes H. A. Wolff, S. 150 f. 90 Vgl. z. B. aus der Rechtsprechung BVerwGE 7, S. 95 (97); 74, S. 78 (83); BRS 25 Nr. 176, S. 305 (307); NVwZ 1993, S.1102 (1104); BFHE 126, S.130 (137); 141, S. 211 (219); NVwZRR 1988, S. 58 (59), und aus der Literatur H. Bauer, Die Bundestreue, S. 245; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 1; W. Frotscher, DVBl. 1976, S. 281 (288); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 1; R. Keller, S. 96, 98; K. Larenz, Richtiges Recht, S. 85; P. Macedo Weiß, S. 48; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 29 f.; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 30 V (S. 299); Ch.-F. Menger, in: Festschrift Bogs, S. 89 (93); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 77; F. Schack, in: Festschrift Laun, S. 275 (286); A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (410); M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 2, 10 f.; R. Weber, JuS 1992, S. 631 (633); H. A. Wolff, S. 150. 91 H. Bauer, Die Bundestreue, S. 245, insbes. Fn. 91 a. E.; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (14); E. Forsthoff, § 9 (S. 168 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §3 Rn. 29 f. Vgl. auch BVerwG, 5 Kellner

66

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

wird in Art. 20 Abs. 3 GG die Existenz derartiger überpositiver Rechtsgrundsätze ausdrücklich anerkannt, wenn er vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an Gesetz und Recht bindet. 92 Eine Eigenart der allgemeinen Rechtsgrundsätze als Rechtsquellen besteht darin, daß sie inhaltlich zu unbestimmt sind, als daß sie bestimmte Rechtsfolgen zeitigen könnten. Sie bilden Leitgedanken, die noch der Umsetzung in Rechtssätze bedürfen. Hierin liegt die Aufgabe der richterlichen Rechtsfortbildung im Wege einer „rechtsschöpferischen“ Ableitung. 93 So handelt es sich auch bei dem Gebot von Treu und Glauben um einen konkretisierungsbedürftigen Maßstab, 94 der seine Ausführung in der Reihe von Entscheidungen findet, die jeweils mit ihm begründet werden. b) Die ungeschriebenen Anwendungsmodalitäten Zur Bestimmung des Anwendungsbereiches des allgemeinen Rechtsprinzips von Treu und Glauben bietet es sich an, sich an der zivilrechtlichen Ausprägung dieses Grundsatzes in § 242 BGB zu orientieren. Nach der ursprünglichen Systematik des BGB galt der Verhaltensmaßstab innerhalb der privatrechtlichen Schuldverhältnisse, die in § 241 Abs. 1 BGB als Leistungsbeziehungen definiert sind. Allerdings ist die zivilrechtliche Dogmatik dabei nicht stehen geblieben. Erkannt wurde, daß die Beschränkung auf die Leistungsverhältnisse zu kurzsichtig ist und der Gedanke des § 242 BGB auch innerhalb weiterer Sonderverbindungen in Form von qualifizierten sozialen Kontakten gilt. 95 Außerhalb solcher bestimmter Umstände bleibt es bei den BRS 25 Nr. 176, S. 305 (307). Siehe aber auch die wenig Gewinn versprechende Differenzierung zwischen der Rechtsanwendung über allgemeine Rechtsgedanken und über einen allgemeinen Teil des Rechts bei L. Simons, S. 109 f. 92 BVerfGE 2, S. 380 (403); K. Hesse, Grundzüge, Rn. 195; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 II 1 (S. 127); M. Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 103 f.; B. SchmidtBleibtreu/F. Klein, GG, Art. 20 Rn. 39; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 85. In diesem Zusammenhang insbes. zum Treu-und-Glauben-Grundsatz G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 96; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 2. 93 Vgl. bereits RGZ 97, S. 43 (44), und U. Di Fabio, Das Kooperationsprinzip, S. 37 (41); K. Larenz, Methodenlehre, S. 421; Ch.-F. Menger, in: Festschrift Bogs, S.89 (98 f.); H. J. Wolff, in: Gedächtnisschrift Jellinek, S. 33 (44 f.); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 6. Ähnlich W. Henke, DÖV 1984, S. 1 (7); R. Schwarze, S. 27; S. Westphal, DÖV 2000, S. 996 (997). 94 K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 125, 127). Vgl. auch H. Bauer, Die Bundestreue, S. 315 f.; D. Medicus, Schlußbetrachtung, S. 609. 95 Bemerkenswert ist, daß die Autoren des BGB es seinerzeit ablehnten, die Vorschrift in den Allgemeinen Teil des BGB zu stellen, vgl. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des BGB, Bd. I, Allg. Theil und Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1897, S. 303, 624 f. Damit geht der heutige Wirkungsbereich des § 242 BGB nicht nur weit über seinen Wortsinn, sondern auch über die Absichten des historischen Gesetzgebers hinaus. Zur Geschichte des § 242 BGB auch H. Schulte-Nölke, Das Reichsjustizamt, S. 344; ders., NJW 1996, S. 1705 (1708).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

67

Verhaltensregeln des Deliktsrechts. 96 Diese Erkenntnis der Lehre und Rechtsprechung hat der Gesetzgeber im Zivilrecht rezipiert, indem er in § 311 Abs. 2 BGB neben den rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnissen im Sinne des § 241 Abs. 1 BGB auch „rechtsgeschäftsähnliche“ Schuldverhältnisse anerkannte, die bereits durch geschäftlichen Kontakt begründet werden. Während für das Zivilrecht somit eine faktische Sonderbeziehung als Voraussetzung für eine Anwendbarkeit von Treu und Glauben feststeht, ist dieses Merkmal für das Öffentliche Recht bestritten. Es wird angenommen, daß das Prinzip keine weiteren sozialen Gegebenheiten voraussetze, als das Vorhandensein einer Mehrheit von Menschen und den Bestand irgendeiner Rechtsordnung. 97 Diese Ausweitung des Rechtsgedankens gibt Anlaß zur Skepsis: Auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz gilt nicht apriorisch im Verhältnis aller mit allen, also zwischen beliebigen Menschen oder zwischen allen Menschen und dem Staat. Er setzt vielmehr selbst eine besondere Interessenlage voraus. 98 So entfaltet der Grundsatz von Treu und Glauben nicht aus sich heraus obligatorische Wirkungen, sondern er bedarf eines vorhergegangenen „Verpflichtungsaktes“, der ihn in Geltung setzt. 99 Es wäre zu eng, den Verpflichtungsakt in einer darauf gerichteten Willenserklärung der Beteiligten zu suchen. Das Rechtsprinzip ist aber auch nur dort wirklich am Platz, wo die rechtliche Beziehung zwei Rechtssubjekte in eine gewisse Nähe bringt. Es muß der tatsächliche Kontakt hinreichend dicht sein, daß sich wechselseitiges Vertrauen zu entwickeln vermag, ohne welches eine Berufung auf Treu und Glauben keinen Sinn und keinen Erfolg haben kann. 100 Bildhaft gesprochen müssen die Beteiligten die Schwelle vom Nebeneinander zum Miteinander überschritten haben.101 Die Verpflichtung auf die Treuemaxime bildet dann das Korrelat gesuchter und funktionalisierter Nähe zum anderen Rechtssubjekt. 102 Dazu bereits oben § 2 vor I. E. Forsthoff, § 9 (S. 169); W. Frotscher, DVBl. 1976, S. 281 (288); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 1, 17; R. Weber, JuS 1992, S. 631 (635 f.); H. J. Wolff, in: Gedächtnisschrift Jellinek, S. 33 (40); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 3. 98 O. Depenheuer, Verw. 28 (1995), S. 117 (118); vgl. G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 37. Vgl. auch schon bei der Erklärung der zivilrechtlichen culpa in contrahendo Heinrich Stoll, oben § 2 I 2. 99 O. Depenheuer, Verw. 28 (1995), S. 117 (118). Das entspricht den Erkenntnissen des Zivilrechts, wo die Verpflichtung auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Kehrseite ausgeübter Privatautonomie angesehen wird, siehe oben §2 I 2. Im freiwilligen Gebrauch der Gestaltungsautonomie liegt hier die Rechtfertigung der „Selbst-Obligation“. 100 Vgl. bereits A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (402). Die Bedeutung des Vertrauens für eine Anwendbarkeit von Treu und Glauben betonen auch K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 125); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 11. Vgl. ferner die Stimmen des Zivilrechts zur Vertrauenshaftung bei der Vertragsanbahnung, oben § 2 I 2. 101 Siehe oben § 2 I 2. 102 Dies korrespondiert mit der Bewertung der zivilrechtlichen culpa in contrahendo als Gegenstück privatautonomer Gestaltungsfreiheit, denn diese erlaubt erst dem Zivilrechtssubjekt die gesteigerte Nähe zum anderen, vgl. oben § 2 I 2. 96 97

5*

68

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Will man verallgemeinerungsfähige Modalitäten gewinnen, die eine Anwendbarkeit des Handlungsgebotes rechtfertigen, muß es sich sämtlich um solche handeln, welche die Inanspruchnahme eines Vertrauens verlangen, und welche eine korrespondierende Vertrauensgewährung auch erlauben. Die Anwendungsvoraussetzung des ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben ist somit für alle Rechtsgebiete in der „Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens“ 103 zu suchen. Eine hinreichende Nähe ist im Zivilrecht auf jeden Fall mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen gegeben, wie die ältere Dogmatik zur culpa in contrahendo beweist. Um herauszuarbeiten, welcher generalisierte Sachverhalt die Herrschaft des Rechtsprinzipes erlaubt, kann das privatrechtliche Anbahnungsverhältnis Orientierungshilfe geben. Als Präzisierung eines Tatbestandes bietet sich zunächst die Gleichordnung der Beteiligten an. Die rechtliche Gleichstellung der Akteure ist dem Zivilrecht, wo sich regelmäßig Private begegnen, eine vorausgelagerte Selbstverständlichkeit. 104 In einer Beziehung, die sich durch eine strukturelles Ungleichgewicht der Parteien auszeichnet, mag zwar der schwächere Teil auf eine gewisse Rücksichtnahme und Obacht des stärkeren Teils vertrauen. Zweifelhaft erscheint es jedoch, inwieweit ein solches Vertrauen sachlich gerechtfertigt ist und nicht auf bloßer Naivität beruht und ob dieses Vertrauen rechtlichen Schutz verdient. Noch schwerer wäre es zu begründen, warum und inwieweit der Stärkere sich darauf verlassen darf, daß der andere seine Interessen wahrt, wenn er doch selbst aufgrund seiner Überlegenheit die Situation selbst besser zu überschauen und deuten vermag. Daher kann sich berechtigtes, wechselseitiges Vertrauen, das Voraussetzung für die Anwendung von Treu und Glauben ist, nur in einer Beziehung zwischen grundsätzlich gleichgestellten Partnern entfalten. 105 Eine weitere Voraussetzung der Sonderverbindung ist die Verflochtenheit der Interessen. 106 Das Vorliegen eines gemeinschaftlichen positiven Zwecks wird bei den privatrechtlichen Schuldverhältnissen besonders deutlich, bei denen es um die Erbringung von Leistungen geht, welche in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Aber auch das vorvertragliche Stadium erfährt seine Prägung durch den gemeinsam intendierten Vertragsabschluß. Erst die gemeinsame Zwecksetzung in einer Beziehung legitimiert es, um der Erreichung des Zieles willen von den Beteiligten gewisse Anstrengungen zu verlangen. 107 So läßt sich auch nur dann wirklich von einem vertrauensvollen Miteinander zu sprechen, wenn beide Parteien für sich 103 Vgl. bereits diese Formel als Rechtfertigung einer zivilrechtlichen culpa in contrahendo bei K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (507); dazu oben § 2 I 2 in und um Fn. 40. 104 Vgl. A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (18); F. Schack, in: Festschrift Laun, S. 275 (280); H.-H. Trute, Verzahnungen, S. 167 (173). 105 Siehe zu diesem Kriterium für das Treueprinzip im Öffentlichen Recht etwa G. Hermes/ J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 37; A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (403). 106 Vgl. dazu etwa BGHZ 71, S. 386 (393); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 72; H. Hill, NJW 1987, S. 2602 (2607); so wohl auch M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 219 f.; ders., Die Rechtsverhältnislehre, S. 257 (260 f.). Von zivilrechtlicher Warte M. Frost, S. 65; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 172 f.; A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 34.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

69

Ziele anstreben, die mit denen des Gegenübers zumindest teilidentisch sind, mit anderen Worten, wenn die Interessen der Parteien miteinander verflochten sind. 107 Dritte und letzte Anwendungsvoraussetzung von Treu und Glauben ist die Freiwilligkeit der Kontaktaufnahme. 108 Freiwilligkeit der Kontaktaufnahme impliziert zugleich die ungehinderte Möglichkeit, den Kontakt wieder aufzugeben. Die Tatsache, daß die Sonderverbindung von den Beteiligten ohne Zwang gewählt wurde, läßt die gesteigerten gesetzlichen Verpflichtungen, die in dieser Beziehung herrschen, zumutbar erscheinen. 109 Andererseits führt das Wissen um die Freiwilligkeit des Kontaktes bei den Parteien dazu, daß sie sich darauf verlassen dürfen, daß die jeweilige Gegenseite nicht in die Sonderverbindung tritt bzw. die Verbindung nicht aufrecht erhält, sofern sie mit deren Inhalten und Zielen nicht einverstanden ist. Die Teilnehmer der Sonderbeziehung dürfen daher darauf vertrauen, daß sich der Gegenüber mit der gemeinsamen Zwecksetzung, die die Beziehung bestimmt, fortdauernd identifiziert. Sind diese drei überwiegend auf tatsächlicher Ebene anzusiedelnden Voraussetzungen einer Sonderbeziehung erfüllt, wird die Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten – im Einklang mit dem Theorem zur zivilrechtlichen culpa in contrahendo 110 – von dem Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht. Allerdings kommt man nicht umhin, auf der Ebene des Anwendungstatbestandes gewisse Wertungen einfließen zu lassen. 111 Dem Charakter des Rechtsprinzips von Treu und Glauben als einem unbestimmten Rechtsbegriff würde ein starres Festhalten an den erarbeiteten Anwendungsvoraussetzungen nicht gerecht. Wegen der Elastizität und der relativen Unbestimmtheit des Rechtsgrundsatzes als „offene Norm“ 112 können die Modalitäten nur als Indikatoren des Treuegebotes Bedeutung gewinnen. Eine dergestalt intensivierte Kontaktaufnahme zwischen zwei Rechtssubjekten wird deshalb regelmäßig den Anwendungstatbestand des allgemeinen Rechtgrundsatzes von Treu und Glauben erfüllen. Gilt das Treuegebot aber nach Abwägung der Indizien, so gilt es als rechtsnotwendiger Automatismus und unabhängig von einem darauf gerichteten Willen der Teilnehmer. Damit bewirkt das Prinzip von Treu und Glauben ipso jure zwischen den Beteiligten eine Beziehung, die durch gegenseitige, aufeinander beM. Frost, S. 65; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 172. P. Krebs, Sonderverbindung, S. 171; A. Schüle, VerwArch 38 (1933), S. 399 (403); ähnlich O. Depenheuer, Verw.28 (1995), S.117 (118). Siehe auch M. Frost, S.65, die eine „positive Hinwendung in Richtung auf den anderen“ verlangt, vgl. ferner dies., S. 66 f. 109 P. Krebs, Sonderverbindung, S. 171 f. 110 Siehe oben § 2 I 2. 111 BVerwGE 78, S. 85 (90); R. Weber, JuS 1992, S. 631 (636); F. Weyreuther, DÖV 1997, S. 521 (525). Speziell für § 242 BGB J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764 f.; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62.Aufl., §242 Rn.3; K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 127); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 30; M. Vollkommer, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 242 Rn. 4; R. Weber, AcP 192 (1992), S. 516 (524 f.). 112 H. Bauer, Die Bundestreue, S. 316. § 242 BGB bezeichnen als offenen Tatbestand H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 1; A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 5. 107 108

70

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

zogene Rechte und Pflichten der Parteien gekennzeichnet ist. 113 Diese Relation ist als Besonderes Rechtsverhältnis aufgrund einer ungeschriebenen 114 Rechtsnorm, eben des allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben, zu qualifizieren. Das Rechtsverhältnis ist hinsichtlich des „Ob“ vom Willen der Beteiligten abhängig, die darüber entscheiden, überhaupt in einen gesteigerten Kontakt zu treten. Im Hinblick auf die Frage des „Wie“, also in bezug auf seine Ausgestaltung, entzieht sich das Rechtsverhältnis weitgehend der Macht der Teilnehmer und richtet sich nach dem normativen Maßstab von Treu und Glauben. Deshalb ist die Beziehung als „gesetzlich volldeterminiert“ 115 einzustufen. Projiziert man diese Erkenntnis, die als Konsequenz einer allgemeinen Rechtslehre einzustufen ist, auf das Öffentliche Recht, ergibt sich folgende Gleichung: Wenn der Staat und der Bürger in eine Sonderverbindung treten, die sich durch eine spezielle Interessenverknüpfung heraushebt, dann ergeben sich regelmäßig kraft Gesetzes für beide Teile Bindungen aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Mit diesem Rechtsprinzip liegt eine Norm des ungeschriebenen Rechts vor, die für beide Teile Bindungen generiert. Diese Rechtsbeziehung, die sich durch gegenseitige und aufeinander bezogene Rechte und Pflichten von Staat und Bürger auszeichnet, bildet ein gesetzlich volldeterminiertes Besonderes Rechtsverhältnis. Da das Rechtsverhältnis auf einem allgemeinen Rechtsgedanken fußt, erscheint seine Qualifizierung als privatrechtlich oder verwaltungsrechtlich nicht unproblematisch. Hier kann jedoch auf die Kriterien des Zusammenhangs und der Zielsetzung zurückgegriffen werden, die üblicherweise zur Qualifizierung von Realakten verwandt werden. 116 Die informale Kontaktaufnahme von Verwaltung und Bürger stellt denn auch keinen Selbstzweck dar; sie ist sinnhaft der Intention des Sonderkontaktes zuzuordnen. Das Ziel des Kontaktes liegt im Abschluss einer Vereinbarung über einem öffentlich-rechtlichen Regelungsgegenstand. Daher ist die die Vereinbarung vorbereitende Relation zwischen Staat und Bürger öffentlichrechtlicher Natur, sie ist somit als Verwaltungsrechtsverhältnis zu klassifizieren. Freilich setzt diese Einsicht auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau an. Der Konditionalsatz zur Entstehung eines solchen Verwaltungsrechtsverhältnisses ist vorsichtig formuliert und noch wenig präzise. Konkrete Bindungen von Verwaltung und Bürger werden nicht benannt. Die vorigen Ausführungen klären aber, daß sowohl der Bürger als auch die Verwaltung bei intensivierten, aber noch rein tatsäch113 Das stimmt mit der Dogmatik der zivilrechtlichen culpa in contrahendo überein, siehe oben § 2 II. 114 Ungeschrieben, soweit nicht § 242 BGB einschlägig ist. §242 BGB gilt etwa für das bürgerliche Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen, vgl. oben § 2 I 2. 115 Das entspricht der Terminologie bei N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 23, und dems., Die Rechtsordnung, S. 64. Die Einordnung der culpa in contrahendo als „weitgehend gesetzlich volldeterminiert“ bei Achterberg, Die Rechtsordnung, S. 82. 116 Vgl. etwa BVerwGE 79, S. 254 (257); BGHZ 29, S. 38 (41); 42, S. 176 (179); DÖV 1979, S. 865 f.; NVwZ 1983, S. 763; vgl. auch H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 28 (S. 1366); J. Scherer, NJW 1989, S. 2724 (2726 f.).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

71

lichen Kontakten rechtlichen Bindungen aus Treu und Glauben unterliegen, deren Ordnungsrahmen ein Verwaltungsrechtsverhältnis bildet. 117 2. Das Verwaltungsrechtsverhältnis bei informellem Verwaltungshandeln Gerade die Beziehung zwischen Bürger und Verwaltung bei informellem Verwaltungshandeln zeichnet sich aufgrund der tatsächlichen Kontaktaufnahme durch eine Nähe aus, die über die allgemeine Staat-Bürger-Beziehung hinausgeht. Die Erörterungen zum Prinzip von Treu und Glauben könnten einen Ansatz bieten, dieser Verwaltungssituation eine rechtliche Regelungsordnung zu geben, wenn beide Verhandlungspartner durch den Rechtsgrundsatz Bindungen unterlägen. Dazu müßte der Lebenssachverhalt informeller Beziehungen die oben herausgearbeiteten Anwendungsvoraussetzungen des Rechtsprinzips erfüllen (sub a). Als gedankliche Überprüfung eines bejahenden Ergebnisses würde zu fragen sein, ob eine etwaige Rechtsbindung nicht deshalb zu verwerfen wäre, weil sie dem ausdrücklichen Willen der Verhandlungspartner entgegensteht, denen es gerade auf eine informale und rechtlich unverbindliche Kontaktaufnahme außerhalb eines Verwaltungsverfahrens geht (sub b aa). Schließlich könnte auch eine Ausweitung der Pflichten des privaten Akteurs grundrechtlichen Positionen zuwiderlaufen (sub b bb). a) Die Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben auf informelle Kontakte zwischen Verwaltung und Bürger Als Indizien einer Anwendung des Prinzips von Treu und Glauben gelten: die rechtliche Gleichordnung der Beteiligten, die Verflechtung der Interessen und die Freiwilligkeit der Kontaktaufnahme. aa) Die Gleichordnung der Parteien Bei vordergründiger Betrachtung bestehen Zweifel an der rechtlichen Gleichgestelltheit der Beteiligten im informellen Verwaltungsrecht. Die hier interessierenden Kontakte spielen sich im Vorfeld einer Genehmigungserteilung oder einer nachträglichen Anordnung ab. Bei diesen Domänen des Ordnungsrechts handelt es sich um Lagen der Subordination 118 par excellence: Dem Bürger steht die Verwaltung ge117 Schließlich erhellen die Ausführungen auch die Bedeutung der Wirkung von Normen für die Rechtsverhältnislehre. Zu oberflächlich sind daher die Ansichten, die ohne weitere Reflexion ein Rechtsverhältnis aufgrund gesteigerter Nähe oder sozialen Kontaktes zwischen Bürger und Verwaltung annehmen, oben § 3 I 1 b Fn. 43. Das Verwaltungsrechtsverhältnis kann nicht aufgrund eines bloßen Realaktes entstehen, sondern nur, wenn eine Rechtsvorschrift an die Tathandlung Rechtsfolgen bindet. Das Rechtsverhältnis entfaltet sich also normabhängig. 118 Zur Abgrenzung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht mittels der sog. Subordinationstheorie (Über-Unterordnungstheorie/Subjektionstheorie) D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/

72

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

genüber, die ihn durch Verwaltungsakt, also durch eine einseitige Verfügung, bescheidet. Den Staat charakterisiert in dieser Situation Überlegenheit, vor allem Überlegenheit seiner Mittel. Von einer rechtlichen Gleichordnung könnte demnach nicht die Rede sein. Allerdings stimmt diese Betrachtung nicht mehr mit den Gegebenheiten einer modernen Verwaltung unter dem Grundgesetz überein, wie sie sich heute darstellt. Sie ist vielmehr Resultat eines obsoleten Verständnisses von Verwaltungsrecht, dessen Perspektive eindimensional auf die öffentlich-rechtliche Handlungsform gerichtet ist und dem Verwaltungsakt als einseitig-exekutive Maßnahme verhaftet ist. 119 Der Zeitraum, bevor die Verwaltung ihre Entscheidung trifft, ist im heutigen Verwaltungsrecht von vielfältigen Mitwirkungshandlungen des Adressaten gestaltet.120 Eine Ausprägung findet diese Mitwirkung im informellen Verwaltungsrecht. Bereits vor Einleitung des eigentlichen Verwaltungsverfahrens wird hier die Entscheidung der Verwaltung mit dem Betroffenen abgestimmt: Ein Investor wendet sich etwa vor der Antragstellung an die Verwaltung, um auszuloten, ob das Investitionsprojekt aus behördlicher Sicht Aussicht auf Erfolg hat. Die Behörde überprüft das Projekt grobgerastert innerhalb kurzer Zeit, stellt die Aussichtslosigkeit des Vorhabens heraus, regt Änderungen an oder erklärt, daß keine Einwände bestehen. Gegebenenfalls schließt sich aber auch ein informaler kommunikativer Prozeß an, in dem die Parteien gemeinsam überlegen, wie Hindernisse ausgeräumt werden könnten. 121 Das informelle Agieren vor Einleitung des Genehmigungsverfahrens ist auf das Finden eines Konsenses gerichtet. Eine völlige oder weitreichende Übereinstimmung wird dann regelmäßig in einem Kompromiß bestehen, das heißt, es werden beiderseitig Zugeständnisse gewährt. 122 Der gleiche Vorgang der Koordination ist auch im Vorfeld antragsunabhängiger umweltrechtlicher Anordnungen zu beobachten. Hierbei kann es sich beispielsweise um den nicht genehmigten Betrieb einer Anlage handeln oder auch darum, daß eine zunächst genehmigte Anlage nicht mehr den umweltrechtlichen AnforderunD. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 16; H.-U. Erichsen, Jura 1982, S. 537 (539 f.); J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 21–28; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 3 Rn. 16, die allesamt dieser Lehre des 19. Jahrhunderts kritisch gegenüberstehen. 119 Zu dieser eindimensionalen Auffassung bereits oben § 3 I 2 b. Zum Versagen der Subordinationstheorie bei der Verarbeitung der Handlungsformen Verwaltungsvertrag und Verwaltungsrealakt etwa D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 16 a. E.; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 27. 120 Siehe dazu schon oben § 3 I 2 b. 121 Vgl. die Darstellungen bei E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S.52 f.; R. Breuer, S. 231 (241); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (279 f.); K. Bussfeld, S. 39 (44); St. Kippes, Bargaining, S. 97; W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (192 f.); G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (297); R. Mayntz, S. 35 f.; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 41 f.; G. von Wedemeyer, S. 177. 122 Zu dieser Praxis E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 68; ders., VerwArch 75 (1984), S. 343 (347); N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 107 f.; zu dem Bereich des Atomrechts J. Wieland, ZUR 2001, S. 20 (22 f.), und bereits G. Winter, NJW 1979, S. 393 (399).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

73

gen entspricht. Die Behörde hat beim ungenehmigten Anlagenbetrieb die Möglichkeit, mit einer Untersagungsverfügung gem. § 20 BImSchG einzuschreiten oder bei einer bestehenden Genehmigung zur Anpassung an aktuelle immissionsschutzrechtliche Anforderungen nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG zu erlassen. Da hier bereits mehr oder minder lange ein ordnungswidriger Zustand besteht, hat die Verwaltung regelmäßig ein Ermessen, ob und in welchem Umfang sie einschreitet. Anstatt eine Verfügung einseitig an ein ohnehin wirtschaftlich gefährdetes Unternehmen zu erlassen, kann konsensual eine Sanierung über einen gestreckten Zeitraum vereinbart werden. 123 Das Ergebnis der Kompromißfindung wird sodann von der Verwaltung in eine öffentlich-rechtliche Handlungsform gegossen. Handlungsalternativen sind für sie die ihrerseits informale Absprache, der öffentlich-rechtliche Vertrag oder auch der Verwaltungsakt. Letzterer wird zwar hoheitlich, ohne rechtliche Mitwirkung des Verwaltungsadressaten erlassen. Am Inhalt des Verwaltungsaktes hat der betroffene Private dennoch mitgewirkt, so daß der Verwaltungsakt seinem Inhalt nach keineswegs einseitig, also vom Willen des Betroffenen unabhängig, ist. Vielmehr ist der Verwaltungsakt zwischen Bürger und staatlicher Entscheidungsinstanz abgestimmt, und er kann durchaus als de facto „ausgehandelt“ 124 bezeichnet werden. Die Willensübereinstimmung kann somit bei einem Verwaltungsakt gleichermaßen vorliegen wie bei dem Verwaltungsvertrag oder bei der Absprache. Für einen solchen koordinierten Verwaltungsakt gilt aber anders als bei den übrigen konsensualen Handlungsformen, daß er wegen der besonderen Verwaltungsverantwortung aufgrund des unilateralen Erlasses ausschließlich der Behörde zuzurechnen ist. 125 Das entspricht dem durch Art. 20 Abs. 2 GG postulierten Stufenmodell demokratischer Legitimation und Ausübung staatlicher Gewalt und begründet schließlich die signifikanten rechtlichen Wirkungen dieser Handlungsform. 126 Hinsichtlich des Erlasses des Verwaltungsaktes stehen sich Verwaltung und Bürger demnach nicht rechtlich gleichgeordnet gegenüber. Bei der Anbahnung eines konsentierten Verwaltungsaktes oder eines Verwaltungsvertrages oder einer Absprache begegnen sich aber Behörde und Privater faktisch als gleichberechtigte und 123 Vgl. hierzu M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (280); H. D. Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 5 f.; D. Song, S. 187 f.; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 56 f. 124 Diese Bezeichnung findet sich etwa bei A. Benz, Verw. 23 (1990), S. 83 (85); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 29; W. Henke, Subventionsrecht, S. 115 (122); W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (156); M. Kloepfer, „Gyosei Shido“, S. 83 (91); ders., Umweltrecht, § 5 III 1 (Rn. 188), § 5 III 2 (Rn. 197); J. Schmidt-Salzer, VerwArch 62 (1971), S. 135 (142); D. Song, S. 43. Vgl. auch H. Lecheler, BayVBl. 1992, S. 545 (548): „Einseitig ist der Verwaltungsakt nur im Rechtssinne, keinesfalls in der täglichen Verwaltungspraxis!“ 125 H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (771); H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S. 47 (64); E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform, S. 11 (60 f.); J. Schmidt-Salzer, VerwArch 62 (1971), S. 135 (142); W. Spannowsky, S. 66. 126 Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S.1 (8); E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S.533 (539); ders., Zur Reform, S. 11 (60); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 14 f., 260; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (214).

74

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

grundsätzlich gleichgestellte Partner. 127 Beide Seiten verfügen über Macht- und Drohpotentiale, durch die sie den Prozeß der Konsenssuche zu beeinflussen vermögen. Die Mächtigkeit der Verwaltung macht die Ausstattung mit hoheitlichen Befugnissen aus. Sie kann als Drohpotential den einseitig-imperativen Gesetzesvollzug mittels des Erlasses einer belastenden Maßnahme oder auch die Versagung der erwünschten Amtshandlung einsetzen. 128 Dem steht auf seiten des privaten Adressaten nicht nur im Bereich der belastenden Anordnungen die Macht gegenüber, das Verfahren zu blockieren, beispielsweise durch die Vorenthaltung von Informationen oder die Ausnutzung zeitraubender Rechtsmittel.129 Darüber hinaus werden oftmals die wirtschaftlichen Potentiale des Unternehmers die Drohung ermöglichen, Investitionen, die im Interesse der Verbesserung oder Erhaltung der Lebensbedingungen einer Wirtschaftsregion wichtig sind, zu unterlassen oder Betriebsteile mit der Konsequenz des Verlustes von Arbeitsplätzen oder der Verschlechterung der Versorgungsbedingungen stillzulegen. 130 Auf den Begriff gebracht, wird im informellen Verwaltungsrecht die fehlende rechtliche Gleichordnung durch eine faktische Gleichstellung von Verwaltung und Bürger überlagert, die eine Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben rechtfertigt. 127 Vgl. U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 253; A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 28, 38, 113; G. Dauber, S. 67 (70 f.); M. Kutscha, S. 13 (19); H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 214, 294; H. Rossen-Stadtfeld, NVwZ 2001, 361 (365); H. Schulze-Fielitz, Der Leviathan, S. 95 (106); D. Song, S. 26; W. Spannowsky, S. 70; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 73; U. Volkmann, JuS 2001, S. 521 (523 f.). Entsprechend für das schweizerische Recht H. Pfenninger, S. 63, 78, 99, der gar eine rechtliche Gleichordnung annimmt. 128 A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 116; W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1029); ders., DVBl. 1994, S. 133 (137 f.); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (289); Ch. Gusy, ZfU 1990, S. 353 (357); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S.187 (210); H.D. Jarass, DVBl. 1986, S.314 (320 f.); St. Kautz, S. 100 f.; M. Kloepfer, „Gyosei Shido“, S. 83 (93); ders., JZ 1991, S. 737 (743); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (3); R. Mayntz, S. 40, 407; E. Treutner, S. 65 (83). Drastisch E.-H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium, S. 69 (82): einseitige Rechtsanwendungsakte des Staates als „Knüppel aus dem Sack“, wenn die Kooperationswilligkeit erlahmt. 129 A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 105; E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 69; W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1029); ders., DVBl. 1994, S. 133 (138); N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 90; W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (129 f., 164); St. Kautz, S. 100; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (297); W. Spannowsky, S. 51; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 57. Daß der Bürger es in der Hand hat, die Wirksamkeit einer nachträglichen Anordnung durch eine Anfechtung über viele Jahre hinauszuschieben, betonen H. D. Jarass, DVBl. 1985, S. 193 (194); ders., BImSchG, § 17 Rn. 5; R. Mayntz, S. 39; nach G. Lübbe-Wolff, Modernisierung, S. 97 (115), sogar über „Jahrzehnte“. Beispiele aus der Praxis, wo das Rechtsmittel als Drohpotential eingesetzt wurde, bei N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 277, 288. 130 Vgl. hierzu A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 247; N. Dose, Kooperatives Handeln, S. 91 (94); H. Fischer, DVBl. 2001, S.258 (261 f.); Ch. Gusy, ZUR 2001, S.1 (3); W. HoffmannRiem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (210 f.); ders., Verwaltungsreform, S. 115 (149 f.); St. Kippes, Bargaining, S. 96; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (297); dies., Stand und Instrumente der Implementation, S.77 (101); W. Spannowsky, S.51; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 65; U. Volkmann, JuS 2001, S. 521 (523); A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 55 f., 58.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

75

bb) Die Interessenverflechtung Leichter zu bejahen ist beim informellen Verwaltungshandeln die Verflechtung der konfligierenden Interessen von öffentlicher und privater Seite sowie die Abhängigkeit etwaiger beiderseitig zu erbringender Leistungen als Anwendungsvoraussetzung des Treuegrundsatzes. Grundsätzlich besteht für beide Seiten ein Interesse daran, eine Industrieansiedlung zügig zu gewährleisten oder den Betrieb eines Unternehmens aufrechtzuerhalten: für den Bürger aufgrund seines persönlichen Gewinnstrebens, für die öffentliche Hand aus Gemeinwohlerwägungen heraus, etwa um die wirtschaftlich Entwicklung zu fördern, um Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern und um das Steueraufkommen zu verbessern bzw. zu erhalten. 131 Innerhalb informaler Kontakte berücksichtigen beide Parteien die Forderungen, welche der andere Teilnehmer aufstellt. Die Verhandlungen laufen in gewisser Weise auf einen „Tauschprozeß“ 132 hinaus, in dem letzten Endes beide Akteure wechselseitig nachgeben. 133 Im Rahmen eines Austauschs stellt der potentielle Investor frühzeitig vor Einleitung eines eigentlichen Genehmigungsverfahrens Informationen und Unterlagen über die Art und den Umfang des geplanten Projektes oder des bereits betriebenen Unternehmens zur Verfügung. Der Vorteil für die Verwaltung besteht zum einen in einer Vereinfachung der Arbeit und letztlich in der Ersparnis von Arbeitsaufwand durch den Informationsgewinn. 134 Zum anderen verspricht sich der Bürger, eventuell sinnlose und damit unrentable Planungskosten und Gebühren für einen Vorbescheid zu sparen. Schließlich wird für den Investor Rechts- und Planungsunsicherheit abgebaut, wenn er beizeiten erfährt, welche rechtlichen Anforderungen an das Projekt gestellt werden. Dadurch wird der berechtigte Wunsch des Unternehmers befriedigt, vor der Investition erheblicher Mittel für eine Industrieansiedlung zu erfahren, ob der Standort zur Niederlassung überhaupt geeignet ist und mit welchen 131 B. Bachmann, S. 164, 251 a. E.; H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (273); H. D. Jarass, DVBl. 1985, S. 193 (194); ders., BImSchG, § 17 Rn. 5 a. E.; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (301); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 36. Zum Standortwettbewerb unter den Gemeinden K. Bussfeld, S. 39 (43); A. Lischke, S. 220; G. Lübbe-Wolff, NuR 1993, S.217 (219). Zum Verwaltungsverfahren als Kostenfaktor für den beteiligten Unternehmer P. Rombach, S. 148–150; B. Stockburger, GewArch 1992, S. 328 f. 132 Den Begriff des „Tausches“ gebrauchen wertungsneutral für den informellen Kontakt etwa U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 250; N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 87; H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (270); St. Kippes, Bargaining, S. 204 f.; St. F. Rabe, S. 125, 133; E.-H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium, S.69 (81); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 42; D. Song, S. 18; R. Stober, Rückzug, S. 63. Hingegen kritisch A. Benz, Normanpassung, S. 31 (50–57); E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 224–229; W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1029); ders., DVBl. 1994, S. 133 (138); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (208); ders., Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (148 f., 151); F. Hufen, Die Grundrechte, S. 273 (278); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 45, 65. 133 Zu den Verhandlungsspielräumen der Verwaltung siehe oben § 1 I. 134 N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 13; H. Schulze-Fielitz, Informales oder illegales Verwaltungshandeln?, S. 233, 245; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 29.

76

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Kosten, insbesondere aufgrund umweltrechtlicher Auflagen, im Falle einer Ansiedlung zu rechnen ist. 135 Die Behörde kann ihrerseits in einem frühen Stadium Einfluß auf die Projektplanung nehmen, öffentliche Belange zur Geltung bringen und spätere Rechtsstreitigkeiten weitgehend ausschließen. 136 Zugunsten des Bürgers kann die Verwaltung schon in dieser Phase Hindernisse ausräumen, zum Beispiel durch eine rechtzeitige Änderung von Bebauungsplänen. Womöglich verpflichtet sich der Private im Gegenzug, bei der Anlageplanung auch Maßnahmen zu berücksichtigen, die über das eigentlich rechtlich Vorgeschriebene hinausgehen. 137 Aus der informellen Kontaktaufnahme resultiert schließlich ein Gewinn an Sicherheit und Geschwindigkeit im Genehmigungsverfahren, der nicht allein dem Bürger, sondern auch der Verwaltung zugute kommt. 138 Wird einem Betreiber bei der Anordnung und Durchführung einer Sanierung Entgegenkommen gezeigt, etwa durch die vorübergehende Duldung eines an sich rechtswidrigen Zustandes und durch eine zeitliche Streckung der erforderlichen Sanierungsmaßnahme, läßt sich der Betreiber vielleicht auf eine umfassende Sanierung ein, die mit einer Verfügung ohne vorherige Verständigung so nicht durchsetzbar gewesen wäre. 139 Das Verhandlungsergebnis kann dann in gleicher Weise rechtsverbindlich als Verwaltungsakt oder Verwaltungsvertrag oder eventuell auch rechtlich unverbindlich als Absprache 140 verfestigt werden. Insbesondere kann eine 135 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 57, 68 f.; M. Bulling, Umweltschutz, S. 147 (150); N. Dose, in: Festschrift Ellwein, S. 111 (120); ders., Die verhandelnde Verwaltung, S. 87 f.; H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (774); H. Jäde, BayVBl. 1988, 264; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (297); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 40 f., 42; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 30. 136 H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (252); C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (441 f.); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (272); ders., DÖV 1997, S. 768 (774); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 (Rn. 223); H. Schulze-Fielitz, Informales oder illegales Verwaltungshandeln?, S. 233 (245). 137 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 68. Vgl. auch die Darstellungen des Verhandlungsprozesses bei P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S.125 (141); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (280), sowie die praktischen Beispiele bei B. Bachmann, S. 160, und N. Dose, Kooperatives Handeln, S. 91 (100 f., 109 f.). 138 H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (252); K. Bussfeld, S. 39 (45); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 29, 71; G. von Wedemeyer, S. 16. 139 P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S. 125 (140 f.); H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (248); J. Fluck, NuR 1990, S. 197 (198); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (273); St. Kautz, S. 63 f.; R. Mayntz, S. 427; St. F. Rabe, S. 103. Vgl. auch die Beispiele aus der Praxis bei M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (284–286); dems., Umweltschutz, S. 147 f.; N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 205, 300. Zur „aktiven Duldung“ durch die Behörde A. Randelzhofer/D. Wilke, S. 79. 140 E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S.343 (355); H. D. Jarass, § 17 BImSchG Rn. 6 f.; G. von Wedemeyer, S. 172. Bei E. Bohne, a. a. O., sowie dems., Der informale Rechtsstaat, S. 74–77, die Bezeichnung „Austauschabsprache“. Bohne unterscheidet diese Abspracheform von der „einfachen Absprache“, die sich lediglich auf Ziele und Durchführungsmodalitäten einer einzelnen Maßnahme bezieht, und von der „Vergleichsabsprache“, die bei bestehenden Ungewißheiten über die Sach- oder Rechtslage getroffen wird.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

77

umweltrechtliche Sanierungsforderung Gegenstand einer Ordnungsverfügung, eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder einer Sanierungsabsprache sein. Die Wahl der Handlungsform liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung, wobei inhaltlich zwischen Sanierungsverfügung, Sanierungsvertrag und Sanierungsabsprache kein Unterschied besteht. 141 Diese angesichts der immensen Erscheinungsvielfalt informeller Kontakte zwangsläufig vereinfachenden, modellhaften Beschreibungen des informalen Verwaltungshandelns legen dar, daß die Interessen der beteiligten Parteien vielfältig miteinander verwoben sind. Beide Seiten begeben sich durch die Aufnahme der Verhandlungen eines Interessenausgleiches wegen in die Einflußsphäre des anderen Teils. Beide Seiten wenden Vermögenswerte durch Planungen und Überlegungen auf. Der Investor oder Betreiber stellt sich bei seinem Vorgehen auf die Vorstellungen der Verwaltung ein und nimmt gegebenenfalls Änderungen an seinem Vorhaben vor. Auch die Verwaltung setzt Zeit und – regelmäßig knappe – Ressourcen ein. Insoweit „investieren“ beide Parteien in die Planungen. 142 Diese Vorleistungen sind in besonderer Weise den erhöhten Einwirkungsgefahren aus dem Verantwortungs- und Beherrschungsbereich des anderen Teils ausgesetzt. Die Verhandlungspartner vertrauen sich insofern einander an. Durch die Vorbereitung und Durchführung eines „Austausches“ von Leistungen und Gegenleistungen wird beiderseitig berechtigtes Vertrauen genährt und auch in Anspruch genommen. Diese Situation des intensivierten Vertrauens wird durch die Beteiligten regelmäßig gewünscht und durch Äußerlichkeiten gesteigert. So finden die Verhandlungen häufig unter Teilnahme der Betriebs- oder Unternehmensleitung auf seiten des Privaten und des Abteilungs- und/oder Behördenleiters für die öffentliche Partei statt. 143 Über den Verlauf der Verhandlungen wird berichtet, daß sie in einem äußeren Rahmen abliefen, dessen Stil geradezu als „formal und förmlich“ zu bezeichnen sei. 144 Andere geben eine intimere Beschreibung der Kommunikation und sehen sie durch die „anheimelnde Wärme von partnerschaftlichen Kooperationsbeziehungen“ charakterisiert. 145 Mögen beide Darstellungen von einer positiven oder negativen Voreingenommenheit gegenüber informalen Verwaltungskontakten eingefärbt sein, so lassen sie doch eine Beziehung erkennen, die auch von persönlichem Vertrauen gegenüber dem anderen Teil gekennzeichnet ist. 146 Ohne ein solches Mindestmaß an Vertrauen wäre ein Kooperieren allemal sinnlos. 141 E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (357); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 134. 142 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 56; Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (6); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 36, 224; vgl. auch E. Hagenah, S. 59. 143 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 51 f.; R. Mayntz, S. 321 f.; vgl. mit Fallstudien B. Bachmann, S. 160–163, 182 f., 223, 219 f. 144 M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (278, 288). 145 W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (209). 146 A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 110, 336; N. Dose, in: Festschrift Ellwein, S. 111 (123); St. Kippes, VR 1997, S. 41 a. E.; für die Schweiz H. Pfenninger, S. 78. Zur Bedeutung

78

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Das mit groben Strichen gezeichnete Bild infomaler Verwaltungskontakte erinnert schon seiner äußeren Gestalt nach stark an die Ausgangslage der zivilrechtlichen culpa in contrahendo, des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen. Hier wie dort erbringen die Beteiligten bereits vor der vollständigen Willensübereinstimmung vermögenswerte Aufwendungen, die aufeinander bezogen sind und deren Erhalt und Rentabilität allein vom Verhalten der Gegenseite abhängt. Hier wie dort sehen sich die Rechtssubjekte wegen des Verhaltens der anderen Seite zu Leistungen veranlaßt. Den so erbrachten Vorleistungen geht ein Vertrauen auf die Zuverlässigkeit und Loyalität der Gegenseite voraus, das erst die Gefährdung der eigenen Vermögenspositionen gestattet. Es zeigt sich, daß auch im informellen Verwaltungsrecht die Interessen des Bürgers und der Verwaltung in vielfacher Weise miteinander verknüpft sind. Der Verwaltung ist an einer optimalen Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben und einem rentablen Einsatz der Verwaltungstätigkeit gelegen. Seitens des privaten Wirtschaftssubjektes spielen die ökonomischen Ziele eine Rolle, die mit der Planung bezweckt oder mit dem bestehenden Betrieb erreicht werden sollen, sowie das Interesse an einer Erhaltung der aufgewandten Vorleistungen. Die erbrachten Leistungen und auch die Leistungen innerhalb der intendierten Vereinbarung stehen in besonderer Weise in einem Verhältnis der Abhängigkeit. Festzuhalten ist, daß auch eine hinreichende Konnexität der Interessen als Voraussetzung der Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben bei den informellen Verwaltungskontakten besteht.

cc) Die Freiwilligkeit des Kontaktes Als letztes Indiz, welches eine Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu rechtfertigen vermag, wurde die Freiwilligkeit der Kontaktaufnahme entwikkelt. Ein Investor ist von Rechts wegen verpflichtet, die vorgeschriebenen Genehmigungen einzuholen. Dem Betreiber tritt die Verwaltung ungebeten gegenüber, um eine nachträgliche belastende Anordnung zu erlassen. Insofern nimmt sich eine Freiwilligkeit des Kontaktierens zwischen Unternehmer und Verwaltung als äußerst fraglich aus. 147 Allerdings ist der Unternehmer nicht rechtlich angehalten, außerhalb eines Verwaltungsverfahrens mit der Verwaltung in Verbindung zu treten. Ein Aufeinanderzugehen und eine Kooperation kann weder von der Verwaltung noch von dem Verwaltungsadressaten einseitig erzwungen werden. Sie setzt beiderseitige Bevon Vertrauen bei der (rechtlich unverbindlichen) Absprache St. F. Rabe, S. 27, 29. Zur Funktion persönlicher Kontakte bei der Kooperation B. Bachmann, S. 216–219, 281; generell N. Luhmann, Vertrauen, S. 47 f. K.-H. Ladeur, VerwArch 86 (1995), S. 511 (520), betont, daß auf der Seite der Verwaltung die handelnden Personen ihr persönliches Prestige zur Vertrauensbildung einsetzen. Eine solche persönliche Verstrickung der Amtswalter birgt allerdings auch Gefahren in sich. Kritisch denn auch W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (204, 213), der ein kollusives Zusammenwirken fürchtet. 147 A. Voßkuhle, ZUR 2001, S. 23 (27 f.).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

79

reitschaft zur Zusammenarbeit voraus. 148 So ist auch ein Tausch von Leistungen nicht möglich, ohne freiwillig Interessen einzubringen und sie in den Verhandlungen zur Disposition zu stellen. Damit beide Seiten überhaupt den Versuch unternehmen, einen Kompromiß zu finden, ist es notwendig, daß sie sich auf die Verhandlungen einlassen und eine gewisse freiwillige Kooperationsbereitschaft aufbieten. Somit ist bei informellen Verwaltungskontakten auch die für eine Wirkung des Treuegrundsatzes erforderliche Freiwilligkeit der Verbindung gegeben. b) Gegenüberlegungen Nach den vorigen Erörterungen sind informelle Verwaltungskontakte mit dem Bürger grundsätzlich von der ungeschriebenen Norm des Treuegrundsatzes beherrscht, woraus ein Verwaltungsrechtsverhältnis resultiert. Gegen eine rechtliche Bindung von Verwaltung und Bürger könnte indessen stehen, daß die Beteiligten gerade den informalen Kontakt wählen, um sich in einem rechtlich unverbindlichen Rahmen zu bewegen, und daß ihnen somit ein Rechtsfolgewille fehlt. Überdies ist zu prüfen, ob eine derart gewonnene Treueverpflichtung des Privaten gegenüber der Verwaltung nicht dem Gesetzesvorbehalt widerspricht. aa) Der fehlende Rechtsbindungswille Gegen das Entstehen eines Verwaltungsrechtsverhältnisses durch den Realakt der informellen Verhandlungen könnte sprechen, daß die Akteure bewußt ohne Rechtsbindungswillen die Verbindung eingegangen sind. 149 Da die Verhandlungspartner keine rechtlichen Folgen beabsichtigten, mutet eine Verpflichtung auf Treu und Glauben zweifelhaft an. 150 Allerdings ist zu beachten, daß Verwaltung und Bürger sich nicht allein aufgrund eines bloßen Willensentschlusses aller rechtlichen Bande entledigen können. Die Verhandlungspartner mögen wohl keinen Bindungswillen 148 A. Benz, Verw. 23 (1990), S. 83 (87); ders., Kooperative Verwaltung, S. 18, 39; K. Bussfeld, S. 39 (42); O. Depenheuer, Der Gedanke der Kooperation, S. 17 (34); W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (164); St. Kippes, Bargaining, S. 45; E.-H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium, S. 69 (80); insbes. für die regelungsersetzende Absprache St. F. Rabe, S. 136 f. Vgl. auch V. Schlette, S. 45 f., für die Aufnahme von Vertragsverhandlungen. 149 Das Fehlen eines Rechtsfolge- oder m. a.W. eines Rechtsbindungswillens bei den informellen Kontakten heben hervor H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (260); W. Beyer, S. 268 f.; E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 54; ders., in: O. Kimminich/H. Frhr. von Lersner/P.-Ch. Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, Stichwort: Informales Verwaltungshandeln, Sp. 1046 (1047); W. Brohm, DVBl. 1994, S. 133 (134); C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (444); M. Kloepfer, „Gyosei Shido“, S. 83 (97 f.); P. Körner, S. 137; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S.1193 (1201); St. F. Rabe, S. 22; W. Spannowsky, S. 62, 69; G. von Wedemeyer, S. 176; A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S.60 f.; J. Ziekow, Verankerung, S.8. 150 So etwa für die informelle Handlungsweise durch Absprache Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201), und W. Spannowsky, S. 62, 69, 452, da die Absprache kein „verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis“ begründe.

80

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

hinsichtlich der Erbringung der Leistungen haben, um die sich die Verhandlungen drehen, da sie die Unverbindlichkeit ihres Kooperierens beabsichtigt haben. Die Verpflichtung auf Treu und Glauben macht es aber aus, daß sie bereits gilt, wenn die Beteiligten in ein hinreichendes faktisches Verhältnis der Nähe getreten sind. Die Obligation ergibt sich mit der Verwirklichung der Anwendungsvoraussetzungen ipso jure, also kraft Gesetzes und unabhängig vom Willen der Beteiligten. 151 Die Treuepflichten in Form von Schutz- und Loyalitätspflichten treffen die Partner informeller Verhandlungen denn auch gelöst von der Frage, ob später primäre Leistungspflichten entstehen. Selbst wenn die Kooperanten sich bei den informalen Verhandlungen nicht binden wollen, können sie sich nicht in einem rechtsfreien Raum bewegen. Die Parteien unterliegen wegen der besonderen Nähe und des beanspruchten Vertrauens zumindest den rechtlichen Bindungen von Treu und Glauben. 152 bb) Die Grundrechtspositionen des Privaten Ferner ergeben sich Bedenken gegen die Annahme eines Verwaltungsrechtsverhältnisses bei informellem Verwaltungshandeln angesichts der Belastung des Privaten mit neu geschaffenen, „geborenen“ Pflichten. Die Konstruktion eines Verwaltungsrechtsverhältnisses darf nicht zu einer Ausweitung der Pflichten des Bürgers führen. Dem steht der Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG entgegen, der für Eingriffe in die Rechtssphäre des Bürgers das Erfordernis einer gesetzlichen Eingriffsermächtigung aufstellt. 153 Vor besonderen Verhaltenspflichten gegenüber der Verwaltung schützt den Bürger die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 Siehe bereits oben § 3 II 1 b. Für eine Geltung des Grundsatzes von Treu und Glauben im informellen Verwaltungsrecht auch H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (263); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 9; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32 Rn. 6; R. Gröschner, Verw. 30 (1997), S. 301 (333 f.); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 281; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, § 10 II 9 (S. 497); G. von Wedemeyer, S. 237. Ebenso für das schweizerische Recht, wo das Treu-und-Glauben-Prinzip eine positivrechtliche Normierung in Art. 5 Abs. 3, 9 Bundesverfassung und Art. 2 Abs. 1 Zivilgesetzbuch erfahren hat und gleichfalls als allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkennt ist, Th. Müller-Graf, S. 209; H. Pfenninger, S. 188, 194. Vgl. auch bereits Ch.-F. Menger, in: Festschrift Bogs, S.89 (100 f.): „Gerade in unserer Zeit, in der das klassische Verwaltungsrecht durch neue Formen des Verwaltungshandelns ergänzt wird, können wir auf das Arbeiten mit Rechtsgrundsätzen weniger denn je verzichten.“ 153 Das betonen zu Recht H. Meyer, VVDStRL 45 (1987), S. 276 f.; J. Murach, Die Haftung, S. 61 f.; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 2, § 70 Rn. 31 (S. 646), A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (212), und P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 32, wobei letztere darauf hinweisen, daß andernfalls jedes den Zweck des Rechtsverhältnisses fördernde Verhalten vom Bürger aufgrund einer Nebenpflicht gefordert werden könnte. Ähnlich Th. von Danwitz, Verw. 30 (1997), S. 339 (352); siehe ferner P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (285 Fn. 134). 151 152

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

81

GG, in welche ohne Ermächtigungsgrundlage nicht eingegriffen werden darf. Eine Auferlegung neuer, nicht bereits vorgefundener Verpflichtungen allein aufgrund des Vorliegens eines Besonderen Rechtsverhältnisses würde einen fundamentalen Bruch mit den Prämissen der Rechtsverhältnislehre bedeuten, die bestehende subjektive Rechte und korrespondierende Verpflichtungen im Rechtsverhältnis integriert, sie aber nicht neu kreiert. 154 Für das informelle Verwaltungshandeln ist demnach zu beachten, daß die Konstruktion eines Besonderen Rechtsverhältnisses nur einen Ordnungsrahmen für die schon bestehenden Rechte und Pflichten aus Treu und Glauben bildet und keine zusätzlichen Verpflichtungen für den Bürger aufstellt. Die aus dem Prinzip von Treu und Glauben abzuleitenden Rechtssätze, die dem Bürger ein redliches Verhalten bei den informalen Verhandlungen abfordern, treffen auf das Grundrecht des Bürgers aus Art. 2 Abs. 1 GG. Als Schranke ist das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit der verfassungsmäßigen Ordnung unterworfen, wobei unter verfassungsmäßiger Ordnung die Gesamtheit der Normen zu verstehen ist, die mit der Verfassung in Einklang steht. 155 Unter dem einschränkenden Normenbestand ist nicht nur das Gesetzesrecht zu verstehen, auch das ungeschriebene Recht bildet eine Schranke der Handlungsfreiheit. Deshalb steht Art. 2 Abs. 1 GG genau genommen nicht unter einem Gesetzesvorbehalt, sondern weitergehend unter einem Rechtsvorbehalt. 156 Der Treu-und-Glauben-Grundsatz blieb zwar für das Öffentliche Recht ungeschrieben. Aber auch ein überpositiver, allgemeiner Rechtsgrundsatz wirkt vermittels seiner Ableitungen normativ und ist Bestandteil der Rechtsordnung. 157 Die Treueverpflichtung bildet deshalb eine Schranke der Handlungsfreiheit des Bürgers nach Art. 2 Abs. 1 GG. Die Belastung des privaten Verhandlungspartners während der informalen Kooperation mit Schutzpflichten, die aus Treu und Glauben resultieren, ist folglich als Grundrechtseingriff gedeckt. Die Konstruktion 154 Vgl. H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 7, 38; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 22; A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (204 f.); F. E. Schnapp, DÖV 1986, S. 811 (819); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 205; vgl. auch K.-H. Ladeur, VerwArch 86 (1995), S. 511 (526): Das Rechtsverhältnis ist keine „freisprudelnde Quelle unkalkulierbarer Rechtswirkungen“; ferner oben § 3 I 1 b. Unklar dagegen Th. Meysen, Die Haftung, S. 353 f., der „über das Verwaltungsrechtsverhältnis“ Pflichten ermittelt und dann eine „Haftung aus Verwaltungsrechtsverhältnis“ konstruiert; ähnlich P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 34–36. 155 Vgl. etwa BVerfGE 6, S. 32 (37 f.); 80, S. 137 (153). 156 Vgl. BVerfGE 6, S. 32 (40); H. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 38; H. D. Jarass, in: ders./B. Pieroth, GG, Art. 2 Rn. 17; Ph. Kunig, in: I. von Münch/Ph. Kunig (Hrsg.), GG, Art. 2 Rn. 23; H. Maurer, Staatsrecht, § 9 Rn. 54. Restriktiver indes H.-U. Erichsen, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 152 Rn. 31 (S. 646), nach Erichsen zählen zur „verfassungsmäßigen Ordnung“ im Sinne des Art.2 Abs. 1 GG nur solche Normen, die durch oder aufgrund eines Parlamentsgesetzes entstanden sind. 157 Eine anderen Weg wählen B. Pieroth/B. Schlink, Rn. 388, wenn sie Treu und Glauben eine die Handlungsfreiheit begrenzende Wirkung über das „Sittengesetz“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG geben; vgl. dazu D. Murswiek, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 2 Rn. 95 f. Der unmittelbaren normativen Wirkung des Treuegebotes wird die Zuweisung zur verfassungsmäßigen (Rechts-)Ordnung jedoch eher gerecht.

6 Kellner

82

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

eines Verwaltungsrechtsverhältnisses aufgrund des Prinzips von Treu und Glauben bei informellem Verwaltungshandeln hält sonach auch dem Versuch einer grundrechtlichen Überprüfung stand. c) Ergebnis Die Beziehung zwischen Verwaltung und Bürger zeichnet sich bei informellen Kontakten durch die Gleichordnung der Parteien, durch eine Interessenverflechtung und durch die Freiwilligkeit der Verbindung aus, so daß das allgemeine Prinzip von Treu und Glauben Anwendung findet. Der Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben obligiert sowohl den Bürger als auch die Verwaltung unabhängig von einem darauf gerichteten Willen der Beteiligten. Der Belastung des Privaten mit dieser Verhaltenspflicht stehen dessen Grundrechte nicht entgegen. Auf diese Weise stabilisiert die ungeschriebene Vorschrift von Treu und Glauben die Beziehung zwischen Verwaltung und Bürger im informellen Verwaltungsrecht ipso jure zu einem Verwaltungsrechtsverhältnis. 158 3. Die Sanktionierung von Pflichtverstößen: Begründung einer Rechtsverhältnishaftung So wenig, wie sich die Verwaltung und der Bürger beim informalen Verwaltungshandeln in einem rechtsfreien Raum bewegen, befinden sie sich in einem rechtsfolgenfreien Raum. Die Annahme eines Verwaltungsrechtsverhältnisses wäre kaum mehr als hohler „juristischer Ästhetizismus“ 159, wenn nicht auch die Verletzung der wechselseitigen Rechte und Pflichten sanktioniert würde. 158 Hervorzuheben ist, daß die Stabilisierung aufgrund des Prinzips von Treu und Glaubens eintritt, welches selbsttätig wirkt. Verfehlt wäre es, auf „Vorwirkungen“ eines sich anschließenden rechtsförmlichen Verwaltungshandelns abzustellen, so aber U. Beyerlin, NJW 1987, S. 2713 (2718); P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (262); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (213); J. Punke, S. 104. Wenigstens in der Formulierung unscharf R. Keller, S. 127; Th. Meysen, Die Haftung, S. 355; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 217; ders., Die Rechtsverhältnislehre, S. 257 (259). Die Unrichtigkeit einer solchen Konstruktion wird schon offenbar, wenn zugleich eingestanden wird, daß das Entstehen eines Verwaltungsrechtsverhältnis aber vom Eintreten eines anschließenden Verwaltungsverfahrens unabhängig ist, so aber H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275). Vgl. als Parallele zu dieser unzutreffenden Konstruktion die überholte Ansicht des Zivilrechts, welche die Haftung wegen culpa in contrahendo als eine Vorwirkung eines sich anschließenden wirksamen Vertragsschlusses betrachtet, oben § 2 I 1 Fn. 21. 159 So zutreffend A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (19), der aber auf halbem Wege stehenbleibt, wenn er eine Rechtsverhältnishaftung nur im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs nach § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG anerkennt.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

83

a) Die Konstruktion der Schadensersatzpflicht Innerhalb der gesamten Rechtsordnung herrscht der Grundsatz, daß eine zu vertretende Pflichtverletzung in einer Sonderbeziehung als „Forderungsverletzung“ Reaktionsansprüche des Verletzten gegen den Schädiger generiert. Die Anerkennung von primären Handlungspflichten gegenüber einem anderen innerhalb einer Spezialverbindung impliziert gleichsam als regelungsbedürftigen Tatbestand den Fall der Nichterfüllung der Obligationen. 160 Dieser ist mit einer werterhaltenden, sekundären Haftung des Schädigers gegenüber dem Subjekt zu füllen, dem das korrespondierende Recht zustand. 161 Auch bei diesem, eine Haftpflicht gebietenden Grundsatz handelt es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der keiner weiteren Begründung zugänglich ist, aber auch keiner weiteren Erklärung bedarf. 162 Dabei bestehen keine Bedenken, diesen allgemeinen Rechtsgedanken auch auf die Verletzung der aus einem Anbahnungsverhältnis entspringenden Vertrauenspflichten anzuwenden: Mit dem vorkonsensualen Kontakt liegt sowohl im Privatrecht als auch im Öffentlichen Recht ein durch das Prinzip von Treu und Glauben pflichtenversehenes Besonderes Rechtsverhältnis vor, das den Anforderungen einer Sonderbeziehung genügt. Im Zivilrecht führen in der Phase der Anbahnung eines Vertragsschlusses Pflichtverletzungen im vorvertraglichen (Schuld-)Verhältnis gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB reaktiv zu einer Kompensationspflicht nach den Grundsätzen des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen. Dieses zivilrechtliche Haftungsinstitut ist dogmatisch als Konkretisierung einer Forderungsverletzung im Verhältnis der Koordination einzuordnen. 163 Gemäß dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von den Forderungsverletzungen muß auch im Öffentlichen Recht bei einem Verstoß gegen die aus Treu und Glauben resultierenden Obligationen eine Ersatzpflicht des Schädigers zugunsten des verletzten Teils entstehen. Da im verwaltungsrechtlichen Anbahnungsverhältnis die Treue160 Vgl. auch den generalklauselartigen Tatbestand des §280 Abs.1 BGB, der allgemein eine Schadensersatzpflicht für die zu vertretende Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis vorschreibt. Dazu die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 306 f. 161 L. Simons, S. 132, 134; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 35. 162 BVerwGE 13, S. 17 (22 f.); DVBl. 1963, S. 677 (678); BGHZ 43, S. 178 (184 f.); OVG Koblenz, DÖV 1965, S.55 f.; H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn.737; J. Hüttenbrink, Schadensersatzansprüche, S. 45 f., 97; ders., DVBl. 1981, S. 989; B. Janson, DÖV 1979, S. 696 (698); Ch. Koenig, DÖV 1994, S. 286 (288–290); Th. Meysen, Die Haftung, S. 300; H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 112; ders., in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 74; H. Schnellenbach, JuS 1989, S. 435; G. Schwär, S. 165; L. Simons, S. 132, 176; K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 (609); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 35–37. Vgl. für das Zivilrecht zu den Forderungsverletzungen durch positive Handlungen H. Staub, S. 15, sowie den bis in das 18. Jahrhundert zurückreichenden historischen Abriß zum Gedanken einer Forderungsverletzung im Zivilrecht bei M. Kotulla, ZRG Germ. Abt. 108 (1991), S. 358 (362–374). 163 Dazu bereits oben § 2 I 2.

6*

84

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

pflichten wechselseitig bestehen, können beide Teile, das heißt: Bürger und öffentliche Hand, Pflichtverletzungen begehen. Werden die aus dem Treu-und-GlaubenPrinzip resultierenden Treue- und Loyalitätspflichten innerhalb des Verwaltungsrechtsverhältnisses schuldhaft verletzt, schlägt die primäre Treueverpflichtung in eine sekundäre Kompensationspflicht um. Danach ist der verletzte Teil vermögensmäßig so zu stellen, als wäre der Loyalitätspflicht Genüge getan. Wegen der beidseitigen Pflichtbindungen kommen als Haftungssubjekte sowohl der Private als auch die Verwaltung in Betracht. Will man ein derart gewonnenes Haftungsinstitut näher beschreiben, bietet es sich zuvorderst an, das haftungsbewehrte Verwaltungsrechtsverhältnis als öffentlichrechtliches Schuldverhältnis einzuordnen. Eingedenk der noch immer währenden Ungewißheiten hinsichtlich einer Definition verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse 164 verspricht eine solche Rubrizierung kaum Gewinn. Zu bedenken ist zudem, daß die Annahme verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse ermöglichen soll, unbillige Regelungslücken im öffentlichen Haftungssystem durch einen analogen Rückgriff auf Vorschriften des zivilen Schuldrechts zu lösen. 165 Nun wurde bereits mit der Rechtsverhältnishaftung ein originär öffentlich-rechtliches Haftungskonzept entwickelt und zwar gelöst von privatrechtlichen Vorgaben. Der methodischen „Krücke“ des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses bedarf es nicht mehr. Daher wäre auch der heuristische Wert der Einordnung des Rechtsverhältnisses im Gefolge informeller Verwaltungskontakte als Schuldverhältnis gering. Im folgenden soll weiterhin die neutralere Formulierung von einer Haftung im Verwaltungsrechtsverhältnis gebraucht werden. Dogmatisch ist diese Rechtsverhältnishaftung 166 von der zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen abzugrenzen. Beide Haftungsinstitute beruhen zwar letztlich auf demselben Rechtsgedanken von Treu und Glauben, welcher der Schaffung von Pflichten innerhalb einer Sonderordnung gilt. Und beide Haftpflichten bilden eine Reaktion auf die Verlet164 Dazu H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 29; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 2 f.; F. Ossenbühl, NJW 2000, S. 2945 (2952); K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 f.; ferner die Übersichten über den älteren Streitstand bei B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2.Aufl., Rn. 185–191, und B. Janson, DÖV 1979, S. 696 f. K.-J. Bieback, DVBl. 1983, S. 159, löst die Konturen des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses vollends auf, wenn er „fast alle Rechtsbeziehungen Bürger-Verwaltung“ hierzu zählen will. 165 BGHZ 21, S. 214 (218); NJW 1974, S. 1816; Th. von Danwitz, Verw. 30 (1997), S. 339 (355); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 2; Th. Meysen, Die Haftung, S. 148; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 336 f.; U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 443 f.; K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 f. Letztlich erscheint das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis nur noch als eine diffuse Sammelbezeichnung für eine Reihe von Verwaltungsrechtsverhältnissen, bei denen eine „quasivertragliche“ Haftung als interessengerecht empfunden wird. 166 Der Begriff „Rechtsverhältnishaftung“ etwa bei A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (19). Unscharf die Wendung „Haftung aus Verwaltungsrechtsverhältnis“ für die herkömmlichen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse bei Th. Meysen, Die Haftung, passim. Richtiger ist die Bezeichnung „Haftung im Verwaltungsrechtsverhältnis“, da das Rechtsverhältnis als solches keine Ansprüche generiert.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

85

zung in Anspruch genommenen Verhandlungsvertrauens innerhalb eines Anbahnungsverhältnisses: die zivilrechtliche culpa in contrahendo bei Vorbereitung eines privatrechtlichen Vertrages, die Rechtsverhältnishaftung bei informalen Kontakten zwischen Verwaltung und Bürger. Gleichwohl stellt die öffentlich-rechtliche Haftung ein aliud gegenüber der Haftung wegen eines Verschuldens bei bürgerlichen Vertragsverhandlungen dar. Es handelt sich bei ihr quasi um eine „Schwester“ des zivilrechtlichen Pendants. Die Rechtsverhältnishaftung ist damit eine spezifisch öffentlich-rechtliche Haftpflicht wegen der Verletzung von Pflichten in Relationen des Verwaltungsrechts. b) Die dogmatische Einordnung der Haftung wegen culpa in contrahendo beim Verwaltungsvertrag Angesichts der Konstruktion einer Rechtsverhältnishaftung bei informellen Verwaltungskontakten fragt es sich, wie die Haftpflicht wegen culpa in contrahendo beim verwaltungsrechtlichen Vertrag dogmatisch einzuordnen ist. Für den Verwaltungsvertrag war schon vor der Schuldrechtsreform anerkannt 167 und wegen der lang andauernden Übung und der allgemeinen Überzeugung wohl auch als verwaltungsrechtliches Gewohnheitsrecht erstarkt 168, daß schuldhafte Treuepflichtverletzungen im Vorfeld des Vertragsschlusses die Haftungsfolge mit sich bringen. Allerdings war die dogmatische Unterlage der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo nicht geklärt. Ein Großteil der Literatur bemühte über §62 S. 2 VwVfG eine Analogie zum ungeschriebenen zivilrechtlichen Haftungsinstitut des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen. 169 Diese Vorgehensweise war im An167 Gegen eine Haftpflicht der öffentlichen Hand wegen culpa in contrahendo bei öffentlichrechtlichen Verträgen sprach sich das RG aus, da dieses Haftungsinstitut „im preußischen Recht keinen Niederschlag gefunden“ habe, RGZ 110, S. 293 (294 f.); HRR 1933, Nr. 1307. 168 Zu einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung im Verwaltungsrecht tendierte auch Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (124). Explizit gegen eine gewohnheitsrechtliche Geltung R. Keller, S. 67. R. Keller übersieht aber, daß die Literaturstimmen gegen dieses Haftungsinstitut aus der Zeit vor Erlaß des VwVfG im Jahr 1976 stammen, vgl. Th. Meysen, a. a. O. 169 N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 93 f.; B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 812, 817 f.; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 72; W. Beyer, S. 51, 169; H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 15 Rn. 20 a. E.; ders., in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 22, 45; Th. von Danwitz, Verw. 30 (1997), S. 339 (359); J. Fluck, Die Erfüllung, S. 50 f. Fn. 22; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 466; I. Heberlein, Störungen, S. 356 a. E.; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 235; J. Knebel/L. Wicke/ G. Michael, S. 197 a. E.; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, §23 I (S. 274); H. Meyer, NJW 1977, S.1705 (1709, 1712); ders., in: ders./H.H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, §62 Rn. 8, 18 f.; Th. Meysen, Die Haftung, S. 61–64; J. Murach, Die Haftung, S. 123; K. Obermayer, BayVBl. 1977, S. 546 (550, 551); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 339; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 70; J. Punke, S. 99 f.; zweifelnd, aber zustimmend Ch. Schimpf, S. 321 Fn. 220; V. Schlette, S. 399; W. Spannowsky, S. 243; U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 436; ders., DVBl. 1998, S. 300 (303); C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72 Rn. 1, 12; J. Zeibig, S. 144, 180; wohl auch Th. Meysen, Verw. 31

86

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

gesicht des Wortlautes des § 62 S. 2 VwVfG, der nur die entsprechende Anwendung von Regelungen des BGB vorgibt, 170 nicht unproblematisch. Namentlich die Rechtsprechung ging denn auch nicht den Umweg über den Anwendungsbefehl des VwVfG, sondern entkleidete die culpa in contrahendo ihres zivilrechtlichen Gewandes. Das Haftungsinstitut wurde getreu dem „Selbststand des Verwaltungsvertragsrechts“ 171 direkt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet. Dieser dogmatische Griff wurde mit der Erkenntnis gestützt, daß das Treueprinzip als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im Öffentlichen Recht gelte. 172 Gerechtfertigt wurde die vorvertragliche Haftung mit der dem öffentlich-rechtlichen Vertrag eigentümlichen Gleichordnung der potentiellen Vertragspartner Verwaltung und Bürger. 173 Auf der Koordination und Kooperation im Vorfeld eines öffentlich-rechtlichen Vertragsschlusses gründe sich ein besonderes wechselseitiges Vertrauensverhältnis. 174 Das Vertrauen desjenigen, der sich zum Zwecke der Vertragsverhandlungen in die Einflußsphäre eines anderen begibt, sei auch im Öffentlichen Recht schutzwürdig, so daß – gleichermaßen wie im Privatrecht – dem anderen Teil Verhaltenspflichten aus dem Gebot von Treu und Glauben erwüchsen. 175 Insbesondere bedürfe der Private bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit dem Träger öffentlicher Verwaltung eines – gegenüber den allgemeinen Amtspflichten – gesteigerten Schutzes, woraus eine erhöhte Pflicht der Verwaltung zur Berücksichtigung der Interessen des (1998), S. 123 (124 f.). Aus der Rechtsprechung ebenso OVG Lüneburg, BRS 40 Nr. 32, S. 76 (77), das die zivilrechtliche culpa in contrahendo entsprechend über § 129 S. 2 LVwGSH heranzieht. Dabei entspricht diese Landesvorschrift § 62 S. 2 VwVfG. 170 Die Anwendbarkeit der culpa in contrahendo über § 62 S. 2 VwVfG bejaht zwar ausdrücklich die Amtliche Begründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, zu § 58 der Entwurfsfassung (S. 83). Daß aber der Verweis auf die Begründung der Bundesregierung, also auf die subjektive Vorstellung eines am Gesetzgebungsverfahrens beteiligten Organs, kaum als entscheidendes Mittel der Gesetzesauslegung taugt, betont zu Recht S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (539). Zur vorrangig gebotenen objektiven Gesetzesauslegung etwa BVerfGE 8, S. 274 (307); 10, S. 234 (244); 11, S. 126 (130); 54, S. 277 (299 f.); 62, S. 1 (45); K. Redeker/U. Karpenstein, NJW 2001, S. 2825; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 28 Rn. 60. 171 R. Keller, S. 32, 67, 129. 172 Für Sachverhalte vor Einführung des VwVfG: BGHZ 71, S. 386 (392 f.); 76, S. 343 (348 f.); BVerwG, DÖV 1974, S. 133 (134); OVG Münster, MDR 1971, S. 331 (332); DVBl. 1972, S. 614 (615); VG München, BayVBl. 1973, S. 135 (137). Nach Einführung des VwVfG: BGH, NJW 1986, S. 1109 (1110). Denselben Weg wählen in der Literatur H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (260 f.); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 361 f.; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542); R. Keller, S. 102–104; J. Scherer, NVwZ 1986, S. 540 (541); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 220; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72 Rn. 12; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 44; wohl auch H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn.723. Ähnlich, aber ohne Rekurs auf Treu und Glauben, G. Schwär, S. 168 f., und L. Simons, S. 172–178. 173 BGHZ 71, S. 386 (393); R. Keller, S. 75, 90; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542); Th. Meysen, Die Haftung, S. 67; siehe auch Ch. Bamberger, KritV 2001, S. 211 (216). 174 BGHZ 71, S. 386 (393); 76, S. 343 (349); NJW 1986, S. 1109 (1110); OVG Münster, MDR 1971, S. 331 (332); S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542). 175 So BGHZ 71, S. 386 (393), unter Bezugnahme auf das zivilrechtliche Schrifttum.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

87

privaten Verhandlungspartners resultiere. 176 Grundsätzlich nahm man neben der Staatshaftung aber auch eine Bürgerhaftung gegenüber der öffentlichen Hand im Falle eines schuldhaften Verhaltens bei den Vertragsverhandlungen an. 177 Nach der Schuldrechtsreform hat sich dieser dogmatische Streit erledigt. Der Anwendungsbefehl des § 62 S. 2 BGB bezieht sich auf das BGB in der jeweils geltenden Fassung. 178 Daher verweist die Vorschrift nunmehr auch auf die eine Haftung für Verschulden bei den Vertragsverhandlungen kodifizierende Bestimmung der §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB. 179 In dieser Konstellation auf die ungeschriebenen, allgemeinen Grundsätze des Haftungsrechts zurückzugreifen, besteht kein praktischer Anlaß. Der Zweck des Verweises auf das Bürgerliche Gesetzbuch in § 62 S. 2 VwVfG liegt darin, für das Verwaltungsvertragsrecht den Rückgriff auf ungeschriebene Rechtsinstitute entbehrlich zu machen und die Rechtsfindung zu vereinfachen. 180 Soweit sich im Bürgerlichen Gesetzbuch eine konkretisierende Ausgestaltung allgemeiner Rechtsprinzipien findet, erübrigt sich wegen § 62 S. 2 VwVfG der Rückgriff auf ungeschriebenes Recht. Deshalb besteht nach der Schuldrechtsreform dogmatisch auch keine Möglichkeit, der Herleitung einer culpa in contrahendo aus ungeschriebenen Prinzipien vor der durch § 62 S. 2 VwVfG angeordneten Analogie den Vorzug zu geben. Festzuhalten ist aber, daß für das Öffentliche Recht wie auch für das Privatrecht die Kodifizierung der Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlung nur klarstellende Wirkung hat. Diese Haftpflicht läßt sich unter Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze auch im Verwaltungsrecht aus dem ungeschriebenen Recht herleiten.181 BGHZ 71, S. 386 (395). Und zwar unabhängig von der dogmatischen Herleitung des Haftungsinstitutes. Für eine Bürgerhaftung ausdrücklich etwa H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (266); ders., Anpassungsflexibilität, S.245 (260 f.); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S.466; I. Heberlein, Störungen, S. 357; W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 274 f.; J. Hüttenbrink, DÖV 1982, S. 489 (495); R. Keller, S. 99, 113; G. Krohn, in: LM § 276 (Fa) BGB Nr. 65 a; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542); H. Meyer, NJW 1977, S.1705 (1712); K. Obermayer, BayVBl. 1977, S.546 (553); R. Pietzner/M. Ronellenfitsch, § 5 Rn. 13; J. Punke, S. 103 f.; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 219; ders., Die Rechtsverhältnislehre, S. 257 (260 f.); G. Schwär, S. 169; L. Simons, S. 176–178; U. Stelkens, DVBl. 1998, S. 300 (303); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 44; J. Zeibig, S. 145; für das Beamtenrecht U. Battis, ZBR 1971, S. 300 (302). Allerdings wurde, soweit ersichtlich, von den Gerichten noch nie der öffentlichen Hand ein solcher Schadensersatzanspruch gegen den Bürger zugesprochen; siehe in diesem Zusammenhang aber OVG Koblenz, NJW 2002, S. 3724. 178 So bereits V. Schlette, S. 401 f. 179 OVG Weimar, NJW 2002, S. 386 (388); H. J. Bonk, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 48; W. Dötsch, NWVBl. 2001, S.385 (387); M.-E. Geis, NVwZ 2002, S.385 (388); M. Kellner, DVBl. 2002, 1648 (1649); F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 8; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 52; F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 304. 180 Vgl. V. Schlette, S. 394 f. 181 Auf den Rückgriff auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze wird man weiterhin nicht bei der öffentlich-rechtlichen „culpa in contrahendo“ im Vorfeld einer Beamtenernennung verzichten können, da hier Teil IV des VwVfG unanwendbar ist. Zur Haftung wegen „culpa in contrahendo“ bei dem durch Ernennung begründeten Beamtenverhältnis – freilich teils bei ter176 177

88

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Konsequenz der Anerkennung einer verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo ist, daß das einschlägige Haftungsregime in Abhängigkeit zu dem ins Auge gefaßten Verwaltungsinstrumentarium zur Umsetzung des Kooperationsproduktes steht: Wird ein Verwaltungsvertrag angestrebt, unterliegt das Anbahnungsverhältnis den Bindungen von Treu und Glauben, und eine Haftung wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen ist nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog möglich. Wird ein konsentierter Verwaltungsakt oder eine informelle Abrede intendiert, bestehen hingegen nach landläufiger Sicht keine dahingehenden Rechtsbindungen, und eine Schadensersatzpflicht für Treuepflichtsverletzungen scheidet aus. Mit dieser Formenabhängigkeit auf haftungsrechtlichem Gebiet unterscheidet sich die konventionelle Lehre von dem hier verfochtenen, rechtsverhältnisdogmatisch angeleiteten Ansatz. Zu hinterfragen ist daher, ob der dogmatische Hintergrund der Haftung bei Anbahnung eines Verwaltungsvertrages die herkömmliche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. aa) Das Machtgefälle beim öffentlich-rechtlichen Vertragsschluß Die Prämisse einer Situation rechtlicher Gleichgestelltheit allein bei Verwaltungsverträgen, die entscheidend von der Lage beim informellen Verwaltungshandeln im Vorfeld von konsentierten Verwaltungsakten und Absprachen abweicht, erscheint schon nach den vorangegangenen Ausführungen fraglich. 182 Die Behörde kann in dem hier interessierenden Bereich subordinationsrechtlicher Verträge 183 den Vertragsinhalt regelmäßig auch einseitig durch Verwaltungsakt, etwa durch eine Ordnungsverfügung, durchsetzen, woraus bei den Vertragsverhandlungen eine überlegene Gestaltungsmacht und entsprechende Drohpotentiale der öffentlichen Seite folgen. Verwaltungsrechtliche Verträge sind deshalb stärker als privatrechtliche anfällig dafür, daß ein dem Vertrag vorgelagertes Machtgefälle ausgenutzt wird, und deshalb von einer echten Freiheit der Teilnehmer häufig nicht gesprochen werden kann. 184 Oftmals übt die Verwaltung bei der Handlungsform Vertrag mit der Inminologischem Fehlgriff – VGH Kassel, HessVGRspr. 1976, S. 11 (13); 1981, S.12 (13); OVG Hamburg, NordÖR 1998, S. 155 (156 f.); U. Battis, BBG, § 2 Rn. 16, § 6 Rn. 16; ders., ZBR 1971, S. 300 (302); ders., NJW 1999, S. 987 (993); B. Bender, JZ 1986, S. 888 (893); H. Günther, ZBR 1991, S. 257 (263 f.); W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 (81); K. Windthorst, JuS 1996, S.605 (609). Vgl. auch E. Bötticher, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, S.511 (543), der die Bezeichnung „culpa in nominando“ gebraucht. 182 Vor allem oben § 3 II 2 a. 183 Zum Begriff des subordinationsrechtlichen Vertrages in Abgrenzung zum koordinationsrechtlichen Vertrag etwa J. von Albedyll, in: J. Bader/M. Funke-Kaiser u. a., VwGO, § 40 Rn. 18 f.; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 793 f.; A. Lischke, S. 15–18 H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 12 f.; M. Siegmund, in: J. Brandt/M. Sachs (Hrsg.), Handbuch, Rn. D I 191 f.; R. Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 36 (S. 383 f.); J. Ziekow, Die Verankerung, S. 18–33. 184 BVerwGE 42, S. 331 (342); A. Bleckmann, S. 263; J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (226 f.); P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 230; P. Krause, Rechtsformen, S. 221 f.; Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (4); Th. Meysen, Die Haftung, S. 309; V. Neumann, Frei-

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

89

aussichtstellung der völligen Versagung der begehrten Genehmigung oder des Erlasses einer belastenden Verfügung Druck aus, um dem Bürger an sich lästige und nachteilige Klauseln in den Vertrag aufzunehmen. 185 Zu denken ist etwa an die Unterwerfung des Privaten unter die sofortige Zwangsvollstreckung (§ 61 VwVfG) oder die Androhung von Zwangsgeld im Falle des Zuwiderhandelns. 186 Eine rechtliche Überlegenheit der Verwaltung wegen der Ausstattung mit hoheitlicher Macht liegt somit bei den Verhandlungen über einen subordinationsrechtlichen Vertrag in gleicher Weise vor, wie sie überall dort herrscht, wo sich Behörde und Bürger als Verhandlungspartner bzw. -gegner gegenüberstehen. 187 Von einer paritätischen Mächtigkeit der prospektiven Vertragspartner kann deshalb nur bedingt die Rede sein, so daß der Bürger „in contrahendo“ kaum in einer Rolle steht, die stärker durch rechtliche Gleichordnung gekennzeichnet ist, als die, welche er als Adressat eines (konsentierten) Verwaltungsaktes einnimmt. 188 bb) Die materielle Austauschbarkeit von Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag und Absprache Ohnehin ist der Spielraum beim Aushandeln verwaltungsrechtlicher Verträge eher gering, 189 denn die Verhandlungspartner können nicht wie im Zivilrecht relativ unbeschränkt privatautonom ihre eigenen Interessen verfolgen. Der Grundsatz der Vertragsgestaltungsfreiheit wurzelt in der Privatautonomie und ist damit grundrechtlich radiziert und abgesichert. 190 Im Verhältnis der Bürger untereinander findet er seine Schranken lediglich in den ausgedehnten gesetzlichen Grenzen (§ 134 heitsgefährdung, S. 433 f.; J. Punke, S. 83, 172; O. Reidt, NVwZ 1999, S. 149 (150); Th. Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191 (198 f., 201); J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 361 f. 185 J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (227); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (37); zu unkritisch P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S. 125 (140 f.); vgl. auch O. Reidt, NVwZ 1999, S. 149 (150); W. Spannowsky, S. 204 f. 186 Zu unkritisch A. Bleckmann, S. 327; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (281); ders., Umweltschutz, S.147 (152 f.); V. Schlette, S.528; D. Song, S.61, 239–244. Zu Recht skeptisch A. Lischke, S. 139 f.; H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (27); Th. Schilling, VerwArch 85 (1994), S. 226 (237 f., 250). Die Gefahr einer Übervorteilung des Bürgers sieht auch BVerwG, JZ 1996, S. 97 (99). 187 Siehe bereits oben § 3 II 2 aa. Freilich sind Pauschalisierungen an dieser Stelle nicht angebracht: Das Machtungleichgewicht kann durchaus auch zu Lasten der öffentlichen Seite gehen, vgl. dazu H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 674, 692; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 794; Th. Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191 (199 Fn. 48), und unten § 4 I 1. 188 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S.518 Fn.545; Ch. Gusy, DVBl. 1983, S.1222 (1225); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (4); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 24; G. Püttner, DVBl. 1982, S. 122 (124); H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (663); W. Spannowsky, S. 66 f., 70, 75. Siehe auch die treffende Bezeichnung „unfreiwilliger Vertrag“ bei Th. Schilling, VerwArch 85 (1994), S. 226 (236 f.); ders., VerwArch 87 (1996), S. 191 (198 f.); J. Ziekow, Verankerung, S. 7 f. 189 H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 25; H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (663). 190 Zum verfassungsrechtlichen Hintergrund der Privatautonomie bereits oben § 2 II 2.

90

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

BGB) und in der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB). Die Befugnis der Verwaltung zum Handeln in Form des Vertrages bedeutet dagegen mitnichten die Freiheit zur inhaltlichen Gestaltung. Die Verwaltung besitzt keine Privatautonomie und damit auch keine Vertragsfreiheit. 191 Vielmehr wird sie, wie die gesamte Staatsgewalt, durch das Recht konstituiert und hat daher nur die Kompetenzen und Befugnisse, die ihr durch das Recht verliehen worden sind. 192 Geht man hiervon aus, ist die Verwaltung bei allen Handlungen, also auch beim Operieren mit Verwaltungsverträgen, an das geltende Recht im Sinne des Gesetzesvorranges und des Gesetzesvorbehaltes gebunden. Spielraum für die Vertragsausgestaltung bleibt nur, wo dispositive gesetzliche Regelungen bestehen oder der Verwaltung Ermessen und Gestaltungsfreiheit eingeräumt worden sind. 193 Die Verwaltung wird daher darauf achten müssen, daß die speziellen öffentlichen Gemeinwohlziele im Verhandlungsergebnis Berücksichtigung finden. 194 So wird wegen des Vorranges des Gesetzes der Umfang des öffentlichen Nachgebens kaum weiter gehen als bei den übrigen informellen Kontakten im Vor- und Umfeld von rechtsförmlichem Verwaltungshandeln oder von Absprachen. 195 Ebenso kann die Behörde im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung dem Bürger wegen des Vorbehalts des Gesetzes nicht mehr oder anderes abverlangen, als dies durch Nebenbestimmungen bei einem Verwaltungsakt möglich ist (§ 36 VwVfG). 196 So geht die 191 N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 218; H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (254 f., insbes. Fn. 50); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 108; J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (229); B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103; Ch. Gusy, Jura 1985, S.578 (584); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S.248 (256 f.); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); ders., Allg. Verwaltungsrecht, §14 Rn. 25; F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 256; V. Schlette, S. 47. 192 BVerfGE 68, S. 193 (206); J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (229); Ch. Gusy, Jura 1985, S. 578 (584); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (776); W. Krebs, VVDStRL. 52 (1993), S. 248 (256 f.); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 334 f. 193 W. Beyer, S. 13; C. Correll, DÖV 1998, S. 363 (368); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 335; H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33). 194 H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (254 f., 269); W. Beyer, S. 47 f.; B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103; H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (776); R. Keller, S. 41; W. Spannowsky, S. 35. 195 Zum Vorrang des Gesetzes bei der Vertragsgestaltung H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 9; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 226; H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 285; A. Scherzberg, JuS 1992, S. 205 (210 f.). 196 Das gilt nicht nur für die in §56 Abs. 2 VwVfG angesprochene gebundene Entscheidung, vgl. N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 219; H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (269, 270 f.); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, §26 III (Rn. 10); E. Gurlit, Jura 2001, S.731 (734); Ch. Gusy, DVBl. 1983, S. 1222 (1224, 1228); ders., Jura 1985, S. 578 (580, 584); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (776); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 2 a (Rn. 192); J. Knebel/L. Wicke/G. Michael, S. 69 f.; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1198); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 25, 34; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 54 Rn. 73; ders., VVDStRL 52 (1993), S. 364; G. Püttner, DVBl. 1982, S. 122 (125); A. Scherzberg, JuS 1992,

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

91

Freiheit der inhaltlichen Vertragsgestaltung auf dem Gebiet der Ermessensverwaltung nicht über das hinaus, was sich als Ergebnis rechtmäßigen Ermessensgebrauches darstellt. 197 Hinsichtlich der materiellen Bindungen kann der Unterschied im Vorfeld von Verwaltungsakten und subordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen, welche beide auf einen Konsens angelegt sein können, auch deshalb nicht differieren, weil das Gesetz selbst in § 54 S. 2 VwVfG die grundsätzliche Auswechselbarkeit dieser Rechtsformen postuliert. 198 So sind regelmäßig ordnungsrechtliche Verfügungen, auch Genehmigungsentscheidungen, einer vertraglichen Ausgestaltung zugänglich. 199 Der Grad der Gleichordnung und der Willensübereinstimmung bei der Vereinbarung eines verwaltungsrechtlichen Vertrages ist damit den informalen Verhandlungen vor Erlaß eines konsentierten Verwaltungsaktes stark angenähert, wenn nicht identisch. 200 Verwaltungsvertrag und informell ausgehandelter Verwaltungsakt unterscheiden sich demnach zwar in ihrer äußeren Erscheinung, aber kaum in der Entstehung und im Regelungsgehalt. 201 Angesichts der Austauschbarkeit der Instrumentarien Verwaltungsvertrag und -akt bei materiell kongruenten Regelungsinhalten und Sachverhaltskonstellationen ist notwendig auch die Interessenverflechtung bei den auf Kooperation und „Tausch“ angelegten Handlungsformen gleich. Das gilt ebenfalls für die informelle Absprache, S. 205 (211 f.); H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (663). Gegen das Erfordernis einer Eingriffsgrundlage wegen der einverständlichen Mitwirkung des Bürgers BVerwGE 42, S. 331 (335); D. Göldner, JZ 1976, S. 352 (355); P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 226; M. Preuß, S. 138–145; J. Punke, S. 172; J. Zeibig, S. 120–124. Hier ist vieles umstritten, vgl. zum Streitstand einerseits H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 10, und andererseits C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 70 Rn. 5. 197 Dazu W. Beyer, S. 13; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 335; dies., Jura 2001, S. 731 (733); Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1197); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 32; K. Obermayer, BayVBl. 1977, S. 546 (549). 198 Dabei ist ein vertragliches Vorgehen zulässig, soweit Rechtsvorschriften dem nicht entgegenstehten, vgl. § 54 S. 1 VwVfG. Vertragsformverbote sind aber selten, dazu W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S.248 (264 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §14 Rn.26; H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (663); J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 349 f. (352). 199 M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (281 a. E.); M. Kloepfer, Umweltrecht, §5 III 1 (Rn. 196 f.); Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1196); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 27. Zu eng N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 211; H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 4. 200 H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (771, 775); J. Martens, Die Praxis, Rn. 229 (S. 154); ders., KritV 1986, S. 104 (128); Ch. Schimpf, S. 36; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (231); W. Spannowsky, S. 70; vgl. auch Th. Meysen, Die Haftung, S. 310. 201 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 8; M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 2 a (Rn. 191 a. E.); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (36); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 24 a. E.; nach H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (775), sind Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag „prinzipiell austauschbare, funktional gleichwertige und rechtssystematisch gleichberechtigte Handlungsformen“.

92

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

deren Inhalt regelmäßig verbindlich durch einen Verwaltungsakt oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag festgeschrieben werden könnte. 202 Überhaupt entsprechen die beschriebenen Phänomene des informellen Verwaltungshandelns weitgehend dem überkommenen Leitbild des Vertrages, mit dem sich die Vorstellung des „Aushandelns“, des „Sich-Vertragens“, also der einvernehmlichen Verbindung und des Ausgleichs der Interessen der Beteiligten durch Leistung und Gegenleistung, verbindet. 203 So sind die Grenzen zwischen den konsensualen Handlungsweisen gleitend. 204 Es bietet sich die Entwicklung einer integrierenden Dogmatik der „Verwaltungspakte“ an, die das weite Feld des Kooperierens erfaßt, in dem Verwaltung und Bürger zur Regelung im Einzelfall zusammenwirken, weil ein einseitig-hoheitliches Entscheiden nicht mehr problemadäquat scheint.205 Ein leichtes ist es, die Differenzierung hinsichtlich des Haftungssystems während der informellen Phase nach der jeweils intendierten Handlungsform ad absurdum zu führen, wenn man nur die Konstellation bedenkt, daß eine Pflichtverletzung zu einem Zeitpunkt verübt wird, dem schon ein intensives materielles Zusammenwirken vorausgegangen ist, zu welchem aber die öffentlich-rechtliche Form der Umsetzung eines Kooperationsergebnisses noch offen gelassen wurde. 206 Für die Gewährung eines Vertrauensschutzes danach zu unterscheiden, ob ein „vertragsspezifischer Kon202 R. Schmidt, Flexibilität, S. 67 (83); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 Rn. 15. Insbes. für Sanierungsabsprachen etwa E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 357; R. Breuer, S. 231 (249); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 (Rn. 221 f.); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 134. 203 H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (256 f.); vgl. auch U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 252 f. 204 Auf dieser Linie auch U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S 253; A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 39 f.; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (287 f.); U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 327 f.; H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (665); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (777); H. Lecheler, BayVBl. 1992, S. 545 (548); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (25, 38); Ch. Schimpf, S. 36; E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform, S. 11 (61); H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (663); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 180; vgl. auch H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 302. Eine integrierende Betrachtung darf freilich nicht zu einer pauschalen Nivellierung aller konsensualen Kontakte führen, dagegen stünde schon die Systematisierung des VwVfG. 205 H. Dreier, VVDStRL 52 (1993), S.336 f.; ders., Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (665); ähnlich P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 162 a. Skeptisch demgegenüber H. Meyer, VVDStRL 52 (1993), S. 364 (365). 206 Daß in der Praxis selbst bei hochintensiven Verhandlungen oft noch gar nicht feststeht, in welcher Form das Produkt ergehen wird, betonen M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (279); ders., Umweltschutz, S.147; J. Martens, Die Praxis, Rn.344 (S.244); J. Ziekow, Verankerung, S. 175. Die Absurdität der herkömmlichen Differenzierung wird noch offensichtlicher, wenn man eine verschärfte Haftung nach den Grundsätzen einer culpa in contrahendo auch bei den Verhandlungen über (informelle) Absprachen anerkennt, falls diese Absprachen auf einen Vertragsschluß abzielen, hingegen die Haftungssteigerung bei Absprachen ablehnt, die im Vorfeld von Verwaltungsakten oder regelungsersetzend ergehen. So aber Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201); W. Spannowsky, S. 452.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

93

takt“ 207 zwischen der Behörde und dem Bürger besteht, ist nicht sinnvoll. Praktisch wird man schwerlich trennen können, ob eine vertragliche Gestaltung als bloße Möglichkeit im Raum steht 208 oder ob ein Verwaltungsvertrag als „mögliche und ernstzunehmende“ 209 Entscheidungsalternative in Betracht gezogen wird. Eine graduelle Scheidung hinsichtlich der Intensität der „Möglichkeit“ eines Vertragsschlusses wird nicht nur begrifflich kaum zu bewerkstelligen sein, sie wird auch als subjektive Tatsache einem Indizienbeweis nicht einfach zugänglich sein. Insgesamt wird die Unterscheidung wegen der Indifferenz des materiellen Gehaltes der Rechtsbeziehung gegenüber einer Vertragsspezifik des Kontaktes nicht den Interessen der Beteiligten gerecht. cc) Das verfassungsrechtliche Gebot einer haftungsrechtlichen Gleichbehandlung Gegen eine Differenzierung hinsichtlich des Haftungsregimes in Abhängigkeit von dem jeweils intendierten hoheitlichen Handlungsinstrument spricht ferner der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der es verbietet wesentlich gleiche Sachverhalte willkürlich ungleich zu behandeln. 210 Die öffentlich-rechtliche Seite hätte es mit der Bestimmung der Vorgehensweise allein in der Hand, die Intensität der Treueverbindlichkeiten und damit den rechtlichen Rahmen für die Kooperation zu bestimmen. Denn auf die Wahl der hoheitlichen Handlungsform kann der Private aufgrund der behördlichen Entscheidungsprärogative keinen Einfluß nehmen. 211 Diese unterliegt allein den Bindungen des § 40 VwVfG. 212 207 Auf einen solchen stellt aber R. Keller, § 16 passim, insbes. S. 127, ab. Ihm folgen OVG Weimar, NJW 2002, S. 386 (387); Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (125); ders., Die Haftung, S. 68; V. Schlette, S. 415. 208 I. Heberlein will – unter Berufung auf BGH, DVBl. 1979, S.230 (232) – für eine Haftung wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen ausreichen lassen, daß im Verwaltungsverfahren die Wahl eines Verwaltungsvertrages möglich und nicht eindeutig ausgeschlossen ist, ders., Auswirkungen, S. 533; ders., Störungen, S. 195 f., 354. 209 Diese Kriterien zur Bestimmung eines „vertragsspezifischen Kontaktes“ schlägt aber R. Keller, S. 127, vor, der zugleich Bedenken wegen einer mangelnden Praktikabilität des Abgrenzungskriteriums einräumt, ebd., S. 128 f. Wie Keller auch V. Schlette, S. 415. 210 Etwa BVerfGE 68, S. 237 (250); 83, S. 1 (23); 89, S. 132 (141 f.); M. Gubelt, in: I. von Münch/Ph. Kunig (Hrsg.), GG, Art. 3 Rn. 11; W. Heun, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art.3 Rn. 17; Ch. Starck, in: H. von Mangoldt/F. Klein/Ch. Starck (Hrsg.), GG, Art. 3 Rn. 10. 211 I. Heberlein, Störungen, S.31; J. Murach, Die Haftung, S.125. Ein Anspruch des Bürgers auf die Wahl der Vertragsform im Wege der Ermessensreduzierung ist – wenn überhaupt – nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen denkbar, vgl. W. Braun, JZ 1983, S. 841; W. Beyer, S. 142 f.; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 275 f.; H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (775); R. Keller, S. 153; P. Körner, S. 56; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1196); P. Macedo Weiß, S. 71 f.; J. Punke, S. 94; St. F. Rabe, S. 39; A. Scherzberg, JuS 1992, S. 205 (209 f.); V. Schlette, S. 444 f.; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 254; W. Spannowsky, S. 128; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 56; J. Zeibig, S. 117. Dagegen erwägt U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 325, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit den rechtlichen Zwang zur Vertragsform.

94

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

Zum einen kann sich die öffentliche Hand aufgrund eines einseitigen Entschlusses gegen Pflichtverstöße seitens des Bürgers abschirmen, indem sie sich von vornherein auf eine vertragliche Organisation der Beziehungen festlegt, 213 weil dann der Bürger gegebenenfalls aus einem Verschulden beim öffentlich-rechtlichen Vertragsschluß haftet. Wird eine andere Handlungsform als der Verwaltungsvertrag ins Auge gefaßt, geht die Verwaltung bei Pflichtverletzungen des Bürgers leer aus, sofern der Private nicht deliktsrechtlich gemäß §§ 823 ff. BGB belangt werden kann. 214 Zum anderen kann die Verwaltung bei den Verhandlungen eine schneidendere eigene Haftungsverpflichtung vermeiden. Sie bräuchte sich nur von Beginn an einer kontraktuellen Regelung zu verweigern und sich auf eine Kooperation zu versteifen, die auf einen konsentierten Verwaltungsakt oder auf eine Absprache gerichtet ist. Wählt die Behörde den Verwaltungsakt zur Fixierung des Verhandlungsergebnisses, so kann sie ein Resultat erreichen, das nicht minder rechtsverbindlich ist als der öffentlich-rechtliche Vertrag. 215 Für den Bürger hätten die oktroyierten Handlungsweisen den Nachteil, daß er gegenüber Treuepflichtsverletzungen im Anbahnungsverhältnis lediglich einen geringeren Schutz durch das Amtshaftungsrecht nach §839 BGB i.V. m. Art. 34 GG erführe. Gerade in Anbetracht der durch das Verwaltungsverfahrensgesetz vorgenommenen annähernden Gleichstellung von Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag darf aber die Wahl der Handlungsform nicht zu einer Rechtsverschlechterung für den Bürger führen. 216 Den Begriff des „Formenmißbrauchs“ gebrauchen im Zusammenhang mit der öffentlichen Wahlmöglichkeit zwischen Verwaltungsakt und -vertrag, allerdings mit anderer Zielrichtung, E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 130; P.-M. Efstratiou, S. 115; C. Pestalozza, S. 142; W. Spannowsky, S. 38. 212 § 40 VwVfG gilt hier trotz seiner systematischen Stellung im Teil III des VwVfG, vgl. H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 14; C. Correll, DÖV 1998, S. 363 (365); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 252; dies., Jura 2001, S. 731 (732); R. Keller, S. 69; J. Knebel/L. Wicke/G. Michael, S. 81; J. Punke, S. 72 f., 81; St. F. Rabe, S. 39; M. Sachs, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, §40 Rn. 47; A. Scherzberg, JuS 1992, S. 205 (209); V. Schlette, S. 198, 202; R. Schmidt-De Caluwe, S. 273 f.; D. Song, S. 55, 166; J. Ziekow, Verankerung, S. 9. H. Hill, NVwZ 1985, S. 449 (450 f.), entnimmt das Verfahrensermessen § 10 VwVfG, erkennt in dieser Vorschrift aber einen Unterfall des § 40 VwVfG. Vgl. zum Wahlrecht der Verwaltung zwischen ihren Handlungsformen auch VGH Kassel, NVwZ 1990, S. 879. Für den Bereich der Altlastensanierung wird in § 13 Abs. 4 BBodSchG ausdrücklich auf die Möglichkeit von Sanierungsverträgen hingewiesen, dazu W. Frenz/P. Heßler, NVwZ 2001, S. 13 (14); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 42. 213 Nach R. Keller, S. 124, würde für die Begründung einer Schadensersatzpflicht des Privaten schon genügen, daß die Verwaltung einen Vertragsschluß als „mögliche und ernstzunehmende“ Handlungsmöglichkeit erwägt und der Bürger dies – sei es auch durch „widerspruchslose Hinnahme“ – akzeptiert. 214 H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (257); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (227 f.); P. Körner, S. 171 f.; Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201 f.). 215 Der Verwaltungsakt hat grundsätzlich die gleiche Rechtsverbindlichkeit, sobald er formell bestandskräfig geworden, also unanfechtbar ist, vgl. J. Martens, Die Praxis, Rn. 344 (S. 244). 216 Vgl. Ch. Gusy, Jura 1985, S. 578 (584); ähnlich P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (241 f.).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

95

Ferner ist zu bedenken, daß es regelmäßig allein im Verfahrensermessen der Verwaltung liegt, formell oder informell eine Entscheidung mittels einer Verhaltensabsprache oder einer verbindlichen Handlungsform herbeizuführen. 217 Die Behörde wird zwar nicht in jedem Fall eine rechtsförmliche Entscheidung durch eine Absprache ersetzen können, umgekehrt kann die Verwaltung in der Regel anstelle einer Absprache sehr wohl einen rechtsverbindlichen, formellen Verwaltungsstil wählen. So wird die Verwaltung nicht anstelle eines Genehmigungsverfahrens ein ungenehmigtes Vorhaben dauerhaft dulden können. 218 Allerdings hat die Behörde im Bereich der Ermessensverwaltung eine weitgehende Wahlmöglichkeit, etwa bei den nachträglichen umweltrechtlichen Anordnungen zwischen Sanierungsverfügung und -vertrag einerseits und einer Absprache andererseits. 219 Es schiene unbillig, wenn der Entschluß der Verwaltung, eine formelle Regelung oder eine informelle Absprache herbeizuführen, auf den der Bürger keinen Einfluß zu nehmen vermag, hinsichtlich des akzessorischen Haftungssystems zu Lasten des Privaten ginge. Dann könnte sich die staatliche Entscheidungsinstanz durch eine „Flucht in die Informalität“ einer verschärften Schadensersatzpflicht im Anbahnungsverhältnis entziehen. Gegen die Verschiedenheit des Haftungsregimes bei einem Vorgehen der Verwaltung durch Verwaltungsvertrag und durch die anderen konsensualen Handlungsweisen bestehen daher auf seiten des Bürgers grundrechtliche Einwände. Wenn die Vertrauenslagen in den Anbahnungsverhältnissen wesentlich gleich sind, verbietet sich aufgrund des Art. 3 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung durch die Gewährung eines Ersatzanspruchs für den Bürger bei der Anbahnung eines Vertrages und ein Versagen der Vertrauenshaftung bei Vorbereitung eines abgestimmten Verwaltungsaktes oder einer Absprache. Im Vorfeld aller hoheitlichen Handlungsweisen ist bei glei217 H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (261); W. Beyer, S. 210; E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (355); ders., in: O. Kimminich/H. Frhr. von Lersner/P.-Ch. Storm (Hrsg.), in: Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, Stichwort: Informales Verwaltungshandeln, Sp. 1046 (1074); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 9; H. D. Jarass, DVBl. 1985, S. 193 (197 f.); St. Kautz, S. 192; R. Keller, S. 69; M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 (Rn. 222); P. Körner, S. 160; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 134; D. Song, S. 168; C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 175; ders., BayVBl. 2001, S. 644 (648); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.39; J. Ziekow, Verankerung, S. 8 f. Zu kritisch gegenüber einem Ermessen J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S.190 (235 f.); St.F. Rabe, S.46 f. Der Bürger kann ein informelles Vorgehen jedenfalls nicht rechtlich erzwingen, E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (357); ders., in: O. Kimminich/H. Frhr. von Lersner/P.-Ch. Storm (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. 1, Stichwort: Informales Verwaltungshandeln, Sp. 1046 (1066); St. Kautz, S. 193. Vgl. auch St. F. Rabe, S. 138; H.-W. Rengeling, S. 200; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 270 f. 218 BVerwGE 85, S. 368 (372); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 9; J. Fluck, NuR 1990, S.197 (198); G. Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, S.481 (492); W. Pauly, S.25 (43); P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, §9 Rn. 171, 174. Vgl. zu § 20 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG auch G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 21 f. 219 E. Bohne, VerwArch (1984), S. 343 (357); M. Bulling, Umweltschutz, S. 147 (148); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 (Rn. 221); insbes. zur nachträglichen Anordnung gem. §17 BImSchG H.D. Jarass, BImSchG, §17 Rn.6 f., und G. von Wedemeyer, S.172. Kritisch G. Lübbe-Wolff, NVwZ 2001, S. 481 (492).

96

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

cher Vertrauensentfaltung ein gleicher Haftungsmaßstab anzulegen, andernfalls könnte die öffentliche Seite durch ein Diktat der Handlungsform ohne sachlichen Grund ihre Haftung beschränken und dadurch den Privaten schlechter stellen. 220 Das aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitende Gebot einer haftungsrechtlichen Gleichbehandlung bestimmt somit die materielle Rechtslage. Es richtet sich gem. Art.1 Abs. 3 GG nicht nur als Handlungsmaßstab an die Exekutive, die den Schadensersatz leistet, sondern auch als Kontrollmaßstab an die Judikative, die Art. 3 Abs. 1 GG auf die von ihnen zu entscheidenden Fälle anzuwenden haben. 221 Die hier entwickelte Rechtsverhältnishaftung eliminiert nicht nur dogmatische und wertungsmäßige Ungereimtheiten einer formenabhängigen Differenzierung, sondern entspricht vor allem auch den Verfassungsgeboten. dd) Die Perspektive der Rechtsverhältnislehre Die Rechtsverhältnislehre lenkt das Augenmerk fort von den exekutiven Handlungsformen hin zu den essentiellen materiellrechtlichen Bindungen. Das Verwaltungsrechtsverhältnis ist bei einer hinreichenden Nähe der Verbindung vom Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht und zwar unabhängig von der beabsichtigten Form, in die das Ergebnis der informalen Verhandlungen gegossen werden soll. Insofern kann die Rechtsverhältnislehre an dieser Stelle den Beitrag leisten, gelöst von den Distinktionen der Formenlehre ein kohärentes System materialer Bindungen zu schaffen. Die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog repräsentiert bei dieser Betrachtungsweise nur noch einen Unterfall der allgemeineren Rechtsverhältnishaftung, die für Treuepflichtverletzungen unabhängig von der jeweils intendierten hoheitlichen Handlungsform gilt. Im Ergebnis existiert somit bei einer rein dogmatischen Sichtweise keine culpa in contrahendo als eigenständige Haftungsgrundlage im Öffentlichen Recht. Das Rechtsinstitut geht vielmehr in der weiteren Konstruktion einer allgemeinen Verwaltungsrechtsverhältnishaftung auf. Wirft man nun den Blick zurück auf die konventionelle Lehre, wird das traditionell dem öffentlichen Vertragsrecht vorbehaltene Haftungsinstitut allein aufgrund des noch immer mangelnden Selbststandes des öffentlichen Haftungsrechts erklärlich: Im Banne der alt-ehrwürdigen zivilen Dogmatik war die Sicht auf die Rechtsverhältnisse im Vorfeld der anderen administrativen Handlungsformen, die dem Privatrecht gänzlich fremd sind, verstellt. Allerdings war die Klassifizierung des Haftungsphänomens bei Anbahnung eines öffentlich-rechtlichen Vertragsschlusses als culpa in contrahendo insofern unschädlich, als sie nichts an der Tatsache eines enerVgl. auch BVerwG, NVwZ 1997, S. 272 (273). Die Bindung der Judikative durch den Gleichheitssatz bemüht K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 (607), um eine Gleichbehandlung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Schuldverhältnisse zu begründen. 220 221

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

97

gischen Rechtsregimes aufgrund einer Sonderbeziehung änderte. Die hergebrachte Anerkennung einer Haftung bei der Anbahnung eines Verwaltungsvertrages zeigte, daß eine Haftpflicht wegen der Verletzung von Treuepflichten in einem Verwaltungsrechtsverhältnis, das auf Nähe und Vertrauen beruht, schon ehedem – wenngleich eher intuitiv – angenommen wurde. So streitet die konventionelle Akzeptanz einer öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo im Grunde genommen für die Anerkennung der allgemeinen Rechtsverhältnishaftung. c) Gegenüberlegungen Es bleibt nicht unbedenklich, wenn sich die informellen Verhandlungspartner einem System neu geschaffener Treuepflichten ausgesetzt sehen. Seitens des Privaten besteht die Gefahr einer Aushebelung des Gesetzesvorbehaltes, seitens der öffentlichen Hand das Risiko einer „Überhaftung“. aa) Der Schutz des Bürgers durch den Gesetzesvorbehalt Wie schon die Entwicklung besonderer Verhaltenspflichten des Bürgers bei informellen Kontakten mit der Verwaltung, 222 weckt auch die Auferlegung einer Schadensersatzpflicht wegen des Gesetzesvorbehaltes des Art. 20 Abs. 3 GG Skepsis. Verlangte die Exekutive von dem Privaten eine Geldleistung, ohne daß der Bürger materiell hierzu verpflichtet ist, fehlte es an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage für diese Zahlungsverpflichtung. Durch den Eingriff in seine persönliche Rechtssphäre ist der Inanspruchgenommene in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. 223 Dabei ist der Grundrechtseingriff dann gegeben, wenn die Verwaltung beginnt, den behaupteten Anspruch mit Zwang durchzusetzen, also wenn sie die gerichtliche Durchsetzung einleitet. 224 Ein Grundrechtseingriff ist zeitlich später auch dann gegeben, wenn das von der Verwaltung angerufene Gericht den Bürger durch Urteil zur Zahlung verpflichtet. 225 Der in Art. 2 Abs. 1 GG vorgesehene VorSiehe oben § 3 II 2 b bb. BVerwGE 42, S. 222 (226 f.); NJW 1996, S. 2669; Ch. Bamberger, KritV 2001, S. 211 (214–216); O. Konzak, NVwZ 1997, S. 872 (873); Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (124); ders., Die Haftung, S. 296; vgl. auch D. Ehlers, Verw. 31 (1998), S. 53 (79 f.), und R. Keller, S. 105 f.; H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S. 47 (57); A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (212, 220); ähnlich BVerfG, NJW 1996, S. 3146. 224 Die Verwaltung darf ihren Schadensersatzanspruch rechtmäßiger Weise nicht durch Verwaltungsakt einfordern, sondern muß den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Eine gesetzliche Befugnis, durch Verwaltungsakt zu handeln, fehlt; Gewohnheitsrecht besteht insoweit nicht, da der Bürger hier in keinem Subordinationsverhältnis zur Verwaltung steht, vgl. Ch. Bamberger, KritV 2001, S.211 (221 f.); C. Druschel, S.119–122; L. Osterloh, JuS 1983, S.280 (284 f.); H.J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 50, und Ch. Bamberger, Jura 2002, S. 35 (37). 225 Auf den Grundrechtseingriff der Judikative stellt das BVerwG, NJW 1996, S. 2669, als Revisionsgericht ab; vgl. auch A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (213). 222 223

7 Kellner

98

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

behalt einer rechtlichen Regelung fordert, daß eine tragfähige und hinsichtlich aller wesentlichen Tatbestandsmomente und der Rechtsfolgen hinreichend konkrete Eingriffsnorm für eine Haftpflicht des Bürgers gegeben sein muß. Allerdings kann eine Haftung auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze zurückgeführt werden, sofern eine spezielle Regelung fehlt. 226 So liegt es bei der Verwaltungsrechtsverhältnishaftung. Dieses Institut ist dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben entnommen und bildet auf Sekundärebene den Kompensationsanspruch für dessen Verletzung. Die Haftpflicht findet ihre Grundlage damit zum einen in der primären Treuepflicht, zum anderen in dem Prinzip der Forderungsverletzung. Bei beiden haftungstragenden Prinzipien handelt es sich um Folgerungen aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen und damit um ungeschriebenes Recht. Daß die normativen Ableitungen keine ausdrückliche Regelung durch den Gesetzgeber gefunden haben, ist jedoch für ihre grundrechtseinschränkende Wirkung unbedenklich. Der durch die Zahlungspflicht betroffene Art. 2 Abs. 1 GG steht unter einem Rechtsvorbehalt, dem auch ungeschriebene Rechtsätze genügen. 227 Nicht kodifizierte Haftungsgrundlagen der öffentlichen Hand zum Nachteil Privater sind dem Verwaltungsrecht hinlänglich bekannt. Gegen diese Zahlungsverpflichtungen sind bisher keine grundrechtlichen Bedenken erhoben worden. Die herkömmlichen ungeschriebenen Zahlungspflichten des Bürgers können exemplifiziert werden anhand des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches (sub 1), der Haftung innerhalb verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse (sub 2) und des Anspruchs auf Prozeßzinsen auf öffentlich-rechtliche Geldforderungen (sub 3). (1) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch entspricht anerkanntermaßen den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes. Dabei wird der Anspruch des Staates gegen den Bürger auf Rückgängigmachung einer Vermögensverschiebung aus den Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie der wiederherstellenden Gerechtigkeit hergeleitet und damit ebenfalls allgemeinen Rechtsgrundsätzen entnommen. 228 Wenn schon eine ungeschriebene Norm dem Gesetzesvorbehalt genügt, die die Haftungsfolge an nichts weiter als an eine den Privaten begünstigende Vermögensverlagerung anbindet, muß dies erst recht für die hier diskutierte Rechtsverhältnishaftung gelten. Dieser Erst-recht-Schluß rechtfertigt sich mit dem Sanktionscharakter der Rechtsverhältnishaftung. Die Rechtsverhältnishaftung ahndet einen zu vertretenden Verstoß gegen eine Treueverpflichtung in einer Sonder226 BVerwGE 42, S. 222 (227); NJW 1996, S. 2669; St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/ H.-D. Sproll, § 19 Rn. 10, 11 (S. 390); Th. Meysen, Die Haftung, S. 295 f. 227 Vgl. oben § 3 II 2 b bb. 228 Vgl. dazu BVerwGE 71, S. 85 (87 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 21; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 422; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 19 a, sowie bereits oben § 3 I 1 b Fn. 43. Zweifelhaft erscheint dabei, inwieweit aus der Verpflichtung des Staates zu gesetzmäßigem Handeln eine Verpflichtung des Bürgers hergeleitet werden kann. Es wird gar die bedenkliche Ansicht vertreten, daß eine genaue Indentifizierung der dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zugrunde liegenden Norm gar nicht erforderlich sei, St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 23 Rn. 3 f. (S. 423).

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

99

beziehung und damit verschuldetes Unrecht. Während der Tatbestand der Rechtsverhältnishaftung zurechenbar in der Sphäre des Bürgers liegt, knüpft der Erstattungsanspruch an eine bloße Vermögensverlagerung an, zu deren Eintritt die Zivilperson keinen Beitrag geleistet hat. Daher ist die hier entwickelte Haftung im Verwaltungsrechtsverhältnis in seinen Voraussetzungen weniger streng für den Bürger als der Erstattungsanspruch. (2) Die Rechtsverhältnishaftung unterscheidet sich von dem allgemeinen Erstattungsanspruch dadurch grundlegend, daß ihre Rechtsfolge eben nicht nur auf die Rückführung einer vorangegangenen Vermögensverlagerung gerichtet ist, sondern auf Kompensation, also auf Schadensersatz, zielt. Doch kennt die hergebrachte Dogmatik auch der öffentlichen Hand gegen den Bürger Schadensersatz gewährende ungeschriebene Anspruchsgrundlagen. Eine solche findet sich im Recht der „verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse“ 229. Die Annahme von Schuldverhältnissen im Verwaltungsrecht beruht auf der aus der Zivilistik bekannten Erwägung, daß die Haftungsintensität in dem Maße zunehmen muß, in dem die Dichte der Rechtsbeziehungen zwischen den Rechtssubjekten wächst. 230 Mit Hilfe der Qualifikation bestimmter Verwaltungsrechtsverhältnisses als „vertrags-“ oder „schuldrechtsähnlich“ wird auf die Möglichkeit einer entsprechenden Heranziehung des bürgerlichen Vertragsrechts geschlossen. Innerhalb der intensivierten öffentlich-rechtlichen Beziehungen haften die Beteiligten überdeliktisch nach dem Recht der Forderungsverletzungen. 231 Da die Entwicklung verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse von den jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfällen ausging, hat sich auf diesem Feld eine geradezu wildwüchsige Kasuistik entfaltet. 232 Eine verallgemeinernde Umschreibung, wann ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis vorliegt, ist auch im Wege der Deduktion nicht mehr zu gewinnen. 233 Obgleich dem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis ein geschlossener dogmatischer Hintergrund fehlt, 229 Kritisch zum Begriff des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses bereits oben § 3 II 3 a. 230 Vgl. St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 19 Rn. 1–7 (S. 388 f.); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 336 f. 231 Etwa BVerwGE 80, S. 123 (125); NJW 1995, S. 2303 (2304); VGH Mannheim, VBlBW 1982, S.369 f.; OVG Münster, NWVBl. 1996, S.12 (13); NVwZ-RR 1996, S.482; 1997, S.207; BGHZ 54, S. 299 (302); 61, S. 7 (11); 63, S. 167 (172); NJW 1974, S. 1816 f.; VersR 1996, S. 202 (203); St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 19 Rn. 1–7 (S. 388 f.); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 280 Rn. 10; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 2; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.226 f.; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 49 Rn. 9. 232 Vgl. H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 29; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 2 f.; F. Ossenbühl, NJW 2000, S. 2945 (2952); K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 f. 233 Üblicherweise werden die Schuldverhältnisse daher auch durch eine Auflistung anerkannter Konstellationen beschrieben, vgl. etwa H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 28 Rn. 2; Th. Meysen, Die Haftung, passim; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 339–353; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 49 Rn. 11. Vgl. hierzu auch schon oben § 3 II 3 a.

7*

100

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

kann der Bürger nach allgemeiner Überzeugung auch bei dieser eher verschwommenen Kategorie auf Schadensersatz haften. 234 Dem im Verwaltungsrecht ungeschriebenen Prinzip der Forderungsverletzung innerhalb einer rechtlichen Sonderbeziehung wird dabei eine Geltungskraft beigemessen, die den Anforderungen des Gesetzesvorbehaltes an eine öffentlich-rechtliche Haftungsnorm zu Lasten des Bürgers genügt. 235 (3) Eine weitere im Verwaltungsrecht nicht kodifizierte Anspruchsgrundlage gewährt staatlichen Stellen Prozeßzinsen auf öffentlich-rechtliche Forderungen gegen den Bürger. Der Anspruch auf Prozeßzinsen bildet ebenfalls einen Schadensersatzanspruch innerhalb eines Verwaltungsrechtsverhältnisses. Die Sonderbeziehung beruht auf der öffentlich-rechtlichen Norm, die die Hauptforderung begründet. Für die zeitweilige Vorenthaltung des geschuldeten Betrages statuieren die Prozeßzinsen einen pauschalisierten Mindestersatz. 236 Im Zivilrecht ist die Verzinsung von Geldforderungen vom Eintritt der Rechtshängigkeit an in § 291 S. 1 BGB vorgesehen. Die Höhe der Prozeßzinsen beträgt dort nach § 291 S. 2 BGB i.V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB 5 % über dem in § 247 Abs. 1 BGB definierten Basiszinssatz. Obwohl der Zinsanspruch im Verwaltungsrecht keine Kodifizierung fand, hat der Bürger nach allgemeiner Ansicht auch auf öffentlich-rechtliche Forderungen ab Rechtshängigkeit Zinsen zu entrichten, sofern die einschlägigen Fachgesetze keine gegenteiligen Bestimmungen treffen. 237 Die Prozeßzinspflicht kann – wie die Rechtsverhältnishaftung – auf den im Öffentlichen Recht ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben zurückgeführt werden: Ein Schuldner handelt treuwidrig, wenn er während der Dauer des Prozesses dem Gläubiger die geschuldete Geldsumme vorenthält und diesem hierdurch weitere Nachteile zufügt, er selbst dagegen womöglich während dieser Zeit aus der geschuldeten Leistung Nutzen zieht.238 234 Etwa RGZ 98, S. 341 (342 f.); BGH, NJW 1998, S. 298 (299); BVerwG, NJW 1995, S. 2303 (2304); VGH Mannheim, VBlBW 1982, S. 369 f.; NJW 2003, S. 1066 (1067); St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 19 Rn. 11 (S. 390); J. Hüttenbrink, DVBl. 1981, S. 989 (990); ders., DÖV 1982, S. 489 (494 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht § 29 Rn. 3; U. Stelkens, DVBl. 1998, S. 300 (303 f.); B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (395 f.). 235 Siehe schließlich auch den Sonderfall der verwaltungsrechtlichen Vertragsschuldverhältnisse, bei denen sich eine Haftung des Bürgers aufgrund des Pauschalverweises in § 62 S. 2 VwVfG auf das BGB ergeben kann, wobei offen bleibt, auf welche Bestimmungen des BGB sich die Verweisungsanalogie bezieht. 236 M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 291 Rn. 2; vgl. auch H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 291 Rn. 17. 237 BVerwGE 7, S. 95 (97); 11, S. 314 (318); 14, S. 1 (3); 58, S. 316 (326); 99, S. 53 (54); BGHZ 10, S. 125 (129 f.); NJW 1970, S. 1637 (1638); R. Alff, in: RGRK, BGB, § 291 Rn. 5; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 291 Rn. 2; P. Kothe, in: K. Redeker/H. J. von Oertzen (Hrsg.), VwGO, § 90 Rn. 9; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 90 Rn. 22; K. Rennert, in: E. Eyermann, VwGO, § 90 Rn. 14; R. Thode, in: Münchener Kommentar, BGB, § 291 Rn. 4 i.V. m. § 286 BGB Rn. 10 f.; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 291 Rn. 3. 238 BVerwGE 7, S. 95 (97); 11, S. 314 (318) 114, S. 61 (62); K.-M. Ortloff, in: F. Schoch/ E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 90 Rn. 18, 21; vgl. auch M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 291 Rn. 1. Ähnlich H. de Wall, S. 407.

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

101

Den Schuldner belastende Besonderheiten der Prozeßzinsen bilden ihre verschuldensunabhängige Entstehung sowie die tatbestandliche Ablösung von einem tatsächlichen Schadenseintritt bei dem Gläubiger. Die Verschuldensunabhängigkeit der Haftung, die diese von dem Anspruch auf Verzugszinsen unterscheidet, resultiert aus dem Gedanken der Risikoverteilung: Wer sich auf einen Rechtsstreit einläßt, soll die Prozeßzinsen als „Risikozuschlag“ tragen, wenn er im Prozeß unterliegt. 239 Die Höhe der Prozeßzinsen ergibt sich im Öffentlichen Recht aus einer Analogie zu §291 S. 2 BGB i.V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB. 240 Da Treu und Glauben auch im Öffentlichen Recht einen Anspruch auf Prozeßzinsen gebieten, deren Höhe hier aber nicht festgelegt ist, besteht insoweit eine ergänzungsbedürftige Regelungslücke. § 291 S. 2 BGB i.V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB geben für die parallele zivilrechtliche Konstellation einen Zinssatz vor, der sich auch für das Öffentliche Recht als interessengerecht erweist. Die Prozeßzinsen sind daher im Verwaltungsrecht wie auch im Zivilrecht mit von 5 % über dem Basiszinssatz auf die Hauptsumme anzusetzen.241 (4) Mit dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, dem Schadensersatzanspruch im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis und den Prozeßzinsen auf öffentlich-rechtliche Forderungen kennt das konventionelle Haftungsrecht bereits drei ungeschriebene Institute zu Lasten des Bürgers. Dies bestätigt, daß allgemeine Rechtsgrundsätze des Verwaltungsrechts eine Haftpflicht des Bürgers zu begründen vermögen und eine hinreichende Grundlage für Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG bilden. Nach dem bisherigen Lauf der Untersuchung ist der tatbestandliche Bestimmtheitsgrad der Rechtsverhältnishaftung noch auf einer sehr hohen, abstrakten Ebene angesetzt. Festgestellt wurde bisher lediglich, daß ein Verstoß gegen das allgemeine Prinzip von Treu und Glauben die Rechtsverhältnishaftung des Bürgers auslöst. Der rechtsstaatliche Gesetzesvorbehalt verlangt jedoch, daß Eingriffe durch die Norm meßbar und in gewissem Umfang für den Adressaten voraussehbar und berechenbar sind, 242 wobei der Grad der Präzisierung auf die jeweilige Interessenlage abge239 R. Alff, in: RGRK, BGB, § 291 Rn. 2; K. Larenz, Schuldrecht I, § 23 III 3 (S. 362); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 291 Rn. 1, 17; R. Thode, in: Münchener Kommentar, BGB, § 291 Rn. 1; H. de Wall, S. 407; H. Wiedemann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 291 Rn. 2. 240 Vgl. K.-M. Ortloff, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 90 Rn. 21 a. E. Vgl. auch BVerwGE 14, S. 1 (3); 99, S. 53 (54); OVG Münster, NWVBl. 1998, S. 443; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 291 Rn. 2; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 90 Rn. 22; K. Rennert, in: E. Eyermann, VwGO, § 90 Rn. 14; H. de Wall, S. 407, die allerdings die Verzinsungspflicht als solche § 291 BGB analog entnehmen. 241 Vor Einführung des Zinssatzes von 5 % über dem Basiszinssatz mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 (BGBl.I, S. 330) betrug der Zinssatz 4 % gem. § 291 S. 2 i.V. m. § 288 Abs. 1 S. 1 BGB analog, vgl. zum alten Recht K.-M. Ortloff, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 90 Rn. 21 a. E. 242 BVerfG, NJW 1996, S. 3146, mit Hinweis auf BVerfGE 8, S. 274 (325); 13, S. 153 (160 f.); 52, S. 1 (41). Die von dem Gericht zitierten Entscheidungen beziehen sich sämtlich auf das aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung an den Gesetzgeber gerichtete Bestimmtheitsgebot.

102

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

stimmt sein muß. 243 Dem konkretisierungsbedürftigen, aber auch der objektiven Konkretisierung fähigen Grundsatz von Treu und Glauben kann indes ein normatives Regelungsprogramm entnommen werden, welches sich auf einer mittleren Abstraktionsebene formulieren läßt. Prominente Beispiele hierfür sind die Rechtsinstitute der zivilrechtlichen und der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo, denen ihre ursprüngliche Ableitung aus Treu und Glauben ihre heutige, teilweise kodifizierte Gestalt verliehen hat. 244 Daß die Treuemaxime eine rechtsstaatlich ausreichende Grundlage für eine Inpflichtnahme des Bürgers gewährt, wird in besonderer Weise durch das Schrifttum bestätigt, das ohne zu zögern dem Rechtsgrundsatz eine Haftpflicht des Privaten gegenüber der öffentlichen Hand wegen einer verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo entnahm, bevor dieses Haftungsinstitut durch die Nennung des privatrechtliches Parallelinstitutes im Bürgerlichen Gesetzbuch eine mittelbare Kodifizierung erfuhr. 245 Gegenüber dem heutigen Verweis des § 62 S. 2 BGB auf das in § 311 Abs. 2 BGB vorgeschriebene „rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnis“ kann die allgemeine Rechtsverhältnishaftung im Einzelfall eine dem Öffentlichen Recht adäquate Entlastung des Bürgers bringen. Während § 311 Abs. 2 BGB analog gleichsam als mechanische Regel an das Anbahnungsverhältnis vor Abschluß eines jeden Verwaltungsvertrages ein „rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis“ mit einem den Bürger belastenden, strengeren Haftungsregime anknüpft, geht der hier verfochtene Ansatz schonender vor. Nicht in jedem Fall werden den Bürger bei den informalen Verhandlungen erhöhte Verhaltenspflichten treffen, die eine Sonderbeziehung begründen. Vielmehr müssen erst die Tatbestandsmomente erfüllt sein, die eine Herrschaft des Prinzips von Treu und Glauben rechtfertigen. Also muß sich der Bürger in einer gewissen Gleichordnung faktischer Art zur Verwaltung befinden, die Interessen der Beteiligten müssen konnex verbunden sein, und der Private muß freiwillig den Kontakt mit der Verwaltung gesucht haben. 246 Andernfalls ist ein besonderes Vertrauen der öffentlichen Seite nicht schützenswert. BVerwG, NJW 1996, S. 2669 f. Vgl. zur Herleitung dieser Haftungsinstitute aus Treu und Glauben die Nachweise oben § 2 I 2 und § 3 II 2 b vor aa. 245 Das sind jene Literaturstimmen, welche die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo direkt aus Treu und Glauben herleiten und eine Bürgerhaftung anerkennen, siehe oben §3 II 3 b, namentlich: H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (266); ders., Anpassungsflexibilität, S. 245 (260 f.); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 274 f.; J. Hüttenbrink, DÖV1982, S.489 (495); R. Keller, S.99, 113; G. Krohn, in: LM §276 (Fa) BGB Nr.65 a; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 219; ders., Die Rechtsverhältnislehre, S.257 (260 f.); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd.2, 6. Aufl., § 55 Rn. 44. 246 Zu den Anwendungsvoraussetzungen des Grundsatzes von Treu und Glauben oben § 3 II 2 a und noch unten § 5 I, dort insbes. 1. Hieran wird es etwa bei „unfreiwilligen“ Verträgen fehlen, bei denen die Behörde den Vertragsinhalt einseitig diktiert und Bürger und Verwaltung einander nicht gleichgestellt begegnen, vgl. zu diesen Konstellationen Th. Schilling, VerwArch 85 (1994), S. 226 (236 f.); dens., VerwArch 87 (1996), S. 191 (198 f.). 243 244

II. Das Besondere Rechtsverhältnis

103

bb) Der Schutz des Staates vor einer „Überhaftung“ Bereits bei der Entwicklung der verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse warnte der BGH vor einer allzu starken Ausdehnung der öffentlichen Haftung, um die Staatskasse nicht zu sehr zu belasten. 247 Auch die Rechtsverhältnishaftung schafft eine zusätzliche Anspruchsgrundlage des Bürgers gegen den Staat im Falle der Verletzung „geborener“ Pflichten innerhalb einer Sonderbeziehung. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die primären Treuepflichten der Verwaltung, die der Rechtsverhältnishaftung zugrunde liegen, nicht freischwebend zum Vorteil des Bürgers konstruiert werden. Vielmehr sind sie aus dem obligierenden Treueprinzip abzuleiten. Auch im herkömmlichen Staatshaftungsrecht werden hoheitliche Verstöße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in einer Sonderbeziehung sanktioniert, nämlich durch das Amtshaftungsrecht gemäß § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG. 248 Dabei werden regelmäßig auch öffentlich-rechtliche Forderungsverletzungen vom Amtshaftungsanspruch erfaßt. 249 Die Anerkennung einer allgemeinen Rechtsverhältnishaftung statuiert folglich keine neuen haftungsbewehrten Pflichten, sondern gibt ihnen eine zusätzliche, für den Bürger günstigere Grundlage der Sanktionierung. Eine Ausweitung der Staatshaftung ist deshalb nur soweit gegeben, als die den Amtshaftungsanspruch einschränkenden Regelungen wegfallen. 250 Eine derartige Modifizierung des Staatshaftungsrechtes wirkt nicht überzogen, schließlich gilt die restriktive Konzeption des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG heute allgemein als antiquiert und wenig befriedigend. 251 Die Amtshaftung wird als Ordnungssystem auch nicht dem in Frage stehenden „modernen“ informellen Verwaltungsstil gerecht, der sich durch eine weitaus größere Nähe zwischen Amtswalter und Privatem auszeichnet, als sie dem historischen Gesetzgeber bekannt war. 252 Das besonde247 BGHZ 61, S. 7 (12 f.), unter Berufung auf H. Schneider, NJW 1962, S. 705 (708); neuerdings auch Th. von Danwitz, Verw. 30 (1997), S. 339 (356); ähnlich A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (219 f.). Zu Recht kritisch gegenüber diesem Gesichtspunkt B. Grzeszick, S. 408–411; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht in der Krise, S. 236–385; D. Röder, S. 56–60. 248 BGHZ 76, S. 343 (351); NJW 1960, S. 2334; NVwZ 1986, S. 245 (246); BVerwGE 14, S. 1 (4 f.); A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (20); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49 f.; P. Reinert, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 34; L. Simons, S. 173 f.; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 40. 249 B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 206, 208; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (229 f.); H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 108; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/ D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 49 Rn. 16. 250 Haftungseinschränkend wirken bei § 839 BGB die Subsidiaritätsklausel (Verweisungsprivileg) nach Abs. 1 S. 2, die Schadensabwendungspflicht des Abs. 3, aber auch die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens des Amtswalters. Vgl. dazu F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 338 f.; ders., in: Festgabe BGH, S. 887 (915), und noch unten § 5 V 2. 251 BGHZ 42, S. 176 (181); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 30 Rn. 1; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.79; F. Schoch, Verw. 34 (2001), S.261 (262 f.); A. Teichmann, in: O. Jauernig (Hrsg.), § 839 BGB Rn. 3; W. Thieme, DÖV 1996, S. 758 (763). 252 In diesem Sinne auch E.-H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium, S.69 (84). Generell zur Modernität des konsensualen Verwaltungsstils M. Bulling, Umweltschutz, S. 147 (154 f.);

104

§ 3 Die dogmatische Verortung des informellen Verwaltungshandelns

re Näheverhältnis verlangt nach einer erhöhten Rücksichtnahme beider Seiten.253 Die daraus resultierenden staatlichen Verhaltenspflichten vermag das enge Amtshaftungsrecht nicht ausreichend zu flankieren. An dieser Stelle gibt die Rechtsverhältnishaftung die notwendige Ergänzung. Diese schärfer gefaßte Haftung stellt sich nur noch als Konsequenz einer gesteigerten Verantwortung des Staates aufgrund der selbst gesuchten Nähe zum Bürger dar. Die Rechtsverhältnishaftung der öffentlichen Hand bildet somit die Kehrseite der Wahlfreiheit der Verwaltung, ihre Aufgaben konsensual in Abstimmung mit dem Privaten wahrzunehmen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß es generell bei den staatlichen Ersatzleistungen nicht nur darum geht, dem Geschädigten eine wenigstens werterhaltende Kompensation zu verschaffen, sondern auch darum, der öffentlichen Hand einen zusätzlichen finanziellen „Ansporn“ zu geben, ihre Aufgaben ordnungsgemäß und rechtmäßig wahrzunehmen. 254 Deshalb ist die Annahme, die öffentliche Hand müsse vor überbordenden Schadensersatzpflichten bewahrt werden, rechtspolitisch überaus zweifelhaft. Eine „Überhaftung“ des Staates ist durch die Konstruktion einer Rechtsverhältnishaftung auch insofern nicht zu befürchten.

III. Ergebnis Wenn Verwaltung und Bürger informale Verhandlungen aufnehmen, die sich durch eine Gleichordnung der Parteien und eine Interessenverflechtung auszeichnen, ergeben sich regelmäßig für beide Teile Bindungen aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Mit diesem Rechtsprinzip liegt eine Norm des ungeschriebenen Rechts vor, die für die Kooperanten Pflichten begründet und die zwischen diesen ein Verwaltungsrechtsverhältnis aktiviert. Ein Verstoß gegen die Treuepflichten löst als Forderungsverletzung innerhalb des Rechtsverhältnisses reaktiv Schadensersatzansprüche des geschädigten Teils aus. Dieses Haftungsinstitut soll die indifferente Bezeichnung einer Haftung in einem Verwaltungsrechtsverhältnis – verkürzt: „Rechtsverhältnishaftung“ – erhalten. Die bürgerlich-rechtliche Haftung wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen, die heute in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB kodifiziert H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (658 f.); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), § 11 Rn. 3; J. Fluck, NuR 2000, S. 281 (282); P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (252); E.-H. Ritter, AöR 104 (1974), S. 389 f.; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 26–29. Im krassen Gegensatz dazu das Verdikt Otto Mayers, daß der Staat nicht mit seinen Untertanen paktieren dürfe, vgl. dens., AöR 3 (1888), S. 3 (41 f.), und dens., Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Bd., S. 148 f. 253 Das entspricht auch dem zivilrechtlichen Haftungskonzept, dazu oben §2 vor I; zu diesen Zusammenhängen auch F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 336 f. 254 M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 (821); ders., in: Festschrift von Caemmerer, S. 297 (304 f.); H.-J. Papier, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 82; vgl. auch B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 338.

III. Ergebnis

105

ist, bildet die zivilrechtliche Parallelerscheinung zur verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnishaftung. Die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog stellt einen handlungsformspezifischen Unterfall der Rechtsverhältnishaftung dar.

§ 4 Das Rechtsverhältnis des informalen Verwaltungshandelns als Ordnungsrahmen für Rechte und Pflichten: Konkretisierungen Bisher sind die Fragen, welche Pflichten die Verhandlungspartner während der informalen Kontakte binden und welche Rechte ihnen gegenüber der anderen Seite zustehen, in concreto offengeblieben. Zwar wird die obligierende Wirkung des Treuegrundsatzes nachgewiesen; die Einsicht setzt indes auf einer Abstraktionsebene an, welcher noch klare Konturen fehlen. Die Aufgabe einer Konkretisierung der die Parteien treffenden Treue- und Loyalitätspflichten wird das folgende Kapitel erfüllen. Die inhaltliche Präzisierung gilt dabei nicht nur den heuristischen Funktionen der Problemsensibilisierung, der Relativierung von Problemen und der Vorbereitung von Problemlösungen. 1 Sie tut vor allem Not unter den rechtsstaatlichen Aspekten der Rechtssicherheit und Rechtsberechenbarkeit. 2 Beiden Verhandlungsparteien muß das Pflichtenprogramm erkennbar sein, welches sie während des Aushandlungsprozesses trifft und welches im Falle der Verletzung Schadensersatzansprüche der anderen Seite generiert. Die Kenntnis der Pflichten kann dann auch mittelbar präventiv wirken, indem sie beide Seiten mit der Androhung von Ersatzforderungen zur Verhandlungsredlichkeit anhält. 3 Von besonderer Bedeutung ist die Berechenbarkeit der Verpflichtungen aus Treu und Glauben für den Bürger. Schließlich genießt er in seiner Rechtsstellung Schutz durch den Gesetzesvorbehalt. Dieser fordert die hinreichende Konkretisierung des Tatbestandes, der eine den Bürger belastende Schadensersatzpflicht erzeugen kann. 4 Der folgende Abschnitt der Untersuchung wird daher einer Herabsenkung der Unbestimmtheit der Pflichten dienen, die dem verhandelnden Bürger und der VerZu diesen Qualitäten einer Typologie W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (278). Zum rechtsstaatlichen Gebot der Rechtssicherheit R. Herzog, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art.20 Abs. 2 Rn. 46, 62 f.; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 81 (S. 1030); H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), Art. 20 GG (Rechtsstaat) Rn. 134, 137. Vgl. in diesem Zusammenhang auch das rechtsstaatliche, an den Gesetzgeber gerichtete Bestimmtheitsgebot, hierzu etwa BVerfGE 49, S.168 (181); 59, S. 104 (114). 3 Generell zum Präventionsgedanken im zivilen Haftungsrecht K. Larenz, Schuldrecht I, § 27 I (S. 423 f.); H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 26, und im Staatshaftungsrecht M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 (821); ders., in: Festschrift von Caemmerer, S. 297 (304 f.); H.-J. Papier, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 82. 4 Siehe oben § 3 II 3 c bb. 1 2

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

107

waltung obliegen. Zu beachten ist dabei, daß diese Relation nicht allein durch die „geborenen“ Treuepflichten bestimmt ist. Die Staat-Bürger-Beziehung ist darüber hinaus stets determiniert durch die „vorgefundenen“ gesetzlichen Bindungen der öffentlichen Seite, die außerhalb der Vertrauensbeziehung begründet liegen. Den Ordnungsrahmen für die normativ aufgeladene Relation bietet das Verwaltungsrechtsverhältnis. Es bildet gleichsam die „Schale“ 5 für das Pflichtengemenge innerhalb der Sonderverbindung. Für die Erfassung der rechtlichen Bindungen ist zu unterscheiden zwischen solchen, die aus Treu und Glauben zu deduzieren sind, und anderen, die den öffentlichrechtlichen Gesetzesvorgaben zu entnehmen sind. Erstere verpflichten beide Verhandlungspartner, das heißt sowohl den Bürger als auch die Verwaltung; letztere treffen allein die Verwaltung als Teil der Staatsgewalt.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben Beidseitige Bindungen – also Pflichten, die neben der Verwaltung in gleicher Weise den Bürger treffen – ergeben sich bei den informellen Verhandlungen allein aus Treu und Glauben. Weitere Normen, die dem Bürger Verhaltenspflichten abverlangen könnten, die über die allgemeinen des Deliktsrechts hinausgehen, existieren für die informalen Kontakte nicht. 1. Der flexible Verhaltensmaßstab Indessen kommen grundsätzliche Zweifel an einer verallgemeinernden Bestimmung eines Pflichtenrahmens für das informale Verwaltungshandeln auf, wenn man sich die Vielgestaltigkeit und Wechselhaftigkeit der Konsultationen vergegenwärtigt. So sind die Verhandlungen regelmäßig auf einen längeren Prozeß der Konsensfindung angelegt, der sich in die Phasen der Orientierung, der Sondierung und der Entscheidungsfindung einteilen läßt. 6 Es liegt auf der Hand, daß die Intensität der Beziehungen zwischen Bürger und Verwaltung und damit das gewährte und in Anspruch genommene Verhandlungsvertrauen in den Abschnitten variiert. Während es in den frühen Stadien vergleichsweise gering ist, steigert es sich mit der Zeit sukzessive. Das erhöhte Vertrauen auf die Loyalität und Redlichkeit ist der Tatbestand, der die Einbringung von Vorleistungen in die Kooperation subjektiv rechtfertigt. Wie im Zivilrecht anerkannt ist, daß der Grundsatz von Treu und Glauben mit unterschiedlichem Nachdruck auf die verschiedenen, sich entwickelnden SchuldverVgl. P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (258). W. Spannowsky, S. 64, im Anschluß an K. Bussfeld, S. 39 (44). Solche Phasen erkennt auch R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 327. 5 6

108

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

hältnisse einwirkt, 7 muß dies genauso für die öffentlich-rechtlichen Verwaltungsrechtsverhältnisse gelten. 8 Angezeigt sind deshalb Differenzierungen bei dem jeweiligen Pflichtenmaßstab, der für die informalen Kooperationsparteien gilt. 9 Wesentlich für den Grad der Bindung sind die Fortgeschrittenheit des Kontaktes sowie das Interesse der Gegenseite an einer redlichen Verhandlungsführung. Ausschlaggebende Gesichtspunkte zur Bemessung der Pflichten können demnach sein (1) die Dauer und die Kontinuität der informalen Verhandlungen, 10 (2) die wirtschaftliche Bedeutung der intendierten Vereinbarung für den anderen Teil 11 und vor allem (3) das Ausmaß der in die Verhandlung investierten Vermögenswerte (Vorleistungen) des Gegenübers sowie der Grad ihrer Gefährdung 12. Innerhalb des entwicklungsoffenen, auf eine zeitliche Streckung angelegten Verwaltungsrechtsverhältnisses kann sich die Wirkkraft des Treuegedankens dynamisch dem jeweiligen Stand des Verhandlungsprozesses anpassen. Ferner ist zu bedenken, daß in einer Rechtsbeziehung die Obligation durch Treu und Glauben keineswegs spiegelbildlich verteilt sein muß. Ein Teil kann durchaus stärker in die Verantwortung genommen werden als der andere. 13 So ist etwa die mächtigere Seite regelmäßig zu einer besonderen Rücksichtnahme auf die Belange des Schwächeren angehalten. Zur Bestimmung der Machtverhältnisse in der Beziehung zwischen Verwaltung und Bürger ist neben der rechtlichen Ungleichheit der Beteiligten, welche den Privaten grundsätzlich in eine geschwächte Position drängt, zu berücksichtigen, daß die Verwaltung auf ihrem Gebiet gegenüber dem Bürger über ein „Monopol“ verfügt. 14 Der Private ist auf die ordnungsrechtliche Genehmigung angewiesen, und er kann einer nachträglichen Anordnung gem. §17 BImSchG nicht ausweichen. Dabei kann der Bürger in der Regel nicht zwischen verschiedenen Gemeinde- und Fachverwaltungen wählen. Ferner wird der Private in besonderer Weise auf das Verhalten seines administrativen Kooperationspartners vertrauen; 7 Siehe bereits oben § 2 II vor 1. Ferner K. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), S. 501 (506); J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764 (768); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 23; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (225); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 78; A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 40. 8 Vgl. BGHZ 71, S. 386 (397); H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 727, 734. Siehe überdies H. Bauer, Die Bundestreue, S. 252. 9 H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (264 f.); G. von Wedemeyer, S. 237. Vgl. auch U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 96. 10 R. Keller, S. 102; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 78; M. Weber, AcP 192 (1992), S. 390 (396). 11 Vgl. G. von Wedemeyer, S. 234, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH zu den privatrechtlichen Gefälligkeitsverhältnissen. 12 BGHZ 71, S. 386 (397); BB 1996, S. 1238 (1239). Vgl. auch W. Spannowsky, S. 453. 13 So für das zivile Schuldrecht etwa A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 40. 14 Vgl. H. Grziwotz, NVwZ 2002, S. 391 (392); A. Lischke, S. 217 f.; R. Stober, Rückzug, S. 68; B. Stockburger, GewArch 1992, S. 328 (329); vgl. ferner, allerdings für den Bereich der Leistungs-, nicht der Eingriffsverwaltung, G. Schwär, S. 169, und P. Krause, VVDStRL 45 (1972), S. 212 (238).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

109

schließlich ist dieser nicht nur mit hoheitlicher Macht ausgestattet, sondern auch durch Art. 20 Abs. 3 GG zu einem gesetzestreuen Normenvollzug verpflichtet. 15 Trotzdem muß in der Staat-Bürger-Relation die Verteilung von Pflichtigkeiten nicht stets zu Lasten der mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten und deshalb grundsätzlich mächtigeren Verwaltung gehen. Auf andere Weise sind die Karten verteilt, wenn einer kleineren Gemeinde ein bedeutendes Wirtschaftsunternehmen gegenübersteht, das im Vergleich zu ihr über die besseren Erkenntnisquellen und über die größere Erfahrung verfügt. 16 Dies gilt vor allem dann, wenn der private Projektträger eine Ansiedlung erst erwägt und er noch über die Möglichkeit verfügt, auf einen Standort in dem Gebiet einer anderen Gemeinde auszuweichen.17 Ist die öffentliche Hand aufgrund des tatsächlichen privaten Verhandlungsgewichts die machtlosere Seite, kann der „Schutz des Schwächeren“ gebieten, daß die Zivilperson verstärkte Pflichten treffen. 18 Demnach wird in der beschriebenen Situation das projekttragende Unternehmen höhere Verantwortung und Rücksichtnahmepflichten erfahren als die öffentliche Seite. Relevante Gradmesser für die Verpflichtung auf Treu und Glauben bilden sonach auch die Sach- und Fachkenntnisse der Beteiligten sowie die Größe und die geschäftliche Erfahrenheit des privaten Verhandlungspartners. 19 Hier kommt wiederum vieles auf den Einzelfall an. 2. Die Formulierung von Fallgruppen Der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben stellt sich nicht ohne weiteres als subsumtionsfähiger Tatbestand dar. 20 Vielmehr bedarf es zunächst der Ableitung von präzisen Rechtssätzen aus dem Grundsatz als Rechtsquelle. Das heißt, eine rechtssatzmäßige Konkretisierung des Prinzips ist in bezug auf typische Sachverhalte notwendig. Erst dieses Vorgehen erlaubt eine Ausfüllung des Rechtsbegriffs auf einer dogmatischen Zwischenebene, also auf dem Niveau tatbestandlicher Formulierung. Durch die Bildung von Fallgruppen im Sinne eines case-law wird der Rechtsgrundsatz faßbar. 21 Der reiche Fundus an Judikaten zur zivilrechtlichen und 15 Vgl. BGH, DVBl. 2001, S. 1603 (1605 f.); OVG Münster, MDR 1971, S. 331 (332); J. Punke, S. 98 f., 100 f.; P. Körner, S. 175 f.; J. Zeibig, S. 142; aber auch E. Forsthoff, § 9 (S. 169). 16 Zu dieser Konstellation BGHZ 149, S. 50 (54 f). 17 A. Bleckmann, S. 263; H. Grziwotz, NVwZ 2002, S. 391 (392); A. Lischke, S. 218 f.; Th. Schilling, VerwArch 87 (1996), S. 191 (199 Fn. 48); vgl. auch W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (149 f.); A. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, S. 58. 18 W. Henke, JZ 1992, S. 541 (548). Zu den faktischen Machtverhältnissen im informellen Verwaltungsrecht bereits oben § 3 II 2 aa, zu den Machtstrukturen bei Anbahnung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oben § 3 II 3 b aa. 19 K. O. Bergmann, LKV 1995, S. 169 (173). 20 Siehe bereits oben § 3 II 1 a. 21 Zu diesem Vorgehen schon § 2 II vor 1 sowie H. Bauer, Die Bundestreue, S. 318 f., 325; R. Keller, S. 130 f.; K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 127); ders., Methodenlehre, S. 421; R. Weber, JuS 1992, S. 631 (634); H. J. Wolff, in: Festschrift Jellinek, S. 33 (44); H. J. Wolff/

110

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

zur öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo kann bei der anstehenden Konkretisierungsarbeit behilflich sein. Ist doch in der privatrechtlichen Haftung wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB die zivile Parallelerscheinung der Rechtsverhältnishaftung erkannt 22 und die Haftpflicht wegen einer öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog als ein Unterfall der allgemeinen Rechtsverhältnishaftung identifiziert worden 23. Alle drei Haftungsinstitute – sowohl die privatrechtliche als auch die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo und auch die allgemeine Verwaltungsrechtsverhältnishaftung – verbindet, daß sie auf den Wirkungen des Rechtsgedankens von Treu und Glauben in einem Anbahnungsverhältnis gründen. 24 Ausgestattet mit diesem Rüstzeug werden die von der Rechtsprechung zu den landläufig anerkannten Instituten einer Vertrauenshaftung entwickelten Fallgruppen darauf abzuklopfen sein, inwieweit sie sich als Konkretisierungsmaterial für die Verwaltungsrechtsverhältnishaftung eignen: Bei aller Parallelität der normativen Ausgangslage müßten die zivilrechtlichen Typisierungen den Besonderheiten des Öffentlichen Rechts angepaßt werden. Die Judikate zur öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo werden dahingehend zu untersuchen sein, inwiefern sie für die weitere Rechtsverhältnishaftung verallgemeinerungsfähig sind. Bei dem Vorgehen darf nicht außer acht gelassen werden, daß eine minutiöse Phänomenologie in ausgestanzten Sachverhaltsmustern dem Charakter informalen Verwaltens nicht gerecht werden kann, auch und gerade angesichts seiner Vielgestaltigkeit. Das offene Rechtsprinzip von Treu und Glauben ist aber geschmeidig genug, um tragfähige Ergebnisse zu gewährleisten, die in casu interessengerecht und damit angemessen sind. Der Verweis auf eine Rechtsfindung, die auf die Umstände des zu entscheidenden Falls abstellt, scheint Anwendungsunsicherheiten in sich zu bergen und fordert den Vorwurf der Beliebigkeit heraus. Jedoch besteht kein Anlaß zur Resignation, hat doch auch im Zivilrecht erst die Kasuistik der Rechtsprechung zur näheren Umschreibung der Rechte und Pflichten geführt, die dem Gedanken von Treu und Glauben zu entnehmen sind. 25 Deshalb kann und will der folgende Fächer von Fallgruppen nicht mehr bieten als ein „Grobraster“ 26 der materiellen Verhaltenspflichten auf O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 6. Kritisch gegenüber der Konkretisierung von Generalklauseln durch Fallgruppen R. Weber, AcP 192 (1992), S. 516 (535–567 passim). 22 Siehe oben § 3 II 3 a. 23 Siehe oben § 3 II 3 b dd. 24 Zur Herleitung der zivilrechtlichen culpa in contrahendo oben § 2 I 2 c. Zur öffentlichrechtlichen culpa in contrahendo oben § 3 II 3 b vor aa. Zur allgemeinen Rechtsverhältnishaftung oben § 3 II 3 a. 25 Dazu H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 242 Rn. 2; K. Larenz, Schuldrecht I, § 10 I (S. 125–127); D. Medicus, Schlußbetrachtung, S. 607 (609); G. H. Roth, in: Münchener Kommentar, BGB, § 242 Rn. 41–45; A. Teichmann, in: H. Th. Soergel, BGB, § 242 Rn. 6 f. 26 So von zivilrechtlicher Warte zur Konkretisierung des §242 BGB J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764 (765).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

111

einem gesenkten Abstraktionsniveau. Dabei gilt es, das zu entwickelnde Pflichtenprogramm für einzelfallbezogene Feinabstimmungen elastisch genug zu halten. Zugleich muß es aber hinreichend konturiert werden, um den Anforderungen an eine Konkretisierung im Dienste der Rechtssicherheit und des Gesetzesvorbehalts zu genügen. a) Die Sicherungspflichten für verhandlungsfremde Güter Die erste Fallgruppe, deren Tauglichkeit für eine Konkretisierung der Rechtsverhältnishaftung auf dem Prüfstand steht, ist die der Sicherungspflichten für verhandlungsfremde Güter. Als solche sind die absoluten Rechts- und Lebensgüter zu verstehen, die ein Verhandlungspartner in den tatsächlichen Machtbereich des anderen einbringt und welche er damit einer besonderen Gefährdung aussetzt. Zivilrechtlicher Ausgangspunkt dieser Fallgruppe der culpa in contrahendo sind die sogenannten Warenhausfälle: 27 Der Geschäftsinhaber eröffnet einen Verkaufsbereich, in dem er potentielle Käufer empfängt. Hier sehen sich die Kunden besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Für die Rechtsverhältnishaftung kann das Analogon zu der räumlichen Geschäftsbereitschaft in den Lokalitäten gefunden werden, welche die Kooperationspartner für die Verhandlungen zur Verfügung stellen. Behördlicherseits ist das Verwaltungsgebäude in Betracht zu ziehen. Die Konsultationen können aber auch in Räumen des Privaten stattfinden. 28 aa) Die tatsächliche Ausgangslage Zweifel an einer Rechtsverhältnishaftung kommen für diese Konstellation schon deshalb auf, weil die Risiken der Beteiligten nicht anders liegen als bei den allgemeinen sozialen Kontakten, die außerhalb eines Vertrauensverhältnisses anzusiedeln sind. Die Gefährdung der Rechts- und Lebensgüter des Privaten besteht wie bei jedem beliebigen Mitbürger, der ein Behördengebäude etwa in der Absicht betritt, Formulare abzuholen. Dieser Bürger kommt mit den personalen und sachlichen Verwaltungsinstitutionen in gleicher Weise in physischen Kontakt wie der private Partner informaler Kooperation. Ersterer steht aber in keinem haftungsverschärfenden Besonderen Rechtsverhältnis zur Verwaltung, und er hat keinen Anlaß, eine Rücksichtnahme zu erwarten, die über die allgemeinen Höflichkeits- und Anstandsgebote hinausgeht. 29 Auf der anderen Seite sind die von der Behörde eingesetzten Amtsträger während der Verhandlungen genauso gefährdet wie bei jeder dienstlichen Überprüfung einer Anlage, die „vor Ort“ erfolgt. Soweit die Konsultationen in Büroräumen des privaten Unternehmers stattfinden, fallen die Risiken geringer aus als beim Siehe hierzu oben § 2 II 1. Vgl. etwa die aufschlußreiche Beschreibung bei N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 209 f., wonach die dem Unternehmer bekannte Umgebung dessen Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft fördert. 29 So pointiert H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 317. 27 28

112

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Betreten einer Industrieanlage. Mit Blick auf ihre absoluten Rechtsgüter, die die Beteiligten unweigerlich in die Verhandlungen einbringen, können die Kooperationsparteien deshalb keine besondere Rücksichtnahme erwarten. Dessen werden sich die Verhandlungspartner während der Zusammentreffen auch insoweit bewußt sein, als sie bei Betreten der fremden Räumlichkeiten überhaupt kein Vertrauen hinsichtlich einer Rücksichtnahme auf ihre absoluten Rechtsgüter entwickeln werden. Diesbezüglich ein besonderes Verhandlungsvertrauen zu unterstellen, liefe auf eine bloße Fiktion hinaus. 30 Vor diesem Hintergrund ist für die Fallgruppe der Sicherungspflichten für verhandlungsfremde Güter bei der auf Treu und Glauben basierenden Rechtsverhältnishaftung schon konstruktiv kein Raum. bb) Die normative Ausgangslage Trotz dieser grundsätzlichen Skepsis gegen einen Schutz absoluter Rechtsgüter durch eine Vertrauenshaftung ist zu hinterfragen, ob eine gegenüber dem Deliktsrecht verschärfte Haftung für diese Güter bei den öffentlich-rechtlichen Konstellationen aus Gründen der Billigkeit angezeigt erscheint oder ob nicht die bestehenden Bestimmungen ausreichen. Hinsichtlich des gesetzlichen Regelungsprogramms ist danach zu unterscheiden, ob es um Ansprüche des Privaten gegen die Behörde geht oder um Ansprüche der öffentlichen Hand gegen den Privaten. (1) Eine Gefährdung erscheint bei dem Privaten während der Verhandlungen sowohl in seiner körperlichen Unversehrtheit als auch in seinem Eigentum denkbar, welches er in den räumlichen Machtbereich der Gegenseite einbringt. Die gesetzliche Ausgangslage der zivilrechtlichen Vertragsverhandlungen ist für den Privaten nicht mit der bei den öffentlich-rechtlichen Konstellationen vergleichbar. Während sich im Zivilrecht die deliktische Einstandspflicht des Geschäftsinhabers für diese Rechtsgüter vorrangig nach § 831 BGB richtet, was wegen der Exkulpationsmöglichkeit nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB im vorvertraglichen Anbahnungsrechtsverhältnis als defizitär empfunden wird, 31 gilt bei den öffentlich-rechtlichen Kontakten das Amtshaftungsrecht. Die öffentliche Hand steht dem Bürger für Einbußen an seinen absoluten Gütern nach § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG ein. 32 Dem Amtshaftungsrecht ist der kritisierte Entlastungsbeweis unbekannt. Gewissen Einschränkungen unterliegt auch der Amtshaftungsanspruch. Allerdings sind diese bei einer dem genuinen 30 Dieser Einwand schon oben gegen die parallele zivilrechtliche Fallgruppe einer culpa in contrahendo, § 2 II 1. 31 Vgl. oben § 2 II 1. 32 Zu dieser rein deliktsrechtlichen Komponente der Amtshaftung BGHZ 69, S. 128 (138); F. Kreft, in: RGRK, BGB, § 839 Rn. 159–164; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 43, 46, 62; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 34 (S. 1368); ders., in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 196; P. Reinert, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 42 f., 55. Aus rechtsverhältnisdogmatischer Perspektive: A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (21 f.); R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 302 f.; P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (261).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

113

Deliktsrecht unterfallenden Integritätsverletzung eher gering und nicht unbillig. 33 So gilt etwa nach der Rechtsprechung des BGH das den Bürger belastende Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB, das lediglich eine hilfsweise Haftung der öffentlichen Körperschaft vorsieht, nur eingeschränkt. 34 (2) Auch wegen Integritätsverletzungen bei der Behörde besteht kein Bedürfnis für eine Erweiterung der Haftung des Bürgers über das Deliktsrecht hinaus. Der private Verhandlungspartner haftet gegenüber der Behörde zwar wie in den privatrechtlichen Warenhausfällen nach den §§ 823 ff. BGB, gegebenenfalls nur nach § 831 BGB. Verwaltungsseitig liegt jedoch eine geringere Gefährdung vor als in den zivilrechtlichen Konstellationen. Mangels eigener leiblicher Substanz besteht für die Verwaltung allenfalls eine Gefahr für das Eigentum, die aber als nicht sehr hoch einzuschätzen ist. Körperverletzungen der Amtsträger haben hier außer Betracht zu bleiben. Wenn ein öffentlich Bediensteter in seiner körperlichen Integrität verletzt wird, liegt in den Folgeaufwendungen zunächst einmal nur für ihn persönlich ein geldwerter Schaden. Für diesen Schaden haftet der Private gegenüber dem Amtsträger zivilrechtlich aus §§ 823 ff. BGB. Eine Schädigung der öffentlichen Hand, die durch den privaten Verhandlungspartner verursacht wurde und die Tatbestandsvoraussetzung der Rechtsverhältnishaftung wäre, fehlt dagegen. 35 Finanzielle Belastungen können sich für die Verwaltung aus der Ersatzverpflichtung gegenüber dem Amtsträger in der Folge eines Dienstunfalles ergeben. Dieser Nachteil der öffentlichen Hand wird jedoch durch die besonderen gesetzlichen Regeln für diesen Bereich hinreichend kompensiert. Grundlage für Ansprüche des Amtsträgers gegen seine Anstellungsbehörde resultieren aus dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis und richten sich nach dem dort geltenden Recht. Steht der Bedienstete in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis zur Behörde, haftet die Behörde nicht für den Schaden, der durch die privaten Verhandlungspartner verursacht wurde. Eine denkbare Einstandspflicht der Behörde wegen einer Verletzung des Arbeitsvertrages (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) scheitert daran, daß der Schaden nicht auf einem der Verwaltung zurechenbaren Verschulden beruht. 36 Der Angestellte hat sich vielmehr an den Sozialversicherungsträger zu halten. Auf den 33 Allgemein zu diesen Restriktionen bereits oben §3 II 3 c aa. Eine weitere Eingrenzung, die allerdings in den hier interessierenden Geschehensabläufen nicht so schwer wiegen wird, findet sich im Begriff des „Beamten“ im Sinne des §839 BGB. Dazu Th. Meysen, JuS 1998, S.404 (407); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 12–41; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 127–140; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 27–30. 34 Vgl. hierzu die Übersichten bei F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.80–85; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 296–316; K. Windthorst, JuS 1995, S. 992 (993–995). 35 Zur schädigenden Schutzpflichtverletzung als Haftungsvoraussetzung noch unten § 5 I 2 vor a. 36 Zur Haftung des Arbeitgebers bei Sach- und Personenschäden etwa M. Gotthardt, Rn. 15 f., 62; H. Putzo, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 611 Rn. 14–18, 153–155; P. Schlechtriem, in: O. Vollkommer (Hrsg.), BGB, § 611 Rn. 38–42.

8 Kellner

114

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Versicherungsträger gehen wiederum die durch den Arbeitsunfall entstandenen Ersatzansprüche des verletzten Arbeitnehmers gegenüber dem privaten Schädiger über. Diesen Forderungsübergang bewirkt die sozialrechtliche cessio legis des § 116 SGB X. Wegen der Entgeltfortzahlung an den Bediensteten während der Krankheit kann die Behörde aufgrund der in § 6 EntgeltfortzG vorgesehen Legalzession von dem Privaten Ersatz verlangen. 37 Sofern es sich bei dem Verletzten um einen Beamten im Sinne des § 5 BBG handelt, ist der Dienstherr aus §§ 30–46 a BeamtVG verpflichtet, den Schaden wegen der Körperverletzung zu ersetzen. Dieser finanzielle Nachteil der Behörde wird jedoch durch den in § 87 a BBG, § 52 S. 1 BRRG normierten Forderungsübergang ausgeglichen. Danach gehen die deliktsrechtlichen Ersatzansprüche des betroffenen Beamten gegen den privaten Schädiger auf den Ersatz leistenden Dienstherrn über. 38 Muß der Dienstherr das Gehalt des Beamten weiterzahlen, erfaßt der Regreß auch den Schadensersatzanspruch des Beamten in Höhe des Bruttogehalts. Eine unmittelbare Haftung des privaten Verhandlungspartners innerhalb des Anbahnungsrechtsverhältnisses für persönliche Verletzungen des Amtsträgers neben der mittelbaren Haftung des Schädigers aufgrund der jeweils einschlägigen Legalzession erweist sich als daher auch unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht als zwingend geboten. 39 cc) Der Sonderfall verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo Etwas anders verhält sich die normative Ausgestaltung im Vorfeld eines Verwaltungsvertrages. Über die Verweisungsvorschrift des § 62 S. 2 VwVfG ist in dieser Konstellation § 311 Abs. 2 BGB analog anzuwenden. Danach entsteht durch Aufnahme von Verhandlungen eines Verwaltungsvertrages oder bei Anbahnung eines solchen Vertrages ein „rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis“ mit den Pflichten des § 241 Abs. 2 BGB. Nach § 241 Abs. 2 BGB können die Parteien – je nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses – auch zur Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter des anderen Teils verpflichtet sein. Doch ist der Schluß, daß über § 62 S. 2 VwVfG die Kooperationsparteien in der speziellen Konstellation der Vertragsverhandlungen doch Schutzpflichten für die verhandlungsfremden Rechts- und Lebensgüter der Gegenseite treffen, nicht zwingend. Der Anwendungsbefehl des § 62 S. 2 VwVfG gibt nicht die unreflektierte Transformation der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in das Verwal37 Ansprüche des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst gegen einen Dritten wegen des Verdienstausfalls gehen insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser dem Angestellten Krankenbezüge und sonstige Bezüge sowie die Sozialabgaben gezahlt hat, § 38 Abs. 1 BAT. 38 Zu dem Prinzip der Vorteilsausgleichung, das hinter der Vorschrift steht, U. Battis, BBG, § 87 a Rn. 2. 39 Ersichtlich besteht auch kein Anlaß, eine unmittelbare Haftung des Privaten gegenüber dem Amtsträger durch eine Einbeziehung in die Rechtsverhältnishaftung anzunehmen, was der zivilrechtlichen Konstruktion des „Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ entspräche, dazu H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 328 Rn. 13–20.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

115

tungsrecht vor, sondern lediglich deren entsprechende Anwendung. Für jede zivilrechtliche Bestimmung ist deshalb zunächst abzuschätzen, ob sie nach ihrem Sinn und Zweck überhaupt auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag „entsprechend“ zur Anwendung kommen kann. Das bedeutet im Ergebnis nichts anderes, als daß die zivilrechtlichen Vorschriften nur dann heranzuziehen sind, wenn die Voraussetzungen einer Analogie im Einzelfall vorliegen. 40 Daher ist über § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB auch die zivilrechtliche culpa in contrahendo mit ihrer ausufernden Kasuistik nicht pauschal und in toto dem Verwaltungsvertragsrecht überzustülpen. Vielmehr sind die einzelnen anerkannten Fallgruppen dahingehend zu untersuchen, ob und inwieweit sie auf das öffentlich-rechtliche Vertragsrecht übertragbar sind. Um die hier behandelte Fallgruppe der Schutzpflichten für verhandlungsfremde Güter im Verwaltungsrecht anzuwenden, müssen die Voraussetzungen einer Analogie – nämlich die planwidrige Regelungslücke und die Vergleichbarkeit der Interessenlagen – im Verwaltungsvertragsrecht gegeben sein. Bei der Überprüfung dieser Voraussetzungen kann auf die vorstehende Diskussion zur entsprechenden Fallgruppe der allgemeinen Rechtsverhältnishaftung verwiesen werden: Die planwidrige Regelungslücke fehlt im Haftungsrecht in der Ausprägung der Staatshaftung, da ein ausreichender Schutz bereits durch das deliktische Amtshaftungsrecht des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 S. 1 GG gewährt wird. Für die umgekehrten Fälle der Bürgerhaftung mangelt es an der Vergleichbarkeit der Interessenlage der zivilrechtlichen mit der öffentlich-rechtlichen Anbahnungsbeziehung, weil im Vorfeld eines Verwaltungsvertrages ein nur viel geringeres Gefährdungspotential für die öffentliche Seite besteht als bei der Anbahnung eines Vertrages zwischen Privaten. dd) Folgerungen Insgesamt spricht gegen eine Einstandspflicht der Parteien für die Unversehrtheit der verhandlungsfremden, absoluten Güter der Gegenseite im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung nicht nur wegen des faktischen Fehlens eines darauf gerichteten Vertrauens ein konstruktives Hindernis. In Anbetracht der geringeren Risiken für die öffentliche Hand, für die allein das Eigentum auf dem Spiel steht, und angesichts der für den Privaten durch das Amtshaftungsrecht günstigeren Ausgangslage gegenüber der Gehilfenhaftung des § 831 BGB fehlt für eine weitergehende Haftungsordnung als die des Deliktsrechts auch das praktische Bedürfnis. Die Rechtsverhältnishaftung dient denn auch nicht dazu, für jede Art von Schäden während des informalen Kooperierens Ersatzansprüche zu gewähren. Vielmehr beschränkt sie sich auf den Ersatz von Vermögensschäden aufgrund spezifischer Vermögensgefährdungen. 40 Vgl. H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 22; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 62 Rn. 5; F. O. Kopp/U. Ramsauer, § 62 VwVfG Rn. 6; V. Schlette, S. 396 f., 400 f.

8*

116

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

b) Der Abbruch der informalen Verhandlungen Eine den informalen Verhandlungen inhärente Vermögensgefährdung kann sich im Falle des einseitigen Abbruchs der Kooperation realisieren. 41 Vorleistungen, die im Vertrauen auf das Zustandekommen einer Vereinbarung – sei es eines abgestimmten Verwaltungsaktes, eines Verwaltungsvertrages oder einer Absprache – erbracht wurden, erweisen sich als entwertet, wenn die Gegenseite vor der Herstellung eines Einvernehmens aus den Verhandlungen aussteigt. Das kann mittels einer schlichten, dem anderen unvorhersehbaren Nichtfortführung der Verhandlungen geschehen. Seitens der Verwaltung könnte ein Abbruch ferner im unvermittelten einseitigen Erlaß eines Verwaltungsaktes liegen, der im Widerspruch zum aktuellen Verhandlungsverlauf steht. Neben der eigentlichen Kooperationsaufkündigung sind auch weitere Verhaltensweisen denkbar, die zu einem Scheitern der Vereinbarung führen und die mit der jeweils intendierten Handlungsform im Zusammenhang stehen. Im Vorfeld des konsentierten Verwaltungsaktes ist die behördliche Weigerung anzuführen, den ausgehandelten Konsens in die vereinbarte verbindliche Rechtsform umzusetzen. Für den Bereich der culpa in contrahendo ist an die Ablehnung eines angetragenen Vertragsschlusses zu denken, obgleich eine Übereinstimmung in der Sache bereits erzielt war. Auch die Absprache kann als informale Vereinbarung dadurch verhindert werden, daß ein diesbezügliches Angebot der Gegenseite ausgeschlagen wird. Bei dem Verwaltungsvertrag ist darüber hinaus durch beide Seiten eine Hinderung der Wirksamkeit durch die Vorenthaltung der von § 57 VwVfG geforderten Schriftform möglich. Hier kann der den Vollzug der Form verweigernde Teil für sich keine Schutzwirkung der Form ins Feld führen. Anders als in der vergleichbaren zivilrechtlichen Konstellation, wo sich bei Grundstücksgeschäften der verweigernde Teil auf den durch § 311 b Abs. 1 BGB verbürgten Schutz vor übereilten Entscheidungen berufen kann, 42 fehlt § 57 VwVfG eine solche Schutzfunktion. Der rigide Zwang des § 57 VwVfG, der für jeden öffentlich-rechtlichen Vertrag unabhängig von seinem materiellen Gehalt gilt, dient weniger der Behütung prospekti41 Das Bedürfnis einer (handlungsformunabhängigen) Haftpflicht im Falle eines treuwidrigen Verhandlungsabbruchs – vor allem auch des Privaten – sehen etwa W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S.187 (227 f.), und H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S.241 (266). H. Bauer geht jedoch an anderer Stelle von der Möglichkeit eines sanktionslosen Rückzuges aus den informellen Verhandlungen aus, sofern die Verhandlungen nicht auf einen Verwaltungsvertrag gerichtet sind, ders., Anpassungsflexibilität, S. 245 (257, 260 f.). Weithin unbestrittener Fall verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo ist der Verhandlungsabbruch, etwa BVerwG DÖV 1974, S. 133 (134); BGHZ 71, S. 386 (395 f.); 76, S. 343 (349); NVwZ-RR 1989, S. 600; NJW 1990, S. 1042 (1045); H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (261); V. Emmerich, in: Münchener Kommentar, BGB, § 311 Rn. 178; R. Keller, S. 150–158; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.357; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 219 f.; B. Stüer, DVBl. 1995, S. 649 (655); C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72 Rn. 12. 42 Hierzu oben § 2 II 2.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

117

ver Vertragspartner vor Überstürzung. Angesichts seines pauschalen Anwendungsbereichs ist er eher Ausdruck eines offenen Mißtrauens des Gesetzgebers gegenüber dem Vertrag zwischen Staat und Bürger, welches eine strikte Dokumentation des Vertragsschlusses verlangt. 43 Bricht ein Teil die Verhandlungen unmotiviert ab, oder verweigert er die Umsetzung in die vorgesehene Rechtsform, obgleich vordem die Verhandlungen weit gediehen waren, setzt sich der Verhandlungspartner in Widerspruch zu seiner zuvor gezeigten Verhandlungs- und Konsensbereitschaft. Ein Verstoß gegen den auf dem Prinzip von Treu und Glauben beruhenden Grundsatz venire contra factum proprium nulli conceditur liegt vor. aa) Relativierung wegen des fehlenden Rechtsbindungswillens der Parteien Allerdings wird man für die Phase informaler Verhandlungen zwischen Bürger und Verwaltung eine Haftung wegen der Verweigerung einer Vereinbarung restriktiv halten müssen. Beide Verhandlungspartner wählten den informellen Weg, um (vorerst) den Verpflichtungen auszuweichen, die auf Erbringung der den Verhandlungen zur Disposition gestellten „Leistungen“ gerichtet sind. Eine Treuepflicht, die Kooperation fortzusetzen, implizierte – da endlose Verhandlungen ohne Sinn wären – zugleich die Pflicht, einen wie auch immer gearteten Pakt über diese Leistungen einzugehen. 44 Der Zwang, genau die Leistungen zu erbringen, über die an sich erst noch verhandelt werden soll, stünde im Widerspruch zur erklärten Absicht der Beteiligten. Dieser der jeweiligen Gegenseite bekannte Wille kann nicht durch die Annahme einer Treuepflicht überspielt werden. Ungereimt schiene es, einen haftungsbegründenden Pflichtenverstoß im Abbruch der Verhandlungen über eine Abrede zu erkennen, die hinsichtlich der primären Leistungen unverbindlich ist. Denn dann sähen sich die Verhandlungspartner mit der vorkonsensualen Verpflichtung, eine Absprache herbeizuführen, einer stärkeren Inpflichtnahme ausgesetzt als nach Abschluß der Vereinbarung. In sich widersprüchlich stellte sich eine Treuepflicht dar, die darauf gerichtet sein sollte, einem Ver43 Vgl. die Amtliche Begründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 81, zu § 53 der Entwurfsfassung; BVerwGE 97, S. 331 (341); H. Faber, Verwaltungsrecht, § 26 II c (S. 286); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (23); F. Ossenbühl, JuS 1979, S. 681 (684); ähnlich A. Bleckmann, S. 309; J. Ziekow, Verankerung, S. 137 f. Das übersehen, wenn sie § 57 VwVfG eine Warn- und Schutzfunktion vor Übereilung zusprechen: H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, §57 Rn.4; U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S.332 f.; F. O. Kopp/ U. Ramsauer, VwVfG, § 57 Rn. 1; P. Macedo Weiß, S. 132; J. Murach, Die Haftung, S. 73 f.; J. Punke, S. 204; V. Schlette, S. 452; O. Weihrauch, VerwArch 82 (1991), S. 543 (558). 44 Vgl. Th. Bodewig, Jura 2001, S. 1 (4 Fn. 24); D. Reinicke/K. Tiedtke, ZIP 1989, S. 1093 (1097 f.), zum Abbruch der Vertragsverhandlungen als Fallgruppe zivilrechtlicher culpa in contrahendo. Für einen Kontrahierungszwang als Folge verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo ausdrücklich V. Schlette, S. 424 f., differenzierend allerdings S. 430.

118

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

handlungspartner die Fixierung einer unverbindlichen Verabredung abzufordern, obwohl er innerlich von deren Inhalt – und damit auch von ihrer zukünftigen Einhaltung – abgerückt ist. Wenn selbst nach Erzielen der Absprache das Vertrauen auf ihre Honorierung keine rechtliche Absicherung genießt, kann erst recht das Vertrauen auf das Zustandebringen einer Absprache nicht schützenswert sein.45 Nichts anderes gilt, wenn sich die Partner noch nicht geeinigt haben, ob die angestrebte Willensübereinstimmung rechtsverbindlich qua Verwaltungsakt bzw. -vertrag oder unverbindlich durch eine Absprache festgehalten werden soll. Auch bei diesen offenen Verhandlungssituationen fehlt es an einer hinreichenden Vertrauensgrundlage 46 bezüglich einer bevorstehenden bindenden Vereinbarung. Die Fallgruppe ist demnach schon wegen des Bewußtseins der Verhandlungsparteien, sich in einer weitgehend unverbindlichen Koordination zu befinden, eng zu verstehen. Grundsätzlich wird ein Pflichtenverstoß im Zusammenhang mit enttäuschten Abschlußerwartungen nur im Vorfeld der rechtsverbindlichen Handlungsformen Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag zu finden sein. bb) Relativierung wegen der Privatautonomie des Privaten Einer weiteren Relativierung unterliegt das auf die Herbeiführung einer Vereinbarung gerichtete Verbot des venire contra factum proprium wegen der Privatautonomie des Bürgers. Die Befugnis des Bürgers, seine Belange selbstbestimmt im Wege der rechtlichen Selbstgestaltung zu regeln, genießt institutionalisierten Schutz durch die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG und die Würde des Menschen, die in Art.1 Abs. 1 GG festgeschrieben steht. Dieses Selbstbestimmungsrecht in der Ausprägung der negativen Vertragsfreiheit, also der Freiheit von einem Vertragsschluß abzusehen, gilt sowohl für den privatrechtlichen 47 als auch für den öffentlich-rechtlichen 48 Vertragsschluß. Nicht gerechtfertigt erscheint die Beschrän45 Zur Versagung eines Vertrauensschutzes hinsichtlich der Erfüllung einer Absprache W. Beyer, S. 268 f.; E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (360); J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (242); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (220, 226); St. F. Rabe, S. 31 f., 34; W. Spannowsky, S. 452. Zu Unrecht für einen – wenn auch nur engen – Vertrauensschutz U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 327–333; St. Kautz, S. 326; M. Kloepfer, Umweltrecht, §5 III 3 b bb (Rn.225 a.E.); Ph. Kunig, DVBl. 1992, S.1193 (1201); C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 144. 46 Zum Erfordernis einer Vertrauensgrundlage als Voraussetzung einer schützenswerten Vertrauensbildung noch ausführlich unten § 5 I 2 aa, bb. 47 Dazu bereits oben § 2 II 2. 48 BVerwGE 74, 78 (82); Buchholz 232 § 30 BBG Nr. 11; W. Beyer, S. 47 f.; P.-M. Efstratiou, S. 167; D. Göldner, JZ 1976, S. 352 (358); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 29, 333; dies., Jura 2001, S. 659 (663); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 53; R. Keller, S. 43; W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (256); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); V. Schlette, S. 68 f., 445; J. Zeibig, S. 150 f.; kritisch wegen der geringen Gestaltungsspielräume im Verwaltungsrecht Th. Meysen, Die Haftung, S. 58, 177 f. Vgl. zur privatautonomen Rechts-

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

119

kung des Selbstgestaltungsrechts auf die Vertragsverhältnisse. Wenn der Bürger innerhalb der informellen Verhandlungen gegenüber der Verwaltung, welche gegebenenfalls auch mittels einer einseitigen Maßnahme vorgehen kann, mitunter nicht über die gleiche Verhandlungsmacht wie die Behörde verfügen mag, steht es ihm gleichwohl frei, die Aufnahme der Kooperation von vornherein abzulehnen und dadurch einer Abmachung auszuweichen. 49 Insoweit liegt es bei dem Privaten, über das „Ob“ der Verhandlungsaufnahme zu entscheiden. Der Bedeutung informaler Kooperation würde es nicht gerecht, die Partizipationsmöglichkeit des Bürgers als bloßen Reflex des behördlichen Verfahrensermessens 50 zu verstehen. Ist dem Bürger erst die Möglichkeit eingeräumt, selbst Einfluß auf die rechtliche Gestaltung seiner Angelegenheiten im Rahmen informeller Verhandlungen zu nehmen, liegt auch die Entscheidung über die Art und Weise von deren Verwertung, also das „Wie“ der Verhandlungsführung, in seiner eigenen Verantwortung. Deshalb steht es dem Bürger zu, seine Interessen autonom wahrzunehmen. Die selbstbestimmte Ausübung kann auf keiner anderen Grundlage beruhen als auf der grundrechtlich verankerten allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Demnach sekundiert der zivilen Verhandlungspartei in allen informalen Anbahnungsverhältnissen die in der Handlungsfreiheit radizierte Privatautonomie. 51 Dies gilt unabhängig davon, ob der Verwaltungspakt in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag münden soll oder in eine andere Handlungsform. 52 Steht dem Bürger bei den informellen Kontakten seine grundrechtlich garantierte Privatautonomie zu, muß er auch während des Kooperationsverlaufs in seiner Entschließung frei bleiben, von den Verhandlungen Abstand zu nehmen. Die Annahme einer Treuepflicht des Inhalts, die informalen Verhandlungen fortführen und schließlich gar einer Vereinbarung zustimmen zu müssen, kollidiert mit den Grundrechten des privaten Verhandlungspartners. Wenn auch der Grundsatz von Treu und Glauben den Privaten zur Loyalität im Anbahnungsverhältnis anhält und das Prinzip als Schranke der allgemeinen Handlungsfreiheit eine besondere Sorgfalt und Rücksichtnahme gegenüber dem öffentlichen Verhandlungspartner gebietet, 53 ginge die Annahme über diese Schutzpflichten hinausgehender Treuepflichten zu weit. 54 Verstellung des Bürgers im Verwaltungsrecht auch V. Götz, VVDStRL 52 (1993), S.343 (344), und R. Stettner, VVDStRL 52 (1993), S. 348 f. 49 Zur Freiwilligkeit der informalen Kontaktaufnahme seitens des Privaten bereits oben § 3 II 2 a cc. 50 Anders aber St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 131 f. 51 So wohl auch W. Hoffmann-Riem, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 261 (274); anders Th. Meysen, Die Haftung, S. 177 f. 52 Deshalb ist auch an dieser Stelle eine vom Verständnis der Rechtsverhältnislehre geleitete Betrachtung gewinnbringend, die nicht auf das Produkt der Verhandlungen fixiert ist, sondern sich auf die materiellen Berechtigungen und Verpflichtungen im Verwaltungsrechtsverhältnis konzentriert. Vgl. dazu schon oben § 3 II 3 b dd. 53 Oben § 3 II 2 b bb, 3 c bb. 54 Siehe die gleichen grundrechtlichen Einwände gegen eine zivilrechtliche culpa in contrahendo wegen eines Abbruchs der Vertragsverhandlungen oben § 2 II 2.

120

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

langte man nämlich von dem Bürger, eine Vereinbarung einzugehen, liefe dies auf eine Verpflichtung des Bürgers zur Erfüllung von Leistungspflichten hinaus. 55 Eine Pflicht des Bürgers zum Konsens und damit zur Leistung bedeutete aber, daß der Private auch andere grundrechtlich verbürgte Güter den informalen Verhandlungen wider Willen zur Disposition stellen müßte. So sähe sich etwa der Betreiber einer Anlage, der über eine Genehmigung oder eine nachträgliche Anordnung nach dem BImSchG verhandelt, gezwungen, sein Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und gegebenenfalls sein Eigentumsrecht an den Anlagen aus Art. 14 Abs. 1 GG in den Pakt einzubringen. Dem Bürger muß es zur Wahrung seiner Rechte vor der bewußten Abgabe einer bindenden Willenserklärung unbenommen bleiben, es „sich anders zu überlegen“ und einem rechtsverbindlichen Abschluß der Verhandlungen auszuweichen. 56 Demnach steht es dem privaten Wirtschaftssubjekt auch grundsätzlich offen, aus der Kooperation auszusteigen und etwa von der Verwirklichung eines zunächst ins Auge gefaßten Projektes gänzlich abzusehen. Mithin wirkt im Rechtsverhältnis des informalen Verwaltungshandelns die so verstandene Privatautonomie für den beteiligten Bürger. Diese schränkt das Gebot, die informellen Verhandlungen nicht abzubrechen, erheblich ein. Der öffentlichen Hand wird gegenüber dem Privaten wegen der Vorenthaltung einer Vereinbarung nur in einem schmalen, noch genauer zu bestimmenden Bereich ein Haftungsanspruch unter dem Gesichtspunkt eines venire contra factum proprium zuzusprechen sein. cc) Relativierung wegen der Letztentscheidungskompetenz der Verwaltung im mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnis Doch auch zugunsten der Verwaltung muß eine Haftungsverpflichtung wegen des Nichtzustandebringens eines Abkommens eng gehalten werden. Freilich kann sich die staatliche Entscheidungsinstanz nicht auf die in den Grundrechten verwurzelte Privatautonomie berufen. Diese gebührt allein den Staatsbürgern als Grundrechtsträgern. 57 Der öffentlich-rechtlichen Seite steht im Verhältnis zum Bürger indes die Kompetenz zum normvollziehenden Handeln zur Seite. 58 Dabei bildet die verwaltungsseitige Befugnis in rechtsverhältnisdogmatischen Kategorien ein sub55 Zu Heinrich Stolls Differenzierung zwischen Leistungs- und Schutzpflichten – freilich als zivilrechtliche Kategorien – oben § 2 I 2 a. 56 Vgl. auch Ch. Gusy, ZUR 2001, S. 1 (6). 57 N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 218; H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (254 f.); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 108; J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (229); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (256 f.); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 25; F.-J. Peine, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 256; V. Schlette, S. 47. 58 BVerfGE 68, S. 193 (206); J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (229); Ch. Gusy, Jura 1985, S.578 (584); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S.768 (776); H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag, S. 15 (33); J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 334 f.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

121

jektives öffentliches Recht des Staates gegenüber den Bürgern zur Regelung derer Belange. 59 Zur Illustration seien hier die Gegebenheiten des Überwachungsrechtsverhältnisses im Immissionsschutzrecht dargelegt, zunächst gelöst von der Problematik informaler Kontakte. In diesen Konstellationen stehen die Zulassungs- und die Anordnungskompetenz als subjektive Rechte der öffentlichen Seite gegenüber dem Privaten im Vordergrund. 60 In der bipolaren Beziehung treffen die hoheitlichen Rechte auf die des privaten Projektträgers. Letzterem gebührt zunächst sein naheliegendes Grundrecht auf Ausübung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ferner kann sich der Private auf den einfachgesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Anlagengenehmigung nach § 4 BImSchG berufen, wenn die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind. Gegebenenfalls stehen dem Unternehmer stattdessen subjektive öffentliche Rechte aus der bereits erteilten Genehmigung zu. Doch tritt die Behörde nicht nur im Verhältnis zum Unternehmer auf, der eine Erlaubnis nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz anstrebt oder der eine emittierende Anlage betreibt. Eine erteilte Genehmigung bestimmt überdies für die „Nachbarschaft“ im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG eine konkrete Immissionsduldungspflicht. Auf diesem Wege wirkt die öffentliche Regelungskompetenz als subjektives öffentliches Regelungsrecht auch gegenüber dem Dritten, der durch die projektierte oder bereits betriebene Anlage betroffen ist. 61 Der Nachbar wiederum verfügt seinerseits im Verhältnis zu der Verwaltung über das Recht auf Achtung seiner körperlichen Unversehrtheit, welche der Staat aufgrund des in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verbürgten Grundrechtes zu garantieren hat. 62 Zudem stehen dem Nachbarn die einfachgesetzlichen drittschützenden Normen des Immissionsschutzrechtes zu. Somit ist die bis59 H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 174; ders., DVBl. 1986, S. 208 (214); ders., Die Bundestreue, S. 282 f.; R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 89, 147, 305; W. Henke, Recht und Staat, S. 612; ders., JZ 1992, S. 541 (543); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 38; R. Keller, S. 29; J. Martens, Die Praxis, Rn. 20 a. E. (S. 16); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 31 I (S. 310); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 214, 217. Vgl. auch P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (254 f). 60 Zu den Überwachungsbefugnissen aus rechtsverhältnistheoretischer Sicht R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 305–317, 321–324. 61 R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 113 f., 233 f. Ferner zu den multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnissen Ch. Koenig, AöR 117 (1992), S. 513 (514–519); E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, Einl. Rn.192–194; M. Schmidt-Preuß, S.436–439 und passim; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S.199 (218–221). Zu den mehrseitigen Verwaltungsrechtsverhältnissen im öffentlichen Baunachbarrecht H. Bauer, Geschichtliche Grundlagen, S. 182–185; ders., AöR 113 (1988), S. 582 (624–628); ders., Verw. 25 (1992), S. 301 (323–325); U. Di Fabio, Risikosteuerung, S. 143 (147 f.); St. Oeter, DVBl. 1999, S. 189 (193 f.); F. Schoch, Verw. 25 (1992), S. 21 (34 f.). Für das öffentliche Wirtschaftsrecht unter Berücksichtigung der kollidierenden Freiheiten der Wettbewerber R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, §10I1 b (S.455–462); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S.214 f.; J. Wieland, Verw.32 (1999), S.217 (217–234 passim). 62 Generell zu den im Wirtschaftsverwaltungsrecht betroffenen Grundrechten R. Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 19 (S. 219–228), § 21 I–III (S. 235–247).

122

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

her betrachtete zweipolige Beziehung um die Position des Dritten zu einem dreipoligen bzw. – da in der Regel mehreren Nachbarn Rechte zustehen werden – zu einem mehrpoligen Rechtsverhältnis zu ergänzen. 63 Auf den Punkt gebracht, begegnen sich in diesem perspektivisch erweiterten Verwaltungsrechtsverhältnis (1) das subjektive Recht des Projektträgers auf Ausübung seiner Berufsfreiheit, (2) das des Nachbarn auf Schutz der eigenen Gesundheit und (3) das der öffentlichen Seite auf eine am Gemeinwohl orientierte, hoheitliche Regelung gegenüber beiden privaten Parteien. Dieses scheinbare Trilemma ist zugunsten des Regelungsrechtes der öffentlichen Seite aufzulösen: Der Verwaltung sind bei der Bewältigung des mehrpoligen Interessenkonfliktes durch die Legislative zumeist Handlungsspielräume in Form von Ermessen übertragen. Zwar besteht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein strikter Anspruch des Unternehmers auf die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (§ 6 Abs. 1 BImSchG), jedoch kann die zuständige Behörde die Genehmigung mit Nebenbestimmungen versehen (§ 12 BImSchG) und damit deren Inhalt maßgeblich bestimmen. 64 Nachträgliche Anordnungen können grundsätzlich nach Erteilung der Genehmigung getroffen werden, und sie sollen getroffen werden, sofern die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen geschützt ist (§ 17 Abs. 1 BImSchG). 65 Die Verwaltung hat somit bei der Ausfüllung ihrer gesetzlichen Margen darauf zu achten, daß neben den öffentlichen Interessen auch den involvierten Individualinteressen aller Betroffenen Rechnung getragen wird. 66 Wenn die Verwaltung Entscheidungen trifft, verfolgt sie kein den privaten Belangen widerstreitendes öffentliches Interesse. Vielmehr finden auch die Rechte des Projektträgers und die des Nachbarn im Allgemeinwohl – und damit auch in der abschließenden Verwaltungsentscheidung – grundsätzlich egalitäre Berücksichtigung. 67 Das heißt, sämtliche konkurrierenden Positionen werden in einer mehrdi63 Die Komplettierung des Rechtsverhältnisses zu einer vollkommenen Dreiecksbeziehung erfordert noch, den Bogen vom Unternehmer zum Nachbarn zu schlagen. Zur Vermittlung dieser Beziehung „über Eck“ durch die Verwaltung R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 237–240. 64 Zur Eröffnung von Handlungsspielräumen für die Verwaltung durch Nebenbestimmungen C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 47 f. 65 Dabei ist die „Soll“-Vorschrift des § 17 Abs. 1 S. 2 BImSchG regelmäßig als „Muß“-Bestimmung zu lesen, da die Behörde ihrer Schutzpflicht gegenüber der Nachbarschaft aus § 5 Abs.1 Nr.1 BImSchG zu genügen hat, vgl. H.D. Jarass, BImSchG, §17 Rn.45 f.; D. Song, S.152. 66 BVerwGE 34, S. 301 (309); Ph. Kunig, Alternativen, S. 43 (58); R. Pitschas, S. 229 (236); M. Schmidt-Preuß, S. 439; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (220 f.); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 44; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 43 Rn. 17. Vgl. auch P. Häberle, Öffentliches Interesse, S. 66 f. 67 Zu dem so verstandenen Begriff des öffentlichen Interesses M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 (820); D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 55; ders., in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 28 f.; B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103; P. Häberle, Öffentliches Interesse, S. 66 f. (70); P. Krause, Rechtsformen, S. 32 f.; ders., VVDStRL 45 (1987), S. 212 (222); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 10; R. Schmidt, Flexibilität, S. 67 (71); W. Schmitt Glaeser, Die Position der Bürger, S. 59–61.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

123

mensionalen Problemlösung unter Berücksichtigung des Gesetzmäßigkeits- und des Verhältnismäßigkeitsprinzips einander in der Weise zugeordnet, daß jede von ihnen in die ausgewogene und dadurch „richtige“ Ermessensentscheidung einfließt. 68 Das Ziel der Entscheidung ist es, die Interessendivergenzen über die Herstellung praktischer Konkordanz zwischen allen Belangen aufzulösen. 69 Dies gilt um so mehr, wenn Grundrechtspositionen auf dem Spiel stehen.70 Legitimation vermittelt der so gefällten Verwaltungsentscheidung ihre demokratische Unterfütterung. Schließlich ist als Gebot des Demokratieprinzips der Art. 20 Abs. 1, Abs. 2, 28 Abs. 1 GG 71 die staatliche Entscheidungsfindung personell getragen von repräsentativen Organen, die ihre Befugnisse in einer Legitimationskette mittelbar auf den Willen des Staatsvolkes zurückführen können. 72 Ausgehend von den hier mit wenigen Strichen gezeichneten Prämissen im mehrpoligen Überwachungsrechtsverhältnis ist es überaus fraglich, ob es möglich und zulässig sein kann, die hoheitliche Entscheidungsfindung über eine Verpflichtung zur Wahrung der Verhandlungstreue in eine bestimmte Richtung zu lenken. Eine rechtliche Treuepflicht 73 zu einer konsistenten Verhandlungsführung gegenüber 68 E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S.343 (351); G. von Wedemeyer, S.12; vgl. auch W. Beyer, S.225; R. Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, §33II2 (S.359 f.); vgl. auch A. Bleckmann, S. 56 f. Zu den multipolaren Ermessensabwägungen allgemein M. Schmidt-Preuß, S. 219 f. 69 W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1030); W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (162); ders., DÖV 1997, S. 433 (439); St. Oeter, DVBl. 1999, S. 189 (193); M. SchmidtPreuß, S. 427–429. Grundlegend zum „Prinzip praktischer Konkordanz“ als Abwägungsmodell K. Hesse, Grundzüge, Rn. 317–319; kritisch hierzu H. Rossen, Vollzug und Verhandlung, S. 164 in und um Fn. 565. Gerichtlich auf ihre „Richtigkeit“ überprüfbar bleibt die behördliche Ermessensentscheidung freilich nur in dem durch § 114 S. 1 VwGO vorgegebenen Rahmen. 70 F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 33. Generell zur Bedeutung der Grundrechte im Bereich der Ermessensverwaltung H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 23; F. Ossenbühl, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 10 Rn. 18; M. Sachs, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40 Rn. 85. 71 Art. 28 Abs.1 GG, da im hier interessierenden Verwaltungsbereich regelmäßig keine Bundes- sondern Landesbehörden auftreten, vgl. Art. 30, 83 GG. 72 BVerfGE 83, S.60 (72 f.); 93, S.37 (68); NVwZ 2003, S.974 (975); E.-W. Böckenförde, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 22 Rn. 16 f. (S. 896 f.); Bd. 2, § 30 Rn. 15 (S. 36); M. Burgi, Verw. 33 (2000), S. 183 (191 f.); H. Dreier, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Demokratie) Rn. 106; D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 21; R. Herzog, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 20 Abs. 2 Rn. 52 f.; Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (8); E. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (331, 360–363); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S.85; St. Tomerius, Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), S. 289 (296). 73 Eine solche aus Treu und Glauben abzuleitende rechtliche Bindung der Verwaltung ist zu unterscheiden von der oftmals befürchteten faktischen Selbstbindung der Behörde durch die Aufnahme informeller Kooperationen mit einzelnen Bürgern. Zu letzterer H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (254 f.); ausführlich W. Beyer, S. 212–229; E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 56 f., 58; M. Bullinger, Beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren, S. 127 (140); J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (241 f.); H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (774); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (222–227); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (8 f.); St. F. Rabe, S. 133 f.; H. Schulze-Fielitz, Informales oder illegales Verwaltungshandeln?, S. 233 (241 f.); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 45, 149, 151 f., 166.

124

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

dem einzelnen Verhandlungspartner anzunehmen, deren Verletzung zudem mit einer Kompensationspflicht zu sanktionieren wäre, ginge mit einer Programmierung der Verwaltungsentscheidung durch Handlungszwänge einher. Einer selektiven Interessenberücksichtigung zugunsten der Erwartungen des informalen privaten Partners und zu Lasten der Gesundheitsinteressen der Nachbarn oder sonstiger Allgemeininteressen würde nicht nur Vorschub geleistet, sondern sie würde schlechterdings gefordert. Der öffentlichen Instanz muß jedoch die Entscheidung in der Phase der informalen Konsultationen offen bleiben, um in dem sich anschließenden Verwaltungsverfahren die konfligierenden Rechte in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. 74 Ein allein durch die Verhandlungsaufnahme ausgelöster Vertrauensschutz stellte bereits die „Richtigkeit“ der Verwaltungsentscheidung in Frage, weil eine zu starke Vernachlässigung tangierter Drittpositionen zu besorgen wäre. 75 Auch eine Kollision mit dem Verfassungskonzept eines demokratisch legitimierten Behördenentschlusses wäre mit der Annahme einer unbedingten Pflicht zur Verhandlungstreue verbunden. Das Demokratieprinzip gebietet, daß die staatliche Entscheidungsfindung personell durch repräsentative, vom Volk mindestens mittelbar bestimmte Organe wahrgenommen wird. 76 Damit die organisatorische Legitimationskette auch eine sachlich-inhaltliche Rückbindung des hoheitlichen Aktes zum Volkswillen gewährleistet, muß sich die Behörde die Entscheidung, die am Ende eines Entscheidungsfindungssprozesses steht, inhaltlich vollständig zu eigen machen. 77 Die abschließende exekutive Gesetzeskonkretisierung hat deshalb auch im informellen Verwaltungsrecht aufgrund eines autonomen Entschlusses der legitimierten öffentlichen Seite zu erfolgen. 78 Eine Aushöhlung dieser hoheitlichen Autonomie durch aus dem Prinzip von Treu und Glauben abgeleitete Handlungs- und Entscheidungszwänge zerrisse hingegen die Legitimationskette. Zur Sicherung der demokratischen Verantwortlichkeit muß sich die mittelbar legitimierte Verwaltung 74 J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (238); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 43; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 264. Zum Schutz der Grundrechte Dritter durch das Verwaltungsverfahren BVerfGE 53, S. 30 (57, 59 f.); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 116 f.; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.91–100. Zur Legitimation durch (Verwaltungs-)Verfahren N. Luhmann, Legitimation, S.216 f. 75 So auch W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S.187 (210); G. von Wedemeyer, S.239; vgl. auch St. Kautz, S. 327, und aus schweizerischer Sicht B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 146 f. Dies übersieht hingegen C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (449). Zum ähnlichen Problem der Gefährdung von Allgemein- und Drittinteressen bei behördlichen Duldungen G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 30 f., 37 f. 76 BVerfGE 83, S. 60 (72 f.); 93, S. 37 (68); NVwZ 2003, S. 974 (975); und oben Fn. 72. 77 G. Dauber, S.67 (90); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S.1 (8); H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S.47 (64); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S.174; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 151. 78 O. Depenheuer, Der Gedanke der Kooperation, S. 17 (33); Ch. Gusy, ZUR 2001, S. 1 (5); Ph. Kunig, Alternativen, S. 43 (62); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (8); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 162 f.; C. Tegethoff, BayVBl. 2001, S. 644 (648); vgl. auch E. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (336); ders., Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 7 (20 f.); F. Schoch, Verw. 25 (1992), S. 21 (32).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

125

die Letztverantwortung und damit die Letztentscheidung über den Abschluß einer Absprache oder eines Vertrages respektive über den Erlaß eines Verwaltungsaktes bewahren. 79 Nur auf diese Weise ist gewährleistet, daß der im Parlamentsgesetz verkörperte Wille der Gemeinschaft als Maßstab der vollziehenden Gewalt im konkreten Fall in die Wirklichkeit umgesetzt wird. 80 Um dem Grundsatz der staatlichen Letztverantwortlichkeit gerecht zu werden, muß dem legitimierten Hoheitsträger die „Reservebefugnis“ 81 zum einseitigen Handeln erhalten bleiben, 82 die sich auch im einseitigen Abbruch der informellen Kooperation äußern kann. Würde man eine anders gerichtete normative Treuepflicht der Verwaltung zur Fortführung und endlich zum Abschluß einmal eingegangener Verhandlungen anerkennen, wäre bereits die Verwaltungsentscheidung mit Aufnahme der Zusammenarbeit durch eine tendenziöse Interessenberücksichtigung zu Gunsten des privaten Kooperationspartners determiniert, wenn nicht gar präjudiziert. Die Autonomie der öffentlichen Entscheidung sähe sich gefährdet; die gesetzlich eingeräumten Handlungs- und Entscheidungsspielräume und letztlich die Vorgaben des Demokratieprinzips an das Verwaltungshandeln drohten unter dem auferlegten Zwang zum Konsens verloren zu gehen. 79 Vgl. BVerfGE 93, S.37 (70, 74), wo für Ermessensentscheidungen ein besonders hohes Niveau an Legitimation verlangt wird. Aus der Literatur zum informalen Verwaltungshandeln: A. Benz, Kooperative Verwaltung, S. 192; St. Kautz, S. 94; P. Körner, S. 55; Ph. Kunig, Alternativen, S. 43 (62 f.); ders., DVBl. 1992, S. 1193 (1199); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (8); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S.174 f.; D. Song, S. 118; C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S.180 f.; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.152, 163; ders., Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), S. 289 (305); G. von Wedemeyer, S. 202 f. Die Mitwirkung einzelner Betroffener an informalen Verhandlungen bringt keinen Legitimationsgewinn im Sinne des so verstandenen Demokratiegebotes, St. Kautz, S. 93 f.; P. Körner, S. 54 f.; Ph. Kunig/S. Rublack, a.a.O.; H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S.47 (58 f.); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 172 f.; vgl. auch V. Schlette, S. 105, für das Verwaltungsvertragsrecht. 80 BVerfGE 83, S. 60 (72); 93, S. 37 (66); W. Hoffmann-Riem, Öffentliches Recht und Privatrecht, S.261 (291). An dieser Stelle ergeben sich Überschneidungen des Demokratiegebotes mit dem Legalitätsprinzip, vgl. W. Beyer, S. 222; H. Dreier, in: ders. (Hrsg.), Art. 20 GG (Demokratie) Rn. 107; F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 181; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 III 1 (S. 129); E. Schmidt-Aßmann, AöR 116 (1991), S. 329 (357); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.129; E. Treutner, S. 65 (72 Fn. 24); G. von Wedemeyer, S. 201. 81 M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 174; ähnlich St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 166. Vgl. auch E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 83: Die „Demokratie verlangt, Möglichkeiten der ‚Nachsteuerung‘ offenzuhalten und setzt damit ein erhebliches Maß an Flexibilität voraus.“ 82 Nicht außer acht gelassen werden darf aber, daß eine vorausgegangene Kooperation sich gegebenenfalls unter anderen Gesichtspunkten in einer etwaigen Ermessensentscheidung wiederfinden kann, und hier das behördlicherseits erheischte Vertrauen etwa zu „weichen“ Übergangsfristen zugunsten des Verwaltungsadressaten zu führen vermag, vgl. OVG Berlin, NVwZ 1985, S.756 (758); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S.44 f.; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 90 (S. 262), Rn. 99 (S. 268), aber auch Rn. 84 (S. 259); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 154; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 56; G. von Wedemeyer, S. 240–243.

126

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Das feinsinnige dialektische Modell von Interesse des Wirtschaftssubjektes, Gegeninteresse des Nachbarn und deren Synthese in einer demokratisch legitimierten, am Gemeinwohl orientierten Verwaltungsentscheidung würde in seinem inneren Halt erschüttert, behauptete man eine verwaltungsseitige Treuepflicht, informelle Kooperationen mit einem Konsens zu Ende führen zu müssen. Das Spannungsverhältnis zwischen der verwaltungsseitigen Treueverpflichtung zur Aufrechterhaltung der Verhandlungen und der exekutiven Letztentscheidungsverantwortung wird man gegen die Pflicht zur Verhandlungstreue lösen müssen. Die durch die Verfassung geforderte Entscheidungsfähigkeit der Behörde verdrängt vielmehr die niedriger anzusetzende verwaltungsseitige Treuepflicht. Mithin bleibt es der Verwaltung in gleicher Weise wie dem Privaten bis zum Ende der Verhandlungen grundsätzlich unbenommen, innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsspielräume ihre Entschließungen autonom zu treffen. 83 Auch in einem behördlichen Meinungsumschwung wird nur in besonderen, noch näher zu spezifizierenden Fällen ein haftungsbegründendes venire contra factum proprium liegen. dd) Folgerungen Sonach korrespondiert im Rechtsverhältnis des informalen Verwaltungshandelns das Selbstbestimmungsrecht des Privaten mit der verwaltungsseitigen Letztentscheidungsbefugnis. Beide Rechtspositionen zwingen, die Akteure nicht zu früh gegen ihren Willen durch einen Vertrauensschutz für die Gegenseite zu binden. Fehlt es in weiten Bereichen an einer derartigen primären Treuepflicht, entfällt auch die sekundäre Ersatzpflicht wegen des Fehlschlagens der Verhandlungen. Diese Vorgaben dürfen aber nicht als Freibrief für mangelnde Sorgfalt und Ernsthaftigkeit bei den informellen Verhandlungen verstanden werden. Es gelten für die öffentlich-rechtliche Fallgruppe im Ergebnis nur die gleichen Restriktionen wie für die parallele Konstellation der zivilrechtlichen culpa in contrahendo: 84 Die Verhandlungspartner können im Anbahnungsverhältnis nicht gegen ihren Willen zum Eingehen einer Vereinbarung und damit letztlich zu Leistungspflichten angehalten werden. Die Rechtsverhältnishaftung wird demnach auch nur in den für das Zivilrecht entwickelten Fällen von Schutzpflichtverletzungen anzuerkennen sein, wenn der eine Teil bei dem Verhandlungspartner ein besonderes Vertrauen auf das Zustandekommen einer rechtsverbindlichen Vereinbarung geweckt oder genährt hat. Also wird gehaftet, wenn die Kooperation aufgekündigt wird, obgleich der Abschluß pflichtwidrig als gesichert hingestellt wurde und der Abbruch ohne triftigen Grund erfolgte. 85 83 Zu weitgehend deshalb J. Zeibig, S. 142–144, der an einen behördlichen Verhandlungsabbruch wesentlich höhere Anforderungen stellen will als an eine private Aufkündigung der Kooperation. 84 Zu den Restriktionen der zivilrechtlichen Fallgruppe oben § 2 II 2. 85 Im Ergebnis genauso für eine Einschränkung der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 48; H. Engel-

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

127

Es bleibt die Fallgruppe des Abbruchs der Verhandlungen auf die Schadensfälle beschränkt, in denen der Bürger oder die Verwaltung in vorwerfbarer Weise das Vertrauen in eine Verhandlungsbereitschaft oder eine bevorstehende Vereinbarung schürt. Wenn nicht der Abschluß eines Verwaltungsvertrages oder der Erlaß eines konsentierten Verwaltungsaktes pflichtwidrig als sicher hingestellt wurde, kann ein Ausstieg aus der Kooperation kaum die Haftungsfolge auslösen. Da somit das Vertrauen auf das Zustandekommen einer bestimmten Vereinbarung nicht geschützt ist, sondern das Vertrauen darauf, daß der Kooperationspartner zutreffend über seine aktuelle Verhandlungsbereitschaft informiert, wird der Treubruch für diese Geschehensabläufe häufig in dem vorangegangenen Aufklärungsverschulden liegen und nicht im inkonsistenten Verhandlungsgebaren selbst. 86 Diesbezügliche Informationsmängel können in einer ausdrücklichen oder konkludenten unzutreffenden Auskunft bestehen – konkludent etwa durch die Vornahme eigener Dispositionen, die sich als einverständlicher Beginn der Ausführung darstellen – oder auch in einem Unterlassen des Inkenntnissetzens über die innere Abstandnahme von der Kooperation. Die Vertrauenspflicht zur zutreffenden Information der Gegenseite über die aktuelle Verhandlungsbereitschaft gilt allerdings wieder für alle Anbahnungsrechtsverhältnisse, gelöst von der intendierten Form für das Verhandlungsergebnis. Das bedeutet, daß das Gebot der Redlichkeit die Teilnehmer informaler Verhandlungen stets trifft, gleich, ob sie eine rechtsverbindliche Festlegung oder eine an sich rechtlich unverbindliche Absprache anstreben. Die rechtliche Unverbindlichkeit des anvisierten Verhandlungsproduktes kann nicht von den Treuepflichten im Anbahnungsverhältnis entbinden. 87 c) Die Verzögerung des Verhandlungsverlaufs Eine Pflichtwidrigkeit mit besonderer Brisanz bei den informellen Verwaltungskontakten bilden die sogenannten „Verschleppungsstrategien“. 88 Im Bereich der hardt, NVwZ 1989, S. 1026 (1033); R. Keller, S. 150–155; G. Loomann, NJW 1996, S. 1439 (1442). Unter ausdrücklicher Berufung auf die Grundsätze des privatrechtlichen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen BGHZ 71, S. 386 (395 f.); 76, S. 343 (349, 351); NJW 1990, S. 1042 (1045). Siehe ferner W. Jäckle, NJW 1990, S. 2520 (2521 f.), zur Haftung der öffentlichen Hand für zivilrechtliche culpa in contrahendo. 86 Ähnlich für das Zivilrecht BGH, BB 1962, S. 816; NJW 1984, S. 866 (867); Th. Bodewig, Jura 2001, S. 1 (3 f.); B. Grunewald, JZ 1984, S. 708 (709 f.); M. Schwab, JuS 2002, S. 773 (776); R. Schwarze, S. 292 f. 87 Zu diesem Aspekt auch schon oben § 3 II 2 b aa. 88 H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (256); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (284); mit einem Beispiel aus der Praxis N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 311–313; H. Dreier, Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 (661); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (273); St. F. Rabe, S. 27; V. Schlette, S. 223; vgl. auch G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (299 f.); dies., NuR 1993, S. 217–220, 225–229 passim; dies., Stand und Instrumente der Implementation, S. 77 (101); H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, 657 (664). St. Kautz, S. 346 f., und J. Zeibig, S. 145, erkennen im bewußten, zielgerichteten Verschleppen eines Vertragsschlusses einen Fall der verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo.

128

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

nachträglichen Anordnungen versucht die private Partei oftmals, den Verhandlungsprozeß hinauszuzögern, um den Erlaß einer belastenden Anordnung zu vermeiden. Von einer kurzfristigen, betriebswirtschaftlich orientierten Warte stellt der Vollzug umweltrechtlicher Anforderungen nur eine unrentable finanzielle Belastung dar. 89 Deshalb treten mitunter Betreiber einer emittierenden Anlage in informale Verhandlungen über eine Sanierung mit dem einzigen Ziel, eine behördliche Anordnung, wenn sie schon unabwendbar ist, wenigstens zeitlich hinauszuschieben.90 Eventuell läßt sich die Verwaltung daraufhin über Jahre hinweg auf eine mehr oder weniger fruchtlose „Kooperation“ ein und verzichtet aus Rücksichtnahme auf die informellen Kontakte auf die ihr zur Verfügung stehenden einseitigen Handlungsalternativen. Aufgrund des zögerlichen Verhaltens der privaten Gegenseite verläuft sich der Aushandlungsprozeß in einem endlosen Diskurs, der nicht nur im Hinblick auf die Durchsetzung öffentlicher Interessen unbefriedigend ist. Die Verwaltung wird zudem wegen der zeit- und personalaufwendigen Streckung der Verhandlungen Ressourcen aufwenden, die letzten Endes vergeudet sind. 91 Das führt bei der öffentlichen Hand zu einem vermögenswerten Schaden. Nur eingeschränkte Bedeutung haben bei den informellen Verhandlungen die Verzögerungstaktiken der öffentlichen Seite. Solche kommen nur für die informale Zusammenarbeit im Vorfeld antragsabhängiger Verfahren in Betracht, in denen die Verwaltung in der Lage ist, dem Bürger etwas vorzuenthalten. 92 Wegen des Anspruchs des Bürgers auf eine behördliche Entscheidung verfügt die Verwaltung lediglich über ein begrenztes Verzögerungspotential, 93 denn der Antragsteller kann jederzeit einen „förmlichen“ Antrag stellen und seine Interessen notfalls auch im Wege der Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO durchsetzen. Schließlich wird eine unabsehbare Verzögerung der Verhandlungen auch nicht dem Interesse der Behörde entsprechen. Dieser kann nicht an einer unnötigen Verlängerung eines Genehmigungsverfahrens und damit an zusätzlichem Verwaltungsaufwand gelegen sein. Dennoch ist denkbar, daß die Behörde den Bürger während der informalen Verhandlungen pflichtwidrig mit Vertröstungen hinhält, worin ein Verstoß gegen das Treueprinzip liegt. Für beide Richtungen des bewußten Hinhaltens diente eine Haftpflicht nicht nur der Kompensation frustrierter Aufwendungen der Gegenseite. Eine Schadensersatzpflicht würde überdies als präventiv wirkendes Regulativ einem Vollzugsdefizit entVgl. D. Cansier, S. 285 (290–293); St. Kautz, S. 73; K. Terhart, S. 161, 193. Vgl. G. Lübbe-Wolff, NuR 1993, S. 217 (218), die wegen der informellen Kooperationen ein Vollzugsdefizit im Umweltrecht beklagt. Siehe hierzu auch den Beispielsfall der Einleitung, § 1 II. 91 St. Kautz, S. 346 f.; G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (302). 92 Vgl. etwa N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 107; H. D. Jarass, DVBl. 1986, S. 314 (320 f.), und St. Kautz, S. 101, die offenbar eine gewisse Verzögerung als zulässiges Druckmittel der Verwaltung innerhalb des „Verhandlungspokers“ ansehen. Zu den Kostensteigerungen durch langwierige Zulassungsverfahren B. Stockburger, GewArch 1992, S. 328 f. 93 G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (296 in und um Fn. 9). 89 90

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

129

gegenwirken und eine zügige Durchsetzung öffentlicher Interessen gewährleisten. Damit könnte ein Haftungskonzept in zweifacher Hinsicht rechtspolitische Desiderate erfüllen. 94 Die Ausgangslage der absichtlichen Verzögerungen des Verhandlungsverlaufes überschneidet sich in Teilbereichen mit dem voraufgegangenen Tatbestand des Abbruchs der Kooperation. In beiden Konstellationen wird das Vertrauen des Gegenübers auf das baldige Zustandekommen einer Vereinbarung enttäuscht. Sachverhalte, in denen ein Akteur aus unlauteren Motiven Verhandlungen nur um der Verhandlungen wegen führt, lassen sich als Fälle der unwahren Absichtserklärung unbedenklich in der vorigen Haftungsgruppe placieren. Der nur vorgeblich Kooperierende informiert den anderen Teil unzutreffend über seine innere Bereitschaft zum Konsens. Ihn trifft darüber hinaus gar der Vorwurf dolosen Benehmens. Solch arglistiges Verhalten ist eine vorsätzliche, gesteigerte Form der Treuwidrigkeit 95 und im Verhandlungsrechtsverhältnis jedenfalls verboten. 96 Anders liegen die Dinge, wenn ein Verhandlungspartner zwar einem Konsens nicht abgeneigt ist, er aber die Kooperation bewußt verzögert. Hier wird der Vorwurf weniger einem Informationsmangel gelten als dem dilatorischen Verhandlungsgebahren selbst. Den Parteien erwächst aus dem Treueprinzip die Pflicht, unter zumutbarer Rücksichtnahme auf den anderen Teil die Verhandlungen ernsthaft und sorgfältig zu führen. 97 Regelmäßig wird es sich ebenfalls als Arglist darstellen, wenigstens aber als Verstoß gegen das Verbot des venire contra factum proprium, wenn ein Verhandlungspartner nach außen die feste Bereitschaft zu einer treuegerechten Zusammenarbeit vorspiegelt, er unterdessen aber aus eigennützigen Motiven auf eine möglichst lange zeitliche Streckung des Verhandlungsprozesses hinarbeitet. Somit wird dem Geschädigten bei Verzögerungen ein Ersatzanspruch aus der Rechtsverhältnishaftung zuzusprechen sein. In den Fällen, in denen eine Partei die Verhandlungen nicht arglistig, sondern lediglich fahrlässig in die Länge zieht, ist eine Treuepflichtsverletzung nur mit Vorbehalt zu erkennen. Schließlich haben doch beide Seiten ein legitimes Interesse daran, die eigene Kooperations- und Konsensbereitschaft gründlich zu überprüfen: der Private zur Wahrung seiner Privatautonomie, die Verwaltung wegen ihrer Letztentscheidungsverantwortung. 98 Eine pflichtwidrige Saumseligkeit wird indessen in ihrer äußeren Wahrnehmbarkeit kaum von einem berechtigten Ausloten der eigenen Interessen zu unterscheiden sein. Das erschwert im haftungsrechtlichen Ernstfall die Beweisführung und damit die Durchsetzung des Schadensersatzanspruches. 94 Das Bedürfnis einer Schadensersatzpflicht des zögerlichen Teils sieht auch H. Pfenninger, S. 186, wobei sich die Interessenlage in dem von H. Pfenninger untersuchten schweizerischen Recht genauso gestaltet wie im deutschen Recht. 95 Vgl. BGH, NJW 1996, S. 1884 (1885); vgl. auch P. Krebs, Sonderverbindung, S. 462 f. 96 Vgl. auch R. Keller, S. 155. 97 Entsprechende zivilrechtliche Verhandlungstreuepflichten bei J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 II 6 (S. 184–186). 98 Im Ergebnis ähnlich restriktiv R. Keller, S. 155.

9 Kellner

130

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Zwar vermag es die Rechtsverhältnishaftung, bei den Verhandlungsverzögerungen unter den entwickelten Voraussetzungen eine Grundlage für den Ersatz erlittener Vermögensschäden zu bieten. Jedoch bleibt das Haftungsinstitut letzten Endes ein stumpfes Schwert. Schwer wird es dem Geschädigten fallen, den Beweis eines hinhaltenden Verhaltens der anderen Seite darzutun. Gelingt aber der Nachweis der Verschleppung, werden für den Regelfall des bewußten Hinhaltens auch die Voraussetzungen der deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen gegeben sein, die vor nachweislicher Arglist schützen. So macht sich der Private bei dolosen Verhandlungsverzögerungen nach § 826 BGB wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten schadensersatzpflichtig. 99 Dem Bürger steht nicht nur bei arglistigen, 100 sondern bereits bei fahrlässigen 101 Verzögerungen der Amtshaftungsanspruch aus §839 BGB i.V. m. Art. 34 GG zu. In diesen Situationen bringt die Rechtsverhältnishaftung als zusätzliche Anspruchsgrundlage nur geringe Vorteile. 102 d) Der Schutz vor unwirksam konsentierten Vereinbarungen Bei dem Schutz vor unwirksamen Abmachungen geht es um die Sachverhalte, in denen eine Vereinbarung als Resultat der informalen Verhandlungen äußerlich perfekt zustande gekommen ist und zumindest eine Seite hierauf vertraute. De facto aber wurde die Übereinkunft nicht rechtswirksam – das heißt: nicht rechtlich bindend – abgeschlossen. Im folgenden wird nach einer Erörterung allgemeiner Regeln dieser Fallgruppe eine Binnendifferenzierung hinsichtlich der Handlungsform für das fälschlich angenommene Verhandlungsergebnis vorzunehmen sein. Schließlich verfügen Absprache, Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag über eine verschiedene Rechtsverbindlichkeit und sind demzufolge in ungleicher Weise anfällig für eine 99 Generell zur Möglichkeit einer Haftung des Bürgers gegenüber der Verwaltung aus § 826 BGB R. Dill, BayVBl. 1994, S.585 (587); J. Hüttenbrink, DÖV 1982, S. 489 (493); U. Stelkens, DVBl. 1998, S. 300 (305). Zur Haftung aus § 826 BGB bei scheinbarer Verhandlungsführung zwischen Privaten schon oben § 2 II 2. 100 Zur Resorption des Anwendungsbereiches des § 826 BGB durch § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG BGHZ 34, S. 99 (104); F. Kreft, in: RGRK, BGB, § 839 Rn. 159, 164; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.6, § 157 Rn. 34 (S. 1368); ders.: in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 196, 212, 282; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 1. 101 Zu der Amtspflicht zur raschen Sachentscheidung etwa BGHZ 15, S. 305 (311 f.); 30, S. 19 (26 f.); MDR 1964, S. 300; NVwZ 1993, S. 299; NVwZ 1994, S. 405 (406 f.); OLG Düsseldorf, VersR 1991, S.1057; H. J. Bonk, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art.34 Rn. 67; ders., NVwZ 2001, S. 636 (639); K.-P. Dolde/M. Uechtritz, DVBl. 1987, S. 446 (453); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 214; J. P. Schmidt, S. 48; A. Teichmann, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 9. Siehe ferner noch unten § 4 II 2 a, c aa. 102 Vorteilhaft für die Verwaltung kann sich unter Umständen auswirken, daß über die Rechtsverhältnishaftung auch adäquate Folgeschäden ersetzt werden, welche bei § 826 BGB vom Vorsatz mit umfaßt sein müßten, vgl. D. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 623; G. Schiemann, in: Erman, BGB, § 826 Rn. 15; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 826 Rn. 9; G. Spindler, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 826 Rn. 10.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

131

Unwirksamkeit. Hieraus folgt, daß auch das Vertrauen auf den Bestand der jeweiligen Vereinbarung einer differenzierenden Betrachtung bedarf. aa) Die allgemeinen Regeln der Fallgruppe In Anlehnung an die vergleichbare Fallgestaltung beim zivilrechtlichen Vertragsschluß 103 kann hier die Pflichtverletzung einmal darin bestehen, daß der Umstand, der die Wirksamkeit sperrt, nicht ausgeräumt wird. Die Pflichtverletzung kann aber auch darin liegen, daß die Gegenseite über die Unwirksamkeit nicht in Kenntnis gesetzt wird. (1) Auch im öffentlich-rechtlichen Anbahnungsverhältnis muß sich für die Teilnehmer eine Treuepflicht ergeben, Wirksamkeitsbarrieren nicht herbeizuführen und solche, die aus dem eigenen Verantwortungsbereich stammen, beizeiten zu beseitigen. 104 Deren Nichteinhaltung bildet ein widersprüchliches Verhalten, das an sich in die Gruppe des pflichtwidrigen Abbruchs der informalen Verhandlungen eingereiht werden könnte, denn in beiden Sachverhalten vorenthält eine Seite der anderen die in Aussicht gestellte Vereinbarung. Erschwerend kommt aber im Falle der Unwirksamkeit hinzu, daß bei der Gegenseite der irrige Eindruck einer erreichten verbindlichen Einigung geweckt wird. Im berechtigten, aber fehlgeleiteten Vertrauen auf ein wirksames Abkommen liegt eine zusätzliche Gefahrenquelle unrentabler Vermögensaufwendungen. Freilich sind für die jetzt behandelte Fallkonstellation dieselben Einschränkungen anzunehmen wie für die des Abbruchs der Kooperation. Deshalb kann dem Bürger in seiner privatautonomen Rechtsstellung nicht abverlangt werden, die Wirksamkeit einer Vereinbarung herbeizuführen. Genauso ist der öffentlichen Seite wegen ihrer Letztentscheidungsbefugnis die Option zu erhalten, einer rechtsverbindlichen Vereinbarung auszuweichen. Der Anknüpfungspunkt für den haftungsbegründenden Treueverstoß liegt demnach auch hier weniger in einem venire contra factum proprium als in einer unzutreffenden Information über die eigene Verhandlungs- und Abschlußbereitschaft. 105 (2) Wenn eine unwirksame Vereinbarung am Ende der Kooperation steht, kann eine Pflichtverletzung auch in einem Aufklärungsdefizit bestehen. Die Partei des informalen Verhandlungsverhältnisses, in deren Sphäre der Unwirksamkeitsgrund fällt oder die fehlsam den Anschein von Sicherheit geweckt hat, trifft die Treuepflicht, dem Getäuschten umgehend die Tatsache und die Ursache des Scheiterns zu offenbaren. Schließlich müssen die Verhandlungspartner auf ihnen bekannte Bedenken gegen die Durchführbarkeit der Vereinbarung hinweisen. 106 Indessen gilt Siehe oben § 2 II 3. R. Keller, S. 157, und V. Schlette, S. 425, für das Verwaltungsvertragsrecht. 105 Im Ergebnis genauso, aber speziell für die Anbahnung eines Verwaltungsvertrages J. Punke, S. 203. 106 Vgl. BGHZ 6, S. 330 (334 f.); in: LM Nr. 4 zu § 276 (Fc) BGB; OVG Lüneburg, BRS 40 Nr. 32, S. 76 (79). 103 104

9*

132

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

diese Inpflichtnahme nicht unbegrenzt. Aufklärung wird nur geschuldet, wenn der verdeckte Unwirksamkeitsgrund allein der jeweils eigenen Verantwortungssphäre zugeordnet werden kann. 107 Für weitergehende Offenbarungspflichten über allgemeine Risiken gibt das Prinzip von Treu und Glauben regelmäßig keine Grundlage. Dabei wird auch hier – wie stets bei den Aufklärungspflichten im Anbahnungsverhältnis – die Intensität der Informationsverpflichtung situationsbedingt variieren. Diese Untergruppe der verfehlten Vereinbarungen deckt sich wiederum partikular mit der des Abbruchs der Kooperation. Kann das Wirksamkeitshindernis der Sphäre einer Seite zugeordnet werden, hat diese Partei es nämlich zumeist in der Hand, dieses aufgrund eines Willensentschlusses auszuräumen. Beseitigt sie das Hindernis nicht, liegt die Motivation hierfür regelmäßig in einer inneren Abstandnahme von den Konsultationen. Somit besteht die Pflichtverletzung oftmals in einer unterlassenen Aufklärung über die mangelnde Bereitschaft zur Einigung, also über den einseitigen Abbruch der Verhandlungen. Entscheidender Vertrauenstatbestand für Fehldispositionen ist aber auch in diesen Lagen die äußerliche Umsetzung der Einigung in eine Form, welche die irregeleitete Seite glauben macht, rechtlich gebunden zu sein. bb) Insbesondere für die Absprache Für die Absprache als konsentierte Handlungsform will die Fallgruppe des Schutzes vor unwirksamen Vereinbarungen nicht passen. Versteht man unter Unwirksamkeit die fehlende Rechtsverbindlichkeit des erzielten Konsenses, entspricht dies lediglich der der Absprache per definitionem eigenen Unverbindlichkeit. Für die Absprache, die selbst kein Rechtsakt, sondern nur Realakt ist, scheidet von vornherein eine Haftung dafür aus, daß ein Wirksamkeitshindernis nicht ausgeräumt wurde. Ein – an sich unberechtigtes – Vertrauen in die „Wirksamkeit“ einer Absprache kann sich lediglich entwickeln, wenn sich eine Seite irrige Vorstellungen über die Rechtswirkungen einer Absprache gemacht hat.108 Ein solcher Irrtum ist nur auf seiten eines im Verkehr mit der Behörde unerfahrenen Privaten denkbar. Um dieses Mißverständnis zu vermeiden, ist als Gebot von Treu und Glauben eine Aufklärungspflicht der im Sachwissen überlegenen Verwaltung hinsichtlich der rein faktischen Verbindlichkeit der infomalen Absprache anzunehmen. cc) Insbesondere für den Verwaltungsakt Das andere Extrem auf der Skala der Rechtsverbindlichkeit hoheitlicher Handlungsformen nimmt der Verwaltungsakt ein. Der Verwaltungsakt zeichnet sich we107 So für verwaltungsseitige Aufklärungspflichten bei den öffentlich-rechtlichen Vertragsverhandlungen OVG Lüneburg, BRS 40 Nr. 32, S. 76 (79); VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (245), und bei den zivilrechtlichen Verhandlungen W. Jäckle, NJW 1990, S. 2520 (2522). 108 Vgl. W. Spannowsky, S. 455, der in diesen Fällen einen Amtshaftungsanspruch annimmt.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

133

gen der Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes durch eine weitgehende Beständigkeit trotz Fehlerhaftigkeit aus, 109 so daß der Bereich scheinbar wirksam erlassener, tatsächlich aber unwirksamer Verwaltungsakte nur schmal ist. Von vornherein unwirksam ist nach § 43 Abs. 3 VwVfG ein Verwaltungsakt in den engen, durch § 44 VwVfG gezeichneten Grenzen. Die Nichtigkeit tritt lediglich dann ein, wenn ein Tatbestand des Kataloges des Abs. 2 erfüllt ist, oder nach der Generalklausel des Abs. 1, wenn der Verwaltungsakt „an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig“ und der Negativkatalog des Abs. 3 nicht erfüllt ist. 110 Steht dem Verwaltungsakt sein Mangel derart „an die Stirn geschrieben“111, fällt es schwer, demjenigen, der auf die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vertraut, Schutz zuzusprechen. In Ermangelung einer geeigneten Vertrauensgrundlage 112 oder aufgrund eines erheblichen schadensverursachenden Mitverschuldens 113 wird dem privaten Verhandlungspartner, der mit Hinblick auf einen nach § 44 VwVfG nichtigen Verwaltungsakt Vermögensdispositionen vornimmt, wohl nur selten ein Anspruch aus der Rechtsverhältnishaftung zu gewähren sein. Eine der anfänglichen Nichtigkeit in ihrer Bedeutung für den betroffenen Bürger identische Situation tut sich auf, wenn der an ihn gerichtete Verwaltungsakt durch Dritte erfolgreich angefochten wird. Hier kommt etwa die immissionschutzrechtliche Drittanfechtung durch einen in seinen Rechten verletzten Nachbarn in Betracht. Wird der ausgehandelte Verwaltungsakt angegriffen und nach §§ 68 S. 1, 72 VwGO durch die Widerspruchsbehörde oder nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO durch das Verwaltungsgericht aufgehoben, so wird dem Projektträger der konsentierte Verwaltungsakt mit Wirkung ex tunc vorenthalten. 114 Da die verletzten subjektiven öffentlichen Rechte des Dritten dem Staat gegenüber bestehen, ist dieser wirksamkeitshindernde Fehler grundsätzlich der öffentlichen Seite zuzurechnen. Jedoch steht es nicht in der Macht der Verwaltung, die berührten Drittpositionen als Wirksamkeitshindernis auszuräumen, so daß die Zuordnung allein zu der verwaltungsseitigen 109 Zu der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit einer Bestandskraft des Verwaltungsaktes aus Gründen der Rechtssicherheit und damit schließlich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit BVerfGE 60, S. 253 (269 f.); P. Häberle, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 47 (83); F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 131, 140 f.; H. Maurer, Staatsrecht, § 8 Rn. 52; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 83 (S. 1031); kritisch R. Schmidt-De Caluwe, S. 303 f. 110 Voraussetzung der Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG ist ferner, daß der Negativkatalog des § 44 Abs. 3 VwVfG nicht erfüllt ist. 111 BSGE 17, S. 79 (83); vgl. auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 44 Rn. 12. 112 Zu dem Erfordernis einer tatsächlichen Grundlage der Vertrauensbildung, also eines Vertrauenstatbestandes, noch unten § 5 I 2 a aa, bb. 113 Zur Berücksichtigung eines Mitverschuldens noch unten § 5 II 2. 114 Zur Wirkung der behördlichen Aufhebung durch Widerspruchbescheid P. Kothe, in: K. Redeker/H.-J. von Oertzen (Hrsg.), VwGO, § 73 Rn. 39, zur Rechtswirkung der gerichtlichen Kassation M. Redeker, in: K. Redeker/H.-J. von Oertzen (Hrsg.), VwGO, § 113 Rn. 5.

134

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Verantwortungssphäre nicht unproblematisch ist. 115 Es erscheint überhaupt bedenklich, dem Projektträger einen Vertrauensschutz hinsichtlich eines Verwaltungsaktes außerhalb des § 48 VwVfG zu gewähren, der die Rechte Dritter verletzt und der deshalb contra legem ausgerichtet ist. Wenn der Private aber tatsächlich auf den Bestand des rechtswidrigen, weil drittverletzenden Verwaltungsaktes vertraut, wäre ein Vertrauensschutz nur über eine Fiktion zu verhindern: Es müßte unterstellt werden, daß der Projektträger die Rechtsverletzung bei dem Dritten hätte erkennen müssen, und er nicht hätte vertrauen dürfen. 116 Diesen konstruktionsmäßigen Schwierigkeiten kann ausgewichen werden, indem man die verwaltungsseitige Pflichtverletzung „vorverlagert“ und eine solche bereits in der unzutreffenden Information über die Grenzen der eigenen, der Behörde durch den Gesetzgeber eingeräumten Handlungsspielräume erkennt. 117

dd) Insbesondere für den Verwaltungsvertrag Überragende Bedeutung erlangt die Fallgruppe unwirksamer Vereinbarungen als Fallgruppe verwaltungsrechtlicher culpa in contrahendo gem. § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog, wenn also das Produkt der Verhandlungen ein scheinbarer Verwaltungsvertrag ist. 118 Da die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes den öffentlich-rechtlichen Vertrag gesetzlich auf einer Schnittstelle vom Recht des Verwaltungsaktes mit dem privaten Vertragsrecht ansiedeln, stellt sich der Verwaltungsvertrag zwar einerseits als relativ fehlerkonsistent dar. Andererseits ist der Verwaltungsvertrag durch Spezialvorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (sub 1) und eine partielle Anwendbarkeit des Privatrechts (sub 2) stärker als der Verwaltungsakt in seinem Bestand gefährdet. (1) Bereits das Verwaltungsverfahrensgesetz unterstellt diese Handlungsform einigen Besonderheiten, die den Vertrag für Pathologien anfällig machen. Hier ist beispielsweise die von § 57 VwVfG verlangte Schriftform anzuführen. Wird dieses Formerfordernis nicht beachtet, so ist der Verwaltungsvertrag nach § 59 Abs. 1 115 Dies gilt um so mehr, als die subjektiven Rechtspositionen des Projektträgers und des Dritten in rechtsverhältnistheoretisch angeleiteter Sicht nicht isoliert nebeneinander im Verhältnis zu der Verwaltung bestehen, sondern auch einander in einem Dreiecksverhältnis sinnhaft zugeordnet sind, vgl. oben § 4 I 2 b cc in und um Fn. 63. 116 So K. Obermayer, BayVBl. 1977, S. 546 (551): dem Bürger sei die Kenntnis der Leistungen zuzumuten, „die er von der Behörde dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entsprechend erwarten kann.“ 117 Ähnlich wie hier unter dem Aspekt des Amtshaftungsrechts Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201), und W. Spannowsky, S. 453. 118 Bei dieser Sachlage im Vorfeld eines Verwaltungsvertrages handelt es sich um einen anerkannten Fall öffentlich-rechtlicher culpa in contrahendo, siehe etwa BVerwG, DÖV 1974, S. 133 (134); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 72; W. Beyer, S. 51, 60 f.; R. Keller, S. 157 f.; K. Obermayer, BayVBl. 1977, S. 546 (551); C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72 Rn. 12.

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

135

VwVfG i.V. m. § 125 S. 1 BGB nichtig. Zu einer Rechtsverhältnishaftung kann es führen, wenn ein Vertragspartner bei dem Gegenüber das Vertrauen auf einen wirksamen Vertragsschluß weckte, er aber die mangelnde oder nicht hinreichende Schriftform zu vertreten hat. 119 In § 58 Abs. 1 und Abs. 2 VwVfG sind weitere Verfahrensvorgaben festgelegt, die die Wirksamkeit des Verwaltungsvertrages hindern können. Die fehlende schriftlichen Zustimmung eines Dritten, in dessen Rechte die Vereinbarung eingreift, bewirkt ebenso die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages wie das Fehlen der aufsichtsrechtlichen Genehmigung im mehrstufigen Verfahren. Zu kurz gegriffen wäre es, ein Unterlassen der erforderlichen Zustimmungseinholung allein in den Verantwortungsbereich der Verwaltung fallen zu lassen. 120 Der Bürger kann sich im Falle des § 58 Abs. 1 VwVfG selbst um die schriftliche Zustimmung des Dritten bemühen 121 und hat bei § 58 Abs. 2 VwVfG die Möglichkeit, gegen die Aufsichtsbehörde auf eine Zustimmungserteilung zu klagen. 122 Fragwürdig erscheint eine verwaltungsseitige Haftung auch dann, wenn die Behörde den Dritten um eine Zustimmung anging, dieser die Zustimmung aber verweigert, oder wenn der Verwaltungsvertrag zwar genehmigungsfähig ist, die Mitwirkungsbehörde aber innerhalb ihres Ermessens eine Genehmigung ablehnt. In diesen Fällen liegen Hindernisse für eine Vertragswirksamkeit vor, die eher außerhalb des Verantwortungsbereiches des öffentlichen Vertragspartners anzusiedeln sind. Hingegen wird eine Haftung der öffentlichen Hand auch hier regelmäßig dann eintreten, wenn die Behörde das Vertrauen des Privaten enttäuscht, indem sie sich unzutreffend über ihre eigenen Handlungsspielräume erklärt. Dies geschieht dadurch, daß die öffentliche Seite den privaten Vertragspartner nicht über die Gefahr einer Wirksamkeitshinderung durch eine fehlende Zustimmung des privaten Dritten 123 oder der Aufsichtsbehörde 124 in 119 Vgl. OVG Lüneburg, NJW 1992, S. 1404 (1405); K. O. Bergmann, LKV 1995, S. 169 (171, 173); W. Beyer, S. 121–124; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 50; R. Keller, S. 147; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1712); J. Punke, S. 202–204. Zum Formerfordernis des § 57 VwVfG ferner O. Weihrauch, VerwArch 82 (1991), S. 543–564. 120 Im Ergebnis genauso R. Keller, S. 145 f., 155 f., der eine beiderseitige Sorge um die Verwirklichung der Beteiligungsgebote verlangt. 121 Vgl. H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 58 Rn. 26; V. Schlette, S. 652; P. Tiedemann, in: K. Obermayer, VwVfG, § 58 Rn. 14. Die Zustimmung kann gem. § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. § 184 Abs. 1 BGB analog auch nachträglich als Genehmigung eingeholt werden, H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 8; E. Gurlit, Jura 2001, S. 731 (732). 122 Zu dieser Klagemöglichkeit W. Beyer, S. 130–133; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 58 Rn. 36–39; V. Schlette, S. 652; P. Tiedemann, in: K. Obermayer, VwVfG, § 58 Rn. 22. 123 J. Punke, S. 268 a. E. 124 VG Meiningen, LKV 1994, S. 456; W. Beyer, S. 135; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 58 Rn. 19. Vgl. auch BGHZ 142, S. 51 (63); BGH, in: LM Nr. 4 zu § 276 (Fc) BGB; NVwZ 2001, S. 116 (117); OLG Rostock, NVwZ-RR 2002, S. 526 f., wo es aber um aufsichtsbehörd-

136

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Kenntnis setzt, und sie das unberechtigte Vertrauen des Bürgers auf den Bestand des Vertrages weckt. 125 (2) Über § 62 S. 2 VwVfG kommen auf den Verwaltungsvertrag ferner die Vorschriften des BGB über die Willens- und Stellvertretungsmängel analog zur Anwendung, die eine Wirksamkeit des Verwaltungsvertrages zu hindern vermögen. 126 So kann die Geltung eines zunächst wirksamen Verwaltungsvertrages mit der Folge der §§ 59 Abs. 1 VwVfG, 142 Abs. 1 BGB angefochten werden. Auch in diesen Fällen haftet der Teil, der in zu vertretender Weise durch den Willensmangel das Wirksamkeitshindernis für den Vertrag herbeigeführt hat, wegen einer Verletzung der Verhandlungstreue. 127 Ferner können – sowohl seitens des öffentlich-rechtlichen Vertragspartners als auch des privaten – Vertretungsmängel einen rechtswirksamen Vertragsschluß vereiteln. Der Teil, der bei dem Gegenüber falsche Vorstellungen über die Vertretungsverhältnisse erweckt, macht sich gegenüber der anderen Partei schadensersatzpflichtig, die auf den verdeckt unwirksamen Vertragsabschluß vertraut. 128 e) Der Schutz vor inhaltlich nachteiligen Vereinbarungen Die letzte Fallgruppe der zivilrechtlichen culpa in contrahendo, deren Tauglichkeit zur Konturierung der Verwaltungsrechtsverhältnishaftung überprüft werden soll, ist die des Schutzes vor inhaltlich nachteiligen Verträgen. Steht am Ende der informalen Verhandlungen eine Vereinbarung, die ohne das Verschulden einer Seite so nicht abgeschlossen worden wäre, und erfüllt diese Abmachung nicht die berechliche Genehmigungsvorbehalte für privatrechtliche Geschäfte einer Gemeinde und somit um den parallelen Fall zivilrechtlicher culpa in contrahendo geht. 125 Vgl. hierzu auch E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 469 f.; V. Schlette, S. 434. 126 Dabei erfordert die Anwendung der privatrechtlichen Vorschriften einige Retuschen: Zu den Willensmängeln N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 32–38; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 26, 28; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 62 Rn. 7 f.; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 7; J. Punke, S. 138–145. Die Bestimmungen des BGB zu den nichtigkeitsauslösenden Willensmängeln sind zudem über § 59 Abs. 1 VwVfG entsprechend auf den Verwaltungsvertrag anwendbar, hierzu etwa H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 59 Rn. 6. Zu den Vertretungsmängeln H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H.J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, §62 Rn.31; H.-G. Henneke, in: H.J. Knack, VwVfG, § 62 Rn. 11. 127 I. Heberlein, Störungen, S. 105 f.; R. Keller, S. 157 f. Siehe auch J. Punke, S. 143, der darauf hinweist, daß hier ein Anspruch aus öffentlich-rechtlicher culpa in contrahendo neben einer Haftung aus § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. § 122 BGB analog besteht. 128 K. O. Bergmann, LKV 1995, S. 169 (173); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 55; R. Keller, S. 147–149. Zur zivilrechtlichen culpa in contrahendo wegen behördlicher Vertretungsmängel BGHZ 6, S. 330 (334 f.); 92, S.164 (175 f.); 147, S.381 (393); DVBl. 1984, S. 335 (337); NVwZ 1990, S. 403 (406); NJW-RR 1992, S. 1435 (1436); OLG Brandenburg, LKV 1997, S. 426 (428); K. Boujong, WiVerw 1979, S. 48 (54 f., 59 f.); D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 240 f.; W. Jäckle, NJW 1990, S. 2520 (2523 f.); G. Püttner, JZ 2002, S. 197 (198); E. Schmidt-Jortzig/S. Petersen, JuS 1989, S. 27 (32).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

137

tigten Erwartungen der Gegenpartei, so liegt ein illoyales Verhalten vor, das die Rechtsverhältnishaftung auslöst. 129 Die Frage nach der Anerkennung dieser Fallgruppe läßt sich nicht trennen von der weiteren Frage nach den Rechtsfolgen des Treueverstoßes. Im bürgerlichen Recht wird über das Institut des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zugunsten des Vertragspartners, der sich durch eine belastende Vereinbarung geschädigt sieht, die völlige Lösung oder eine Anpassung des Vertrages gewährt. 130 Im weiteren wird zu untersuchen sein, ob eine solche Fallgruppe mit der Rechtsfolge der Auflösung bzw. Änderung der zwischen Bürger und Verwaltung informell erreichten Einigung auch für die Rechtsverhältnishaftung denkbar ist. Angesichts der diversen öffentlichen Handlungsformen und ihrer variierenden Rechtsbindungen kann die Haftungsgruppe des Privatrechts, welches mit dem zivilrechtlichen Vertrag nur eine Handlungsform kennt, nicht ohne weiteres in das Verwaltungsrecht übernommen werden. Es ist danach zu unterscheiden, welche Form zur Umsetzung des konsentierten, aber für eine Seite benachteiligenden Verhandlungsergebnisses gewählt wurde. aa) Insbesondere für die Absprache Da die Absprache lediglich die rechtlich unverbindliche Vereinbarung von Leistung und Gegenleistung bildet, kommt hier eine Aufhebung oder Änderung einer unerwünschten Leistungspflicht nicht in Betracht. Es bleiben allerdings die Fälle, in denen ein Teil den anderen zu einer nachteiligen Absprache bestimmte und diese bereits erfüllt wurde. Hier ist an Abreden mit einem für den Bürger schädlichen Gehalt zu denken. So könnte in einer Absprache etwa eine unzulässige Verbindung von privaten und öffentlichen Leistungen fixiert werden. Der Inhalt von Abreden muß sich im Ergebnis an § 56 VwVfG messen lassen. Bei dieser Vorschrift des Verwaltungsvertragsrechts handelt es sich um die einfachgesetzliche Formulierung eines allgemeinen Koppelungsverbotes, welches unmittelbar dem Rechtsstaatsprinzip und damit den Geboten der Angemessenheit und des Sachzusammenhangs zu entnehmen ist. 131 Die Verknüpfung von in keiner sachlichen Verbindung stehenden Leistungen 129 Eine solche Fallgruppe nimmt für das verwaltungsrechtliche Verschulden bei den Vertragsverhandlungen etwa an obiter dictu BVerwG, DÖV 1974, S. 133 (134), und OVG Weimar, NJW 2002, S. 386 (387); ferner N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 72; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H.J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, §62 Rn.49; H.-G. Henneke, in: H.J. Knack, VwVfG, §54 Rn. 26; R. Keller, S. 164–169, mit Beispielen für benachteiligende Inhalte nicht erwartungsgerechter Verwaltungsverträge; J. Punke, S. 201 f. 130 Siehe oben § 2 II 4 mit einer kritischen Beurteilung der Rechtsprechung der Zivilgerichte. 131 BVerwG, NJW 1980, S.1294; BVerwGE 42, S.331 (334, 338 f.); BGH, NJW 1981, S.811 (813); OVG Münster, DVBl. 1981, S. 834 (836); H. Bauer, Anpassungsflexibilität, S. 245 (272 f.); W. Beyer, S. 237; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 336 f.; dies., Jura 2001, S. 731 (734); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 56 Rn. 3; P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 231 f.; St. Kautz, S. 273 f.; W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (266); A. Lischke, S. 23; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 30 VIII (S. 305); Ch.-F. Menger, VerwArch 64 (1973), S. 203 (207 f.); J. Pietzcker, AöR 107 (1982), S. 61 (91 f.); M. Preuß,

138

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

ist deshalb rechtsformunabhängig für alle Bereiche staatlichen Handelns untersagt. 132 Sieht eine Absprache eine unzulässige, den Bürger benachteiligende Verknüpfung vor und hat der Bürger im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Vereinbarung die Absprache erfüllt, kann in der unzutreffenden Information der Verwaltung über die gesetzlichen Pflichten des Bürgers und über ihre eigenen Handlungsspielräume eine Verletzung des Prinzips von Treu und Glauben liegen. 133 Schließlich verfügt die öffentliche Seite hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben über eine überlegene Sachkunde. Als Gebot von Treu und Glauben läßt sich die Pflicht herleiten, den schlechter informierten Privaten über die gesetzlichen Bestimmungen aufzuklären und ihn nicht in den informellen Verhandlungen zu übervorteilen. bb) Insbesondere für den Verwaltungsakt Die Auflösung oder Anpassung der Rechtsbindungen will als Rechtsfolge ebenfalls nicht passen, wenn das einer Seite nicht genehme Verhandlungsergebnis in einem konsentierten Verwaltungsakt festgeschrieben wurde. Für diese Handlungsform ist im Verwaltungsverfahrensgesetz bzw. in den einschlägigen Spezialgesetzen eine spezifische Bestandskraft vorgesehen. So bilden die §§ 48, 49 VwVfG die abschließende Regelung verwaltungsseitiger Angriffe auf einen im nachhinein als lästig angesehenen Verwaltungsakt. Daneben kann die Behörde gegebenenfalls aber auch nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG erlassen. Für den Bürger bleibt die Anfechtung mittels des Widerspruchs oder – sofern ein solcher fruchtlos bleibt – im Wege der Klage. 134 Die Anfechtungsmöglichkeiten des Bürgers beschränken sich S.174–176; V. Schlette, S.477 f.; L. Schulze-Osterloh, JuS 1980, S.458 (459); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 30 Rn. 10. Vgl. zu der Geltung des allgemeinen Koppelungsverbotes für den Verwaltungsvertrag bereits vor Einführung des § 56 VwVfG zusammenfassend J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 362–367. 132 W. Beyer, S. 237 f., 248 f.; W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform, S. 115 (164); P. M. Huber, Allg. Verwaltungsrecht, S. 231 f., 242; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 106; E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform, S. 11 (59); R. Stober, Rückzug, S. 66 Fn. 357. Über eine zwar im Vorgehen, aber nicht im Ergebnis zu beanstandene Analogie zu §56 VwVfG verschaffen dieser Vorschrift für die Absprache Geltung E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (358–360); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275 a. E.); St. F. Rabe, S. 153; W. Spannowsky, S. 451. Vgl. methodisch gegen eine analoge Anwendung der Vorschriften für den Verwaltungsvertrag auf das informelle Verwaltungshandeln unten § 4 II 1. 133 St. Kautz nimmt in dieser Situation einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Privaten an, ders., S. 338. Das ist nicht unproblematisch, da die Verwaltung durch die „Vorleistung“ des Privaten regelmäßig keinen Vermögenszuwachs erfahren hat, der im Wege der Erstattung rückgängig gemacht werden könnte, näherliegend sind daher Schadensersatzansprüche. Zur Vermögensverschiebung als Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 430 f. 134 Geklagt werden kann dabei gegen den Verwaltungsakt als Ganzes oder gegen einzelne Nebenbestimmungen, vgl. zu diesem prozessualen Problem M. Brenner, JuS 1996, S. 281 (286 f.); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 22–31; W.-R. Schenke, WiVerw 1982, S. 142 (145–160); ders., JuS 1983, S. 182 (183–187). In Betracht kommt aber auch eine Verpflichtungsklage auf eine uneingeschränkte Begünstigung ohne Nebenbestimmungen

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

139

freilich auf Fälle, in denen der konsentierte Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und der Rechtsbehelfsführer hierdurch in seinen Rechten verletzt wird. 135 Ist der belastende Verwaltungsakt mit Ablauf der Widerspruchs- und Klagefrist formell bestandskräftig, bleibt als außerordentlicher Rechtsbehelf der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 51 VwVfG, dessen Erfolg allerdings an besondere Wiederaufnahmegründe gebunden ist. Ein subjektives Recht des Privaten gegenüber der Verwaltung auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes kann sich weiterhin aus § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG aufgrund einer Ermessenverdichtung ergeben. 136 Dazu müßte der Verwaltungsakt allerdings wiederum rechtswidrig sein. Falls der Bürger eine ausgehandelte und erteilte Genehmigung als ungünstig empfindet, kann er eventuell auch einen neuen Antrag bei der Zulassungsbehörde stellen. Bei dem gesetzlichen Regelwerk zur Anfechtung und Aufhebung des Verwaltungsakts handelt es sich um ein abschließendes Modell. Für eine Auflösung oder Modifikation der Bindungen des Verwaltungsaktes durch das Treueprinzip bleibt kein Raum. Gegenüber einer nachträglichen Korrektur der Bindungen aufgrund einer Rechtsverhältnishaftung zeigt sich der Verwaltungsakt somit immun. Vor diesem Hintergrund fragt es sich, ob dem Privaten nicht ein Anspruch aus der Rechtsverhältnishaftung auf Ersatz der durch den nicht erwartungsgerechten Verwaltungsakt erlittenen Vermögensschäden zustehen könnte. Indessen wird man in dieser Situation die Haftung nicht für alle als nachteilig empfundenen Vereinbarungen anerkennen können. Hat die Verwaltung sich bei Erlaß des ausgehandelten Verwaltungsaktes innerhalb ihrer gesetzlichen Handlungsspielräume gehalten, liegt ein Pflichtverstoß schon deshalb nicht vor, weil das vom Adressaten subjektiv als belastend erachtete Verwaltungshandeln durch eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Hier wird man grundsätzlich keine Treuepflichtsverletzung annehmen können. Hat die Verwaltung hingegen einen rechtswidrigen Verwaltungsakt konsentiert, so kann in einer Übervorteilung des privaten Verhandlungspartners durchaus ein Treueverstoß gesehen werden. Denn wenn die Behörde den Privaten nicht über die rechtlichen Grenzen ihres Tuns aufklärt, obgleich ihr diese Pflicht wegen ihrer überlegenen Sachkunde obliegt, verstößt sie gegen Treu und Glauben. bzw. – sofern der Behörde ein Ermessen zusteht – auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, vgl. M. Brenner, JuS 1996, S. 281 (287); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 28; H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 36 Rn. 46–49; W.-R. Schenke, WiVerw 1982, S. 142 (163 f.); ders., JuS 1983, S. 182 (187 f.). 135 Dieses Erfordernis ergibt sich im Falle der Klage bereits aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG und einfachgesetzlich für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage aus § 113 Abs. 1 S. 1 oder § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO. Gleiches gilt für den Widerspruch; darüber hinaus kommt aber ein solcher in Betracht, wenn der Ermessensverwaltungsakt unzweckmäßig ist und der Widerspruchsführer in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Vgl. zum Widerspruchsverfahren F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 68 Rn. 12, § 69 Rn. 6. 136 Hierzu F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 519 f.; W. Klappstein, in: H. J. Knack, VwVfG, § 48 Rn. 45 f.; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 48 Rn. 55; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 11 Rn. 48; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 11 II 2 (S. 177), § 15 III 2 (S. 239).

140

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Schäden können für den Privaten dann aus dem rechtswidrigen und nachteilig wirkenden Verwaltungsakt erwachsen. In dieser Konstellation wird dem Bürger zwar regelmäßig tatbestandlich auch ein Haftungsanspruch aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG wegen der Nichteinhaltung der Amtspflicht zum rechtmäßigen Handeln zustehen. 137 Vorteilhaft für den Bürger wirkt sich im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung aber aus, daß eine unterlassene Rechtsmitteleinlegung den Anspruch nicht von vornherein ausschließt, wie dies durch § 839 Abs. 3 BGB vorgesehen ist. 138 Der Anspruch des Bürgers kann lediglich – je nach den Umständen des Einzelfalls – wegen eines Mitverschuldens bei der Schadensentstehung 139 zu mindern sein. Dieses Ergebnis ist sachlich gerechtfertigt, wird doch der Private im Vertrauen auf die Redlichkeit seines administrativen Verhandlungspartners von den in § 839 Abs. 3 BGB geforderten Rechtsmitteln abgesehen haben. Ein Fall, in dem die Verwaltung einen für die öffentlichen Interessen inhaltlich nachteiligen Verwaltungsakt erlassen hat und in dem der öffentlichen Hand deswegen ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Bürger zustehen könnte, ist kaum denkbar. Falls doch ein solcher Sachverhalt vorliegt, wird man einen Anspruch der Verwaltung wegen eines erheblichen Mitverschuldens wohl gänzlich zu versagen haben, da es in erster Linie bei der öffentlichen Seite liegt, die rechtlichen Grenzen ihres Tuns zu beachten. 140 Zu erwägen sind in diesem Zusammenhang aber noch Konstellationen, in denen der Bürger gegenüber der Behörde arglistig oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben über entscheidungsrelevante tatsächliche Gegebenheiten macht. 141 Der Anknüpfungspunkt für die schadenstiftende Vertrauensverletzung liegt dann aber weniger im konsentierten Verwaltungsakt als solchem. Schließlich wird es der Behörde noch immer möglich sein, einseitig-hoheitlich „nachzukarten“. Der Schaden basiert mehr auf den Fehlinformationen des Bürgers und den daraus resultierenden Verzögerungen im Verfahrensablauf. Somit wird der bereits aufgeführte Tatbestand der Verhandlungsverzögerungen den Falschangaben des Privaten eher gerecht als der hier diskutierte der inhaltlich nachteilig konsentierten Verwaltungsakte. 137 Zu dieser Amtspflicht etwa F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 43; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 191, 195; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 32–38. 138 Bemerkenswert ist, daß dieser Ausschluß nicht durch das StHG 1981 gestrichen werden sollte, vgl. § 6 StHG 1981 und die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drs.8/2089, S.48, zu §6 der Entwurfsfassung. Zu dieser Haftungseinschränkung als Ausdruck der Nachrangigkeit des schadensersatzrechtlichen Sekundärrechtsschutzes im Verhältnis zum verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutz P. Axer, DVBl. 2001, S. 1322 (1327, 1330 f.); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 92 f.; J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art.34 Rn. 42; K. Windthorst, JuS 1995, S. 992 (995); zu § 6 StHG 1981 B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 621; A. Schäfer, in: ders./H. J. Bonk, StHG, § 6 Rn. 1 f. 139 Zur Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten noch unten § 5 II 2. 140 BGHZ 149, S. 50 (55). 141 Zu dieser Gefahr D. Cansier, S. 285 (289).

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

141

cc) Insbesondere für den Verwaltungsvertrag Als letzte Untergruppe ist zu überprüfen, ob der Schutz vor benachteiligenden Verwaltungsverträgen durch Vertragsaufhebung oder -anpassung als Folge der verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. § 249 S. 1 BGB analog anzunehmen ist. 142 Mitunter wird dies als besondere Form schadensersatzrechtlicher Naturalrestitution bejaht. 143 Aber auch dieser Konstruktion begegnet Skepsis. Zunächst können die Bedenken gegen die parallele Haftung des Zivilrechts übernommen werden. Einen Anspruch aus Treu und Glauben auf Rückabwicklung oder Abänderung des Verwaltungsvertrages anzunehmen, konterkarierte den Satz pacta sunt servanda. 144 Dieses Prinzip, welches die Beständigkeit von Verträgen vorschreibt, gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz nicht nur im Zivilrecht, sondern auf allen Rechtsgebieten, insbesondere auch im Verwaltungsrecht. 145 Schon wegen dieser Vorgabe muß die Modifikation von Verwaltungsverträgen auf Ausnahmefälle begrenzt bleiben und kann grundsätzlich nur für die wenigen gesetzlich explizit formulierten Tatbestände eingeräumt werden. Schwererwiegende Argumente gegen eine Manipulation der Vertragsbindungen finden sich außerdem in der grundrechtsbewehrten Privatautonomie des Bürgers und in der Entscheidungsbefugnis der Verwaltung. Eine Änderung der Verpflichtung des Bürgers im Verwaltungsvertrag dahingehend, daß seine Leistungen erhöht oder die Gegenleistungen der öffentlichen Seite gemindert werden, scheidet aus. Denn hielte man den Privaten an dieser abgeänderten Vereinbarung fest, würde ihm unter dem Deckmantel einer Vertragseinigung eine Verpflichtung auferlegt werden, die tatsächlich nicht innerhalb seines Willens liegt. Auch wenn diese Belastung im Einzelfall durch eine hoheitliche Ermächtigungsgrundlage gedeckt sein mag, würde der im Verwaltungsvertrag gefundene Konsens verfälscht, und das dem Vertrag ureigene Element der Einigung ginge verloren. Hält man aber an dem für den Verwaltungsvertrag begriffsnotwendigen Erfordernis der Willensübereinstimmung fest, 142 Nachweise zur Fallgruppe benachteiligender Verwaltungsverträge oben § 4 I 2 e vor aa Fn. 129. 143 Für die Rückgängigmachung des Verwaltungsvertrages oder eine Freistellung von Verbindlichkeiten obiter dictu OVG Weimar, NJW 2002, S. 386 (387); I. Heberlein, Störungen, S. 357; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 54 Rn. 26; R. Keller, S. 184 f., 196–201. Für eine Vertragsanpassung, aber gegen eine Vertragsaufhebung V. Schlette, S. 427 a. E., 429. Insbesondere zur Konstellation rechtswidriger, aber rechtswirksamer Verträge J. Fluck, Die Erfüllung, S. 50 f. Fn. 22; Ch. Schimpf, S. 321 f. 144 Vgl. die entsprechende Argumentation im Zivilrecht oben § 2 II 4. 145 H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S. 237; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 60 Rn. 2; P.-M. Efstratiou, S. 163 f.; E. Forsthoff, § 14 1 (S. 277); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 537; B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 193 (196); G. Kisker, VVDStRL 32 (1974), S.149 (163); F. O. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60 Rn. 2; P. Macedo Weiß, S. 39 und passim; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 91 (S. 262 f.); L. Simons, S. 133; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 54 Rn. 48. Vgl. auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865, der den Grundsatz im Rechtsstaatsprinzip verankert sieht.

142

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

kann nicht unterstellt werden, daß der Bürger sich unter diesen geänderten Voraussetzungen auf einen Vertragsschluß eingelassen hätte. Würde dem Bürger gleichwohl ein Vertrag mit modifizierten Leistungspflichten aufgezwängt, so griffe man in seinen Rechtskreis ein. Im Immissionsschutzrecht könnte sich der Betreiber mit einer Verfälschung der im Vertragsschluß erreichten Einigung etwa in seiner grundrechtlich garantierten Berufsfreiheit oder in seinem Eigentumsrecht beeinträchtigt sehen. 146 Ein solch weitreichender Eingriff in die (Grund-)Rechtssphäre des Bürgers läßt sich mit dem Grundsatz von Treu und Glauben aber nicht rechtfertigen. Auch eine Beeinflussung der hoheitlichen Entscheidung im öffentlich-rechtlichen Vertragsschluß provoziert verfassungsrechtliche Einwände. Das in der verwaltungsseitigen Entscheidung austarierte Verhältnis von Allgemeininteressen und dem Interesse des Verhandlungspartners würde mit einem Ergebnis verzerrt, das durch das Verhandlungsvertrauen des privaten Verhandlungspartners bestimmt wird. Der Vertragsinhalt würde damit von dem eigentlichen Behördenentschluß abweichen, und es fehlte deshalb dem den Interessen des benachteiligten Kooperationspartners adaptierten Vertrag an der durch eine autonome Verwaltungsentscheidung vermittelten demokratischen Legitimation. 147 Bedenklich wäre ferner, wenn das vom Bürger angerufene Gericht über die inhaltliche Gestaltung des Verwaltungsvertrages entscheiden sollte. Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG schreibt die Funktionentrennung der drei staatlichen Gewalten vor. Gewährte der Richter dem Privaten einen Anspruch gegenüber der öffentlichen Seite auf eine bestimmte Vertragsanpassung, so würde das Gericht gewaltenteilungswidrig in den Entscheidungsspielraum eingreifen, der der Verwaltung im Vertragsschluß zusteht. 148 Da nicht angenommen werden kann, daß unter den gerichtlich neu festgelegten inhaltlichen Bedingungen die Verwaltung den Vertrag überhaupt eingegangen wäre, würde der Verwaltung ein Vertrag aufgezwungen, den sie nicht einzugehen brauchte und den sie aller Wahrscheinlichkeit nach so nicht eingegangen wäre. Verpflichtete der Richterspruch den Verwaltungsträger dennoch über § 894 ZPO auf eine bestimmte Vertragsanpassung, läge hierin ein Übergriff der Judikative in den der Exekutive zustehenden Entscheidungsbereich. 149 Sonach stünde einem AnZur Grundrechtsrelevanz des Überwachungsrechtsverhältnisses bereits oben § 4 I 2 b cc. Zum Erfordernis einer demokratischen Legitimation der Verwaltungsentscheidung im Wege einer hoheitlichen Letztentscheidungsbefugnis oben § 4 I 2 b cc. 148 Vgl. die entsprechende (ältere) Argumentation des BGH gegen einen auf Naturalrestitution gerichteten Anspruch auf hoheitlichem Gebiet aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG, da das Gericht keine Amtshandlungen vornehmen dürfe, BGHZ 4, S. 302 (311); 5, S. 102 (104); 14, S. 222 (229). 149 Der private Vertragspartner, der eine Vertragsänderung verlangt, müßte seinen Anspruch auf behördliche Zustimmung mit einer Leistungsklage geltend machen, wobei mit dem Urteil ggf. gem. § 894 ZPO die Zustimmung ersetzt würde, vgl. zu dem parallelen prozessualen Problem einer Vertragsanpassung gem. § 60 Abs. 1 S. 1 1. Alt. VwVfG BVerwGE 97, S. 331 (340 f.); F. O. Kopp/U. Ramsauer, § 60 VwVfG Rn. 13 f.; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 (870). Daraus, daß § 60 VwVfG eine Vertragsanpassung und -aufhebung vorgibt, kann kein Rückschluß auf eine solche aus einer Rechtsverhältnishaftung abzuleitende Rechtsfolge gezogen 146 147

I. Die beidseitigen Bindungen aus Treu und Glauben

143

spruch des Bürgers auf Anpassung oder Aufhebung eines Verwaltungsvertrages auch das durch Art. 20 Abs. 2 GG angeordnete Prinzip der Trennung staatlicher Funktionen entgegen. 150 Zieht man die Bilanz aus diesen Überlegungen, wird man in den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die eine Auflösung oder Anpassung des öffentlichrechtlichen Vertrages erlauben, ein abschließendes Regulativ der Vertragsbindungen sehen müssen. Für eine Vertragsaufhebung oder -anpassung qua Naturalrestitution ist wegen der parteiautonomen Gestaltungsmacht der Vertragspartner kein Raum. 151 In Fällen inhaltlich benachteiligender Vertragsschlüsse kommt indes ein Ersatz der Vermögensschäden in Betracht, die eine Seite durch den ungünstigen Konsens erfährt. 152 Der haftungsbegründende Verstoß gegen Treu und Glauben liegt hier darin, daß eine Seite die andere nicht hinreichend über die gesetzlichen Entscheidungs- und Aushandlungsspielräume informiert hat. Solche Aufklärungspflichten werden in erster Linie die öffentliche Verhandlungspartei treffen, da diese über die besondere rechtliche Sach- und Fachkunde und damit über überlegenes Wissen verfügt. 153 Wegen der beiderseitigen Bindung durch den Verwaltungsvertrag kann prinzipiell sowohl für den Privaten als auch für die öffentliche Hand ein Schaden eintreten, wenn die Kooperation zu einem Vertrag geführt hat, der ohne das Verschulden der Gegenseite anders abgeschlossen worden wäre. Dennoch ist eine ersatzfähige Vermögensschädigung bei dem Privaten wahrscheinlicher als bei der Behörde. Der Private kann sich in dem Vertrag verpflichten, seine geplante oder bereits betriebene Anlage in bestimmter Weise zu errichten oder umzurüsten. Durch diese Maßnahme entsteht ihm ein finanzieller Aufwand. Der Aufwand stellt sich als Schaden dar, wenn sich die der Vertragsvereinbarung zugrunde gelegten Grenzwerte als rechtswerden. § 60 VwVfG sieht eine Vertragsmodifikation im gemeinsamen Interesse der Vertragsparteien vor, denen es an der Auflösung oder Aufrechterhaltung eines unter Abwägung ihrer beider Interessen angepaßten Vertrages gelegen ist, vgl. N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 60 Rn. 36–38; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 60 Rn. 10; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 60 Rn. 13; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 864 (869). Eine aus der Rechtsverhältnishaftung abzuleitende Vertragsänderung orientierte sich hingegen einseitig an den Erwartungen des Vertragsteils, der sich benachteiligt sieht, und ließe den Willen der anderen Partei in der Vertragseinigung außer acht. 150 Vgl. ähnlich D. Lorenz, DVBl. 1997, S.865 (869 f.). Siehe zum parallelen Problem der Manipulation von Verwaltungsermessensentscheidungen durch eine gerichtliche Aufhebung von Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt F. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 63 f.; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 12 Rn. 22–31; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 13 IV 2 (S. 225 f.); W.-R. Schenke, WiVerw 1982, S. 142 (154–157); ders., JuS 1983, S. 182 (185); ders., Verwaltungsprozeßrecht, Rn.299, 807; M. Brenner, JuS 1996, S. 281 (287). 151 Im Ergebnis genauso E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 471, 474 f.; Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (125 f.); J. Punke, S. 201 f.; vgl. auch W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (269 f.). 152 So wohl auch BVerwG, DÖV 1974, S. 133 (134); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 72 f.; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 49; J. Punke, S. 202; vgl. auch M.-E. Geis, NVwZ 2002, S. 385 (388). 153 Vgl. hierzu H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 49.

144

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

widrig und als für den Investor nachteilig erweisen. Dagegen erbringt die öffentliche Seite in Ausführung eines Verwaltungsvertrages regelmäßig keine geldwerten Leistungen. Die Leistung der Verwaltung in der Vertragsabrede bildet zumeist ein Entgegenkommen bei der Durchsetzung von Grenzwerten, etwa von Emissionswerten. Wird ein überhöhter Emissionswert mit dem Ziel einer stufenweisen Senkung über einen gestreckten Zeitraum vorübergehend geduldet, liegt keine verwaltungsseitige Leistung vor, die in geldwerten Beträgen beziffert werden kann. Durch das Vollzugs- bzw. Regelungsdefizit bringt die Verwaltung keine eigene Leistung. Das Entgegenkommen in Form der befristeten Gestattung der Emissionen geht vielmehr zu Lasten der Allgemeinheit. Erwirkt ein Bürger aufgrund unzutreffender Angaben einen Vertragsschluß, mit dem die Allgemeinheit insofern geschädigt wird, kann die Behörde zwar im Wege der Ordnungsverfügung einschreiten, sobald sie den Fehler bemerkt. Den Schaden an den Allgemeininteressen, der zwischenzeitlich durch das Vollzugsdefizit entstanden ist, kann sie indessen nicht als eigenen Schaden im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung geltend machen. 154 Auch in dieser Konstellation besteht der Schaden der Behörde vielmehr in dem finanziellen Aufwand, der sich wegen Verhandlungsverzögerungen ergibt und nicht in der Eingehung eines nachteilhaften Vertrages. dd) Folgerungen Für den Tatbestand treuwidrig herbeigeführter, inhaltlich nachteiliger Vereinbarungen beschränkt sich das Haftungsinstitut handlungsformunabhängig auf die Rechtsfolge einer Ausgleichszahlung in Geld für die Vermögensschäden, die eine Partei durch das Verschulden der Gegenseite erlitten hat. Der Rechtsverhältnishaftung bleibt eine Korrektur der auf primärer Ebene durch Verwaltungsakt oder -vertrag erzielten Rechtsbindungen verschlossen. Ersatzfähige Vermögenseinbußen können sich aber – sofern als äußere Form für die Vereinbarung keine Absprache gewählt wurde – durch die benachteiligenden rechtlichen Bindungen der Einigung auftun, die zur Erfüllung der Vereinbarung anhalten. 3. Ergebnis Läßt man den Blick schweifen über die geleistete Konkretisierungsarbeit für die beidseitigen, aus Treu und Glauben abzuleitenden Bindungen der informalen Verhandlungspartner – die freilich nicht den Anspruch eines abschließenden Kataloges erhebt –, sticht die besondere Bedeutung der Informationspflichten ins Auge. Sämtliche erwogene Fallgruppen lassen sich weitgehend auf Aufklärungsmängel und positive Falschinformationen reduzieren. Die Verhandlungspartner schulden einander 154 Daß die Verwaltung selbst überhaupt keinen Nachteil erleidet, übersieht V. Schlette, S. 593 f., wenn er der öffentlichen Hand bei Schäden für das „Gemeinwohl“ Ersatzansprüche aus Vertragsverletzung gewähren will.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

145

insoweit unaufgeforderte Offenbarung, als es um Tatsachen geht, die den Zwecken der Kooperation im Wege stehen können und daher für das Verhalten des Gegenübers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern man die Mitteilung redlicher Weise erwarten durfte. 155 Die Informationsverpflichtungen der Verhandlungsparteien beziehen sich vor allem auf die tatsächliche Kooperations- und Konsensbereitschaft, aber auch auf die rechtlichen Grenzen der eigenen Handlungsspielräume. Die zu vertretende Erteilung unzutreffender Auskünfte widerspricht in gleicher Weise den Loyalitätspflichten im Rechtsverhältnis der informalen Verhandlungen und wirkt ebenfalls haftungsbegründend. Die Offenbarungs- und Informationspflichten verhalten sich – wie die Verpflichtung auf Treu und Glauben im Anbahnungsverhältnis generell – situationsbedingt flexibel. Sie richten sich nach Dauer und Fortschritt der Verhandlungen, nach der wirtschaftlichen Bedeutung der beabsichtigten Vereinbarung für den Gegenüber sowie nach dem Umfang der durch die Gegenseite in die Verhandlungen investierten Vermögenswerte. Die öffentliche Verhandlungspartei werden wegen ihrer überlegenen Sachkunde zumeist auf dem rechtlichen Sektor gesteigerte Verhaltenspflichten gegenüber dem Privaten treffen. Die Aufklärungspflichten des Privaten werden hingegen überwiegend auf dem Gebiet des Faktischen anzusiedeln sein. 156

II. Die spezifischen Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei Spezifische Bindungen der öffentlichen Verhandlungsseite ergeben sich aus „Gesetz und Recht“ (Art. 20 Abs. 3 GG). Auch wenn sich die Behörde auf einen informalen Verwaltungsstil zurückzieht, kann sie sich nicht ihrer gesetzlichen Bande entledigen. 157 1. Das methodische Vorgehen Die gesetzlichen Vorgaben sind für das informale Verwaltungsrecht – seiner informalen Natur gemäß – nur schwach ausgeprägt. Mitunter wird in der Literatur erwogen, im Wege der Analogie eine Brücke zu den Vorschriften des Verwaltungsver155 Für die Definition des Umfanges der aus Treu und Glauben herzuleitenden Aufklärungspflichten bietet sich eine Anlehnung an die des Zivilrechts an, vgl. oben § 2 II vor 1. Genauso für die Aufklärungspflichten in den öffentlich-rechtlichen Vertragsanbahnungsverhältnissen schon BGHZ 71, S. 386 (396 f.). 156 Zu dem Informationsgefälle im tatsächlichen Bereich zuungunsten der Verwaltung und zu dem auf rechtlichem Gebiet zuungunsten des Bürgers J. Martens, Die Praxis, Rn. 195 (S. 128); insbesondere für das Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht H.-G. Henneke, DÖV 1997, S. 768 (773 f.); V. Schlette, S. 420; F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (227); G. von Wedemeyer, S. 196, und oben § 1 I. 157 Zu dieser Selbstverständlichkeit H. Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (260); H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 162.

10 Kellner

146

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

fahrensgesetzes zu schlagen, die an sich für das „formelle“, sprich für das einfachgesetzlich geregelte Verfahren im engen Verständnis des § 9 VwVfG, erlassen wurden. 158 So wird insbesondere eine Analogie zu den Vorschriften betreffend den Verwaltungsvertrag erwogen, da sowohl das informale Verwaltungshandeln als auch das öffentlich-rechtliche Kontrahieren auf eine konsensuale Rechtsfindung gerichtet seien. 159 Jedoch scheitert dieses Ansinnen bereits am Fehlen der für eine Analogiebildung erforderlichen Voraussetzungen. Der intendierte unverbindliche Charakter der informellen Verhandlungen unterscheidet diese Verwaltungssituation grundlegend von der bei Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Hierdurch haben die gegenüberzustellenden Verwaltungslagen so wenig gemein, daß das Vorliegen einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte, welches für die Analogie erforderlich wäre, 160 zu verneinen ist. 161 Die Möglichkeit einer analogen Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes im informalen Verhandlungsstadium ist somit bereits im methodischen Ansatz gesperrt. Keinesfalls ablegen kann die öffentliche Seite aber die in jedweder Verwaltungslage geltenden Verfassungsdirektiven. Sie schaffen rechtliche Eckwerte für alles staatliche Handeln und wirken unmittelbar auch auf die gesamte Verwaltungstätigkeit und auf alle Verwaltungsrechtsverhältnisse ein. Die grundgesetzlichen Rechtssätze gelten damit auch für das informale Behördenhandeln.162 Als solche sind die Bindung an die Grundrechte wie auch die Prinzipien der Sozialstaatlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit genauer zu beleuchten. Die verfassungsrechtlichen Determinanten zeichnet eine Vagheit in der Formulierung aus. Das gilt insbesondere für die Rechtsstaats- und die Sozialstaatsklausel und erschwert deren dogmatische Operationalität. Der Normanwender ist daher zu einer behutsamen Ableitung eindeutiger Sätze angehalten. Mit einer allzu großher158 Für eine entsprechende Anwendung zumindest von Teilen des Verwaltungsverfahrensrechts W. Beyer, S. 205 f.; H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S.187 (224); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S.1 (6). Für eine Analogie je nach den Umständen des Einzelfalls P. Körner, S. 159. 159 H.-G. Henneke, NuR 1991, S.267 (275); Ph. Kunig, DVBl. 1992, S.1193 (1199); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (6). 160 Vgl. K. Larenz, Methodenlehre, S. 381 f. 161 H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 21; H.-W. Rengeling, S. 196 f.; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 136 f.; R. Stober, Rückzug, S. 64 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/ R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 Rn. 22; im Ergebnis genauso C. Tegethoff, BayVBl. 2001, S. 644 (647). 162 U. Battis, Allg. Verwaltungsrecht, S. 253; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 54 Rn. 42; W. Brohm, NVwZ 1991, S. 1025 (1030); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275); ders., DÖV 1997, S. 768 (772); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 281, 316; St. F. Rabe, S. 38; E. Schmidt-Aßmann, DVBl. 1989, S. 533 (541); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 269; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 177 i.V. m. Rn. 49–82; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 57 Rn. 16. Verfassungsrechtliche Handlungsmaßstäbe ergeben sich zuvorderst aus dem GG, wenn Landesbehörden handeln, gelten zudem die Landesverfassungen.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

147

zigen Deduktion von Ge- und Verboten erläge er alsbald der Gefahr, aus den Verfassungssätzen herauszulesen, was er zuvor hineinliest. Eine solche Verfahrensweise würde ihm mit den von den eigenen Intentionen geleiteten Schlüssen wohl die erwünschten Resultate bringen. Die Ergebnisse müßten sich indes dem Einwand ausgesetzt sehen, überkonstruiert oder, was mehr ins Gewicht fiele, nicht umfassend genug belegt zu sein. So ist es etwa gängig, dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit konkrete Vorschriften zu entnehmen, die tatsächlich nur unter Aufwendung erheblicher – und deshalb schwerlich überzeugender – konstruktiver Mühen auf den Verfassungsgrundsatz zurückzuführen sind. 163 Um den Unwägbarkeiten einer freischwebenden Deduktion auszuweichen, wird im folgenden nicht der Versuch unternommen, Regeln für das Verwaltungshandeln aus den Verfassungsentscheidungen neu zu statuieren, sondern es werden den Verfassungssätzen Ableitungen undoktrinär systematisierend zuzugeordnet, soweit die Deduktionen bereits gesichertes Ansehen genießen. Ausgehend von der Aufgabe der Konkretisierung der einseitigen Pflichten wird ohnehin ein nur in groben Zügen geschlossenes Bild ausreichen. Die Verwaltung ist nicht vor Verhaltenspflichten durch den Gesetzesvorbehalt geschützt. Die Intention der Präzisierung erschöpft sich daher in einer Gewährleistung von Rechtssicherheit und somit in der Kalkulierbarkeit des verwaltungsseitigen Pflichtenprogramms. 164 Da die Frage nach der Herkunft der Ableitungen weniger beschäftigt als die nach ihren Implikationen und Folgen, wird ohne das Bemühen um eine scharfe Distinktion zwischen den einzelnen Verfassungsvorgaben und unter einer Inkaufnahme von Überschneidungen in Teilbereichen vorgegangen. a) Das Recht der Amtspflichtverletzungen Derlei Ableitungen behördlicher Pflichten aus den Verfassungsprinzipien finden sich zunächst im Recht der Amtshaftung des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG. 165 Der Rekurs auf das Amtshaftungsrecht mag an dieser Stelle überraschen. Dieses stellt doch nach landläufiger Ansicht auf die Verletzung interner Rechtspflichten des Amtswalters gegenüber seinem Dienstherrn ab und zwar in bezug auf seine Amts163 Siehe etwa die diesbezügliche Kritik von G. Kisker, VVDStRL 32 (1974), S.149 (171 f.); H. A. Wolff, S. 204 f., 211 f., 214; G. Püttner, VVDStRL 32 (1974), 200 (203); ders., DÖV 1989, S. 137 (138). Daß der Rechtsstaatlichkeit keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmbaren Gebote und Verbote entnommen werden können, betonen etwa BVerfGE 52, S. 131 (144); 57, S. 250 (275 f.); 74, S. 129 (152); E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 2 (S. 988 f.), 9 (S. 991 f.); H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 GG (Rechtsstaat) Rn. 42; K. Stern, Das Staatsrecht, Bd. I, § 20 III 2 (S. 782 f.). 164 Zu den Aufgaben der Konkretisierung oben § 4 I vor 1. 165 Vgl. generell zu der Bedeutung der Amtshaftungsjudikatur für die Präzisierung der Haupt- und Nebenpflichten in den Verwaltungsrechtsverhältnissen A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (19–22); P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (260 f.); P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (234, 248); J. Pietzcker, Verw. 30 (1997), S. 281 (292 f.).

10*

148

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

führung. Um einen Verstoß des „Beamten“ 166 gegen externe, gegenüber dem Verwaltungsadressaten bestehende Pflichten geht es gerade nicht. 167 Allerdings wirkt diese tradierte Ausfüllung des Begriffs der Amtspflicht mit der persönlichen Verhaltenspflicht des Amtsträgers nach dem heutigen Verständnis des Staatshaftungsrechts überaus brüchig: Das in § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG festgelegte Haftungsrecht bildet die Kehrseite rechtsstaatlicher Gebundenheit staatlicher Gewalt. 168 Greift der Staat – respektive sein Organwalter – widerrechtlich in den durch Gesetz und Recht gezogenen Kreis des Bürgers ein, so bieten die Gerichte den durch Art.19 Abs. 4 GG garantierten primären Rechtsschutz, der auf die Abwehr des Eingriffs gerichtet ist. Wenn aber der gerichtliche Schutz die Individualrechtsverletzung nicht zu hindern vermag, kann die sekundäre Verantwortlichkeit nicht den einzelnen Amtswalter treffen, sondern sie muß den Staat angehen. 169 Den primären staatlichen Obligationen korrelieren demnach die Amtspflichten, welche einen sekundären Schutz durch das Haftungsrecht genießen. Bei genauerer Betrachtung entsprechen beide Pflichtigkeiten einander nicht nur inhaltlich. Sie müssen identisch sein, wenn die staatlichen Pflichten dem Bürger gegenüber haftungsbewehrt ausgestaltet werden sollen. Daher können die fraglichen Amtspflichten nicht solche sein, die als reines Internum zwischen dem Organwalter und seinem Hoheitsträger bestehen, sondern sie müssen andere, externe sein, die dem Amtswalter im Außenverhältnis zum Bürger obliegen. Zumal Art. 34 S. 1 GG ausdrücklich auf die Verletzung einer „einem Dritten gegenüber obliegende[n] Amtspflicht“ abstellt, ist das dargelegte Verständnis eher dem Wortlaut der Norm konsonant als die komplizierende Installation der persönlichen Dienstpflicht des „Beamten“ in das Staatshaftungsrecht des §839 BGB i.V. m. Art.34 166 Es gilt hier der weite Beamtenbegriff des Haftungsrechts, der vom eigentlichen, statusrechtlichen Beamtenbegriff im staatsrechtlichen Sinn zu unterscheiden ist, BGHZ 121, S. 161 (165 f.); VersR 1996, S. 202 f.; K. Küchenhoff/J. Hecker, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 37–39; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §26 Rn. 14; Th. Meysen, JuS 1998, S.404 (405); W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 47 Rn. 15. 167 Vgl. RGZ 145, S. 204 (215); BGH, NJW 1959, S.1629 (1630); VersR 1961, S. 512 (513); N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 99; B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 488, 491; B. Grzeszick, S. 99 f., 144 f.; F. Kreft, in: RGRK, BGB, § 839 Rn. 147; K. Küchenhoff/J. Hecker, in: Erman, BGB, §839 Rn.41; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, §26 Rn.16 f.; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.42; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, §47 Rn.16; A. Teichmann, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, §839 Rn.8; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 32. Vgl. schließlich auch die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drs. 8/2079, S. 18. 168 P. Badura, Staatsrecht, Rn.D 63; H. J. Bonk, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art.34 Rn. 4 f.; Th. von Danwitz, in: H. von Mangoldt/F. Klein/Ch. Starck (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 40; A. von Komorowski, VerwArch 93 (2002), S. 62 (75 f.); H. Maurer, Staatsrecht, § 8 Rn. 36; ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 6; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 12 (S. 1358); ders., in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 82; M. Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 111; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art.20 (Rechtsstaat) Rn.206; J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art.34 Rn.22; K. Windthorst, JuS 1995, S. 791 (792). Vgl. auch P. Axer, DVBl. 2001, S. 1322 (1329); F. Schoch, VerwArch 79 (1988), S. 1 (13, 64 f.); ders., VerwArch 92 (2001), S. 261 (274). 169 J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 32.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

149

GG. 170 Stimmen die nach außen gerichteten Pflichten des Organwalters in der Sache mit den Rechtspflichten des Trägers öffentlicher Gewalt überein und sind die so verstandenen Amtswalterpflichten unter anderem auf Grundlage des Verfassungsrechts präzisiert worden, 171 dann können dem durch die Rechtsprechung und das Schrifttum ausgewiesenen Bestand an Amtspflichten auch konkrete Ableitungen aus den abstrakten staatlichen Verfassungsbindungen entnommen werden. Demnach kann ohne weiteres auf einen Teil der anerkannten Amtspflichten als Konkretisierungsmaterial der Verfassungsprinzipien zurückgegriffen werden. b) Die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes als konkretisiertes Verfassungsrecht Um die Formulierung der Ableitungen grundgesetzlicher Verwaltungsbindungen in den Griff zu bekommen, können weiterhin bestimmte Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes Ausgangspunkt sein. In Teilen handelt es sich bei dem Verwaltungsverfahrensgesetz aus dem Jahr 1976 um eine einfachgesetzliche Kodifizierung der schon vor Erlaß des Gesetzes bestehenden Verfassungspostulate. 172 Läßt sich das allgemeine Verwaltungsrecht somit als „konkretisiertes Verfassungsrecht“ 173 begreifen, können einzelne Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes als sprachlich präzise Fassungen der hinter den Normen stehenden Verfassungsstandards aufgefaßt werden. Deshalb kann das Verfassungsrecht der öffentlichrechtlichen Verhandlungsseite auch im informellen Verwaltungsrecht Verhaltenspflichten auferlegen, die denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes gleich lauten, obwohl die Verfahrensgrundsätze lediglich für das Verfahren im engen Sinne des § 9 VwVfG eine einfachgesetzliche Kodifizierung gefunden haben. 170 So zuerst H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 106; ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 32 (S. 1167 f.); ders., in: Münchener Kommentar, BGB, §839 Rn.190; ders., in: Th. Maunz/G. Dürig u.a. (Hrsg.), GG, Art.34 Rn.18–21. Ihm folgen B.-O. Bryde, in: I. von Münch/Ph. Kunig (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 20; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (540); J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 32. Indessen kommt die „herrschende Meinung“, die auf die persönlichen Verhaltenspflichten des Amtswalters abstellt, zu keinen abweichenden Ergebnissen, wenn sie von der Dienstpflicht jedes Amtswalters ausgeht, die den Staat bindenden Rechtspflichten zu beachten, vgl. B. Grzeszick, S. 100, 144 f.; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 16 a. E.; J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 33. 171 Vgl. zu der Herleitung von Amtspflichten aus der Verfassung B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 499; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 43; H.-J. Papier, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 33 (S. 1368); ders., in: Th. Maunz/ G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 161. 172 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 29; P. Häberle, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 47 (48, 93); F. O. Kopp/U. Ramsauer, Einführung Rn.17–21; W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S.1 (40). Vgl. ferner die Amtliche Begründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 29. 173 Vgl. die bekannte Sentenz von F. Werner, DVBl. 1959, S. 527–533 passim, vom „Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfasssungsrecht“.

150

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Dieser Weg der Anwendung der Maßstäbe des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in methodologischer Hinsicht von dem der Analogie zu unterscheiden. 174 Die Rechtsgewinnung wird durch die unmittelbare Heranziehung des Verfassungsrechts insofern vereinfacht, als die für eine Analogie zu verlangende Voraussetzung der Vergleichbarkeit der jeweiligen Tatbestände des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit dem Sachverhalt informaler Konsultationen nicht zu fordern ist. Die Verallgemeinerung der Rechtsgedanken des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu unmittelbar einschlägigen Verfassungsgeboten verlangt aber eine besondere Zurückhaltung, weil die eine Analogiebildung einschränkenden Korrektive einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz und einer ähnelnden Interessenlage fehlen. Einem Vorgehen, das es bei der Extraktion von Verfassungsrechtssätzen aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz an Behutsamkeit fehlen läßt, droht die Gefahr, undifferenziert den einfachgesetzlichen Bestimmungen Verfassungsrang zuzusprechen. Dies führte contra legem zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs verschiedener vom Gesetzgeber allein für den durch § 9 VwVfG beschriebenen Verfahrenszeitabschnitt entwickelter Vorschriften. c) Die Integration der verfassungsrechtlichen Pflichten in das Verwaltungsrechtsverhältnis Zuvor verlangt aber noch die Frage nach Klärung, ob die so gewonnenen verfassungsmäßigen Bindungen des Staates überhaupt dem Haftungsregime des aufgrund der informellen Verhandlungen entstandenen Verwaltungsrechtsverhältnisses unterstellt werden können. Das Rechtsverhältnis der informalen Kontakte fußt auf dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die verfassungsrechtlichen Verpflichtungen des Staates liegen in ihrer Entstehung außerhalb der Vertrauensbeziehung und sind damit anderer Provenienz. Sie binden die Verwaltung stets und sind bereits latent in das Allgemeine Rechtsverhältnis eingestellt, aus welchem sie in die verdichtete Beziehung des Besonderen Rechtsverhältnisses hinüberzuziehen sind. 175 Bei oberflächlicher Betrachtung fahren die Pflichten des Staates, die hier zum einen als einseitig, zum anderen als beidseitig bezeichnet werden, auf zwei voneinander zu trennenden, parallelen Gleisen. Dieses Bild ist jedoch insofern unrichtig, als sich die Bindungen der Verwaltung im Verwaltungsrechtsverhältnis inhaltlich untrennbar miteinander verschränken und eine Grenzziehung zwischen den Pflichten des Allgemeinen und des Besonderen Rechtsverhältnisses nicht mehr praktikabel ist. Vielmehr erfährt die Staat-Bürger-Beziehung in ihrer Gesamtheit eine materielle Imprägnierung durch die Verfassungsgebote. Das heißt, die Verfassungsbefehle durchdringen in der Weise das Verwaltungsrechtsverhältnis, daß die behördlichen Pflichten nicht auseinander dividiert werden können, in solche, die aus Treu und Glauben zu entnehmen und der 174 Vgl. zu dem hier gewählten methodischen Vorgehen auch M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 136 f. 175 Zum Zusammenhang zwischen Allgemeinem und Besonderem Rechtsverhältnis oben § 3 I.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

151

Rechtsverhältnishaftung zu unterstellen sind, und in andere, die womöglich sogar gleichen Inhaltes sind, 176 die aber außerhalb der Vertrauensbeziehung begründet liegen und die deshalb einem anderen Staatshaftungsrecht unterliegen. 177 Die Rechtsverhältnisdogmatik überwindet die vordergründige Dichotomie von Vertrauensbindungen und von Verfassungsbindungen. Durch die integrative Wirkung des Rechtsverhältnisses, welches das „Gehäuse“ 178 für sämtliche in der Beziehung zwischen Verwaltung und Bürger vorzufindenden Berechtigungen und Verpflichtungen bildet, erfahren die staatlichen Pflichten eine Verflechtung und Verschmelzung. 179 In dieser Gemengelage sind die einzelnen Obligationen der Beteiligten einander sinnhaft zuzuordnen. Die Folge einer Verbindung der einseitigen und der beidseitigen Pflichten der öffentlichen Seite kann aber nicht in einer einfachen Addition der Treuebindungen und der Verfassungsbefehle gesucht werden. Andernfalls würde bei den informalen Verhandlungen aufgrund des Rechtsstaatsprinzips, welches ein gesetzestreues Verwaltungshandeln fordert, jeder objektive Rechtsverstoß der Behörde einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Bürger, mit dem sie in die Sonderbeziehung getreten ist, nach den Grundsätzen der Rechtsverhältnishaftung begründen können. Es gilt vielmehr, die einzelnen verfassungsrechtlichen Bindungen dahingehend zu untersuchen, wie sie im Verwaltungsrechtsverhältnis der informellen Verhandlungen wirken und ob sie mit dem Regime der hier entwickelten Rechtsverhältnishaftung vereinbar sind. Damit wird sich die Frage beantworten, inwieweit ihre Nichtbeachtung als eine Forderungsverletzung im Anbahnungsverhältnis zu ahnden ist.

176 Zur Konvergenz der einseitigen und zweiseitigen Pflichten sogleich und zusammenfassend unten § 4 II 3. 177 Auf der gleichen Linie wie hier die Ansicht, die Verstöße gegen § 25 VwVfG, welcher seinerseits eine außerhalb der Vertrauensbeziehung anzusiedelnde, einfachgesetzliche Konkretisierung von Verfassungsvorgaben bildet, wegen einer verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo sanktioniert wissen will, so H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 49; I. Heberlein, Störungen, S. 348, 356; V. Schlette, S. 428; W. Spannowsky, S. 244. Zu der verfassungsrechtlichen Radizierung des §25 VwVfG sogleich §4 II 2 b, c. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Literaturstimmen, die eine Haftung wegen culpa in contrahendo für die Fälle gesetzeswidriger, aber rechtswirksamer Verwaltungsverträge annehmen, J. Fluck, Die Erfüllung, S. 50 f. Fn. 22; Ch. Schimpf, S. 321 f. Zumindest ähnlich auch die Literaturstimmen, die für Verletzungen innerhalb verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse für die Behörde wegen ihrer Bindung an die öffentlichen Interessen einen verschärften Verschuldensmaßstab gegenüber dem Privaten anlegen, der aber in seiner Begründung und seiner Folge ebenfalls außerhalb der Sonderbeziehung festzumachen ist, vgl. dazu unten §5 I 3 a bb. 178 Dieses Bild bei W. Schmitt Glaeser, Die Position der Bürger, S. 35 (88). 179 Zu der Integrationsfunktion des Verwaltungsrechtsverhältnisses oben § 3 I 2 c.

152

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

2. Die einzelnen Verfassungsvorgaben Verfassungsvorgaben, die im informalen Rechtsverhältnis relevant werden können, stellen die Grundrechte, das Sozialstaats- sowie das Rechtsstaatsprinzip auf. a) Die Grundrechte Durch Art. 1 Abs. 3 GG ist die vollziehende Gewalt an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Diese Vorgabe gilt zwingend in jeder Verwaltungslage, so daß die Grundrechte auch im informellen Stadium zu beachten sind. Indessen begegnen dem Gedanken, sämtlichen Grundrechten des privaten Partners die schützende Sanktion der Rechtsverhältnishaftung angedeihen zu lassen, die bereits angeführten Bedenken: Die Grundrechte sind latent im Allgemeinen Rechtsverhältnis als absolute Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat vorhanden, ohne daß sie dort konkrete Rechtsfolgen zeitigen. 180 Aus dieser indifferenten Rechtsbeziehung sind die Grundrechte in das Besondere Rechtsverhältnis zu überführen, zu dem sich die Relation aufgrund des Treuegrundsatzes verdichtet. 181 Das Treueverhältnis kann aber nicht aus sich heraus die Grundrechte aktivieren, so daß diese dem Besonderen Rechtsverhältnis weiterhin nur unterschwellig eingestellt sind. Es bleibt auch bei den informellen Kontakten bei dem undifferenzierten Gebot an die öffentliche Seite, sich aller unzulässiger Eingriffe in die Grundrechte zu enthalten. Sowohl vor wie nach der Verdichtung des Rechtsverhältnisses zu einem Verwaltungsrechtsverhältnis wirken die Grundrechte des status negativus als absolute Rechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Nicht ersichtlich ist dann, warum die Grundrechte, die in beiden Phasen lediglich latent wirken, im Verhandlungsrechtsverhältnis einen besonderen haftungsrechtlichen Schutz erfahren sollten. Solch ein genereller Grundrechtsschutz ist vielmehr außerhalb der Sonderbeziehung anzusetzen. Diese Entscheidung stimmt im Ergebnis mit dem Ausschluß des Schutzes verhandlungsfremder Rechts- und Lebensgüter aus den beiderseitigen Vertrauenspflichten überein. 182 Eine pauschale Berücksichtigung der Grundrechte im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung liefe dagegen gerade auf eine überdeliktische Sicherung der absoluten Güter des Bürgers hinaus, welche im Verhältnis zum Staat grundrechtlichen Schutz genießen, so namentlich das Eigentum durch Art.14 Abs. 1 GG und die körperliche Unversehrtheit durch Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. 180 Vgl. zu der Wirkung der Grundrechte als absolute Rechte in der Staat-Bürger-Beziehung B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 187; R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 222; W. Henke, DÖV 1984, S. 1 (2 f.); ders., Recht und Staat, S. 612 f.; H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 25; L. Simons, S. 57. Vgl. ferner Ch. Gusy, DVBl. 1983, S. 1222 (1227), der die Grundrechte in ihrer Abwehrdimension als allgegenwärtige „Verbotsgesetze gegen den Staat“ einstuft. 181 Vgl. zur Identität von Allgemeinem und Besonderem Rechtsverhältnis oben § 3 I 1 vor a und zur Wirkung der Grundrechte im Allgemeinen Rechtsverhältnis oben § 3 I 2 a. 182 Vgl. oben § 4 I 2 a.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

153

Anders steht es um den Grundrechtsschutz im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung, wenn das Verwaltungsverfahren, das den informalen Verhandlungen folgen soll oder zeitgleich läuft, der Verwirklichung von Grundrechten dient. Bei der sogenannten Kontrollerlaubnis verbietet der Gesetzgeber ein an sich grundrechtlich garantiertes Vorhaben. Sinn und Zweck der Gestattungspflicht liegen in der vorherigen behördlichen Prüfung, ob die Grundrechtsausübung im Einzelfall gegen bestimmte materiell-rechtliche Bestimmungen verstößt. Verläuft diese präventive Kontrolle positiv – das heißt, ergibt sich, daß das Vorhaben mit dem materiellen Recht konform geht – dann ist die Genehmigung zu erteilen. 183 Metaphorisch ausgedrückt, bildet die vorherige Kontrolle eine Schranke, die hochgezogen wird und durch welche sich der Weg zur Grundrechtsausübung eröffnet, wenn die Überprüfung vor der Sperre zu keinen Einwänden führt. 184 Für den durch die Erlaubnis gezeichneten Bereich wirkt die Genehmigung so, als wenn das der administrativen Kontrolle dienende, gesetzgeberische Verbot nicht erlassen wäre. 185 Nimmt man das Immissionsschutzrecht, so besteht dort aufgrund der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG für einen privaten Anlagenbetreiber grundsätzlich das Recht auf einen ungestörten Betrieb einer Industrieanlage. Sofern der Betreiber zugleich Eigentümer der Anlage ist, wirkt auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. 186 Diese Grundrechtspositionen werden durch den im Bundesimmissionsschutzgesetz vorgegebenen materiell-rechtlichen Rahmen in ihrer Ausübung beschränkt. Ergibt die ordnungsbehördliche Kontrolle, daß die gesetzlichen Vorschriften der Unternehmung nicht entgegenstehen, resultiert aus den Grundrechten als Abwehrrechten ein subjektives öffentliches Recht des Privaten auf den Betrieb der Anlage. 187 Ein rechtswidriger Eingriff in eine Grundrechtsposition liegt deshalb vor, wenn die Erlaubnis nach § 4 BImSchG, die den Betrieb erst ermöglicht, im Rahmen der vorbeugenden Verwaltungskontrolle zu Unrecht versagt wird. 188 Verhandlungsspielraum besitzt die Verwaltung im informalen Aushandlungsprozeß nur, wenn sie nicht schon von vornherein auf eine einzige richtige Entscheidung festgelegt ist, wenn sie also nicht durch 183 Der Begriff der Kontrollerlaubnis bei H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51–53. Vgl. ferner D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 36; Ch. Gusy, JA 1981, S. 80 (81); F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 14; G. F. Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 65 (105); J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, S. 117–124. 184 Das Bild der Schranke bringt zuerst E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 1, S. 698, und später auch E.-W. Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 323; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51. 185 E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 1, S. 698. 186 Dabei bildet die Genehmigungspflicht bezüglich Art. 12 Abs. 1 GG einen Eingriff in das Abwehrrecht, bezüglich Art. 14 Abs. 1 GG eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, vgl. B. Pieroth/B. Schlink, Rn. 62; P. Rombach, S. 48 f. 187 Hierzu etwa BVerfGE 8, S. 71 (76); 18, S. 353 (364); 20, S. 150 (155); 50, S. 150 (155); 80, S. 137 (161); H. P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 547. 188 Zum Grundrechtseingriff durch eine Erlaubnisverweigerung W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 47 Rn. 19. Vgl. auch H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 53; J. P. Schmidt, S. 96 f.; vgl. ferner BGH, NVwZ 2001, S. 1193 (1194).

154

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Gesetze oder Grundrechte gebunden ist. Bei der Genehmigungserteilung nach §§ 4, 6 BImSchG hat die Behörde beispielsweise einen Ermessensspielraum, ob sie die Genehmigung mit Nebenbestimmungen nach § 12 BImSchG ausgestaltet. 189 Verschiedentlich wird den Grundrechten ein „Beschleunigungsgebot“ entnommen: Um eine rasche Realisierung der Grundrechtsbetätigung sicherzustellen, sei die Behörde zu einer Steigerung der Bearbeitungsgeschwindigkeit im Genehmigungsverfahren angehalten. 190 Konsequenterweise müsste ein solches Beschleunigungsgebot auch für die informale Verwaltungsphase gelten, die einem grundrechtsverwirklichendem Verwaltungsverfahren vorgelagert ist. Der Umfang der Pflicht wäre kaum umschreibbar. Der Begriff der Verfahrensbeschleunigung bedeutet sprachlich nicht nur die Beachtung bestimmter zeitlicher Standards, sondern eine stete Erhöhung der Geschwindigkeit, also ein Schnellermachen des Verwaltungsprozesses. Die Annahme eines Beschleunigungsgebotes hieße letztlich, daß ein nach heutigem Verständnis „normaler“ Verwaltungsgang, dem ein besonderes aktives zeitliches Vorantreiben seitens der Behörde fehlt, grundrechtswidrig wäre. 191 Dem Zeitaspekt grundrechtsverwirklichender Verwaltungsverfahren ist besser mit dem allgemein anerkannten Verbot grundloser Verzögerungen beizukommen als mit einem Beschleunigungsgebot. 192 Da durch die Dauer der informalen Verhandlungen die Grundrechtsausübung des privaten Akteurs tangiert wird, hält das Verzögerungsverbot bereits im informalen Stadium die öffentliche Seite an, die Kooperation nicht unverhältnismäßig zeitlich zu strecken. Dieser grundrechtlich radizierte Verfassungssatz ist für die öffentliche Seite nicht sinnvoll von dem aus dem Treuegrundsatz resultierenden Verbot der Verhandlungsverzögerung zu trennen. 193 In dieser Gemengelage können die Grundrechte, um deren Entfaltung sich die informalen Verhandlungen drehen, sehr wohl auf das zu dieser Zeit bestehende Verwaltungsrechtsverhältnis einwirken. Demnach wird die Grundrechtsbindung der Verwaltung auch im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung Berücksichtigung finden. 189 Zu den Entscheidungsspielräumen im Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz schon oben § 4 I 2 b cc. 190 Vgl. M. Bullinger, Beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren, S. 127 (131); Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (10); R. Stober, Rückzug, S. 69 f. 191 Im Strafprozeßrecht – einem ganz anderen Teil des Öffentlichen Rechts – existiert dagegen ein grundrechtliches Beschleunigungsgebot, wenn die Staatsanwaltschaft gehalten ist, Haftsachen mit größtmöglicher Beschleunigung zu betreiben. Hier wird schließlich einschneidend in die durch Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG und Art. 104 GG gewährte Freiheit des Inhaftierten eingegriffen, vgl. BVerfGE 36, S. 264 (270 f.); 53, S. 152 (158 f.); NJW 2002, S. 207 f.; B. Pieroth/ B. Schlink, Rn. 426. 192 Vgl. BVerfG, NJW 1992, S. 2472 (2473); Ch. Gusy, JA 1981, S. 80 (84); F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 58; ders., NJW 1982, S. 2160 (2168 f.); H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S. 47 (61); P. Rombach, S. 49 f.; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 70 Rn. 17 (S. 636); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 55. 193 Zu diesem oben § 4 I 2 c.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

155

Um den Bürger überhaupt in die Lage zu versetzen, seine Grundrechte wahrzunehmen, liegt es nahe, der Verwaltung gewisse Betreuungspflichten aufzugeben. 194 Angesichts der bereits heute auszumachenden und noch immer zunehmenden Unüberschaubarkeit des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts ist ein grundrechtlich motiviertes Bedürfnis nach behördlichen Beratungs- und Auskunftspflichten zu konstatieren. Auch in dieser Hinsicht beeinflußt das Verfassungsrecht das Verfahrensrecht, soweit das Verfahren für einen effektiven Grundrechtsschutz bzw. für eine Grundrechtsverwirklichung von Bedeutung ist. Da es bei den Verhandlungen auf dem hier beleuchteten Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts regelmäßig um die Rechte des privaten Kooperationspartners aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG geht, wirken diese Grundrechte zu Gunsten des Bürgers bei der Vorbereitung der Verwaltungsentscheidung. Die Grundrechte gebieten der Behörde, den Bürger über solche ihm unbekannte Umstände zu unterrichten, deren Nichtbeachtung zu einer negativen Beeinträchtigung der Grundrechtspositionen führen kann. Der Bürger ist deshalb auf die rechtlichen Konsequenzen seines Verhaltens hinzuweisen, wenn die Rechtsfolgen sich auf seine Grundrechtspositionen nachteilig auswirken können. Diese in den Grundrechten verwurzelte Aufklärungspflicht greift dann, wenn der Bürger nicht um die negativen Folgen seines Tuns weiß, diese Unwissenheit aber der Behörde erkennbar ist. 195 Die grundrechtlich gebotene Aufklärung bezieht sich somit bei der informalen Kooperation auf rechtliche Gesichtspunkte, die dem Bürger unbekannt sind, deren Kenntnis aber für sein Verhandlungsverhalten von Bedeutung sein können. Letztlich decken sich diese grundrechtsbewehrten Informationsgebote wiederum mit den aus Treu und Glauben abzuleitenden Pflichten. Beide Arten der Aufklärungspflichten zielen für den Bereich der informellen Kooperation darauf ab, ein Verhandlungsergebnis herbeizuführen, das den berechtigten Belangen des Bürgers Rechnung trägt. Aufgrund dieser wie aufgrund jener Verpflichtung ist die Behörde gehalten, den schlechter informierten Bürger im Vorfeld darüber in Kenntnis zu setzen, zu welchen Zugeständnissen er rechtlich verpflichtet ist und welche er freiwillig erbringen kann. 196 Wenn die Verwaltung wegen ihrer Verpflichtung aus Treu und Glauben angehalten ist, dem Bürger während der informellen Kooperation mitzuteilen, welche gesetzlichen Anforderungen in formeller und materieller Hinsicht an die Rechtmäßigkeit und Rechtswirksamkeit von Vereinbarungen gestellt sind, 197 gebietet das grundrechtlich verankerte Aufklärungsgebotes nichts anderes. Die unterschiedlich begründeten Aufklärungspflichten bringt ihre materielle Identität in einen engen Zusammenhang miteinander. Das inhaltliche Zusammenfal194 BVerfGE 52, S. 380 (389 f.); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 17; Ch. Gusy, JA 1981, S. 80 (81); F. Hufen, NJW 1982, S. 2160 (2163); ders., Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 209 f.; V. Schlette, S. 418 Fn. 38; R. Stober, Rückzug, S. 72. Auf dieser Linie auch J. Oebbecke, DVBl. 1994, S. 147 (151, 153). 195 BVerfGE 52, 380 (389 f.); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 17; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 31. 196 Dazu oben § 4 I 2 e, 3. 197 Siehe oben § 4 I 2 d insbes. dd für Verwaltungsvertrag.

156

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

len schließt eine logische Trennbarkeit der Verpflichtungen aus und verbietet eine unterschiedliche Behandlung auf der haftungsrechtlichen Sekundärebene. Auch in Form der Aufklärungspflichten sind die Grundrechtspflichten deshalb dem Regime der Rechtsverhältnishaftung zu unterstellen. Wegen der Kongruenz der Aufklärungsverpflichtungen folgt aus der Einbeziehung der Grundrechtswirkungen in die Rechtsverhältnishaftung indes keine qualitative Ausweitung der Einstandpflicht des Staates. b) Das Sozialstaatsprinzip Das in Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG niedergelegte Sozialstaatsprinzip gebietet es, den sozial Schwachen im Zugang zu ihrem Recht beizustehen. 198 Der Kreis der Bürger, denen Beistand zu leisten ist, läßt sich um die erkennbar Rechtsunkundigen und in vergleichbarer Weise Benachteiligte erweitern. 199 Spezifische öffentlich-rechtliche Bindungen in Form von Auskunfts- und Belehrungspflichten können aus diesem Verfassungsprinzip gefolgert werden. 200 Für das Verwaltungsverfahren ist die Verpflichtung, den Bürger bei der Verwirklichung seiner Rechte zu unterstützen, in § 25 VwVfG ausdrücklich positivrechtlich gefaßt. 201 Diese Vorschrift gibt eine Aufklärungs- und Belehrungspflicht besonders gegenüber den rechts- und behördenunkundigen Beteiligten vor, und zwar sowohl auf tatsächlichem als auch auf rechtlichem Gebiet. 202 Hiermit korrespondiert als haftungsrechtliches Pendant eine Amtspflicht gegenüber dem Verwaltungsadressaten, 203 denn ein Beamter ist „nicht nur Vollstrecker staatlichen Willens und nicht nur Diener des Staates, 198 BGH, NJW 1965, S. 1226 (1227); K.-J. Bieback, DVBl. 1983, S. 159 (167); H. Hill, DÖV 1988, S. 666 (669); F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 207; P. Stelkens/ H. Schmitz; in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 47. 199 H.-W. Laubinger, in: Festschrift Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, S. 439 (455). 200 BGH, NJW 1965, S. 1226 (1227); D. Gorny, ZLR 1993, S. 283 (293); H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 206; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 211; H.-W. Laubinger, in: Festschrift Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, S.439 (451, 457); ders., Der Verfahrensgedanke, S. 47 (60); G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (298); F. Ossenbühl, NVwZ 1982, S. 465 (467); W. Spannowsky, S. 245. 201 Siehe die Amtliche Begründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 49, zu § 21 der Entwurfsfassung. Vgl. ferner K.-J. Bieback, DVBl. 1983, S. 159 (167); C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (446 f.); P. Häberle, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 47 (59, 64 f.); H. Jäde, BayVBl. 1988, S. 264 (265); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 43 II 4 d (S. 371); J. Oebbecke, DVBl. 1994, S. 147 (151); W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 1 (42); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 74 (84). 202 P. Badura, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 37 Rn. 24; H. Borgs-Maciejewski, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, § 25 VwVfG Rn. 11, 13 f.; V. Schlette, S. 418. 203 P. Badura, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 37 Rn. 25; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 232, 580; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 24 Rn. 38; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 23; J. Ziekow, DVBl. 1998, S. 1101 (1108).

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

157

sondern zugleich soll er Helfer des Bürgers sein.“ 204 Bei den Verhandlungen zwischen Bürger und Verwaltung auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts mag nun eine derartige Schutzbedürftigkeit des Investors oder Betreibers und eine Angewiesenheit auf behördliche Auskünfte eher rar sein. Auf seiten des Privaten sind in der Regel – und wenigstens bei größeren Vorhaben – qualifizierte Fachanwälte für Verwaltungsrecht eingeschaltet. 205 Daß wegen des Sozialstaatsprinzips der Verwaltung besondere Schutzpflichten im Sinne von Auskunftspflichten gegenüber dem informellen Kooperationspartner obliegen, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Die sozialstaatlich bedingten Aufklärungs- und Hinweispflichten zielen darauf ab, Informationsdefizite bei dem Bürger abzubauen, die ihn bei der Verwirklichung seiner Rechte hindern. Solche Informationsmängel werden auf dem hier interessierenden Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts regelmäßig im rechtlichen Bereich bestehen. Insofern führt der Grundsatz der Sozialstaatlichkeit in diesem Verwaltungsbereich, in dem es um die Verwirklichung von Grundrechten geht, zu denselben Ergebnissen wie die bereits beschriebenen grundrechtlich radizierten Beratungspflichten. 206 Dabei gehen beide verfassungsrechtliche Informationspflichten auch nicht über das hinaus, was während der informalen Verhandlungen von der Behörde durch das Gebot von Treu und Glauben an Aufklärung verlangt wird. Da die dem Sozialstaatsprinzip zu entnehmenden Aufklärungspflichten kongruent mit den aus Treu und Glauben abgeleiteten sind, sind sie mit der gleichen Argumentation, die schon für die grundrechtlichen Informationsverpflichtungen galt, der Rechtsverhältnishaftung zu unterstellen. Wie die grundrechtlichen Obligationen führen sie aber im Ergebnis zu keiner Ausweitung der Staatshaftung. c) Das Rechtsstaatsprinzip Mannigfaltige Direktiven für das Verwaltungshandeln werden dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit entnommen. Dieses Prinzip wird ausdrücklich zwar nur in Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG genannt, es ist aber auch den Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG durch die Bindung der drei Gewalten an die Grundrechte, an die Verfassung sowie an Gesetz und Recht immanent. 207 Zur Vereinfachung der Konkretisierungsarbeit werden im folgenden die rechtsstaatlichen Ableitungen in die Komponenten des Le204 BGH, NJW 1965, S. 1226 (1227); im Wortlaut beinahe übereinstimmend BGHZ 15, S. 305 (312); NJW 1985, S.1335 (1337). Siehe auch H.-W. Laubinger, Der Verfahrensgedanke, S. 47 (60); A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (207). 205 M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (278); ders., Umweltschutz, S. 147 (153); N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 219; V. Schlette, S. 420. Vgl. auch St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 74, 84 f. 206 Zu diesen zuvor § 4 II 2 a. 207 Vgl. BVerfGE 2, S. 380 (403); 45, S. 187 (246); R. Herzog, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 20 VII Rn. 32; H. Maurer, Staatsrecht I, § 8 Rn. 1 f.; M. Sachs, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 20 Rn. 75; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 38.

158

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

galitätsprinzips (sub aa) sowie des Transparenzgebotes und des Vertrauensschutzes (sub bb) gebündelt. aa) Das Legalitätsprinzip Der Gesetzmäßigkeitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 GG hält die Verwaltung an, nur im Rahmen der normativen Bestimmungen zu handeln. Es ist der Behörde verboten, rechtswidrige Maßnahmen vorzunehmen, und daher ist es der öffentlich-rechtlichen Verhandlungsseite auch untersagt, widerrechtliche Vereinbarungen herbeizuführen. Pflichtwidrig gegen den Bürger handelt eine Behörde, die eine Vereinbarung unter einem Gesetzesverstoß herbeiführt und hierdurch den Privaten benachteiligt. 208 Der konsentierte Verwaltungsakt und der Verwaltungsvertrag sind rechtswidrig, wenn sie nicht in formeller und/oder materieller Hinsicht mit dem Recht im Einklang stehen. Zur Kontrolle, ob die Verwaltung bei Abschluß einer informellen Absprache ihre gesetzlichen Handlungsspielräume eingehalten hat, kann darauf abgestellt werden, ob die Abrede in einen Verwaltungsakt übersetzt zu einer rechtswidrigen Genehmigung oder einem rechtswidrigen Zustand führen würde.209 Im Ergebnis sind bei der Absprache dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei dem Erlaß eines Verwaltungsaktes. Die Rechtswidrigkeit des Verhandlungsproduktes kann daraus resultieren, daß es für die Vereinbarung an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt oder daß die verwaltungsrechtliche Entscheidung ermessensfehlerhaft ist. Die Ermessensrichtschnur des § 40 VwVfG, die ihrerseits als Folgerung eines allgemeinen rechtsstaatlichen und damit handlungsformunabhängigen Verfassungsgrundsatzes zu verstehen ist, 210 steckt die Grenzen für den Kompromiß ab. Für die hier interessierenden austauschförmigen Abmachungen zwischen Bürger und Verwaltung, in die der informale Aushandlungsprozeß mündet, hat das Verhältnis von Leistungen der Verwaltung und Gegenleistungen des Privaten den vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen einzuhalten. Ermessensfehlerhaft und rechtswidrig ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten die Koppelung sachlich nicht in Zusammenhang stehender Leistungen der Verwaltung mit Gegenleistungen des Privaten. 211 Für den verwaltungsrechtlichen Austauschvertrag ist dies bereits durch § 56 VwVfG vorgezeichnet; 212 für Verwaltungsakte wird die Unzulässigkeit der Leistungsverbindung durch § 36 VwVfG ein208 Ebenso unter dem Gesichtspunkt einer öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 474. 209 J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (234); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 15 Rn. 21; D. Song, S. 116. 210 F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 40 Rn. 3; H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 40 Rn. 3; J. Punke, S. 72 f.; M. Sachs, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40 Rn. 4, 47. 211 Zum Koppelungsverbot als Amtspflicht im Sinne des §839 BGB i.V. m. Art.34 GG BGH, NJW 1979, S. 642 (643); A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (16). 212 Zum Verständnis des § 56 VwVfG als handlungsformbezogener Ausdruck eines allgemeinen Koppelungsverbotes bereits oben § 4 I 2 e aa.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

159

fachgesetzlich beschrieben. 213 Es gilt darüber hinaus aber auch für die konsentierten Verwaltungsakte das allgemeine rechtstaatliche Koppelungsverbot, das Nebenbestimmungen verbietet, die in keiner sachlichen Verbindung mit dem Regelungsgegenstand des Verwaltungsaktes stehen. 214 Für die durch informale Absprachen geregelten Leistungsbeziehungen kann das Koppelungsverbot ebenfalls direkt dem Rechtsstaatsprinzip entnommen werden. 215 Der verwaltungsseitigen Verpflichtung auf eine gesetzestreue Ausübung ihrer Aufgaben läßt sich auch zwanglos die öffentliche Pflicht zu einer zutreffenden Belehrung des Bürgers und zu einer Unterlassung von Verzögerungen des informalen Verhandlungsprozesses zuordnen. Um die Verwirklichung der Rechtsordnung sicherzustellen, wird dem Rechtsstaatsprinzip eine behördliche Verpflichtung zur Betreuung und Beratung des Bürgers entnommen. 216 Denn das materielle Recht wäre weitgehend entwertet, wenn dem Berechtigten zwar die formal-rechtliche, nicht aber die tatsächliche Möglichkeit eröffnet würde, es wahrzunehmen. 217 Auch als Ausdruck dieses ungeschriebenen Verfassungssatzes hat der Gesetzgeber die Belehrungspflicht nach § 25 VwVfG für das Verwaltungsverfahren formuliert. 218 Grundsätzlich keiner Belehrung bedarf es aber über solche Umstände, die in den Verantwortungskreis des Bürgers fallen und die der Private somit in seinem eigenen Bereich eruieren kann. 219 Allerdings wird man, auch wenn die fraglichen Umstände aus der privaten Sphäre resultieren, aus rechtsstaatlichen Gründen annehmen können, daß ein Amtsträger „nicht sehenden Auges zulassen [darf], daß der bei ihm vorsprechende Bürger einen Schaden erleidet, den der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung zu vermeiden in der Lage ist.“ 220 Insoweit decken sich auch die rechtsstaatlichen Belehrungspflichten mit den aus Treu und Glauben zu entnehmenden Pflichten, die sich J. Pietzcker, AöR 107 (1982), S. 61 (91 f.). F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 106; P. Stelkens, in: ders./H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 36 Rn. 80. 215 Dazu oben § 4 I 2 e aa. 216 K.-J. Bieback, DVBl. 1983, S. 159 (167); H. Borgs-Maciejewski, in: H. Meyer/H. BorgsMaciejewski, VwVfG, § 25 Rn. 1. 217 H.-W. Laubinger, Festschrift Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, S. 439 (449). 218 Siehe die Amtliche Begründung zum VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 49, zu § 21 der Entwurfsfassung. Vgl. auch H. Borgs-Maciejewski, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 25 Rn. 2; W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, §25 Rn. 3; P. Häberle, in: Festschrift Boorberg Verlag, S.47 (58 f.); F. Mayer/F.O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, §43II4 d (S.371); W. Schmitt Glaeser, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 1 (41); P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 60, 82. 219 Vgl. BGHZ 45, S. 23 (29); NJW 1979, S. 1043 (1045); A. Jochum, NVwZ 1987, S. 460 (461); A. Peters, Verw. 35 (2002), S. 177 (221); P. Stelkens/D. Kallerhoff, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 25 Rn. 20. 220 BGH, NJW 1965, S. 1226 (1227). Vgl. auch BGH, DVBl. 1960, S. 520 (521). Zur Amtspflicht, Auskünfte „richtig, klar, unmißverständlich und vollständig“ zu geben BGHZ 117, S. 83 (87 f.); NJW 1994, S. 2087 (2090); NVwZ 2002, S. 373 (374). 213 214

160

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

ebenfalls grundsätzlich nicht auf Gefährdungen beziehen, die aus der fremden Risikosphäre stammen, sich aber auch aus überlegenem Wissen bei erkennbarer Unkenntnis des Gegenübers ergeben können. 221 Weiterhin gibt das Rechtsstaatsprinzip der Verwaltung auf, die sie bindenden Gesetzesaufträge auch tatsächlich auszuführen. Um eine wirksame Durchsetzung des Rechts zu gewährleisten, ist die exekutive Entschlußfindung in der gebotenen Zeit sicherzustellen. 222 Das Gebot rechtzeitigen Handelns hat neuerdings eine ausdrückliche (bundes-)gesetzliche Formulierung in § 10 S. 2 VwVfG erhalten, wonach das Verwaltungsverfahren „einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen“ ist. 223 Für die Genehmigungsverfahren ist das Gebot der „Zügigkeit“ in § 71 b VwVfG aufgenommen. 224 Dem allgemeinen rechtsstaatlichen Verfahrensziel der Effizienz eignet eine ambivalente Konzeption: Einerseits beinhaltet es die Forderung nach einer „leistungsfähigen, schlagkräftigen und wirksamen staatlichen Exekutive“ 225. Es zwingt die Verwaltung zu einem ökonomischen Umgang mit ihren Ressourcen und somit zu einer raschen und rationellen staatlichen Entscheidungsfindung. 226 Aus dieser rein objektiven Maxime kann der einzelne Bürger freilich keinen Nutzen ziehen, so daß das Effizienzprinzip für ihn in dieser Hinsicht ins Leere geht. Auf der anderen Seite kann das Gebot der Verwaltungseffizienz auf das Verwaltungsrechtsverhältnis einwirken, wenn es um die Realisierung subjektiver Rechtspositionen des Bürgers geht. Denn dann ist die Gewährung des in Frage stehenden Rechtes des Bürgers gefordert. 227 Deshalb trifft in einem Rechtsstaat jede Behörde nicht nur die Pflicht zur sachgerechten Entscheidung, sondern auch die Pflicht, Verfahren in angemessener 221 Zu den aus Treu und Glauben entwickelten Aufklärungspflichten in diesem Zusammenhang oben § 4 I 2 d aa. 222 BGHZ 30, S. 19 (26); H. J. Bonk, NVwZ 1997, S. 320 (322); M. Bullinger, JZ 1991, S. 53 (54); F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 69 f., 104 f.; F. Ossenbühl, NVwZ 1982, S. 465 (467); J. P. Schmidt, S. 3; H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 91. Vgl. ferner BVerwG, NJW 1984, S. 188 (189), welches das Prinzip der Verwaltungseffizienz Art. 20 Abs. 3 und Art. 83 ff. GG entnimmt. 223 Vgl. hierzu H. J. Bonk, NVwZ 1997, S. 320 (327); W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, vor § 9 Rn. 19, § 10 Rn. 7; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 10 Rn. 2 f.; J. P. Schmidt, S. 1 f.; J. Ziekow, DVBl. 1998, S. 1101–1106. 224 Dabei sind die §§71 a bis 71 e VwVfG gesetzessystematisch als eine Konkretisierung des allgemeinen Zügigkeitsgebotes des § 10 S. 2 VwVfG zu verstehen, vgl. H. J. Bonk, NVwZ 1997, S. 320 (327); F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 369 a; J. Ziekow, DVBl. 1998, S. 1101 (1106). 225 F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 200. 226 F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 56; K. Obermayer, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 111 (115); A. Peters, DÖV 2001, S. 749 (754); R. Schmidt, Flexibilität, S. 67 (86–88); P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 76, 79 f. Vgl. ferner zu dem objektiven Aspekt der Wirtschaftlichkeit von Verwaltungshandeln, dessen Kontrolle in erster Linie den Rechnungshöfen obliegt, J. Wieland, DVBl. 1995, S. 894–904 passim, insbes. S. 895. 227 Vgl. F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 57; Ph. Kunig/S. Rublack, Jura 1990, S. 1 (10); P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 80.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

161

Frist abzuschließen. 228 Wenn es in dem Verfahren um die Verwirklichung eines Grundrechts geht, kann dieses Zügigkeitsgebot ergänzend mit der Wirkung des betroffenen Grundrechts im status negativus begründet werden. 229 Nichts anderes gilt für die informalen Verhandlungen vor der Antragstellung und vor dem eigentlichen Genehmigungsverfahren. Damit eine rasche Verwirklichung der subjektiven Rechte des Privaten garantiert ist, hat die Behörde auch in dieser Verwaltungslage Sorge zu tragen, daß sich das informelle Kooperieren nicht unverhältnismäßig verzögert. Demnach läßt sich auch dem Rechtsstaatsgebot die Pflicht zu einer zügigen informalen Verhandlungsführung – oder negativ gewendet: das Verbot einer dilatorischen Verhandlungsführung 230 – entnehmen. Auch diese Verpflichtung entspricht dem, was sich an Anforderungen an das verwaltungsseitige Verhandlungsgebahren aus Treu und Glauben ergibt.

bb) Vorhersehbarkeit und Vertrauensschutz Weitere rechtsstaatlich radizierte Grundsätze, die auf das Rechtsverhältnis des informellen Verwaltungshandelns einwirken, sind das Gebot der Vorhersehbarkeit der Verwaltungsentscheidung und der Vertrauensschutz. (1) Zur Rechtsstaatlichkeit gehört das Transparenzgebot. Dieses schreibt der Verwaltung vor, dem Bürger eine Vorhersehbarkeit ihres Handelns zu vermitteln. 231 Das heißt, für den Adressaten muß die konkrete Behördenentscheidung bereits in ihrem Vorfeld berechenbar sein. Dieser Grundsatz gilt, sobald die Verwaltung gegenüber dem Bürger in greifbarer Form auftritt, also schon für die informellen Vorabstim228 BGHZ 30, S.19 (26); MDR 1964, S.300; M. Bullinger, JZ 1991, S.53 (54); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49; P. Rombach, S. 46, 144 f. Eine verwaltungsprozessuale Folge dieser behördlichen Pflicht zu einer raschen Entscheidung ist die Untätigkeitsklage gem. §75 VwGO, vgl. zu diesen Zusammenhängen BGHZ 30, S. 19 (26); H. J. Bonk, NVwZ 1997, S. 320 (323); F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 58; F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 112; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 75 Rn. 8. 229 Vgl. dazu bereits § 4 II 2 a und B. Pieroth/B. Schlink, Rn. 62. 230 Zu der entsprechenden Amtspflicht, Verfahren nicht zu verzögern, BGHZ 15, S. 305 (311 f.); 30, S. 19 (26 f.); MDR 1964, S. 300; NVwZ 1993, S. 299; NVwZ 1994, S. 405 (406 f.); OLG Düsseldorf, VersR 1991, S. 1057; H. J. Bonk, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 67; ders., NVwZ 2001, S. 636 (639); K.-P. Dolde/M. Uechtritz, DVBl. 1987, S. 446 (453); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 214; A. Teichmann, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 9. 231 H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 204; F. Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, Rn. 52, 211; M. Kloepfer, Rechtsstaatliche Probleme, S. 241 (246); F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 131–133; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 8 III 1 (S. 131), § 30 II (S. 294–296); R. Schmidt, Flexibilität, S. 67 (103); E. SchmidtAßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.3, §70 Rn.14 (S.634); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S.57. Generell zur Transparenz als Gebot allen staatlichen Handelns BVerfGE 7, S. 89 (92 f.); 13, S. 261 (271); BVerwGE 10, S. 282 (288); OVG Lüneburg, bei Ch.-F. Menger, VerwArch 55 (1964), S. 73 (77); K. Hesse, Grundzüge, Rn. 190.

11 Kellner

162

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

mungen zwischen Behörde und Bürger. 232 An sich wird dem Transparenzprinzip durch die kooperativen Kontakte zwischen öffentlicher und privater Seite Vorschub geleistet, da die Zusammenarbeit einen Informationsaustausch begünstigt. Aus Gründen der Vorhersehbarkeit darf die Verwaltung bei den informalen Verhandlungen keine „Geheimpolitik“ betreiben und den Bürger nicht über ihre wahren Absichten im Unklaren lassen und ihn etwa durch einen unvermittelten Abbruch der Kooperation vor vollendete Tatsachen stellen. 233 Um den Anforderungen des rechtsstaatlichen Einsichtigkeitsprinzips zu genügen, muß dem verhandelnden Bürger das bevorstehende Verwaltungsvorgehen vorhersehbar und kalkulierbar sein. Mit dem Verbot, einen falschen Eindruck über die behördlichen Verhandlungsabsichten zu vermitteln, geht die rechtsstaatliche Transparenz für den hier behandelten Bereich informeller Kooperation nicht über das hinaus, was an Verhandlungsredlichkeit aufgrund des allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben geschuldet wird. 234 (2) In diesen Kontext fügt sich der Verfassungsgrundsatz des Vertrauensschutzes ein. Obwohl über die genaue verfassungsrechtliche Grundlage des Prinzips noch immer Unklarheit herrscht, 235 sollte es außer Zweifel stehen, daß der Verwaltung in einem Rechtsstaat Verläßlichkeit aufgegeben ist. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz kann der Behörde im Einzelfall auf der Primärebene Handlungspflichten aufgeben, insbesondere ihre Ermessensentscheidungen lenken. 236 Als Amtspflicht formuliert, trifft alle Beamten „die Pflicht, eine in bestimmte Weise geplante und begonnene Maßnahme auch entsprechend durchzuführen und sich nicht zu dem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch zu setzen, wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen der Betroffenen es gebietet, das von diesen in den Bestand der Maßnahme gesetzte Vertrauen zu schützen. [...] Mit anderen Worten ist die Behörde 232 St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 58. Vgl. ferner H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (275). 233 Zu den denkbaren Formen eines verwaltungsseitigen Verhandlungsabbruchs oben § 4 I 2 vor a. 234 Oben § 4 I 2 b dd, c. 235 Für eine Ableitung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben BVerwGE 8, S. 261 (269); 40, S. 147 (150); W. Frotscher, DVBl. 1976, S. 281 (288). Für eine Ableitung des Vertrauensschutzes aus dem Rechtsstaatsprinzip BVerfGE 59, S. 128 (167); BVerwGE 11, S. 136 (137); 13, S. 28 (32 f.); D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, §4 Rn. 24; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrecht, Bd. 3, § 60 Rn. 115 (S. 277); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 17; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn.35 (S.1369); B. Pieroth, JZ 1984, S.971 (972); V. Schlette, S. 101 f. Zu weiteren Herleitungsansätzen vgl. mit Nachweisen H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S.13–31; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.3, § 60 Rn. 71 f. (S. 251 f.); G. Püttner, VVDStRL 32 (1974), S. 200 (201 f.); R. Schmidt, Flexibilität, S. 67 (105); ausführlich und kritisch K.-A. Schwarz, S. 134–257. 236 H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S.50. Zum Vertrauenstatbestand der Duldung rechtswidrigen Verhaltens vgl. etwa G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 52 f.; A. Randelzhofer/D. Wilke, S. 79 f.; M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 153 f.

II. Die Bindungen der öffentlichen Verhandlungspartei

163

insoweit zu einem ‚konsequenten Verhalten‘ verpflichtet“ 237. Allerdings darf es der Verwaltung nicht generell verwehrt sein, von einer einmal in Aussicht gestellten Vorgehensweise abzurücken. 238 Die strikte Bindung der Verwaltung an bestimmte, in der Vergangenheit gesetzte Vertrauenstatbestände führte im mehrpoligen Rechtsverhältnis zur einseitigen Ausblendung betroffener Drittinteressen. 239 Mit Rücksicht auf das von der Verwaltung zu verfolgende öffentliche Interesse ist der rechtsstaatliche fundierte Vertrauensschutz vielmehr so zu verstehen, daß es der Behörde untersagt ist, bei dem Bürger ein unberechtigtes Vertrauen zu wecken oder zu nähren und den Bürger hierdurch zu – unbewußt selbstschädigenden – Vertrauensbetätigungen zu veranlassen. 240 Auch dem Treueprinzip ist als Schutzpflicht, nicht als Leistungspflicht, das Verbot zu entnehmen, die eigenen Verhandlungsabsichten durch unterlassene Aufklärung oder durch positive Fehlinformation unzutreffend zu vermitteln. 241 Der Aktionsbereich des so verstandenen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes reicht für die untersuchten Verhandlungskonstellationen nicht weiter, als der auf Verhandlungskonsistenz gerichtete Vertrauensschutz, den der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben im informellen Verwaltungsrechtsverhältnis zugunsten des Privaten aufstellt.

3. Folgerungen Bei den spezifischen Bindungen der öffentlich-rechtlichen Seite während der informalen Verhandlungen stehen die behördlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten sowie das Gebot, die Kooperation nicht unverhältnismäßig zu verzögern, und das Verbot von Überraschungsentscheidungen obenan. 237 BGH, NJW 1960, S. 2334. Vgl. zur Amtspflicht zu einem konsequenten Verhalten ferner BGH, NVwZ 1986, S. 245 (246); A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (20); H. J. Bonk, in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 67; K. Küchenhoff/J. Hecker, in: Erman, BGB, § 839 Rn. 49; H. Maurer; in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrecht, Bd. 3, § 60 Rn. 99 a. E. (S. 268); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 49 f.; ders., in: Festgabe BGH, S. 887 (894); H.-J. Papier; in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 35 a. E. (S. 1369); ders., in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 217; D. H. Scheuing, VVDStRL 40 (1982), S. 153 (164); M. Weber, AcP 192 (1992), S. 390 (395 Fn. 16). Zum Vertrauensschutz in den informellen Verwaltungslagen U. Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 328 f.; J. Wieland, ZUR 2001, S. 20 (22 f.). 238 So aber im Ergebnis U. Di Fabio, Der Ausstieg, S. 42; ders., Das Kooperationsprinzip, S. 37 (51). 239 Dazu die parallele Argumentation zu dem aus Treu und Glauben abzuleitenden Vertrauensschutz oben § 4 I 2 b cc. 240 Und zwar gilt der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht nur innerhalb einer Sonderbeziehung, sondern stets im Verhältnis von Staat und Bürger. Die Begründung des Vertrauensgrundsatzes mittels des Prinzips von Treu und Glauben (vgl. die voraufgegangene Fn. 235) ist zu eng und letztlich verfehlt, da Treu und Glauben auch im Öffentlichen Recht gewisse ungeschriebene Anwendungsvoraussetzungen fordern, vgl. dazu oben § 3 II 1 b. 241 Zu dessen Reichweite oben § 4 I 2 b dd.

11*

164

§ 4 Das Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen

Damit kristallisiert sich heraus, daß die einseitigen Bindungen der Verwaltung bei den informalen Verhandlungen mit den bilateralen Verpflichtungen, die dem Treuund-Glauben-Grundsatz zu entnehmen sind und aus der überlegenen Rechtskenntnis resultieren, zusammenfallen. 242 Diese Konvergenz führt dazu, daß die primären Pflichten, die sich aus dem Treueprinzip einerseits und aus den Verfassungsgrundsätzen andererseits ergeben, nicht logisch trennbar sind. Verletzungen dieser Pflichten sind auf der haftungsrechtlichen Sekundärebene keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich. Das heißt, daß auch die Verletzung der einseitigen öffentlichen Pflichten von der Rechtsverhältnishaftung sanktioniert wird. Wegen der inhaltlichen Identität der Treuepflichten und der Verfassungsbindungen führt jedoch die Einbeziehung der einseitigen Pflichten in Rechtsverhältnishaftung zu keiner Ausweitung des Haftungsinstitutes in seiner Ausprägung als Staatshaftung.

III. Ergebnis Das Aufeinandertreffen der als Gebot von Treu und Glauben für die öffentliche Verhandlungsseite geltenden Bindungen mit denen, die aus den Verfassungsvorgaben abzuleiten sind, bringt für das Verwaltungsrechtsverhältnis auf seiten der Verwaltung eine eigentümliche Kumulation der Grundlagen der Pflichten. Dem stehen Schutzpflichten des Bürgers für den Staat gegenüber, die sich allein aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben ergeben. Als konkrete Verhaltensmaßstäbe, welche die informellen Verhandlungen ordnen, erweisen sich die Aufklärungspflichten über die eigenen Verhandlungsintentionen als höchst bedeutsam. Im Anbahnungsrechtsverhältnis ist es sowohl dem privaten als auch dem öffentlichen Verhandlungspartner untersagt, den Gegenüber über das Fehlen der eigenen Verhandlungs- und Abschlußbereitschaft im Unklaren zu lassen. Hierdurch wird der Kooperationspartner vor einem unvermittelten Abbruch der Verhandlungen und somit auch vor dem Fehlschlag von Investitionen, die im Vertrauen auf das Zustandekommen einer Vereinbarung getätigt werden, geschützt. Schließlich ist auch das Verbot, die informellen Verhandlungen unnötig zu verzögern, von Bedeutung.

242 Zu derselben Feststellung kommt auch W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 47 Rn. 19, wenn Rüfner im Amtshaftungsrecht die Schutz- und Sorgfaltspflichten aufdeckt, die im bürgerlichen Recht für die Schuldverhältnisse entwickelt wurden. Ähnlich M. Bullinger, DÖV1977, S.812 (820); Th. Meysen, Die Haftung, S.349; V. Schlette, S.418. Vgl. zu diesen Zusammenhängen zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht oben § 3 II 1.

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung des Ersatzanspruchs: Die Struktur der Rechtsverhältnishaftung Nachdem nunmehr die Grundlagen und Funktionen der Rechtsverhältnishaftung dargelegt sind, bleibt es abschließend, die Haftung als System zu entwickeln. Vorrangiges Ziel soll dabei sein, der Rechtsverhältnishaftung ein operationalisierbares Profil zu verleihen. Darüber hinaus können vermittels einer analysierenden Aufgliederung in Haftungsvoraussetzungen (sub I) und Rechtsfolgen (sub II) die dogmatischen Eigentümlichkeiten der öffentlich-rechtlichen Haftpflicht innerhalb der Sonderbeziehung beleuchtet werden. Um die Rechtsverhältnishaftung als praktisches Rechtsinstitut zu etablieren, sind ferner die Fragen nach der Verjährung des Ersatzanspruches (sub III), der Beweislast bei der Geltendmachung (sub IV) aber auch die nach dem Verhältnis zu der Haftung aus Delikt (sub V) und das Problem des richtigen Rechtsweges für eine gerichtliche Durchsetzung (sub VI) zu beantworten. In die Betrachtung einbezogen wird wiederum die Haftung wegen öffentlichrechtlicher culpa in contrahendo nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog, die einen handlungsformspezifischen Unterfall der Rechtsverhältnishaftung bildet. Obgleich sich die Bestimmung des Haftungstatbestandes und der Rechtsfolge mittels des durch § 62 S. 2 VwVfG angeordneten Zugriffs auf das Bürgerliche Gesetzbuch grundsätzlich einfach gestalten sollte, bleibt zu prüfen, ob angesichts des öffentlich-rechtlichen Regelungshintergrundes die Voraussetzungen der durch § 62 S. 2 VwVfG vorgesehen Analogiebildung in jeder Hinsicht vorliegen oder ob Modifikationen angezeigt sind.

I. Die Haftungsvoraussetzungen Um die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsverhältnishaftung zu erfassen, sind die Merkmale, die für die haftungsbegründenden Sachverhalte charakteristisch sind, aus dem case-law des vorangegangenen Kapitels heraus zu destillieren. Die Untersuchung, die zuvor einen deduktiven Weg verfolgte, wird nun die Anspruchsvoraussetzungen ermitteln, indem sie auf die bisherigen Ergebnisse aufbaut und sich wieder auf eine höhere Abstraktionsebene zurückzieht. Nach dem Stand der Untersuchung lassen sich als Voraussetzungen der Rechtsverhältnishaftung benennen: das Vorliegen eines haftungsbewehrten Verwaltungsrechtsverhältnisses (sub 1), die schadenstiftende Verletzung einer in dieser Rechts-

166

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

beziehung bestehenden Schutzpflicht durch den Inanspruchgenommenen (sub 2) und das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung (sub 3). 1. Das haftungsbewehrte Verwaltungsrechtsverhältnis Als erste objektive Voraussetzung der verschärften Einstandspflicht muß zwischen dem Anspruchsteller und dem Anspruchsgegner ein Besonderes Rechtsverhältnis bestehen, welches Haftungsfolgen zu generieren vermag. a) Der sachliche Anwendungsbereich Das Rechtsverhältnis fußt in den behandelten Lagen informaler Kooperation auf dem beide Akteure treffenden allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Das Treu-und-Glauben-Prinzip stellt seinerseits Anwendungsvoraussetzungen auf, 1 die da wären: (1) eine Gleichordnung der Beteiligten, (2) die Verflochtenheit der Interessen der Rechtssubjekte und (3) die Freiwilligkeit des Kontaktes, in dessen Rahmen die rigorose Haftung gilt. Die informalen Verhandlungen zwischen Verwaltung und Bürger müssen zunächst die Anwendungsvoraussetzungen des Rechtsgrundsatzes erfüllen. 2 Bei deren Überprüfung ist das Augenmerk auf die Interessenverflechtung und die Gleichgestelltheit der Parteien zu richten, 3 denn hieran wird es oftmals bei den Aushandlungsvorgängen fehlen. So wird etwa ein Bürger, der, um rasch eine Baugenehmigung für sein Eigenheim zu erlangen, vor der Antragstellung bei dem Bauamt nachfragt, welche Vorstellungen die Behörde habe, regelmäßig nicht mit der Verwaltung gemeinsame Ziele verfolgen. Der informalen Beziehung zwischen Verwaltung und Bauinteressenten fehlt denn auch das kooperative Element, weshalb sich beide Seiten nicht gleichgeordnet gegenüberstehen. Anders verhält es sich in den hier referierten Sachverhalten, wenn der Verwaltung Wirtschaftsunternehmen mit gewisser Verhandlungsmacht gegenübertreten. Bei diesen Formationen liegt in der Regel eine Interessenverbindung und eine faktische Gleichordnung der privaten und der öffentlichen Partei vor, welche die obligierende Wirkung des Grundsatzes von Treu und Glauben rechtfertigen. Wenn die Voraussetzungen des Treueprinzips zutreffen, entsteht das Rechtsverhältnis ipso jure; 4 als öffentlich-rechtlich ist die Relation wegen ihrer verwaltungsrechtlichen Zielsetzung zu klassifizieren. 5 In dem Verwaltungsrechtsverhältnis bestehen Rechte und ihnen korrespondierende Pflichten der Parteien. Für die Lei1 Zu den Anwendungsvoraussetzungen des allgemeinen Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben schon oben § 3 II 1 b. 2 Siehe die Subsumtion des Sachverhaltes informaler Verhandlungen unter den Anwendungstatbestand des Treu-und-Glauben-Prinzips oben § 3 II 2 a. 3 Zu diesem Kriterium oben § 3 II 2 a aa. 4 Zur Entstehung dieses gesetzlichen Rechtsverhältnisses oben § 3 II 1 b, II 2 c. 5 Vgl. oben § 3 II 1 b in und um Fn. 115.

I. Die Haftungsvoraussetzungen

167

stungspflichten, die an sich Ziel und Gegenstand der informalen Verhandlungen sind, fehlt es allerdings an einem Verpflichtungstatbestand. Die Obligation beschränkt sich auf Schutzpflichten, also auf die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils. 6 Diese Schutzpflichten resultieren für beide Seiten aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die Verwaltung obligieren daneben und darüber hinaus ihre gesetzlichen Sonderbindungen, nämlich ihre Verpflichtung auf die Grundrechte sowie das Sozialstaats- und das Rechtsstaatsprinzip.7 Die Verletzung der Pflichten durch den Bürgers, respektive durch die Verwaltung, löst als Forderungsverletzung in der Sonderbeziehung Reaktionsansprüche der Gegenseite aus. 8 Deshalb ist dem auf Treu und Glauben beruhenden Verwaltungsrechtsverhältnis bei der informalen Kooperation ein haftungsbewehrter Charakter zu eigen. b) Der zeitliche Anwendungsbereich In zeitlicher Hinsicht reicht das wehrhafte Rechtsverhältnis von dem Zeitpunkt, in dem die informellen Verhandlungen die Anwendungsmodalitäten des Prinzips von Treu und Glauben erfüllen, bis zu dem, in welchem die Voraussetzungen nicht mehr zutreffen. Unbedenklich läßt sich das haftungsbewehrte Rechtsverhältnis in die dem informalen Kontakt zeitlich folgende Phase des „formalisierten“ Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 9 VwVfG implementieren. 9 Daß sich das Verwaltungsverfahren als bewehrtes Rechtsverhältnis darzustellen vermag, akzeptiert bereits das konventionelle Haftungsrecht: Wenn das informale Verhandeln in ein Verwaltungsverfahren übergeht, welches auf Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist, kann sich aus §§ 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB eine Haftung für culpa in contrahendo ergeben. Hierbei handelt es sich um eine Haftung im Verwaltungsverfahren. Doch gilt die weitere, eine culpa in contrahendo integrierende Rechtsverhältnishaftung im Verwaltungsverfahren auch außerhalb des Anwendungsbereichs des §62 S. 2 VwVfG. Nach dem dogmatischen Ansatz, der die Rechtsverhältnishaftung entwickelt, ist Voraussetzung des Haftungsinstitutes allein, daß die faktischen Gegebenheiten zwischen der Verwaltung und dem Bürger die Anwendungsmodalitäten des Prinzips von Treu und Glauben erfüllen. Eine Kooperation, welche die Anwendungvoraussetzungen des Treueprinzips rechtfertigt, findet im Verwaltungsverfah6 Zu der auf Heinrich Stoll zurückgehenden und an sich zivilrechtlichen Differenzierung zwischen Leistungs- und Schutzpflichten oben § 2 I 2 a. 7 Zu der Unterscheidung von zweiseitigen Bindungen, das sind die Bindungen, die aus dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben zu deduzieren sind, von einseitigen Bindungen, die sich allein für die Verwaltung aus ihren gesetzlichen Vorgaben ergeben, oben § 4 passim, insbes. vor I, I vor 1, II vor 1. 8 Vgl. § 3 II 3 a. 9 Ähnlich H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S. 281, der eine Pflicht zur „verfahrensmäßigen Rücksichtnahme“ als eine „bei der Aufnahme des Kontaktes zur Verwaltung bzw. zum Bürger bestehende, sodann im Verfahrensverhältnis fortwirkende (Neben-)Pflicht“ beschreibt.

168

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

ren nicht nur statt, wenn Behörde und Bürger zu kontrahieren beabsichtigen. Kooperation ergänzt häufig auch Verwaltungsverfahren, die auf Erlaß eines Verwaltungsaktes gerichtet sind. 10 Obgleich das Verwaltungsverfahrensgesetz die Beteiligung Dritter vorsieht, werden bilaterale Verhandlungen informal geführt, die dem eigentlichen Verwaltungsverfahren parallel laufen. 11 Auch in diesen Lagen kann der Anwendungstatbestand des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben erfüllt und deshalb die Rechtsbeziehung zwischen Verwaltung und privatem Kooperationspartner haftungsbewehrt ausgestaltet sein. Der Annahme von Treuebindungen in der Phase des Verwaltungsverfahrens steht nicht entgegen, daß das Verhältnis zwischen Staat und Bürger primär durch Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes – welches seinerseits unmittelbar kein Haftungssystem beinhaltet – geregelt ist. Vielmehr kann zur Bestimmung der einseitigen haftungsbewehrten Pflichten der Verwaltung teilweise auf die Konkretisierungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zurückgegriffen werden. Vor allem das verfassungsrechtlich radizierte Beratungs- und Auskunftsgebot des § 25 VwVfG stellt Anforderungen an das Verwaltungshandeln auf, deren Nichteinhaltung die Rechtsverhältnishaftung auslösen kann. 12 Für den Privaten ergeben sich dagegen im Wirkungsbereich des § 9 VwVfG keine weiteren Verpflichtungen, die die aus Treu und Glauben zu deduzierenden ergänzen. Insbesondere kann ein Verstoß gegen die in § 26 Abs. 2 VwVfG normierte Mitwirkungslast nicht haftungsbegründend wirken. 13 Rechtsfolgen eines Unterlassens der gebotenen Mitwirkung können in Nachteilen für den Bürger bei der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren liegen. Daher stellt die Mitwirkung für den Bürger nicht mehr als ein Gebot seiner eigenen Interessen dar. 14 §26 Abs.2 VwVfG statuiert sonach keine echte Verpflichtung des Bürgers gegenüber 10 Vgl. H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 32 Rn. 2; St. Kippes, Bargaining, S. 97; J.-P. Schneider, VerwArch 87 (1996), S. 38–67 passim, insbes. S. 40–45; F. Schoch, Verw. 25 (1992), S. 21 (30 f.); H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 (664–667); P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 170. Siehe in diesem Zusammenhang auch das Zusammenwirken von (prospektivem) Betreiber und Verwaltung im atomrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahrens, dazu U. Di Fabio, Der Ausstieg, S. 41 f.; J. Wieland, DVBl. 1991, S. 616–623. 11 E. Bohne, JbRSoz 9 (1983), S. 202 (204); H. Hill, DÖV 1987, S. 885 (891); P. Körner, S. 40 f.; P. Stelkens/H. Schmitz, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 9 Rn. 170; C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 151; ders., BayVBl. 2001, S. 644 (646). 12 Eine Haftung wegen culpa in contrahendo nehmen bei einem Verstoß gegen § 25 VwVfG an: H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 49; I. Heberlein, Störungen, S.348, 356; V. Schlette, S. 428; W. Spannowsky, S. 244. Hierzu oben §4 II 2 und auch § 4 II 1 c Fn. 176. 13 Anderer Ansicht E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S.466 Fn. 346; R. Keller, S. 143 in und um Fn. 68; V. Schlette, S. 426 f. 14 F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 26 Rn. 43 f. Ein Mißachtung des § 25 VwVfG kann ferner zu einer Minderung von Schadensersatzansprüchen führen, vgl. H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 25; vgl. auch BGH, DVBl. 1964, S. 146 (147).

I. Die Haftungsvoraussetzungen

169

der Behörde, sondern lediglich eine verfahrensrechtliche Obliegenheit. 15 Ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 VwVfG vermag daher als solcher keine Schadensersatzansprüche der Verwaltung zu begründen. Inwieweit eine Vernachlässigung der gebotenen Mitwirkungshandlungen zugleich als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet werden kann, der dann sehr wohl die Haftungsfolge auslösen kann, steht allerdings auf einem anderen Blatt. In Betracht kommt vor allem eine Haftung wegen unzulässiger Verzögerungen des Verhandlungsprozesses bzw. dann des Verwaltungsverfahrens. 16 Fraglich bleibt noch, welches Schicksal das haftungsbewehrte Anbahnungsverhältnis erfährt, wenn die Verhandlungen in einem Konsens kulminieren, wenn also ein abgestimmter Verwaltungsakt erlassen, ein Verwaltungsvertrag geschlossen oder eine informale Absprache vereinbart wird. Auch dann stehen Staat und Bürger noch immer in einem Rechtsverhältnis. Schließlich existiert der Rechtsverhältnistheorie zufolge eine kontinuierliche Relation zwischen dem Staat und seinen Bürgern. Doch darf man sich von dieser These nicht irreführen lassen: Vor wie nach der Erreichung eines Konsenses verbindet Verwaltung und Bürger ein Rechtsverhältnis; zu einer Zerschneidung des Bandes kommt es keinesfalls. Allerdings gründet das Besondere Rechtsverhältnis nach der Erzielung eines rechtsverbindlichen Paktes auf einer anderen normativen Grundlage als zuvor. 17 In materieller Hinsicht prägend wirkt dann nämlich für das Verwaltungsrechtsverhältnis der rechtlich bindende Konsens, also der Verwaltungsakt oder die Vertragsabrede. Aus dieser Vereinbarung resultieren vorrangig die Berechtigungen und Verpflichtungen der Parteien, die Treuepflichten wirken allenfalls noch als Nebenpflichten. Die Funktion etwaiger Nebenpflichten ist in der Hauptsache, der Erfüllung der vereinbarten Leistungspflichten zu dienen. Sie unterscheiden sich in ihrem Gehalt – und deshalb letztlich auch in ihrer Identität – von den Treuepflichten des vorkonsensualen Verhandlungsrechtsverhältnisses. Der von der Rechtsordnung sanktionierte Konsens führt somit zu einer nachhaltigen Zäsur in der materiellen Rechtsbeziehung, 18 weshalb man die Formulierung von einem „einheitlichen Verwaltungsrechtsverhältnis“ nur mit Vorsicht gebrauchen sollte. 19 15 Vgl. P. Badura, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 37 Rn. 3; R. Marwinski, in: J. Brand/M. Sachs (Hrsg.), Handbuch, Rn. B I 156 f.; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 25. Zu Charakter und Wirkung von Obliegenheiten aus zivilrechtlicher Sicht H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., Einl. vor § 241 Rn. 11; E. A. Kramer, in: Münchener Kommentar, BGB, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 50; M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 276 Rn. 7. 16 Diese Fallgruppe oben unter § 4 I 2 c. 17 Generell zu den Entstehungstatbeständen von Verwaltungsrechtsverhältnissen ausführlich oben § 3 I 1 b. 18 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 11.10.1991, 3 A 2619/87 (nicht veröffentlicht), Umdruck S. 12 f., wenn es zum Verhältnis von der vorvertraglicher zu der verwaltungsvertraglichen Haftung konstatiert, daß der zunächst gegebene Haftungsgrund des enttäuschten Verhandlungsvertrauens „gleichsam von der stärkeren Haftung aus Vertrag überholt“ werde. Vgl. auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 47. 19 Für ein übergreifendes Verwaltungsrechtsverhältnis im Sinne eines einheitlichen Schuldverhältnisses, das die vorvertragliche Phase und die nach Vertragsabschluß erfaßt, explizit

170

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Steht die rechtlich unverbindliche Absprache am Ende der Kooperation, ergibt sich aus dieser kein Verwaltungsrechtsverhältnis. Da die Absprache ein bloßer Realakt ist, wird mit ihr keine rechtserhebliche Vereinbarung erzielt, so daß mit Beendung des Aushandlungsprozesses nicht länger ein Besonderes Rechtsverhältnis zwischen Verwaltung und Bürger existiert. Die Kooperationsparteien haben gemeinsam den informellen Weg zur Regelung ihrer Belange gewählt. Sie haben sich darauf eingelassen, daß ihr Gegenüber ein bestimmtes Verhalten in Aussicht stellt, sich diesbezüglich aber nicht binden will. Da die Beteiligten informaler Verhandlungen bewußt und willentlich die Absprache wählten, obwohl grundsätzlich die Möglichkeit bestand, mit Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag die Beziehung rechtsverbindlich zu regeln, kann sich bei ihnen kein unbedingtes Vertrauen darauf bilden, daß der andere Teil die Absprache auch tatsächlich einhält. 20 Daher bildet die informale Abrede keinen tauglichen Vertrauenstatbestand, dessen Berücksichtigung normativen Schutz durch Treu und Glauben verdient. 21 Nach Abschluß der Absprache bestehen regelmäßig auch keine Treuepflichten in Form von „Nebenpflichten“, etwa des Inhaltes, den Absprachepartner über den später gefaßten Entschluß zu informieren, von den zuvor geäußerten Absichten abzurücken. 22 Der Rechtsbeziehung sind deshalb nach Vereinbarung einer Absprache die Rechte des Bürgers und die Befugnisse der Verwaltung nur unterschwellig eingestellt. Die Relation entspricht wieder dem Rechtsverhältnis, welches vor der Zusammenarbeit bestand. Ging es in der Absprache um die Abwendung einer nachträglichen Anordnung, sind die objektiven Voraussetzungen der gesetzlichen Eingriffsgrundlage regelmäßig weiterhin erfüllt. Daher liegt zwar auch nach Vereinbarung der Absprache ein Besonderes Rechtsverhältnis zwischen Verwaltung und Bürger vor. Das Verwaltungsrechtsverhältnis findet seine Begründung dann allerdings in der einschlägigen S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (539); implizit wohl auch R. Keller, S. 162 f.; V. Schlette, S. 644 Fn. 11, und L. Schmidt, SchlHA 1978, S. 93 (96). Letztere sind der Ansicht, daß sich die positive Vertragsverletzung und die culpa in contrahendo im Öffentlichen Recht nur durch den Zeitpunkt des Eintritts der Pflichtverletzung unterscheiden; ähnlich W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 (79). Zur Konstruktion eines einheitlichen Schuldverhältnisses im Zivilrecht kritisch oben § 2 I 2 d. 20 W. Beyer, S. 268 f.; E. Bohne, VerwArch 75 (1984), S.343 (360); J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (242); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (220, 226); St. F. Rabe, S. 31 f., 34; W. Spannowsky, S. 452. Dagegen für einen – wenn auch nur engen – Vertrauensschutz M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 b bb (Rn. 225 a. E.); Ph. Kunig, DVBl. 1992, S. 1193 (1201). Hierzu auch bereits oben § 4 I 2 b aa. 21 Daß aus einer Absprache keine Erfüllungspflichten und korrespondierende -ansprüche resultieren, wurde bereits oben wiederholt betont, vgl. § 4 I 2 b aa, d bb, e aa. 22 Die vorausgegangene Kooperation und das behördlicherseits in Anspruch genommene Vertrauen kann sich aber eventuell in einer Ermessenentscheidung wiederfinden und hier zu den Bürger schonenden Übergangsfristen führen, vgl. OVG Berlin, NVwZ 1985, S. 756 (758); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 44 f.; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 90 (S. 262), Rn. 99 (S. 268), aber auch Rn. 84 (S. 259); M. Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 154; St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 56; G. von Wedemeyer, S. 240–243.

I. Die Haftungsvoraussetzungen

171

Ermächtigungsnorm, nicht aber in der Vertrauensbeziehung und in dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. 23 Das Schicksal des haftungsbewehrten Verwaltungsrechtsverhältnisses unterscheidet sich bei Abschluß einer Absprache nicht von dem, welches ihm bei einer ergebnislosen Beendigung der Kooperation widerfährt. Auch bei einer Aufgabe der Zusammenarbeit entfallen die Anwendungsvoraussetzungen des Treu-und-Glauben-Grundsatzes. Sofern durch die informellen Kontakte eine einseitige Regelung durch die Verwaltung abgewendet werden sollte, nach der Beendigung der Kooperation aber weiterhin die Voraussetzungen der Eingriffsnorm vorliegen, formiert sich die Rechtsbeziehung aufgrund der außerhalb der Vertrauensbeziehung anzusetzenden Ermächtigung zu einem Verwaltungsrechtsverhältnis. Sofern es in den informalen Verhandlungen um eine Genehmigungserteilung ging und der Projektträger von der Realisierung des erlaubnispflichtigen Vorhabens Abstand nimmt, reduziert sich die Relation auf das Allgemeine Rechtsverhältnis, dem es an konkreten Berechtigungen und Verpflichtungen mangelt. 24 2. Die schädigende Schutzpflichtverletzung Als weitere objektive Voraussetzung des Haftungstatbestandes muß die in Anspruch genommene Partei eine im Verwaltungsrechtsverhältnis bestehende Pflicht verletzt haben, was bei dem Gegenüber zu einem Vermögensschaden führt. Da bei informalen Verhandlungen keine Leistungspflichten, sondern lediglich Pflichten zur Rücksichtnahme und zur loyalen Verhandlungsführung bestehen, kommt nur eine Schutzpflichtverletzung in Betracht. Eine Quelle von Schutzpflichten ist dabei einerseits der beide Seiten obligierende Grundsatz von Treu und Glauben, andererseits resultieren Schutzpflichten aus den nur die Verwaltung bindenden Vorgaben ihres Sonderrechts. a) Die beidseitigen Schutzpflichten aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben Soweit es um Pflichten geht, die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet sind, lassen sich Verstöße als die Verletzung berechtigten Vertrauens erfassen. 25 So, wie das Vertrauen im Anbahnungsverhältnis unterschiedlich intensiv ist, schwanken auch die Schutzpflichten während des informalen Verwaltungskontakts. Gradmesser hierfür sind (1) die Dauer der informellen Kooperation und der Fortschritt im Hinblick auf die Erreichung eines Konsenses, (2) die wirtschaftliche Be23 Zu den Begründungstatbeständen des Überwachungsrechtsverhältnisses, R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 160–175 und passim. 24 Zur Kategorie des Allgemeinen Rechtsverhältnisses oben § 3 I 1 a. 25 Zum Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben und dem Vertrauensschutz in einer Sonderbeziehung oben § 3 II 1, § 4 I 1.

172

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

deutung der intendierten Vereinbarung für den Gegenüber und (3) der Umfang der in die Verhandlungen investierten vermögenswerten Vorleistungen sowie das Ausmaß ihrer Gefährdung. 26 Nach dem gängigen Modell 27 setzt ein sekundärer, auf Schadensersatz gerichteter Vertrauensschutz voraus, daß ein Teil einen Vertrauenstatbestand gesetzt hat (subaa) und daß sich bei dem anderen Vertrauen gebildet hat (sub bb). Schließlich muß der Vertrauende in seinem Vertrauen verletzt sein (sub cc).

aa) Der Vertrauenstatbestand Die Rechtsordnung hat keinen Anlaß, „blindes“ Vertrauen zu schützen. Ein Vertrauensschutz ist nur dann zu gewähren, wenn das Vertrauen auf einer objektiven Grundlage beruht. Erstes Erfordernis für eine Vertrauenshaftung ist daher die Existenz einer faktischen Vertrauensgrundlage. 28 Eine solche kann jeder Sachverhalt sein, der in der Lage ist, in bestimmter Richtung Vertrauen zu wecken. 29 Ein Vertrauenstatbestand kann bei den informalen Verhandlungen positiv durch Absichtserklärungen gesetzt werden. Solche bestehen vor allem in der Behauptung der eigenen Bereitschaft, die Verhandlungen sorgfältig zu führen und fortzusetzen. 30 Das Vertrauen in eine konsistente Verhandlungsführung kann explizit oder konkludent geweckt oder genährt werden. So kann etwa eine ausdrückliche Erklärung über die eigenen Verhandlungsziele das Vertrauen auf eine Verhandlungs- und Abschlußbereitschaft bei den informalen Verhandlungen ebenso hervorrufen wie der einseitige Beginn der Ausführung des intendierten Übereinkommens. Schließlich kann auch durch ein Unterlassen ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden, wenn etwa eine Seite nicht über den Wegfall ihrer eigenen Abschluß- und Verhandlungsbereitschaft informiert. Die Verpflichtung zur Offenbarung, die dem Unterlassen erst rechtliche Relevanz verleiht, ergibt sich dabei aus dem Gebot von Treu und Glauben. 31 Neben den Erklärungsakten der einzelnen Parteien kann auch das abgestimmte Verhandlungsprodukt, der „Verwaltungspakt“, den Vertrauenstatbestand bilden. So liegt es, wenn eine Seite unzutreffend auf die Wirksamkeit einer nur scheinbar rechtsverbindlichen Vereinbarung vertraut, namentlich im Falle eines rechtswidrigen und (dritt-)anfechtbaren Verwaltungsaktes oder eines unwirksamen bzw. verVgl. oben § 4 I 1. Dazu etwa C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 491; H. Maurer, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 7 (S. 216); K.-A. Schwarz, S. 295. 28 H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S. 89; G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 41; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 7 (S. 216), Rn. 99 (S. 267); R. Schmidt, Flexibilität, S.67 (106); K.-A. Schwarz, S. 295 f.; vgl. auch BGHZ 149, S. 50 (53). 29 C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 491; B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79. 30 Vgl. dazu die einzelnen Szenarien oben § 4 I 2 b, c, d, 3. 31 Zu Begründung und Ausmaß der Aufklärungspflichten oben § 4 I 1, 3. 26 27

I. Die Haftungsvoraussetzungen

173

nichtbaren Verwaltungsvertrages. 32 Genauso verhält es sich, wenn es um rechtsverbindliche Vereinbarungen geht, die eine Seite benachteiligen, denn dann wird darauf vertraut, daß der konsentierte Verwaltungsakt oder der öffentlich-rechtliche Vertrag den berechtigten Interessen beider Seiten hinreichend Rechnung trägt.33 Indes läßt sich die Vertrauensgrundlage in diesen Konstellationen auch auf einen früheren Zeitpunkt verlagern, wenn man nämlich wiederum auf die Fehlinformation während der Verhandlungsphase abstellt. Nur aufgrund eines der Gegenseite zuzurechnenden Informationsdefizits verließ sich die betroffene Seite irrig darauf, daß die Vereinbarung die an die Wirksamkeit und an die inhaltliche Angemessenheit zu stellenden Erwartungen erfüllt. Somit läßt sich die Vertrauensgrundlage nicht nur in der unerkannt unwirksamen oder nachteiligen Abrede als solcher festmachen, sondern bereits darin, daß die geschädigte Partei durch unzutreffende Erklärungen oder durch unterlassene Aufklärung scheinbare Sicherheit vermittelte. Diese Sicherheit kann sich darauf beziehen, eine Einigung rechtsverbindlich fixiert zu haben, 34 oder darauf, einer für beide Parteien vertretbaren Vereinbarung zugestimmt zu haben 35. Somit kann auch in diesen Konstellationen der Vertrauenstatbestand wiederum im Verhandlungsgebaren des jeweils anderen Teils gesucht werden.

bb) Das Vertrauensverhalten Folgenlos gebliebenes, rein innerliches Vertrauen stellt regelmäßig keinen hinreichenden Grund für ein Eingreifen der Rechtsordnung dar. 36 Rechtlichen Schutz genießt Vertrauen nicht seiner selbst wegen, sondern erst dann, wenn es zur Grundlage für das Verhalten des Vertrauenden wird, es also durch Vertrauensinvestitionen in Form von Dispositionen nach außen „ins Werk gesetzt“ wurde. 37 Vertrauensbetätigungen sind auf vielfältige Weise möglich. Sie können in Planungen und in Investitionen des privaten Verhandlungspartners im Vorfeld des angestrebten Konsenses bestehen. Seitens der Behörde ist an die zeit- und kostenaufwendige Verwaltungstätigkeit zu denken. Es kann die Vertrauenshandlung ferner in der Zustimmung zu einer angebotenen belastenden Vereinbarung liegen, die erst die benachteiligenden Bindungen in sich birgt. 38 Hierzu oben § 4 I 2 d. Dazu oben § 4 I 2 e. 34 Vgl. hierzu wiederum oben § 4 I 2 d, dort insbes. aa. 35 Vgl. oben § 4 I 2 e. 36 H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S. 44 f.; G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 42. 37 H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S. 42; G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 41 f.; R. Schmidt, Flexibilität, S.67 (106); K.-A. Schwarz, S. 302 f.; B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 96. 38 So ausführlich zu dem nachteilig konsentierten Verwaltungsakt oben § 4 I 2 e bb, zu dem Verwaltungsvertrag oben § 4 I 2 e cc. 32 33

174

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Aus den Prämissen, daß unmotiviertes Vertrauen nicht schützenswert ist und sich eine Einstandspflicht nur dann ergeben kann, wenn der Inanspruchgenommene für das fehlgegangene Vertrauen verantwortlich ist, 39 folgt, daß zwischen dem Vertrauenstatbestand, den die haftende Partei setzte, und dem Vertrauensverhalten des Geschädigten Verknüpfungen bestehen müssen. Daher ist derjenige nicht schutzwürdig, bei dem sich Vertrauen bildet, ohne daß er Kenntnis vom Vertrauenstatbestand hat. 40 Nicht schutzwürdig ist ferner, wer um die Unrichtigkeit eines Vertrauenstatbestandes weiß, wer also die wahre Sach- und Rechtslage positiv erkennt. 41 Aber auch dann, wenn sich jemand durch den Vertrauenstatbestand tatsächlich irreführen läßt, erscheint er darum noch nicht ohne weiteres schützenswert. Denn es ist denkbar, daß der Vertrauende allen Anlaß zu Mißtrauen hatte und daß sein Handeln leichtfertig war. 42 Es stellt sich somit die Frage, ob derjenige, der die wahre Lage erkennen konnte, als bösgläubig oder zumindest als unwürdig zu gelten hat, in den Genuß eines Vertrauensschutzes zu kommen. 43 Um einer Entwertung des Vertrauensschutzes durch derlei beurteilende Einschränkungen vorzubeugen, sollte in Fällen fahrlässiger Unkenntnis ein Vertrauensschutz nur dann versagt werden, wenn die behördliche Handlung vom Empfängerhorizont aus nach ihrem Erklärungswert objektiv ungeeignet war, Vertrauen zu erwecken, und der Mangel somit evident war. 44 In diesen Konstellationen wird es aber bereits an einem probaten Vertrauenstatbestand und nicht nur am guten Glauben fehlen, so daß es auf die Wertigkeit des Vertrauens nicht mehr ankommt. Im übrigen sind von Fall zu Fall angemessene Ergebnisse dadurch zu erreichen, daß eine zu vertretende Mitverursachung des selbst erlittenen Schadens auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen einer abgestuften Anspruchskürzung Berücksichtigung findet. Diese Lösung ist vorzugswürdig gegenüber dem kompromißlosen Entweder-Oder, welches die Konsequenz einer Bewertung des Vertrauens auf der Tatbestandsseite wäre. 45 39 Vgl. BGH, NVwZ 1986, 245 (246); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 42; H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 7 (S. 216), Rn. 99 (S. 267); B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 102. 40 Zu dem Erfordernis der Kenntnis der Vertrauensgrundlage C.-W. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 507; K.-A. Schwarz, S. 302 f.; B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 90 f. 41 BGH, DVBl. 2001, S. 1603 (1605 f.); G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 42; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 55. Vgl. auch H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 68 (S. 249 f.); R. Schwarze, S. 102 f.; B. WeberDürler, Vertrauensschutz, S. 92. Vgl. ferner BGHZ 149, S. 50 (55 f.), mit Hinweis auf § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG. 42 BGH, DVBl. 2001, S. 1603 (1605 f.); H.-J. Blanke, Vertrauensschutz, S. 89; R. Schwarze, S. 103. Umfassend zur parallelen Kontroverse um die Verarbeitung des Aspektes der Schutzunwürdigkeit des vertrauenden Bürgers im Tatbestand oder auf der Rechtsfolgenseite des Amtshaftungsanspruchs G. Bömer, NVwZ 1996, S. 749–754 passim. 43 Gegen einen Schutz des Bürgers bereits, wenn dieser leichtfertig vertraute B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 93 f. Ebenso für einen tatbestandlichen Ausschluß des Vertrauensschutzes im Amtshaftungsrecht bei fehlender Schutzwürdigkeit BGHZ 117, S. 83 (90 f.); 134, S. 268 (283 f., 295–297); H.-J. Papier; in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 217. 44 Zur Bedeutung des Empfängerhorizonts G. Hermes/J. Wieland, Die staatliche Duldung, S. 41; vgl. auch BGHZ 149, S. 50 (54).

I. Die Haftungsvoraussetzungen

175

cc) Die Vertrauensverletzung 45

Schließlich setzt eine Vertrauenshaftung voraus, daß das in Anspruch genommene Vertrauen verletzt wurde. Dies bedeutet, daß die Verhandlungspartei, die den Vertrauenstatbestand gesetzt hatte, das erweckte oder genährte Vertrauen enttäuschte. 46 Indes spielt das Abweichen von dem zuvor an den Tag gelegten Verhalten als venire contra factum proprium bei der Rechtsverhältnishaftung nur eine untergeordnete Rolle. In einer inkonsistenten Verhandlungsführung wird kaum eine Pflichtwidrigkeit zu erkennen sein, insbesondere dann nicht, wenn eine Verhandlungspartei vom Eingehen einer verbindlichen Einigung absieht und die Verhandlungen abbricht. Die Möglichkeit einer Abstandnahme von den informalen Verhandlungen kann dem Privaten aufgrund seiner Privatautonomie und dem öffentlichen Entscheidungsträger wegen seines Letztentscheidungsrechts nicht genommen werden. 47 Der in Anspruch genommene Verhandlungspartner ist aber aus Treu und Glauben zur Verhandlungsredlichkeit verpflichtet. Daher stellt sich die Äußerung von ungesicherten oder unzutreffenden Verhandlungsabsichten als treuwidrig und als Verletzung des Verhandlungsvertrauens der Gegenseite dar. Somit liegt der haftungsbegründende Vertrauensverstoß eher in dem voraufgegangenen Setzen eines Vertrauenstatbestandes hinsichtlich des Zustandekommens eines Konsenses als in dem später geäußerten Meinungsumschwung. 48 Bei dieser Betrachtungsweise fällt die Schaffung des Vertrauenstatbestandes mit der eigentlichen Schutzpflichtverletzung zusammen. Sonach können die objektiven Voraussetzungen der Schutzpflichtverletzung – soweit sie Bürger und Verwaltung belangen – auf einen zweigliedrigen Tatbestandsstrang reduziert werden, nämlich auf (1.) das irreführende Setzen eines Vertrauenstatbestandes seitens des Schädigers und (2.) ein hierauf beruhendes, selbstschädigendes Vertrauensverhalten auf seiten des Verletzten. Insoweit deckt sich der Haftungstatbestand der Rechtsverhältnishaftung mit dem des konventionellen Instituts der Forderungsverletzung in einer Sonderbeziehung, wie er für das Zivilrecht in § 280 Abs. 1 BGB kodifiziert und im Öffentlichen Recht für Sonderbeziehungen anerkannt ist. Auch dort besteht der Tatbestand aus den Komponenten einer Pflichtverletzung seitens des Inanspruchgenommenen und eines Schaden des Anspruchsstellers, der kausal durch die Pflichtverletzung verursacht wurde. 49 Um den Charakter der Rechtsverhältnishaftung als 45 R. Schwarze, S. 103, 320 f. Im Ergebnis genauso für den Bereich des Amtshaftungsrecht G. Bömer, NVwZ 1996, S. 749 (754); A. Jochum, NVwZ 1987, S. 460 (463); F. Ossenbühl, JZ 1992, S. 1074 (1075); ders., NJW 2000, S. 2945 (2949 f.); ders., Staatshaftungsrecht, S. 55. Dazu noch unten § 5 II 2. 46 Generell zur Vertrauensverletzung H. Maurer, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 3, § 60 Rn. 7 (S. 216). 47 Dazu ausführlich oben § 4 I 2 b. 48 Vgl. B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 87 f., und bereits oben § 4 I 2 d dd. 49 Zu den öffentlich-rechtlichen Forderungsverletzungen etwa Ch. Bamberger, Jura 2002, S. 35 (36); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 189; L. Eckert, DVBl. 1962, 11 (14 f.);

176

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Vertrauenshaftung hervorzuheben, erweist es sich aber als vorzugswürdig, für dieses Haftungsinstitut an den spezielleren Merkmalen des Vertrauenstatbestandes und der dadurch bedingten Selbstschädigung festzuhalten, anstatt auf die indifferenten Tatbestandsmerkmale der Forderungsverletzung zurückzugreifen.

b) Die spezifischen Schutzpflichten der öffentlichen Verhandlungspartei Neben den Direktiven aus Treu und Glauben treffen die Verwaltung die einseitigen Schutzpflichten, die aus ihren gesetzlichen Banden resultieren. Da für das hier im Vordergrund stehende informelle Verwaltungshandeln vor bzw. außerhalb der Verwaltungsverfahren einfachgesetzliche Normierungen fehlen, ist allein auf das Verfassungsrecht zurückzugreifen. 50 Soweit sich die aus dem Treueprinzip resultierenden Pflichten aus einer Kooperation ergeben, die während eines Verwaltungsverfahrens praktiziert wird, bzw. die einem Verwaltungsverfahren parallel läuft, ergeben sich einseitige öffentliche Verhandlungspflichten aus den Normen des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Im Anbahnungsrechtsverhältnis, das aufgrund der Kooperationsakte durch das Rechtsprinzip von Treu und Glauben normativ ausgestaltet ist, können diese einzelnen Pflichten einen haftungsbewehrten Charakter haben. 51 Als „konkretisiertes Verfassungsrecht“ schreiben die einfachgesetzlichen Bestimmungen allerdings weitgehend denselben öffentlichen Verhaltensmaßstab vor, wie er sich auch für den nicht durch das Verwaltungsverfahrensgesetz geregelten Bereich unmittelbar aus der Verfassung ergibt. 52 Es stellen die Grundrechte, das Sozialstaatsprinzip und der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit an die öffentliche Verhandlungspartei gerichtete Gebote auf, deren Verletzung im Rahmen der Vertrauensbeziehung mittels der Rechtsverhältnishaftung zu sanktionieren ist. Für die informalen Verhandlungen gewinnen konstitutionelle Beratungsgebote und das Verbot von Verhandlungsverzögerungen an Bedeutung. Aber auch Verstöße gegen die verwaltungsseitige Pflicht zum gesetzmäßigen Handeln sowie gegen das Gebot einer transparenten und vorhersehbaren Verhandlungsführung können Haftungsfolgen auslösen. Dabei fallen die verfassungsbedingten Pflichten der Verwaltung inhaltlich mit den Pflichten zusammen, die aus dem allgemeinen Rechtsprinzip von Treu und Glauben zu deduzieren sind. 53 F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 337 f.; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, §49 Rn.12; L. Simons, S. 132 f.; K. Windthorst, JuS 1996, S.605 (609); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 35 f. 50 Dazu § 4 II 1. 51 Zur Rechtsverhältnishaftung im Verwaltungsverfahren § 5 I 1. 52 Zu der Ableitung von Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes aus dem Verfassungsrecht oben § 4 II 1 b. 53 Dazu oben § 4 II 3.

I. Die Haftungsvoraussetzungen

177

Weiterhin ist für eine Rechtsverhältnishaftung in ihrer einseitigen Ausprägung erforderlich, daß der private Gegenüber durch den Verstoß gegen die einseitige hoheitliche Verpflichtung einen Schaden erleidet. Da es in dem hier interessierenden Bereich der einseitigen Pflichten um Aufklärungs- und Informationsgebote geht, wird der Schaden regelmäßig ebenfalls dadurch entstehen, daß der Bürger sich auf eine (Fehl-)Information seitens der Verwaltung verläßt und Vermögensverfügungen vornimmt, die sich aufgrund der tatsächlichen bzw. rechtlichen Gegebenheiten als für ihn nutzlos erweisen. Der Tatbestand der Verletzung der einseitigen öffentlichen Bindungen deckt sich daher im wesentlichen mit dem zuvor dargestellten der Rechtsverhältnishaftung in ihrer zweiseitig verpflichtenden Dimension. Eine Änderung oder Ergänzung der Tatbestandsstruktur der Vertrauenshaftung ist somit nicht erforderlich. 3. Das Verschulden Als subjektives Element des Haftungstatbestandes ist ein Verschulden des Inanspruchgenommenen erforderlich. Das folgt für die verwaltungsrechtliche culpa in contrahendo aus § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 276 Abs. 1 S. 1 BGB analog. Für den übrigen Bereich der Rechtsverhältnishaftung ergibt sich dies aus allgemeinen Erwägungen. In der gesamten Rechtsordnung gilt, daß nur eine zu vertretende – also eine verschuldete – Forderungsverletzung die auf Schadensersatz gerichtete Haftungsfolge auslösen kann. 54 Daher erstreckt sich Verschuldensprinzip auch auf die Rechtsverhältnishaftung. Die Frage, für welches Verhalten die Parteien informaler Verhandlungen einzustehen haben, läßt sich aufspalten in die nach dem Verschuldensmaßstab und die nach der Verantwortlichkeit für das Verschulden Dritter. a) Der Verschuldensmaßstab Eine Forderungsverletzung ist dann zu vertreten, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt worden ist. Dieser Haftungsmaßstab, der für das bürgerliche Recht in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB niedergelegt ist, gilt grundsätzlich auch für das Verwaltungsrecht. 55 In Übereinstimmung mit der Definition des Privatrechts kann Vor54 Etwa für die sog. öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse BVerwGE 13, S. 17 (22); 112, S. 308 (313 f.). Zum Erfordernis des Verschuldens für eine Haftung wegen Forderungsverletzung im Verwaltungsrechtsverhältnis schon oben § 3 II 3 a. 55 So für die Haftung in den öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen etwa B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 199, 204; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 45; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (14); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 364 i.V. m. S. 324 f., 338; R. Keller, S. 169 f.; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 4; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 358; G. Schwär, S. 100 f.; L. Simons, S. 147; B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (388, 395 f.); K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 (609); H. J. Wolff/ O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 38.

12 Kellner

178

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

satz als der wissentliche und willentliche Verstoß gegen eine Pflicht umschrieben werden. Dabei ist die Billigung eines nur als möglich erkannten rechtswidrigen Erfolges, der sogenannte dolus eventualis, zur Annahme von Vorsatz ausreichend. 56 Was die Parteien bei den informalen Verhandlungen darüber hinaus an Fahrlässigkeit zu vertreten haben, kann nicht für beide Seiten einheitlich beantwortet werden. Der Fahrlässigkeitsbegriff hat im Zivilrecht – anders als der Vorsatz – eine Umschreibung durch den Gesetzgeber erfahren. In § 276 Abs. 2 BGB ist geregelt, daß fahrlässig handelt, „wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt.“ Durch die Orientierung an dem, was an Diligenz im Verkehr erforderlich ist, wirkt der Verhaltensmaßstab des BGB rigoros, denn er fixiert den Verschuldensmaßstab normativ und erklärt einen etwaigen „im Verkehr eingerissenen Schlendrian“ für unerheblich. 57 Die Verkehrsbezogenheit des Sorgfaltsbegriffs wirkt zudem objektivierend, wenn auf die durchschnittlichen Fähigkeiten der jeweiligen Gruppe von Verkehrsteilnehmern abgestellt wird, welcher der Betreffende angehört. Durch die gruppentypische Ausrichtung der Sorgfaltserwartung ist ein geringeres subjektives Vermögen in der Regel unbeachtlich. Andererseits wirkt der Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 2 BGB auch haftungseingrenzend. Es wird nämlich nicht jedwede Sorgfalt geschuldet, sondern nur die im Rechtsverkehr erforderliche, also die Sorgfalt, die zur Aufrechterhaltung des Privatrechtsverkehrs notwendig ist. 58 Durch diese Restriktion wird der Funktion des bürgerlichen Rechts Rechnung getragen, dem Ausgleich der aufeinander treffenden privaten Interessen zu dienen. Bei der Erläuterung der Funktionen des Privatrechts führt wiederum ein Denken in Rechtsverhältnissen weiter. In die Überlegung einzubeziehen ist dabei der Staat, der die Privatrechtsordnung schafft und ihre Durchsetzung gewährleistet. Der Staat bildet den dritten Pol eines trigonalen Rechtsverhältnisses, das die Bürgern untereinander und die Bürger mit dem Staat verbindet. Treten zwei private Rechtssubjekte in geschäftlichen Kontakt, entsteht zwischen ihnen ein Rechtsverhältnis in Form eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses. Da die Parteien dieser Rechtsbeziehung ihre 56 Zum zivilrechtlichen Vorsatzbegriff etwa St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 276 Rn. 150–163; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 276 Rn. 10 f.; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 II (S. 279 f.); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 276 Rn. 17 f.; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 306, 315; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, §276 Rn. 6–9; vgl. schließlich auch die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I, Allg. Theil, Berlin 1888, S. 280. Zur Übernahme des privatrechtlichen Vorsatzbegriffs in das Öffentliche Recht N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 45; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (14); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, §62 Rn. 11; J. Hüttenbrink, Schadensersatzansprüche, S.100; R. Keller, S. 170; G. Schwär, S. 101; J. Murach, Die Haftung, S. 133; L. Simons, S. 147 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 38. 57 Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des BGB, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1888, S. 604. 58 St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 276 Rn. 55; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 284–288); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 276 Rn. 25. Siehe auch K. Engisch, S. 209. Zu den historischen Hintergründen der Rücksichtnahme auf das „Verkehrsinteresse“ im BGB H. Schulte-Nölke, Das Reichsjustizamt, S. 287–289.

I. Die Haftungsvoraussetzungen

179

eigenen Belange grundsätzlich egoistisch vertreten, stehen ihre Interessen in Konkurrenz miteinander. Im Verhältnis zum Staat genießen die Interessen und Akte beider Parteien als Verwirklichung privatautonomer Selbstbestimmung in gleichem Maße grundrechtlichen Schutz durch die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. 59 Daher konfligieren die widerstreitenden Privatinteressen und damit die Grundrechtspositionen im Pol des Staates miteinander. Aus der Perspektive des Staates werden im bürgerlich-rechtlichen Rechtsverhältnis der Zivilpersonen untereinander die gegenläufigen Interessen „kurzgeschlossen“. Aufgabe des Staates ist es nun, die Formen zur Verwirklichung rechtsgeschäftlicher Gestaltungsfreiheit bereitzustellen und durch die Gestaltung der Privatrechtsordnung den Ausgleich der durch die Privatautonomie gleichermaßen geschützten privaten Interessen zu bewerkstelligen. 60 Der Ausgleich wird dadurch geleistet, daß der Staat es den Bürgern grundsätzlich gestattet, im Verhältnis untereinander ihre konkurrierenden „Egoismen“ zu verfolgen. 61 Die Schranken privatautonomen Handelns stecken die Schutzinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer ab. 62 Unter Zugrundelegung dieser Betrachtungsweise schlagen die grundrechtlichen Positionen der Bürger, die an sich allein im Verhältnis zum Staat bestehen, mittelbar auf die Bürger-Bürger-Beziehung durch. 63 Die zivilrechtliche Haftung mit ihrem spezifischen Haftungsmaßstab stellt sich danach als ein Kompromiß zwischen der Handlungsfreiheit des einzelnen und den Schutzinteressen der übrigen Verkehrsteilnehmer dar. 64 Während der zivilrechtliche Verhaltensmaßstab des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB der Koordination privater Interessen dient, die ihrerseits eigennützig-rivalisierend ausgerichtet sind, bedarf es für die Festlegung eines Verhaltensmaßstabes in den Verwaltungsrechtsverhältnissen einer differenzierenden Betrachtung. Schließlich be59 BVerfGE 8, S. 274 (328); 72, S. 155 (170); 89, S. 214 (231); NJW 2001, S. 957 (958); H.-U. Erichsen, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 152 Rn. 57 (S. 1210); K. Ritgen, JZ 2002, S. 114 (116); K. Stern, Staatsrecht, Bd. 3, Teilbd. 1, S. 1577 f.; J. Ziekow, Verankerung, S. 120 f. 60 BVerfGE 89, S. 214 (232); NJW 2001, S. 957 (958); C.-W. Canaris, JuS 1989, S. 161 (162); ders., AcP 184 (1984), S. 201 (212); vgl. auch U. Di Fabio, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 106; J. Isensee, in: ders./P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 5, § 111 Rn. 5 f. (S. 147); ders., in: Festschrift Großfeld, S.485 (496); St. Lorenz, Der Schutz, S. 21; K. Ritgen, JZ 2002, S. 114 (115 f.). 61 L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15); L. Simons, S. 148; vgl. auch W. Hoffmann-Riem, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 261 (268 f.); E. Schmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, S. 7 (16 f.). 62 K. Stern, Staatsrecht, Bd. 3, Teilbd. 1, S. 1577 f.; ähnlich C.-W. Canaris, JuS 1989, S. 161 (163); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 485 f. 63 Generell zur mittelbaren Drittwirkung des Grundrechtes aus Art. 2 Abs. 1 GG in den Rechtsverhältnissen der Privaten untereinander G. Dürig, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 1 Abs. 3 Rn. 127–133; U. Di Fabio, in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 109; H. Dreier, in: ders. (Hrsg.), GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 47; B. Pieroth/B. Schlink, Rn. 181; W. Rüfner, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 5, § 117 Rn. 65–71 (S. 554–557). Vgl. auch BAG GS, NZA 1994, S. 1083 (1085 f.). 64 Vgl. K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 III (S. 283); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 276 Rn. 5; vgl. auch P. Krebs, Sonderverbindung, S. 511.

12*

180

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

gegnen sich hier rechtlich ungleichartige Subjekte, die zwar grundsätzlich divergierende, aber nicht zwingend kollidierende Ziele verfolgen. aa) Der Verschuldensmaßstab für die private Verhandlungspartei Der private Verhandlungspartner vertritt bei den Kontakten mit der Verwaltung – wie im Zivilrecht – seine Privatinteressen. 65 Dem eigennützigen Verhalten des Privaten kommt dabei im Verhältnis zum Staat ein grundrechtlicher Schutz zu. Der Schutz kann sich in dem hier behandelten Wirtschaftsverwaltungsrecht aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG oder dem Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG ergeben. Wenn es bei den informalen Kontakten um die Verwirklichung von Zielen geht, die nicht dem Schutzbereich der beiden Grundrechte zugeordnet werden können, folgt eine verfassungsrechtliche Gewährleistung wenigstens aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Denn die Entscheidung des Bürgers, ob er Verhandlungen mit der Behörde aufnimmt und wie er die Verhandlungen gestaltet, fällt in den Bereich der von Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Privatautonomie. 66 Insoweit verlangt der grundrechtsgeschützte Status des Privaten, daß seine Interessen bei der Festlegung des Verhaltensmaßstabes für sein Handeln während der Verwaltungskontakte Beachtung finden. Will man den objektivierenden Fahrlässigkeitsmaßstab für die private Verhandlungspartei in eine griffige Formel fassen, kann nicht auf die Erfordernisse des Privatrechtsverkehrs abgestellt werden, wie es dem Konzept des § 276 Abs. 2 BGB zugrunde liegt. Der Maßstab muß sich vielmehr an einem öffentlich-rechtlichen „Verkehrskreis“ 67 und damit an den öffentlichen Interessen orientieren. 68 Allerdings kann dem Bürger unter Berücksichtigung seiner Rechtsstellung nicht pauschal die Erfüllung der Allgemeininteressen abverlangt werden. 69 Für eine solche weitreichende Belastung bedürfte es aufgrund des Gesetzesvorbehaltes einer speziellen gesetzlichen Grundlage. 70 Im Rechtsverhältnis der informalen Verhandlungen ist allei65 Daß der Bürger im öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis gegenüber der Verwaltung eigennützige Zwecke verfolgen darf, betont auch H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1713). Vgl. auch M. Bullinger, Die funktionelle Unterscheidung, S. 239 (254), und G. Dauber, S. 67 (97), die hervorheben, daß der Bürger im informellen Verwaltungsrecht erlaubterweise seine eigenen Interessen wahrnimmt und nicht auf das Gemeinwohl verpflichtet ist. 66 Zur Wirkung der Grundrechte im Verhandlungsrechtsverhältnis bereits oben § 4 I 2 b bb. 67 H. de Wall, S. 355 a. E.; für eine Übernahme des Sorgfaltsmaßstabes des § 276 Abs. 1 S. 1 BGB in das Öffentliche Recht aber J. Murach, Die Haftung, S. 143. 68 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 62 Rn. 11; G. Schwär, S. 102; L. Simons, S. 148 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 38. Hingegen für eine Orientierung am privatrechtlichen Verkehr bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabes des Privaten entsprechend § 276 Abs. 2 BGB N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 46; R. Keller, S. 170; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1713). 69 Anders aber L. Simons, S. 149; wohl auch L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15), und G. Schwär, S. 101 f. 70 R. Keller, S. 170.

I. Die Haftungsvoraussetzungen

181

niger Ausgangspunkt für die Belastung des Bürgers der Grundsatz von Treu und Glauben. Aus dieser Vorschrift können zwar den Bürger treffende Schutz- und Loyalitätspflichten gegen den öffentlichen Verhandlungspartner hergeleitet werden, sie bedeutet indessen keine allgemeine Verpflichtung des Privaten auf die Interessen der Gemeinschaft. Vielmehr sind die legitimen und zu schützenden Belange des Bürgers in ein angemessenes Verhältnis zu den konkurrierenden Verwaltungsinteressen zu bringen. Die Formulierung einer Fahrlässigkeitsdefinition läuft infolgedessen hinaus auf die Außerachtlassung der unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen erforderlichen Sorgfalt. Somit kann der Bürger seine eigenen Ziele in dem relativ weit gezogenen Bereich verfolgen, in dem sie mit dem Allgemeininteresse im Einklang stehen. bb) Der Verschuldensmaßstab für die öffentliche Verhandlungspartei Während der haftungsrechtliche Verhaltensmaßstab für den Privaten auch im Öffentlichen Recht unter dem Leitstern der Privatautonomie zu bestimmen ist, muß für die Verwaltung anderes gelten. Subjektive Rechte besitzt die Verwaltung im Verhältnis zum Bürger überwiegend in Form von Eingriffsbefugnissen. Diese sind der Verwaltung durch den Gesetzgeber nicht um der Verwirklichung eigener Freiheiten eingeräumt, sondern zur Realisierung der in den Gesetzen angelegten Ziele. Die Bestimmung eines arteigenen Sorgfaltsbegriffs für die öffentliche Verhandlungsseite hat deshalb unter Zugrundelegung der Bindungen ihres Sonderrechts zu erfolgen.71 Die Intentionen der Verwaltung zielen im Verhältnis zum Bürger auf eine am Gemeinwohl ausgerichtete Gesetzeserfüllung, 72 also auf die Realisierung des öffentlichen Interesses. 73 Hierunter sind die Belange der Gemeinschaft, aber innerhalb derer auch die Belange des Verwaltungsadressaten zu verstehen. Schließlich liegt die Verwirklichung der subjektiven öffentlichen Rechte des Bürgers auch im Allgemeininteresse, 74 weshalb die Verwaltung grundsätzlich nicht nach eigennützigen, den Interessen des Bürgers konträren Zielen strebt, sondern sie sich zugleich auch in gewissem Umfang mit den Belangen des privaten Gegenübers identifizieren muß. Insofern unterscheidet sich die Konstellation des Verwaltungsrechtsverhältnisses 71 Vgl. I. Heberlein, Auswirkungen, S. 534; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1713). Auch an dieser Stelle zeigt sich, daß die Bindungen der Verwaltung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben und diejenigen, die sich aus den gesetzlichen Vorgaben ergeben, bei der Bestimmung des öffentlichen Pflichtenprogramms nicht isoliert betrachtet werden dürfen, vgl. hierzu bereits oben § 4 II 1 c. 72 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 46; J. Ziekow, Verankerung, S. 122 f. 73 Für die Bestimmung des öffentlichen Verschuldensmaßstabes im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis unter Zugrundelegung des öffentlichen Interesses H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 62 Rn. 11; R. Keller, S. 170 f.; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1713); G. Schwär, S. 102; L. Simons, S. 148 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 38. 74 Zu diesem Verständnis des Allgemeininteresses bereits oben § 4 I 2 cc. Vgl. hierzu auch F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 43 III (S. 355); H. de Wall, S. 353 f.

182

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

grundlegend von dem Antagonismus der Interessen, wie er bei Privaten untereinander zu präsumieren ist. 75 Die Gesetzesbindung der Verwaltung, die an sich außerhalb der auf dem Prinzip von Treu und Glauben basierenden Sonderbeziehung anzusetzen ist, durchdringt auch an dieser Stelle das Rechtsverhältnis zwischen den rechtlich ungleichen Teilnehmern. Sie findet sich im Verhaltensmaßstab der öffentlichen Verhandlungspartei darin wieder, daß von der Verwaltung die Sorgsamkeit bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu fordern ist, die in einem Rechtsstaat erwartet werden kann. 76 Doch erscheint es überzogen, von der Verwaltung aufgrund ihrer Gesetzesverpflichtetheit die höchstmögliche und damit eine geradezu unbegrenzte Sorgfalt zu verlangen. 77 Bei der Sondierung der Grenzen öffentlichen Vertretenmüssens ist für die Rechtsverhältnishaftung als originäre Staatshaftung die Tatsache zu vernachlässigen, daß auch der Staatsapparat nur durch naturgemäß unvollkommene Menschen handeln kann. Vielmehr ist der Blick auf die öffentliche Institution zu richten und nicht auf die agierende Person. Da die Treuepflichten im Anbahnungsrechtsverhältnis nicht den Amtswalter treffen, sondern unmittelbar die Verwaltung als kooperierende Körperschaft, erweist es sich nur als systemgerecht, zur Beurteilung einer Pflichtverletzung einen „entpersonalisierten“ normativen Verschuldensbegriff zu bilden. 78 Die Grenzen des öffentlichen Vertretenmüssens bilden dann die faktische Leistungsfähigkeit der Behörde sowie die Erfordernisse der Aufrechterhaltung der Funktionalität der Verwaltung, welche im konkreten Fall in Relation zur jeweils wahrzunehmenden Aufgabe unverzichtbar sind. 79 Dabei wird schwerlich eine Verallgemeinerung des Fahrlässigkeitsbegriffs für bestimmte Situationen möglich sein. Das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis bildet – anders als das Rechtsverhältnis I. Heberlein, Auswirkungen, S. 533; ders., Störungen, S. 347, 355. L. Eckert, DVBl. 1962, S.11 (15). Zur rechtsstaatlichen Ausrichtung eines staatshaftungsrechtlichen Verhaltensmaßstabes auch die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drs. 8/2079, S. 26, 39, zu § 2 der Entwurfsfassung, und A. Schäfer, in: ders./H. J. Bonk, StHG, § 2 Rn. 19, 25. 77 H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1713 Fn. 96); H. de Wall, S. 354. Die maximale Erreichung der im öffentlichen Interesse liegenden Ziele verlangt im verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis aber L. Simons, S. 149. 78 Vgl. dazu auch den objektivierten Verschuldensmaßstab, den der BGH für das Amtshaftungsrecht entwickelte, indem er generelle Verhaltensstandards aufstellte (BGHZ 2, S. 209 (214); 4, S. 302 (311 f.); 22, S. 258 (266 f.)) und ein Organisationsverschulden anerkannte (BGH, NJW 1964, S. 41 (44); DVBl. 1978, S. 146 (147); DVBl. 1989, S. 1094, (1096)). Hierdurch entfernt sich die Amtshaftung von der ursprünglichen persönlichen Haftung des Amtwalters gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, und nähert sie sich einer unmittelbaren Staatshaftung an, dazu B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 593; J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 1279; F. Ossenbühl, Festgabe BGH, S. 887 (895). 79 So zu dem Verschuldensmaßstab für eine originäre Staatshaftung, welcher in § 2 Abs. 2 S. 2 StHG 1981 vorgesehen war, B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 337; A. Schäfer, in: ders./H. J. Bonk, StHG, § 2 Rn. 25, 29. Zu beachten ist dabei, daß der Sorgfaltsmaßstab des StHG 1981 außerhalb einer Sonderbeziehung gelten sollte. Vgl. ähnlich N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 46; J. Murach, Die Haftung, S. 136 f., für die Sorgfaltsanforderungen an die öffentliche Partei eines verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses. 75 76

I. Die Haftungsvoraussetzungen

183

zwischen Privatpersonen – keine starre Summe von Rechtssätzen. 80 Das Verwaltungsrechtsverhältnis ist vielmehr reagibel gegenüber der komplexen Gesamtheit der Ziele und Zweckvorstellungen, die der Gesetzgeber für die jeweilige Verwaltungslage vorgeschrieben hat. Eine Konkretisierung ist nur insoweit möglich, als es auf die von einer funktionstüchtigen Behörde der in Rede stehenden Art in der jeweiligen Situation zu erwartetende Sorgfalt ankommt. 81 Der Fahrlässigkeitsbegriff für die öffentliche Verhandlungsseite läßt sich demnach verstehen als die Außerachtlassung der bei der Durchsetzung der öffentlichen Interessen den Umständen nach erforderlichen Sorgfalt. 82 cc) Folgerungen Bei den gesonderten Definitionen der Verhaltensmaßstäbe für die private und die öffentliche Seite handelt es sich bei vordergründiger Betrachtung weniger um ein praktisches Anliegen denn um ein Gebot dogmatischer und sprachlicher Korrektheit. Da aber für beide Seiten unterschiedlich definiert ist, was an Rücksichtnahme geboten ist, kann der graduelle Unterschied in den Fahrlässigkeitsdefinitionen durchaus zu haftungsrelevanten Folgen führen. Für die private Seite wirkt sich mildernd aus, daß ihre eigenen Rechte im Verhältnis zur öffentlichen Verhandlungsseite wirken, woraus prinzipiell auf die Zulässigkeit einer geminderten Rücksichtnahme auf die öffentlichen Interessen zu schließen ist. Gewisse Verschärfungen werden sich für den öffentlichen Verhaltensmaßstab ergeben, da die Verwaltung über die Ausübung ihrer subjektiven Rechte nicht privatautonom verfügen kann und weil die (grund-)gesetzlich garantierten Positionen des Privaten im Allgemeinwohl zu berücksichtigen sind. Dies führt zu einer Steigerung der verwaltungsseitigen Rücksichtnahmepflichten im Verkehr mit dem privaten Verhandlungspartner und in letzter Konsequenz zu einer erweiterten Einstandspflicht für Staatsunrecht. b) Die Verantwortlichkeit für fremdes Verschulden Eine Besonderheit der Haftung innerhalb von Sonderbeziehungen ist es, daß die Teilnehmer nicht nur eigenes Verschulden zu vertreten haben. Darüber hinaus müssen die Parteien auch für das Fehlverhalten der Personen einstehen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer im Rechtsverhältnis bestehenden Pflichten bedienen, und zwar so, wie wenn sie selber ein Verschulden träfe. 80 L. Simons, S. 168. Vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drs. 8/2079, S. 39, zu § 2 der Entwurfsfassung. 81 Vgl. B. Bender, Staatshaftungsrecht, 3. Aufl., Rn. 340; A. Schäfer, in: ders./H. J. Bonk, StHG, § 2 Rn. 42. 82 Ähnlich die Ausfüllung des Fahrlässigkeitsbegriff in § 2 Abs. 1 S. 2 StHG 1981 mit der „bei der Ausübung öffentlicher Gewalt den Umständen nach gebotenen Sorgfalt“.

184

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

aa) Das Zurechnungsprinip Der Grund für die Haftungserweiterung, deren zivilrechtlichen Ausdruck § 278 S. 1 BGB repräsentiert, ist darin zu finden, daß der Schuldner bewußt und willentlich in seinem Pflichtenkreis einen Dritten tätig werden läßt. Durch die Zwischenschaltung zusätzlichen Personals werden neue Risiken geschaffen und in den Bereich des Gläubigers eingeführt, ohne daß dieser hierauf Einfluß nehmen kann. 83 Fehlte eine besondere Regelung dieser Konstellation, stünde der gesteigerten Gefahrenlage für den Gläubiger ein verminderter rechtlicher Schutz vor Vermögenseinbußen gegenüber. Sofern der Schuldner nämlich seinen Gehilfen sorgfältig ausgesucht und angeleitet hätte und ihn insoweit kein Eigenverschulden träfe, haftete die Hilfsperson nur selbst. Der Schuldner könnte sich dadurch, daß er nicht persönlich gegenüber dem Gläubiger handelt, sondern Dritte hierfür einsetzt, einem eigenen Haftungsrisiko entziehen. Da die Hilfsperson regelmäßig in keiner rechtlichen Sonderbeziehung zum Gläubiger steht und ihr daher in diesem Verhältnis keine Forderungsverletzung vorgeworfen werden könnte, haftete sie lediglich nach den milderen Regeln des Deliktsrechts der §§ 823 ff. BGB. 84 Im Falle bloßer Vermögensverletzungen bliebe der Gläubiger weitgehend schutzlos, da das Vermögen durch das zivile Deliktsrecht nur einen geringen Schutz erfährt. 85 Die Delegation von Verrichtungen soll aber den Gläubiger nicht belasten und den Schuldner auch nicht entlasten. Mit dem Ziel einer richtigen Risikozuweisung existiert daher der allgemeine Rechtsgedanke 86, der dem Schuldner, der seine Aufgaben delegiert, die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für seine Hilfskräfte aufgibt, und zwar nach dem Recht der Sonderverbindung. 87 83 Vgl. die Motive zum dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1888, S. 30; R. Battes, in: Erman, BGB, § 278 Rn. 1; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (16); J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht, Bd. 1, Teilbd. 2, § 27 I 4 (S. 103); M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 278 Rn. 1; L. Simons, S. 154; B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (389). 84 Vgl. die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, Berlin 1888, S. 30; S. Kamanabrou, NJW 2001, S. 1187 (1188); D. Looschelders, Rn. 542; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 297 f.); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 278 Rn. 1; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 318; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 222. 85 Hierzu schon oben § 2 vor I. 86 Die Einstufung als allgemeiner Rechtsgedanke bei RGZ 98, S. 341 (343); JW 1933, S. 1389; BGH, VersR 1996, S. 202 (203); OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1996, S.305; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15); R. Keller, S. 173 f.; Th. Meysen, Die Haftung, S. 336; J. Murach, Die Haftung, S. 144 f.; L. Simons, S. 153 f.; B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (389); K. Windthorst, JuS 1996, S.605 (609); H.J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd.2, 6. Aufl., § 55 Rn. 40. 87 Zur Zurechnung innerhalb der verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse etwa RG, JW 1933, S. 1389; BGH, VersR 1996, S. 202 (203); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 199, 204; H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 738; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15 f.); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 362; R. Keller, S. 173 f.; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 6; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 (1712 f.); F. Ossenbühl, Staatshaf-

I. Die Haftungsvoraussetzungen

185

Bei den informalen Kontakten liegt mit dem haftungsbewehrten Verwaltungsrechtsverhältnis eine Sonderbeziehung vor, die die Geltung des Zurechnungsprinzips rechtfertigt. Treu und Glauben generieren für die beteiligte Parteien Schutzpflichten im Anbahnungsrechtsverhältnis. Die an § 278 S. 1 BGB angelehnte Wendung, wonach der Teilnehmer einer Sonderbeziehung für die Hilfspersonen einzustehen hat, deren er sich zur Erfüllung seiner Pflichten bedient, erweist sich als zu eng, da die Parteien ihre Gehilfen nicht um der Schutzpflichten willen einsetzen, sondern um sich selbst durch die Arbeitsteilung eine Erleichterung zu verschaffen. § 278 S. 1 BGB ist auf die Erfüllung von Leistungspflichten zugeschnitten, nicht aber auf die Beachtung weiterer Verhaltenspflichten in Form von Schutzpflichten. 88 Da die Kooperationsparteien jedoch im Rechtsverhältnis der informalen Verhandlungen durch das Treu-und-Glauben-Prinzip zur redlichen Verhandlungsführung verpflichtet sind, delegieren sie – bei einer normativen Betrachtung – zugleich mit der Verhandlungsführung die Erfüllung der durch die Schutzpflichten geforderten Handlungen auf die Hilfsperson. 89 Der Rechtsgrundsatz, der den Parteien die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für ihre Hilfspersonen aufgibt, bedeutet für die informalen Kontakte, daß der Private und die öffentliche Seite für das Verhalten ihrer Verhandlungsgehilfen einzustehen haben. In den Kategorien der Vertrauenshaftung läßt sich der Rechtsgrundsatz so fassen, daß die Parteien der Vertrauensbeziehung sich die von ihren Hilfspersonen gesetzten Vertrauenstatbestände zurechnen lassen müssen.90 Da es bei den Vertrauenstatbeständen regelmäßig um Informationsmängel geht, müssen sich die Parteien an den von ihrem Personal nicht bzw. fehlsam vermittelten Informationen festhalten lassen. 91

tungsrecht, S. 338, 358; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 49 Rn. 10; L. Simons, S. 153–156; B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (388 f., 395 f.); K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 (609); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 40. Siehe aber auch die älteren Stimmen gegen eine erweiterte Zurechnung fremden Verschuldens im Verwaltungsrecht bei L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15 f.). 88 J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 27 I 3 c (S. 102); S. Kamanabrou, NJW 2001, S. 1187 f.; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 301); E. Schmidt, AcP 170 (1970), S. 502 (503). 89 Im Zivilrecht wird deshalb der Verbindlichkeitsbegriff des § 278 S. 1 BGB auch auf Schutzpflichten ausgedehnt, etwa BGH, VersR 1965, S. 240 (241); St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 278 Rn. 21; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 278 Rn. 18 f.; S. Kamanabrou, NJW 2001, S. 1187 (1188); K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 301 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 326, 330. 90 Zum Vertrauenstatbestand als Haftungsvoraussetzung oben § 5 I 2 a aa. 91 Zur Bedeutung unzutreffender oder unzureichender Erklärungsakte als Vertrauenstatbestand § 4 III, § 5 I 2 a aa.

186

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

bb) Die Folgen für die Parteien der Rechtsverhältnishaftung Der Private wird diese Erweiterung seiner Einstandspflicht für das Verhalten von Hilfspersonen, die über die deliktsrechtliche Haftpflicht des § 831 BGB hinaus reicht, nicht als Belastung empfinden. Das Zurechnungsprinzip entspricht nur dem, was für das Zivilrecht in § 278 S. 1 BGB festgelegt ist. Von fundamentaler Bedeutung ist der Grundsatz, der der öffentlichen Seite die Einstandspflicht für Gehilfenverhalten vorgibt. Bei der Rechtsverhältnishaftung handelt es sich um eine unmittelbare Staatshaftung. Anders als bei der Amtshaftung des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG, bei der die persönliche Haftpflicht des handelnden Beamten aus § 839 BGB durch die Überleitungsvorschrift des Art. 34 S. 1 GG auf den Staat verlagert wird, 92 ist es für eine Auslösung der Rechtsverhältnishaftung Voraussetzung, daß der Staat selbst eine Pflicht im Verwaltungsrechtsverhältnis verletzt. Doch handelt es sich bei dem Staat um kein Rechtssubjekt, welches „eigenhändig“ tätig werden könnte. Als juristische Person und als Gedankengebilde kann dem Staat Handlungsunrecht nur dann vorgeworfen werden, wenn ihm die Verantwortlichkeit für das Verhalten bestimmter Menschen über besondere Vorschriften zugewiesen wird. 93 Für die juristischen Personen des Privatrechts hat der Gesetzgeber aus diesen organisationsrechtlichen Gegebenheiten die Konsequenzen gezogen und mit § 31 BGB eine besondere Zurechnungsvorschrift geschaffen: Da das Handeln eines Organs als Handeln der juristischen Person selbst gilt, soll die juristische Person nach § 31 BGB für das Organhandeln einstehen, wie eine natürliche Person für ihre eigene Handlung einzustehen hat. 94 Nach § 89 Abs. 1 BGB gilt diese Zurechnungsvorschrift auch für die juristischen Personen des Öffentlichen Rechts. Doch legt § 89 Abs. 1 BGB die Zurechnung von Organwalterhandeln für den Staat nur in seiner Eigenschaft als Fiskus, also in seinen privatrechtlichen Beziehungen fest; für den hier behandelten öffentlich-rechtlichen Sektor fehlt eine Zurechnungsnorm.95 Eine 92 BVerfGE 61, S.149 (198); H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 9 (S. 1357), 11 (S. 1358); W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 47 Rn. 3; J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 25. 93 E.-W. Böckenförde, in: Festschrift Wolff, S. 269 (271); L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15); G. Schwär, S. 104. Vgl. auch H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 5. Aufl., § 109 Rn. 7. 94 K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 9 I 4 (Rn. 14–16), § 10 B I 4 (Rn. 84); D. Reuter, in: Münchener Kommentar, Bd. 1, BGB, § 31 Rn. 1; H. P. Westerman, in: Erman, BGB, § 31 Rn. 1; vgl. auch D. Kleindiek, S. 137, 184 f. 95 Vgl. die Motive zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I, Allg. Theil, Berlin 1888, S. 103; BVerfGE 61, S. 149 (180); H. Dörner, in: R. Schulze (Hrsg.), BGB, § 89 Rn. 1; W. Hadding, in: H. Th. Soergel, BGB, § 89 Rn. 1 f., 8; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 31 Rn. 11 a. E., § 89 Rn. 1; O. Jauernig, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 89 Rn. 2; K. Larenz/M. Wolf, Allg. Teil, § 10 B I 4 (Rn. 84); H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 5 (S. 1355 f.); P. Rawert, in: J. von Staudinger, BGB, § 89 Rn. 23; D. Reuter, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. 1,

I. Die Haftungsvoraussetzungen

187

rechtsgrundsätzliche oder analoge Ausweitung des Anwendungsbereichs der §§ 89 Abs. 1, 31 BGB auf das Öffentliche Recht verbietet sich. Das Amtshaftungsrecht des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG schließt hier die Haftung des Staates für das Verhalten seiner „Beamten“ als eigenes Verhalten aus. 96 Der Anwendungsbereich des Amtshaftungstatbestandes erstreckt sich dabei nach Art. 34 S. 1 GG umfassend auf die Tätigkeit „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“. Er wirkt demnach nicht nur für die deliktischen Haftungstatbestände und die Verstöße gegen absolute Amtspflichten, sondern auch bei der Verletzung relativer öffentlicher Pflichten, die innerhalb der verwaltungsrechtlichen Sonderbeziehungen bestehen.97 Somit scheidet eine staatshaftungsrechtliche Einstandspflicht der öffentlichen Körperschaft für pflichtwidriges Amtswalterhandeln als eigenes Handeln für den Bereich der Verwaltungsrechtsverhältnishaftung aus. Hieraus resultiert die besondere Rolle der Zurechnungsregel, die vorgibt, daß öffentlich-rechtliche Körperschaften innerhalb einer rechtlichen Sonderbeziehung für das Verhalten der von ihr eingeschalteten Hilfspersonen haftungsrechtlich einstehen müssen. Im Unterschied zu der Organwalterhaftung gem. §§ 89 Abs. 1, 31 BGB, die für den privatrechtlichen Sektor eine unmittelbare Haftung des Staates für Organhandeln als eigenes Verhalten vorschreibt, gilt innerhalb der Sonderbeziehung eine Haftung für das Handeln Dritter wie für eigenes Verhalten. 98 Dabei geht der Anwendungsbereich dieser Zurechnung über den der Organhaftung hinaus. Es entscheidet nicht mehr die organisationsrechtliche Stellung des Handelnden gegenüber der Körperschaft über die öffentliche Verantwortlichkeit, sondern ausschlaggebend ist, in welcher Funktion der Handelnde gegenüber dem Verletzten tatsächlich agiert. 99 Daß § 89 Rn. 6; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 47 Rn. 6; E. Schmidt-Jortzig/S. Petersen, JuS 1989, S. 27 (30); E. Steffen, in: RGRK, BGB, § 89 Rn. 1; H. P. Westermann, in: Erman, BGB, § 89 Rn. 1 f. 96 Anderer Ansicht aber für die verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse BVerwGE 25, S. 138 (146); St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, Staatshaftungsrecht, § 20 Rn. 12 (S. 397), § 21 Rn. 21 (S. 405); L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15 Fn. 75); V. Schlette, S. 429 f. mit Fn. 105; H. de Wall, S. 358 f. 97 Etwa RGZ 108, S. 249 (251); BGHZ 1, S. 369 (380); A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (19 f.); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 206; St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, Staatshaftungsrecht, § 20 Rn. 10 (S. 397); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.60 f.; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.6, §157 Rn. 70 (S. 1386). 98 Zu diesem Unterschied für das Zivilrecht etwa O. Jauernig, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 31 Rn. 1; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 323, 334; M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 278 Rn. 3. Vgl. für das Öffentliche Recht E.-W. Böckenförde, in: Festschrift Wolff, S. 269 (274 f.). 99 Dennoch ist im Zivilrecht umstritten, ob Organhandeln von der Zurechnungsvorschrift des § 278 S. 1 BGB erfaßt wird, bejahend R. Battes, in: Erman, BGB, § 278 Rn. 9; D. Kleindiek, S. 189 f., 274 f.; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 278 Rn. 104; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 323; G. Weick, in: J. von Staudinger, BGB, § 31 Rn. 3; ablehnend St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 278 Rn. 10; W. Hadding, in: H. Th. Soergel, BGB, § 31 Rn. 4; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 278 Rn. 6; O. Jauernig, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 31 Rn. 1; D. Looschelders, Rn. 544; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 276 Rn. 4; M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 278 Rn. 20.

188

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

nicht die behördeninterne Kompetenzverteilung zählt, die für einen Privaten ohnehin kaum überschaubar ist, erscheint nur sachgerecht für die Rechtsverhältnishaftung als Vertrauenshaftung. Die Zurechnung richtet sich dann nämlich danach, wie der handelnde Amtswalter mit dem Willen der Behörde nach außen auftritt und danach, ob der Private nach dem ihm durch die Verwaltung vermittelten Wissenshorizont auf die Kompetenz des von der öffentlichen Seite eingesetzten Gegenübers zur Führung der Verhandlung vertrauen darf. 100 Die Verwaltung muß sich im Ergebnis an den von ihrem Personal geäußerten Informationen festhalten lassen, die sich eignen, einen Vertrauenstatbestand für den privaten Kooperationspartner zu bilden. 101 Die Eignung der Erklärungsakte richtet sich dabei nicht nur nach ihrem objektiven Gehalt, sondern auch danach, daß sie von einer Person geäußert werden, auf deren fachliche und rechtliche Kompetenz sich der Private verlassen darf. Die Zurechnung gilt somit auch für Sachbearbeiter, die die Verwaltung während der Verhandlungen als unmittelbaren Ansprechpartner des Bürgers einsetzt, die aber nicht unter den engen, durch §§ 89 Abs. 1, 31 BGB vorgezeichneten Personenkreis „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ 102 zu rubrizieren sind. Für die Zurechnung kommt es bei der Rechtsverhältnishaftung letztlich darauf an, ob der Private auf die Zuständigkeit und Zuverlässigkeit des von der Behörde zur Verhandlungsführung eingesetzten Personals vertrauen durfte. cc) Der Verschuldensmaßstab für Gehilfenverhalten Da § 278 S. 1 BGB, der für das Zivilrecht eine kodifizierte Formulierung des Zurechnungsgedankens enthält, die Zurechnung des Verschuldens von Hilfspersonen vorgibt, bleibt zu klären, wonach sich die Schuldhaftigkeit des Gehilfenverhaltens in den öffentlich-rechtlichen Beziehungen bestimmt und welcher Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist. Verschulden setzt eine Pflichtverletzung voraus. Die Gehilfen sind aber lediglich ihren Dienstherren gegenüber aus ihrem Dienstverhältnis verpflichtet. 103 Dabei werden die Pflichten im Rechtsverhältnis zwischen dem privaten Verhandlungspartner und seinen Gehilfen regelmäßig durch Dienstverträge geregelt. Das Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlichen Verhandlungspartner und seinen Hilfspersonen kann ebenfalls durch privatrechtliche Dienstverträge oder auch durch 100 Vgl. ähnlich für den Vertrauensschutz im schweizerischen Recht B. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 109 f. 101 Zur Haftungsvoraussetzung des geeigneten Vertrauenstatbestandes § 5 I 2 a bb. 102 Freilich hat die Rechtsprechung den Begriff des verfassungsmäßig berufenen Vertreters auf Personen ausgedehnt, die zwar nicht Organe der öffentlichen Körperschaft sind, denen aber bedeutsame, wesentliche Funktionen der juristischen Person zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, wobei als Grundlage der Zuweisung die tatsächlich praktizierte Organisation ausreichen soll, vgl. BGH, NJW 1972, S.334; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 89 Rn. 4–6; D. Kleindiek, S. 346. 103 Vgl. für den zivilrechtlichen Erfüllungsgehilfen im Sinne des §278 S.1 BGB D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 334; J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 27 I 3 c (S. 101); E. Schmidt, AcP 170 (1970), S. 502 (511).

I. Die Haftungsvoraussetzungen

189

die Vorschriften des Beamtenrechts ausgestaltet sein.104 Dagegen trifft die Hilfspersonen die im Kooperationsrechtsverhältnis geltende Treueverpflichtung nicht; sie sind an dieser verwaltungsrechtlichen Sonderbeziehung überhaupt nicht beteiligt. Die Treuepflicht bindet allein ihre Dienstherren als Teilnehmer des haftungsbewehrten Kooperationsrechtsverhältnisses. Für die Beurteilung von Fehlverhalten ist in der Relation zwischen den Kooperationsparteien auch nicht der haftungseinschränkende Sorgfaltsmaßstab ausschlaggebend, der im Dienstverhältnis herrscht. 105 Übertrüge sich dieser in das Rechtsverhältnis des Dienstherrn zu dessen Kooperationspartner, würden die haftungsrechtlichen Vergünstigungen des Arbeits- bzw. des Beamtenrechts die Rechtsverhältnishaftung einschränken und sich damit nachteilig für die geschädigte Kooperationspartei auswirken. Die geschädigte Partei ist zwar Teilnehmerin des Verwaltungsrechtsverhältnisses, das zwischen ihr und ihrem Verhandlungspartner besteht; sie ist aber in keiner Weise am haftungsbeschränkten Dienstverhältnis zwischen ihrem Verhandlungspartner und dessen Hilfspersonen beteiligt. Eine Vermittlung des Pflichten- und Sorgfaltsmaßstabes des Dienstverhältnisses in das Kooperationsverhältnis über die Person des Dienstherrn, der in diese beiden grundsätzlich voneinander zu trennenden Rechtsbeziehungen eingebunden ist, wirkte in unzulässiger Weise zu Lasten der geschädigten Kooperationspartei. 106 Daher kann es bei der Zurechnung von „Fremdverschulden“ nur um die Zurechnung von Gehilfenverhalten, nicht aber von Gehilfenverschulden gehen. Genauso, wie sich die Pflichtwidrigkeit von Gehilfenverhalten nach den Bestimmungen des Kooperationsrechtsverhältnisses beurteilt, hat sich die Frage nach der Schuldhaftigkeit der Pflichtverletzung nach dem Sorgfaltsmaßstab zu richten, der innerhalb der Kooperationsbeziehung herrscht. Haftungsauslösendes Verschulden liegt somit vor, wenn die Handlung des Gehilfen als Verhalten des eigentlichen Haftungssubjektes gedacht eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellen würde. 107 Das 104 Zur Qualität des Rechtsverhältnisses zwischen den Verhandlungsparteien und ihren Hilfspersonen bereits oben § 4 I 2 a. 105 Siehe die beamtenrechtliche Haftung gegenüber dem Dienstherrn nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gem. § 78 Abs. 1 S. 1 BBG, § 46 Abs. 1 S. 1 BRRG. Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst haften nach § 14 BAT ebenfalls in dem Umfang, den die beamtenrechtlichen Vorschriften vorgeben; zu den Haftungsprivilegien des innerbetrieblichen Schadensausgleichs im übrigen Privatrecht BAG GS, NZA 1994, S. 1083 (1084–1086); BAG, NJW 1995, S. 3204. 106 Zur parallelen zivilrechtlichen Problemstellung bei § 278 BGB BGHZ 31, S. 358 (367); J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 27 I 3 c (S. 101); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 278 Rn. 27; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 303 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 334; E. Schmidt, AcP 170 (1970), S. 502 (512 f.). 107 H. de Wall, S. 357; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 96. Vgl. auch das Zivilrecht: Dort hat der Schuldner nach § 278 S. 1 BGB das fremde Verschulden „in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden“, hierzu J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 27 I 3 c (S. 102); St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 278 Rn. 49; D. Kleindiek, S. 137 f.; K. Larenz, Schuldrecht I, § 20 VIII (S. 304); M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, § 278 Rn. 50, 55; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 334; H.-J. Mertens, in:

190

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Verhalten des Gehilfen wird somit gleichsam in die Person des Verhandlungspartners „hineinprojiziert“ 108. Da für die private und für die öffentliche Seite im Verwaltungsrechtsverhältnis unterschiedliche Verschuldensgrade maßgebend sind, 109 ist auch an dieser Stelle eine differenzierende Betrachtung notwendig.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung Als Folge der zu vertretenden Schutzpflichtverletzung im Verwaltungsrechtsverhältnis hat der Schädiger Schadensersatz zu leisten. Der näheren Erörterung bedarf es, worin die Kompensation besteht und in welchem Umfang sie erfolgt (sub 1). Weiterhin ist zu klären, ob eine Kürzung des Ersatzes aufgrund eines etwaigen Mitwirkens des Geschädigten bei der Schadensentstehung in Betracht kommt (sub 2). 1. Der Anspruchsinhalt Zunächst ist darzulegen, in welcher Form der Schädiger den Verletzten schadlos zu stellen hat, nämlich durch eine Vertrauensentsprechung oder durch Kompensation in Geld (sub a). Danach steht zu erörtern, welche Schäden die Verhandlungsparteien im einzelnen von ihrem Gegenüber ersetzt verlangen können (sub b). a) Der Ersatz des negativen Interesses Entsprechend der Leitidee des Schadensersatzrechtes, die in § 249 S. 1 BGB ihre Positivierung findet, muß der Schädiger den Zustand herstellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Zur Festlegung des Gegenstandes der Ersatzpflicht ist daher zuvorderst die genaue Definition des Sachverhaltes entscheidend, der im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung haftungsauslösend wirkt. Im weiteren wird bei der Bestimmung der Haftungsfolgen nach einer Darstellung der allgemeinen Grundsätze (sub aa) differenziert zwischen der Verletzung abschlußbezogener (sub bb) und inhaltsbezogener Pflichten (sub cc). Weiterhin ist zu fragen, ob sich eine inhaltlich abweichende Haftung für den öffentlichen Verhandlungspartner bei Verstößen gegen seine einseitigen Bindungen ergibt (sub dd).

H. Th. Soergel, BGB, §254 Rn. 57; E. Schmidt, AcP 170 (1970), S.502 (512 f.). Vgl. auch VGH München, NVwZ 1998, S. 421 (422). 108 E. Schmidt, AcP 170 (1970), S. 502 (512); auch J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 27 I 3 c (S. 102). 109 Dazu oben § 5 I 3 a.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

191

aa) Die allgemeinen Grundsätze Der ersatzfähige Schaden ergibt sich aus der Differenz zwischen zwei Größen: Es wird der hypothetische Zustand, der ohne das zum Ersatz verpflichtende Ereignis bestünde, mit dem tatsächlich bestehenden verglichen. Den Schaden bildet der sich dabei zu Lasten des Verletzten ergebende Unterschied. 110 Zu gleichen Ergebnissen wie die Differenzhypothese kommt die Theorie der äquivalenten Kausalität. Dieser Lehre nach gelten als Folgen des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses alle Umstände, die entfallen, wenn dieses Ereignis hinweggedacht wird, also alle Umstände, für die das Ereignis eine conditio sine qua non darstellt. 111 Im Falle einer Unterlassung sind äquivalent-kausale Folgen des Unterlassens die Umstände, die fortfallen, wenn man das pflichtgemäße Handeln hinzudenkt. 112 Nach der strengen Äquivalenztheorie sind alle Bedingungen gleichwertig. Der reine Kausalzusammenhang reicht indes nicht aus, um eine Schadensfolge eindeutig dem Verantwortungsbereich des Haftpflichtigen zuzuweisen. Die Haftpflicht würde geradezu ausufern, wenn der Ersatzpflichtige für die ferneren und immer entfernteren schädlichen Folgen seines Tuns einstehen müßte. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden erweist sich daher als notwendiges, nicht aber schon hinreichendes Kriterium der Einstandspflicht. Die erforderliche wertende Eingrenzung erhält der durch die äquivalente Kausalität ermittelte Schaden durch die Adäquanztheorie. Nach dieser scheidet eine Zurechnung solcher Schäden aus, die nur aufgrund besonders eigenartiger, ganz unwahrscheinlicher und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassender Umstände als Folge des haftungsbegründenden Vorganges eintreten konnten. 113 Der auf diesem Weg ermittelte Schaden läßt sich grundsätzlich auf zweierlei Weise ausgleichen. Der Schadensersatz kann auf eine Herstellung des tatsächlichen Zustandes gerichtet sein, der ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis jetzt bestehen würde. Neben dieser Naturalherstellung kommt ein Geldersatz als Kom110 Zu dieser im Zivilrecht entwickelten Methode der Schadensbestimmung, die unbedenklich in das Öffentliche Recht übernommen werden kann, etwa H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., vor § 249 Rn. 8; K. Larenz, Schuldrecht I, § 29 I a (S. 480 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 595; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 41, 43; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§ 249 ff. Rn. 35, § 249 Rn. 5. 111 K. Larenz, Schuldrecht I, § 27 III a (S. 433); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 596; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 41 f., 117; G. Schiemann, in: J. Staudinger, BGB, § 249 Rn. 8; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, vor §§ 249–253 Rn. 14. 112 K. Larenz, Schuldrecht I, § 27 III c (S. 457 f.); D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 596; G. Schiemann, in: J. Staudinger, BGB, § 249 Rn. 9 f.; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 117 a. E. 113 RGZ 133, S. 126 (127 f.); BGHZ 3, S. 261 (267); NJW 1982, S. 572 (573); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62.Aufl., vor § 249 Rn. 54–61; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 598; K. Larenz, Schuldrecht I, § 27 III c (S. 458 a. E.); H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 249 Rn. 120; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 249 Rn. 12–16; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, vor §§ 249–253 Rn. 14.

192

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

pensation des rechnerischen Schadens in Betracht.114 Bei der Rechtsverhältnishaftung geht es zumeist um den Ersatz der allgemeinen Vermögensschäden, die der verletzte Teil aufgrund einer Schutzpflichtverletzung des Gegenübers erleidet. Eine Naturalherstellung ist nur für die Fallgruppen zu erwägen, bei denen die Pflichtverletzung mit einer gescheiterten bzw. vereinbarten Leistungsbeziehung in Zusammenhang steht. bb) Die Verletzung abschlußbezogener Pflichten Um die Leistungserbringung geht es bei den abschlußbezogenen Pflichtverletzungen, das heißt, wenn eine Vereinbarung aufgrund des Verschuldens einer Seite scheitert. Geht man bei der Bestimmung der abschlußbezogenen Pflichtenverstöße zu ungenau vor und sucht man eine Verletzung der aus Treu und Glauben abzuleitenden Pflichten in der Beendigung der informellen Verhandlungen selbst, 115 wäre als Rechtsfolge ein Anspruch auf Fortführung der informalen Kooperation zu gewähren. Da eine Verpflichtung zum ziellosen Weiterverhandeln absurd wäre, müßte der Anspruch letztlich auf die Zustimmung zu einem Pakt oder wenigstens auf Herstellung des Zustandes gehen, der vorläge, wenn die Gegenseite die Verhandlungen nicht abgebrochen, sondern zu einem Konsens beigetragen hätte. 116 Doch kann dieses Ergebnis nicht richtig sein: Wird als vorenthaltenes Verhandlungsergebnis eine Absprache eingefordert, ist für den Anspruchsteller nichts gewonnen. Die Absprache ist selbst informell und bewirkt keine rechtliche Bindung bezüglich ihres Inhaltes. 117 Anders verhält es sich, wenn als Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung eine Vertrauensentsprechung in Form einer Zustimmung zu einem Verwaltungsvertrag oder von der hoheitlichen Seite der Erlaß eines bestimmten Verwaltungsaktes vorgesehen ist. Wird dem Schädiger eine Erfüllungspflicht auferlegt, welche inhaltlich dem Stand der Verhandlungen im Zeitpunkt der Kooperationsaufkündigung oder den mutmaßlichen weiteren Verhandlungsergebnissen entspricht, wird dem Verletzten konstruktiv das gewährt, was er hätte, wenn die Verhandlungen nicht abgebrochen worden wären. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht mit der Privatautonomie des haftenden Bürgers und auch nicht mit der Letztentscheidungsbefugnis der zum Schadensersatz verpflichteten staatlichen Instanz vereinbar. Beiden Seiten können nicht im Wege des Schadensersatzes Leistungspflichten auferlegt werden, die sich nicht mit ihrem Willen decken. 118 Die Art und Weise der Verhandlungsführung – und darin eingeschlossen auch die Option der Verhandlungsbe114 Zum Gegenstand der Ersatzpflicht nach §§ 249 ff. BGB etwa K. Larenz, Schuldrecht I, § 28 I (S. 467). 115 Zum Tatbestandsmerkmal der Vertrauensverletzung schon oben § 5 I 2 a cc. 116 Vgl. zum parallelen Problem bei privatrechtlicher culpa in contrahendo Th. Bodewig, Jura 2001, S. 1 (3 Fn. 24); D. Reinicke/K. Tiedtke, ZIP 1989, S. 1093 (1097 f.). 117 Dazu oben § 4 I 2 b aa. 118 Dazu oben § 4 I 2 b dd.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

193

endigung – steht beiden Parteien wegen ihrer jeweils unterschiedlich radizierten, aber beiderseits rechtlich garantierten Autonomie grundsätzlich offen. Diese Argumentation paßt indes nur, soweit der pflichtwidrig handelnde Teil über einen Entscheidungsspielraum verfügt. Das ist auf seiten des Privaten, dem seine grundrechtlich verbürgte Privatautonomie zusteht, stets der Fall. Die Rechtsverhältnishaftung kann ihn nicht auf eine Weise rechtlich binden, die sich nicht mit seinem Willen deckt. 119 Die Behörde kann aufgrund von Ermessensvorschriften und unbestimmter Rechtsbegriffe ebenfalls über Entscheidungsmargen verfügen. 120 Dagegen kann die staatliche Stelle auch durch eine gesetzliche Vorgabe oder durch eine Ermessensreduktion auf eine einzig richtige Entscheidung festgelegt sein. So verhält es sich im Genehmigungsverfahren, wenn eine Anlage die durch das mit der Genehmigungspflicht statuierte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aufgestellten Voraussetzungen uneingeschränkt erfüllt und dem Vorhabenträger hieraus ein Anspruch auf die Genehmigungserteilung erwächst. 121 Doch besitzt der Private in diesen Lagen eben schon einen Anspruch auf die Genehmigung aus der Norm, die die Genehmigungspflicht für den Bürger statuiert und die bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen ein subjektives Recht des Privaten auf Erteilung der Genehmigung begründet. Zu diesem öffentlich-rechtlichen Anspruch, der – falls es um die Verwirklichung einer grundrechtlich geschützten Tätigkeit geht – einen grundrechtlichen Hintergrund hat, eine konkurrierende Primärverpflichtung der Behörde aus Treu und Glauben zu schaffen, ist weder angezeigt noch dogmatisch zwingend. Vielmehr liegt der Ansatz, einen pflichtwidrigen Selbstwiderspruch in einem Verhandlungsabbruch zu sehen, bereits in seinen Prämissen falsch. Die abschlußbezogene Pflichtverletzung, an die die Haftung in diesen Konstellationen anbindet, ist nämlich nicht im eigentlichen venire contra factum proprium zu suchen, sondern in der voraufgegangenen Fehlinformation über die eigene Verhandlungs- und Konsensbereitschaft. In der Sprache der Vertrauenshaftung wird hierdurch ein Vertrauenstatbestand begründet. Wenn die vermittelte Information objektiv unzutreffend oder ungesichert ist, erweist sich die Schaffung des Vertrauenstatbestandes als pflichtwidrig. 122 So bestimmt sich der zu ersetzende Schaden dadurch, daß eine falsche Information hinweggedacht, bzw. eine rechtlich geforderte Informationserteilung hinzugedacht wird, und die hierdurch gewonnene fiktive Lage dem Ist-Zustand gegenübergestellt wird. Das heißt, es ist der hypothetische Zustand herzustellen, der vorläge, wenn nicht falsch informiert oder die gehörige Aufklärung geleistet worden wäre. Hätte der Verhandlungspartner von der fehlenden Kooperationsbereitschaft seines Gegenübers gewußt, so hätte er sein eigenes Verhalten danach ausgeOben § 4 I 2 b bb zur Privatautonomie des Bürgers. Oben § 4 I 2 b cc zur Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltung. 121 Vgl. hierzu etwa BVerfGE 8, S. 71 (76); 18, S. 353 (364); 20, S. 150 (155); 80, S. 137 (161); H. P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 547; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51, und oben § 4 II 2 a. 122 Vgl. hierzu ausführlich oben § 4 I 2 b und auch § 5 I 2 a cc. 119 120

13 Kellner

194

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

richtet und die Aufwendungen gespart, die er im Vertrauen auf einen Konsens tätigte und welche sich ex post als nutzlos erweisen. Der Ersatz ist demnach auf den Ausgleich des allgemeinen Vermögensschadens gerichtet, der aus der selbstschädigenden, vertrauensbedingten Verfügung herrührt. Dieser Schaden kann naturgemäß nur durch die Zahlung einer Geldsumme ausgeglichen werden. Um die Erbringung der Leistungen, über die in der Kooperationsphase erst verhandelt wird, geht es bei der Rechtsverhältnishaftung nicht. cc) Die Verletzung inhaltsbezogener Pflichten Eine schädliche Belastung kann auch im rechtlichen Gebundensein aus dem Verwaltungspakt bestehen. Ein unzutreffender Vertrauenstatbestand mag nämlich auch darin bestehen, daß eine Seite ihr Gegenüber in der Sicherheit wiegt, daß die rechtlich verbindliche Einigung in Form eines konsentierten Verwaltungsaktes oder eines Verwaltungsvertrages seinen berechtigten Erwartungen Rechnung trage, obwohl der Pakt den anderen tatsächlich schädigt. Für diese Konstellation wäre die Anpassung der Leistungsvereinbarung an die Interessen der geschädigten Partei denkbar. 123 (1) Für die Konstellation der benachteiligenden Verwaltungsakte sind die rechtlichen Besonderheiten dieser Handlungsform zu beachten. Da der Bürger nicht über die rechtliche Macht verfügt, einen Verwaltungsakt abzuändern, kommt die Rechtsfolge der Anpassung eines Verwaltungsaktes von vornherein nur in den Fällen in Betracht, in denen die Verwaltung den Bürger durch den Inhalt eines Verwaltungsaktes übervorteilt. Doch ist für diese Fallgestaltung zu beachten, daß die Existenz eines benachteiligenden Verwaltungsaktes und dessen schadenstiftende Rechtsbindung nie kausal auf einer treuwidrigen verwaltungsseitigen Einflußnahme auf den Bürger beruhen kann. Seine Rechtwirkungen gewinnt der Verwaltungsakt allein aufgrund der behördlichen Entscheidung und ohne eine konstitutive Mitwirkung des Privaten, gleichgültig ob sein Inhalt im Konsens oder durch verwaltungsseitiges Diktat festgelegt wird. 124 Es fehlt daher an der Ursachenverknüpfung zwischen der pflichtwidrigen Täuschung über den Gehalt des Verwaltungsaktes und der schädigenden Rechtsbindung aus dem Verwaltungsakt. Wenn die Verwaltung während der informellen Kooperation bei dem Adressaten die unzutreffende Überzeugung weckt, daß der Verwaltungsakt rechtmäßig und zweckmäßig und daher rechtlich unangreifbar sei, kann die Fehlinformation ursächlich für eine Versäumnis der Widerspruchsfrist des §70 Abs. 1 S. 1 VwGO sein. Indes liegt diese Konstellation näher bei der Problematik der Wiedereinsetzung in den voDiese Fallgruppe oben § 4 I 2 e. J. Martens, KritV 1986, S. 104 (128 f.), sieht dagegen eine verantwortliche Mitwirkung des Bürgers am Verwaltungsakt in der Entscheidung, den Verwaltungsakt nicht anzufechten. 123 124

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

195

rigen Stand gem. § 70 Abs. 2 VwGO i.V. m. § 60 VwGO als bei dem Recht der Forderungsverletzung, das dem Konzept der Rechtsverhältnishaftung zugrunde liegt. Doch bildet ein Irrtum über die Erfolgsaussichten des Widerspruchs nie einen Wiedereinsetzungsgrund, selbst wenn der Irrtum durch die Behörde verursacht wurde, 125 so daß ein entsprechender Antrag des Privaten keine Erfolgsaussichten hätte. Die eingeschränkte Anfechtbarkeit rechtswidriger Verwaltungsakte entspricht der Intention des Verwaltungsverfahrensgesetzes, das aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit die Bestandskraft der Verwaltungsakte statuiert. 126 Das Regelsystem des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist in dieser Hinsicht als abschließend zu betrachten. Es läßt für eine Änderung der durch einen bestandskräftigen Verwaltungsakt aufgestellten Bindungen außerhalb der §§48, 49, 51 VwVfG im Wege einer Vertrauenshaftung keinen Raum. Die Rechtsfolge einer „Naturalrestitution“ in Form der Anpassung eines schädigenden Verwaltungsaktes an die Interessen des benachteiligten Verhandlungspartners scheidet für die Rechtsverhältnishaftung aus. (2) Bei den eine Partei benachteiligenden Verwaltungsverträgen ist ebenfalls eine Korrektur an den Vertragsbindungen als Rechtsfolge denkbar. Doch sind Änderungen an den vertraglichen Bindungen wegen des das gesamte Vertragsrecht beherrschenden Grundsatzes pacta sunt servanda grundsätzlich auf Ausnahmefälle zu beschränken. 127 Im Zivilrecht spricht gegen eine Vertragsanpassung als Rechtsfolge der culpa in contrahendo, daß der Teil, der den benachteiligenden Pakt erwirkt hat, sich auf eine Verständigung wahrscheinlich gar nicht eingelassen hätte, die den Belangen des Partners Rechnung trägt. Insoweit trifft die hypothetische Kausalitätskette nicht zu, wonach, wenn die eine Partei die andere nicht irregeführt hätte, zwingend ein bestimmter Vertrag zustande gekommen wäre, dessen Inhalt im nachhinein festgestellt und für geltend erklärt werden könnte. 128 Bei der Überprüfung dieser Rechtsfolge im Öffentlichen Recht ist zu beachten, daß die Bestimmung des hypothetische Zustandes im Falle des pflichtgemäßen Verhaltens auch nur dann ausscheidet, wenn die haftende Partei überhaupt über einen Spielraum verfügte, innerhalb dessen sie disponieren konnte. Das gilt für die rechtlich ungleichen Parteien der öffentlich-rechtlichen Anbahnungsrechtsverhältnisse nicht uneingeschränkt, insoweit unterscheiden sich die öffentlich-rechtlichen Relationen von denen des Zivilrechts. 125 BVerwG, NVwZ-RR 1989, S.591; W. Bier, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 60 Rn. 33; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 60 Rn. 12; Jörg Schmidt, in: E. Eyermann, VwGO, § 60 Rn. 6. 126 Zu der verfassungsrechtlichen Zusammenhängen zwischen der Bestandskraft von Verwaltungsakten und der Rechtssicherheit und damit der Rechtsstaatlichkeit BVerfGE 60, S. 253 (269 f.); P. Häberle, in: Festschrift Boorberg Verlag, S. 47 (83); F. O. Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, S. 131, 140 f.; H. Maurer, Staatsrecht, § 8 Rn. 52; E. SchmidtAßmann, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 83 (S. 1031). 127 Zum Satz pacta sunt servanda im Öffentlichen Recht bereits oben § 4 I 2 e cc. 128 Zu dem entsprechenden Rechtsfolgeproblem zivilrechtlicher culpa in contrahendo bei benachteiligenden Verträgen oben § 2 II 4.

13*

196

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Entscheidungsfreiheit genießt die private Verhandlungsseite aufgrund ihres privatautonomen Selbstbestimmungsrechtes im Öffentlichen Recht in gleicher Weise wie in ihren zivilrechtlichen Beziehungen. Es ist daher nicht mit Sicherheit zu sagen, ob und mit welchem Inhalt sie bei einem ordnungsgemäßen weiteren Verhandlungsverlauf einem bestimmten Vertragsinhalt zugestimmt hätte. Daher läßt sich als weitere Fallgruppe einer Anpassung des Verhandlungsproduktes die Konstellation ausschließen, in der der Private den Inhalt eines Verwaltungsvertrages in treuwidriger Weise beeinflußt. 129 Es scheiden auch die Gestaltungen aus, in denen die Verwaltung aufgrund Ermessens über einen Entscheidungsspielraum verfügt. Der durch die Verwaltung getroffene Ausgleich der tangierten Belange ist Ausfluß ihrer gesetzlich eingeräumten Entscheidungsbefugnis und getragen von ihrer demokratischen Legitimation. 130 Auch hier ist die hypothetische Entscheidung, die die Verwaltung bei pflichtgemäßem Verhalten in dem Vertrag getroffen hätte, nicht mit der ausreichenden Sicherheit bestimmbar. Übrig bleiben allein die Konstellationen, in denen die Verwaltung aufgrund eines bindenden gesetzlichen Auftrages, etwa wegen einer Ermessensreduzierung, keinen Entscheidungsspielraum im Vertragsschluß besitzt, sie sich aber trotzdem eine Gegenleistung versprechen läßt. Doch mißachtet die Verwaltung dann den uneingeschränkten Anspruch des Bürgers auf die behördliche Leistung. Hierin liegt ein Verstoß gegen das in § 56 Abs. 2 VwVfG umschriebene Koppelungsverbot. Als Folge dieser Rechtsverletzung gibt § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG die Nichtigkeit des Verwaltungsvertrages vor. Der Vertrag ist somit kraft gesetzlicher Anordnung von Beginn an unwirksam; es besteht nichts, was im Wege der Rechtsverhältnishaftung den Interessen des geschädigten Bürgers angepaßt werden könnte. (3) Somit genießen die Entscheidungen der Parteien des Verwaltungsrechtsverhältnisses, die in eine rechtlich bindende Handlungsform geflossen sind, Bestandsschutz durch die Rechtsordnung, der Verwaltungsakt durch das Regelungssystem des Verwaltungsverfahrensgesetzes 131 und der Verwaltungsvertrag als Produkt parteiautonomer Regelung überdies durch den Grundsatz pacta sunt servanda. 132 Diese Beständigkeit vorschreibenden Bestimmungen kollidieren mit dem schadensersatzrechtlichen Grundsatz der Naturalrestitution, der zu einer Vertrauensentsprechung anhält. Die Lösung des Widerstreits ist darin zu finden, daß dem in seinem Vertrauen verletzten Teil der Ersatz seines Schutzinteresses im Wege einer Geldzahlung zu gewähren ist. Bei Verstößen gegen die beide Seiten treffende Treueverpflichtung ist 129 Hier liegt die Konstellation genauso wie im Privatrecht, wo die Privaten Vertragsfreiheit genießen, hierzu etwa H. Ch. Grigoleit, Reformperspektiven, S. 269 (286 f.); D. Medicus, JuS 1965, S. 209 (214); ders., Schuldrecht I, Rn. 109. 130 Vgl. oben § 4 I 2 ee. 131 Gegen eine Änderung an den Bindungen eines Verwaltungsaktes schon oben § 4 I 2 e bb. 132 Bereits oben ausführlich gegen Modifikationen an den Verwaltungsvertragsbindungen § 4 I 2 e cc.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

197

die Rechtsverhältnishaftung damit auf eine sekundäre Kompensation des durch die Belastung mit Verbindlichkeiten bedingten rechnerischen Vermögensverlustes gerichtet. 133 dd) Die Verletzung spezifischer Pflichten der öffentlichen Verhandlungspartei Für den Bereich der Verletzung einseitiger Bindungen, die allein die Verwaltung treffen, gilt ebenfalls, daß das Schutzinteresse zu ersetzen ist. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Erwägung des Schadensersatzrechts, nach der der Ersatzpflichtige den Zustand herzustellen hat, der jetzt ohne die Pflichtverletzung bestünde. Auf die Rechtsverhältnishaftung bezogen folgt hieraus, daß der private Partner informaler Kooperation so zu stellen ist, als ob die öffentliche Seite ihren verfassungsrechtlich radizierten Pflichten entsprochen hätte. Als Rechtsfolge ergibt sich auch aus der Verletzung der einseitigen Pflichten kein Anspruch auf primäre Handlungen, die für die öffentliche Seite als Amtshandlungen zu bezeichnen wären, wie beispielsweise den Erlaß eines begehrten Verwaltungsaktes oder die Zustimmung zu einem vom Bürger angetragenen Verwaltungsvertrag. Im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung werden die öffentlichen Verpflichtungen nur soweit sanktioniert, als sie sich als Schutzpflichten formulieren und in das System der Vertrauenshaftung integrieren lassen. 134 Da sich diese Schutzpflichten mit den aus Treu und Glauben zu deduzierenden Pflichten weitgehend decken, läßt sich mit Hilfe der Differenzhypothese für die Verletzung der einseitigen Schutzpflichten nicht mehr oder anderes als das Schutzinteresse ermitteln. 135 Dieses ist aber von dem Leistungs- oder Erfüllungsinteresse zu unterscheiden, das der begehrten Amtshandlung entspräche. Der Anspruch auf die Amtshandlung liegt zwar ebenfalls im Sonderrecht der Verwaltung begründet, als Primäranspruch untersteht er jedoch nicht dem auf der Sekundärebene anzusiedelnden Recht der Forderungsverletzungen, das mit der Rechtsverhältnishaftung eine öffentlich-rechtliche Ausprägung findet. Im Wege dieses Haftungsinstitutes ist daher auch bei der Verletzung einseitiger Pflichten von der haftenden Verwaltung nur ein Herstellung des hypothetischen Vermögensstandes zu gewähren, der vorläge, wenn die Behörde nicht gegen ihre einseitigen Pflichten verstoßen hätte. ee) Folgerungen Demnach ist qua Rechtsverhältnishaftung dem verletzten Teil keine bestimmte Vereinbarung zu gewähren oder das wirtschaftliche Interesse an der Einhaltung einer hypothetischen Verabredung zu ersetzen. Vielmehr erhält der Geschädigte das, 133 Vgl. oben zusammenfassend § 4 I 2 e dd für die Fallgruppe der inhaltlich benachteiligenden Verhandlungsergebnisse. 134 Dazu oben § 4 II 1 c. 135 Vgl. zu dieser Kongruenz oben § 4 II 3.

198

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

was er hätte, wenn der Verhandlungspartner seinen Schutzpflichten genügt hätte. Mit anderen Worten, es gilt ihm den finanziellen Schaden zu ersetzen, den er dadurch erlitten hat, daß er auf den Tatbestand vertraute, den ihm sein Verhandlungspartner fehlsam vermittelte. Es ist somit das Vertrauensinteresse in Geld zu ersetzen. Insofern bewahrheitet sich auch hier die von Rudolph von Jhering entwickelte Unterscheidung zwischen positivem und negativem Interesse. 136 Denn als Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung, die auf einer Verletzung von Schutzpflichten beruht, ist nicht das positive Interesse zu ersetzen, welches auf eine Erfüllung einer dem Vertrauen des Geschädigten entsprechenden Vereinbarung gerichtet wäre. Vielmehr ist das negative Interesse zu entschädigen, welches dem Ersatz der Vermögensschäden gilt, die durch die Schutzpflichtverletzung hervorgerufen wurden. 137 b) Fragen der konkreten Schadensbestimmung Als Rechtsfolge kommt im Ergebnis nur eine Kompensation des Wertverlustes am Vermögen des Geschädigten durch eine Geldzahlung in Betracht. Der zu ersetzende Schaden wird vornehmlich in „frustrierten“ Aufwendungen und sonstigen Vermögensdispositionen liegen, die ein Teil in unzutreffender Erwartung gemacht hat. Im weiteren sollen zwei Einzelaspekte des Dispositionsschutzes behandelt werden, die sich bei der Schadensbestimmung auf der privaten und auf der öffentlichen Seite als problematisch auftun können. In beiden Fällen geht es um Fragestellungen, bei denen besondere Aufmerksamkeit auf die Kausalitätsverbindung zwischen der Schutzpflichtverletzung und der zu quantifizierenden Vermögensschädigung zu richten ist. aa) Die Zurechenbarkeit privater Aufwendungen Der auszugleichende Vermögensschaden des Bürgers, der durch die Schutzpflichtverletzung entsteht, ist regelmäßig leicht zu bestimmen. Derlei Schäden bestehen vorwiegend in unrentablen Vorleistungen, die im Vertrauen auf eine konsistente Verhandlungsführung der öffentlichen Partei oder auf ein nur scheinbar wirksames Verhandlungsprodukt getätigt wurden. Aufwendungen können etwa in Investitionen in Planungen und begonnenen Realisierungen vorläufiger Verhandlungsergebnisse liegen, die im Vertrauen auf einen erfolgreichen Abschluß der KoR. von Jhering, JherJb. 4 (1861), S. 1 (15–22); dazu schon oben § 2 III. Zur Identität des Umfanges des Schadensersatzes nach §249 S. 1 BGB und des negativen Interesses im von Jheringschen Verständnis BGH, NVwZ 2001, S. 116 (117); C.-W. Canaris, JZ 1965, S. 475 (477); J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, § 8 IV 2 a; H. Ch. Grigoleit, Reformperspektiven, S. 269 (270). P. Krebs, DB, Beilage 14/2000, S. 11; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, Vorbem. zu §§249 ff. Rn.48. Generell zu dem Ersatz des Schutzinteresses im Staatshaftungsrecht B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 199 a. E. 136 137

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

199

operation gewagt wurden. Ferner kann der Private aus dieser Motivation heraus weitergehende Vermögensdispositionen getroffen oder eingeleitet haben, wie etwa Kreditaufnahmen, Zusagen an Kunden, Bestellungen bei Zulieferfirmen oder Grundstückserwerb. 138 Ein Problem der Feststellung des privaten Schadens kann mit dem Verhandlungsverhalten des Bürgers zusammenhängen. Oftmals unternehmen private Wirtschaftssubjekte umfängliche Investitionen in das Projekt, um welches es bei den informalen Verhandlungen geht, bereits bevor sich eine Einigung über den Inhalt des Konsenses abzeichnet. 139 Das Kalkül bei diesen frühzeitigen Investitionen besteht unter anderem darin, die öffentliche Verhandlungsseite mit geschaffenen Fakten unter Druck zu setzen und auf diese Weise einen den eigenen Vorstellungen entsprechenden Ausgang des Aushandlungsprozesses zu erreichen. Diese Vorgehensweise wird besonders im Vorfeld antragsabhängiger Verfahren praktiziert. So wird etwa eine intensive Projektplanung aufgenommen oder gar mit der Ausführung einer genehmigungspflichtigen Unternehmung begonnen, obgleich die erforderliche Erlaubnis nicht erteilt ist. 140 Der Ersatz solcher verfrühter privater Investitionen durch die Rechtsverhältnishaftung scheidet aus. Diese Ausgaben waren nicht durch vertrauensvolle Erwägungen aufgrund des bisherigen Verlaufs der Verhandlungen gerechtfertigt. In der hier entwickelten Struktur der Rechtsverhältnishaftung fehlt es an der ursächlichen Vermittlung des Verhaltens des Bürgers durch einen Vertrauenstatbestand. Vielmehr nimmt der Bürger die Gefährdung seiner Investitionen bewußt in Kauf; er taktiert auf eigenes Risiko. bb) Die Quantifizierung des verwaltungsseitigen Schadens Während der ersatzfähige private Schaden regelmäßig einfach zu berechnen ist, gestaltet sich die Bestimmung des Schadens der öffentlichen Hand schwieriger. In der Hauptsache liegt hier der Schadensposten generell im Arbeitsaufwand der Verwaltung. Im Rahmen der informalen Verhandlungen werden persönliche und sachliche Verwaltungsmittel eingesetzt, welche die Behörde um der Erreichung eines Konsenses wegen in die Verhandlungen investiert. Der Behörde geht es bei den informellen Verhandlungen gerade darum, durch ein mit dem Bürger einvernehmliches Vorgehen Ressourcen zu schonen. In dem sich den informellen Kontakten anschließenden Verwaltungsverfahren will die Behörde zeit- und kostenintensive Sachverhaltsfeststellungen sparen, kostspielige Rechtsmittelverfahren sollen vermieden werden. 141 Diese angestrebten Vorteile informalen Verwaltens kehren sich in ihr Gegenteil, wenn der Bürger eine Pflichtwidrigkeit begeht. Der Bürger kann 138 Vgl. R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 344; vgl. auch H. Fischer, DVBl. 2001, S. 258 (259, 263); R. A. Lorz, DÖV 2002, S. 177 (180 f.); D. Song, S. 88. 139 Vgl. E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 55 f. 140 E. Hagenah, Prozeduraler Umweltschutz, S. 127 f.; St. F. Rabe, S. 34 f. 141 Dazu bereits oben § 1 I, § 3 II 2 bb.

200

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

etwa Verhandlungen mit der öffentlichen Seite führen, ohne wirklich einen Konsens anzustreben, wobei es der Private nur auf eine möglichst lange Hinauszögerung einer ihn belastenden Verwaltungsentscheidung anlegt. Spiegelt der Private seine Kooperationsbereitschaft treuwidrig vor, entstehen der Verwaltung aufgrund der vergebens durchgeführten Verhandlungs- und Verwaltungstätigkeit vermögenswerte Schäden. Bedenkt man zudem, daß die Verwaltungswirklichkeit heute durch einen chronischen Engpaß an Personal und Ressourcen gekennzeichnet ist, erweist sich eine Schadensersatzpflicht des Bürgers für die vertanen öffentlichen Aufwendungen als haftungsrechtliches Desiderat. Ist somit ein Verlust bei der Verwaltung diagnostiziert, stellt sich die weitere Frage, wie er zwecks einer Kompensation in Geld umgerechnet werden kann. Will man den kausal durch die Schutzpflichtverletzung bewirkten öffentlichen Schaden genauer fassen, bietet sich eine Unterscheidung zwischen einer „allgemeinen“ und einer „besonderen“ Verwaltungstätigkeit an. Im Rahmen informaler Verhandlungen bietet die Behörde dem Privaten in der Weise Hilfe, daß sie ihn bei der Planung seines Projektes unterstützt. Die Behörden sind zwar im Immissionsschutzrecht verpflichtet, dem Antragsteller beratend dabei zu helfen, die Antragsunterlagen richtig und vollständig vorzubereiten. 142 Darüber hinaus leisten die Behörden aber oftmals weitergehende Planungshilfen. So werden etwa unvollständige Genehmigungsanträge durch verwaltungsseitig erstellte Gutachten ergänzt. 143 Eigens durch die Behörde erarbeitete Stellungnahmen oder von Externen gelieferte Gutachten und Umweltanalysen sind aber auch im Rahmen nachträglicher Anordnungen erforderlich. 144 Nicht nur im Vorfeld antragsabhängiger Verwaltungsverfahren, sondern auch um nachträgliche, vielleicht die Existenz eines Betriebes gefährdende Sanierungsanordnungen zu vermeiden, bieten die für ihren Verwaltungsbereich ausgebildeten Verwaltungsbediensteten dem Privaten eine rechtliche und mitunter auch eine ingenieurmäßige Beratung an.145 Für derlei Tätigkeiten, die sich als besondere Verwaltungstätigkeit klassifizieren lassen, kann der übliche Verkehrswert des Privatrechts zugrunde gelegt werden. Schwieriger gestaltet sich die Quantifizierung des Schadens bei der allgemeinen Verwaltungstätigkeit, die im Zusammenhang mit den informalen Verhandlungen anfällt. Diese liegt in der Hauptsache in der Verhandlungsführung, die sich ihrerseits aus einer Vielzahl von Gesprächen, Ortsterminen und Schreiben unter Beteiligung 142 Vgl. § 2 Abs. 2 der 9. BImSchVO, ansatzweise nunmehr auch §71 c Abs. 2 VwVfG. Dazu H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 71 c Rn. 17–38; W. Clausen, in: H. J. Knack, VwVfG, § 71 c Rn. 10–16; D. Murswiek, ZUR 2001, S. 7 (9). 143 Von solchen „Planungshilfen“ berichten aus der umweltordnungsrechtlichen Praxis G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (299); D. Murswiek, ZUR 2001, S. 7 (9). Vgl. auch F. Schoch, Der Verwaltungsakt, S. 199 (225 f.). 144 N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 276, mit einem Beispiel aus der Praxis; R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 320, 324, 327. 145 N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 203, 289 f., 394.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

201

von Behörden- und Abteilungsleitern zusammensetzen kann.146 Daß der öffentlichen Hand ein wirtschaftlicher Nachteil aufgrund des fehlgeschlagenen Einsatzes ihrer Verwaltungspotentiale entsteht, ist evident. 147 Indes ist die Tätigkeit des Verwaltungsapparates nur schwer ihrem Geldwert nach zu beschreiben. Doch hieraus die Konsequenz zu ziehen, einen Ersatz allein für die besondere, nicht aber für die allgemeine Verwaltungstätigkeit zuzusprechen, erschiene willkürlich. Die Folge der Schwierigkeiten bei der Berechnung des unbestreitbaren Vermögensschadens darf nicht in einer Kapitulation vor den Unwegsamkeiten der Praxis liegen. 148 Es handelt sich hierbei um ein grundsätzliches Problem, das sich stets auftut, wenn es um die Monetarisierung von Verwaltungstätigkeit geht. Ansätze zur Lösung des Problems der Schadensbestimmung bei der öffentlichen Hand können dort gesucht werden, wo die Übersetzung des wirtschaftlichen Wertes von Verwaltungstätigkeit in einen Geldbetrag bereits gelingt. Im weiteren werden daher das öffentlich-rechtliche Gebührenrecht (sub 1) und der Nutzungsersatzanspruch des Dienstherrn gegen seinen eine Nebentätigkeit ausübenden Beamten (sub 2) näher beleuchtet. (1) Daß eine Quantifizierung des Verwaltungsaufwandes grundsätzlich möglich ist, wird durch die Kostenregelung im „formellen“ Verwaltungsverfahren bestätigt. Hier werden dem Privaten mitunter Verwaltungsgebühren auferlegt, die die Kosten der Staatstätigkeit decken sollen. Gebühren werden gemeinhin als Geldleistungen definiert, die als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung von demjenigen erhoben werden, auf dessen Veranlassung oder in dessen Interesse die Inanspruchnahme erfolgt. 149 Aus dem Entgeltcharakter der Gebühr und aus ihrer Bemessung nach dem Verwaltungsaufwand folgt das Kostendeckungsprinzip. Es besagt, daß das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand nicht überschreiten darf. Gebührensätze sind denn auch nach § 3 S. 1 VwKostG in den Kostenverordnungen so zu bemessen, daß zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr und dem wirtschaftlichen Nutzen der Amtshandlung für den Begünstigten ein angemessenes Verhältnis besteht. Das Kostendeckungsprinzip bezieht sich grundsätzlich auf den Verwaltungsaufwand für den jeweiligen Verwaltungszweig, nicht aber auf die individuelle Amtshandlung, § 3 S. 2 VwKostG. 150 Damit entfernt sich das Gebührenrecht von der Problematik der Wert146 R. Mayntz, Vollzugsprobleme, S. 345; vgl. auch G. Lübbe-Wolff, NuR 1989, S. 295 (302); dies., Regelbindung, S. 151 (166), die den gegenüber einem „formalen“ Verwaltungsverfahren vermehrten Zeit- und Arbeitsaufwand betont. 147 Vgl. BVerwG, BayVBl. 1988, S.26 (27), zur Haftung eines Beamten, der ihm unterstellte Beschäftigte während der Dienstzeit widerrechtlich für private Zwecke in Anspruch nahm. 148 P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (231, 248), sieht in diesem faktischen Problem den Grund dafür, daß die Rechtsprechung sich zurückhält, der öffentlichen Hand Ersatzansprüche gegenüber den Bürgern zuzusprechen. 149 BVerfGE 7, S. 244 (254); 18, S. 392 (396); 20, S. 257 (269); P. Kirchhof, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 4, § 88 Rn. 185 f.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 42 Rn. 22. 150 Generell zum Kostendeckungsprinzip im Recht der Verwaltungsgebühren P. Kirchhof, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 4, § 88 Rn. 198, 200, 205; J. Wie-

202

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

bestimmung einer konkreten Verwaltungstätigkeit, wie sie sich bei der Berechnung des verwaltungsseitigen Schadens im Schadensersatzrecht auftut. Dagegen hat die eine Gebühr erhebende Behörde nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG den Verwaltungsaufwand im Einzelfall zu berücksichtigen, wenn der Verordnungsgeber lediglich einen Rahmensatz für die Verwaltungsgebühr festgelegt hat. (2) Eine Ausgleichszahlung für eine individuelle Inanspruchnahme sachlicher und personeller Verwaltungsmittel ist weiterhin im beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsrecht vorgesehen. Ein Beamter ist nach § 65 Abs. 5 BBG, § 42 Abs. 4 BRRG unter bestimmten Voraussetzungen befugt, bei der Ausübung einer Nebentätigkeit Einrichtungen, Personal und Material des Dienstherrn zu nutzen. Hierfür ist ein angemessenes Entgelt zu entrichten, das sich nach den dem Dienstherrn entstehenden Kosten richtet und den Vorteil berücksichtigen muß, den der Beamten durch die Inanspruchnahme erfährt (§ 65 Abs. 5 S. 2 BBG, § 42 Abs. 4 S. 2 BRRG). Der Sache nach handelt es sich bei dem an die Dienststelle zu leistenden Entgelt um einen Wertausgleich, der mit einem Aufwendungsersatz vergleichbar ist. 151 Zur Vereinfachung der Berechnung und Festsetzung des Nutzungsentgeltes sind aufgrund der Ermächtigung des § 69 S. 2 Nr. 4 BBG in der Bundesnebentätigkeitsverordung (BNV) für weite Bereiche pauschalisierende Vorgaben getroffen worden. So bestimmt § 10 Abs. 2 BNV, daß sich die Höhe des Nutzungsentgelts nach den Grundsätzen der Kostendeckung und des Vorteilsausgleiches richtet. Hier greift der Verordnungsgeber auf die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Gebührenrechts zurück. 152 Die Bemessung des Entgeltes im Einzelfall erleichtert der Verordnungsgeber dadurch, daß er Vom-Hundert-Sätze der vom Beamten vereinnahmten Nebentätigkeitsvergütung festlegt, § 11 Abs. 1 BNV. Im Falle einer unentgeltlichen Nebentätigkeit, deren wirtschaftlicher Nutzen kaum bestimmbar ist, bemißt §11 Abs. 5 BNV die Höhe des Entgeltes allein nach dem Wert der tatsächlichen Inanspruchnahme von Einrichtungen, Personal oder Material. Dazu ist der Wert des angefallenen personellen und sachlichen Verwaltungsaufwandes in concreto zu berechnen. (3) Das Gebührenrecht und der Nutzungsersatzanspruch im Beamtenrecht zeigen, daß die allgemeine Verwaltungstätigkeit einen abgeltungsfähigen wirtschaftlichen Wert hat. Einer bestimmten Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung kann ein bestimmter Geldwert zugeordnet werden, der sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Behörde berechnet. Während sich aber der Gesetzbzw. Verordnungsgeber mit der Schaffung von Vertypungen und Pauschalsätzen des Berechnungsproblems weitgehend entledigt, ist bei der Rechtsverhältnishaftung der durch die Schutzpflichtverletzung adäquat-kausal verursachte Vermögensschaden land, Die Konzessionsabgaben, S. 311–317; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 42 Rn. 25; vgl. auch F. Weyreuther, DÖV 1997, S. 521. 151 BVerwG, NJW 1974, S.1440 (1443); OVG Münster, DVBl. 1986, S.475; U. Battis, BBG, § 65 Rn. 18. 152 BVerwG, NJW 1974, S. 1440 (1443). Hieraus entnimmt W. Wahlers, ZBR 1983, S. 354 (358 f.), daß es sich bei dem Nutzungsentgelt um eine Benutzungsgebühr handele.

II. Die Rechtsfolge der Rechtsverhältnishaftung

203

genau zu bestimmen. Da der Schadensersatzanspruch der Verwaltung gegen den Bürger aus der Rechtsverhältnishaftung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend zu machen ist, 153 wo nach § 86 Abs. 1 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, liegt es im haftungsrechtlichen Ernstfall bei dem Gericht, den Wert der ersatzfähigen Verwaltungstätigkeit zu eruieren. Auch wenn eine auf den Cent genaue Ermittlung des hieraus resultierenden Vermögensschadens praktisch unmöglich ist, rechtfertigt dies nicht den Schluß, die öffentliche Hand dürfe ihren Schaden überhaupt nicht geltend machen. Die Höhe des Schadens kann das Gericht vielmehr schätzen. Diese Möglichkeit eröffnet § 287 Abs. 1 ZPO, welcher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über § 173 S. 1 VwGO entsprechende Anwendung findet. 154 Zur Schadensschätzung kann sich das Gericht fachkundiger Gutachter als Sachverständige bedienen; dies liegt nach § 287 Abs. 1 S. 2 ZPO in seinem Ermessen. Nach alledem erweisen sich die praktischen Schwierigkeiten bei der Berechnung des durch die fehlgeleitete Verwaltungstätigkeit verursachten Vermögensschadens nicht als unüberwindbare Hürde für die Durchsetzung des Ersatzanspruchs der öffentlichen Hand. Der allgemeinen Verwaltungstätigkeit kommt ein wirtschaftlicher Wert zu, der monetarisiert werden kann und der im Wege der Rechtsverhältnishaftung vom Bürger zu ersetzen ist. 2. Die Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Geschädigten Ein Beitrag des Geschädigten bei der Schadensentstehung hat – wie stets im Recht der Schadensersatzleistungen – auch im Rahmen der Rechtsverhältnishaftung anspruchsmindernd Berücksichtigung zu finden. Dem Prinzip geteilter Verantwortung, das in § 254 BGB seine zivilrechtliche Emanation findet, kann ein universaler Geltungsanspruch auch für das hier entwickelte öffentlich-rechtliche Haftungsinstitut zugestanden werden. Teilweise wird in der Anrechnung des Mitwirkungsbeitrages ein eigenständiger allgemeiner Rechtsgrundsatz erkannt, der an die Verantwortung für das eigene Tun anknüpft und dem Verletzten die Mitverantwortung für den von einem anderen verursachten Schaden aufgibt. 155 Andere sehen darin eine Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben: Wer einen ungeschmälerten Schadensersatzanspruch geltend macht, obgleich er selbst bei der 153 Über die Ansprüche der Verwaltung gegen den Bürger aus der Rechtsverhältnishaftung entscheiden grundsätzlich die Verwaltungsgerichte, vgl. zum Rechtsweg noch unten § 5 VI. 154 Generell zur Anwendbarkeit des § 287 ZPO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren BVerwG, BayVBl. 1988, S. 26 (27); NJW 1986, S. 1122 (1124); NVwZ 1999, S. 77 (78); OVG Hamburg, NVwZ 1983, S. 564 (565); H. Geiger, in: E. Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 19; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 108 Rn. 16, § 173 Rn. 4. 155 Vgl. BVerwG, DÖV 1971, S. 857 (859); O. Bachof, DÖV 1971, S. 859 (861); W. Fiedler, NVwZ 1986, S. 969 (975); R. Keller, S. 202; K. Larenz, Schuldrecht I, § 31 I a (S. 540 f.); G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 254 Rn. 4; wohl auch OVG Münster, NVwZ-RR 1996, S. 482 (483); H.-D. Sproll, JuS 1996, S. 219 (223). Ablehnend aber H. H. Rupp, DVBl. 1972, S. 232 (233).

204

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Schadensentstehung mitgewirkt hat, begeht ein selbstwidersprüchliches Verhalten, also ein verbotenes venire contra factum proprium. 156 Vieles spricht dafür, in dem Gebot geteilter Verantwortlichkeit ein eigenes Rechtsprinzip zu erkennen und nicht lediglich einen Unterfall des Treu-und-Glauben-Prinzips. Denn die Berücksichtigung einer Mitverursachung bei der Schadensentstehung gilt – anders als Treu und Glauben – auch außerhalb einer Sonderbeziehung, und sie hängt nicht von einem in Anspruch genommenen Vertrauen ab. 157 Zudem ist die Einforderung eines ungeminderten Schadensersatzanspruchs nicht bloß als widersprüchliches Verhalten unzulässig, sondern der einschlägige Ersatzanspruch erfährt eine Kürzung ipso jure. 158 Diese dogmatische Detailkontroverse braucht hier allerdings nicht weiter verfolgt zu werden. Wie auch immer der Streitentscheid ausgeht, er ändert doch nichts an der gebotenen Zuweisung der wechselseitigen Verantwortung im Rahmen des Schadensausgleichs. Um den Mitwirkungsbeitrag des Verletzten in angemessener Weise zu gewichten, sind die gleichen Einschränkungen und Erweiterungen zugrunde zu legen, wie sie für die schadenstiftende Handlung des Anspruchsgegners gelten. Versäumnisse des Geschädigten können nur dann haftungseinschränkend wirken, wenn der Geschädigte diese zu vertreten hat. Dies richtet sich danach, ob dem Geschädigten ein Verstoß gegen eine Pflicht oder Obliegenheit vorzuwerfen ist und ihn somit ein „Verschulden gegen sich selbst“ trifft. Eine selbstschädigende oder schadenserhöhende Mitwirkung ist daher beachtlich, wenn der Verletzte bei der Wahrung seiner Interessen die Sorgfalt außer acht gelassen hat, die nach Lage der Dinge erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren. 159 Zur gleichmäßigen Berücksichtigung der Mitwirkungsbeiträge ist der Verantwortungsbereich des Betroffenen um das schuldhafte Verhalten der von ihm eingeschalteten Hilfspersonen auszuweiten. 160 Die Verantwortlichkeit für das Verhalten eines Dritten fällt in die Sphäre des 156 BGHZ 34, S. 355 (363 f.); NJW 1972, S. 334 (335); NJW 1998, S. 302 (305); OVG Münster, NJW 1992, S. 2245 f.; ausführlich P. Axer, DVBl. 2001, S. 1322 (1331); H.-E. Henke, JuS 1988, S. 753 (753 f., 755 f.); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 254 Rn. 1 f.; J. Hüttenbrink, Schadensersatzansprüche, S. 125; G. Kuckuk, in: Erman, BGB, § 254 Rn. 4; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 254 Rn. 1. Vgl. ferner G. Pietzko, S. 254 f.; H. H. Rupp, DVBl. 1972, S. 232 (233); A. Schäfer, in: ders./H. J. Bonk, StHG, § 3 Rn. 78; G. Schwär, S. 118 f. Grundsätzlich skeptisch gegenüber dieser Konstruktion J. Gernhuber, JuS 1983, S. 764. 157 K. Larenz, Schuldrecht I, § 31 I a (S. 540 f.). 158 J. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht 1, Teilbd. 2, § 35 I 2 (S. 278); K. Larenz, Schuldrecht I, § 31 I a (S. 540 f.); D. Looschelders, Rn. 1016; H. Oetker, in: Münchener Kommentar, BGB, § 254 Rn. 4; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, § 254 BGB Rn. 4; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 254 Rn. 4. 159 BGHZ 3, S. 46 (49); 9, S. 316 (318 f.); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 254 Rn. 1; K. Larenz, Schuldrecht I, § 31 I a (S. 540); D. Looschelders, Rn. 1014; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 674 f.; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, § 254 BGB Rn. 23; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 254 Rn. 30. 160 Diese Zurechnung schreibt für das Zivilrecht § 254 Abs. 2 S. 2 BGB vor, der wie ein selbständiger Abs.3 zu lesen ist, vgl. BGHZ 1, S. 248 (249); 3, S.46 (48); H. Oetker, in: Münchener Kommentar, BGB, § 254 Rn. 126; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 254 Rn. 60;

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs

205

Geschädigten, der sich seiner als Hilfsperson bedient und der mit dem zusätzlichen Personal ein weiteres Gefahrenpotential in die Sonderbeziehung eingebracht hat. Dies ergibt sich zwanglos aus dem Zusammenspiel des Rechtsgrundsatzes, der die Berücksichtigung eines Mitverschuldens vorschreibt, mit dem, der die Verantwortlichkeit für das Verhalten von Hilfspersonen vorgibt. 161 Die regelmäßige Rechtsfolge der Mitverantwortung ist eine abgestufte Schadensteilung, die sich in einer gleitenden Kürzung des Ersatzanspruches niederschlägt. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann die Mitwirkung des Betroffenen aber auch gänzlich außer Betracht bleiben, oder als anderes Extrem kann sie den Ersatzanspruch komplett entfallen lassen. Hierüber entscheidet eine wertende Betrachtung auf Grundlage einer einzelfallbezogenen Abwägung von Mitwirkung und zurechenbarem Verschulden des Schädigers und des Geschädigten. Die Rechtsverhältnishaftung kann es beispielsweise mindern, wenn ein Teil leichtfertig im Vertrauen auf das Zustandekommen einer konsentierten Vereinbarung umfangreiche Vermögensverfügungen unternimmt, die überhaupt oder in diesem Ausmaß objektiv nicht gerechtfertigt waren. 162 Ein anderer Anwendungspunkt für eine Anspruchskürzung wegen eines Mitverschuldens bei der Schadensentstehung ist dann gegeben, wenn eine Partei auf die Wirksamkeit eines erkennbar unwirksamen Verhandlungsproduktes vertraut, etwa auf die Bindungswirkung eines in Drittbelange eingreifenden Verwaltungsvertrages, der nicht den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwVfG genügt, oder eines nach § 44 VwVfG nichtigen konsentierten Verwaltungsaktes. 163 Gegebenenfalls ist der Ersatzanspruch in diesen Konstellationen soweit zu mindern, daß er vollständig entfällt.

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs Die Frage aufwerfen, ob der Ersatzanspruch aus der Rechtsverhältnishaftung einer Verjährung unterliegt, heißt sie bejahen. Den Verjährungsregeln liegt der Gedanke zugrunde, daß dem Verpflichteten Schutz vor Ansprüchen gewährt werden soll, deren Entstehung nicht nur weit zurückliegt, sondern die „infolge der verdunkelnden Macht der Zeit“ 164 auch in ihrer Entstehung zweifelhaft scheinen. Es bildet ein Gebot der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, daß tatsächliche Zustände, die über eine längere Zeit unbestrittenen Bestand haben, durch die Rechtsordnung als besteK. Larenz, Schuldrecht I, § 31 I d (S. 545 f.); D. Looschelders, Rn. 1034; D. Medicus, Schuldrecht I, Rn. 679; H.-J. Mertens, in: H. Th. Soergel, BGB, § 254 Rn. 89; G. Schiemann, in: J. von Staudinger, BGB, § 254 Rn. 95; R. Schulze, in: ders. (Hrsg.), BGB, § 254 Rn. 9. 161 Zu letzterem oben § 5 I 3 b. 162 Siehe dazu schon § 5 I 2 a bb. 163 Vgl. oben §5 I 2 a bb. Siehe ferner §4 I 2 d cc dazu, daß es in solchen Situationen bereits an einem geeigneten Vertrauenstatbestand fehlen kann. 164 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd.I, Allg. Theil, Berlin 1888, S. 291.

206

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

hend anzuerkennen sind. 165 Vor diesem Hintergrund kann die Notwendigkeit einer Anspruchsverjährung auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zurückgeführt werden, das nicht nur materielle Gerechtigkeit im Einzelfall, sondern zugleich Rechtsbeständigkeit und Rechtssicherheit als notwendige Voraussetzungen des Rechtsfriedens fordert. 166 In dieser Allgemeinheit ist dem Verjährungsgedanken auch jenseits des gesetzten Rechts die Qualität eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zuzusprechen, der auch im Öffentlichen Recht Geltung beansprucht. 167 Soweit es um die Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Bürgers gegen den Staat geht, vermag der Verjährungsgedanke daher auch eine Schranke des Art. 14 Abs. 1 GG zu bilden, der den öffentlich-rechtlichen Schadensersatz als Vermögensrecht schützt. 168 Mit Blick auf die Regelungsermächtigungen des Art. 14 GG bildet die Verjährungsregelung eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, da der gesetzliche Anspruch schon mit der Belastung entsteht, zu einem späteren Zeitpunkt zu verjähren. 169 Ist somit festgestellt, daß eine Verjährung auch für die Rechtsverhältnishaftung gelten muß, bleibt noch immer die Dauer des Zeitablaufs offen, welchen die Verjäh165 Vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt D. Dörr, DÖV 1984, S. 12 (14 a. E.); F. Mayer/ F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 39 I (S. 343); F. Schack, BB 1954, S. 1037. Aus zivilrechtlicher Sicht BGHZ 59, S. 72 (74); 128, S. 74 (82 f.); Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I, Allg. Theil, Berlin 1888, S. 289; Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 34 f.; H. Dörner, in: R. Schulze (Hrsg.), BGB, § 194 Rn. 1; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., vor § 194 Rn. 7; W. Niedenführ, in: H. Th. Soergel, BGB, vor § 194 Rn. 3, 16; R. Zimmermann, JuS 1984, S. 409 (410). 166 Vgl. BVerfGE 2, S. 380 (403); 3, S. 225 (237); 60, S. 253 (267 f.); NJW 1993, S. 1125; H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 13 Rn. 6; E. Schmidt-Aßmann, in: J. Isensee/ P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 1, § 24 Rn. 81 (S. 1030); H. Schulze-Fielitz, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 134–138. 167 D. Dörr, DÖV 1984, S.12 (14 a.E.); M. Kellner, NVwZ 2002, S.395 (396); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 39 I (S. 343); W. Niedenführ, in: H. Th. Soergel, BGB, § 195 Rn. 55; F. Schack, BB 1954, S. 1037; anderer Ansicht indes E. Fosthoff, § 9 (S. 174). Hier braucht nicht der Streit entschieden zu werden, ob lediglich vermögensrechtliche Ansprüche oder auch nichtvermögensrechtliche öffentliche Ansprüche verjähren können. Vieles spricht indessen für ersteres, vgl. F. Schack, BB 1954, S. 1037, und weiterführend K. Erfmeyer, VR 1999, S. 48–52; H. de Wall, S. 473–480. Nicht nachgegangen wird ferner der Frage, ob sich der Schuldner in verwaltungsrechtlichen Sonderbeziehungen gemäß § 214 Abs. 1 BGB analog auf die Verjährung berufen muß oder ob der Anspruch mit Ablauf der Verjährungsfrist ipso jure erlischt, vgl. hierzu D. Dörr, DÖV1984, S. 12 (16 f.); V. Haenicke, NVwZ 1995, S. 348 (349); W. Niedenführ, in: H. Th. Soergel, BGB, § 195 Rn. 58; H. de Wall, S. 486–489. 168 Zum Schutz öffentlich-rechtlicher Ersatzansprüche durch Art. 14 Abs. 1 GG BVerfGE 53, S. 336 (348); B.-O. Bryde, in: I. von Münch/Ph. Kunig (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 25. Vgl. auch zum Schutz privatrechtlicher Forderungen durch Art. 14 Abs. 1 GG BVerfGE 45, S. 142 (179); 89, S. 1 (6); 92, S. 262 (271); J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 38 f. Zur Grundrechtsrelevanz der Verjährung H.-P. Mansel, Die Reform, S.333 (349 f., 389); A. Piekenbrock, S. 309 (314 f.); R. Zimmermann, JZ 2000, S. 853 (854). 169 BayVGH, VerwRspr. 24, S. 914 (922); F. Peters, in: J. von Staudinger, BGB, Vorb. zu §§ 194 ff. Rn. 8; F. Peters/R. Zimmermann, Verjährungsfristen, S. 77 (187, 190).

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs

207

rung voraussetzt. Bei den Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder der Gesetze des Verwaltungsrechts handelt es sich um auf gesetzgeberischer Dezision beruhende Zeitvorgaben für den jeweiligen Bereich. 170 Ein allgemeiner Rechtsgedanke ist hier nicht auszumachen. 171 Als andere methodische Vehikel, den zivilen Verjährungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Öffentlichen Recht Geltung zu verschaffen, bleiben die Anerkennung als öffentlich-rechtliches Gewohnheitsrecht und die Analogie. 1. Verjährungsfrist kraft Gewohnheitsrechts Die Lücke im Verjährungsrecht könnte durch eine gewohnheitsrechtliche Verfestigung der bisher im Staatshaftungsrecht praktizierten Verjährungsregeln gefüllt sein. Als Gewohnheitsrecht kommt die alte zivilrechtliche Regelverjährungsfrist von dreißig Jahren nach § 195 BGB a. F. analog in Betracht. Die von § 195 BGB n. F. vorgesehene kürzere Regelverjährung ist erst zum 1.1.2002 in Kraft getreten und scheidet aufgrund ihrer geringen Geltungsdauer von vornherein als Gewohnheitsrecht aus. Mit einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung stünde aber die alte, ursprünglich zivilrechtliche Regelverjährung von 30 Jahren im Öffentlichen Recht dogmatisch auf eigenen Füßen, und sie wäre konstruktiv vom Bestand des § 195 BGB a. F. losgelöst. Für die Entstehung von Gewohnheitsrecht ist eine tatsächliche, stetige Rechtsausübung erforderlich (objektives Element), die von den Beteiligten als verbindliche Rechtsnorm anerkannt wird (subjektives Element), und schließlich muß der ungeschriebene Rechtssatz hinreichend bestimmt und formulierbar sein (formales Element). 172 Während das formale Element der Formulierbarkeit bei der in Analogie zur Vorschrift des hergebrachten Bürgerlichen Gesetzbuchs gewonnenen 30jährigen Verjährungsfrist außer Frage steht, sind die übrigen Kriterien der Erzeugung von Gewohnheitsrecht zu überprüfen.

170 H. Honsell, JZ 2001, S. 18 (21); R. Zimmermann, JZ 2000, S. 853 (857). Siehe auch schon F. C. von Savigny, System, Bd. 4, S. 308, der konstatiert, daß bei der Verjährung für den Gesetzgeber „ein sehr freyer und weiter Spielraum für jede aufzustellende Regel“ besteht. 171 Gegen eine rechtsgrundsätzliche Geltung der 30jährigen Regelverjährung des §195 BGB a. F. im Öffentlichen Recht D. Dörr, DÖV 1984, S. 12 (15); F. Schack, BB 1954, S. 1037 (1040), mit Hinweis auf die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. I, Allg. Theil, Berlin 1888, S.295 f. Th. Meysen, Die Haftung, S. 342, 351, 356 f., nimmt dagegen einen in der gesamten Rechtsordnung geltenden Rechtsgrundsatz dieses Inhaltes an. 172 Etwa BVerfGE 28, S. 21 (28 f.); J. Ipsen, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 136; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 19; F. Ossenbühl, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 70; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 25 Rn. 12.

208

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

a) Die tatsächliche Rechtsausübung Erste Voraussetzung für die Entstehung von Gewohnheitsrecht ist die lang andauernde tatsächliche Übung der fraglichen Norm. Die Regelfrist des § 195 BGB a. F. ist in der Vergangenheit für die staatshaftungsrechtliche Verjährung als analogiefähig eingestuft worden. 173 Die Vorschrift des § 195 BGB a. F. zeichnete sich im Zivilrecht durch die Weite ihres Anwendungsgebietes aus. Sie zeigte sich dort indifferent gegenüber dem Entstehungsgrund des jeweiligen Anspruchs. Die Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. war schon deshalb in besonderer Weise geeignet, ihren Wirkungsbereich im Wege der Analogie ins Staatshaftungsrecht auszuweiten, wo sie für dogmatisch so unterschiedliche Institute wie die Entschädigung wegen Aufopferung 174 und wegen enteignenden und enteignungsgleichen Eingriffs 175, den Folgenbeseitigungsanspruch 176, den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch 177 sowie die Schadensersatzansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen 178 herangezogen wurde. Da der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch und die öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse auch für den Privaten verpflichtend wirken können, 179 bestimmte § 195 BGB a. F. analog auch die Verjährungsfrist für Ansprüche der öffentlichen Hand gegen den Bürger. Daß unter dem Bürgerlichen Gesetzbuch alter Fassung die Konstruktion einer Analogie benutzt wurde, um der Verjährungsfrist im Öffentlichen Recht Geltung zu verschaffen, steht der Entstehung von Gewohnheitsrecht nicht entgegen. Erforderlich ist allein, daß die fragliche Rechtsüberzeugung länger und gleichmäßig geübt wurde. 180 Die Voraussetzung, daß die 30jährige Verjährungsdauer für das Staatshaftungsrecht in der Vergangenheit als Recht praktiziert wurde, ist daher mit der konventionellen Analogiebildung erfüllt. Bezüglich des objektiven Elements von Gewohnheitsrecht bleibt weiterhin zu prüfen, ob die Dauer der Rechtsausübung genügt. Wie lange Recht geübt sein muß, damit es als Gewohnheitsrecht anerkannt werden kann, ist nicht geklärt. 181 In der 173 Generell bemessen die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche im Öffentlichen Recht nach § 195 BGB a. F. analog D. Dörr, DÖV 1984, S. 12 (15); F. Schack, in: Festschrift Laun, S. 275 (288); ders., BB 1954, S. 1037 (1040); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 37 Rn. 21. Vgl. auch BVerwGE 75, S. 173 (179). 174 RGZ 78, S. 202 (207); 167, S.14 (27); BGHZ 9, S. 209 (211); 36, S.379 (387); OLG Düsseldorf, NJW 1957, S. 912 f.; B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 772; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 142. 175 BGHZ 13, S. 88 (97 f.); 117, S. 287 (294); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 772; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 267, 284. 176 VGH München, NVwZ 1991, S. 57 (58 f.); NJW 1999, S. 666 f. 177 OVG Lüneburg, OVGE 40, S. 391; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.435. Für den beamtenrechtlichen Erstattungsanspruch BVerwGE 66, S. 251 (252 f.). 178 BGH, VersR 1978, S. 85 (86); BVerwG, NJW 1995, S. 2303 (2309); OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1996, S. 305 (306); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Fn. 283 zu Rn. 199. 179 Hierzu bereits oben § 3 II 3 c aa. 180 Vgl. K. Larenz, Methodenlehre, S. 433.

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs

209

jüngeren Vergangenheit ist die Regelverjährung des § 195 BGB a. F. auf die meisten Ansprüche des Staatshaftungsrechts angewandt worden, und zwar in Literatur und Rechtsprechung. 182 Für den Aufopferungsanspruch findet sich die 30jährige Frist bereits in einem Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahr 1912.183 Zweifelhaft ist allerdings, ob die Praxis auf dem Gebiet des Aufopferungsrechts ausreicht, um die langjährige Übung der Verjährungsfrist von 30 Jahren für das gesamte öffentliche Haftungsrecht einschließlich der öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnishaftung zu begründen. Überdies verfügen viele Anspruchsgrundlagen des heutigen Staatshaftungsrechts über keine so alte Tradition wie die Aufopferungsentschädigung, insbe181 182 183 sondere nicht die hier entwickelten Rechtsverhältnishaftung.

b) Die Rechtsüberzeugung der Adressaten Erweist sich damit bereits das objektive Kriterium von Gewohnheitsrecht für die Verjährungsfrist von dreißig Jahren als fragwürdig, ist das Vorliegen des subjektiven Kriteriums, das Unwidersprochensein der Rechtsübung, gänzlich abzulehnen. Zu bedenken ist, daß grundsätzlich für die Entstehung von Gewohnheitsrecht nicht genügt, daß eine bestimmte Übung widerspruchslos hingenommen wird. Es reicht auch nicht die bloße Erwartung, daß die Gerichte entsprechend entscheiden werden. Vielmehr muß die Übung von Rechtsüberzeugung getragen sein. Das heißt, bei den Normadressaten ist die Überzeugung erforderlich, daß die Gerichte in bestimmter Weise entscheiden, weil eine bindende Norm existiert. 184 Deshalb kommt es darauf an, ob die Rechtsprechung in der Literatur und in der „öffentlichen Meinung“ Zustimmung findet. Dies führt dazu, daß Gewohnheitsrecht am ehesten dort anzutreffen ist, wo es um Ableitungen aus rechtsethischen Grundsätzen geht, die als solche Eingang in das breitere Rechtsbewußtsein gefunden haben. So entspricht beispielsweise das Aufopferungsgewohnheitsrecht, das dem Bürger einen Ausgleich für die hoheitliche Entziehung oder Beschränkung seiner Rechte gewährt, allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen. 185 Die auf Treu und Glauben beruhende Haftung wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen genoß schon vor ihrer Kodifizierung in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB gewohnheitsrechtliche Anerkennung im Zivilrecht 186 und im Öffentlichen Recht. 187 181 Nach J. Ipsen: „jahrzehntelange Rechtsausübung“, ders., Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 136; offen gelassen bei H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 4 Rn. 19. 182 Nachweise oben im Fn. 170–174. 183 RGZ 78, S. 202 (207), Urteil vom 26.1.1912. Dagegen wandte das OLG München noch 1940 § 852 BGB entsprechend an, Urteil vom 6.11.1940, HRR 1941 Nr. 10. Zum älteren Streitstand BGHZ 9, S. 209 (213–220). 184 BVerfGE 34, S. 293 (303 f.); 61, S. 149 (203); K. Larenz, Methodenlehre, S. 433. 185 BGHZ 90, S. 17 (30). Vgl. auch H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 3–6; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 124 f. 186 BGH, NJW 1979, S. 1983; W. Fikentscher, Schuldrecht, § 20 II 2 (Rn. 70); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 11; K. Larenz, Schuldrecht I, § 9 I a (S. 108 f.); D. Loo-

14 Kellner

210

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Dagegen ist die Entstehung von Gewohnheitsrecht bei den rechtstechnischen Regelungen am schwierigsten, die zwar als juristisches „Handwerkzeug“ unentbehrlich sind, die aber im allgemeinen Rechtsverständnis kaum Niederschlag finden. 188 Bei der hier diskutierten Verjährungsfrist handelt es sich um eine solche rechtstechnische Vorschrift. § 195 BGB a. F., zu dem die Analogie gebildet wird, hat keinen tieferen Hintergrund. 189 Die Frist von 30 Jahren ist seinerzeit von den Verfassern des BGB für sachgerecht gehalten worden und sie ist in letzter Konsequenz allein das Ergebnis gesetzgeberischer Dezision. 190 Schon diese Zusammenhänge wecken Skepsis gegenüber der von Gewohnheitsrecht vorausgesetzten allgemeinen Anerkennung der 30jährigen Verjährungsfrist. Darüber hinaus stand die Verjährungsfrist von 30 Jahren, obwohl sie in der Vergangenheit von weiten Teilen der Literatur und Rechtsprechung rezipiert wurde, im Staatshaftungsrecht nie außer Streit. Wenn Judikate zur Verjährung staatshaftungsrechtlicher Ansprüche ergingen, sahen sich die Gerichte regelmäßig zu besonderen Begründungen veranlaßt, warum gerade für das zur Entscheidung stehende Haftungsinstitut die allgemeine Verjährung des § 195 BGB a. F. und nicht die für Amtshaftungsrecht geltende Frist des § 852 Abs. 1 BGB a. F. analog heranzuziehen ist. 191 Zudem fand die 30jährige Frist im Schrifttum keine ungeteilte Zustimmung. So wandten einzelne Literaturstimmen auf die Entschädigung wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs 192 und auf Schadensersatzansprüche aus öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen 193 nicht § 195 BGB a. F., sondern § 852 Abs. 1 BGB a. F. analog an. Damit ist auch die unwidersprochene Rechtsausübung als subjektiver Aspekt von Gewohnheitsrecht nicht gegeben. c) Ergebnis Festzuhalten ist, daß sich die bisher praktizierte Analogie zu § 195 BGB a. F. mit ihrer 30jährigen Regelverjährung nicht als Gewohnheitsrecht verselbständigt hat.

schelders, Rn. 181; M. Löwisch, in: J. von Staudinger, BGB, vor §§ 275–283 Rn. 59; R. Schwarze, S. 34; W. Thiele, JZ 1967, S. 649, dazu bereits oben § 2 I vor 1. 187 Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (124), vgl. dazu oben § 3 II 3 b. 188 K. Larenz, Methodenlehre, S. 433. 189 Zur wechselvollen Geschichte der Verjährungsfristen F. Peters/R. Zimmermann, Verjährungsfristen, S. 77 (112–166). 190 Vgl. die Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I, Allg. Theil, Berlin 1888, S. 295–297. 191 BGHZ 9, S. 209 (211–220); 36, S. 379 (387); BVerwG, NJW 1995, S. 2303 (2309); VGH München, NJW 1999, S. 666 (667). 192 H. Roth, in: J. von Staudinger, BGB, § 906 Rn. 246 i.V. m. Rn. 241, 238, 232. 193 Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542 f.). Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (230), stuft die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren für die öffentlich-rechtliche Forderungsverletzung als „bedenklich“ ein.

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs

211

2. Verjährungsfrist durch Analogie Das bedeutet, daß hinsichtlich der Verjährungsfrist unverändert eine Vorgabe im positiven Recht fehlt. Es bedarf somit weiterhin der dogmatischen Hilfskonstruktion einer Analogie, um für den Anspruch aus Rechtsverhältnishaftung die Verjährungsfrist auszugestalten. 194 Für die Analogiebildung kann nach der Schuldrechtsreform nicht mehr auf die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. zurückgegriffen werden. 195 Vielmehr sind die neuen Verjährungsvorschriften auf ihre Analogiefähigkeit hin zu überprüfen. Eine Analogie setzt voraus, daß eine planwidrige Lücke im Gesetz vorliegt, und darüber hinaus eine Vergleichbarkeit der Interessenlage zwischen dem gesetzlich geregelten und dem nicht geregelten Fall gegeben ist. 196 a) Die planwidrige Regelungslücke Da für die öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnishaftung durch den Gesetzgeber keine Verjährungsfrist vorgegeben wird 197 und insoweit auch kein Gewohnheitsrecht besteht 198, liegt eine Regelungslücke im kodifizierten Regelungsprogramm vor. 199 Dieses Defizit ist wegen der Erfordernisse der mit Verfassungsrang ausgestatteten Güter der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens als „planwidrig“ und ausfüllungsbedürftig zu qualifizieren.

194 Im methodischen Vorgehen genauso D. Dörr, DÖV 1984, S. 12 (14 f.); W. Niedenführ, in: H. Th. Soergel, BGB, § 195 Rn. 56; F. Schack, in: Festschrift Laun, S. 275 (288); ders., BB 1954, S. 1037 (1040). 195 H. Grothe, in: Münchener Kommentar, BGB, Bd. 1 a, § 195 Rn. 13; vgl. auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 195 Rn. 20; H. Maurer, Allgmeines Verwaltungsrecht, § 27 Rn. 72 a. Dagegen sollte es nach Mansel im Öffentlichen Recht „im Zweifel bei einer Fortgeltung der §§ 195, 198 [BGB] a. F. bleiben“, da der Gesetzgeber die alte Regelverjährung „in seinen Willen aufgenommen“ habe, H.-P. Mansel, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 194 BGB Rn. 14; ders., in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 1 Rn. 25; ders., NJW 2002, S. 89 (91); ähnlich F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 53 Rn. 13. 196 K. Larenz, Methodenlehre, S. 381 f. 197 Vgl. zu den nicht realisierten Planungen, im Zuge der Schuldrechtsreform auch eine öffentlich-rechtliche Regelverjährung im BGB zu schaffen, § 194 Abs. 3 des Diskussionsentwurfs des Bundesministeriums der Justiz, mit Begründung bei: C.-W. Canaris (Hrsg.), Schuldrechtsreform 2002, S.5, 98. Dazu W. Dötsch, NWVBl. 2001, S.385 (389); W. Ernst, ZRP 2001, S. 1 (3); ders., Zum Fortgang, S. 559 (571); H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 195 Rn. 20; P. Krebs, DB, Beilage 14/2000, S. 5; M. Kellner, NVwZ 2002, S. 395 (398); H.-P. Mansel, NJW 2002, S. 89 (90 f.). 198 Dazu, daß auch Gewohnheitsrecht eine Lücke im positiven Recht zu schließen vermag, K. Engisch, S. 177, 179; siehe auch H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 27 Rn. 72 a. 199 Allein im bayerischen Landesrecht ist in Art. 71 Art. 1 AGBGB eine Erlöschensfrist für die auf eine Geldzahlung gerichteten öffentlich-rechtlichen Ansprüche der bayerischen juristischen Personen des Öffentlichen Rechts und für die Ansprüche gegen diese vorgesehen.

14*

212

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

b) Die vergleichbare Interessenlage Der Mangel im Gesetz könnte nun mit einer entsprechenden Heranziehung der neuen, kürzeren Verjährungsbestimmung des § 195 BGB n. F. geschlossen werden. Ob § 195 BGB n. F. analogiefähig ist, entscheidet sich danach, ob der durch diese Norm geregelte Tatbestand von der Interessenlage her mit dem der Rechtsverhältnishaftung vergleichbar ist. Überprüft man die Interessengerechtigkeit der neuen Regelverjährung, kommt man nicht umhin, das in § 199 BGB n. F. vorgesehene System des Verjährungsbeginns und der absoluten Höchstfristen in die Betrachtung einzubeziehen. Gegen die relative Verjährungsfrist von drei Jahren ab Ende des Jahres, in das Anspruchsentstehung und Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und dem Schuldner fallen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB n. F.), sind aus öffentlich-rechtlicher Perspektive keine Bedenken zu erheben. 200 Der verletzten Partei ist es zuzumuten, ihren Anspruch ab Kenntnis der erforderlichen Umstände zügig durchzusetzen. Nichts anderes gilt für die Fälle grob fahrlässiger Unkenntnis, wenn der Geschädigte also bei der Verfolgung seiner Interessen außer acht läßt, was jedem hätte einleuchten müssen. 201 Wie bereits § 195 BGB a. F. beherrscht auch dessen neue Fassung weite Teile des Zivilrechts, gleichgültig welcher Natur die zur Verjährung stehenden Ansprüche sind. Dabei geht das Wirkungsfeld der neuen Regelverjährung sogar über das des § 195 BGB a. F. hinaus, da § 195 BGB n. F. unter anderem das Deliktsrecht erfaßt. Sprach schon der weite Anwendungsbereich des § 195 BGB a. F. für seine Analogiefähigkeit, gilt dies um so mehr für § 195 BGB n. F. Ferner bemißt § 195 BGB n. F. unmittelbar die Verjährung des Amtshaftungsanspruches aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG. 202 Hierdurch gewinnt die zivilrechtliche Regelverjährung eine staatshaftungsrechtliche Komponente, was die Interessenlage des § 195 BGB n. F. an die Anspruchssituation der öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnishaftung heranführt und eine Ausweitung per analogiam auf die Rechtsverhältnishaftung erleichtert. 203 200 Vgl. auch BayVerfGH, VerwRspr. 24, S. 914 (927); VGH München, BayVBl. 1980, S. 660, zu der dreijährigen relativen Ausschlußfrist des Art. 125 Abs. 1 BayAGBGB a. F., entspricht im wesentlichen dem heutigen Art. 71 Abs. 1 BayAGBGB. Zu der Frage, auf wessen Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis innerhalb eines Unternehmens oder einer Behörde abzustellen ist K. Schmid, ZGS 2002, S. 180 (181). 201 Zur Definition der grob fahrlässigen Unkenntnis die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Dr 14/6040, S. 242; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 199 Rn. 36; H.-P. Mansel, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 199 BGB Rn. 52–58; ders., in: B. Dauner-Lieb (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 1 Rn. 64 f. Generell zur Definition grober Fahrlässigkeit BGHZ 10, S. 14 (16 f.); 89, S. 153 (161); NJW 1992, S. 3235 (3236); St. Grundmann, in: Münchener Kommentar, BGB, § 276 Rn. 94; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 277 Rn. 5; M. Wolf, in: H. Th. Soergel, BGB, § 276 Rn. 122–127. 202 Hierzu W. Dötsch, NWVBl. 2002, 140; W. Henrich, in: H. G. Bamberger/H. Roth (Hrsg.), BGB, § 195 Rn. 18; H.-P. Mansel, in: B. Dauner-Lieb u. a. (Hrsg.), Schuldrecht, § 194 BGB Rn. 9; H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 44.

III. Die Verjährung des Ersatzanspruchs

213

203

Die Länge der absoluten Verjährungsfrist, die unabhängig von subjektiven Gesichtspunkten läuft, richtet sich bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen seit der Schuldrechtsreform nicht mehr nach der Grundlage des Anspruchs, sondern nach der Wertigkeit des verletzten Gutes. 204 Während die Frist für Ersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit dreißig Jahre – von dem Schaden auslösenden Ereignis an gerechnet – beträgt (§ 199 Abs. 2 BGB n. F.), verjähren Ersatzansprüche wegen bloßer Vermögensbeschädigungen in zehn Jahren ab Anspruchsentstehung absolut (§199 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB n. F.). Die letztere Bestimmung ist für die Rechtsverhältnishaftung, die ebenfalls einen Ausgleich für Vermögensschäden vorsieht, analog heranzuziehen. Die Verkürzung der bislang für öffentlich-rechtliche Ansprüche geltenden Regelverjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a. F. analog auf ein Drittel ist nicht unbedenklich. Sie birgt allgemein die Gefahr, daß ein Anspruch bereits verjährt, ehe der Verletzte seinen Anspruch kannte oder vernünftiger Weise hätte kennen können. 205 Dieses Risiko ist jedoch bei Ansprüchen aus der Rechtsverhältnishaftung gering. Da hier Schädiger und Geschädigter nicht nur in einer rechtlichen Sonderbeziehung, sondern auch in einer tatsächlichen Kooperationsbeziehung zueinander stehen, ist nicht anzunehmen, daß die haftungsbegründende Pflichtverletzung und der durch sie verursachte Vermögensschaden über lange Zeit unentdeckt bleiben.206 Die Rechtsverhältnishaftung bietet vorwiegend den Ersatz von Vermögensschäden, die durch vertrauensbedingte Fehldispositionen im Verhandlungsverlauf hervorgerufen wurden. Sobald der Geschädigte feststellt, daß die Kooperation gescheitert ist, wird der pflichtwidrig gesetzte Vertrauenstatbestand offenkundig. Zugleich wird die schädigende Wirkung der Vermögensverfügungen erkennbar, die der Betroffene im Vertrauen auf die Verhandlungsredlichkeit der anderen Partei tätigte und die sich nunmehr als verfehlt und unrentabel erweisen. Wegen des vergleichsweise engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und deren Erkennbarkeit für den Geschädigten dürfte die absolute, objektive Verjährungsfrist von 10 Jahren eine zulässige Beschränkung des Ersatzanspruchs bilden.

203 Ein weiterer Gesichtspunkt, der unterstreicht, daß die dreijährige relative Regelverjährung für das Staatshaftungsrecht durchaus angemessen ist, bildet die Wertung des – ungültigen – § 13 Abs. 1 S. 1 StHG 1981, der ebenfalls eine subjektive Verjährungsfrist von drei Jahren vorsah, die sich aber nicht auf Ansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung bezog, hierzu H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 13 Rn. 12. 204 Vgl. dazu die Begründungen zu den Entwürfen eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 243 f.; 14/7052, S. 263 f. 205 Vgl. BayVerfGH, VerwRspr. 24, S.914 (928). Von zivilrechtlicher Warte H. Eidenmüller, S. 405 (408 f.); R. Zimmermann, JZ 2000, S. 853 (863 f.); ähnlich A. Piekenbrock, S. 309 (314). 206 Vgl die entsprechende Argumentation zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen in zivilrechtlichen Schuldverhältnissen bei P. Bydlinski, S. 381 (389 f.); P. Krebs, DB, Beilage 14/2000, S. 5.

214

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

3. Ergebnis Die öffentlich-rechtlichen Schadensersatzansprüche aus der Rechtsverhältnishaftung verjähren nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n. F. analog in drei Jahren ab Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Berechtigte von den anspruchsbegründenden Umständen und dem Haftungssubjekt Kenntnis hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte Kenntnis erlangen müssen. Die absolute Verjährungshöchstfrist beträgt zehn Jahre ab Anspruchsentstehung gem. § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB n. F. analog.

IV. Die Beweislastverteilung Im Haftpflichtprozeß zwischen Bürger und Verwaltung herrscht die Grundregel, daß jede Partei für die ihr günstigen Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast trägt. Das heißt, wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, hat die rechtsbegründenden Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen. 207 Im Rahmen des hier entwickelten Haftungsinstitutes obläge es demnach dem Geschädigten, die haftungsauslösende Pflichtverletzung seines Gegenübers, dessen Verschulden sowie die Kausalbeziehung zwischen Pflichtverletzung und dem selbst erlittenen Schaden darzulegen. Den Verletzten wird es allerdings in Beweisnot bringen, die subjektive Pflichtverletzung, also das Verschulden des Schädigers, nachzuweisen. Denn es wird dem Geschädigten kaum möglich sein aufzudecken, warum es in der Organisation des Beklagten zu dem Pflichtenverstoß kam. Viel leichter fällt es dagegen dem Inanspruchgenommenen, die ausschließlich in seinen Gefahrenkreis fallenden Hintergründe der Pflichtverletzung zu eruieren. Stimmig erscheint es, den Schädiger das Risiko einer Unaufklärbarkeit des Verschuldens tragen zu lassen. 208 Als Beweisregel hat dieser Gedanke in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB Ausdruck gefunden, der die Vermutung schuldnerseitigen Verschuldens bei allen Pflichtverletzungen innerhalb zivilrechtlicher Schuldverhältnisse vorgibt. 209 Der Wirkungsbereich des Gedankens, eine Partei bereits dann für die zurechenbar begangene Pflichtverletzung einstehen zu lassen, wenn die Unaufklärbarkeit des Vertretenmüssens in ihre Sphäre fällt, läßt sich über das private Recht hinaus aus207 Vgl. nur K. Reichold, in: H. Thomas/H. Putzo (Hrsg.), ZPO, vor § 284 Rn. 23. Das gilt uneingeschränkt nur unter der ZPO. Modifikationen ergeben sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen des Untersuchungsgrundsatzes des § 86 Abs. 1 VwGO, vgl. BVerwGE 52, S. 255 (260); vgl. auch F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 1. Zur Rechtswegfrage noch unten § 5 VI. 208 So die Begründung der Beweislastumkehr der §§ 282, 285 BGB a. F. bei BGH, in: LM Nr. 2 zu § 688 BGB; NJW 1965, S. 1583 (1584). Siehe auch zur Beweislast bei der positiven Forderungsverletzung nach altem Recht K. Larenz, Schuldrecht I, § 24 I b (S. 373 f.), und ausführlich L. Raape, AcP 147 (1941), S. 217–289 passim, insbes. S. 218 f., 288 f. 209 Dazu mit Hinweis auf §§ 282, 285 BGB a. F. die Begründung zum Entwurf eines SchuldRModG, BT-Drs. 14/6040, S. 311.

IV. Die Beweislastverteilung

215

dehnen. Da es dem geschädigten Teilnehmer einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindungen ebenfalls nicht möglich sein wird, den Gefahrenbereich des Gegenübers zu durchleuchten, gilt die Umkehr der allgemeinen Beweislastregelung auch für die öffentlich-rechtlichen Forderungsverletzungen. 210 Ob man dieser Regel den Rang eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zuerkennen kann, 211 erscheint nicht ganz unproblematisch. Bei der Beweislastverschiebung handelt es sich lediglich um eine „technische“ Korrektur des an dieser Stelle als unbillig empfundenen Prozeßrechts. Doch kann es auch als ein rechtsstaatliches Gebot aufgefaßt werden, den Geschädigten im Haftpflichtprozeß nicht in eine praktisch aussichtslose Beweisführung zu drängen. 212 Egal welchen Begründungsweg man wählt, er führt zu dem Ergebnis, daß die Umkehr der allgemeinen Beweislastregelung nicht nur im zivilrechtlichen Sektor, sondern auch für die Forderungsverletzungen in den öffentlich-rechtlichen Sonderverbindungen gilt. Demnach muß der Geschädigte zur Durchsetzung der Rechtsverhältnishaftung lediglich die objektive Verletzung einer Schutzpflicht während der informalen Verhandlungen sowie den Kausalzusammenhang zwischen der Schutzpflichtverletzung und dem erlittenen Schaden dartun und beweisen. Er braucht nicht den Schuldnachweis zu liefern. Dagegen ist es Sache des Schädigers nachzuweisen, daß er die Sorgfalt aufgewendet hat, zu der er verpflichtet war, und sich auf diese Weise zu exkulpieren. 213 Schwierigkeiten, die im Faktischen anzusiedeln sind, kann der Nachweis der objektiven Schutzpflichtverletzung bereiten. Informale Verhandlungen führt man in der Regel mündlich. Während die abschließende informale Vereinbarung häufig schriftlich festgehalten wird, 214 finden sich Aufzeichnungen über den Verhand210 So für die Forderungsverletzungen in den sog. öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen BGH, in: LM Nr. 146 zu § 13 GVG; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, S.656 (657); OLG Köln, NVwZ 1994, S. 618 (619); OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1996, S.305; B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 209; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 280 Rn. 10; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 8; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.339; H.-J. Papier, Die Forderungsverletzung, S. 125–127; ders., in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 71 (S. 1386); W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 49 Rn. 10; G. Schwär, S. 107 f.; H. de Wall, S. 353, 356; K. Windthorst, JuS 1996, S. 605 (609). 211 In diesem Sinne BGH, in: LM Nr. 146 zu § 13 GVG; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (542); Th. Meysen, Die Haftung, S. 339, 360; G. Schwär, S. 108; wohl auch OVG Münster, NWVBl. 1998, S. 196 (197). 212 Auf allgemeine Gerechtigkeitserwägungen beziehen sich hinsichtlich der Beweislast H. Ch. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S.172; J. Hüttenbrink, Schadensersatzansprüche, S. 145. 213 Im Verwaltungsprozeß trägt der Anspruchsgegner wegen § 86 Abs. 1 VwGO erst dann die materielle Beweislast, wenn sich nicht klären läßt, daß er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, vgl. BVerwGE 52, S. 255 (260). 214 E. Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 53, 72; ders., JbRSoz 9 (1983), S. 202 (203); M. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 III 3 a (Rn. 206); C. Tegethoff, Nebenbestimmungen, S. 189 f. Nach C.-E. Eberle, Verw. 17 (1984), S. 439 (444), und St. Kippes, Bargaining, S. 232, werden selbst die Ergebnisse von Vorverhandlungen gewöhnlich nur mündlich vereinbart, vgl. auch

216

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

lungsverlauf selten. 215 Um den sekundären Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es für beide Parteien der Kooperation ratsam, die Verhandlungen so vollständig wie möglich zu protokollieren. Andernfalls besteht die Gefahr, daß der fehlende Nachweis einer unzutreffenden Absichtserklärung oder einer unterlassenen Aufklärung die Durchsetzung des Schadensersatzes hindert. 216

V. Das Verhältnis der Rechtsverhältnishaftung zu der Haftung aus Delikt Mehrfach angeschnitten wurde bereits die Problematik, in welchem Verhältnis der Schadensersatzanspruch aus der Rechtsverhältnishaftung zu den Ersatzansprüchen des Deliktsrechts steht. Unter deliktischen Ansprüchen sind hier solche zu verstehen, die in den §§ 823 ff. BGB 217 normiert sind. Da sich das Recht der unerlaubten Handlungen für den Bürger und den Staat unterschiedlich bemißt, muß hinsichtlich der denkbaren Konkurrenzen der Rechtsverhältnishaftung zu den anderen haftungsrechtlichen Institutionen differenziert werden. 1. Das Konkurrenzverhältnis zur deliktsrechtlichen Haftung des Bürgers Für den privatrechtlichen Bereich zeichnet sich das BGB durch die systematische Trennung der Haftung aus Vertrag und aus Delikt aus. 218 Diese Distinktion des Zivilrechts überträgt sich auf die öffentlich-rechtliche Haftung des Bürgers. Der Verwaltung stehen gegenüber dem Bürger absolute Rechte zu, für deren Verletzung der Private nach § 823 Abs. 1 BGB einstehen muß. 219 Hier ist vor allem an das Eigentum das praktische Beispiel bei N. Dose, Die verhandelnde Verwaltung, S. 323. Siehe ferner das abgestufte System von angestrebter Verbindlichkeit informaler Absprachen und damit korrespondierender Schriftlichkeit bei M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 (279–281); W. Frenz, S. 51 f.; D. Song, S. 45 f. 215 E. Bohne, JbRSoz 9 (1983), S. 202 (203); H.-G. Henneke, NuR 1991, S. 267 (273); C. Tegethoff, BayVBl. 2001, S. 644 (647); St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 115. 216 Darüber hinaus ist eine Dokumentation des Aushandlungsprozesses aus Gründen des Drittschutzes gefordert worden. Denn wenn der Prozeß hoheitlicher Entscheidungsfindung nicht hinreichend festgehalten wird, ist der durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG garantierte Rechtsschutz der an den Verhandlungen nicht beteiligten, aber betroffenen Dritten gefährdet, hierzu ausführlich St. Tomerius, Informelle Projektabsprachen, S. 124–128. 217 Genauer: Zweites Buch, siebenter Abschnitt, fünfundzwanzigster Titel des BGB; das sind die §§ 823–853 BGB. 218 Zur Trennung von „Vertrag und Unrecht“ im bürgerlichen Haftungsrecht ausführlich oben § 2 vor I, I 2 d. 219 W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 275; H. Hill, Das fehlerhafte Verfahren, S.317; J. Hüttenbrink, Schadensersatzansprüche, S.165, 171; ders., DVBl. 1981, S.989 (994); ders., DÖV 1982, S. 489 (493 f., 497); ders., in: W. Kuhla/J. Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozeß, Rn. C 61 in und um Fn. 181; P. Körner, S. 171 f.; L. Simons, S. 98; U. Stelkens,

V. Rechtsverhältnishaftung und Haftung aus Delikt

217

zu denken. Indessen gibt das Deliktsrecht für die Verletzung der innerhalb einer öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung bestehenden relativen Rechte eine Sanktion nur vor, wenn sich die Verletzungshandlung durch einen besonderen Unwertgehalt auszeichnet. Das gilt, wenn etwa der private Schädiger eine Vorschrift im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder er eine vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB begeht. 220 Betrachtet man in diesem Kontext die Schutzpflichtverletzungen des Privaten bei den informalen Verhandlungen, die eine Rechtsverhältnishaftung aktivieren können, handelt es sich hier vorwiegend um eine unterlassene Aufklärung über den Fortfall der Konsensbereitschaft oder um eine vorsätzliche oder fahrlässige positive Falschinformation über die eigenen Verhandlungsziele. Ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB, das die öffentliche Seite vor einer unlauteren Verhandlungsführung schützt, existiert nicht. 221 Es bleibt nur der enge Bereich der vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung. Bei arglistigem Verhalten des Bürgers, wie etwa wissentlich falschen Auskünften oder der Verheimlichung relevanter Umstände, kann die Haftung der Zivilperson gegenüber der Verwaltung aus § 826 BGB zu bejahen sein. 222 Diese Anspruchsgrundlage gewährt einen Ersatz auch von bloßen Vermögensbeschädigungen. Zwischen dem öffentlichen Anspruch aus dem Deliktsrecht und dem nach den Grundsätzen der Rechtsverhältnishaftung besteht Anspruchskonkurrenz. 223 Das heißt, beide Ansprüche existieren funktional und tatbestandlich nebeneinander und sie beurteilen sich nach den Regeln desjenigen Rechts, dem sie entstammen. Die Rechtsverhältnishaftung gewinnt dabei als gesteigerte Haftung innerhalb einer Sonderverbindung unter verschiedenen Gesichtspunkten besondere Attraktion für die geschädigte öffentliche Seite. So gestaltet sich die Beweisführung bei den Haftungsinstituten unterschiedlich. Schwierig ist diese für den Geschädigten im Rahmen des § 826 BGB, denn hierfür muß der Anspruchssteller umfänglich nachweisen, daß ihm der andere vorsätzlich und sittenwidrig den Schaden zugefügt hat. Im Rahmen DVBl. 1998, S. 300 (301 f.); B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 (395). Hingegen lehnen eine Haftung des Bürgers aus §§ 823 ff. BGB ab, wenn der Private in einem öffentlich-rechtlichen Schuld- bzw. Rechtsverhältnis zur Verwaltung steht, LG Münster, JA 1978, S. 145 (146); D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, S. 512 f.; ders., in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/ R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 432. 220 In Betracht kommt ferner eine Haftung für vermutetes Verschulden nach § 831 BGB, wenn ein Verrichtungsgehilfe gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz oder gegen § 826 BGB verstößt. 221 Eine – an sich naheliegende – Verwirklichung des § 263 Abs. 1 StGB liegt nicht vor. Der Betrugstatbestand setzt voraus, daß der Schädiger die Absicht einer stoffgleichen Bereicherung zu Lasten des Geschädigten hat. An einer Stoffgleichheit zwischen dem Vorteil des Bürgers und dem Schaden der Verwaltung fehlt es jedoch, vgl. hierzu H. Tröndle/Th. Fischer, StGB, § 263 Rn. 108 f. 222 Vgl. zu der Haftung nach § 826 BGB wegen doloser Verhandlungsverzögerungen bereits oben § 4 I 2 c. 223 Für eine Anspruchskonkurrenz von Schadensersatzansprüchen gegen den Bürger aus einer öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung und solchen aus den §§823 ff. BGB denn auch die zuvor in Fn. 219 genannten.

218

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

der Rechtsverhältnishaftung muß die öffentliche Seite lediglich die Schutzpflichtverletzung sowie deren Ursächlichkeit für die erlittene Vermögensschädigung dartun. Eine Arglist des Bürgers braucht nicht nachgewiesen zu werden, und hinsichtlich des Verschuldens gilt die Beweislastumkehr auch zugunsten der Verwaltung. 2. Das Konkurrenzverhältnis zum Amtshaftungsanspruch Wegen seiner Stellung im BGB wird der Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG zum Recht der unerlaubten Handlungen gezählt.224 Mit seinem Anwendungsbereich überwindet der Anspruch jedoch die überkommene, durch das BGB rezipierte haftungsrechtliche Trennung: Das Amtshaftungsrecht schützt den Bürger sowohl vor Verletzungen absoluter Amtspflichten außerhalb einer Sonderbeziehung – was den klassischen Bereich des Deliktsrechts ausmacht – als auch vor solchen innerhalb der Verwaltungsrechtsverhältnisse. Damit nimmt die Amtshaftung eine eigentümliche „Zwitterstellung“225 ein in bezug auf die deliktische Haftung und die Haftung für die Verletzung relativer Pflichten, die sich als Forderungsverletzung qualifizieren läßt. 226 Da es sich bei den zweiseitigen, aus dem Prinzip von Treu und Glauben resultierenden Schutzpflichten 227 wie auch bei den einseitigen Schutzpflichten, die den Verfassungsgeboten entnommen wurden, 228 um Pflichten des Amtswalters handelt, die ihm im Verhältnis zum Bürger obliegen, 229 werden verwaltungsseitige Verstöße gegen die Schutzpflichten während der informalen Verhandlungen stets den Amtshaftungsanspruch auslösen. Man könnte sich nun versucht zeigen, der Rechtsverhältnishaftung des Staates gegenüber dem Bürger die Existenzberechtigung abzusprechen. Wenn die hier in Rede stehenden Schutzpflichtverletzungen bereits durch das Amtshaftungsrecht erfaßt werden, erscheint es fraglich, ob das ungeschriebene Haftungsinstitut der 224 N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, vor Rn. 90; A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (18); W. Henke, JZ 1984, S. 441 (445 f.); F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 50 III 1 (S. 422); F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 72, 336; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd.6, §157 Rn.9 (S.1357); K. Windthorst, JuS 1995, S.791 (792). 225 A. Blankenagel, DVBl. 1981, S. 15 (19). Zustimmend R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, S. 301, ausführlich vor einem rechtsverhältnisdogmatischen Hintergrund S. 302 f. Auf der gleichen Linie P. Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, S. 248 (260 f.); J. Murach, Die Haftung, S.33 f. Ähnlich auch F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.59–62, 338. 226 Dazu schon oben § 3 II 3 c aa. 227 Zur Sanktionierung der Verstöße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben durch das Amtshaftungsrecht bereits oben § 3 II 3 c aa. 228 Für die einseitigen Pflichten ergibt sich dies bereits daraus, daß es bei beiden Haftungsinstituten um Verstöße der Verwaltung gegen ihre gesetzlichen Bindungen geht. So wurde schließlich das Amtshaftungsrecht als Konkretisierung solcher verfassungsrechtlicher Bindungen herangezogen, die es in der Sonderverbindung mit der Rechtsverhältnishaftung zu ahnden gilt, vgl. zu dieser Konkretisierungsmethode oben § 4 II 1 a. 229 Zu der hier vertretenen Konstruktion, die besagt, daß die Amtspflichten im „Außenverhältnis“ zum Bürger bestehen, oben § 4 II 1 a.

V. Rechtsverhältnishaftung und Haftung aus Delikt

219

Rechtsverhältnishaftung nicht aus Gründen der Spezialität durch den positivierten Amtshaftungsanspruch verdrängt wird. 230 Allerdings würde eine solche Auffassung der Bedeutung von Anspruchskonkurrenz im Haftungsrecht nicht gerecht. Wenn auch der Anwendungsbereich der Rechtsverhältnishaftung in der Sprache der Mengenlehre eine Untermenge zum Amtshaftungsrecht bildet, besteht kein Anlaß, den koinzidierenden Anspruch mit dem schmaleren Anwendungsbereich in eine Sekundärposition zu drängen. Während es sich bei der auf Treu und Glauben beruhenden Rechtsverhältnishaftung um ein besonderes haftungsrechtliches Korrelat der von Bürger und Verwaltung gesuchten Nähe handelt, 231 fehlt dem Amtshaftungsrecht das zweiseitig verpflichtende Element der Haftung innerhalb einer Sonderverbindung. Es läßt sich vielmehr umgekehrt argumentieren, daß wenn schon Verstöße gegen öffentliche Pflichten, die außerhalb eines Verwaltungsrechtsverhältnisses bestehen, als Amtspflichtverletzungen den Anspruch aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG auslösen können, dies erst recht für solche Schutzpflichten gelten muß, die in der sehr viel engeren Beziehung des Besonderen Rechtsverhältnisses bestehen. 232 Daraus, daß die Pflichtverletzungen innerhalb der Sonderbeziehung durch das Amtshaftungsrecht erfaßt werden, kann nicht gefolgert werden, daß Ansprüche aus einem schärferen Haftungsregime ausgeschlossen wären. 233 Die Rechtsverhältnishaftung basiert schließlich auf einem dogmatischen Ansatz, der sich grundlegend von dem des Amtshaftungsrechts unterscheidet. Während es im Amtshaftungsrecht um eine Schadensersatzpflicht des „Beamten“ gegenüber dem Bürger geht, 234 die sich erst aufgrund der durch Art. 34 S. 1 GG angeordneten befreienden Schuldübernahme durch die öffentliche Anstellungskörperschaft zu einer akzessorischen und mittelbaren Staatshaftung wandelt, handelt es sich bei der Rechtsverhältnishaftung um eine originäre Haftung der handelnden öffentlichen 230 Dieser Gedanke wird für die öffentlich-rechtliche culpa in contrahendo erwogen, aber auch verworfen von S. Littbarski, JuS 1979, S.537 (540), und H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 62 Rn. 19. 231 Vgl. oben § 3 II 3 c aa. 232 Vgl. den entsprechenden Erst-recht-Schluß bei S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (541), mit dem S. Littbarski eine öffentliche Haftung wegen culpa in contrahendo neben dem Amtshaftungsrecht rechtfertigt. 233 Deshalb ist die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruches wegen einer öffentlichrechtlichen Forderungsverletzung neben dem Amtshaftungsanspruch heute unbestritten, vgl. etwa BGHZ 63, S. 167 (172); BGH, in: LM Nr. 146 zu § 13 GVG; BVerwG, DVBl. 1963, S. 677 (678); B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 206; H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 738; L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 (15 a. E., 18); W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 275; B. Janson, DÖV 1979, S. 696 (701); G. Lembke/R. Emde, DB 1997, S. 1267 (1268); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 46, § 29 Rn. 8; F. Mayer/F. O. Kopp, Allg. Verwaltungsrecht, § 50 VI 2 (S. 436); Th. Meysen, Die Haftung, S. 377; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 118, 360; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrechts, Bd. 6, § 157 Rn. 70 (S. 1386); J. Punke, S. 102 f.; W. Rüfner, in: H.-U. Erichsen/D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, §49 Rn. 16; L. Simons, S. 156; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 43. 234 Zu der Konstruktion, nach der die Amtspflichten dem Amtswalter im Außenverhältnis zum Bürger obliegen, oben § 4 II 1 a.

220

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Körperschaft für zurechenbar verübtes Staatsunrecht. 235 Gar nicht überzeugen könnte es, wenn man den Bürger nach den strengen Grundsätzen einer Forderungsverletzung haften lassen wollte, dem Staat hingegen eine sekundäre Einstandspflicht für Treueverstöße nur mittelbar nach dem milderen Amtshaftungsrecht auferlegen würde. Hier wäre nicht nur die Haftungssymmetrie empfindlich gestört. Zudem bestünden aus verfassungsrechtlichen Gründen Bedenken. Schließlich ist der Staat durch das Rechtsstaatsgebot in besonderer Weise an die Gesetze gebunden, mehr noch als der Bürger. Versteht man die Staatshaftung als die Kehrseite der Rechtsstaatlichkeit, 236 liegt es nahe, den Staat nicht geringer als der Bürger haften zu lassen, weshalb die Rechtsverhältnishaftung als ein arteigenes Institut des Staatshaftungsrechts neben der Amtshaftung zu verstehen ist. 237 Für den geschädigten Bürger bringt die Anerkennung der Rechtsverhältnishaftung als selbständige Anspruchsgrundlage eine ganze Reihe von Vorteilen. Der Anspruch innerhalb der Sonderbeziehung bedeutet für den Privaten, daß er nicht das Vorliegen der positiven und negativen Merkmale des § 839 BGB i.V. m. Art. 34 BGB im Amtshaftungsprozeß beweisen muß. 238 So wird etwa das Verschulden der öffentlichen Seite vermutet. Eine Mitverursachung bei der Schadensentstehung ist allenfalls wegen eines Mitverschuldens anspruchskürzend zu berücksichtigen, nicht aber über die rigorose Ausschlußregelung des § 839 Abs. 3 BGB. Auch belastet die Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht die Rechtsverfolgung im Rahmen der Verwaltungsrechtsverhältnishaftung. 239 235 Zu der Tatsache, daß es sich bei der Haftung der öffentlichen Hand wegen einer Forderungsverletzung in einer öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung – im Gegensatz zu der Amtshaftung – um eine unmittelbare Staatshaftung handelt, etwa N. Achterberg, Allg. Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 110, 112; H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 15 Rn. 35; B.-O. Bryde, in: I. von Münch/Ph. Kunig (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 9; G. Krohn, in: LM § 276 (Fa) BGB Nr. 65 a; H.-J. Papier, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Hdb. des Staatsrecht, Bd. 6, § 157 Rn. 71 (S. 1386); ders., in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 69, 75; ders., in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 71. 236 Vgl. oben § 4 II 1 a. 237 Obwohl das StHG 1981 durch das Bundesverfassungsgericht aus kompetentiellen Gründen als mit dem Grundgesetz unvereinbar befunden und für nichtig erklärt wurde – vgl. BVerfGE 61, S. 149–208 –, kann § 15 StHG 1981 wenigstens als Bestätigung der Zulässigkeit einer Anspruchskonkurrenz im Staatshaftungsrecht durch den (damals unzuständigen) Gesetzgeber gesehen werden, vgl. die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Staatshaftungsgesetzes, BT-Drs. 8/2079, S. 56, und H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 15 Rn. 9. Allerdings erscheint es wegen der Unwirksamkeit des Gesetzes zweifelhaft, § 15 StHG 1981 als Argumentationshilfe für die Anerkennung einer Anspruchskonkurrenz im geltenden Staatshaftungsrecht zu benutzen, so aber H.-P. Bull, Allg. Verwaltungsrecht, Rn. 738; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 6. Aufl., § 55 Rn. 43. 238 Für den Amtshaftungsanspruch trifft den Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich aller Anspruchsvoraussetzungen einschließlich des Fehlens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit, vgl. F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S.339; A. Staudinger, in: R. Schulze (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 45; A. Teichmann, in: O. Jauernig (Hrsg.), BGB, § 839 Rn. 29; H. Thomas, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 839 Rn. 84; K. Windthorst, JuS 1995, S. 791 (793). 239 Zu den Vorteilen der Rechtsverhältnishaftung für den Geschädigten gegenüber der Amtshaftung auch oben § 3 II 3 c aa.

VI. Rechtsschutzfragen

221

3. Ergebnis In den Fällen einer Verletzung der aus Treu und Glauben folgenden Schutzpflichten kann eine parallele Haftungspflicht des Privaten gegenüber der öffentlichen Hand nach den deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 823 ff. BGB bestehen. Dem Bürger wird bei einer behördlichen Verletzung von Schutzpflichten, die aus Treu und Glauben oder aus den verfassungsrechtlichen Bindungen der Verwaltung stammen, neben dem Anspruch nach den Grundsätzen der Rechtsverhältnishaftung regelmäßig der Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V. m. Art. 34 GG zustehen. Für den jeweils Geschädigten ist der aus der Rechtverhältnishaftung resultierende Schadensersatzanspruch wesentlich attraktiver als die idealiter konkurrierenden Anspruchsgrundlagen des Deliktsrechts. Dem Verletzten bringt die Rechtsverhältnishaftung den Vorteil, daß hier weniger des Beweises notwendige – positive und negative – Anspruchsvoraussetzungen bestehen.

VI. Rechtsschutzfragen Abschließend verlangt die Frage nach Antwort, vor welchem Gericht Ansprüche aus der Rechtsverhältnishaftung durchzusetzen sind. Ausgangs- und Ansatzpunkt zur Lösung des Rechtswegproblems bildet die Generalklausel des § 40 Abs. 1 VwGO, wonach der Verwaltungsrechtsweg „allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art“ eröffnet ist. Da es sich bei der Rechtsverhältnishaftung um eine Schadensersatzpflicht innerhalb einer öffentlich-rechlichen Sonderbeziehung handelt, wäre demnach der Anspruch des Bürgers gegen die Verwaltung wie auch der Anspruch der Verwaltung gegen den Bürger 240 einheitlich im Wege der Leistungsklage vor den Verwaltungsgerichten einzufordern. Jedoch finden sich in § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO Ausnahmen zu der grundsätzlichen Allzuständigkeit der Verwaltungsgerichte auf dem verwaltungsrechtlichen Gebiet. Danach ist für „vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen“, der ordentliche Rechtsweg gegeben. Aus dem Zusammenhang der Aufzählung ergibt sich, daß sich die letzte Sequenz nur auf Schadensersatzansprüche des Bürgers gegen den Staat bezieht, nicht aber auf den umgekehrten Fall eines Ersatzanspruches des Staates gegen den Bürger. 241 Zur Bestimmung des 240 Zur verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage in Form der „Bürgerverurteilungsklage“ W. Schmitt Glaeser/H.-D. Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 394. 241 BGHZ 43, S. 269 (277); DÖV 1990, S. 1027 (1028); BVerwGE 18, S. 73 (77 f.); 37, S. 231 (235 f.); DÖV 1974, S. 133; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1992, S. 656; B. Bender, Staatshaftungsrecht, 2. Aufl., Rn. 210 a. E.; J. Hüttenbrink, in: W. Kuhla/J. Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozeß, Rn. C 61; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 40 Rn. 73; G. Lüke, JuS 1980, S. 644 (646); H. Maurer, JuS 1981, S. 809 (810); ders., Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 9, 14; Th. Meysen, Die Haftung, S. 380; J. Murach, BayVBl. 2001, S. 682 (683); F. Ossen-

222

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

richtigen Rechtsweges ist für die Rechtsverhältnishaftung zu differenzieren: Klagen des Privaten gegen die Verwaltung wegen einer Rechtsverhältnishaftung gehören vor die ordentlichen Gerichte; Klagen der Verwaltung gegen den Privaten, die auf derselben Anspruchsgrundlage beruhen, sind dagegen von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden. Diese Differenzierung ist schon aus Gründen der Übersichtlichkeit und einer eher der Symmetrie zugeneigten Systematik unerfreulich. Dabei geht es aber auch um mehr als nur um einen bloßen Schönheitsfehler. Es ist nicht einzusehen, warum beide Schadensersatzprozesse unterschiedlichen Prozeßmaximen unterliegen sollen, obgleich sie beide zur Durchsetzung eines identischen Anspruchs dienen und sich lediglich hinsichtlich des Haftungssubjektes unterscheiden. Es ist ein Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit zu besorgen, der sich allein den verschiedenen Prozeßordnungen ergibt. So gilt beispielsweise der Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO nur zugunsten des anspruchstellenden Staates, den klagenden Bürger trifft hingegen der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz. 242 Die den Rechtsweg vorzeichnenden gesetzlichen Vorgaben zeichnen sich hier – wie überhaupt auf dem Gebiet der öffentlichen Ersatzleistungen – durch eine systematische Indifferenz gegenüber allen Zweckmäßigkeitserwägungen aus. 243 Nicht mit diesem Ergebnis finden sich diejenigen Stimmen ab, welche die Ansprüche wegen einer öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo universal, also bühl, Staatshaftungsrecht, S. 360; W.-R. Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 147; F. Schoch, in: Festschrift Menger, S. 305 (314); W. Schmitt Glaeser/H.-D. Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 63 (S. 57); Th. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 184. Vgl. dazu schließlich auch die Motive des Gesetzgebers, BT-Drs. 3/55, S. 61, zu § 169 a der Entwurfsfassung der VwGO. Den eingeschränkten Anwendungsbereich des §40 Abs. 2 S. 1 VwGO übersieht OVG Koblenz, NJW 2002, S. 3724. 242 Diese Bedenken bei BVerwGE 37, S. 231 (236). Generell zu den prozeßrechtlichen Konsequenzen des Rechtsweges W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 f.; vgl. auch A. Wegner, in: J. Brandt/M. Sachs (Hrsg.), Handbuch, Rn. O I 173. 243 Die Zuweisung der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen zu den ordentlichen Gerichten läßt sich zwar historisch erklären, bildet heute aber einen sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Anachronismus, vgl. etwa D. Ehlers, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, §40 Rn. 883; H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, §97 Rn. 7 f.; J. Murach, BayVBl. 2001, S. 682 (685); H.-J. Papier, JZ 1975, S. 585 (590); W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 (87 f.); F. Schoch, in: Festschrift Menger, S. 305 (337 f.); ders., VerwArch 92 (2001), S. 261 (286); J. Wieland, in: H. Dreier (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 44. Eine grundlegende Reform der Rechtswegzuweisung für Staatshaftungsstreitigkeiten sah § 33 des Entwurfes eines Staatshaftungsgesetzes der Bundesregierung vor, BT-Drs. 8/2079, S. 10 f. Ziel der Vorschrift war die Konzentrierung des primären und sekundären Rechtsschutzes, welche möglichst vor einer Gerichtsbarkeit zusammengeführt werden sollten, vgl. die Begründung der Bundesregierung, BT-Drs. 8/2079, S. 27. Diese Reformbemühungen, für die eine Änderung des Art. 34 S. 2 GG erforderlich gewesen wäre, fanden sich indes im StHG 1981 nicht mehr wieder, vgl. §§ 18–20 StHG 1981. Vgl. zur Entstehungsgeschichte des StHG 1981 H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 25 Rn. 4–8. Vgl. auch BVerwGE 62, S. 317 (322): „Es entspricht einer sinnvollen Ordnung der Rechtswege, daß über einen einheitlichen Lebenssachverhalt möglichst nur in einem Rechtsweg entschieden wird.“

VI. Rechtsschutzfragen

223

auch den Ersatzanspruch des Bürgers gegen die Verwaltung, dem Verwaltungsrechtsweg zugeordnet sehen wollen. 244 Sie berufen sich darauf, daß es sich bei dem Institut des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen um eine Haftung handele, die „vertragsähnlicher“ Natur 245 sei. Diese Charakterisierung wird mit der Erkenntnis verquickt, daß es sich bei dieser Rechtsfigur um eine „Vorwirkung“ 246 des sich möglicherweise anschließenden Vertragsverhältnisses handele. Die verwaltungsrechtliche culpa in contrahendo „beruhe“ deshalb auf einem verwaltungsrechtlichen Vertrag, und sie werde somit nicht von der Verweisung des § 40 Abs. 2 S. 1 3. Alt. VwGO erfaßt. 247 So sehr dem Anliegen dieses Ansatzes auch darin zuzustimmen sein mag, dem geltenden Staatshaftungsrecht wenigstens in einem gewissen Maße zu Kohärenz zu verhelfen, es läßt sich die behauptete Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit de lege lata allzu leicht widerlegen. 244 OVG Weimar, NJW 2002, S. 386–388; VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (244 f.); J. Albers, in: A. Baumbach/W. Lauterbach u. a., ZPO, § 13 GVG Rn. 68; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, VwVfG, § 62 Rn. 73; H. J. Bonk, in: A. Schäfer/H. J. Bonk, StHG, § 15 Rn. 29, 37; ders., in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 62 Rn. 58; ders., in: M. Sachs (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 113; E. Bosch/Jörg Schmidt, § 7 III 2 c (S. 44 f.); St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 22 Rn. 2 (S. 420); W. Dötsch, NJW 2003, 1430 (1431); H.-U. Erichsen, in: ders./D. Ehlers (Hrsg.), Allg. Verwaltungsrecht, § 27 Rn. 6 mit Fn. 28; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag, S. 466 f.; W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 362 f. Fn. 2 a. E.; ders., JZ 1984, S. 441 (446); T. Herbst, NJ 2002, S. 162 f.; F. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 11 Rn. 93; J. Hüttenbrink, in: W. Kuhla/J. Hüttenbrink, Der Verwaltungsprozeß, Rn. C 61; R. Keller, S. 204 f.; F. O. Kopp/U. Ramsauer, VwVfG, § 62 Rn. 11; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 40 Rn. 71; S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (543 f.); G. Lüke, JuS 1980, S. 644 (647); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 57; H. Meyer, in: ders./H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 62 Rn. 18, § 97 Rn. 10; H.-J. Papier, in: Münchener Kommentar, BGB, § 839 Rn. 77; ders., in: Th. Maunz/G. Dürig u. a. (Hrsg.), GG, Art. 34 Rn. 72; R. Pietzner/M. Ronellenfitsch, § 5 Rn. 13; J. Punke, S. 106; H.-J. von Oertzen, in: K. Redeker/H.-J. von Oertzen (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 15 a; K. Rennert, in: E. Eyermann, VwGO, § 40 Rn. 121; W.-R. Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 147 a. E.; ders., in: Festgabe BGH, S. 45 (80 f.); J. Scherer, NVwZ 1986, S. 540 (541); V. Schlette, S. 644 f.; L. Schmidt, SchlHA 1978, S. 93 (95 f.); F. Schoch, in: Festschrift Menger, S. 305 (319–325); W. Spannowsky, S. 112; K. Stern, Verwaltungsprozessuale Probleme, Rn. 94, 146; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, § 72 Rn. 17; M. Wolf, in: Münchener Kommentar, ZPO, § 13 GVG Rn. 23. Vgl. auch J. von Albedyll, in: J. Bader/M. Funke-Kaiser u. a. (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 136. 245 VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (244); S. Littbarski, JuS 1979, S. 537 (544); J. Punke, S. 105; J. Scherer, NVwZ 1986, S. 540 (541); L. Schmidt, SchlHA 1978, S. 93 (95 f.); W. Spannowsky, S. 112. W. Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 362 f. Fn. 2 a. E., qualifiziert den Anspruch gar als „vertraglich“. Ähnlich W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 (79). 246 Diese Argumentation bei J. Punke, S. 104; ähnlich R. Keller, S. 204 f. Zu der verfehlten Vorstellung von dem Rechtsverhältnis der informalen Kooperation als Vorwirkung eines sich anschließenden rechtsförmlichen Verwaltungshandelns oben § 3 II 2 c Fn. 158. 247 Gelöst von dieser Diskussion stellt P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S.212 (242 Fn. 178), zutreffend heraus, daß die durch § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO getroffene Sonderzuweisung solcher Ansprüche, die in Zusammenhang mit Verwaltungsverträgen bestehen, zu den Verwaltungsgerichten angesichts der durch § 54 S. 2 VwVfG beschriebenen Austauschbarkeit von Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt systemwidrig erscheint. Kritisch auch W. Henke, JZ 1984, S. 441 (447); H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 9.

224

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

Soweit die Argumentation sich darauf beruft, daß der Anspruch wegen einer culpa in contrahendo „vertragsähnlich“ sei und deswegen auf einem Verwaltungsvertrag beruhe, richtet sich die Begründung in befremdlicher Weise an den Begriffen aus und liegt gefährlich nahe bei einer Tautologie. Dabei kann sie sich allenfalls auf ihre höchst fragwürdige formallogische, nicht aber auf inhaltliche Wahrheit berufen, da sie bereits in ihren Prämissen fehlgeht. Was die Vertragsähnlichkeit des Anspruchs ausmacht, legt sie nämlich nicht dar. Die Haftung wegen culpa in contrahendo stellt lediglich die Chiffre für einen Unterfall der weiteren Rechtsverhältnishaftung dar. Die Rechtsverhältnishaftung bildet ihrerseits eine Haftung, die unabhängig von der intendierten hoheitlichen Handlungsform – Verwaltungsvertrag, Verwaltungsakt oder informelle Absprache – in den Anbahnungsverhältnissen herrscht. Der materiale Geltungsgrund, der die Rechtsverhältnishaftung – und damit auch die Haftung wegen culpa in contrahendo – trägt, ist der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Hieran ändert nichts, daß sich nach der Schuldrechtsreform die vorvertragliche Sonderbeziehung über § 62 S. 2 VwVfG aus § 311 Abs. 2 BGB analog ergibt, welcher das vorvertragliche Schuldverhältnis als „rechtsgeschäftsähnlich“ deklariert. 248 Auch bei der zivilrechtlichen culpa in contrahendo ist nicht der prospektive Vertrag Haftungsgrundlage, sondern das Prinzip von Treu und Glauben. 249 Die Haftung wegen eines Verschuldens bei den Verhandlungen über einen Verwaltungsvertrag ist deshalb nicht vertragsähnlicher, sondern gesetzlicher Natur. 250 Mit der Vertragshaftung verbindet das Haftungsinstitut nur, daß sie eine Haftungsverschärfung innerhalb einer Sonderverbindung mit sich bringt, wie sie gleichfalls nach einem Vertragsabschluß gilt. 251 Wenn man den Anspruch deshalb als „vertragsähnlich“ bezeichnen will, wirkt dieser Vergleich rein deskriptiv, nicht aber dogmatisch. Letztlich hat die Rechtsverhältnishaftung diese Ähnlichkeit auch mit all den Haftungsinstituten wegen einer Forderungsverletzung in einem Verwaltungsrechtsverhältnis gemein, die landläufig als verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse bezeichnet werden. 252 Diese „beruhen“ unbestreitbar „nicht auf 248 Schon aus der Tatsache der Kodifizierung der culpa in contrahendo im BGB leitet das OVG Weimar, NJW 2002, S. 386 (387), eine Vertragsähnlichkeit her. Ähnlich W. Dötsch, NWVBl. 2002, S. 140 (142). 249 Zur Grundlage der zivilrechtlichen culpa in contrahendo oben § 2 I 2 b, c. 250 Daß es sich bei der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo um eine gesetzliche, nicht aber um eine vertragliche oder vertragsähnliche Haftung handelt, betonen in diesem Zusammenhang BGH, NJW 1986, S. 1109 (1110); VG Gera, NJW 1999, S. 3574 (3575); D. Ehlers, JZ 2003, 209 (210); Th. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 185. So auch W. Dötsch, NWVBl. 2002, S. 140 (142); R. Pietzner/M. Ronellenfitsch, § 5 Rn. 13, die für die Rechtswegfrage jedoch zu einem abweichenden Ergebnis kommen. Siehe ferner zum Charakter der Rechtsverhältnishaftung oben § 5 I 1. 251 Vgl. die parallele Argumentation zu der Frage, ob es sich bei der zivilrechtlichen culpa in contrahendo um ein vertragliches, vertragsähnliches oder ein gesetzliches Haftungsinstitut handelt, oben § 2 I 2 c. 252 Vgl. kritisch zu dem Begriff des verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses oben § 3 II 3 a.

VI. Rechtsschutzfragen

225

einem öffentlich-rechtlichen Vertrag“ und werden von der Verweisung an die Zivilgerichte des § 40 Abs. 2 S. 1 3. Alt. VwGO erfaßt. 253 Soweit die Ansicht vertreten wird, daß es sich bei der culpa in contrahendo um die „Vorwirkung“ eines Vertragsverhältnisses handele und sie infolgedessen auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhe, offenbart die Argumentation die Gefahren, die sich aus einem schiefen Vorstellungsbild von der Bedeutung hoheitlicher Handlungsformen ergeben. Daß eine Handlungsform als formales Medium staatlicher Entscheidungsfindung aus sich heraus keine materiell-rechtlichen Folgen zu generieren vermag, sollte außer Frage stehen. 254 Hier ist eine rechtsverhältnisdogmatisch geschärfte Sichtweise gewinnbringend: Entscheidend für die Bindung und die Haftpflicht bei Anbahnung eines Verwaltungsvertrages ist nicht die intendierte Handlungsform. Entscheidend ist vielmehr die Norm, die das vorkonsensuale Verwaltungsrechtsverhältnis stiftet, nämlich der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Dabei emanzipiert diese Rechtsnorm das vorkonsensuale Stadium von der Phase, die dem hoheitlichen Entscheidungsakt folgt. Sie begründet das haftungsbewehrte Verwaltungsrechtsverhältnis gelöst davon, welche hoheitliche Handlungsform zur Umsetzung des sich anschließenden Konsenses ins Auge gefaßt wird. 255 Die „Vorwirkung“ eines sich den Verhandlungen anschließenden Vertragsschlusses wirkt nicht materiell im Anbahnungsrechtsverhältnis, weshalb auch die Haftung im zeitlichen Vorfeld eines öffentlich-rechtlichen Vertragsschlusses nicht auf der sich anschließenden Vertragsbeziehung beruht. Unergiebig ist auch die Erwägung, daß in prozessualer Hinsicht eine Verknüpfung des „Vorverhältnisses“ mit einem intendierten, sich anschließenden Verwaltungsrechtsverhältnis bereits anerkannt sei, wenn Ersatzansprüche im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Beamtenverhältnisses aus sogenannter „culpa in 253 So die wohl „herrschende Meinung“ BGHZ 59, S.303 (305); BGH, in: LM Nr.146 zu §13 GVG; DVBl. 1978, S. 108 (109); NVwZ 1983, S.571; VGH Mannheim, DVBl. 1981, S. 265 f.; OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1994, S. 627; Ch. Bamberger, Jura 2002, S. 35 (37); St. Detterbeck, in: ders./K. Windthorst/H.-D. Sproll, § 22 Rn. 2 (S. 421); D. Ehlers, in: F. Schoch/ E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 543 f.; F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 40 Rn. 72; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 29 Rn. 9; Th. Meysen, Die Haftung, S. 380 f.; R. Pietzner/M. Ronellenfitsch, § 5 Rn. 10; W. Schmitt Glaeser/H.-D. Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 63 (S. 57); F. Schoch, in: Festschrift Menger, S. 305 (324 f.); P. Stelkens/D. Kallerhoff, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 97 Rn. 4. Für eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte entgegen dem klaren Wortlaut des § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO indes VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, S. 325 f.; NJW 2003, S. 1066; R. Backhaus, DVBl. 1981, S. 266 (268); W. Henke, JZ 1984, S. 441 (446 f.); F. O. Kopp/W.-R. Schenke, VwGO, 11. Aufl., § 40 Rn. 72; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, VwVfG, § 97 Rn. 12; J. Murach, BayVBl. 2001, S. 682 (686); K. Rennert, in: E. Eyermann, VwGO, § 40 Rn. 121. Vgl. auch J. von Albedyll, in: J. Bader/M. Funke-Kaiser u. a. (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 136. 254 Siehe denn auch oben die Klassifizierung der Handlungformen als leere Hülsen für das Verwaltungshandeln § 3 I 2 c. 255 Vgl. oben § 3 II 3 b dd.

15 Kellner

226

§ 5 Tatbestand, Rechtsfolge und Durchsetzung

contrahendo“ nach §§ 126 BRRG, 40 Abs. 2 S. 2 VwGO den Verwaltungsgerichten zugeschlagen werden. 256 Bei der beamtenrechtlichen Konstellation geht es gerade nicht um die Vorwirkung einer bloßen Handlungsform, sondern darum, daß das Rechtsverhältnis schon vor der Ernennung durch spezifisch dem Beamtenrecht zuzuordnende Vorschriften materiell geprägt ist, welche den Zugang zum Beamtenverhältnis regeln. So geben Art. 33 Abs. 2 GG und einfachgesetzlich § 8 Abs. 1 BBG respektive die entsprechenden Vorschriften der Landesrechte die Kriterien für die Auswahlentscheidung zwischen den Bewerbern um ein öffentliches Amt vor. 257 Der materielle Gehalt des beamtenrechtlichen Anbahnungsrechtsverhältnisses gebietet für Ersatzansprüche im Vorfeld der das eigentliche Beamtenverhältnis begründenden Ernennung den Verwaltungsrechtsweg nach §§ 126 BRRG, 40 Abs. 2 S. 2 VwGO. 258 Um eine Vorwirkung eines prospektiven späteren Beamtenverhältnisses handelt es sich nicht. Der Streit über die Haftung des Staates gegenüber der Privatperson wegen Verschuldens bei den öffentlich-rechtlichen Vertragsverhandlungen fällt deshalb als Streitigkeit über eine gesetzliche Haftung unter die besondere Rechtswegzuweisung des § 40 Abs. 2 S. 1 3. Alt. VwGO. Er ist vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. 259 Den Ungereimtheiten, die sich mit dem gesetzlichen Regelungswerk zum Rechtsweg auftun, wird durch die Neufassung des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG zwar in Teilberei256 R. Keller, S. 204 in und um Fn. 147; W.-R. Schenke, in: Festgabe BGH, S. 45 (80). Vgl. zu der Haftung bei Anbahnung eines Beamtenverhältnisses und kritisch zur Bezeichnung dieses Institutes als „culpa in contrahendo“ oben § 3 II 3 b vor aa Fn. 181. 257 Vgl. BVerwGE 100, S.280 (283); DVBl. 1985, S.1233 (1234); BAG, NJW 1989, S.2909; H. Günther, ZBR 1991, S. 257 (266); J. Wieland, in: Festschrift Blümel, S. 647 (653 f.). 258 Zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte VGH Kassel, HessVGRspr. 1976, S. 11 (12 f.); 1981, S. 12 (13); OVG Hamburg, NordÖR 1998, S. 155 (156); ähnlich VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (245). 259 Im Ergebnis genauso BGH, NJW 1986, S. 1109 (1110); BVerwG, NJW 2002, 2894 (2895); VG Gera, NJW 1999, S. 3574 (3575); D. Ehlers, in: F. Schoch/E. Schmidt-Aßmann/ R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 40 Rn. 545; ders., JZ 2003, S. 209; H. Engelhardt, NVwZ 1989, S. 1026 (1033); P. Gummer, in: R. Zöller, ZPO, § 13 GVG Rn. 56; H. Heinrichs, in: O. Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 15 a. E.; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, VwVfG, § 54 Rn. 31 a. E.; M. Kellner, DVBl. 2002, S. 1648; O. R. Kissel, GVG, § 13 Rn. 68; G. Krohn, in: LM § 276 (Fa) BGB Nr. 65 a; Th. Meysen, Verw. 31 (1998), S. 123 (126); ders., Die Haftung, S. 382; R. Hüßtege, in: H. Thomas/H. Putzo (Hrsg.), ZPO, § 13 GVG Rn. 21; Th. Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 185. Dogmatische Unsicherheiten offenbart die Rechtsprechung, wenn sie den Rechtsweg nach einem aktuellen Sachzusammenhang im Einzelfall bestimmen will. Für den Fall, daß ein Zusammenhang mit Ansprüchen aus Vertrag besteht, sollen die Verwaltungsgerichte zuständig sein; liegt dagegen ein Zusammenhang mit Amtshaftungsansprüchen vor, so seien die ordentlichen Gerichte zuständig, vgl. BGHZ 43, S. 34 (41 f.); 71, S. 386 (388); NJW 1981, S. 2122 (2123); BVerwG, DÖV 1974, S. 133 f.; NJW 2002, 2894 (2895); VGH Kassel, Urteil vom 23.3.1982, IX OE 53/79 (in: ESVGH 32, S. 237, nur Leitsätze), Umdruck S. 20; siehe auch die kritische Übersicht bei F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 360 f.

VI. Rechtsschutzfragen

227

chen die Spitze gebrochen, die Unstimmigkeiten werden aber nicht relativiert. Diese Vorschrift erweitert die materielle Sach- und Prüfungskompetenz des zulässiger Weise angerufenen Gerichts dadurch, daß sie die bisher bestehende Symmetrie zwischen Rechtsweg und Sachkompetenz aufhebt. Das Gericht kann und muß nunmehr den ihm unterbreiteten Rechtsstreit „unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten“ entscheiden. Das heißt, das Gericht hat bei den sogenannten „gemischten Rechtsverhältnissen“, bei denen ein Anspruch auf mehrere Klagegründe gestützt wird oder gestützt werden kann, auch über solche Ansprüche zu entscheiden, die bei isolierter Geltendmachung in einen anderen Rechtsweg gehörten. 260 Eine wirkliche Lösung der Probleme bei der Bestimmung des richtigen Rechtsweges bietet die durch § 17 Abs. 2 S. 1 GVG angeordnete Nivellierung der richterlichen Entscheidungskompetenzen aber nicht. Der Zugang zu den Gerichten, also der Rechtsweg, wird durch diese Vorschrift nicht geändert; ein angerufenes unzuständiges Gericht wird nicht zuständig. 261 Für die Rechtsverhältnishaftung folgt aus § 17 Abs. 2 S. 1 GVG, daß das Verwaltungsgericht auch über Ansprüche des Bürgers aus der Rechtsverhältnishaftung zu entscheiden hat, soweit diese im Zusammenhang mit Ansprüchen aus einem Verwaltungsvertrag geltend gemacht werden. 262 Jedoch darf das Verwaltungsgericht nicht über den mit der Rechtsverhältnishaftung konkurrierenden Amtshaftungsanspruch befinden, das bleibt wegen § 17 Abs. 2 S. 2 GVG nach wie vor den Zivilgerichten vorbehalten. Für den umgekehrten Fall der gegen den Privaten gerichteten Leistungsklage kann sich nunmehr aus der Neufassung des § 17 Abs. 2 S. 1 GVG eine Prüfungskompetenz des Zivilgerichts ergeben. 263 Denn wenn die Verwaltung einen deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den Bürger im ordentlichen Rechtsweg geltend macht – etwa aus § 826 BGB –, muß das Gericht zugleich über den möglicherweise konkurrierenden öffentlich-rechtlichen Anspruch aus der Rechtsverhältnishaftung entscheiden.

260 Dazu O. R. Kissel, NJW 1991, S. 945 (950 f.); ders., GVG, § 17 Rn. 36; H. Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 57; F. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 361 f.; R. Hüßtege, in: H. Thomas/H. Putzo (Hrsg.), ZPO, § 17 GVG Rn. 5 f. Restiktiver D. Ehlers, in: F. Schoch/ E. Schmidt-Aßmann/R. Pietzner (Hrsg.), VwGO, § 41 VwGO § 17 GVG Rn. 19. 261 Siehe zudem die von R. Keller, S. 205, angemeldeten Bedenken, daß durch die Entscheidungskompetenz zweier Gerichtszweige für dieselben Rechtsfragen die Einheitlichkeit obergerichtlicher Rechtsprechung „zumindest erschwert“ sei. Zu diesem Problem auch F. Ossenbühl, DVBl. 1994, S. 977 (981); ders., in: Festgabe BGH, S. 887 (888). 262 So lag der Fall des OVG Münster, Urteil vom 11.10.1991, 3 A 2619/87 (nicht veröffentlicht), Umdruck S. 11; ähnlich VG Bremen, NordÖR 1999, S. 242 (244). 263 Zu der an sich gespaltenen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts für die Forderungsverletzungen durch den Bürger und die des Zivilgerichts für die Ansprüche aus unerlaubter Handlung J. Hüttenbrink, DÖV 1982, S. 489 (497 Fn. 94).

15*

§ 6 Zusammenfassung in zehn Thesen I. Die allgemeine Rechtsverhältnislehre 1. Den Staat und seine Bürger sowie die Bürger untereinander verbindet ein Allgemeines Rechtsverhältnis. Dem Allgemeinen Rechtsverhältnis sind die berechtigenden und obligierenden Rechtspositionen latent eingestellt (§ 3 I 1 a). 2. Das Allgemeine Rechtsverhältnis schlägt aufgrund der Wirkung einer bestimmten Rechtsnorm in ein Besonderes Rechtsverhältnis um. In dem Besonderen Rechtsverhältnis begegnen sich regelmäßig korrespondierend Berechtigungen und Verpflichtungen der Rechtssubjekte (§ 3 I 1 b).

II. Die Anbahnungsrechtsverhältnisse 3. Der allgemeine Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben gilt auf allen Rechtssektoren. Er bildet das normative Korrelat gesuchter und funktionalisierter Nähe und in Anspruch genommenen Vertrauens zwischen den Rechtssubjekten. Der Rechtsgrundsatz setzt einen freiwilligen Kontakt zwischen den Beteiligten voraus, wobei die Akteure einander gleichgeordnet und ihre Interessen miteinander verflochten sein müssen (§ 3 II 1). 4. Im Zivilrecht entsteht zwischen prospektiven Vertragspartnern, die Vertragsverhandlungen aufgenommen haben, aufgrund des für das Privatrecht in § 242 BGB fixierten Prinzips von Treu und Glauben ein Besonderes Rechtsverhältnis. In diesem haftungsbewehrten Rechtsverhältnis löst eine zu vertretende Schutzpflichtverletzung als culpa in contrahendo reaktiv Schadensersatzansprüche aus. Diese Haftpflicht hat in §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB ihren textlichen Ausdruck gefunden (§ 2 I 2). 5. Wenn Verwaltung und Bürger in eine faktische Beziehung treten, welche die tatbestandlichen Voraussetzungen des Treueprinzips erfüllt, wird die Relation zwischen öffentlichem und privatem Rechtssubjekt von der ungeschriebenen Rechtsnorm bestimmt (§ 3 II 1 b). 6. Die informellen Verhandlungen zwischen Staat und Bürger, die auf Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, auf den Erlaß eines konsentierten Verwaltungsaktes oder auf eine informale Absprache gerichtet sind, erfüllen regelmäßig die Anwendungsvoraussetzungen des Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben. So verdichtet sich die informelle Beziehung zu einem Besonderen Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts, zu einem Verwaltungsrechtsverhältnis (§ 3 II 2).

III. Die Verwaltungsrechtsverhältnishaftung

229

III. Die Verwaltungsrechtsverhältnishaftung 7. Im Verwaltungsrechtsverhältnis der informalen Verhandlungen wird der verschuldete Verstoß gegen Treu und Glauben als Forderungsverletzung durch eine Haftpflicht des Schädigers gegenüber dem Verletzten sanktioniert. Dabei löst eine Schutzpflichtverletzung durch die Behörde ebenso wie eine Schutzpflichtverletzung durch den Privaten die Haftungsfolge aus. Einen handlungsformspezifischen Unterfall dieser Rechtsverhältnishaftung bildet die Haftpflicht für Verschulden bei Anbahung eines Verwaltungsvertrages nach § 62 S. 2 VwVfG i.V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB analog (§ 3 II 3). 8. Für den Bürger resultieren haftungsbewehrte Schutzpflichten allein aus dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Für die öffentliche Verhandlungsseite ergeben sich haftungsbewehrte Schutzpflichten zudem aus den Bindungen der Grundrechte, des Sozialstaatsprinzips und des Rechtsstaatsprinzips (einerseits § 4 I, § 5 I 2 a – andererseits § 4 II, § 5 I 2 b). 9. Aus Treu und Glauben abzuleitende Schutzpflichten liegen vor allem in Aufklärungspflichten und dem Verbot von Fehlinformationen. Fallgruppen der Rechtsverhältnishaftung bilden: (1) das Wecken und das Schüren unberechtigten Vertrauens auf das Zustandekommen einer Vereinbarung, (2) die absichtsvolle Verzögerung des Verhandlungsverlaufs, (3) das Hervorrufen unwirksamer Vereinbarungen sowie (4) die Erwirkung inhaltlich nachteiliger Vereinbarungen (§ 4 I 2). 10. Wer die seinem Kooperationspartner gegenüber obliegenden Schutzpflichten verletzt, muß den Schaden ersetzen, den der andere durch vertrauensvolle Vermögensdispositionen erlitten hat. Der Kompensationsanspruch ist deshalb auf Ersatz des negativen Interesses in Geld gerichtet (§ 5 II 1 a).

Literaturverzeichnis Achterberg, Norbert: Die Rechtsordnung als Rechtsverhältnisordnung: Grundlegung der Rechtsverhältnistheorie, Berlin 1982. — Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. Heidelberg 1986. — Die rechtsverhältnistheoretische Deutung absoluter Rechte, in: Just, Manfred u.a. (Hrsg.): Recht und Rechtsbesinnung: Gedächtnisschrift für Günther Küchenhoff, Berlin 1987, S. 13–25. Arnold, Peter: Die Arbeit mit öffentlich-rechtlichen Verträgen im Umweltschutz beim Regierungspräsidium Stuttgart, in: VerwArch 80 (1989), S. 125–142. Bachmann, Bernd: Verhandlungen (mit) der Bauverwaltung: Aushandlungsprozesse im Grenzbereich von Planungs- und Ordnungsrecht, Diss., Univ. Konstanz 1990, Opladen 1993. Bachof, Otto: Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 25.8.1971 (IV C 23/69), in: DÖV 1971, S. 859–861. — Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, in: VVDStRL 30 (1972), S. 193–244. Backhaus, Ralph: Anmerkung zu VGH Mannheim, Urteil vom 30.4.1980 (VI 1836/79), in: DVBl. 1981, S. 266–269. Bader, Johann/Funke-Kaiser, Michael/Kuntze, Stefan/Albedyll, Jörg von: Verwaltungsgerichtsordnung: Kommentar anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung, 2. Aufl. Heidelberg 2002. Badura, Peter: Staatsrecht: systematische Erläuterung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. München 1996. Ballerstedt, Kurt: Zur Haftung für culpa in contrahendo bei Geschäftsabschluß durch Stellvertreter, in: AcP 151 (1950/1951), S. 501–531. Ballestrem, Karl Graf: Vertragstheoretische Ansätze in der politischen Philosophie, in: ZfP 1983, S. 1–17. Bamberger, Christian: Staatsbürgerhaftung im Gewande des Staatshaftungsrechts – Fremdkörper im Recht der öffentlichen Ersatzleistungen, in: KritV 2001, S. 211–222. — Die positive Forderungsverletzung als Institut des Staatshaftungsrechts, in: Jura 2002, S. 35–37. Bamberger, Heinz Georg/Roth, Herbert (Hrsg.): Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, — Band 1, §§ 1–610, München 2003. — Band 2, §§ 611–1296, ErbbauVo, WEG, München 2003. Battis, Ulrich: Culpa in contrahendo im Beamtenrecht, in: ZBR 1971, S. 300–302. — Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. Heidelberg 2002.

Literaturverzeichnis

231

— Bundesbeamtengesetz, 2. Aufl. München 1997. — Entwicklung des Beamtenrechts im Jahre 1998, in: NJW 1999, S. 987–994. Bauer, Hartmut: Geschichtliche Grundlagen der Lehre vom subjektiven öffentlichen Recht, Diss., Univ. Augsburg 1984/85, Berlin 1986. — Subjektive öffentliche Rechte des Staates, in: DVBl. 1986, S. 208–219. — Informelles Verwaltungshandeln im öffentlichen Wirtschaftsrecht, in: VerwArch 78 (1987), S. 241–268. — Altes und Neues zur Schutznormentheorie, in: AöR 113 (1988), S. 582–631. — Die Bundestreue: zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des Bundesstaatsrechts und zur Rechtsverhältnislehre, Tübingen 1992. — Verwaltungsrechtslehre im Umbruch? Rechtsformen und Rechtsverhältnisse als Elemente einer zeitgemäßen Verwaltungsrechtsdogmatik, in: Verw. 25 (1992), S. 301–326. — Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, Baden-Baden 1994, S. 245–288. — Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts: zugleich ein Beitrag zur Vertragsgestaltung im Verwaltungsrecht, in: Merten, Detlef/Schmidt, Reiner/Stettner, Rupert (Hrsg.): Der Verwaltungsstaat im Wandel: Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, München 1996, S. 11–31. Baumbach, Adolf/Lauterbach, Wolfgang/Albers, Jan/Hartmann, Peter: Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen, 61. Aufl. München 2003. Bender, Bernd: Staatshaftungsrecht, 2. Aufl. Karlsruhe 1974. — Staatshaftungsrecht, 3. Aufl. Heidelberg u. a. 1981. — Die Rechtsprechung des BGH zum Staatshaftungsrecht 1984/85 – Teil 2, in: JZ 1986, S. 888–894. Benz, Arthur: Verhandlungen, Verträge und Absprachen in der öffentlichen Verwaltung: wissenschaftliche Fachtagungen in Heidelberg, Speyer und Loccum, in: Verw. 23 (1990), S. 83–98. — Normanpassung und Normverletzung im Verwaltungshandeln, in: Benz, Arthur/Seibel, Wolfgang (Hrsg.): Zwischen Kooperation und Korruption: Abweichendes Verhalten in der Verwaltung, Baden-Baden 1992, S. 31–58. — Kooperative Verwaltung: Funktionen, Voraussetzungen und Folgen, Baden-Baden 1993. Bergmann, Karl Otto: Die rechtsgeschäftliche Vertretung der Gemeinden in den neuen Bundesländern: Voraussetzungen und Haftungsfolgen, in: LKV 1995, S. 169–173. Beyer, Wolfgang: Der öffentlich-rechtliche Vertrag, informales Handeln der Behörden und Selbstverpflichtungen Privater als Instrumente des Umweltschutzes, Diss., Univ. Köln 1986. Beyerlin, Ulrich: Schutzpflicht der Verwaltung gegenüber dem Bürger außerhalb des formellen Verwaltungsverfahrens?, in: NJW 1987, S. 2713–2721. Bick, Ulrike: Städtebauliche Verträge, in: DVBl. 2001, S. 154–161. Bieback, Karl-Jürgen: Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch als Institut staatlicher Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln, in: DVBl. 1983, S. 159–170.

232

Literaturverzeichnis

Blanke, Hermann-Josef: Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, Tübingen 2000. Blankenagel, Alexander: Die ,Amtspflicht gegenüber einem Dritten‘ – Kasuistik ohne System?, in: DVBl. 1981, S. 15–23. Bleckmann, Albert: Zur Dogmatik des Allgemeinen Verwaltungsrechts I: Die Handlungsmittel der Verwaltung in rechtsvergleichender Sicht, Baden-Baden 1999. Böckenförde, Ernst-Wolfgang: Organ, Organisation, Juristische Person, in: Menger, ChristianFriedrich (Hrsg.): Fortschritte des Verwaltungsrechts: Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, München 1973, S. 269–305. — Gesetz und gesetzgebende Gewalt: Von den Anfängen der deutschen Staatsrechtslehre bis zur Höhe des staatsrechtlichen Positivismus, 2. Aufl. Berlin 1981. Bodewig, Theo: Rechtsfolgen vorvertraglichen Verschuldens bei Abbruch von Vertragsverhandlungen, in: Jura 2001, S. 1–8. Bohne, Eberhard: Der informale Rechtsstaat: eine empirische und rechtliche Untersuchung zum Gesetzesvollzug unter besonderer Berücksichtigung des Immissionsschutzes, Diss., Univ. Köln 1980/81, Berlin 1981. — Informalität, Gleichheit und Bürokratie, in: JbRSoz 9 (1983), S. 202–210. — Informales Verwaltungs- und Regierungshandeln als Instrument des Umweltschutzes, in: VerwArch 75 (1984), S. 343–373. Bömer, Guido: Amtshaftung und Vertrauensschutz, in: NVwZ 1996, S. 749–754. Bonk, Heinz Joachim: Strukturelle Anforderungen des Verwaltungsverfahrens durch das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz, in: NVwZ 1997, S. 320–330. — 25 Jahre Verwaltungsverfahrensgesetz, in: NVwZ 2001, S. 636–643. Bosch, Edgar/Schmidt, Jörg: Praktische Einführung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren, 7. Aufl. Stuttgart u. a. 2001. Bötticher, Eduard: Die Bindung der Gerichte an Entscheidungen anderer Gerichte, in: Caemmerer, Ernst von u. a. (Hrsg.): Hundert Jahre deutsches Rechtsleben, Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860–1960, Band 1, 1960, S. 511–544. Boujong, Karlheinz: Vertretungsbefugnis und Vertretungsmängel im öffentlichen Recht, in: WiVerw 1979, S. 48–61. Brandt, Jürgen/Sachs, Michael (Hrsg.): Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozeß: Kompendium für Anwaltschaft, Justiz und Verwaltungspraxis, Stuttgart u. a. 1999. Braun, Wilfried: Der öffentlich-rechtliche Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsakt und verwaltungsprivatrechtlichem Rechtsgeschäft, in: JZ 1983, S. 841–848. Brenner, Michael: Der Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen, in: JuS 1996, S. 281–287. Breuer, Rüdiger: Verhandlungslösungen aus der Sicht des deutschen Umweltschutzrechts, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Band 1: Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen im Verwaltungsverfahren, Baden-Baden 1990, S. 231–252. Brohm, Winfried: Beschleunigung der Verwaltungsverfahren – Straffung oder konsensuales Verwaltungshandeln?, in: NVwZ 1991, S. 1025–1033.

Literaturverzeichnis

233

— Rechtsstaatliche Vorgaben für informelles Verwaltungshandeln, in: DVBl. 1994, S. 133–139. Bull, Hans-Peter: Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. Heidelberg 2000. Bulling, Manfred: Kooperatives Verwaltungshandeln (Vorverhandlungen, Arrangements, Agreements und Verträge) in der Verwaltungspraxis, in: DÖV 1989, S. 277–289. — Umweltschutz und Wirtschaftsüberwachung, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, Baden-Baden 1990, S. 147–157. Bullinger, Martin: Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: DÖV 1977, S. 812–822. — Verfassungsrechtliche Aspekte der Haftung, in: Ficker, Hans Claudius u. a. (Hrsg.): Festschrift für Ernst von Caemmerer zum 70. Geburtstag, Tübingen 1978, S. 297–312. — Verwaltung im Rhythmus von Wirtschaft und Gesellschaft, in: JZ 1991, S. 53–62. — Beschleunigte Genehmigungs- und Planungsverfahren für eilbedürftige Vorhaben, in: Blümel, Willi/Pitschas, Rainer (Hrsg.): Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, Baden-Baden 1994, S. 127–149. — Die funktionelle Unterscheidung von öffentlichem Recht und Privatrecht als Beitrag zur Beweglichkeit von Verwaltung und Wirtschaft in Europa, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, Baden-Baden 1996, S. 239–260. Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Köln 1992. Burgi, Martin: Privat vorbereitete Verwaltungsentscheidungen und staatliche Strukturschaffungspflicht, in: Verw. 33 (2000), S. 183–206. Burmeister, Joachim: Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993), S. 190–247. Bussfeld, Klaus: Informales Verwaltungshandeln – Chancen und Gefahren, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, Baden-Baden 1990, S. 39–49. Bydlinski, Peter: Die geplante Modernisierung des Verjährungsrechts, in: Schulze, Reiner/ Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 381–403. Canaris, Claus-Wilhelm: Ansprüche wegen „positiver Vertragsverletzung“ und „Schutzwirkung für Dritte“ bei nichtigen Verträgen: zugleich ein Beitrag zur Vereinheitlichung der Regeln über die Schutzpflichtverletzungen, in: JZ 1965, S. 475–482. — Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, München 1971. — Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, in: Canaris, Claus-Wilhelm/Diederichsen, Uwe (Hrsg.): Festschrift für Karl Larenz zum 80. Geburtstag am 23. April 1983, München 1983, S. 27–110. — Grundrechte und Privatrecht, in: AcP 184 (1983), S. 201–246. — Grundrechtswirkungen und Verhältnismäßigkeitsprinzip in der richterlichen Anwendung und Fortbildung des Privatrechts, in: JuS 1989, S. 161–172. — Handelsrecht, 22. Aufl. München 1995.

234

Literaturverzeichnis

— Handelsrecht, 23. Aufl. München 2000. — Wandlungen des Schuldvertragsrechts – Tendenzen zu seiner „Materialisierung“, in: AcP 200 (2000), S. 273–364. — Die Vertrauenshaftung im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in: Canaris, Claus-Wilhelm/Heldrich, Andreas/Hopt, Klaus J. u. a. (Hrsg.): 50 Jahre Bundesgerichtshof: Festgabe aus der Wissenschaft, Band I, München 2000, S. 129–197. — Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen, in: JZ 2001, S. 499–528. — Schadensersatz wegen Pflichtverletzung, anfängliche Unmöglichkeit und Aufwendungsersatz im Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, in: DB 2001, S. 1815–1821. — (Hrsg.): Schuldrechtsreform 2002, München 2002. Cansier, Dieter: Informal-kooperatives Verwaltungshandeln im Umweltschutz aus ökonomischer Sicht, in: Hill, Hermann/Hof, Hagen (Hrsg.): Wirkungsforschung zum Recht II: Verwaltung als Adressat und Akteur, Baden-Baden 2000, S. 285–302. Correll, Cathrin: Problembereiche und Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Vertrags – Ein deutsch-österreichischer Rechtsvergleich, in: DÖV 1998, S. 363–370. Danwitz, Thomas von: Zu Funktion und Bedeutung der Rechtsverhältnislehre, in: Verw. 30 (1997), S. 339–363. Dauber, Gerlinde: Möglichkeiten und Grenzen kooperativen Verwaltungshandelns, in: Bekker-Schwarze, Kathrin u. a. (Hrsg.): Wandel der Handlungsformen im öffentlichen Recht, 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, Stuttgart u. a. 1991, S. 67–98. Dauner-Lieb, Barbara: Kodifikation von Richterrecht, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 305–328. — (Hrsg.): Das neue Schuldrecht, Heidelberg 2002. Dauner-Lieb, Barbara/Heidel, Thomas/Lepa, Manfred/Ring, Gerhard (Hrsg.): Schuldrecht: Erläuterungen der Neuregelungen zum Verjährungsrecht, Schuldrecht, Schadensersatzrecht und Mietrecht, Bonn 2002. Depenheuer, Otto: Buchbesprechung zu Bauer, Hartmut: Die Bundestreue, 1992, in: Verw. 28 (1995), S. 117–119. — Der Gedanke der Kooperation von Staat und Gesellschaft, in: Huber, Peter M. (Hrsg.): Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, Berlin 1999, S. 17–36. Detterbeck, Steffen/Windthorst, Kay/Sproll, Hans-Dieter: Staatshaftungsrecht, München 2000. Di Fabio, Udo: Risikoentscheidungen im Rechtsstaat: Zum Wandel der Dogmatik im öffentlichen Recht, insbesondere am Beispiel der Arzneimittelüberwachung, Tübingen 1994. — Risikosteuerung im öffentlichen Recht – zwischen hoheitlicher Überwachung und regulierter Freiwilligkeit –, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, BadenBaden 1996, S. 143–165.

Literaturverzeichnis

235

— Der Ausstieg aus der wirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie: Europarechtliche und verfassungsrechtliche Vorgaben, Köln u. a. 1999. — Das Kooperationsprinzip – ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Umweltrechts, in: Huber, Peter M.: Das Kooperationsprinzip, Berlin 1999, S. 37–52. Dill, Ricarda: Die Haftung der Mitglieder des studentischen Sprecherrats in Bayern, in: BayVBl. 1994, S. 585–588. Dolde, Klaus-Peter/Uechtritz, Michael: Ersatzansprüche aus Bauplanungsabreden, in: DVBl. 1987, S. 446–455. Dölle, Hans: Außergesetzliche Schuldpflichten, in: ZgS 103 (1943), S. 67–102. Dörr, Dieter: Die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche im öffentlichen Recht, in: DÖV 1984, S. 12–18. Dose, Nicolai: Muster von Verhandlungsprozessen mit Ordnungsverwaltungen: ein steuerungstheoretisch angeleiteter Versuch einer Typenbildung, in: Windhoff-Héritier, Adrienne (Hrsg.): Verwaltung und ihre Umwelt: Festschrift für Thomas Ellwein zum 60. Geburtstag, Opladen 1987, S. 111–131. — Kooperatives Recht: Defizite einer steuerungsorientierten Forschung zum kooperativen Verwaltungshandeln, in: Verw. 27 (1994), S. 91–110. — Kooperatives Handeln der Umweltschutzverwaltung, in: Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, Baden-Baden 1995, S. 91–130. — Die verhandelnde Verwaltung. Eine empirische Untersuchung über den Vollzug des Immissionsschutzrechts, Diss., Univ. Konstanz 1996, Baden-Baden 1997. Dötsch, Wolfgang: Schuldrechtsmodernisierung und öffentliches Recht, in: NWVBl. 2001, S. 385–390. — Update: Schuldrechtsmodernisierung und öffentliches Recht, in: NWVBl. 2002, S. 140–142. — Rechtsweg bei Ansprüchen aus öffentlich-rechtlicher culpa in contrahendo, in: NJW 2003, S. 1430–1432. Dreier, Horst: Merkls Verwaltungsrechtslehre und die heutige deutsche Dogmatik des Verwaltungsrechts, in: Walter, Robert (Hrsg.): Adolf J. Merkl – Werk und Wirksamkeit, Wien 1990, S. 55–88. — Rechtsethik und staatliche Legitimität, in: Universitas 1993, S. 377–390. — Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 52 (1993), S. 336–337. — Informales Verwaltungshandeln, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 4 (1993), S. 647–681. — (Hrsg.): Grundgesetz: Kommentar, Band 1, Artikel 1–19, Tübingen 1996. — (Hrsg.): Grundgesetz: Kommentar, Band 2, Artikel 20–82, Tübingen 1998. Druschel, Christoph: Die Verwaltungsaktbefugnis, Diss., Univ. Halle 1998, Berlin 1999. Dudenredaktion, Wissenschaftlicher Rat der (Hrsg.): Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 5. Impu–Leim, 3. Aufl. Mannheim u. a. 1999. Eberle, Carl-Eugen: Arrangements im Verwaltungsverfahren, in: Verw. 17 (1984), S. 439–464.

236

Literaturverzeichnis

Eckert, Lutz: Leistungsstörungen in verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen, in: DVBl. 1962, S. 11–21. Efstratiou, Pavlos-Michael: Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags: Eine vergleichende Untersuchung zum griechischen, französischen und insbesondere deutschen Verwaltungsvertragsrecht, Diss., Univ. Heidelberg 1987, Berlin 1988. Ehlers, Dirk: Verwaltung in Privatrechtsform, Berlin 1984. — Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: DVBl. 1986, S. 912–922. — Das Verwaltungsverfahrensgesetz im Spiegel der Rechtsprechung, in: Verw. 31 (1998), S. 53–80. — Anmerkung zu BVerwG, Beschluß vom 30.4.2002 (4 B 72.1)), in: JZ 2003, S. 209–211. Eidenmüller, Horst: Ökonomik der Verjährungsregeln, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 405–415. Emmerich, Volker: Zum gegenwärtigen Stand der Lehre von der culpa in contrahendo, in: Jura 1987, S. 561–567. Engelhardt, Hanns: Neue Rechtsprechung des BGH zur öffentlichrechtlichen Entschädigung, in: NVwZ 1989, S. 1026–1033. Engisch, Karl (Begr.): Einführung in das juristische Denken, 9. Aufl. Stuttgart 1997. Erfmeyer, Klaus: Die späte Geltendmachung von behördlichen Eingriffsrechten – Verjährung und Verwirkung durch Zeitablauf, in: VR 1999, S. 48–53. Erichsen, Hans-Uwe: Öffentliches und privates Recht, in: Jura 1982, S. 537–545. Erichsen, Hans-Uwe/Ehlers, Dirk (Hrsg.): Allgemeines Verwaltungsrecht, 12.Aufl. Berlin u.a. 2002. Erman (Begr.): Bürgerliches Gesetzbuch, Band 1, 10. Aufl. Münster u. a. 2000. Ernst, Wolfgang: Zum Fortgang der Schuldrechtsmodernisierung, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 559–605. — Die Schuldrechtsreform 2001/2002: Zum Diskussionsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, in: ZRP 2001, S. 1–11. Esser, Josef/Schmidt, Eike: Schuldrecht, Band 1: Allgemeiner Teil, Teilband 1, 8. Aufl. Heidelberg 1995. — Schuldrecht, Band 1: Allgemeiner Teil, Teilband 2, 8. Aufl. Heidelberg 2000. Eyermann, Erich (Begr.): Verwaltungsgerichtsordnung: Kommentar, 11. Aufl. München 2000. Faber, Heiko: Vorbemerkungen zu einer Theorie des Verwaltungsrechts in der nachindustriellen Gesellschaft, in: Faber, Heiko/Stein, Ekkehart (Hrsg.): Auf einem Dritten Weg: Festschrift für Helmut Ridder zum 70. Geburtstag am 18. Juli 1989, Neuwied u. a. 1989, S. 291–300. — Verwaltungsrecht, 4. Aufl. Tübingen 1995. Fiedler, Wilfried: Der Folgenbeseitigungsanspruch – die „kleine Münze“ des Staatshaftungsrechts? Zur Problematik des Folgenbeseitigungsanspruchs in der neueren Rechtsprechung, in: NVwZ 1986, S. 969–977.

Literaturverzeichnis

237

Fikentscher, Wolfgang: Zur Generalklausel des § 242 BGB als Schlüssel des zivilrechtlichen Vertrauensschutzes: „Sonderverbindung“ oder „neue Sachnormen“?, in: Hof, Hagen (Hrsg.): Recht und Verhalten: Verhaltensgrundlagen des Rechts – zum Beispiel Vertrauen, Baden-Baden 1994, S. 165–181. — Schuldrecht, 9. Aufl. Berlin u. a. 1997. Fischer, Hartmut: Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche bei gescheiterten vorhabenbezogenen Bebauungsplänen, in: DVBl. 2001, S. 258–264. Fleischer, Holger: Vorvertragliche Pflichten im Schnittfeld von Schuldrechtsreform und Gemeinschaftsprivatrecht dargestellt am Beispiel der Informationspflichten, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 243–267. Fluck, Jürgen: Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Verpflichtungsvertrages durch Verwaltungsakt, Diss., Univ. Mainz 1984, Berlin 1985. — Die Duldung des unerlaubten Betreibens genehmigungsbedürftiger Anlagen: ein Beitrag zu den verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Wirkungen informellen Verwaltungshandelns, in: NuR 1990, S. 197–204. Forsthoff, Ernst: Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Erster Band: Allgemeiner Teil, 10. Aufl. München 1973. Franzius, Claudio: Bundesverfassungsgericht und indirekte Steuerung im Umweltrecht, in: AöR 126 (2001), S. 403–440. Frenz, Walter: Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, 2001. Frenz, Walter/Heßler, Pascal: Altlastensanierung und öffentlich-rechtlicher Vertrag, in: NVwZ 2001, S. 13–16. Frost, Marina: „Vorvertragliche“ und „vertragliche“ Schutzpflichten, Berlin 1981. Frotscher, Werner: Vermögensschutz oder Bestandsschutz bei der Rücknahme von Verwaltungsakten?, in: DVBl. 1976, S. 281–289. — Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 45 (1987), S. 277–278. Frotz, Gerhard: Die rechtsdogmatische Einordnung der Haftung für culpa in contrahendo, in: Faistenberger, Christoph/Mayrhofer, Heinrich (Hrsg.): Privatrechtliche Beiträge: Gedenkschrift Franz Gschnitzer, Aalen 1969, S. 163–180. Geis, Max-Emanuel: Die Schuldrechtsreform und das Verwaltungsrecht, in: NVwZ 2002, S. 385–391. Gernhuber, Joachim: § 242 BGB – Funktionen und Tatbestände, in: JuS 1983, S. 764–769. — Das Schuldverhältnis, Tübingen 1989. Giaro, Tomasz: Culpa in contrahendo: eine Geschichte der Wiederentdeckung, in: Falk, Ulrich/Mohnhaupt, Heinz (Hrsg.): Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter: Zur Reaktion der Rechtsprechung auf die Kodifikation des deutschen Privatrechts (1896–1914), Frankfurt a. M. 2000, S. 113–154. Göldner, Detlef: Gesetzmäßigkeit und Vertragsfreiheit im Verwaltungsrecht, in: JZ 1976, S. 352–358.

238

Literaturverzeichnis

Gorny, Dietrich: Haftungsfragen bei der Kooperation von Behörden und Unternehmen im Lebensmittelrecht (Produkthaftung, Gefährdungshaftung, Amtshaftung), in: ZLR 1993, S. 283–302. Gotthardt, Michael: Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, München 2002. Götz, Volkmar: Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 52 (1993), S. 343–345. Gramm, Christof: Aufklärung durch staatliche Publikumsinformation. Staatshandeln als Aufklärung?, in: Der Staat 30 (1991), S. 51–80. Gries, Berthold/Willebrand, Elmar: Entstehung der auf Leistung oder Nutzung gerichteten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse, in: JuS 1990, S. 103–108. — Beendigung der auf Leistung oder Nutzung gerichteten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse, in: JuS 1990, S. 193–198. Grigoleit, Hans Christoph: Vorvertragliche Informationshaftung: Vorsatzdogma, Rechtsfolgen, Schranken, Diss., Univ. München 1996, München 1997. — Reformperspektiven der vorvertraglichen Informationshaftung, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 269–294. Gröschner, Rolf: Das Überwachungsrechtsverhältnis: Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeilicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel, Tübingen 1992. — Vom Nutzen des Verwaltungsrechtsverhältnisses, in: Verw. 30 (1997), S. 301–338. Gröschner, Rolf/Dierksmeier, Claus/Henkel, Michael/Wiehart, Alexander: Rechts- und Staatsphilosophie: ein dogmenphilosophischer Dialog, Berlin u. a. 2000. Grunewald, Barbara: Das Scheitern von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund: zugleich eine Besprechung zum Urteil des BGH vom 17.10.1983 – II ZR 146/82, in: JZ 1984, S. 708–711. Grunsky, Wolfgang: Anmerkung zu BGH, Urteil vom 26.9.1997 (VZR 29/96), in: EWiR 1998, S. 727–728. Grzeszick, Bernd: Rechte und Ansprüche: Eine Rekonstruktion des Staatshaftungsrechts aus den subjektiven öffentlichen Rechten, Tübingen 2002. Grziwotz, Herbert: Städtebauliche Verträge und AGB-Recht, in: NVwZ 2002, S. 393–395. Günther, Hellmuth: Zu Pflichten des Dienstherrn im Kontext Begründung des Beamtenverhältnisses, in: ZBR 1991, S. 257–266. Gurlit, Elke: Verwaltungsvertrag und Gesetz: eine vergleichende Untersuchung zum Verhältnis von vertraglicher Bindung und staatlicher Normsetzungsautorität, Tübingen 2000. — Grundlagen des Verwaltungsvertrages, in: Jura 2001, S. 659–664, 731–737. Gusy, Christoph: Verbot mit Erlaubnisvorbehalt – Verbot mit Dispensvorbehalt, in: JA 1981, S. 80–84. — Öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Staat und Bürgern, in: DVBl. 1983, S. 1222–1229. — Freiheit der Formenwahl und Rechtsbindung der Verwaltung, in: Jura 1985, S. 578–584. — Konfliktmittlung beim Erlaß von Verwaltungsvorschriften, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Band 2: Konfliktmittlung im Verwaltungsverfahren, Baden-Baden 1990, S. 109–128.

Literaturverzeichnis

239

— Verwaltung durch Verhandlung und Vermittlung, in: ZfU 1990, S. 353–363. — Verwaltung durch Information, in: NJW 2000, S. 977–986. — Kooperation als staatlicher Steuerungsmodus, in: ZUR 2001, S. 1–7. Häberle, Peter: Öffentliches Interesse als juristisches Problem: Eine Analyse von Gesetzgebung und Rechtsprechung, Bad Homburg 1970. — Verfassungsprinzipien „im“ Verwaltungsverfahrensgesetz, in: Schmitt Glaeser, Walter (Hrsg.): Verwaltungsverfahren: Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, Stuttgart u. a. 1977, S. 47–93. — Das Verwaltungsrechtsverhältnis – eine Problemskizze, in: Häberle, Peter (Hrsg.): Die Verfassung des Pluralismus: Studien zur Verfassungstheorie der offenen Gesellschaft, Königstein im Taunus 1980, S. 248–285. — Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 45 (1987), S. 251–253. Haenicke, Volker: Zur „Einrede“ der Verjährung im Öffentlichen Recht, in: NVwZ 1995, S. 348–349. Hagenah, Evelyn: Prozeduraler Umweltschutz: zur Leistungsfähigkeit eines rechtlichen Regelungsinstruments, Diss., Univ. Bielefeld 1995, Baden-Baden 1996. Heberlein, Ingo: Auswirkungen der Verwaltungsverfahrensgesetze auf die Dogmatik des Verwaltungsrechts, Speyer 1981. — Störungen beim Verwaltungsvertrag – Eine kritische Bestandsaufnahme und ihre systematische Nutzanwendung –, Diss., Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1985. Heldrich, Andreas: Ein zeitgemäßes Gesicht für unser Schuldrecht, in: NJW 2001, S. 2521–2523. Henke, Horst-Eberhard: Mitverursachung und Mitverschulden – Wer den Schaden herausfordert, muß den Schädiger schonen, in: JuS 1988, S. 753–761. Henke, Wilhelm: Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, Tübingen 1979. — Das subjektive Recht im System des öffentlichen Rechts, in: DÖV 1980, S. 621–633. — Allgemeines Verwaltungsrecht als Rechtsverhältnisordnung, in: NVwZ 1982, S. 534–535. — Juristische Systematik der Grundrechte, in: DÖV 1984, S. 1–11. — Allgemeine Fragen des öffentlichen Vertragsrechts, in: JZ 1984, S. 441–447. — Recht und Staat: Grundlagen der Jurisprudenz, Tübingen 1988. — Subventionsrecht und Wirtschaftsförderung, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, Baden-Baden 1990, S. 115–131. — Wandel der Dogmatik des öffentlichen Rechts, in: JZ 1992, S. 541–548. Henneke, Hans-Günter: Informelles Verwaltungshandeln im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht: Zwischenbilanz zur Erfassung eines seit zehn Jahren benannten Phänomens, in: NuR 1991, S. 267–275. — 30 Jahre LVwG, 20 Jahre VwVfG – Stabilität und Flexibilität des Verwaltungshandelns, in: DÖV 1997, S. 768–781. Herbst, Tobias: Anmerkung zu OVG Weimar, Beschluß vom 22.8.2001 (1 ZO 651/99), in: NJ 2002, S. 162–163.

240

Literaturverzeichnis

Hermes, Georg/Wieland, Joachim: Die staatliche Duldung rechtswidrigen Verhaltens: dogmatische Folgen behördlicher Untätigkeit im Umwelt- und Steuerrecht, Heidelberg 1988. Hesse, Konrad: Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. Heidelberg 1995. Hill, Hermann: Verfahrensermessen der Verwaltung, in: NVwZ 1985, S. 449–456. — Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: NJW 1986, S. 2602–2612. — Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, Heidelberg 1986. — Rechtsstaatliche Bestimmtheit oder situationsgerechte Flexibilität des Verwaltungshandelns, in: DÖV 1987, S. 885–895. — Das Verhältnis des Bürgers zum Gesetz, in: DÖV 1988, S. 666–670. — Das hoheitliche Moment im Verwaltungsrecht der Gegenwart, in: DVBl. 1989, S. 321–327. — Gesetzesgestaltung und Gesetzesanwendung im Leistungsrecht, in: VVDStRL 47 (1989), S. 172–199. — Umweltrecht als Motor und Modell einer Weiterentwicklung des Staats- und Verwaltungsrechts, in: UTR 27 (1994), S. 91–116. Hoffmann-Riem, Wolfgang: Selbstbindungen der Verwaltung, in: VVDStRL 40 (1982), S. 187–239. — Verhandlungslösungen und Mittlereinsatz im Bereich der Verwaltung: Eine vergleichende Einführung, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Band 1: Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen im Verwaltungsverfahren, Baden-Baden 1990, S. 115–175. — Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts – Ansätze am Beispiel des Umweltrechts, in: AöR 115 (1990), S. 400–447. — Verwaltungsrechtsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: HoffmannRiem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen, Baden-Baden 1993, S. 115–175. — Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts: Vorüberlegungen, in: DVBl. 1994, S. 1381–1390. — Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen – Systematisierung und Entwicklungsperspektiven, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, Baden-Baden 1996, S. 261–336. — Tendenzen in der Verwaltungsrechtsentwicklung, in: DÖV 1997, S. 433–442. — Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz: Einleitende Problemskizze, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 9–66. Honsell, Heinrich: Einige Bemerkungen zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, in: JZ 2001, S. 18–21. Huber, Ernst Rudolf: Wirtschaftsverwaltungsrecht, Erster Band, 2. Aufl. Tübingen 1953. — Wirtschaftsverwaltungsrecht, Zweiter Band, Tübingen 1954. Huber, Peter/Faust, Florian: Schuldrechtsmodernisierung: Einführung in das neue Recht, München 2002.

Literaturverzeichnis

241

Huber, Peter M.: Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. Heidelberg 1997. Huber, Ulrich: Das geplante Recht der Leistungsstörungen, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 31–184. Hufen, Friedhelm: Heilung und Unbeachtlichkeit grundrechtsrelevanter Verfahrensfehler? Zur verfassungskonformen Auslegung der §§ 45 und 46 VwVfG, in: NJW 1982, S.2160–2169. — Die Grundrechte und der Vorbehalt des Gesetzes, in: Grimm, Dieter (Hrsg.): Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, Baden-Baden 1990, S. 273–289. — Buchbesprechung zu Schulte, Martin: Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, in: NVwZ 1996, S. 882–883. — Fehler im Verwaltungsverfahren: Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis, 4. Aufl. Baden-Baden 2002. — Verwaltungsprozessrecht, 5. Aufl. München 2003. Hüttenbrink, Jost: Schadensersatzansprüche der Selbstverwaltungskörperschaften gegen ihre Organwalter, Diss., Univ. Münster 1981. — Die öffentlich-rechtliche Haftung der ehrenamtlichen Organwalter gegenüber ihren Selbstverwaltungskörperschaften, in: DVBl. 1981, S. 989–994. — Die Bürgerhaftung als Gegenstück zur Staatshaftung, in: DÖV 1982, S. 489–497. Ipsen, Jörn: Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. Köln u. a. 2001. Isensee, Josef: Buchbesprechung zu Schulze-Fielitz, Helmuth: Der informale Verfassungsstaat, 1984, in: DVBl. 1986, S. 955–957. — Vertragsfreiheit im Griff der Grundrechte: Inhaltskontrolle von Verträgen am Maßstab der Verfassung, in: Hübner, Ulrich/Ebke, Werner F. (Hrsg.): Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag, 1999, S. 485–514. Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, — Band 1, Grundlagen von Staat und Verfassung, 2. Aufl. Heidelberg 1995. — Band 2, Demokratische Willensbildung – Die Staatsorgane des Bundes, 2.Aufl. Heidelberg 1998. — Band 3, Das Handeln des Staates, 2. Aufl. Heidelberg 1996. — Band 4, Finanzverfassung – Bundesstaatliche Ordnung, 2. Auflage, Heidelberg 1999. — Band 5, Allgemeine Grundrechtslehren, 2. Aufl. Heidelberg 2000. — Band 6, Freiheitsrechte, 2. Aufl. Heidelberg 2001. Jäckle, Wolfgang: Die Haftung der öffentlichen Verwaltung aus culpa in contrahendo im Licht der oberinstanzlichen Rechtsprechung, in: NJW 1990, S. 2520–2525. Jäde, Henning: Befangenheitsschranken behördlicher Beratungspflicht, in: BayVBl. 1988, S. 264–267. 16 Kellner

242

Literaturverzeichnis

Jansen, Nils: Diskussionsbericht zum Referat Dauner-Lieb, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 329–331. Janson, Bernd: Verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, Verwaltungsverfahrensgesetz und Reform der Staatshaftung, in: DÖV 1979, S. 696–705. Jarass, Hans D.: Effektivierung des Umweltschutzes gegenüber bestehenden Anlagen: nachträgliche Maßnahmen, Drittklagen, Absprachen und Kompensation, in: DVBl. 1985, S. 193–199. — Reichweite des Bestandsschutzes industrieller Anlagen gegenüber umweltrechtlichen Maßnahmen: Anforderungen an bestehende Anlagen und ihre Durchsetzung mittels formaler und informaler Instrumente, in: DVBl. 1986, S. 314–321. — Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Kommentar, 5. Aufl. München 2002. Jarass, Hans. D./Pieroth, Bodo: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 6. Aufl. München 2002. Jauernig, Othmar (Hrsg.): Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl. München 2003. Jellinek, Walter: Verwaltungsrecht, 3. Aufl. Berlin 1931. Jhering, Rudolph von: Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfection gelangten Verträgen, in: JherJb. 4 (1861), S. 1–112. Jochum, Astrid: Auskunfts- und Hinweispflichten bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, in: NVwZ 1987, S. 460–464. Jost, Fritz: Vertragslose Auskunfts- und Beratungshaftung, Baden-Baden 1991. Kahl, Wolfgang: Das Verwaltungsverfahrensgesetz zwischen Kodifikationsidee und Sonderrechtsentwicklungen, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, Baden-Baden 2002, S. 67–134. Kamlah, Wilhelm/Lorenzen, Paul: Logische Propädeutik: Vorschule des vernünftigen Redens, 3. Aufl. Stuttgart u. a. 1996 [unveränderter Nachdruck]. Kautz, Steffen: Absprachen im Verwaltungsrecht: Zulässigkeit, Grenzen und Folgen, Diss., Univ. Bayreuth 2001, Berlin 2002. Keller, Robert: Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht: zugleich ein Beitrag zur Rechtsverhältnislehre, Diss., Techn. Univ. Dresden 1996, Berlin 1997. Kellner, Martin: Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf die Verjährung im Staatshaftungsrecht, in: NVwZ 2002, S. 395–400. — Anmerkung zu BVerwG, Beschluß vom 30.4.2002 (4 B 72.01), in: DVBl. 2002, S. 1648–1650. Kempen, Bernhard: Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung: die öffentliche Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, Diss., Univ. Köln 1988, München 1989. Kimminich, Otto/Lersner, Heinrich Frhr. von/Storm, Peter-Christoph (Hrsg.): Handwörterbuch des Umweltrechts, Band 1. Abfallabgabe – Mosel, 2. Aufl. Berlin 1994.

Literaturverzeichnis

243

Kippes, Stephan: Bargaining: Informales Verwaltungshandeln und Kooperation zwischen Verwaltungen, Bürgern und Unternehmen: eine empirische Untersuchung an Hand des Vollzugs des Umweltschutzrechts unter besonderer Berücksichtigung des Problemfelds „Altlastensanierung“, Diss., Univ. der Bundeswehr München 1994, Köln 1995. — Struktur und Ablauf von Bargaining-Prozessen bei der Sanierung von Altlasten, in: VR 1997, S. 41–48. Kirchmann, Julius Hermann von: Die Wertlosigkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft, Berlin 1848 [Nachdruck Freiburg u. a. 1990]. Kisker, Gunter: Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht, in: VVDStRL 32 (1974), S. 149–199. Kissel, Otto Rudolf: Neues zur Gerichtsverfassung, in: NJW 1991, S. 945–952. — Gerichtsverfassungsgesetz. Kommentar, 3. Aufl. München 2001. Kleindiek, Detlef: Deliktshaftung und juristische Person: Zugleich zur Eigenhaftung von Unternehmensleitern, Tübingen 1997. Kloepfer, Michael: „Gyosei Shido“ und das informelle Verwaltungshandeln im Umweltrecht der Bundesrepublik Deutschland: unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Problematik von Umweltabsprachen, in: Coing, Helmut u. a. (Hrsg.): Die Japanisierung des westlichen Rechts, Tübingen 1990, S. 83–102. — Rechtsstaatliche Probleme ökonomischer Instrumente im Umweltschutz, in: Wagner, Gerd Rainer (Hrsg.): Unternehmung und ökologische Umwelt, München 1990, S. 241–261. — Zu den neuen umweltrechtlichen Handlungsformen des Staates, in: JZ 1991, S. 737–744. — Umweltrecht, 2. Aufl. München 1998. Knack, Hans Joachim (Begr.): Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 7. Aufl. Köln u. a. 2000. Knebel, Jürgen/Wicke, Lutz/Michael, Gerhard: Selbstverpflichtungen und normersetzende Umweltverträge als Instrument des Umweltschutzes, Berlin 1999. Koch, Hans-Joachim: Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht – ein Missverständnis?, in: NuR 2001, S. 541–551. Koenig, Christian: Der Begründungszwang in mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnissen am Beispiel umweltrelevanter Entscheidungen, in: AöR 117 (1992), S. 513–542. — Schadensersatzansprüche nach verfassungsgerichtlicher Ungültigkeitserklärung von Parlamentswahlen? Zur Haftung von Parteien wegen Wahlrechtsverstößen nach den Grundsätzen einer positiven Forderungsverletzung, in: DÖV 1994, S. 286–294. Komorowski, Alexis von: Amtshaftungsansprüche von Gemeinden gegen andere Verwaltungsträger, in: VerwArch 93 (2002), S. 62–99. Köndgen, Johannes: Die Positivierung der culpa in contrahendo als Frage der Gesetzgebungsmethodik, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 231–242. Konzak, Olaf: Analogie im Verwaltungsrecht, in: NVwZ 1997, S. 872–873. Kopp, Ferdinand Otto: Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, München 1971. — Die Entscheidung über die Vergabe öffentlicher Aufträge und über den Abschluß öffentlichrechtlicher Verträge als Verwaltungsakte?, in: BayVBl. 1980, S. 609–612. 16*

244

Literaturverzeichnis

Kopp, Ferdinand Otto/Schenke, Wolf-Rüdiger: Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Aufl. München 1998. — Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. München 2003. Kopp, Ferdinand Otto/Ramsauer, Ulrich: Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. München 2003. Körner, Peter: Informelles Verwaltungshandeln im Umweltrecht: eine Untersuchung seiner Zulässigkeit, Grenzen und Rechtsfolgen, Diss., Univ. Potsdam 1999, Frankfurt a. M. u. a. 2000. Kotulla, Michael: Die historischen Voraussetzungen für die Entstehung des Rechtsinstituts der „positiven Forderungsverletzung“ im 19. Jahrhundert, in: ZRG Germ. Abt. 108 (1991), S. 358–388. Krause, Peter: Rechtsformen des Verwaltungshandelns, Berlin 1974. — Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: VVDStRL 45 (1987), S. 212–249. Krebs, Peter: Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, München 2000. — Die große Schuldrechtsreform, in: DB, Beilage Nr. 14/2000. Krebs, Walter: Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993), S. 248–280. Krohn, Günter: Anmerkung zu BGH, Urteil vom 8.6.1978 (III ZR 48/76), in: LM Nr. 65 a zu § 276 (Fa) BGB. Krumsiek, Rolf/Frenzen, Peter: Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren – Eine Bestandsaufnahme –, in: DÖV 1995, S. 1013–1027. Kuhla, Wolfgang/Hüttenbrink, Jost: Der Verwaltungsprozeß, 3. Aufl. München 2002. Kunig, Philip: Alternativen zum einseitig-hoheitlichen Verwaltungshandeln, in: HoffmannRiem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Konfliktbewältigung durch Verhandlungen, Band 1: Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen im Verwaltungsverfahren, Baden-Baden 1990, S. 43–66. — Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, in: DVBl. 1992, S. 1193–1203. Kunig, Philip/Rublack, Susanne: Aushandeln statt Entscheiden? Das Verwaltungsverfahren vor neuen Herausforderungen, in: Jura 1990, S. 1–11. Küpper, Wolfgang: Das Scheitern von Vertragsverhandlungen als Fallgruppe der culpa in contrahendo, Diss., Univ. Köln 1987, Berlin 1988. Kutscha, Martin: Abschied vom Prinzip demokratischer Legalität? Eine Problemskizze, in: Becker-Schwarze, Kathrin u. a. (Hrsg.): Wandel der Handlungsformen im öffentlichen Recht, 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, Stuttgart u. a. 1991, S. 13–23. Ladeur, Karl-Heinz: Die Zukunft des Verwaltungsakts – Kann die Handlungsformenlehre aus dem Aufstieg des informalen Verwaltungshandelns lernen? –, in: VerwArch 86 (1995), S. 511–530. Larenz, Karl: Richtiges Recht: Grundzüge einer Rechtsethik, München 1979. — Lehrbuch des Schuldrechts, I. Band: Allgemeiner Teil, 14. Aufl. München 1987. — Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. Berlin u. a. 1991.

Literaturverzeichnis

245

Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Lehrbuch des Schuldrechts, II. Band: Besonderer Teil, 2. Halbband, 13. Aufl. München 1994. Larenz, Karl/Wolf, Manfred: Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl. München 1997. Laubinger, Hans-Werner: Die Verwaltung als Helfer des Bürgers. Gedanken zur behördlichen Betreuungspflicht, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Band 50: Demokratie und Verwaltung: 25 Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Berlin 1972, S. 439–461. — Der Verfahrensgedanke im Verwaltungsrecht, in: König, Klaus/Merten, Detlef (Hrsg.): Verfahrensrecht in Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Symposium zum Gedächtnis an Carl Hermann Ule, Berlin 2000, S. 47–67. Lecheler, Helmut: Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: BayVBl. 1992, S. 545–549. Lembke, Gerd/Emde, Raimond: Konkurrenz von Amtshaftungsanspruch und positiver Forderungsverletzung verwaltungsrechtlicher Sonderverhältnisse?, in: DB 1997, S. 1267–1268. Leonhard, Franz: Verschulden beim Vertragsschlusse, Berlin 1910. Lieb, Manfred: Vertragsaufhebung oder Geldersatz? Überlegungen über die Rechtsfolgen von cupa in contrahendo, in: Universität Köln/Rechtswissenschaftliche Fakultät (Hrsg.): Festschrift der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zur 600 Jahr Feier der Universität zu Köln, Köln 1988, S. 251–270. Lischke, Annett: Tauschgerechtigkeit und öffentlich-rechtlicher Vertrag: Zur Auslegung der Angemessenheit im Sinne des § 56 Abs. 1 VwVfG, Diss., Humboldt-Univ. Berlin 1999, Berlin 2000. Littbarski, Sigurd: Die Haftung aus culpa in contrahendo im öffentlichen Recht, in: JuS 1979, S. 537–544. Loomann, Gundula: „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ in Verträgen zwischen Bauherren und Gebietskörperschaften, in: NJW 1996, S. 1439–1443. Looschelders, Dirk: Schuldrecht, allgemeiner Teil, Köln u. a. 2003. Lorenz, Dieter: Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, in: DVBl. 1997, S. 865–873. Lorenz, Stephan: Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag: eine Untersuchung von Möglichkeiten und Grenzen der Abschlußkontrolle im geltenden Recht, München 1997. — Haftungsausfüllung bei der culpa in contrahendo: Ende der „Minderung durch c.i. c.“?, in: NJW 1999, S. 1001–1002. — Die Lösung vom Vertrag, insbesondere Rücktritt und Widerruf, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 329–355. Lorz, Ralph Alexander: Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, in: DÖV 2002, S. 177–186. Löwer, Wolfgang: Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: NVwZ 1986, S. 793–872.

246

Literaturverzeichnis

Lübbe-Wolff, Gertrude: Rechtsprobleme der behördlichen Umweltberatung, in: NJW 1987, S. 2705–2712. — Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht – Rechtsgrundsatz oder Deckmantel des Vollzugsdefizits?, in: NuR 1989, S. 295–302. — Vollzugsprobleme der Umweltverwaltung, in: NuR 1993, S. 217–220, 225–229. — Modernisierung des umweltbezogenen Ordnungsrechts, in: Roßnagel, Alexander/Neuser, Uwe (Hrsg.): Reformperspektiven im Umweltrecht: Dokumentation der „Haydauer Hochschul-Gespräche 1995“, Baden-Baden 1996, S. 97–118. — Stand und Instrumente der Implementation des Umweltrechts in Deutschland, in: LübbeWolff, Gertrude (Hrsg.): Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, Berlin 1996, S. 77–106. — Regelbindung versus Entscheidungsspielräume für die Umweltbehörden – Effizienzüberlegungen am Beispiel der Mindeststandards für die Begrenzung von Schadstoffemissionen, in: Gawel, Erik/Lübbe-Wolff, Gertrude (Hrsg.): Effizientes Umweltordnungsrecht: Kriterien und Grenzen, Baden-Baden 2000, S. 151–168. — Instrumente des Umweltrechts – Leistungsfähigkeit und Leistungsgrenzen, in: NVwZ 2001, S. 481–493. Luhmann, Niklas: Legitimation durch Verfahren, 3. Aufl. Frankfurt a. M. 1978. — Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1995. — Funktionen und Folgen formaler Organisation: mit einem Epilog 1994, 5. Aufl. Berlin 1999. — Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1999. — Vertrauen: Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 4. Aufl. Stuttgart 2000. Lüke, Gerhard: Der Verwaltungsrechtsweg, in: JuS 1980, S. 644–649. Macedo Weiß, Paula: Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, Diss., Univ. Tübingen 1998, Frankfurt a. M. u. a. 1999. Magnus, Ulrich: Der Tatbestand der Pflichtverletzung, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 67–79. Mangoldt, Hermann von/Klein, Friedrich/Starck, Christian (Hrsg.): Das Bonner Grundgesetz. Kommentar, — Band 1, Art. 1 bis 19, 4. Aufl. München 1999. — Band 2, Art. 20 bis 78, 4. Aufl. München 2000. Mansel, Heinz-Peter: Die Reform des Verjährungsrechts, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 333–423. — Die Neuregelung des Verjährungsrechts, in: NJW 2002, S. 89–99. Manssen, Gerrit: Der Hamburger Stadtsiegelfall – VG Köln, NJW 1991, 2584, in: JuS 1992, S. 745–748. — Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt: Verfassungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Grundfragen, Tübingen 1994.

Literaturverzeichnis

247

Martens, Joachim: Die Praxis des Verwaltungsverfahrens, München 1985. — Der Bürger als Verwaltungsuntertan?, in: KritV 1986, S. 104–130. Maunz, Theodor/Dürig, Günter/Herzog, Roman u. a. (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar, — Band 1, Art. 1–10, Loseblattausgabe, München, Stand Okt. 2002. — Band 2, Art. 11–19, Loseblattausgabe, München, Stand Okt. 2002. — Band 3, Art. 20–69, Loseblattausgabe, München, Stand Okt. 2002. Maurer, Hartmut: Erstattung der Kosten für die Verwahrung eines Kraftfahrzeuges durch die Polizei – VGH Mannheim, BaWüPr 1978, 150, in: JuS 1981, S. 809–812. — Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, in: Hill, Hermann (Hrsg.): Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, Baden-Baden 1990, S. 15–38. — Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. München 2002. — Staatsrecht I: Grundlagen, Verfassungsorgane, Staatsfunktionen, 3. Aufl. München 2003. Mayer, Franz/Kopp, Ferdinand: Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. Stuttgart u. a. 1985. Mayer, Otto: Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrage, in: AöR 3 (1888), S. 3–86. — Deutsches Verwaltungsrecht, Erster Band, 3. Aufl. Berlin 1924 [unveränderter Nachdruck, Berlin 1969]. — Deutsches Verwaltungsrecht, Zweiter Band, 3. Aufl. Berlin 1924 [unveränderter Nachdruck, Berlin 1969]. Mayntz, Renate (Hrsg.): Vollzugsprobleme der Umweltpolitik: empirische Untersuchung der Implementation von Gesetzen im Bereich der Luftreinhaltung und des Gewässerschutzes, Stuttgart u. a. 1978. Medicus, Dieter: Grenzen der Haftung für culpa in contrahendo, in: JuS 1965, S.209–218. — Verschulden bei Vertragsverhandlungen, in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band I, Köln 1981, S. 479–550. — Zur Entdeckungsgeschichte der culpa in contrahendo, in: Benöhr, Hans-Peter u. a. (Hrsg.): Iuris professio: Festgabe für Max Kaser zum 80. Geburtstag, Wien u. a. 1986, S. 169–181. — Schlussbetrachtung, in: Ernst, Wolfgang/Zimmermann, Reinhard (Hrsg.): Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform: zum Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes des Bundesministeriums der Justiz, Tübingen 2000, S. 607–610. — Schuldrecht I. Allgemeiner Teil, 14. Aufl. München 2003. — Bürgerliches Recht: eine nach Anspruchsgrundlagen geordnete Darstellung zur Examensvorbereitung, 19. Aufl. Köln u. a. 2002. Menger, Christian-Friedrich: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, in: VerwArch 55 (1964), S. 73–84. — Die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts als Rechtsquellen, in: Chmielorz, Erwin u. a. (Hrsg.): Sozialenquête und Sozialrecht [Festschrift für Walter Bogs], Wiesbaden 1967, S. 89–101. — Zum Koppelungsverbot bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, in: VerwArch 64 (1973), S. 203–208. Meyer, Hans: Das neue öffentliche Vertragsrecht und die Leistungsstörungen, in: NJW 1977, S. 1705–1713.

248

Literaturverzeichnis

— Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 45 (1987), S. 272. — Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 47 (1989), S. 241–242. — Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 52 (1993), S. 364–366. Meyer, Hans/Borgs-Maciejewski, Hermann: Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1982. Meysen, Thomas: Buchbesprechung zu Keller, Robert: Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997, in: Verw. 31 (1998), S. 123–126. — Der haftungsrechtliche Beamtenbegriff am Ziel? – BGH, NJW 1996, 2431, in: JuS 1998, S. 404–408. — Die Haftung aus Verwaltungsrechtsverhältnis: zugleich ein Beitrag zur Figur des „verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisses“, Diss., Univ. Freiburg (Breisgau) 1999, Berlin 2000. Mitglieder des Bundesgerichtshofes (Hrsg.): Das Bürgerliche Gesetzbuch: mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und Bundesgerichtshofes. Kommentar, — Band 1, §§ 1–240, 12. Aufl. Berlin u. a. 1982. — Band 2, Teil 1, §§ 241–413, 12. Aufl. Berlin u. a. 1976. — Band 2, Teil 6, §§ 832–853, 12. Aufl. Berlin u. a. 1989. Müller, Lothar A.: Schutzpflichten im Bürgerlichen Recht, in: JuS 1998, S. 894–989. Müller-Graf, Thomas: Entrechtlichung durch Informalisierung? Ein Beitrag zur Handlungsformen- und zur Rechtsverhältnislehre im Verwaltungsrecht, Diss., Univ. Basel 2001, Basel u. a. 2001. Münch, Ingo von/Kunig, Philip (Hrsg.): Grundgesetz-Kommentar, — Band 1, Präambel bis Art. 20, 5. Aufl. München 2000. — Band 2, Art. 20 bis Art. 69, 4./5. Aufl. München 2001. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, — Band 1: Allgemeiner Teil, §§ 1–240, AGB-Gesetz, 4. Aufl. München 2001. — Band 1 a: Allgemeiner Teil, §§ 80, 81, 105 a, 126–127, 194–218, ProstG, 4. Aufl. München 2003. — Band 2 a: Schuldrecht. Allgemeiner Teil, §§ 241–432, 4. Aufl. München 2003. — Band 5: Schuldrecht. Besonderer Teil III, §§ 705–853, PartGG, ProdHaftG, 3. Aufl. München 1997. Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, Band 3, §§ 803–1066: ZPO – GVG – EGGVG – Internationales Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. München 2001.

EG

Murach, Jochen: Rechtswegzuständigkeit bei Ersatzansprüchen aus verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen nichtvertraglicher Art, in: BayVBl. 2001, S. 682–686. — Die Haftung der öffentlichen Hand im Verwaltungsschuldrecht, Diss., Univ. Passau 2001, Frankfurt a. M. u. a. 2002. Murswiek, Dietrich: Das sogenannte Kooperationsprinzip – ein Prinzip des Umweltschutzes?, in: ZUR 2001, S. 7–13.

Literaturverzeichnis

249

Mutius, Albert von: Die Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung, in: Jura 1979, S. 55–56, 111–112, 167–168, 223–224. Neumann, Volker: Freiheitsgefährdung im kooperativen Sozialstaat: Rechtsgrundlagen und Rechtsformen der Finanzierung der freien Wohlfahrtspflege, Köln u. a. 1992. — Der informelle Sozialstaat, in: VSSR 1993, S. 119–131. Obermayer, Klaus: Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: BayVBl. 1977, S. 546–554. — Dogmatische Probleme des Verwaltungsverfahrens, in: Schmitt Glaeser, Walter (Hrsg.): Verwaltungsverfahren: Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, Stuttgart u. a. 1977, S. 111–134. — (Begr.): Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. Neuwied 1999. Oebbecke, Janbernd: Beratung durch Behörden, in: DVBl. 1994, S. 147–154. Oeter, Stefan: Baurechtsvereinbarungen, Drittschutz und die Erfordernisse wirksamen Rechtsschutzes, in: DVBl. 1999, S. 189–197. Ossenbühl, Fritz: Die Handlungsformen der Verwaltung, in: JuS 1979, S. 681–687. — Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, in: NVwZ 1982, S. 465–472. — Staatshaftungsrecht in der Krise, in: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Zur Reform des Staatshaftungsrechts, Bonn 1987, S. 236–385. — Informelles Hoheitshandeln im Gesundheits- und Umweltschutz, in: UTR 3 (1987), S. 27–48. — Buchbesprechung zu Rengeling, Hans-Werner: Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1988, in: DVBl. 1989, S. 622–623. — Anmerkung zu BGH, Urteil vom 5.12.1991 (III ZR 167/90), in: JZ 1992, S. 1074–1075. — Öffentlich-rechtliche Entschädigung in Verfassung, Gesetz und Richterrecht, in: DVBl. 1994, S. 977–984. — Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. München 1998. — Der verfassungsrechtliche Rahmen offener Gesetzgebung und konkretisierender Rechtssetzung, in: DVBl. 1999, S. 1–7. — Die Not des Gesetzgebers im naturwissenschaftlich-technischen Zeitalter, Wiesbaden 2000. — Öffentliches Recht in der Rechtsprechung des BGH, in: NJW 2000, S. 2945–2953. — Staatshaftungsrecht, in: Canaris, Claus-Wilhelm/Heldrich, Andreas/Hopt, Klaus J. u. a. (Hrsg.): 50 Jahre Bundesgerichtshof: Festgabe aus der Wissenschaft, Band 3, München 2000, S. 887–923. Osterloh, Lerke: Erfordernis gesetzlicher Ermächtigung für Verwaltungshandeln in Form des Verwaltungsakts?, in: JuS 1983, S. 280–285. Palandt, Otto (Begr.): Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 61. Aufl. München 2002. — Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 62. Aufl. München 2003. Papier, Hans-Jürgen: Die Forderungsverletzung im öffentlichen Recht, Diss., Freie Univ. Berlin 1970, Berlin 1970.

250

Literaturverzeichnis

— Staatshaftung kraft „Überlieferung“?, in: JZ 1975, S. 585–590. Pauly, Walter: Grundlagen einer Handlungsformenlehre im Verwaltungsrecht, in: BeckerSchwarze, Kathrin u. a. (Hrsg.): Wandel der Handlungsformen im öffentlichen Recht, 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, Stuttgart u. a. 1991, S. 25–45. Peine, Franz-Joseph: Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. Heidelberg 2002. Pestalozza, Christian: „Formenmißbrauch“ des Staates: zu Figur und Folgen des „Rechtsmißbrauchs“ und ihrer Anwendung auf staatliches Verhalten, München 1973. Peters, Anne: Nebenpflichten im Verwaltungsrechtsverhältnis?, in: Verw. 35 (2002), S. 177–221. Peters, Frank/Zimmermann, Reinhard: Verjährungsfristen, in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, Köln 1981, S. 77–373. Pfenninger, Hanspeter: Rechtliche Aspekte des informellen Verwaltungshandelns. Verwaltungshandeln durch informell-konsensuale Kooperation unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzes, Diss., Univ. Freiburg/Schweiz 1996, Freiburg/Schweiz, 1996. Piekenbrock, Andreas: Reform des allgemeinen Verjährungsrechts: Ausweg oder Irrweg?, in: Helms, Tobias/Neumann, Daniela/Caspers, Georg/Sailer, Rita/Schmidt-Kessel, Martin (Hrsg.): Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2001: Das neue Schuldrecht, Stuttgart u. a. 2001, S. 309–339. Pieroth, Bodo: Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundsatz des Vertrauensschutzes, in: JZ 1984, S. 971–978. Pieroth, Bodo/Schlink, Bernhard: Staatsrecht, 2. Grundrechte, 18. Aufl. Heidelberg 2002. Pietzcker, Jost: Rechtsbindungen der Vergabe öffentlicher Aufträge, in: AöR 107 (1982), S. 61–100. — Das Verwaltungsrechtsverhältnis – Archimedischer Punkt oder Münchhausens Zopf?, in: Verw. 30 (1997), S. 281–299. Pietzko, Gabriele: Der materiell-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch, Diss., Univ. Köln 1992, Berlin 1994. Pietzner, Rainer/Ronellenfitsch, Michael: Das Assessorexamen im öffentlichen Recht: Widerspruchsverfahren und Verwaltungsprozeß, 10. Aufl. Düsseldorf 2000. Pitschas, Rainer: Entwicklung der Handlungsformen im Verwaltungsrecht – Vom Formendualismus des Verwaltungsverfahrens zur Ausdifferenzierung der Handlungsformen, in: Blümel, Willi/Pitschas, Rainer (Hrsg.): Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, Baden-Baden 1994, S. 229–256. Preuß, Mathias: Zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen subordinationsrechtlicher Verwaltunsverträge unter besonderer Berücksichtigung des Koppelungsverbots, Diss., Univ. Hamburg 1998/99, Baden-Baden 2000. Punke, Jürgen: Verwaltungshandeln durch Vertrag, Diss., Univ. Kiel 1988/89, Kiel 1989. Püttner, Günter: Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht, in: VVDStRL 32 (1974), S.200–227. — Wider den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger, in: DVBl. 1982, S. 122–126.

Literaturverzeichnis

251

— Der Rechtsstaat und sein offenen Probleme, in: DÖV 1989, S. 137–142. — Der informale Rechtsstaat, in: KritV 1991, S. 63–73. — Anmerkung zu BGH, Urteil vom 10.5.2001 (III ZR 111/99), in: JZ 2002, S. 197–198. Püttner, Günter/Guckelberger, Annette: Beschleunigung von Verwaltungsverfahren, in: JuS 2001, S. 218–222. Raape, Leo: Die Beweislast bei positiver Vertragsverletzung, in: AcP 147 (1941), S. 217–289. Rabe, Stephan Friedrich: Der Rechtsgedanke der Kompensation als Legitimationsgrundlage für die regelungsersetzende Verwaltungsabsprache, Diss., Univ. Köln 1995, Frankfurt a.M. 1996. Randelzhofer, Albrecht/Wilke, Dieter: Die Duldung als Form flexiblen Verwaltungshandelns: dargestellt an einem Fall des Wasserrechts, Berlin 1981. Redeker, Konrad/Karpenstein, Ulrich: Über Nutzen und Notwendigkeit, Gesetze zu begründen, in: NJW 2001, S. 2825–2831. Redeker, Konrad/Oertzen, Hans-Joachim von: Verwaltungsgerichtsordnung: Kommentar, 13. Aufl. Stuttgart u. a. 2000. Reese, Moritz: Das Kooperationsprinzip im Abfallrecht, in: ZUR 2001, S. 14–19. Reicherzer, Max: Anmerkung zu BVerfG, Urteil vom 19.2.2002 (2 BvG 2/00), in: DVBl. 2002, S. 557–560. Reidt, Olaf: Rechtsfolgen bei nichtigen städtebaulichen Verträgen, in: NVwZ 1999, S.149–151. Reinicke, Dietrich/Tiedtke, Klaus: Schadensersatzverpflichtungen aus Verschulden beim Vertragsabschluß nach Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund, in: ZIP 1989, S. 1093–1102. Rengeling, Hans-Werner: Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, Köln u. a. 1988. Ritgen, Klaus: Vertragsparität und Vertragsfreiheit, in: JZ 2002, S. 114–121. Ritter, Ernst-Harro: Der kooperative Staat, in: AöR 104 (1979), S. 389–413. — Das Recht als Steuerungsmedium im kooperativen Staat, in: Grimm, Dieter (Hrsg.): Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, Baden-Baden 1990, S. 69–112. Robbers, Gerhard: Schlichtes Verwaltungshandeln – Ansätze zu einer dogmatischen Strukturierung –, in: DÖV 1987, S. 272–280. Röder, Daniel: Die Haftungsfunktion der Grundrechte: Eine Untersuchung zum anspruchsbewehrten status negativus compensationis, Diss., Univ. Jena 2001, Berlin 2002. Rombach, Paul: Der Faktor Zeit in umweltrechtlichen Genehmigungsverfahren: Verfahrensdauer und Beschleunigungsansätze in Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten, Diss., Univ. Freiburg/Breisgau 1993, Baden-Baden 1994. Rossen, Helge: Vollzug und Verhandlung: die Modernisierung des Verwaltungsvollzugs, Tübingen 1999. Rossen-Stadtfeld, Helge: Gesetzesvollzug durch Verhandlung: Kann der Verwaltungsrichter von der Verwaltung lernen?, in: NVwZ 2001, S. 361–370. Rupp, Hans Heinrich: Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 25.8.1971 (IV C 23/69), in: DVBl. 1972, S. 232–233.

252

Literaturverzeichnis

Sachs, Michael (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar, 3. Aufl. München 2003. Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen römischen Rechts, Band 4, Berlin 1841. Schack, Friedrich: „Analogie“ und „Verwendung allgemeiner Rechtsgedanken“ bei der Ausfüllung von Lücken in den Normen des Verwaltungsrecht, in: Hernmarck, Gustaf C. (Hrsg.): Festschrift zu Ehren von Prof. Dr. jur. Rudolf Laun anläßlich der Vollendung seines 65. Lebensjahres am 1. Januar 1947, Hamburg 1948, S. 275–294. — Die Verjährung im öffentlichen Recht, in: BB 1954, S. 1037–1041. Schäfer, Alfred/Bonk, Heinz Joachim: Staatshafungsgesetz. Kommentar, München 1982. Schapp, Jan: Empfiehlt sich die „Pflichtverletzung“ als Generaltatbestand des Leistungsstörungsrechts?, JZ 2001, S. 583–589. Schenke, Wolf-Rüdiger: Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen bei Wirtschaftsverwaltungsakten, in: WiVerw 1982, S. 142–168. — Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen – BVerwGE 60, 269, in: JuS 1983, S. 182–189. — Verwaltungsprozeßrecht, 8. Aufl. Heidelberg 2002. — Rechtswegabgrenzung, in: Canaris, Claus-Wilhelm/Heldrich, Andreas/Hopt, Klaus J. u. a. (Hrsg.): 50 Jahre Bundesgerichtshof: Festgabe aus der Wissenschaft, Band 3, München 2000, S. 45–88. Scherer, Joachim: Rechtsweg bei öffentlichrechtlicher „Culpa in Contrahendo“, in: NVwZ 1986, S. 540–541. — Realakte mit „Doppelnatur“, in: NJW 1989, S. 2724–2729. Scherzberg, Arno: Grundfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, in: JuS 1992, S. 205–215. Scheuing, Dieter H.: Selbstbindungen der Verwaltung, in: VVDStRL 40 (1982), S. 153–186. Schilling, Theodor: Die Vertragsstrafe in Verträgen mit der öffentlichen Hand, in: VerwArch 85 (1994), S. 226–250. — Der „unfreiwillige“ Vertrag mit der öffentlichen Hand, in: VerwArch 87 (1996), S.191–211. Schimpf, Christian: Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, Diss., Freie Univ. Berlin 1981/82, Berlin 1982. Schlette, Volker: Die Verwaltung als Vertragspartner: Empirie und Dogmatik verwaltungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Behörde und Bürger, Tübingen 2000. Schmid, Karsten: Der Beginn der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB bei juristischen Personen, in: ZGS 2002, S. 180–182. Schmidt, Eike: Zur Dogmatik des § 278 BGB: Zugleich einige kritische Bemerkungen zur geplanten Reform des § 831 BGB, in: AcP 170 (1970), S. 502–533. Schmidt, Jens Peter: Staatshaftung für verzögertes Amtshandeln, Diss., Univ. Bonn 2000, Köln u. a. 2001. Schmidt, Lutz: Zuständiges Gericht bei öffentlich-rechtlicher culpa in contrahendo, in: SchlHA 1978, S. 93–97. Schmidt, Reiner: Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, Berlin u. a. 1990.

Literaturverzeichnis

253

— Flexibilität und Innovation im Bereich der Verwaltungsmaßstäbe, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, Baden-Baden 1994, S. 67–110. — (Hrsg.): Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil, Band 1, Berlin u. a. 1995. Schmidt-Aßmann, Eberhard: Der Verfahrensgedanke in der Dogmatik des öffentlichen Rechts, in: Lerche, Peter/Schmitt Glaeser, Walter/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, Heidelberg 1984, S. 1–34. — Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns: Ihre Bedeutung im System des Verwaltungsrechts und für das verwaltungsrechtliche Denken der Gegenwart, in: DVBl. 1989, S. 533–541. — Verwaltungslegitimation als Rechtsbegriff, in: AöR 116 (1991), S. 329–390. — Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Reformbedarf und Reformansätze, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen, Baden-Baden 1993, S. 11–63. — Öffentliches Recht und Privatrecht: Ihre Funktionen als wechselseitige Auffangordnungen – Einleitende Problemskizze, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, Baden-Baden 1996, S. 7–40. — Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee: Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung, Berlin u. a. 1998. Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Klein, Franz: Kommentar zum Grundgesetz, 9.Aufl. Neuwied 1999. Schmidt-Jortzig, Edzard: Buchbesprechung zu Schulte, Martin: Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, in: DÖV 1996, S. 800. Schmidt-Jortzig, Edzard/Petersen, Sönke: Deliktische Haftung der Gemeinde für betrügerische Vertretungshandlungen ihres Bürgermeisters – BGH, NJW 1986, 2939, in: JuS 1989, S. 27–33. Schmidt-Preuß, Matthias: Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht: das subjektive öffentliche Recht im multipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis, Berlin 1992. Schmidt-Salzer, Joachim: Tatsächlich ausgehandelter Verwaltungsakt, zweiseitiger Verwaltungsakt und verwaltungsrechtlicher Vertrag, in: VerwArch 62 (1971), S. 135–152. Schmitt Glaeser, Walter: Anspruch, Hoffnung und Erfüllung: Das Verwaltungsverfahren und sein Gesetz – eine einleitende Bemerkung, in: Schmitt Glaeser, Walter (Hrsg.): Verwaltungsverfahren: Festschrift zum 50jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, Stuttgart u. a. 1977, S. 1–45. — Die Position der Bürger als Beteiligte im Entscheidungsverfahren gestaltender Verwaltung, in: Lerche, Peter/Schmitt Glaeser, Walter/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Verfahren als staats- und verwaltungsrechtliche Kategorie, Heidelberg 1984, S. 35–96. Schmitt Glaeser, Walter/Horn, Hans-Detlef: Verwaltungsprozeßrecht, 15. Aufl. Stuttgart u. a. 2000. Schmitt-Kammler, Arnulf: Enteignungsentschädigung und staatliche Unrechtshaftung, in: Bickel, Dietrich (Hrsg.): Recht und Rechtserkenntnis: Festschrift für Ernst Wolf zum 70. Geburtstag, Köln u. a. 1985, S. 595–616.

254

Literaturverzeichnis

Schnapp, Friedrich E.: Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: DÖV 1986, S. 811–819. Schneider, Hans: Zur Haftung der Gemeinden für ihre öffentlichen Anstalten, in: NJW 1962, S. 705–710. Schneider, Jens-Peter: Kooperative Verwaltungsverfahren, in: VerwArch 87 (1996), S. 38–67. Schnellenbach, Helmut: Zum Schadensersatz des Beamten wegen unterbliebener oder verspäteter Beförderung, in: NVwZ 1989, S. 435–436. Schoch, Friedrich: Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten kraft Tradition (§ 40 Abs. 2 VwGO), in: Erichsen, Hans-Uwe/Hoppe, Werner/Mutius, Albert von: System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes: Festschrift für Christian-Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, Köln u. a. 1985, S. 305–338. — Folgenbeseitigung und Wiedergutmachung im Öffentlichen Recht, in: VerwArch 79 (1988), S. 1–67. — Der Verfahrensgedanke im Allgemeinen Verwaltungsrecht: Anspruch und Wirklichkeit nach 15 Jahren VwVfG, in: Verw. 25 (1992), S. 21–53. — Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, Baden-Baden 1994, S. 199–244. — Effektuierung des Sekundärrechtsschutzes: Zur Überwindung des Entwicklungsrückstandes des deutschen Staatshaftungsrechts, in: Verw. 34 (2001), S. 261–290. Schoch, Friedrich/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Pietzner, Rainer (Hrsg.): Verwaltungsgerichtsordnung: Kommentar, Loseblattausgabe, München, Stand Januar 2003. Scholl, Stefan: Behördliche Prüfungsbefugnisse im Recht der Wirtschaftsüberwachung, Diss., Univ. Erlangen-Nürnberg 1988, Berlin 1989. Schüle, Adolf: Treu und Glauben im deutschen Verwaltungsrecht, in: VerwArch 38 (1933), S. 399–436, 39 (1934), S. 1–39. Schulte, Martin: Informales Verwaltungshandeln als Mittel staatlicher Umwelt- und Gesundheitspflege, in: DVBl. 1988, S. 512–520. — Schlichtes Verwaltungshandeln: verfassungs- und verwaltungsdogmatische Strukturüberlegungen am Beispiel des Umweltrechts, Tübingen 1995. — Die Rechtsverhältnislehre als Struktur- und Ordnungsrahmen für schlichtes Verwaltungshandeln, in: Dose, Nicolai/Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Kooperatives Recht, Baden-Baden 1995, S. 257–267. — (Nicht-)formalisiertes Verwaltungsverfahren und informales Verwaltungshandeln, in: Stüer, Bernhard (Hrsg.): Verfahrensbeschleunigung: Wirtschaft – Verwaltung – Rechtsschutz, Osnabrück 1997, S. 57–61. Schulte-Nölke, Hans: Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Diss., Univ. Münster 1993/94, Frankfurt a. M. 1995. — Die schwere Geburt des Bürgerlichen Gesetzbuchs, in: NJW 1996, S. 1705–1710. — Ein Vertragsgesetzbuch für Europa?, in: JZ 2001, S. 917–920. Schulze, Reiner (Hrsg.): Bürgerliches Gesetzbuch: Handkommentar, 2. Aufl. Baden-Baden 2002.

Literaturverzeichnis

255

Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans: Schuldrechtsreform und Gemeinschaftsrecht, in: Schulze, Reiner/Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 1–24. Schulze-Fielitz, Helmuth: Der informale Verfassungsstaat: aktuelle Beobachtungen des Verfassungslebens der Bundesrepublik Deutschland im Lichte der Verfassungstheorie, Berlin 1984. — Informales oder illegales Verwaltungshandeln, in: Benz, Arthur/Seibel, Wolfgang (Hrsg.): Zwischen Kooperation und Korruption: Abweichendes Verhalten in der Verwaltung, Baden-Baden 1992, S. 233–253. — Der Leviathan auf dem Wege zum nützlichen Haustier?, in: Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Abschied vom Staat – Rückkehr zum Staat?, Baden-Baden 1993, S. 95–120. — Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, in: DVBl. 1994, S. 657–667. Schulze-Osterloh, Lerke: Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 13.7.1979 (4 C 67.76), in: JuS 1980, S. 458–459. Schumacher, Jörg/Lada, Valeska: Culpa in contrahendo und Sachverständigenhaftung nach neuem Schuldrecht, in: ZGS 2002, S. 450–456. Schuppert, Gunnar Folke: Grenzen und Alternativen von Steuerung durch Recht, in: Grimm, Dieter (Hrsg.): Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, Baden-Baden 1990, S. 217–249. — Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft. Zur Steuerung des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsrecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen, Baden-Baden 1993, S. 65–114. Schur, Wolfgang: Anspruch, absolutes Recht und Rechtsverhältnis im öffentlichen Recht entwickelt aus dem Zivilrecht, Diss., Univ. Giessen 1992/93, Berlin 1993. Schwab, Martin: Grundfälle zu culpa in contrahendo, Sachwalterhaftung und Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nach neuem Schuldrecht, in: JuS 2002, S. 773–778. Schwär, Günter: Leistungsstörungen bei der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Leistungspflichten, Diss., Univ. Köln 1968. Schwarz, Kyrill-Alexander: Vertrauensschutz als Verfassungsprinzip: Eine Analyse des nationalen Rechts, des Gemeinschaftsrechts und der Beziehungen zwischen beiden Rechtskreisen, Baden-Baden 2002. Schwarze, Roland: Vorvertragliche Verständigungspflichten, Tübingen 2001. Seiffert, Helmut: Einführung in die Wissenschaftstheorie, Bd. 1, Sprachanalyse – Deduktion – Induktion in Natur- und Sozialwissenschaften, 12. Aufl. München 1996. Sendler, Horst: 40 Jahre Rechtsstaat des Grundgesetzes: Mehr Schatten als Licht?, in: DÖV 1989, S. 482–491. Siems, Ulrike: Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, Diss., Univ. Göttingen 1999, Göttingen 1999. Simons, Lothar: Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, Diss., Univ. Münster 1966, Berlin 1967.

256

Literaturverzeichnis

Singer, Reinhard: Fehler beim Kauf – Zum Verhältnis von Mängelgewährleistung, Irrtumsanfechtung und culpa in contrahendo, in: Canaris, Claus-Wilhelm/Heldrich, Andreas/Hopt, Klaus J. u. a. (Hrsg.): 50 Jahre Bundesgerichtshof: Festgabe aus der Wissenschaft, Band 1, München 2000, S. 381–405. Sodan, Helge/Ziekow, Jan (Hrsg.): Nomos-Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, Loseblattausgabe, Baden-Baden, Stand Dezember 2001. Soergel, Hans Theodor (Begr.): Bürgerliches Gesetzbuch, — Band 1: Allgemeiner Teil 1, §§ 1–103, 13. Aufl. Stuttgart u. a. 2000. — Band 2: Allgemeiner Teil 2, §§ 104–240, 13. Aufl. Stuttgart u. a. 2000. — Band 2 a: Allgemeiner Teil 3, §§ 13, 14, 126 a–127, 194–225, 13. Aufl. Stuttgart u. a. 2002. — Band 2: 1. Schuldrecht, §§ 241–432, 12. Aufl. Stuttgart u. a. 1990. Song, Dongsoo: Kooperatives Verwaltungshandeln durch Absprachen und Verträge beim Vollzug des Immissionsschutzrechts, Diss., Univ. Bonn 1998, Berlin 2000. Spannowsky, Willy: Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, Berlin 1994. Sproll, Hans-Dieter: Staatshaftungsrecht: 4. Teil. Der Folgenbeseitigungsanspruch, in: JuS 1996, S. 219–225. Staub, Hermann: Die positiven Vertragsverletzungen, Berlin 1904 [Nachdruck, Bad Homburg 1969]. Staudenmayer, Dirk: Perspektiven des Europäischen Vertragsrechts, in: Schulze, Reiner/ Schulte-Nölke, Hans (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, Tübingen 2001, S. 419–430. Staudinger, Julius von (Begr.): Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, — Buch 1: Allgemeiner Teil (§§ 21–103), 13. Aufl. Berlin 1995. — Buch 1: Allgemeiner Teil (§§ 164–240), Neubearbeitung, Berlin 2001. — Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse (Einl. zu §§ 241 ff., §§ 241, 242, AGBG), 12. Aufl. Berlin 1983. — Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 249–254), 13. Aufl. Berlin 1998. — Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 255–314), Neubearbeitung, Berlin 2001. — Buch 3: Sachenrecht (§§ 903–906, Anhang zu § 906: Umwelthaftungsrecht, §§ 907–924), 13. Aufl. Berlin 1996. Stelkens, Paul/Bonk, Heinz Joachim/Sachs, Michael (Hrsg.): Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 6. Aufl. München 2001. Stelkens, Ulrich: Verwaltungshaftungsrecht: Schadensersatzhaftung zwischen Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherungsträgern und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Diss., Univ. Saarbrücken 1997/1998, Berlin 1998. — Schadensersatzansprüche des Staates gegenüber Privaten – Zugleich Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 3. April 1996 (6 C 5.94), in: DVBl. 1998, S. 300–306. Stern, Klaus: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, 2. Aufl. München 1984.

Literaturverzeichnis

257

— Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band III, Teilband 1, Allgemeine Lehren der Grundrechte, München 1988. — Verwaltungsprozessuale Probleme in der öffentlich-rechtlichen Arbeit, 8. Aufl. München 2000. — Die Bedeutung Carl Hermann Ules für das Verwaltungsprozeß- und Verwaltungsverfahrensrecht, in: König, Klaus/Merten, Detlef (Hrsg.): Verfahrensrecht in Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Symposium zum Gedächtnis an Carl Hermann Ule, Berlin 2000, S. 29–45. Stettner, Rupert: Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL 52 (1993), S. 348–349. Stober, Rolf: Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, Stuttgart u. a. 1989. — Rückzug des Staates im Wirtschaftsverwaltungsrecht: Zur Deregulierungsdebatte in Deutschland, Köln u. a. 1997. — Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht: Grundlagen und Prinzipien; Wirtschaftsverfassungsrecht, 12. Aufl. Stuttgart u. a. 2000. Stockburger, Bernd: Eine ökonomische Beurteilung umweltrechtlicher Zulassungsverfahren – exemplifiziert anhand baden-württembergischer Beschleunigungsalternativen, in: GewArch 1992, S. 328–332. Stoll, Hans: Tatbestände und Funktionen der Haftung für culpa in contrahendo, in: Ficker, Hans Claudius u. a. (Hrsg.): Festschrift für Ernst von Caemmerer zum 70. Geburtstag, Tübingen 1978, S. 435–474. — Schädigung durch Vertragsschluß, in: Ahrens, Hans-Jürgen u. a. (Hrsg.): Festschrift für Erwin Deutsch zum 70. Geburtstag, Köln u. a. 1999, S. 361–372. — Notizen zur Neuordnung des Rechts der Leistungsstörungen, in: JZ 2001, S. 589–597. Stoll, Heinrich: Haftung für das Verhalten während der Vertragsverhandlungen, in: LZ 1923, Sp. 532–548. — Die Lehre von den Leistungsstörungen, Tübingen 1936. Stüer, Bernhard: Der städtebauliche Vertag – Ein Balanceakt zwischen Vertragsfreiheit, strikter Gesetzesbindung und „subjektiver Abwägungssperre“ –, in: DVBl. 1995, S. 649–657. Tegethoff, Carsten: Nebenbestimmungen in verwaltungsrechtlichen Zulassungsentscheidungen, Diss., Univ. Würzburg 2000, Berlin 2001. — Projektbezogene Umweltabsprachen in der Verwaltungspraxis – Eine Untersuchung am Beispiel des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, in: BayVBl. 2001, S. 644–651. Terhart, Klaus: Die Befolgung von Umweltschutzauflagen als betriebswirtschaftliches Entscheidungsproblem, Diss., Univ. Münster 1986, Berlin 1986. Thiele, Wolfgang: Leistungsstörungen und Schutzpflichtverletzungen, in: JZ 1967, S. 649–657. Thieme, Werner: Über die Notwendigkeit einer Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: DÖV 1996, S. 757–764. Thomas, Heinz/Putzo, Hans: Zivilprozessordnung: mit Gerichtsverfassungsgesetz und den Einführungsgesetzen, 25. Aufl. München 2003. 17 Kellner

258

Literaturverzeichnis

Tiemann, Burkhard: Grundfragen der Staats- und Benutzerhaftung in öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen, in: VerwArch 65 (1974), S. 381–422. Tomerius, Stephan: Informelle Projektabsprachen im Umweltrecht: Möglichkeiten und Grenzen im kooperativen Normenvollzug aus verfassungsrechtlicher Sicht, Diss., Univ. Trier 1994, Baden-Baden 1995. — Kooperatives Verwaltungshandeln und Demokratieprinzip – Verfassungsrechtliche Strukturvorgaben am Beispiel informeller Absprachen im Genehmigungsverfahren, in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), S. 289–312. Treutner, Erhard: Ausprägungen und Grenzen informalen Verwaltungshandelns, in: Benz, Arthur/Seibel, Wolfgang (Hrsg.): Zwischen Kooperation und Korruption: Abweichendes Verhalten in der Verwaltung, Baden-Baden 1992, S. 65–85. Tröndle, Herbert/Fischer, Thomas: Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 51. Aufl. München 2003. Trute, Hans-Heinrich: Verzahnungen von öffentlichem und privatem Recht – anhand ausgewählter Beispiele –, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.): Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, Baden-Baden 1996, S. 167–223. — Vom Obrigkeitsstaat zur Kooperation – Zur Entwicklung des umweltrechtlichen Instrumentariums zwischen klassischem Ordnungsrecht und moderner Verwaltung, in: UTR 48 (1999), S. 13–52. Ule, Carl Hermann/Laubinger, Hans-Werner: Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. Köln u. a. 1995. Volkmann, Uwe: Der dezente Staat – Verhaltenssteuerung im Umweltrecht, in: JuS 2001, S. 521–528. Voßkuhle, Andreas: Das Kompensationsprinzip: Grundlagen einer prospektiven Ausgleichsordnung für die Folgen privater Freiheitsbetätigung – Zur Flexibilisierung des Verwaltungsrechts am Beispiel des Umwelt- und Planungsrechts, Tübingen 1999. — Das Kooperationsprinzip im Immissionsschutzrecht, in: ZUR 2001, S. 23–28. — „Schlüsselbegriffe“ der Verwaltungsrechtsreform, in: VerwArch 92 (2001), S. 184–215. Wall, Heinrich de: Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht: dargestellt anhand der privatrechtlichen Regeln über Rechtsgeschäfte und anhand des allgemeinen Schuldrechts, Tübingen 1999. Weber, Martin: Haftung für in Aussicht gestellten Vertragsschluß, in: AcP 192 (1992), S. 390–435. Weber, Ralph: Entwicklung und Ausdehnung des §242 BGB zum „königlichen Paragraphen“, in: JuS 1992, S. 631–636. — Einige Gedanken zur Konkretisierung von Generalklauseln durch Fallgruppen, in: AcP 192 (1992), S. 516–567. Weber-Dürler, Beatrice: Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, Basel u. a. 1983. Wedemeyer, Gerd von: Kooperation beim Vollzug des Umweltrechts: eine empirische und rechtliche Untersuchung der Vollzugspraxis im Bereich der Luftreinhaltung unter besonderer Berücksichtigung informalen Verwaltungshandelns, Diss., Univ. Augsburg 1991.

Literaturverzeichnis

259

Wehlers, Wilhelm: Die Rechtsnatur des Nutzungsentgelts, in: ZBR 1983, S. 354–359. Weihrauch, Oliver: Verwaltungsrechtlicher Vertrag und Urkundeneinheit – Zur Anwendbarkeit des § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den verwaltungsrechtlichen Vertrag, in: VerwArch 82 (1991), S. 543–564. Weiler, Frank: Culpa in Contrahendo, Anfechtung und Kaufrecht – alte Konkurrenzfragen in neuem Licht, in: ZGS 2002, S. 249–256. Weise, Peter: Genehmigungsverfahren: Zwischen Markt und Norm, in: Schmidtchen, Dieter/ Schmidt-Trenz, Hans-Jörg (Hrsg.): Vom Hoheitsstaat zum Konsensualstaat, Baden-Baden 1999. Werner, Fritz: „Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht“, in: DVBl. 1959, S. 527–533. Westphal, Simone: Das Kooperationsprinzip als Rechtsprinzip, in: DÖV 2000, S. 996–1000. Weyreuther, Felix: Gleichbehandlung und Typisierung, in: DÖV 1997, S. 521–530. Wieland, Joachim: Die Konzessionsabgaben: zur Belastung wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Erlaubnisse mit Abgaben, Berlin 1991. — Die Stufung von Anlagengenehmigungen im Atomrecht, in: DVBl. 1991, S. 616–623. — Rechnungshofskontrolle im demokratischen Rechtsstaat, in: DVBl. 1995, S. 894–904. — Konkurrentenschutz bei Beamtenernennungen, in: Grupp, Klaus/Ronellenfitsch, Michael (Hrsg.): Planung – Recht – Rechtsschutz: Festschrift für Willi Blümel zum 70. Geburtstag am 6. Januar 1999, Berlin 1999, S. 647–660. — Konkurrentenschutz in der neueren Rechtsprechung zum Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Verw. (32) 1999, S. 217–240. — Das Kooperationsprinzip im Atomrecht, in: ZUR 2001, S. 20–23. Windthorst, Kay: Staatshaftungsrecht: 1. Teil. Die Amtshaftung, in: JuS 1995, S. 791–796, 992–998. — Staatshaftungsrecht: 7. Teil. Das öffentlichrechtliche Schuldverhältnis, in: JuS 1996, S. 605–610. Winter, Gerd: Bevölkerungsrisiko und subjektives öffentliches Recht im Atomrecht, in: NJW 1979, S. 393–400. Wolff, Hans Julius: Rechtsgrundsätze und verfassunggestaltende Grundentscheidungen als Rechtsquellen, in: Bachof, Otto/Drath, Martin u.a. (Hrsg.): Forschungen und Berichte aus dem öffentlichen Recht: Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, München 1955, S. 33–52. Wolff, Hans Julius/Bachof, Otto/Stober, Rolf: Verwaltungsrecht, Band 1, 11. Aufl. München 1999. — Verwaltungsrecht, Band 2, 5. Aufl. München 1987. — Verwaltungsrecht, Band 2, 6. Aufl. München 2000. Wolff, Heinrich Amadeus: Ungeschriebenes Verfassungsrecht unter dem Grundgesetz, Tübingen 2000. Würtenberger, Thomas: Verwaltungsprozessrecht: ein Studienbuch, München 1998. Zeibig, Jan: Vertragsnaturschutz als Beispiel konsensualen Verwaltungshandelns, Diss., Univ. Kiel 1996/97, Kiel 1998. 17*

260

Literaturverzeichnis

Ziekow, Jan: Die Wirkung von Beschleunigungsgeboten im Verfahrensrecht, in: DVBl. 1998, S. 1101–1110. — Modernisierung des Verfahrensrechts, in: König, Klaus/Merten, Detlef (Hrsg.): Verfahrensrecht in Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Berlin 2000, S. 69–91. — Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz: Wissenschaftliches Gutachten erstattet für das Bundesministerium der Justiz, Speyer 2001 [abrufbar unter http://www.staat-modern.de/projekte/ beschreib/pb1221b.htm]. Zimmer, Daniel: Das neue Recht der Leistungsstörungen, in: NJW 2002, S. 1–12. Zimmermann, Reinhard: Die Verjährung, in: JuS 1984, S. 409–422. — „... ut sit finis litium“: Grundlinien eines modernen Verjährungsrechts auf rechtsvergleichender Grundlage, in: JZ 2000, S. 853–866. Zöller, Richard (Begr.): Zivilprozessordnung: mit Gerichtsverfassungsgesetz und den Einführungsgesetzen, 23. Aufl. Köln 2002. *** Hinsichtlich der Abkürzungen wird verwiesen auf: Kirchner, Hildebert/Butz, Cornelie: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl. Berlin u. a. 2003.

Sachwortverzeichnis Abbruch der Verhandlungen – im Privatrecht 40 ff., 48 – im Öffentlichen Recht 116 ff., 125 ff., 129, 131 ff., 162, 164, 193 Abgrenzung – Privatrecht/Öffentliches Recht 70 ff. – konsensuale Handlungsformen 92 Abschluß – des Verwaltungsverfahrens 56 ff., 125, 167 ff. – von Verträgen im Privatrecht 25, 33, 40 ff., 224 – von Verträgen im Verwaltungsrecht 21 Fn. 37, 57, 92 f., 102, 118, 125, 127, 146, 167, 224, 228 Abschlußfreiheit 41, 47, 118 ff. absolute Rechte, Rechtsgüter 22, 47, 51, 111 f., 115, 152, 216 Absprache 12, 16, 19 f., 63, 73, 76 ff., 88 ff., 116 ff., 125, 127, 130, 132, 137 ff., 144, 158 f., 169 ff., 192, 224, 228 Allgemeiner Rechtsgrundsatz 65, 67 ff., 80 ff., 86, 98, 100, 104, 109, 141, 162 ff., 185, 203, 206 f., 215, 224 f., 228 Allgemeiner Teil des Rechts 51, 65 ff. Allgemeininteresse 124, 142, 144, 180 f. Amtsermittlungsgrundsatz 203, 222 Amtshaftung 21, 82 Fn. 159, 94, 103 f., 112, 115, 130, 132 Fn. 108, 134 Fn. 117, 147, 164, 174 Fn.42 f., 182 Fn.78, 186 f., 210, 212, 218 ff., 226 Fn. 259, 227 Amtspflicht 86, 130 Fn. 101, 140, 147 ff., 156, 158 Fn. 211, 159 Fn. 220, 161 Fn. 230, 162 f., 187, 218 f. Analogie 24 ff., 64, 85, 87, 100 Fn. 235, 101, 115, 138 Fn. 132, 145 f., 150, 165, 207 ff. Anfechtung – von Willenserklärungen 26, 45 Fn.125, 136

– von Verwaltungsakten 74 Fn. 129, 133, 138 f., 195 Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes 12, 57 Fn. 53, 72, 128, 139, 161, 166, 195, 199 f. Aufklärung, -spflicht 33, 36, 42 ff., 127, 131 ff., 143 ff. Aufwendungen 18, 40 f., 46, 78, 113, 128, 131, 147, 194, 198 ff. Beamtenrecht 87 Fn. 177 und 181, 189, 202, 208 Fn. 177, 225 f. Begriff 13, 60, 224 Beratungspflicht 15 Fn.19, 36 Fn.80, 155, 157, 159, 163, 168, 176 Bestandkraft von Verwaltungsakten 57, 60, 133 Fn. 109, 138 f., 195 Bestimmtheit 29 Fn. 39, 64, 69, 101, 106 Beweislast 42, 93, 103 Fn. 250, 129 f., 165, 214 f., 217 f., 220 f. Bindungswille 79, 117 Bürgerhaftung 87, 102 Fn. 245, 115, 216 f., 221 ff. culpa in contrahendo – im Öffentlichen Recht 21 Fn. 97, 85 ff., 102 – im Zivilrecht 23 ff., 67 ff., 78, 82 Fn. 158, 85, 109 ff., 115, 119 Fn. 54, 126 f., 136, 192 Fn. 116, 195, 228 Deliktsrecht 107, 112 ff., 126 ff., 130, 152, 165, 184, 186 f., 212, 221, 227 Demokratieprinzip 73, 123 ff., 142, 196 Dienstunfall 113 Dienstverhältnis 188 Dogmatik 50, 54, 56 ff., 60, 92 Dreiecksverhältnisse 121 f., 134 Fn. 115, 178

262

Sachwortverzeichnis

Drittinteressen 16, 18, 121 ff., 133 ff., 163, 216 Fn. 216 Drittwirkung der Grundrechte 179 Drohpotentiale 74, 88 Duldung 12, 76, 95, 124 Fn. 75, 144, 162 Fn. 236 Entschädigung 208 ff. Erfüllungsgehilfe 37, 188 ff. Erfüllungsinteresse 46 f., 197 f. Ermessensentscheidung 12, 16, 73, 77, 90 f., 95, 119, 122 f., 125 Fn. 79 und 82, 135, 139, 143 Fn. 150, 154, 158, 162, 170 Fn. 22, 193, 196, 203 Erstattungsanspruch 55, 98 f., 101, 138 Fn. 133, 208 Fahrlässigkeit 22, 37, 39, 44 ff., 129, 140, 174, 177 ff., 189 Fn. 105, 212, 214, 217 Fallgruppenbildung 35 ff., 48, 109 ff., 115, 229 Fehlerfolgen 57, 113 f., 158 Flucht in die Informalität 95 Folgenbeseitigungsanspruch 55 Fn. 38, 208 Forderungsübergang 114 Forderungsverletzung 33 ff., 48, 83, 98 ff., 103 ff., 151, 167, 175 ff., 184, 193 Fn. 210, 195, 197, 214 Fn. 208, 215, 218 ff., 224, 227 Fn. 263, 229 Formenwahlfreiheit 77, 93 ff. Formvorschriften 40, 42, 116, 134 f. Freiwilligkeit 67 Fn. 99, 69, 71, 78 f., 82, 102, 119, 155, 166, 228 Gebundene Verwaltung 121 f., 153 f., 193 Gefahren informellen Verwaltungshandelns 16, 216 Fn. 216, 123 Fn. 73 Geldersatz als Schadensersatz 45, 144, 190 f., 194, 196, 198, 200 ff., 229 Gemeinwohl 79, 90, 122, 126, 144 Fn. 154, 180 Fn. 65, 181 Genehmigung 12, 15, 40, 43, 56, 71 ff., 75 f., 78, 89, 91, 95, 108, 120 ff., 128, 135 f., 139, 153 f., 158, 160 f., 166, 171, 193, 199 f. Generalklausel 24, 35, 64 Fn. 82, 83 Fn. 160, 110 Fn. 21, 133, 221

Gentlemen’s Agreement 12 Gerechtigkeit 55, 65, 98, 206, 209, 215 Fn. 212 Gesetzesvorbehalt 55, 79 ff., 90, 97 f., 100 f., 106, 111, 147, 180 Gesetzesvorrang 90 Gewaltenteilungsprinzip 101 Fn. 242, 142 Gewaltverhältnis 52 Gewohnheitsrecht 23 f., 85, 97 Fn. 224, 207 ff. Gleichheitsgrundsatz 93 ff. Gleichordnung 52 Fn. 25, 68 f., 71 ff., 82, 86, 88 f., 91, 102, 104, 166, 228 Grundrechte 41, 47, 51, 55 Fn. 38, 62, 71, 80 ff., 89, 95, 97 f., 101, 119 ff., 141 f., 146, 152 ff., 161, 167, 176, 179 f., 193, 206 Fn. 168, 229 Grundrechtswirkung im Privatrecht 41, 47, 179 f. Haftungsumfang 46 ff., 190 ff. Handlungsformen 14, 50, 56 ff., 63, 72 f., 57, 88, 91 ff., 105, 116, 118 f., 130, 137, 158, 196, 224 ff., 229 Immissionsschutz 12, 15 Fn.19, 16 Fn.22, 73, 108, 120 ff., 133, 138, 142, 153 f., 200 Interesse – negatives 46 ff., 190, 198, 229 – positives 46 f., 198 Interessenverflechtung 68 f., 75 ff., 82, 91, 102, 104, 166, 228 Irrtum 26, 132, 136, 195 Kausalzusammenhang 45, 175, 191, 194 f., 198 f., 200, 202, 214 f., 218 Kollusion 16, 78 Fn. 146 Konsens 12, 14, 20, 34, 72 f., 91, 92, 116, 120, 125 f., 129, 132, 143, 146, 169, 175, 192, 194, 199, 225 Kontrahierungszwang 41, 47, 117 Fn. 44 Koppelungsverbot 137 f., 158 f., 196 Legalzession 114 Legitimation, demokratische 73, 123 ff., 142, 196

Sachwortverzeichnis Leistungspflicht 28, 32 f., 35 f., 46, 117, 120, 126, 137, 142, 185, 192 Letztentscheidung 120 ff., 125 f., 129, 131, 142 Fn. 147, 175, 192 f. Macht 52, 74, 88 f., 108 f., 166 Mitverschulden 133, 140, 203 ff., 220 Mitwirkungslast 168 f. Nähe 55 f. Fn.43, 67 f., 71, 80, 96 f., 103 f., 219, 228 Naturalrestitution 44, 46 f., 141 ff., 191 f., 195 f. Nebenbestimmung 90, 122, 138 Fn. 134, 143 Fn. 150, 154, 159 Nebenpflicht 62, 80 Fn. 153, 147 Fn. 165, 169 f. öffentlich-rechtlicher Vertrag 12, 21, 55 ff., 59, 61, 72 Fn. 119, 73, 76 f., 85 ff., 100 Fn. 235, 102, 110, 114 ff., 125, 127, 130 ff., 134 ff., 141 ff., 158, 167, 169 f., 173, 192, 194 ff., 205, 209, 221, 223 ff. pacta sunt servanda 45, 141, 195 f. Pflichten – abschlußbezogene 192 ff. – inhaltsbezogene 194 ff. Pflichtverletzung 18, 23, 26 f., 32 ff., 43 ff., 63, 82 ff., 92, 94, 96, 103, 106, 131 f., 134, 147, 164 ff., 171, 175 ff., 182, 187 ff., 191 ff., 213 ff., 228 f. Privatautonomie 30, 41, 45 Fn.126, 47, 67 Fn. 99 und 102, 89 f., 118 ff., 129, 131, 141, 175, 179 ff., 183, 192 f., 196 Privatrecht 22 f., 32, 41, 49, 51, 54, 64 f., 70 f., 83, 86 f., 89, 96, 110, 141, 175, 178 ff., 188, 195, 216, 228 Prozeßzinsen 98, 100 Quantifizierung des verwaltungsseitigen Schadens 18, 77 f., 116, 199 ff. Realakt 13 f., 31, 55 f., 70 ff., 79, 132, 170 Rechtsbindungswille 79 f., 82, 117 f. Rechtsfolge 31, 44 ff., 55, 61, 63, 66, 71 Fn. 117, 82, 98 f., 137 f., 144, 152, 155,

263

165, 168, 174, 190, 192, 194 f., 197 f., 205, 214 Rechtsfortbildung 66 Rechtsquelle 65 f., 109 Rechtsschutz 61, 140 Fn. 138, 148, 216, 221 ff. Rechtssicherheit 57, 106, 111, 133 Fn. 109, 147, 195, 205 f., 211 Rechtsstaat 52, 59 f., 62, 64 Fn. 81, 101 f., 106, 133 Fn. 109, 137, 141 Fn. 145, 146 ff., 151 f., 157 ff., 167, 176, 182, 195 Fn. 126, 206, 215, 220, 229 Rechtsverhältnis 21, 27 ff., 31 ff., 46, 48 ff., 65, 70 f., 79 ff., 104, 106 ff., 111, 113 f., 119 Fn. 59, 120 ff., 126 ff., 145 f., 150 ff., 160 f., 163 ff., 169 ff., 176, 178 ff., 185 f., 188 ff., 195 f., 217 ff., 223 Fn. 246, 225 ff., 228 f. – Allgemeines 51 ff., 150, 152, 171, 228 – Besonderes 51, 53 ff., 63, 70, 81, 83, 111, 150, 152, 166, 169 f., 219 Rechtsverhältnishaftung 82, 84 f., 96 ff., 110 ff., 126, 129 f., 133, 135 ff., 139 f., 142 Fn. 149, 144, 151 ff., 156 f., 164 f., 167 f., 175 ff., 182, 186 ff., 192 ff., 196 ff., 202, 205 f., 209, 211 f., 227, 229 Rechtsverhältnislehre 21, 49 ff., 71 Fn. 117, 81, 96, 119 Fn. 52, 228 Rechtsweg 97 Fn. 224, 165, 203 Fn. 253, 214 Fn. 207, 221 ff. Regelverjährungsfrist 37 f., 207, 209 ff. Rücksichtnahmepflicht 22 f., 28 Fn. 33, 32 f. Sanierungsabrede 12, 76 f., 92 Fn. 202 Sanktion 18, 63, 82 ff., 98, 103, 124, 152 Schadensersatz 25 ff., 46, 96, 99 f., 172, 177, 191 f., 198, 206, 216 schlichtes Verwaltungshandeln 12, 14, 59, 61 Schriftform 116, 134 f. Schuldrechtsreform 22 f., 32 f., 39, 46, 85, 87, 211, 213, 224 Schuldverhältnis – öffentlich-rechtliches 79 Fn. 150, 84, 96 Fn. 221, 98 ff., 103, 151 Fn. 177

264

Sachwortverzeichnis

– zivilrechtliches 169 Fn. 19, 177 Fn. 54 ff., 180 ff., 184 Fn. 87, 208, 210, 215 Fn. 210, 224 Schutzpflicht 28, 30, 32 ff., 46 f., 81, 114 f., 119 f., 126, 163 f., 166 f., 171, 175 f., 185, 190, 192, 197 f., 200, 202, 215, 217 ff., 221, 228 Schutzpflichtverhältnis, einheitliches 32 ff., 169 f. Fn. 19 Sittenwidrige Schädigung 21 Fn. 37, 22, 25 Fn. 13, 40, 90, 130, 217, 227 Sonderverbindung 22 f., 29 f., 35, 38 f., 64 ff., 68 ff., 107, 184, 213 Fn. 203, 215, 217 ff., 224 Sozialstaat 62, 146, 152, 156 ff., 167, 176, 229 Staatshaftung 87, 103, 115, 148, 151, 157, 164, 182, 186 f., 207 ff., 219 f., 223 Stellvertretung 26, 43, 136 subjektives öffentliches Recht 49, 54, 81, 121 f., 133, 139, 153, 160 f., 181, 193 Tausch 75 ff., 79, 91, 158 Transparenz 158, 161 f., 176 Treu und Glauben 22 f., 27 ff., 43 f., 48, 63 ff., 74 f., 78 ff., 88, 93 f., 96 ff., 100 ff., 106 ff., 112, 117, 119, 123 ff., 131 f., 136 ff., 150 ff., 154 f., 157, 159 ff., 166 ff., 175 f., 181 f., 185, 189, 192 ff., 196 ff., 200, 203 f., 209, 218 ff., 224 f., 228 f. Überhaftung der öffentlichen Hand 97, 103 f. Unwirksamkeit – der Absprache 130 ff., 132 ff. – des Vertrages im Verwaltungsrecht 57, 116, 130 ff., 134 ff., 172 f., 196, 205 – des Vertrages im Zivilrecht 40, 43 f., 48 – des Verwaltungsaktes 57, 74 Fn. 129, 130 ff., 172, 205 Verbot widersprüchlichen Verhaltens 40, 117 f., 120, 126, 129, 131, 162, 175, 193, 204 Verfahrensbeschleunigung 16, 76, 154 Verfahrensermessen 77, 93, 95, 119 Verfahrensrechtsverhältnis 58, 62 Verjährung 37 ff., 45 Fn. 125, 165, 205 ff.

Vermögensschaden 18, 22 f., 39 Fn. 95, 40, 45, 47, 115, 128, 130, 139, 143 f., 171 f., 184, 192, 194, 197 f., 200 ff., 213, 217 f., 229 Verrechtlichung 17 Verrichtungsgehilfe 37 ff., 112 f., 115, 186, 217 Fn. 220 Verschulden 22 f., 24, 26 f., 29, 37, 113, 177 ff., 204 f., 214 f., 218 Vertragsanpassung 44, 137, 141 ff., 194 ff. Vertragsauflösung 44, 137, 141 ff. Vertragsformverbot 91 Vertragsfreiheit 41, 90, 118, 196 Fn. 129 Vertragsverletzung 32 ff., 113, 144 Fn. 154, 169 f. Fn. 19 Vertrauen 18, 23, 25 f., 28 ff., 40, 42, 46 ff., 64, 67 ff., 77 f., 80, 83, 85 f., 92, 95 ff., 102, 107, 112, 115 f., 118, 124, 126 f., 129, 131 ff., 134 ff., 138, 140, 142, 150, 161 ff., 170 ff., 188, 193 ff., 198, 204 f., 213, 228 f. Vertrauensschaden 46 Vertrauensschutz 30, 38, 64, 92, 118, 124, 126, 134, 158, 161 ff., 171 Vertrauenstatbestand 118, 132 f., 162 Fn. 236, 170, 172 ff., 188, 193 f., 199, 205 Fn. 163, 213 Vertretungsmacht 26, 43, 136 Verwaltungsakt 11, 19, 50, 55 ff., 61, 72 f., 97 Fn. 224, 125, 132 f., 195, 197, 224 – Nichtigkeit 132 ff., 57 Fn. 50, 205 – Rücknahme 138 f., 174 Fn. 41, 195 Verwaltungsaufwand 18, 20, 75, 78, 128, 131, 143 f., 173, 198 ff. Verwaltungshandeln, informelles 13 ff., 50, 56, 58 f., 61, 63, 70 ff., 84, 88, 90 ff., 95 ff., 102 ff., 106 ff., 115 ff., 119 ff., 175 ff., 180, 185, 192, 194, 197, 199 f., 215 ff., 224, 228 f. Verwaltungspakt 92, 119, 172, 194 Verwaltungsverfahren 12, 16, 56 ff., 60, 62, 71 ff., 75 ff., 78, 82 Fn.158, 124, 146, 149 f., 153 ff., 159 ff., 167 ff., 176, 193, 199 ff. Verzögerung der Verhandlungen 20, 42, 127 ff., 140, 144, 154, 159, 161, 163 f., 169, 176, 217 Fn. 222, 229

Sachwortverzeichnis Vollzugsdefizit 128, 144 Vorsatz 22, 40, 44, 46, 129 f., 177 f., 189 Fn. 105, 217 Warenhausfälle 37, 111, 113 Warnungen 11 Widerspruch 133, 138 f., 194 f. Wiedereinsetzung 194 f. Willenserklärung 26, 59, 67, 120

265

Wissensüberlegenheit 15, 132, 143, 155, 160 Zeit 16, 18, 20, 50 ff., 72, 74, 76 f., 108, 128 f., 144, 154, 160, 167, 173, 199, 201 Fn. 146, 205 Zinsen 98, 100 f. Zurechnung fremden Verschuldens/Verhaltens 31, 37, 39 Fn. 92, 184 ff., 204 f.