Güte rettet: Ein Lustspiel in fünf Aufzügen [Nach dem “Road to Ruin” von Holcroft. Reprint 2019 ed.] 9783111594064, 9783111219196


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German Pages 200 Year 1793

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Vorwort
Güte Rettet. Ein Lustspiel In Fünf Aufzügen
Personen
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug
Vierter Aufzug
Fünfter Aufzug
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Güte rettet: Ein Lustspiel in fünf Aufzügen [Nach dem “Road to Ruin” von Holcroft. Reprint 2019 ed.]
 9783111594064, 9783111219196

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G Ü T E

R E T T E T .

EIN

LUSTSPIEL IN FÜNF AUFZÜGEN, NACH DEM

ROJD

Ä t / W VON HOLCROFT,

TO

FREI

B E A R B E I T E T

VOM

VERFASSER DES

HEIMLICHEN

GERICHTS. LEIPZIG. BEI

G.

J. G Ö S C H E N .

1 8 9 7 .

Ich lasse eine Anzeige, die ich von dem Englischen Original dieses Stücks in der Jenaischen A. L. Z. geliefert habe, hier wieder abdrucken, •sveil sie den Gesichtspunkt angiebt, aus welchem ich es der Mühe werth hielt, es für unsre Bühnen zu bearbeiten. „Dieses Lustspiel hat in London auf der Bühne das aufserordentlichste Glück gemacht, und wird unstreitig,

IV

mit den nöthigen

Veränderungen

übergetragen, auch auf unsern Bühnen einer fast gleichen Wirkung nicht verfehlen.

Es geschieht in-

dessen selten, dafs die Fresko-Malerei, die bei öffentlichen Vorstellunsren o dramatischer Werke sehr Ögut angebracht ist, bei der stilleren und unbestochnen Prüfung aufser der Bühne ohne Tadel wegkömmt; und der Punkt, auf welchem die Forderungen der Kritik mit den Opfern vereinigt würden, welche der Dichter, u m des theatralischen Effekts willen, der Bequemlichkeit des Müfsiggangs und dem Nationalgeschmack

bringen mufs, wird bei dem immer mehr abnehmenden Kunstgefiihl unsers Zeitalters immer unmöglicher zu treffen.

Seinen stark aufgetrag-

nen Farben; der f ü r die Entfernung ausgerechneten, mehr kräftigen als sorgsamen Zeichnung seiner Karaktere;

der Vernachlässigung seines

Dialogs, durch welche den Schauspielern der Spielraum gegeben wird, dessen das Publikum selbst sie bedürftig gemacht hat; dem wilden Getreibe in seiner Handlung, das den Zuschauern keine Zeit zur Langeweile oder zur Zerstreuung übrig läfst, h a t H e r r H o l c r o f t ohne Zwei-

VI

fei seinen Succefs am meisten zu verdanken.

Dafs er aber zu seinen

Fehlern eine grofse Verläugnung seines besseren Wissens angewandt haben mufs, beweisen seine Schönheiten und fast seine ganze A n n a Saint-Ives,

deren Anzeige den

Lesern der A. L. Z. noch im Gedächtnifs sein wird.

Der unkünstliche

Zuschnitt und der unfeine Ton der meisten Englischen Lustspiele dürfen überhaupt den Dichtern kaum zugerechnet werden; aber wir können aus der Betrachtung solcher zur allgemeinen Convenienz gewordenen Unvollkommenheiten der Kunst, bei

VII

Nationen,

die

einen

Geschmack

haben und ihr einen

glänzenden

Schauplatz gönnen, Anlafs nehnieü uns zu trösten, dafs wir weder einen nationellen Geschmack an der Kunst, noch einen bestimmten Wirkungskreis für sie haben.

Uebrigens ist

der Verfasser des R o a d t o r u i n ein Mann von Genie, und dies pflegt man bei den wenigsten Kunstwerken, die für den Luxus der Hauptstädte verfertigt werden, noch auf den Kauf zu

bekommen.

Herr

H o l c r o f t hat aus der altern Epoke des Englischen Lustspiels die ächte v i s c o r n i c a noch «rerettet, und daD

'

VIII

durch den Beifall, den ihm das Publikum gegeben hat, immer auch vor der strengeren Kritik gerechtfertigt." So viel über das Englische Original, und nun sei es mir erlaubt über meine Arbeit einige Worte hinzu zu fügen.

Eine Uebersetzung von

dem R o a d t o r u i n wäre das unmöglichste Beginnen von der Welt gewesen, indem mehrere von den Hauptkaraktern

durch

das

ganze

Stück in einem gewissen J a r g o n fortgeführt sind, das aufser England vollkommen unverständlich ist. Der Wucherer S i 1 k y, der Jockey G o l d -

IX

f i n c h , die Wittwe W a r r e n haben alle die Sprache ihres Gewerbes, ihrer herrschenden Thorheiten und Leidenschaften in einem so übertriebnen Grade, dafs sie blofs durch den Klang und einige Bindungswörter, die hier und da vorfallen, von einem Fremden für Englisch anerkannt werden könnte.

Die Buntscheckigkeit

des Dialogs und die grelle Uebertreibung der Karaktere, welche hieraus entstehen, sind unstreitig die gröfsten Felder dieses an kräftigen Schönheiten sonst so reichen Stücks: Fehler die das Englische Publikum bei der theatralischen Vorstellung

X

zwar nicht stören konnten, die aber auch die Englische Kritik nach dem Druck des Stücks zu rügen nicht unterlassen hat.

Der Umarbeiter

glaubt indessen eben diesen Fehlern einigen Dank schuldig zu sein, indem die Unmöglichkeit sie nachzubilden ihn veranlafst hat, sie zu verbessern, oder wenigstens sehr zu mildern.

Die R ä t h i n W a g n e r ,

S o p h i e , G o l d i g , L a u e r mufsten Deutsche Karaktere werden,

die

schon an sich keines so hohen Grads von Karrikatur fällig sind als Englische} der Dialog mufste ganz von neuem geschaffen werden} und ich

XI

habe in dieser Arbeit Veranlassung gehabt, zu bemerken, dafs in dem Mechanismus unsrer Sprache etwas liegt,

das sie für die eigentliche

Kunst

des Dialogs

brauchbarer

macht, als vielleicht irgend eine andre.

Ist mir nun meine Mühe

nicht mifslungen, so hoffe ich aus einem Hogarthischen Gemälde voll •wilder ausländischer

Laune,

ein

einheimisches, züchtigeres, Chodoiviecltisches Bild gemacht zu haben.

Ich -wünsche unsern Bühnen viel Glück mit diesem Lustspiele, das zu einer Zeit, wo politische Grübeleien

XII

und Sorgen mancherlei Art das im bürgerlichen Leben so nothwendige Fach des sittlichen Vergnügens zu zerstören drohen, nicht ganz unwillkommen sein dürfte. I m D e c e m b e r , 1792.

G Ü T E

R E T T E T .

Ein

L u s t s p i e l i n f ü n f A u f z ü g e n.

A.

Personen: ein reicher Handelsmann. sein Sohn. M I L B U R O , natürlicher Solin des verstorbenen Rath Wagners, und Fritz Domers Freund. D A V I D S A U E R , Compagnon in der Dornerscheu Handlung.

DORXER, FRITZ,

DAVID LAUER,

ein Mäkler.

GOLD io. SCHMIDT,

lung.

Diener in der Dornerschen Hand'

in Diensten bei David Lauer. ein StrumpfFabrikant. R A E T H I N W A O N E R , eine reiche Wittwe. S O P H I E F R E I H O L D , ihre Tochter erster Ehe, N A H E T T E , ihre Kammerjungfer. Ein Postillon. Sollicitator.

JAKOB,

GUTHELM,

E i n Aufseher im P o l i i e i h a u s e . Ein Aufwärter. B e d i e n t e , L a d e n d i e n e r , K r ä m e r , Pol i z e i d i e n e r , H a n d w e r k e r , Marqueurs. Die Scene ist in Wien.

Erster Aufzug, Erster

Auftritt.

In D o r n e r s Hause. D O R N E R

ALLEIN. D A R A U F

S C H M I D T .

DORNER.

Schon zwei Ulir vorbei, und noch nicht zu Hause! — wolil! w o h l ! —

Rechne

dir es selbst zu, alter tkörichter V a t e r ! — Herr Schmidt! SCHMIDT. DORNER. SCHMIDT 1 . DORNF.H.

Ihro Gnaden! Ist Sauer zu Hause? Nein. Hat Flitz hinterlassen, dals

Sr heute wiederkommen würde i SCHMIDT.

Ja.

4 DORUER. Und Sie wissen nicht, w o er hingefahren ist? SCHMIDT.

E r hat mir nichts davon

gesagt. D O R K E R ungeduldig.

Ich frage j a , ob

Sie es wissen! SCHMIDT.

Die Partie schien mit dem

Italiänischen Spieler verabredet — DORNER.

Sie glauben auch immer das

Schlimmste! Ich will nicht länger aufbleiben — Sagen Sie den Leuten, dafs sie zu Bett gehen — Und hören Sie, wenn er von Ihnen Geld haben wollte, dafs Sie ihm nicht einen Dukaten auszahlen ! SCHMIDT. DORNER.

Sehr w o h l ! ES

ist aus zwischen uns,

er ist mein Sohn nicht mehr.

So mag

er denn verhungern! — Der junge Herr führt sich wirklich sehr unschicklich auf. SCHMIDT.

5 DOHITER.

Unschicklich? W i e ?

Was

fangt er denn a n ? SCHMIDT. DORNER.

Ibro Gnaden — Hörten Sie denn kürzlich,

dais — SCHMIDT

Nein! —

verwirrt.

O

nein !

Nichts — nichts w e i t e r , als w a s Sie mir selbst sagen. DoKr.tR. W o h e r wissen Sie also, dais er sich unschicklich aufführt? ScnMiDT.

Das beste Herz von der

W e l t hat er gewifs, Ihro Gnaden! DORKER.

Das beste Herz? Sie wagen

es, mir das in's Gesicht zu sagen? SCHMIDT. DORNER.

Aber — Verhöhnen mufs ich mich

lassen mit dem J u n g e n ! Das beste Herz! Ein

weltbekannter

Spieler,

ein

Ver-

schwender, Kumpan mit allen Gecken, Gaunern, und bösen Buben im ganzen Laude!

6 SCHMIDT.

Auf mein W o r t , Iliro Gna-

den! ich — DORNER.

Aber nun ist's auch aus.

Heute ist sein Name aus der Firma geistlichen worden. Dafs seine Wechsel zurück geschickt werden! — Es ist vorbei! Und geben Sie wohl Acht, nicht einen Dukaten darf er mehr beziehen. W a s Sie ihm vorstrecken, komme auf Ihre Gefahr. Ich bin der weichherzige alt» Geck nicht mehr — sehen Sie Sich also vor. W i e dringend auch seine Not.h sein möge, nicht einen Dukaten! Und sollten Sie ihn auch auf der Strafse betteln sehen, wenn Sie ihm einen Dukaten geben, sei es auch nur zum Almosen, so haben Sie es mit mir zu thun, SCHMIDT.

ES

soll alles zum Besten

besorgt werden, Thro Gnaden! Doiisnt, Wie?

Herr Schmidt!

Schaudcrnd.

Sie würden ihn hottein Sehen?

verhungern sehen, und ihm nicht oinen

7 Dukaten vorschiefsen? das würden Sie? Herr! Ich, Ibro Gnaden? — Nein gewifs nicht, aufser in so fern es Ihr Befehl so wäre. SCHMIDT.

DORNER. Gott! Ein Befehl, von wem er auch herrührte, würde Sie bewegen können, einen armen unglücklichen Jüngling , den sein Vater verstiefs, den seine Freunde verliefsen, Hungers sterben zu lassen? SCHMIDT.

Das hat ja keine Gefahr,

Ihro Gnaden! DORNER. Und ich sage Ihnen, dafs es dahin kommen mufs. Verhungern, Hungers s t e r b e n wird er! denn ich — ich sehe ihn nicht mehr als meinen Sohn an, und wenn ich ihn verlassen habe, wird ihn ja die ganze Welt verlassen. "Weinend. .In, ja! Elend, verstoßen zu weiden, dazu ward er geboren.

8 Ich hoffe, Ihro Gnaden,

SCHMIDT.

dafs noch ein rechtlicher feiner Mann aus ihm wird. DORHEB. W i r d ? — Zeigen Sie mir doch einen jungen Mann von feinerem Anstand, von schönerer Gestalt, als mein Fritz ist. S C H M I D T . Ich meine, ein braver, würdiger Mann, wie sein Herr Vater. DORNER.

Dann meinen Sie sehr albern,

Herr Schmidt! Das Volk, mit dem er umgeht, würde einen Heiligen zum Sünder machen. SCHMIDT.

Wenn Ihro Gnaden mir nur

sagen wollten, was Sie eigentlich befehlen, ich würde mich gewifs bemühen, Ihnen mit aller Treue zu dienen. DOHNER.

Ich kenne Sie, Herr Schmidt!

I h n bei der Hand fassend.

Ich kenne Ihre

Treue. Aber — Aber Sie sind kein Vater! Sclunidt geht a b , w i e Sauer herein tritt.

9

Zweiter Auftritt. S A U E R .

D O R N E R .

DORNER. Nun, lieber Freund I haben Sie von ihm gehört? SAUER.

Ja.

Und — O schnell, schnell! — Etwas Gutes, etwas Tröstliches? SAUER. Nein. DORNER. Nein? — Nein, sagen Sie? Wo ist er? Was treibt er? DORNER.

SAUER.

Was ich nicht weifs.

Mensch! Sie quälen mich, Sie wollen mich foltern. DORNER.

SAUER.

Hm!

DORNER. Um des Himmels willen, sagen Sie mir, was Sie gehört haben. SAUER. ¡sieht e i n Blatt DORNER. SAUER.

Ich w i l l Sie ja foltern. ER aus der Tasche. Da! lesen Sie! W a s ? Ist er todt? Wenn's nur das wäre!

10 DÖRTHS*. Gott sei mir gnadig! r,i«t. „Drei Tage nach Sicht — zwanzig tausend Dukaten" — Das ist erlogen. SAUER. Seine Hand auch, nicht wahr? Ehrenschuld, nichts wie Ehrenschuld! DORKER. Und der Wechsel ist acceptirt! Accepth't! Sind Sie rasend, Sauer? sind Sie rasend? SAUER. Vor der Hand fühle ich mich nur auf dem Weg' es zu werden. DOR.NER. Ist sein Name denn nicht aus der Firma gestrichen? SAUER. Heute geworden, und der Wisch ist zwei T^ge früher datirt. DORNER. Der Kredit meines Hauses fangt an zu wanken! — SAUER. Dazu brauchte es d a s nicht einmal! Don.NEB. Der Handel kann nicht verschwiegen bleiben; die Räuber lnchen auf seine, auf meine Kosten; und wenn es bekannt wird, was muis die Folge sein?

SAUER. Darauf weifs ich Antwort: -— Der Bettelstab! W a s sehen Sie mich an ? Ich bin nicht zum Scherz aufgelegt — Die Kasse wird überlaufen; woher am Ende zahlen? und da haben Sie den Bankerott —

Sauer, Sauer! Sie — SAUER. Ich bin nicht sehr erfreulich, das ist w a h r , und weifs Gott! ich war' es lieber! In Ihrem Hause ward ich auferzogen, w i e ein Sohn, w i e ein Bruder behandelt, dafür diente ich treu, und Sie nahmen mich zu Ihrem Compagnon. Glauben Sie nicht, dafs ich uin mich besorgt bin. Ich kann eben so gut wieder Buchhalter sein. Aber Sie, Sie, der erste Handelsmann im Staate, Ihr Name ein Spott der müfsigen Well ! W ä r e es nur der meinige, ich lachte darüber; denn wer bin Ich? wer kümmert sich um M i c h ? DORNER.

DORKER

heftig

heraus

rufend.

Schmidt 1 — Thomas! — Johann!

Herr

12

Dritter Auftritt. S C H M I D T .

D i e

V O R I G E N .

Rufen Sie alle Hausleute zusammen, alle Ladendiener, Bediente, Mägde! Sagen Sie ihnen — dafs ihr junger Herr ein Bube ist. SCHMIDT. Sehr wohl, Ihro Gnaden! DOHNEH. IIa! — Ja sagen Sie ihnen, dafs sie die Hausthüre fest verschliefsen. Der erste, der ihn einen Fufs wieder hinein setzen läfst, wird ohne Barmherzigkeit fortgejagt. DÖRFER.

Sehr wohl! DOIVNER. Sehr wohl? Hol' der Teufel Wir Sehr wohl! Ich sage Ihnen, dafs es nicht sehr wohl ist. Auf der Strafse soll er in seinen Lumpen verfaulen — Ist das „sehr wohl, Ihro Gnaden ? " SCHMIDT.

Sie gellen zusammen heraus. S A U E R allein. Der arme brave Mann, mit seinem weichen Yaterherzen! Auch

13

der Junge war brav; aber er hat ihn verzogen, und nun hadert er mit sich selbst, und der ganzen Welt, weil er seine Thorheit verflucht. Man hört von weitem anklopfen. So! da kömmt der saubere Vogel wieder. Das Klopfen fährt fort. Dorner tritt wieder h e r e i n , mehrere Bediente folgen ihm.

Nicht von der Stelle! dafs keiner hinunter geht! Ist alles sicher, Schlofs und Riegel? DORNE«.

Ein

BEDIENTER.

Alles, Ihro Gnaden. Klopfen.

Kümmert euch nicht um sein Klopfen. Geht jedes von euch gleich zu Bett, und schlaft fest ein. Er soll auf der Strafse verhungern! Klopfen. Holt mir meine Windbüchse. Geschwind! DORNER.

Sie gehen ab.

*4

Vierter Auftritt. S t r a f s c v o r D o r n e r s Hause. FRITZ.

MILBVRG.

POSTULON.

PÜSTILION. Wir sind wacker zugefahren , Ihro Gnaden! FRITZ klopft. genug.

Fort, fort. Ilir habt

Postillon gellt ab. Fritz klopft.

DOR>"ER

zilm Fenster heraus mit der "Wind-

Klopft noch einmal, ihr Spitzbuben! und ihr sollt hier aufgemacht kriegen, dais ilii genug habt. ljuchse. Sauer hinter ihm.

FRITZ. Aha! dachte icli'sdoch, dafs Pappe auf seinen hohen Pferden säfse! MILBUKG. DU hast ihm auch wohl Ursache aegeben. O o

Fnn z. Wahrlich ja. Gegen das Fenster. Aber, lieber Vater! bedenken Sie die Folgen, mich die ganze Nacht draufsen zu lassen! DoiiiNXR, Hinweg, Schurke!

i5 Die liederlichen Weibsbilder,

FRITZ.

bedenken Sie, der böse Nebel, der Nachtfrost — Wollt ihr gehen?

DORNEH.

Die Schaarwache, die Beutel-

FRITZ.

schneider, mein Vater, die Gurgelschneider — SAUER.

hinein.

Kommen Sie,

kommen Sie

Das Fenster wird zugeschlagen.

MILBURG.

Hier wäre also unser Nacht-

quartier ? Pah!

FRITZ.

da kennst du meinen

Vater! In weniger als fünfzehn Sekunden ist die Thiire auf. MILBURG. FRITZ.

Va hundert Dukaten!

Va, Va! Sie ziehen die Uhren her-

aus, und die Thiire geht auf.

Nun,

gewonnen? Quitte, ou double,

wer

hat

w i r finden

den Tisch gedeckt, und das Abendessen aufgetragen? MILBUI\G.

weiter.

Nein,

Sie gehen hinein.

ich pavire nicht

x6

Fünfter Auftritt. Der Schauplatz, FIUTZ.

MISBURG.

wie zu Anfang. E i n

B E D I E N T E R .

Der alte Herr ist gewal-

BEDIENTER.

tig aufgebracht, Ihro Gnaden! FRITZ.

Ich merk's. Er ist hinunter gegangen,

BEDIENT.

um den armen Thomas fortzujagen, der Ihro Gnaden das Haus aufgeschlossen hat. FRITZ.

SO?

Nun geht i h r hinunter,

und schliefst auch dem armen Thomas das Haus wieder auf. Das darf ich nicht, Ihro

BEDIENT.

Gnaden! FRITZ.

SO

BEDIENT.

thu' ich's selbst,

ab.

Er hat auch gefragt, wer

bei dem jungen Herrn wäre. MILBURG. BEDIENT.

Nun? Und als er von Ihro Gnaden

hörte, hat er zehnmal ärger gehaust. ab.

»7

Sechster Auftritt. FRITZ.

MILBURG.

Also für den armen Thomas Ware gesorgt! Aber — aber! das war eine verdammt fatale Expedition. FRITZ.

MILBUR«.

Ich bin mit hundert und

funfeig Dukaten stecken geblieben. Und mich haben sie für zwanzig tausend heraus gelassen. FRITZ.

Meinst du nicht, ich thäte besser, deinem Vater für jetzt nicht vor die Aügen zu kommen ? Er hat die Gnade, die Hälfte deiner Thorheiten auf meine Rechnung zu schreiben, Um die seinige nicht durchsehen zu müssen, und weil ich sein Schuldner bin, macht er eben nicht viel Umstände mit mir. MILUURG.

FRITZ.

Nein, sieh! Da thust du ihm

Unrecht; für das Geld, was du von ihm hast, würde er dir gerade artiger sein. B

i8 Aber dafs er dich im Verdacht hat, mir Übeln Ratli zu geben, das erbittert ihn. MILBURG.

Ich höre, dais er droht,

mich arretiren zu lassen. FRITZ.

O j a ! T a u s e n d m a l h a t er ge-

droht, meinen Namen aus der Firma zu streichen, und mich zu enterben — MILEURG.

Du kömmst morgen auFs

Koffeehaus 1 FIUTZ.

Nein.

MILBURG.

Was?

Nicht Zur grofsen

Partie, die morgen auf dem Billard gespielt wird? FRITZ.

Nein.

MII.BURG. Pah! Du kömmst doch. FIUTZ. Nein. Ich habe einen festen Vorsatz gefafst. Es ist hohe Zeit, klug zu. werden. MISBURG. Freilich. Darum habe ich auch nieinen Plan gemacht, wie ich alle nieine Schulden zahle.

ip FRITZ.

JA?

U n d w o k r i e g s t d u das

Geld her? MISBURG auf die Stirne deutend. FRITZ*

Daher.

H a h a ha !

MILBURG. Lach' du hur! Meinst du nicht., dafs man mit Geist und Konsequenz einem Gauner über den Kopf wachsen könnte ? FHITZ. O ja, wenn man eben so ein Schurke Sein will. MILBURG. Nichts weniger. Ich studiere die Algebra, die Phisiognomik, das bifsehen Inspiration, was allenfalls noch dazu gehört, hab' ich bei einem Haar schon weg — utid siehst du nicht eine Meng» angesehener Leute, die ihr Vermögen unter den Gaunern rein verloren hatten, und es nachher mit Interessen wieder gewannen? FPITZ. Auch daiilit ? auf die Stirne deutend, oder, indem er mit der Hand eine Wendung machtt damit? Sieh, die angesehenen

flo

———

Leute haben auch ihre Ehre im Spiel wie« der gewonnen» Du armer Junge wäist so glücklich nicht! M I L B U R G . Ah, du hast gut sprechen! Wozu ich die Algebra brauche, da» rieh' test du mit deiner blonden Fratze aus» Die girrende Turteltaube, die mein seliger Vater hinterliefs — das ist die Gold-« küste, wo du hinsteuerst. FRITZ. Ha ha ha! Die Räthin Wagner? MILBURG. Sie glaubt steif und fest, und bringt es selbst unter die Leute, dafs du sie heirathen willst. F R I T Z . Heirathen? Eine Kokette von vierzig Jahren, die alle Grimassen eines Mädchens von fünfzehn nachäfft, eine fantastische, selbstsüchtige Närrin ! Die heirathen! MILBURG. Wofür steckst du dem» ewig in ihrem Hause? FRITZ. Weil icli's nicht lassen kann«

— MISBURG.

21

W i e ? Ist's auf ihre Toch-

ter gemünzt? Fnrrz.

Die liebe,

zauberische Un-

schuld ! Und das arme kleine Ding

MILBURG.

sieht dich wohl gar 7.11 gern? FWTZ,



Ich würde rasend, wenn ich

nicht überzeugt wäre, dafs sie nichts so lieb hat, als mich — und halb sollte ich nun doch h o f f e n ,

ihr gleichgültig zu

sein. — Milburg, Milburg! Ich bin ei» •nichtsnutziger Bube.

Selbst mein Vater

kann die letzte Geschichte nicht übersehen

Ach!

MiLEunG. an.

Fritz! Stecke mich nicht

Ich hätte wohl Ursache, die zweite

Stimme mit zu seufzen.

Meines Vaters

Testament findet sich nicht, die Wittwe triumphiit, und segnet das weise Gesetz, das mich zum Bettler macht, weil man es eben so wenig fragte als mich, mau mich auf die "Welt setzte.

wie Auch

22

meine Schulden will sie nicht bezahlen. Den Rath Wagner befällt in Italien eine tödtliche Krankheit, er macht mit zärtlicher Sorgsamkeit für mich ein Testament — Das er mit weiser Vorsicht versteckt, wo kein Teufel es finden kann, oder irgend einem hungrigen Buhen anvertraut , der es schon an die Wittwe verhandelt hat — Da! da kömmt der allzu sichtbare Executor dieses unsichtbar ren Testaments. FRITZ.

Siebenter Auftritt. D i e FRITZ,

V O R I G E N .

SAUER,

Sieh da, Herr Sauer!

Wie

geht's? SAUER. FRITZ. SAUER. FRXTZ.

Schlecht, O weh ! Wie heifstlhr Ucbel? Fritz Dorner, Ha

ha

ha!

SAUER. Verderben, Bankerott, Schimpf und Schmach! FRITZ.

Das alte Lied —

SAUER.

Nach einer neuen Weise. Sie

sind — FRITZ.

W a s , alter B ä r ?

SAUER.

H m ! Ein junger Herr nach

der Mode, Das ist weltbekannt.

FRITZ.

Und auf dem Modeweg zum

SAUER.

Bettler. Freilich, wenn mein Vater

FRITZ,

nicht w ä r e ! SAUER.

Den sein Sohn mitnimmt auf

diesen W e g ! Junger M a n n ! Nichts als ein Wunder kann unser Haus noch retten. Die Bergwerke von Peru würden Ihren Aufwand nicht bestreiten. FRITZ.

Mit. ihrem lumpigen Golde ——

Das glaub' ich! Iclx lobe mir das Papier: Wechsel, Anweisungen, Bankozettel!

»4 SAOTK, Pieae Unverschämtheit geht zu weit. Seit fünf Jahren, junger Herr! rennen Sie in Ihr Verderben, so wüthend, 90 anhaltend, als —•• —FRJTZ, Nun? Bleibt das Gleichnifs stecken ? Warten Sie, ich bin auch ein Stiick von einem Dichter. Tragisch. Die Jugend Steigt auf den Bock, ergreift die Zügel, und treibt spornstreichs mit dem Fuhr-* werke durch die finstre Nacht, Leidenschaft und Verschwendung sprengen vor» an, blenden den Kutscher und die Passa* giere. Weisheit, Vorsicht und Tugend werden überfahren, zerquetscht, gerudert, — Endlich schleicht die Reue langsam und lahm mit dem Flambeau heran, und leuchtet den Gefahren, in welche die Equipages ich ohne Rettung gestürmt hat — »ulser Athen«. Gestürzt hat! AUons Herr Sauer! Das ist Ihr Stichwort, SAUER. Ihr Name ist aus der Firma gestrichen — Auf mein Zureden.

«5 FRITZ.

Dafür bin ich Ihnen vielen

Dank schuldig, Herr Sauer! SAUER.

Die&mal ist Ihr Vater unei.

tittlich. FRITZ. SAUER.

Ja? Meinen Sie wirklich? Sie wcrden's erfahren.

Und

Sie, mein Herr! zu Milburs, wie sind Sie hieher gekommen? MILBURG,

Mit vier raschen Post*

pferden. SAUER.

Sie hätten ein besseres Ab-

steigequartier wählen können, Wan» gedenken Sie Ihre Schulden zu bezahlen? MILBURG-

Wenn meines Vaters Exe*

cutor seine Wittwe vermocht haben wird, an mir zu thun was Recht; ist. SAUER,

Und wie kann ich sie dazo

vermögen? MILBURG.

Und wie kann ich meine

Schulden bezahlen? SAUFR. Dieser Trotz gegen Ihren vor* nehmsten Gläubiger ist der Weisheit und

¡WS Mufsigung sehr würdig, mit welcher Sie seinem Sohne immer geratheii haben. FRITZ.

Das bitt' ich mir aus, ehr-,

licher Murrkopf! Ich habe zu meinen dummen Streichen seines Ratlies nie bedurft, Mein Vater starb uner-

MILBURG.

meßlich reich; unrl ob ich glcicli sein unehelicher Sohn bin, so mufs man mir doch zu leben geben. Sie haben fünftausend Du»

SAUER,

taten

gehabt,

und sind eben so viel

schuldig, Mii'BURG,

Ja,

Dank sei es denen,

die Knaben mit Tausenden spielen lassen! SAUER,

Jetzt glauben Sie ein Mann

zu seyu — und wurden von vorne wieder anfangen, MILBURG,

Wahrlich ! Das wurde ich

nicht! SAUER.

Wären Sie in der Rath IN

Hause fein auf der Lauer geblieben , au-

%7 statt sich mit. einer Rotte von BmiteLschneidern herumzutreiben, Sie würden vielleicht jetzt am Ziel' Ihrer Wünsche spyn.

Ihres Vaters Testament ist

go

funden. MILBUHG.

Gefunden ?

Man schreibt mir,

SAUER.

daü es

endlich, sorgsam in einem entlegenen Pult verschlossen, entdeckt worden ist. Schon iiber einen Monat soll ein Kaufmann aus Mailand, der hier Geschäfte hat, damit abgereist sein.

Aber noch hat sich kein

solcher gemeldet, MILBURG.

Wenn es in die Iliinde der

W i t t w e gerathen wäre! SAUM.

Das fürchte ich nur zu sehr,

>— Auch der Zufall straft eure Thorhcitcn.

Nehmt euch in Acht, Herr Denier

hat Rache gegen euch beide gelobt, und mit grofsem Recht,

Noch ist: er nicht zu

B e t t , und wenu ihr S ü m c geuug habt,

£8



seine Gegenwart zu ertragen, ao ratli» ich euch, zu bleiben, wo ihr seid. MILUURG. Was mich anbelangt, ich »nag weder beleidigen, noch beleidigt werden, ab. SAUER, Wissen Sie, junger Herr! dafs Iht Vater den armen Burschen aus dem Hause gejagt hat, der aus Mitleiden vorhin für Sie aufmachte? F R I T Z . leb weifs es recht gut, und mein Vater weifs wahrscheinlich, dafs ich eben, und aus schuldiger Revanche fiu' den armen Burschen aufgemacht habe. SAUER, Schön! Ihr Ruhm nimmt aucli täglich mehr zu. Es war heute grofse Zusammenkunft, allgemeines Gerenne zwischen den Handelshäusern hiesiger Stadt — Ihnen zu Ehren! FRITZ bestürzt.

Wie ?

Der genaue Betrag Ihres letzten Verlustes ist schriftlich und mündlich herum getragen worden. SAUER,

ü9 FRITE.

HA!

SAUEH.

Nur voran, voran! Ihr Weg

geht durch Dick und Dünne —

zum

h ö c h s t e n Ruhm! FRITZ.

Herr! — Doch reden Sie nur,

sein Sie witzig,

wenn Sie

können,

bitter und boshaft m ü s s e n Sie ja sein, oder ersticken.

Achter AuftrittD i e

V O R I G E N .

Dörnen FRITZ. DORNER.

D O R N E R .

Aha! Ist Er's? Lieber Vater! Nichts da, nichts da!



Warum hatte Er Seine übrige Bande nicht mit, um zur Mitternachtstunde in mein HauS einzubrechen? —

Ob E r mich s o

ruinirt, oder durch Seine ttngezähmte Verschwendung, das gilt am Ende gleich. Zwanzig Utusend Dukaten, und jedermann

3o zeigt mit Fingern auf mich ! Bube ! Ist Er nicht ein Bube ? Ach nein! Ich bin nur ein

FRITZ.

Thor. Gute Nacht, meine Herren! Bleiben S i e , lieber Sauer! teil bitte, bleiben S i e , zum Zeugen, dafa ich ihm, Und seinen Schandthaten feierlich entsage* SAUER.

1)OAM - -U.

Defs bin ich schon tausendmal Zeuge geweseii, Herr Dorner! SAUEH.

Nun.abei zum letztenmal! Antworte E r ! Ist Er nicht ein Bube? FNITZ. Ich bin Ihr Sohn. D Ö R F E R rufend. Herr Schmidt! Brill» gen Sie die Papiere herein! DORNER.

Neunter Auftritt. D i e

V O R I G E N .

DORUEB.

S C H M I D T

Er w i l d nicht liiugnen, dafs

Er ein unverbesserlicher Taugenichts ist ?

FniT2.

Ach!

Ich' will ja nichts

läugneu. DORSEB. EineMifsgebürt, ein Flecken in der Natur —* FRITZ.

Ein Flecken, der ausgehen

Vfird, mein Vater! DORNER. Ein überflüssiges, oder schiidj Ijches Glied der menschlichen Gesellschaft , ein eitler windiger Geck! Herz, Kopf, Worte, Handlungen, Alles an Ilnn ist Grirtiasse und Aefferei! Unzusammenhängend, und sich Selbst unverständlich, abgeschmackt und unerträglich für jeden Klugen 1 SAUEA. Der Sturmwind erhebt sich. FRITZ.

Ich bin was Sie wollen, mein

Vater! Meine Thörheifen sind alle viel leichter begangen, als entschuldigt —' und am Ende ist d a s ja auch ihre beste Entschuldigung. DOR-NER.- Geben Sie her, Herr Schmidt — Sieht Ei hier? Alle Interessenten sind

zusammen berufen wor.len, Sein Name ist nun förmlich ausgestrichen — aber viel zu spät! Seine letzte Tollheit, das Geschrei der ganzen Stadt —- die konnte man nicht ausstreichen, nicht aus dieser Finna streichen, die Er schon verdächtig gemacht hat. F R I T Z bei Seite. Schrecklich! und zum Theil nur zu wahr! —• D O R N E R heftig. Und das Testament; Herr Schmidt, geben Sie das Testament. So ein weichherziger Thor ich immer Wai', hier, sieht Er? hier bin ich endlich wieder zu Verstand gekommen. Und wenn ich so glücklich bin, den Sturm zu überleben, den Er über meinen grauen Kopf zusammen getrieben hat, so habe ich wenigstens die Aussicht nicht mehr, einen Verschwender zu unterstützen, oder einen Gauner zu besolden. Er ist enterbt — lese Er!

33 FRITZ. Ihr Wort ist so g u t , wie die Bank, mein Vater!

Und glaube Er nicht, dafs mich Seine Künste wieder bethören werden. DORNER.

Ich kannte keine Künste, als eine einzige -— die Sie mich gelehrt haben. DORHER. Ich Ihn gelehrt ? W a s , Schurke! was ? FRITZ. Sie zu lieben, mein Vater! DORNER. W i e kannst du sagen, Fritz! — Schurke, wollte ich sagen — dafs Er mich liebt? FRITZ. Ich wäre dann wirklich ein Schurke, wenn ich's nicht thäte. DORNEK. O Fritz, Flitz! — Nein, beim Teufel! nein! Er kömmt mir nie wieder vor die Augen, will abgehen. FRITZ. Sagen Sie mir gute Naclit, mein Vater! Herr Sauer hier wird mir g;ute Nacht sagen, und S i e sind liieiu Vator! Gute Naclit, Herr Sauer! FRITZ.

C

34 SAUER. FRITZ.

Gute Nacht! ab. Nun, mein Vater! Nein, eher soll —

DORNER. FRITZ.

Halten Sie mir nieine Tlioi-

heiten vor, streichen Sie meinen Namen aus, enterben Sie mich; ich verdiene es und weit mehr — Aber sagen Sie: Gute Nacht, Fritz! DORNER. FRITZ.

Nein —- nein! Armuth rechne ich für nichts,

ich singe ein t.ied dazu, ¿aber Hafs! — DORNER.

Fort!

Im Groll sich schlafen legen! Und wer bürgt uns fiir's Erwachen? Mein Vater! Gute Nacht — FRITZ.

DORNER.

Nein — tnid wieder nein! Keimt davon.'

FmTZ. Also doch nicht! Er

schlagt »ick

vor diu Stirn. Du edles Vaterherz! So bin ich denn doch wirklich ein Bube!

35 KORNER

Nacht,

schucll zuruck. kommend.

Gute

ab.

FRITZ.

Gute Nacht!



und aller

Segen des Himmels geleite dich ewig! —> Er

holt tief Athem.

E s ist nicl< t alles, wie

es sollte — Aber — das war doch E t w a s !

3(5

Z w e i t e r Aufzug. Erster A u f t r i t t . N A N E T T E .

F R A U

B R A U N .

DARAUF

S O P H I E . NANETTE.

Ich sage I h r , liebe Frau, dafs ich Ja nicht» thun kann. FR. BMU«. Lassen Sie mich nur die Frau Räthin sehen. N A N E T T E . Dafs ich angefahren würde ? Nein, das lasse ich wohl bleiben. SOPHIE kömmt herein gesprungen. A c h N a «

nette, da steht die Mama unter einein ganzen Trupp von Modehändlerinnen, Schneidern, Krämern; das dauert, schon zwei Stunden, und sie können noch nicht einig werden wegen der zw eiten Trauer.

37 NANETTE. Nun, nun , Fräulein! Sie lönnten eher von Ihrer Frau Mutter lernen, wie man sich Zeil nimmt zu seinen Geschäften. Die Frau Räthin werden erbt: handeln mit dem Volk. SOPHIE. Ach ja, handeln! Da reichte »nein Taschengeld von vier Jahren nicht zu, um das alles zu bezahlen. Die Grofsjnama auf dem Lande sagte immer, i c h war' eine Putznärrin. Ie, was würde sie erst zu der Mama sagen!

Die Grofsmama hatte alfo doch Recht, Ihro Gnaden? NANETTE.

Ei nun — Nächste Weihnachten werde ich sechzehn Jahr, und da haben wir keine eilf Monate mehr hin. Ich könnte wohl auch schon hohe Schuhe tragen, wie die andern Fräuleins liier in der Stadt, Mufs denn Mama alles allein haben, alle Hüte, und Federn, und Kleider, und alle hübsche — sie schämt sich, und stockt, Sachen ? SOPHIE,

3(j

— NAITETTE b e i s e i t e .

Aha!



Die

gnä-

dige Mama haben doch genug an Ihnen gethan, Fräulein!

Gedenkt's Ihnen der

Zeit nicht mehr, wo Sie vom Lande kamen?

Verlogen hatte Sie die Grofs-

inama freilich, dafs nichts daran fehlte, aber Sie mufsten vom Kopf bis zu den Fiifsen neu ausstafRrt werden. SOPHIE.

Und das nannte die Mamfi

e r z i e h e n ? Lasse Sie meine gute Grofsmaina im Flieden, jNanette! das vaLlift ich Ihr. NAJJETTE

zur Frau Braun.

Null,

Steht

Sie noch immer d a ? SofiiiE.

Mein Gott, Nanette! W i e

kann Sie die Leute so anfahren? Die gute Frau sieht so traurig aus, was hat sie denn? NANETTE.

Ei,

n i c h t s

hal

sie,

sie

ist ann. SOPHIE sucht, und. Ȋlilt in allen ihren T.i.

sehen zusammen. Da, da Nanelle ! Geb'Sie

ihr J a s , es macht über zwei Gulden, da wird sie nicht mehr arm sein. NA.NFTTI; zuckt die Achscln. SOPHIE,

Ist's denn noch nicht geniig?

Dnfs ich dummes Ding auch gestern für das alberne Zuckerwerfc und den Kanarienvogel alles ausgeben mulste ! Zur Frau Braun.

Aber Sie ist denn doch nicht so

gar, gar arm? F . BBAUN.

Mein Mann hat fünf uncl

zwanzig Jahre hei dem seligen Herrn Rath gedient.

Der Herr Rath hatten verspro-

chen, für ihn zu sorgen, aber seine un« bann — Ihre Frau Mutter wollen davon nichts hören,

und er lebt kümmerlich

vom Almosen, und dem Büschen Arbeit, mit dcm's bei uns leider nicht mehr yecht fort will, Soi'inr niedcrgc«clila»en. Schnell .niffpringcnd.

Ach Gott ! —

Wart' S i e , wart' Sie

»•in B i ß c h e n ! Aber, dafs Sie mir ja nicht Vi e g l ä u f t !

ab.

40

Zweiter Auftritt. FRAU BRAUN. SAUER,

NANETTF..

SAUER.

Heda Mädchen! wo ist Ihre

Frau? Ich bin die Kammerjungfer

NANETTE.

von der gnädigen Frau, und heifse Na* nette, Ihro Gnaden aufzuwarten. SAUER.

WO

NANETTE.

Ihre Frau ist, frage ich,

Die Frau Räthin haben

Verhinderungen, Ihro Gnaden! Rufe Sie die Frau Räthin

SAUER,

liieber — Starre Sie mich nicht an, geh Sic zu Ihi'T Frau, und sage Sie, ich hatte mit ihr zu sprechen. Ith gehe ja schon — Herr

NANETIT..

Isegrhxun!

ab.

Dritter Auftritt. SAUER. SOPHIE

FRAU BRAUK.

hurfcnd vor Freude.

hab's erwischt.

SOPHIE. L)A!

Ich

Da, liebe Frau! Geh Sie

h e i m , und lasse Sie Sicli's wohl sein. Nehm' Sie doch. Sie hält ihr einen Gcldbcutil vor.

Sieh da, Frau Braun? geht's Ihrem braven Manne? SAUER.

Wie

Ach Ihro Gnaden — schlimm genug auf seine alten Tage. F R . BRAUN.

SAUER.

W i e ? Er ist nicht versorgt?

F R . BRAUN. Die Frau Räthin will durchaus nichts für ihn tliun. Ihro Gnaden sind, wie ich höre, Executor? Vielleicht könnten Sie uns behiilflich sein — SAUER,

Auf d i e Art —- das kann

ich nicht versprechen.

Aber guifse Sio

Ihren Alten, Frau Braun,, und sag' Sie ihm, er solle nicht unversorgt bleiben, SOPHIE*

Nun, und nehme Sie das nur

mittlerweile. SAUER.

J a , j a , nehme Sie's.

Frau

Braun geht lehr gerührt ab. U n d S i e m e i n m i l d -

herziges Fräulein, wer sind Sie denn?

I c h , mein Herr!

SOPHIE,

Ich?



lo die gute alte Frau auf Honsdorf ist meine Großmama,

Ich

Jxeifse

Sophie

Freihold. SAUER.

Aha, der Räthin Tochter von

ihrem ersten Manne! Zu Nanettcn, die herein tritt.

N i m , kömmt Ihre Frau?

Vierter Auftritt, SAUER.

SOPHIE.

N-VNETTE.

NANETTE.

Gleich, J.hro Gnaden!



60 Fräulein, Sie haben der IVJaHia ihren C» oklbentcl gestohlen. SOPHIE.

aiicht so. fen.

Ffui Nauetto,

Sprech'

Sie

Ich bin blofs damit fortgelau-

Sie' hatte den Beutel vorhin schon

da liegen, wie sie mit den Galanteriehändlern handelte, da dachte ich, ich wüTste ihn besser anzubringen. NASÜTTE. Ohne die .¡Mama zu fragen?



45

E i freilich,

SOPHIE.

Wenn ich sie

erst gefragt hätte, wir wären in unserm Leben nicht einigD geworden. o NANETTE.

Schön! D a kömmt die gna-

dige Mama eben recht.

Fünfter Auftritt, Die

VORIGEN.

RAETIIIN

WAGKT N

in rmer fantastischen jugendlichen I.'albtrauer, \ ou Modehändlerijmen> Kauileuten, I adendieneni u n d Mädchen mit Schachteln umgeben. R-AETIIIN,

Nun, Iierr Weifse, Sie be-

sorgen meine Federn zu dem Hpt ä la . .

. . .

Dip Schauspielerin wählt liier eine Mode,

T.vic auch in den folgenden Reden. WEISSE,

Werde nicht fehlen, Ihrq

Gnaden! RAETIIJS,

Und Sie, Mamsell Dorval,

Sie schicken mir morgen gleich um nenn Uhr meinen Scliawl? M A M S . DORVAL.

Madame !

A neuf Iwures

prfdses,

Frau Räthin, wenn Sie einen

SAUEB.

Augenblick abkommen — RAETIIIN.

St.! Ungeduld,

kann Er

nicht w a r t e n ? — Und vier Reihen, Monsieur Bosctti, vier Reihen Perlen müssen um den Turban. M Ö N S . BOSETTI. RAETIIIN.

ihr euch

Si si,

Eccellenza!

Und um neun Uhr stellt

samrat

und sonders ein.

( Empfehlet ehlen uns zu Gnaden. 5U- aJ ,. A l l e zu,. J V otre scroai J V otre scroante treshumule. S a m m e n. * ßac;0, \e mani a vostra Eccellenza. Alle ab.

RAETIIIN.

Nun Herr Sauer, was woll-

ten S i e ? — Apropos Fanühn, was hast du mit meinem Geldbeutel angefangen? Sontra.

Ich habe ihn weggegeben,

Mama! R VR.TINV

ihren kindisohen Ton vergessend.

Weggegeben, meinen Beutel? Um des Himmels w i l l e n ! an w e n , w o f ü r ?

45 SOPHIE»

Ach Gott, M a m a , an eine

arme Frau, die einen alten Mann hat, der nicht mehr arbeiten kann. RAETHIN.

Gewifs und wahrhaftig, die

Grofsmutter hat das Kind ganz verdorben. SAUER.

ich meine,

Sein Sie ruhig, Frau Räthin, sie hätte Ihnen noch

das

meiste zu thun gelassen. N u n so reden Sie denn

RAETHIN.

endlich, Herr Sauer.

Sie wissen doch,

dafs Sie unausstehlich sind, wenn Sic; einem etwas zu sagen haben.

Ich habe

den Kopf so voll, tausend Dinge zu behalten , das greift meine Nerven a n , Sie glauben nicht!

Machen Sie nur einmal

ein Ende mit Ihrem dringenden Geschäft — aber k u r z , ich bitte recht schön! W a s wollen Sie? SAÜER.

Kurz, und mit Einem W o r t e

— Ich will Gerechtigkeit. RAETHIN.

Ha ha h a ! Sie verwechseln

mich mit meinem seligen Manne.

Haben

4g

Sic etwa auch einen Stöfs Akten mitgebracht? SAUER; Er wäre so hoch, wie die Stube, wenn er alle Ihre Thorheiten enthielte; RAETirni. Verschonen Sie mich, Herr Sauer, verschonen Sie mich. Sie frequentiren einen Zirkel, wo Sie Sich eine« Ton angewöhnt haben! — Für wen wollen Sie denn eigentlich Gerechtigkeit? Für den jungen Milburg, den Sohn Ihres seligen Mannes. SAUER.

lxAETIIIH in ihrem natürlichen Widrigen Tone.

Jetzt bitte ich recht ernstlich, Herr Sauer,' lassen Sie mich mit Ihrer Zudringlichkeit im Frieden. — "Wieder affektirt. Sie derangiren alle meine Ideen. Ihre Gegenwart zerstört die heitere Schöpfung, die mein weiblicher Sinn tun mich zaubert. Madame, Madame! Wollen Sie mich hören'/ SAUER.

Nein,

HAX.THISI.

nicht ein

Wort

Weiter. Aber Mama, w i e können Sie meinem Bruder Milburg so hart sein? SOPHIE.

rvAr.TiiiN. Dein B r u d o r , Kleine ? — O Dorferziehung! — Habe ich dir nicht oft genug gesagt, Fanfaii, dais er dein Bruder nicht ist? SOPHIE.

Aber Mama, er ist ja doch

Ihres Mannes Solln. R A E T I I I N . Ja, sein — Mott dieu! che Indezenz! Dein Bruder? SOPIIIF,.

O

wel-

doch, M a m a ! Er ist ja

unglücklich. SAUEJV.

Ilm!

RAETHiUi Und Sie, Herr Sauer, Sio, dei Sie Sich einbilden, in jeder Runzel einen Schatz von Weisheit stecken zu haben, — Sie fordern mich auf, das mit schwerer und redlicher Mühe erworbene Vermögen meines lieben seligen Mannes

43 an Milburg, und seine liederlichen Spiefsgesellen wegzuwerfen ? SAUER. O nein, Madame! und wenn der junge Herr, auf den S i e es anlegen, •darunter wäre!

O du Ungeheuer! Ich CS auf jemand anlegen ? Sie sind blind, Herr Sauer — Aber ich weifs, wen Sie meinen. RAETirtn.

SAUER.

Ich meine den jungen Dorner,

Madame! Wen sonst1.? den sanftes, wilden, schönen Jungen! • RAETHIN.

SoririE. Aber mein Herr, der junge Herr Dorner ist doch gewili kein —ächamt s i c h , kein liederlicher Spiefsgeselle ? sieht sie scharf an. Ist er gewiCä nicht? Hm! SAUER

SOPHIE. Und es ist recht arg, wahrhaftig recht arg von Ihnen gesprochen, dals er der Mama ihr Liebhaber sein soll. SAUER.

Hm!

49 Denn er ist gar ein artiger und feiner junger Mann, und ist keine fieben Jahre älter als ich, und Sie wissen doch, dafs Mama — SOPHIE.

Fanfan, wenn du doch deine Zunge weniger wolltest springen lassen! SOPHIE. Aber Sie wissen ja selbst, Mama! dafs Sie zu — RAETIIIN.

RAETHIN.

Geh hinauf auf dein Zim-

mer, Fifi. Es ist gewifs gar zu medisant, Mama, den Herrn Dorner Ihren Liebhaber ZU nennen! Gellt hüpfend, ab. SOPHIE.

SAUER. RAETHIN.

Sie errötlien, Madame? Erröthen? Ha ha ha! Uebcr

das Schnattern eines Gänschens — Das Ihre Nebenbuhlerin ist. Ach die arme Fanfan! Meine Nebenbuhlerin! — Aber mein lieLes Sauerchen, ich will dir was auszuD SAUER.

RAETHIN.

richten geben. Komm, tomin! Sieh einmal in deinem Leben freundlich aus — Holla! Drei Schritte vom Leibe! — Mit mir binden Sie nicht an — SAUER.

Anbinden? Was bildet sich der Mensch ein? RAETIIIN.

Nun, nun! Sie gehen um Dornem herum, Sie gehen um den Tölpel, den Goldig herum, ich selbst glaube mich bei Ihnen nicht sicher. SAUER.

RAETHIIV". Ha ha h a ! Sie sind so choquant, dals man lachen muls -— Nein, du armer Sauer! Aber wenn Sie Fritz Dornern sehen sollten, so thun Sie — etwas, wo ein jeder, der Sie kennt, die Hände über dem Kopf zusammen schlage» wird — thun Sie Ihrem Nebenmenschen einen Gefallen, und sagen Sie ihm, d a l s ich den ganzen Tag zu Hause seyn wenia — Mit Ihnen anbinden! O du Greuel! al>.

SAUER

seufzend.

Hier ist alles um-

sonst ! — Im Abgehen Aus dem Wege da!

stolst er auf Nanetten.

N A U E T T E sieht de* Bäthin nach. Sie geht hinauf, das pafst glücklich! — Hierher, Ihro Gnaden!

Sechster Auftritt. NA NETTE.

FRITZ,

dem sein Bedientet

mit Papieren in der Hand nachfolgt. NANETTE, Die Frau Räthin ist eben weggegangen, Ihro Gnaden; aber ich schicke Ihnen jemand her, der Ihnen lieber ist.

Krone aller dienstbaren Geister! Siö geht ah. Teufel! Indem er die Papiere übersieht. Das sind alles Rechnungen ? BEDIENT. Alles. Herr Schmidt schickte mich Ihnen damit nach. FRITZ.

DU

FRITZ.

Wenn sind sie ogebracht wor-

den?

52 BEDIENT. Einige gestern, aber die meisten diesen Morgen. FRITZ. Weilst du was? — Geh bei allen den Leuten herum, gieb ihnen ihre Rechnungen zurück, und bestelle sie, heute selbst zu kommen. Hat Guthelm der Strumpffabrikant seine Rechnung auch geschickt?

Nein, Ihro Gnaden! FIUTZ. Das könnt' ich denken! — Geh zu ihm, und sag' ihm, dafs er sich heute auch einstellt — Aber ich bände es ihm auf die Seele, und wenn er wegbliebe — BEDIENT.

Siebenter Auftritt. F R I T Z . SOPHIE

S O P H I E .

hüpft lebhaft herein, und ruft auf,

wie sie Dornern erblickt.

Ach!

FRITZ. W i e , mein Fräulein! Ich erschrecke Sie?





53

SOPHIE. Ja ich weifs selbst nicht, wie «las kömmt; Nanette hatte mir doch gesagt, dafs Sie hier wären, und wie ich Sie sah, war mir's, als hätte ich Sie nicht vermuthet. Wissen Sie wohl, Herr Dorner, dafs ich Ihr hübsches Lied schon auswendig weifs, das Sie so gut waren mich zu lehren?

Und wissen Sie wohl, Sophie! dafs Sie die reitzendste, bezauberndste Schülerin sind, die jemals einem Lehrmeister den Kopf verwirrt hat? FRITZ.

St! st! So müssen Sie nicht sprechen, sonst kann ich Ilmen nicht dafür stehen, dafs der meinige ordentlich bleibt. Aber Mama hat mich ertappt, wie ich für mich an dem Liede lernte, und sie wurde böse, weil so viel von l i e b e darin steht, und zuletzt das s e l i g e B a n d vorkömmt. SOPHIE.

FRITZ.

Nun, darüber wurde sie böse?

54 SOPHIE. Ach ich weifs felbst nicht! Sie kann doch nicht alle Liehe, und alles Band in der W e l t für sich behalten! FBITZ. Sophie! — Lassen wir die M a m a ! — Sie sangen, und wie Sie die Worte sangen, fühlten Sie da auch, was sie bedeuten? SOPHIE. Aber Herr Dorner — lieber Herr Dorner -— Sie wissen ja doch selbst, dafs man darauf nicht antworten darf — •und dafs man auch nicht lieben darf? FRITZ.

Warum dürfte man nicht?

SOPHIE. W e i l — weil ich nur noch ein albernes Mädchen bin. Die Grofsmama hat mir tausendmal gesagt, dafs es schlecht w ä r e , wenn man sich verliebte, ehe man eine ordentliche Dame wäre von vollen ein und zwanzig Jahren , und i c h bin ja noch nicht sechzehn! FHITZ. Aber L e u t e , die es auch verstanden, haben gesagt, man m ü f s t e lieben, wenn man auch nicht d ü r f t e .

55 SOPHIE.

lesser.

Ach nein,

das weifs ich

Man m u f s nicht — Es braucht

kein Mensch verliebt zu seyn, wer's nicht mag, und ich mag nicht, weil ich weifs, dafs es nicht recht wäre —

Nein, ich

will keinen Menschen lieben, wenn ich ihm auch noch so herzlich gut wäre. FBITZ.

Englische Unschuld! —- Ja

Sophie, Sie haben Recht.

Verwahren

Sie I h r Herz vor den Künsten der Verführung, SOPHIE.

Ach, die Leute wissen's auch

recht g u t , dafs ich noch zu jung bin. Vor acht Tagen war Sophientag, und — ich heifse zwar auch Helena, Helena Sophia •— aber auch nicht ein Blümchen habe ich geschenki; bekommen. W e n n ich ein und zwanzig Jahre gewefen w ä r e — FRITZ.

Erwarteten Sie denn von je-

mand ein Bouquet an Ihrem Namenstage? SOPHIE.

Ach — Erwarten just n i c h t ;

aber ich dachte nur dran, dafs hei der

56

Grofsmama das Kcmsinclicn an ihrem Namenstage von ihrem Liebsten so aller» liebste Blumen, und was GeschrieBnes "bekam, das sie dann küfste! Sie liiefs nur Mechtildis, aber ihr Liebster hiefs — sie schämt sicli sehr, und sagt langsam gezogen, als ob e6 ein andrer Name w ä r e ,

Frie-de-rich —

Oh wohin, wohin führt mich dieser Engel! Aber ein Teufel inüfste ich sein, wenn ich dieses offne •unbewehrte Herz überraschte — FBITZ

hei Seite.

GOLDIG draufsen.

He Oben? Mufs sie

sehen! SOPHIE. Ach da hör' ich den plumpen fatalen Stallbuben, den Goldig herauf stürmen — Seufzend. Leben Sie wohl, Herr Dorner.

Adieu Sophie! Holder, sufser Engel! Adieu! FRITZ fafst sie bei der Hand.

Sie geht ab.

57 Achter Auftritt. Goldig.

FRITZ.

GOLDIG in einer lächerlich übertriebenen Englischen Reitklcidmig. FRITZ betrachtet

Na!

I s t s' n i t da ?

ilm. Bravo, mein Schatz,

Bravo! He? Siehst da dein Wunder? Nit? Alls seilst angehen! Aber wo hast die W i t t w c ? GOLDIG.

Sie ist wieder bei ihrer Toilette, und wird in zwei Stunden wicht fertig sein. FRITZ.

GOLDIG. Zwanzig an Eins! Ich braucht' nit so viel Zeit, zehn Pferde für einen Krönungstag aufzuputzen, als sie ihre Liumpen all anzuschnallen.

Aber Goldig, wo will das hinaus ! Wenn dein Vater, und deinGrofsvater wieder aufstünden, Sie kennten ihren dicken Märten nichf mehr. FRITZ.

58 GOLDIG.

Vater und Groisvater! Hol's

der F u c h s ! L a d e n h ü t e r , alte Geldratzen bcid's g e w e s e n !

Y a t e r w a r 'n Zucker-

b ä c k e r , Grofsvater 'n A p o t h e k e r !

Mich

lieifson s' als I h r Gnaden. FRITZ.

J a , aber die W e l t sagt man-

ches über das Kapitel, GOLDIG. FIUTZ.

NA ? DU

' w ä r s t unter Pferdejuden

und allerhand andre Spitzbuben gerathen, und das schöne Vermögen dc3 alien Goldig w ü r d e bald veriitten, vermäkelt, vervvürfelt, v e r f l u c h t , u n d ver —GOLDIG. FBITZ.

Hol der Fuchs die W e l t ! Hast Fieoht, denn von mir

spricht sie auch nicht viel anders.

Aber

jetzt höre i c h , machst du J a g d auf die Rälhin? GOLDIG,

Drauf und los — M u f s sie

haben! FHITZ.

uiuíst —

Ha ha h a J a ,

wenn

du

5? GOLDIG. Mufs — Mufs, sag' ich. Sonst holt mich der Fuchs, beifse sonst in's Gras, mufs accordiren — Hab' aber auch dem Mädel, der Nette, hundert Du» katen versprochen, am Hochzeittagl

Neunter Auftritt, D i e

VORIGEN".

N A

NETTE.

Die Frau Räthin kann alleweile die Herrn nicht annehmen. GOLDIG. W a — W a s ? Nit? Empfindlich. Will fort, wieder zur schwarzen Liefe, wollen 's ausfahren! F R I T Z . Zur schwarzen Liese? Ist das ein Pferd, oder — GOLDIG. 'N Mädel, Ha ha ha! 'n M;ü del! Kennst 's nit ? Hab's lang mit ihr. FRITZ. So, also ordcntlich eine Art von — GOLDIG. Ho 'n herrlichs Miidel! Sclion wie's Wetter, und Sentimeuts hat's NANETTE.

60 dir — von allen Teufeln.

Und eine

Taille! Der Riese aus Tirol — weifst? — der's ihr Bruder.

Sechs Fufs ohne Ab-

sätze — Nun, das ist schon eine räson-

FRITZ.

naLle Länge. Fahr' gar zu gern mit ihr

GOI.DIG.

im Phaeton.

Hab' ihr ein lleitkleid ge-

schenkt

Superb!



himmelblau,

'ne

scharlachrotlie Schärpe, grünen Ilut, gelbe Bänder, weifse Federn, und dem Teufel sein Gold um und um. FRITZ.

A h ! W a h r bleib'.s immer, du

kannst es mit einem jeden Kavalier aufnehmen. GOI.DIG.

Nil?



Falu' nit anders

mehr, als mit vieren — und das geht! u m die E c k e n ' r u m !



Knallt mit dem

Mun.lc — Brr! Hallo! Rasch — Hab' alls, wie lang ich fahre, noch nix überfahren, als einmal 'ne alle Frau, und 'nmal 'n Kind.

6i NASETTE

bei Seite

zu

Goldig.

Machen

ILro Gnaden nur, dafs er mit Ihnen geht, vielleicht — GOLDIG.

Pah!

Hol's der Fuchs die

schwarze L i e s e ! Bist 'n Goldjunge, Fritz ! Komm, wolln eins angeben! FRITZ.

Nein, nein, ich mag mir so

eine g r o f s e Dame nicht zum Feind machen — GOLDIG.

Bist

'11

Narr! Hat mich so

lieb — macht sich den Teufel aus mir! Ein Herz und eine Seele! — Komm du n u r ! W a s du w i l l t ! Spielen eins zusammen — Grad oder Ungrad ? Zieht eine Hand voll Geld aus der Tasche. FRITZ. GOLDIG.

Nit?

Geh nur, und lafs mich. Ne, n e !

Sollst m i t , hab'

wieder 'n Zug aufm Rohr, sollst 'n sehen. FRITZ.

Nein. Ich habe die Stallbuben

und Reitknechte so satt — GOLDIG.

He he h e ! Schrauben s' dich

als — N i t ? Ho, da geh du nit anders,

62 als mit dem Goldig.

Da haben s'Respekt

— Der knallt'n mit der Hetzpeitsche um die Ohren herum — FRITZ;.

Das kann ich auch —

GOLDIG.

DU?

JA,

dafs s' dich ebeil

erst auslach'n! Hol dich der Fuchs! Geht ab.

Da geht wieder einer von

FRITZ.

meinen g u t e n F r e u n d e n hin. Ach! —

Zehnter Auftritt. FRITZ.

MILBURG.

GOLDIG,

der mit ihm zurück kömmt. GOLDIG.

NU was ist,

was

ist,

du?

Sag's! MILBURG.

Eilt euch, eilt euch Jun-

gens ! Es wird sonst zu spät, die Paraden gehen schon an — GOLDIG. MILBURG.

WO , was ?

Du weifst nicht? Die ra-

sende Partie mit dem langen Franzosen

63

Und dem Marqueur Jean. Jean hat ali erwarte Geld herbekommen. Sie spiulen um hundert Dukaten — GOLDIG.

W a s , Billard ?

Ja, au doublé, der Franzose giebt zwei vor. MILEUEG.

GOLDIG.

Dem Jean ?

MILBURG. GOLDIG.

Ja.

Parir' auf den Jean — fünf-

zig Dukaten. Va /

MILBURG.

Pst ! Milburg, was FÄRBST du an? Die Parade ist ungleich, sie steht höchstens vier an fünf. FRITZ.

GOLDIG. W a s , für den Monsieur? setz' hundert an achtzig —FRITZ. GOLDIG.

Val V.

.

.



Nein, nein. Laüt sein. Ich parir e nicht. FRITZ.

MILBURG. FRITZ.

Soll gelten!

MILBURG. FRITZ.

Gilt's die Hundert?

SO

komm!

Nein.

MILBURG. IIa ha ha! Da hättest du gut wetten. Du mufst mit. Denk, Billard ! Das schönste edelste Spiel — Fritz! — Die alten Römer hatten das Spiel schon. —

Was Römer? Werdens'doch keinen Rheinwein führen aufm Koffeehaus? GOLDIG.

IIa ha h a ! — Aber ich geh* nicht mit, Milburg! Mein Gewissen erlaubt mir's nicht. FRITZ.

MILBURG

zieht die Uhr heraus. Alle Teu-

fel ! Wenn du nicht machst, so finden wir die Partie geendigt — W a s ? Schon so früh? — Nein, ich geh' nicht. FRITZ.

65 Sie haben gewiis ange-

MILBURG.

fangen — Haben's? Serviteur. ab.

GOLDIG.

Nun, Fritz! lals die Kin-

MILBURG.

derei, komm! FRITZ.

Nein, durchaus nicht.

MILBURG. ist —

Hoho, wenn's Ihm so Ernst

Er geht.

Warte doch, Milburg, warte. — Ich will den Weg mit dir machen, aber hinein geh' ich nicht. FRITZ.

MILBURG. Quitte ou double, die hundert Dukaten von letzter Nacht, du thust's ? FRITZ.

Tausend, wenn du willst.

MILBURG.

Nein, nein. D i e Hundert?

FRITZ. Ich geh' gewifs nicht. geh' nicht mit dir hinein. MII.BURG. FRITZ.

Va,

Ich

Va denn die hundert? Va!

Sie gehen.

E

66 Eilfter Auftritt. Vorsaal im K ö f f c ehause. Es sitzen und gehen G.Aste, Marqueurs rennen hin und her. SOLLICITATOR

mit zwei P o l i z e i -

tlienern. E i Ii Gast.

MAROUEUR

heraus kommend zu einem

Den Stöfs halten Sie Tollen seilen,

Iliro Gnaden ! den der Jean eben gemacht hat.

Trefs colle!

SOLLIOTATOR.

Hör Er einmal, Freund !

ist Herr Milhurk heim Billard ? MARQUEUR.

Keiner will fast mehr auf

den Franzosen pariren.

Wieder hinein.

Zwölfter Auftritt. Die Vorigen.

S C H M I D T aus dem

Billardball heraus kommend. SCHMIDT.

Er ist nicht da.

S O I . I ICITATOH.

Wissen Sie es ogevrifs?

67 Das Gedräng' ist zwar sehr grois, aber ich habe weder ihn, noch irgend einen von seinen Gesellschaftern gesehen. SCHMIDT.

SoLi.iciTATon.

So wird er nicht kom-

men. SCHMIDT. Ich fange an, es zu hoffen. — Ach, ich zittre, da kömmt einer von ihnen.

Dreizehnter Auftritt. Die

VORIGEN.

GOLDIG,

a « auf

einen Marqueur störst. Na, wie stelit's? MARQUEUJI. Die erste Partie ist eben aus. GOLDIG. Wer hat sie verloren? MAIIQUEUR. Der Franzose. GOLDIG. Huzza, vivat Jean! MAHQUEUIV. Vivat! Beide hinein. SCHMIDT. Gott! Da komme« sie! GOLDIG.

6Q Welcher ist es? Der zweite.

SOLLICITATOR. SCHMIDT.

Jauchzen im innern Saale.

Vierzehnter Auftritt. D i e

VORIGEN.

FRITZ,

MILBURG

kommen eilig.

Ich höre 6ie, ich höre sie! Komm geschwind! MILEURG. Ha ha h a ! Fritz! Wer wollte denn nicht hinein gehen? Wer war so fest entschlossen? FRITZ. Zum Teufel, so mach doch! FRITZ.

Er lauft hinein, Lachen folgen.

Milburg will ihm in vollen»

Ein Wort mit Ihnen, mein Herr, wenn's gefällig ist. MILBURG. Mit mir? Wer sind Sie? W a s wollen Sie? SOLLICITATOR

halt ihn auf.

SOLL ICITATOR zeigt ihm ein Papier vor. S i e

folgen mir in's Polizeiliaus.

— Polizeihaus ? Alle Teufel ! Lassen Sie mich — MISBURG. In's

SoLLiciTATon. Ich muís meine Schuldigkeit thun, mein Herr!

Schuldigkeit;, Schuldigkeit! Da, da Herr! da ist Ihre Schuldigkeit — MILBUIIG.

Indem er ihm einen Beutel aufdringen will.

vortretend. Nein, Herr Milhurg, das darf nicht sein — SCHMIDT

Herr Schmidt! — W a s ? Dorner läist mich arretiren? MILBUUG.

Rechnen Sie Sicli's selbst zu, Herr Milburg. Warum verleiten Sie seinen Sohn immer, solche Oerter zu besuchen ? Er wufste, dafs Sie ihm anlagen» Ihnen hieher zu folgen. Wären Sie nicht mit ihm gekommen, so würden Sie frei sein. SCHMIDT.

Hölle und Teufel! Zu einem aiar^ueur, der vorbei geht. Du, sag' Dornern, dafs er auf der Stelle zu mir komme. MILBURG-

7° MARQUEUR.

Gleich, Ihro Gnaden! Jauchzen im Saal.

MILBURG. Zum Teufel ! lassen Sie mich nur hinein gehen, und die Parlie Sehen. SCHMIDT«

Das geht nicht an, Herr

Milburg! MILBUHG ZU einem andern Marqueur. MARQUEUR. MILBURG. MARQUEUR.

Kail !

Ihro Gnaden ! Wer gewinnt? Der Franzose hat alle

weile die AvantageMILBURG. Sag' Dornern, ich wäre hier in Nöthen. Ich liefse ihn bitten, gleich zu kommen. MARQUEUR.

Sehr wohl, Ihro Gnaden.

MILBURG zum Sollicitator.

Ich zahle

Ihnen zehn Dukaten für fünf Minuten! SCHMIDT.

Fort, fort, meine Herren !

MILBURG zum ersten M a r q u e u r , der zurück

kömmt. Nun, hast du ihm gesagt?

71 MARQUEUR.

Er kann nicht abkommen,

Iliro Gnaden! MII.BUKG.

Schön, Frila ! recht schön !

— Zum zwciico Marqueur. N u n ? MARQUEUR. Für tausend Dukaten könnte er jetzt nicht vom Saale weg. SoT.i.iciïATon. soll ich —

Allons,

Allons !

oder

winkt den Polizcidicncrn.

MILBUHG.

Wollt ihr, ihr Schurken !

— Millionen Teufel! Sie gehen mit ihm ab.

Dritter

Aufzug.

Erster A u f t r i t t . Hauers Wohnung, wie eine A r t v o n Comtoir eingerichtet. L A U E R sitzt mit der Brille, schreibt, und sieht in den- Büchern nach. J A K O B herein tretend. LAUER.

Nun Jakob, warst du, warst du da? JAKOB.

Icli w a r , werthester Herr

Patron! Und was bringst du? Was macht er? — Ist er recht schlecht? JAKOB. Bei ihren Lebzeiten waren sie recht schlecht; dermalen sind sie todt. LAUER vor Freude aufspringend. Todt? JAKOB. Mausctodu LAUER,

LAUER.

Ich bin ein gemachter M a n n !

— Nun Jakob, und was sagen die Leute in seinem Gasthofe ? Wissen sie, wer der Mann w a r ? JAKOB.

Ei w o h l , Herr Patron! Ein

reicher M a n n , ein Mann von Gewicht in seinem Lande. LAUER.

Nun, n u n ! Und, Jakob, dich

hat doch niemand im Hause

gekannt?

Hast auch nicht Ogehört,' dafs sie W i n d gehabt hätten von seinem Besuch

bei

mir? JAKOB.

W a s den ersten Punkt an-

belangt, so habe ich des Herrn Patrons verehrliche Lehren vor Augen gehabt, und ad secundum,

so m u t h m a f s t e n

die

familiares

im Ochsen auch nicht das allermindeste. LAUER.

Brav, brav, Jakob! Gieb du

nur wolil Acht auf mich, und du wirst deinen W e g machen, wirst mir's immer mehr danken,

dais ich dich voh dem

Advokaten wegnahm.

Halt' dich nur

74 Still —- ganz still! Nicht ein W o r t komme über deine Lippen — Ich verspreche dir einen Dukaten. JAKOB.

D e r Herr Patron hatten mir

bereits zwei versprochen. LAUER.

Hatt' ich, Jakob, hatt' ich ? —•

W o h l , w o h l , sollst sie haben. —

Und

warst du bei der Frau Räthin W a g n e r ? JAKOB.

Dieselben werden den Herr»

Patron danknehmigst bei sich sehen. LAUER.

still!

Gut, gut — und still, Jakob,

Kein W o r t , gegen keinen Men-

schen , von dem fremden H e r r n , und dafs er vor acht Tagen hier w a r , und dafs er plötzlich krank w u r d e , und dafs er gestorben ist — Still, mein Jakobchen! JAKOB.

Der Herr Patron gelieben dann

auch mir die zwei Dukaten

gleichsam

pränumerando — LAUER.

J e t z t , Jakob, jetzt schon?

jAkoii. Imniafsen der Herr Patron doch nicht immer auf alles denken können —

75 LAUER. Da, fia, Jakob, du wirst einmal ein ganzer M a n n , ein reicher Mann werden — du hast Verstand, Jakob, ich sehe dir's an — Nur still, und —

Und der Herr Patron weiden Sodann jenes Donum des öfteren — JAKOB.

Gut gesagt., Jakob! J a , ja, dir wird's nicht fehlen; merke nur auf mich, du machst gewifs dein Glück — Da, da kömmt, jemand die Treppe herauf. Fort Jakob, fort, und — drückt den Fingir LAUER.

allí den Mund.

Jakob geht ab.

Zweiter Auftritt. L A U E R .

G O L D I G .

für sich. Das war ein glücklicher Streich! — A h a , Scrviteur, Herr Goldig, Serviteur. W a s steht zu dero Befehl? LAUER

GOLDIG. Geld —. Muís glcich tausend Dukaten haben!

76 LAUER.

Ei, c i ! Sachte, Herr Goldig,

saclite !

Geld

Waare.

D i e Zeiten sind schlimm.

alleweile

eine

rare

M u f s aber haben.

GOLDIG. LAUER.

ist

N u r Sicherheit, Herr Goldig,

Sicherheit —

Sie w i s s e n ,

dafs ich I h r

Freund bin. GOLDIG.

Ja j a , Sicherheit, und fünf-

zig Prozent! LAUER.

Jugend ! — Goldig,

N u n , n u n ! D i e undankbare Haben Sie vergessen, Herr

dafs ich I h n e n f ü r I h r e letzte

R e n t e ganzer h u n d e r t Stück mehr gegeben habe, als I h r Freund, der Jude Aaron, dafür b o t ? GOLDIG.

Freund vous-même! I h r lischt

doch zusammen — LAUER.

D a haben w i r ' S !

immer zu Ihren Diensten ?

W e r war Wer

half

I h n e n immer mit Geld a u s ? H e ? W e n n ich Sie noch so arg verthun s a b ,

sagte

77 ich jemals ein Wörtchen darüber? Machte ich Ihnen nicht alles leicht ? GOLDIG.

Leicht

genug,

hol's

der

F u c h s ! Find' mich jetzt auch so leicht, wie ein'n verhungerten Postgaul. Da ist Ihr guter Freund, der

LAUER.

Herr Milburg,

bei dem habe ich ein

starkes Risiko — GOLDIG.

gar aus.

Milburg? Ho mit dem ist's

D e r alte Dorner hat ihn fpan-

nen lassen,

w o er nit vor nit hinter

kann. LAUEH« GOLDIG. LAUER.

W a s ? Arretirt? Freilich. He Jakob, Jakob! Jakob tritt

herein. Mach dich a u f , Jakob, lauf was du kannst, zu meinem guten Freund, dem Advokaten Plus, und sage i h m , dafs er alle Posten eingiebt,

die ich auf Herrn

Milburg angenommen habe.

Hörst d u ?

DaS Depositum wegen, der Haft möchte er auf meine Rechnung besorgen.

Aber

73 dafs es niclit, heraus käme, hörst d u ? der Herr Milburg aäfse schon — JAKOB. GOLDIG.

Sehr w o h l , Herr Patron, ab Ei, ei, Laueichen! Milburg

ist ja auch so ein guter Freund von euch w i e ich. LAUEB.

W o h l , w o h l , Herr Goldig,

alle g u t , aber unser eins inuls f ü r seine Familie sorgen. GOLDIG.

Na — aber's Geld! Sag's ja,

mufs es gleich haben.

Grafser Pferde-

markt morgen, hab'n Teufelsspafs vor, mufs ein'n überbieten, dafs er schwarz werden möchte — Spekulation, Spekulation! Weifs schon weiter damit — LAUER.

Ja ja, aber liebster, goldner

Herr Goldig, wenn ich Ihnen nun sage, dafs ich nicht kann — GOLDIG.

Mufs dann einen andern

Juden suchen! LAUER.

J u d e , J u d e ! Erweise einer

nur der windigen gottesvergessenen Ju-

79 gentl alles Liebe und Gute — das ist der Lohn! Wer lebt diesen gräuelvollen Zeiten zum Trotz so fromm, wie David Lauer? Aber wart', wart' du böser Bube ! Ich will dich dafür mit Wohl thaten überhäufen, ich will dich zum glücklichsten Prinzen machen. GOLDIG.

He? Was sehwätzt'S?

Nun nun, Geduld! Sie gehen um die Räthin Wagner herum? LAUER.

GOLDIG.

Wie ein Karouselpferd.

Was kriege ich, wenn ich sie Ihnen zuschanze? He? Womit soll mein Pelz gefüttert sein? LAUER.

Ta ta ta! Mit eurem Kuppeln kauf' ich mir keine blinde Mähre. GOLDIG.

LAUER.

SO, SO ? Führt ihn geheinmifsvoll

vor. Herr Goldig, ich habe etwas in Händen — Sollen nicht wissen, was es ist — Etwas, womit ich die Räthin Wagner nach meinem Gefallen verhei-

Co rathen, oder zwingen kann, Wittwe zu bleiben. GOLDIG.

W a s ? Ei so zeigt mir das

Teufelsding. Nicht für zwanzig tausend Dukaten. — Aber verlassen Sie Sich darauf. Ich hab's in Händen. Und Sie sind mein guter Freund, und Sie sollen sie haben — das heilst unter honetten Bedingungen , denn sonst, Herr Goldig, sonst sollen Sie sie nicht haben. LAUER.

Na, zum Exempel, was nennt ihr honett? LAUER. Ich O glaube,' dafs der selige p GOLDIG.

Rath Wagner zweimal hundert tausend Gulden hinterlassen hat. GOLDIG schnappt m i t DCU F i n g e r n . LAUER. Ein rundes Sümmchen, Herr Goldig! Aber mein Gewissen sagt mir, dafs ich in Betracht des Risiko, und des guten Namens, und aller übrigen Umstände nicht weniger als ein Drittheil dabei ab-

öl kriegen darf. — Siebenzig tausend Gulden, Herr Goldig, ist ein honetter Preis — GOLDIG.

Für die Seele eines W u c h e -

rers. LAVER.

Sind Sie das zufrieden, so

schlagen Sie ein. GOLDIG. LAUER.

Siebenzig tausend Gulden? Dafs wir nicht in die Brüche

kommen! Hundert und dreifsig tausend Gulden bleiben dann noch immer — GOLDIG.

HM!

das 's w a h r ! Läfst sich

schon was anfangen mit. LAUEII.

Ich will Ihnen ein Instrument

aufsetzen über den Handel, — und dann — des Menschen Sinn ist veränderlich, mit erscheinen.



io3

D O R N E R schüttelt IHM die Hand. Herr Sie sind ja — Also war Fritz Ihr Freund ? GUTHELM. Und ein sehr grofsmütliiger Freund, Herr Dorner; denn er hat mir in meiner Noth geholfen, ohngeachtet ich immer so aufrichtig war, ihn an seine Fehler zu erinnern. DORHER, Mensch! wie bist du dazu gekommen, ein Strumpffabrikant zu sein ? GUTIIELM. Ich weifs ja nicht, wie ich dazu gekommen bin, überhaupt zu sein ! Aber ein Mensch bin ich, und freue mich dessen. DORNER.

Geben Sie mir Ihre Rech-

nung. GUTIIELM.

Verzeihen Sie, HerrDorner!

Geben Sie, geben Sie. Ich will diese Rechnung selbst bezahlen. DOBNER.

GUTIIELM.

Das darf nicht sein, Herr

Dorner — DORNER.

Herr! Ich dringe darauf.

104

Zehnter Auftritt. Die

VORIGEN.

FRITZ.

DOHNER. Da ist Er also? Warum hat Er diese Leute liieher bestellt? FBITZ. Darüber wollen wir uns gleich erklären, lieber Papa. Zu den Handwerkern. Wollt ihr wohl so gut sein, ein paar Augenblicke draufsen zu verziehen? sie pehen ab. z.u Guthcim. Und Sie, lieber Guthelm — GUTIIELM. Herr Dorner, ich habe Ihnen gehorcht — ab. DORNER. Nun — wie hat Er Sich unterstehen können, mir diesen Schwärm von Heuschrecken über den Hals zu schicken? F R I T Z mit fortgesetzter guter Laune. Noth bricht Eisen, lieber Vater; ich wufste kein Mittel, allein mit ihnen fertig zu werden.



io5

DORNER. Ilat Er wolil e;ar die unverschämte Hoffnung, dafs i c h sie bezahlen kann oder werde? Blutsauger, die sich von den Thorlieitcn solcher Gecken, wie Er ist, ernähren!

Einige darunter mögen freilich nichts besseres sein — aber bezahlt müssen sie doch werden. Die Unschuldigen müssen nicht für die Schuldigen leiden. FRITZ.

DORNER.

Im Hospital wird Er sterben.

Vielleicht, aber die Flüche der Wittwen und Waisen sollen mich da nicht empfangen. FRITZ.

Flitz! — Seine Z ä r t l i c h k e i t Also bezahlt! und wen gedenkt Er zu bestehlen? DORNER.

unterdrückend.

FRITZ.

Mein Name ist Dorner, mein

Vater! DORTHER.

fehlen ilun.

Ist Er nicht — nie

Worte

íoó FRITZ.

Ja mein Valer! Aus meinen Augen! Fort!

DORNEH. FRITZ.

Vater — Sie sind der beste

der Menschen, und ich — Aber ich hasse das Winseln.

Die Reue ist ein jämmer-

liches altes W e i b , das niemals auch nur E i n Gestern zurück gebracht hat. hielte es lieber mit der Besserung

Ich —

W e n n es nicht zu spät w ä r e ! Zu leiden verdiene ich, und leiden will ich.

Aber

Sie haben meine Ehrenschulden getilgt, lassen Sie meine Handwerker nicht unbezahlt gehen. DORNEH.

FniTz.

DU

hast mich ruinirt —-

Nein, o nein! — Ich bin ein

sehr nichtsnutziger Bube gewesen, aber selbst meine Tliorheit kann diefs Haus nicht erschüttern —-

Eilfter Auftritt. D i e

VORIGEN.

SCHMIDT.

SCHMIDT bestürzt herein tretend. W i r w e i ' -

den so überlaufen, kommen können FRITZ

dafs wir nie durch-



crsciiTock.cn.

Wie?

W a s sagen

Sie da? SCHMIDT.

Die Leute fangen an über

das leichte Geld zu murren — DORNER.

Geben Sie's lieber unter sei-

nem Wertlie w e g , zahlen Sie den letzten Dukaten aus der Kasse, und lassen Sie dann das Comtoir zuschliefsen. FJVITZ nimmt Schmidt auf die Seite.

I s t das

Ernst? SCHMIDT. FRITZ.

Herr Dorner Ob es Ernst ist,

— frage ich.

Ist es keine Komödie, um mir Angst zu machen ? SCHMIDT.

Kommen Sie selbst hinun-

ter, und überzeugen Sie Sich.

Wenn wir

io8 in der halben Stunde keinen Zuschufs bekommen, so müssen wir aufhören zu zahlen. Fnirz wild. Tal te ral lera ! Mein Vater? Ist es möglich? Schande, Bankerott? Wirklich, wirklich? Bankerott durch Mich? So, so verhält es sich? — Tal te ral lera! DORNER. Wie siehst du aus? Du erschreckst mich —

FIVITZ auffahrend, und mit dem Fufse stam-

Ha! das ist das einzige Mittel — DORNER. Was meinst du, Fritz? Beruhige dich , mein Sohn! FIVITZ. Adieu, Vater! DORNER. Fritz 1 FRITZ. Mutliig, mein Vater! Verzweifeln Sie nicht. Ich werde Hülfe finden — F ü r sich. Erst zu meinem Freund — er kann nicht fehlen — Wenn er aber — Ha, so sei sie meine Retterin — sie, sie! Meg.'ira selbst! pfend.

10() DORNER.

Fiitz, Fritz! Beruhige dich!

FRITZ. Ich bin ruhig, vollkommen ruhig. So soll es sein! Lassen Sie den Muth nicht sinken — Sie sind mein Vat e r ! Sie waren der erste Handelsmann im Staate — Geehrt von allen Guten, geschätzt von den Grofsen! Sie blühten wundersam — Aber Sie hatten einen Sohn — O ich weifs recht g u t ! DORSER.

Warum rollst du die Augen

so, mein armer Fritz? FRITZ. DORNER.

Ich bleibe nicht lange aus — Hier, Fritz, hieher; nicht

von der Stelle! Er hält ihn bei der Hand zurück.

Es wird noch alles gut gehen. Ich

bin glücklich, ich bin jetzt glücklich! Verlafs mich nicht — Wirklich, wirklich, Fritz, ich bin glücklich — O ich bin sehr glücklich! FRITZ.

Ha ha h a ! — Beim Himmel,

Vater, Sie sind ein braver Mann — Gött-

no

-——-

lieber Vater! lange aus.

AI)er ich bleibe nicbt

DORNEH. Fritz — So höre doch! Ich bin glücklich! E i n L a d e n d i e n e r herein tretend. Herr Schmidt läfst fragen, ob wohin nach Silbergeld geschickt werden soll — F R I T Z WÜTHEIID. Nirgends hin, Schurke, oder zum Teufel — ab.

DoRNEÄ ihm nachrufend, und fast schluchz

Fritz! Fritz! Ich bin ja glücklich — Fritz Dorner ! — In einer Art von Betäubung. Ich bin glücklich — unendlich glücklich ! Er folgt auf die nämliche Seite.

Zwölfter Auftritt. F R I T Z .

L A U E R ,

gezogen wird.

der von ihm herein

JAICOIB.

Ja — wie gesagt — aller" bester Herr Dorner, ich wäre gewils nicht vorbei gegangen, ohne mich nach LAUER.

dem wert.hesten Befinden — Aber sehr pressante Geschäfte — FRITZ. Sie können kein dringenderes Geschäft haben, als das meinige. I J A U E R . Gewifa? Ei, ich schätze mich recht glücklich — will immer entkommen. Wenn Sie mir also die Ehre erweisen wollen — F R I T Z . Nein, jetzt! Jetzt, oder nie!-— L A U E R . Der Herr Sauer ist doch wohl zu Hause? FRITZ. Nein. Ich — LAUER. Würde ihm sonst mein Kompliment gemacht haben, dem vortrefflichen Herrn Sauer — Wie erholt. Nun was steht denn zu Ihrem Befehl? — Jakob, indem er eich gegen ihn herumdreht, und ängstlich die

du kannst indessen so lange draul'sen warten — Bewegung des Stillschweigens macht, Jakob geht hinaus.

Mein guter Lauer, Sie müssen mir Ihre ganze Freundschaft beweisen — FRITZ.

112 LAUER. Freundschaft, Herr Dorner ? Schuldigkeit! — Was wäre ich ohne Ihre Unterstützung? Ihr Vorschufs, und ein paar glückliche Spekulazionen haben mich wieder anfgebracht — W a s hätte ich ohne Sie angefangen ? Und jetzt — Ihnen sei es gedankt — Jetzt kann ich mich mit einem jeden messen, Ihren Herrn Vater, und höchstens etwa noch ein paar Häuser ausgenommen. F R I T Z . Nun, so bin ich glücklich! Sie werden mich vor Verzweiflung retten — LAUER. Kann ich das ? Ei, ich glücklicher Mensch! — So sagen Sie denn an! Wohin soll ich laufen? W a s kann ich tinin ? F I U T Z . Herr Lauer — Meine Bitte ist ernsthaft, sie wird Ihren Eifer auf eine scharfe Probe setzen. L A U E R . Ei um so besser! Wem wollte ich wohl so gern dienen, als Ihnen — Ihnen, dem Sohn unseres eisten Hauses —

n3 FRITZ wild. LAUER.

Sie irren Sich!

Ei ja doch! Dorner et Com-

pagnie können's mit der ganzen W e l t aufnehmen — FRITZ. LAUER. FRITZ.

Sie irren Sich schrecklich — Ah

bah!

Unser Haus ist auf dem Punk-

te , dafs es aufhören mufs zu zahlen — L A U E R m i t offnem M u n d e , k a n n k a u m spre-

chen.

Aufh —

FRITZ. S O weit haben m e i n e Tliorheiten es gebracht — LAUER. FRITZ.

Aufhören zu zahlen! Ich war nie gewohnt, Dienst-

bezeugungen zu erbitten — Aber — LAUER.

Aufhören zu zahlen! —

VerachtenSie mich, verfluchen Sie mich, stofsen Sie mich w e g , aber retten Sic meinen Vater! FRITZ.

LAUER.

Aufhören zu zahlen! II

ü4 FRITZ. Was bedeutet diese Veränderung in Ihrer Miene?

Ah ganz und gar nicht — FRITZ. Ich habe Ihnen unsre Lage anvertraut. Sie und zwei andre Freunde, die ich ebenfalls in bessern Zeiten das Glück hatte verbinden zu können, müssen meinen Vater durch Ihren Kredit bis auf fünfzig tausend Gulden unterstützen — LAUER.

Fünfzig t — Herr Dorner, träumen Sie? Ich fünfzig tausend Gulden? Und wenn's die Hälfte, wenn's der fünfte Theil wäre — Ich? — LAUER.

Heuchlerischer Sch — Hören Sie mich an, Herr! FRITZ.

J a , Herr Dorner! F R I T Z . Ich mufs ruhig sein. Ausbrechend. Sind Sie nicht ein — Sie selbst, Herr Lauer, Sie selbst haben eben gestanden, dafs dieser Dienst nicht über Ihre Kräfte L A U E R furchtsam.

n5 geht, und — Herr, geben Sie wohl Acht — ich d r i n g e darauf, dafs Sie Ihre S c h u l d i g k e i t thun. LAUER. Schuldigkeit, und fünfzig tausend Gulden! — Sind Sie von Sinnen, Herr Dorner? sind Sie von Sinnen? oder denken Sie, dafs i c h von Sinnen bin? FRITZ. Ich denke, dafs Sie der verworfenste aller Menschen sind — LAUER. Nein; sehen Sie, Herr Dorner, alles wollte-ich thun, Ihnen zu helfen — Alles auf der W e l t , da sei der Himmel mein Zeuge! Wo Sie nur beföhlen , wollte ich Ihnen hinlaufen — FRITZ. Und den Staub mir von den Schuhen putzen, nicht wahr? Alles auf der W e l t , was mein Bedienter ausrichten könnte, und Ihnen nichts kostete, das wollten Sie für mich thun ? — Und das nennen Sie Ihre Dankbarkeit zeigen1? Wie ich's auch mit gutem Gewissen kann, Herr Dorner — LAUER.

n6 Und wollen Sie unserm Ilausa nicht lielfen? — Nach allen Diensten, die wir Jahre lang Ihnen erwiesen haben, nach allen Betheuemngen, die Sie täglich wiederholt haben, nach dem Vermögen, das Sie durch unsre Hülfe aufgehäuft haben — Wollen Sie, oder wollen Sie nicht ? FRITZ.

LAUER zurück, tretend.

Aber Herr Dor-

ner — FRITZ eindringend.

Ich frage, ob Sie

nicht wollen? Ach mein Himmel, Sie werden doch einem armen alten Manne nichts zu Leide thun — Ich k a n n nicht! LAUER.

FIHTZ f a t t i h n beim K r a g e n , schüttelt ihn, u n d stufst i h n w ü t e n d fort.

Schurke!

ab.

Gott behüte u n s ! — Aufhören zu zahlen! Dorner et Compagnie! — und fünfzig tausend Gulden — Ich ziltre wahrhaftig über und über — JaLATTER.

Icob! Jakob tritt herein. W a s Ilaben wir noch für Wechsel, Jakob, auf Dorner et Compagnie ? JAKOB.

Haben's der Herr Tatron auch

schon vernommen, den Allann im Hause ? I-JAUEH.

Ach freilich, freilich, Jakob-

chen! Nun, weifst du's aus dem Kopfe? JAKOB.

W i r d wohl gegen fünf tausend

Gulden machen. I JATTCR.

Fünf tausend Gulden — Goti

behüte ! — Du mufst voraus laufen zu meinem es eilten Freunde, dem Herrn Geva H er Schmal — der wohnt zu weit w eD s , 1 als dafs er schon etwas vernommen haben könnte — und mein schönstes Kompliment, er würde mich verbinden — Und wenn du da fertig b i s t , so kannst du in andern Häusern horchen, ob es schon bekannt ist — Es schadet nicht, wenn du es allenfalls herum trägst. Werden Wechsel auf das Haus zu fünfzig

llö Procent Disconto weggegeben, so kaufen wir so viel a u f , als wir können — Die Spekulazion ist gewifs sicher! Ein guter runder Dividend kömmt am Ende doch heraus, ich kenne meine Leute — Nun mach' Jakobchen, mach! Sie gehen ab.

iip

Vierter

Aufzug.

Erster A u f t r i t t . Bei der R ä t h i n NANETTE.

Wagncr.

Ihr folgt F R I T Z ,

halb trunken

v o n W e i n u n d V e r z w e i f l u n g ; er behält durch die folgenden Szenen den A u s d r u c k eineT w i l d e n u n d übertriebnen Lustigkeit. FRITZ.

Voran, du Pförtnerin der Hölle , voran! NANETTE. Aber Ihro Gnaden, haben Sich gewifs versprochen.

Sie

Womit erweiche ich dich, Cerberea? Locke meine Göttin, dafs sie im goldnen Regen herniedersteige, und mich von diesen zerreifsenden Zweifeln erlöse. FRITZ.

NANETTE. Göttin! — Nun ja, sag!;' icli's doch, dafs Sie von Fräulein Sophien sprächen!

Nein, holder Drache, nein!

FRITZ.

Wie,

NANETTE.

Iliro Gnaden ? Zu

meiner alten Herrschaft? F R I T Z . Merkst du endlich? J A ! Schaff mir deine alte Herrschaft mit ihrem alten Golde, dafs sie mir einen alten Mann von Schimpf und Verzweiflung retten helfe. — Ha ha h a ! Verschwinde, Tochter der Nacht! Sag' i h r , in welcher Liebeswuth du mich gesehen hast — Tal te ral lara! NANETTE den Kopf schüttelnd.

Da

kön-

nen Sie's ilir selbst sagen, ab.

Zweiter Auftritt. R A E T I I I N RAETUIN

W A G N E R .

F R I T Z .

lachcbid. Herr D o m e r !

121 Da hin icli ! W i t t w e meiner Seele, da bin ich, entbrannt von Begierde, wütend entschlossen, die Todsünde des Heirathens mit dir zu begehen — Giebst du Hoffnung? Du rettender Engel, sag' an! FRITZ.

Pfui, Sie W i l d e r ! W i e können Sie die Lebensgeister eines armen schwachen Weibes so unbarmherzig in Bewegung setzen? RAETHIN.

Wollen Sie mich haben? Wollen Sie, Madame ? — O sprich nur das belebende J a , und ich bin dein, dein auf Erde und Hölle — FIUTZ.

RAETHIN.

Liebster Herr Dorner —

Ich — Sie — F R I T Z . Nun j a , j a ! Ich weifs alles — das halb erstickte Nein, das hohe Erröthen, der furchtsame Seitenblick — alles das — Lafs uns drüber weg eilen ! Ich nehm's für geschehen an — Nun weiter, weiter! zum schreckliclion Possenspiel selbst —

122

Aber

RAETHIN.



Liebster Herr

Dorner — FRITZ. Glaube nicht, o du süfseste W i t t w e , glaube nicht, dafs dein Fritz toll geworden ist — Nein! Heifs, kühn, himmelansteigend ist mir zu M u t h ! Sieh, wütend verliefs ich meinen Vater, rasend trank, ich drei Bouteillen Champagner hinunter, flog in verliebter Fieberhitze zum Angriff, und will die Yeste erobern, oder auf dem Platz bleiben. — Pulver und Gift stehen auf die Entscheidung, und ich kann Ihnen sagen, Madame, dafs ich ein Mann von Wort bin. — Nun? würdest du meinen Vater verderben, und mich umkommen sehen? Würdest du? RAETIIIN.

Scheine ich Ihnen so grau-

sam? FRITZ.

So sag' denn Ja — Sag', oder

Pistolen — Dolche — Kanonenkugeln —• RAJÜTIIIN.

J a , Qualer, ja , ja !

— FHITZ.

123

Halt, schöne W i t t w e ! Gütige

liolde W i t t w e , h a l t ! Besinne dich.

Ich

bin ein B u b e , der verworfenste Bube — F l i e h e m i c h ! I c h habe nichts mehr auf der W e l t — D o c h w a s wollte das sagen? JVIein V a t e r ,

der!

den habe ich ausge-

p l ü n d e r t , rein ausgeplündert, e r m o r d e t ! H ö r s t du das? Gieb dein Gold h e r , lafs ihn wieder

sein was er w a r ,

und ge-

biete m i r , den Staub zu deinen Füfscn zu k ü s s e n ! RAETIIIN

für

sich.

D e r schöne J u n g e !

— A h Sie Schmeichler! Freilich sind Sie ein w e n i g — ein w e n i g wild gewesen — FIUTZ.

E i n w e n i g ? Ha ha h a !

Der

elendeste H u n d bin ich gewesen — M e i n V a t e r , hörst d u n i c h t ?

mein Vater ist

durch mich zum Bettler geworden — der Könisr der V ä t e r ! O

d e r , w ä r e ich kein '

Bube gewesen, mir seine Seele, sein Herzblut gegeben hätte. d u ihn r e t t e n ?

U n d n u n — willst

124 llAETintí.

Undankbarer!



Was

könnte ich Ihnen abschlagen? FRITZ.

O SO

sei tausendmal gesegnet!

Mein Vater! RAETHIH.

Er wird entzückt sein, zu

hören — Wird e r ? A c h ! — Den Kopf schiittclnd. Sie kennen meinen Vater nicht. Er lieht mich, er liebt mich so zärtlich — Und w i e habe ich ihm gelohnt? — Huzza! Heute Abend ist unsere Hochzeit. FEITZ.

PLAETIIIN. FRITZ.

O Pfui!

Ja wohl, Madonna! Je eher,

je lieber! Es gilt das Leben meines Vaters — Dafür habe ich mich so sterblich verliebt.

Vergessen Sie's nicht — Du

sollst mit offenen Augen sündigen.

Geld,

Geld muís ich haben — morgen mit, dem frühsten müssen fünfzig tausend Gulden — RAETIIIN.

Genug! Sein Sie ruhig.

125

Ja?

FRITZ.

haben ?

Soll icli? soll ich sie

O sprich es noch einmal,

du

selige Erscheinung — soll ich? RAETIIIN.

Liebster Dorner — J a !

Ha, mein Vater wird leben —• wird wieder lachen — wird wieder seines Lebens sich freuen! Halb singend. „O du holde zücht'ge W i t t w e , o du schöne goldne W i t t w e ! " halt' dein W o r t , und ich bin dein, mit Leib und Seele dein — FRITZ.

RAETIIIN-. Und sind Sie wirklich — O nein, nein! — Sie sind nicht verliebt? FRITZ.

W e r ? Ich? Ertrunken in Lie-

he und Champagner — den ich auf deine Gesundheit getrunken habe, auf deine kostbare Gesundheit — will sie küssen. RAETIIIN. Pfui! Ich bin Ihnen böse, wenn Sie so wild sind — Sagen Sie mir, lieber Dorner, Sie brauchen Geld — Könnte nicht ein Tlieil diesen Abend —• Ich habe eine Kleinigkeit —

¿2(5 hwiig. W a s ? Wie viel? RAETHIN. Sechs tausend Dukaten. FRITZ. Sechs — RAETHIN. Die ich zwar schon bestimmt hatte, aber — FRITZ. O nein, nein! Hier ist deines Geldes Bestimmung, süfse Wittwe — Ich will dich aber auch lieben, lieben, dafs — R A E T H I N . Gehen Sie, Sie sind ein gefährlicher Mann — Ich will Ihnen einen Wechsel bringen — F R I T Z . Thu' es, meine blühende Wittw e ! Kaiserin der goldnen Inseln, thu' es! — FRITZ

Aber — Bösewicht! — vergessen Sie nicht, dafs diese Kleinigkeit für Ihren Gebrauch ist. F R I T Z . Nein, du Perle sonder gleichen, für meinen Vater! In meinen Beutel soll kein Dukaten mehr geworfen werden, «las ist ein verschlingender Abgrund — Rette nur meinen Vater, und ich will voa RAETHIN.

127

deinem Almosen leben und athmen — Schüttelt sich unwillig. B r r ! Sic Räthin geht mit einem Händedruck und schmachtenden Blick ab.

O Zeit, Zeit! wenn du mir nicht Mittel schaffst, mich wieder einen Mann zu fühlen —

Dritter Auftritt. N A N E T T E . NANETTE

F R I T Z .

sieht spähend zur Thiire herein.

S t ! — Sie werden jetzt wohl auf das Fräulein warten, Ihro Gnaden, nun Sie unsere Alte los geworden sind. FRITZ. Unsere Alte los geworden? Nein du lebendiges Nadelkissen, nein, du hoffnungsvolle Unschuld von etlichen neun und zwanzig Jahren — Ich bin unsere Alte nicht los geworden, unsere Alto ist meine blühende, sehnsuchtsbange Braut geworden — Im Himmel ist mein Glück mit rother Kanzleischrift aufgeschrieben!

128 NANETTE. Nun, nun, verziehen Sie nur, ich hole Fräulein Sophien, und sage ihr dafs die Mama sia hier sprechen will. — Sie hört die Räthin kommen. A c h ! Sie geht all uaid macht Fritzeu ein Zeichcn.

Vierter Auftritt. R A K T H I K .

FRITZ.

Nun ? Sind Sie vernünftiger geworden? Kann man sich Ihnen wieder anvertrauen? — Hier, hier ist der Wechsel. RAETIII>t.

FRITZ. Hier, xmd hier ist meine Hand. — Nimm sie, sie ist dein, dein mit Ehre und Recht, du hast redlich dafür bezahlt.

NANITTT!. Ei nun, Iliro Gnaden, es scheint immer ein recht wackerer, sauberer, ehrwürdiger alfer Herr. RJLETIIIN. Führe ihn herein — i c h getraue mir zu behaupten, dafs es der Geistliche ist.

Dritter Auftritt. R.AETIIIJ\t.

DORNEH.

DOJINEB. Madame — Ihr gehorsamer Diener —• Ganz gehorsamste Dienerin, Iliro — mein —DORNER. Ich vermuthe nicht, dafs ich die Ehre habe, Ihnen bekannt zu sein — RAETHIN zimperlich. Icli kann indessen doch vielleicht erratlien —— DORTJER. Sollten Sie wirklich? RAETHIN mit grofscr Ehrerbietung.

RAETIITN' den Fächer vorhaltend.

Sie



Ihro — Kommen von — von dem jungen Herrn Dorne r —

i6o



erstaunt. Doch! das thu' icli. R A E T I I I N für sich. Er ist's! — Wollten Sie die Gütigkeit haben Sich niederzulassen, mein bester Herr — Hm — DORNER

Sie werden mich entschuldigen, Madame — DORNER.

Kann ich nicht die Ehre haben, mit einigen Erfrischungen aufzuwarten? RAETHIN.

DORNER.

Madame — Sehr verbun-

den — RAETHIN. Ein Stück Eiscuit, ein Schnitt Apfelsine, ein Gläschen Kapwein — Ich weifs, die Herren Ihres Standes verschmähen wohl zuweilen eine kleine Stärkung von der Art nicht — DORNER. Meines Standes ? RAETHIN. Bitte gehorsamst — ich habe alle Ehrfurcht — und — verschämt, da der Drang der Umstände — DORNER.

Freilich — Hm — ja —

• RAETHIN.

i6i

Sie sind mit Herrn Dorner

bekannt? O ja, ich werde wohl eine Ton seinen ältesten Bekanntschaften sein. R A E T H I N . Und so haben Sie denn unstreitig eine mehr als gewöhnliche — wie soll ich sagen? — Gewogenheit für ihn — D O K N E R . Hm! — ja! — Ich hatte — ich war gewissermafscn schon — schon vor seiner Geburt ein wahrer Freund von ihm — RAETHIN. S O ? — Ah — nämlich, Sie mögen mit der Familie — eine Art von — DORNER. Ja — ja, Madame. RAJETHIN. Und kennen also seinen Vater? DORNER. H M ! — Wie man's nimmt! Ob wir gleich zeitlebens bei einander waren, so wollen die Leute doch sagen, dafs ich ihn nicht recht kenne. DORNER.

L

16a RAETIIIN.

SO?

Ei!

Ist er so

wun-

derlich ? DORNER. Jezuweilen — Zu meinem gröisten Verdrufs habe ich wohl manchmal einen herzlich albernen alten Knaben an ihm gefunden — RAETHIN.

Das bedaure ich doch sehr

— weil — weil ich in kurzem durch die heiligsten Bande — so — Jüngfcriichcs Stocken. DORNE«

lächelnd.

So wünschten Sie

einen guten, nachsichtigen — Papa! RAETHIN.

ES

ist mir denn doch nicht

zu verdenken — Ja — und es thut mir leid, Ihnen nicht mehr Tröstliches von ihm saoen zu können — DORNER.

In der That — ich habe zwar die gröfste — die innigste — hm! RAETIII-N.

— Achtung für den jungen Herrn Dornet — aber für seinen Vater, gestehe

i63 ich, dafs icli nicht das günstigste Vorurtheü — DORNER

hastig. Noch er für S i e , Ma-

dame! RAETIIIN.

Glauben Sie w i r t l i c h ?

DORNER.

Ich w e i f s es, Madame.

RAETIIIN-.

Ja — w i e Sie sehr wohl

sagen — er scheint ein sehr mifsgünstiger, bösartiger — ein eigensinniger, widriger alter Mann — DORNER.

Das habe ich nicht gesagt,

Madame. RAETIIIN.

Ali!

Etwas Vorsicht ist

freilich bei Ihrer Kleidung — in Ihrem Stande — DORNER.

W i e d e r mein Stand? und

meine Kleidung! — Ich weifs nicht, was Sie unter meiner Kleidung meinen, Madame ; aber Herr Dorner ist wenig älter als S i e , Madame, und er hält sich selbst nicht für halb so widrig —

164 RAETIIIN.

Mein Herr —

DonNER sich besinnend. bitte tausendmal —

Ich bitte —

RAETHIN aufspringend nach der Thiire. A c h ,

ich höre den Bräutigam! DOIINER für sich. Verdammt sei meine Lebhaftigkeit! Jetzt weife ich keine Manier mehr, ihr zu sagen wer ich bin. Er tritt auf die Seite.

Vierter Auftritt. Die

VORIGEN".

RAETHIN. FRITZ.

FRITZ.

Nun, Schwärmer!

Nun, Wittwe! —

Dorner fährt

auf, wie er die Stimme seines Sohnes hört, und tritt

Nun? Finde ich das zärtliche Mitleid noch? Kann ich — laugsam näher.

RAETHITT.

St !

FRITZ. Ich brauche schleunige, augenblickliche Hülfe —

165 RAETIIIST.

Hem!

hem!

Eine Minute Aufschub macht mich zum — IVAETIIIN leise. St! Hören Sie denn nicht? Er ist hier, er ist gekommen — ein empfindlicher, ärgerlicher — St! — Laut. Ihr guter Freund ist schon ein« Weile hier, Herr Dorner. FRITZ. Mein Freund ? RAETIIIN. Ihr Freund, der Geistliche. FRITZ.

Auf D o r n e m weisend.

Geistlicher? Ich — Im umkehren. Mein Vater! RAETIIIN. Sein Vater! — Pause. DORNER. Nun Fritz, warum so bestürzt? Ich bin froh, dich hier zu finden — Nach den wechselseitigen Geständnissen, die diese Dame und ich einander schon gethan haben, können wir uns alle Umschweife ersparen. FRITZ.

RAETHIN.

ich —

Herr — Herr Dorner —

i(56 nein, Madame, nicht zurück getreten! Bleiben wir auf dem aufrichtigen, ehrlichen W e g e — DORNER.

O

RAETHIN. Aber — mein Herr —. die Neigung Ihres Herrn Sohnes — DORNER. Ha ha h a ! Neigung, Ma» dame?

Mein — DORNER. Fritz! — Ich weifs, was dich leitete, und werde es nie vergessen. Aber die Ursache selbst hat nun auf«eD FRITZ.

hört. Mein Vater! — Hüten Sich vor falschem Mitleid. Gedenken des Elenden nicht mehr, der einst Sohn war. Ich hasse ein Dasein, mit Ihrem Unglück verbunden ist. FRITZ.

DORNER.

Si« Sie Ihr das

Fritz! Unsre Gefahr ist vor-

über. FRITZ.

W i e ? W a s ist das?

D O R N E R . Sauer ist ein trefflicher Mann. Sein reicher Onkel ist gestorben, und hat

• •• -- '•

167

ihm sein ganzes Vermögen hinterlassen. Auch unsere Bücher sind näher untersucht worden und übertreffen unsere beste Hoffnung — FRITZ ihrp. um den Hals fallend.

Mein

Vater! Hier, Madame, ist auch Ihr Geld wieder — FUITZ. Mein Vater gerettet! RAETIIIN. Aber — Herr Dorner — DÖRFER.

i c h — Im Begriff zu schluchzen. DORHER.

Ich bitte recht sehr, Madame,

nehmen Sie. Wittwe, Wittwe, freue dich! Singe! Jauchze! FRITZ.

Ich brauche das Geld nicht, Ich verachte Ihr Geld — Das Weinen zurück haltend. Und wegen dessen, was ich gesagt habe — ob Sie gleich Herrn Milburg haben festsetzen lassen —F r . i i z . Ha! Er führt auf und sieht nach RAETIIIN.

mein Herr.

der Ohr.

i6Q

thut es mir leid — so bitte ich recht sehr um Vergebung — und wenn Ihr Herr Sohn — RAETHIN.

SO

DORNER. Nun, Fritz ! Warum sprichst D u nicht? Wo gehst du hin? — F r i t z eilt nach der Thüre zu. — Komm zurück, Fritz! Bleib' sag' ich dir!

Ich kann nicht — ich mufs fort — meine Ehre ist auf dem Spiel! FRITZ.

afc.

Ehre ? unruhig. Seine Ehre auf dem Spiel? — Hier, hier Madame. DORNER.

Ihr Papiere vorhaltend. RAETHIN.

Ich sage Ihnen —

DORNER d r ü c k t sie ihr heftig i n die Hand.

Teufel, Madame, das Geld ist Ihre. ab.

Grausame Behandlung! — Treulose Männer! — Euch allen, — allen entsag' ich! RAETHIN.

-

löp

Fünfter Auftritt. RAETIIIN. NANETTE

NANETTE.

läuft mit sichtbaTcr Freude herbei,

als ob sie auf der Lauer gestanden hätte.

Ihro

Gnaden — RAETIIIN

schluchzend. Abscheuliches Ge-

schlecht ! NANETTE.

Ihro Gnaden! Herr Goldig,

Ihro Gnaden — RAETIIIN.

W i e ? Herr Goldig? —

W a s sagtest du, Nanette? Sich erheiternd. Wo ist er? NANETTE.

Unten, Ihro Gnaden.

Ich

habe ihn beredet, herein zu kommen, aber er ist sehr übler Laune. RAETIIIN.

Ach, also ist er schon d a ?

Ja mm — so kann ich nicht wohl — so will ich ihn sehen! NANETTE.

Gewiis, Ihro Gnaden, ich

habe doch immer gesagt, Herr Goldig wäre der rechte M a n n !

RAETHIN.

Hast du, Nanette?

NANETTE.

Aber er sagt:, dafs er die-

sen Abend noch Ihr geschriebenes Versprechen haben müfste, oder nie wieder mit ihro Gnaden sprechen wollte — Ach er ist SO m i t g e n o m m e n ! — Etwas an ihrem Anzüge ändernd.

So,

Ihro

Gnaden!

So!

Das giebt den Augen noch einmal so viel Leben. RAETHIN.

Meinst du, Nanette?

NAMETIE. üffnet die Thtire.

Sechster Auftritt. D i e

V O R I G E N .

G O L D I G .

in der Thüre. Jetzt lassen Sie

NANETTE

sie nicht los — Sie bekommen das Versprechen. RAETHIN. GOLDIG

Nun, Herumläufer ?

vortretend. N a ?

I s t der Koller

vorbei ?

RAETinrr.

Ach Herr Goldig! —

-—— GOLDIG

171

nachspottend. Nicht so vertraut,

mein Herr — RAETIII-N'. GOLDIG.

Grausamer! Vergessen Sie Sich nicht —

hält ihm den Mund zu. Ach! Siehst's W i t t w e ? Ich kenne deine Künste — Willst nit auf's Knallen hören — willst ausschlagen! Ne, ne ! Jetzt mufst dran — Schwarz auf W e i f s ! Il-AXTIIIN GOLDIG.

RAETHIN. W a s ? Nein, Bösewicht.! Nein, Sie sollen dies klopfende Hera nicht iibermeistem — GOLDIG.

Klo — Zu Nancttcn. D u ! was's

das? Sie sollen der Liebe heimliches Entzücken nicht an den Tag reifsen — RAETIIIN.

GOLDIG.

Entzücken !

Sicht w i e d e r nach

Nannten.

Sie sollen das Weih nicht vergessen machen, was sie — GOLDIG. He ! sprich deutsch. RAETHIN.

I J 2

• HAETHIN.

Gehen Sic,

zudringlicher

Mann! GOLDIG. RAETHIN. GOLDIG. RAETHIN. GOLDIG.

Willst also wieder nit? Ich hasse Sie. Ich geh' fort. Undankbarer! Ich geh' fort. Herr Goldig!

RAETHIN

nachrufend.

GOLDIG.

Bin schon fort.

RAETHIN.

Sie sollen das Versprechen

haben. GOLDIG. RAETHIN.

Oho! Da mach' ich links um. Aber ich mufs zu Herrn

Lauer schicken. GOLDIG.

Will selbst hin. Hab' schon

all's richtig mit dem alten Spitzbuben, weifs schon, weifs schon! Lais mich nur machen, bin gleich wieder da — Aber's Ding mufs ich erst haben. RAETHIN.

Nun, so kommen Sie, ich

will schreiben — Kommen Sie, Sie Verräther !

Ab mit Xanetten.



173

'N alter tückischer Gaul! Aber angezogen, nit locker lassen — da geht's doch. GOLDIG.

Siebenter Auftritt. GOLDIG.

M i l b u r g .

hält ihn auf. Nun Bursche, wo ist die Räthin? MILBURG

GOLDIG. Da fragst du den Rechten — spannen morgen zusammen. MILBURG.

W a s ?

GOLDIG. All's richtig — Krieg's eben Schwarz auf Weifs. Lauf' dann nach Lauern — Er will immer gehen, und wird bei

jeder Rede von Milburg gehalten.

Lauern, sagst du? GOLDIG. Ei ja doch! Muis dem alten Geitzhals siebenzig tausend Gulden geben — Aber — St! 's ist ein mörderlich's Gelieimnifs. MILBURG.

174 MILBURG. GOLDIG.

DU

bist toll!

N e , n e ! was ich dir sage.

Er hat sie fest, sie kann nit heirathen ohne seinen Willen. Warum aber ?

MILBUKG. GOLDIG.

Weifs selbst nit.

Tuckmiiuser sagt mir's nit.

Der alte

Er hätt' ein

Dings erwischt — weifs nit, so ein Geschreibsel J Wirklich ?

MILBURG. GOLDIG,

'S

ist gewifs wahr — Aber

du! reinen Mund —

Bin jetzt ein ge-

machter Kerl — Das soll gehen! Sollst deine Freude haben — MILBURG.

SO

Lauft davon.

sag' doch nur — Fort

ist er! —- Was ist das? —

Lauer hat

ein Dings, ein Geschreibsel — bekömmt siebenzig tausend Gulden — Was ist das? Wenn es — Nun, beim Himmel, hier ist keine Zeit zu verlieren! ab.

i/5

Achter Auftritt. Spaziergang F R I T Z .

auf

Darauf

dem

Walle.

D O H H E R ,

FRITZ. W i e lange mufs ich warten? Ich sehe nichts kommen — Die Ohren schneide ich dem Kerl ab, wenn er mich verrathen hat. DORNER kömmt aufser Athcm.

Endlich,

Fritz! FRITZ. DORNER. FRITZ.

Ha, wieder mein Vater! Was machst du hier, Fritz? Ich — mein Vater ! Ich brau-

che Luft. DORUER.

Ich wahrhaftig auch — Du

hast mich einen schönen Tau» herum D»eführt — Was bringt dich Lieber? mit plötzlicher Besinnung. Wö ist das Geld, das du von der Wagner bekommen hast? Nach einer Pause ängstlicher.

Fritz?

W O ist

(las

Geld,

176

* FRITZ

ungern antwortend.

Fort,

mein

Vater! DORNER.

Fort ? Der gröfste Theil.

FRITZ. DORNER.

Und deine Gläubiger

sind

nicht bezahlt? — Nicht? Nein, mein Vater.

FRITZ. DORUER.

Gott! Meine Ahndung! —

Fritz geht unruhig hin und her. E r h a t s i c h

wieder mit Spielern eingelassen, hat alles verloren, Händel gehäbt, und kömmt hieher, einem elenden Dasein ein elendes Ende zu machen — O h ! W e r möchte w o h l Vater sein!

Die Hände ringend.

Neunter Auftritt. Die

VORIGEN.

A u f w ä r t er.

Ein A u f w ä r t e r . Das heilst einen ja in

d e n A p r i l s c h i c k e n ! — Sieht sich um.

Da

siud doch Leute — Zu Dorneru. Ihro Gna-

l

77

den — Heifsen Ihro Gnaden nicht — sind Sie nicht Herr Dorner? DOMJER-

Ja.

A u f w ä r t er.

So bin ich recht —

Herr Milburg schickt mich mit diesem Billet — F R I T Z vortretend.

Das ist an mich, mein

Vater! Wie

DORNER.

kannst

du wissen,

Fritz? Ich bin's gewifs, mein Vater.

FRITZ.

Ich mufs bitten — DOIWER.

Wir haben keine Zeit zu

Komplimenten — Er liest: „Lieber Fritz! „Vergieb mir alles, wodurch ich dich aufbrachte,

vergifs das Unrecht, das ich /

„deinem Vater that." — Mir? —

„Ich

„will mich lieber jeder Schmach unter„werfen, als meine Hand gegen dein Le„ben aufheben.

Ich würde selbst gekom-

„men sein, und fulsfällig deine Verzeih u n g gesucht haben; aber ein andres GeM

178 „Schaft von der größten Wichtigkeit hält „mich ab.

Karl Milburg."

Nach einer

Pause, indem er den Brief in den Händen zerknittert.

Nun, Fritz? — W a s ? Was ist das?

— Sag — sag mir — Hast du mit dem Gelde Milburgs Schulden bezahlt? FBITZ.

JA, mein Vater.

DORNEU hebt heftig die Hände, gleichsam m m Danke, gen Himmel, unterdrückt aber nocli sein Gefühl.

Nun,

und —

u n d w i e h a t er

mir Unrecht gethan ? — Warum wolltest du dich hier mit ihm schlagen? FRITZ.

Er — er hatte unehrerbietig

von Ihnen gesprochen.

Pause.

DORNER die Augen fest auf seinen Sohn geheftet, kann sich endlich nicht langer halten, bedeckt die Augen mit der einen Hand, und streckt die andre nach Fritzen aus.

Fritz!

FRETZ ergreift «eines Vaters Hand,

wendet

sich aber auch weg, um seine Rührung zu verbergen.

Mein Vater!

Pause.

*79 Fritz, Fritz! Innerer Kjunpf

DOKNEÄ.

von Zärtlichkeit. Pause.

Mein guter Vater, lassen Sie

FRITZ.

uns eilen den armen Milburg zu trösten. Was du willst, Fritz! Mach

DORNER.

mit mir was du willst



Oh!

wer

möchte niclit Vater sein! Beide ab.

Zehnter Auftritt Bei der B ä t h i n W a g n e r . und

M I L B U R G MILBURG.

S A U E R

herein tretend.

Wie ich Ihnen sage, Gol-

tlig selbst, der Tölpel, hat sich gegen mich entwischen lassen, dafs Lauer siebenzig tausend Gulden für seine Einwilligung bekömmt. SAUER.

SO

muis der alte Bube zum

Testament gekommen sein — MILBURG.

Und das soll ohne Zweifel

vernichtet werden.

Goldig ist eben mit

Lauern zurück gekommen. Sie sind jetzt bei der Räthin, alle in vollen Freuden, und stehen im Begriff hier herauf zu gehen , ohne Zweifel, um die Sache ungestörter abzuschließen. SAUER.

Was ist da zu thun?

Wir müssen uns hier irgendwo verstecken, und dann auf sie los springen. MILBURG.

S A U E R . Ich hasse das Verstecken. Es ist List, und List ziemt dem ehrlichen Manne nicht. M I L B U R G . Aber in diesem Falle haben wir kein anderes Mittel, und wir gebrauchen es gegen Schurken. Gesetzmäfsigen Beistand können wir nicht zeitig genug erhalten. Iiier sind zwei Kabinets. Gehen Sie in das eine, ich will mich in dem andern einschliefsen. W i r hören dann, womit sie umgehen, und brechen aus, wenn es Zeit ist.





i8i

Wenn es sein mufs — Aber

SAUER.

e3 ist ein verdammter niedriger Schlupfwinkel. Ich höre sie kommen. Machen .Sie schnell. Sic gehen, jeder in. ein Kalnnct. MILBURG.

Eilfter Auftritt. RAETIIIK.

LAUER.

GOLDIG.

Ha ha h a ! Sagt' ich's nicht, Frau Räthin, tlafs ich noch von Ihnen hören würde? Aber Sie sind ein glücklicher M a n n , Herr Goldig, und ich bin ein glücklicher alter Kerl, und Sie sind eine glückliche Frau — W i r haben alle recht viel Glück gehabt. LAUER.

GOLDIG.

Ihr könnt euch wenigstens

über euern Thcil nicht beklagen — LAUER.

Nu, nu, ich bin ja zufrieden!

Wenn man Familie hat — W a s mir ain

l82 Handel gefällt, er ist so sicher, so kurs — Niemand auiser uns dreien wird das mindeste davon wissen — GOLDIG. He Alter, ich kenn' doch noch einen — L A U E R ä n g s t l i c h . Oh, oh — W e r ? GOLDIG. Euer Papa — der Schwarze da unten. L A U E R . Ach je, Herr Goldig, machen Sie mir nicht Angst. RAETIIIN. Nein, Herr Lauer, das ist gewiis : Sie sind ein schlimmer böser Mann. Aber ohne Sie ist ja nichts anzufangen — So halten Sie uns wenigstens nicht länger auf; denn, aufrichtig zu sagen, je eher wir Ihre werthe Gesellschaft los werden — LAUER. N U nu, ich bin gleich fertig. Verliebte Ungeduld, ha ha ha! Hab' xnir's wohl denken können, darum habe ich schon einen Aufsatz mitgebracht, den Sie nur zu unterzeichnen belieben —

Aber das- Testament? das habe ich — Aber erst müssen wir uns wohl verwahren — Ei RAETHIN. LAUER.

O

Verriegelt die zwei Hauptthuren, i e h n zurück, «ieht sich um, erblickt die Kabinets, und verschliefst sie mit ängstlicher Sorgfalt.

Wetter, ihr vergeist auch nichts! — Euch möcht' ich wohl sehen, wenn ihr einmal abmarschiren müist! GOLDIG.

Ein lauter Schlag an die eine Kabinetsthüre.

Gott bewahre! Was ist das ? Hol's der Fuchs! Das ist schnakisch genug — Er kömmt wohl gar vor der Zeit. LAUER.

GOLDIG.

RAETHIN.

Ach!

Ich zittre über und über — Kommen Sie, kommen Sie, lassen^Sie uns machen, dafs wir über das garstige Geschäft wegkommen. Wo ist das Testament? LAUER.

RAETHIN.

GOLDIG.

verzagt!

NA,

alter Bursche, nit so

i84 LAUEn schi'ittclt sich irnd holt Athem.

Ja

— w o blieben wir stehen? R e c h t , erst müssen Sie den Aufsatz unterschreiben. Wie die Rlthin und Goldig an's Unterzeichnen gehn t geschieht ein zweiter Schlag.

Sei u n s der H i m -

mel gnädig! GOLDIG. RAETIIIN. LAUER.



Ich rieche Schwefel — Ach mein Goldig! Die Lichter brennen so blau

Pause. GOLDIG.

P a h ! — Es wird 'ne Katze

im ICabinet stecken. LAUER.

Ach ich hab's in beiden Ka-

binettern gehört! GOLDIG.

N u n , so sind's zwei Katzen

— Kommt, ich will schreiben — Die Rä. ihiü und Goldig unterzeichnen. LAUER.

W O

ist das Heirathsverspre-

chen ? GOLDIG.

Hier.

i85 LAUER.

Nun — hier ist das Testa-

ment, das wir denn zu unsrer aller Sicherheit augenblicklich verbrennen

wollen.

Wie er aufsteht, um es an das Licht zu halten, geschehen vier laute Schläge in den Kabinettern. Lauer fährt zurück, läßt das eine Licht fallen und Wirft das andre um. Die Bühne ist dunkel. LAUER.

Alle guten Geister!

RACTHIN

schreit.

GOLDIG.

HO

ho, Hülfe!

Zwölfter und letzter Auftritt. S A U E R und M I L B U R G brechen die Thüren auf und ergreifen Lauers Aufsatz, und das Versprechen ; hierauf öffnen sie die Zimmerthüren. Zu der einen tritt N A N E T T E mit Lichtern herein, zu der andern S O P H I E ,

F R I T Z und

DORNER. SOPHIE.

Mama, M a m a ,

Ihnen? N

was fehlt

i86 SAUER. W ' O ist das Testament? l a u e r liebt es hastig von der Erde auf. Ha! Bube 1 Gieb es her! Gieb her, oder ich erdrofsle

d i c h ! Er reifst es Lauern aus der Hand. MILBURG. Eine kleine, aber recht honette Gesellschaft finden wir hier beisammen. SAUER

zur Rathin.

Nun Madame —

Schweigen Sie! — komme von Sinnen! RAETHIN.

Ich

Was ist denn vorgefallen ? Was machen Sie alle hier, und eingeschlossen? — Unser charmanter Herr Lauer ist ja auch da! FRITZ.

GOLDIG.

Aus Sorge für seine Familie.

LAUER stiehlt sich weg.

Und deine gewesene —« deine W i t t w e ? DORNEN.

SAUER. Tröstet sich mit dem eisten besten Narren, den ihr der erste beste Schurke aufbürdet —•

187

Serviteur, meine Herren — Jetzt wifst ihr ja wohl, was i c h hier machte, ab. RAETHIN. Ihr seid Barbaren — Ungeheuer I A b in ein Nebenzimmer. SOPHIE. Arme Mama! Nicht wahr, wir haben alle zu vergeben und zu vergessen? Und meiner armen Mama wird auch vergeben und vergessen werden? F R I T Z ZU Dornern. Hören Sie den Engel? DORNER. Fritz hat mir von Ihrem reinen, unschuldigen Herzen gesagt — Ich liebe Sie dafür, dal's Sie mich einen häfslichen alten Mann genannt haben. SOPHIE ZU Fritzen. Pfui, Herr Dorner — SAUER ZU Fritzen. Ihre Hand, junger Mann! Sie haben ein edles Herz, aber Ihr Edelmuth hätte Ihnen verderblicher werden können, als Ihre Thorheil. Nichts auf der Welt — selbst das Unglück Ihres Vaters konnte Ihr unnatürliches Vorhaben nicht rechtfertigen. GOLDIG.

i88 DOTVN'EH.

hat Recht.

Unser

wackerer

Freund

Auch i c h erlasse dir diese

Schuld nicht — wenn sie nicht jemand von dir nehmen will. SOPHIE

Auf Sophien deutend.

hält die Hand vor's Gesicht, Fritz

hilfst ihr die Hand, und der Vorhang fällt.