Haartransplantation: Grundlagen - Operationstechniken - Tipps und Tricks für die Praxis 9783662648520, 9783662648537, 3662648520

Dieses Buch beschreibt alle aktuellen Techniken der Haartransplantation.Der Autor gibt zahlreichen Tipps und Tricks für

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German Pages [206] Year 2022

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1: Einleitung
1.1 Haare und Haarausfall
2: Alopezieformen
2.1 Alopezie – ein Überblick
2.2 Androgenetische Alopezie (AGA) des Mannes
2.2.1 Retrograde Alopezie des Mannes
2.3 Androgenetische Alopezie der Frau
2.4 Narbige Alopezie
2.5 „Temporal Points“
Literatur
3: Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation
3.1 Definition Haartransplantation
3.2 Zeitlicher Überblick
3.2.1 Makrotechniken
3.2.2 Minitechniken
3.2.3 Mikrotechniken, Mikroskope, Stereomikroskope
3.2.4 Aktuelle Situation
Literatur
4: Indikation zur Haartransplantation
4.1 Absolute Indikationen
4.2 Eingeschränkte Indikationen
Literatur
5: Kontraindikationen zur Haartransplantation
5.1 Kontraindikationen
6: Konsultation und Untersuchung
6.1 Allgemeine Information, Probleme, Mythen
6.2 Arztkonsultation
6.2.1 Anamnese, besonders Familien- und Eigenanamnese in Bezug zum Haarausfall
6.2.2 Inspektion der Kopfhaut, der Haare, Bestimmung Haarausfalltyp
6.2.3 Diagnose, Differenzialdiagnose
6.2.4 Besprechung des Ablaufs der Haartransplantation
6.2.5 Details im Behandlungsablauf
6.2.6 Besprechung der Nebenwirkungen und Komplikationen
6.2.7 Besprechung des Haarwuchses nach Transplantation
6.2.8 Besprechung der Nachsorge
7: Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen
7.1 Therapiekonzepte
7.2 Konservative Therapiekonzepte beim Mann und bei der Frau
7.2.1 Lokal und systemisch applizierbare Medikamente
7.2.2 Platelet Rich Plasma- (PRP-) und Mesotherapie
7.2.3 Low-level-Lasertherapie (LLLT)
7.2.4 Dermatologische Erkrankungen
7.3 Operative Therapiekonzepte beim Mann
7.3.1 Kommunikationsebene, Simulation des Haaransatzes, Haaransatzdesign
7.3.2 Ober- und Hinterkopf, sogenannte Tonsur
7.3.3 Priorisierung
7.3.4 Kalkulation, Verteilung, Transplantatmengen Empfängerareal
7.3.5 Temporal Points bzw. Peaks (TP)
7.3.6 Kopfhautreduktion
7.4 Operative Therapiekonzepte bei Frauen
7.4.1 Androgenetische Alopezie vom weiblichen und männlichen Typ
7.4.2 Geheimratsecken
7.4.3 Haaransatzlinie und Geheimratsecken
7.4.4 Käppchenalopezie
7.4.5 Kopfhautnarben
7.4.6 Narben im Parietal-, Nacken-, Scheitel- und Wirbelbereich
7.5 Transgenderbehandlungen
7.6 Kalkulation der Transplantatmenge im Empfängerareal
7.7 Kalkulation Spenderfläche, Spenderpotenzial
7.8 Berechnungen der Transplantatzahl
7.8.1 Rechenbeispiel
7.8.2 Rechenbeispiel mehrzeitige Kombination von FUT und FUE-Behandlung
7.8.3 Rechenbeispiel zur Kalkulation einer mehrzeitigen FUE-Behandlung
7.8.4 Fazit realistischer Transplantatkalkulation
Literatur
8: Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen
8.1 Haargruppen
8.2 Messverfahren und Nomenklatur
8.2.1 Detektionsgrenze, Abgrenzung der Units
8.2.2 Auszählen, Nomenklatur, Abweichungen
8.2.3 Transplantationsindex
8.2.4 Fehlerquellen bei der Dichtemessung
8.3 Ergänzende Messverfahren
8.3.1 Messung der Haarmasse, Haarmassenindex, Hair Mass Index (HMI)
8.3.2 Bestimmung der Haardicke
Literatur
9: Dokumentation, Fotodokumentation
9.1 Dokumentation
9.2 Konsultationsformulare
9.3 Aufklärungsformulare
9.4 Fotodokumentationen
Literatur
10: Patientenvorbereitung
10.1 Allgemeine Patientenvorbereitung
10.2 Spezielle Patientenvorbereitung
10.2.1 Vorbereitung für FUE-Technik (Einzelentnahme)
10.2.2 Vorbereitung für FUT-Technik (Streifenentnahme)
11: Anästhesie, Tumeszenz
11.1 Anästhesie
11.2 Prämedikation für Lokalanästhesie
11.3 Lokalanästhesie
11.3.1 Ringblock mit Articain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin
11.3.2 Flächenanästhesie mit Prilocain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin
11.4 Tumeszenz
12: Entnahmetechniken für Haarwurzeln
12.1 Grundsätzliches
12.2 Überblick
12.3 Streifenentnahme
12.3.1 Equipment
12.3.2 Ablauf der Streifenentnahme
12.3.3 Problemmanagement, erneute Streifenentnahme, Narbenoptimierung
12.3.4 Mikroskopische Präparation des Hautstreifens
12.3.4.1 Equipment
12.3.4.2 Arbeitsbeschreibung „Slivering“ und Vereinzelung der Follikular Units
12.4 FUE-Technik
12.4.1 Problemstellung
12.4.2 Manuelle Einzelentnahme
12.4.2.1 Equipment
12.4.2.2 Arbeitsbeschreibung manuelles Bohren, „Punchen“
12.4.3 Motorgetriebene Einzelentnahme
12.4.3.1 Equipment
12.4.3.2 Arbeitsbeschreibung motorgetriebenes rotierendes Bohren
12.4.3.3 Arbeitsbeschreibung rotierendes, oszillierendes, vibrierendes Bohren
12.4.4 Zusammenfassung und Tipps: Bohrertypen, Pro und Kontra
12.4.5 Entnahme der Follikular Units
12.4.6 Sortierung der Transplantate und temporäre Aufbewahrung
12.4.7 Entnahmefläche, Spenderareal
12.4.8 Beurteilung der Graftqualität, Graftqualitätsindex (GQI)
12.4.8.1 Beschreibung der Graftqalität – Graftqualitätsindex 1–4 (GQ 1–4)
12.4.9 Beurteilung der Quantität von Follikular Units, Effizienzindex (EI)
12.5 Welche Entnahmetechnik für welche Patienten
12.5.1 Kriterien für FUE-Technik (Einzelentnahme):
12.5.2 Kriterien für FUT-Technik (Streifenentnahme)
12.5.3 Goldstandard und Prognosen
Literatur
13: Speicherung und Sortierung der Transplantate
13.1 Speicherung
13.2 Sortierung und Quantitätsbestimmung
14: Vorbereitung des Empfängerareals
14.1 Voraussetzungen
14.2 Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen
14.2.1 Überblick Instrumente und Techniken
14.2.2 Implantationskanälchen: Größe und Dichte
14.2.2.1 Mathematische Transplantatdichte
14.2.2.2 Optische Dichte
14.3 Haarwuchsrichtung, Direktion, Orientierung
14.4 Haarliniendesign bei Männern und Frauen
15: Transplantation
15.1 Transplantationsarten
15.1.1 Beschreibung der klassischen manuellen Transplantation
15.1.2 Beschreibung der „Stick-und-Place-Technik“
15.1.3 Beschreibung scharfe und stumpfe Implanter
15.2 Fehler und Gefahren beim Transplantationsvorgang
Literatur
16: Unmittelbar postoperative Phase
16.1 Abschlusscheck
17: Postoperativer Verlauf
17.1 Tag 1–14
17.1.1 Spendergebiet nach FUT-Behandlung
17.1.2 Spendergebiet nach FUE-Behandlung
17.1.3 Empfängergebiet/Transplantationsareal
17.1.4 Postoperative Nebenwirkungen, Begleiterscheinungen, Komplikationen
17.1.4.1 Schwellung, Ödem, Hämatom
17.1.4.2 Parästhesien, Sensibilitätsstörungen
17.1.4.3 Nekrosen
17.1.4.4 Infektion
17.2 Periode bis zum Haarwachstum
17.2.1 Vorübergehender Haarausfall (temporäres Effluvium)
17.2.2 Taubheitsgefühl, Parästhesien
17.2.3 „Shock-loss-Phänomen“
17.2.3.1 „Shock-loss-Phänomen“ im Donorareal
17.2.3.2 „Shock-loss-Phänomen“ im Transplantationsgebiet
17.2.4 Beginnender Haarwuchs nach Transplantation
17.3 Abschlusskontrolle, Perspektiven
18: Problemlösungen
18.1 Empfehlungen zur Problemlösung
19: Falldiskussion
19.1 Barthaartransplantation
19.2 Körperhaartransplantation
19.2.1 Brusthaartransplantation
19.2.2 Andere Körperbereiche
19.3 Haartransplantation in Narben
19.4 Haaransatzkorrektur
19.5 Kopfhautreduktionen
19.6 „Overharvesting“ nach FUE-Technik
19.7 Tipps für die Praxis
Glossar
Stichwortverzeichnis
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Haartransplantation: Grundlagen - Operationstechniken - Tipps und Tricks für die Praxis
 9783662648520, 9783662648537, 3662648520

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Frank G. Neidel

Haar­­ transplantation Grundlagen – Operationstechniken – Tipps und Tricks für die Praxis

Haartransplantation

Frank G. Neidel

Haartransplan­ tation Grundlagen – Operationstechniken – Tipps und Tricks für die Praxis

Frank G. Neidel Düsseldorf, Deutschland

ISBN 978-3-662-64852-0    ISBN 978-3-662-64853-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.­d-­nb.­de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Umschlagfoto@Hairdoc, Dr. Neidel, Düsseldorf Planung/Lektorat: Diana Kraplow Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

V

Vorwort Die Haartransplantation hat sich in den letzten 20 Jahren rasant entwickelt. Durch Verfeinerung der Techniken, durch Verwendung von Mikroskopen zur Haarwurzelpräparation, können sehr gute ästhetische Resultate erreicht werden. Dadurch stieg und steigt die Patientenzahl und langsam auch die Zahl der Behandler. Der eigentliche massive Anstieg der Patienten ist aber durch die Einzelentnahmetechnik von Haarwurzeln entstanden. Durch diese Technik entfällt die aufwändige Vereinzelung von Haarwurzeln unter dem Mikroskop, für die ein langes Training von eigens dafür ausgebildetem Personal erforderlich ist. Zwischen 2003 und 2010 gab es einen großen Mangel an Fachkräften in der EU, der noch heute in geminderter Form vorherrscht. In der Folge kam es zu Abwanderungen von Patienten in Niedriglohnländer, wo Haartransplantationen bis heute preiswert und quasi als besonderes „Urlaubserlebnis“ angeboten werden. Nicht immer führen dort Ärzte und qualifiziertes Personal diese Eingriffe durch, manchmal zum optischen und körperlichen Nachteil für Betroffene. Das Internet offeriert, für Patienten fast unüberschaubar, eine Flut von „Anbietern“. Der Schwarzmarkt für Haartransplantationen, „fliegende ausländische Spezialistenteams“, machen es schwer, den richtigen Ansprechpartner bzw. Arzt und Operateur zu finden. Dieses Buch soll lernenden Ärzten, erfahrenen Praktikern aber auch interessierten Laien eine Übersicht über Behandlungsverfahren und Techniken der Haartransplantation geben. Der Inhalt kann aufgrund der rasanten Entwicklung nicht vollständig sein. Besonders für den Anfänger ist es wichtig, Grundlagen zu erlernen und sich durch einfache Methodik Basiswissen und Basiskönnen anzueignen. Später kann jeder nach bestem Wissen und Geschick variantenreich mit viel oder wenig technischem Equipment operieren, was aber am Ende immer zum Nutzen des Patienten ausgerichtet sein soll. Der Patient bleibt für uns Ärzte Mittelpunkt all unseres Handelns. Das grenzt uns von kommerziell orientierten „Anbietern“ ab. Die Resultate der Haartransplantation und damit auch der Spiegel des eigenen Handelns sind erst 10–12 Monate nach erfolgter Operation gut sichtbar. Deshalb braucht es für den Anfänger eine lange Lernkurve. Um diese etwas zu verkürzen, teile ich meine in mehr als 25 Jahren gesammelten positiven und negativen Erfahrungen gern mit dem Leser dieses Buchs. Wichtige Erläuterungen werden aus didaktischen Gründen und zum besseren Verständnis in mehreren Abschnitten dieses Buchs wiederholt. Sie sollen das Basiswissen der Lernenden vertiefen und den Einstieg an jeder beliebigen Stelle erleichtern. Ich verzichte im Buch ausdrücklich auf genderspezifische Markierungen. Begriffe wie „Arzt“, „Patient“, „Behandler“, „Operateur“ beinhalten alle Geschlechter und deren Varianten und sollen nicht diskriminieren.

VI

Vorwort

Mein Dank gilt den vielen Patienten, die aufgrund ihrer großen Zufriedenheit bereitwillig Fotos ihrer Haartransplantation zur Verfügung stellten, meiner Familie, die mich unermüdlich mit viel Geduld unterstützt hat. Frau Dr. med. Leonhardt lieferte mir positiven Input und Bestätigung in vielen Diskussionen. Danke auch für die Unterstützung beim Anfertigen von Skizzen an Dr. Leonhardt und Frau S. Golchert. Besonderer Dank gilt meinem Team, das mich permanent und täglich neu mit großer Motivation unterstützt. Denn: Haartransplantation ist und bleibt TEAMWORK. Frank G. Neidel

VII

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung...............................................................................................................  1

1.1

Haare und Haarausfall...........................................................................................  2

2

Alopezieformen.................................................................................................  3

2.1 Alopezie – ein Überblick.......................................................................................  4 2.2 Androgenetische Alopezie (AGA) des Mannes.............................................  5 2.2.1 Retrograde Alopezie des Mannes...........................................................................  7 2.3 Androgenetische Alopezie der Frau.................................................................  7 2.4 Narbige Alopezie.....................................................................................................  8 2.5 „Temporal Points“....................................................................................................  9 Literatur...................................................................................................................... 11 3

 efinition und zeitliche Entwicklung D der Haartransplantation.............................................................................. 13

3.1 Definition Haartransplantation.......................................................................... 14 3.2 Zeitlicher Überblick................................................................................................ 14 3.2.1 Makrotechniken............................................................................................................. 14 3.2.2 Minitechniken................................................................................................................ 15 3.2.3 Mikrotechniken, Mikroskope, Stereomikroskope.............................................. 16 3.2.4 Aktuelle Situation.......................................................................................................... 17 Literatur...................................................................................................................... 20 4

Indikation zur Haartransplantation..................................................... 21

4.1 4.2

Absolute Indikationen........................................................................................... 22 Eingeschränkte Indikationen.............................................................................. 24 Literatur...................................................................................................................... 25

5

Kontraindikationen zur Haartransplantation............................... 27

5.1

Kontraindikationen................................................................................................ 28

6

Konsultation und Untersuchung............................................................ 29

6.1 Allgemeine Information, Probleme, Mythen................................................. 30 6.2 Arztkonsultation...................................................................................................... 31 6.2.1 Anamnese, besonders Familien- und Eigenanamnese in Bezug zum Haarausfall....................................................................................................................... 31 6.2.2 Inspektion der Kopfhaut, der Haare, Bestimmung Haarausfalltyp............. 32 6.2.3 Diagnose, Differenzialdiagnose............................................................................... 32 6.2.4 Besprechung des Ablaufs der Haartransplantation......................................... 33 6.2.5 Details im Behandlungsablauf................................................................................. 33 6.2.6 Besprechung der Nebenwirkungen und Komplikationen............................. 34 6.2.7 Besprechung des Haarwuchses nach Transplantation.................................... 35 6.2.8 Besprechung der Nachsorge.................................................................................... 35

VIII

Inhaltsverzeichnis

7

Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen............ 39

7.1 Therapiekonzepte................................................................................................... 41 7.2 Konservative Therapiekonzepte beim Mann und bei der Frau............... 41 7.2.1 Lokal und systemisch applizierbare Medikamente.......................................... 41 7.2.2 Platelet Rich Plasma- (PRP-) und Mesotherapie................................................. 41 7.2.3 Low-level-Lasertherapie (LLLT)................................................................................ 41 7.2.4 Dermatologische Erkrankungen............................................................................. 43 7.3 Operative Therapiekonzepte beim Mann....................................................... 43 7.3.1 Kommunikationsebene, Simulation des Haaransatzes, Haaransatzdesign.......................................................................................................... 44 7.3.2 Ober- und Hinterkopf, sogenannte Tonsur.......................................................... 44 7.3.3 Priorisierung.................................................................................................................... 46 7.3.4 Kalkulation, Verteilung, Transplantatmengen Empfängerareal................... 48 7.3.5 Temporal Points bzw. Peaks (TP)............................................................................. 49 7.3.6 Kopfhautreduktion....................................................................................................... 51 7.4 Operative Therapiekonzepte bei Frauen........................................................ 54 7.4.1 Androgenetische Alopezie vom weiblichen und männlichen Typ............. 55 7.4.2 Geheimratsecken.......................................................................................................... 56 7.4.3 Haaransatzlinie und Geheimratsecken................................................................. 57 7.4.4 Käppchenalopezie........................................................................................................ 58 7.4.5 Kopfhautnarben............................................................................................................ 58 7.4.6 Narben im Parietal-, Nacken-, Scheitel- und Wirbelbereich........................... 60 7.5 Transgenderbehandlungen................................................................................. 61 7.6 Kalkulation der Transplantatmenge im Empfängerareal.......................... 61 7.7 Kalkulation Spenderfläche, Spenderpotenzial............................................. 63 7.8 Berechnungen der Transplantatzahl................................................................ 64 7.8.1 Rechenbeispiel............................................................................................................... 64 7.8.2 Rechenbeispiel mehrzeitige Kombination von FUT und FUE-Behandlung.................................................................................................. 65 7.8.3 Rechenbeispiel zur Kalkulation einer mehrzeitigen FUE-Behandlung...... 65 7.8.4 Fazit realistischer Transplantatkalkulation........................................................... 66 Literatur...................................................................................................................... 66 8

Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen........................... 69

8.1 Haargruppen............................................................................................................ 70 8.2 Messverfahren und Nomenklatur..................................................................... 70 8.2.1 Detektionsgrenze, Abgrenzung der Units........................................................... 72 8.2.2 Auszählen, Nomenklatur, Abweichungen........................................................... 72 8.2.3 Transplantationsindex................................................................................................. 75 8.2.4 Fehlerquellen bei der Dichtemessung.................................................................. 76 8.3 Ergänzende Messverfahren................................................................................. 77 8.3.1 Messung der Haarmasse, Haarmassenindex, Hair Mass Index (HMI)......... 77 8.3.2 Bestimmung der Haardicke....................................................................................... 78 Literatur...................................................................................................................... 80 9

Dokumentation, Fotodokumentation................................................ 81

9.1 9.2 9.3 9.4

Dokumentation........................................................................................................ 82  onsultationsformulare........................................................................................ 82 K Aufklärungsformulare........................................................................................... 82 Fotodokumentationen.......................................................................................... 82 Literatur...................................................................................................................... 84

IX Inhaltsverzeichnis

10

Patientenvorbereitung................................................................................. 85

10.1 Allgemeine Patientenvorbereitung.................................................................. 86 10.2 Spezielle Patientenvorbereitung....................................................................... 86 10.2.1 Vorbereitung für FUE-Technik (Einzelentnahme).............................................. 86 10.2.2 Vorbereitung für FUT-Technik (Streifenentnahme)........................................... 88 11

Anästhesie, Tumeszenz................................................................................. 91

11.1 Anästhesie................................................................................................................. 92 11.2 Prämedikation für Lokalanästhesie.................................................................. 92 11.3 Lokalanästhesie....................................................................................................... 92 11.3.1 Ringblock mit Articain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin................... 93 11.3.2 Flächenanästhesie mit Prilocain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin................................................................................................................ 94 11.4 Tumeszenz................................................................................................................. 95 12

Entnahmetechniken für Haarwurzeln................................................. 97

12.1 Grundsätzliches....................................................................................................... 98 12.2 Überblick.................................................................................................................... 98 12.3 Streifenentnahme................................................................................................... 98 12.3.1 Equipment....................................................................................................................... 99 12.3.2 Ablauf der Streifenentnahme...................................................................................100 12.3.3 Problemmanagement, erneute Streifenentnahme, Narbenoptimierung.....................................................................................................105 12.3.4 Mikroskopische Präparation des Hautstreifens..................................................107 12.4 FUE-Technik...............................................................................................................111 12.4.1 Problemstellung............................................................................................................111 12.4.2 Manuelle Einzelentnahme.........................................................................................112 12.4.3 Motorgetriebene Einzelentnahme.........................................................................113 12.4.4 Zusammenfassung und Tipps: Bohrertypen, Pro und Kontra.......................116 12.4.5 Entnahme der Follikular Units..................................................................................117 12.4.6 Sortierung der Transplantate und temporäre Aufbewahrung.....................118 12.4.7 Entnahmefläche, Spenderareal................................................................................118 12.4.8 Beurteilung der Graftqualität, Graftqualitätsindex (GQI)...............................120 12.4.9 Beurteilung der Quantität von Follikular Units, Effizienzindex (EI).............123 12.5 Welche Entnahmetechnik für welche Patienten...........................................124 12.5.1 Kriterien für FUE-Technik (Einzelentnahme):.......................................................126 12.5.2 Kriterien für FUT-Technik (Streifenentnahme)....................................................126 12.5.3 Goldstandard und Prognosen..................................................................................127 Literatur......................................................................................................................128 13

Speicherung und Sortierung der Transplantate..........................129

13.1 13.2

 peicherung..............................................................................................................130 S Sortierung und Quantitätsbestimmung.........................................................131

14

Vorbereitung des Empfängerareals.....................................................135

14.1 Voraussetzungen.....................................................................................................136 14.2 Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen...............................................136 14.2.1 Überblick Instrumente und Techniken..................................................................137 14.2.2 Implantationskanälchen: Größe und Dichte.......................................................141 14.3 Haarwuchsrichtung, Direktion, Orientierung...............................................143 14.4 Haarliniendesign bei Männern und Frauen...................................................145

X

Inhaltsverzeichnis

15

Transplantation..................................................................................................149

15.1 Transplantationsarten...........................................................................................150 15.1.1 Beschreibung der klassischen manuellen Transplantation...........................150 15.1.2 Beschreibung der „Stick-und-Place-Technik“......................................................152 15.1.3 Beschreibung scharfe und stumpfe Implanter...................................................153 15.2 Fehler und Gefahren beim Transplantationsvorgang................................155 Literatur......................................................................................................................157 16

Unmittelbar postoperative Phase.........................................................159

16.1

Abschlusscheck........................................................................................................160

17

Postoperativer Verlauf..................................................................................163

17.1 Tag 1–14.....................................................................................................................  164 17.1.1 Spendergebiet nach FUT-Behandlung..................................................................164 17.1.2 Spendergebiet nach FUE-Behandlung..................................................................165 17.1.3 Empfängergebiet/Transplantationsareal.............................................................165 17.1.4 Postoperative Nebenwirkungen, Begleiterscheinungen, Komplikationen.............................................................................................................167 17.2 Periode bis zum Haarwachstum........................................................................170 17.2.1 Vorübergehender Haarausfall (temporäres Effluvium)...................................170 17.2.2 Taubheitsgefühl, Parästhesien.................................................................................171 17.2.3 „Shock-loss-Phänomen“.............................................................................................171 17.2.4 Beginnender Haarwuchs nach Transplantation.................................................172 17.3 Abschlusskontrolle, Perspektiven.....................................................................174 18

Problemlösungen.............................................................................................177

18.1

Empfehlungen zur Problemlösung...................................................................178

19

Falldiskussion......................................................................................................183

19.1 Barthaartransplantation.......................................................................................184 19.2 Körperhaartransplantation..................................................................................186 19.2.1 Brusthaartransplantation...........................................................................................186 19.2.2 Andere Körperbereiche..............................................................................................188 19.3 Haartransplantation in Narben..........................................................................189 19.4 Haaransatzkorrektur..............................................................................................190 19.5 Kopfhautreduktionen............................................................................................192 19.6 „Overharvesting“ nach FUE-Technik................................................................196 19.7 Tipps für die Praxis..................................................................................................197

Serviceteil Glossar.........................................................................................................................200 Stichwortverzeichnis..............................................................................................203

1

Einleitung Inhaltsverzeichnis 1.1

Haare und Haarausfall – 2

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_1

1

2

1

1.1

Kapitel 1 · Einleitung

Haare und Haarausfall

Schon immer hatte Kopfhaare eine kulturelle und ethnische Bedeutung: Reichlich volles Haar sowohl bei Männern als auch bei Frauen assoziiert Gesundheit, Vitalität und Jugendlichkeit. Nicht ohne Grund trugen Männer und Frauen in den vergangenen Jahrhunderten Perücken, bedeckten und bedecken Kahlstellen auf dem Oberkopf und im Tonsurbereich mit religiösen Symbolen. Haar diente und dient aber auch dem Schutz der Kopfhaut vor UV-Strahlung, Hitze und Kälte. Bei jungen Frauen und Männern wird noch stärker vorausgesetzt, dass sie volles, dichtes Haar haben. Umso panischer ist oftmals die Reaktion bei Erkrankungen, die mit Haarausfall einhergehen. Je jünger die Betroffenen sind, desto größer die Unsicherheit und der Umgang mit dem Problem. Immer wieder wird die Frage gestellt: Warum trifft es gerade mich und was sind die Ursachen für meinen Haarausfall? Und selbst bei bekannten Mechanismen und Ursachen für Haarausfall „geistern“ immer wieder Theorien durch die Köpfe der Patienten. Dabei wird häufig, und das ist eine typisch menschliche Eigenschaft, mit Beginn des Haarausfalls ein zufällig gleichzeitig abgelaufenes Ereignis verantwortlich gemacht. Zum Beispiel: „Seit meiner Soldatenzeit, als ich Stahlhelm tragen musste, fallen mir verstärkt

die Haare aus“‚ „Infolge der berufsbedingten Kopfbedeckung habe ich Haarausfall bekommen“, „Wegen dieser Tabletten bzw. nach dieser Operation habe ich Haarausfall bekommen“. Grundsätzlich können verschiedene Ursachen zu Haarausfall führen oder diesen zumindest verstärken, meist sind es aber erbliche Faktoren und hormonelle Einflüsse, die Haarwurzeln auf Dauer schädigen. Haarwurzeln können selbst erkranken und dadurch zum Symptom Haarausfall führen; aber auch sekundäre Faktoren können schädigen. Das alles abzuklären, sollte Aufgabe der Dermatologen oder anderer Spezialisten für Haarprobleme sein, die dazu eine spezielle ­Ausbildung absolviert und eine Haarsprechstunde eingerichtet haben. Die Haartransplantation steht in der Konsultations- und Maßnahmenkette meist an letzter Stelle. Das ist auch gut so, handelt es sich doch um einen operativen Eingriff, wenn auch nur in den oberen Hautschichten. >>Haarausfall ist ein Symptom, dessen Ursachen durch verschiedene diagnostische Maßnahmen in einer Spezialsprechstunde, der Haarsprechstunde, abgeklärt werden müssen. Die Haartransplantation stellt meist die letzte Option in der Therapiekette des Haarausfalls dar. Sie ist effektiv und dauerhaft, wenn lege artis und bei richtiger Indikation ausgeführt.

3

Alopezieformen Inhaltsverzeichnis 2.1

Alopezie – ein Überblick – 4

2.2

 ndrogenetische Alopezie (AGA) A des Mannes – 5

2.2.1

Retrograde Alopezie des Mannes – 7

2.3

Androgenetische Alopezie der Frau – 7

2.4

Narbige Alopezie – 8

2.5

„Temporal Points“ – 9 Literatur – 11

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_2

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2.1

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Kapitel 2 · Alopezieformen

Alopezie – ein Überblick

Als Alopezie bezeichnet man den temporären oder permanenten Haarausfall ursprünglich behaarter Areale, meist der behaarten Kopfhaut. Das Symptom Haarausfall kann verschiedene Ursachen haben. Während nach erfolgreicher Therapie bestimmter Erkrankungen (zum Beispiel Infektionen, Pilzbefall, Hormonstörungen) der Haarausfall stoppt und ein natürliches Nachwachsen des Haarkleids einsetzt, ist bei einigen Diagnosen der Haarausfall irreversibel. Die häufigste Diagnose beim Mann ist die androgenetische Alopezie (Abk. AGA; ICD-­ Klassifikation: L 64.9). Jeder zweite Mann ist mit zunehmendem Alter von dieser Diagnose betroffen. Dabei spielen genetische Prädisposition (Vererbung einer Genvariante) und das Vorhandensein des aus dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron abgebauten Dihydrotestosteron (Abk. DHT) die entscheidende Rolle. Je früher diese Erkrankung auftritt, desto wahrscheinlicher die Prognose, im höheren Alter eine vollständige Glatze zu tragen. Auch bei Frauen kann eine hormonelle Dysbalance und vererbte Hypersensibilität auf DHT zur androgenetischen Alopezie führen. >>Eine sehr häufige Diagnose bei Männern und Frauen ist die androgenetische Alopezie. Voraussetzung für diese Erkrankung ist eine vererbbare genetische Disposition und das Vorhandensein von Dihydrotestosteron (DHT).

Aus der Vergangenheit im Orient wissen wir: Eunuchen, also Männer deren Testosteronproduktion bereits vor Erreichen der Pubertät unterbrochen wurde, bekamen niemals Haarausfall bzw. eine Glatze. Männer, die sich im Laufe ihres Lebens nach Erreichen der Pubertät einer Geschlechtsumwandlung unterziehen, also deren Hoden entfernt und Östrogen substituiert wird, leiden nicht weiter unter Haarausfall im Sinne der AGA.

Demzufolge ist zu schlussfolgern: Jede Haarwurzel wird bereits vor der Pubertät mit einem Zeitprogramm für Haarwuchsdauer ausgestattet. Dieses wird in der Pubertät aktiviert. Mit zunehmendem Lebensalter werden durch genetische Sensibilisierung auf Dihydrotestosteron mehr und mehr Haarwurzeln inaktiv, produzieren zunächst noch kräftiges Haar, später dann nur noch Flaumhaar (Vellushaar), um danach die Haarproduktion komplett einzustellen. Es resultiert eine Kahlstelle, im Volksmund „Glatze“ genannt. >>Der Prozess des Haarausfalls kann sich relativ schnell oder auch sehr langsam über viele Jahre hinziehen. Je früher der Haarausfall einsetzt, desto ungünstiger die ­Prognose.

Wir unterscheiden verschiedene Stadien der AGA, die von mehreren Ärzten klassifiziert wurden. Am bekanntesten sind die Untersuchungen von Hamilton an 200  Männern (Hamilton 1951) und die von Norwood (Norwood 1975) an 1000 Männern. Die Ergebnisse beider Untersuchungen, nämlich die Beschreibung des Haarausfalls in Abhängigkeit vom Alter, sind sehr ähnlich. Wegen der höheren Fallzahl wird meist die Beschreibung von Norwood angegeben und auch nach ihm klassifiziert. Bei allen Klassifizierungen sind Nuancierungen bekannt. Hier erfolgt in Anlehnung an das Norwood-­Schema die vereinfachte Darstellung. Bei der Frau wird die AGA nach dem Ludwig-­Schema (Ludwig 1964) eingeteilt. Der Einfachheit halber sind hier nur die wichtigsten Merkmale angeführt. Darüber hinaus gibt es eine Einteilung nach Olsen, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Außerdem existieren diffuse Alopezieformen beim Mann und bei der Frau. Hier ist der gesamte behaarte Kopf betroffen. Das bedeutet: Auch der sogenannte Haarkranz dünnt zunehmend aus und es besteht kein größerer Unterschied in Qualität und Quantität zwischen typischen Haarausfallzonen im Oberkopfbereich und am Hinterkopf nackenwärts.

5 2.2 · Androgenetische Alopezie (AGA) des Mannes

Auch beim altersbedingten Haarausfall aller Geschlechter dünnt das gesamte Haarkleid im höheren Alter aus. Hormonelle Einflüsse spielen hier wahrscheinlich kaum ­ eine Rolle.

2.2

Androgenetische Alopezie (AGA) des Mannes

zz AGA-Typ 1–2

Üblicherweise bilden sich zunächst die typischen Geheimratsecken am Übergang vom horizontalen zum vertikalen Gesichtsrahmen aus. Je nach Größe dieser Ecken spricht man von Norwood-Hamilton-Schema  1 und 2 (. Abb. 2.1). Beim Stadium  3 ist das gesamte vordere Drittel des Stirnhaaransatzes zurückgebildet und es findet sich im mittleren Bereich eine mehr oder weniger große Insel mit dünner werdendem Haar. Der mittlere Ober- und Hinterkopf bleiben dabei vom Haarausfall nahezu unberührt. Die Patienten klagen über eine ­ zunehmende Flaumbehaarung und ein ­ verzögertes Längenwachstum der Haare am ­ Haaransatz und im Bereich der sogenannten Geheimratsecken. Die ausgedünnten Ecken reichen mehr als 3 cm in den Scheitelbereich hinein.  

zz AGA-Typ 3 A

Beim Stadium Norwood  3  A ist das vordere Drittel des Oberkopfes kahl; ab Mitte des Oberkopfes bis nach dorsal kaudal reichend sind keine Zeichen von Haarausfall erkennbar. Hier spricht man umgangssprachlich von „Stirnglatze“. Dieser Zustand kann über viele Jahre stabil bleiben. Das Besondere beim AGATyp 3 A ist, dass sich keinerlei Tonsur ausbildet, der Ober- und Hinterkopf dicht behaart bleiben. !!Verwechslung des AGA-Typs  3  A mit „frontal fibrosierender Alopezie“ (Abk. FFA) ist möglich, auf Entzündungszeichen (Rötungen) im Bereich des Haaraustrittsöffnungen achten.

zz AGA-Typ 3 Vertex

Selten kann das vordere Haaransatzdrittel, reichend bis zur Oberkopfmitte, völlig intakt bleiben und keine oder nur minimale Zeichen von Haarausfall zeigen. Dafür lichtet sich primär deutlich die sogenannte Tonsur, also der hintere obere und nach kaudal und dorsal abfallende Teil. Vergrößert sich der Tonsurbereich weiter sehr stark, so kann man bis zum Typ  5  Vertex klassifizieren. Typisches Merkmal beim Vertex-Typ ist der über relativ lange Zeit völlig intakte vordere Anteil des Oberkopfes, also die intakte Kommunikationsebene. zz AGA-Typ 4

Unabhängig, ob der Haarausfall im frontalen oder im dorsalen Bereich begann, wenn sich das vordere Drittel bis Oberkopf (Haaransatz und Geheimratsecken) und der hintere Bereich (Tonsur) gleichsam ausdünnen, spricht man vom Norwood-Typ  4. Dieser Haarausfalltyp ist sehr häufig in den 30iger und 40iger Lebensjahren des Mannes anzutreffen. zz AGA-Typ 5

Beim Typ 5 ist lediglich noch eine schmale behaarte Brücke, durchgehend vom linken zum rechten Ohr vorhanden. zz AGA-Typ 6

Man spricht vom Haarausfall Typ 6, wenn die Kahlfläche durchgehend vom ehemaligen Haaransatz bis zum dorsalen Oberkopf reicht. Der seitliche und hintere Haarkranz reichen noch relativ weit nach kranial. zz AGA-Typ 7

Dies ist die stark ausgeprägte Form des Typs  6. Der seitliche und hintere Haarkranz ist nur noch schmal ausgebildet. Sind stärkste Haarausfallzeichen im hinteren Bereich des Oberkopfes lokalisiert, vorn im Vergleich dazu relativ viel Resthaar vorhanden, spricht man vom Vertex betonten Haarausfall, Typ 3 bis 5.

2

6

Kapitel 2 · Alopezieformen

2

..      Abb. 2.1  Vereinfachte Klassifizierung der androgenetischen Alopezie (AGA) des Mannes in Anlehnung an das sogenannte Norwood-Hamilton-Schema

7 2.3 · Androgenetische Alopezie der Frau

2.2.1

Retrograde Alopezie des Mannes

Eine Sonderform der AGA des Mannes ist die retrograde Alopezie (. Abb. 2.2 und 2.3). Sie stellt sich dar durch einen Verlust der Nackenhaare am Übergang zum Hals, wodurch der Haarkranz optisch nach oben „rutscht“. Bezeichnend ist dabei, dass wertvolle Spenderhaarwurzeln, die normalerweise lebenslang Haarwuchs produzieren, aus den mittleren oder auch seitlichen Übergängen zum Nacken fehlen und damit das Potenzial transplantierbarer Haarwurzeln reduziert ist.  

2.3

Androgenetische Alopezie der Frau

Bei Frauen kann der Haarausfall ähnlich wie beim Mann verlaufen, also beginnend mit Zurückweichen des Haaransatzes und mehr oder wenig starker Ausbildung der sogenannten Geheimratsecken. Später kann sich zusätzlich noch der Ober- und Hinterkopfbereich auslichten. Bei diesem Verlauf

..      Abb. 2.2  Retrograde Alopezie beim Mann mit permanentem Verlust der mittleren Nackenbehaarung

..      Abb. 2.3  Retrograde Alopezie beim Mann mit permanentem Verlust der lateralen Nackenbehaarung

wird von „androgenetischer Alopezie male type“ gesprochen. Typisches Merkmal ist hier, genau wie beim Mann, das dichte und dicke, also völlig resistent erscheinende Haar in seitlichen und hinteren Haarkranzbereichen. Dieses Krankheitsbild tritt selten auf, ist dafür aber optimal durch eine Haartransplantation zu behandeln. Bleiben Haaransatz und Geheimratsecken weitgehend intakt und optisch relativ blickdicht, lichtet sich dafür mehr der Ober- und Hinterkopf, beginnend vom Mittelscheitel und optisch vergleichbar mit einem Tannenbaum, dann spricht man von „androgenetischer Alopezie female type“. Lokalisiert sich der Haarausfall isoliert auf den Wirbelbereich am Hinterkopf, bezeichnet man das als Käppchenalopezie, vergleichbar mit dem Vertex-­Typ beim Mann. Häufig ist dabei auch dünnes Haar im seitlichen und hinteren Haarkranzbereich vorhanden. Lediglich die unteren 3–5 cm zum Nacken hin zeigen resistentes und dickes Haar.

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Kapitel 2 · Alopezieformen

Da vom Haarausfall betroffene Frauen oft Mischformen zeigen, also im Allgemeinen zu dünnem Haar neigen, lassen sich der männliche bzw. weibliche Typ der androgenetischen Alopezie nicht immer genau voneinander abgrenzen. Der männliche Typ der weiblichen Alopezie wird in Anlehnung an Norwood-­ Hamilton klassifiziert. Außerdem manifestiert sich selten bei jungen, relativ häufig aber bei älteren Frauen ein diffuser Alopezietyp. Hier sind alle Haare dünn, flaumig, wachsen in größeren Abständen zueinander und zeigen reduziert Längenwachstum. Leider sind dabei auch seitlicher und hinterer Haarkranz sowie die Nackenregion betroffen. Wegen des oft unübersichtlichen Haarausfallbildes des „female type“ der AGA wird am besten nach dem Ludwig-Schema klassifiziert. zz AGA-Typ Ludwig 1

Kreisrund beginnende Ausdünnung der Oberkopfhaare im vorderen Drittel, 1–2 cm hinter dem Haaransatz. Optisch wahrnehmbar ist im Bereich des Mittelscheitels eine tannenbaumförmige Ausdünnung. Der Haaransatz erscheint relativ dicht (. Abb. 2.4).  

..      Abb. 2.5 Deutliche Ausbildung der androgenetischen Alopezie „female type“, Stadium  2 nach Ludwig

zz AGA-Typ Ludwig 2

Die Ausdünnung des Oberkopfhaares beginnt 1–2 cm hinter dem Haaransatz und erstreckt sich bis zum Ende des Oberkopfes, seitliche Scheitelbereiche sind angrenzend. Optisch zeigt sich nun deutlich eine größere kreisrunde oder ovale Auslichtung des Oberkopfes (. Abb. 2.5).  

zz AGA-Typ Ludwig 3

Die Haarausfallfläche dehnt sich vom Vorderüber Oberkopf bis zum schräg abfallenden Hinterkopf aus. Die Scheitelbereiche rechts und links sind ebenfalls betroffen. Das ­gesamte Oberkopfareal ist optisch ausgedünnt (. Abb. 2.6).  

2.4

..      Abb. 2.4  Beginnende androgenetische Alopezie der Frau vom „female type“, Stadium 1 nach Ludwig

Narbige Alopezie

Vernarbende Alopezien bzw. narbige Alopezien bezeichnen die direkte und primäre oder indirekte und sekundäre Schädigung von Haarwurzeln, welche zum Symptom Haarausfall führt. Bei den primären Formen der narbigen Alopezie, der frontal fibrosierenden Alopezie (Abk. FFA), spielen ­Autoimmunerkrankungen

9 2.5 · „Temporal Points“

..      Abb. 2.8  Frontal fibrosierende Alopezie (FFA), Haaraustrittspunkte zeigen Entzündungszeichen

..      Abb. 2.6  Endstadium der androgenetischen Alopezie vom „female type“, Stadium 3 nach Ludwig

..      Abb. 2.7  Frontal fibrosierende Alopezie (FFA)

eine große Rolle. Es werden Antikörper gegen körpereigene Haarwurzeln gebildet. Die entstehende Entzündung, chronisch, akut oder intermittierend, zerstört langfristig Haarwurzeln (. Abb. 2.7 und 2.8). Bei den sekundären Formen der narbigen Alopezie liegt die Ursache des Haarausfalls nicht am Haarwurzelorgan selbst, sondern dieses wird durch externe Faktoren wie Pilzbefall, Infektion, Strahlen oder Vernarbungen, verminderte Durchblutung (Operation, Trauma) geschädigt. Nicht alle Krankheitsbilder der primär narbigen Alopezien sind vollständig erforscht und für das ungeschulte Auge erkennbar.  

..      Abb. 2.9  Intakte und anatomisch korrekt ausgebildete „Temporal Points“ (Abk. TP’s)

2.5

„Temporal Points“

Als „Temporal Points“ oder auch „Temporal Peaks“ (Abk. TP bzw. TP’s; deutsch: die Schläfenbehaarung), bezeichnet man die vordere behaarte temporoparietale Region, die spitz und konvex nach frontal zwischen seitlicher Stirngrenze und beginnendem Wangenbereich auf die laterale Orbitaregion zuläuft (. Abb. 2.9). Die „Temporal Points“ dünnen meist bei androgentischer Alopezie mit aus und können in fortgeschrittenen Stadien ganz fehlen. Der seitliche Gesichtsrahmen wird dann lediglich  

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Kapitel 2 · Alopezieformen

in Verlängerung der Koteletten nach kranial gebildet, der spitze Verlauf in Richtung Orbitarand fehlt. Bei ausgeprägten Alopezieformen vom AGA-Typ 6 und 7 kann es zum konkaven Verlauf des seitlichen Haaransatzes kommen. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen kann sich die androgenetische Alopezie in dieser Region mehr oder weniger stark ausbilden. Hierüber existieren Klassifikationen mehrerer ­Autoren, die an dieser Stelle nicht beschrieben werden. Der Einfachheit halber ist eine Einteilung in drei Grade zu empfehlen: zz TP-Grad 1

Die konvexe Form, nach frontal spitz auslaufend ist weitestgehend noch erhalten, die Ausdünnung der konvexen Fläche beginnt und ist deutlich erkennbar. Die Spitze nach frontal kann abgeflacht sein (. Abb. 2.10).  

..      Abb. 2.11  Deutliche Ausprägung der „Temporal Points“, annähernd senkrechte Verlängerung der Kotelettenregion nach kranial, Grad 2

zz TP-Grad 2

Die konvexe Form der parietalen Begrenzung fehlt. Die seitliche Begrenzung des Gesichtsrahmens verläuft annähernd senkrecht in Verlängerung der Koteletten (. Abb. 2.11).  

zz TP-Grad 3

Die seitliche Haaransatzgrenze verläuft ab der Kotelettenregion schräg nach dorsal. Die ehemalige Konvexität ist vollständig aufgelöst. Diese Extremform ist immer mit dem AGA-­ Typ  7 nach Norwood-Hamilton verknüpft (. Abb. 2.12).  

..      Abb. 2.10  Beginnende Ausdünnung der „Temporal Points“, Grad 1

11 Literatur

Literatur Hamilton JB (1951) Patterned loss of hair in man; types and incidence. Ann N Y Acad Sci 53:708–728 Ludwig E (1964) Die androgenetische Alopezie bei der Frau. Arch Klein Exp Dermatol 219:558–564 Norwood OT (1975) Male pattern baldness: classification and incidence. South Med J 68:1359–1365

..      Abb. 2.12  Die „Temporal Points“ fehlen gänzlich und der parietale Gesichtsrahmen verläuft schräg nach dorsal, Grad 3

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13

Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation Inhaltsverzeichnis 3.1

Definition Haartransplantation – 14

3.2

Zeitlicher Überblick – 14

3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4

Makrotechniken – 14 Minitechniken – 15 Mikrotechniken, Mikroskope, Stereomikroskope – 16 Aktuelle Situation – 17

Literatur – 20

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_3

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3.1

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Kapitel 3 · Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation

Definition Haartransplantation

Unter Haartransplantation versteht man die Umverteilung Dihydrotestosteron (Abk. DHT) resistenter autologer Haarwurzeln aus dem Haarkranz oder anderer stark behaarter Körperregionen des Mannes oder der Frau in unbehaarte oder wenig behaarte Gebiete. Streng genommen handelt es sich um eine Haarwurzeltransplantation. Umgangssprachlich wird allgemein von Haartransplantation gesprochen. >>Die autologe Haartransplantation ist eine Umverteilung vitaler körpereigener Haarwurzeln in ehemals behaarte Gebiete, meist zur Rekonstruktion der Kopfbehaarung.

..      Abb. 3.1  Haarwurzeln aus dem sogenannten Haarkranz (grüner Bereich) produzieren in der Regel lebenslang Haarwuchs, weil sie stammesgeschichtlich der Körperbehaarung anzurechnen sind. Sie besitzen keine Rezeptorstelle für Dihydrotestosteron, DHT

Die Transplantation allogener Haarwurzeln funktioniert nicht, Ausnahme: eineiige Zwillinge.

prägte man den Begriff der Spenderdominanz. Dieser Begriff wurde zur Grundlage der Haartransplantation. Wir wissen heute, dass jede Haarwurzel ein eigenes Programm in sich trägt, welches den Zeitpunkt des Aktivitätsendes festlegt. Haarwurzeln aus dem Haarkranz wachsen meist lebenslang, ebenso wie Körperhaare. Der Haarkranzbereich wird stammesgeschichtlich zur Körperbehaarung gerechnet, weshalb hier nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel totale Alopezie, retrograde Alopezie) Haarausfall zu verzeichnen ist (. Abb. 3.1).

3.2

Zeitlicher Überblick

Bereits 1914 führte der deutsche Augenarzt Krusius eine Haarwurzeltransplantation im Augenlidbereich zum Ersatz von Wimpern durch. Er fertigte dafür ein spezielles Instrumentarium an (Krusius 1914). In den 1930iger- bis 1950iger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschäftigten sich die Ärzte mit Hautersatz bei Verbrennungen. Man suchte dabei auch gleichfalls nach Lösungen, auf verbrannter Haut, besonders behaarter Kopfhaut, wieder Haarwuchs zu induzieren. Das sollte nur durch Verpflanzen autologer Haarwurzeln gelingen. Der Japaner Okuda (Okuda 1939) und der Amerikaner Orentreich (Orentreich 1959) erkannten unabhängig voneinander, dass aus dem Haarkranz entnommene Haarwurzeln an anderer Stelle des Körpers normalen Haarwuchs reproduzierten. Hautinseln ohne Haarwurzeln, die aus unbehaarten Körperregionen entnommen und in den behaarten Haarkranz verpflanzt wurden, zeigten keinen neuen Haarwuchs. Aus dieser Erkenntnis heraus



3.2.1

Makrotechniken

Bis in die 1990iger-Jahre des vergangenen Jahrhunderts entnahm man Hautinseln mit Haarwurzeln mittels Hohlstanze, Durchmesser 3–6 mm, auch Biopsiepunch genannt (Brandy 1987; Farber 1982). Daher stammt der Begriff „Punchen“, der auch heute noch, meist im Zusammenhang mit der FUE-­ Technik, verwendet wird. Bei den damals sogenannten Standardgrafts wurden mit jeder Entnahme am kreisförmigen Schnittrand mehr oder weniger vitale Haarwurzeln verletzt. Das verringerte die Ausbeute an gesunden Haarwurzeln erheblich (. Abb. 3.2 und 3.3).  

15 3.2 · Zeitlicher Überblick

..      Abb. 3.2  Biopsiepunch, 6  mm Durchmesser, zur manuellen Entnahme; Punch, 4,5 mm Durchmesser, zur motorisierten Entnahme von Haarwurzel tragenden Hautinseln

..      Abb. 3.4  Das Narbenmuster nach Entnahme sogenannter Standardtransplantate (3–6  mm Durchmesser) erinnert an eine Perlenkette

im Transplantationsgebiet oft dauerhafte Unebenheiten. Diese ähnelten einem Pflastersteinrelief. Der Begriff „Cobble Stone Effect“ wurde geprägt. Im Bereich des Haarkranzes ließ man die Entnahmestellen zunächst offen. Das daraus entstandene Narbenbild erinnerte an eine Perlenkette, deshalb auch die Bezeichnung Perlenkettenentnahme (. Abb. 3.4). Später vernähte man die Hautdefekte fortlaufend oder einzeln und verkleinerte so die unbehaarte Narbenfläche. Bei längerem Haar waren die Narben kaum oder gar nicht erkennbar. Sie wurden von den Patienten seinerzeit weitestgehend toleriert. Mit Beginn der 1980iger- und bis in die 1990iger-Jahre hinein verließ man mehr und mehr diese Makrotechniken.  

..      Abb. 3.3  Deutlicher Büscheleffekt nach Transplantation großer Hautinseln aus dem Haarkranz in die Haaransatzlinie (Puppenkopfeffekt)

Die „gepunchten“ Hautinseln wurden als freie Transplantate 1:1  in Kahlstellen transplantiert. Aus jeder Hautinsel wuchsen 10– 30  Haare; im optischen Resultat waren das mehr oder weniger stark erkennbare Haarbüschel. Man spricht bei dieser Erscheinungsform auch vom „Puppenkopfeffekt“, weil der Haaransatz transplantierter Patienten dem einer Puppe glich (. Abb. 3.3). Bei unzureichender Revaskularisation der Hautinseln wuchsen in deren Zentrum, dem Gesetz der „letzten Wiese“ folgend, wenig oder gar keine Haare. Das Bild war dem eines Donuts ähnlich, weshalb man dieses optische Phänomen auch als „donuting“ bezeichnet. Die Implantation der großen Hautinseln verursachte wegen des Gewebeüberschusses  

3.2.2

Minitechniken

Wegen der wenig natürlichen, optisch auffälligen Resultate der „Makrotechnik-Ära“ teilte man die Standardtransplantate bis in die späten 1990iger-Jahre in Viertel oder Sechstel, sodass nach Transplantation der nun wesentlich feineren Hauttransplantate mit 1–5 Haarwurzeln das relativ grobe Aussehen nach und nach verschwand. Die Ära der Mini- und Mikrografts begann (Lucas 1987). Minigrafts beinhalten in der Regel 3–5  Haarwurzeln. Mikrografts beinhalten 1–2 Haarwurzeln.

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Kapitel 3 · Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation

3

..      Abb. 3.5  Minigrafts zeigen gute optische Resultate; gelegentlich ist die Transplantation von Minigrafts am sogenannten „Strandhaferphänomen“ zu erkennen

Die Präparation von Mikrografts war aufwändig und Zeit konsumierend, weshalb man nur eine kleine Zahl präparierte und diese zur Gestaltung eines möglichst natürlichen Haaransatzes einsetzte. In die dahinter liegenden Bereiche wurden Minigrafts transplantiert. Bei einigen Patienten kann man den Haarwuchs der Minigrafts bei genauem Hinsehen gut erkennen. Die durch Minigrafts verursachte optische Wirkung lässt sich als „Strandhaferphänomen“ bezeichnen (. Abb. 3.5). Man entnahm Ende der 1980iger-Jahre nun auch neben den Hautstanzen einen ganzen Hautstreifen von unterschiedlicher Länge und Breite und zerlegte diesen in kleinere Einheiten. Die Entnahmestelle wurde mit spezieller Technik so vernäht, dass eine feine, meist strichförmige Narbe entstand. Vorteil war die Minimierung der Narbenfläche und die Wiederholbarkeit der Prozedur, indem man bei erneuter Operation die alte Narbe in den neu zu entnehmenden Hautstreifen einschloss. Diese Entnahmetechnik nennt man Streifenoder auch Stripentnahme (. Abb. 3.6).

..      Abb. 3.6  Nach Entnahme eines Hautstreifens aus dem Haarkranz mit anschließender „Durchwachsungsnaht“ resultiert im Idealfall eine kaum erkennbare strichförmige Narbe (Pfeil), die bei langem Haar nicht zu erkennen ist





..      Abb. 3.7  Die aus einer Hautpore wachsenden Haargruppen, Follikular Units, sind als anatomische Einheiten zu betrachten; sie enthalten 1–6, selten auch mehr Haare

verletzungsarmer, Haarwurzeln präparieren. Auch wurde erkannt, dass die Haare nicht einzeln aus einer Hautöffnung herauswachsen, sondern in kleinen Gruppen. Diese natürlich gebildeten Gruppen nannte man „Follikular Units“ (Abk. FU, FU’s; . Abb. 3.7). Wurden anfänglich mit Sehhilfen wie Lupenbrillen relativ grob Mini- und Mikrografts präpariert, so konnte man durch den Einsatz von Stereomikroskopen anatomiegerecht präparieren, die Verletzungsrate an Haarwurzeln wesentlich verringern und dadurch die Ausbeute an Transplantaten um  

3.2.3

Mikrotechniken, Mikroskope, Stereomikroskope

Mit Beginn der 1990iger-Jahre und mit Einführung moderner Stereomikroskope konnte man wesentlich genauer und feiner, vor allem

3

17 3.2 · Zeitlicher Überblick

..      Abb. 3.8  Durch die mikroskopische Präparation der Haargruppen aus einem Hautstreifen konnte die Ausbeute an transplantierbaren Haarwurzeln wesentlich erhöht werden

30 % und mehr erhöhen. Das entsprach auch dem allgemeinen Wunsch nach möglichst großen Transplantatmengen (. Abb. 3.8).  

>>Mit Einführung der mikroskopischen Präparation und exakter anatomischer Vereinzelung der Follikular Units verringerte sich die Dissektionsrate an Haarwurzeln. Damit erhöhte sich die Transplantatausbeute wesentlich.

Transplantierte man anfänglich 70– 100  Standardtransplantate (3–5  mm Durchmesser) in einer Sitzung, so konnte man in den 1990iger-Jahren bei mikroskopischer Präparation die Zahl der Grafts auf zunächst 1000, später 2000 und mehr steigern. Das entsprach dem Wunsch vieler Patienten, weil größere Kahlflächen in einer Sitzung behandelt werden konnten, die reproduzierbare Haardichte höher war und vor allem aber ein hohes Maß an Natürlichkeit erreicht wurde. >>Durch mikroskopische Präparation erreicht man ein hohes Maß an Natürlichkeit. Erhöhter Präparationsaufwand geht einher mit hohem Personalbestand und einer langen Einarbeitungszeit von 3–6 Monaten für diese spezielle Tätigkeit.

..      Abb. 3.9  Bedingt durch unterschiedliche Faktoren bei der Streifenentnahme (Hautspannung, Nahttechnik) kann es bei kurzem Haar zu sichtbarer Breitnarbenbildung kommen

Um die Jahrtausendwende waren einzelne, gut trainierte Teams in der Lage, „Megasessions“ und „Dense Packings“ mit Transplantatzahlen bis zu 5.000  in einer Sitzung durchzuführen. Von der Philosophie nachhaltigen Operierens mit Schonung des Spenderpotenzials, vor allem bei möglicher Progredienz des Haarausfalls, war man zu dieser Zeit weit entfernt. Die dabei nicht immer „lege artis“ produzierten Narben im Haarkranzbereich wurden sichtbar. Besonders bei Kurzhaarschnitt oder Kahlrasur stellte das ein Problem dar (. Abb. 3.9). Man entwickelte verschiedene Wundverschlusstechniken, um die sichtbare Narbenbildung nach Streifenentnahme zu reduzieren, am bekanntesten und noch heute durchgeführt ist der Wundverschluss mittels „Trichophytic Closure“ nach Marzola (Marzola 2005), der sogenannten Durchwachsungsnaht. Im Idealfall sollen dabei nach Wundheilung wieder neue Haare durch die Narbe hindurchwachsen. Trotzdem verbleibt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine schmale strichförmige Narbe, die immer dann umso mehr sichtbar wird, je dunkler und kürzer das Haar und je heller die Haut ist (. Abb. 3.10).  



Getrieben durch Marketingstrategien und persönlichen Ehrgeiz wurde die Entnahmeregion durch immer größere Streifenentnahmen teilweise stark „ausgeweidet“, der Haarkranz quasi mehr und mehr ausgedünnt und „abgeerntet“.

3.2.4

Aktuelle Situation

Mit Entwicklung der Mikrochirurgie konnten feinere Instrumente und auch dünnere

18

Kapitel 3 · Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation

3

..      Abb. 3.10  Nur in wenigen Ausnahmefällen ist die „Trichophytic Closure“ nach Marzola kaum zu erkennen (Pfeile)

Hohlbohrer produziert werden. Man versuchte, die Follikular Units direkt einzeln und möglichst verletzungsfrei aus der Haut zu entnehmen. 2002 publizierte Bill Rassmann (Rassmann et  al. 2002) erstmals diese Methode der Einzelentnahme von Haarwurzelgruppen als „FOX-Procedure“. Später sprach man allgemein von Follikular Unit Extraktion, genannt FUE-Technik. Dieser Begriff wurde auf Empfehlung der weltweit größten Vereinigung von Haarchirurgen (International Society Hair Restoration Surgery, 7 ISHRS.­org) im Jahr 2018 in Follikular Unit Exzision umbenannt. Allgemein ändert sich dadurch der Kurzbegriff für die FUE-Technik nicht. Demgegenüber steht der Begriff der FUT-­ Technik, der nicht ganz korrekt die Entnahmetechnik eines Hautstreifens bezeichnet. FUT bedeutet lediglich Follikular Unit Transplantation, also die Präparation und Transplantation der kleinsten Einheiten von Haarwurzeln aus einem Hautstreifen heraus.  

>>Wichtig Umgangssprachlich bezeichnet man die Entnahme eines behaarten Hautstreifens aus dem Haarkranz mit anschließender Naht der Entnahmestelle, die anschließende Vereinzelung der Haarwurzelgruppen (Follikular Units) unter dem Mikroskop und die anschließende Transplantation dieser in Kahlstellen als FUT-Technik.

..      Abb. 3.11  Entnahmebohrer mit verschiedenem Design dienen allesamt dem Ziel, die Verletzungsrate an Haarfollikeln beim „Punchvorgang“ so gering wie möglich zu halten

Die direkte Einzelentnahme von Follikular Units mittels Mini- und Mikropunch aus dem Haarkranz und anschließende Transplantation in Kahlstellen (1:1-Verfahren) wird als FUE-Technik bezeichnet.

Seit Einführung der FUE-Behandlungen 2002 erfolgte eine rasante Entwicklung des technischen Equipments. Zunächst waren die Entnahmebohrer noch nicht so gut entwickelt, dass eine Verletzung von Haarwurzeln weitestgehend ausgeschlossen werden konnte. Ziel war und ist es, unabhängig von den lokalen Bedingungen des Spendergebiets, eine möglichst verletzungsfreie Entnahme der Follikular Units zu gewährleisten (. Abb. 3.11).  

>>Die große Herausforderung der Follikular Unit Exzision (FUE-Technik) ist die möglichst schonende und verletzungsarme Entnahme von Haarwurzeln aus einem Haarwurzelspendergebiet.

Während in den Anfängen der FUE-­Technik häufig manuell gebohrt und gestanzt wurde, setzten sich in den letzten Jahren mehr und mehr Motor getriebene Handstücke durch. Diese drehen mit variabler Geschwindigkeit entweder in eine Richtung oder können

19 3.2 · Zeitlicher Überblick

a

b

c

d

..      Abb. 3.12  „Vorher-Nachher“-Situation einer nachhaltig und effizient durchgeführten Haartransplantation: a, c Vorher-Situation; b, d Nachher-Situation

..      Abb. 3.13  Auch bei kurzem Haar sollen punktförmige Narben am Haarkranz kaum oder gar nicht erkennbar sein

bei besonders ausgefeilten Systemen oszillieren und vibrieren. Die Entnahmebohrer, im Internet oft als Entnahmenadeln bezeichnet, haben sich bezüglich ihres Designs parallel zu den Bohrsystemen mehr und mehr zu atraumatisch und wenig verletzend arbeitenden Mikroinstrumenten entwickelt, mit den herkömmlichen Biopsiepunchs nicht vergleichbar (Devroye 2016). Auch robotergestützte Verfahren der Einzelentnahme von Haarunits wurden in den letzten 20 Jahren entwickelt. Sie arbeiten ver-

lässlich, haben aber Grenzen, weshalb sie derzeit nicht von der großen Zahl der Anwender benutzt werden. Hauptgründe dafür können die lange Einarbeitungszeit sowie hohe Anschaffungs- und Betriebskosten sein. Heutzutage bieten die verschiedenen Entnahmetechniken reichlich Diskussionsstoff im Internet. Sie werden leider auch zu Marketingzwecken missbraucht und je nach Können und Ausbildungsstand diverser kommerzieller Anbieter schlecht oder gut geredet. Deshalb ist die fachliche Beratung durch einen Spezialisten vor einer Haartransplantation wichtig. Die Behandlung selbst sollte ebenso von einem erfahrenen Arzt mit gut trainiertem Team erfolgen. Der Arzt muss verschiedene Entnahme-, Präparations- und Implantationstechniken beherrschen. Damit kann der Patient die für ihn am besten geeignete Operationstechnik erhalten. >>Maß aller Dinge bei der Haartransplantation sind Natürlichkeit und Nachhaltigkeit. Diesem Ziel sollen alle Maßnahmen ärztlicher Aktionen untergeordnet sein.

Optische Wirkung und Ästhetik in Abstimmung mit der operativen Potenz des Teams bestimmen Techniken und Verfahren (. Abb. 3.12 und 3.13).  

3

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Kapitel 3 · Definition und zeitliche Entwicklung der Haartransplantation

Literatur

3

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21

Indikation zur Haartransplantation Inhaltsverzeichnis 4.1

Absolute Indikationen – 22

4.2

Eingeschränkte Indikationen – 24 Literatur – 25

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_4

4

22

4.1

Kapitel 4 · Indikation zur Haartransplantation

Absolute Indikationen

kAndrogenetische Alopezie des Mannes

4

Die androgenetische Alopezie des Mannes stellt die größte Indikationsgruppe dar. Während Haarausfalltypen  1 und 2 nach Norwood-­ Hamilton eher aus kosmetischer Sicht für eine Haartransplantation in Frage kommen, handelt es sich ab Typ 3–7 um manifeste medizinische Indikationen. >>Beim Haarausfalltyp 3–7 nach Norwood-­ Hamilton ist die medizinische Indikation zur Haartransplantation gegeben, bei Typ  1 und 2 stehen kosmetische Aspekte im Vordergrund.

Beim Haarausfalltyp 1 und 2 handelt es sich um kleine Bezirke am Stirnhaaransatz und im Bereich der sogenannten Geheimratsecken. Hier finden sich zunehmend Vellushaare, die an Babyflaum erinnern. Meistens empfinden Betroffene dieses geringe Zurückweichen des Haaransatzes als altersgerecht und nicht störend. Auch können kleine Flächen gut mit Nachbarhaar überkämmt werden. Es gibt einige Männer, die diesen Umstand nicht akzeptieren und sich in ihrem psychischen Wohlbefinden gestört fühlen. Besonders bei jungen Männern unter 30 Jahren sollte man die geplante Haartransplantation gut besprechen und deutlich darauf hinweisen, dass bei zu erwartender Progredienz des Haarausfalls Folgeoperationen erforderlich werden. Hier kann die Familienanamnese wertvolle Hinweise auf den weiteren Verlauf des Haarausfalls geben. Drängen die Patienten trotz empfohlener Zurückhaltung auf die Behandlung, dann soll prophylaktisch eine Mitbehandlung im Sinne einer Verdichtung von angrenzenden Bereichen erfolgen, um einen etwas weicheren Übergang zwischen behandelter und unbehandelter Fläche zu schaffen. Leiden Männer über 40  Jahren am Typ  1 und 2, dann kann hier die Indikation zur Haartransplantation leicht gestellt werden, weil eine starke Progredienz eher unwahrscheinlich ist.

>>Je jünger der Patient, desto vorsichtiger und zurückhaltender soll man die Indikation zur Haartransplantation stellen. Das gilt besonders für Patienten zwischen 18 und 30 Lebensjahren. Je früher sich der Haarausfalltyp beim Patienten manifestiert, desto größer ist die zu erwartende Kahlfläche.

Allgemein gilt: Je größer die Kahlfläche im Verhältnis zur Spenderfläche, desto ungünstiger ist die Prognose für eine vollständige Wiederherstellung der Behaarung. kAndrogenetische Alopezie der Frau

Die männliche Form der androgenetischen Alopezie („male type“) verläuft bei der Frau ähnlich wie beim Mann. Es kommt zum Zurückweichen des Haaransatzes und zur Vergrößerung der sogenannten Geheimratsecken. Typisches Merkmal bei diesem Typ des Haarausfalls ist die sehr gut beschaffene Spenderzone am hinteren und seitlichen Haarkranz. Hier sind die Haargruppen dicht und kräftig und zeigen insgesamt kein dünnes Haarkleid. Die Operabilität ist absolut gegeben. Die weibliche Form der androgenetischen Alopezie („female type“) zeigt vom Verlauf her die Ausdünnung des Oberkopfes hinter dem Haaransatz und wird nach der Ludwig-­ Skala klassifiziert. Die Spenderfläche am Hinterkopf ist nicht so deutlich durch kräftiges Haar abgrenzbar. Nur in kaudaler Richtung am Nacken erscheint das Haarkleid dichter und von besserer Qualität. Die mögliche Transplantatmenge ist begrenzt. Sicher kann man den vorderen und mittleren Oberkopf mit Transplantaten verdichten. Danach muss entschieden werden, ob noch genügend Spendermaterial für weitere Bereiche (bei Ludwig 2 und 3) zur Verfügung steht. >>Bei der androgenetischen Alopezie der Frau wird die Transplantatmenge und damit auch die Größe der zu transplantierenden Fläche durch die Qualität und Beschaffenheit des Spenderhaarkranzes bestimmt.

23 4.1 · Absolute Indikationen

kNarbige Alopezie

Ursächlich für eine narbige Alopezie sind meist: 55 Operationen mit Narbenbildung (Opera­ tionstraumata), 55 thermische Schädigung (Kälte, Verbrennung, Verbrühung), 55 chemische Schädigung (Säure, Basen), 55 Strahlenschäden (therapeutisch, iatrogen), 55 Dauerzug (Traktionsalopezie), 55 Dauerdruck (Haftpunkte bei einigen Haarteilen). Bei den sekundären narbigen Alopezien, bei denen die Ursache nicht am Haarorgan selbst, sondern durch eine Schädigung von außen liegt, ist Operabilität gegeben. Für den Erfolg der Haartransplantation sind eine ausreichend große Spenderfläche und eine gute Restdurchblutung der Narbe erforderlich. Weil Narben allgemein verglichen mit der gesunden Kopfhaut schlechter durchblutet sind, kann die Transplantationsdichte nicht so hoch sein, eine Folgeoperation zur Verdichtung muss eingeplant werden. Handelt es sich um Narben nach plastischer Deckung mit Voll- oder Spalthaut, dann kann die Anwuchsrate variieren. Sehr dünne Spalthaut kann 2–3  Monate vor der Haartransplantation mit Eigenfett unterspritzt werden, auch intraoperativ kann die Haut durch Tumeszenz aufgepolstert werden und so ein besseres Bett zur Aufnahme der Haarwurzeltransplantate bieten. >>Je dünner die vernarbte Haut und je schlechter die Restdurchblutung, desto feiner sollen die Transplantate beschaffen sein. Eine Unterfütterung mit Eigenfett und/oder intraoperative Tumeszenz mit  Ringer-Lösung verbessern die Anwuchsrate.

kHereditäre Alopecia triangularis congenita

Es besteht bei dieser Diagnose von Geburt an eine sogenannte hohe Stirn. Die meist weiblichen Patienten fühlen eine gestörte Gesichtsproportionalität zu Gunsten der Stirn und einen ungünstig sehr weit kraniodorsal begin-

nenden Haaransatz. Auch die sogenannten Geheimratsecken bestehen seit Kindheit und haben sich nicht später durch hormonelle Einflüsse entwickelt. kHohe Stirn

Eine zu hohe Stirn mit einem weit nach oben und hinten zurückgesetzten Haaransatz kann erworben sein, meist nach Stirnstraffung/ Facelift, auch nach plastisch rekonstruktiven Eingriffen. Maßgebend für den Diagnosekomplex „hohe Stirn“ ist die für uns als natürlich empfundene Dreiteilung des Gesichts. Die Distanzen Kinnspitze – Nasenspitze, Nasenspitze – oberer Nasenrücken (Procerusbeginn), oberer Nasenrücken  – Haaransatz sind nicht annähernd gleich. Bei der „hohen Stirn“ ist diese Dreiteilung aufgehoben. kFehlende oder zu spärliche Augenbrauenbehaarung

Die Ursachen hierfür können vielfältig sein und sind nicht in jedem Fall eruierbar. Relativ häufig kann es zum Haarverlust im Augenbrauenbereich bei Schilddrüsenerkrankungen (Unter-, Überfunktion) kommen, die bei adäquater Therapie fortbestehen. Auch beim Ulerythema Ophryogenes (L66.4) kommt es beidseitig von lateral her zu Verlust der Augenbrauen, der irreversibel ist. Die Haartransplantation ist auch in diesem Fall medizinisch indiziert. kFehlende oder unvollständige Bartbehaarung

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Meist stören kleinere haarlose oder unvollständig behaarte Gebiete von Pubertät an. Dem Trend zum „Bart tragen“ folgend, nimmt derzeit die Zahl der Männer zu, die sich an einer unregelmäßigen Behaarung der Bartregion stören. Für Bartrekonstruktionen können große Transplantatmengen nötig werden. Es muss klargestellt werden, dass die Verwendung von Haarwurzeln aus dem Haarkranz hierfür die Möglichkeit einer Rekonstruktion des behaarten Oberkopfes beim Befund einer androgenetischer Alopezie erheblich einschränkt. Der Patient muss dabei nach seinem Gefühl priorisieren.

4

24

4.2

Kapitel 4 · Indikation zur Haartransplantation

Eingeschränkte Indikationen

kNarbige Alopezie nach ausgeheilten oder sistierenden Hauterkrankungen

4

Zugrunde liegende Hauterkrankungen sind häufig: 55 Lichen ruber (LR), 55 Lichen planopilaris (LPP), 55 Lupus erythematodes (LE), 55 frontal fibrosierende Alopezie (FFA), 55 „ausgebrannte“ Form des kreisrunden Haarausfalls, 55 Sklerodermien wie „Coup de Sabre“, 55 Pseudopelade „Brocq“, 55 Follikulitis decalvans im Ruhestadium. Bei den sogenannten primären Alopezieformen (engl. „cicatricial alopecias“), laufen Entzündungsreaktionen (zum Beispiel autoimmunologischer Art) mit nachfolgenden Fibrosen an den Haarwurzeln ab und schädigen diese bis zum dauerhaften Haarverlust. Oft kann durch eine Dauermedikation der aktive Prozess unterbrochen werden. Die Erkrankung geht in den chronischen Zustand über und erneute Schübe bleiben aus. Hier war man in der Vergangenheit eher zurückhaltend in der Indikationsstellung. Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung wieder in die akute Phase übergeht und Haartransplantate geschädigt werden. Die jüngere Praxis zeigt jedoch, dass betroffene Patienten, die durch Selbsthilfegruppen und durch das Internet gut über ihre Krankheit informiert sind, einer Haartransplantation sehr positiv gegenüberstehen. Es reicht Ihnen, wenn transplantierte Haare einige Jahre gut wachsen und sie dadurch temporär an Lebensqualität gewinnen. Bei potenter Spenderfläche drängen sie oftmals zu einer Behandlung und würden diese immer wieder nach erneutem Haarverlust wegen akutem Schub durchführen lassen, solange das möglich, also seitens des Spenderpotenzials machbar ist. Eine indische Autorengruppe bestärkte mit ihren Untersuchungen im Jahr 2021 die Indikation zur Haartransplantation bei den primär vernarbenden Alopezien am Beispiel des Lichen planopilaris (PPL). Nach Unter-

suchungen an 32 Patienten mit PPL (14 Männer, 18  Frauen), die sich einer Haartransplantation unterzogen, betrug die Überlebensrate der Haarwurzeltransplantate nach 24 Monaten 79,96 % (Daruwalla et al., 2021). kDauermedikation von Gerinnungshemmern

Die Einnahme von Medikamenten, welche die Blutgerinnung beeinflussen, sollte genau eruiert werden. Während Acetylsalicylsäure bis zu 100 mg pro Tag in der Regel kein Problem darstellt, muss die Einnahme von Kumarinpräparaten unterbrochen werden und der Patient auf eine „Low-dose-­ Heparinisierung“ umgestellt werden. Die sogenannten NOAK-Präparate (neue orale Antikoagulanzien), zum Beispiel Apixaban, Rivaroxaban, müssen ebenso für 2–4 Tage ausgesetzt werden. Eine Abstimmung mit dem Hausarzt oder Internisten empfiehlt sich, weil je nach Risikobewertung ein Ersatz mit ASS oder „Low-dose-­ Heparinisierung“ die perioperative Zeit überbrücken kann. Die „Low-dose-Heparinisierung“ stellt keine absolute Kontraindikation dar. Sie ist bei einem ambulanten Eingriff wie der Haartransplantation in der Regel bei einem gesunden Patienten nicht erforderlich. Sollten Patienten aus anderem Grunde darauf eingestellt sein, dann besteht eine eingeschränkte Indikation zur Behandlung, jedoch keine Kontraindikation. kHIV-positive Patienten mit geringer Viruslast

Hier besteht oft Diskussionsbedarf im Behandlerteam. Manche Ärzte lehnen die Behandlung ab, auch Assistenzpersonal ist nicht immer richtig informiert und äußert Bedenken. Wenn der Patient offen seine Diagnose äußert und die Viruslast gering ist, besteht bei sterilem Arbeiten und Beachten der Hygienevorschriften absolut kein Risiko, weder für Behandler noch für Patienten. Man soll vorab eine klare Regelung für diese Patientengruppe treffen und vor der Behandlung unbedingt das Team informieren.

25 Literatur

kPatienten nach Myokardinfarkt, Apoplex oder Stentimplantation sowie mit chronisch ischämischer Herzkrankheit

Diese Patientengruppe stellt sich in der Regel nur dann zu einer Haartransplantation vor, wenn sie fast vollständig rehabilitiert ist. Das Ereignis liegt dann länger zurück und Einschränkungen liegen nicht oder nur noch in geringem Maße vor. >>Bei eingeschränkter Indikationsstellung obliegt es dem Arzt und seiner Erfahrung,

die Haartransplantation durchzuführen. Bei Unsicherheit soll die Behandlung besser abgelehnt werden.

Literatur Daruwalla SB et al (2021) Long-term utility of follikular unit excision in Lichen Planopilaris-correlation of graft survival with histopathological and ultrasound biomicroscopic parameters. Dermatol Surg 47(9):1243–1248

4

27

Kontraindikationen zur Haartransplantation Inhaltsverzeichnis 5.1

Kontraindikationen – 28

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_5

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28

5.1

5

Kapitel 5 · Kontraindikationen zur Haartransplantation

Kontraindikationen

Auch wenn die Haartransplantation ein ambulanter Eingriff in den oberen Hautschichten ist, der meist mit leichter Sedierung und unter Lokalanästhesie erfolgt, darf man bei akuten Ereignissen oder bei bestimmten Diagnosen nicht operieren. Allgemein besteht eine Kontraindikation, wenn 55 … die Erwartungshaltung seitens des Patienten an die Haartransplantation zu hoch ist. Das ist nicht immer deutlich erkennbar und deshalb schwierig einzuschätzen. 55 … sehr junge Patienten (16–18 Jahre) mit dichtem Resthaar eine Operation fordern. 55 … Erkrankungen vorliegen, die mit dem Symptom Haarausfall verknüpft sind und medikamentös behandelbar sind. 55 … ein temporäres Effluvium aufgrund einer besonderen Erkrankung oder Situation auftritt (zum Beispiel Chemotherapie, postpartal, Schilddrüsenfunktionsstörungen). 55 … ein Körperdysmorphiesyndrom (KDS) diagnostiziert wurde, wobei ein angeb-

licher körperlicher Makel übersteigert wahrgenommen und bewertet wird. Speziell besteht eine Kontraindikation bei 55 Allgemeininfektionen aller Art (Viren, Bakterien, Mykosen), hohem Fieber, 55 Aids im Endstadium, 55 akuten und chronischen Entzündungen der Kopfhaut, 55 aktiv entzündlichen primär narbigen Alopezien, 55 diffusen Alopezieformen, 55 sicher diagnostizierter Trichotillomanie, 55 akutem kreisrundem Haarausfall (Alopecia areata acuta), 55 schweren Formen arterieller Durchblutungsstörungen, 55 Unverträglichkeit bzw. Ablehnung von Adrenalin- oder Suprareninzusätzen zur Lokalanästhesie (s. 7 Abschn. 11.3), 55 bekannten Karzinomerkrankungen mit progredientem Verlauf, 55 Erkrankungen mit schweren Krankheitssymptomen.  

29

Konsultation und Untersuchung Inhaltsverzeichnis 6.1

Allgemeine Information, Probleme, Mythen – 30

6.2

Arztkonsultation – 31

6.2.1

 namnese, besonders Familien- und A Eigenanamnese in Bezug zum Haarausfall – 31 Inspektion der Kopfhaut, der Haare, Bestimmung Haarausfalltyp – 32 Diagnose, Differenzialdiagnose – 32 Besprechung des Ablaufs der Haartransplantation – 33 Details im Behandlungsablauf – 33 Besprechung der Nebenwirkungen und Komplikationen – 34 Besprechung des Haarwuchses nach Transplantation – 35 Besprechung der Nachsorge – 35

6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6 6.2.7 6.2.8

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_6

6

30

6.1

6

Kapitel 6 · Konsultation und Untersuchung

Allgemeine Information, Probleme, Mythen

Grundsätzlich ist zwischen allgemeiner Information und ärztlicher Beratung zu unterscheiden. Durch das Internet, durch Bekannte, durch Werbung in verschiedenen Medien, durch gute optische Darstellung operierter Prominenter hat sich der Bekanntheitsgrad einer Haartransplantation in der Bevölkerung während der letzten Jahre deutlich erhöht. Fast Jeder hat den Begriff schon einmal gehört. Vom Haarausfall Betroffene wissen oft mehr darüber Bescheid als nicht betroffene Personen. So gibt es einen sehr unterschiedlichen Wissensstand über den Ablauf als auch über den Erfolg einer Haartransplantation. Meist informieren sich Interessierte zunächst bei ihrem Friseur über Möglichkeiten, Haarverlust vorzubeugen. Anfangs richten Patienten sich nach Empfehlungen, probieren verschiedene Haarwuchsmittel oder Stimulanzien aus. Auch Hausmittel werden immer wieder gern probiert. Im Internet werden fast im Jahresabstand neue „sensationelle“ Mittel gegen Haarausfall angeboten, mit „Geld-­zurück-­Garantie“, …. Was von diesen Versprechungen zu halten ist, muss dem Glauben der Patienten überlassen werden. Natürlich werden vom Haarausfall Betroffene erst einmal konservative Therapien ausprobieren, bevor sie einen ärztlichen Rat einholen oder sich direkt in einer Haarsprechstunde vorstellen. Das ist völlig normal. So war es zumindest in der Vergangenheit. Es gibt aber auch die Gruppe junger Männer und Frauen, die sofort in Panik verfallen und ohne genaue Diagnose direkt eine Haartransplantation in Betracht ziehen. Das ist eher die Ausnahme. Trotzdem ist Panik ein schlechter Ratgeber und falsches Handeln unter Panik kann zu nicht korrigierbaren Folgen mit lebenslangen Störungen führen. Das Internet spielt gerade beim Thema Haarausfall und Haarverlust eine positive und negative Rolle, es ist „Segen und Fluch“ zugleich. Ein Laie kann nur schwer erkennen, ob hier Werbung und Geschäft oder eher medizinisch korrekte Information im Vordergrund stehen.

In Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass Ärzten anpreisende Werbung und Darstellung von sogenannten Vorher-­ Nachher-­ Bildern behandelter Patienten verboten wurde. Kommerzielle Anbieter, die nicht der Kontrolle von Ärztekammern unterliegen, dürfen fast uneingeschränkt werblich Vorher-Nachher-Fotos positionieren und haben dadurch einen enormen Vorteil. Kommerzielle Anbieter sind in Suchmaschinen meist ganz oben und auf der rechten Bildschirmseite zu finden, weil sie dafür große Summen investieren können. Trotz allgemein besserer Information und Aufklärung kursieren immer noch Mythen im Zusammenhang mit der Haartransplantation durch das Internet und durch die Köpfe der Menschen, wie zum Beispiel: 55 Eine Haartransplantation ist schmerzhaft. 55 Das Resultat ist unnatürlich und hält nur wenige Jahre, verpflanzte Haare fallen wieder aus. 55 Haare werden nur ausgezupft und in die kahle Haut eingestochen. 55 Verwandte können den Betroffenen Haare spenden. 55 Mit einer Behandlung ist das Haarproblem für immer beseitigt und der Haarausfall gestoppt. 55 Eine Haartransplantation hinterlässt unschöne sichtbare Narben. Warum halten sich diese Mythen hartnäckig in den Köpfen der Menschen? Schlecht operierte Haarpatienten mit sichtbaren Haarbüscheln, mit unnatürlichem Haaransatz und mit sichtbaren Vernarbungen werden schnell erkannt und hinterlassen bleibende negative Eindrücke. Negative Eindrücke wirken stärker nach als positive Erfahrungen. Ein unzufriedener Patient oder ein Patient mit schlechtem Resultat hält etwa zehn neue Patienten von einer Haartransplantation ab. Ein zufriedener Patient oder eine positive Bewertung kann dagegen nur drei neue Patienten generieren. Außerdem erfahren optimal versorgte Patienten eine, quasi unsichtbare, weil absolut natürliche, Verbesserung und fallen bei allgemeiner Betrachtung überhaupt nicht auf.

31 6.2 · Arztkonsultation

>>Schlecht operierte Haarpatienten hinterlassen einen bleibenden optischen Eindruck und wirken sich negativ auf das Image der Haartransplantation aus. Gute Resultate sind absolut natürlich, unsichtbar und dadurch auch nicht als Haartransplantation erkennbar.

Danach soll man die Haarsituation in der Familie erfragen, väterlicherseits, mütterlicherseits und großväterlicherseits. Erfahrungsgemäß wird die Elterngeneration oft übersprungen und in den meisten Fällen spiegeln sich Haarausfallbild und Prognose des Patienten über den Großvater mütterlicherseits wider.

Am Ende hilft nur im Rahmen der Konsultation ein ärztliches Beratungs- und Aufklärungsgespräch. Wichtig ist dabei zunächst die allgemeine Information, die Analyse der Haarsituation des Patienten, Messung verschiedener Parameter mit anschließender Diagnosestellung. Dann erfolgt die Erstellung eines nachvollziehbaren Behandlungskon­ zepts. Das alles muss für den Patienten verständlich dokumentiert werden.

>>Je früher der Beginn des androgenetischen Haarausfalls, desto ungünstiger die Prognose. Typisch bei diesem Krankheitsbild ist der Wechsel zwischen Ausfallschüben und Ruhephasen im 10-Jahres-Abstand. Selten ist ein schleichender kontinuierlicher Verlauf ohne deutliche Ausfallschübe.

>>Vor einer Haartransplantation muss immer ein ärztliches Aufklärungsgespräch mit dem Patienten geführt werden. Die ­Bedenkzeit bis zur Operation soll mindestens 24  Stunden betragen. Patienten, die ohne Arztgespräch direkt eine Behandlung wünschen, sind abzulehnen.

Das Wichtigste bei der ärztlichen Konsultation ist der Kenntnis- und Ausbildungsstand des beratenden Arztes selbst, seine Kompetenz im Bereich der Haartransplantation.

6.2

Arztkonsultation

6.2.1

Anamnese, besonders Familien- und Eigenanamnese in Bezug zum Haarausfall

Es wird erfragt, seit wann der Haarausfall als solcher wahrgenommen wurde. Wichtig ist hier, ob Schübe auftraten, ob der Prozess schleichend abläuft, ob derzeit ein Schub bemerkt wird oder ob und wie lange Stagnation besteht. Geht oder ging der Haarausfall einher mit Entzündungen der Haut, Vereiterungen, Nässen, Juckreiz, Schuppenbildung. Bereits hier ist eine Abgrenzung zwischen medikamentös behandelbaren Erkrankungen zur androgenetischen Alopezie möglich.

Wichtig ist die Frage nach Erkrankungen, weswegen man sich in ärztlicher Behandlung befindet oder befand, zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen. Demzufolge spielt die Dauermedikation von Arzneimitteln eine Rolle, die dokumentiert werden muss. Hatte oder hat der Patient Kontakt mit Umweltgiften oder anderen bedenklichen und/oder giftigen Substanzen, arbeitet er in einem Beruf mit entsprechender Disposition? Äußere Einflüsse, wie Klimawechsel und Stress können Haarausfall verstärken. Bei Frauen kann es nach Schwangerschaften zu vorübergehendem Haarverlust kommen, ebenso durch Hormonumstellungen („Pille“, Klimakterium). Hier ist Geduld und Beobachtung über einen gewissen Zeitraum gefragt, ggf. sind dermatologisches Konsil als zweite Meinung und konservative Therapie über 1–2 Jahre zu empfehlen. Starkes Rauchen über längere Zeit und ein Alter über 45  Jahre wirken sich negativ auf die Haarsituation und die Wundheilung nach Operationen aus, auch bei Haartransplantationen. Das Risiko für Nekrosen im Behandlungsgebiet ist bei dieser Klientel erhöht. Deshalb ist Nikotinabusus zu erfragen. Zur ärztlichen Konsultation können Betroffene aktuelle Laborwerte und Befunde mitbringen. Meist wird das Labor durch den Hausarzt oder in einer allgemeinen Haarsprechstunde erledigt. Falls keine a­ktuellen Befunde vorliegen, kann das nachgearbeitet werden.

6

32

Kapitel 6 · Konsultation und Untersuchung

>>Bei der androgenetischen Alopezie des Mannes und der Frau sind die Hormonwerte, insbesondere Testosteron, fast immer Normbereich, und es zeigen sich auch sonst laborchemisch keine Auffälligkeiten.

6.2.2

6

I nspektion der Kopfhaut, der Haare, Bestimmung Haarausfalltyp

Zunächst muss die Kopfhaut inspiziert werden. Gibt es Auffälligkeiten, Rötungen, Entzündungen, umschriebene Defekte, Absonderungen. Bereits beim Inspizieren wird eine primäre narbige Alopezie vom androgenetischen Haarausfall abgegrenzt. Bei Zweifel und Unklarheit helfen Lupenbrille, Dermatoskopie und Makrofotografie, ggf. auch die Einholung einer weiteren Spezialistenmeinung. Danach erfolgt die Inspektion des Haarkleides. Man bestimmt die Haarfarbe, den optischen Eindruck (stumpf, splissig, glänzend) und die Haarstruktur (kraus, wellig, glatt). Die Haarfarbe kann mittels Farbskala, die über Friseurbedarf zu beziehen ist, definiert werden. Je einfacher man sich hier festlegt, desto sinnvoller. Es hilft, Patienten nach der Haarfarbe zu fragen. Sie wissen die Farbe meist vom Friseur her. Pauschal wird eingeteilt in hellblond, dunkelblond, hell- und dunkelbraun, schwarz, grau bzw. weiß. Falls Haare gefärbt werden, soll man das auch vermerken und nach der ursprünglichen Farbe fragen. Den Grau- oder Weißanteil des gesamten Haarkleides gegenüber dem Anteil der natürlichen Haarfarbe in Prozent kann man grob abschätzen. Die Haardicke kann mittels Mikrometerschraube bestimmt werden oder auch durch den sogenannten Haarmassenindex (Abk. HMI). Eine haptische Einteilung in „dünn, normal oder dick“ setzt einige Erfahrung voraus, kann aber zunächst ausreichend sein. Der Haarausfalltyp wird nach der vereinfachten Norwood-Hamilton-Skala bei der androgenetischen Alopezie des Mannes und der Frau („male type“) bestimmt. Beim ty-

pisch weiblichen Haarausfall („female type“), der beim weiblichen Transplantationsklientel am häufigsten vorkommt, wird nach der Ludwig-­Skala klassifiziert. Zur Klassifikation benötigt man eine Skizze des Oberkopfes und kann hier entsprechend das Haarausfallmuster und Besonderheiten (zum Beispiel Narbenpunkte, Narbenlinien, Muttermale) eintragen. Die aktuelle Kahlfläche ist grob auszumessen, oftmals deutet sich das weitere Haarausfallgeschehen in dünner werdenden Bereichen an. Genauso soll man die verfügbare Spenderfläche nach augenscheinlicher Betrachtung ausmessen. Damit kann im Zusammenhang mit der ungefähren Dichte der Follikular Units pro Quadratzentimeter eine vorsichtige und unverbindliche Prognose über das Resultat und den Behandlungsumfang gegeben werden. 6.2.3

Diagnose, Differenzialdiagnose

>>Am Ende des ärztlichen Beratungsgesprächs mit Erhebung des Lokalbefunds steht immer die Diagnose. Bei unklaren und nicht eindeutigen Befunden werden eine oder mehrere Differenzialdiagnosen gestellt.

Falls erforderlich, zeigt das Einholen einer zweiten Meinung mit Überweisung zum Dermatologen, der explizit eine Haarsprechstunde anbietet, ärztliche Verantwortung gegenüber dem Patienten. Die meisten Patienten, geschätzt 90 %, die sich einer Haartransplantation unterziehen wollen, leiden an androgenetischer Alopezie. Nach ICD-Einteilung entspricht das dem Diagnoseschlüssel „L  64.9“. Die sekundären narbigen Alopezien machen etwa 5–10 % im Transplantationsklientel aus, ICD Nummer „L 66.9“. Auf die Verteilung der Diagnosen mit Symptom Haarausfall ohne Indikation zur Haartransplantation wird hier nicht eingegangen

33 6.2 · Arztkonsultation

6.2.4

 esprechung des Ablaufs der B Haartransplantation

Je besser man den Behandlungsablauf vermitteln kann, desto entspannter gestaltet sich später die Operation selbst. Natürlich kann der Patient einige Details vergessen, doch einmal Gehörtes oder Gesehenes ist leichter wieder abrufbar. Bei der Besprechung des Ablaufs sollen auch Notizen und Vermerke im Aufklärungsbogen gemacht werden. Die ungefähre Dauer der gesamten Behandlung soll vorab eingeschätzt werden. Im Prinzip sind folgende Schwerpunkte des Behandlungsablaufs kurz zu erörtern: 55 Zeitpunkt des Behandlungsbeginns mit anschließender Vorbesprechung, Erledigung aller Formalitäten im Zusammenhang mit der Behandlung, 55 Anzeichnen der Behandlungsgebiete, zum Beispiel Haarliniendesign, Fotodokumentation, 55 Medikation (Single-dose-Antibiose, allgemeine orale Sedierung), 55 Lagerung im Behandlungsraum, bei Bedarf venöser Zugang, 55 Lokalanästhesie und Entnahme der Haarwurzelgruppen einzeln oder im Streifen, 55 Lokalanästhesie des Transplantationsgebiets, 55 Pausenzeiten (Snack, Getränk, Toilette), 55 Anlegen der Implantationskanälchen, 55 eigentliche Transplantation, Platzieren der Transplantate in die Empfängeröffnungen, 55 Check vor Entlassung, Hinweisbrief, Tabletten oder Rezept, ggf. Verband, Kopfbedeckung, Entlassung mit Begleitperson, 55 Liquidation und Zahlungsmodalitäten.

6.2.5

Details im Behandlungsablauf

Falls der Patient trotz und entgegen der allgemeinen Empfehlung eine sogenannte Vollnarkose bzw. eine Narkose im „Dämmerschlaf“ (meist i.v.-Sedierung mit Monitoring) wünscht, gelten andere Richtlinien und es muss ein Vorgespräch mit gesonderter Aufklärung durch einen Anästhesisten erfolgen.

Dieser wird dann während der gesamten Haartransplantation anwesend sein. Bei örtlicher Betäubung, die in der Regel unter oraler Sedierung angewandt wird, soll der Patient keinesfalls nüchtern zur Behandlung erscheinen, das erspart aufwändige Maßnahmen, sollte es zu einem Kollaps aufgrund einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) kommen. >>Zum Eingriff in örtlicher Betäubung soll der Patient nicht nüchtern zur Behandlung erscheinen. Ein leichtes Frühstück, dazu Kaffee oder Tee ist möglich.

Nach Unterzeichnen aller Unterlagen werden Fotos angefertigt, die Haarlinie wird simuliert, das zu behandelnde Gebiet markiert. Das wird dem Patienten demonstriert, auf Fotos dokumentiert. Der Patient erhält im Anschluss eine Beruhigungstablette, meist Midazolam 7,5  mg, und ein orales Antibiotikum, am besten Doxycyclin 100 mg. Nach dem Toilettengang wird der Patient in den Behandlungsraum gebracht, die Haare werden entsprechend kurz geschnitten, meist erfolgt die totale oder partielle Kahlrasur. Je nach Erfordernis erfolgt die Lagerung halbsitzend oder in Bauch-/Seitenlage. Der Patient muss während der Aufklärung verstehen, dass es sich bei der Haartransplantation um eine Umverteilung von Haarwurzeln handelt, seine Haare in Summe gleichbleiben. Egal, welche Methode angewandt wird, im Haarkranz fehlen die entnommenen Haare, was mehr oder weniger zu Ausdünnung in diesem Bereich führt. In diesem Zusammenhang wird auch die Entnahmetechnik von Haarwurzeln, die sich über mehrere Stunden erstrecken kann, besprochen. Nach erfolgter Haarwurzelentnahme oder Präparation soll der Patient eine Pause erhalten, zur Toilette gehen und sich durch einen kleinen Imbiss und ein Getränk etwas stärken („Zuckerspiegel konstant halten“). In der zweiten Tageshälfte wird die ­örtliche Betäubung im Transplantationsgebiet angebracht, die Implantationskanälchen ­

6

34

Kapitel 6 · Konsultation und Untersuchung

werden in späterer Haarwuchsrichtung angelegt. Im Anschluss daran erfolgt die Transplantation der Haarwurzelgruppen in die Empfängeröffnungen. Bei FUE-Technik erhält der Patient einen Verband im Entnahmegebiet für eine Nacht, bei Streifenentnahme ist meist kein Verband erforderlich. Bevor die Verabschiedung und Entlassung erfolgt, wird das Behandlungsgebiet durch den Arzt inspiziert und auf Transplantatdislokationen kontrolliert.

6

>>Es ist eine Begleitperson erforderlich; der Patient darf am Behandlungstag kein Fahrzeug führen. Ein Wiedervorstellungstermin ist zu vereinbaren.

6.2.6

Besprechung der Nebenwirkungen und Komplikationen

Die Besprechung möglicher Nebenwirkungen und Komplikationen ist besonders wichtig, ist quasi die vertrauensbildende Maßnahme. Immer wieder hört man dankend von Patienten, dass alles genau so eingetreten ist, wie es vor der Behandlung besprochen und aufgeschrieben wurde. Das ist das beste Kompliment für eine gute Konsultation mit Aufklärungsgespräch. >>Der größte Fehler ist das Verschweigen von Nebenwirkungen, mit dem Ziel, Patienten zur Behandlung zu bewegen bzw. diese zu verharmlosen. Offenheit und klare Ansagen sind Basis für ein gutes Vertrauensverhältnis.

zz Infektion

Die Angst vor Infektion beschäftigt Patienten am meisten. Deshalb soll man erläutern, dass die Behandlung unter sterilen Bedingungen abläuft. Wenn die Patienten keine Vorerkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder HIV-Infektion mit hoher Viruslast haben, dann funktioniert ihre Abwehr gut

und das Infektionsrisiko geht gegen Null; denn die Kopfhaut ist das am besten durchblutete Hautorgan des Menschen. zz Nachblutung, Hämatome

Da der Arzt viele Öffnungen in die Haut einbringt, ist mit Nachblutungen auf und unter der Kopfhaut zu rechnen. Die Blutungen aus den Transplantationskanälchen oder auch aus dem Entnahmegebiet sistieren nach etwa 12– 24  Stunden postoperativ spontan und es bilden sich Blutkrusten/Wundschorf. Die Blutungen unter der Kopfhaut sind lokalen subkutanen Hämatomen gleichzusetzen, die sich 1–3 Tage postoperativ durch Absenkung, besonders im Augen- und Gesichtsbereich, manifestieren. Das ist optisch sehr unangenehm und die Patienten verfallen gelegentlich in Panik, wenn sie in den Spiegel schauen. Deshalb ist es empfehlenswert, ein einprägsames Foto mit Schwellungen im Augenbereich (Brillenhämatom) bei der Aufklärung zu präsentieren. zz Parästhesien

Auch ein über Wochen andauerndes Taubheitsgefühl im Behandlungsgebiet, leichter Wundschmerz in den ersten Tagen und Krustenbildungen sind normal. Sie müssen besprochen werden. Fotos sind dabei sehr hilfreich. >>Nachblutung, Krustenbildung, Wundschmerz, Taubheitsgefühl sowie ein, extrem geringes, Infektionsrisiko sind als Begleiterscheinungen der Behandlung mit dem Patienten zu besprechen.

zz Narbenbildung

Vor sichtbaren Narben und Entstellungen haben Patienten erfahrungsgemäß sehr große Angst, was durchaus berechtigt ist. Hier kann man erläutern, welche Art von Narben bei der Entnahmeprozedur entstehen, ob diese später zu sehen sind, ob man sie mit kurzem oder längerem Haar überkämmen kann. Auch die Art der Anbringung von Implantationskanälchen wird besprochen.

35 6.2 · Arztkonsultation

6.2.7

Besprechung des Haarwuchses nach Transplantation

Den Patienten muss vermittelt werden, dass die transplantierten Haarwurzeln nach 3–5 Tagen fest in die Kopfhaut eingewachsen sind. So lange ist Vorsicht geboten. Die fühlbaren Haarstoppelchen lösen sich nach 4–6 Wochen, manchmal auch bereits zusammen mit den Wundkrusten. Somit ist außer einer leichten Rötung und Empfindlichkeit der behandelten Kopfhaut nichts mehr von der Transplantation sichtbar. Der neue Haarwuchs setzt erst nach 8–12 Wochen, in den okzipitalen Gebieten der Kopfhaut oft etwas später, ein. Zeichen beginnenden Haarwuchses sind Juckreiz, leichte Rötungen, Pickelbildungen. Tägliche Kopfwäsche mit mildem Shampoo erleichtert den neuen Haaren das Durchdringen der Kopfhaut. Außerdem können selten, besonders häufig aber bei blonden Patienten mit feinem, dünnem Haar, Pickel auftreten. Das sind meist eingewachsene Haare, die nicht sofort durch die Kopfhaut stoßen. Auch verstopfte Talgdrüsen können Pickel hervorrufen. Am unangenehmsten können Epithelzysten anmuten, weil sie nach 2–3  Monaten postoperativ auftreten und nicht immer zu marsupialisieren sind. Ursache dafür können doppelt besetzte Haarkanälchen sein. Auch zu tief implantierte Follikular Units können diese Probleme verursachen. Bei Verdichtungsbehandlungen mit hoher Resthaardichte und bei langem Haar ist auf das sogenannte „Shock-loss-Phänomen“ unbedingt hinzuweisen. Hier handelt es sich um den vorübergehenden Haarausfall noch vorhandener Haare für 3–4 Monate postoperativ. Ursache ist die operativ bedingte Durchblutungsstörung der Kopfhaut. Das „Shock-loss-Phänomen“ wird häufig nach Verdichtungsoperationen bei Frauen, bei Patienten über 45 Jahren und starken Rauchern beobachtet. Es kann auch im Entnahmegebiet nach ausgiebiger Mobilisation bei Streifenentnahme oder sehr dichter FUE-­ Entnahme auftreten.

6.2.8

6

Besprechung der Nachsorge

Die Patienten dürfen sich zu keiner Phase vor, während oder nach der Behandlung allein gelassen fühlen. Eine allumfassende Betreuung festigt das Arzt-Patienten-­Verhältnis enorm. Bereits zur Erstkonsultation wird deshalb das Nachsorgekonzept erläutert. Es soll sich aufgliedern in: 55 Check des Lokalbefunds nach Beenden der Operation durch Arzt und Assistenten, 55 Mitgabe von Verhaltenshinweisen postoperativ mit Telefonnummern, E-Mail-­ Adresse, ggf. auch WhatsApp-­ Kontaktmöglichkeiten, 55 bei Bedarf ein oder mehrere Termine zur optischen Kontrolle Tag 1–5 postoperativ, 55 Kontrolltermin nach 10–12  Monaten zur Begutachtung des Resultats mit Fotodokumentation und Besprechung des möglichen weiteren Vorgehens. Falls doch unerwartete Komplikationen auftreten, wird eine engmaschige Kontrolle in der durchführenden Praxis oder beim Hausarzt bzw. Hautarzt in der Nähe des Wohnorts besprochen. >>Wird bereits vor der Haartransplantation das Kontroll- und Nachsorgekonzept besprochen, fühlt sich der Patient beim Behandler gut aufgehoben und das Arzt-­ Patienten-­Verhältnis wird gefestigt.

Zum Ende der Konsultation kann man optional Fotos anfertigen, auch schon mit Simulation des Behandlungsgebiets. Alle Messergebnisse der Beratung sollten dokumentiert werden. Zusammenfassend kann man die Nebenwirkungen und möglichen Komplikationen anhand eines Aufklärungsbogens, zum Beispiel vom Perimed- oder Diomed-Verlag, darstellen. Hier lassen sich auch gut handschriftliche Ergänzungen anbringen. Problem kann hierbei die verzögerte Aktualisierung der Bögen um einige Jahre sein.

36

Kapitel 6 · Konsultation und Untersuchung

>>Handschriftliche Ergänzungen und Skizzen im Aufklärungsbogen dokumentieren die Aufklärungspflicht und sind dringend zu empfehlen.

Die Konsultation mit ärztlichem Beratungsund Aufklärungsgespräch für eine Haartransplantation dauert mindestens 30  Minuten, meistens eine Stunde. >>Dem Patienten ist zu vermitteln, dass die Haartransplantation optisch gute Ergeb-

6

nisse erzielt und die transplantierten Haarwurzeln zum größten Teil lebenslang Haarwuchs produzieren. Eine Garantie auf Zufriedenheit kann der Arzt in keinem Fall geben.

Wird das Konsultationsformular selbst erstellt, dann ist eine individuelle Gestaltung möglich. Vorschläge zum Inhalt sind in beiden Abbildungen ersichtlich (. Abb.  6.1 und 6.2a-­d).  

37 6.2 · Arztkonsultation

Konsultationsformular Name:

Vorname:

PLZ, Ort:

Straße:

Telefon:

Mobil:

Geb.-Datum:

E-Mail:

Quelle: Überweiser(in):

Empfehlung:

Familie:

Situation Vater: Großväter: ♂

Haarausfall seit ca.: Haarfarbe:

Datum:



kontinuierlich - schubweise - progredient - jetzt stagnierend Haarstruktur:

Haardicke:

Ø Foll.Unit Density FUD: Ø Foll.Unit Density Recip Site: FUDRS:

Hauterkrankungen:

Sonstige Erkrankungen: Medikamente:

Nikotin:

Alkohol:

Allergien: Diagnose:

Diff. Diagnose:

Therapieplan:

Kalkulierte FU‘s: Streifenlänge ca.: FUE – Kahlrasur total / partiell

Behandlungskosten nach GOÄ: Kostenvoranschlag mitgegeben oder: per E-Mail / Post / geschickt am: Med. Aufklärungsbogen mitgegeben? Ja (Unterschrift Patient ………………………………...…) Nein Notizen: Dauer Präp. Strip ca.:

Dauer Kanälchen und Transplant. ca.:

Schwierigkeit Entnahme (FUE):

TOTAL Dauer:

Dauer, ca.:

Konsultation erfolgte durch Dr.: ..      Abb. 6.1  Vorschlag für ein Konsultationsformular zur Dokumentation der Patientenstammdaten, spezielle Untersuchungsdaten, Diagnose, Therapievorschlag, Besonderheiten

6

38

Kapitel 6 · Konsultation und Untersuchung

SKIZZEN zur Behandlungsplanung für:

6

Barttransplantation

Augenbrauenn

..      Abb. 6.2  Vorschlag zur Gestaltung der Rückseite des Konsultationsformulars mit vorgefertigten Skizzen zur Behandlungsplanung

39

Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen Inhaltsverzeichnis 7.1

Therapiekonzepte – 41

7.2

Konservative Therapiekonzepte beim Mann und bei der Frau – 41

7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4

L okal und systemisch applizierbare Medikamente – 41 Platelet Rich Plasma- (PRP-) und Mesotherapie – 41 Low-level-Lasertherapie (LLLT) – 41 Dermatologische Erkrankungen – 43

7.3

Operative Therapiekonzepte beim Mann – 43

7.3.1

7.3.5 7.3.6

 ommunikationsebene, Simulation des Haaransatzes, K Haaransatzdesign – 44 Ober- und Hinterkopf, sogenannte Tonsur – 44 Priorisierung – 46 Kalkulation, Verteilung, Transplantatmengen Empfängerareal – 48 Temporal Points bzw. Peaks (TP) – 49 Kopfhautreduktion – 51

7.4

Operative Therapiekonzepte bei Frauen – 54

7.4.1

 ndrogenetische Alopezie vom weiblichen A und männlichen Typ – 55 Geheimratsecken – 56 Haaransatzlinie und Geheimratsecken – 57 Käppchenalopezie – 58 Kopfhautnarben – 58 Narben im Parietal-, Nacken-, Scheitel- und Wirbelbereich – 60

7.3.2 7.3.3 7.3.4

7.4.2 7.4.3 7.4.4 7.4.5 7.4.6

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_7

7

7.5

Transgenderbehandlungen – 61

7.6

 alkulation der Transplantatmenge im K Empfängerareal – 61

7.7

Kalkulation Spenderfläche, Spenderpotenzial – 63

7.8

Berechnungen der Transplantatzahl – 64

7.8.1 7.8.2

 echenbeispiel – 64 R Rechenbeispiel mehrzeitige Kombination von FUT und FUE-Behandlung – 65 Rechenbeispiel zur Kalkulation einer mehrzeitigen FUE-Behandlung – 65 Fazit realistischer Transplantatkalkulation – 66

7.8.3 7.8.4

Literatur – 66

41 7.2 · Konservative Therapiekonzepte beim Mann und bei der Frau

7.1

Therapiekonzepte

Diagnose und Prognose entscheiden die Vorgehensweise beim Haarpatienten. Es ist ärztliche Pflicht, nach bestem Wissen und Gewissen über Behandlungsmöglichkeiten und deren Alternativen aufzuklären. Der Patient erwartet vom Arzt eine Empfehlung, was eine besondere Verantwortung darstellt. Ärzte müssen sich im Klaren sein, dass eine Haartransplantation oder auch alternativ vorgeschlagene Therapiemöglichkeiten nicht aufgrund einer akuten Situation erfolgen, sondern es sich hier immer um elektive Verfahren handelt. Der Patient braucht Geduld und Zeit, um über die Behandlungsmöglichkeiten seines Haarproblems nachzudenken und um sich ggf. gemeinsam mit Partner, Angehörigen oder Freunden zu beraten. >>Ärzte dürfen Haarpatienten niemals unter Zeitdruck bezüglich einer Therapieoption setzen. Der Patient selbst entscheidet über das Behandlungsverfahren und über den Zeitpunkt, nachdem er ausreichend über die vom Arzt vorgeschlagenen Optionen nachgedacht hat.

7.2

Konservative Therapiekonzepte beim Mann und bei der Frau

7.2.1

 okal und systemisch L applizierbare Medikamente

Eine anfänglich gerade beginnende androgenetische Alopezie des Mannes und der Frau sollte erst einmal konservativ behandelt werden. Hier kann man die bekannten Wirkstoffe Finasterid und Dutasterid (derzeit nur für Männer zugelassen), Minoxidil, Östrogenprodukte u. v. m. lokal oder auch systemisch einsetzen. Hormonell wirksame Substanzen wie Finasterid und Dutasterid werden von Ärzten verschiedener Fachrichtungen immer wieder kontrovers diskutiert. Deshalb muss, falls die Verordnung erfolgt, eine besonders gute Aufklärung und Dokumentation über Wirkung, Nebenwirkungen, Risiken erfolgen.

7.2.2

 latelet Rich Plasma- (PRP-) P und Mesotherapie

Gut bewährt hat sich die Injektion von „Platelet Rich Plasma“, Abk. PRP, “ im Abstand von 4–6  Wochen, insgesamt 3-mal pro Jahr. Dieser PRP-Behandlungszyklus kann auch gut kombiniert werden mit der Injektion von Vitamin- und Nährstoffcocktails (Mesotherapie). Der wissenschaftliche Nachweis über Wirksamkeit von PRP- und Mesotherapie zur Therapie der androgenetischen Alopezie konnte bis dato noch nicht eindeutig anhand ausreichend großer Doppelblindstudien erbracht werden, doch die subjektiv positive Einschätzung der Patienten zur Wirksamkeit ist nicht zu unterschätzen. Der Prozess des Haarausfalls kann oft im Verlauf verlangsamt und eine teilweise Regeneration der Haarfollikel erreicht werden. Die Behandlung soll möglichst im Frühstadium der androgenetischen Alopezie erfolgen und setzt eine gute Compliance der Patienten voraus. Die PRP-Behandlung kann mit einer „Injektionspistole“ weitestgehend standardisiert erfolgen oder manuell durch viele einzelne Injektionen mit einer 30G  Kanüle, möglichst dicht in das Niveau der Haarschäfte (. Abb. 7.1).  

7.2.3

Low-level-Lasertherapie (LLLT)

Bereits in den 1960er-Jahren experimentierte ein ungarischer Chirurg, Dr. Endre Mester, mit Laserlicht. Er entdeckte die biostimulierenden Wirkungen von schwachem Laserlicht auf Gewebe. Als er einen rubinroten Laserstrahl von 694 nm auf den Rücken rasierter Mäuse leitete, stellte er ein schnelleres Nachwachsen der Haare fest. Er gilt seitdem als Pionier der Low-level-Lasertherapie (LLLT) (Keene 2014). Seitdem wurde in über 100 ­ randomisierten, kontrollierten Studien schwaches Laserlicht untersucht und bei vielen Erkrankungen und Modalitäten eine Wirkung nachgewiesen (Keene 2015). Ironischerweise sind aber beim Nachweis der stimulierenden Wirkung auf den Haar-

7

42

7

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

..      Abb. 7.1  Mit einer sogenannten Injektionspistole kann PRP- und/oder Mesotherapie weitestgehend standardisiert erfolgen

wuchs bei an AGA erkrankten Patienten noch viele Fragen zur tatsächlichen Wirksamkeit auf diesem Gebiet offen. Besonders weil es sich beim Diodenlicht um nicht kohärentes Licht handelt (LED). Wegen der zwar geringen Streuung, vor allem aber wegen des Auftrittswinkels, der nicht immer 90° beträgt, und wegen des Abstandsgesetzes (Arndt-Schultz-­ Gesetz) ist unklar, ob die Biostimulation überhaupt bis an die Haarwurzelzellen vordringen kann und ob deshalb die LLLT im therapeutischen Level immer wirksam sein kann. Eine wirksame Biostimulation kann nur eintreten, wenn das Licht mit der richtigen Dosis sein Ziel erreicht. Allein durch Haarfarbe (stark absorbierendes Element Eumelanin), Haarlänge und variablen Abstand der Lichtquellen zum Erfolgsorgan wird Energie reduziert (Keene 2014). Deshalb sind vielleicht Lichtquellen, die über die Fläche beweglich sind, wie zum Beispiel der Laserkamm und eine fast kahl rasierte Kopfhaut ein besserer Therapieansatz als statisch arbeitende LED-Lichtquellen. In den Jahren 2013–2014 gab es mehrere Studien zur Wirksamkeit von LED-Licht bei AGA des Mannes und der Frau. Keine Studie konnte nach der kurzen Anwendungsdauer von 26 Wochen oder weniger eine Stagnation des Haarausfalls nachweisen. Die Messungen der Follikelgruppendichte bei der Nachkontrolle waren mit zu großer Fehler-

möglichkeit behaftet, weil nur ein Tatoopunkt als Orientierung galt und bereits bei Nachmessung und Verschiebung um 1  mm eine positive oder negative Differenz gezählt werden konnte. Auch ein Überlappen zu lang gelassener Haare konnte zu Ungenauigkeiten beim Zählen der Follikelgruppen führen. Und keine der Studien befasste sich mit der Frage, ob ein therapeutisches Fenster zur Biostimulation der Haarzellen erreicht wurde (Jiminez et al. 2014; Keene 2015; Lanzafame et al. 2013, 2014). Demzufolge sind die Untersuchungen zur Wirksamkeit aktueller LLLT-Geräte mit Einschränkungen behaftet, besonders was die Bewertungsmethode zur Förderung des Haarwuchses betrifft. Auch die dazu gehörende Fotodokumentation ist nicht eindeutig bzw. fehlt. Die LLLT ist eine Alternative zu anderen konservativen Behandlungsansätzen und kann bei regelmäßiger Anwendung sowie durch mögliche Aktivierung der Selbstheilungskräfte eine Verzögerung des Haarausfalls bewirken, solange sich dieser im Initialstadium befindet. Nicht mehr und nicht weniger (Neidel 2021). Sie wird in Form von Baseballkappen, flexiblen Haarbändern und sogenannten Laserkämmen offeriert. Die Zahl der einzelnen Laser-/Diodenlämpchen, die Dosis, die Arbeitsfrequenz und die Verarbeitung des

43 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

..      Abb.  7.2  Die Low-level-Lasertherapie (LLLT), kann appliziert werden durch Kappen, Haarreifen oder über einen „Laserkamm“, der über die betroffenen Gebiete bewegt wird

Produkts bestimmen den Preis, der drei- bis vierstellige Eurobeträge erreicht (. Abb. 7.2). Die Kombination der verschiedenen konservativen Möglichkeiten kann von Vorteil sein und schafft oftmals eine Stabilisierung der Haarsituation. Voraussetzung sind regelmäßige Anwendungen, engmaschige Kontrollen und eine gute Compliance der Patienten (Finner 2021).  

7.2.4

Dermatologische Erkrankungen

Eine primär vernarbende Alopezie mit akutem Schub muss zunächst dermatologisch konservativ behandelt werden. Auch andere aktive Erkrankungen der Haarfollikel wie Infektionen und Pilzbefall mit Auswirkungen auf das Haarkleid gehören konservativ therapiert. Wurden Therapien erschöpfend angewandt, sind akute Prozesse abgeklungen, das heißt die Erkrankungen sind in eine chronische oder sogenannte ausgebrannte Form übergegangen, wie zum Beispiel beim kreisrunden Haarausfall, dann kann über eine Haartransplantation als letzte therapeutische Maßnahme zur Rehabilitation nachgedacht werden. Der Patient muss klar wissen, dass ein Übergang ins akute Krankheitsstadium auch wieder Haarausfall im Bereich transplantierter Areale mit erneutem Haarverlust verursachen kann.

7.3

Operative Therapiekonzepte beim Mann

Der Umfang einer Haartransplantation wird durch die Beschaffenheit der Spenderfläche in Relation zur derzeitigen und zukünftigen Kahlfläche bestimmt, durch die Qualität und Quantität der vorhandenen Haargruppen und durch die Leistungsfähigkeit des Transplantationsteams. Außerdem spielen Techniken, Alter und Vorerkrankungen des Patienten eine nicht unwesentliche Rolle. Sind Spender- und Empfängerfläche annähernd gleich groß und ist dieser Umstand auch prognostisch als stabil einzuschätzen, kann man den vorderen, sogenannten Kommunikationsbereich, immer optisch „blickdicht“ versorgen. Im oberen und hinteren Kopfbereich wäre bei guter Ausgangssituation mit nachfolgenden weiteren Behandlungen zumindest eine schüttere Situation zu erreichen. Ist die Kahlfläche wesentlich größer und steht sie im Verhältnis 70–80  % zu 20–30  % Spenderfläche, dann sind nur noch sogenannte „Teillösungen“ möglich. Das muss der Arzt dem Patienten begreiflich machen. Besonders schwierig ist das in Anfangsstadien des Haarausfalls, wenn der Patient lediglich die Geheimratsecken wieder aufgefüllt haben möchte, der Untersucher aber erkennt, dass sich der Haarausfall in den nächsten Jahren bis hin zum Typ 7 entwickeln wird. Es hat sich

7

44

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

bewährt, den Haaransatz oder die Geheimratsecken nicht isoliert zu behandeln, sondern nach Möglichkeit das gesamte vordere Drittel, bei kleineren Flächen vielleicht sogar bis zur Hälfte des Oberkopfes eine prophylaktische Verdichtung durchzuführen. 7.3.1

7

Kommunikationsebene, Simulation des Haaransatzes, Haaransatzdesign

Das Anzeichnen und Markieren des Behandlungsgebiets, insbesondere der Verlauf des Haaransatzes ist für den Patienten eine wichtige Simulation. Das ist ein Schwerpunkt während der ärztlichen Konsultation. Die vorgeschlagene Haarlinie, die ja nach einer „lege artis“ ausgeführten Haartransplantation zeitlebens erhalten bleibt, soll im „Jetzt-­Zustand“ gefallen, aber auch genauso im „Alter“ noch natürlich aussehen und zum Erscheinungsbild passen. Der zukünftige Haaransatz wird vom Arzt angezeichnet und ist so zu wählen, dass er keinesfalls zu tief in die Stirn reicht. Besonders junge Männer haben gelegentlich völlig falsche Vorstellungen von einem ästhetisch wirkenden Haaransatz. Beim Nordeuropäer soll der Abstand zwischen Nasenwurzel und Haaransatzmitte nicht weniger als 7  cm betragen, optimal sind hier 8–10  cm. Bei großen Kahlflächen ist ein Abstand bis zu 12 cm möglich, man beginnt mit der Transplantation entsprechend höher. Der Verlauf in Richtung Geheimratsecken ist dann nur selten horizontal, besser ausgeprägt spitz oder bogenförmig nach parietal und dorsal. Das spart eine große Zahl an Transplantaten, die man für andere Bereiche oder als Reserve nötig hat (. Abb. 7.3). Zum Anzeichnen eignet sich ein Kajalstift oder ein Hautmarker. Der Patient soll im produktiven Gespräch vom zukünftigen Verlauf des Haaransatzes überzeugt sein. Der Behandler darf sich nicht von übertriebenen Vorstellungen einer sehr tief liegenden Haaransatzlinie beeinflussen lassen. Falls sich Arzt und Patient in ihren Vorstellungen vom Machbaren und ästhetisch Sinnvollen nicht einigen  

können, soll man die Haartransplantation besser ablehnen (. Abb. 7.4). Südländische Patienten haben aufgrund ethnischer Besonderheiten manchmal sehr weit in die Stirn reichende Haaransätze, dadurch eine schmale Stirn, die weniger als 6 cm in ihrer Höhe misst (Strecke Nasenwurzel  – Haaransatz). Eine Rekonstruktion ist in solch einem Fall in der Regel unangebracht, weil das spätere Aussehen bei weiterem Haarverlust unnatürlich und unästhetisch wirkt.  

>>Mit der Simulation des zukünftigen Haaransatzes beginnt der ästhetisch wichtigste Teil der ärztlichen Konsultation. Hier ist Sicherheit, Erfahrung und Übung gefragt. Anfänger können vorab bei Bekannten oder Freunden mit Haarausfall die Simulation eines natürlichen Haaransatzes üben. Auch die Betrachtung und Analyse von Fotos „normaler“ Haaransätze ist im Vorfeld für Lernende hilfreich.

Bei sparsamer und ästhetisch zurückhaltender Planung des zukünftigen Haaransatzes kann man mit einer Behandlung das vordere Drittel, manchmal sogar die Hälfte des Oberkopfes sicher transplantieren. Damit schafft man für die sogenannte Kommunikationsebene ein optisch ansprechendes Resultat. Der Bedarf an Transplantaten dafür schwankt je nach Bedingungen zwischen 1500 und 3000 Follikular Units. Je größer die Kahlfläche, desto weiter kraniodorsal sollte die Haaransatzlinie angezeichnet werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Patient die Simulation akzeptiert und gut findet. Das Ergebnis soll fotografisch dokumentiert werden (. Abb. 7.5).  

7.3.2

 ber- und Hinterkopf, O sogenannte Tonsur

Anspruchsvoll ist die Beratung und Kalkulation, wenn der Haarausfall im hinteren Bereich beginnt, also ein sogenannter Vertex-­Typ vorliegt. Der Patient kommt in die Sprechstunde, um lediglich den hinteren Bereich korrigieren zu lassen. Das ist möglich,

45 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

..      Abb.  7.3  Die Besprechung des zukünftigen Haaransatzes setzt ästhetisches Empfinden und Erfahrung voraus. Ein etwas höher simulierter Haaransatz ist bes-

ser als eine unproportional, zu tief gelegte Simulation, die vor allem beim älteren Patienten ein nicht adäquates Aussehen provoziert

doch sollte der Behandler sich relativ sicher sein, dass Vorder- und Oberkopf lange Zeit eher nicht vom Haarausfall betroffen sein werden. Diese Prognose sicher zu stellen, ist fast unmöglich. Deshalb muss bei isolierter Behandlung der Tonsur immer ausreichend Reserve an Haarwurzeln im Spendergebiet vorhanden sein. So hat man später noch Möglichkeiten, den vorderen Bereich schütter aufzufüllen bzw. zu adaptieren. Den Patienten muss explizit erklärt werden, dass die, qualitativ besten, Haarwurzeln bei der ersten Behandlung in einen Bereich verpflanzt werden, der von ihnen selbst nur mit Hilfe von zwei

Spiegeln inspiziert werden kann und der bei Progredienz extrem viele Haartransplantate für die kahle Zirkumferenz erfordert. Denn der Blickwinkel der Betrachter fällt meist senkrecht auf die Tonsur, sodass man entlang der Haarschäfte deutlich die helle Kopfhaut durchscheinen sieht. Somit ist auch der Zufriedenheitsgrad „tonsurtransplantierter Patienten“ geringer. Das soll man bereits in der Aufklärung erwähnen, um aufwändige Reklamationen oder gar Prozesse zu vermeiden. Tonsurbehandelte Patienten infomieren sich aus o. g. Grund auch öfter über Verdichtungsbehandlungen. Je nach Größe der

7

46

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

7 ..      Abb. 7.4  Utensilien zur Konsultation, Haaransatzsimulation und Dokumentation

a

b

c

..      Abb.  7.5  Abhängigkeit des Vorgehens je nach Norwood-­Hamilton-Befund. a Beim Haarausfalltyp 3–4 nach Norwood-Hamilton kann der Haaransatz um bis zu 2  cm höher als ursprünglich simuliert werden, b Haarausfalltyp 5–6 erfordert nach Möglichkeit einen hoch ge-

legten Haaransatz, den man mehr spitz oder auch mehr flach verlaufend gestalten kann, c Am weitesten zurückgelegt soll der Haaransatz beim Typ  6–7 sein, weil zum Angleichen der seitlichen Bereiche und nach dorsal sehr viele Transplantate benötigt werden

Tonsur sind Transplantatmengen zwischen 1000 und 4000  Follikular Units in mehreren Schritten kalkulierbar (. Abb. 7.6).

selbst beim Blick in den Spiegel sichtbar. Er wird sich daran täglich erfreuen, und das ist vom psychologischen Aspekt wirkungsvoller als man vielleicht denkt. Bei großen Kahlflächen oder zu erwartenden großen Haarausfallbezirken ab Norwood-­ Hamilton-­ Typ  4–7 ist genau die Vorgehensweise von vorn nach hinten zu empfehlen. Die Kahlfläche wird sukzessive je nach Leistungsfähigkeit des Teams, nach Beschaffung der Spenderfläche in ein bis drei Sitzungen versorgt. Während im vorderen Drittel 1500–3000  Transplantate erforder-



7.3.3

Priorisierung

Der Patient soll im Gespräch verstehen lernen, dass die Rekonstruktion der sogenannten Kommunikationsebene, also des vorderen Drittels/Hälfte des Oberkopfes der bedeutsamste Teil einer Haartransplantation ist. Hier ist das Resultat auch durch den Patienten

47 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

a

d

c

b

e

f

..      Abb.  7.6 Vertex-Alopezie. a Intraoperativer Status einer typischen Vertex-Alopezie mit frontal intakter Haarsituation. Die Empfängeröffnungen sind in Haarwuchsrichtung angelegt und reichen schon in Bereiche zukünftigen Haarausfalls. Damit entsteht später ein weicher Übergang in nicht behandelte Gebiete. b Die intraoperativ gefertigte Operationsskizze definiert die Verteilung der Transplantate, wobei angrenzende Bereiche prophylaktisch mit verdichtet werden. c Postoperativer Status einer Transplantation exklusiv in die Tonsur. Die Kahlfläche ist mit neuem Haar bedeckt. Bei heller Kopfhaut und dunklem Haar wirkt das Resultat wegen der

Kontrastierung etwas ausgedünnt und man kann die ehemalige Kahlfläche erahnen. d Sonderfall einer Typ-6-Alopezie mit ausgeprägter Vertexbetonung. Ähnlich wie bei der weiblichen Alopezie ist der Haaransatz weitestgehend intakt, die alopezischen Areale reichen bis weit nach okzipital. e Priorisiert erfolgt die Transplantation von vorn nach hinten, der nach dorsal abfallende Bereich der Tonsur wird vernachlässigt. f 1  Jahr nach der Behandlung mit 2600 Follikular Units ist der optisch wichtige Bereich vom frontalen und oberen Aspekt blickdicht versorgt; der abfallende Bereich der Tonsur könnte später bei Bedarf in zweiter Sitzung transplantiert werden

lich sind, kann man für oben und hinten gut 2000–4000  Transplantate kalkulieren. Und das geht natürlich nur dann, wenn die Spenderfläche diesen Behandlungsumfang zulässt. Keinesfalls sind solche großen Mengen an Transplantaten für Anfänger in einer

Behandlung zu realisieren. Denn „Megaund Ultramegasessions“ bergen immer das Risiko von Komplikationen im Spenderund Empfängerbereich wie Durchblutungsstörungen, geringe Anwuchsrate und manchmal stark sichtbare Vernarbungen.

7

48

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

>>Der Goldstandard bei der Umverteilung von Haarwurzelgruppen in kahle Gebiete ist ein mehrzeitiges Vorgehen von vorn nach hinten. Je nachdem, wie viele Transplantate insgesamt zur Verfügung stehen, kann die vordere Hälfte immer gut abgedeckt werden. Der hintere Bereich kann partiell bedeckt werden.

7

Medizinisch sinnvoll und verantwortbar sind nach derzeitigem Erkenntnisstand maximale Transplantatmengen von 2000–3500 an einem Tag mit gut trainiertem Team. Auch weniger ist manchmal mehr und durchaus kein Kunstfehler, denn die Belastung des Patienten darf nicht unterschätzt werden. Auch die Leistungsfähigkeit des Teams gilt es zu beachten. Keinen Sinn macht es, kleine Transplantatmengen schütter über eine große Kahlfläche zu verteilen. Man sieht je nach Haar- und Kopfhautfarbe später die Abstände und Lücken zu deutlich, die Kopfhaut scheint meistens stark durch. Das Resultat stellt sich als zu spärlich mit wenig zufriedenen Patienten dar; auch, weil sie von anderen als optisch auffällig bewertet werden und auf die erfolgte Haartransplantation angesprochen werden. Sind nur kleine Transplantatmengen realisierbar, dann soll auch die Behandlungsfläche verkleinert und angepasst werden. Mit mehreren kleineren Schritten lassen sich genauso gute Resultate erzielen. Man muss diesen Umstand ehrlich im Vorfeld mit dem Patienten besprechen und vermeidet dadurch später Probleme. 7.3.4

Die Kalkulation der Transplantate muss sparsam erfolgen, nicht weil man dem Patienten wenig Haare „gönnt“, sondern weil ein verantwortungsbewusster Arzt ­Folgeoperationen, Verdichtungen, „touch-up’s“ bei Progredienz des Haarausfalls einplanen muss. Auch wenn der Patient fest behauptet, nur ein einziges Mal zur Operation kommen zu wollen, er kann (und will) die Progredienz nicht abschätzen. Erfahrungsgemäß erfolgt bei vielen Patienten nach einigen Jahren eine Wiedervorstellung mit der Bitte, doch noch eine weitere Haartransplantation durchzuführen. >>Das vollständige „Abernten“ der Spenderfläche in einer Haartransplantationssitzung ist aus medizinischer Sicht bis auf wenige, zu begründende Ausnahmen ein Kunstfehler.

Die Kommunikationsebene im vorderen Drittel misst etwa 80–120  cm2. Sie ist in der Regel immer gut mit Transplantaten therapierbar. Im Haaransatzbereich kalkuliert man mit etwa 300–500  Einzelhaaren, dahinter positioniert man 2er-Units. Diese werden auch auf seitliche und hintere Bereiche verteilt, so dass die 3er- bis 5er-Units zentral Volumen geben können (. Abb. 7.7, . Abb. 7.8).  



Kalkulation, Verteilung, Transplantatmengen Empfängerareal

Je nach Haarfarbe, Hautfarbe und Haartextur kann man pro Quadratzentimeter Kahlfläche im Allgemeinen grob überschlagen und wie folgt kalkulieren: 55 10–20 Transplantate bei welligen, krausen, dicken Haaren, 55 20–40  Transplantate bei glatten, dünnen Haaren.

..      Abb. 7.7  Die Dichte der Empfängeröffnungen wird intraoperativ an verschiedenen Referenzpunkten gemessen. Je nach Haarqualität, Textur und Lokalisation liefern Haargruppendichten von 10–40/cm2 optisch gute Resultate

49 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

..      Abb. 7.8  Die Zahl und durchschnittliche Dichte der verschiedenen Haargruppen sowie deren Verteilungsmuster wird im Operationsbericht dokumentiert

>>Bei der Verteilung der Units ist es sinnvoll, im Haaransatz nur Einzelhaare zu platzieren, dahinter, seitlich und dorsal 2er-­ Gruppen. Das gewünschte Volumen im Oberkopfbereich kann durch 3er- bis 5er-­ Haargruppen realisiert werden. Auch eine gemischte Verteilung ist möglich.

Der hintere Oberkopf und die Tonsur können große Ausmaße annehmen, sodass hoher Transplantatbedarf entsteht. Solange die Tonsur eine Fläche von 100–120  cm2 nicht übersteigt und prognostisch als stabil einzuschätzen ist, ist eine schüttere Versorgung mit 1500–2000  Transplantaten möglich. Vorwiegend sollen hier 2er-(Wirbelbereich) und 3er-­Units (Randbereiche) zum Einsatz kommen. 7.3.5

 emporal Points bzw. T Peaks (TP)

Die sogenannten „Temporal Points“, Abk. TP, stellen die beidseits nach vorn konvex gewölbten und spitz in Richtung Stirn auslaufenden Grenzen der parietalen Behaarung

dar. Sie bilden den seitlichen Gesichtsrahmen, der genauso wie die obere Begrenzung des Haaransatzes zur Stirn hin zur Wahrung der Proportionalität im Gesicht verantwortlich zeichnet (. Abb. 7.9, . Abb. 7.10). Temporal Points können mit zunehmendem Haarausfall mehr und mehr ausdünnen und sich nach dorsal verlagern. Aus der nach frontal konvexen Wölbung wird zunächst eine senkrecht gerade verlaufende Haargrenze, bei extremer Alopezie mit nur sehr schmalem Haarkranz können die Temporal Points gänzlich fehlen und der Haaransatz ist parietal schräg nach hinten verlagert. Wenn aufgrund ärztlicher Erfahrung einschätzbar ist, dass der Haarausfall auf vordere Kopfbereiche begrenzt bleibt und ausreichend Spenderfläche vorhanden ist, dann kann man die beschriebenen Regionen im gesamten Kommunikationsbereich komplett transplantieren. Die Rekonstruktion der Temporal Points versteht sich dabei inklusiv. Zur Rekonstruktion der gesamten Kommunikationsebene benötigt man zwischen 1800 und 2500 Follikular Units (. Abb. 7.11). Temporal Points vom Grad  1 benötigen zur verdichtenden Konturierung etwa 50–  





7

50

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

a

b

7

..      Abb.  7.9  Temporal Points. a Simulation des seitlichen Haaransatzes bei fehlenden sogenannten Temporal Points. Die seitliche Begrenzung des Gesichtsrahmens ist nach parietodorsal verschoben. b Simulation intakter

bzw. rekonstruierter Temporal Points. Die Geheimratsecken müssen beim männlichen Haaransatz erhalten bleiben, wie hier dargestellt

Haartransplantation in diese Bereiche entscheidet, dann soll man bei Folgeoperationen auch eine weitere Verdichtung nach dorsal einplanen. Sonst entsteht mehr und mehr eine haarlose Region, die meist überkämmbar ist, jedoch von einigen Patienten als störend empfunden wird (. Abb. 7.12).  

..      Abb. 7.10  Intraoperativer Befund einer Haarlinienverdichtung unter Einbeziehung der Temporal Points und Aussparung der Geheimratsecken. Damit bleibt der typisch männliche Gesichtsrahmen erhalten

100  Transplantate pro Seite. Beim Grad  2 werden pro Seite sicher 100–200  Follikular Units benötigt. Beim Schweregrad  3 ist eine Rekonstruktion wegen der Priorisierung anderer Bereiche eher nicht mehr zu empfehlen. Falls man sich in frühen Stadien des Haarausfalls und bei sehr jungen Patienten für eine

>>Bei großen Kahlflächen und fortgeschrittener Alopezie vom Typ  6–7 nach Norwood-­ Hamilton soll man die Temporal Points möglichst nicht mit in die Therapie einbeziehen; hier hat die Rekonstruktion des Oberkopfes und des Haaransatzes Vorrang. Bei Alopezie vom Typ 1–3, inklusive Typ 3A nach Norwood-­ Hamilton und bei Patienten, die aus rein kosmetischen Aspekten die obere und seitliche Kommunikationsebene komplett rekonstruiert haben möchten, liefert die Einbeziehung der Temporal Points sehr gute optische Resultate. Falls es zu einem Zurückweichen

51 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

a

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d

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c

..      Abb.  7.11  Temporal Points Grad  1. a, c Bei stabilem Haarausfalltyp 3 mit Temporal Points Grad 1 ist bei sehr gutem Spenderpotenzial die Rekonstruktion der gesamten vorderen Kommunikationsebene möglich. b, d Das Resultat 1 Jahr nach Transplantation von 2200 Follikular Units in die gesamte Kommunikationsebene

(Haaransatz, Geheimratsecken, Temporal Points) zeigt eine vollständige Wiederherstellung. e Im Detail soll die Rekonstruktion der Haaransatzlinie dem Prinzip der „irregulären Regularität“ folgen. Dadurch wirkt das gesamte Erscheinungsbild natürlich und „unoperiert“

der seitlichen Haargrenze in den Folgejahren kommt, müssen Überbrückungstransplantationen den Anschluss zur parietalen Behaarung sichern.

des Ober- und Hinterkopfes. Man kann in ein bis zwei Sitzungen im Halbjahresintervall längsovalär einen spindel- oder sternförmigen Hautlappen entfernen und damit die Kahlfläche um 10–30 cm2 verkleinern. Rein querovaläre Exzisionen sind wegen möglicher starker Straffung der Donorregion im mittleren hinteren Haarkranzbereich nicht zu empfehlen, weil dann eine „narbenarme“ Streifenentnahme ausgeschlossen ist.

7.3.6

Kopfhautreduktion

Eine Ergänzung zur Haartransplantation ist die Reduktion kahler Hautareale im Bereich

7

52

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

a

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..      Abb. 7.12  Progredienter Haarausfall. a Progredienter Haarausfall nach Rekonstruktion der Haaransatzlinie inklusive Temporal Points. Die ausgedünnten Bezirke können relativ lange überkämmt werden, sind bei kürzerem

Haar als lichte Stellen wahrnehmbar. b Eine angleichende Verdichtung der parietalen Scheitelbereiche nach dorsal war hier erfolgt. Wegen Progredienz des Haarausfalls muss nun erneut weiter nach dorsal verdichtet werden

Die Reduktionsplastik ist aus Gründen der Geweberekonvaleszenz mit einem Zeitverlust bis zur Haartransplantation von etwa 3 Monaten bei FUE- und 6–8 Monaten bei Streifenentnahme verbunden. Sie erfordert wegen der vorübergehenden Wundschmerzen eine ausgesprochen gute Compliance der Patienten. Auch ist nicht jede Klientel bereit, eine mehr oder weniger auffällige strichförmige Narbe am Ober- und Hinterkopf zu tolerieren, wenngleich diese ja später mit Haartransplantaten aufgefüllt werden kann. Nur wenige Patienten entscheiden sich zu dieser zusätzlichen Maßnahme, die als „transplantatsparende Option“ in die Therapiekette eingereiht werden kann. Patienten, die eine Einzelentnahme (FUE) bevorzugen, lehnen die mit Schnitt und möglicher sichtbarer Narbe verbundene Reduk-

tion meist von vornherein ab. Patienten mit großen Kahlflächen, besonders im hinteren Oberkopfbereich (große Vertex-Typen), die ein optimales Resultat wünschen und die sich nicht vor einer strichförmigen Narbe scheuen, tendieren eher zur Kopfhautreduktion. Meist steht die Reduktion am Anfang der Therapiekette, dann schließen sich Haartransplantationen an. Alternativ ist zunächst auch eine Transplantation im vorderen Drittel möglich, nach 3–6 Monaten folgt dann im hinteren Bereich die Reduktion. Nach weiteren 3–6 Monaten kann in den okzipitalen Anteil der Kahlfläche transplantiert werden oder die nächste Reduktion, in Abhängigkeit von der Hautbeschaffenheit und Narbenbildung, folgen (. Abb. 7.13, . Abb. 7.14, . Abb. 7.15, . Abb. 7.16).  







53 7.3 · Operative Therapiekonzepte beim Mann

..      Abb. 7.13  Ausgeprägte Tonsur bei Vertex betontem Norwood-Hamilton  Typ 5–6. Der Patient möchte ein möglichst vollkommenes Haarkleid, weshalb eine Kopfhautreduktionsplastik gewünscht wird

..      Abb.  7.15 Die zweite Reduktionsplastik wird mit leicht gegenläufiger Schnittfigur und Maßen von 13 × 3 cm geplant

Eine Reduktionsbehandlung zeitgleich mit einer Haartransplantation durchzuführen, wird wegen möglicher Mangeldurchblutung und dem daraus resultierenden Risiko für Wundheilungsstörungen nicht empfohlen. Die Reduktion mittels Hautexpander scheidet für Haarpatienten mit androgenetischer Alopezie aus. Die damit verbundene schrittweise Dehnung der Haut durch einen Ballon („Ballooning“) ist belastend, optisch störend und meistens mit Komplikationen (Haarwurzelnekrosen durch Druck des Ballons) behaftet. Der Hautexpander hat höchstens noch in der Verbrennungschirurgie seine Berechtigung.

..      Abb.  7.14  Bei der ersten Reduktionsplastik wird die Entnahme eines spindelförmigen Hautlappens von ca. 12 × 3,5–4 cm geplant

>>Kopfhautreduktionen sind nur im oberen und hinteren Tonsurbereich zur Verkleinerung von Kahlstellen zu empfehlen. Sie erfordern eine gute Compliance der Patienten. Reduktionen sind „transplantat-

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54

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

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..      Abb.  7.16  Nach 2  Reduktionsplastiken ist a die Fläche effektiv verkleinert. Die Transplantatmenge kann nun bereits in einer Sitzung fast flächendeckend eingesetzt werden. b Nach 2  Reduktionsplastiken und

einer Haartransplantation stellt sich die Kahlfläche gut rekonstruiert dar und kann final in einer weiteren Transplantation verdichtet und optimiert werden

sparende Verfahren“, verbessern die Haardichte und damit die optische Wirkung nach anschließender Haartransplantation.

sich hier im Vorfeld bei der Konsultation eine Makrofotoanalyse aller involvierten Bereiche und ein Vergleich mit dem Spendergebiet. Danach beträgt der Anteil transplantierbarer Patientinnen mit guter Prognose auf optischen Erfolg etwa 15 % in der Klientel aller Haartransplantationspatienten.

7.4

Operative Therapiekonzepte bei Frauen

Bei Frauen mit androgenetischer Alopezie ist eine Haartransplantation nur dann zu empfehlen, wenn eine deutliche Differenz der Haardichte und Haardicke im betroffenen Bereich gegenüber der Spenderfläche besteht. Das sollte man ausmessen, makrofotografisch dokumentieren und mit den Frauen genau besprechen. Erfahrungsgemäß muss mindestens ein Dichteunterschied von 30  % zwischen Spender- und Empfängerfläche bestehen. Nur wenn man kräftige, dicht stehende Haargruppen in sehr dünn gewordene Bereiche transplantieren kann, wird sich ein optischer Erfolg messbar und noch wichtiger, für die Patientin nachvollziehbar, einstellen. Bewährt hat

!!Cave Viele Frauen stellen sich mit dem Wunsch zur Haartransplantation vor, sind aber nicht dafür geeignet. Gründe dafür sind: entweder zu dichte Resthaarsituation und Wunsch nach noch mehr Haardichte oder überall sehr dünnes Haar, also auch kein gutes Spenderhaar. Wird in solchen Fällen transplantiert, ist Unzufriedenheit häufig vorprogrammiert. Einige Ärzte führen deshalb bei Frauen keine Haartransplantationen durch. Besonders Anfänger können dabei sehr negative Erfahrungen machen, vor allem auch, weil der operationstechnische Anspruch hoch ist.

55 7.4 · Operative Therapiekonzepte bei Frauen

Frauen, die sich durch eine Transplantation dickeres Haar versprechen, insgesamt aber ein normales oder gar dünnes Haarbild zeigen, sind nicht für eine Haartransplantation geeignet. Sie werden mit dem Resultat nicht zufrieden sein. Falls man eine Operabilität ausschließt, soll man das mit viel Empathie und Sensibilität vermitteln, weil Frauen unter einem so starken Leidensdruck stehen und sich die Haartransplantation als Ultima Ratio vorgestellt haben. >> Die Indikation zur Haartransplantation ist bei Frauen oft erschwert zu stellen. Es braucht Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Je besser die qualitative Situation des Spenderhaares im Vergleich zur Empfängerfläche, desto sicherer der optische Erfolg und damit der Zufriedenheitsgrad der Frauen.

a

..      Abb.  7.17  Haarausfalltyp Ludwig  1–2. a Beim Haarausfalltyp Ludwig  1–2 kann man bei ausreichend Spenderhaarfollikeln in einer Sitzung die Verdichtung

7.4.1

Androgenetische Alopezie vom weiblichen und männlichen Typ

Die Operabilität wird bei Frauen grundsätzlich durch die Beschaffenheit der Spenderfläche bestimmt, die oftmals nur ein bis zwei Sitzungen zulässt. Die Konzeption soll sich hier, ebenso wie beim Mann, zunächst auf die Rekonstruktion der Kommunikationsebene beschränken, was beim Typ-Ludwig  1 kein Problem darstellt. Auch bei isolierter Käppchenalopezie mit kleinem Befund im Wirbelbereich ist die Transplantation möglich. Bei potenter Spenderfläche und Befund Ludwig 2 ist manchmal die Korrektur in einer Behandlung gegeben (. Abb. 7.17). Beim Haarausfalltyp Ludwig  3 muss im der Regel mehrzeitig vorgegangen werden.  

b

durchführen. b Resultat einer einmaligen Verdichtungsbehandlung nach 1 Jahr

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56

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

a

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..      Abb.  7.18  Haarausfalltyp Ludwig  3. a Beim Typ-­ Ludwig 3 soll schrittweise von vorn nach hinten transplantiert werden. Wie oft transplantiert werden kann, wie viel Transplantate pro Behandlung möglich sind, welche Entnahmetechnik am besten ist, hängt vom Spenderareal ab. b Bei einem schütteren Resultat wird

die Optik durch etwas längeres Haar wesentlich verbessert, weil die Haarlänge mehr Kahlfläche abdeckt. Qualitativ beste Haarfollikel wurden in den vorderen Bereich transplantiert. Mit jeder weiteren Behandlung nehmen Zahl und Qualität der Follikular Units ab

Man kann hier mit 1–2  Streifenentnahmen im Jahresabstand beginnen, später je nach Spenderpotenzial noch punktuell durch FUE-­ Technik verdichten und nach dorsal vervollständigen (. Abb. 7.18). Bei Frauen sind pro Behandlung Transplantatzahlen von 1000–1600  Follikel Units realistisch, weil die sichere Spenderzone wesentlich kleiner als beim Mann ist.

Alopezie-Typ  3 nach Norwood-Hamilton. Gerade Frauen im mittleren Lebensalter spüren durch hormonelle Umstellung die Ausdünnung der Geheimratsecken. Bei der Beratung soll man beachten, dass Spenderhaare aus dem Hinterkopf dicker und meist auch dunkler als im Empfängerbezirk sind. Eine angleichende Verdichtung in angrenzende Bereiche ist hier zu empfehlen. Anders als beim Mann sind die Ecken mit einem weichen und runden Verlauf des Haaransatzes an Nachbargebiete anzuschließen. Je nach Ausdehnung der Geheimratsecken erfordert das Auffüllen und angleichende Verdichten in der Regel Transplantatzahlen von 300–800 pro Seite, insgesamt demnach 600–1600 (. Abb. 7.19).



7.4.2

Geheimratsecken

Dieser häufig nachgefragte Eingriff ist gut realisierbar. Die isolierte Ausdünnung dieser Bereiche entspricht der androgenetischen



57 7.4 · Operative Therapiekonzepte bei Frauen

..      Abb.  7.19  Status direkt nach Transplantation von 300  Follikular Units zur Verdichtung der Geheimratsecken. Bei, wie hier, kleinem Befund sind diese kleinen Mengen ausreichend

7.4.3

Haaransatzlinie und Geheimratsecken

Einige Frauen empfinden ihren Haaransatz in Stirnmitte zu hoch, entweder seit Geburt an oder später durch hormonelle Einflüsse oder Operationen. Zur Wahrung der Proportionalität empfiehlt sich eine Korrektur durch Kaudalisierung des Haaransatzes. Das bedeutet, die gesamte Kommunikationsebene muss angleichend transplantiert werden. In solchen Fällen ist die natürliche Drittelung des Gesichts zu Gunsten einer zu hohen Stirn gestört. Man spricht vom „baby face“ oder auch von „hoher Stirn“ (. Abb. 7.20). Die Entscheidung zur Rekonstruktion der gesamten Kommunikationsebene setzt ein sehr gutes Spenderpotenzial voraus.  

>>Der Verlauf des Haaransatzes trägt wesentlich zur Gesichtsform bei und bestimmt die Wirkung des Gesichts auf Andere. Bei angeborener Störung der Proportionalität des Gesichts zu Gunsten einer sehr hohen Stirn und vorhandenen Geheimratsecken spricht man von „Alopecia triangularis congenita“, umgangssprachlich „baby face“ oder „hohe Stirn“. Gleicher Befund kann auch bei androgenetischer Alopezie auftreten, wird also mit den Jahren erworben.

..      Abb.  7.20  Für manche Frauen wirkt eine proportional zu hohe Stirn („baby face“) störend. Eine Haartransplantation kann sehr fein und ästhetisch die Stirn-Haar-Grenze nach kaudal verlagern, wodurch die proportionale harmonische Dreiteilung des Gesichts erreicht wird

Der Haaransatz kann im medialen Bereich bogenförmig konkav gestaltet werden, was der Bezeichnung „egg on top“ entspricht. Das bedeutet, die Gesichtsform ähnelt einem auf die Spitze gestelltem Ei. Etwas seltener, aber auch von vielen Betrachtern favorisiert, ist die sogenannte Herzform des Gesichts. Hier findet man im mittleren Bereich des Haaransatzes eine, nach kaudal geformte, Spitze, im Gegensatz zum eher geradlinigen Verlauf beim ovalen Gesicht (. Abb. 7.21). Die Rekonstruktion der gesamten Kommunikationsebene, also Geheimratsecken auffüllen, Haarlinie verdichten und ggf. nach kaudal verlagern, Koteletten verstärken, erfordert in der Regel Transplantatzahlen von 1500–2200 (. Abb. 7.22). Bei intaktem Haaransatz und Wunsch zur Transformierung einer „Egg-on-top“-Form in  



7

58

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

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..      Abb.  7.21  Gesichtsform und Haaransatz. a Die ovale Gesichtsform mit einem runden und in Stirnmitte leicht nach dorsal konkavem Haaransatz wird als „egg

on top“ bezeichnet. b Bei einem ausgeprägt spitz nach kaudal verlaufendem Haaransatz spricht man von der „Herzform“ des Gesichts

eine Herzform sind meist 100–300 Follikular Units ausreichend. Das Konzept ist einfach und leicht realisierbar (. Abb. 7.23).

7.4.5

Kopfhautnarben

Frauen beklagen weitaus häufiger als Männer Narben im Bereich der behaarten Kopfhaut. Vor allem nach Face-lift-Operationen 7.4.4 Käppchenalopezie entstehen wegen Minderdurchblutung dünner werdende Schläfenregionen und sichtSelten ist diese Zone im hinteren oberen Be- bare Narben im Bereich der Koteletten, reich bei Frauen isoliert betroffen. Sie ist mit prä- und postaurikulär. Koteletten können der beim Mann auftretenden Tonsur, Vertex-­ straffungsbedingt gänzlich fehlen. Das ist der Typ, vergleichbar. Wegen der Haarwirbel Operationstechnik geschuldet, bei der vermüssen meist Ersttransplantation und Ver- sorgende Arterien dieser Region durchtrennt dichtung im Jahresabstand eingeplant wer- werden. Dadurch, aber nicht nur dadurch den. Der Bedarf an Transplantaten liegt zwi- allein, können Narben störend sichtbar werschen 500 und 1000 pro Behandlung. den. Vor allem dann, wenn die Patientin ihre  

59 7.4 · Operative Therapiekonzepte bei Frauen

a

..      Abb.  7.22  Wunsch zur optischen Verkleinerung der Stirn. a Dabei müssen Geheimratsecken und angrenzende Koteletten mit angleichend verdichtet werden. b Resultat

b

nach Kaudalisierung der Haarlinie um 2–3 cm. Es wurden 1800 Follikular Units transplantiert. Die Proportionalität des Gesichts ist durch dieses Konzept wiederhergestellt

meist langen Haare gern nach hinten über die Ohren trägt (. Abb. 7.24).  

>>Auch in Narbenbereichen ist die Durchblutung meist völlig ausreichend, um ein Anwachsen von Kleinsttransplantaten zu gewährleisten. Darüber hinaus kann man nach erfolgreichem Einwachsen der Follikular Units sicher sein, dass die Wurzeln dauerhaft normalen Haarwuchs in Narbengebieten produzieren.

..      Abb. 7.23  Nur etwa 100–300  Follikular Units sind ausreichend, um einen konkaven Haaransatz im mittleren Stirnbereich in eine leicht konvexe Form (Herzform) zu transformieren

Die Transplantation in Face-Lift-Narben und Angleichung/Verdichtung/Rekonstruktion der Koteletten erfordert in der Regel Transplantatzahlen von 400–1500. Verdichtungs-

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Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

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..      Abb.  7.24  Optimierung nach Face-Lift. a Supraaurikuläre Narbe nach Face-Lift, die bei nach hinten gekämmtem Haar störend sichtbar wird. b Die optische

Kaschierung der Narbe gelingt nach Transplantation von 50  Follikular Units, wobei die Angleichung der Haarwuchsrichtung Kompromisse erfordert

behandlungen sind als „touch up“ nach 1 Jahr mit kleinen Transplantatzahlen von 300–500 zur Perfektionierung möglich.

heit sichtbare und für Frauen oft störende Narben. An den Seiten und im Hinterkopf-/ Nackenbereich werden Narben glücklicherweise bei schräg nach unten fallendem Haar dachziegelförmig überdeckt. Dadurch sind sie weniger auffällig und dementsprechend ist der Wunsch nach Korrektur seltener. Nur einige wenige Frauen mit Zustand nach Face-Lift-­ Operation wünschen das Auffüllen der postaurikulär meist horizontal in den Haaransatz hinein verlaufenden Narben.

7.4.6

 arben im Parietal-, Nacken-, N Scheitel- und Wirbelbereich

Oftmals handelt es sich um Narben nach chirurgischer Intervention aufgrund unterschiedlicher Indikation. Leider wissen einige Operateure nicht, dass besonders im parietalen und Wirbelbereich am hinteren Oberkopf Narben gern dehiszent werden. Auch ungenaue nicht parallel zu den Haarschäften verlaufende Schnitte führen zu Dissektionen, welche Haarwurzeln absterben lassen. Es entstehen sogenannte „Pseudobreitnarben“. Die Patienten stellen sich zur Transplantation als Ultima Ratio vor, nachdem sie mehrere Korrekturversuche der Narben hinter sich gebracht haben und eine Verbesserung ausgeblieben ist. Weil im Wirbelbereich durch ungünstige Blickrichtung auf die Kopfhaut das Haar immer etwas dünner wirkt, produzieren „Schnitte“ und „Nähte“ hier mit fast 100  %iger Sicher-

>>Narben im Bereich der behaarten Kopfhaut werden häufig von Frauen zur Korrektur angefragt. Je nach Lokalisation sind Verdichtungsbehandlungen nach 1  Jahr ratsam.

Narbige Alopezien nach Radiatio sind bei Männern und Frauen gleichermaßen anzutreffen. Meist ist eine Transplantation ausreichend, falls durchblutungsbedingt nicht alle Haarwurzeln anwachsen, kann 1 Jahr später die Verdichtung erfolgen. Je nach Größe des Defekts kann man mit 1000–2000 Transplantaten kalkulieren (. Abb. 7.25).  

61 7.6 · Kalkulation der Transplantatmenge im Empfängerareal

7.6

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..      Abb.  7.25  Nach Radiatio wegen eines Hirntumors kam es a zu dieser umschriebenen narbigen Alopezie im parieto-frontalen Bereich links. b Ein Jahr nach Transplantation von 1700 Follikular Units zeigt sich permanenter Haarwuchs mit guter optischer Wirkung

7.5

Transgenderbehandlungen

Haartransplantationen sind nach erfolgter Umstellung von „männlich“ auf „weiblich“ häufiger gefragt als im gegensätzlichen Fall. Zwar werden die Patienten hormonell substituiert, doch je nach Veranlagung kann es zur Ausbildung mehr oder weniger großer Geheimratsecken und Zurückweichen des Haaransatzes im Sinne eines Norwood-Typ-3 kommen. Je höher das Alter der Betroffenen vor der Umstellung und desto progredienter die androgenetische Alopezie, desto umfangreicher können Transplantationen werden. Spenderhaarfollikel sind im Gegensatz zum „female type“ bei Frauen meist ausreichend in guter Qualität vorhanden. Die meisten Transplantationen können deshalb als allumfassende Rekonstruktion des frontalen Gesichtsrahmens kalkuliert werden (. Abb. 7.26).  

Kalkulation der Transplantatmenge im Empfängerareal

Die Kahlfläche wird ausgemessen, der Einfachheit halber sollten Kantenlängen gemessen werden, um den Flächeninhalt eines Drei- oder Vierecks leichter zu ermitteln. Je nach Transplantationsmethode und Dicke der Haargruppen kann zwischen 10 und 40 Follikular Units pro Quadratzentimeter (cm2) kalkuliert werden. Handelt es sich um eine Verdichtungsbehandlung in langes Haar h ­ inein, wird die Transplantatdichte nicht so hoch sein wie bei einer Fläche ohne Resthaar oder bei Kahlrasur. Es hat sich zur Kalkulation eine Zahl von 20–30 Units pro cm2 bewährt. Das bedeutet für die Berechnung: 55 Bei einer Fläche von 75 cm2 und einer geschätzten Transplantationsdichte von 20 Units pro cm2 muss man mit 1500 Transplantaten rechnen. 55 Bei einer Fläche von 100 cm2 und einer geschätzten Dichte von 30  Units pro cm2 muss man mit 3000  Transplantaten rechnen. Im Bereich des Haaransatzes erreicht man bei Einzelhaartransplantation Dichtewerte zwischen 30–45 Follikular Units pro cm2. Bei 2er- und 3er-Gruppen ist der Durchmesser größer und man kann mit 15–25  Units pro cm2 kalkulieren. Ebenso soll man einen möglichst flachen Einstichwinkel zur Verbesserung der optischen Dichte wählen. Ein flacher Einstich mit einem runden Instrument erzeugt immer eine ovale Figur auf der Kopfhaut, was zwar die Transplantationsdichte herabsetzt, aber die optische Wirkung verbessert. Für Flächen im vorderen und mittleren Oberkopf kann deshalb auch die Dichte von 10–25 Units pro cm2 ausreichend sein. Der Operateur muss außerdem wissen, welche maximale Transplantatzahl er mit seinem Team an einem Tag realisieren und wie weit er den Patienten belasten kann.

7

62

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

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..      Abb.  7.26 Transgenderpatientin. a, b, c Mit typischem Haarausfallbild im Bereich des Haaransatzes und der Geheimratsecken; Rekonstruktion des gesamten Gesichtsrahmens mit 2200  Follikular Units geplant, dabei

auch Verdichtung in angrenzende Bereiche. d, e, f Rehabilitierte Patientin mit typisch weiblichem Aussehen und damit Bestätigung der präoperativen Kalkulation

>>Bei der Kalkulation soll man die Transplantatzahlen nicht ins Unermessliche steigern. Bis zu 3500 Follikular Units sind bei FUE-Technik und gut trainiertem Team machbar. Anfänger sollen nicht mehr als 1500  Transplantate kalkulieren. Benötigt man größere Mengen, dann sollte eine zweite Sitzung im Jahresabstand kalkuliert werden.

>>Mittels FUE-Technik lassen sich in der Regel mehr Transplantate entnehmen und umverteilen als bei der Streifentechnik, auch dann, wenn der Patient bereits mittels Streifentechnik voroperiert wurde.

Bei einer Hautstreifenentnahme mit anschließend aufwändiger Präparation am Mikroskop sind durchschnittlich 2000–2500 Transplantate, bei besten Voraussetzungen und gutem Team 2500–2800  Transplantate realisierbar, höhere Zahlen belasten den Patienten und können eine unschöne Breitnarbenbildung am Hinterkopf provozieren.

kWas ist bei großen Kahlflächen zu ­beachten?

Patienten vom Norwood-Hamilton-Typ  6 und 7 können Kahlflächen von 180–300  cm2 aufweisen, meist beträgt die durchschnittliche Kahlfläche 200–220  cm2. Rechnet man für diese Fläche mit durchschnittlich 20  Transplantaten pro Quadratzentimeter, dann beträgt der Transplantatbedarf 4000–5000. Das ist machbar, birgt aber meist Komplikationen, verbunden mit Narbenbildung und weniger Haarwuchs als erwartet. Deshalb

63 7.7 · Kalkulation Spenderfläche, Spenderpotenzial

können sogenannte Mega- oder Supermega-­ Sessions hier nicht empfohlen werden. Wegen höherer Risiken und dem oftmals schlechten optischen Ergebnis wird zunächst die Hälfte transplantiert, eine zweite Sitzung kann nach erfolgtem Haarwuchs 10–12  Monate später angedacht werden. Besser ist auf jeden Fall, den hinteren Bereich erst einmal unberücksichtigt zu lassen, vor allem wenn bei schmalem Haarkranz das Gesamtpotenzial an transplantierbaren Haarwurzeln sowieso nur 2500–3000 beträgt.

7.7

Kalkulation Spenderfläche, Spenderpotenzial

jünger der Patient und je stärker die Glatzenbildung, auch im familiären Bereich, desto wahrscheinlicher ist eine Verkleinerung der Spenderzone für Haarwurzeln. Aus diesem Grund ist es gefährlich, sehr weit kranial aus dem Kranz gewonnene Haarwurzeln umzuverteilen. Sie fallen nämlich dann an anderer Stelle aus, wenn die Alopezie die Entnahmezone erreicht. Das kann schon nach sehr kurzer Zeit sein, aber auch erst nach Jahren, je nach Progredienz der Alopezie. Gelegentlich liest man im Internet, das Resultate von Haartransplantationen nicht lange „gehalten“ haben. Das bedeutet: Haarwurzeln wurden aus Bereichen des Haarkranzes entnommen, die kurze Zeit später selbst vom Haarausfall betroffen waren (. Abb. 7.27).  

Die klassische Spenderfläche für Haarwurzeltransplantate ist der sogenannte Haarkranz, der von vorn bogenförmig nach dorsal verläuft und je nach Veranlagung und Kopfgröße eine Länge von etwa 30–35  cm misst. Die Breite (Höhe) beträgt je nach Haarausfallstadium und Veranlagung im Durchschnitt 5–8 cm. Demzufolge misst die Spenderfläche gemittelt zwischen 180 und 250 cm2. Der Haarkranz wird entwicklungsgeschichtlich der Körperbehaarung ­zugerechnet, weshalb die darin enthaltenen Haarwurzeln keine Rezeptorstelle für Dihydrotestosteron besitzen und nicht der androgenetischen Alopezie unterliegen. Werden aus diesem Gebiet Haarwurzeln in andere kahle Bereiche des Kopfes transplantiert, so produzieren sie an neuer Stelle lebenslang Haarwuchs. Natürlich unterliegen auch Haarwurzeln aus dem Haarkranz dem Prozess des Alterns. Sie werden zunehmend dünner, die Zahl der Gruppenhaare reduziert sich. Somit ändert sich analog dazu das Resultat einer Haartransplantation; und im Lebensalter von 70 oder 80 wird das Bild ausgedünnt und insgesamt reduziert anmuten. Der Haarkranz selbst unterliegt auch Erbfaktoren in Abhängigkeit von der Zeit. Besonders bei jungen Patienten mit breitem, hohem Haarkranz ist nicht immer abzusehen, wie sich mit zunehmendem Haarausfallstadium auch der Haarkranz verändert. Je

>> Nur aus dem sogenannten sicheren Bereich, der „safe zone“ des Haarkranzes, entnommene Haarwurzeln produzieren lebenslang Haare. Sie besitzen keine Rezeptorstelle für Dihydrotestosteron. Weit kranial entnommene Haarwurzeln können nach einigen Jahren auch im transplantierten Gebiet den Haarwuchs einstellen, nämlich dann, wenn sie aufgrund von Erbanlagen sensibel für DHT werden.

..      Abb.  7.27  Die lebenslange Resistenz gegen Dihydrotestosteron (DHT) ist in Bereichen des Haarkranzes gegeben, die entwicklungsgeschichtlich zur Körperbehaarung gerechnet werden. Je nach Veranlagung ist die sogenannte „safe zone“ in ihrer Ausdehnung individuell verschieden. Je höher Haarwurzeln entfernt werden („less safe zone“), desto höher das Risiko, dass sie bei Progredienz des Haarausfalls an transplantierter Stelle auch wieder ausfallen

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64

7

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

Während vor 30  Jahren noch streng darauf geachtet wurde, nur aus wirklich sicheren Bereichen des Haarkranzes zu transplantieren, die umverteilbaren Mengen dadurch relativ klein waren, deutet sich in den letzten Jahren ein Paradigmawechsel an. Besonders junge Männer mit großen Kahlflächen möchten viele Haare möglichst komplett transplantiert bekommen. Erläutert man ihnen die Risiken einer zu hohen Entnahme von Transplantaten aus dem Haarkranz, dann gehen sie diese Risiken ein. Besonders im Ausland operierte Patienten fallen diesbezüglich auf, wenn sie sich in Deutschland zu einer Kontrolle oder Folgebehandlung vorstellen. Man hat ihnen wegen versprochener hoher Transplantatzahlen, meist zwischen 3000 und 5000, zwangsläufig auch Haarwurzeln sehr hoch gelegen aus dem Haarkranz entnommen. Anders sind in der Regel solch hohe Transplantatzahlen nicht realisierbar. Dieses aggressive Entnahmevorgehen wird toleriert, Priorität haben zunächst möglichst viele neue Haare auf den Kahlstellen. >> Hohe Entnahmen aus wenig sicheren Bereichen des Haarkranzes scheinen gerechtfertigt, von Patienten gewünscht und akzeptiert zu sein, besonders seit der Einführung der FUE-Technik. Damit vollzieht sich ein Paradigmenwechsel in der Philosophie der Haartransplantation.

Ich empfehle trotzdem ein konservatives Vorgehen und Planen. Die potente Spenderfläche ist eher pessimistisch mit Blick auf Progression des Haarausfalls zu berechnen. Der Patient ist über die möglichen Risiken bei Entnahme aus weniger sicheren Spenderzonen aufzuklären.

7.8

Berechnungen der Transplantatzahl

Für die Planung und Prognose ist es sehr wichtig, die tatsächlich verfügbare Haargruppenzahl im Haarkranzbereich möglichst genau zu bestimmen (7 Kap. 8 „Haardichtemessung“). Eine sehr hohe Ausbeute an Transplantaten zur Umverteilung in große Kahl 

stellen erreicht man durch Kombination von Streifenentnahme (FUT) und Einzelentnahme (FUE). Wenn der Patient mit der Vorgehensweise zur maximalen Transplantatausbeute einverstanden ist, dann kann er zunächst 1-mal mit Streifentechnik (FUT) transplantiert werden. Später können dann noch 1–3  FUE-Behandlungen folgen. Der Abstand zwischen jeder Behandlung soll mindestens 10  Monate betragen, damit der Patient den optischen Erfolg beurteilen kann und die Entscheidung zur nächsten Transplantation hieraus treffen kann. Bei Festlegung auf eine bestimmte Entnahmetechnik (zum Beispiel ausschließlich FUT oder FUE) vermindert sich praktisch immer die Menge transplantierbarer Einheiten. 7.8.1

Rechenbeispiel

Allgemeine Schätzung: 55 Spenderfläche parietaler und okzipitaler Haarkranz („safe zone“) gemittelt 34 × 6 cm = 204 cm2, 55 mittlere Haargruppendichte (FUD) pro cm2 = 80/cm2, 55 Gesamtzahl Follikular Units im (relativ) sicheren Bereich: 204 × 80 = 16.320. Es befinden sich rund 16.320  Follikular Units im sicheren Bereich des Haarkranzes. Davon kann man bei optimalen Operationsbedingungen und komplikationsfreiem Verlauf etwa die Hälfte entnehmen, ohne dass es zu extrem auffälligen optischen Beeinträchtigungen kommt, bei normal lang getragenem Haar (3–5 cm Länge). Die Gesamtzahl der in mehreren Sitzungen umverteilbaren Haarwurzelgruppen beträgt im Rechenbeispiel 8160. Davon soll man 30  % abziehen, je nach Equipment, Entnahmeeffizienz, Teamfähigkeit, Narbenbildung. So erhält man einen Überschlag der tatsächlich transplantierbaren Menge an Units. Subtrahiert man im Beispiel 30  % von 8160, so beträgt das Resultat 5712. Der Patient kann dahingehend beraten werden, dass bei unkomplizierten Konditionen ein Spenderpotenzial von 5500–6000 Follikular Units zur Verfügung steht.

65 7.8 · Berechnungen der Transplantatzahl

7.8.2

Rechenbeispiel mehrzeitige Kombination von FUT und FUE-Behandlung

55 Spenderfläche parietaler und okzipitaler Haarkranz („safe zone“) gemittelt 34 × 6 cm = 204 cm2, 55 mittlere Haargruppendichte (FUD) pro cm2 = 80/cm2. A. Haartransplantation, Streifenentnahme mit mikroskopischer Präparation: 55 Streifenlänge 30 × 1,3 cm = 3120 Transplantate, 55 abzüglich einer Toleranz 30  % (=  936  Transplantate)  =  2184  Transplantate. B. Weitere Haartransplantation, Streifenentnahme inklusive der Erstoperationsnarbe: 55 Streifenlänge 32  ×  1,2  cm  – 0,2  cm Narbe = 32 cm2 × 70/cm2 = 2240 Transplantate, 55 abzüglich einer Toleranz 30  % (=  672 Transplantate) = 1568 Transplantate. Zwischenergebnis totale Transplantatzahl nach 2-maliger Streifenentnahme (FUT) bei theoretisch festgelegter Toleranz1 von 30  %: 2184 + 1568 = 3752 Transplantate. zz Resultat der Kalkulation

55 total vorhandene Follikular Units (136 × 60) = 8160. 55 Davon unter Idealbedingungen 50  % verfügbar = 4080. 55 Haartransplantation, Einzelentnahme (FUE), 15 „Punchs“ pro cm2 × 136 = 2040 Transplantate. 55 Punchverlust 10  % (204 Transplantate nicht verwendbar) = 1836 Transplantate. Bei einer dritten Haartransplantation in FUE-Technik und zwei Voroperationen in FUT-Technik lassen sich je nach technischer Ausstattung, Beschaffung der Spenderfläche, Effizienz und Versiertheit des Operateurs mit seinem Team zwischen rund 1800  Follikular Units transplantieren. B. Weitere Haartransplantation in FUE-Technik 55 10  „Punchs“ pro cm2  ×  136  =  1360 Transplantate, 55 Punchverlust 10  % (136  Transplantate nicht verwendbar) = 1224 Transplantate. Resultat der Kalkulation nach 4 erfolgten Haartransplantationen und zwei Entnahmetechniken: Unter Einbeziehung von Toleranzen können rund 6812  Transplantate verpflanzt werden. Das ist etwas mehr als bei durchgehender Anwendung von ein und derselben Entnahmetechnik und deckt sich mit den empirisch gesammelten Erfahrungen in der Praxis.

Nach 2-maliger Streifenentnahme unter durchschnittlichen Bedingungen und bei mikroskopischer Präparation sind rund 3750  Follikular Units in Kahlflächen umverteilbar. A. Weitere Haartransplantationen in FUETechnik 55 Spenderfläche parietaler und okzipitaler Haarkranz („safe zone“) ist durch vorige Streifenentnahme reduziert, geschätzt 34 × 4 cm = 136 cm2, 55 mittlere Haargruppendichte (FUD) reduzieret sich auf etwa 60/cm2,

55 Spenderfläche parietaler und okzipitaler Haarkranz („safe zone“) gemittelt 34 × 6 cm = 204 cm2, 55 mittlere Haargruppendichte (FUD) pro cm2 = 80/cm2.

1 Der entnommene Hautstreifen hat eine Spindelform, weswegen die Fläche variiert. Auch bei mikroskopischer Präparation sind geringe Verluste einzurechnen, die abhängig von Gewebe- und Haarbeschaffenheit nach oben tendieren können.

A. Haartransplantation, Einzelentnahme 55 15  „Punchs“ pro cm2  ×  204  =  3060 „Punchs“, 55 Punchverlust 10  % (306  Transplantate nicht verwendbar) = 2754 Transplantate.

7.8.3

Rechenbeispiel zur Kalkulation einer mehrzeitigen FUEBehandlung

7

66

7

Kapitel 7 · Therapiekonzepte, Kalkulation, Transplantatmengen

Bei erster Haartransplantation in FUE-­ 4000 Haargruppen zur Umverteilung. Die Technik lassen sich je nach technischer AusNarbenbildung ist akzeptabel, wenn das stattung, Beschaffung der Spenderfläche, EfHaar 2–5 cm lang getragen wird. Bei kurfizienz und Versiertheit des Operateurs etwa zem Haar oder Glatze werden strich2754 Follikular Units transplantieren. förmige Narben meist sichtbar. B. Weitere Haartransplantation, FUE-­55 Die Einzelentnahmetechnik kann 2- bis Technik 3-mal durchgeführt werden und erbringt 55 10  „Punchs“ pro cm2  ×  204  =  2040 mit Stand heutiger Technik eine etwas hö„Punchs“, here Ausbeute an Transplantaten. Wegen 55 Punchverlust 10  % (204 Transplantate der vielen punktförmigen Einzelnarben nicht verwendbar) = 1836 Transplantate. ohne Haarwuchs wird die Ausdünnung des Haarkranzes ab der dritten FUE-Bezz Resultat der Kalkulation handlung unter Umständen stark sichtbar. Unter Berücksichtigung der Toleranz stehen 55 Kalkulationen von wesentlich mehr als bei zwei FUE-Behandlungen 4590 Trans5000 Follikular Units durch FUE-Technik plantate (2754 + 1836) zur Umverteilung zur beziehen immer die wenig sicheren kraniaVerfügung. len Gebiete des Haarkranzes ein. Auch ein Bei dieser Kalkulation sind dem undünnes Aussehen des Haarkranzes mit geübten Auge bei entsprechend langem Haar durchscheinender Kopfhaut ist mit hoher kaum optische Auffälligkeiten erkennbar. Je Wahrscheinlichkeit gegeben. kürzer und dunkler das Haar, je heller die 55 Die beste Kalkulation ergibt sich bei KomHaut, desto mehr kann es zu erkennbaren bination von FUT- und FUE-Technik. Es Ausdünnungserscheinungen kommen. können bei kurzem Haar die strichförmigen Narben gesehen werden, zusätzzz Anmerkung zur Kalkulation lich kommt es zur Ausdünnung im HaarManche Patienten werden berichten, dass man kranz. Bei potenziellen Glatzenträgern ist Ihnen bei anderweitiger Vorstellung wesentdie Kombination nicht möglich sondern lich mehr transplantieren könne. Das ist mögausschließlich eine FUE-Behandlung zu lich, man würde dann die Einzelentnahme in avisieren. die wenig sicheren Bereiche des Haarkranzes 55 Körperhaarwurzeln , insbesondere aus ausdehnen. Auch durch eine dichtere EntBart und Brustbereich, können mittels nahme im sicheren Bereich des Haarkranzes Einzelentnahme ergänzend transplantiert lässt sich die Ausbeute erhöhen. Das wiedewerden. Damit erhöht sich die Effizienz rum erhöht das Risiko zu verstärkter sichtdieses Entnahmeverfahrens gegenüber der barer Narbenbildung. Die genannten Risiken FUT-Technik. sollen bei einer Elektivbehandlung möglichst 55 Patienten sollen niemals durch Ärzte zu einer ausgeschlossen werden, weshalb zu aggressibestimmten Entnahmetechnik gedrängt ves Kalkulieren am Ende Probleme bereiten oder gar überredet werden, auch nicht durch kann. verschiedene Kostenkalkulation. 7.8.4

Fazit realistischer Transplantatkalkulation

55 Die Kalkulation ist immer abhängig vom Lokalbefund am Patienten, vom Alter und dem höchstwahrscheinlich zu erwartendem Endstadium des Haarausfalls. 55 Die Streifenentnahmetechnik soll maximal 2-mal, empfohlen 1-mal, durchgeführt werden und erbringt in Summe 2000–

Literatur Finner AM (2021) Haarerhaltende Therapien der androgenetischen Alopezie als sinnvolle Ergänzung zur Haartransplantation. J Ästhet Chir 14(3): 103–107 Jiminez J et al (2014) Efficacy and safety of a LLLT device in the treatment of male and female pattern hair loss: a multicenter, randomized, sham device-­ controlled, double-blind study. Am J Clin Derm 15:115–127

67 Literatur

Keene SA (2014) The science of light biostimulation and low level laser therapy (LLLT). Hair Transplant Forum Interntl 24(6):201–209. https://doi.org/ 10.33589/24.6.0201. Zugegriffen am 02.04.2021 Keene SA (2015) Critically assessing recent published LLLT device trials: limitations, recommendations, and conclusions. Hair Transplant Forum Internatl 25(3):102–105. https://doi.org/10.33589/25.3.0102. Zugegriffen am 02.04.2021

Lanzafame R et  al (2013) The growth of human scalp hair mediated by visible red light laser and LED sources in males. Lasers Surg Med 45:487–495 Lanzafame R et  al (2014) The growth of human scalp hair in females using visible red light laser and LED sources. Lasers Surg Med 46:601–607 Neidel (2021) Lasersysteme bei androgenetischer Alopezie. Z Haut 32(4):166–172

7

69

Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen Inhaltsverzeichnis 8.1

Haargruppen – 70

8.2

Messverfahren und Nomenklatur – 70

8.2.1 8.2.2 8.2.3 8.2.4

 etektionsgrenze, Abgrenzung der Units – 72 D Auszählen, Nomenklatur, Abweichungen – 72 Transplantationsindex – 75 Fehlerquellen bei der Dichtemessung – 76

8.3

Ergänzende Messverfahren – 77

8.3.1

 essung der Haarmasse, Haarmassenindex, Hair Mass M Index (HMI) – 77 Bestimmung der Haardicke – 78

8.3.2

Literatur – 80

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_8

8

70

8.1

8

Kapitel 8 · Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen

Haargruppen

Seit Erscheinen des Artikels „transverese microscopic anatomy oft the human scalp“ durch den Pathologen Dr. John Headington im Jahre 1984 ist dokumentiert, dass Haare im Bereich des Kopfes nicht einzeln, sondern in kleinen Gruppen, den sogenannten „Follikular Units“ (follikuläre Einheiten) wachsen. Die Follikular Unit, auch „Pilosebaceaous Unit“ genannt, besteht aus 2–4 terminalen Follikeln und ein, selten zwei Vellushaaren, einer Talgdrüse und den „Arrector-pili-Muskeln“ (Haedington 1984). Die gebräuchlichste und im Prinzip für alle Transplantationspatienten empfohlene Messung der Haargruppendichte ist die Trichodensitometrie (Syn. Densitometrie, Densometrie, Trichometrie). Das Verfahren ist einfach und schnell durchführbar. Die Haargruppendichtemessung liefert die Zahlenanalyse der dihydrotestosteronresistenten Spenderhaarwurzeln des Patienten und sichert somit die Prognose über verfügbare Transplantatzahlen. Es werden die Haargruppen, Follikular Units als kleinste anatomische Einheit, für eine definierte Fläche gezählt. In Europa ist die Bezugsfläche ein Quadratzentimeter, 1 cm2 (. Abb. 8.1).  

8.2

Messverfahren und Nomenklatur

Voraussetzungen zur Messung sind Lupenbrillen oder andere Vergrößerungsverfahren wie zum Beispiel Dermatoskopie oder Aufa

..      Abb. 8.1  Beurteilung und Messung der Follikular Units.  a Bei langem Haar lassen sich Follikular Units nur qualitativ beurteilen, eine genaue Analyse ist wegen

lichtmikroskopie. Zur Dokumentation ist Makrofotografie empfehlenswert. Wegen der Nomenklatur sollten Millimeter- und Zentimeterskalen integriert sein. Spezielle Computerprogramme/Software in Kombination mit Makrofotografie/Scan ermöglichen die digitale Messung und Auszählung. Auch einfaches Auszählen am Computer mit Bildprogrammen ist möglich (. Abb. 8.2).  

>>Die Trichodensitometrie bestimmt die Zahl der Follikular Units pro Quadratzentimeter, unabhängig wie viele Haare die einzelne Unit beinhaltet. Das Zählen der Haare im Einzelnen ist aufwändiger und mit höherer Fehlerquote behaftet. Bei der Dokumentation ist unbedingt anzugeben, ob es sich um Haare oder Haargruppen (Follikular Units, FU’s) pro Flächeneinheit handelt.

Zur computergestützten Auszählung der Haarwurzelgruppen gibt es mehrere Programme mit guter Software. Wichtig ist dabei, die Detektionsgrenze festzulegen. Das heißt, welcher Abstand muss zwischen benachbarten Haaren oder Nachbarhaargruppen bestehen, damit diese als eigenständige Follikular Unit definiert werden können. Schon allein deshalb können Resultate bei ein und demselben Patienten abweichen (. Abb. 8.3). Nordeuropäisches Patientenklientel weist in der Regel eine durchschnittliche Dichte von 70–90 Follikular Units pro Quadratzentimeter auf. Rechnet man mit 2–3 Haaren pro Unit dann ergibt das geschätzt 140–270 Haare pro  

b

Überlappungen nicht möglich. b Bei einer Haarlänge von 1,0–1,3 mm sind die Follikular Units gut erkennbar und eine quantitative Analyse ist möglich

71 8.2 · Messverfahren und Nomenklatur

a

b

c

d

..      Abb. 8.2  Einfache Messverfahren. a Dermatoskopie und digitale Makrofotografie sind einfache Möglichkeiten zur Bestimmung von Qualität und Quantität der Follikular Units. b Zur Fotodokumentation oder optischen Eruierung eignen sich auch Messschablonen aus verschiedenen Materialien, auf Zentimeter- und Millimeterskalierung muss geachtet werden. Metallschablonen sind sterilisierbar, was ein Vorteil für intra-

..      Abb. 8.3  Spezielle Software errechnet die Follikular Units pro cm2. Wegen unterschiedlicher Detektionsgrenzen können auch dabei Ungenauigkeiten auftreten bzw. Einzelhaare „übersehen“ werden (Pfeile)

cm2. Empirisch treffen meist folgende Aussagen zu: 55 Je dicker das Haar, desto weniger Haare pro Unit und desto weniger Units pro Flächeneinheit.

operative Messungen ist. c Aufgeklebte Folie mit Millimetereinteilung an der Rückseite eines Dermatoskops. Diese werden derzeit von deutschen Herstellern nur ohne Folie bereitgestellt. d Das Makrofoto wurde mit einem Bildbearbeitungsprogramm geöffnet. Jede gezählte Haargruppe wird farblich markiert, das Resultat dokumentiert. Es werden nur Haargruppen  gezählt, Einzelhaare zählen als eine Gruppe

55 Je dunkler das Haar, desto kräftiger ist es; damit ist auch die Follikelgruppendichte geringer. 55 Je dünner und feiner das Haar, desto höher ist die Follikelgruppendichte. 55 Blondes und feines Haar ist häufig dichter als dunkles und dickes Haar. 55 Krauses Haar ist oft dick und die Haargruppendichte gering. 55 Rotblonde und rothaarige Patienten haben die geringste Follikelgruppendichte. 55 Mit zunehmendem Alter nimmt die Zahl der Haare pro Follikular Unit kontinuierlich ab. Durch Messung der Haargruppendichte pro Quadratzentimeter lassen sich Rückschlüsse auf die zu entnehmende Fläche bei Streifenentnahme (FUT) und auch auf die Gesamtzahl der transplantierbaren Units bei Einzelentnahme (FUE) ziehen. Die Dichte von Follikular Units wird pro Quadratzentimeter auf einem dazu an-

8

72

Kapitel 8 · Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen

gefertigten Makrofoto ausgezählt oder durch Computerprogramme gescannt und mittels spezieller Software bestimmt. Die Messgenauigkeit hat i. d. R. eine Abweichung von 10–15 %. 8.2.1

8

a

Detektionsgrenze, Abgrenzung der Units

Die am häufigsten auftretenden Muster im Bereich des seitlichen und hinteren Haarkranzes sind in Gruppen zusammengefasste Einheiten von 1–6 Haaren, meist treten Gruppen mit 1–3 Haaren pro Einheit auf. Die Gruppen zu unterscheiden und abzugrenzen erfordert ein darauf geübtes und trainiertes Auge oder ein darauf abgestimmtes Scanprogramm. Dicht aneinander aus einer Pore austretende Haare bilden meist auch unter der Haut im mikroskopischen Bild eine anatomische Einheit. Der Abstand zwischen zwei Haargruppen muss beim Betrachten immer größer sein als der Abstand der Haare zueinander innerhalb der Unit. Bei einigen Patienten stehen die Units so dicht aneinander, dass eine Abgrenzung unmöglich ist. Diese Besonderheit bezeichnet man als Clusterbildung (. Abb. 8.4).  

>>Der Abstand zwischen Follikular Units ist immer größer als der Abstand der Haare innerhalb einer Unit. Sind Haargruppen wegen hoher Dichte nicht zueinander abgrenzbar, dann bezeichnet man dieses Bild als Cluster.

8.2.2

Auszählen, Nomenklatur, Abweichungen

Nachdem man ein brauchbares Makrofoto der kurz geschnittenen Haare (so kurz, dass sie sich nicht gegenseitig überlagern, in der Regel 1,0–1,3  mm Länge) angefertigt hat, kann dieses eingelesen und per Computerprogramm ausgezählt werden. Dazu eignet sich Software wie „TrichoScan“ oder „TrichoScale im Fotofinder“ (Hoffmann 2005; Hoffmann et al. 2014).

b

..      Abb. 8.4  Detektionsgrenzen. a, b Bei Clusterbildung sind die Follikular Units nicht mehr präzise voneinander abgrenzbar. Bei Auszählung erreicht man leicht Follikelzahlen über 150/cm2

73 8.2 · Messverfahren und Nomenklatur

a

b

..      Abb. 8.5 Auszählung. a Relativ einfach zu zählen werden. b Total wurden 85 Follikular Units pro cm2 geund gut abgrenzbare Follikular Units eines 70-jährigen zählt, der Anteil der 1er-FU’s beträgt hier 23 (27  %, Patienten mit Haarausfall Typ 6 nach Norwood-­ blau), 2er-Units 39 (46 %), 3er-Units und mehr 23 (27 %) Hamilton. Wenige weiße Haare können leicht übersehen

Ein weiteres digitales System heißt TrichoSciencePro und ist integriert im TrichoSystem. Das ist ein professionelles Haar- und Kopfhautdiagnosesystem, welches neben Trichogramm auch die Haare pro Unit aufzählen und analysieren kann (7 www.­ trichosystem.­com). Die Vergrößerung des Fotos mit einem Bildbearbeitungsprogramm und das Auszählen der Haargruppen am Bildschirm ist einfach, schnell ohne spezielle Software zu realisieren. Beim Zählen wird jedes Haarbündel mit einem Farbpunkt markiert; somit sind Doppelzählungen ausgeschlossen. Gezählt werden nur die sichtbaren Austrittspunkte der Haargruppen innerhalb des markierten Quadratzentimeters. Auch Einzelhaare werden als eine Unit gezählt. Möchte man zusätzlich noch die Anzahl der 1er-, 2er-, 3er-, 4er-, 5er-, usw., Gruppen analysieren, dann kann jeder Gruppe eine bestimmte Farbe oder Zahl zugeordnet werden. Erfahrungsgemäß sind 2er- und 3er- Haargruppen die am häufigsten vorkommenden Follikular Units (. Abb. 8.5).  



zz Nomenklatur

55 Zur Dokumentation wird die Follikular Unit abgekürzt als: FU, fu; Mehrzahl: FUs, fu’s. 55 Die Dichte von Follikular Units wird abgekürzt als: FUD (Follikular Unit Density). Wo wird gemessen? Üblicherweise wird die Haargruppendichte an zwei Stellen des normal beschaffenen Haarkranzes gemessen: 55 Okzipital und medial, etwa auf einer gedachten Verbindungslinie der Oberkante beider Ohren, die Bezeichnung ist dann „FUD M = Follikular Unit Density Medial“ und 55 rechts und/oder links parietal, etwa 1–2  cm oberhalb der Ohrmuschel, die Bezeichnung ist dann entsprechend „FUD R oder FUD L = Follikular Unit Density Rechts oder Links“. Warum werden zwei Messpunkte empfohlen? Die Haardichte ist okzipitomedial am höchsten und nimmt dann um 10–40 % an den Seiten des Haarkranzes (parietal) ab. Bei

8

74

Kapitel 8 · Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen

b

a

8

c

d

..      Abb. 8.6  Follikular Units. a okzipital, Mitte, (FUD M), pro Quadratzentimeter, dichter Haarstand. b FUD M-Analyse: 26 1er-FU (26,5 %), 56 2er-FU (57,2 %), 16 3er- und mehr (16,3 %), total 98 Follikular Units pro cm2. c Follikular Units parietal (FUD R), pro Quadrat-

zentimeter, deutliche Miniaturisierung im Vergleich zur okzipitalen Mitte (a), obwohl kein Haarausfall im Bereich der Temporal Points. d FUD R-Analyse: 32 1er-­FU (39,0 %), 39 2er-FU (47,6 %), 11 3er-FU (13,4 %), total 82 Follikular Units pro cm2

jungen Patienten ist der Unterschied unerheblich. Je mehr die sogenannten Temporal Points ausgeprägt sind, desto geringer ist auch die an den Seiten gemessene Haardichte. Bei älteren Männern und Haarausfallstadien ab Norwood-­Hamiloton Typ 3–4 ist dieser Befund deutlich erkennbar. Beim Haarausfalltyp 6–7 sind die Temporal Points meist nicht mehr vorhanden, das parietale Haar deutlich miniaturisiert und weniger dicht als im mittleren hinteren Haarkranz (. Abb. 8.6).

Die Normalwerte beim Nordeuropäer im mittleren Alter von 45 Jahren schwanken je nach Haardicke, Haarfarbe und Haartextur zwischen 70 und 90 Follikular Units pro Quadratzentimeter. Rotblonde Patienten haben meist dickes und optisch gut abdeckendes Haar; die Haargruppendichte liegt dafür im unteren Bereich zwischen 50 und 70/ cm2. Patienten mit blondem, dünnem Haar weisen eine hohe Haardichte von 80–100/cm2 auf. Bei wenigen Patienten mit sehr dichtem, feinem Haar kann die Zahl der Units auch



75 8.2 · Messverfahren und Nomenklatur

zwischen 120 und 150/Quadratzentimeter liegen. Bei der Berechnung der Kapazität des Haarkranzes als Spenderfläche für die Haartransplantation kann man beide Messwerte (medialer Haarkranz, FUD M und parietaler Haarkranz rechts oder links, FUD R oder FUD L) mitteln und erhält somit die durchschnittliche Haargruppenzahl des Spendergebiets. Idealerweise wird diese Zahl halbiert und man erhält so die theoretische Menge der maximal zur Transplantation zur Verfügung stehenden Follikular Units. In der Praxis reduziert sich diese Zahl meistens um 10–30 %, je nach individueller Narbenbildung des Patienten, Entnahmetechnik, Entnahmeequipment und Effizienz des Teams. Die Messung der Haargruppendichte soll mit einer Schablone, die genau 1×1 cm misst, durchgeführt werden. Die Haare müssen auf 1–1,3  mm kurz rasiert sein, damit es keine Überlagerungen von Haaren gibt und somit die Messgenauigkeit abnimmt. Wenn keine Schablone vorhanden ist, lässt sich mittels Marker ein Gebiet von 1 × 1 cm anzeichnen. Wird eine vorgefertigte Schablone aufgelegt, dann kann bei guter Ausleuchtung ein Makrofoto angefertigt werden. Die Auszählung erfolgt dann simpel und ohne großen technischen Aufwand durch Bildpunkte in einem Bildbearbeitungsprogramm.

..      Abb. 8.7 Intraoperative Messung der Transplantationsdichte/Implantationsdichte, FUD T; hier wurden 36 Follikular Units pro Quadratzentimeter ausgezählt

1–1,3 mm kurz rasiert. Im Makrofoto sind die transplantierten Units deutlich vom Resthaar, falls vorhanden, zu unterscheiden, weil sie sich kräftiger und dunkler darstellen. Die Units werden dann wie beschrieben ausgezählt. zz Nomenklatur

Follikular Unit Density Transplantation = FUD T. Die erreichte Transplantationsdichte kann man unmittelbar intra- oder postoperativ messen und dokumentieren. Somit lässt sich bei Kontrolle im Jahresabstand die Zahl der real angewachsenen Transplantate bestimmen. Messabweichungen müssen dabei einkalkuliert werden (. Abb. 8.7). Mehrere Messpunkte auf transplantiertem Areal soll man mit Farbmarker kennzeichnen, nummerieren und auf einem Übersichtsfoto dokumentieren. Damit können die angefertigten Makroaufnahmen später eindeutig zugeordnet werden. Setzt man die ausgezählte Dichte von Spender- und Empfängerareal ins Verhältnis, so erhält man den sogenannten Transplantationsindex, TI.  

>> Die Zahl der Haare pro Follikular Unit ist bedeutsam für die optische Wirkung des Haarkleids. Je mehr 1er-Units vorhanden sind, desto dünner wirkt das gesamte Erscheinungsbild. Je mehr 3er-, 4er- und 5er-­ Units vorhanden sind, desto dichter und dicker wirkt das Haar. Im Volksmund spricht man von dickem Haar, was allgemein mit vielen Follikeln pro Unit korreliert.

Neben Dichtemessungen des Spenderbereiches (parietaler und dorsaler Haarkranz) ist für Gutachten oder aus anderen Gründen auch die Messung der Haargruppendichte an anderen Orten des Kopfes, zum Beispiel auch im Bereich des transplantierten Oberkopfes oder der Tonsur erforderlich. Hier geht man genauso vor, indem man einen Quadratzentimeter bezeichnet und dort die Haare auf

8.2.3

Transplantationsindex

Der Transplantationsindex (Abk. TI) ist der Quotient aus der Zahl der Follikelgruppen pro cm2 im Spendergebiet (FUD) und Zahl der transplantierten FU’s oder Grafts ins Empfängergebiet (FUD T):

8

76

Kapitel 8 · Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen

..      Tab. 8.1  Erfahrungswerte und Prognosen zur optischen Wirkung des Haares; der Transplantationsindex (TI) setzt die Haargruppendichte des Spendergebiets in Relation zur erreichten Transplantatdichte im Empfängerareal

Transplantationsindex TI =

8

FUD FUD T

Resultat – Prognosestellung

>20

geringe Transplantatdichte, mäßiges optisches Resultat, Verdichtungsbehandlung nötig, Patienten häufig unzufrieden, Fläche oft sehr groß oder „Anfängerbehandlung“

10 bis Die Methoden zur qualitativen und quantitativen Messung sind wichtig zur Beurteilung der Effizienz eines Befundes, sowohl prä- als auch postoperativ. Wenn Ärzte aufgrund ihrer Erfahrung Patienten für eine Haartransplantation ablehnen, dann ist das eine wenig nachvollziehbare Aussage. Die Patienten werden enttäuscht

8

80

Kapitel 8 · Haardichtemessung, Methoden, Fehlerquellen

..      Tab. 8.2  Übersicht von Richtwerten beim Hair Mass Index (Umfangsmessung) und die dazu korrespondierende optische Wirkung des Haares

8

Abstand zwischen 2 markierten Punkten (Umfang eines Haarbündels = U)

Hair Mass Index (HMI)

4 mm

0,08

5 mm

0,12

6 mm

0,18

7 mm

0,25

8 mm

0,32

9 mm

0,40

10 mm

0,50

11 mm

0,60

12 mm

0,72

13 mm

0,84

14 mm

0,98

HMI-Werte zwischen 0,18–0,32 korrespondieren für optisch dünn wirkendes Haar. HMI-Werte zwischen 0,32–0,50 korrespondieren für optisch normal wirkendes Haar. HMI-Werte zwischen 0,50–0,72 korrespondieren für optisch dick wirkendes Haar.

sein und zweifeln unter Umständen diese Aussage an. Mit Recht! Wenn Ärzte eine fassbare und gemessene Zahl, zum Beispiel die der Haarmasse über Spenderund möglicher Behandlungsfläche ermitteln, dann sind Patienten, vor allem Frauen mit diffizilem Befund, eher zu überzeugen.

Literatur Arnold J (2001) Hair Mass Index. Präsentation 4. Jahreskongress European Society Hair Restoration Surgery, Barcelona, Spanien. Haedington JT (1984) Transverse microscopic anatomy of the human scalp. A basis for a morphometric approach to disorders of the hair follicle. Arch Dermatol 120(4):449–456. https://doi.org/10.1001/archderm.1984.01650400031009 Hoffmann R (2005) TrichoScan. In: Kardorff B (Hrsg) Selbstzahlerleistungen in der Dermatologie und der ästhetischen Medizin. Springer, Berlin Hoffmann R, Lüdtke K, Hoffmann-Wecker M, Hughes-­ Formella BJ (2014) Digital imaging for measuring of hair growth on the human scalp. In: Berardesca E, Maibach H, Wilhelm K (Hrsg) Non invasive diagnostic techniques in clinical dermatology. Springer, Berlin Neidel FG, Bretschneider P (2004) Measuring hair density and mass. In: Unger W, Shapiro R (Hrsg) Hair transplantation, 4. Aufl. Dekker, New York, S 876–886

81

Dokumentation, Fotodokumentation Inhaltsverzeichnis 9.1

Dokumentation – 82

9.2

Konsultationsformulare – 82

9.3

Aufklärungsformulare – 82

9.4

Fotodokumentationen – 82 Literatur – 84

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_9

9

82

9.1

9

Kapitel 9 · Dokumentation, Fotodokumentation

Dokumentation

9.3

Die Dokumentation ärztlicher Befunde, sowohl prä-, intra- und postoperativ spielt eine sehr wichtige Rolle. Nur durch lückenlose, vollständige Dokumentation lassen sich Abläufe bei Bedarf nachvollziehen. Die elektronische Dokumentation gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Kontinuierliche Sicherungskopien können die analoge Dokumentation ersetzen. Weil das Resultat einer Haartransplantation erst nach 10–12  Monaten für das normale Auge sichtbar wird, sind gerade Vergleichsfotos der „Vorher-Nachher-Situation“ von enormer Wichtigkeit. Bei Rechtsstreitigkeiten wegen Behandlungsfehlern, Schadenersatzforderungen etc. wird dem Arzt immer die Schuld oder zumindest eine Teilschuld zugesprochen, wenn Lücken oder Fehler in der Aufklärung nachweisbar sind, bzw. wenn diese vollständig fehlt. Dabei muss die Behandlung an sich überhaupt nicht fehlerhaft gewesen sein. Die Beweislast hinsichtlich einer vollständigen Aufklärung trägt immer der Arzt (Hortling, 2021).

9.2

Als Aufklärungsformulare können vorgefertigte Bögen mit der Bezeichnung „Eigenhaartransplantation“ bestellt werden bei 55 Diomed der Thieme Compliance Gruppe, Bogenkürzel PO 25 oder dem 55 perimed Fachbuch-Verlag Dr. med. Straube GmbH, Bogenkürzel ChP1019De – 17662. Die Aufklärungsbögen sind in Papierform oder auch digital bestell- und abrufbar. Natürlich kann ein spezielles auf individuelle Bedürfnisse abgestimmtes Formular selbst erstellt werden (7 Kap.  6, 7 Abb.  6.1 und 7 Abb. 6.2). Das soll der herausgebende Arzt unbedingt seiner Ärztehaftpflichtversicherung zur Genehmigung vorlegen und diesen Vorgang bei Neuerungen, Änderungen und zur Sicherheit aller 5 Jahre wiederholen.  

Das Konsultationsformular umfasst die Patientennummer, Patientenstammdaten, anamnestische Erhebungen, Angaben zum Haar bei optischer Inaugenscheinnahme, die Haargruppendichte, zur Haaranamnese passende Besonderheiten, Begleiterkrankungen, Medikation. Diagnose mit Schlüssel nach internationaler Klassifikation der Krankheiten (ICD), Differenzialdiagnose und Therapieempfehlungen folgen. Außerdem können Behandlungsart, Begleittherapien, Transplantatzahl und Kostennote fixiert werden. Darauf basierend soll dann in Folge ein Kostenvoranschlag nach GOÄ-Ziffern erstellt werden. Zur Planung einer möglichen Operation und des Personalaufwandes dient eine grobe Zeitangabe der Behandlungsdauer (7 Kap. 6).  





>>Im Aufklärungsformular sind Skizzen und Bemerkungen vom Arzt selbst einzutragen, weil dadurch die Individualität der Konsultation im Falle rechtlicher Auseinandersetzungen nachgewiesen wird.

9.4

Konsultationsformulare

Aufklärungsformulare

Fotodokumentationen

Zur Fotografie kann eine digitale Spiegelreflexkamera oder eine spiegellose Systemkamera genutzt werden. Der Handel bietet ein großes Sortiment mit verschiedenen Optionen an. Oftmals sind Kameras auch Teil eines kompletten Fotosystems für Ärzte, welches Hard- und Software beinhaltet, allerdings auch hohe Investitionskosten verursacht. Dagegen stehen die Kamerafunktionen von Smartphones, die in der Regel auch ausreichend sein können. Erfahrungsgemäß liefert die natürliche Belichtung, ohne Blitz oder Ringblitz, in einem gut ausgeleuchteten Raum die natürlichsten Bilder. Es werden nach Behandlungsschema Fotos in folgender Reihenfolge angefertigt: 55 Frontalansicht, geradeaus blickend (. Abb. 9.1a), 55 Draufsicht, Oberkopf von oben bis zum Haarkranz reichend (. Abb. 9.1b),  



83 9.4 · Fotodokumentationen

a

b

c

d

e

f

..      Abb. 9.1  Beispiele für Fotodokumentation. a Frontaler Aspekt. b Draufsicht von oben und vorn. c Frontaler Aspekt, Haarlinie angezeichnet. d Draufsicht von

oben und vorn, Haarlinie angezeichnet. e Seitlicher Aspekt von vorne rechts, Haarlinie angezeichnet. f Seitlicher Aspekt von vorne links, Haarlinie angezeichnet

55 ohne Anzeichnung optional seitliche Ansicht, schräg nach unten schauend, rechts und links, 55 Ansichten frontal, von oben und seitlich mit simuliertem zukünftigem Haaransatz. 55 Bei großer Tonsur und schmalem Spenderhaarkranz kann eine Draufsicht des Hinterkopfes angefertigt werden. 55 Optional kann man Makrofotos mit der Haardichte pro cm2 bereits zur Konsultation anfertigen. Bewährt haben sich hier u. a. Systeme wie die „CAMß“ der Firma Vision Engineering (7 www.­visioneng.­de).

55 Bei langem Haar erübrigen sich Detailaufnahmen zur Dichtemessung wegen der Überlagerung von Haaren und damit hohen Fehlerquote. 55 Bei vorhandener Hard- und Software kann ein Trichoscan routinemäßig ­erfolgen.



Neben der Fotodokumentation ohne Einzeichnung von behandelbaren Flächen kann das zu behandelnde Gebiet angezeichnet werden, auch die Vorstellung von zukünftiger Haarlinie und Behandlungsfläche soll simu-

9

84

Kapitel 9 · Dokumentation, Fotodokumentation

liert werden. Das Anzeichnen erfolgt am besten mit einem chirurgischen Markierungsstift. Erst nach Prüfung auf Symmetrie und ästhetische Wohlproportionierung, die gemeinsam mit dem Patienten abgestimmt wird, erfolgt die Fotodokumentation der markierten Transplantationsareale (. Abb. 9.1). Bei auswärtig operierten Patienten und bei Patienten mit narbigen Alopezien sollen Detailfotos des spezifischen Lokalbefunds angefertigt werden. Die Fotos werden gespeichert und wenn möglich, vor der Behandlung nochmals gemeinsam mit dem Patienten angeschaut und besprochen. Die Qualität der Fotos soll nicht überbewertet werden. Ab 300 dpi ist ein Foto durchaus für den Zweck der Haartransplantation aussagekräftig.  

9

>> Die Dokumentation von Konsultation, Aufklärung und erhobenen Befunden ist wichtig. Vor der eigentlichen Behandlung müssen alle Unterlagen vorliegen und sind von Arzt und Patienten bzw. allen Erziehungsberechtigten bei Kindern unter 18 Jahren zu unterschreiben. Die geplanten Behandlungsschritte können am Patienten simuliert und fotografisch fixiert werden. Die Zahl der Fotos und die Auflösung (dpi) kann man auf ein vernünftiges Maß reduzieren, weil zur Behandlung selbst nochmals genau fotografisch dokumentiert wird.

Literatur Hortling A (2021) Gutachten nach Haartransplantation. J Ästhet Chir 14: 108-112 https://doi.org/10.1007/ s12631-­021-­00266-­w. Zugegriffen am 03.02.2022

85

Patientenvorbereitung Inhaltsverzeichnis 10.1

Allgemeine Patientenvorbereitung – 86

10.2

Spezielle Patientenvorbereitung – 86

10.2.1 10.2.2

Vorbereitung für FUE-Technik (Einzelentnahme) – 86 Vorbereitung für FUT-Technik (Streifenentnahme) – 88

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_10

10

86

Kapitel 10 · Patientenvorbereitung

10.1  Allgemeine

Patientenvorbereitung

10

Am Behandlungstag stellt sich in der Regel ein mehr oder weniger nervöser Patient vor, der durch beruhigendes und entspanntes Auftreten von Arzt und Team gut geführt werden kann. Definierte und standardisierte Abläufe helfen hierbei ungemein. Bei einer Haartransplantation in Lokalanästhesie soll der Patient nicht nüchtern erscheinen, das erhöht das Risiko für einen Kreislaufkollaps aufgrund einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) und ähnliche Probleme. Eine leichte Mahlzeit, auch etwas Kaffee oder Tee vorab sind möglich. Zu Beginn werden alle erforderlichen Unterlagen noch einmal gemeinsam durchgeschaut, es werden offene Fragen des Patienten beantwortet und mögliche Probleme besprochen. Falls der Patient mitgegebene Aufklärungsunterlagen vergessen hat, ist es gut, wenn vorab bei dem Aufklärungsgespräch Kopien angefertigt wurden. Die Einwilligungserklärung ist gemeinsam zu unterschreiben, bei Patienten unter 18  Jahren müssen beide Eltern bzw. Erziehungsberechtigte die Unterschrift leisten. Nachdem alle Formalitäten erledigt wurden, können Medikamente zur Prämedikation, zur Sedierung und zur Single-Dose-Antibiose oral verabreicht werden. Die Zeit bis zur Wirkungsentfaltung beträgt etwa 30 Minuten, sodass der Patient mit Beginn der Operation von der Wirkung profitiert. !!Cave Sehr unruhige und nervöse Patienten können die Wirkung sedierender Medikamente allein durch starke Konzentration, kombiniert mit Angst auf das bevorstehende Ereignis, blockieren. Gerade in solchen Situationen soll keine zusätzliche i.  v.-Gabe weiterer Sedativa erfolgen. Es besteht die Gefahr der Kumulation mit daraus resultierender Notwendigkeit von Monitoring und permanenter Vitalfunktionskontrolle, zudem besteht ein langer „Hang-over“. Hier sind Geduld und psychische Führung durch Arzt und Team gefragt.

Es kann vorkommen, dass Patienten panische Angst entwickeln und das schon im Vorfeld bei der ersten Arztkonsultation anmerken. In solchen Situationen soll ein mobiles Anästhesieteam gebucht werden, welches mittels i. v.-Sedierung (meist Propofol i. v.) die Haartransplantation begleitet. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass der Behandler sich ganz auf die Haartransplantation konzentrieren kann. Nachteilig sind die dabei entstehenden Kosten. Deshalb ist diese Option eher die Ausnahme. 10.2  Spezielle

Patientenvorbereitung

Parallel zum Gespräch mit dem Patienten können die Pflegekräfte und Assistenten den Behandlungsraum entsprechend der geplanten Operation vorbereiten. Bevor der Patient in den Behandlungsraum begleitet wird, soll er unbedingt noch zur Toilette gehen. Danach wird je nach Bedarf und lokalem Operationsregime teilweise oder vollständig Operationskleidung angelegt. 10.2.1

 orbereitung für FUEV Technik (Einzelentnahme)

Entsprechend der Entnahmetechnik werden die Haare komplett auf 1,2–1,4  mm Länge rasiert, was bei großen FUE-Sitzungen mit 2000  Transplantaten und mehr erforderlich ist. Es wird vorab angezeichnet, aus welchen Bezirken man etwa wie viele Follikular Units entnehmen muss, um die gewünschte Transplantatzahl zu erreichen (. Abb. 10.1). Bei kleineren FUE-Entnahmen unter maximal 1500 können schmale Streifen von 20– 30  cm Länge und 1–2  cm Höhe kurz rasiert werden, der Rest der Haare wird möglichst lang belassen, sodass diese später die Kahlstrecken überdecken können und nur kleinere „Stufen“ am Hinterkopf zu sehen sind. Mit dieser partiellen Kahlrasur können je nach Haargruppendichte zwischen 600 und 1500  Transplantate gewonnen werden (. Abb. 10.2). Alternativ kann bei insgesamt langem Haar auch ein Ausschnitt am Nacken nach kranial kurz rasiert werden.  



87 10.2 · Spezielle Patientenvorbereitung

Als „Non-shaven-FUE“ oder „Non-­ shaving-­ FUE“ werden Einzelhaargruppenentnahmen in lang belassenem Haar bezeichnet. Man rasiert hier randomisiert sehr kleine Areale kurz und entnimmt punktuell nur dort. Die umgebenden Haare überdecken so die kleinen Kahlstellen. Die Prozedur ist „langatmig“ und erlaubt Transplantatmengen zwischen 1000 und 1500 am Tag. Am besten ist die totale Kahlrasur, auch im Bereich der Empfängerfläche, weil sie ein präzises und schnelles Arbeiten erlaubt. Weißes Haar, was für das Auge oft schwer erkennbar ist, wird nach Kahlrasur mit dunkler Haarfarbe (schwarz oder dunkelbraun) gefärbt. Die Follikular Units sind durch diese Maßnahme sehr viel besser optisch abzugrenzen (. Abb. 10.3). Nach partieller oder vollständiger Kahlrasur, ggf. eingefärbtem Haar, erfolgt vorab die Desinfektion mit Spray. Der Patient wird nun in bequeme Bauch- oder Seitenlage gebracht. Bei Bauchlage hilft eine weiche Unterlage mit eingefasstem Kopfprofil (z. B . „Prone Pillow“) zur Fixierung des Kopfes. Die Entnahmeflächen für die Einzelentnahme wurden  

..      Abb. 10.1  Eine totale Kahlrasur des Spender- als auch des Empfängerareals hat den Vorteil der besseren Sichtbarkeit von Kahlstellen. Defekte sind klar erkennbar und nicht durch langes Haar überdeckt. Somit können die Empfangskanälchen für Transplantate dichter und präziser angelegt werden

a

..      Abb. 10.2  Partielle Rasur des Spendergebiets. a Hier kann eine begrenzte Zahl an Follikular Units entnommen werden, maximal 10–15 pro Quadratzentimeter. Bei einem 30×2 cm messenden Streifen sind das zwischen 600 und 900  Follikular Units, Voraussetzung

10

b

ist die unbeschädigte Entnahme der Units. b Nach der Einzelentnahme aus dem partiell kurz rasierten Hautstreifen verdeckt das kranial herabfallende Haar die Mikrowunden. Je länger das Haar in diesem Fall ist, desto besser deckt es die Entnahmestelle ab

88

Kapitel 10 · Patientenvorbereitung

a

b

..      Abb. 10.3  Vorgehen bei weißem Haar. a Bei weißem oder hellem Haar sind die Follikular Units auch unter Vergrößerung schwer erkennbar, was ungenaues Exzidieren provoziert. b Die Färbung heller oder weißer Haare nimmt präoperativ etwa 10–15  Minuten in An-

c

spruch und kann mit herkömmlichen Färbemitteln durchgeführt werden. c Im Vergleich zu vorher (a) sind die Haargruppen nach Färbung deutlich erkennbar. Der Entnahmeprozess wird dadurch wesentlich erleichtert

10

..      Abb. 10.4  Vor Beginn der Entnahme kann zur Verbesserung der Kalkulation und Übersicht angezeichnet werden, wie viele Units man pro „Box“ entnehmen möchte

aufgezeichnet, es kann ergänzt werden, wieviel man aus jeder „Box“ (= angezeichnetes Feld) entnehmen möchte (. Abb. 10.4).  

10.2.2

 orbereitung für FUTV Technik (Streifenentnahme)

Bei einer geplanten Streifenentnahme sollen die Haare im hinteren und seitlichen Haarkranz möglichst lang sein (mindestens 5 cm). Der Patient befindet sich in sitzender Position. Somit

..      Abb. 10.5  Der Patient befindet sich in sitzender Position. Die möglichst langen Haare werden nach kranial fixiert, am besten mit Haarnadeln (Haarklammern, Haarklemmen) und leicht adhäsivem Pflaster. Die Haare im Bereich der geplanten Streifenentnahme werden kurz rasiert

können die langen Haare mit Kamm und Haarklammern nach oben gesteckt und fixiert werden. Darüber wird ein später gut lösbarer Pflasterstreifen (zum Beispiel weißes Pflaster) zur temporären Fixierung geklebt. Bei kürzerem Haar, welches sich nicht gut hochstecken und fixieren lässt, ist eine Behandlung mit handelsüblichem Haarfestiger/Spray möglich. Das Aufsprühen der Fixierung sollte man mehrmals wiederholen, bis das die Haare fest nach oben wegstehen. Die zukünftige Wundfläche ist danach zu säubern und zu desinfizieren (. Abb. 10.5). Nachdem lange Haare nach oben gesteckt und fixiert wurden, kann je nach Bedarf und  

89 10.2 · Spezielle Patientenvorbereitung

Anatomie ein 15–30  cm langes und 2  cm breit messendes Hautareal kaudal der hochgesteckten Haare kurz rasiert werden. Dieses erstreckt sich annähernd waagerecht, in der Mitte des Hinterkopfes leicht nach kaudal konvex von einem zum anderen Ohr. Kleinere Streifen kann man auch etwas mehr medial in Richtung Nacken waagerecht anlegen, erhält dann weniger Ausbeute an Transplantaten. Nun wird im kurz rasierten Gebiet die zu entnehmende Entnahmefigur angezeichnet. Sie kann in der Länge variabel sein, die Höhe sollte nicht mehr als 1–1,3 cm betragen. Somit ist eine Wundheilung ohne Dehiszenz gewährleistet, denn die Naht wird spannungsfrei sein (. Abb. 10.6). Bei Zweit- oder Drittoperationen in Streifentechnik muss unbedingt die Hautflexibilität vorab geprüft werden, der Streifen soll keinesfalls mehr als 1  cm in der Breite messen, unter Umständen zuzüglich der alten Narbe, die möglichst mit zu entfernen ist. Falls das technisch schwierig oder aus Gründen der Effizienz bei der Transplantatzahl nicht gewünscht ist, sollte man diesen Umstand mit dem Patienten vorab besprechen. Vor der Lokalanästhesie kann die Haargruppendichte, falls nicht im Vorfeld erfolgt, durch das kurz rasierte Haar zuverlässig be 

..      Abb. 10.6  Die Entnahmefigur des zu entnehmenden Hautstreifens soll immer angezeichnet werden, die Länge ist je nach geforderter Transplantatmenge variabel, die Breite soll 1–1,3  cm nicht übersteigen. Damit ist ein spannungsfreier Wundverschluss in fast allen Fällen gesichert

..      Abb. 10.7  Noch vor der Lokalanästhesie soll die Haargruppendichte gemessen und dokumentiert werden

stimmt und fotografisch dokumentiert werden (. Abb. 10.7). Der weitere Verlauf der Streifenentnahme erfolgt dann in aufrecht sitzender Position, auf dem Bauch oder der Seite liegend. Die Entnahme am sitzenden Patienten erfordert eine gute Compliance und sicheres Operieren. Die Bauchlagerung empfiehlt sich bei ängstlichen Patienten und Operateuren mit weniger Erfahrung. Bei spürbaren Unsicherheiten, auf die Patienten manchmal mit Bewegung, Panik oder mit Kreislaufkollaps reagieren, ist die Bauchlagerung die beste Entscheidung. Der Operateur steht oder sitzt dann am Kopfende des Patienten und operiert quasi retrograd.  

>> Eine gute und entspannte Operationsvorbereitung ist wichtig für die psychische und physische Reaktion des Patienten während Operationsbeginn. Sie schafft Vertrauen durch fühlbare Professionalität. Auch erfahrenen Operateuren wird bei jedem Patienten das Anzeichnen des Entnahmegebiets, geplante Entnahmemengen etc. dringend empfohlen. Somit wird der Verlauf der Behandlung professionell und wenig panisch verlaufen, was sich am Ende in einer reduzierten Operationsdauer ­widerspiegelt.

10

91

Anästhesie, Tumeszenz Inhaltsverzeichnis 11.1

Anästhesie – 92

11.2

Prämedikation für Lokalanästhesie – 92

11.3

Lokalanästhesie – 92

11.3.1

 ingblock mit Articain, Zusatz von Epinephrin bzw. R Adrenalin – 93 Flächenanästhesie mit Prilocain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin – 94

11.3.2

11.4

Tumeszenz – 95

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_11

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92

Kapitel 11 · Anästhesie, Tumeszenz

11.1  Anästhesie

Eine Haartransplantation lässt sich ohne größere Probleme in Lokalanästhesie durchführen. Bei Kindern unter 12–15 Jahren und bei Patienten mit besonderen Merkmalen (Panikattacken, unbedingter Wunsch nach Vollnarkose, extreme Unruhezustände) kann eine i.  v.-Narkose erforderlich werden. Das muss man vorab besprechen und entsprechend einplanen, insbesondere weil der Anästhesist für 6–8 Stunden benötigt wird und zusätzlich ein nicht unerheblicher Kostenfaktor entsteht. 11.2  Prämedikation für

Lokalanästhesie

11

Zur Prämedikation genügt die orale Gabe von 7,5 mg Midazolam oder anderen Benzodiazepinen bzw. ähnlich wirkenden Medikamenten. Außerdem ist die orale Gabe von 100  mg Doxycyclin zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe möglich. Es reicht vollkommen aus, wenn nach der Operation nochmals 100 mg Doxycyclin verabreicht werden. Die Antibiotikagabe über mehrere Tage entspräche einer Antibiotikatherapie und diese ist bei gesunden Patienten nicht angezeigt. Alternativ sind über einen gelegten i.  v.-Zugang auch i. v.-Gaben eines Sedativums (zum Beispiel Diazepam 10–20  mg oder 7,5  mg Midazolam) und eines Antibiotikums (zum Beispiel Cephalosporine der 1.  Generation) als „Single Shot“ möglich. Bei i. v.-Sedierung muss ein Monitoring verfügbar sein. Die orale Gabe von Medikamenten soll 30–60  Minuten vor Behandlungsbeginn erfolgen, damit sich die Wirkung entsprechend entfalten kann. Vorher müssen alle Unterschriften geleistet sein, denn unter Einwirkung von Sedativa ist eine Unterschrift nicht rechtskräftig. Die Möglichkeit der Kontrolle von Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung im Blut (Pulsoxymetrie) muss gegeben sein. Auch ein Defibrillator und Sauerstoff gehören zur Notfallausrüstung bei ambulanten Eingriffen. Bei Gabe von Propofol (zum Beispiel Disoprivan) und äquivalenten Medikamenten zur

i.  v.-Narkose ist ein Anästhesist erforderlich. Die Vitalparameter müssen dabei kontinuierlich überwacht werden (Monitoring). 11.3  Lokalanästhesie

Zur Lokalanästhesie gibt es viele Vorschläge und Variationen. Wichtig ist die vollständige Analgesie und eine möglichst lange Wirkdauer. Die Verstoffwechselung soll keine Probleme provozieren, wie zum Beispiel kardiale Interaktionen. In meiner Praxis hat sich über 25  Jahre die Kombination von Articain und Prilocain mit Adrenalinzusatz bewährt. Grundsätzlich sollen dünne, feine Nadeln verwendet werden. Diese verhindern naturgemäß die Injektion einer zu großen Menge an Betäubungsmittel und werden besser toleriert, da weniger traumatisierend. Wegen des geringen Kanülendurchmessers muss sehr langsam injiziert werden. Zur Ablenkung des Patienten kann man mit einem Massagestift die Einstiche weniger schmerzhaft gestalten. Auch Kneifen oder Druck auf die Haut in der Umgebung der Injektionspunkte sind zur Ablenkung geeignet. Zusätzlich kann mit Vereisungsspray der Stich und der schmerzhafte Druck während der Injektion gemildert werden. Auch die Vorbetäubung mit nadelfreier Druckpistole, zum Beispiel Dermojet, ist möglich. Dieses Gerät injiziert das Anästhetikum mit hohem Druck ohne Nadel transdermal. Der Vorgang der Druckinjektion verursacht ein lautes Geräusch, weshalb sensible Patienten erschrecken und u. U. in Panik geraten. Auch hinterlässt die Druckinjektion „mückenstichartige“ Schwellungen auf der Haut. Diese sind bei empfindlicher Haut oft länger als eine Woche sichtbar und werden von Betroffenen häufig als unangenehme Begleiterscheinung moniert. >>Die örtliche Betäubung soll niemals unter Zeitdruck und schnell „nebenher“ erledigt werden. Man benötigt Zeit und Geduld, was der Patient dem Behandler danken wird. Das Betäubungsmittel mit langer Wirkdauer, gleich welcher Art, muss Adrenalin oder Epinephrin enthalten. Es soll

93 11.3 · Lokalanästhesie

langsam injiziert werden und mindestens 5–10 Minuten einwirken. Nur so kann sich die vasokonstriktorische Wirkung ausreichend entfalten.

Die systemische Wirkung des Adrenalins kann Unruhe, Zitter- und Panikattacken beim Patienten verursachen. Hier sind psychische Führung und Beruhigung durch das Assistenzpersonal oder den Arzt gefragt. Bei Neigung zum Kollaps kann ein kleiner Schluck Cola helfen und eine Infusion ersetzen. Sportlich trainierte Patienten spüren kaum eine Beeinträchtigung durch Adrenalin. 11.3.1

 ingblock mit Articain, R Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin

Articain ist das Lokalanästhetikum der Wahl bei Zahnbehandlungen. Es gibt praktische Zylinderampullen, die Adrenalin in verschiedener Stärke enthalten. Für diese Zylinderampullen gibt es passend Metallspritzen, in welche man schnell und bequem die Zylinderampullen einlegt. Die Wirkung von Articain entfaltet sich rasch und hält in der Regel 6 Stunden an, was optimal für ein mittellang wirksames Lokalanästhetikum ist. Auch die Verstoffwechslung läuft über ein Enzym aus der Gruppe der Cholinesterasen gut verträglich ab. Der Zusatz von Epinephrin beträgt 1:100.000 bei Septanest oder bei Ultracain DS forte. Die Zylinderampullen enthalten 1,7  ml Wirkstoff. Die Injektionsnadeln sollen möglichst fein und dünn sein, G 30 kurz 0,3 × 25 mm. Metallspritzen zum Einlegen der Zylinderampullen sind im Zahnarztbedarf erhältlich. Zum Ringblock im Bereich des Haarkranzes (Donorareal) werden 1–2  Zylinderampullen benötigt (. Abb. 11.1). Zum Ringblock im vorderen Bereich wie Haaransatz und Geheimratsecken wird ebenfalls eine Menge von 1–2  Zylinderampullen benötigt.  

..      Abb. 11.1  Ober- und unterhalb des Haarwurzelspenderareals wird ein Ringblock, zum Beispiel mit Ultracain DS forte, angelegt. Nach 5–10 Minuten Einwirkzeit wird der gesamte Entnahmebereich mittels 0,5 %iger Prilocainlösung mit Adrenalin 1:100.000 flächenhaft infiltriert. Je nach Fläche werden 40–60 ml benötigt

Man kann auch durch punktuelle Injektion in Nähe der beiden Nervenaustrittspunkte der Supraorbitalnerven an der Stirn den besonders sensiblen mittleren Bereich vorab anästhesieren. Die beiden supraorbitalen Nervenaustrittspunkte sind aus der Anatomie bekannt, bei dünner Haut gut tastbar und einfach durch die sogenannte „3-­Finger-Regel“ zu lokalisieren (. Abb. 11.2). Die Anästhesie des Donor- und des Empfängerareals kann zeitlich versetzt erfolgen. Damit bleibt man unter der vorgeschriebenen Höchstdosierung von 4–6  Zylinderampullen. Zahnärztliche Kollegen berichten immer wieder, dass sie die angegebene Höchstdosierung bei Bedarf um das Doppelte ohne Komplikationen überschritten haben.  

11

94

11

Kapitel 11 · Anästhesie, Tumeszenz

..      Abb. 11.2  Im frontalen Behandlungsgebiet können zunächst die supraorbitalen Nervenaustrittspunkte voranästhesiert werden. Danach ist die Ringblockanästhesie, zum Beispiel mit Ultracain  DS  forte, weniger schmerzhaft. Nach 5–10 Minuten Einwirkzeit erfolgt die Flächenanästhesie des Transplantatempfängerareals

11.3.2

Flächenanästhesie mit Prilocain, Zusatz von Epinephrin bzw. Adrenalin

Prilocain ist ein lokales Anästhetikum, welches in Kombination mit Adrenalin 6  Stunden wirkt und damit gut für eine Haartransplantation geeignet ist. Außerdem wird es über die Leber verstoffwechselt und vorwiegend renal ausgeschieden. Damit sind kardiale Reaktionen, anders als beim Lidocain, nicht zu erwarten. Prilocain ist auf dem deutschen Markt unter dem Namen Xylonest verfügbar. Man kann es bereits mit Adrenalinzusatz bestellen oder Adrenalin bzw. Epinephrin bis maximal 1:100.000 dazu mischen. Eine Konzentration von 0,5 % ist für die Flächenanästhesie (syn. ­Infiltrationsanästhesie) ausreichend. Nachdem Ringblock bzw. punktuelle Vorabinjektion an wichtige Nervenpunkte mittels Articain erfolgt sind, kann die Entnahmefläche mit Prilocain vollständig infiltriert wer-

..      Abb. 11.3  Durch einen Vibrationsstift oder andere mechanischen Hautreize wird der Patient abgelenkt. Dadurch empfindet er die Anästhesie weniger schmerzhaft

den. Das gleiche Verfahren soll man später zur vollständigen Anästhesie des Implantationsareals nutzen. Wichtig bei der Flächenanästhesie ist die genaue, oberflächliche Infiltration in die gefäßführenden Hautschichten. Nur so können die Vasokonstriktoren ihre Wirkung optimal entfalten. Für die Anästhesie des Spenderareals sind meist 20–30  ml 0,5  %iger Prilocainlösung mit Adrenalin 1:100.000 erforderlich (. Abb. 11.3).  

!!Cave Anfänger injizieren das Lokalanästhetikum häufig zu tief unter die Haut, oftmals sogar unter die Galea. Somit blutet es intraoperativ verstärkt, weil die vasokonstriktorische Wirkung ausbleibt. Nachinjektionen sind gefährlich, weil es weiterhin blutet und die Höchstdosis schneller erreicht wird.

Relative „Bluttrockenheit“ erreicht man bei der Lokalanästhesie nur, wenn oberflächlich subkutan in die gefäßführende Schicht injiziert wird. Diese befindet sich 2–4 mm unter der Hautoberfläche und erzeugt bei Injektion mehr Gegendruck als die tief subkutane (falsche) Injektionsschicht.

95 11.4 · Tumeszenz

>> Erfolgen die Injektionen zu schnell und zu hektisch, dann kann es zum Kreislaufkollaps kommen. Zusätzlich kann das Adrenalin oder Epinephrin durch Pulsbeschleunigung zu Panikattacken beim Patienten führen. Sportler profitieren hierbei durch ihren niedrigen Ruhepuls und nehmen die Wirkung des Adrenalins weitaus weniger wahr.

Falls der Patient kollabiert, genügt zunächst das Hochlagern der Beine und die manuelle Fixierung des Unterkiefers im Sinne des „Esmarch-Handgriffs“ (Kopf-Kiefer-­Handgriff). Nach wenigen Sekunden wird sich die Situation normalisieren, der Patient sollte einige Minuten liegend bleiben, ein Schluck Cola mit Zuckerzusatz verbessert die Situation. Ein venöser Zugang kann zur Sicherheit vorab gelegt werden. Infusionen lassen sich fast immer vermeiden, weil sich die Kreislaufverhältnisse spontan stabilisieren. Geduld wird hierbei belohnt. >>Für Patienten, die absolut kein Epinephrin oder Adrenalin als Zusatz zur Lokalanästhesie bekommen dürfen, ist die Haartransplantation kontraindiziert. Die Blutungen wären zu stark und damit wäre die Übersicht und das Resultat der Behandlung gefährdet. In solchen Fällen ist die Behandlung konsequent abzulehnen.

Für eine Haartransplantation von 6–8  Stunden Dauer reichen über die Zeit insgesamt 4–6 Zylinderampullen (je 1,7 ml) Articain mit Adrenalin 1:100.000 und 40–80 ml Prilocain 0,5 %ig mit Adrenalin oder Epinephrin 1:100.000. 11.4  Tumeszenz

Die klassische Tumeszenzlösung nach Klein muss nicht zwingend zubereitet und infiltriert werden. Tumeszenz heißt übersetzt nichts weiter als „Dehnung“. Deshalb kann man die Tumeszenz sowohl des Spender- als auch des Empfängerareals bequem mit Ringerlösung ohne weitere Zusätze isoliert nach der Infiltrationsanästhesie durchführen. Etwas mehr toxisch auf Haarwurzeln soll Kochsalzlösung (NaCl  0,9  %) wirken, weshalb Ringerlösung

bevorzugt wird. In die Tumeszenzlösung kann bei starker Blutungsneigung zu 50  ml je 1–2  ml Epinephrin (1  mg/ml) zugegeben werden. Die Tumeszenzlösung wird mit einer 20 ml Luer-­Lock-­Spritze und einer 22 G-Nadel (0,70  ×  0,30) am besten dicht subkutan platziert. Eine Injektion unter die Galea gelingt leicht, ist aber völlig nutzlos. In der richtigen Schicht muss auch hierbei etwas mehr Kraft bei Injektion aufgewendet werden. >> Die richtige Platzierung der Tumeszenzlösung ist wichtig. Meist ist die Injektion mit Kraftanstrengung möglich; dadurch weiß der Behandler, dass er in der richtigen Schicht arbeitet. Geht die Injektion sehr leicht, ist man zu tief, meist tief subkutan und subgaleal, die Wirkung bleibt dann aus.

Um Anästhesielösung zu sparen und eine Überdosierung zu vermeiden, empfiehlt sich die Anwendung dünner Kanülen (25 G). Das erfordert jedoch einen starken Kraftaufwand beim Injizieren. Für die Tumeszenz haben sich Kanülen der Stärke 22 G bewährt. Langsam injizieren! Bei stärkerer Blutungsneigung während der Operation oder auch beim Einbringen der Transplantate kann man punktuell mit Articain oder Prilocain nachinjizieren. Auch das Beimischen von 10–20  %iger kristalliner Kortisonlösung (zum Beispiel Triamcinolon) in 20 ml Ringerlösung ist bei sehr starken diffusen Blutungen als „ultima ratio“ möglich. Routinemäßige Kortisonzusätze sind nicht zu empfehlen, weil sie wegen der verminderten Durchblutung das spätere Wachstum von Haarwurzeln gefährden können. >> Kortisonbeimischungen zur Tumeszenz sind nur im Ausnahmefall bei sehr starker diffuser Blutung gerechtfertigt, weil sie die Wuchsrate wegen verminderter Revaskularisation gefährden können. Das gilt besonders bei dichter Transplantation, bei Rauchern und Patienten über 45 Jahren.

Die Tumeszenz mit Ringerlösung soll beim Anlegen der Transplantatepfängerkanälchen über den gesamten Zeitraum repetitiv erfolgen. Man schafft dadurch ein „Wasserbett“ im Ge-

11

96

11

Kapitel 11 · Anästhesie, Tumeszenz

webe. Das reduziert die Verletzung von wichtigen anatomischen Strukturen. Die Wuchsrate von Haarwurzeln kann sich verbessern und die Wundheilung geht rascher vonstatten. Gelegentlich laienhaft geäußerte Bedenken, Tumeszenz würde die Transplantate quetschen und wegen des hohen Gewebedrucks gar verletzen oder zerstören, sind unbegründet. Das Gegenteil ist der Fall, wie man auch bei anderen Operationen (Liposuktion, Facelift) unter Tumeszenz erkennen kann: Schnellere Heilung, weniger Komplikationen, kaum Infektionen etc. lassen die Tumeszenz zur „conditio sine qua non“ bei jeder Haartransplantation werden. Die injizierte Ringerlösung wird binnen Stunden in den Kreislauf gebracht und normal über den Urin ausgeschieden. Häufig auftretende Schwellungen im Augenbereich (Hämatom, Ödem) sind postoperativen Nachblutungen beim Abklingen der vasokonstriktorischen Wirkung des Adrenalins geschuldet und nicht der Tumeszenz. Das Phänomen stark abstehender Ohren nach Flächenanästhesie des Oberkopfes mit Tumeszenz ist harmlos und schmerzfrei. Das Ödem ist nach wenigen Stunden resorbiert und der Patient kann, falls ihm die abstehenden Ohren überhaupt auffallen, dahingehend beruhigt werden (. Abb. 11.4).  

..      Abb. 11.4  Nach der Behandlung kann es durch absinkende Tumeszenzlösung zum temporären Symptom der abstehenden Ohren (Otapostasis, syn. Apostasis) kommen. Dieser Befund ist nicht therapiebedürftig. Die Flüssigkeit wird binnen 12  Stunden resorbiert. Patienten, die das Phänomen bemerken, können entsprechend aufgeklärt und beruhigt werden

97

Entnahmetechniken für Haarwurzeln Inhaltsverzeichnis 12.1

Grundsätzliches – 98

12.2

Überblick – 98

12.3

Streifenentnahme – 98

12.3.1 12.3.2 12.3.3 12.3.4

E quipment – 99 Ablauf der Streifenentnahme – 100 Problemmanagement, erneute Streifenentnahme, Narbenoptimierung – 105 Mikroskopische Präparation des Hautstreifens – 107

12.4

FUE-Technik – 111

12.4.1 12.4.2 12.4.3 12.4.4

 roblemstellung – 111 P Manuelle Einzelentnahme – 112 Motorgetriebene Einzelentnahme – 113 Zusammenfassung und Tipps: Bohrertypen, Pro und Kontra – 116 Entnahme der Follikular Units – 117 Sortierung der Transplantate und temporäre Aufbewahrung – 118 Entnahmefläche, Spenderareal – 118 Beurteilung der Graftqualität, Graftqualitätsindex (GQI) – 120 Beurteilung der Quantität von Follikular Units, Effizienzindex (EI) – 123

12.4.5 12.4.6 12.4.7 12.4.8 12.4.9

12.5

 elche Entnahmetechnik für W welche Patienten – 124

12.5.1 12.5.2 12.5.3

 riterien für FUE-Technik (Einzelentnahme): – 126 K Kriterien für FUT-Technik (Streifenentnahme) – 126 Goldstandard und Prognosen – 127

Literatur – 128 © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_12

12

12

98

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

12.1

Grundsätzliches

Bei der Umverteilung vitaler Haarwurzelzellen in ehemals behaarte Gebiete spielt die autologe Entnahme von Haarwurzeln bzw. Haarwurzelgruppen die entscheidende Rolle. Die Entnahme muss möglichst verlustarm erfolgen, weil die Zahl der DHT resistenten Haarwurzeln individuell begrenzt ist und oft großer Bedarf zur Umverteilung besteht. Beschädigte oder gänzlich durchtrennte Haarwurzeln werden später keinen permanenten Haarwuchs produzieren, ein optischer Nachteil für Patienten. Deshalb ergibt sich folgende Aufgabenstellung für die Entnahmeprozedur von Follikular Units: 55 möglichst verlustarm und verletzungsfrei, 55 möglichst atraumatisch, 55 möglichst patientenschonend und schmerzarm, 55 möglichst zeitsparend durch Minimierung der „out of body time“, 55 möglichst Ressourcen schonen, nachhaltig kalkulieren und operieren, 55 möglichst geringe oder nur unter bestimmten Umständen sichtbare Narbenbildung.

12.2

Überblick

Durch Internet und Marketingstrategien kommerziell orientierter Anbieter sind die Entnahmetechniken für eine Haartransplantation immer wieder neu in Diskussion. In diesem Zusammenhang fallen Schlagwörter wie „FUE, FUT, FUI, DHI“, die manchmal weder Arzt noch Patienten genau erklären können. Im Prinzip unterscheiden wir heute zwei etablierte Verfahren der Haarwurzelgruppenentnahme: einzeln oder komplex im Hautstreifen mit anschließender Vereinzelung von Follikular Units unter dem Mikroskop. Weder die Einzel- noch die Streifenentnahme mit anschließender Präparation liefern bessere optische Resultate bei korrekt arbeitendem Team und optimiertem Equipment.

55 Die Hautstreifenentnahme „en bloc“ mit mikroskopischer Vereinzelung von Transplantaten wird umgangssprachlich „Follikular Unit Transplantation, FUT“ (syn: Strip-Technik, Streifentechnik, Streifenentnahme genannt) (7 Abschn. 12.3). 55 Die Einzelentnahme von Haarwurzelgruppen wird „Follikular Unit Exzision, FUE“ genannt (7 Abschn. 12.4). 55 Häufig wird noch der Begriff der „Follikular Unit Extraktion“ gebraucht, der auf Empfehlung der International Society Hair Restoration Surgery, 7 www.­ISHRS.­ org, nicht mehr der aktuellen Nomenklatur zugerechnet werden soll. 55 Es kann verschiedene Gründe haben, beim Patienten entweder die Einzel- oder die Streifenentnahme zu praktizieren (7 Abschn. 12.5). 55 Ältere, wenig gebräuchliche Entnahmetechniken können durchaus ihre Berechtigung für den Einzelfall haben und müssen deshalb rein rechtlich gesehen nicht dem sogenannten Facharztstandard widersprechen, nämlich dann, wenn Sie mit dem Patienten vorab besprochen wurden und es eine schlüssige fachliche Begründung ihrer Anwendung gibt.  







12.3

Streifenentnahme

(syn. Strip-Technik, Streifentechnik, FUT-, FUI-Technik) Je nach Bedarf an Transplantaten, Haargruppendichte und Beschaffenheit der Haut, wird „en bloc“ in Lokalanästhesie aus dem Haarkranz ein Hautstreifen entnommen, der dihydrotestosteronresistente Haarwurzeln beherbergt. Die Entnahmestelle wird mittels sogenannter Durchwachsungsnaht („Trichophytic Closure“) verschlossen. Die Haare im Entnahmegebiet sollen möglichst lang sein, damit sie später die Entnahmestelle, quasi unsichtbar, überdecken können. Aus dem entnommenen Hautstreifen werden unter dem Stereomikroskop und mit Lupenbrillen die Haarwurzelgruppen zu Fol-

99 12.3 · Streifenentnahme

likular Units vereinzelt. Diese Units werden nach Check auf Unversehrtheit in Nährlösung aufbewahrt und innerhalb von 2–3 Stunden in kleinste Hautempfängerkanälchen in die Kahlstellen transplantiert. Die Bezeichnung FUT-Technik wird laienhaft für die Streifenentnahme gebraucht. „Per definitionem“ heißt FUT „Follikular Unit Transplantation“. Der Begriff bezeichnet die Transplantation von ausschließlich Follikular Units, nicht mehr und nicht weniger. Trotzdem wird der Begriff FUT in Verbindung mit der Entnahme des Hautstreifens gebracht und hat sich so etabliert. Gelegentlich wird auch noch der Begriff „FUI-Technik“ gebraucht, der „Follikular Unit Implantation“ bedeutet, auch im Zusammenhang mit der Hautstreifenentnahme. 12.3.1

Equipment

Für die Entnahme des Hautstreifens aus dem Haarkranz ist ein feines Instrumentarium für die sogenannte „kleine Chirurgie“ und weiteres Equipment wie folgt erforderlich (. Abb. 12.1):  

12

55 Kleine und große chirurgische Pinzette, mikrochirurgische Pinzette, 55 3–5 Skalpellhandgriffe Größe 3, für 10eroder 15er-Klingen, 55 feine Lidschere, mittelgroße Präparationsschere, Fadenschere, 55 feiner Nadelhalter (zum Beispiel nach Hegar), 55 HABER-Spreader oder Pean-, Halsted-­ Mosquito Klemmchen, 55 Kauter mit Option der bipolaren Blutstillung, 55 Metall- und/oder Petrischalen, 55 sterile Kompressen, 10 × 10 cm, 5 × 5 cm, nicht fasernd, 55 sterile Ringer- oder alternativ physiologische Kochsalzlösung (NaCl 0,9 %), 55 resorbierbares Nahtmaterial, Stärke 4 × 0, zum Beispiel Vicryl rapid, 55 Stereomikroskop, zum Beispiel MANTIS Elite, Vergrößerungs-, Lupenbrillen. Zusätzlich werden Haarklammern, sterilisierbarer Kamm, Stirnband, Chirurgiemarker, weißes, 2 cm breites Rollenpflaster, wenig adhärent, benötigt.

..      Abb. 12.1  Das sterile Instrumentarium wird auf Vollständigkeit kontrolliert und wird der Behandlung entsprechend bei Bedarf ergänzt

100

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

12.3.2

12

Ablauf der Streifenentnahme

Je nach Bedarf an Haarwurzelgruppen wird ein vom linken zum rechten Ohr quer verlaufendes Hautareal von 20–30 cm Länge und 1,5–2 cm Breite auf 1–2 mm Haarlänge kurz rasiert. Vorher werden oberhalb dieses Areals die möglichst lang gewachsenen Haare mit Kamm und Haarklammern nach oben fixiert. Diese Haare fallen später nach Lösen der Haarklammern dachziegelförmig über das Entnahmegebiet. Bei nicht so gut fixierbarem Haar, meist wenn es zu kurz geschnitten ist, kann die Fixierung nach oben auch mittels Haarfestiger, handelsübliches Haarspray, erfolgen. Abschließend wird das, über dem kurz rasierten Hautareal nach oben gelegte, Langhaar mittels Pflasterstreifen temporär fixiert. Das Pflaster soll später gut lösbar sein, weshalb weißes Rollenpflaster empfohlen wird. Nachdem die erforderliche Länge des zu entnehmenden Hautareals entsprechend Transplantatbedarf und Haardichte errechnet wurde, wird die Entnahmefigur mit einem Chirurgiemarker auf der Haut angezeichnet. Die Streifenbreite bzw. -höhe soll in der Regel konstant 1 cm betragen (. Abb. 12.2).  

kRechenbeispiel für die Entnahmefigur bei fixer Streifenbreite von 1 cm:

Die erforderliche Streifenlänge bei fixer Breite von 1 cm errechnet sich aus dem Quotienten aus Transplantatzahl und gemittelter Follikelgruppendichte pro cm2. Erforderliche Anzahl an Transplantaten, Bedarf = 2000 Gemittelte Haargruppendichte = FUD = 80/cm2  L Streifenlange =

Bedarf 2000 = = 25 cm FUD 80

zz Resultat

Bei einem Bedarf von 2000 Transplantaten und einer mittleren Haargruppendichte von 80 FU pro Quadratzentimeter muss die Schnittfigur 25  cm lang und 1  cm breit sein. Wegen des ellipsoiden Verlaufs an beiden

..      Abb. 12.2  Nach Hochstecken und Fixieren der Haare sowie Trichodensitometrie wird die Entnahmefigur angezeichnet. Das Operationsgebiet wird desinfiziert

Enden sollen etwa 3  cm zur Länge addiert werden. Korrigiertes Resultat: Die Länge des zu entnehmenden Hautstreifens beträgt 28  cm bei konstanter Breite von 1  cm. Diese Entnahmefigur ist vor Einbringen der Lokalanästhesie auf die kurz rasierte Haut anzuzeichnen. Die Zeichnung soll nicht durch Desinfektionsmittel abwischbar sein. Die o. g. Kalkulation setzt ein trainiertes Team voraus, welches in der Lage ist, nahezu verlustfrei Follikular Units am Mikroskop und/oder mit entsprechenden Lupenbrillen zu präparieren (Präparation). >>Die Länge der Entnahmefigur kann je nach Transplantatbedarf variieren, die Breite soll auf keinen Fall 1,3  cm übersteigen. Erfahrene Operateure können je nach Einschätzung der Hautverhältnisse bis auf 1,5  cm Breite entnehmen. Am sichersten für Anfänger ist die Breite von

12

101 12.3 · Streifenentnahme

1  cm. Das erlaubt bis auf wenige Ausnahmen, wie extrem feste Haut, viele Voroperationen, Narbenbildung, immer den spannungsfreien Wundverschluss.

Die Entnahmefigur soll grundsätzlich angezeichnet werden, auch fortgeschrittenen Operateuren wird das dringend empfohlen. „Freihandentnahme“ provoziert einen zu breiten Streifen und damit u. U. Probleme bei der Naht (Spannungsnaht mit nachfolgender Dehiszenz) bzw. eine zu große und nicht verwertbare Ausbeute an Transplantaten. Streifenlängen über 25 cm setzen eine Entnahme bis seitlich über beide Ohren reichend voraus. Wird die Entnahme mehr nackenwärts bzw. kaudal durchgeführt, was u. U. zu Breitnarbenbildung führen kann, dann soll der Schnitt immer 1–2  cm vor der postaurikulären Haargrenze enden. Vor Inzisionsbeginn hat es sich bewährt, das Operationsgebiet mit Ringerlösung zu tumeszieren. Durch das verfestigte Gewebe lässt sich die Inzision besser führen und es werden weniger Haarschäfte verletzt (. Abb. 12.3). Folgender Ablauf der Streifenentnahme hat sich bewährt: a. Hautinzision exakt auf der Linie der angezeichneten Entnahmefigur, Durchtrennung der Haut bis auf Haarschaftniveau (2–4 mm tief, bei Frauen 1–2 mm), Inzision möglichst parallel zur Haarwuchsrichtung zur Vermeidung von Haarschaftverletzungen (. Abb. 12.4).  



b. Stumpfe Mobilisation mittels HABER-Spreader oder ähnlichen Spreizinstrumenten, zum Beispiel Pean-, Halsted-Mosquito-Klemmchen bis unterhalb der Haarbälge ins Fettgewebe hinein (. Abb. 12.5). c. Stumpfes oder wenig scharf unterstütztes Herauslösens des Hautstreifens mit Skalpell oder Präparierschere, Ablösen von der Unterfläche, ohne Galeaverletzung und unter Schonung der Gefäß-Nerven-­Bündel (. Abb. 12.6). d. Sorgfältige Blutstillung kleinerer Gefäße in der Tiefe, keine Blutstillung an den Haarschäften wegen der Nekrosegefahr für Haarwurzeln (. Abb. 12.7). e. Sehr sparsame Mobilisation am Unterrand im Fettgewebe, max. 0,5–1  cm kaudalwärts, nur bei Mehrfachoperationen und sehr fester Haut Mobilisation nach Bedarf 2–10 cm nach kaudal. f. Deepithelialisierung des oberen Wundschnittrands um maximal 0,5–2  mm mit einer feinen Lidschere zur Vorbereitung der Durchwachsungsnaht („Trichophytic Closure“) (. Abb. 12.8). g. Temporäre Fixierung der Hautränder mit feinen Tuchklemmchen zur Erzeugung einer Vorspannung mit nachfolgend spannungsfreiem Wundverschluss (. Abb. 12.9). h. Fortlaufende sehr oberflächliche Hautnaht mit resorbierbarem Nahtmaterial, zum Beispiel Vicryl rapid, 4 × 0 als „Running Suture“. Es erfolgt kein ­mehrschichtiger Wundverschluss. Ein „zu viel“ an Nahtmaterial verursacht Wundheilungsstörungen und Narbenbildung (. Abb. 12.10).  











..      Abb. 12.3  Nach der vollständigen Lokalanästhesie, Ringblock und Flächenanästhesie, wird das Behandlungsgebiet mit Ringerlösung ohne weitere Zusätze tumesziert

Die mittleren und unteren Anteile der Haarschäfte dürfen nicht eingeengt und in die Naht gefasst werden. Das führt unweigerlich zur Avitalität der Haarfollikel; eine sogenannte Pseudobreitnarbe entstünde. Die nach o. g. Kriterien angelegten Durchwachsungsnähte haben sich in den letzten Jahren bewährt. Die resultierenden Narben sind meist auch bei sehr kurzem Haar nur schwer erkennbar (. Abb. 12.11).  

102

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

a

b

c

d

e

12

..      Abb. 12.4  Schnittfigur am sitzenden Patienten. Bei durch Tumeszenz stark verfestigter Haut kann der Schnitt exakt parallel zu den Haarschäften geführt wer-

a

den, a, b, c zunächst von rechts nach links am Unterrand der Schnittfigur, d, e danach am Oberrand zurück zum Ausgangspunkt führend

b

..      Abb. 12.5  Stumpfe atraumatische Mobilisation. Mittels HABER-Spreader oder feinen stumpfen Klemmchen wird der Streifen gegen die Wundränder mobilisiert

103 12.3 · Streifenentnahme

a

a

b b

c c

..      Abb. 12.6  Exstirpation des Hautstreifens.  Möglichst atraumatisches, vorsichtiges Ablösen des Streifens von seiner Unterfläche, dicht unterhalb der Haarwurzeln (a), ohne Eröffnung der Galea und unter Schonung der Gefäß-Nerven-Bündel  (b) garantiert intakte und vitale Haarfollikelgruppen auch am Schnittrand (c)

..      Abb. 12.7  Bipolare Blutstillung nur bei Bedarf punktuell und unter Schonung der Haarschäfte

..      Abb. 12.8  Deepithelialisierung.  Maximal 0,5–2  mm Haut mit nur einer Haarreihe dürfen vom oberen Wundrand entfernt werden  (a, b). Damit wird der Wundrand deepithelialisiert und die Voraussetzung für die spätere Durchwachsungsnaht („Trichophytic Closure“) geschaffen

12

104

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

a

..      Abb. 12.9  Die Wundränder werden mit feinen Tuchklemmen gefasst und unter Einbeziehung von Wundkompressen adaptiert. Die dadurch entstehende Vorspannung ist Voraussetzung für den später spannungsfreien Wundverschluss

b

a

12

b

c

c

..      Abb. 12.11  Narbenresultate nach „Trichophytic Closure“. Lege artis ausgeführte Durchwachsungsnähte sind auch bei Kahlrasur kaum erkennbar, am ehesten noch bei a schwarzem Haar und heller Haut. Je geringer der Farbkontrast desto weniger sind Narben erkennbar (b, c) ..      Abb. 12.10  Nahttechnik. Fortlaufende, nicht überwendliche Naht, sondern „Running Suture“ (a). Es wird nur sehr wenig Wundrand in die Naht gefasst, damit es nicht zu Haarfollikelnekrosen kommt  (b). Ein mehrschichtiger Wundverschluss ist in der Regel nicht erforderlich, die Wundränder sind einschichtig spannungsfrei adaptiert (c)

105 12.3 · Streifenentnahme

Einzelknopfnähte sind alternativ möglich, auch die zusätzliche Hautklammerung bei Hautspannung hat sich bewährt. !!Cave Hautklammern verursachen je nach Form und Hersteller u. U. starken Schmerz beim Liegen und müssen im Gegensatz zu resorbierbarem Nahtmaterial entfernt werden.

12.3.3

Problemmanagement, erneute Streifenentnahme, Narbenoptimierung

Besonders Anfängern und mit Kopfhautoperationen unerfahrenen Ärzten unterlaufen immer wieder ähnliche Fehler, wie: 55 Der Hautstreifen wird zu lang und zu breit bemessen, zu viele Haarwurzeln fallen dadurch an, das Präparationsteam ist überfordert, Spenderhaarwurzeln müssen verworfen werden. 55 Der Hautschnitt erfolgt nicht streng parallel entlang der Haarschäfte in den subkutanen Bereich, Zerstörung übermäßig vieler Follikular Units am Schnittrand, dadurch Pseudobreitnarbenbildung (. Abb. 12.12). 55 Der Wundverschluss gelingt nicht oder nur unter Spannung, Narbendehiszenz, Breitnarbenbildung sind mögliche Folgen.  

..      Abb. 12.12 Typische Pseudobreitnarbe nach Streifenentnahme durch Verletzung von Haarschäften am Inzisionsrand. Das „Hühnerleitermuster“ entsteht durch zu tief und/oder zu fest im Gewebe angelegte Nähte mit Einbeziehung der Haarschäfte und dadurch resultierenden Durchblutungsstörungen perifollikulär

55 Der Schnitt reicht zu tief ins Gewebe und verletzt/durchtrennt Galea und/oder Gefäß- Nervenbündel, was zu starken Blutungen führt, die koaguliert oder umstochen werden müssen. Das führt zu langwierigen oder permanenten Parästhesien im Entnahmebereich und in darüber gelegenen Arealen. Außerdem kann vorübergehend „Shock-loss“oder iatrogen eine permanente Narbe entstehen. 55 Die Hautnaht wird zu fest gelegt, in Folge kommt es zu Durchblutungsstörungen und Nekrosen der Haut. 55 Die Stichkanäle und damit der Fadenverlauf sind zu tief und führen zu Kompression von Haarwurzelschäften, was zum Absterben von Haarwurzeln führt, optisch entsteht eine sogenannte Pseudobreitnarbe (Strickleiter- bzw. H ­ ühnerleitermuster). 55 Im guten Glauben, Breitnarbenbildung zu verhindern, wird subkutanes Nahtmaterial eingebracht, was meist eine Gewebereaktion verursacht und Nekrosen provoziert. >>Je weniger Nahtmaterial eingebracht wird, desto besser die Wundheilung und nachfolgend die Narbenbildung. Resorbierbares Nahtmaterial verursacht weniger Gewebereaktionen und verbessert die Situation. Die Angst vor Dehiszenz bei resorbierbarem Nahtmaterial ist unbegründet.

Bei normal flexibler Kopfhaut kann man im Jahresabstand 1- bis 2-mal einen bis zu 1 cm messenden breiten Hautstreifen entnehmen, ohne dass die Hautnaht unter Spannung erfolgen muss. Je länger die Zeitspanne zwischen zwei Streifenentnahmen, desto besser ist das für die spätere Narbenbildung. Die größte Spannung beim Wundverschluss entsteht 3–4  cm postaurikulär. Dort sind Haut und Untergewebe am wenigsten flexibel, egal ob mobilisiert wird oder nicht. Je flexibler die Haut, besonders bei jungen Männern, auch bei sogenannter Elastosis Kutis, desto höher das Risiko zur Breitnarbenbildung. Grund hierfür ist der Mangel an Kollagenstützfasern, eine wichtige Voraussetzung für die optimale Narbenbildung.

12

106

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

>>Mobilisation beim Wundverschluss, sowohl nach kranial als auch nach kaudal birgt immer die Gefahr von Nekrosen im Nahtbereich wegen Minderdurchblutung der Hautränder. Deshalb gilt: So sparsam wie möglich mobilisieren, am besten nur nach kaudal 0,5–1  cm. Die Mobilisation nach kranial, auch weit nach kranial, 5–10 cm epigaleal, soll nur dann erfolgen, wenn sich die Wunde trotz temporärer Adaptation mit Tuchklemmchen nicht verschließen lässt.

Tipp

12

Bei Problemen mit spannungsfreiem Wundverschluss zunächst nach kaudal mobilisieren, wenn das nicht ausreicht, Mobilisation nach kranial. Da die Haut gut dehnbar ist, kann das temporäre (10– 30 Minuten) Anbringen von Klemmchen zur ausreichenden Wundrandadaptation beitragen, ohne dass weiträumig mobilisiert werden muss. Sind die Wundränder trotz Vorspannung mit Tuchklemmchen immer noch unter großer Spannung, dann hilft die Injektion von 100–300  I.E.  Hylase Dessau in Bereiche größter Spannung. Die Hylase lockert feste Kollagenverbindungen. Zur Prophylaxe der Narbendehiszenz kann nach erfolgter Naht auch die Injektion von 50–100  I.E. Botox 2–5  cm ober- und unterhalb der Wundränder in die Muskulatur erfolgen. Damit wird möglicher Muskelzug im postoperativen Verlauf reduziert (Chen et al. 2021).

Bei Voroperationen mit bestehender meist waagerecht oder nach kaudal leicht bogenförmig konvex verlaufender Narbe ist zunächst die Flexibilität der Haut zu prüfen. Eine manuelle Massage der Hautnarbe (Kopfhautmassage von kranial und kaudal hin zur Narbe) vorbereitend zur Operation kann hilfreich sein. Der Patient soll mindestens 4 Wochen vor der Operation damit instruiert werden und die Massage täglich für 5

Minuten anwenden. Auch kurz vor dem Hautschnitt kann der Operateur die Haut gegeneinander in Richtung Narbe massieren. Dadurch wird das Gewebe gelockert, was sich nützlich für den späteren Wundverschluss erweist. Ist die Haut nach Prüfung ausreichend flexibel, kann nochmals ein 1–1,3  cm breiter Hautstreifen entnommen werden. Auch hier muss vorab angezeichnet werden. Die alte Narbe soll sich, wenn machbar, innerhalb der Schnittfigur befinden. >>Je breiter die Hautnarbe, desto weniger neue Haarwurzeln lassen sich aus dem umgebenden Gewebe gewinnen. Der Patient ist darüber vorab zu informieren. Bei breiten Narben und fester Haut kann es durchaus vorkommen, dass lediglich ein Ausschneiden der alten Narbe ohne große Ausbeute an neuen Haarwurzeln möglich ist. Hier ist im Anschluss die Einzelentnahme die beste Strategie.

Oftmals wird wegen der höheren Ausbeute an Haarwurzeln ein zweiter neuer Schnitt ohne Resektion der alten Narbe empfohlen und durchgeführt. Daraus resultieren am Ende zwei oder gar mehrere Narben am hinteren und seitlichen Haarkranz. Viele Patienten tolerieren diesen Umstand, weil sie ihre Haare immer auf 3–10 cm Länge schneiden und die Narben dadurch komplett überkämmbar sind. Bei einem Kurzhaarschnitt werden Narben u. U. sichtbar sein, weshalb Patienten nach vielen Jahren und mehreren Streifenentnahmen gelegentlich eine Korrektur wünschen. !!Cave Je öfter Narbenkorrekturen oder Narbenoptimierungen durch neue Schnitte, Mobilisation und gar Spannungsnähte durchgeführt wurden, desto unwahrscheinlicher wird eine Narbenverbesserung.

Bei günstigen Voraussetzungen (Voroperation liegt lange zurück, Flexibilität der Haut geprüft und für gut befunden) kann man zwei übereinanderliegende Narben exzidieren und die Wundränder fast spannungsfrei ver-

107 12.3 · Streifenentnahme

schließen. Hier wird Einzelknopfnaht oder auch Klammernaht empfohlen (. Abb. 12.13). Oft lassen sich Narben nach Streifenentnahme leider nicht verbessern. Hier hilft eine Einzelhaarentnahme und Retransplantation in das Narbengewebe. Wenn das helle Narbenkolorid stört, ist zusätzlich eine Narbenpigmentation durch erfahrene Tätowierer möglich. Zu beachten ist dabei, dass bei grau oder weiß werdendem Haar auch die Tatoofarbe verblichen sein sollte. Biofarben und temporäre Farbpigmente, die sich über die Zeit wieder auflösen, sind zu empfehlen.

a



>> Die sogenannte „Skalpmikropigmentation“, SMP, kann von erfahrenen Tätowierern zur Minderung optischer Kontraste im Bereich der Kopfhaut, auch der Narben, durchgeführt werden.

12.3.4

b

Mikroskopische Präparation des Hautstreifens

Ziel der mikroskopischen Präparation ist es, aus dem ellipsoiden Hautstreifen möglichst verlustfrei alle enthaltenen Follikular Units zu isolieren, also zu vereinzeln. Das Vorgehen soll systematisch und standardisiert erfolgen, da es sich um eine zeitaufwändige und hoch konzentrative Tätigkeit handelt, die bis zur Perfektion ein enormes Training erfordert. Im Prinzip teilt sich das Vereinzeln in zwei Arbeitsschritte auf: das „Slivering“ und das eigentliche Vereinzeln in Follikular Units (. Abb. 12.14). „Slivering“ bedeutet sinngemäß „dünne Scheibchen präparieren“. Diese dünnen Scheibchen werden so präpariert, dass sie möglichst nur eine Reihe Follikular Units enthalten. Die so gewonnenen Präparate werden dann an einem anderen Arbeitsplatz parallel zum „Slivering“ in Follikular Units vereinzelt. Alternativ kann man die Hautstreifen auch am Mikroskop selbst oder an einem „BackLight-System“ vereinzeln. Bei den „Back-Light-Systemen“ durchleuchtet eine Lichtquelle die optopermeable Präparier-

c



..      Abb. 12.13  Nach dreimaliger Streifenentnahme ist a eine Breitnarbe im Prinzip nicht vermeidbar. b Auch subkutan eingebrachtes nicht resorbierbares Nahtmaterial kann die Narbendehiszenz nicht verhindern und wird heute als obsolet betrachtet. Durch Hylaseinjektion in die Narbe ist nur eine sparsame Mobilisation erforderlich. c Der Wundverschluss erfolgt durch Hautklammern

12

108

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

12 ..      Abb. 12.14  Der entnommene Hautstreifen wird am besten unter einem Stereomikroskop in kleine Streifen „geslivert“. Die Streifen sollen nur eine Reihe Follikular Units enthalten

..      Abb. 12.15  Die mikroskopische Präparation ist ein aufwändiger Vorgang, der Übung, Konzentration und Zeit erfordert. Die Sitzposition soll unbedingt ergonomisch sein

fläche. Dadurch sind die Follikular Units besser abgrenzbar. Die Vereinzelung in Follikular Units ist umso effektiver, je mehr gut trainierte Assistenten diese Tätigkeit ausführen. Die ­präparative und konzentrative Leistung verteilt sich besser auf 4–5 als auf 2–3 Teamassistenten. Außerdem verkürzt es die Gesamtzeit der Präparation. Je größer das Team, desto besser die Qualität der Follikular Units.

12.3.4.1

>>Die Vereinzelung der Follikular Units aus „gesliverten“ Hautstreifen ist eine aufwändige, personal- und zeitintensive Tätigkeit, die gründliches, möglichst tägliches Training von 3–6 Monaten erfordert.

Equipment

Das „Slivering“ des Hautstreifens am Mikroskop dauert etwa 1–2 Stunden. Deshalb ist eine bequeme höhenverstellbare Sitzmöglichkeit unabdingbare Voraussetzung für gutes Gelingen. Die Präparation im Stehen ist obsolet, weil sie niemals Ruhe, Konzentration und damit Präzision vermittelt (. Abb. 12.15). Wichtigstes Arbeitsgerät ist das Mikroskop. Hier empfehle ich ein Stereomikroskop, welches ergonomisches und entspanntes Arbeiten ermöglicht. Bewährt hat sich neben anderen das Modell MANTIS-Elite der Firma Vision Engineering, 7 www.­ visioneng.­de mit 4- bis 6-facher Vergrößerung und großem Arbeitsabstand zwischen Ver 



109 12.3 · Streifenentnahme

größerungsaufsatz und Arbeitsfläche (12 cm). Der Vorteil dieses Mikroskops ist die gute und einfache „Hand-Augen-Koordination“ als Voraussetzung für verlustarme Präparationen. Zur Fixierung des Hautstreifens auf einem sterilisierten Holzbrettchen (Weichholz) genügen zwei Injektionskanülen der Stärke 20 oder 21 G. Die scheibchenweise Präparation aus dem Hautstreifen erfolgt mit 10er-, 11er- oder 15er-Skalpell, je nach besserem Empfinden des oder der Präparierenden. Auch sogenannte „Personna Blades“ („Prep Blades“), das sind in einem Metallrahmen fixierte sterilisierbare Rasierklingen, sind zum „Slivern“ geeignet. Sie lassen sich neben anderen Anbietern zum Beispiel über Ellis Instruments, 7 www.­ellisinstruments.­com bestellen. Weil „gesliverte“ Hautstreifen nur eine Reihe Follikular Units enthalten sollen, ist die schmale und verlustarme Präparation eine „conditio sine qua non“. Dazu muss das Ende des gewonnenen Hautstreifens mit einer extrem feinen chirurgischen Pinzette gefasst werden. Sie darf nicht zu biegsam sein, weil man dann nicht ausreichend fixieren und dehnen kann. Die Pinzette darf auch nicht zu grob und fest sein. Hier müssen eigene Erfahrungswerte durch „try and error“ einfließen. Das individuell beste Instrumentarium kann man sich so über die Zeit selbst zusammenstellen. Zusammenfassend kommt es auf folgende Faktoren an: 55 Separater Arbeitsplatz, Arbeitsflächenhöhe 70–80 cm, 55 bequemer, höhenverstellbarer Sitz, 55 Stereomikroskop, stationär, für ergonomische Präparation, 4- bis 6-fach Vergrößerung oder höher, 55 weiches sterilisierbares Holzbrettchen zur Fixierung des Hautstrips, alternativ Silikon/Glas, „Back-Light-System“, 55 2–4 Injektionskanülen, 20 oder 21 G, 55 sehr feine chirurgische Pinzette, 55 Skalpell, variable Größen 10–15 oder sterilisierte Rasierklingen.  

12.3.4.2

Arbeitsbeschreibung „Slivering“ und Vereinzelung der Follikular Units

Die Präparation auf sterilisierten Holzbrettchen hat sich über viele Jahre ohne Komplikationen bewährt. Holz ist ein Naturprodukt, auf dem Haarwurzeln exakt und rutschfest präparierbar sind (. Abb. 12.16). Der Rechtshänder fixiert das rechte Ende des Hautstreifens mittels 1er-Kanüle (20 G) auf dem Holzbrettchen. Gleichzeitig fixiert ein Finger der rechten Hand das Brettchen. Mit der linken Hand wird mit der Mikropinzette das Ende des Hautstreifens nach links gezogen („Streching“), wodurch sich der Abstand der Follikular Units zueinander vergrößert. Das vereinfacht die präparatorische Isolation und minimiert die Verletzungsgefahr benachbarter Haarschäfte. Mittels 11er- oder 15er-Skalpellklingen oder mit „Personna blades“ werden nun kleine Hautstreifen quer zur Längsachse des Hautlappens präpariert. Diese Hautstreifen dürfen nur eine Reihe Units enthalten (. Abb. 12.17). Die „gesliverten“ dünnen Hautstreifchen werden in gekühlter Nährlösung (zum Beispiel Ringer mit oder ohne „Holding Solution“) temporär aufbewahrt (. Abb. 12.18). Die mikroskopisch gewonnenen Hautstreifen  werden später, besser parallel von weiteren Assistenten, final präpariert, sprich vereinzelt. Diese Präparation kann unter dem  





..      Abb. 12.16  Der Hautstreifen wird in aufwändiger Präparationsleistung komplett in Scheibchen mit einer Reihe Haarwurzelgruppen zerteilt. Das geschieht unter einem Stereomikroskop

12

110

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

a

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b

b

..      Abb. 12.17  „Slivering“. Der separierte Hautstreifen enthält nur eine Reihe Haarwurzelgruppen  (a), Verletzungen der Follikel sind unbedingt zu vermeiden (b)

12

Stereomikroskop oder mittels Lupenbrillen erfolgen. Anfänger sollen bereits hier an das Arbeiten mit Magnifikation herangeführt werden. Dadurch entstehen weniger Verluste; die Ausbeute an vitalen Transplantaten erhöht sich um bis zu 30 %. Die finale Vereinzelung zu 1er-, 2er-, 3er-, 4er-Units erfolgt am besten auch wieder auf weicher, steriler Holzunterlage wegen der hohen Schnittpräzision. Präparation auf Plastik-, Glas oder Silikonunterlagen ist möglich, auch sogenannte „Back-Light-Systeme“ erhöhen Sichtbarkeit und Präparationsgenauigkeit. Hierbei ist ein erhöhter Aufwand wegen zu garantierender Sterilität erforderlich. Einmalmaterial kann verwendet werden, ist jedoch nicht nachhaltig und bei einigen Systemen nur aus Übersee bestellbar. Bei der finalen Vereinzelung legt man sich den dünnen Hautstreifen mit nur einer Reihe an Haarwurzelgruppen so zurecht, dass die rechte Hand, welche das Skalpell wie einen Bleistift hält, parallel zu den Units das Gewebe durchtrennt. Das soll nach Möglichkeit

c

..      Abb. 12.18  Vereinzelung. Die unter dem Mikroskop präparierten dünnen Hautstreifen werden a in gekühlter Ringerlösung zwischengelagert. b, c Auf sterilen Holzbrettchen werden die einzelnen Follikelgruppen aus den „gesliverten“ Streifen unter Lupenbrille oder Mikroskop final vereinzelt

mit einem Schnitt geschehen. Ein mehrfacher „Wiegeschnitt“ ist kontraproduktiv, zerstört er doch meist einige Haarwurzeln oder Haarschäfte. Die linke Hand hält mit der Pinzette zunächst den Hautstreifen fest, nach Vereinzelung der gesamten Reihe Units, wird überschüssiges Gewebe, zum Beispiel Fett, sparsam abpräpariert, um das Transplantat schlank zu trimmen. Trotzdem soll noch ausreichend Umgebungsgewebe vorhanden sein. Das Transplantat wird damit vor Austrocknung geschützt, und das garantiert längere Überlebensraten.

111 12.4 · FUE-Technik

Zur qualitativen Bewertung der Präparationsleistung eignet sich der Graftqualitätsindex (GQI) (True 2018) (7 Abschn. 12.4.8).  

12.4

..      Abb. 12.19  Die vereinzelten Follikular Units werden reihenweise sortiert, gezählt und in gekühlter Ringerlösung mit oder ohne Speicherzusätze aufbewahrt

Die fertig vereinzelten Units werden am besten nach Zahl der enthaltenen intakten Haarfollikel sortiert. Beim Sortieren, das mit Lupenbrille erfolgt, werden beschädigte Units ausgesondert. Nur solche Transplantate werden verwendet, die mindestens den Haarwuchs eines Haares gewährleisten. Die sortierten Units können der besseren Übersichtlichkeit halber in 10er-Reihen auf mit gekühlter Ringerlösung getränkter Gaze in einem Petrioder Metallschälchen aufbewahrt werden. Somit kann am Ende des Präparationsvorgangs exakt ausgezählt werden, wie viele Transplantate welcher Haargruppenmenge man definitiv erhalten hat und damit am Ende transplantieren kann (. Abb. 12.19).  

>>Wichtig Transplantate dürfen nicht austrocknen. Sie müssen ständig in gekühlter Ringeroder anderer „Holding Solution“, zum Beispiel ATP oder Hypothermosol, aufbewahrt werden. Die qualitative und quantitative Analyse der vereinzelten Follikular Units ist sehr wichtig für die spätere Transplantation und dient der intraoperativen Erstellung eines möglichst natürlichen Verteilungskonzepts über der Behandlungsfläche.

Bei exakter Vereinzelung verteilt sich der Anteil der präparierten Units empirisch wie folgt: 55 1er-Units: 10–30 %, 55 2er-Units: 40–60 %, 55 3er-Units: 30–50 %, 55 4er-Units: 5–10 %, 55 ≤4er-Units: 5–10 %.

FUE-Technik

Diese Technik bezeichnet die Einzelentnahme dihydrotestosteronresistenter autologer Follikular Units aus dem hinteren und seitlichen Haarkranz, seltener aus der Bart-, Brust- oder anderen behaarten Körperregionen. Dieselben Einheiten werden danach direkt in zu behaarende Areale transplantiert, ohne das präpariert oder weiter vereinzelt werden muss. Man spricht vom 1:1-Verfahren (syn. Direct Hair Implantation, Abk. DHI). Die Entnahmestellen bleiben offen und bilden mikroskopisch feine Narben, meist unter 1  mm Durchmesser. Die FUE-Technik ist ohne Schnitt, Naht und ohne Präparation möglich. 12.4.1

Problemstellung

Je nach Haut- und Haarbeschaffenheit stellt die FUE-Technik den Operateur vor die Herausforderung der verletzungsfreien Entnahme von Haargruppen und Einzelhaaren. Die Follikular Units müssen mit kleinen Hohlbohrern, die gelegentlich auch als Hohlnadeln bezeichnet werden, durch Rotation, Oszillation und/oder Vibration aus dem mehr oder weniger kollagenfaserhaltigem Hautund Unterhautgewebe herausgelöst werden. Reibungs- und Scherkräfte erschweren den Vorgang. Zudem muss die Orientierung der Haarschäfte unter der Haut erkannt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Es sind seit der Erstbeschreibung des Prinzips 2003 durch Rassmann (Rassmann et  al. 2002) verschiedene Herangehensweisen der Exzision entwickelt worden, beginnend mit rein manuellem „Punchen“, über verschieden geformte Motor getriebene Hohlbohrer bis hin zu roboterassistierter Entnahme. Auf alle Verfahren kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, weil gerade in diesem Segment der Haartransplantation ständig Neuerungen präsentiert werden. Nicht immer erreicht man damit qualitativ und quantitativ

12

112

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

Verbesserungen; nach Probezeit und Vergleich zu anderen Verfahren werden auch Neuerungen wieder „ad acta“ gelegt und man kehrt zu Standards zurück. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden im Folgenden einige Standardtechniken näher beschrieben. 12.4.2 12.4.2.1

Manuelle Einzelentnahme Equipment

55 Sterilisierbares Handstück mit verstellbarem Bohrfutter zum Einspannen der Hohlnadeln, 55 Hohlbohrer/Hohlnadeln mit innen und außen glatter Oberfläche und sehr dünner Wand, scharfe Spitze, zum Beispiel Titan verstärkt, sterilisierbar, Außendurchmesser 0,5–1,2 mm, 55 feine chirurgische und anatomische Pinzetten, bei Druck nicht durchbiegend, sterilisierbar, gebogen und gerade, 55 „Prone Pillo“-Lagerungskissen zur Unterstützung der Bauchlage.

12

12.4.2.2

Arbeitsbeschreibung manuelles Bohren, „Punchen“

Der Patient befindet sich in Bauch- oder Seitenlage. Die Haarlänge im Entnahmebereich beträgt 1–1,2 mm. Nach Desinfektion und Lokalanästhesie kann das Spendergebiet tumesziert werden. Der Tumeszenzlösung können bei fester Haut, bei Vernarbungen, bei starker Fixierung auf Unterfläche, 100– 300  I.E.  Hylase Dessau beigemischt werden. 100  I.E.  Hylase löst man in 20  ml Aqua ad inject. auf. Nach einer Einwirkzeit von 10 Minuten wird unter Lupenbrille die Haarwuchsrichtung anhand der Haarstoppeln bestimmt und der in das Handstück eingespannte Hohlbohrer parallel unter oszillierender Bewegung zwischen 2–3 Fingern (üblich Daumen und Zeige- oder Mittelfinger in Opposition), 2–3 mm in die Haut hinein bewegt. Verwacklungen und Verkantungen entgegen der Haarwuchsrichtung sind zu vermeiden. Das erreicht der Operateur, indem er möglichst

..      Abb. 12.20  Mittels oszillierender Bewegung wird ein scharfer Hohlbohrer parallel zum entnehmenden Haarfollikelschaft 1–3 mm durch die Epidermis bewegt

entspannt und ruhig in sitzender Position arbeitet. Der Entnahmebohrer soll gleitend durch die Haut bewegt werden, großer Druck ist zu vermeiden. Zwangshaltungen sind zu vermeiden. Die Größe des Entnahmebohrers ist der Größe der Follikular Units anzugleichen. Anfänger beginnen am besten mit einem Durchmesser von 1–1,2 mm. Erfahrene Operateure optimieren auf Durchmesser von 0,7–1,0 mm (. Abb. 12.20).  

>>Der scharfe Entnahmepunch muss gleitend und möglichst ohne Druck, nur vom Gewicht des Handstücks getrieben, maximal 1–3  mm der Haut durchdringen und ohne Gewalt parallel zu den Schäften der Follikular Unit geführt werden.

Nach 2–3 Probebohrungen ist zu prüfen, ob die Haarwurzelgruppen vollständig und ohne zu große Kraftanstrengung, ohne Reißen, aus der Haut extrahiert werden können. Je nach Länge des Haarschafts muss tiefer oder oberflächlicher eingedrungen werden. Keinesfalls darf die Spitze der Entnahmenadel den Haarbulbus erreichen. Optimal ist eine Eindringtiefe, die 30–50 % der Gesamtlänge der Follikular Unit entspricht. Nachdem der Operateur die individuelle Situation durch „try and error“ erkannt hat, kann standardisiert vorgegangen werden. Man zählt die Bohrungen und entnimmt

113 12.4 · FUE-Technik

selbst oder lässt durch Assistenten simultan oder „im Block“ die „gepunchten“ Units entnehmen. Die Transplantate werden auf Unversehrtheit geprüft und in gekühlter Nährlösung (Ringer, NaCl 0,9 %, etwa 18 °C mit oder ohne „Holding Solution“) zwischengelagert. 12.4.3

12.4.3.1

Motorgetriebene Einzelentnahme Equipment

55 Mikromotorsystem (Antriebssystem, stufenlos regelbar bis 20.000 U/min) mit sterilisierbarem Chirurgiehandstück und passendem Bohrfutter; zum Beispiel aus der Zahntechnik Nouvag-Mikromotor NM 3000 mit sterilisierbarem Chirurgiehandstück 34 mit Schnellverriegelung, Bohrfutterstandard 2,35  mm Durchmesser, Ein-­Aus-­Fußschalter (. Abb. 12.21, . 12.22). Alternativ: Systeme zur Dermabrasion, Manikür- oder Pedikürsysteme. 55 Hohlbohrer mit innen und außen sehr glatt geschliffener Oberfläche und sehr dünner Wand, scharf oder stumpf, sterilisierbar, zum Beispiel nach Cole. 55 Hohlbohrer mit nach innen oder außen trichterförmigem scharfen oder gezackten („serrated“) Rand, zum Beispiel „Hybrid Punchs“ nach Devroye (. Abb. 12.23). 55 Feine chirurgische und anatomische Pinzetten, bei Druck nicht durchbiegend, sterilisierbar, Ende gebogen und gerade. 55 „Prone Pillo“-Lagerungskissen zur Unterstützung der Bauchlage (. Abb. 12.24).  



..      Abb. 12.21  Antriebseinheit für ein motorgetriebenes Chirurgiehandstück. Je nach Gewebebeschaffenheit und Hohlbohrertyp kann die Drehzahl variabel in Vor- und Rücklauf zwischen 3000 und 15.000 U/min reguliert werden





12.4.3.2

Arbeitsbeschreibung motorgetriebenes rotierendes Bohren

Der Patient befindet sich in Bauch- oder Seitenlage. Die Haarlänge im Entnahmebereich beträgt 1–1,2 mm. Nach Desinfektion und Lokalanästhesie kann das Gebiet tumesziert werden. Der Tumeszenzlösung können bei fester Haut, bei Vernarbungen, bei starker Fixierung auf Unterfläche, 100–300 I.E. Hylase

..      Abb. 12.22  Der im Handstück eingespannte Mikrobohrer wird in die durch Tumeszenz oder manuell gestraffte Haut parallel zum Haarschaft für 1–3 mm vorsichtig in die Tiefe geführt. Simultan können die so „angepunchten“ Follikular Units mittels Pinzetten atraumatisch entnommen werden

12

114

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

a

..      Abb. 12.23  Hybridbohrer.  Der speziell geformter Hybridbohrer, zum Beispiel nach Devroye, ist am Rand gezackt und nach außen trichterförmig gewölbt  (a).

..      Abb. 12.24  Ein spezielles Lagerungskissen „prone pillow“ ermöglicht über längere Zeit die Bauchlage

12

Dessau beigemischt werden. Nach einer Einwirkzeit von 10 Minuten wird unter Lupenbrille die Haarwuchsrichtung anhand der Haarstoppeln bestimmt und der in das Handstück eingespannte Hohlbohrer entlang des Verlaufs der Haarschäfte 1–3 mm in die Haut hinein bewegt. Die Drehzahl kann je nach Bohrertyp (stumpf oder scharf) und Gewebebeschaffenheit zwischen 2000 und 15.000 Umdrehungen pro Minute variabel eingestellt werden. Bewährt haben sich Drehzahlen >10.000 U/Minute. Verwacklungen und Verkantungen entgegen der Haarwuchsrichtung sind zu vermeiden, indem das Handstück des Bohrers ruhig durch die Haut geführt wird. Mittels Fußschalter (Ein-Aus-Funktion empfohlen) dreht das Handstück gleichmäßig und kontinuierlich. Ständiges Ein- und Ausschalten führt zu Unruhe und Verwackelungen, also zu Ungenauigkeit und Verletzungen von Haargruppen. Der Entnahmebohrer soll gleitend in die Tiefe bewegt werden, großer Druck ist zu vermeiden. Die Verweilzeit des Bohrers in der Haut soll kurz sein. Zwangshaltungen müssen

b

Auch stumpfe Hybridbohrer ohne Zacken können Verletzungen der Follikular Units beim Entnahmeprozess minimieren (b)

vermieden werden. Die Tätigkeit soll im Sitzen durchgeführt werden. Eine Lupenbrille ist auch bei normalem Visus des Operateurs zu empfehlen. Die Größe des Entnahmebohrers ist der Größe der Follikular Units anzugleichen. Anfänger beginnen am besten mit einem Durchmesser von 1–1,2 mm. Erfahrene Operateure arbeiten optimiert mit Außendurchmessern von 0,7–1,0 mm. Nach 2–3 Probebohrungen ist mittels anatomischer Pinzette zu prüfen, ob die Haarwurzelgruppe vollständig und ohne zu große Kraftanstrengung aus der Haut extrahiert werden kann. Je nach Länge des Haarschafts muss tiefer oder oberflächlicher eingedrungen werden. Keinesfalls darf die Spitze der Entnahmenadel den Haarbulbus erreichen. Optimal ist eine Eindringtiefe, die 30–70 % der Gesamtlänge der Follikular Unit entspricht. Nachdem der Operateur die individuelle Situation erkannt hat, kann standardisiert vorgegangen werden. Man zählt die Bohrungen und entnimmt selbst oder lässt durch Assistenten simultan oder im Block die „gepunchten“ Units entnehmen. Die entnommenen Transplantate werden auf Unversehrtheit geprüft und in gekühlter Nährlösung (Ringer, NaCl 0,9 %, etwa 18 °C mit oder ohne „Holding Solution“) zwischengelagert. !!Cave Bei zu tiefem Eindringen in die Haut, bei stumpfem Bohrer, bei fester Haut und weichen Haarschäften kann es zum Torquieren kommen, sodass die Follikular Unit zerreißt und unbrauchbar wird.

115 12.4 · FUE-Technik

12.4.3.3

12

Arbeitsbeschreibung rotierendes, oszillierendes, vibrierendes Bohren

In den letzten Jahren wurden mehr und mehr Entnahmeeinheiten entwickelt, die mehrere Optionen für den Punchvorgang bieten. Ziel ist es, durch den individuell angepassten Entnahmemodus Verletzungen oder Dissektionen der Haarfollikel zu minimieren. Über einen Touchscreen können diverse Parameter eingestellt werden, deren Sinn ein Anfänger nicht immer sofort erkennen kann. Je mehr Optionen, desto mehr Möglichkeiten richtiger, aber auch falscher Einstellung des Systems sind möglich. Deshalb beginnt man am besten immer mit den sogenannten „Standardsettings“. An dieser Stelle soll beispielgebend für alle kombinierten Systeme das „Trivellini-System“ erläutert werden (. Abb. 12.25). Es besteht aus einer Antriebseinheit mit Touchscreen, Unterdrucksensor, Kabel und Verbindungsschläuchen sowie einem sterilisierbarem Handstück, in der Trivelli 

..      Abb. 12.25  Das Trivellini-System vereint alle möglichen motorgetriebenen Rotations-, Oszillations- und Vibrationsbewegungen. Kraft und Dauer einer jeden Aktion sind regulierbar

..      Abb. 12.26  Typische Trivellini-Mikropunchs vom Typ „Edge Out“ („Trivellini Edge Out“, TO) und vom Typ „Flared“ („Trivellini Flared“, TF)

ni-Bohrer vom Typ „Edge Out“ und „Flared“ Verwendung finden. Sie sind in den Größen 0,75–1,05  mm (in 0,05-mm-Abstufung) verfügbar. Zusätzlich kann das Trivellini-­ Standardset um die Option der Langhaarentnahme erweitert werden (. Abb. 12.26). Das Steuergerät bietet 4 Ebenen der Motorsteuerung an, die Rotation, die Oszillation und die Vibration (genauer Rotooszillation). Die 4. Ebene bezeichnet nach dem Erstanwender Dr. Mamba, den „Mamba-­Modus“. Der Mamba-Modus ist definiert als zwei langsame Umdrehungen. Rotation und Oszillation lassen sich stufenlos in 10er-­ Schritten von 10–100 % ansteuern. Die Dauer der selektierten Modi ist in 100-ms-Schritten von 100– 1900 ms wählbar. An das Steuergerät werden Stromkabel, Fußpedal sowie Saugerschlauch angeschlossen. Das sterilisierbare Handstück nimmt „Trivellini Punchs“ auf. Der Bohrvorgang kann mittels Fußschalter ein- und ausgeschaltet werden. Besser ist allerdings die sogenannte „Smart react“-Option. Dazu ist der permanente Sog eines kleinen Chirurgiesaugers nötig. Ist der Sauger angeschlossen und der „Smart react“-Modus aktiviert, beginnt der Punchvorgang mit Berührung der Haut durch die Bohrerspitze. Der entstehende Unterdruck im Saugsystem generiert die gewählten Bohraktionen. Das erlaubt ein sehr bequemes und ruhiges Arbeiten, weil das Fußpedal nicht bedient werden muss. Standardeinstellung für Anfänger als auch Fortgeschrittene ist bei scharfem Bohrer der Rotationsmodus (100 % Power) mit 100 ms Dauer, dann folgend der Mamba-Modus mit  

116

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

200 ms Dauer. Der Oszillationsmodus ist meist nicht erforderlich, er ist für die Langhaar-­FUE von großer Bedeutung. Durch den Sog im Bohrer wird die „angestanzte“ Follikular Unit aus der Haut ein wenig herausgesaugt. Sie muss klassisch noch am Unterhautfettgewebe fest haften. Dann lässt sie sich mit lediglich einer Pinzette sehr leicht aus dem Gewebe herauslösen. Es sollte niemals mit Druck auf die Haut gepuncht werden, weil das Verletzungen an den Follikeln und eine zu große Eindringtiefe provoziert. Im Prinzip gleitet das Handstück mit dem Bohrer fast von selbst durch die Schwerkraft und durch den Start des Rotationsvorgangs in die Tiefe. >>Beim Trivellini System mit „Smart react“-Funktion soll kein Druck auf die Haut beim Start des Punchvorgangs erfolgen. Standardeinstellungen sind 100 % Rotation für 100–200 ms Dauer, kombiniert mit 200 ms Mamba-Modus.

12.4.4

12

Zusammenfassung und Tipps: Bohrertypen, Pro und Kontra

kStumpfe Bohrer

Vorteil eines stumpfen Bohrers, dem „Blunt Punch,“ ist das geringere Risiko für Haarschaftverletzungen beim Durchdringen der Haut in die Tiefe. Damit kann etwas „ungenauer“ gearbeitet werden. Die Oberfläche der stumpfen Bohrer muss extrem glatt sein, um Reibungs- und Scherkräfte zu minimieren. Nachteil ist der höhere Kraftaufwand und bei rau werdender Oberfläche im Dauergebrauch das Abreißen der Haarschäfte durch Torsion. Ein häufiger Wechsel der stumpfen Entnahmebohrer ist somit notwendig. kScharfe Bohrer

Vorteil der scharfen Bohrer ist das leichte Eindringen in die Haut. Es darf nur oberflächlich gebohrt werden. Nachteil ist das höhere Verletzungsrisiko für Haarschäfte und Bulben bei zu tiefem Eindringen oder bei nicht streng parallel zu den Haarschäften geführtem Punch.

kHybridbohrer, glatt und gezackt, sägezahnartiger Rand

Hybridbohrer vereinen die Eigenschaften des stumpfen und scharfen Bohrers. Das trichterförmige Design wirkt beim schrägen Aufsetzen auf die Haut schneidend und beim rechtwinkligen Vordringen in der Haut wie ein stumpfer Bohrer, minimiert deshalb das Verletzungsrisiko für Haarschäfte. Das schräge Aufsetzen des Bohrers auf die Haut ist wegen der Haarwuchsrichtung im Haarkranzbereich erforderlich. Hybridbohrer waren ursprünglich am Ende glattgeschliffen, mehr und mehr wurden später gezackte Ränder entwickelt. Das System des „Serrated Hypridpunchs“ ist sehr effektiv und wird durch eine Vielzahl von Anbietern beworben. kTrivellini-/Mamba-Bohrer

Beim Trivellini-Bohrer vom Typ „Edge Out“ ist der Außenrand scharf und verjüngt sich nach innen trichterförmig. Der Außendurchmesser ist über die gesamte Bohrerlänge gleichbleibend. Im Prinzip schützt auch hier das „Trichterdesign“ die Haarschäfte vor Verletzungen. Trivellini-Bohrer vom Typ „Flared“ sind am Ende trichterförmig ausladend und entsprechen im Prinzip den klassischen Hybridbohrern. Tipps

Wenn Follikular Units im Bohrer stecken bleiben, dann ist die Eindringtiefe zu groß. Weniger Druck auf die Haut, Reduktion der Rotationszeit sind hilfreich. Wenn Haarschäfte kurz unter der Haut durch Torsion oder Rotation abreißen, dann kann der Bohrer stumpf sein. Ein neuer scharfer Bohrer hilft sofort und man fühlt deutlich den Unterschied. Die Bohrer haben je nach Hersteller und Hautbeschaffenheit eine unterschiedlich lange Lebensdauer. Sie kann von 1000–2000 Punchvorgängen bis über 10.000 Punchvorgänge betragen. Bei sehr weicher Haut und dünnem Haar sind scharfe, neue Bohrer nicht so

117 12.4 · FUE-Technik

effizient wie bereits gebrauchte Punchs. Probebohrungen helfen bei der Einschätzung. Bei krausem Haar ist der Haarschaft klassisch unter der Haut gebogen, sodass mit geraden Instrumenten nicht sehr tief in die Haut eingedrungen werden darf. Bei weicher Haut ist das oft kein Problem, weil auch bei geringer Bohrtiefe die Follikular Units mittels Pinzetten relativ gut und verletzungsfrei extrahiert werden können. Falls die Haut aber fest ist und Haareinheiten beim Herausziehen abbreißen, soll man intrakutan Hylase Dessau injizieren. Damit kann sehr oberflächlich gebohrt werden und die Transplantate lassen sich einfacher extrahieren.

12.4.5

 ntnahme der Follikular E Units

Mittels sehr feiner chirurgischer oder anatomischer Pinzette wird die angebohrte Follikeleinheit zunächst vorsichtig aus der Haut hervorgezogen, maximal 1–3 mm, damit sie nicht abreißt. Somit kann man mit etwas kräftiger, fein geriffelter anatomischer Pinzette schräg und fast entlang des Haarschafts fixieren und im zweiten Schritt damit die Unit herausziehen. Je mehr man Gewebe der Unit fassen kann, deshalb die empfohlene fast axiale Fixierung, desto besser wird diese Prozedur gelingen, ohne dass die Unit im Schaftbereich gequetscht wird oder zerreißt. Dieses Verfahren wird als „Two-Step-­Technik“ bezeichnet (. Abb. 12.28). Die Entnahme soll im Sitzen mit Lupenbrille erfolgen, damit ein ruhiges, präzises und schonendes Arbeiten gewährleistet ist. Die entnommenen Haarwurzelgruppen dürfen nicht austrocknen. Sie sind nach Extraktion aus der Haut sofort in leicht gekühlte Ringer- oder physiologische Kochsalzlösung zu speichern. Bis zu diesem Arbeitsschritt können sie auch auf ein feuchtes steriles Läppchen gelegt werden.  

Im Prinzip unterscheidet man 2 Methoden zur Extraktion der „gepunchten“ Follikular Units. Wenn die Units locker sitzen und bereits ein wenig aus der Haut hervorragen, kann man sie >>Bei lockerem Situs der „gepunchten“ Follikular Units kann man diese mit einer feimit einer geraden oder gebogenen Mikronen Pinzette in einem Arbeitsgang herauspinzette mit feinem Grip entnehmen. Diese lösen, „One-Step-Technik“ genannt. Bei einfache Möglichkeit wird als „One-­ Step-­ festem Sitz der Follikular Units sollen Technik“ bezeichnet (. Abb. 12.27). diese mit zwei Pinzetten in „Two-Step-­ Sind die Units fester in der Haut verankert, Technik“ extrahiert werden. soll die Extraktion in zwei Schritten erfolgen.  

..      Abb. 12.27  Locker verankerte Follikular Units, die bereits ein wenig aus der Haut herausragen, können in einem Arbeitsgang mit feiner Pinzette („Gripbeschichtung“) extrahiert werden

..      Abb. 12.28  Etwas fester sitzende Transplantate werden zunächst mit der Pinzette „angelupft“, im nächsten Schritt mit der zweiten Pinzette sanft am Haarschaft gefasst und extrahiert

12

118

12.4.6

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

Sortierung der Transplantate und temporäre Aufbewahrung

Um bessere Übersicht zur Verteilung der Transplantate zu erhalten, empfiehlt sich die Sortierung und Auszählung. Dabei werden Haargruppen und Einzelhaare unter der Lupenbrille auf Unversehrtheit und Qualität geprüft. Völlig dissezierte Einheiten müssen ausgesondert werden. Teilweise gebrochene und partiell verletzte Units können verwendet werden, sind qualitativ minderwertig. Es muss beim Sortiervorgang sichergestellt sein, dass aus jeder Unit mindestens ein Haar neuen Haarwuchs produzieren wird (. Abb. 12.29). Mit sicherem Haarwuchs ist zu rechnen, wenn die gesamte Unit bis hin zum sogenannten Bulbus unverletzt ist. Der wichtigste Abschnitt der anatomischen Einheit ist das mittlere Drittel. Wenn dieser unverletzt erscheint, ist ein späteres Haarwachstum sehr wahrscheinlich. Dabei kann auch der Bulbus verletzt sein oder fehlen. Wenn der Haarschaft im oberen Drittel verletzt oder abgetrennt ist, die mittleren und unteren Anteile des Transplantats unverletzt sind, dann ist ebenfalls von einem fast sicheren Wiederwachstum der Haare bzw. des Haares auszugehen. Alle diese Faktoren sind beim Sortieren zu berücksichtigen. Am Ende lassen sich die Follikular Units übersichtlich in mit Speicherlösung gefüllten Petri-Schälchen oder in Aufbewahrungsboxen ablegen (. Abb. 12.30).

12.4.7

Entnahmefläche, Spenderareal

Anders als bei der Streifenentnahme wird hier nichts vernäht, sondern die kleinen Entnahmekanälchen, die meist unter 1 mm Durchmesser liegen, bleiben offen und heilen binnen weniger Tage ohne aufwändige Maßnahmen spontan ab. Jede Entnahmestelle hinterlässt eine



12



a

..      Abb. 12.30 Lagerung.  Die Haarwurzelgruppen werden nach Qualitätsprüfung in gekühlte Nährlösung gelegt (a). Der Übersicht halber werden sie nach Anzahl

..      Abb. 12.29  In sitzender Position und mit Lupenbrille oder Mikroskop werden die „geernteten“ Follikular Units geprüft und sortiert

b

„Haare pro Unit“ und in 5er-Gruppen pro Reihe sortiert. Damit ist später die genaue Zählung gewährleistet (b)

119 12.4 · FUE-Technik

feine Vernarbung, die in Summe als Fläche natürlich mehr misst als die strichförmige Narbe nach einer Streifenentnahme. Der absolute Vorteil ist aber, dass man diese vielen kleinen punktförmigen Narben in der Regel mit bloßem Auge nicht erkennt und man auch nach der Haartransplantation das Haar im Spenderbereich sehr kurz tragen kann. Natürlich dünnt der gesamte Entnahmebereich mit jeder FUE-Behandlung weiter aus bis im Extremfall auch bei langem Haar die Kopfhaut durchscheint. Die optische Wirkung der Entnahmeregion hängt deshalb stark von der Haarfarbe, der Hautfarbe, der Entnahmedichte und der Größe des Entnahmebohrers ab. Auch die individuelle Narbenbildung kann ausschlaggebend für den optischen Zustand der Spenderfläche sein. Folgende Prinzipien soll man bei FUE-­ Entnahme beachten: 55 Der Außendurchmesser des Entnahmebohrers soll in der Regel maximal 1 mm, betragen. Bei sehr dickem und/oder krausem Haar, bei weißem Haar oder bei Units mit großem Durchmesser kann er bis 1,2 mm reichen. 55 Pro Quadratzentimeter sollen maximal 10– 15 Follikular Units entnommen werden, wenn der Bohrer im Durchmesser 0,8–1 mm misst. Entsprechend weniger Entnahmen sind bei Durchmessern über 1 mm zu empfehlen. Mehr Entnahmen können angelegt werden, wenn ein sehr dichter Haargruppenstand zu verzeichnen ist und die Bohrer ≤0,9 mm sind (. Abb. 12.31). 55 Die Außengrenzen des Entnahmegebiets sollen so optisch angeglichen werden, dass man am Rand weniger als die Richtmenge pro Flächeneinheit entnimmt. Damit erreicht man einen weichen Übergang zur behaarten Fläche, aus der nichts entnommen wurde. Ohne kontinuierliche Angleichung der Entnahmedichte würde der Spenderbereich bei kurzem Haar sichtbar (. Abb. 12.32).

..      Abb. 12.31 Pro Quadratzentimeter sollen bei Punchdurchmessern um 1 mm nicht mehr als 10–15 Follikular Units entnommen werden





..      Abb. 12.32  Hier wurde zu dicht entnommen. Außerdem fehlen die weichen Übergänge zu Bereichen, in denen keine Entnahme erfolgte. Das Resultat der FUE-­Technik wird bei kurzem Haar sichtbar, und es wird verstärkt durch den starken Farbkontrast zwischen weißer Haut und schwarzem Haar

12

120

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

iatrogene Veränderungen. Je mehr ein Transplantat skelettiert ist und je weniger schützendes Fettgewebe es umgibt, desto vulnerabler ist es. Je besser eine Follikular Unit „en bloc“ ohne Reibungs- und Scherkräfte entnommen wurde, desto mehr wird sie schützendes Umgebungsgewebe aufweisen. 12.4.8.1 ..      Abb. 12.33  Nach erfolgter Entnahme der Follikelgruppen wird Hydrokolloidgel aufgebracht, was zur Kontraktion der Mikrokanälchen führt und die Wundheilung einleitet

!!Cave Manche Hersteller bezeichnen beim Durchmesser der Entnahmebohrer bzw. Entnahmenadeln den Innendurchmesser, manche geben den Außendurchmesser an. Leider gibt es hier noch keine Standards.

12

Nach vollständiger Entnahme der Follikular Units wird ein Hydrokolloidsalben- oder -gelverband angelegt. Dieser entzieht der Wundfläche Flüssigkeit und die Wundheilung kann sich im feuchten Milieu zügig initiieren. Der Verband kann bereits nach einem Tag entfernt werden und die Wundheilung vollzieht sich problemlos unter Schorf (. Abb. 12.33).  

12.4.8

Beschreibung der Graftqalität – Graftqualitätsindex 1–4 (GQ 1–4)

zz Graftqualität 1 (GQ 1)

Das ideale Transplantat weist keinerlei Beschädigungen auf, es hat einen schmalen regelmäßigen Rand von umgebendem Gewebe; auch unterhalb der Bulbi ist ausreichend Gewebe, meist Fett, vorhanden (. Abb. 12.34).  

>>Hauptcharakteristik für „Graftqualität 1“ ist ein intakter Follikel oder eine komplett intakte Follikelgruppe mit ausreichend umgebendem Gewebe.

Anmerkung: Bei Streifenentnahme mit fachgerechter mikroskopischer Präparation erhält

a

b

Beurteilung der Graftqualität, Graftqualitätsindex (GQI)

In Orientierung an den von Robert True 2018 erstmals vorgeschlagenen Index (GQI) kann jedes Transplantat leicht einer Klasse zugeordnet werden (True 2018). Zur Auswertung reicht es, wenn 10 % der Gesamtmenge von 1er-, 2er-, 3er- bis 5er-Units qualitativ beurteilt werden und dann entsprechend eine Hochrechnung erfolgt. zz Allgemein gilt:

Je mehr Follikular Units aus der Haut „herausgerissen“ oder herausgezogen werden, desto mehr werden sie skelettiert und zeigen

..      Abb. 12.34  Beste Graftqualität. Die ideale Follikular Unit weist keinerlei sichtbare Beschädigungen auf und ist von ausreichend schützendem Gewebe umgeben  (a). Das umgebende Gewebe schützt vor Austrocknung (b)

121 12.4 · FUE-Technik

a

b

..      Abb. 12.35  Gute Graftqualität.  Die skelettierten Follikular Units sind vollständig intakt, jedoch nicht von schützendem Gewebe ummantelt (a). Die vulnerablen Präparate sollen stets feucht gehalten werden (b)

man vorwiegend solche Transplantate, die je nach Zahl enthaltener Haarfollikel relativ dick sind. In der älteren Terminologie wären sie mit Minigrafts vergleichbar, im englischen Fachjargon auch als „chubby grafts“ bezeichnet. zz Graftqualität 2 (GQ 2)

Die Transplantate ähneln den unter Grad 1 beschriebenen Follikular Units. Die Haarschäfte sind unbeschädigt und vollständig erhalten; sie sind jedoch nur von sehr wenig perifollikulärem Gewebe umgeben (. Abb. 12.35).  

>>Hauptcharakteristik für „Graftqualität 2“ ist ein intakter Follikel oder eine komplett intakte Follikelgruppe mit sehr wenig umgebendem Gewebe.

Anmerkung: Bei Streifenentnahme mit mikroskopischer Präparation würde das unver-

letzten Transplantaten entsprechen, die besonders getrimmt werden, um zum Beispiel im Haaransatzbereich in feinste Kanälchen sehr dicht verpflanzt zu werden, vergleichbar mit dem früher gebrauchten Term des Mikrografts, im englischen Fachjargon auch als „skinny graft“ bezeichnet. zz Graftqualität 3 (GQ 3)

Die gewonnenen Follikular Units sind deutlich skelettiert und weisen eine iatrogene Y-förmige Spreizung auf; es ist nahezu kein schützendes Umgebungsgewebe vorhanden (. Abb. 12.36).  

>>Hauptcharakteristik „Graftqualität 3“ sind skelettierte Follikel mit Y-förmiger Abspreizung der Bulben.

Anmerkung: Bei Streifenentnahme mit mikroskopischer Präparation kommt diese Art von Transplantaten iatrogen nicht vor. Allerdings

12

122

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

b a

..      Abb. 12.36  Befriedigende Graftqualität.  Durch Kraftanwendung beim Extraktionsvorgang (Follikular Unit saß fest im Gewebe verankert) kommt es zum iatro-

genen Y-förmigen Abspreizen der Haarschäfte. Es ist kein perifollikuläres Gewebe vorhanden  (a). Trotz Abspreizung handelt es sich um 2er Follikular Units (b)

b a

12 ..      Abb. 12.37  Graftqualität ausreichend.  Die Haarfollikel sind beschädigt, meistens im Schaftbereich abgerissen. Mindestens 1 Haarfollikel ist intakt, sodass

minimaler Haarwuchs zu erwarten ist (a). Es sind deutliche Traumatisierungszeichen erkennbar (b)

tritt dieser Effekt bei Präparation krauser bzw. gebogener Haarwurzeln manchmal auf.

des Hautstreifens durch einen nicht parallel zu den Haarschäften gelegten Hautschnitt Follikel verletzt wurden. Komplette Transsektionen, Brüche der Haarschäfte, umgeschlagene und geknickte Follikular Units werden ausgesondert, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen neuen Haarwuchs reproduzieren (. Abb. 12.38).

zz Graftqualität 4 (GQ 4)

Die Transplantate enthalten Transsektionen und Brüche von Haarschäften, ein oder mehrere unvollständige Haarschäfte ohne Bulbus. Mindestens 1 Haar ist in seiner Gesamtheit unbeschädigt (. Abb. 12.37).





>>Hauptcharakteristik bei „Graftqualität 4“ sind Haarbrüche und Transsektionen, mindestens ein Haar ist im Transplantat vollständig erhalten.

Anmerkung: Bei Streifenentnahme können solche Transplantate anfallen, wenn am Rand

kBerechnung und Dokumentation des Graftqualitätsindex (GQI)

Zur Berechnung sollte es ausreichend sein, wenn eine Referenz von 10 % aus den jeweiligen 1er-, 2er-, 3er- bis 5er-Follikular Units gebildet wird. Im Anschluss kann auf die Gesamtmenge hochgerechnet werden. Zusätzlich sollte im Operationsbericht die Art

12

123 12.4 · FUE-Technik

a

..      Tab. 12.1.  Beispielrechnung Graft-Qualitäts-­ Index (GQI): je näher GQI gegen Zahl 1 geht, desto besser die Transplantatqualität

b

GQ1–4

Zahl FU

Punkte

Grad 1

1000

1000

Grad 2

500

1000

Grad 3

150

450

Grad 4

75

300

Gesamt

1725

2750

12.4.9

c

..      Abb. 12.38  Graftqualität ungenügend.  Alle Haarschäfte sind beschädigt, gebrochen (a)  oder umgeknickt (b, c). Es ist später kein Haarwuchs zu erwarten, weshalb die Präparate ausgesondert werden müssen

des Entnahmebohrers, dessen Durchmesser, die Gesamtmenge der Bohrungen und die dafür aufgewendete Zeit vermerkt werden. Grafts mit GQ 1 erhalten einen Punkt, Grafts mit GQ 2 erhalten 2 Punkte, Grafts mit GQ 3 erhalten 3 Punkte und Grafts mit GQ 4 erhalten 4 Punkte. Alle vergebenen Punkte werden addiert. Die Summe wird durch die Gesamtzahl aller Transplantate der Referenzmenge (10–20 % der Gesamtmenge ausreichend) dividiert. Daraus ergibt sich der Graft-Qualitäts-Index, GQI. Je näher der Index an der Zahl „1“ ist, desto besser die Qualität der gewonnenen Transplantate. Berechnungsbeispiel des Graft-Qualitäts-­ Index (GQI) (. Tab. 12.1).  

GQI-Index

1,59

 eurteilung der Quantität B von Follikular Units, Effizienzindex (EI)

Unter Quantität versteht man üblicherweise die Menge an gewonnenen Transplantaten. Im Detail heißt das zum Beispiel: Wenn 2000 Follikular Units transplantiert werden, dann wurde mindestens und im besten Fall 2000-­ mal im Spenderbereich gebohrt. Bei schwierigen Verhältnissen kann es vorkommen, dass der Operateur 2200 oder noch mehr Bohrungen anlegen muss, um nach mikroskopischer Beurteilung 2000 unbeschädigte, vitale Haartransplantate zu erhalten. Denn beim Bohren/Punchen und „Ernten“ können Transplantate unbrauchbar bzw. devital sein, meist durch Dissektion. >>Die FUE-Behandlung ist umso effizienter, je näher die Zahl der angelegten Bohrkanäle mit der Zahl der unbeschädigt entnommenen Follikular Units übereinstimmt.

Dafür dient der von Frank Neidel erstmals 2020 beschriebene Effektivitäts-Index „EI“. Er ist einfach und schnell ermittelbar. Zwingende Voraussetzung ist, dass der Operateur die „Punchaktivitäten“ genau zählt oder zählen lässt. Auch die Verwendung automatischer Zählvorrichtungen ist möglich, jedoch mit Fehlern behaftet.

124

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

zz Der Effizienzindex bei FUE-Technik errechnet sich wie folgt

Zahl der entnommenen , verwertbaren , vitalen Follikular Units ×1000 Gesamtzahl der total angelegten Entnahme Bohrungen zz Beispielrechnung des Effizienz-Index (EI):

2000 Follikular Units vital entnommen × 100 20.0000 = = 90, 9% 2200 Bohrungen total 2200

12

Die Effizienz der Entnahme beträgt demnach 90,9 Prozent. Das heißt, ca. 90 % der Bohrungen haben eine intakte follikuläre Einheit mit mindestens einem unbeschädigten Haar gefördert, rund 10 % waren für eine Transplantation unbrauchbar. Je näher die Effizienz gegen 100 % geht, desto besser und damit schonender war die Entnahmeprozedur. Ob das am Instrumentarium, am Operateur, am Patienten, seinen Haarfollikeln oder am Gewebe liegt, kann nur indirekt durch weitere Parameter bestimmt werden. Anstreben sollte jeder Operateur einen Effizienzbereich, der zwischen 85 und 100 % liegt. Nicht immer ist das realisierbar. Die Gründe dafür sollen vom Operateur im Bericht dokumentiert werden. Es ist zu empfehlen, mindestens einen Index zur Qualitätssicherung im Operationsbericht zu dokumentieren. >>Der Effizienz-Index ist der Quotient aus effektiv gewonnenen vitalen Follikular Units multipliziert mit 100 in Relation zu den insgesamt angelegten Bohrungen. Er ist leichter zu bestimmen und erfordert weniger Aufwand als die Analyse der Transplantate mit anschließender Berechnung des Graft-Qualitäts-Index.

Beide Indizes lassen indirekt Rückschlüsse auf den Schwierigkeitsgrad einer Haartransplantation zu (. Tab. 12.3).  

12.5

 elche Entnahmetechnik für W welche Patienten

Der natürliche Wunsch eines jeden Patienten ist: So viel wie möglich Haarwurzeln transplantieren, so schonend wie möglich transplantieren, so schmerzarm wie möglich transplantieren, so nebenwirkungsarm wie möglich transplantieren, um die Rekonvaleszenz möglichst kurz zu halten. >>Gerade wegen kommerzieller Versprechen im Internet, die aus wissenschaftlicher Sicht oft falsch sind, haben wir Ärzte eine Aufklärungspflicht gegenüber unseren Patienten, der wir in vollem Umfang nachkommen müssen. Dazu gehört vor allem die Wahl des für den Patienten am besten geeigneten Entnahmeverfahrens.

Die Entnahmetechniken verteilten sich 2017 weltweit mit rund 44 % auf Streifenentnahme mit anschließender mikroskopischer Präparation (FUT), zu 52 % auf Einzelentnahme (FUE) mit direkter Reimplantation im 1:1-Verfahren, rund 4 % sind kombinierte Verfahren. Beide Entnahmetechniken sind als gleichwertig zu betrachten, bieten aber differenziert Vor- und Nachteile für die Patienten (Neidel 2019; Neidel 2003). Voraussetzungen sind fachgerechte Ausführung, trainiertes Team und moderne Instrumentation. Einige subjektiv gefärbte Meinungen „pro oder contra“ einer Technik

125 12.5  Welche Entnahmetechnik für welche Patienten

..      Tab. 12.3  Mögliche Probleme bei der Haartransplantation sowie deren Lösungsmöglichkeiten Problem

Lösungsmöglichkeit

Starke diffuse Blutung im Entnahmegebiet

Lokalanästhesie zu tief, sollte streng intradermal sein. Zu schneller Entnahmebeginn, 15 Minuten Wartezeit, ggf. in Tumeszenz Triamcinolon 10–20 mg

Gewebe fest, hart, vernarbt, hoher Kollagenfaseranteil

Tumeszenz mit Hylase Dessau 100–300 I.E. auf 20–40 ml Ringerlösung; direkt in verhärtetes Gewebe infiltrieren, Kanüle 21–26 G, Wirkdauer beachten, schrittweise vorgehen

Haarschäfte brechen ab beim Bohrvorgang

Torsions- und Scherkräfte verringern durch Tumeszenz mit Ringer- oder NaCl 0,9 %-Lösung. Bohrer stumpf, Bohrertyp ungeeignet, Drehzahl verändern, Wechsel

Haare reißen vermehrt beim Extrahieren ab

Feine Haare, erhöhte Vulnerabilität → etwas tiefer bohren, „Two-Step-Technik“ mit 2 Pinzetten beim Extrahieren, Hybridpunch empfohlen

Sehr lange Haarschäfte, über 4–5 mm

1–2 mm tiefer bohren, Bohrer trichterförmig, zum Beispiel „Serrated Hybrid Punch“ oder „Trivellini TO bzw. TF“, Reibung vermindern durch Tumeszenz

Follikular Units bleiben beim Bohrvorgang im Bohrer stecken

Tumeszenz mit Hylase Dessau 100–300 I.E. auf 20–40 ml Ringerlösung, oberflächlicher bohren, kein Druck beim Bohren, Drehzahl erhöhen, Durchmesser erhöhen

Haare kraus, „Afroide“ Struktur mit Biegung der Haarschäfte

Tumeszenz mit Hylase Dessau 100–300 I.E. auf 20–40 ml Ringerlösung, sehr oberflächlich bohren, gerade nur Haut durchdringend, mit 2 Pinzetten extrahieren, Punchgröße bis 1,2 mm probieren, sehr flache Bohrrichtung

Starker Widerstand beim Bohren, erschwertes Eindringen in die Haut

Bohrer stumpf, Drehzahl erhöhen oder besser Bohrerwechsel

Units oft abgebrochen

Bohrer stumpf, Bohrerwechsel, ggf. anderer Bohrertyp, Drehzahl auf 15.000 erhöhen beim Mikromotorsystem, Beim Trivellini-System auf 300–500 ms Rotation bei 100 % Power erhöhen

Trivellini-System reagiert nicht im „Smart react“-Modus bei korrekt arbeitendem Sauger

Schlauchleitungen überprüfen auf Dichtheit, ggf. Wechsel, Handstück überprüfen, Silikonkupplung im Handstück austauschen

Bohrer lässt sich nicht ins Handstück einspannen

Innendurchmesser Bohrerfutter passt nicht zum Durchmesser des Bohrers. Handstück falsch zusammengebaut, Anleitung genau lesen und Schritt für Schritt befolgen. Handstück oder Bohrer wechseln

müssen revidiert werden. Noch immer kursieren Mythen durch das Internet und stellen die eine oder die andere Entnahmetechnik negativ dar. Das ist angesichts guter Resultate beider Methoden nicht länger gerechtfertigt. Am Ende führt der argumentative „Kampf der Entnahmetechniken“ zu völlig verunsicherten Patienten, die sich dann eher gegen eine Haartransplantation entscheiden.

>>Mit heutigem Stand der Technik und bei lege artis angewandten Operationsverfahren sind im Resultat sowohl die Streifenentnahmetechnik (FUT) als auch die Einzelentnahmetechnik (FUE) als völlig gleichberechtigt anzusehen.

Die FUT-Technik hinterlässt eine, bei sehr kurzem Haar mehr oder weniger sichtbare,

12

126

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

strichförmige Narbe. Die FUE-Technik hinterlässt viele, bei sehr kurzem Haar gar nicht oder nur diskret sichtbare Narbenpunkte. Einige Faktoren helfen Arzt und Patient bei der Entscheidung zur richtigen Technik. 12.5.1

12

 riterien für FUE-Technik K (Einzelentnahme):

A. Männer, jünger als 30 Jahre (±) 55 Begründung: In jungen Jahren trifft Haarausfall die Patienten besonders hart, sie reagieren oft panisch und neigen zu übereilten Entscheidungen. Auch ist völlig unklar, welche Frisur sie vielleicht später einmal tragen werden, besonders bei starker Progredienz des Haarverlusts. 55 Oftmals ist für Patienten über 30, die in einer stabilen Beziehung leben, vielleicht schon Kinder haben, das Aussehen eher zweitrangig geworden. Somit tendiert man leichter zu einem Kurzhaarschnitt oder gar zur Glatze. Hatte man in jungen Jahren eine Haartransplantation mit Streifenentnahmetechnik, dann wird die strichförmige Narbe sichtbar sein und man wird wiederholt darauf angesprochen. Das führt zu Frustration. B. Männer mit Kurzhaarschnitt ( ±800 benötigen je heller die Haut, desto eher scheint auch 55 Begründung: eine großflächige Kahleine helle oder gar weiße strichförmige rasur beeinträchtigt extrem das WohlNarbe durch das kurze Haar hindurch. befinden dieser Patientinnen, vergleich55 Aber auch viele dicht platzierte, konfluiebar mit temporärem Haarverlust nach rende Entnahmepunkte nach FUE-­ Chemotherapie. Behandlung können hier sichtbar werden.

127 12.5  Welche Entnahmetechnik für welche Patienten

>>Wichtigstes Entscheidungskriterium für die Wahl der Entnahmetechnik und die damit verbundene Frage an den Patienten ist: „Können Sie sich vorstellen, 4–12 Wochen Glatze bzw. sehr kurzes Haar zu tragen, zum Beispiel Undercut?

Wenn „Ja“, dann ist die FUE-Technik möglich; wenn „Nein“, dann wird die Streifenentnahme mit Hautschnitt und Naht empfohlen. Ergänzendes Kriterium ist die Einstellung zum Hautschnitt mit anschließender Naht. Hier gibt es auch keine Kompromisse. Ein „wenig kurzes Haar“ erlaubt keine klassische Einzelentnahme. Auch bei kleineren kahl rasierten Flächen lassen sich nur geringe Transplantatmengen entnehmen. Die Haarlänge muss zwingend 1,2–1,4  mm betragen. Langhaareinzelentnahmen werden zwar bereits durchgeführt, jedoch sind diese sehr aufwändig und erbringen noch nicht die gewünschten Transplantatmengen in der täglichen Routine. Auch die sogenannte „unshaved FUE“, bei der das lange Deckhaar am Haarkranz punktuell oder streifenförmig kurz rasiert wird, dauert sehr lange, ist unübersichtlich und bringt weniger Transplantatzahlen als bei Kahlrasur. 12.5.3

Goldstandard und Prognosen

Was ist mit Patienten, die eine große Menge an Haartransplantaten benötigen? Ist die Kombination beider Methoden Goldstandard? Ist Patienten eine hohe Zahl an Transplantaten wichtig und tolerierten sie sowohl eine spätere strichförmige als auch viele punktförmige den Haarkranz ausdünnende Narben, dann ist es sinnvoll, zunächst mit der Streifenmethode möglichst viele Haarfollikel zu gewinnen. Später lassen sich im Nackenund am oberen Haarkranz ergänzend Einzelentnahmen durchführen. Somit erhöht sich die Gesamtzahl transplantierbarer Follikular Units. Dabei wird das optische Erscheinungsbild des Haarkranzes kaum sichtbar ver-

ändert. Alternativ kann konzeptionell auch mit FUE begonnen werden und anschließend im Jahresabstand zur Streifenentnahme gewechselt werden. Falls die Streifennarbe zu breit erscheint, können mittels FUE-Technik auch 100–200 Transplantate in die Narbe retransplantiert werden. Das ermöglicht später bei Kurzhaarschnitt ein gepflegtes „unoperiertes“ Aussehen. >>Je jünger der Patient und je flexibler und weicher seine Haut ist (was wenig Stützfasern bedeutet), desto stärker ist die Neigung zur Narbendehiszenz und Breitnarbe nach Streifenentnahme. Die FUE-Technik ist zu bevorzugen.

>>Cave Bei sehr jungen Patienten mit auffällig flexibler Haut (Tendenz Elastosis Kutis) nicht zur Streifenentnahme „verführen“ lassen.

Je flexibler und weicher die Haut und je kräftiger die Haare, desto einfacher und besser ist die FUE-Entnahme möglich. Je fester die Haut und je höher der Kollagenfaseranteil (straff, unnachgiebig), desto schwieriger die FUE-Entnahme, vor allem bei sehr dünnem und feinem Haar; weil damit die Reibungs- und Scherkräfte eher zu Transplantatbruch und Dissektion führen. Hier ist die Streifenentnahme hervorragend möglich. Es wird fast immer eine kaum oder wenig sichtbare strichförmige Narbe resultieren. Voraussetzung ist die maximale Streifenbreite von 1,0 cm bei variabler Streifenlänge. kFazit

Dem Arzt obliegt es, am Ende gemeinsam mit dem Patienten die Entnahmetechnik zu bestimmen. Dabei spielen Erfahrung, technische und personelle Ausstattung sowie manuelle Fertigkeiten die entscheidende Rolle. Die derzeit angewandten Techniken sind gut etabliert und dürfen nicht argumentativ in Misskredit gebracht werden, weil das die Patienten eher verunsichert. Vielmehr sollte man seine Möglichkeiten und Grenzen der Therapie kennen und gegebenenfalls auch schwierige

12

128

Kapitel 12 · Entnahmetechniken für Haarwurzeln

Patienten ablehnen und zum Spezialisten überweisen. >>Die FUE-Technik wird tendenziell besser bei jungen Patienten unter 40 Jahren angewandt, die FUT-Technik (Streifenentnahme) bleibt vor allem bei älteren Patienten und bei Frauen mit größeren Transplantatmengen Goldstandard.

Prognostisch wird sich die FUE-Technik in den nächsten Jahren weiter durchsetzen. Vor allem, weil dazu weniger chirurgische Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind. Der Anteil seriös durchgeführter FUT-­Techniken bei ständig weniger dafür ausgebildeten Spezialisten wird auf 5–20 % sinken. Wegen stark sichtbarer Kahlstellen (Narbenpunkte, Löcher, totale narbige Alopezie) am ehemaligen Haarkranz bei mehrmals fast vollständig „abgeernteten“ Patienten durch FUE-Technik kann die FUT-Technik eine Renaissance erleben. Die Erweiterung der FUE-Technik auf Bart- und geeignetes Körperhaar schafft zu-

12

sätzliche Mengen an transplantierbaren Haarwurzeln. Der optische Erfolg der „Body-­Hair-­ Transplantation“, BHT, wird oft überschätzt und bleibt im Wesentlichen auf Barthaare beschränkt.

Literatur Chen Z, Chen Z, Pang R et al (2021) The effect of botulinum toxin injection dose on the appearance of surgical scar. Sci Rep 11:13670. https://doi.org/10.1038/ s41598-­021-­93203-­x Neidel F (2003) Operative Techniken bei Haarverlust. In: Dirschka T, Sommer B, Usmiani J (Hrsg) Leitfaden Ästhetische Medizin, 1. Aufl. Urban & Fischer, München, Jena Neidel F (2019) Haartransplantation: Welche Technik für welche Patienten? J Ästhet Chir 12:135–141. https://doi.org/10.1007/s12631-­019-­0186-­3 Rassmann WR et  al (2002) Follicular unit extraction: minimally invasive surgery for hair transplantation. Dermatol Surg 28:720–728 True RH (2018) Graft Quality Index: A Morphologic Classification of Follicular Unit Excision (FUE) Grafts. Hair Transplant Forum International 28:45– 53. https://doi.org/10.33589/28.2.0045

129

Speicherung und Sortierung der Transplantate Inhaltsverzeichnis 13.1

Speicherung – 130

13.2

Sortierung und Quantitätsbestimmung – 131

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_13

13

130

13.1

13

Kapitel 13 · Speicherung und Sortierung der Transplantate

Speicherung

Die Aufbewahrung der gewonnenen Follikular Units soll unter Umgebungsbedingungen erfolgen, die eine lange Überlebenszeit außerhalb des Körpers sichern. Deshalb nennt man den Vorgang des Aufbewahrens auch Speichern und die dazu passenden Lösungen Speicherlösungen. Ganz gleich, mit welcher Entnahmetechnik gearbeitet wurde, die Follikular Units müssen vor dem eigentlichen Transplantationsvorgang qualitativ und quantitativ geprüft werden. Das soll im Idealfall unter Magnifikation erfolgen, auf jeden Fall durch einen erfahrenen Mitarbeiter/in. Es muss eingeschätzt werden können, ob das Transplantat später Haarwuchs produzieren kann. Die Vitalität der Transplantate muss bis zur Transplantation und 3–5  Tage darüber hinaus, nämlich bis zur Revaskularisation, gewährleistet werden. Was gefährdet späteren Haarwuchs am meisten? 55 Austrocknen der Transplantate, 55 hohe Temperaturen und zu tiefe Temperaturen >Eine Kühltemperatur für Follikular Units >Idealerweise werden die Follikular Units vom Zeitpunkt der Entnahme in kühlem feuchtem Medium (Ringerlösung, 18  °C) bis zur Transplantation aufbewahrt.

Bei Transplantatmengen über 2000 und zu erwartender Operationsdauer über 6  Stunden empfehlen sich zur Ringerlösung Zusätze durch energieliefernde Lösungen wie liposomales ATP und HypoThermosol. Diese sogenannten „Holding Solutions“ , dt. Speicherlösungen, liefern den freien Transplantaten Energie und gewährleisten ein Überleben außerhalb des Körpers bis zu über 20 Stunden.

131 13.2 · Sortierung und Quantitätsbestimmung

..      Abb. 13.2  Alternativ zu den industriell hergestellten Speicherlösungen dient PRP als Energielieferant. Es wird mittels dünner Kanüle über die sortierten Transplantate verteilt. Werden Transplantate in einem Pool aufbewahrt, dann kommt es durch PRP-Zusatz zu Verklumpungen. Das gilt es zu vermeiden

com). Ein Vertriebspartnernetz in Europa wird derzeit aufgebaut. Stehen die o. g. chemischen Zusätze nicht zur Verfügung, dann ist die Anwendung von Platelet Rich Plasma (PRP) eine nützliche Alternative. Das vom Patienten gewonnene PRP verteilt man tröpfchenweise mittels dünner Kanüle über die sortiert gelagerten Transplantate (. Abb. 13.2). Der Rest PRP kann nach abgeschlossener Transplantation als „Versiegelung“ der Transplantationsfläche genutzt werden.  

..      Abb. 13.1  Speicherlösungen wie liposomales ATP liefern den vulnerablen Follikular Units Energie und überbrücken die „Out-of-body-Time“ um bis zu 20 Stunden

ATP wird am besten in 1:10-Verdünnung zur Speicherlösung zugegeben. Das heißt: 1  ml ATP wird auf 9  ml Ringerlösung gegeben. ATP ist derzeit in 25 und 50  ml Flaschen erhältlich. Demzufolge kann man 25 ml in 225 ml Ringerlösung geben, oder 50 ml in 450  ml Ringerlösung, je nach Bedarf (. Abb. 13.1). Die Order des ATP nach USA kann umgangen werden, wenn das Produkt bei der Firma „ZAVIMED“ in den Niederlanden bestellt wird (7 www.­zavimed.­com, [email protected]). Das ATP wird in einer Kühlbox angeliefert und hat im Kühlschrank eine Haltbarkeitsdauer von 4–6 Wochen. HypoThermosol dient als Additiv während der Hypothermie durch ausgleichende Ionen und Moleküle zur pH-­Pufferung und fängt freie Radikale aufgrund Sauerstoffmangels ab. Es kann bei der US Firma BioLife Solutions Inc. bestellt werden (7 www.­ biolifesolutions.­com; info@biolifesolutions.  





>>Platelet Rich Plasma kann zur Verklumpung der Follikular Units führen, wenn diese im Pool aufbewahrt werden. Deshalb empfiehlt sich die kontaktfreie Aufbewahrung der Units in Reihen auf feuchtem Gazeläppchen. Das PRP wird sodann mittels dünner Kanüle über die Transplantate geträufelt.

13.2

Sortierung und Quantitätsbestimmung

Der besseren Übersicht halber kann man jeweils 2 × 5 Follikular Units in eine Reihe sortieren. Somit zählt jede Reihe 10 Transplantate. Pro Petrischälchen können 10–16 Reihen, also gesamt 100–160 Follikular Units aufbewahrt werden (. Abb. 13.3). In jedes Petrischälchen werden nur 1er-, 2er-, 3er- und mehr Follikular Units sortiert. So kann nach Abschluss des Checks und der Sortierung genau ermittelt werden, wie viele 1er-, 2er-, 3er- Units zur Verfügung stehen. Das hilft bei der Kalkulation der Umverteilung ins Empfängergebiet (. Abb. 13.4).  



13

132

Kapitel 13 · Speicherung und Sortierung der Transplantate

..      Abb. 13.3  Temporäre Aufbewahrung der sortierten und gezählten Follikular Units in Petrischälchen

a

b

13

>>Die Sortierung in 1er-, 2er-, 3er-, …, Gruppen kann hilfreich sein. Durch den globalen Überblick über Menge und Zusammensetzung der Follikel kann die Operations- und Verteilungsstrategie im Empfängerareal erstellt werden.

Bei simultaner Transplantation oder beim Gebrauch von Implantersystemen muss nicht zwingend sortiert und gezählt werden. Hier kann man die Follikelgruppen „on demand“ platzieren. Das setzt einige Erfahrung voraus, damit am Ende die Behandlungsfläche ausreichend randomisiert mit Follikular Units besetzt ist (. Abb. 13.5).  

>>Improvisation anstatt Planung und Kalkulation erfordert geniale Fähigkeiten. c

..      Abb. 13.4  Sortierung: Die 1er- (a), 2er-(b), 3er- und mehr Units (c) können nach Sortierung einfach gezählt werden und erlauben eine genaue Kalkulation der Verteilung im Empfängergebiet

133 13.2 · Sortierung und Quantitätsbestimmung

..      Abb. 13.5 Nach Einzelentnahme wurden hier 2638  Follikular Units gecheckt, sortiert und bis zur Transplantation Nährlösung gespeichert. Die darunter

befindliche Kühlung wird gut über das Metall an die Haarfollikel weitergeleitet

13

135

Vorbereitung des Empfängerareals Inhaltsverzeichnis 14.1

Voraussetzungen – 136

14.2

Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen – 136

14.2.1 14.2.2

 berblick Instrumente und Techniken – 137 Ü Implantationskanälchen: Größe und Dichte – 141

14.3

Haarwuchsrichtung, Direktion, Orientierung – 143

14.4

Haarliniendesign bei Männern und Frauen – 145

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_14

14

136

14.1

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

Voraussetzungen

Das Empfängerareal für Haarwurzeltransplantate muss über mehrere Stunden absolut sicher lokal anästhesiert sein, sodass Patienten keinerlei Schmerzen verspüren. Schmerz verursacht verstärkt Blutungen, Unruhe, Angst und Panik. Darunter lassen sich keine Präzisionsarbeiten durchführen. Ebenso muss die Durchblutung im Gebiet permanent reduziert sein. Es gibt verschiedene Lokalanästhesiemischungen, die sicher allesamt die Anforderungen erfüllen. Wichtig ist, dass so wenig wie möglich systemische Nebenwirkungen oder spezielle Reaktionen, wie zum Beispiel kardiale, ausgelöst werden. 55 Die Kombination von Articain und Prilocain, jeweils mit Adrenalinzusatz, hat sich über viele Jahre bestens bewährt. Vor allem, weil die Verstoffwechslung und Elimination über Leber und Lunge erfolgen und geringe bzw. keine Nebenwirkungen auftreten. 55 Lidocain wird aus vorab genannten Gründen nicht empfohlen.

14

Temporäre Reaktion im Sinne einer Tachykardie und allgemeine Unruhe sind auf die Wirkung des Adrenalins zurückzuführen. Sie können Patienten nach Injektion etwa 10– 15 Minuten belasten, danach sind kaum noch Auffälligkeiten registrierbar. Zur Prüfung auf vollständige Anästhesie (ggf. nachinjizieren) wird das gesamte Behandlungsgebiet mit Ringer- oder isotonischer Kochsalzlösung tumesziert. Diese Lösung benötigt keine weiteren Zusätze. Insbesondere sollen Kortisonbeimischungen vermieden werden, weil diese zwar die Ischämie verstärken und ein blutarmes Operationsfeld liefern, zum anderen aber das Risiko für lokale Nekrosen und unvollständiges Anwachsen der Haartransplantate erhöhen. Die Tumeszenz verringert die Verletzungen  von Blutgefäßen, verbessert die Zellversorgung und verkürzt die Regenerationszeit. Transplantate werden durch den minimal erhöhten Umgebungsdruck der Tumeszenz nicht geschädigt, Bedenken diesbezüglich sind nicht haltbar. Die Tumeszenz

..      Abb. 14.1  Deutlicher „blanche Effekt“ nach Lokalanästhesie und anschließender Tumeszenz mit Ringerlösung. Die temporäre Ischämie und der leicht erhöhte Druck im Gewebe sind kurzzeitig reversibel und wirken sich nicht negativ auf das spätere Haarwachstum aus

soll intraoperativ mehrmals wiederholt werden (. Abb. 14.1). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, können die Empfängeröffnungen zur Aufnahme der Haarwurzeltransplantate angelegt werden.  

14.2

Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen

Die Empfängeröffnungen bestimmen die spätere Haarwuchsrichtung und Orientierung flach über der Haut verlaufend oder steiler aufgestellt. Deshalb soll dieser wichtige Arbeitsschritt vom Arzt ausgeführt werden. Je nachdem ob runde oder schlitzförmige Kanäle angelegt werden, ob das Transplantat direkt mit einem scharfen Implanter eingestochen wird, in keinem Fall soll die Galea verletzt werden. Anfänger penetrieren oft zu tief ins Gewebe, Vernarbungen und Verhärtungen der Kopfhaut sind die Spätfolgen.

137 14.2 · Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen

Zu oberflächliches Anbringen der Kanälchen erschwert die spätere Implantation der Haarwurzelgruppen; sie stehen dann zu weit aus der Haut hervor und können austrocknen. Es müsste in diesem Fall nachgestochen werden. Stattdessen hat es sich bewährt, die Haarschaftlänge auszumessen und mit entsprechendem Abstandshalter, „depth control“, am Instrument zu arbeiten. >>Permanentes Wiederholen der Tumeszenz alle 10–15 Minuten schützt die Galea vor Verletzungen und erleichtert das Arbeiten, weil quasi auf einem Wasserbett gearbeitet wird. Gewebe und Gefäße geschont ­werden.

14.2.1

Überblick Instrumente und Techniken

Über die letzten 50  Jahre haben sich sowohl die Präparationstechniken zu stetig feiner werdenden Transplantaten entwickelt, entsprechend wurden die Techniken zum Anlegen der Transplantatempfängeröffnungen auch angepasst und feiner. kHohlbohrer

Syn. Bohrtechnik, „Holes“ Zu Zeiten der makrochirurgischen Haarwurzeltransplantation wurden die Öffnungen für die Transplantate mit Hohlbohrern angelegt („Holestechnik“). Der Bohrdurchmesser betrug 1,0–1,5  mm, manchmal auch größer. Die großen Transplantate (Minigrafts, die 1–2  Follikular Units enthielten, syn. „Multi Unit Graft“) mit viel umgebendem Gewebe ließen sich in die angelegten „Bohrlöcher“ recht gut platzieren. Die Technik war wegen der großen Bohrdurchmesser traumatisierend für die Patienten. Demzufolge vernarbte die Kopfhaut stark, die Verhärtungen danach sind bei einigen damals Behandelten noch heute deutlich spürbar. kMikroholes

Syn. Mikroholestechnik Diese Technik verwendet Hohlbohrer >Bei sehr feinen Stichkanälen oder bei unerwartet kräftigen Transplantaten können die Empfangskanälchen mit stumpfen Dilatoren verschiedener Stärken temporär erweitert werden, was die nachfolgende Transplantation erleichtert. 55 Vorteil: einfache Grundidee und Methodik, atraumatisch, leicht anwendbar, hohe Dichte. 55 Nachteil: Durchblutungsstörungen bei zu dichtem Arbeiten, Haarwuchsrichtung wird umso steiler und damit unnatürlicher verlaufen, je dichter und damit automatisch senkrechter man die Öffnungen sticht.

Empfohlene Kanülengrößen und Klingenlängen für Anfänger und/oder kräftige Units (dickes Haar, reichlich perifollikuläres Gewebe): 55 1er-Units, Einzelhaare, 20  G (0,90×38 mm), 0,9–1,0 mm Kantenlänge, 55 2er-Units, Mikrografts, 19  G (1,10×30 mm), 1,1–1,2 mm Kantenlänge, 55 3er- bis 4er-Units, Minigrafts, 18  G (1,20×40 mm), 1,3–1,5 mm Kantenlänge. Empfohlene Kanülengrößen und Klingenlängen für Fortgeschrittene und/oder feine dünne Units (feines Haar, stark skelettierte Transplantate, Frauen): 55 1er-Units, Einzelhaare, 21–22  G, 0,7– 0,9 mm Kantenlänge, 55 2er-Units, Mikrografts, 20 G, 0,9–1,0 mm Kantenlänge, 55 3er-/4er-Units, Minigrafts, 19  G, 1,1– 1,3 mm Kantenlänge. >>Um zu tiefe Stiche und daraus resultierende Galeaverletzungen zu vermeiden, kann die Kanüle je nach ermittelter Haarschaftlänge mittels Nadelhalter abgewinkelt werden. Slit-Klingen lassen sich im Handgriff oder in einen Nadelhalter auch mit variabler Länge einspannen (. Abb. 14.3 und 14.4).  

14

140

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

55 Vorteil: sehr geringe Blutungstendenz im  Behandlungsgebiet, „bluttrockenes Arbeiten“, 55 Nachteil: oberflächliche und tiefe Nekrosezonen, Vernarbungen, spärlicher Haarwuchs. kRadiochirurgie

..      Abb. 14.3  Kanülen verschiedener Stärke eignen sich sehr gut zum Anbringen der Empfängeröffnungen

..      Abb. 14.4  Die Einstichtiefe der Kanülen wird durch Abwinkeln kontrolliert. Sie wird der Haarschaftlänge angepasst

14

Mit Hilfe der Radiochirurgie lassen sich, genau wie beim Laser, Implantationskanälchen anlegen, die wenig bluten und in die sich Transplantate relativ gut einbringen lassen. Je nachdem, ob das Inzisionsinstrument klingenförmig mit rechteckigem Querschnitt am Ende, oder spitz und nadelförmig ist, lassen sich Schlitzöffnungen oder runde Stichkanäle erzeugen. Für die Einstellung der Energiedaten ist Erfahrung erforderlich. Je weniger Energie benötigt wird, desto geringer die thermische Gewebeschädigung und damit umso besser der spätere Haarwuchs. Die Anwendung von Radiochirurgie Tools zum Anbringen der Empfängeröffnungen ist heute als Außenseitermethode zu werten. 55 Vorteil: standardisierte Einstellungen, leichtes Anbringen der Kanälchen, 55 Nachteil: technischer Aufwand, Nekrosen, geringer oder fehlender Haarwuchs bei falschen Settings.

kLaserinzisionen

Syn. „Laserholes“, „Laserslits“ In den späten 1990iger-Jahren und um die Jahrtausendwende begann die Hochphase der Laserchirurgie, auch bei der Haartransplantation. Je nach Art des Lasers, Kohlendioxid (CO2) oder Erbium:YAG, lassen sich mit mehr oder weniger starker lateraler und basaler Nekrosezone kleine Löcher oder auch Schlitze in die Haut einbringen. Vorteil des Lasers ist das fast „bluttrockene“ Implantationsareal. Nachteil sind starke intradermale Vernarbungen, schlechte Anwuchsraten, hoher Betriebs- und Wartungsaufwand bei allen Lasersystemen, gleich welcher Frequenz. Die Anwendung des Lasers gilt heute als Außenseitermethode.

kFazit >>Egal mit welcher Technik die Empfängerkanälchen angelegt werden, sie sollten möglichst atraumatisch und fein sein und damit für die Patienten wenig belastend. Vor allem aber sollen sie bei korrekter Ausführung ein fast vollständiges Anwachsen der Haartransplantate garantieren.

Die Tools zum Anlegen der Graft-­ Empfangskanälchen müssen einfach und unkompliziert anwendbar sein, leicht zu beschaffen, ohne großen technischen Aufwand arbeiten und keinerlei Wartung erfordern. Zudem soll das Preis-Leistung-Verhältnis adäquat sein.

141 14.2 · Empfängeröffnungen, Empfängerkanälchen

>>Oft sind die einfachen Dinge die beste Lösung für eine Aufgabe. Die Empfängeröffnungen für Haarwurzelgruppen lassen sich schnell und unkompliziert am besten mit kleinsten Schlitzmessern oder mit Kanülen realisieren.

14.2.2

Implantationskanälchen: Größe und Dichte

Die Implantationskanälchen müssen der Größe der Follikular Units angepasst werden, sowohl im Durchmesser als auch in der Tiefe. Dicke Transplantate mit mehreren Haarwurzeln und viel umgebenden Gewebe benötigen einen größeren Durchmesser als dünne Transplantate mit einem Haar. Demzufolge lassen sich dünne und feine Transplantatöffnungen in höherer Zahl pro Quadratzentimeter anbringen als solche mit größerem Durchmesser (. Abb. 14.5).

..      Abb. 14.6  Durch den steilen Austrittswinkel der transplantierten Haare wirkt das Resultat nicht nur sehr dünn sondern leider auch unnatürlich



>>Die Zahl der angelegten Transplantatöffnungen wird pro Quadratzentimeter gemessen. Sie variiert entsprechend der Transplantatgröße.

Je steiler der Inzisionswinkel, desto dichter die Transplantationsmöglichkeit, desto senkrechter der Austritt der Haare. Das bedeutet geringe optische Wirkung und „dünnes“, oft unnatürlich anmutendes Aussehen trotz hoher Transplantatdichte. Schlussfolgerung daraus: Weniger kann manchmal mehr sein. Der Austrittswinkel der Haare, die sogenannte Haarwuchsrichtung in

..      Abb. 14.7  Bei flachem Austrittswinkel der transplantierten Haare wirkt das Resultat sehr dicht und vor allem ästhetisch perfekt

Direktion und Orientierung, ist sehr wichtig für das spätere Aussehen der Patienten. Je flacher der Austrittswinkel des Haares, desto mehr Hautfläche deckt es ab, bevor es sich aufstellt, umso besser ist die optische Wirkung (. Abb. 14.6 und 14.7).  

14.2.2.1

..      Abb. 14.5  Zur Verdichtung des Haaransatzes wurden hier 33 Empfängeröffnungen mit einer 20 G-Kanüle angelegt

Mathematische Transplantatdichte

Die mathematische Transplantatdichte bezeichnet die Zahl eingebrachter Transplantatöffnungen und damit Transplantate pro Quadratzentimeter. Die Transplantate können ein, zwei oder mehrere Haare enthalten. Somit entspricht die Transplantatdichte nicht der Haardichte pro Quadratzentimeter. Die mathematische Transplantatdichte wird als „Follikular Unit Density Transplant“

14

142

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

(FUD T) bezeichnet (syn. „Hair Density Implant“, HDI). Je weniger Haare pro Transplantat, desto feiner und dünner, desto kleiner die Empfängeröffnung. Je kleiner die Öffnung, desto geringer der Durchmesser und desto mehr Kanälchen lassen sich pro Quadratzentimeter anlegen, desto höher die mathematische Transplantatdichte, FUD T. Trotz unterschiedlicher Transplantatdichte kann die Zahl der Haare pro Quadratzentimeter bei wenigen eingebrachten dicken Transplantaten mit vielen Follikeln größer sein als bei vielen und sehr dicht eingebrachten Einzelhaarunits. zz Beispiel

55 Pro Quadratzentimeter werden 30  Mikroslits (0,8 mm) angelegt, 30 Einzelhaarunits transplantiert, Empfängerkanälchen: 30 (FUD  T = 30); Zahl der Haare pro Quadratzentimeter: 30. 55 Pro Quadratzentimeter werden 15  Slits (1,1  mm) angelegt, 15 3er-Units transplantiert, Empfängerkanälchen: 15 (FUD  T = 15); Zahl der Haare pro Quadratzentimeter: 45.

14

>>Wenig große Öffnungen können Units mit mehr Haaren aufnehmen als viele kleine Öffnungen. Die Haardichte ist dann meist pro Flächeneinheit höher als bei Einzelhaartransplantation. Die optische Wirkung ist unterschiedlich. Je nach Haarfarbe und Region kann dichtes oder dünnes Aussehen resultieren. Die Einzelhaartransplantation mit hoher Dichte ist am Haaransatz sinnvoll und zu empfehlen. Gruppenhaare mit größerem Durchmesser lassen sich in geringerer Dichte am Oberund Hinterkopf platzieren.

14.2.2.2

Optische Dichte

Die optische Dichte ist ein subjektiv geprägter Begriff. Er wird individuell durch Patientenaussagen und Beurteilung anderer Betrachter geprägt. Trotzdem kann man die Aussage über die Wirkung der Haare, die optische Dichte, nicht vernachlässigen.

zz Beispiel

Patienten geben im Gespräch an, dass sie an den Seiten über den Ohren sehr dichtes Haar haben. Von dort könne man doch Haarwurzeln in genügend großer Zahl zur Transplantation gewinnen. Misst man bei kurz rasiertem Haar die Follikelgruppendichte seitlich, also parietal, dann ist sie meist geringer als die Dichte im mittleren hinteren Haarkranz. Warum ist das so? Seitlich, parietal, wachsen die Haare im sehr flachen Winkel, fast senkrecht nach kaudal, aus der Haut. Sie decken damit viel Fläche ab und das Haarkleid wirkt dicht, ähnlich wie steil übereinander gelegte Dachziegel ein Hausdach optisch dicht wirken lassen. Wir sprechen hier vom sogenannten „Dachziegeleffekt“. zz Schlussfolgerung

Wenn es dem Operateur gelingt, den Austrittswinkel der transplantierten Haare möglichst klein, also flach zur Haut zu halten, dann erhöht sich die optische Wirkung der Transplantation. Das neue Haarkleid wirkt durch den „Dachziegeleffekt“ optisch dicht (. Abb. 14.6 und 14.7). Die optische Dichtewirkung lässt sich nicht in absolute Zahlen fassen. Man geht von der allgemeinen Regel aus, dass Haarausfall wahrgenommen wird, wenn etwa 50 % der ursprünglich vorhandenen Haare fehlen. Der Umkehrschluss bedeutet demnach: Bei nur 50 % der Haargruppendichte im Vergleich zu vorher, wird optisch eine Wirkung von nahezu 100 % erreicht.  

>>Die Erkenntnis, dass die mathematische Transplantatdichte von 50 % eine optische Dichte von nahezu 100 % bewirkt, ist der eigentliche Grund für den Erfolg einer Haartransplantation. Denn mit relativ wenig Spenderhaarwurzeln ist ein wesentlich größer messendes Empfängerareal optisch wirksam mit neuem Haar abdeckbar.

zz Beispiel 1

55 Spenderhaargruppendichte Mitte okzipital = FUD M = 70/cm2, 55 Zahl der Empfängeröffnungen = FUD T = 35/cm2,

143 14.3 · Haarwuchsrichtung, Direktion, Orientierung

55 die mathematische Dichte (reale Transplantatdichte) beträgt 50 %. 55 Die optische Dichtewirkung liegt bei nahezu 100  %. Das Resultat kann damit als „sehr gut“ bewertet werden. 55 Voraussetzung: Es wurden gemischt 1–3 Haare pro Unit transplantiert.

zz Beispiel 2

55 Spenderhaargruppendichte Mitte okzipital = FUD M = 75/cm2, 55 Zahl der Empfängeröffnungen = FUD T = 25/cm2, 55 Die mathematische Dichte (reale Transplantatdichte) beträgt etwa 33 %. 55 Die optische Dichte ist mit 60 % und damit als „gut“ zu bewerten. 55 Voraussetzung: Es wurden gemischt 1–3 Haare pro Unit transplantiert.

zz Beispiel 3

55 Spenderhaargruppendichte Mitte okzipital = FUD M = 75/cm2, 55 Zahl der Empfängeröffnungen = FUD T = 15/cm2, 55 Die mathematische Dichte (reale Transplantatdichte) liegt bei 20 %. 55 Die optische Dichte wird mit 40  % bewertet, was „ausreichend“ sein kann. 55 Voraussetzung: Es wurden gemischt 1–3 Haare pro Unit transplantiert.

>>Die Transplantatdichte kann durchaus niedriger sein als in Beispielen. Das muss der spezifischen Situation des Patienten und besonderen Umständen bei der Behandlung geschuldet sein. Das Resultat ist in solchen Fällen nicht automatisch als „schlecht“ oder „ungenügend“ zu bewerten. Schon gar nicht soll man bei geringeren Dichten eine Operation als nicht gelungen bezeichnen und Schadenersatzforderungen stellen. Zum einen, weil es bei

der Haartransplantation keine Garantie auf eine bestimmte Transplantatdichte, noch eine Zufriedenheitsgarantie auf ein bestimmtes Resultat geben kann.

kFazit

Die durch Transplantation erreichte Haardichte (Haarmasse) kann bei größeren Transplantaten mit mehr Haarwurzeln pro Unit höher sein als bei Einzelhaartransplantation. Die optische Wirkung wird je nach Haarfarbe, Haardicke und Haartextur unterschiedlich ausfallen, bei Einzelhaaren eher dünn und fein, bei Gruppenhaaren eher voluminös und dick. Der erfahrene Arzt weiß diesen Effekt zu nutzen und transplantiert in sensible Bereiche wie Haaransatz, Temporal Points und okzipitalen Wirbelbereich eher feine Transplantate mit einem und zwei Haaren, also 1er- und 2er-Units. Dadurch werden hohe Transplantatdichten zwischen 20 und 45/cm2 erreicht, ein optischer Büschel- oder Strandhafereffekt (Transplantationseffekt) vermieden. Dort wo Volumen und Masse benötigt wird, wie zum Beispiel im zentralen Oberkopf, kommen 3er- und 4er-Units zum Einsatz; dafür ist die Transplantatdichte dort geringer; sie kann zwischen 5–25/cm2 variieren (. Abb. 14.8).  

14.3

Haarwuchsrichtung, Direktion, Orientierung

Bereits beim Anlegen der Transplantatempfängerkanälchen wird die spätere Haarwuchsrichtung festgelegt. Die sogenannte Direktion kann nach vorn, seitlich rechts und links oder nach dorsal gerichtet sein. Die Orientierung des Haares bezeichnet die natürliche Wuchsrichtung im Raum. So kann sich ein Haar relativ lange an der Hautoberfläche orientieren, flach aus der Haut herauswachsen, was optisch von Vorteil ist. Je steiler

14

144

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

a

b

a

b

c

c

..      Abb. 14.9 Haarwuchsrichtung. a, b Während an den Seiten des Haaransatzes die Haarwuchsrichtung eher flach parietokaudal orientiert ist, wechselt sie an der Haaransatzspitze in sagittal-kaudale Richtung. Bei noch vorhandenem Resthaar orientiert man sich an dessen Wuchsrichtung. c Die wechselnde Haarwuchsrichtung wegen Wirbeln im Haaransatzbereich wurde auch beim Anlegen der Empfängeröffnungen nachempfunden

14

..      Abb. 14.8  Transplantatdichte. a Zur Rekonstruktion des Haaransatzes wurden 500  Empfängeröffnungen mit einer 21 G-Kanüle gestochen, die erreichte Dichte (FUD T) variiert zwischen 30 und 45/cm2. b Hinter dem Haaransatz beginnend, von parietal und okzipital zentripedal, wurden kreisförmig weitere 1300  Empfängerkanälchen mit einer 20 G-Kanüle angelegt, die Dichte (FUD T) variiert zwischen 20–30/cm2. c Zentral werden abschließend 700 Empfängeröffnungen mit einer 19 G-Nadel gestochen, die Dichte (FUD T) variiert zwischen 10–20/cm2

sich ein Haar aus der Haut heraus orientiert, also je aufgestellter es wächst, desto dünner wirkt das Gesamtbild. In diesem Fall schaut

man eher auf die weniger abgedeckte Kopfhaut und es entsteht der Eindruck eines dünnen Haarkleides (. Abb. 14.9).  

>>1. Je flacher die Inzisionen in die Kopfhaut, desto flacher wird die spätere Orientierung des Haares sein, desto besser die optische Dichtewirkung. Je kleiner der Inzisionswinkel zur Haut, desto größer ist die entstehende ovale Schnittfigur, desto weniger Inzisionen sind pro Flächeneinheit möglich.

145 14.4 · Haarliniendesign bei Männern und Frauen

2. Je steiler (senkrechter) die Inzisionen in die Kopfhaut, desto steiler wird die spätere Orientierung des Haares sein, desto geringer die optische Wirkung. Je größer der Inzisionswinkel zur Haut (max. 90 °), desto mehr entspricht die Schnittfigur dem Durchmesser des Instruments, desto mehr Inzisionen sind pro Flächeneinheit möglich.

Aufgrund dieser Gesetzmäßigkeit macht es wenig Sinn, die Inzisionsdichte ins „Unermessliche“ zu steigern, sie vielleicht sogar 1:1 zur Spenderhaargruppendichte am Hinterkopf (FUD M) anzulegen. Es wird ein steiler unnatürlicher Haarwuchs resultieren, Optik und Ästhetik leiden darunter. Der Patient wirkt „transplantiert“. Von welchen Faktoren hängt die Inzisionsdichte ab? 55 Spenderpotenzial transplantierbarer Follikular Units (ausreichend, wenig), 55 Größe der aktuell zu transplantierenden Fläche, 55 Größe der insgesamt zu transplantierenden Fläche, 55 Prognose des Haarausfalls, sofern empirisch absehbar, 55 Leistungsfähigkeit des Operationsteams. „Goldstandard“ scheint eine wechselnde Inzisionsdichte von 10–45/cm2 zu sein, je nach Individualität des Patienten und Operationsstrategie.

14.4

Haarliniendesign bei Männern und Frauen

Die Gestaltung der Haarlinie ist der wichtigste Arbeitsschritt bei der Haartransplantation. Die Haarlinie stellt die seitliche, parietale (Koteletten, Übergang sogenannte Geheimratsecken) und vordere Abgrenzung zur Stirn dar. Sie bildet den Gesichtsrahmen und ist damit für die optische Wirkung eines Gesichts verantwortlich. Je natürlicher und individueller die Haarlinie an ein Gesicht angepasst wird, desto respektabler ist das ästhetische Resultat nach einer Haartransplantation.

..      Abb. 14.10  Bei der Rekonstruktion der Haarlinie wird vor allem Natürlichkeit angefragt, wie man es im direkten Vorher-Nachher-Vergleich bestätigt sieht

Der Patient verlangt, bis auf wenige Ausnahmen, Natürlichkeit. Der Operateur soll die Gestaltung der Haarlinie möglichst an die vorhandenen Haarwurzelressourcen und an die Entwicklung des Haarausfalls anpassen (. Abb. 14.10).  

>>Je natürlicher eine Haarlinie gestaltet werden kann, desto besser die Optik der Haartransplantation. Die Haarlinie integriert sich in die sogenannte Kommunikationsebene des Menschen und ist wichtig für die Zufriedenheit nach einer Behandlung.

Eine natürlich aussehende rekonstruierte Kommunikationsebene braucht einen irregulären und niemals beidseitig absolut identischen Haarlinienverlauf (Makroirregu­ larität) sowie möglichst unregelmäßige Transplantatöffnungen im Liniendesign selbst (Mikroirregularität) (. Abb. 14.11).  

14

146

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

Dabei kann man nicht alle Optionen und Wünsche erfüllen. Auch entstehen hier große Spielräume bezüglich individueller Gestaltung, geprägt durch Erfahrung und Ästhetikverständnis des behandelnden Arztes. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „artistic touch“ des Operateurs. >>Dunkles, kräftiges Haar verzeiht Fehler im Haarliniendesign weniger als helles, dünnes Haar. Das bedeutet: Patienten mit schwarzem und kräftigem Haar stellen eine Herausforderung für den Operateur bezüglich Haarliniendesign und Natürlichkeit dar.

..      Abb. 14.11  Die Empfängerkanälchen dürfen nicht zu regelmäßig auf die gedachte Haaransatzlinie (rote Linie) angebracht werden. Sie müssen mit „irregulärer Regularität“ randomisiert (gelbe Linie) verteilt werden

>>Wichtig

14

Als Kommunikationsebene wird der Teil des Gesichts bezeichnet, der sich beim frontalen Blick in den Spiegel abbildet, den also auch ein „Gesprächsgegenüber“ beim ersten Blick wahrnimmt. Damit wird der erste optische Eindruck eines Menschen vermittelt. Ziel eines natürlichen Haarliniendesigns soll die Schaffung einer „regulären Irregularität“ sein. Das ist nicht leicht zu realisieren, weil die meisten Menschen reflektorisch im Sinne von „regelmäßig“ arbeiten.

Grundsätzlich richtet sich das Makrodesign der Haarlinie nach 55 dem Alter, 55 dem derzeitigen Haarausfalltyp, 55 dem zu erwartenden Haarausfalltyp, 55 der Spenderhaarsituation, 55 den möglichen Entnahmetechniken und dem Gesamtpotenzial transplantierbarer Haarwurzeln, 55 der Beschaffenheit der Haare (dick, dünn, glatt, kraus, hell, dunkel), 55 den individuellen Wünschen der Patienten, machbar oder nicht, adaptierbar, 55 der Form des Kopfes (oval, rund) und der Wirkung des Gesichts.

Die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten wurden bereits zur ärztlichen Konsultation dargelegt, angezeichnet und damit simuliert. Sie spiegeln sich wider in der unmittelbar präoperativen Besprechung, bei der die Haarlinie definitiv angezeichnet wird. Der Patient soll darauf hingewiesen werden, dass kleine Unregelmäßigkeiten und geringe Seitendifferenzen die spätere Natürlichkeit unterstreichen. Die Fotodokumentation gehört zum Standard. Patienten müssen vor Operationsbeginn mit dem Haarliniendesign einverstanden sein (Kontrolle: Spiegel, Fotos). >>Die spätere Haarlinie muss präoperativ, noch vor Lokalanästhesie und Tumeszenz angezeichnet werden. Sie muss mit einem Marker erfolgen, der sich nicht leicht wegwischen lässt. Es wird dazu ein Stift zur Glasbeschriftung oder harter Kajalstift empfohlen. Die allgemein bekannten Chirurgiemarker sind leicht abwischbar und daher eher ungeeignet.

zz Zusammenfassung

Beim Anlegen der Graft-­Empfängerkanälchen ist auf entsprechende Größe zu achten. In die ersten zwei bis drei Reihen der Haarlinie gehören 1er-, selten 2er-Haarwurzelgruppen. Dementsprechend fein und dicht können die Kanälchen angelegt werden. Die Haarwuchsrichtung ist unbedingt zu beachten. Man erkennt sie an rudimentär vorhandenem Resthaar. Die Orientierung erfolgt dann parallel zu diesem (falls erkennbar) und, wenn mög-

147 14.4 · Haarliniendesign bei Männern und Frauen

a

b ..      Abb. 14.12  Protokoll einer Rekonstruktion des Haaransatzes, inkl. Geheimratsecken und Verstärkung der Temporal Points. Die Analyse zeigt die Größe der Empfängerkanälchen und Aufteilung der insgesamt 2005 Follikular Units

lich, flach im Austrittswinkel. Es werden Kanülen der Größen 20–22 G oder Schlitzmesser mit 0,7–0,9  mm Kantenlänge empfohlen (. Abb. 14.12). Der Haaransatz soll so 1–3 cm nach dorsal reichend gestaltet werden. Dahinter können etwas größere Transplantate mit 2–3  Haarwurzeln zum Einsatz kommen, wozu sich Inzisionen mit 18–20  G-Kanülen oder Schlitzmesser mit Kantenlänge 0,9–1,1  mm empfehlen. Damit eine atraumatische Transplantation der Größe der Kanälchen entsprechend erfolgen kann, wird eine Probeinsertion kurz nach Beginn empfohlen. Beim Verwenden von Implantern muss diejenige Größe gewählt werden, in die sich die Follikular Units problemlos ohne starke Traumatisierung einführen lassen. Im Prinzip gelten bei Frauen die gleichen Richtlinien wie beim Mann. Wichtig ist das Wissen um größere Vulnerabilität von Haut

..      Abb. 14.13  Gestaltung des Haaransatzes. a Insgesamt stark unregelmäßig rekonstruierter Haaransatz. b Der Haaransatz verläuft hier etwas diskreter aber trotzdem noch irregulär



und Haarwurzeln. Die Haarschäfte sind kürzer, die Follikel im Durchmesser meist ­geringer als beim Mann, sodass auch Insertionsinstrumente geringeren Durchmessers verwendet werden sollen. Die Gestaltung des Haaransatzes kann rund im „Egg-on-top“-Prinzip erfolgen, oder eine herzförmige Form mit in der Mitte spitzem, wenig nach kaudal zulaufendem Haaransatz haben (. Abb. 14.13, 14.14 und 14.15).  

>>Die Gestaltung der zukünftigen Haarlinie macht den wesentlichen Anteil einer Haartransplantation aus. Sie erfordert vom Arzt Übung, Geschick und einen hohen Anteil an künstlerischem ­Gestaltungsvermögen.

14

148

Kapitel 14 · Vorbereitung des Empfängerareals

a

b

..      Abb. 14.14  Frontaler Aspekt a „vor“ und b 1  Jahr „nach“ der Rekonstruktion des Haaransatzes mit 2000 ­Follikular Units

a

b

14 ..      Abb. 14.15  Aspekt von oben a „vor“ und b 1  Jahr „nach“ der Rekonstruktion des Haaransatzes mit 2000 ­Follikular Units

149

Transplantation Inhaltsverzeichnis 15.1

Transplantationsarten – 150

15.1.1

Beschreibung der klassischen manuellen Transplantation – 150 Beschreibung der „Stick-und-Place-Technik“ – 152 Beschreibung scharfe und stumpfe Implanter – 153

15.1.2 15.1.3

15.2

 ehler und Gefahren beim F Transplantationsvorgang – 155 Literatur – 157

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_15

15

150

Kapitel 15 · Transplantation

15.1

Transplantationsarten

Die Tätigkeit der Insertion von aus dem Haarkranz oder anderen permanent und dicht behaarten Körperregionen gewonnenen Haarwurzelgruppen in Kahlstellen wird als Transplantation bezeichnet. Diese spezielle Tätigkeit hat dem gesamten Verfahren den Namen gegeben. Die klassische Transplantation vollzieht sich zweizeitig nacheinander: Zunächst erfolgt die Anlage der Empfängerkanälchen (7 Kap.  14). Danach werden die Follikular Units mittels Mikropinzetten manuell in die Empfängeröffnungen platziert. Der Ablauf ist sowohl zeit- als auch personalintensiv, erfordert Geschick und Ausdauer. Seit man Haarwurzeln transplantiert, suchen Ärzte und Techniker nach Alternativen im Sinne eines rationellen Ablaufs der Transplantatinsertion. Dabei erprobte man interessante technische Möglichkeiten, die nicht alle vorgestellt werden können, die auch von Kontinent zu Kontinent variieren. In den letzten Jahren haben sich zunehmend die sogenannten Implantersysteme als Alternative zur rein manuellen Transplantation bewährt. Auch roboterassistierte Transplantation ist möglich geworden. Ob die breite Masse der Ärzte damit arbeiten wird, ist ungeklärt. Das liegt sicher auch an den hohen Anschaffungsund Unterhaltskosten.  

15

>>Die Transplantation soll atraumatisch, schnell und effizient ablaufen, gleich welche Technik dazu benutzt wird.

Vom zeitlichen Ablauf wird unterschieden: 55 Temporär gestaffelte Transplantation: Zunächst alle Empfängeröffnungen anlegen, danach Transplantate implantieren. Wichtig: Die Kanälchen müssen beim Anlegen gezählt werden, damit am Ende nicht zu wenig angelegt wurden und wertvolle Transplantate übrigbleiben. Nacharbeiten kann zu Zeitverlust, Blutung, „Popping“, Dislokation der Transplantate, Unübersichtlichkeit führen. Das Gegenteil wäre ein „zu viel“ an Öffnungen, ein De-

fizit an Transplantaten und unnötig viele Mikrovernarbungen ohne Haarwuchs. Zeitumfang je nach Transplantatmenge und Team: 1–4 Stunden. 55 Simultane Transplantation, syn. „Stick und Place“: In jede angelegte Öffnung wird unmittelbar danach ein Transplantat inseriert. Das Risiko dieser Technik besteht in der Dislokation und dem „Popping“ bereits transplantierter benachbarter Haarfollikelgruppen, was die Übersichtlichkeit erschwert und Operationszeiten verlängert. Die Ausnahme bilden scharfe Implantersysteme, welche direkt nach dem Stich in die Haut das Transplantat platzieren. Gelegentlich wird diese Technik auch als „Direct Hair Implantation“ (DHI) bezeichnet. Zeitaufwand je nach Transplantatmenge: 1–4 Stunden. 15.1.1

Beschreibung der klassischen manuellen Transplantation

Nachdem alle Empfängerkanälchen angelegt wurden, müssen zeitnah die vulnerablen Follikular Units platziert werden. >>Die Follikular Units müssen über die gesamte Zeit des Transplantationsvorgangs feucht gehalten werden. Austrocknung ist primär verantwortlich für das Absterben von Haarfollikeln und späteren Minderhaarwuchs.

Da die Haarwuchsrichtung durch den Mikrokanal bereits vorgegeben ist, muss durch 2–3  Assistenten oder durch den Operateur selbst Transplantat für Transplantat inseriert werden. Das geschieht am besten von frontal nach dorsal und kaudal nach kranial. Jeder Transplanteur muss sich eine stete Systematik beim Transplantieren aneignen, ein Überspringen von leeren Empfängerkanälchen provoziert „Vergessen“. Bei Unübersichtlichkeit durch diffuse Blutungen oder langes Resthaar besteht das Risiko der doppelten Be-

15

151 15.1 · Transplantationsarten

setzung, was später zu unschönen Entzündungen, Atheromen bis hin zu Furunkeln führen kann. Als Instrumente eignen sich besonders abgewinkelte, gebogene oder gerade Mikropinzetten, die ein möglichst schlankes und langes spitzes Ende („Long Tip“) aufweisen. Die Transplantate werden entweder in 20iger bis 50iger Gruppen, nicht zu viele wegen Austrocknung, mit feuchten Kompressen auf den linken Handrücken, bei Rechtshändern, aufgelegt. Die Insertion erleichtert sich, wenn die Haarschäfte, Haarwurzeln voran, in Richtung der Empfängerkanälchen zeigen. Alternativ gibt es fingerhutähnliche Metallgefäße, die sich durch ihr Design an einem Finger der linken Hand, beim Rechtshänder, einhängen lassen. In diesem Gefäß schwimmen dann die Transplantate in Speicherlösung, was besonders „überlebensfreundlich“ ist. Mit der rechten Hand fassen die Branchen der Mikropinzette sanft das Transplantat, sofern vorhanden am besten das umgebende Fettgewebe (. Abb.  15.1). Bei sehr feinen und skelettierten Follikular Units kann man tangential am Schaft fixieren (. Abb.  15.2). Das Transplantat, eigentlich nur der Haarbulbus, wird für wenige Zehntelmillimeter in die Empfängeröffnung eingeführt und dann losgelassen. Es wird im zweiten Schritt nachgefasst und das nur an der Haut oder am überstehenden Haar fixierte Transplantat vollständig ohne Gewalt in die Öffnung ein 



..      Abb. 15.2  Bei sogenannten skelettierten Transplantaten ohne Fett wird möglichst tangential ohne größeren Druck gefasst, sodass Quetschungen vermieden werden

geführt. Falls das nicht mit zwei Arbeitsschritten gelingt, wird mehrmals vorsichtig vom Ende aus mit der Pinzette nachgeschoben. Dieser Arbeitsschritt gelingt besonders gut, wenn die Empfängerkanälchen vom Durchmesser her groß genug sind, um das Transplantat aufzunehmen (. Abb. 15.3).  

>>Zu klein angelegte Empfängeröffnungen erschweren die Insertion der Transplantate; die Traumatisierung und damit Verletzungsgefahr steigt. Zu groß angelegte Empfängeröffnungen provozieren die spätere Dislokation.

Die Probetransplantation mit allen vorhandenen Transplantatgrößen zur Eruierung einer möglichst leichten und atraumatischen Transplantation wird beim Anlegen der Empfängeröffnungen empfohlen. !!Cave Anfängerfehler: Es wird versucht, das Transplantat bereits im ersten Schritt tief in das Empfängerkanälchen einzuführen. Dabei verhaken sich meistens die spitzen Branchen der Pinzette im Gewebe (via falsa), die Insertion ist nicht möglich. In Folge wird das Transplantat gequetscht, der gleiche Fehler wird erneut begangen. Die Chance einer atraumatischen Insertion sinkt. Blutungen erschweren die Übersicht (. Abb. 15.4).  

..      Abb. 15.1  Wenn am Haarbulbus Fett vorhanden ist, wird das Transplantat idealerweise daran gefasst

Das Transplantieren muss leicht von der Hand gehen. Gewalt, Druck oder andere traumatisierende Manöver stören die Transplantation und sind uneffektiv.

152

Kapitel 15 · Transplantation

a

b

c d

..      Abb. 15.3 Transplantatinsertion. a Das fixierte Transplantat wird im ersten Schritt vor die Empfängeröffnung geführt. b Im zweiten Schritt wird Transplantat von oben gefasst und ohne Verhakungen in der richtigen Richtung in die Tiefe geführt. c Das Transplantat be-

findet sich in situ, darf um 1 mm überstehen. Zur Angleichung der Orientierung kann es mit den Pinzettenbranchen im Kanal noch rotiert werden. d Schema einer „lege artis“ platzierten Follikular Unit

Wichtig für den Transplantierenden ist das Erkennen der Insertionsrichtung, welche der späteren Haarwuchsrichtung entspricht. Falls das nicht möglich ist, kann man das durch vorsichtiges Einführen der geschlossenen Pinzettenbranchen „ertasten“. Keinen Druck und keine Gewalt ausüben.

15

15.1.2

..      Abb. 15.4  Wenn die Pinzette in einem Schritt zu tief in den Empfängerkanal eingeführt wird, kommt es automatisch zu Verhakungen, Blutungen und „via valsa“

Beschreibung der „Stickund-Place-Technik“

Bei dieser Technik wird der Empfängerkanal mittels Kanüle oder Mikromesser/-klinge gestochen, unmittelbar danach das Transplantat inseriert. Es wird 1:1 simultan transplantiert. Gelegentlich wird dieses Verfahren auch als

153 15.1 · Transplantationsarten

„Direct Hair Implantation“ (DHI) bezeichnet. Wenn ein und dieselbe Person den Kanal sticht und direkt danach implantiert, ist die Haarwuchsrichtung leicht nachzuvollziehen. Häufig sticht der Operateur das Kanälchen und Assistenten inserieren simultan. Auch das kann bei eingespieltem Team gut funktionieren. Die „Stick-und-PlaceTechnik“ wird vor allem bei kleinen Transplantatmengen unter 1000, u. a. auch bei Rekonstruktion der Augenbrauen, angewendet. >>Die „Stick-und-Place-Technik“ eignet sich für Anfänger und Transplantatmengen unter 1000 Follikular Units, weil die Mitwirkenden dabei besonderes Gefühl für die Haarwuchsrichtung und die Insertion entwickeln können.

15.1.3

Beschreibung scharfe und stumpfe Implanter

..      Abb. 15.5  Der Implanter umgibt das Transplantat mit seiner schützenden Metallhülse. Auf Druck, ähnlich wie bei einem Kugelschreiber, wird an „loco typico“ die Follikular Unit platziert

Ein Implanter für Haarwurzeln ist ein kugelschreiberähnliches System, an dessen Ende Zurückziehen des Instruments die Follikular eine scharfe oder stumpfe Hohlnadel an- Unit in der Haut an regelrechter Stelle platgebracht ist, welche die vorher ins System ein- ziert werden. Sie soll nicht zu tief transgebrachte Follikular Unit in die Kopfhaut plantiert werden. Beim zu starken Herausragen aus der Haut kann manuell nachinseriert einbringt (. Abb. 15.5). werden (Lernkurve). Weil mit diesem einen Am bekanntesten sind „CHOI-­ Implanter“. Sie sind mehrmals verwendbar Arbeitsschritt die Hautinzision invasiv erfolgt und gleichzeitig die spätere Haarwuchsund sterilisierbar (Choi und Kim 1992). Scharfe Implanter müssen ausgetauscht richtung bestimmt wird, soll nach deutschem werden, wenn sie abgestumpft sind. In- Recht der Prozess von einem approbierten zwischen werden diese Systeme von anderen Arzt ausgeführt werden. Ist die Implanterspitze stumpf, dann müsHerstellern nachempfunden und individuell gestaltet. Dennoch bleibt das Grundprinzip sen die Empfängeröffnungen in einem ersten gleich: Die das Transplantat umgebende Arbeitsschritt vorgestochen werden. Die Metallhülse schont es beim Transplantations- eigentliche Insertion mittels stumpfem Implanter erfolgt später. Der erste invasive vorgang vor Traumatisierung (. Abb. 15.6). Voraussetzung für das Gelingen ist das Schritt muss nach derzeitigem deutschem schonende Einführen der Follikular Unit in Recht durch einen approbierten Arzt ausden Implanter („Ladevorgang“). Je nach va- geführt werden, die Insertion mittels Implanriabler Größe der Units (Einzelhaar, kleinere ter kann durch Assistenten erfolgen. Scharfe Implanter eignen sich besonders oder größere Gruppen) gibt es Implanter mit für Verdichtungsoperationen bei langem Restverschiedenen Durchmessern (. Abb. 15.7). Ist die Implanterspitze scharf, kann mit haar, weil vorab angelegte Öffnungen ohne einem Stich in die Kopfhaut und an- simultane Transplantation leicht übersehen schließendem Druck des „Auslösers“ kurz vor werden und unbesetzt bleiben.  





15

154

Kapitel 15 · Transplantation

a

b

..      Abb. 15.6 CHOI-Implanter. a Verschiedene Durchmesser für optimale Transplantataufnahme unterscheiden sich farblich. b CHOI-­Implanter bieten verschiedene Einstellungen, sind zerlegbar, können gesäubert und sterilisiert werden

a

b

15

..      Abb. 15.7  Laden des Implanters. a In die halboffene stumpfe Implanterspitze kann das Transplantat atraumatisch eingebracht werden. b Die Follikular Unit wurde schonend und atraumatisch mittels Mikropinzette eingebracht

>>Beim scharfen Implanter erfolgt die Inzision und Insertion in einem Arbeitsschritt. Beim stumpfen Implanter muss der Transplantationskanal vorgestochen sein, die stumpfe Hohlnadel wird dann später in einem zweiten Arbeitsschritt eingeführt und platziert die Follikular Unit.

Das Bestücken der Implanter bezeichnet man als „Laden“. Dieser Vorgang kann von 2–3  Assistenten realisiert werden, die eigentliche Transplantation kann durch ­ 1–2 Personen, rechts und links vom Patienten, realisiert werden. Der Arbeitsschritt des Ladens von Implantern und die Weitergabe an Operateur oder Assistenten, die direkt am Patienten stehen, muss kontrolliert und immer wieder gleich verlaufen. Somit werden Verletzungen vermieden. Weil die inserierende Person nicht vom Arbeitsfeld aufschaut und den Implanter blind fasst, ist dieser genormte Ablauf erforderlich. Auch die Rückgabe des leeren Instruments kann zu Verletzungen führen und soll einem standardisierten Ablauf folgen. Neben den am bekanntesten und häufig gebrauchten „penähnlichen“ Implantern mit Federsystemen gibt es auch halboffene Hohlnadeln, die ein entsprechend großes Transplantat aufnehmen können. Dabei liegen die feuchten Follikular Units in einer Reihe auf dem linken Hand- oder Fingerrücken. Mit der

155 15.2 · Fehler und Gefahren beim Transplantationsvorgang

..      Abb. 15.8  Keep-Implanter. Mit der halboffenen Metallhülse nimmt der Operateur das Transplantat auf und platziert es in das vorgestochene Empfängerkanälchen

..      Abb. 15.9  Bei langem Haar und diffuser Blutung sind vorgefertigte Transplantatöffnungen nur schwer erkennbar und können leicht übersehen werden. Hier kann mit dem scharfen Implanter rationell und ohne Fehler gearbeitet werden

rechten Hand wird durch Drehbewegung des Implanters die Follikular Unit in die halboffene Hohlnadel eingedreht und aufgenommen. Am bekanntesten ist hier der sogenannte „KEEP-Implanter“ aus der Türkei. Er ist in verschiedenen Größen stumpf oder scharf erhältlich, hat sich jedoch in der Anwendung nur lokal begrenzt durchgesetzt (K.E.E.P Implanter) (. Abb. 15.8). Vor- und Nachteile von Implantern werden oft kontrovers diskutiert und gelegentlich als Marketingtool missbraucht. Im Fokus liegt hier das Blutungsrisiko, welches bei scharfen Implantern geringer sein soll.

15.2



>>Ein Vorteil der Implanter ist die Anwendung zum Zweck der Haarverdichtung bei langem Haar. Da es hier im Allgemeinen an Übersicht mangelt, sind scharfe Implanter nützlicher als herkömmliche Transplantationsmethoden. Das Transplantat kann in einem Arbeitsschritt platziert werden.

Derzeit in Entwicklung und gerade auf dem Markt erschienen sind „revolverähnliche“ Implanter, in die mehrere Follikular Units eingebracht werden. Wenn das technische Prinzip ohne Probleme funktioniert, kann man so mit einem Instrument, je nach Kapazität, 10– 50 Transplantate nacheinander platzieren und muss erst danach neu laden. Das stellt nach Absolvierung der Lernkurve eine Zeitersparnis dar. Fraglich ist noch, ob sich die Technik im Dauergebrauch störungsfrei bewährt.

 ehler und Gefahren beim F Transplantationsvorgang

Bei Übersicht erschwerenden diffusen Blutungen soll Ringerlösung auf das Gebiet gesprüht werden. Dadurch wird das Transplantationsfeld „frei“ gespült und alle unbesetzten Kanälchen sind wieder gut sichtbar. Verdünntes Wasserstoffperoxid (1–3  %ig) soll wegen der Toxizität für Haarwurzeln nicht mehr Verwendung finden. Durch das permanente Besprühen mit Ringerlösung ist Sauberkeit und Präzision beim Implantieren gewährleistet, gleichzeitig wird das Areal feucht gehalten, was für die Transplantate wichtig ist. Trotzdem kann es gelegentlich zu Verkrustungen kommen. Das ist besonders ungünstig bei langem Haar. Je unübersichtlicher das Operationsfeld, desto eher werden Fehler gemacht (. Abb. 15.9). Werden Empfängerkanälchen übersehen, dann äußert sich das später in dünnem Haarwuchs. Das ist nicht optimal aber mittels „touch up“ korrigierbar. Schwerer wiegt ein doppeltes Transplantieren in ein- und dieselbe Öffnung. Das ursprünglich ein wenig zu tief platzierte Transplantat wird nicht erkannt, zum Beispiel durch Blutverkrustungen, eine weitere Follikular Unit wird darüber platziert. Dadurch disloziert das Ersttransplantat unter die Hautoberfläche in tiefe Schichten. Bei beginnendem Haarwuchs kommt es unweigerlich zu „Pickelbildung“ bis hin zu langdauernden aseptischen Resorptionsvorgängen des  

15

156

Kapitel 15 · Transplantation

..      Abb. 15.10  Durch Blaufärbung mit zum Beispiel 1  %igem Gentianaviolett können die Empfängeröffnungen besser sichtbar gemacht werden. Das Risiko für „Übersehen“ wird minimiert

15

„Fremdkörpers“ an untypischer Stelle (Granulome, Pseudoepithelcysten), zwar meist mit unproblematischen Hautkeimen, doch sehr unangenehm für betroffene Patienten. Therapie kann hier bei typischer Einschmelzung die Inzision mit dem Versuch der vollständigen Marsupialisation sein, oftmals genügen orale Doxycyclingaben über 4 Wochen. Manchmal sind die Empfängeröffnungen schwer erkennbar, besonders bei Neigung zur Kontraktilität und rötlichem Hautkolorit. Hier wird kurz vor der Transplantation die Anfärbung der Hautoberfläche mit Methylenblau oder mit Gentianaviolett (1 %) empfohlen. Das steigert die Übersichtlichkeit (. Abb. 15.10). Die Gefahr der Transplantataustrocknung wird häufig unterschätzt, besonders wenn sich bei Anfängern der Ablauf noch langsam vollzieht. Trockene Follikular Units produzieren später keine neuen Haare. Bei schwieriger Insertion wird das Transplantat mehrmals gefasst, gedrückt und die Insertion wird mit Gewalt versucht. Auch diese Manöver führen meist zum Absterben der Follikular Units. Besonders bei FUE-Technik sind Transplantate oft skelettiert, das schützende und ernährende Umgebungsgewebe fehlt. Zwangs-

..      Abb. 15.11  Durch zu starkes Anfassen des Transplantats im sensiblen Bereich kann es zu irreversiblen Schädigungen kommen, die erst nach 10 Monaten durch spärlichen oder fehlenden Haarwuchs erkennbar werden

..      Abb. 15.12  Der unerkannt abgeknickte Schaft eines Haares kann später zu anhaltenden Rötungen und Entzündungen der Kopfhaut führen



läufig müssen sie am Schaft oder am Bulbus gefasst werden. Hier kann Traumatisierung zum Absterben führen (. Abb. 15.11). Bei FUE-Technik kann es zu Y-förmig abspreizenden Follikeln kommen. Werden diese beim Insertionsvorgang nur unvollständig fixiert, können Haarschäfte knicken (. Abb. 15.12). Wenn ein spreizendes Haar, oftmals unbemerkt, außerhalb der Insertionsöffnung verbleibt, dann wird das Transplantat nach einigen Minuten wie durch einen „Federmechanismus“ über Hautniveau dislozieren.  



157 Literatur

a

..      Abb. 15.14  Alle Transplantate befinden sich leicht prominent gegenüber der Hautoberfläche „in situ“. Wenn sie „angetrocknet“ sind (beginnende Schorfbildung) ist die Gefahr des „Poppings“ vorüber

ziert hat, wird dieses sofort durch leichten Druck mit einer Kompresse am Platz gehalten. Danach transplantiert man das nächste und fixiert es erneut mit der Kompresse, alles ohne Druck und sehr sanft (. Abb. 15.14).

b



..      Abb. 15.13  Dislokation. Spreizt sich eine Unit beim Transplantieren, so kann das abgespreizte Haar, ähnlich einem Federmechanismus, eine permanente Dislokation bewirken (a). Wenn dieses Phänomen nach Reposition erneut beobachtet wird, soll das Transplantat komplett entfernt und neu inseriert werden (b)

Selbst nach Reposition, ohne die Ursache für die Dislokation zu erkennen, wird das Transplantat erneut zu hoch aus der Haut überstehen und austrocknen (. Abb. 15.13). Aufgrund diffuser Blutungen, durch hohen Gewebedruck, meist nicht durch Tumeszenz, sondern wegen sehr straffer und wenig elastischer Haut, bei Patienten mit schwarzer Hautfarbe, bei flachen Inzisionen und bei zu dicken Grafts kann es zu wiederholter Dislokation kommen. Dieses Phänomen bezeichnet man als „Popping“. Der Begriff wurde assoziiert mit dem „Springen, Poppen“ bei der Zubereitung von Popcorn. „Popping“ tritt immer intraoperativ auf. Zum Management benötigt man Ruhe und Erfahrung. Nachdem man ein Transplantat plat 

>> Die Transplantation an sich ist ein hoch sensibler Vorgang, der atraumatisch auszuführen ist. Die Vitalität der Follikular Units ist durch ständiges „feucht halten“ zu gewährleisten. Es versteht sich von selbst, dass der Transplantationsvorgang immer mit Lupenbrille o.  ä. ausgeführt werden muss. Selbst junge Mitarbeiter mit ausgesprochen gutem Visus können bei der Feinheit der Empfangskanälchen Fehler begehen, die durch Magnification vermeidbar wären.

Sowohl in zahlreichen Videos als auch in praxi sieht der Transplantationsprozess einfach und leicht nachvollziehbar aus. Dabei ist es ein komplexer Vorgang, den es schnell und exakt auszuführen gilt. Jeder Anfänger soll bei manuellem Geschick durch eine Hospitation bei erfahrenen „Haarchirurgen“ ein „Hands-onTraining“ versuchen, um sich später vor Frustration zu bewahren.

Literatur Choi JC, Kim JC (1992) Single hair transplantation using the Choi hair transplanter. J Dermatol Surg Oncol 18:945–948 K.E.E.P Implanter. https://www.­hairtransplantfue.­org/ fue-­innovations/keep. Zugegriffen am 16.02.2022

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Unmittelbar postoperative Phase Inhaltsverzeichnis 16.1

Abschlusscheck – 160

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_16

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160

16.1

16

Kapitel 16 · Unmittelbar postoperative Phase

Abschlusscheck

Die Transplantation, insbesondere die Dauer der Prozedur über 6–8  Stunden, wird gelegentlich von Patienten und Ärzten unterschätzt. Deshalb soll man nach Abschluss der Insertion aller Transplantate den Patienten langsam auf die Entlassung aus der Praxis vorbereiten. Bei Transplantation und nachfolgendem Klinikaufenthalt von meist einer Nacht kann bei Bedarf kontinuierlich kont- ..      Abb. 16.1  Zur Vorbeugung gegen Schwellungen im Stirn- und Augenbereich kann ein adaptiv elastisches rolliert werden. Band, empfohlen Microfoam 3M, für 4 Tage aufgeklebt Allgemein üblich und weltweit angewandt werden wird die Haartransplantation als ambulantes Verfahren. Deshalb wird am Operationsende ein Abschlusscheck durchgeführt. Dieser beinhaltet bei den ambulanten Patienten: 55 Kontrolle auf vollständige Insertion der Transplantate, nicht zu tief, nicht „nachstopfen“, Reposition nur, wenn Transplantate unvollständig implantiert wurden und 2–3  mm über Hautniveau stehen (1 mm-­Überstand ist unkritisch). 55 Kontrolle auf potenzielle Nachblutung in Regionen, wo bereits bei Transplantation stärkere Blutungen bestanden. Dünnes Auftragen von Jod-Kollodium-Lösung zur ..      Abb. 16.2  Hydrokolloidgel sichert eine schnelle Versieglung und Vermeidung einer stärke- Wundheilung und wird bei FUE-Technik unmittelbar ren Nachblutung wird empfohlen (Pflaster- postoperativ aufgetragen spray ungeeignet). Kompressen oder VerTee, Wasser wird empfohlen. Cola oder anbände im Transplantationsgebiet werden dere zuckerhaltige Getränke, Süßigkeiten, wegen Adhärenz der Transplantate mit sind von Vorteil, weil Patienten am Ende nachfolgender Dislokation und starker des Tages meist leicht unterzuckert sind. Blutung bei Verbandabnahme nicht 5 5 Zur Vorbeugung der Methämoglobinbil­empfohlen. dung (Symptom „blaue Lippen“) nach 55 Anlegen eines Stirntapes, empfohlen MiGabe von großen Mengen Prilocain (sehr crofoam  3M, zur Prävention postselten) kann hochdosiert Vitamin  C geoperativer Schwellungen im Stirn- und geben werden, zum Beispiel 500–1000 mg Augenbereich (. Abb. 16.1). Cetebe oral. Der Patient muss dazu reich55 Kontrolle des Spenderareals: Bei Streifenlich Flüssigkeit aufnehmen. Alternativ bei entnahme kann es gelegentlich aus der verstationärem Aufenthalt kann Pascorbin nähten Wunde nachbluten, lokal Jod-­ 7,5 g pro 50 ml infundiert werden. Kollodium oder leichter Druckverband 5 5 Cave: Verbände im Bereich des Haarsind möglich. wurzelspendergebietes dürfen nicht zu fest 55 Bei FUE-Technik wird ein Hydrokolloidangelegt werden, das provoziert Hämatomsalbenverband, zum Beispiel Medigel, für bildung mit Lymphstau und Ödem im Beeine Nacht empfohlen (. Abb. 16.2). reich des Transplantationsgebietes. 55 Kontrolle der Kreislaufverhältnisse, Ein leichter Druck ist ausreichend. Kollapsneigung bei zu schnellem Wechsel Wegen des einfachen Handlings wird nach von Liegen zu Stehen/Gehen beachten. dem Auflegen von sterilen Kompressen ein Die Gabe von Flüssigkeit, Cola, Kaffee,  



161 16.1 · Abschlusscheck

Falls der Operateur es dennoch für erforderlich hält, muss zwischen Verband und Wundfläche eine nichthaftende Folie zwischengelegt werden. 55 Aufziehen einer Kopfbedeckung unter Anleitung, am besten „Baseball-Kappe“, zum optischen Abdecken des Operationsfelds, ohne dass Kontakt zu diesem besteht. 55 Check auf Vollständigkeit der mitzugebenden Unterlagen und Medikamente (leichte und mittelstarke Schmerzmittel, Schlafmittel für 1–2 Nächte). 55 Information der Begleitperson, falls nicht schon im Vorfeld erfolgt. 55 Festlegen der Nachsorge- und Kontrolltermine, ggf. später nach telefonischer Vereinbarung oder bei Bedarf. 55 Aushändigen eines Kurzbriefes mit Diagnose, Therapie und Besonderheiten vor, während und nach der Haartransplantation, falls der Patient durch einen fachfremden Kollegen weiter betreut wird. 55 Bei weit entfernt wohnenden Patienten, die nach kurzem Aufenthalt als Tagespatienten die Heimreise antreten, ist es wichtig Kontakt zu halten, zum Beispiel durch Videosprechstunde, Telefon, E-Mail oder WhatsApp. ..      Abb. 16.3  Bei FUE-Behandlung wird ein Hydrokolloidverband exklusiv für die Entnahmefläche empfohlen. Das Transplantationsareal selbst bleibt wegen Verklebungsgefahr frei und wird unter Schorf abheilen

selbsthaftender Verband, zum Beispiel Peha-haft, empfohlen (. Abb. 16.3). 55 Cave: Keinesfalls soll man Kompressen oder Verbände auf das Transplantationsgebiet auflegen. Durch Serom- und Blutabsonderungen verkleben diese innig mit den Transplantaten. Beim Entfernen kommt es dann unwiderruflich zu Dislokationen mit Nachblutungen.  

Die Haartransplantation ist bei korrekter Ausführung ein sehr komplikationsarmer Eingriff, der in der Regel keine postoperativen Interventionen erfordert. Das weiß der erfahrene Arzt. Der Patient kann das nicht wissen und auch nach Erklärung nicht nachvollziehen. Denn er erlebt die Haartransplantation als individuelles Einzelereignis. Deshalb ist wichtig, dass alle Patienten nach Entlassung in die häusliche Rehabilitation sich gut ärztlich betreut fühlen und bei Bedarf stets mit dem Behandler in Verbindung treten können. Dafür hat der Arzt Sorge zu tragen.

16

163

Postoperativer Verlauf Inhaltsverzeichnis 17.1

Tag 1–14 – 164

17.1.1 17.1.2 17.1.3 17.1.4

S pendergebiet nach FUT-Behandlung – 164 Spendergebiet nach FUE-Behandlung – 165 Empfängergebiet/Transplantationsareal – 165 Postoperative Nebenwirkungen, Begleiterscheinungen, Komplikationen – 167

17.2

Periode bis zum Haarwachstum – 170

17.2.1 17.2.2 17.2.3 17.2.4

Vorübergehender Haarausfall (temporäres Effluvium) – 170 Taubheitsgefühl, Parästhesien – 171 „Shock-loss-Phänomen“ – 171 Beginnender Haarwuchs nach Transplantation – 172

17.3

Abschlusskontrolle, Perspektiven – 174

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_17

17

164

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

17.1

Tag 1–14

Eine chirurgische Regel besagt, dass der erste Tag nach der Operation als postoperativer „Tag 1“ gezählt wird. >>Tag 1 des postoperativen Verlaufs beginnt mit dem Tag nach der Operation. Der Behandlungstag selbst wird nicht mitgezählt.

Je nach Vereinbarung, Verlauf der Operation und aufgetretenen Besonderheiten, Schwierigkeiten oder gar Komplikationen wird die postoperative Nachsorge und Kontrolle durch den Arzt in Absprache mit dem Patienten organisiert. Unerfahrene Ärzte und Anfänger sollen engmaschige Kontrolltermine vereinbaren, damit sie lernen, den Verlauf als normal oder komplikationsbehaftet zu beurteilen. 17.1.1

In der Regel stellen sich mit Streifentechnik operierte Patienten (FUT) am ersten postoperativen Tag kurz zur optischen Begutachtung beim Arzt vor. Falls sie bereits am Abend der Behandlung eine weite Heimreise angetreten haben, sollte man kurz telefonisch oder per Videokonferenz Rücksprache nehmen über den Verlauf der ersten Nacht, Schmerzen oder sonstige Probleme. Die Naht am hinteren und ggf. seitlichen Haarkranz soll trocken und reizlos aussehen (. Abb. 17.1). Selten kann es über Nacht punktuell wegen intraoperativer Tumeszenz zu Flüssigkeits- und Blutaustritt durch die Naht gekommen sein. Dieses oft als „Wundnässen“ beschriebene Phänomen ist normal und sistiert nach 12 Stunden. Starke Nachblutungen sind selten, da, wie auch bei unversorgten Kopfplatzwunden, größere Blutungen fast immer spontan sistieren. Stärkere Nachblutungen erkennt man an postaurikulären und nuchalen Schwellungen, begleitet von Spannungs- und Steifigkeitsgefühl am seitlichen Hals und im Nacken. Eine Therapie ist nicht erforderlich, die Re 

17

Spendergebiet nach FUT-Behandlung

..      Abb. 17.1  Bereits am 1.  postoperativen Tag zeigen sich reizlose Wundverhältnisse bei Zustand nach fortlaufender Naht mit Vicryl rapid 4×0

sorption erfolgt binnen 10–20 Tagen. Sie kann durch Gabe von abschwellend wirkenden Substanzen (zum Beispiel Arnika, Bromelain) unterstützt werden. Auch lokale Kühlmaßnahmen im Nacken ab Tag 1 und Lymphdrainage ab Tag 3 sind unterstützend möglich. Wurde die Wunde zweischichtig verschlossen (Subkutannaht ist in der Regel nicht erforderlich und wird hier nicht empfohlen), wird der Patient in den Tagen  1–14 vermehrt über Wundschmerz, Spannungsschmerz und Schmerz bei Berührung oder beim Liegen auf der Naht klagen. Dieser Schmerz wird nachhaltig in Erinnerung bleiben. Hier versprechen oral verabreichte Schmerzpräparate Linderung. Bei spannungsfreiem einschichtigen Wundverschluss durch fortlaufende Naht oder Einzelknopfnähte wird meist nur in der ersten Nacht nach der Behandlung ein leichter Wundschmerz registriert, der durch Schmerzmittelgabe gut therapierbar ist. Ab 2. oder 3. Tag wird der Schmerz höchstens noch im Liegen wahrgenommen. Erfolgte der Wundverschluss durch Hautklammerung, wird vor allem in liegender Position ein anfangs starker, später etwas weniger starker Schmerz wahrgenommen. Hier helfen bis zum Entfernen der Hautklammern zwischen dem 7. und 12. postoperativem Tag oral verabreichte Analgetika. Wurde dünnes resorbierbares Nahtmaterial verwendet, zum Beispiel 4 × 0 Vicryl rapid, dann erfolgt die partielle Resorption

165 17.1 · Tag 1–14

der in der Haut befindlichen Fadenanteile bis zum 14. postoperativen Tag oder etwas länger. Die Fadenanteile außerhalb der Haut lösen sich spontan beim Haare waschen, kämmen oder fönen ab. Es bedarf hier keiner weiteren Versorgung. Wurde die Wunde mit nicht resorbierbaren Fäden verschlossen, dann können diese Fäden ab 12.–14. postoperativen Tag entfernt werden. Zu langes Belassen des synthetischen Nahtmaterials provoziert Wundreizungen und Fremdkörperreaktionen.

Falls es bei Abnahme der Kompressen zu kleinen punktuellen Nachblutungen kommt, sistieren diese nach einigen Minuten von selbst und bilden trockenen Schorf. Blutet es länger nach, dann kann erneut ein dünner zirkulären Hydrokolloidverband helfen. Diesen können Patienten am Abend selbst entfernen. Alternativ zum Hydrokolloidgel kann auch hochkonzentriertes, reines Aloe Vera Gel gebraucht werden. 17.1.3

>>Steife und wenig verwindbare Fäden, meist monocryles Material, resorbierbar oder nichtresorbierbar, provozieren 7–14  Tage Schmerzen beim Berühren der Haut, insbesondere im Liegen. Mehr Komfort empfinden Patienten, die mit resorbierbarem, weichem und geflochtenen Nahtmaterial versorgt wurden. Die Adaptation im Gewebe ist besser.

17.1.2

Spendergebiet nach FUE-Behandlung

FUE-Patienten erhalten über Nacht einen Hydrokolloidverband im Entnahmegebiet. Sie stellen sich zur Verbandabnahme am Tag 1 vor. Bei guter Compliance kann die Verbandabnahme auch selbst durchgeführt werden. Bei ängstlichen oder unsicheren Patienten oder solchen mit komplikationsbehaftetem Verlauf soll der Verband immer vom behandelnden Arzt entfernt werden. Nachdem der zirkuläre Verband mittels Schere an geeigneter Stelle durchtrennt wurde, können die Verbandlagen vorsichtig und langsam abgezogen werden. Reißen oder zu schnelles Abnehmen der Kompressen provoziert Blutungen. In der Regel bildet das am Vortag großzügig aufgetragene Hydrokolloidgel noch ein feuchtes Milieu. Das Verbandmaterial lässt sich deswegen gut abziehen. Gelreste verbleiben auf den verklebten und bereits geschrumpften Entnahmeöffnungen. Die weitere Wundheilung wird unter Schorf erfolgen, sodass keine Verbände oder weitere Maßnahmen erforderlich sind (. Abb. 17.2).  

Empfängergebiet/ Transplantationsareal

Das Transplantationsgebiet bildet teilweise durch Jod-Kollodium oder Blut Verschorfungen. Das kann man bis zum 3.  postoperativen Tag ohne Konsequenzen so belassen. Je weniger anfänglich manipuliert wird, desto besser wird sich der weitere Verlauf gestalten. Falls einzelne Transplantate durch Mikroblutungen disloziert sind, ist eine Reposition mit Mikropinzette und Lupenbrille möglich. !!Cave Starke Nachblutungen können durch Reposition provoziert werden.

Ein nachträgliches Anwachsen der reponierten Transplantate ist eher unwahrscheinlich, weil Haarwurzeln durch Austrocknung bereits nach Stunden avital geworden sind. Bis zum 3.  postoperativen Tag ist es am besten, die operierten Gebiete in Ruhe zu lassen und keinerlei Manipulationen vorzunehmen. Zum Sichtschutz empfiehlt sich eine größenverstellbare Baseballkappe. Die Kappe kann ohne Kompressen getragen werden (. Abb. 17.3). Alternativ kann die Wundheilung durch ein feuchtes Milieu unterstützt werden. Hierzu soll der Patient das Gebiet immer wieder befeuchten, was eine gute Compliance erfordert. Man kann die Region mit speziellem Wasser in Sprayflaschen befeuchten, ATP-Lösung oder andere „Holding-solution“-Zusätze ­liefern der Haut Energie; reine und hoch konzentrierte Aloe-vera-Präparate können die  

17

166

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

b

a

c

d

17 ..      Abb. 17.2  Postoperativer Verlauf im Spendergebiet nach FUE-Technik. a Am 1. postoperativen Tag erfolgt nach FUE-Technik die Verbandabnahme. Reste des Hydrokolloidgels können verbleiben. Druckstellen vom Verband sind sichtbar und bedürfen keiner weiteren Therapie. Die Entnahmeöffnungen schrumpfen beim

Abheilungsprozess. b Bereits nach 3  Tagen sind die Krusten nur noch diskret wahrnehmbar. c Nach 5 Tagen überdecken die nachwachsenden Haare zusätzlich die Entnahmefläche. d Schon ab dem 10.  postoperativen Tag sind die Entnahmekanälchen makroskopisch nicht mehr erkennbar

Transplantationsregion ebenso feucht halten und die Wundheilung stimulieren. Ab dem 3. postoperativen Tag kann der Patient selbst mit der täglichen Haarwäsche be-

ginnen. Diese wird er aus Angst vor Beschädigung der Transplantate vorsichtig vornehmen. Er soll dann bis zum 14. Tag die Intensität etwas steigern, damit sich nach und

167 17.1 · Tag 1–14

17

a

b

..      Abb. 17.4  Bereits nach 10  Tagen haben sich durch tägliche Haarwäschen die Verkrustungen gelöst und die Stoppeln der Transplantate sind deutlich sicht- und tastbar

..      Abb. 17.3  Postoperativer Verlauf im Empfängergebiet. a Die Wundheilung verläuft im Transplantationsareal unter Schorf ohne Verband. Die ersten 3 Tage soll man keinerlei Manipulationen vornehmen. b Egal welche Technik angewandt wurde, die Baseballkappe eignet sich hervorragend als Sichtschutz. Die Wundheilung wird nicht beeinträchtigt und auch Transplantate können nicht dislozieren

nach die Blutkrusten von selbst ablösen. Zur Unterstützung der Wundheilung kann vor der Haarwäsche, mindestens 30  Minuten lang, gerne auch länger über Nacht, eine Wund- und Heillotion, zum Beispiel Bepanthol Lotio oder Aloe-vera-Lotion aufgetragen werden. Die Prozedur soll täglich bis zum 14. postoperativen Tag wiederholt werden (. Abb. 17.4).  

Haben sich die Krusten fast vollständig abgelöst und bestehen noch störende, starke Rötungen der Haut, kann mit zinkhaltigen Cremes oder Lotionen die Haut adstringiert werden. Gut bewährt hat sich zum Beispiel das abendliche Auftragen von Zinkutan-­ Schaum von Dermasence. Morgens erfolgt dann die normale Haarwäsche zur Reinigung der Haut. Wegen der häufigen täglichen Haarwäschen in den ersten Tagen wird ein möglichst mildes und pH-neutrales Shampoo empfohlen; auch Kamille oder andere Heilpflanzenzusätze können verwendet werden. 17.1.4

Postoperative Nebenwirkungen, Begleiterscheinungen, Komplikationen

Postoperative Probleme werden von Haarpatienten, die allgemein als sehr sensibel gelten, überbewertet und dramatisch dargestellt. Zum Glück sind die geklagten Beschwerden

168

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

in der Regel harmlos und nicht weiter behandlungsbedürftig. Das gilt es kritisch einzuschätzen, der Patient muss in dieser Zeit vor allem psychisch gut geführt werden. >> Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen sind keine Komplikationen. Als echte Komplikation ist zum Beispiel die generalisierte und das Allgemeinbefinden stark beeinträchtigende Wundinfektion zu werten, die sehr selten auftritt.

17.1.4.1

Schwellung, Ödem, Hämatom

Mit nachlassender Adrenalinwirkung im Lokalanästhetikum nach etwa 6  Stunden kommt es am Abend des Operationstages zu mehr oder weniger starken subkutanen Nachblutungen im Transplantationsgebiet. Je nach Lokalisation verteilt sich das Hämatom durch die allgegenwärtige Schwerkraft immer nach kaudal. Bei Operationen im Bereich der vorderen Oberkopfhälfte (Haaransatz, Geheimratsecken) werden deshalb zunächst die Stirn, später Augen-/Orbita- und obere Wangenregionen betroffen sein. Meist ist ab dem 3.  postoperativen Tag die Augenregion stark durch Hämatome (vergleichbar Brillenhämatom) gezeichnet, seltener begleitet durch ausgeprägte Ober- und Unterlidödeme. Im Extremfall ist die Lidöffnung erschwert. Die Patienten klagen dabei nicht über Schmerzen, das stark entstellende Aussehen sorgt trotz Vorbesprechung in sehr vielen Fällen für Beunruhigung.

17

>>Trotz des postoperativ angelegten Stirntapes kann es zu harmlosen Schwellungen im Stirn- und Augenbereich kommen, die Patienten trotz Vorbesprechung extrem beunruhigen können.

Zusätzlich können physikalische Maßnahmen wie moderates Kühlen und Lymphdrainage Schwellungen lindern. Nicht zu empfehlen sind Kortisonpräparate, weil sie Wundheilung und damit auch die Wachstumsrate der Haarwurzeltransplantate negativ beeinflussen ­können.

Nach dem 7. postoperativen Tag sind die Schwellungen meist wieder abgeklungen. Das ist sowohl mit als auch ohne therapeutische Maßnahmen so. Deshalb hat die begleitende Gabe abschwellender Enzympräparate neben dem gering therapeutischen vor allem einen psychologischen Effekt. 17.1.4.2

Parästhesien, Sensibilitätsstörungen

Sowohl im Spender- als auch in der Transplantatempfängerregion werden durch viele mikroinvasive Maßnahmen (Schnitte, multiple Mikroinzisionen, multiple Nadelpunktionen) sensible Hautnervenäste durchtrennt. Das führt unweigerlich zu Sensibilitätsstörungen. Der Patient beschreibt diese Missempfindungen bzw. das länger anhaltende Taubheitsgefühl der Haut als nachwirkende Lokalanästhesie. Er fragt u.  U. explizit nach, wie lange die örtliche Betäubung noch anhält. In den meisten Fällen kann davon ausgegangen werden, dass Parästhesien im Wochen- bis Monatszeitraum zurückgebildet sind und sich das normale Kopfhautgefühl wieder nach und nach einstellt. Das Gefühl wird zuerst an den Seiten wieder als normal wahrgenommen, zentral auf dem Oberkopf hält die sich Störung am längsten. Gefühlsstörungen über Monatsfrist, vielleicht sogar 6–12  Monate andauernd, sind sehr selten und nur bei stark invasiven Maßnahmen, wie langer Schnitt, ausgiebige Mobilisation, Kopfhautreduktion, Megasessions mit „dense packing“ oder Operation ohne Tumeszenz, zu erwarten. Das wiederkehrende Gefühl in der Kopfhaut vermittelt bei einigen Patienten Kribbeln, „kleine Stromschläge“, „Ameisenlaufen“, Juckreiz oder auch leichtes Brennen. Diese Phänomene werden häufig auch nach größeren FUE-Sitzungen im Spenderbereich des seitlichen und hinteren Haarkranzes angegeben. Der Lokalbefund der Haut ist bei Inspektion fast immer völlig blande und ohne Auffälligkeiten. Außer lokal adstringierenden Maßnahmen bis hin zu Kühl- oder Anästhesiegel, addidiv auch leichte Analgetika, ist hier keine weitere Therapie nötig. Die

169 17.1 · Tag 1–14

­ arästhesien bilden sich nach Wochen, selten P nach mehreren Monaten, wieder vollständig zurück. 17.1.4.3

Nekrosen

Nekrosen stellen abgestorbenes Gewebe dar, welches sich nicht wieder regeneriert. Nach Haartransplantationen treten Nekrosen bei unzureichender Durchblutung einer meist umschriebenen kleinen, selten größeren, Hautregion auf. Eine mögliche Nekrose kündigt sich unmittelbar postoperativ durch stark livide Verfärbung der Hautoberfläche an. Manifest wird die Nekrose erst nach einigen Tagen; oftmals gelingt eine spontane Revaskularisation. Ursachen für postoperative Nekrosen sind: 55 irreversible Verletzung tief verlaufender großer Blutgefäße durch zu tiefes Eindringen von Instrumenten, zum Beispiel beim Schlitzen oder Stechen von Graftempfängeröffnungen, 55 traumatisches Operieren, besonders ohne gewebeschonende Tumeszenz, 55 „Megasessions“ mit hohen Transplantatzahlen und sehr dichten Empfängeröffnungen; das Risiko steigt kontinuierlich ab einer Transplantatdichte von 40–50/cm2. 55 Empfängeröffnungen, insbesondere Holes, die im Durchmesser >1 mm2 messen sowie 55 Infiltration hochkonzentrierter Kortisonsubstrate (kristallin 40 %, unverdünnt) bei allgemein schlechter Durchblutung (Alter >45 Jahre, Vorerkrankungen, Raucher). Nekrosen sind klinisch durch eine konfluierende größere Verkrustung erkennbar, die sich auch nach Tagen nicht von der Hautoberfläche ablösen lässt. Glücklicherweise wird oft nur die obere Hautschicht nekrotisch und das Subkutangewebe revaskularisiert sich. Deshalb darf hier nicht die chirurgische Regel der sofortigen Nekrektomie angewandt werden. Dadurch würden unnütz vitale Haarwurzeln zerstört werden. >>Nekrosen nach Haartransplantation sind als lokal umschriebene nicht ablösbare Verkrustungen der Haut erkennbar. Das

Subkutangewebe mit transplantierten Haarwurzeln revaskularisiert sich oft spontan. Deshalb ist keine Nekrektomie erforderlich. Abwarten und beobachten bis zum Ablösen der Verkrustung nach 4–6 Wochen ist die beste Therapie, solange es sich um sogenannte trockene Nekrosen handelt.

Ist die Nekrosezone nicht deutlich umschrieben, trocken und abgegrenzt, sondern Eiter („Pus“) absondernd und olfaktorisch wahrnehmbar, dann ist es zu einer Infektion gekommen, die behandelt werden muss. Wegen der guten Revaskularisation der Kopfhaut kann sparsam nekrektomiert werden, immer mit dem Ziel, so wenig wie möglich vital transplantierte Haarwurzeln zu entfernen. 17.1.4.4

Infektion

Zu einer manifesten generalisierten Infektion gehört meist eine Vorerkrankung, wie zum Beispiel Diabetes mellitus, HIV-positiver Status mit hoher Viruslast, Durchblutungsstörungen im höheren Alter wegen starkem Nikotinabusus, Narbengebiete mit reduzierter Mikrozirkulation. Bei sicheren Infektionszeichen, wie Fieber >39 °C, lokaler Rötung und Schwellung, Abgeschlagenheit, eitrigem Wundausfluss ist eine ärztliche Konsultation dringend erforderlich. Ist das persönlich wegen weiter Entfernung zum Patienten nicht möglich, muss ein kompetenter Kollege in Patientennähe bemüht werden, damit das weitere Vorgehen miteinander abgestimmt werden kann. >>Reale bakterielle Infektionen, die von Laien viel zu häufig befürchtet werden, kommen so gut wie niemals in „praxi“ vor; Voraussetzung dafür ist allerdings eine korrekte Behandlung. Falls es bei vorgeschädigten Patienten zu schweren Infektionen kommt, dann treten diese meist erst ab dem 3.–5. postoperativen Tag auf. Am Tag 1–3 geäußerte Befürchtungen der Patienten auf Infektion sind zumeist nur harmlose Serome, Schwellungen, Ödeme und Hämatome.

17

170

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

Liegt eine klinisch gesicherte Infektion mit Absonderung von Pus, milchig eitrigem Sekret vor, dann soll nach Möglichkeit ein Wundabstrich zur Bestimmung der Erreger erfolgen. Fieber um 39 °C kann auftreten oder auch ausbleiben. Eine starke körperliche Abgeschlagenheit kann Hinweis auf einen schweren Infektionsverlauf geben, ist jedoch unmittelbar postoperativ bis zum 3.  Tag nur Folge der stattgefundenen Operation. Je nach Schwere des Befunds ist eine orale Antibiotikatherapie für 1–2 Wochen zu empfehlen. Wenn Eiter und Sekret abfließen können, dann wird sich auch das Fieber zurückbilden. Inzisionen sind nur bei sicher identifizierbarem Verhalt sinnvoll, sonst eher kontraproduktiv und frustran. Wenn der Verhalt eröffnet ist, kann mit mild desinfizierenden Substanzen, zum Beispiel 1–3  %iger Wasserstoffperoxidlösung, steriler isotonischer Kochsalzlösung mit oder ohne Jodzusatz gespült werden. Nach Antibiogramm kann entsprechend spezifisch reagiert werden. Für die am häufigsten auftretenden Hautkeime ohne Vorliegen eines Antibiogramms wird aufsteigend nach klinischer Einschätzung der Schwere folgende Empfehlung für orale Antibiotikaapplikationen gegeben: 55 200  mg Doxycyclin initial, dann täglich 100–200  mg Doxycyclin aller 12  Stunden oder 55 875  mg Amoxicillin  +  125  mg Clavulonsäure als Kombipräparat aller 12 Stunden oder 55 diverse Cephalosporine in mittlerer Dosierungsstärke aller 6–12 Stunden.

17

!!Cave Gyrasehemmer sind kontraindiziert, weil die im Hautmilieu befindlichen Keime meist dagegen resistent sind.

Ist bei postoperativen Problemen der behandelnde Arzt nicht erreichbar, vielleicht sogar im Urlaub oder anderweitig nicht kontaktierbar, resultiert das häufig in unzufriedenen Patienten, nicht selten sind danach Schadenersatzprozesse und ein auf Dauer gestörtes Arzt-Patienten-Verhältnis.

>>Bei seriösen Komplikationen, vor allem bei Infektion, muss der Patient engmaschig vom Behandler kontrolliert und therapiert werden. Delegierung der Maßnahmen an Assistenten oder andere Ärzte stört das eigene ­Arzt-Patienten-­Verhältnis erheblich und provoziert Schadenersatzforderungen.

17.2

 eriode bis zum P Haarwachstum

Nachdem die Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen (Schmerzen, Krusten, Schwellungen, Taubheitsgefühl) der sogenannte „Akutphase“ der Operation nach spätestens 14  Tagen abgeklungen sein sollten, beginnt eine Zeit der Ungewissheit für die Patienten. Trotz Aufklärung und Wissen über den Verlauf sind hier immer wieder Unsicherheiten zu beobachten, die psychische Führung und beruhigende Ansprache erfordern. 17.2.1

Vorübergehender Haarausfall (temporäres Effluvium)

Die transplantierten Follikular Units enthalten meist 1–3 Haarwurzeln. Die kurz über Hautniveau herausragenden Haarstoppeln sind nach Ablösen der Krusten anfänglich sehr gut sichtbar und auch als Stoppeln fühlbar. Durch Rückgang der allgemeinen Schwellungen wachsen sie scheinbar noch um 1–2 mm. Das wird von den Patienten mit Euphorie aufgenommen. Sie wissen durch die präoperative Aufklärung, dass transplantierte Haare erst einmal ausfallen und das eigentliche Haarwachstum erst nach 2–3  Monaten beginnt. Trotzdem wird allgemein geglaubt, dass dies im individuellen Fall nicht eintreten wird. Tatsächlich wachsen einige wenige Haare permanent weiter, geschätzt 5  %. Besonders bei Augenbrauen- und Barttransplantation ist wegen der guten Revaskularisation und des schnellen Abklingens von Hämatom und Schwellung oftmals ein permanentes Nachwachsen der Haare ohne Effluvium möglich.

171 17.2 · Periode bis zum Haarwachstum

!!Cave Trotz milder und pH-neutraler Shampoos, allgemein gut verträglichen Hautpflegeprodukten, kann es bei wenigen Patienten zu allergischen Reaktionen auf Inhaltsstoffe dieser Produkte kommen. Das zeigt sich in zu- statt abnehmender Hautrötung, manchmal Juckreiz, Brennen und Hauterosionen. Bei Verdacht auf allergische Hautreaktion sollen alle Produkte für 7–14  Tage ausgesetzt werden. Danach soll möglichst ein Produktwechsel oder Minimalanwendung erfolgen. ..      Abb. 17.5  Gelegentlich senden Patienten Fotos von sich ablösenden Krusten mit der Frage, ob sich darin auch Haarwurzeln befinden. Das ist hier nicht der Fall und man sollte beruhigend antworten, dass alles normal verläuft

Im Bereich der Kopfhaut setzt der Haarverlust vereinzelt bereits mit Ablösen der Blutkrusten ein. Einige Patienten betrachten die Krusten fälschlich als Haarwurzeln und fragen beunruhigt an, ob das nicht Transplantate sind, die nun abfallen. Das ist meist nicht der Fall, weil Haarwurzeln ab dem 5.  postsoperativen Tag fest in die Hautschichten eingewachsen sind (. Abb. 17.5).  

>>Abgelöste Krusten mit darin enthaltenen Haaren beunruhigen oft die Patienten. Sie vermuten abgestorbene Haarwurzeln in den Krusten. Diese sind jedoch nach 5  Tagen fest eingewachsen und können beim Haare waschen nicht mehr dislozieren.

Die nächste Problemphase beginnt für Patienten, wenn zwischen der 2. und 6.  postoperativen Woche dann doch entgegen eigener Erwartung die meisten Haarstoppeln beim Haare waschen ausfallen. Zurück bleibt eine oft glatte, manchmal auch etwas uneben und leicht gerötete Kopfhaut. Diese kann mit adstringierenden Cremes oder Lotion abends gepflegt werden, am nächsten Morgen erfolgt dann die säubernde Haarwäsche. Die Prozedur kann so lange wiederholt werden, bis die Kopfhaut wieder glatt und reizlos ist.

17.2.2

Taubheitsgefühl, Parästhesien

Taubheitsgefühl und Missempfinden operierter Bereiche der Kopfhaut, manchmal auch nicht transplantierter Gebiete durch Unterbrechung von sensiblen Leitungs­ bahnen, klingen bei den meisten Behandelten innerhalb von 2 Wochen ab. Bei wenigen Patienten können Parästhesien länger sistieren, in wenigen Fällen bis zu einem Jahr und länger andauern. Beobachtet wurde hierbei aber stetig die vollständige Reversibilität der Störung. Die Besserung wird von den Patienten so beschrieben, dass die Störgrenzen von außen nach zentral kleiner werden. Am Ende ist nur noch ein kleines zentral gelegenes Hautgebiet betroffen, alle anderen Bereiche wieder normsensibel. Diesen Verlauf soll man den betroffenen Patienten erklären, damit ihnen die verständliche Beunruhigung genommen werden kann. Außer physikalischen Möglichkeiten, wie anregende Kopfhautmassage nach dem Haare waschen und vielleicht Vitaminergänzung, wird keine Therapie benötigt. 17.2.3

„Shock-loss-Phänomen“

Als „Shock-loss-Phänomen“ bezeichnet man das temporäre partielle als auch komplette Effluvium aller Haare im Transplantationsgebiet, selten auch im Spenderhaargebiet. Der Haarausfall der ursprünglich noch vor-

17

172

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

handenen Resthaare erklärt sich durch die stark oder weniger stark gestörte Vaskularisation und Revaskularisation im Operationsgebiet. Der Wachstumszyklus wird unterbrochen, die Haarwurzeln wechseln in die Ruhephase. Nach etwa 3 Monaten erfolgt der Re-Start mit der Anagenphase. >>Das Risiko für „Shock-loss“ ist erhöht, wenn zwei Faktoren beim Patienten zutreffen: Alter >45  Jahre und starker Nikotinabusus (meist mehr als 15–20  Zigaretten pro Tag).

Außerdem tritt das Phänomen kausal mit der Zunahme der Invasivität eines Eingriffs auf. Weiterhin wird postuliert, dass das Risiko steigend mit der Zahl der Eingriffe wegen Zunahme der Mikrovernarbungen und damit verbundener Minderdurchblutung einhergeht. 17.2.3.1

17

„Shock-loss-Phänomen“ im Donorareal

Mehrfache Streifenentnahmen führen zu verstärkter Narbenbildung und Zunahme der Hautspannung. Das kann individuell sehr verschieden sein, hängt von der Dimension des Hautstreifens und der Stärke der Narbenbildung ab. Wenn nach mehrzeitiger Stripentnahme ausgiebig nach kranial und kaudal mobilisiert wurde, um einen möglichst noch spannungsfreien Wundverschluss zu erreichen, dann sind die durch Mobilisation unterminierten Hautareale temporär mangeldurchblutet. Die nach 5–20  Tagen erst vollständig abgeschlossene Revaskularisation führt oftmals zum Haarausfall ober- und unterhalb der Hautnaht. Die betroffenen Flächen sind umso größer, je ausgiebiger mobilisiert wurde. Negativ unterstützend wirken hier Faktoren wie Rauchen und höheres Alter. Der seitliche Haarkranz ist seltener betroffen, weil dort nur maximal 1–2  Streifenentnahmen möglich sind. Meist wird im mittleren okzipito-nuchalen Abschnitt mobilisiert. Das ist deshalb der häufigste Lokalisationsbereich für „Shock-loss“ im Donorareal.

>>Bei FUE-Patienten, deren Spendergebiet komplett auf 1  mm kurz rasiert wurde, und nur punktuell mit Durchmessern unter 1  mm entnommen wurde, wird „Shock-loss“ höchstens als verzögertes Nachwachsen der Resthaare wahrgenommen. Hier läuft die Problematik selten und kaum wahrgenommen ab.

17.2.3.2

„Shock-loss-Phänomen“ im Transplantationsgebiet

Das Phänomen wird nur dann beobachtet, wenn die Haartransplantation bei noch bestehendem langem Resthaar als Verdichtung erfolgte. Denn nur dann bemerken Patienten den progredienten Haarausfall dieser langen Haare in der 4.–8. postoperativen Woche. Das kann ein dramatischer Verlauf sein, wenn der Patient präoperativ nicht darauf eingestellt wurde. Besonders Verdichtungsoperationen bei Frauen mit langem Haar stehen hier im Fokus. Diese Frauen sind explizit darauf hinzuweisen, dass es im schlimmsten Fall zum, zwar vorübergehenden, aber manchmal völligen Haarverlust im Behandlungsbereich, ähnlich wie bei einer Chemotherapie, kommen kann. Auch Männer mit hoher Resthaardichte vor einer Verdichtungstransplantation können betroffen sein. Wenn sie aus persönlichen Gründen die Verdichtung in langes Haar wünschen, mehrmals bereits transplantiert sind, dann ist das Risiko für „Shock-loss“ hoch. Besser ist die Situation bei FUE-Patienten, wenn alle Haare am Operationstag komplett auf 1  mm Länge gekürzt wurden. Hier wird das „Shock-loss-Phänomen“ im Prinzip gar nicht wahrgenommen, weil transplantierte und noch vorhandene Haare gemeinsam, wenn auch teilweise etwas verzögert nachwachsen. 17.2.4

Beginnender Haarwuchs nach Transplantation

Alle Haarwurzeln der Transplantate durchlaufen ab dem Entnahmeprozess bis zur beginnenden Revaskularisation nach 3–5 Tagen

173 17.2 · Periode bis zum Haarwachstum

postoperativ eine hypoxische Phase, inklusive Nährstoff-, Elektrolyt- und Mineralmangel. Deshalb unterbrechen sie jede Phasenaktivität und stoßen das Haar ab, was 3–6 Wochen postoperativ registriert wird. Erst nachdem sich bei ausreichender Blutversorgung die Haarwurzeln regenerieren konnten, setzt der nächste Wachstumszyklus, die Anagenphase ein. Weil durch besondere innere und äußere individuelle Umstände bei der Transplantation nicht alle Wurzeln optimal versorgt und revaskularisiert werden, kann man nicht von einem 100 %igen Erfolg der Haartransplantation sprechen. Individuell verschieden beträgt die Wiederwachstumsrate verpflanzter Haarwurzeln in der Regel zwischen 70 % und 95 %. Ursachen für verminderten Haarwuchs nach Transplantation können sein: 55 Austrocknung, Überhitzung, mechanische Schädigung der Transplantate, 55 starke Minderdurchblutung des Empfängerareals durch zu dicht gesetzte Empfängeröffnungen, zu große Empfängeröffnungen, Zerstörung zuführender Gefäßversorgung durch zu tiefes Arbeiten ohne Tumeszenz, 55 starke Hämatombildung mit Abflussbehinderung, Transplantationsgebiet „schwimmt“ wie ein freies Hauttransplantat auf dem Hämatom, 55 Nekrosen wegen lang andauernder Durchblutungsstörungen, 55 meist lokal begrenzte Entzündungen durch Behinderung des Talgabflusses wegen starker Narbenbildung, 55 lokal begrenzte Entzündungen durch Doppeltransplantation und iatrogene Dislokation des Ersttransplantats ins Subkutangewebe, weitaus komplikationsträchtiger bei subgalealer Dislokation, 55 generalisierte und nicht umschriebene Infektion, selten, bei multipel vorgeschädigten Patienten (Abwehrschwäche, multimorbide) möglich. Der beginnende Haarwuchs äußert durch einige äußere Anzeichen, wird von den Patienten aber durchaus verschieden wahrgenommen und meist wie folgt beschrieben. Ab der 8.–12.  postoperativen Woche kommt

..      Abb. 17.6  Mit beginnendem Haarwuchs zeigt sich ein insgesamt unruhiges Hautbild mit leichten Rötungen, Pustelbildung (roter Pfeil) und oberflächlich eingewachsenem Haar (schwarzer Pfeil)

es zu diskreten Rötungen der Haut, einhergehend mit Juckreiz oder kleinen Pickelbildungen. In dieser Phase durchdringt das Haar „vellushaarartig“ die Haut. Bei fester Haut ist der Vorgang erschwert, es kann vermehrt zu sterilen Sekretverhalten kommen. Auch temporär eingewachsene Haare können bei allgemeiner Veranlagung auftreten (. Abb. 17.6). Häufiges Haare waschen hilft, weil die Haut dadurch dünn und geschmeidig gehalten wird. Das Durchwachsen ist dadurch einfacher. Die Anwendung von Salben oder Cremes in diesem Stadium wirkt sich erschwerend auf die Hautpenetration der Haare aus, weil Cremes oder Salben die Haut ödematös verdicken.  

>>Bei beginnendem Haarwachstum, ­begleitet durch Rötungen, Juckreiz und Pickel, soll der Patient täglich Haare waschen mit einem milden, zum Beispiel kamillehaltigem, Shampoo. Dadurch hält er die Haut dünn und geschmeidig. Das erleichtert den Haarsprossen das Durchdringen der Haut.

Da alle transplantierten Haare nicht gleichzeitig mit dem Wachstum starten, dauert die beschriebene Phase 2–3  Monate an. Es können durchaus vereinzelt Haare ab dem 5–6.  postoperativen Monat nachwachsen, auch, wenn die meisten Haare bereits 1–3 cm Länge besitzen (. Abb. 17.7).  

17

174

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

vollständig entwickeln konnten. Das ist in der Regel nach 1 Jahr der Fall (. Abb. 17.8). Die Abschlusskontrolle stellt den letzten wichtigen Baustein in der Therapiekette einer Haartransplantation dar. Mit den Patienten ist ein Vorstellungstermin zu vereinbaren, bei dem der individuelle Verlauf nach der Haartransplantation dokumentiert wird. Auffälligkeiten oder für Patienten besonders angenehm/unangenehm empfundene Details werden dokumentiert. Außerdem ist eine abschließende Fotodokumentation mit Vergleich der vor der Operation angefertigten Fotos durchzuführen. Die Fotodokumentation zeigt meistens sehr eindrucksvoll, wie sich die optische Situation verbessert hat, selten aber auch die Progredienz des Haarausfalls an anderer Stelle. Wenn im Behandlungsgebiet punktuell Minderhaarwuchs erkennbar ist, kann im Rahmen der abzuschätzenden Entwicklung des Haarausfalls und eventuell weiterer Operationen dort eine Optimierung durch Verdichtung erfolgen. Die weitere Vorgehensweise hängt entscheidend von der Größe der Kahlfläche, der Prognose des Haarausfalls, dem verfügbaren Spenderpotenzial im Zusammenhang mit den möglichen Entnahmetechniken ab. Patienten mit großen Kahlflächen vom Typ Norwood 6 und 7, die mit dem Resultat der Erstbehandlung im vorderen Bereich fast immer sehr zufrieden sind, drängen meist auf eine Folgebehandlung und erwarten dann gleich gute optische Wirkungen im hinteren Bereich. Hier soll eindeutig und, wie bereits bei der Beratung erfolgt, klargestellt werden, dass die Dichtewirkung im Tonsurbereich sehr viel geringer sein wird. Außerdem reduzieren sich Qualität und Quantität an ­ Haarwurzeln mit jeder weiteren Behandlung. Gegebenenfalls kann man nach 2 oder 3 FUE-Behandlungen wegen zu starker Ausdünnung auf eine Streifenentnahme wechseln oder auch die Möglichkeit der Bart- oder Körperhaartransplantation (sofern dick und dicht) prüfen. In der Regel sind bei einem Haarkranz mit durchschnittlicher Fläche von 200  cm2 und durchschnittlicher Follikelgruppendichte von 75/cm2 1–2 Streifenentnahmen oder 1–2 FUE-­  

..      Abb. 17.7  Zwischen dem 4. und 6.  postoperativen Monat variieren die neuen Haare noch in Textur und Länge. Das Haarwachstum ist unvollständig und noch nicht abgeschlossen

Im okzipitalen Bereich (Tonsur) können die Wachstumsprozesse durchblutungsbedingt um 4 Wochen verspätet einsetzen. Allgemein kann man davon ausgehen, dass nach 5–6 Monaten alle Haare die Haut durchstoßen haben. Optisch entspricht dieses Stadium keinesfalls dem Endzustand. Patienten sind gelegentlich während dieser Zeit mit dem Resultat völlig unzufrieden, fragen bereits nach weiteren Verdichtungsbehandlungen. Das ist zu früh. Denn genau wie das Längenwachstum entwickelt sich auch das Dickenwachstum des Haares langsam. Der optische Eindruck verbessert sich wesentlich erst zwischen dem 6. und 10. Monat postoperativ.

17

>>Von der Phase des beginnenden Haarwuchses bis hin zur vollen optischen Wirkung soll 1  Jahr vergehen, weil sich das Haar nicht nur in Länge, sondern auch in Dicke und Textur entwickeln muss. Deshalb sollen Folgeoperationen nicht vor dem 10., besser nach dem 12.  postoperativen Monat, also mit Jahresfrist oder später stattfinden.

17.3

Abschlusskontrolle, Perspektiven

Die Abschlusskontrolle soll dann stattfinden, wenn kein Nachwachsen von Haaren mehr erfolgen kann, wenn sich die transplantierten Haare in Länge, Dicke und Textur wieder

175 17.3 · Abschlusskontrolle, Perspektiven

a

d

b

17

c

e

..      Abb. 17.8 Dokumentation a, c vor und b, d nach erfolgter Haartransplantation mit 2600 Transplantaten. e Das Spenderareal bleibt auch nach Einzelentnahme

von 2600  Follikular Units bei einer Haarlänge von 0,5–1 cm unauffällig und weist keinerlei sichtbare Narben auf

Entnahmen mit Transplantatzahlen in Summe von 4000–6000 (±) sicher möglich. Besteht keine Angst vor strichförmiger, u.  U. sichtbarer Narbe bei Glatze, ist die Kombination von zunächst Streifen-, nachfolgend FUE-Technik die optimale Lösung für größere Kahlflächen. Vorteil der Streifentechnik ist die kleinere totale Narbenfläche, Nachteil der sichtbare lineare Narbenverlauf bei Kahlrasur. Vorteil der FUE-Technik sind die kaum oder gar nicht sichtbaren punktförmigen Narben bei Kahlrasur, die geringere Belastung des Patienten bei der Operation. Die totale Narbenfläche ist dagegen sehr groß und kann

Schwierigkeiten bei Folgeentnahmen in FUE-­ Manier verursachen. Nachteil ist die nach 2–3 Behandlungen sichtbare Ausdünnung des Haarkranzes. Je kürzer das Resthaar geschnitten wird, desto dünner sieht der Haarkranz aus. Alternativen sind hier die optische Camouflage durch temporäre Farbangleichung (Puder) oder permanente Skalpmikropigmentation (SMP). Mit zunehmender Operationserfahrung wird es für viele Patienten ausreichend Optionen geben, das Haarkleid blickdicht zu rekonstruieren. So ist die Entnahme von Körperhaar zur allgemeinen Verdichtung transplantierter

176

Kapitel 17 · Postoperativer Verlauf

­ lächen möglich. Die Priorisierung wäre hier F Bart- vor Brusthaar. Andere Körperhaare von Extremitäten spielen eine marginale Rolle, da sie meist sehr fein sind und wenig Längenwachstum zeigen. Rückenhaar ist technisch sehr schwer zu entnehmen. Körperhaartransplantate sind niemals primär einsetzbar. Auch im Haaransatzbereich haben Körperhaare nur dann eine Berechtigung, wenn dadurch eine besonders feine Federzone geschaffen werden kann und andere Haarfollikel ein zu kräftiges Wachstum implizieren.

17

Es obliegt dem Arzt mit seiner Erfahrung, wie und in welchem Umfang weitere möglichst effiziente und erfolgreiche Behandlungsschritte eingeleitet werden können. Dem Arzt obliegt auch die sensible psychische Führung für die Fälle, wo eine Weiterbehandlung nicht mehr sinnvoll erscheint. >>Ärzte müssen Grenzen des „Machbaren“ bei Haarpatienten erkennen und diese sensibel psychisch führen, damit das Ende der Behandlungsmöglichkeiten akzeptierbar wird.

177

Problemlösungen Inhaltsverzeichnis 18.1

Empfehlungen zur Problemlösung – 178

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_18

18

178

Kapitel 18 · Problemlösungen

18.1

Empfehlungen zur Problemlösung

diese kurz erörtert und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden (. Tab.  18.1). Es handelt sich um Empfehlungen, die sich bewährt haben, die den Arzt in seiner ­ Freiheit der eigenen Entscheidung nicht ­ einschränken. Eine Garantie auf Voll­ ständigkeit und Richtigkeit kann nicht gegeben werden.  

Sowohl im Vorfeld, bei der Behandlung selbst und auch im postoperativen Verlauf können Probleme verschiedener Art auftreten, die besonders Anfängern Schwierigkeiten bereiten können. Im Folgenden sollen

..      Tab. 18.1  Empfehlungen zur Problemlösung Probleme

Ursachen

Lösung

Hohe Erwartung an das Resultat

Unrealistische Versprechen im Internet, falsche Vorstellungen

Aufklärung, bei Uneinsichtigkeit oder Nichtverständnis HT besser ablehnen

Wunsch nach sehr tiefem Haaransatz

Falsche Vorstellungen oder ethnische Besonderheiten

Kompromissversuch, sonst HT ablehnen

Kahlfläche über 250 cm2, Spenderpotenzial gering

Ungünstige anatomische Voraussetzungen, Vererbung, AGA-Typ 7

Teillösung möglich, ggf. Reduktion okzipital, HT nur vorn im Kommunikationsbereich, bei Zweifel besser keine HT

Panik vor Lokalanästhesie

Manifeste Angststörung, negative Erfahrungen

Keine HT oder i.v.-Narkose mit Anästhesisten

Kollaps oder Kollapsneigung nach LA

Allgemeine Unruhe im Team, Unsicherheit des Arztes spürbar, zu schnelle Injektion, Adrenalinwirkung

Psychische Führung, Sicherheit vermitteln, Sedierung, Geduld. Geringe Menge Cola oder Wasser trinken lassen, Schocklagerung, ggf. Sauerstoffsonde, i.v.-Zugang, ggf. Infusion geringer Mengen Ringerlösung

Anaphylaktischer Schock vom Soforttyp

Medikamente

1 g Kortison i.v., Infusion, Erste-Hilfe-­ Maßnahmen nach Bedarf, Sauerstoffsonde

Starke Blutungen aus verletzten Gefäß-/Nervenbündel

Zu tiefe Inzision, Galeaverletzung oder Durchtrennung, Regel: „don’t touch the galea“

Tumeszenz, um auf „Wasserpolster“ zu operieren. Blutstillung bipolar, Umstechung mit resorbierbarem Faden 4×0

Wundränder schwer oder nicht adaptierbar

Hautstreifen zu breit, meist >1,5 cm; falsche Einschätzung der Hautspannung, feste Haut, Vernarbungen nach Voroperationen

Hylase Dessau injizieren. Vorsichtige Wundrandmobilisation ohne Galeaeröffnung dicht unterhalb der Wurzeln, Mobilisation nach kaudal effektiver als nach kranial, feine Tuchklemmen zur temporären Adaptation 30 Minuten warten, danach Hautklammern

Faden reißt aus der Haut aus, Dehiszenz

Wundspannung zu hoch, sehr weiche Haut

Hautklammerung und/oder Einzelknopfnähte, ggf. Donati-­Rückstichnähte oder Flaschenzug-Naht

Ärztliche Beratung

Präoperative Phase

Streifenentnahme, FUT

18

18

179 18.1 · Empfehlungen zur Problemlösung

..      Tab. 18.1 (Fortsetzung) Probleme

Ursachen

Lösung

Postoperativ nach Streifenentnahme Wundschmerz im Donorgebiet in erster postoperativer Nacht

Hautschnitt, Koagulation, zu feste Hautnaht, überflüssige Subkutannähte mit steifen, monofilen, resorbierbaren Fäden

Analgetika wie Novalminsulfon, kombiniert mit Diclophenac, Ibuprofen, u. U. auch Tramadolhydrochlorid per os

Nachblutung aus verschlossener Wunde, Absonderung von Tumeszenz-Blut-Gemisch

Blutstillung unvollständig, Nachwirkung der Tumeszenz, normale seröse Absonderung bis 24 Stunden postoperativ

Leichter Druck mit Stirnband, zirkulär leichter Druckverband für eine Nacht, lokal Jod-Kollodium

Hämatom im Donorgebiet bzw. Nackenbereich

Unzureichende Blutstillung, allgemeine Nachblutung

Spontanremission, kühlen, Arnika lokal oder systemisch, Heparingel lokal

Manifeste Infektion der Donorseite, nach frühestens 3–5 Tagen eitrige Absonderung, infiziertes kavernöses Hämatom (sehr selten)

Unsteriles Arbeiten, kontaminierte Instrumente, zu viel Nahtmaterial, traumatisches Operieren, Spannungsnaht, Nekrosen durch Elektrokauter; Abwehrschwäche durch Vorerkrankungen, starke Raucher >45 Jahre

Wundspülung (NaCl 0,9%, Wasserstoffperoxid 1–3%), systemisch Antibiotika (Doxycyclin 2×100 mg für 7 Tage), keine operative Wundrevision, konservativ abheilen lassen so lange lokal begrenzt, Narbenkorrektur ab 6 Monate postoperativ mit fraglichem Erfolg, besser belassen und FUE in Narbe

Temporäre Sensibilitätsstörungen nach Stripentnahme (bis 12 Monate)

Traumatisierung intraoperativ durch Nähte oder Koagulation, Nerventraumatisierung

Spontanremission, B-Vitamine per os, Kopfhautmassagen

Permanente Sensibilitätsstörung und Parästhesien der Donorseite (selten)

Intraoperative Durchtrennung großer sensibler Nervenäste ohne Möglichkeit der Kollateralbildung

Spontanremission bis zu 24 Monate, Geduld, operative Revision nicht möglich, physikalische Maßnahmen

Narbendehiszenz, Breitnarbe, Narbe mit Strickleitermuster, „Abnäher“, nicht mit Keloid verwechseln!

Spannungsnaht, zu tiefe durchgreifende Naht mit Nekrosen angrenzender Haarfollikel, falsche Inzisionsrichtung bei Stripentnahme, weiche Haut junger Patienten, Elastosis cutis, Zustand nach Revision aufgrund einer Infektion

Narbenkorrektur nur bei Aussicht auf Erfolg (keine Elastosis cutis, keine Spannungsnaht), besser FUE-­ Retransplantation in Narbe, alternativ Skalpmikropigmentation (SMP)

Echtes Narbenkeloid nach Streifenentnahme

Veranlagung (Anamnese), Spannungsnaht, schwarze Haut häufiger betroffen als weiße

Narbenrevision ohne Spannung als Voraussetzung, nur Hautnaht oder Klammern, Depotkortikoid in LA mischen, postoperative Radiatio (Radiologe)

Unzureichende LA, zu tief und nicht in richtige Schicht injiziert, Einwirkzeit zu kurz bemessen

Nachinjekton, zum Beispiel Quaddeln mit Ultracain DS forte oder Septanest mit Adrenalin 1:100.000 in Problemzonen, 10 Minuten warten

Einzelentnahme, FUE Intraoperativer Restschmerz im Nacken und postaurikulär nach eingebrachter LA

(Fortsetzung)

180

Kapitel 18 · Problemlösungen

..      Tab. 18.1 (Fortsetzung) Probleme

Ursachen

Lösung

Starke Blutungen aus den Entnahmeöffnungen

LA in falsche Schicht, zu tief injiziert, keine Tumeszenz, zu früher Beginn der Entnahme, Patient unruhig, Sedierung wirkt noch nicht

Tumeszenz mit Ringerlösung, 15 Minuten warten, Quaddeln mit LA mit Adrenalinzusatz 1:100.000, wenn starke Blutungen persistieren, Triamcinolon 20% zu 20 ml Ringerlösung, diffus infiltrieren (Cave: Wundheilung durch Kortison verzögert, Raucher)

Follikular Units reißen beim Entnehmen ab

Zu oberflächlich gebohrt, Entnahmepinzetten inadäquat, falsche Entnahmetechnik

Eindringtiefe des Punchs gering erhöhen, 2-Pinzetten-Technik bei Entnahme, vorsichtig tief und tangential am Haarschaft fassen

Follikular Units disseziert oder unvollständig, ohne Bulbus, zerrissene Units

Zu tief gebohrt, Bohrer stumpf, Reibung zu hoch, Drehzahl ändern, Haut sehr fest (Narben) oder hoher Kollagenanteil

Oberflächlicher eindringen, Punch wechseln, Drehzahl erhöhen oder erniedrigen, Haut manuell straff halten, Tumeszenz mit Ringerlösung öfter erneuern, Hylase Dessau 300 I.E. zur Tumeszenz geben

Postoperativ nach FUE: Donorseite Rötung, Wundschmerz bis 2. postoperative Woche bei abheilenden und sich lösenden Krusten

Hohe Entnahmemenge, Durchmesser der Bohrer zu groß, meist >0,9 mm außen, Allergie auf Shampoo (Waschallergie)

Adstringierende Gels oder Salben wie Hydrokolloidgel, zum Beispiel Medigel, zinkhaltige Produkte, Aloe-vera-Gel, ggf. Kortisoncremes 1%. Mehrmals 5–10 Minuten mit Eis kühlen, Haarwäsche stoppen, nach 1 Woche anderes Shampoo probieren

Starke Parästhesien wie anhaltender Schmerz, Juckreiz, Brennen, weit über 2 Wochen postoperativ und bis 8 Monate Dauer, ohne sichtbaren Befund, ggf. nur leichte Reströtung

Massive Sensibilitätsstörung wegen hoher Entnahmemenge, zu tief gebohrt, keine Tumeszenz, Phase der Revaskularisierung und Regeneration des sensiblen Nervengeflechts verzögert

Aloe-vera-Gel, Vitamin E, Zink, kamillehaltiges Shampoo, Schmerzmittel, verdünnt Triamcinolon lokal oder Betametason 1%, psychische Führung, Geduld

Überschießende Narbenbildung, massiv punktuell Keloid, über Hautniveau und konfluierend

Schwarze oder sehr dunkle Haut, (weiße Haut sehr selten), Anamnese?

Kortisoninjektionen 40%ig, zum Beispiel Triamcinolon, radiologisches Konsil mit Radiotherapie

Follikular Units schwer abgrenzbar

Clusterbildung, enger Haarstand

Vorwiegend mikroskopisch arbeiten, evtl. „Backlight“-Systeme verwenden, vorwiegend 2er- und 3er-Gruppen präparieren, da optische Wirkung am besten

Follikel kaum erkennbar

Weißes oder graues Haar, feines helles Haar

mikroskopisch präparieren, vorab überstehende Haare schwarz färben, der intrakutane Verlauf lässt sich so besser „erahnen“

Follikel kaum erkennbar

Weißes oder graues Haar, viel Kollagenfasern, wenig Fettgewebe

Mikroskopisch präparieren intraoperative Anfärbung mit 1% Methylenblaulösung

Präparation der FU bei FUT

18

18

181 18.1 · Empfehlungen zur Problemlösung

..      Tab. 18.1 (Fortsetzung) Probleme

Ursachen

Lösung

Restschmerz mediane Haaransatzspitze

Unzureichende Lokalanästhesie, falsches Mittel

zum Beispiel Ultracain DS forte oder Septanest mit Adrenalin 1:100.000 intrakutan (Quaddel setzen), 10 Minuten warten

Starke punktuelle oder diffuse Blutungen bei Anbringen der Empfängerkanälchen

Zu wenig Tumeszenz, zu wenig Adrenalin, Patient nimmt Vitamin-E-Präparate, ASS-­ Präparate, andere Gerinnungshemmer

Sanfter flächenhafter Druck, Blutung steht nach einigen Minuten von selbst, keine „Dellen“ drücken, Nachinjektion von Adrenalin; ggf. Triamcinolon 20% in 20 ml Ringerlösung als Beigabe zur Tumeszenz

Grafts schwer implantierbar

Falsches Instrumentarium, Öffnungen zu klein oder Transplantate zu groß

Kanälchen mit 11er-Skalpell zu „Slots“ erweitern, Slits erweitern zu Kreuzschlitzen (Cave: DBS), Grafts dünner präparieren (Zeitverlust)

Zunehmende Blutung im Empfängerareal

Operationszeit zu lang, nachlassende Adrenalinwirkung, Patient hat Harndrang

Toilettengang, Nachinjektion ggf. auch mit Depotkortisonzusatz, Operation zum Abschluss bringen, keine Unterbrechung durch andere Tätigkeiten, Operationsabbruch ohne vollständige Transplantation sehr ungünstig

Dislokation von Grafts während Transplantation, „Popping-Effekt“

Sehr dichte Transplantation, dickes Gewebe, zu kleine Transplantate bei zu großen Empfangsöffnungen

Vorsichtige Replatzierung mittels Mikropinzette, Schorfbildung anregen durch trockene kalte Luft (Fön), Pflasterspray, Jod-Kollodium-Lösung

Parästhesien Spender- und Empfängerareal

Traumatische Alterierung sensibler Nervenäste

Spontanremission, Massagen, Lymphdrainagen, B-Vitamine per os

Krustenbildung im Empfängerareal

Wundheilung unter Schorf

Normaler Vorgang, lokal zum Beispiel Bepanthol-Lotio, Aloe-vera-Gel 30 Minuten vor Haarwäsche, Krusten lösen sich binnen zwei Wochen

Nekrosen im Donorbereich

Traumatisches Operieren, Diabetes mellitus, starker Raucher, Wundheilungsstörung

Keine Exzision, Spülung, desinfizierende und granulationshemmende Substanzen wie zum Beispiel. Mercurochrom, unter Schorf abheilen lassen

Trockene Nekrosen im Transplantationsareal (Bild der konfluierenden geschlossenen Kruste)

Zu dichte Transplantation, zu große Empfängerkanäle bei ungenügender Tumeszenz, zu tiefe Implantationskanäle mit Schädigung tiefer Blutgefäße

Keine Nekrektomie, konservativ, lokal zum Beispiel Bepanthol-Lotio bis zum völligen Wegfall der Nekrose, ab 6. postoperativen Monat erneut Transplantation ins Narbengebiet möglich

Partielles oder totales Effluvium des Resthaares im Behandlungsgebiet bei Verdichtungsoperationen, 3.–4. postoperative Woche („Shock-loss-Phänomen“)

Operationsbedingte Durchblutungsstörung der gesamten Empfängerfläche, starke Raucher und >45 Jahre, intraoperative Kortisongabe, zu viel Lokalanästhesie mit Adrenalin, OP-Dauer >6 Stunden

Abwarten, Geduld, psychologische Führung, Spontanhaarwachstum beginnt ebenfalls wie bei transplantieren Haarwurzeln 8.–12. Woche postoperativ, abends lokal 2–5% Minoxidil auftragen

Im Empfängergebiet

Postoperative Phase

(Fortsetzung)

182

Kapitel 18 · Problemlösungen

..      Tab. 18.1 (Fortsetzung) Probleme

Ursachen

Lösung

Epithelcysten (Pseudoatherome), 8.–16. postoperative Woche

Verschleppung von Epithelanteilen intraoperativ ins Subkutangewebe oder tiefer, zu tiefe Implantation der Units unter Hautniveau, „nachstopfen“

In Lokalanästhesie Stichinzision und Marsupialisation, ggf. tief und Spreizen mit Pean-Klemmchen, keine Exzisionen wegen Follikelverlust, bei frustranem Erfolg Doxycyclin 2×100 mg für 7 Tage, danach 1×100 mg für weitere 2–3 Wochen

Spärliches, dünnes Haarwachstum ab 3. Monat, unverändert nach 12 Monaten

Geringe Implantationsdichte, traumatische Schädigung oder Austrocknung der Units bei Präparation und/oder Implantation

Noch 1–2 Monate warten, geduldige Patientenführung, B-Vitamine und Vitamin H, Verdichtungsoperation erwägen

Krauses Haarwachstum von ursprünglich glattem Haar

These: durch Innervationsverlust der Mm. arrectores pilii fehlende Vorspannung des Haares und dadurch krauses Wiederwachstum

Abwarten, meist Normalisierung bis 3 Jahre nach Operation, bei Wunsch auf sofortige Änderung nur glättende Dauerwelle oder Glätteisen möglich

DBS Durchblutungsstörungen, FU Follikular Unit(s), FUE Follicular Unit Exzision, FUT Follicular Unit Transplantation, HT Haartransplantation, LA Lokalanästhesie

18

183

Falldiskussion Inhaltsverzeichnis 19.1

Barthaartransplantation – 184

19.2

Körperhaartransplantation – 186

19.2.1 19.2.2

 rusthaartransplantation – 186 B Andere Körperbereiche – 188

19.3

Haartransplantation in Narben – 189

19.4

Haaransatzkorrektur – 190

19.5

Kopfhautreduktionen – 192

19.6

„Overharvesting“ nach FUE-Technik – 196

19.7

Tipps für die Praxis – 197

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7_19

19

184

19.1

Kapitel 19 · Falldiskussion

Barthaartransplantation

Barthaare können sowohl in andere Körperregionen transplantiert werden; Barthaare können auch mit Haarwurzeln aus dem Haarkranz ersetzt oder ergänzt werden. Besonders die Entnahme von Barthaaren aus Halsarealen mit Transplantation in die Oberlippe oder an optisch als wichtig empfundene Stellen der Wangen ist möglich. >>Autolog kann transplantiert werden von „Bart zu Bart“, „Haarkranz zu Bart“, Bart zu Kopfhaut“.

19

Erfahrungsgemäß ist derzeit der Ersatz von Barthaaren bei sekundärer narbiger Alopezie oder bei zu geringer Bartbehaarung der, am häufigsten nachgefragte, Eingriff, wenngleich das an der Gesamtklientel aller Haartransplantationspatienten in Deutschland nur marginale Bedeutung hat. Je nach Größe der zu verdichtenden oder neu zu transplantierenden Bartregion kommen Transplantatzahlen von 1000–2500 zum Einsatz. Werden Haarwurzeln aus dem klassischen Spendergebiet umverteilt, dann ist den Patienten deutlich zu vermitteln, dass diese Wurzeln vielleicht später als Ersatz verlustiger Kopfbehaarung fehlen. Das Spenderpotenzial reicht in der Regel nicht aus, um Bart und Kopfhaar zu rekonstruieren. Fällt die Entscheidung auf Bartrekonstruktion, dann reduziert sich das Spenderpotenzial erheblich, denn oft ist die gewünschte Bartdichte nicht ausreichend und eine Verdichtung muss avisiert werden. Am meisten wird eine Transplantation in Bereiche der unteren Wangen, Oberlippe, Unterlippe-Kinnspitzen-Region, Koteletten gewünscht. Am einfachsten zu realisieren ist die Umverteilung weniger Follikular Units in vernarbte Bereiche der Oberlippe nach Korrektur einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Die Narben sind meist etwas hypertroph, aber schmal begrenzt. Transplantatzahlen von 10– 50 sind ausreichend. Der Eingriff ist ideal für Anfänger, die FUE-Technik mit anschließender 1:1-Transplantation Methode der Wahl (. Abb. 19.1).  

Beim reversen Vorgehen, nämlich Barthaarwurzeln in unbehaarte Bereiche der Kopfhaut zu transplantieren, werden Barthaarwurzeln dorsal der Kinnspitze/Unterkieferspange, entnommen. Man kann dafür entweder einen spindelförmigen Streifen, bogenförmig hinter dem Unterkieferknochen verlaufend, entnehmen. Nach geringer Mobilisation wird die Wunde fortlaufend mit resorbierbarem Material der Stärke 4×0 einschichtig spannungsfrei verschlossen. Die spätere Narbe wird kaum oder gar nicht sichtbar sein. Aus dem Streifen müssen dann am Mikroskop klassisch Follikular Units präpariert werden, genau wie bei Streifenentnahme am Haarkranz. Die Akzeptanz dieses Vorgehens war wegen der Inzisionen mit Naht hinter dem Kinn immer schon gering. Auch erhält man abhängig von der Flexibilität der Haut nur zwischen 300 und 500  Transplantaten. Zum anderen hat sich seit der Möglichkeit der Einzelentnahme die Akzeptanz deutlich verbessert. Patienten sind eher bereit, Barthaare punktuell für ihren Kopfschmuck zu opfern, ohne Schnitt und mit vielen kleinen punktförmigen Narben. Die Entnahmestellen liegen hinter dem Kinnvorsprung und bleiben weitestgehend unsichtbar. Auch die Entnahme von Haarwurzeln aus dem Halsbereich, die schwierig, jedoch wegen verbessertem Equipment möglich ist, kann eine Option sein (. Abb. 19.1e).  

>>Die Entnahme eines Hautstreifens dorsal der Unterkieferspange mit anschließender Vereinzelung der Follikular Units (FUT) wird seit Einführung der Einzelentnahme von Barthaarwurzeln (FUE) so gut wie nicht mehr durchgeführt.

Sind die beschriebenen Flächen nach individueller Prüfung geeignet, lassen sich je nach Haardichte zwischen 300–1000  Follikular Units einzeln gewinnen. Sie sollen wegen der meist kräftigen, drahtigen Beschaffenheit nicht zur Rekonstruktion der Haarlinie eingesetzt werden. Zur Verdichtung des Oberkopfes oder der Tonsur bei bereits erfolgten Vorbehandlungen finden sie hervorragend Verwendung.

185 19.1 · Barthaartransplantation

a

e

b

c

d

..      Abb.  19.1 Barthaartransplantation. a Hinter dem Kinnvorsprung können in örtlicher Betäubung mit Tumeszenz Haarwurzeln entnommen werden. Die Wundheilung erfolgt sehr rasch spontan. b Die Barthaartransplantate sind meist gebogen und dürfen bei Entnahme nur oberflächlich „gepuncht“ werden, damit sie nicht durchtrennt werden. c Zur Transplantation in die narbige Oberlippe nach gut versorgter Lippen-­ Kiefer-­ Gaumen-Spalte sind hier lediglich 30  Follikular Units

erforderlich. d Die Transplantate sind an „loco typico“ platziert und benötigen keine weitere Fixierung, da vorhandene Adhäsivkräfte sofort wirken und die Wundheilung sehr schnell unter Schorf verlaufen wird. e Der gesamte Bereich hinter dem Kinnvorsprung kann anästhesiert, tumesziert und anschließend zur FUE-Technik genutzt werden. Je nach Qualität und Haardichte lassen sich bis zu 1000 Follikular Units gewinnen; hier wurden 600 Transplantate entnommen

Barthaare wachsen meist einzeln und ge- kräftig und müssen demzufolge mit relativ grolegentlich in 2er-Units. Sehr selten sind 3er-­ ßen Entnahmebohrern von 0,9–1,2 mm DurchUnits zu finden. Dafür sind die Barthaare sehr messer „gepuncht“ werden. Je besser das Ge-

19

186

Kapitel 19 · Falldiskussion

biet tumesziert ist, desto einfacher die Entnahme. Mit normal rotierendem Bohrer soll sehr oberflächlich nur die Haut durchdrungen werden. Die Unit selbst lässt sich so-

dann sehr leicht mittels 2-Pinzetten-­ Technik extrahieren. Das ist ein Vorteil des sehr weichen Gewebes dieser Region. Falls man mit dem Trivellini-System arbeitet, ist die Entnahme ohne Probleme mit 100  ms Rotation und 200  ms Mamba-Modus zu empfehlen, bei einem Punchtyp von 1,0  mm TF („Trivellini Flaired“; . Abb. 19.2, 19.3, 19.4, 19.5, 19.6, 19.7).  

19.2

..      Abb. 19.2  Es besteht der Wunsch, die periorale Region zu verdichten. Zum einen soll der Oberlippenbart verstärkt werden, zum anderen sollen die kahlen „Dreiecke“ im Unterlippenbereich atypisch aufgefüllt werden. Die Areale wurden unmittelbar präoperativ blau angezeichnet

Körperhaartransplantation

Neben Barthaaren kommen durch die Möglichkeit der Einzelentnahme auch andere Körperhaare zur Umverteilung in Betracht. Körperhaare, gleich welcher Lokalisation, eignen sich nur zur Transplantation, wenn sie kräftig und drahtig, nämlich optisch wirkungsvoll wachsen. Auch ein gewisses Längenwachstum soll reproduzierbar sein. Wenn Körperhaar dünn und vellusartig wächst, dann wird es auch in den Empfängergebieten dünn und vellusartig wachsen und somit kaum oder verschwindend gering eine optische Wirkung entfalten. Aufgrund dieser Tatsachen nimmt die „Body-Hair-­ Transplantation“ (BHT) nur einen marginalen Anteil ein. 19.2.1

Brusthaartransplantation

..      Abb.  19.3  Die FUE erfolgt weitestgehend an den seitlichen Halspartien, die Fläche hinter dem Kinn bleibt wegen problemloser Entnahme unberührt. Es wurden 500 Units gepuncht

Nur sehr wenige Patienten entscheiden sich für die Entnahme von Brusthaarwurzeln, um transplantierte Oberkopfbereiche zu ver-

..      Abb. 19.4  Die Analyse ergibt 385 1er-Units, 55 2er-­ Units und 2 3er-Units. Somit können in die bezeichneten Stellen 442  Grafts implantiert werden. 58  entnommene

Units wurden ausgesondert, weil teilweise beschädigt oder unvollständig. Der Effizienzindex beträgt somit 88,4  %. Das ist bei Bartentnahme ein akzeptables Resultat

19

187 19.2 · Körperhaartransplantation

a

b

nach kompletter Transplantation. Die Haut ist bereits ..      Abb.  19.5  Periorale Transplantation. a Situs nach Entnahme und bei Zustand nach angelegten Graft-­ verkrustet und alle Transplantate sind durch den Wundschorf gut fixiert Empfängeröffnungen im bezeichneten Bereich. b Situs

..      Abb. 19.6  Der gleiche Patient stellt sich 1 Jahr nach Barthaartransplantation in die periorale Region zur Kontrolle vor. Die Transplantate produzieren gleichmäßig Haarwuchs. Der vom Patienten gewünschte Effekt der Verdichtung wurde erreicht

dichten. Hier ist die genaue Prüfung der Haut- und Haarbeschaffenheit wichtig. Nur bei sehr kräftigem, drahtigen Brusthaar, was bei Entnahme robust beansprucht werden kann und wo wenig Transsektionen zu erwarten sind, ist eine Umverteilung sinnvoll. Sehr dünnes und feines Brusthaar wirkt optisch nicht zufriedenstellend. Die Haut soll nach Lokalanästhesie mit Tumeszenz verfestigt werden, damit Rotations- und Reibungskräfte minimiert werden. Der flache Austrittswinkel von Brusthaaren (kleiner 20°) zwingt zum flachen „Anbohren“ der Hautoberfläche. Zu tiefes Eindringen des Hohlbohrers zerstört Follikel. Vorwiegend werden Einzel-, selten Zweier- und Dreiergruppenhaare gewonnen. Bei entsprechender Übung und mit geeignetem Instrumentarium

..      Abb. 19.7  Der Bartwuchs hinter dem Kinn ist unverändert stark und die Entnahme aus den seitlichen Halsbereichen nicht sichtbar. Optisch resultieren trotz Fehlens von 500 Units keine Veränderungen

19

188

Kapitel 19 · Falldiskussion

a

b

..      Abb.  19.8 Brusthaarentnahme. a Typische Stellen zur Brusthaarwurzelentnahme. Tumeszenz erleichtert den Entnahmevorgang und beschleunigt die Wund-

lassen sich zwischen 1000 und 1500 intakte Brusthaargruppen in 1–3 Stunden gewinnen. Länger sollte die Entnahmeprozedur nicht dauern. Die Wundheilung verläuft innert einer Woche problemlos unter Schorf. Die feinen Narben sind später kaum oder gar nicht für den Laien erkennbar (. Abb. 19.8). Anfängern wird eine Probetransplantation empfohlen, um die Qualität der Follikular Units zu beurteilen und um Handling und Ausbeute zu kalkulieren. Wenn 50 Probeentnahmen fast ausschließlich brauchbare, unbeschädigte Follikel liefern, dann ist eine FUE im Brusthaarbereich möglich. Wegen der geringen optischen Wirkung müssen Transplantationen mehrfach geplant werden (. Abb. 19.9 und 19.10). Noch seltener ist der Wunsch nach mehr Brusthaar. Prinzipiell ist auch hier die Umverteilung aus dem Haarkranz in Brustbereiche, zum Beispiel Sternum und darüber kranial gelegene Zonen, möglich. In der Regel sind dabei 1200–1500  Transplantate erforderlich. Weil die Follikeldichte wegen des flachen Austrittswinkels gering ist, sind 5–15  Grafts pro cm2 ausreichend. Verdichtungen sind möglich.

heilung. b Die punktförmigen Narben nach Brusthaarfollikelentnahme sind für den Laien kaum oder überhaupt nicht sichtbar



..      Abb.  19.9  Typische Brusthaartransplantate in vorwiegend 2er-Units, mit leicht gebogenem Haarschäften, was charakteristisch für welligen oder krausen Haarwuchs ist. Diese Units sind für eine Transplantation sehr gut geeignet



19 19.2.2

Andere Körperbereiche

Noch schwieriger als Brusthaarentnahmen gestalten sich die Exzisionen von Follikular Units im Bereich des Rückens und der

..      Abb.  19.10  Wegen erschöpfter Spenderfläche wurden hier Brusthaare in die sehr große Tonsur umverteilt. Optisch ist besonders hier nur ein sehr schütteres Resultat möglich, mindestens 1–2 Verdichtungsbehandlungen müssen geplant werden

189 19.3 · Haartransplantation in Narben

Extremitäten. Der Rücken ist bei vielen männlichen Patienten mit androgenetischer Alopezie stark behaart, weshalb die Haarwurzelentnahme dieser Region oft nachgefragt wird. Die Rückenhaut ist sehr fest, die Dermis ist dick und mit sehr vielen Kollagenstützfasern versehen. Das erschwert die Entnahme extrem. Außerdem sind Rückenhaarschäfte oft gekrümmt, ähnlich afro-krausem Haar. Dem Anfänger und auch dem erfahrenen Operateur ist eine Probeentnahme zu empfehlen. Danach muss man für sich selbst entscheiden, ob Rückenhaarwurzeln in größerer Zahl ohne Probleme exzidierbar sind. Wegen der geringen Haarlänge muss zur Gewährleistung des optischen Erfolgs eine Zahl von >1000 pro Sitzung avisiert werden. Ohne Tumeszenz und Beigabe von Hylase Dessau ist die Entnahmeprozedur erschwert. Rückenhaare eignen sich allenfalls zur Verdichtung in bereits mit Kopfhaar transplantierte Bereiche. Haarwurzeln von Extremitäten zu entnehmen, ist sehr erfahrenen Operateuren vorbehalten. Die Haut ist oft sehr dünn, darunter liegende Strukturen können leichter als in anderen Regionen verletzt werden und die Haarqualität ist bei den meisten europäischen Patienten unbefriedigend dünn und damit optisch unwirksam. >>Eine „Body-Hair-Transplantation“ (BHT) ist allenfalls als Reservebehandlung bei erschöpfter klassischer Spenderfläche (seitlicher und hinterer Haarkranz) in Erwägung zu ziehen. Körperhaare eignen sich nur zur diffusen Verdichtung bereits transplantierter Bereiche. Im Gegensatz dazu haben Barthaare meist eine hervorragende optische Wirkung und zeigen sehr gutes Längenwachstum. Sie sollen wegen Struktur- und Texturunterschieden ebenso nur zur Verdichtung operierter Bereiche eingesetzt werden.

19.3

Haartransplantation in Narben

Narben sind in der Regel schlechter durchblutet als die normale Kopfhaut. Bei der Untersuchung ist zunächst zu prüfen, ob es

sich um oberflächliche und umschriebene Narben handelt, zum Beispiel nach Verletzung, und damit die Blutversorgung über das weitestgehend normal erhaltene subkutane Gewebe möglich ist. Ist das der Fall, dann ist mit einer sehr guten Erfolgsquote durch Haarwurzeltransplantation zu rechnen. Sind durch Narbenbildung alle Hautschichten bis zur Galea betroffen, dann wird auch die Wuchsrate der Transplantate geringer sein als auf normal durchblutetem Gewebe. Hier soll bereits im Vorfeld mit 2–3 Behandlungen im Halbjahresabstand kalkuliert werden. Der positive Effekt bei Folgebehandlungen ist das sogenannte Antrainieren der Mikrovaskularisation in Narben durch den mechanischen Operationsreiz und die dadurch induzierte Heilungsreaktion. Handelt es sich um sehr dünne Narbenschichten ohne Untergewebe, zum Beispiel Hautersatz durch Spalthaut nach thermischer Schädigung, dann ist auch hier mit einem Wachstum der feinen Haarwurzeltransplantate zu rechnen, weil 3 % Blutversorgung von der Schädelkalotte heraus ausreichend für ein Anwachsen der Grafts sind. Dünne Spalthautnarben profitieren zudem von einer Unterfütterung mit Eigenfett 4–6 Wochen vor der Haartransplantation. Das Eigenfett muss sparsam unterfüttert werden, um Zysten oder Fettzellnekrosen zu vermeiden. Bei festen und dicken, schlecht durchbluteten Narben empfiehlt sich zum Anbringen der Empfängeröffnungen die Mikroholestechnik. Durch Hohlbohrer mit Durchmesser 0,7– 0,8 mm wird ein Blutsog in den Bohrkanal induziert, sodass die Ernährung der Follikular Units sichergestellt ist, bis nach etwa 5 Tagen die Mikrovaskularisation reorganisiert ist (. Abb. 19.11).  

!!Cave Das Anbringen von Slits oder Nadelstichen als Empfängeröffnungen in feste Narben ist ungünstig und nicht zu empfehlen, weil durch die feste Narbenumgebung Druck auf die Haarwurzelzellen einwirkt und die Wachstumsrate sinken kann.

19

190

Kapitel 19 · Falldiskussion

..      Abb.  19.11  Nach chirurgischer Intervention und Radiatio wird das haarlose parietale Areal im vorderen Bereich mit Mikroslits zur Aufnahme der Transplantate versorgt. Hier ist die Durchblutung und Gewebebeschaffenheit in Ordnung (Blaufärbung). Nach dorsal bestehen starke Vernarbungen mit Vaskularisationsstörungen, weshalb dort die Empfängeröffnungen für die Follikular Units durch Mikroholes realisiert werden

Auch auf Narben wachsen Haarwurzeltransplantate an. Die Wachstumsrate ist abhängig von der Fläche und der Tiefenausdehnung der Narben. Folgeoperationen zur Verdichtung sind einzuplanen. >>Zum Anlegen der Graft-­ Empfängeröf­ fnungen ist die Mikroholestechnik am besten geeignet.

Wenn die Narben gut begrenzt, relativ klein und auf dem Untergewebe gut verschieblich sind, kann vorab eine Narbenreduktion in Betracht gezogen werden. Dazu gehört Erfahrung, denn diese Maßnahme ist nur zu empfehlen, wenn sie Erfolg verspricht. Eine Narbenverkleinerung ist immer dann effektiv, wenn mangels Spenderfläche nur wenig Haartransplantate für eine große Narbenfläche zur Verfügung stehen (. Abb. 19.12).  

19.4

19

Haaransatzkorrektur

Der Haaransatz, die sogenannten Geheimratsecken und die parietal angrenzenden Temporal Points bilden den am meisten sichtbaren und sensibelsten Bereich der Kom­ munikationsebene. Fehler bei der Transplantation sind hier sofort erkennbar, vor allem je dunkler das Haar und je heller die Haut ist. Man spricht von unnatürlichem Aussehen, wenn:

55 ein starker linearer Verlauf des Haaransatzes (wie mit dem Lineal gemalt) nach dem „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ erkennbar ist, 55 Haarbüschel im Sinne eines Puppenkopfoder Strandhafereffekts einzeln erkennbar sind, 55 Haare zu tief im Stirnbereich wachsen, egal ob einzeln oder in Büscheln, 55 die Haarwuchsrichtung steil aufgestellt ist, 55 zu dünn in großen Abständen transplantiert wurde. Korrekturen erfordern Erfahrung, vor allem bei der Gestaltung der „regulären Irregularität“ des Haaransatzes. Bei auffällig linear verlaufendem Haaransatz muss nicht zwischen vorhandenen Haaren verdichtet werden. Es sollen vielmehr Einzelhaartransplantate unregelmäßig in Spitzenverläufen 0,5–1  cm vor die zu stark projizierende Linie platziert werden. Je nach Herkunft, vor allem bei südländischen Patienten, kann auch ein eher regelmäßig gestalteter Haaransatz ästhetisch gut wirken (. Abb. 19.13). Den Büschel- oder Strandhafereffekt kaschiert man am besten durch Verdichtung mit 1er- und 2er-Haargruppen. Dicke Büschel (Plugs mit 10–15 Follikular Units) können mittels FUE-Technik (0,9–1,0 mm Bohrer) ausgedünnt werden, die gewonnenen Units werden, wenn unverletzt, in freie Zwischenräume retransplantiert. Dieses Verfahren nennt man „partielle Retransplantation“. Ein zu tief angelegter und optisch störender Haaransatz erfordert in jedem Fall eine partielle Retransplantation: Mittels FUE-­ Instrumentarium wird versucht, die unnatürlich wirkenden Haare in toto aus dem Gewebe zu entfernen. Sie werden bei Unversehrtheit in dahinterliegende Zonen replantiert. Wenn die Entnahmekanäle >Kopfhautreduktionsplastiken sind Transplantat sparende chirurgische Verfahren in Vorbereitung einer Haartransplantation. Sie verkleinern effektiv die Kahlfläche im Tonsurbereich.

19.6

19

„Overharvesting“ nach FUE-Technik

55 Haare im Haarkranzbereich länger als 2–3  cm wachsen lassen, damit Narbenlöcher weniger auffallen. 55 Umverteilung von Einzelhaargruppen aus weniger sicheren Spenderbereichen in die konfluierenden Narbenflächen, zum Beispiel sparsame und angleichende FUE-­ Umverteilung aus dem darüber gelegenen Haarkranz, aus dem Nacken, aus den parietalen Bereichen, Barthaarwurzeln verwenden. 55 „Skalpmikropigmentation (SMP): Durch Mikropunkt- oder Mikrostrichtätowier­ ung in vorhandene Narben wird eine farbliche Angleichung und Minderung des Haar-Haut-Kontrasts erreicht.

Während die Streifenentnahme (FUT) eine Was gilt es bei der Skalpmikropigmentation strichförmige Narbe hinterlässt, entstehen bei zu beachten: der Einzelhaargruppenentnahme (FUE) viele 55 Nicht selbst probieren, wenn keine Erkleine punktförmige Narben. Viele kleine fahrung vorhanden. Narbenpunkte sind in der Regel mit bloßem 55 Erfahrenen Tätowierer oder Permanent-­ Auge weniger sichtbar als ein strichförmiger Makeup-­Artist finden. Narbenverlauf. Deshalb wird die FUE-­ 55 Dunkle Farben sollen kein Eisen entTechnik seit einigen Jahren favorisiert. Je kürhalten, weil durch den natürlichen zer das Haar später im Entnahmegebiet geOxidationsvorgang nach einigen Jahren schnitten wird, desto mehr wird man eine rostrote Farbveränderungen resultieren. unnatürlich wirkende Ausdünnung erkennen. 55 Die dunkle Haarfarbe des Patienten kann Das umso mehr, je gleichmäßiger in einem mit zunehmendem Alter weiß oder hell symmetrisch umschriebenen Gebiet entwerden, dauerhaft dunkle Tätowierungen nommen wurde. Dieser Effekt wird noch verwerden dann unter Umständen sichtbar. stärkt, wenn schwarzes bzw. dunkles Haar 55 Wegen möglicher Farbveränderungen des einen starken Kontrast zur hellen Haut bildet. Tattoos aber auch des Haares wird BioDie sichtbare Ausdünnung kann optisch abfarbe empfohlen, die nach einigen Jahren gemildert werden, wenn mit sehr feinem Entwieder verblasst und resorbiert wird. Bei nahmebohrer (0,8–0,9  mm AußendurchBedarf kann die SMP dann wiederholt messer) gearbeitet wurde und wenn die werden. Entnahmedichte an den Haarkranzgrenzen reduziert wird. Bei langem Haar stellt die erhöhte Aus- >>Auch bei der schonenden FUE-Technik dünnung der Spenderfläche prinzipiell kein können große konfluierende und sichtbare optisches Problem dar. Was aber wenn der PaNarbenfelder entstehen, wenn die Haare tient sein Haar im Sinne eines „Undercuts“ zu kurz geschnitten werden. Man spricht frisiert oder gar alle Haare auf 1–2 mm Länge von „abgeernteter Spenderfläche“. Dieser schneidet? Die konfluierenden Narbenflächen sichtbare Mangel ist am einfachsten durch bilden eine deutlich sichtbare Aufhellung und längeres Haarwachstum zu kaschieren. sind somit sichtbar. Man spricht in diesem Außerdem kann eine Umverteilung aus Fall auch von „abgeernteten“ Spenderarealen. anderen behaarten Gebieten versucht werMöglichkeiten einer „Smart Repair“ deutden oder die helle Haut durch Tätowielich sichtbar abgeernteter Areale nach FUE-­ rung (SMP) abgedunkelt und an die HaarTechnik: farbe adaptiert werden.

197 19.7 · Tipps für die Praxis

19.7

Tipps für die Praxis

Die Haartransplantation ist ein kom­ plikationsarmer Eingriff in den oberen Schichten der Haut und wird deshalb von den meisten Ärzten unterschätzt. Die Tücke liegt im Detail, weil: 55 ... Haar und Haarersatz an sich ein sehr sensibles Thema sind, welches „Fingerspitzengefühl“ bei der ästhetischen Rekonstruktion erfordert. 55 … Haarpatienten sehr umfangreich beraten werden müssen. 55 … Haarpatienten teilweise vielfach verschiedene Informationen eingeholt haben und eine ehrliche, fachlich kompetente Beratung erwarten. 55 … Haartransplantationen über mehrere Stunden dauern und die Anwesenheit des Arztes erfordern, invasive Abläufe vom Arzt selbst durchgeführt werden müssen. 55 … Behandlungen in ihrer Gesamtheit nicht an Assistenzpersonal, „Flying Teams“ oder Freelancer abgegeben werden sollen. 55 … Haartransplantationen Fleiß- und Zeitarbeit bedeuten, weshalb sie nicht parallel zu anderen Praxistätigkeiten erfolgen ­sollen. 55 … Spezialisierung auf einen Schwerpunkt, zum Beispiel Haartransplantation, die beste Sicherheit für hohe Patientenzahlen und Erfolg bietet. Wenn man sich als Arzt für diese Tätigkeit entscheidet, muss dafür eine Spezialisierung erfolgen, durch Kongressbesuche, Weiterbildung mit „Hands-on-Training“ bei Spezialärzten oder Kliniken.

!!Cave Wenige Ärzte nutzen die Haartransplantation als pekunäre Quelle, ohne selbst größere Vorkenntnisse oder gar manuelles „know-how“ und technische Skills zu besitzen. Sie übernehmen lediglich Kraft ihrer Approbation die rechtliche Verantwortung für den Eingriff. Die Übertragung der eigentlichen Haartransplantation erfolgt an ein sogenanntes „Spezialistenteam“, oft aus dem Ausland. Das ist kein Kavaliersdelikt. Meist liegt keine Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit vor.

Der verantwortliche Arzt unterstützt Schwarzarbeit und illegale Berufsausübung. Muss das sein? Patienten haben ein sensibles Gespür, ob man als Arzt für die Sache an sich begeistert ist, oder ob man das Thema mehr oder weniger nur „abarbeitet“. Deshalb kann ich nur allen Kollegen, die sich für Haartransplantationen interessieren und operieren möchten, raten: Bleiben Sie authentisch und begeistern Sie sich für dieses kleine Spezialgebiet der minimal invasiven Chirurgie. Steigende Patientenzahlen kommen dadurch von allein. Nur durch regelmäßiges Transplantieren am Hauptklientel, nämlich den unter androgenetischer Alopezie leidenden Patienten, sind schwierige Patientengruppen mit Narben oder großflächigen sekundären Alopezien verschiedener Genese optimal therapierbar – und nicht umgekehrt. Zufriedene Patienten sind der beste Lohn für diese anstrengende, manchmal monoton, aber immer wieder individuell verschieden und bleibend interessant verlaufende ­Prozedur.

19

199

Serviceteil Glossar – 200 Stichwortverzeichnis – 203

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2022 F. G. Neidel, Haartransplantation, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64853-7

200

Glossar

Glossar ATP Adenosintriphosphat.

Speicherlösung, Nährlösung für Transplantate

FUI  Follikular Unit Implantation (nur selten

gebraucht). mikroskopische Vereinzelung von Haarwurzelgruppen aus einem Hautstreifen

EI Effizienzindex. Verhältnis entnommener

intakter FU’s zur Gesamtzahl der Entnahmebohrungen in % FFA frontale fibrosierende Alopezie. primär vernarbende Alopezie, irreversibles Zurückweichen der frontalen Haarlinie

FUT  Follikular Unit Transplantation. mikroskopische Vereinzelung von Haarwurzelgruppen aus einem Hautstreifen GQI Graft Quality Index. qualitative Ein-

teilung der präparierten oder einzeln entnommenen FU’s

FU Follikular Unit, Haargruppe. kleinste

anatomische Haareinheit mit meist 1–5 Haaren, auch als Graft bezeichnet

Graft Hautinsel mit Haarwurzeln; Synonym für Haarwurzelgruppe (FU).

FU’s  fu’s, Fu’s. Mehrzahl von Haargruppen

harvesting ernten, gewinnen, sammeln. Pro-

FUD Follikular Unit Density Donor. Haar-

zess der Entnahme von FU’s aus dem Spendergebiet

gruppendichte pro cm2 im Spendergebiet, gleich welcher Lokalisation

HDI Hair Density Implant. Transplantat-

FUE Follikular Unit Exzision, früher: Folli-

dichte im FUD T

kular Unit Extraktion. Einzelentnahme der Haargruppen mittels Hohlnadeln bzw. Hohlbohrern FUD  M Haargruppendichte medial. Haargruppendichte pro cm2 Spendergebiet am dorso-medialen Haarkranz, Messpunkt: mittig zwischen den Ohren

Empfängergebiet;

Synonym:

HMI  Hair Mass Index. Haarmasse pro cm2: je

näher der Zahl „1“, desto höher die Haarmasse, also dickes Haar Holding Solution Nährmedium für Transplantate mit diversen Zusätzen LPP  Lichen Planopilaris. perifollikuläre Ent-

FUD  L  Haargruppendichte

links. Haargruppendichte pro cm2 Spendergebiet links, Messpunkt 1–2 cm supraaurikulär links FUD  R  Haargruppendichte

rechts. Haargruppendichte pro cm2 Spendergebiet rechts, Messpunkt 1–2 cm supraaurikulär rechts

zündungen mit Haarverlust, wahrscheinlich Autoimmunkrankheit Minigraft Hautinsel mit Haaren, Durchmesser 1–1,5  mm. Transplantat mit 3 und mehr Haaren, kann 1–3 FU’s enthalten, d. h. Multi Unit Graft

FUD  RS Haargruppendichte „rezipient site“. Resthaardichte pro cm2 Empfängerareal, nichttransplantiertes Haar

Mikrograft Hautinsel mit Haaren, Durch-

FUD T  Haargruppendichte Transplant; Syno-

Popping „herausspringen“. intraoperative permanente Dislokation von FU’s durch diffuse Blutungen u. a. Ursachen

nym: HDI („hair density implant“). Transplantatdichte im Empfängergebiet

messer 0,8–1 mm. Transplantat mit 1–2 Haarwurzeln, meist als 1er- oder 2er-FU

201 Glossar

Punch Hohlbohrer bzw. Hohlnadel, Durchmesser in der Regel 0,7–1,2  mm. Follikular Units werden damit im Spendergebiet isoliert und später entnommen punchen bohren, Bohrvorgang an sich. ma-

TC „tricophytic closure“. Durchwachsungsnaht zum Wundverschluss nach Streifenentnahme TI Transplantationsindex. Verhältnis FUD (Spender) zu FUD T (HDI)

nuell, motorisiert, automatisiert möglich RS „recipient

site“. Empfängergebiet für Haarwurzeltransplantate Strip Hautstreifen mit Haarwurzeln. Haarwurzeln werden en bloc entnommen und mikroskopisch vereinzelt

TP  „temporal points“ bzw. „peaks“. seitliche Schläfenbehaarung, die spitz und konkav auf die Orbitaregion zuläuft

203

Stichwortverzeichnis A

D

abgeerntete Spenderareale  196 Abschlusscheck 160 Abschlusskontrolle 174 Aloe-vera-Präparate 165 Alopezie 4 –– Alopecia areata acuta  28 –– Alopecia triangularis congenita  23, 57 –– androgenetische  4, 22, 32 –– androgenetische, female type  7 –– androgenetische, male type  7 –– Frau 7 –– frontal fibrosierende  5, 24 –– hereditäre Alopecia triangularis congenita  23 –– Mann 5 –– narbige  8, 60, 189 –– primäre narbige  32 –– retrograde 7 –– Transplantationsindikation  22, 23 Articain 93 ärztliche Beratung  30 ATP 111 Aufklärungsbogen 35 Aufklärungsgespräch 31 Augenbrauen 23 Augenbrauenbehaarung 23

Dense Packings  17 Dermatologen 2 Dermatoskopie 32 DHI  111, 150, 153 Dihydrotestosteron  4, 98, 111 Diodenlicht 42 Direct Hair Implantation  150. Siehe auch DHI donuting 15 Durchwachsungsnaht 17 Dutasterid 41

E Effizienz-Index 124 Einzelentnahme 64 –– Technik (FUE)  125 Einzelknopfnaht  105, 107 Empfängerkanälchen 150 Entnahmebohrer 19 Entnahmekanälchen 118 Entnahmenadeln 19 Entnahmetechnik  19, 124, 127 Entnahmeverfahren 124 Esmarch-Handgriffs 95

F B baby face  57 Back-Light-System 107 Bartbehaare –– fehlende 23 Barthaare 184 Bartrekonstruktion 184 Befunde 31 Behandlungsablauf  33 Behandlungsfläche 48 Behandlungstag 86 Blunt Punch  116 Blutkrusten 34 Body-Hair-Transplantation (BHT)  128, 189 Botox 106 Breitnarbenbildung 105 Brillenhämatom 34 Brusthaar 186

Face-Lift 58 FFA  5, 24 Finasterid 41 Flächenanästhesie 94 Flying Teams  197 Folgebehandlung 174 Follikular Unit  16, 70 Follikulitis decalvans  24 FOX-Procedure 18 FUE-Technik  18, 65 –– mehrzeitige 65 FUT-Technik  18, 65

G Geheimratsecken  5, 57 Graftqualitätsindex  111, 120

H C CHOI-Implanter 153 Cluster 72 Clusterbildung 72 Cobble Stone Effect  15 Coup de Sabre  24

Haaransatz 44 Haarausfall 4 Haarausfalltyp 32 Haarfarbe 32 Haargruppendichtemessung 70 Haargruppenzahl 64 Haarkranz  64, 66

A–H

204

Stichwortverzeichnis

Haarlinie 44 Haarmasse 77 Haarmassenindex 32 Haarstruktur 32 Haartransplantation  14, 174 Haarwuchsrichtung 150 HABER-Spreader 101 Hair Mass  77 Hair Mass Index  77 Hämatom  34, 168 Hands-on-Training 197 Hang-over 86 Hautexpander 53 Hautklammerung  105, 164 HIV-positiver Patient  24 HMI 77 hohe Stirn  23 Hohlbohrer 111 Hohlnadel 111 Holding Solution  109, 111, 130 Hybridbohrer 116 Hydrokolloidgel 165 Hydrokolloidsalbe 120 Hylase 106 Hylase Dessau  117 Hypothermosol 111

I Implanter 153 Indikation 22 –– absolute 22 –– eingeschränkte 24 Infektion  34, 169 Infiltrationsanästhesie 94

J Juckreiz  35, 173

K Kahlfläche 43 Kalkulation  62, 65, 66 –– der Transplantate  48 –– Kosten 66 Käppchenalopezie 7 Kaudalisierung des Haaransatzes  57 Klammernaht 107 Kommunikationsebene  43, 46, 190 Komplikationen 34 Konsultationsformular 82 Kontraindikation 28 Kopfhaare 2 Kopfhaut 32 Kopfhautreduktion  51, 53 Körperhaar  66, 186 Kostenkalkulation 66 Kühlelemente 130

L Laborwerte 31 Lichen planopilaris  24 Lichen ruber  24 Lokalanästhesie 92 Lokalanästhetikum  93, 94 Low-dose-Heparinisierung 24 Low-level-Lasertherapie 41 Ludwig-Schema 8 Ludwig-Skala 32 Lupus erythematodes  24

M Makrofotoanalyse 54 Makrofotografie 32 Mamba-Modus 115 Marsupialisation 156 Megasessions 17 Mesotherapie 41 Midazolam 92 Mikrografts 15 Mikroholestechnik 189 Mikropinzetten  150, 151 Minigrafts 15 Minoxidil 41 Monitoring  86, 92

N Nachblutung  34, 164 Nachhaltigkeit 19 Narben 60 Narbenbildung 105 Narbendehiszenz 195 narbige Alopezie  8, 60, 189 –– Transplantationsindikation 23 Natürlichkeit 19 Nebenwirkungen 34 Nekrektomie 169 Nekrosen 169 neue orale Antikoagulanzien  24 Non-shaven-FUE 87 Norwood-Hamilton-Schema 5 Norwood-Hamilton-Skala 32 Notfallausrüstung 92

O Ober- und Unterlidödeme  168 orale Sedierung  33 örtliche Betäubung  33

P Parästhesien 105 partielle Retransplantation  190 perioperative Antibiotikaprophylaxe  92

205 Stichwortverzeichnis

Pickelbildungen  35, 173 Pilosebaceaous Unit  70 Platelet Rich Plasma  41, 131 Popping 157 Prilocain 94 primäre narbige Alopezie  32 Probetransplantation  151, 188 Prone Pillow  87 Pseudobreitnarbe  60, 105 Pseudoepithelcysten 156 Pseudopelade Brocq  24 Punchen  14, 111 Puppenkopfeffekt 15 Pus 170

R Reduktion 51 Reduktionsplastiken 192 Resthaardichte 76 Resthaarsituation 54 retransplantiert 127 retrograde Alopezie  7 Revaskularisation 169 Ringerlösung  96, 130 Roboterassistenz 111 Rötungen 35 Rückenhaare 189 Rückenhaarwurzeln 189 Running Suture  101

Stereomikroskop 108 Stick-und-Place-Technik 153 Stirntapes 168 Strandhaferphänomen 16 Streching-back-Effekt 195 Streifenentnahme  64, 101 –– Technik 125 stumpfer Bohrer  116

T Taubheitsgefühl  168, 171 Temporal Points  9, 49, 50, 74 Therapiekette 174 Tonsur  5, 45 totale Kahlrasur  87 Transplantation 150 Transplantationsindex 75 Transplantatzahl 61 Trichodensitometrie 70 Trichophytic Closure  17, 98 Trichotillomanie 28 Trivellini-System 115 Tumeszenz 95 Tumeszenzlösung 95

U unshaved FUE  127 Ursachen 2

S

V

scharfer Bohrer  116 scharfer Implanter  153 Schutz der Kopfhaut  2 Schwarzarbeit 197 Schwellungen 168 Sensibilitätsstörungen 168 Shock-loss-Phänomen  35, 105, 171, 172 sichtbare Narbe  34 simultane Transplantation  150 Skalpmikropigmentation (SMP)  107, 196 Sklerodermie 24 Slivering  107, 108 Smart Repair  196 Speicherlösung 130 Spenderdominanz 14 Spenderfläche  43, 46 Standardtechniken 112

Verband 165 1-Verfahren 111 Vertex-Typ  5, 44

W Wund- und Heillotion  167 Wundnässen 164 Wundschorf  34

Z Zinkutan-Schaum 167 Zylinderampullen 93

H–Z