Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz [1 ed.] 9783428463138, 9783428063130


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German Pages 201 Year 1987

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Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz [1 ed.]
 9783428463138, 9783428063130

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Beiträge zum Parlamentsrecht

Band 12

Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz

Von

Dr. Martin Schürmann

Duncker & Humblot · Berlin

MARTIN SCHÜRMANN

Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz

Beiträge zum Parlamentsrecht Herausgegeben von Norbert Achterberg

Band 12

Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz

Von

Dr. Martin Schürmann

DUNCKER &

HUMBLOT / BERLIN

Die Arbeit wurde ausgezeichnet mit dem "Carl-Sonnenschein-Gedächtnis-Preis" 1987

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Schünnann, Martin:

Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz / von Martin Schürmann. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1987. (Beiträge zum Parlamentsrecht; Bd. 12) ISBN 3-428-06313-9 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06313-9

Geleitwort Die Aufnahme dieses Buches in die Reihe "Beiträge zum Parlamentsrecht" bedarf, vom Thema her gesehen, der Erläuterung. Denn das Parlament ist am Gesetzgebungseinleitungsverfahren, wenn man einmal davon absieht, daß die Initiative auch von "der Mitte" des Parlaments ausgehen kann, nur als Adressat des Gesetzentwurfs beteiligt. Allein dies reicht indessen schon aus, um das Thema für die Beitragsreihe interessant zu machen, denn in jedem Fall, wer auch immer Gesetzesinitiator sein mag, entsteht ein Rechtsverhältnis zum Parlament. Hinzu kommt, daß sich die Literatur dem Einleitungsverfahren monographisch bisher kaum zugewandt hat. Friedrich Murhard hat zwar 1833 die Initiative bei der Gesetzgebung behandelt; gefolgt sind ihm aber nur Adolf Wilhelm Graff in seiner Würzburger Dissertation von 1915 und Heinz Holtzheimer in seiner entsprechenden Arbeit von 1933. Alle diese Schriften hat der Verfasser herangezogen. Schließlich aber ergibt sich die theoretische Einpassung des Bandes in die Schriftenreihe daraus, daß in ihm lediglich das Verfahren beim Erlaß eines formellen Gesetzes oder - da der Verfasser selbst zutreffend auf den inhaltlich offenen Gesetzesbegriff abhebt, nach dem Gesetz der in dem vom Parlament in dem verfassungsrechtlich hierfür vorgesehenen Verfahren erlassene Hoheitsakt ist - "formalisierten" Gesetzes behandelt wird, nicht dagegen auch Verfassungs- oder Satzunggebung. Schürmann geht allen verfassungs- und parlamentsrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem von ihm behandelten Gegenstand ergeben, umfassend nach. Das erste der drei Stadien des Gesetzgebungsprozesses - Einleitung, Beratung, Entwurf - wird damit in wissenschaftlich ertragreicher Weise aufbereitet. 1Vorbert~chterberg

Vorwort Im Rahmen des unverändert großen wissenschaftlichen Interesses an einer Durchleuchtung der Gesetzgebung als staatlicher Leitungsaufgabe versteht sich die Untersuchung der "Grundlagen und Prinzipien des legislatorischen Einleitungsverfahrens nach dem Grundgesetz" als ein Beitrag, der einen bisher eher vernachlässigten Aspekt des Entstehungsprozesses von Gesetzen zu durchdringen versucht. Methodischer Ausgangspunkt ist dabei die verfassungsrechtliche Analyse, eventuelle (verfassungs-)politische Implikationen werden berücksichtigt. Die Abhandlung ist im Wintersemester 1986/87 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christi an-Alb rechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen worden. Rechtsprechung und Literatur aus dem Jahre 1987 konnten teilweise noch eingearbeitet werden. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, sowohl für die fachliche Betreuung dieser Arbeit als auch die wohlwollende Förderung, die ich während meiner langjährigen wissenschaftlichen Tätigkeit an seinem Lehrstuhl erfahren habe. Dank schulde ich auch unserem früheren Lehrstuhlassistenten, Herrn' Professor Dr. Jürgen Makswit, der mich stets in freundschaftlicher Verbundenheit unterstützt hat. Die Erstellung der Arbeit wurde von der Christian-Albrechts-Universität und dem Land Schleswig-Holstein durch die Gewährung eines Promotions stipendiums großzügig gefördert; das Bundesministerium des Innern beteiligte sich an den Druckkosten und trug so zur Veröffentlichung in dieser Form bei. Schließlich danke ich Herrn Professor Dr. Norbert Achterberg für die Aufnahme der Arbeit in die von ihm herausgegebene Reihe, "Beiträge zum Parlamentsrecht" . Kiel, im Oktober 1987

Martin Schürmann

Inhaltsverzeichnis A. Einführung

17

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

24

I. Rechtliche Grundlagen des Einleitungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundgesetzliche Regelung

24

........................... .

24

2. Ergänzung durch die Geschäftsordnungen, Arbeitshilfen und die Verfassungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

...... .

27 27

2. Verhältnis zu anderen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

a) Die Gesetzesinitiative bei den außerordentlichen Gesetzgebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

aa) Gesetzgebungsnotstand (Art. 81 GG) . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

bb) Verteidigungsfall (Art. U5a ff. GG)

31

11. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens

.............. .

1. Die Gesetzesinitiative als Teil des Gesetzgebungsverfahrens

................ .

b) Abgrenzung des Initiativrechts vom Petitionsrecht 3. Die Gesetzesinitiative in den Bundesländern 111. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Bedeutung

32 34 35

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .....

35

2. Verfassungsrechtliche Anforderungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

39

IV. Das "Einbringen" der Gesetzesvorlage

43

V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

1. Rechtliche Grundlagen und Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Voraussetzungen und Grenzen

49

.......................... ......................

49

b) Grenzen der Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Voraussetzungen der Rücknahme

52

3. Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts 1. Die Initiativträger nach Art. 76 GG a) Bundesregierung, Mitte des Bundestages und Bundesrat

56 56 56

10

Inhaltsverzeichnis b) Unabhängigkeit der Initiativrechte .....

58

c) Zulässigkeit gemeinsamer Gesetzesinitiativen d) Rang der Gesetzesinitiativen

... ... ... .

59

.......................

61

aa) Grundsatz der Gleichrangig- bzw. Gleichwertigkeit .... . . ..

61

(1) Verfassungsrechtliche Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Auswirkungen in der parlamentarischen Praxis ........ (aa) Verbot faktischer Bevorzugung oder Benachteiligung. (bb) Verbot normativer Bevorzugung oder Benachteiligung

61 63 63 64

bb) Exklusive Initiativrechte (1) (2) (3) (4)

64

Exekutiver Initiativvorbehalt beim Haushaltsgesetz . Exekutiver Initiativvorbehalt bei Völkervertragsgesetzen .. Exekutiver Initiativvorbehalt bei Art. 29 GG . . . . . . . . . Weitere Ausnahmen aus den Gesichtspunkten der Sachnähe oder der Komplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65 66 70 70

2. Statistische Verteilung der Gesetzesinitiativen in der parlamentarischen Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

71

3. Sonstige nach dem Grundgesetz berechtigte Gesetzesinitiativträger

76

a) Das Staatsvolk als Initiativträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

b) Der Vermittlungsausschuß als Initiativträger

80

..... . . . . . . .

87

c) Die Bundestagsausschüsse als Initiativträger

90

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts 1. Grundsatz der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit des Initianten .. 2. Beschränkung des Initiativrechts durch verfassungsrechtliche Kompetenznormen 3. Beschränkungen des Initiativrechts durch die Pflicht zur Gesetzesinitiative a) Pflicht zur Gesetzesinitiative aus verfassungsrechtlichen Kompetenznormen b) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund besonderer verfassungsrechtlicher Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes

90 92 92

93 94

........

94

bb) Gesetzgebungsaufträge des Bundesverfassungsgerichts .

98

cc) Subjektbezug der Initiativpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund freiwilliger Selbstbindung .. 104 d) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund ausdrücklicher Aufforderung 107 aa) Rechtliche Qualifizierung und Zulässigkeit bb) Rechtsfolgen schlichter Parlamentsbeschlüsse

. . . . . . . . . . . . 107 . . . . . . . . . . . 108

Anhang zu VII.: Die Initiativträger bei der Erfüllung von Gesetzgebungsaufträgen des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Inhaltsverzeichnis

11

VIII. Der Adressat der legislativen Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 IX. Pflicht zur Befassung mit der Gesetzesvorlage

128

1. Dogmatische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

2. Umsetzung und inhaltliche Konkretisierung der Befassungspflicht . . .. 131 a) Drucklegung und Verteilung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

b) Aufnahme in die Tagesordnung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

c) Behandlung der Gesetzesvorlagen im Bundestag aa) Pflicht zur Sachbehandlung

. . .......... 134

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

bb) Zulässigkeit der Behandlung durch Ausschüsse

135

d) Zeitliche Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Die Umgestaltung der Gesetzesvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Gestaltungsfreiheit des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 b) Grenzen der Umgestaltung

....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

aa) Institutionelle Grenzen ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) Sachliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 cc) Die Gesetzesvorlage als Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 146 148

4. Ausnahmen von der Befassungspflicht

a) Fehlen der formellen Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Inhaltliche Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 aa) Prüfungskompetenz des Bundestagspräsidenten .......... 149 bb) Kompetenz des Plenums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 X. Auswirkungen des Diskontinuitätsgrundsatzes auf das legislative Einleitungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Der Grundsatz der Diskontinuität

153

2. Die Auswirkungen der sachlichen Diskontinuität

155

a) Bereits im Bundestag eingebrachte Gesetzesvorlagen

155

b) Noch nicht im Bundestag eingebrachte Gesetzesvorlagen ....... 156

c.

Entstehungsgeschichte des Art. 76 GG

I. Historische Vorläufer der heutigen Initiativregelung

1. Die Verfassungen von 1849 und 1871

162

. . . . . . . . . . . . . . 162

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

2. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

H. Zustandekommen des Art. 76 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Gesetzgebung unter der Besatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 169

2. Herrenchiemsee-Entwurf und Parlamentarischer Rat . . . . . . . . . . . . 170

12

Inhaltsverzeichnis

III. Bisherige Änderungen des Art. 76 GG

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

1. Das 18. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes

173

2. Das 23. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes

176

Literaturverzeichnis

179

Sachverzeichnis

196

Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. abw. a.E. ÄndG a.F. AK Anm. AO AöR arg. Art. BayVBI. BayVerfGH BB BGBI. BGH BHO BK BRat BReg BStBI.

BT

BVerfGE BVerfGG BVerwGE ders. dies. Diss. DÖV Drucks. Dt. DV DV:Bl. DVP

am Anfang am angegebenen Orte abweichend am Ende Änderungsgesetz alte Fassung Alternativkommentar Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts argumentum Artikel Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Betriebsberater Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Bonner Kommentar Bundesrat Bundesregierung Bundessteuerblatt Bundestag Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts derselbe dieselbe( n) Dissertation Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Deutsch( es) Deutsche Verwaltung (später DÖV) Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Verwaltungspraxis

14

E EStG EWG f.

FamRZ ff. FG Fn. Franz. FS

G

GBI. gern.

GG

ggf. GGO GMBI. GO HA HA-Steno HehE HdbDStR h.M. Hrsg. HS i.d.F. Ld. S. L e.S. L S. v. HaI. LV.m. L w.S. JA JöR JR Jura JuS JZ KStG lat.

Abkürzungsverzeichnis Entscheidung Einkommenssteuergesetz Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende (Singular) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht folgende (Plural) Festgabe (für) Fußnote französisch Festschrift (für) Gesetz Gesetzblatt gemäß Grundgesetz vom 23. Mai 1949 gegebenenfalls Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien Gemeinsames Ministerialblatt Geschäftsordnung Hauptausschuß Stenographische Mitschriften des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates Herrenchiemsee-Entwurf Handbuch des Deutschen Staatsrechts herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz in der Fassung in diesem Sinne im engeren Sinne im Sinne von italienisch in Verbindung mit im weiteren Sinne Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch des öffentlichen Rechts Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Körperschaftssteuergesetz lateinisch

Abkürzungsverzeichnis Lds. lit. LS m.a.W.

15

Landessatzung Buchstabe Leitsatz mit anderen Worten Mitglied des Bundestages MdB Monatsschrift für Deutsches Recht MDR m. w. Nachw. = mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift NJW Nummer Nr. Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ NZA Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Oberverwaltungsgericht OVG Preußisch( er) Preuß. Prot. Protokoll PVS Politische Vierteljahresschrift Rdn. Randnummer RGBI. Reichsgesetzblatt Reichstag RT RV Reichsverfassung vom 16. April 1871 S. Seite Sitzungsprotokoll Sitz. Prot. sogenannte(r) sog. Stenographischer Bericht Sten.Ber. Stenographisches Protokoll Steno. Prot. Staatsgerichtshof StGH Staats- und Kommunalverwaltung StuKV unter anderem u.a. unter Umständen u.U. Verfassung Verf. Verhandlungen Verhdlgen. Vermittlungsausschuß VermA Verwaltungsgericht VG Verwaltungsgerichtshof VGH vergleiche vgl. Vorbem. Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VVDStRL WP Wahlperiode WRV Weimarer Reichsverfassung ZaöRV Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel z.B. Zeitschrift für Gesetzgebung ZG

16 ZgStW ZMR ZParl ZRP z.T.

Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil

A. Einführung Unter den klassischen Staatsfunktionen hat die Gesetzgebung schon frühzeitig den wichtigsten Rang eingenommen!. Ihre hervorgehobene Position in der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes erschließt sich von der Aufgabe her, die ihr durch das Grundgesetz vorgegeben ist. "Parlamentarische Gesetzgebung soll im Rahmen der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung die grundlegenden und grundsätzlichen Entscheidungen des Gemeinwesens regeln"2. In allen parlamentarisch-demokratischen Staaten des Industriezeitalters läßt sich - ausgelöst durch zunehmende öffentliche Anstrengungen zur Daseinsvorsorge und wachsende Technisierung - eine Tendenz zur "Vergesetzlichung" erkennen. Damit gewinnen Gesetze auch quantitativ immer mehr an Bedeutung3 . Allenthalben regeln Gesetze das Leben der Bürger und prägen entscheidend das Gesicht eines Staates. Nicht zu Unrecht wird behauptet, daß ein demokratisches, rechts- und sozial staatliches sowie förderalistisches Gemeinwesen seiner Natur nach ein Gesetzesstaat sein muß4. Das Gesetz als spezifisches Ordnungsmittel des (Rechts-)Staates bestimmt Rechte und Pflichten von Individuum und Gemeinschaft sowie der Exekutive und Judikative (vgl. Art. 20111,97 I des Grundgesetzes 5)6; es ist damit nicht zuletzt sichtbarer Ausdruck politischer Macht. Im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung bedürfen Gesetze daher einer entsprechenden demokratischen Legitimation (vgl. Art. 20 11 GG), die sie zumindest in formeller Hinsicht aus der Einhaltung eines bestimmten, verfassungsrechtlich determinierten Entstehungsprozesses und besonders qualifi1 Siehe nur Stern, II § 37 I 2 (S. 560); Schneider, Rdn. 1; Mattem, S. 51 ("Die Gesetzgebung ist der Pulsschlag des Parlaments. An ihrer Stetigkeit kann man die Ordnung und das Funktionieren eines Staates ablesen".). 2 BVerfGE 45,297,331/332 unter Bezugnahme auf E 33, 125, 158f.; auch Hesse, Rdn. 503 und Schmidt-Bleibtreu I Klein, Vorb. vor Art. 70 Rdn. 1 (S. 746/747) m. w.Nachw. aus der Literatur. 3 Siehe hierzu nur Hesse, Rdn. 502ff.; Ley, DVP 1981, 49; Strätling, S. 8; Prior, S. 184; auch das Geleitwort der Herausgeber zur neu erschienenen Zeitschrift für Gesetzgebung (ZG) Heft 1,1986, S. 1. 4 Siehe nur von Münch, Art. 70 Rdn. 3 m. w. Nachw. zur Gesetzgebung im Rechtsstaat; Ley, DVP 1981,49; auch Hesse, Rdn. 194. 5 Im folgenden nur noch GG genannt. 6 Hill, S. 38; ders., Jura 1986, 286, 288 spricht insoweit von einer "Leitfunktion" gegenüber der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt.

2 Schünnann

18

A. Einführung

zierten Hervorbringungsorganen ableiten 7 . Dieser durch die Geschichte zu belegende Umstand findet auch im Grundgesetz seine BestätigungS. Jedes Gesetz muß durch den Bundestag, d. h. ein vom Volk unmittelbar gewähltes oberstes Verfassungsorgan, in einem sorgfältig ausgestalteten rechtsstaatlichen - teils komplizierten und aufwendigen - Verfahren erlassen werden. Hierdurch unterscheidet es sich von anderen Formen der Rechtserzeugung und erlangt seinen besonderen, abstrakt-normativen Rang, seine Verbindlichkeit und seine hohe Autorität9 • Gleichzeitig stellt aber die Gesetzgebung, respektive ihr Entstehungsprozeß auch eines der Kernprobleme des modernen Staates dar lO ; nicht immer wird nämlich das Gesetzgebungsverfahren in der Praxis den hohen verfassungsrechtlichen Qualitätsanforderungen gerecht, so daß mitunter schon von einem "Niedergang des Gesetzgebungsverfahrens" die Rede war l1 . Die Behandlung von Problemen aus dem Bereich der Gesetzgebung gehörte in den ersten Jahren unserer Verfassung eher zu den "Stiefkindern der juristischen Wissenschaft und Literatur und teilte damit das Schicksal des allgemeinen Parlamentsrechts, das nur selten eine wissenschaftliche Würdigung fand"12. Erst in jüngerer Zeit gewinnt sie zunehmend an Bedeutung13 • In Wissenschaft und Praxis findet eine Auseinandersetzung mit den vielfältigen Fragestellungen der Rechtsgewinnung unter den verschiedensten Aspekten statt. Die Tendenz zur festen Etablierung der "Gesetzgebungslehre" als eigenständiger Wissenschaftsdisziplin ist dabei ebenso unverkennbar 14 wie die gegenwärtig stetig anschwellende Zahl einschlägiger Publikationen 15. Der 7 Siehe nur Hili, S. 38 m. w. Nachw.; Pestalozza, Formenrnißbrauch, S. 159 ("Das Verfahren konstituiert das Gesetz."); grundlegend und umfassend Luhmann, u. a. S. 15f., 174ff. 8 Starck, S. 157. 9 Katz, Rdn. 420; Starck, S. 157, Grawert, Jura 1982, 300, 305. 10 Von Münch, Art. 70 Rdn. 3. 11 So der Titel eines Aufsatzes von H. Schneider, FS Müller, S. 421ff. 12 Kleinrahm, AöR 79 (1953/54),137; auch Karpen, AöR 108 (1983), 450 ("Aschenbrödel-Dasein"). 13 Siehe nur Schulze-Fielitz, ZG 1 (1986), 87 ("Gesetzgebung als wissenschaftliches Thema scheint zu haussieren. "); auch Karpen, ZG 1 (1986), 5; Schreckenberger, S. 5 (Vorwort) ("Probleme der Gesetzgebung sind zu einem bevorzugten Gegenstand der öffentlichen Kritik und der wissenschaftlichen Erörterung geworden".) 14 Siehe Achterberg, ZG 3 (1986), 221, 222 sowie u. a. die Bestandsaufnahmen von Hili, Jura 1986, 57ff.; Karpen, ZG 1 (1986), 5ff.; Wyduckel, DVBI. 1982, 1175ff.; Krems, S. 21 ff., der sich eingehend mit dem Begriff "Gesetzgebungslehre" auseinandersetzt. 15 Grundlegend hierzu etwa Noll, Gesetzgebungslehre, 1973; Rödig (Hrsg.), Studien zu einer Theorie der Gesetzgebung, 1976; Krems, Grundfragen der Gesetzgebungslehre, 1979; Winkler / Schilcher, Gesetzgebung, 1981; Öhlinger, Methodik der Gesetzgebung, 1982; Schneider, Gesetzgebung, 1982; Schreckenberger (Hrsg.), Gesetzgebungslehre, 1985; umfangreiche weitere Nachweise u. a. bei Karpen, ZG 1 (1986), 5ff.; Hili, S. 1ff.; ders., Jura 1986, 57; Schulze-Fielitz, ZG 1 (1986),87,88 Fn. 3; Gusy,

A. Einführung

19

Themenkreis der "Gesetzgebungslehre" ist interdisziplinär und fordert neben Politik-, Wirtschafts-, Sozial- und Sprachwissenschaften insbesondere auch die Rechtswissenschaft mit ihren Fachrichtungen Verfassungsrecht, Rechtstheorie, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie zur Zusammenarbeit heraus!6. Dabei wird es weithin als Bedürfnis empfunden, das Verfahren der Gesetzesschaffung und der Ausgestaltung grundsätzlich zu behandeln!7. Eine Untersuchung der Probleme des legislatorischen (oder auch "legislativen") Einleitungsverfahrens nach Art. 76 GG darf insofern als Beitrag zu diesen verstärkten Bemühungen der Wissenschaft verstanden werden, die Gesetzgebung als staatliche Leitungsaufgabe zu durchleuchten, zu methodisieren und damit letztlich zu verbessern. Sie wird sich allerdings entgegen den überwiegend rechtsphilosophischen, rechtssoziologischen, rechts- und normentheoretischen Ansätzen in erster Linie auf die verfassungsrechtlichen Determinanten zu beziehen haben und dabei bestrebt sein, den bisher von der Gesetzgebungslehre vernachlässigten Gesetzesentstehungsprozeß!8, speziell bezüglich der Einleitungsphase zu analysieren. Obgleich die meisten verfassungsrechtlichen Darstellungen das Gesetzgebungsverfahren ansprechen, wird gerade das Einleitungsverfahren mit seinen vielfältigen Fragestellungen oft nur sehr kursorisch abgehandelt!9. Lediglich einige, überwiegend ältere Monographien nehmen sich eingehender dieses Themas an 20 ; neuere Literatur, die speziell das Einleitungsverfahren zum Gegenstand hat, gibt es - soweit ersichtlich - nicht. Die formelle Bedeutung des legislativen Einleitungsverfahrens besteht in der Anstoß- und Eröffnungsfunktion für den gesamten Entstehungsprozeß eines Gesetzes, da hier das Initiativrecht zur Ausübung gelangt2!. Dieser Verfahrensabschnitt wird damit zur unverzichtbaren Nahtstelle bei der Umsetzung politischer Konzeptionen in die Rechtswirklichkeit. Ohne eine entsprechende Gesetzesinitiative kann der politische Wille nicht allgemein verbindliches Gesetz werden; er bleibt nur politisches Programm. ZRP 1985,291; Achterberg, DÖV 1982, 976; Wyduckel, DVBI. 1982, 1175ff.; Schneider, Rdn. 2 ff.; siehe auch die Auswahlbibliographie zur Gesetzgebungslehre bei Schreckenberger, a.a.O., S. 187 - 201. Speziell zur Entwicklung der Gesetzgebungslehre in Österreich Stelzer, ZG 2 (1986), 101ff. und in der Schweiz Keller, ZG 3 (1986), 197ff. 16 Hill, S. 3ff.; Meßerschmidt, Jura 1985, 218. 17 Siehe etwa Schneider, Rdn. 1 a.E. 18 Dieses Defizit beklagen u. a. die Herausgeber der Zeitschrift für Gesetzgebung in ihrem Vorwort, ZG 1 (1986), 3; siehe auch Schulze-Fielitz, Das Parlament als Organ der Kontrolle im Gesetzgebungsprozeß, S. 73174; hierzu Kilian, DVBI. 1985,516,517. 19 Vgl. auch Ziller, FS Schnellknecht, S. 135, 136 ("Der Initiativtätigkeit ist dagegen bisher nur vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit geschenkt worden ... "). 20 Siehe z. B. Holtzheimer, Die Gesetzesinitiative in Deutschland, Königsberg 1933; Graff, Das Recht und die Praxis der Gesetzgebungsinitiative in Deutschland, Würzburg 1915; Murhard, Die Initiative bei der Gesetzgebung, Kassel 1833. 21 Siehe auch Piepenstock, S. 9 unter Bezugnahme auf Triepel, AöR 39 (1920), 456, 497. 2'

20

A. Einführung

Den weiteren materiellen Stellenwert dieses Gesetzgebungsstadiums veranschaulicht der Ausspruch eines langgedienten und erfahrenen Parlamentariers: " ... wenn sich der formelle Gesetzgeber (also: der Bundestag) mit dem Gesetzentwurf befaßt, sind die Würfel bereits gefallen"22. Auch in der Wissenschaft wird der vorentscheidende Charakter dieses Verfahrensabschnittes im Hinblick auf das spätere Gesetz bestätigt und vor allem für die Bundesregierung besonders hervorgehoben23 . Thematisch betrifft das legislatorische Einleitungsverfahren einen Teilaspekt des gesamten Gesetzgebungsverfahrens, welches ein Bundesgesetz bei seiner Entstehung zu durchlaufen hat. Wie die Begrifflichkeit schon andeutet, handelt es sich bei dem Einleitungsverfahren um den verfassungsrechtlichen Anfangspunkt des formalisierten Gesetzgebungsprozesses. Die grundgesetzliche Regelung in Art. 76 GG mag auf den ersten Blick zwar unproblematisch erscheinen, doch bot sie bis in die Gegenwart immer wieder Anlaß zu vielfältigen Kontroversen in Wissenschaft und Praxis. Das gilt etwa für die Frage, ob eine Gesetzesvorlage im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens derart verändert werden darf, daß ihre der Schlußabstimmung endlich zugrunde liegende Fassung mit dem ursprünglichen Gesetzentwurf nur noch wenig gemein hat. In diesem Zusammenhang stellt sich weitergehend die generelle Frage, ob und ggf. inwieweit dem Gesetzesinitiativrecht überhaupt verfassungsrechtliche Schranken gesetzt sind. Neben diesen größeren Problemkomplexen tauchen während des Einleitungsverfahrens eine Reihe von interessanten Detailfragen auf, denen nachzugehen sich lohnt: Wie wirkt sich beispielsweise der Grundsatz der Diskontinuität des Bundestages auf das Einleitungsverfahren aus? Inwieweit dürfen einmal im Parlament eingebrachte Gesetzesvorlagen wieder zurückgenommen werden? Diese und andere bezüglich des legislativen Einleitungsverfahrens auftretenden Zweifelsfragen und Probleme erneut zu überdenken, erscheint um so mehr geboten, als erst unlängst auch verschiedene Reformvorschläge gemacht wurden. Zur Sicherung der Länder-Eigenstaatlichkeit und Stärkung der Landesparlamente empfiehlt etwa eine von den Fraktionsvorsitzendenkonferenzen von CDU/CSU, SPD und FDP berufene interfraktionelle Arbeitsgruppe "Kompetenzen der Landtage" eine Änderung des Art. 76 GG: Erstens solle die Frist für die Bundesratsstellungnahme verlängert und zweitens der Bundesrat auch bei Initiativen aus der Mitte des Bundestages beteiligt werden 24 • Daneben bilBTVizePräs.Schmitt-Vockenhausen, S. 146. Siehe nur Scheuner, DÖV 1965; 510, 513 ("Die Gesetzesinitiative ist ein Kernstück der Regierung als leitender, planender, programmierender Bestimmungen der Ziele und der Richtung des Staates".); auch ders., DÖV 1974, 433, 438; ferner Apelt, S. 17ff. (u. a. "Kardinalproblem"). 24 Empfehlungen der interfraktionellen Arbeitsgruppe vom 30.11.1984; wiedergegeben bei Thaysen, ZParl 1985, 179, 1831184; siehe auch Albrecht Martin, ZParl 1984, 22 23

A. Einführung

21

dete sich eine Abgeordnetenaktion zur besseren Respektierung des freien Mandats und zur Wahrung des Parlamentsansehens, die - obgleich primär im Hinblick auf Art. 38 Satz 1 GG begründet - auch für Art. 76 GG von Bedeutung ist 25 • Die Untersuchung des legislatorischen Einleitungsverfahrens will Grundlagen und Prinzipien unter dem Aspekt des sog. äußeren Gesetzgebungsverfahrens herausarbeiten. Hierunter wird - im Unterschied zum sog. inneren Gesetzgebungsverfahren, das den legislativen Willens- und Entscheidungsbildungsprozeß erfaßt 26 - der in Art. 76 - 78 und 82 GG geregelte förmliche Entstehungsprozeß eines Gesetzes, insbesondere Zeitpunkt, Umfang und prozedurale Beteiligung der verschiedenen Legislativorgane verstanden 27 ,28. Die Erörterung geschieht vor allem verfassungsrechtlich, versucht aber auch, die tatsächlichen und die politischen Implikationen nicht außer acht zu lassen. Normativer Ansatzpunkt der Überlegungen ist dabei stets Art. 76 GG als zentrale Regelungsnorm des Einleitungsverfahrens. Verzichtet wurde auf eine Einzeldarstellung von Art. 76 II und III GG, da sie den Rahmen der Grundlagen und Prinzipien gesprengt hätte. Die das Verfahren an vielen Stellen ergänzenden Regeln der verschiedenen Geschäftsordnungen werden zur Vervollständigung der Analyse mit einbezogen. Die Untersuchung beschränkt sich im übrigen auf das Einleitungsverfahren zum Erlaß sog. formeller Gesetze. Damit findet eine Abgrenzung statt gegenüber den Verfahrensregeln beim Erlaß von Rechtsverordnungen, Satzungen sowie anderen nach der überkommenen dualistischen Lehre als nur materielle Gesetze bezeichneten Vorschriften29 • Demgemäß werden die in der Arbeit 278,289 sowie die Entschließung der Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente, beschlossen auf der 56. Konferenz der Präsidenten am 14.1.1983 in Bonn, abgedr. in ZParl1983, 377ff.; hierzu jüngst Erichsen, Jura 1986, 337, 340; Scholz, FS Carstens, S. 831ff. Vgl. ferner die Vorschläge der Enquete-Kommission Verfassungsreform, BT-Drs. 7/5924, S. 123ff. 25 Vgl. nur ZParl 1984, 171ff.; Bannas, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.7.1985, S. 1 u. 4. 26 Vgl. Hili, S. 62 und ders., Jura 1986,57,60,286,291 im Anschluß an Schwerdtfeger, FS Ipsen, S. 173ff.; zum sog. inneren Gesetzgebungsverfahren auch AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 6; Hili, S. 72ff.; ders., Jura 1986, 286, 291f.; Karpen, ZG 1 (1986), 5,8,10. 27 Vgl. Hili, S. 62 und Jura 1986, 57, 60, 286, 291; zum äußeren Gesetzgebungsverfahren siehe auch AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 7; Hili, S. 82ff.; ders., Jura 1986, 286, 292ff.; Karpen, ZG 1 (1986),5,8, 10; ferner Starck, S. 157 ("Gesetzgebungsverfahren als äußere Form des Gesetzes"); Hugger, S. 61. 28 Kritisch zu diesen Begriffsbildungen Karpen, AöR 108 (1983), 450, 455; Meßerschmidt, Jura 1985, 218, 220 Fn. 24. 29 Zum Begriff der formellen und materiellen Gesetze siehe nur Hesse, Rdn. 502; Maunz / Zippelius, § 30 V 1 (S. 268); Degenhart, Rdn. 195ff.; Hili, S. 30ff.; ders., Jura 1986, 286, 287f.; Stern, 11 § 37 13,4 (S. 561ff.; 566ff.) m. umfangr. Nachw.; grundlegend hierzu auch Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 226ff.;

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A. Einführung

verwandten Begriffe "Gesetz" und "Gesetzgebung" auch rein formal verstanden: Gesetz ist danach der vom Parlament im dafür verfassungs rechtlich vorgesehenen Verfahren und in der Form eines Gesetzes erlassene Hoheitsakt (sog. "formalisierter Gesetzesbegriff")3°; als "Gesetzgebung" wird der gesamte prozedurale Entstehungsprozeß dieses Legislativaktes begriffen. Für das legislatorische Einleitungsverfahren hat die sog. Gesetzesinitiative zentrale Bedeutung. Hierunter soll der erste tätige Anstoß verstanden werden, der durch die Vorlage eines Gesetzentwurfs den politischen Willen zum Ausdruck bringt, den verfassungsrechtlich vorgesehenen Gesetzgebungsprozeß mit dem Ziel eines bestimmten Gesetzes in Gang zu setzen3!. Diejenigen Rechtssubjekte, die hierzu grundgesetzlich befugt sind, besitzen das sog. GesetzesinitiativrechP2; dieses ist heute 33 identisch mit dem sog. Einbringungsrecht, d. h. mit dem Recht, Gesetzesvorlagen formell dem Parlament zu unterbreiten und auch ihre Behandlung verlangen zu können 34 • Das "Gesetzgebungsverfahren" umfaßt schließlich definitorisch die Gesamtheit der von der Verfassung aufgestellten formellen Verfahrensvorschriften, die eingehalten werden müssen, damit ein derartiger Akt alle Wirkungen des Gesetzes entfalten kann 35 • Für die Untersuchung des legislativen Einleitungsverfahrens erweist sich eine Grobgliederung in drei Teile als zweckmäßig: Der erste Teil (A.) diente der Einführung in die zu behandelnde Thematik und deren Problemstellungen. Im Hauptteil der Arbeit (B.) werden dann die alle Initiativträger geltenden, allgemeinen Grundsätze und Strukturprinzipien des Einleitungsverfahrens dargestellt. Ausgehend von den normativen Grundlagen (I.) und der systematischen Stellung des Einleitungsverfahrens (11.) werden zunächst die

für

Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, S. 21ff., 94ff., 21Off.; Roellecke, Der Begriff des positiven Gesetzes und das Grundgesetz, S. 158ff. 30 So oder ähnlich, teilweise m. w. Nachw. BVerfGE 18,389,391; Achterberg, DÖV 1973, 289, 297; Degenhart, Rdn. 195; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 2; Grawert, Jura 1982, 300, 304; Maunz / Zippelius, § 30 V 1 (S. 268). Vgl. auch Hesse, Rdn. 502, 506; Stern, II u. a. § 37 I 3b (S. 564), 4b (S. 568); Scheuner, DÖV 1960, 601, 603; aus hist. Sicht u. a. Stern, II § 37 I 2 (S. 560/561). 31 Vgl. M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 1; Schmitt, S. 5; HenseJer, NJW 1982, 849, 853. 32 Vgl. Mössner, S. 123; Model/Müller, Art. 76 S. 452. 33 Unter der WRV wurde zwischen dem Initiativ- und dem Einbringungsrecht unterschieden; hierzu nur AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 10 ff. und noch unten IV. sowie Teil C. I. 2. 34 So oder ganz ähnlich auch M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 1; Badura, Rdn. F 41; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 1 a; Hamann / Lenz, Art. 76 B 1; Schramm / Schmidt-Troje, S. 99; Maunz / Zippelius, § 30 VI (S. 268); Fundis, S. 51; von Münch, Rdn. 448; Münz, S. 115; Straßer, S. 3/4; Willigmann, S. 3; Troßmann, 1967, S. 86,137; Bardenhewer, S. 84; Graff, Einl. S. XV; vgl. auch BVerfGE 1, 144, 153. 35 So etwa Willigmann, S. 1; Straßer, S. 1; vgl. auch OLG Köln NJW 1977, 1463, 1464; Schneider, Rdn. 27.

A. Einführung

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Gesetzesvorlage als Gegenstand der Gesetzesinitiative (III.) sowie deren "Einbringung" (IV.) und Rücknahme (V.) behandelt. Es folgen die Darstellung der Initiativberechtigten (VI.), der inhaltlichen Schranken der Initiative (VII.) und der AdressatensteIlung des Bundestages (VIII.). Eine Betrachtung der für alle Initiativträger bedeutsamen Frage nach der Befassungspflicht des Bundestages (IX.) und den Auswirkungen der parlamentarischen Diskontinuität auf das Einleitungsverfahren (X.) be enden diesen zweiten Oberpunkt. Der geschichtliche Überblick, den der dritte Teil (c.) vermitteln möchte, erscheint geboten, weil eine Reihe von bis in die Gegenwart aktuellen Problemen nur vor dem Hintergrund ihrer historischen Entstehung und Entwicklung begriffen werden können. In dem ersten Kapitel dieses Teils werden demgemäß zunächst die historischen Vorläufer der heutigen grundgesetzlichen Regelung vorgestellt (I.) und darauf aufbauend die Entstehung des Art. 76 GG selbst erläutert (II.). Das letzte, dritte Kapitel der historischen Ausführungen dient schließlich dazu, die seit 1949 bis heute erfolgten Änderungen des Art. 76 GG zu dokumentieren und zu erläutern.

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren I. Rechtliche Grundlagen des Einleitungsverfahrens 1. Grundgesetzliche Regelung

Das legislative Einleitungsverfahren für die Gesetzgebung des Bundes ist verfassungsrechtlich in Art. 76 des Grundgesetzes geregelt. Diese Grundgesetznorm besteht aus drei Absätzen: In Art. 76 I GG werden zunächst der Bundestag als Adressat der Gesetzesinitiative und die initiativbefugten Rechtssubjekte (Bundesregierung, Mitte des Bundestages und Bundesrat) bestimmt; die Absätze 2 und 3 regeln dann Einzelheiten des Verfahrens, das von der Bundesregierung oder dem Bundesrat initiierte Gesetzesvorlagen bis zur Zuleitung an den Bundestag zu durchlaufen haben. 2. Ergänzung durch die Geschäftsordnungen, Arbeitshilfen und die Verfassungspraxis

Im Grundgesetz ist das Gesetzgebungsverfahren in Art. 76 - 78 und 82 GG lediglich in seinen Grundzügen normativ verfaßtl. Die verfassungsrechtlichen Anordnungen werden in vielfacher Hinsicht durch autonome Verfahrensregelungen der am Gesetzgebungsprozeß beteiligten Verfassungsorgane und durch die Verfassungspraxis ergänzt und vervollständigt. Die verfassungsrechtliche Norm (Art. 76 GG) erfaßt beispielsweise nicht das Verfahren der Vorbereitung bzw. Erarbeitung der Gesetzesvorlagen, obgleich jedem Gesetzentwurf notwendig eine entsprechende Vorbereitungsphase vorausgehen muß, damit er überhaupt einbringungsfähig ist 2 • Es werden daher verschiedene, zumeist als Geschäftsordnung bezeichnete Bestimmungen relevant, die im folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Es sind dies in erster Linie: - Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO BT) in der Fassung vom 2. Juli 1980 3 , zuletzt geändert am 17. März 1982 und 18. Dezember 19864 • 1 Wohl im Hinblick hierauf spricht Scheuner, DÖV 1974, 433, 438 davon, daß "die Oesetzesinitiative in Art. 76 00 eher versteckt als verdeutlicht" worden sei; siehe auch Schulze-Fielitz, Das Parlament als Organ der Kontrolle im Oesetzgebungsprozeß, S. 75. 2 So u. a. Stern, II § 37 III 2b (S. 615). 3 BOB!. I 1980, S. 1237. 4 BOB!. I 1982, S. 400 und BOB!. I 1987, S. 147.

1. Rechtliche Grundlagen des Einleitungsverfahrens

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- Geschäftsordnung des Bundesrates (GO BRat) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 19665 • - Geschäftsordnung der Bundesregierung (GO BReg) in der Fassung vom 12. Juli 19766 . - Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) in der Fassung der Neubekanntmachung vom 10. Oktober und 15. Oktober 19767 , zuletzt geändert am 10. Oktober 19808 , berichtigt durch Bekanntmachung vom 3. November 19809 • Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages wird vom Parlament aufgrund der Ermächtigung des Art. 40 I 2 GG erlassen. Eine entsprechende Regelung enthält für den Bundesrat Art. 52 III 2 GG. Für die Bundesregierung ist als ausdrückliche Ermächtigung Art. 65 S. 4 GG einschlägig, wobei diese Geschäftsordnung noch der - allerdings nicht konstitutiven lO - Genehmigung des Bundespräsidenten bedarf. Über die Rechtsnatur dieser Geschäftsordnungen besteht - nach wie vor Streit ll . Die Geschäftsordnungen von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gelten nach überkommener Auffassung als innerkorporatives, autonomes Recht 12 • Dabei bedeutet "autonom" das Recht, bestimmte ihre jeweiligen Aufgaben betreffende Funktionen selbständig zu reglementieren. Hinsichtlich der Rechtsnatur der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien wird im Unterschied dazu u. a. vertreten, daß es sich um eine Verwaltungsanordnung 13 bzw. eine allgemeine Verwaltungsvorschrift 14 handele oder aber um BGB!. I 1966, S. 437. GMB!. 1976, S. 354. 7 GMB!. 1976, S. 542. 8 GMB!. 1980, S. 471. 9 GMB!. 1980, S. 652. 10 Siehe nur von Mangoldt / Klein, Art. 65 Er!. VI a. A.; Reifenberg, S. 52. Dies wird nicht immer hinreichend deutlich gemacht; siehe u. a. bei Hesse, Rdn. 627 oder auch von Münch / Liesegang, Art. 65 Rdn. 17. 11 Dieser ist allerdings von eher theoretischer Bedeutung. 12 So u. a. BVerfGE 1, 144, 148 (ausdrücklich zwar nur für den Bundestag, aber wohl auf den Bundesrat und die Bundesregierung übertragbar); so etwa Lechner / Hülshoff, S. 271; Schneider, Rdn. 281; auch von Mangoldt / Klein, Art. 40 Er!. IV 1 (S. 914/915) für den Bundestag, Art. 52 Er!. VI 1a für den Bundesrat, Art. 65 Er!. VI 1a für die Bundesregierung. Anderer Ansicht: u. a. Bockenförde, S. 122f. (Verfassungssatzung), ihm folgend von Münch / Liesegang, Art. 65 Rdn. 17. Vg!. hierzu ferner Achterberg, FS Broermann, S. 317, 331ff.; ders.; Parlamentsrecht, S. 38ff., 327f.; Arndt, S. 139f.; Mattern, S. 78; Reifenberg, S. 51ff.; Stern, 11 § 26 II16a (S. 82), § 31 IV 2b (S. 307); Scheuner, FS Eschenburg, S. 143ff.; Steiger, S. 43f.; Troßmann, JöR 28 (1979) 1, 39f. 13 Honnacker / Grimm, S. 27; Lange, S. 291; Semar, S. 48; Neyses, S. 7 und Brenner, BB 1960,873,875 (Verwaltungsverordnung). 14 Kindermänn, Richtlinien, S.27; Bernau, S. 121ff., insb. 126ff.; Reifenberg, S.54. 5

6

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

eine generelle interne Dienstanweisung der Ressortchefs an ihre Ministerien l5 . Einigkeit besteht allerseits über das Fehlen einer außenwirkenden Rechtsqualität l6 • Unabhängig von der Frage der jeweiligen Rechtsnatur ist man im übrigen übereinstimmend der Auffassung, daß sämtliche Regelungen jedenfalls im Rang der Verfassung und dem Gesetz nachgehen 17 • In den Geschäftsordnungen werden grundlegende, zumeist innere Angelegenheiten der betreffenden Kollegialorgane - z. B. deren Organisation, Verfahren sowie Arbeitsweise - geregelt, um dadurch eine geordnete und effektive Aufgabenerledigung und ein bestmögliches Funktionieren des Parlamentsbetriebes zu gewährleisten 18. Daneben ist noch auf die sog. "Arbeitshilfen" hinzuweisen, die durch den Bundesminister der Justiz aufgrund einer Ermächtigung in § 38 GGO II erlassen worden sind. Sie besitzen keine Rechtsverbindlichkeit, beinhalten vielmehr lediglich interne Empfehlungen zur Gestaltung von Gesetzentwürfen l9 . Die Regelungen in den Geschäftsordnungen sowie die Arbeitshilfen werden schließlich noch durch faktische Übungen und ungeschriebene Parlamentstraditionen bzw. -bräuche ergänzt und modifiziert 20 , deren rechtliche Qualität im einzelnen umstritten ist 21 • Sie sind vor allem als Auslegungskriterium dienlich22 .

15 Stern, 11 § 31 IV 2b (S. 307); Beinhofer, S. 97; Lechner / Hülshoff, S. 360,414; Schneider, Rdn. 281, Fn.12. Von Mangoldt / Klein, Art. 65 Erl. VI4 und Böckenförde, S. 127 vertreten Mischformen. 16 Siehe nur Lechner / Hülshoff, S. 414; Kirn, ZRP 1973, 49, 50; Böckenförde, S. 127; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 281; Stern, 11 § 26III 6d, § 31 IV 2b (S. 307) m. w. Nachw.; Saipa, S. 140. 17 Siehe nur BVerfGE 1, 144, 148; 44, 308, 315; von Mangoldt / Klein, Art. 40 Erl. IV 2 Abs. 1 (S. 915) für den Bundestag, Art. 52 Erl. VI 1 b Abs. 1 für den Bundesrat, Art. 65 Erl. VI 1 b Abs. 1 (S. 1269) für die Bundesregierung; auch Lechner / Hülshoff, S. 271; Stern, II § 26 III 6c, § 31 IV 2b (S. 307) m.w.Nachw.; Konrad, DÖV 1971,80. IS BVerfGE 1, 144, 148; auch Delbrück, DÖV 1970, 229, 231. 19 Eingehend hierzu etwa Kindermann, DÖV 1981, 855ff.; auch AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 7; Wyduckel, DVBI. 1982, 1175, 1177. 20 Vgl. BVerfGE 1, 144, 148/149 m. w. Nachw. aus der vorkonstitutionellen Rechtsprechung sowie Konrad, DÖV 1971,80 ebenfalls m.w.Nachw. und Schulze-Fielitz, Das Parlament als Organ der Kontrolle im Gesetzgebungsprozeß, S. 75. 21 Siehe hierzu etwa Schmidt-Jortzig, ZgStW 130 (1974), 123, 133ff. m. w. Nachw.; Stern, II § 26 III 6b. 22 Siehe nur Schröder, Grundlagen, S. 247ff., 315; ders., Jura 1982, 449, 453.

H. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens

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11. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens 1. Die Gesetzesinitiative als Teil des Gesetzgebungsvedahrens

Systematischer Standort des legislativen Einleitungsverfahrens ist der VII. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 70 - 82 GG), der die grundlegenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen für die Gesetzgebung des Bundes enthält23 • Dieser Abschnitt kann grob in zwei inhaltlich verschiedene Regelungsbereiche unterteilt werden: Es handelt sich einerseits um Zuständigkeits-, andererseits um Verfahrensnormen24 . An den Anfang gestellt sind zunächst die Vorschriften über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern (Art. 70 - 75 GG)25. Nach unserer förderativen Verfassung ist der Bund für den Gesetzeserlaß insofern prinzipiell nur zuständig, wenn das Grundgesetz ihm dazu ausdrücklich die Befugnis einräumt 26 ; im übrigen steht den Ländern das Recht der Gesetzgebung zu (vgl. Art. 30, 70 I GG). Nach den Zuständigkeitsvorschriften folgen im zweiten Komplex (Art. 76ff. GG) die grundlegenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen; dabei wird zwischen dem ordentlichen (Art. 76 - 79 und 82 GG) und dem außerordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Art. 80a, vor allem 81 GG)27 differenziert. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren bezeichnet den normalen und regelmäßigen Weg, auf dem die Bundesgesetze zustande kommen. Abweichend hiervon gibt es im Spannungs- und Notstandsfall besondere prozedurale Regeln, das sog. außerordentliche Gesetzgebungsverfahren 28 • Verfassungsänderungen unterliegen nach Art. 79 GG zwar besonderen, gesteigerten Anforderungen, beurteilen sich aber grundsätzlich ebenfalls nach denselben Regeln wie das ordentliche Gesetzgebungsverfahren29 • Eine gewisse Sonderstellung nimmt innerhalb dieser Verfahrensvorschriften Art. 80 GG ein, der den Erlaß von Rechtsverordnungen behandelt. Die Rechtsverordnungen stehen in der Normenhierarchie im Range unter dem Vgl. auch die Überschrift des VII. Abschnitts "Die Gesetzgebung des Bundes". Die Vermengung dieser beiden Bereiche in einem Abschnitt wird z. T. kritisiert; siehe nur von Münch, Art. 70 Rdn. 1. 25 Daneben finden sich an zahlreichen anderen Stellen im Grundgesetz weitere Zuständigkeitsnormen, z. B. Art. 21 III, 38 III, 105 GG. 26 Außerdem werden auch einige ungeschriebene Zuständigkeiten des Bundes anerkannt; siehe hierzu Schmidt-Bleibtreu / Klein, Vorbem. vor Art. 70 Rdn. 4ff.; Seifert / Hömig, Vorbem. zu Art. 70 Rdn. 2; Handschuh, S. 38; instruktiv von Mutius, Jura 1986,498. 27 Für das Gesetzgebungsverfahren im Verteidigungsfall gelten daneben die besonderen Bestimmungen der Art. 115 a ff., in sb . 115 b, 115 e GG; siehe dazu noch im folgenden unter 2. a) bb). 28 Siehe dazu noch im folgenden unter 2. a). 29 Degenhart, Rdn. 450 m. w. Einzelh.; Badura, Rdn. F 61. 23

24

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

28

Gesetz und tragen durch die Möglichkeit der Delegation rechtsetzender Gewalt auf die Exekutive zur Entlastung und Flexibilisierung des Gesetzgebers bepo. Ausfertigung, Verkündung und Inkrafttreten von Rechtsverordnungen richten sich nach Art. 82 I 2 und 11 GG31. Das legislative Einleitungsverfahren nach Art. 76 GG gehört innerhalb dieser Kategorisierung zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, welches in drei Abschnitte gegliedert werden kann 32 : - Einleitungs- oder Initiativverfahren (Art. 76 GG), - Haupt- oder Beschlußverfahren (Art. 77, 78 GG), - Abschlußverfahren (Art. 82 GG).

Soweit eine Unterteilung in mehr als drei Abschnitte erfolgt33, läßt diese sich prinzipiell wiederum auf die genannten drei - durch das Grundgesetz selbst vorgezeichneten - Abschnitte zurückführen. Gegenstand dieser Untersuchung ist das Einleitungsverfahren. Es stellt den prozeduralen Beginn des grundgesetzlich formalisierten Entstehungsprozesses der Gesetze dar. In der sich anschließenden zweiten Phase (Haupt- oder Beschlußverfahren) wird der vom Initianten eingebrachte Gesetzentwurf im Plenum und in den Ausschüssen des Bundestages beraten und dann verabschiedet (Art. 77 I 1 GG). Die nunmehr stattfindende Beteiligung des Bundesrates (Art. 77 I 2 GG) hängt davon ab, ob es sich um ein sog. Zustimmungs- oder nur um ein sog. Einspruchsgesetz handelt. Die Ländervertretung ist in beiden Fällen berechtigt, den Vermittlungsausschuß anzurufen (Art. 77 11 1 GG) bzw. das Gesetz abzulehnen; möglich ist es auch, nach Beendigung des Vermittlungsverfahrens Einspruch einzulegen (Art. 77 111 1 GG). Für ein zustimmungsbedürftiges Gesetz bedarf es - wie der Name schon sagt - zwingend der Zustimmung des Bundesrates; wird sie endgültig versagt, ist das Gesetz gescheitert. Hat der Vermittlungsausschuß einen Komprornißvorschlag vorgelegt, so muß hierüber erneut der Bundesrat beschließen (Art. 77 11 5 GG). Ein vom Bundesrat eingelegter Einspruch (Art. 77 111 1 GG) kann - sofern er nicht zurückgenommen wird (Art. 78,4. Fall GG) - vom Bundestag mit der gleichen Stimmenmehrheit, die bei der Einlegung erreicht wurde, zurückge\\iesen werden (Art. 77 IV; 78, 5. Fall GG). Im einSiehe nur Seifert / Hömig, Art. 80 Rdn. 1. Zur Rechtsverordnung im Verteidigungsfall siehe Art. 115k 1,11 GG. 32 So u. a. auch Degenhart, Rdn. 437 a. E.; Hill, S. 82; ders., Jura 1986, 286, 293; Battis / Gusy, S. 151; Kissler, JöR 26 (1977) 39, 109; Ley, DVP 1981, 49; wohl auch Mössner, S. 122ff.; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 349 nimmt eine Einteilung in drei, allerdings abweichende "Stadien" vor; ähnlich auch Ellwein, in: Handbuch, S. 1093, 1106; Kabel, S. 371. 33 Siehe z. B. Stern, 11 § 37 III 2b (S. 615) (9 bzw. 10 Abschnitte); AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 4 (5 Phasen); Mattem, S. 51 (4 Stufen); Triepel, AöR 39 (1920), 456, 472ff. (4 Stadien), ihm folgend Münz, S. 35; siehe auch Otten, S. 1 unter Bezugnahme auf Laband. 30 31

II. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens

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zeinen richtet sich das Zustandekommen des Gesetzes nach den verschiedenen Möglichkeiten des Art. 78 GG. Die förmliche Endphase bildet das in Art. 82 GG geregelte (gleichnamige) Abschlußverfahren. Das nach den genannten Vorschriften zustandegekommene Bundesgesetz wird vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler und den zuständigen Minister (vgl. Art. 58 S. 1 GG) ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Dabei bedeutet Ausfertigung die Beurkundung, daß der Gesetzestext mit dem vom Gesetzgeber beschlossenen Gesetzesinhalt übereinstimmt und das Verfahren ordnungsgemäß durchlaufen hat34 . Den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bestimmen die Gesetze in der Regel selbst, fehlt die Bestimmung so treten sie automatisch mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist (Art. 8211 GG). 2. Verhältnis zu anderen Regelungen

a) Die Gesetzesinitiative bei den außerordentlichen Gesetzgebungsverfahren

Neben dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren enthält das Grundgesetz für bestimmte Ausnahmesituationen - den Gesetzgebungsnotstand (Art. 81 GG) und den Verteidigungsfall (Art. 115aff. GG) - modifizierende Sonderregeln. Zur Abgrenzung soll im folgenden kurz dargestellt werden, wie in diesen Fällen das Initiativverfahren abläuft und welche Besonderheiten sich im Hinblick auf das Einleitungsverfahren nach Art. 76 GG ergeben. aa) Gesetzgebungsnotstand (Art. 81 GG) Der bisher in der Praxis nicht angewendete Art. 81 GG bildet im Falle einer denkbaren "Lahmlegung" der Gesetzgebungsarbeit durch das Fehlen einer konstruktiven Bundestagsmehrheit eine verfassungsmäßige Möglichkeit, außerhalb von Art. 77 GG ein Gesetz zu verabschieden 35 . Prozedural setzt diese Regelung allerdings erst nach dem Einleitungsverfahren des Art. 76 GG ein, wenn nämlich eine Gesetzesvorlage - obgleich von der Bundesregierung als dringlich bezeichnet bzw. vom Bundeskanzler mit der Vertrauensfrage (Art. 68 GG) verbunden - vom Bundestag nicht gern. Art. 77 I 1 GG beschlossen wird. Der Bundespräsident kann auf Antrag der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates den Gesetzgebungsnotstand erklären. HierSiehe nur Seifert / Hömig, Art. 82 Rdn. 2. Seifert / Hömig, Art. 81 Rdn. 1; siehe zum Gesetzgebungsnotstand etwa Hesse, Rdn. 726ff.; Schunck / De Clerck, S. 286; Stern, II § 53; ders., FS Schäfer, S. 129ff.; Richter, S. 108ff.; auch schon Schneider, DV 1949, 324, 326. 34

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B. Das legislatorische Ein1eitungsverfahren

durch wird der Bundesregierung grundsätzlich ermöglicht, mit Unterstützung des Bundesrates Gesetze ohne den Bundestag zu erlassen. Soweit in Art. 81 GG der Terminus "Gesetzesvorlage" gebraucht wird, ist hiermit - wie in Art. 76 GG36 - ein textlich exakt ausformulierter Gesetzentwurf gemeint37 . Da derselbe allgemeine Begriff in Art. 76 GG für Gesetzentwürfe der Bundesregierung, des Bundesrates und der Mitte des Bundestages verwandt wird und somit nicht nur auf Regierungsvorlagen beschränkt ist, muß es sich auch hier bei Art. 81 GG nicht notwendig um eine Vorlage der Bundesregierung handeln 38 ; auslösender Tatbestand für die Erklärung des Gesetzgebungsnotstandes kann vielmehr auch die parlamentarische Ablehnung einer Bundesratsvorlage bzw. einer Vorlage aus der Mitte des Bundestages sein 39 . Ausschlaggebend ist insoweit allein, daß die Bundesregierung die betreffende Gesetzesvorlage als dringlich bezeichnet, da sie hierdurch auch nicht von ihr stammende Gesetzentwürfe "zu ihrem Anliegen macht"40. Das Grundgesetz schreibt nicht vor, wann und wie die Dringlichkeitserklärung der Bundesregierung zu erfolgen hat. Nach allgemeiner Ansicht kann sie zeitlich von der Einbringung der Vorlage im Bundestag (Art. 76 GG) bis hin zur parlamentarischen Schlußabstimmung (Art. 77 I 1 GG) erfolgen41 . Der Form nach kann die Erklärung schriftlich schon auf der Vorlage selbst - wohl nur bei Regierungsvorlagen - vermerkt bzw. ihr gesondert beigefügt oder auch nur mündlich im Bundestag abgegeben werden42 . Auf die Gesetzesvorlage selbst und das Einleitungsverfahren wirkt sich die Dringlichkeitserklärung daher höchstens noch bei der Einbringung aus; es erfolgt aber keine textliche Veränderung oder Umgestaltung der Vorlage, bestenfalls kann eine Regierungsvorlage von vornherein einen Dringlichkeitsvermerk tragen. Im übrigen aber hat diesem besonderen Notstandsverfahren nach Art. 81 GG das normale Einleitungsverfahren nach Art. 76 GG vorauszugehen. Siehe noch unten III. 2. Von Münch / Liesegang, Art. 81 Rdn. 8. 38 Dieser Eindruck entsteht allerdings angesichts der sehr mißverständlichen Formulierung in § 99 I 1 GO BT ("Gesetzentwürfe der Bundesregierung ... "); siehe hierzu die berechtigte Kritik u. a. bei Troßman / Roll, § 99 Rdn. 1; Ritzel / Bücker, § 99 I 1 lit. f. 39 Von Münch / Liesegang, Art. 81 Rdn. 8; von Mangoldt / Klein, Art. 81 Er!. VII 2 a aa; M / D / H / Sch, Art. 81 Rdn. 6 Fn. 2; Troßmann, § 102 Rdn. 3.1; Ritzel / Bücker, § 99 I 1d; Stern, FS Schäfer, S. 135; auch Troßmann / Roll, § 99 Rdn. 1. 40 Ritzel / Bücker, § 99 I 1lit.f a. E.; Stern, FS Schäfer, S. 135. Die Dringlichkeitsentscheidung stellt einen verfassungsrechtlich verankerten Gubernativakt des Kollegialorgans Bundesregierung dar, der als politische Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Überprüfung prinzipiell entzogen ist; Troßmann, § 102 Rdn. 7; Stern, FS Schäfer, S. 135; von Münch / Liesegang, Art. 81 Rdn. 9. 41 Von Mangoldt / Klein, Art. 81 Er!. III 3c; Stern, FS Schäfer, S. 135; Troßmann, § 102 Rdn. 7; vg!. auch Ritzel / Bücker, § 99 I 1 d a. E. 42 Siehe auch Troßmann, § 102 Rdn. 7; die für die Rechtssicherheit erforderliche Fixierung erfolgt dann durch das stenographische Protokoll. 36 37

II. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens

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bb) Verteidigungsfall (Art. 115aff. GG)

Im Jahre 196843 sind in das Grundgesetz eine Reihe von Bestimmungen für den Fall des äußeren und inneren Notstands, für Naturkatastrophen und besonders schwere Unglücksfälle aufgenommen worden (sog. Notstandsverfassung)44. Der wichtigste Teil der Notstandsverfassung, die Vorschriften über den Verteidigungsfall, sind im Anschluß an Art. 115 GG in einem gesonderten Abschnitt Xa (115a - I GG) zusammengefaßt worden. Für das legislative Einleitungsverfahren nach Art. 76 GG sind hierbei die Art. 115 d und 115e GG von Bedeutung. Nach Art. 115d GG45 kann zunächst die Bundesregierung zur Vereinfachung und Beschleunigung im Verteidigungsfall- abweichend von Art. 7611 GG (vgl. 115d I GG) - ihre als dringlich bezeichneten Gesetzesvorlagen gleichzeitig mit der Einbringung beim Bundestag auch dem Bundesrat vorlegen (Art. 115 d 11 1 GG). Hierdurch entfällt für Gesetzesvorlagen der Bundesregierung46 der unter Umständen zeitaufwendige sog. erste Durchgang beim Bundesrat nach Art. 76 11 GG. Diese "Eilvorlagen" werden dann auch unverzüglich simultan von Bundestag und Bundesrat behandelt (Art. 115d 11 2 GG). Bezüglich der Gesetzesvorlagen des Bundesrates oder der Mitte des Bundestages ergeben sich in dieser Hinsicht keine Besonderheiten. Neben dem verkürzten Verfahren besteht nach wie vor die Möglichkeit, auch das normale legislatorische Einleitungsverfahren zu betreiben 47 . Falls der Bundestag aber überhaupt nicht bzw. nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder beschluß unfähig ist, so daß auch das verkürzte Gesetzgebungsverfahren nach Art. 115 d GG nicht mehr stattfinden kann, tritt an die Stelle des Bundestages und des Bundesrates der Gemeinsame Ausschuß (Art. 115e, 53a GG)48. Dieses als eine Art "Notparlament"49 zu qualifizierende Gremium hat dann bei der Gesetzgebung grundsätzlich50 dieselben Befugnisse wie sonst der Bundestag und der Bundesrat, d. h. auch das Gesetzesinitiativrecht kann aus seiner Mitte ausgeübt werden5!. Angesichts der spe43 Siehe 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24. 6.1968 (BGBI. 11968, S.709). 44 Hierzu nur Hesse, Rdn. 733ff. 45 Siehe dazu auch die Geschäftsordnung für das Verfahren nach Art. 115d des Grundgesetzes vom 23.7.1969 (BGBI. 11969, S. 1100). 46 Ob hiervon auch verfassungsändernde Regierungsvorlagen betroffen sind, ist umstritten; siehe hierzu nur Seifert / Hömig, Art. 115 d Rdn. 2 a. E. 47 M / D / H / Sch, Art. 115d Rdn. 3; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 553. 48 Siehe dazu auch die Geschäftsordnung für den gemeinsamen Ausschuß vom 23.7.1969 (BGBI. 11969, S. 1102). 49 Vgl. etwa BK-Delbrück, Art. 53a Rdn. 5, auch 36; ders., DÖV 1970, 229, 231; von Münch / Versteyl, Art. 115 e Rdn. 1. Kritisch zu dieser Bezeichnung Achterberg, Parlamentsrecht, S. 544 Fn. 30. 50 Gewisse Einschränkungen ergeben sich aus Art. 115e II, 115g Satz 2, 115h II 2, 115k 11 und 1151 I GG.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

ziellen Struktur des Gemeinsamen Ausschusses kommt es dabei nicht darauf an, ob es sich bei den Initianten aus diesem Organ um Bundestags- oder Bundesratsmitglieder handelt52 . Die Befugnis, Gesetzesvorlagen beim Gemeinsamen Ausschuß einzubringen, steht daneben entsprechend Art. 76 I GG der Bundesregierung und - zumindest theoretisch - auch dem Bundesrat zu. Es gilt insofern der Grundsatz, daß die Regelungen des Art. 76 GG soweit wie möglich erhalten bleiben sollen53 •

b) Abgrenzung des Initiativrechts vom Petitionsrecht Nach Art. 17 GG hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und die Volksvertretung zu wenden (Petitionsrecht54 ). Unter "Volksvertretung" werden insoweit der Bundestag, die Landtage bzw. Bürgerschaften und die kommunalen Vertretungskörperschaften55 verstanden. Von Interesse sind im folgenden dabei die Petitionen 56 an den Bundestag57 , da dieser eben auch Adressat der Initiativvorlagen ist. Für den Adressaten einer Petition impliziert das Grundrecht aus Art. 17 GG grundsätzlich die verfassungsrechtliche Pflicht, eine Eingabe entgegenzunehmen und sie nach sachlicher Prüfung vorschriftsmäßig zu erledigen58 ; für den Petenten besteht hieraus ein einklagbarer Anspruch auf Beantwortung, nicht aber ein Recht auf eine 51 So auch M / D / H / Sch, Art. 115 e Rdn. 43; zurückhaltender Achterberg, Parlamentsrecht, S. 553. 52 M / D / H / Sch, Art. 115e Rdn. 43. 53 M / D / H / Sch, Art. 115e Rdn. 43. Eine interessante Frage ist in diesem Zusammenhang, ob auch solche Abgeordnete, die nicht Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses sind, in entsprechender Anzahl einen Gesetzesentwurf im Ausschuß vorlegen können; auch hierzu M / D / H / Sch, Art. 115 e Rdn. 43 a. E. 54 Siehe Art. 17 a I GG, der diesen Begriff im Gegensatz zu Art. 17 GG ausdrücklich gebraucht. 55 So jedenfalls OVG Münster DVB!. 1978, 895f. m. Nachw. abweichender Ansichten. Es handelt sich aber nicht um Parlamente im Rechtssinne; siehe nur Schröder, Parlamentsrecht, S. 38ff. sowie Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdn. 71. 56 § 112 GO BT verwendet den allgemein geläufigen Ausdruck "Petitionen", der als Oberbegriff sowohl Bitten als auch Beschwerden umfaßt; Troßmann, § 112 Rdn. 2; vg!. auch Art. 23 RV (1871) und BVerwG NJW 1976, 637, 638. 57 Für die Behandlung der an den Bundestag gerichteten Petitionen wird eigens ein Ausschuß bestellt - der Petitions ausschuß gern. Art. 45c GG; siehe auch Art. 112 GO BT und das Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses ... vom 19.7.1975 (BGB!. I 1975, S. 1921). 58 Das ist heute wohl unstreitig; siehe nur BVerfGE 2, 225 LS 1, 230; 13, 54, 90; BVerwG NJW 1976, 637, 638; M / D / H / Sch, Art. 17 Rdn. 3,6; von Münch / Rauball, Art. 17 Rdn. 14; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. VII (S. 1741); BK-Dagtoglou, Art. 17 Rdn. 24; Hamann / Lenz, Art. 17 A 2; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 17 Rdn. 1 und 7; mißverständlich BK-Herrfahrdt, Art. 76 Er!. 11 5. Zum früheren Meinungsstreit ausführlich von Mangoldt / Klein, Art. 17 Er!. 11 4 (S. 507/508) m. umfassenden Nachw.

II. Systematischer Standort des Einleitungsverfahrens

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bestimmte Sachentscheidung59 . Notwendiger Inhalt einer solchen Petition muß immer ein bestimmtes Begehren ("petitum") sein60 , welches beispielsweise auch in der Aufforderung an den Bundestag, ein bestimmtes Gesetz zu erlassen, bestehen kann. Durchaus zulässig ist es auch, wenn der Petent einen fertig ausformulierten Gesetzesvorschlag der Volksvertretung unterbreitet eine Möglichkeit, die nicht von vornherein gering geschätzt werden darf, bietet sie doch insbesondere für Interessenverbände und auch die sog. parlamentarischen Arbeitsgruppen nicht im Parlament vertretener Parteien eine gesicherte verfassungsrechtliche Möglichkeit, ihren Vorstellungen Gehör zu verschaffen61 . Ausdrücklich zu betonen ist jedoch, daß es sich bei einem solchen Vorschlag keinesfalls um eine Gesetzesvorlage i. S. v. Art. 76 GG handelt. Es sind prinzipielle verfassungsrechtliche Unterschiede zwischen dem Initiativund dem Petitionsrecht ersichtlich62 . Zwar besteht nicht bloß beim Einbringungsrecht eine "Reaktionspflicht"63, d. h. ein Zwang zum Handeln für den Bundestag64 • Der wesentliche Unterschied muß vielmehr in der fehlenden verfassungsrechtlichen Initiativbefugnis des Petenten für das Gesetzgebungsverfahren gesehen werden. Dieses kann aber grundsätzlich nur eingeleitet werden durch einen Einbringungsakt eines nach Art. 76 GG zuständigen Organs bzw. Organteiles, mit anderen Worten durch die Vorlage eines in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Berechtigten. Der Autor einer Petition hat allein die Möglichkeit den Gesetzgeber anzuregen, sich mit seiner "Gesetzesvorlage" zu befassen, allein die Initiativträger sind jedoch berechtigt, durch Einbringen eines Entwurfs das Gesetzgebungsverfahren förmlich zu eröffnen. Nur wenn der Gesetzentwurf auf dem Wege des Art. 76 GG eingebracht wird, handelt es sich um eine Gesetzesvorlage im Rechtssinne, mit der sich der Bundestag befassen muß. Einen als Petition eingereichten Gesetzesvorschlag darf dagegen der Bundestag nicht als Gesetzentwurf behandeln, da es an der - zwingend erforderlichen - Gesetzesvorlage nach Art. 76 GG fehlt. Es ist dem Gesetzgeber allerdings unbenommen, die Petition als Anregung zu begreifen; insofern besteht nämlich - ganz unabhängig von der zuletzt diskutierten Problematik - für jeden Initiativberechtigten die Möglichkeit, sich Eingaben eines 59 Siehe nur BVerwG NJW 1976, 637, 638; von Münch / Rauball, Art. 17 Rdn. 14 m. w. Einzelheiten; Seifert / Hömig, Art. 17 Rdn. 5. 60 BVerwG NJW 1976, 637, 638; BK-Dagtoglou, Art. 17 Rdn. 16ff.; M / D / H / Sch, Art. 17 Rdn. 14; Seifert / Hömig, Art. 17 Rdn. 2; vgl. auch BVerfGE 2, 225, 229; nicht ausreichend sind daher z. B. Ratschläge, Belehrungen etc. an den Gesetzgeber. 61 Siehe auch BK-Herrfahrdt, Art. 76 Erl. II 5; Triepel, AöR 39 (1920), 456, 476. 62 Siehe zum Ganzen u. a. Straßer, S. 5; Piepenstock, S. 8; Willigmann, S. 3/4 sämtliehst unter zutreffender Bezugnahme auf Triepel, AöR 39 (1920), 456, 476f. Graff, S. 166 sieht in dieser Hinsicht dreierlei prinzipielle Unterschiede zwischen Petition und Gesetzesinitiative: die Aktivlegitimation, den Umfang und Inhalt sowie schließlich die Wirkung. 63 Hatschek, Dt. u. Preuß. StR II, S. 20. 64 Von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. VII (S. 1741) unter Bezugnahme auf eine "gelegentlich anzutreffende Meinung".

3 Schünnann

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Petenten zu eigen zu machen, daraus eine Gesetzesvorlage zu formen und selbst als entsprechenden Initiativantrag beim Bundestag einzubringen 65 . Daneben können Petitionen auch mittelbar einfließen, indem sie als Anregung, Grundlage oder Materialie bei der Gesetzesausarbeitung und Parlamentsdiskussion Berücksichtigung finden 66 • 3. Die Gesetzesinitiative in den Bundesländern

Im Rahmen des bundesstaatlichen Prinzips der Verfassung sind auch die Bundesländer Staaten (Art. 30 GG). Sie haben deshalb nach besonderer Zuständigkeitsabschichtung mit dem Bund (Art. 70ff. GG) ebenf~lls das Recht, für ihren Bereich Gesetze zu erlassen. Hier stellt sich mithin ebenfalls die Frage nach der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens. Die Regelungslage soll im folgenden kurz skizziert werden. Das legislative Einleitungsverfahren ist in den Bundesländern nicht einheitlich ausgestaltet, wenngleich sich aufgrund verwandter Regelungen doch gewisse Grundelemente wiederholen 67 . Im Vergleich zur Bundesgesetzgebung macht sich dabei auf der einen Seite bemerkbar, daß der Kreis der Initiativberechtigten kleiner ist, da es an einem mit dem Bundesrat vergleichbaren Organ in den Ländern fehlt. Dadurch, daß einige Länderverfassungen aber das Volk qua Volksbegehren zur Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens berechtigen, wird der Kreis auf der anderen Seite wieder vergrößert68 . Grundsätzlich steht in allen Bundesländern zunächst den Landesregierungen das Gesetzesinitiativrecht ZU 69 . Entsprechend der grundgesetzlichen Regelung in Art. 76 GG können in allen Ländern Gesetzesvorlagen auch aus der Mitte des Landesparlaments eingebracht werden70 , wobei allerdings hinsichtlich der erforderlichen Abgeordnetenzahl unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen sind. Anders als bei der Bundesgesetzgebung gibt es in einigen Ländern die Möglichkeit Gesetze durch Volksbegehren zu initiieren71 • Das Gewicht dieses Initiativrechts wird indes 65 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 354; ferner BK-Herrfahrdt, Art. 76 Erl. II 5; Straßer, S. 5. Mißverständlich insoweit Piepenstock, S. 3, der meint, "auf Grund einer ... Eingabe" könne der Bundestag kein Gesetz beschließen. 66 Siehe auch BK-Herrfahrdt, Art. 76 Erl. II 5. 67 Siehe zum folgenden nur Achterberg, Parlamentsrecht, S. 354ff.; Schneider, Rdn. 157ff.; Weber, DÖV 1985, 178ff. 68 In Bayern besteht zusätzlich noch die Besonderheit, daß auch der Senat zur Einbringung von Gesetzesvorlagen berechtigt ist (Art. 39,35 BayV); dazu umfassend Goppel, S. 162 ff. 69 Vgl. Art. 59 I BaWüV; 40, 71 BayV (Ministerpräsident namens der Staatsregierung); 45 II BlnV; 123 I BremV; 48 I HmbV; 117 HessV; 33 III NdsV (einzelne Landesministerien); 65 NrWV; 108 RhPfV; 98 SaarlV (Ministerpräsident namens der Landesregierung) und 32 II SHLds. 70 Vgl. Art. 59 I BaWüV; 71 BayV; 45 II BlnV; 123 I BremV; 48 I HmbV; 117 HessV; 33 III Nds; 65 Nrwv; 108 RhPfV; 98 SaarlV (Mitglieder des Landtages oder Fraktion) und 32 II SHLds.

111. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative

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von vornherein dadurch begrenzt, daß das Volk zur Anregung finanzwirksamer Gesetzentwürfe nur sehr eingeschränkt oder gar nicht befugt ist72 . In der Praxis haben diese sog. Volksinitiativen keine große Bedeutung erlangt73 . Als Gesetzgeber fungiert in den Bundesländern, die keine Volksabstimmung in ihrer Verfassung verankert haben 74 , allein das jeweilige Parlament. Daneben sind teilweise noch - ähnlich wie bei der Mitwirkung des Bundesrates auf gesamtstaatlicher Ebene (Art. 50 GG) - weitere Landesverfassungsorgane in wechselseitigem Zusammenwirken, wenn auch nicht gleichrangig, am Gesetzgebungsverfahren beteiligt: in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bremen und Hamburg die Landesregierungen bzw. Senate75 und in Bayern als abgeschwächte Form einer "Zweiten Kammer" der Senat76 • Die Gesetzesinitiative kann sich dabei nur auf die Landesgesetzgebungen beziehen. Die einzelnen Länder sind als solche nicht berechtigt, Gesetzesvorlagen selbst im Bundestag einzubringen. Wollen sie im Hinblick auf ein Bundesgesetz einen Gesetzentwurf veranlassen, so geht dies nur über den Bundesrat. IH. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative "Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht" (Art. 76 I GG)17. 1. Begriff und Bedeutung

Das Grundgesetz bezeichnet in Art. 76 GG den Gegenstand der Gesetzesinitiative durch den Begriff "Gesetzesvorlage" bzw. schlicht "Vorlage"78. Dieser Begriff durchzieht das gesamte Gesetzgebungsverfahren, insbesondere aber auch das legislative Einleitungsverfahren. Nach der 1980 in Kraft getretenen neuen Geschäftsordnung des Bundestages wird der Begriff "Vorlagen" in einer weiten Bedeutung gebraucht. Gemeint sind damit alle in § 75 GO BT 71 Vgl. Art. 59 1,11 BaWüV; 7 11, 71, 74 I-V BayV; 70 I lit. c, 123 I BremV; 71,117, 124 HessV; 2, 68 NrWV; 76, 108, 109 RhPfV und 99 SaarlV; Art. 39 11,3 BlnV (nur zur Auflösung des Abgeordnetenhauses). 72 Vgl. Art. 124 I 3 HessV; 68 I 4 NrWV; 109 III 2 RhPfV; 99 I 3 SaarlV; ferner 60 VI BaWüV (betrifft Volksabstimmung); 73 BayV (betrifft Volksentscheid); 70 II BremV (betrifft Volksentscheid). Siehe zum Volksbegehren noch unten VI. 3. a). 73 Schneider, Rdn. 178,179 m.w.Nachw. 74 Es sind dies Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Berlin; vgl. aber § 39 I BlnV. 75 Vgl. Art. 104 BreV; 50, 69 HambV; 119 HessV; 67 NrWV. 76 Vgl. Art. 34ff. BayV. 77 Hervorhebung durch den Verfasser. 78 In Absatz 1 wird der Begriff "Gesetzesvorlage", in Absatz 2 nur der Begriff "Vorlagen" (zweimal) bzw. "Vorlage" und in Absatz 3 der Begriff "Vorlagen" gebraucht.

3*

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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aufgezählten Verhandlungsgegenstände, die auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden können 79 . Sie werden unterteilt in selbständige (§ 75 I GO BT) und unselbständige (§75 11 GO BT) Vorlagen. Die frühere Differenzierung in Gesetzentwürfe (seitens der Bundesregierung und des Bundesrates) sowie Anträge, die einen Gesetzentwurf enthalten (aus der Mitte des Bundestages)80, ist heute obsolet. Die Gesetzesvorlagen i. S. v. Art. 76 I GG werden - gleichgültig, auf wessen Initiative sie zurückgehen - in der Geschäftsordnung zu den selbständigen Vorlagen gerechnet und dort als Gesetzentwurf bezeichnet (§ 75 I lit. a. GO BT)81. Die Begriffe "Gesetzesvorlage" und "Gesetzentwurf" (i. w. S.) können in Anlehnung an den allgemeinen und teilweise auch juristischen82 Sprachgebrauch als synonym gelten, obgleich dies keineswegs zwingend ist; denkbar wäre auch, den Gesetzentwurf in einem engeren Sinne nur als den Gesetzestext, d. h. lediglich als einen Teil der Vorlage zu begreifen (= Gesetzentwurf i. e. S. )83. Die zentrale Bedeutung des Begriffs ,,(Gesetzes)-Vorlage" zeigt sich zunächst anschaulich an seiner oftmaligen Verwendung in Art. 76 GG84, dabei u. a. stets am Beginn eines jeden Absatzes 85 . Neben dieser hervorgehobenen Stellung fällt die passivische Satzkonstruktion auf86 , die ebenfalls eine Betonung gerade des Gegenstandes der Initiative bewirkt. Im Gegensatz zur Sehweise des Aktivs, bei der das Subjekt als eigentlicher Handlungsträger im Vordergrund - meistens auch am Satzbeginn - steht, wird bei einer Transformation ins Passiv das bisherige Subjekt zum Objekt und damit aus seiner beherrschenden Position verdrängt87 . Gleichzeitig ist es nie möglich, an seine Stelle das bisherige Objekt treten zu lassen und es so herauszuheben, wie sich an Absatz 1 von Art. 76 GG mit Hilfe eines Aktiv/Passiv-Vergleichs besonders anschaulich belegen läßt. Die aktivische Fassung von Art. 76 I GG würde lauten: Die Bundesregierung, die Mitte des Bundestages oder der Bundesrat bringen Gesetzesvorlagen beim Bundestag ein. Bei dieser Satzkonstruktion würden die Initiativberechtigten als Handlungsträger des Satzes betont (= aktivisches Subjekt) und die Gesetzesvorlagen träten als GegenTroßmann / Roll, § 75 Vorbem. vor Rdn. l. Vg!. § 97 I GO BT a.F. 81 Troßmann / Roll, § 75 Rdn. 1 a. E.; Ritzel / Bücker, § 75 Anm. I S. 2/3. 82 Siehe nur Art. 65 NrWV, der von "Gesetzentwürfe" spricht und damit nichts anderes als die "Gesetzesvorlagen" i. S. v. Art. 76 GG meint. 83 Siehe insoweit von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 1 c (S. 1718 a. E.). 84 Insgesamt wird er fünfmal gebraucht; siehe zuvor Fn. 78. 85 Vg!. den Wortlaut am Beginn der drei Absätze von Art. 76 GG. Abs. 1: "Gesetzesvorlagen ... ", Abs.2: "Vorlagen ... " sowie Abs.3: "Vorlagen ... ". 86 Alle drei Absätze beginnen mit einem Satz in Passivkonstruktion. 87 Vg!. dazu und zum folgenden Duden, Grammatik, 1984, Rdn. 294, insb. 296ff. 79

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IH. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative

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stand, an dem sich das Geschehen vollzieht bzw. auf den die Tätigkeit des Subjekts gerichtet ist (= passivisches Objekt), deutlich in den Hintergrund. Während also hier bei einem Aktivsatz das Geschehen von einem Subjekt (den Initiativberechtigten) ausgeht und sich an einem Objekt (der Gesetzesvorlage) vollzieht, wird in Art. 76 I GG durch die Passivkonstruktion dieses Objekt dem Satz als Subjekt vorangestellt. Zugleich wird das Subjekt des Aktivsatzes (die Initiativberechtigten) in ein Objektgefüge mit der Präposition "durch" bzw. "aus" umgebildet ("durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages ... durch den Bundesrat"88)89. Durch die Wahl der passivischen Satzkonstruktion wird auch erreicht, daß aus dem transitiven Verb "einbringen" ein intransitives wird, d. h. die Handlung, die sich sonst an einem hinter dem Verb stehenden Objekt ("Gesetzesvorlage") vollzogen hätte, erfolgt jetzt an einem vorangestellten und damit herausgehobenen Subjekt. Hinsichtlich der Begrifflichkeit fällt auf, daß im Grundgesetz der Gegenstand der Gesetzesinitiative uneinheitlich einmal als "Gesetzesvorlage", einmal nur als "Vorlage" bezeichnet wird. Beide Bezeichnungen werden mehrfach alternierend gebraucht, und zwar nicht nur in Art. 76, sondern daneben noch in Art. 81 I, 11, III, Art. 110 III und Art. 115d 11 GG. Die differierende Wortwahl läßt aber nicht den Schluß auf einen unterschiedlichen Inhalt zu. Dies zeigt sich zunächst an Art. 76 GG selbst. Dadurch, daß in dem einleitenden Absatz der Begriff "Gesetzesvorlagen" in bezug auf alle drei Initiativträger verwandt ist, wird klargestellt, daß in den nachfolgenden Absätzen 2 und 3, in denen es verkürzt "Vorlagen" (der Bundesregierung bzw. des Bundesrates) heißt, nur dieselben Gesetzesvorlagen wie in Abs. 1 gemeint sein können. Dies belegt auch die Verwendung der beiden Begriffe in Art. 81 II und 110 III GG, wo sich die nachstehende Kurzform "Vorlage" sinnvollerweise nur auf die zuvor genannte "Gesetzesvorlage" beziehen kann und damit bedeutungsgleich ist. Es läßt sich somit feststellen, daß das Grundgesetz die beiden Begriffe austauschbar und synonym gebraucht, eine Differenzierung also nicht erforderlich ist90 • Was mit dem zusammengesetzten Substantiv "Gesetzesvorlagen" semantisch gemeint ist, erschließt sich durch eine Aufgliederung in die Begriffe "Vorlage" und "Gesetz". Unter dem Nomen "Vorlage" wird nach herkömmlichem Sprachgebrauch91 etwas verstanden, was bei der Anfertigung, z. B. einer 88 Grammatikalisch richtig müßte hier allerdings statt der Präposition "durch" die Präposition "von" zur Anwendung kommen; vgl. Duden, Hauptschwierigkeiten der deutschen Sprache, 1965, S. 473 unter dem Stichwort "Passiv". 89 Die grammatische Umsetzung ins Passiv wird dann vollendet durch den Gebrauch des Hilfsverbs "werden" in Verbindung mit dem Partizip Perfekt des Vollverbs "einbringen" ("eingebracht"). 90 Der Grund für die wechselnde Wortwahl kann vermutlich nur in dem Wunsch sprachlicher Abwechslung gesehen werden. Das Bedeutungsverständnis ist dabei stets dadurch geWährleistet, daß der Kurzform "Vorlagen" immer die Langform "Gesetzesvorlagen" im Text vorausgeht und so klargestellt wird, worauf sich "Vorlagen" bezieht.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

anderen Sache, als Grundlage oder Muster dient92 . Eine Vorlage hat demgemäß einen vorbildhaften, vorbereitenden und vorläufigen Charakter im Hinblick auf ein erst noch zu erstellendes endgültiges Werk. Die abstrakte Grundbedeutung des Begriffs "Vorlage" wird also erst konkretisiert durch die Bezeichnung dessen, worauf die Vorlage inhaltlich gerichtet ist 93 . Grammatikalisch handelt es sich insoweit bei dem Begriff "Gesetzesvorlage" um ein sog. Determinativkompositum94 , bei dem der Determinans "Vorlage" erst durch die Voranstellung des Determinatums "Gesetz" verdeutlicht, daß das Ergebnis letztlich ein Gesetz sein soll. Das Gesetz ist demgemäß erst das Endprodukt eines bestimmten formalisierten Verfahrens. Eine Gesetzesvorlage kann deshalb zunächst nur einen Entwurf für das Gesetz darstellen. Erst nach Durchlaufen der verschiedenen Verfahrensstationen entsteht daraus das endgültige Gesetz. Der Begriff "Gesetzesvorlage" kann dabei entweder als Vorlage für ein Gesetz verstanden werden oder aber als Vorlage eines Gesetzes. Beide Interpretationen ergeben gleichermaßen Sinn: zum einen ist mit "Gesetzesvorlage" der vorläufige Entwurf gemeint, der auf ein späteres Gesetz abzielt; zum anderen wird dagegen auf die Tätigkeit des "Vorlegens" abgestellt i. S. v. übergeben, einreichen, unterbreiten, vorschlagen 95 , womit die Ablieferung an das Parlament als das beschlußfassende Organ gemeint ist. In jedem Fall ist begrifflich impliziert, daß den gesetzgebenden Körperschaften etwas konkret "in die Hand gegeben" wird, ihnen etwas Schriftliches "vorliegt". Für den gesamten Vorgang der Gesetzgebung bildet die Gesetzesvorlage damit den gegenständlichen und verfahrensmäßigen Ausgangspunkt96 , gleichsam die Arbeits- und Diskussionsbasis. Mit der Gesetzesvorlage wird das verfassungsrechtlich festgelegte Verfahren zur Entstehung eines Gesetzes eingeleitet. Daher auch die Bezeichnung dieser Phase als Einleitungsverfahren. Mit der Gesetzesvorlage bestimmt der Initiant vor allem aber auch gegenständlich den Inhalt des von ihm gewollten Gesetzesvorhabens und nimmt 91 Zur Etymologie vgl. J. und W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, 12. Bd., H. Abt., Sp. 1248ff. 92 Duden, Sinn- und sachverwandte Wörter und Wendungen, 1972, S. 743; vgl. auch Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 747. 93 Z. B. Sitzungsvorlage = vorbereitende Papiervorlage für eine Sitzung; Torvorlage = Ballanspiel zur Erzielung eines Tores; Schreibvorlage = Vorlage für etwas zu Schreibendes. 94 Dies ist eine Zusammensetzung, deren voranstehender Bestandteil (das Bestimmungswort) den nachfolgenden Bestandteil (das Grundwort) näher definiert, siehe als Beispiel auch "Hochebene" oder "Kartoffelsuppe"; Duden, Grammatik, 1984, Rdn. 793ff. 95 Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 747; Duden, Sinn- und sachverwandte Wörter und Wendungen, 1972, S. 743. 96 Vgl. auch die systematische Stellung des Art. 76 GG am Beginn der Verfahrensregelungen.

III. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative

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dadurch eine sachliche Begrenzung für die Beratungen der anderen am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe vor. Für den Einbringenden stellt sie deshalb das verfassungsrechtliche Mittel dar, mit dem er seinem politischen Bestreben, auf einem bestimmten Gebiet gesetzgeberisch tätig zu werden, Ausdruck verleihen kann. Insoweit bedeutet die Vorlage eines Gesetzentwurfs für den Initianten also die Möglichkeit, gerade seine spezifischen politischen Vorstellungen dem Parlament und damit auch der Öffentlichkeit nahe zu bringen97 . 2. VerfassungsrechtHche Anforderungen

Zwar enthält das Grundgesetz keine ausdrücklichen Angaben über die Anforderungen, die an eine Gesetzesvorlage i. S. v. Art. 76 GG zu stellen sind. Aus der Bedeutung und Begrifflichkeit sowie aus ihrer Funktion und ihrem Grundgedanken können jedoch gewisse Rückschlüsse gezogen werden. Ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe, Grundlage für die Gesetzgebungsberatungen der Legislativorgane zu sein, kann die Vorlage nur gerecht werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: - Die Vorlage muß zunächst einen vollständig und genau ausformulierten Gesetzestext, den Gesetzentwurf i. e. S.9S, enthalten99 . Der Text muß dabei eine definitive Fassung gefunden haben, d. h. es darf sich nicht lediglich um ein Konzept bzw. einen Vorentwurf, der erst noch weiter bearbeitet werden muß, handeln 1oo . Das Parlament entfaltet seine gesetzgeberischen Aktivitäten nur im Hinblick auf einen kompletten und endgültigen, d. h. prinzipiell verabschiedungsreifen Initiativvorschlag; es hat nicht die Aufgabe, in seiner Gesamtheit Gesetzestexte erst zu erstellen, sondern soll bereits fertig ausgearbeitete Vorschläge beraten und ggf. beschließen 101 . Aus diesem Grund erfüllen bloße Anregungen, Thesen, Entschließungen, Empfehlungen o. ä. sowie der Appell, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, auch nicht die Anforderung einer Gesetzesvorlage 102 • Ebenso genügt es nicht, während einer Bundestagssitzung einen Gesetzesantrag mündlich zu formulieren 103 ; er 97 Eine andere Funktion haben z. B. die "bills", die im amerikanischen Kongreß eingebracht werden; siehe dazu Jann, ZParl1986, 224, 239f. 98 Zur Begrifflichkeit siehe zuvor unter 1. 99 So oder ähnlich auch Stern, II § 37 III 4a; von Münch / Byrde, Art. 76 Rdn. 4 a.A.; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III lc (S. 1718); Achterberg, Parlamentsrecht, S. 349; Straßer, S. 4; früher auch schon Jellinek, HdbDStR II, S. 170 ("urkundlich festgelegter Entwurf"); Giese, Art. 68 Anm. 1 (S. 173). 100 Von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 4; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III lc (S. 1718). 101 Siehe auch Piepenstock, S. 2. 102 Stern, II § 37 III 4a; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 4; Straßer, S. 4; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III lc (S. 1718/1719) m.w.Nachw. 103 Jellinek, HdbDStR II, S. 170; Straßer, S. 4.

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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muß vielmehr - im Gegensatz z. B. zu Geschäftsordnungsanträgen 104 schriftlich vorliegen und so klar und bestimmt ausgearbeitet sein, daß er in der eingebrachten Fassung des Initianten direkt und unverändert als Gesetz beschlossen werden kann lO5 • Dem Text des zu erlassenden Gesetzes kann noch eine Präambel, ein Vorspruch bzw. eine Eingangs- oder Einleitungsformel vorangestellt werden. Die Ausfertigungs- und Verkündungsformel ist hingegen nicht mehr Teil der Vorlage 106 . - Als nicht ausreichend für eine Gesetzesvorlage i. S. v. Art. 76 GG muß danach etwa ein sog. Initiativänderungs(gesetz)entwurf beurteilt werden 107 • Hierunter versteht man einen nicht komplett als eigenständigen Entwurf ausformulierten Änderungsvorschlag zu einer schon im Verfahren befindlichen Gesetzesvorlage eines anderen Initianten; dem beschlußfassenden Organ werden dabei nur zu solchen Punkten der anderen Gesetzesvorlage Alternativen unterbreitet, bei denen eine abweichende Ansicht besteht lO8 • Dieser Weg erscheint zwar auf den ersten Blick praktisch und unbürokratisch, weil er die Abfassung einer völlig neuen eigenen Gesetzesvorlage zum selben Gegenstand ersprart. Außerdem würde er für den Bundesrat eine Möglichkeit bedeuten, außerhalb der Sechs-Wochen-Frist (Art. 7611 2 GG) faktisch doch eine "Stellungnahme" abgeben zu können. Sofern ein solcher Vorschlag nämlich als Vorlage i. S. v. Art. 76 GG anzusehen ist, müßte sich der Bundestag auf jeden Fall damit befassen 109 • Aus diesem Umstand ergeben sich aber bereits erste Bedenken gegen die Zulässigkeit. Ein entsprechender Entwurf, der sich ohne Wiedergabe des vollständigen Zusammenhangs nur auf die zu ändernden Punkte beschränkt, erweist sich für die parlamentarische Praxis als zu kompliziert, weil zu schwer lesbar und einordbar. Daneben entsteht ein Wertungswiderspruch zum soeben gefundenen Ergebnis hinsichtlich der Sechs-Wochen-Frist. Die Beschränkung auf bloße Änderungsvorschläge zu bestimmten Teilen eines von einem anderen Initiativträger vorgelegten Entwurfs ist im übrigen keine Gesetzesvorlage i. S. v. Art. 76 GG11O. Es handelt sich lediglich um ein Fragment, das nicht das Erfordernis erfüllt, allein für sich bereits als vollständiges Gesetz beschlossen werden zu können. Zwar sollen auch beim sog. Initiativänderungsentwurf Vgl. § 29 GO BT. Ähnlich auch Piepenstock, S. 2. 106 Von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III lc a. E. (S. 1719); Schramm / SchmidtTroje, S. 99. 107 Siehe hierzu Scholl, S. 94 und vor allem Kühn, S. 41 ff., der die Frage nach der Zulässigkeit eines Initiativänderungsentwurfs des Bundesrates zu einer Regierungsvorlage zunächst als "nicht so eindeutig" beantwortbar qualifiziert, sie dann aber doch klar verneint. !O8 Diesen Weg beschritt der Bundestag z. B. beim Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Biersteuergesetzes vom 15.8.1950 (BGBI. I 1950, S. 365). 109 Kühn, S. 43; siehe hierzu noch IX. 1!O Kühn, S. 42. 104 !O5

111. Die Gesetzesvorlage als Gegenstand der Initiative

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die Änderungsbestimmungen nach dem Willen des einbringenden Organs Gesetz werden, aber lediglich im Kontext der anderen, nicht beanstandeten Teile des bereits vorliegenden Entwurfs 111 • Der denkbare Einwand, auch ein Änderungsentwurf zu einem bereits geltenden Gesetz stelle meistens einen aus sich heraus unverständlichen, zusammenhanglosen Torso dar, greift nicht; denn ein solcher Entwurf soll ja gerade für sich allein ein selbständiges Gesetz werden (sog. Änderungsgesetz). Darin liegt der entscheidende Unterschied zu einem Änderungsentwurf im Rahmen einer Gesetzesvorlage, die sich noch in der Beratung befindet. - Verfassungsrechtlich zwingend ist außerdem, daß der vorgelegte Gesetzentwurf den Initianten erkennen läßt. Es muß im Hinblick auf die Prüfung der Einbringungsbefugnis und die Durchführung der weiteren Verfahrensschritte innerhalb des legislativen Einleitungsverfahrens klar sein, von wem die Vorlage stammt. Hierbei erweist sich eine rein formale Betrachtungsweise als sinnvoll und zweckmäßig: Träger der Gesetzesinitiative ist derjenige, unter dessen Namen die Vorlage firmiert - ohne Rücksicht darauf, ob er letztlich auch der materielle Urheber des Vorschlages ist. Die Identität des Einbringenden wird durch einen entsprechenden Ursprungsvermerk auf der Vorlage, insbesondere durch namentlich aufgeführte Unterzeichner dokumentiert. Ob sich das Unterschriftserfordernis schon allein aus dem Begriff "Vorlage" ableiten läßt 112 , erscheint dagegen zweifelhaft. Nähere Einzelheiten z. B. über die Zahl der ggf. erforderlichen Unterschriften, über die Zeichnungsberechtigung für den jeweiligen Initianten usw. sind nicht dem Grundgesetz, sondern den einschlägigen Geschäftsordnungen zu entnehmen. - Nicht grundgesetzlich vorgeschrieben ist dagegen das Erfordernis einer Begründung für die Gesetzesvorlagen 113. Eine Gesetzesvorlage ohne Begründung genügt daher ohne weiteres zumindest den verjassungsrechtlichen Anforderungen. Hiervon zu trennen sind geschäftsordnungsrechtliche Regelungen, die eine obligatorische oder auch nur fakultative Darstellung der Gründe, die den Initianten zur Vorlage bewogen haben, vorsehen. Da eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Begründung der Gesetzesvorlage nicht besteht, sind derartige Anordnungen im Hinblick auf die grundsätzlich bestehende Initiativfreiheit unter Umständen problematisch 114 • 111 Kühn, S. 42; soweit er allerdings auf die "geschlossene Regelung einer Materie" als notwendiger Voraussetzung einer Gesetzesvorlage i. S. v. Art. 76 GG abstellt, erscheint dies angesichts der Vielzahl unstreitig zulässiger Vorlagen zu sog. Artikelgesetzen, die die verschiedensten Gegenstände zusammenfassend regeln, mißverständlich. 112 Vgl. Ritzel / Bücker, § 76 Anm. I a. A. unter Bezugnahme auf die Ansicht des Geschäftsordnungsausschusses des Deutschen Bundestages. 113 Vgl. Troßmann, § 97 Rdn. 4 (S. 738); Troßmann / Roll, § 96 Rdn. 7. 114 Siehe dazu noch VII.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

- Zu diesen eher formellen Voraussetzungen tritt noch ein voluntatives Element hinzu: Der Initiativträger muß die Vorlage einbringen mit dem ernsthaften Willen, daß sie Gesetz werde 1l5 . Schon der Wortlaut der Verfassung zeigt durch die Begriffszusammensetzung "Gesetzesvorlage", daß die Vorlage zwingend auf ein zukünftiges Gesetz gerichtet sein muß116. Auch Sinn und Zweck der grundgesetzlichen Regelung des legislativen Einleitungsverfahren gebieten, nur solche Initiativvorschläge als "Vorlagen" i. S. v. Art. 76 GG anzuerkennen, die hierauf abzielen. Die Einbringung einer Gesetzesvorlage stellt insoweit gewissermaßen die manifestierte Willens bekundung dar, daß eine bestimmte Materie gesetzlich reglementiert werden soll. Nicht mit Art. 76 GG in Einklang befindet sich daher ein Initiant, der eine Vorlage nur pro forma einbringt, aber gleichzeitig von vornherein wieder von ihr abrückt und deutlich macht, daß er nicht damit identifiziert werden möchte 117 • Ändert sich der Wille des Initiativträgers dagegen im laufenden Verfahren und möchte er nunmehr Abstand von seinem Gesetzesvorschlag nehmen, so besteht durchaus die grundsätzliche Möglichkeit einer Rücknahme der Gesetzesvorlage 118 . - Hierüber hinausgehende Vorgaben insb. bezüglich des Inhalts sind dem Grundgesetz prinzipiell nicht zu entnehmen. Auch auf die Verständlichkeit, innere Geschlossenheit, Regelungsstringenz oder sonstige materielle Kriterien kann es angesichts der formalen Definition der Gesetzesvorlage grundsätzlich nicht ankommen. Grenzfälle mag es zwar dabei geben, z. B. wenn es an einer "sinnvollen Verbindung von Worten" oder "jedem vernünftigen Inhalt" fehlt 119 , es würde sich dann aber wohl ohnehin um ein rechtsmißbräuchliches Verhalten handeln, welches schon aus diesem Grund zu keiner verfassungsmäßigen Vorlage führen könnte. Allgemein gesagt, kann alles Gegenstand einer Gesetzesinitiative und somit auch einer entsprechenden Gesetzesvorlage - sein, was letztlich auch Gesetz werden kann. - Nicht zulässig sind Gesetzentwürfe, die ein sog. "Nicht-Gesetz" zum Inhalt haben. Hierunter sollen solche - eher theoretischen - Legislativakte verstanden werden, deren Umsetzung offensichtlich rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist oder die als Gesetz absolut keinen Sinn besitzen 12o . Die 115 Ähnlich wohl auch von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 1 e (S. 1720) m.w.Nachw. 116 Siehe oben III. 1. 117 So geschehen bei einer interfraktionellen (CDU/CSU, SPD, FDP) Vorlage eines Gesetzes zur Änderung der StPO und des GVG (StP ÄG), die zuvor - als Regierungsentwurf - aus Gründen der Diskontinuität in der 3. Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden konnte; siehe Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 4. WP, 8. Sitzung vom 13.12.1961, Sten.Ber. S. 170 C. 118 Siehe dazu noch ausführlich im folgenden unter V. 119 Von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 1e (S. 1720). 120 Siehe hierzu und zum folgenden von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 1 e (S. 1720 oben); Stern, 11 § 37 III 4a a. E.

IV. Das "Einbringen" der Gesetzesvorlage

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Anforderungen sind hier im Interesse einer möglichst großen Initiativfreiheit recht hoch; politische Wertungen dürfen in dieser Hinsicht nicht den geringsten Einfluß haben. Eine tatsächliche Unmöglichkeit liegt insoweit u. a. vor, wenn Naturgesetzlichkeiten außer acht gelassen werden, etwa bei einem Gesetz zur Abschaffung der Schwerkraft oder ähnlichem. Rechtlich unmöglich ist dagegen ein Gesetz, welches gegen - von den Gesetzgebungsorganen nicht zu ändernde - Rechtsgrundsätze verstoßen würde. Ausdrücklich kennt unsere Verfassung in dieser Hinsicht nur das materielle Änderungsverbot des Art. 79 III GG (sog. Ewigkeitsgarantie)121, wonach bestimmte Grundgesetzänderungen (z. B. die Abschaffung des Bundesstaatsprinzips, der Gewaltenteilung oder des Grundrechts auf Menschenwürde) schlechthin oder jedenfalls im Rahmen der z. Z. geltenden Verfassung unzulässig sind 122 . Daneben sind aber auch überstaatliche Rechtsprinzipien denkbar, die eine Begrenzung des Gesetzgebungsrechts bewirken können 123 . Nicht zu den genannten Extremfällen zählen dagegen "einfache" verfassungswidrige Gesetze, d. h. Gesetze, die zwar möglicherweise gegen irgendwelche Verfassungsnormen verstoßen, aber dennoch als verfassungsändernde Gesetze nicht von vornherein verworfen werden können 124 ; verstoßen sie nämlich nicht gegen Art. 79 GG125, so ist gegen ihre Behandlung durch das Parlament als pouvoir constitue grundsätzlich nichts einzuwenden 126 . IV. Das "Einbringen" der Gesetzesvorlage "Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht" (Art. 76 I GG)127.

So wie der Begriff "Gesetzesvorlage" den Gegenstand der Gesetzesinitiative bezeichnet, beschreibt das "Einbringen" das eigentliche Geschehen bei der Gesetzesinitiative. Die Formulierung "werden ... eingebracht" bildet 121 Instruktiv hierzu Stern, JuS 1985, 329ff. 122 Siehe hierzu auch M I D I H I Sch, Art. 79 Rdn. 30 m. w. Nachw. 123 Siehe von Mangoldt I Klein, Art. 76 Erl. III le (S. 1720 oben), der als Beispiel hierfür ein Gesetz über das Verfassungsrecht auswärtiger Staaten anführt. 124 In dieser Hinsicht ist die Kommentierung bei von Mangoldt I Klein, Art. 76 Erl. III 1 e (S. 1720) mißverständlich; ähnlich wohl auch Rauschning, S. 86; vgl. aber Stern,I1 § 37 III 4a. 125 Relevant ist in diesem Zusammenhang insb. Art. 79 11 GG, wonach eine Änderung des Grundgesetzes nur in der Weise erfolgen kann, daß das verfassungs ändernde Gesetz den Wortlaut des GG ausdrücklich ändert oder ergänzt. 126 Es handelt sich dann nicht um eine Verfassungsdurchbrechung wie Rauschning, S. 86 zu befürchten scheint; siehe zum Verbot von Verfassungsdurchbrechungen u. a. Badura, Rdn. F 63. 127 Hervorhebungen durch den Verfasser.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

insoweit den Kern der Satzaussage in Art. 76 I GG. Sie hat die Aufgabe, das ablaufende Geschehen bzw. die vorzunehmende Handlung zu kennzeichnen 128 . Aus dem Zusammenhang mit Art. 77 11 GG, wonach Bundesgesetze vom Bundestag beschlossen werden, ergibt sich, daß kein Gesetz ohne Einbringung einer Gesetzesvorlage in verfassungsmäßiger Weise zustande kommen kann 129 . Gleichzeitig wird hierdurch der Inhalt des legislatorischen Initiativrechts zum Ausdruck gebracht 130: Das Einbringen eines Gesetzentwurfs ist die aktive Ausübung des Rechts zur Initiative, welches den Anspruch umfaßt, daß die Vorlage als Gesetzentwurf behandelt und nach den Vorschriften der Verfassung und Geschäftsordnung beraten und beschlossen wird l3l . Im allgemeinen Sprachgebrauch hat der Begriff "Einbringen" eine vielfältige Bedeutung. Hier kann er im Sinne von Vorbringen, Vorschlagen, Vorlegen (zum Beschluß) verstanden werden 132 • Im Kontext mit dem Gesetzgebungsverfahren hat sich die Formulierung "ein Gesetz einbringen" oder "eine Gesetzesvorlage einbringen" als feststehender Rechtsbegriff mittlerweile etabliert 133 . Im Grundgesetz wird er in dieser Verknüpfung nicht nur in Art. 76 I, sondern auch in Art. 110 III gebraucht. Auch die herkömmliche - allerdings nicht unproblematische - Definition des Begriffs schließt hieran an: "Einbringen" ist der Form nach die Übergabe des urkundlich festgelegten Gesetzentwurfs (der Gesetzesvorlage) an den Bundestagspräsidenten, dem Inhalte nach der Antrag, den Entwurf (die Vorlage) geschäftsordnungsmäßig zu beraten, zu beschließen und weiterzuleiten 134 ; verkürzt wird unter Einbringung die Zuleitung des ausformulierten Gesetzentwurfs an den Präsidenten des Bundestages verstanden 135 . Soweit bei dieser Begriffsdefinition allein auf den konkreten, technisch-formalen Akt der Übergabe oder Zuleitung an den Bundestag bzw. seinen Präsidenten abgestellt wird, kann dies nicht überzeugen; denn letztlich werden die Gesetzesvorlagen nur von der Bundesregierung 136 oder von Abgeordneten aus der Mitte Vgl. Duden, Grammatik, 1966, Rdn. 5115,5145,5890 und 580. Vgl. Nds.StGHE 2, 1, 136; früher auch lellinek, HbdDStR 11, S. 164. 130 Siehe dazu die Einführung Teil A, S. 22. 13\ Siehe nur QUen, S. 66. 132 Vgl. Duden, Sinn- und sachverwandte Wörter und Wendungen, 1972, S. 186 und Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 189. 133 Duden, Sinn- und sachverwandte Wörter und Wendungen, 1972, S. 186 und Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 189. 134 Siehe nur von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. 111 Ig; Troßmann, § 75 Rdn. 7 und Piepenstock, S. 2 im Anschluß an lellinek, HdbDStR 11, S. 170. 135 Troßmann, 1967, S. 86; Lerche, S. 5; so wohl auch M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 2 und Willigmann, S. 3; ihm folgend Qtten, S. 65. Abweichend hiervon wird teilweise als "Einbringung" auch die Begründung der Gesetzesvorlage im Parlament bezeichnet (so z. B. Ritzel / Bücker, § 79 Anm. le). Dies ist schon vom Wortsinn her nicht vertretbar; zu Recht ablehnend daher Troßmann, 1967, S. 86; ders., § 75 Rdn. 7 (S. 550 oben). 128 129

IV. Das "Einbringen" der Gesetzesvorlage

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des Bundestages in diesem engen Sinne an den Bundestag geleitet l37 . Der Bundesrat könnte nach dieser engen Begriffsdefinition - entgegen dem Wortlaut des Art. 76 I GG - gar keine Gesetzesvorlagen beim Bundestag "einbringen", da dies - genaugenommen - nur der Bundesregierung obläge 138 • 139 • Richtigerweise wird man daher bei einer Begriffsbestimmung das "Einbringen" nicht mit der bloßen Zuleitung gleichsetzen dürfen l40 , sondern eine erheblich weitere und allgemeinere Erklärung wählen müssen: Mit der "Einbringung" ist formell die Veranlassung sowie das gesamte nachfolgende Verfahren des Art. 76 GG gemeint bis hin zur konkreten Verteilung der gedruckten Vorlagen an die Bundestagsabgeordneten und materiell der Antrag, die Vorlage geschäftsordnungsmäßig zu beraten, zu beschließen und weiterzuleiten l41 . Das "Einbringen" würde hierbei als eine Art Oberbegriff für das legislative Einleitungsverfahren aufgefaßt werden l42 . Für diese Definition spricht zunächst der Wortlaut des Art. 76 GG. Von "einbringen" ist nur in Absatz 1 a. E. die Rede. Im unmittelbar folgenden Absatz 2 Satz 1 wird ein Teil der Formulierung des Absatzes 1 aufgenommen, wiederholt ("Vorlagen der Bundesregierung sind ... ")143 und hinsichtlich des "Einbringens" konkretisiert (" ... zunächst dem Bundesrate zuzuleiten"). Art. 76 11 1 GG könnte insoweit sinngemäß - zur Verdeutlichung des Zusammenhangs von Absatz 1 und 2 - auch folgendermaßen gelesen werden: Bevor Gesetzesvorlagen der Bundesregierung beim Bundestag eingebracht werden, sind sie zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Durch das Temporaladverb "zunächst" wird dabei auf eine zeitliche Reihenfolge innerhalb des Einbringungsvorganges hingewiesen l44 . Die nachfolgenden Sätze in Absatz 2 spezifizieren dann weiter im Detail das Verfahren des "Einbringens"; für die Gesetzesvorlagen des Bundesrates erfolgt dies in Absatz 3. Dieser allgemeine, übergreifende Charakter des "Einbringens" wird auch augenfällig durch den Wechsel in der Wortwahl: Während im ersten Absatz als Prädikat nur "einbringen" zur abstrakten Bezeichnung des Initiativvorgangs verwandt wird, erfolgt in den übrigen Absätzen durch den Wechsel zu den Verben "zuzulei136 Vorlagen der Bundesregierung werden von ihr selbst an den Bundestag gegeben (vgl. Art. 7611 GG). 137 Für Vorlagen aus der Mitte des Bundestages ergibt sich dies in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung direkt aus Art. 76 I GG. 138 Vorlagen des Bundesrates können nämlich dem Bundestag allein durch die Bundesregierung zugeleitet werden (vgl. Art. 76 III GG). 139 Dies erkennt auch Schäfer, Bundesrat, S. 60, der deshalb die Formulierung des Grundgesetzes als "wenig präzis" bezeichnet. 140 Siehe aber zuvor Fn. 135. 141 Der letzte Teil entspricht der herkömmlichen Definition. 142 Ähnlich auch Kabel, S. 371. 143 Der Unterschied in der Formulierung (GesetzesvorlagenNorlagen) ist unerheblich; siehe oben III. 1. 144 Vgl. Brockhaus / Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1984, Bd. 6, S. 869.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

ten" und "nachreichen" eine exaktere Verfahrensbeschreibung 145 . Es zeigt sich somit schon anhand des Wortlauts und der Satzstruktur, wie der globale Begriff "Einbringen" in Absatz 1 durch die übrigen Absätze inhaltlich verdeutlicht wird. Auch die Systematik der grundgesetzlichen Regelung bestätigt dieses Ergebnis: Daß der Begriff "Einbringen" als Oberbegriff zur Umschreibung des gesamten Verfahrens dient, wird zunächst durch seine zentrale und hervorgehobene Plazierung im einleitenden ersten Absatz von Art. 76 GG unterstrichen; gleichzeitig enthält dieser Absatz auch eine Art Zusammenfassung der Essentialia des Einleitungsverfahrens 146 , die hier quasi "vor die Klammer gezogen" werden. Die auffällige Voranstellung wäre unlogisch und systemwidrig, wenn der Verfassungsgeber mit dem "Einbringen" lediglich den letzten formalen Akt der Zuleitung an den Bundestag gemeint hätte. Auch hieraus ergibt sich insoweit die übergreifende Bedeutung des Begriffs. Wenn also der Begriff "Einbringen" als kennzeichnend für den gesamten Verfahrensablauf in Art. 76 GG zugrunde zu legen ist, so fragt sich noch, wie der konkrete Schlußpunkt der Einbringung zu bestimmen ist. Das Grundgesetz sagt hierzu ausdrücklich nichts. Der Bundestag selbst sah eine Gesetzesvorlage erst als endgültig eingebracht im Sinne des Grundgesetzes an, wenn die Gesetzesvorlage auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt und vom Antragsteller vorgetragen worden war 147 • Teilweise wird insoweit auch der Zugang beim Bundestagspräsidenten als ausreichend angesehen 148 ; teilweise wird auch je nach Sichtweise differenziert 149 : Für die Bundesregierung und den Bundesrat erschöpfe sich die Einbringung im rechtlichen Sinne mit dem Akt der Zuleitung an den Bundestag; aus Sicht des Bundestages sei der Einbringungsvorgang jedoch erst abgeschlossen, wenn die Vorlage den Bundestag als Adressaten aller Vorlagen erreicht hat. Nach der letzten Ansicht ist die Einbringung erst mit der Verteilung der entsprechenden Bundestagsdrucksache an die Abgeordneten (§ 77 I GO BT) vollzogen; es werden so erst die technischen Voraussetzungen für die parlamentarische Beratung geschaffen 150 • 145 Art. 76 II GG: " ... sind zunächst ... zuzuleiten"; Art. 76 II 3 HS 1 GG: " ... Bundestage zuzuleiten ... "; Art. 76 II 3 HS 2 GG: " ... dem Bundestages nachzureichen." Art. 76 III 1 GG: " ... dem Bundestage ... zuzuleiten ... ". 146 Als solche können nämlich die Bezeichnung der Initiativberechtigten (wer?), des Initiativgegenstandes (was?) und des Initiativadressaten (wohin?) angesehen werden. 147 Siehe Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 1. WP, 53. Sitzung vom 27. 3. 1950, Sten.Ber. S. 1876 A unter Bezugnahme auf die BT-Drucks. Nr. 618/1949, in der Bundestagsvizepräsident Schmid feststellte: "Der Antrag (hier: zum Entwurf eines Bundesbeamtengesetzes) gilt als eingebracht und begründet". Hierzu Piepenstock, S. 2 und Straßer, S. 4. 148 Schramm 1 Schmidt-Troje, S. 102. 149 Troßmann, § 75 Rdn. 7. 150 Troßmann, § 75 Rdn. 7; ders., 1967, S. 86; auch Handschuh, S. 56.

V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen

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V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen 1. Rechtliche Grundlagen und Zulässigkeit

In der parlamentarischen Praxis kommt es bisweilen vor, daß Gesetzesvorschläge vom Initianten zurückgenommen werden i51 • Weder das Grundgesetz noch die verschiedenen Geschäftsordnungen 152 enthalten ausdrückliche Bestimmungen darüber, ob die Rücknahme einer Gesetzesvorlage zulässig ist 153 • Unter Rücknahme soll die einseitige Willenserklärung verstanden werden, mit der zum Ausdruck gebracht wird, daß ein fertig ausgearbeiteter Gesetzentwurf nicht mehr weiter verfolgt werden soll, sondern aus dem Gesetzgebungsverfahren genommen wird. In der Literatur wird im Anschluß an die Staatslehre der Weimarer Zeit 154 fast einhellig die Auffassung vertreten, eine Rücknahme sei innerhalb gewisser Grenzen zulässig 155 • Dieser Standpunkt erscheint durchaus richtig. Zunächst 151 Siehe u. a. die Beispiele bei Fundis, S. 114 Fn. 40; Goppel, S. 140 Fn. 1 und 4; Piepenstock, S. 27 unten. 152 Teilweise wurde früher versucht, § 100 S. 2 GO BT a. F. im Wege des Analogieschlusses für die Argumentation fruchtbar zu machen (siehe z. B. Troßmann, 1967, S. 304) oder auch § 271 ZPO (Piepenstock, S. 28 oben). 153 So auch Troßmann, § 101 Rdn. 8 a. A.; Ritzel / Bücker, § 76 Anm. I e (S. 2); Goppel, S. 139; vgl. Lechner / Hülshoff, § 75 GO BT Anm. 1 (S. 221). 154 Vgl. etwa Gebhard, Art. 69 Anm. 7c; Giese, Art. 68 Anm. 1; Hatschek, Dt. und Preuß. StR 11, S. 26,37; Heyland, HdbDStR 11, S. 196; Jellinek, HdbDStR 11, S. 170; Poetzsch-Heffter, Art. 69 Anm. 3 und 11; That, S. 21; Triepel, AöR 39 (1920), 456, 488,497. Zur historischen Entwicklung Goppel, S. 100, 139; Lechner / Hülshoff, § 75 GO BT Anm. 1 (S. 221); Matuschka, S. 82; Piepenstock, S. 3ff.; Ritzel / Bücker, § 76 Anm. le (S. 2/3); Troßmann, § 101 Rdn. 8; Willigmann, S. 21. 155 Bis zum endgültigen Beschluß des Bundestages: siehe nur Abmeier, S. 135; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 349, 627 a. E.; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12 a. E.; Degenhart, Rdn. 449; Goppel, S. 139f., auch S. 100 und 120; Hamann / Lenz, Art. 76 BI a.E.; Janson, DVBI. 1978,318, 320f.; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 1h (S. 1721/22), 2d (S. 1724/25), IV 7 (S. 1735); M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 9; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 7; Niemann, S. 242 f.; Ritzel / Bücker, § 76 Anm. I e (S. 3 a. E.); Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 26; Seifert / Hömig, Art. 76 Rdn. 5; Stern, 11 § 371II 4 (S. 617/618); vgl. auch Dittmann, DÖV 1974, 397,402; Fiedler, ZRP 1977,9, 10; Fundis, S. 56; Lechner / Hülshoff, § 75 GO BT Anm. 1 (S. 221/222); Matuschka, S. 82; Schäfer, Bundesrat, S. 64; Schmidt-B1eibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 6. Vgl. auch Prot. des Ständigen Ausschusses des Landtags von Baden-Württemberg vom 25.6.1959 (zit. nach Ritzel / Bücker, a.a.O.). Einschränkend bzw. differenzierend: Willigmann, S. 21; früher auch Troßmann, 1967,304ff. Zweifelnd: Model/Müller, Art. 76, S. 454 a.E. Anderer Ansicht: Pestalozza, ZRP 1976, 153, 154ff., der auf die föderative Stellungnahme im ersten Durchgang bzw. die Ausschußarbeit abhebt; kritisch hierzu Fiedler ZRP 1977,9,10 und Janson, DVBI. 1978,318, 320f. Kratzer, AöR 77 (1951/52), 266, 274 und Schulz, S. 115 sowie Wöhler, S. 41, die auf die Einreichung beim Bundestag abstellen; ablehnend hierzu von Mangoldt I Klein, Art. 76 Erl. IV 7 (S. 1735).

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

könnte aus dem Fehlen eines ausdrücklichen Verbots auf die Verfassungsmäßigkeit der Rücknahme einer Gesetzesvorlage geschlossen werden I56 . Das Fehlen einer grundgesetzlichen Rücknahmesperre allein vermag indes eine hinreichende verfassungsdogmatische Erklärung nicht zu ersetzen; zumal im Grundgesetz in Art. 78 ein anderer Fall der Rücknahme, nämlich die Rücknahme des Einspruchs gegen ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz offenbar für regelungsbedürftig gehalten und ausdrücklich normiert wurde 157 • Als Ansatzpunkt einer Begründung bietet sich die Unterscheidung zwischen einer Gesetzesvorlage und dem verabschiedeten Gesetz an; dieses kann nur noch im vorgesehenen regulären Gesetzgebungsverfahren wieder aufgehoben werden I58 . Für die Vorlage ist nicht eine solche Bestandskraft vonnöten wie sie - nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit - das spätere Gesetz erfordert. Es muß vielmehr gerade solange wie möglich während des Gesetzgebungsverfahrens die Chance erhalten bleiben, den lediglich zur Vorbereitung der parlamentarischen Behandlung dienenden Entwurf im Hinblick auf eine veränderte rechtliche, tatsächliche oder politische Situation anzupassen oder auch ganz auf ihn zu verzichten. Gelangt zum Beispiel die Bundesregierung aufgrund der Bundesratsstellungnahme zu ihrem Gesetzentwurf zu der Erkenntnis, der Entwurf müsse revidiert werden, so sollte ein Weg offen sein, den ursprünglichen Vorschlag rückgängig zu machen und anschließend einen neuen veränderten Entwurf vorzulegen. Auf diese Weise würde auch verhindert, daß sich die gegenseitigen Stellungnahmen hauptsächlich in der Information des Bundestages im Hinblick auf dessen Beratungen erschöpfen und damit den Klärungsprozeß im Einleitungsverfahren kaum verstärken helfen. Auch Gründe politischer Opportunität, etwa das absehbare endgültige Scheitern einer aussichtslos gewordenen Vorlage können die Rücknahme des Entwurfs sinnvoll und gerechtfertigt erscheinen lassen; ferner kann ein Koalitions- und Regierungswechsel dazu führen, laufende Gesetzgebungsinitiativen nicht mehr weiter zu verfolgen I59 . Daneben zeigt die parlamentarische Praxis, daß auch rechtliche Motive entscheidend sein können, so etwa Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die die Unvereinbarkeit des Entwurfs mit geltendem Recht befürchten lassen l60 . Schließlich muß für den Initianten die Möglichkeit bestehen, zu verhindern, daß die von ihm initiierte Vorlage im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens so weit "denaturiert" wird, bis sie letztlich einen Inhalt hat, den er politisch nicht gewollt hat 161 , mit dem So etwa Troßmann, § 101 Rdn. 8 (S. 773) m. w. Nachw. Vgl. Model/Müller, Art. 76, S. 454 a.E.; hierzu auch ütten, S. 95f. 158 Keinesfalls ausreichend ist insoweit ein schlichter Parlamentsbeschluß; siehe nur Achterberg, Parlamentsrecht, S. 557, insb. Fn. 73. 159 Vgl. AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12 a.E. 160 Siehe auch das Beispiel bei Goppel, S. 140 Fn. 1. 161 Siehe auch Abmeier, S. 135; Ritzel / Bücker, § 76 Anm. Ie (S. 3). Vgl. hierzu noch die Ausführungen unter IX.3. 156 157

V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen

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er sich aber dennoch identifizieren lassen muß. Hier dient die Rücknahmebefugnis als eine Art "Notbremse". Dogmatisch kann das Rücknahmerecht als "actus contrarius" zur Einbringung und damit als Bestandteil des verfassungsrechtlich gewährleisteten Initiativrechts begriffen werden 162 • Das Rücknahmerecht kann so auch ohne eine eigene ausdrückliche Ermächtigungsnorm als hinreichend legitimiert angesehen werden: Art. 76 GG gewährt grundsätzlich jedem Initiativträger die Freiheit, einen Gesetzentwurf vorzulegen oder auch nicht. Notwendiges grundgesetzliches Korrelat der autonomen Entscheidung, eine Vorlage dem Bundestag zu unterbreiten, ist die Möglichkeit, eine einmal eingebrachte Vorlage wieder zu verwerfen und zurückzuziehen. Das Rücknahmerecht korrespondiert in dieser Hinsicht mit der Ausübung des Einbringungsrechts. Entschließt sich daher ein Initiant, eine Gesetzesvorlage einzubringen, so behält er grundsätzlich die Verfügungsgewalt über seinen Gesetzentwurf, ohne daß eine Selbstbindung eintritt1 63 . Dies ergibt sich aus der fakultativen Natur des Initiativrechts l64 . 2. Voraussetzungen und Grenzen

Aus dem Charakter der Rücknahme als actus contrarius zur Einbringung und dem Gedanken der Rücksichtnahme auf andere beteiligte Verfassungsorgane ergeben sich Voraussetzungen und Grenzen für die Rücknahme 165 . a) Voraussetzungen der Rücknahme Aus der Natur der Sache folgt zunächst, daß nur der ursprünglich einbringende Initiant zur Rücknahme berechtigt ist. Er allein besitzt die verfassungsrechtliche Befugnis, über seinen Gesetzentwurf zu disponieren. Hieraus ergibt sich für die Rücknahmeerklärung l66 als Konsequenz die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen - gewissermaßen antagonistischen - Willensbildung innerhalb des zurücknehmenden Organs. Dabei sind grundsätzlich die gleichen for162 Siehe auch M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 9; Troßmann, § 101 Rdn. 8; Abmeier, S. 135. 163 Vgl. Janson, DVBI. 1978,318,321. 164 Vgl. Willigmann, S. 21. 165 Vgl. Fiedler, ZRP 1977, 9, 10, insb. Fn. 12, der sinnvolle und notwendige Beschränkungen des Rücknahmerechts zwar allgemein für durchaus denkbar hält, ihnen im Gesetzgebungsverfahren allerdings kaum Bedeutung beimißt. 166 Mißverständlich ist der Begriff "Rücknahmeantrag" (vgl. Goppe1, S. 101). Ein Antrag im Rechtssinne ist nämlich nicht erforderlich. Dieser würde begriffsnotwendig implizieren, daß der Antragsempfänger die - zumindest theoretische - Möglichkeit einer Ablehnung hat. Hier handelt es sich aber um die Mitteilung einer - von dritten unabhängigen - Entscheidung, die lediglich bekanntgegeben werden muß. Daher schreibt Goppel, a.a.O., dann auch, die Regierung "muß dem Antrag entsprechen".

4 Schürmann

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

meIlen Erfordernisse, insbesondere Mehrheitsverhältnisse, einzuhalten, die auch hinsichtlich der Einbringung zu beachten waren. Für die Rücknahme einer Regierungsvorlage bedeutet dies, daß hier ein entsprechender Mehrheitsbeschluß des gesamten Kabinetts vorausgegangen sein muß167. Bei Initiativen aus der Mitte des Bundestages fragt sich, ob für die Rücknahme in jedem Fall das Einverständnis aller Abgeordneten erforderlich ist, die die Einbringung der Gesetzesvorlage durch ihre Unterschrift ermöglicht haben 168 oder, ob eine Rücknahme bereits dann anzunehmen ist, wenn so viele Abgeordnete ein entsprechendes Verlangen äußern, daß die Zahl der den Entwurf weiterhin tragenden Parlamentarier unter das für die Einbringung erforderliche Quorum von grundsätzlich 26 Abgeordneten (vgl. § 76 I GO BT) sinkt 169 . Man wird der letztgenannten Ansicht schon deshalb zustimmen können, weil sie - zu Recht - davon ausgeht, daß die Einbringungsvoraussetzungen bis zur endgültigen Beschlußfassung jederzeit vorliegen müssen. Ändert aber im Laufe des Verfahrens eine relevante Anzahl von Abgeordneten ihre Ansicht und zieht die seinerzeit durch die Unterschrift erteilte Unterstützung zurück, so geht das formell unerläßliche Quorum verloren; es mangelt damit an einer ordnungsgemäßen Gesetzesvorlage, die erst die Behandlungspflicht des Parlaments auszulösen vermag. Das Quorum stellt mithin nicht nur eine Einleitungs-, sondern auch eine Beschlußfassungsvoraussetzung dar. Diese Sichtweise ist im übrigen auch konsequent in bezug auf das zuvor vertretene Verständnis des "Einbringens". Weil dieser Begriff auf das gesamte Einleitungsverfahren bezogen wurde 170 , müssen die formellen Voraussetzungen auch während dieses gesamten Verfahrensabschnitts gegeben sein. Auch die Rücknahmeentscheidung des Bundesrates bedürfte schließlich eines Beschlusses, den das Plenum mit seiner Mehrheit zu fassen hat. Des weiteren muß der auf dieser Grundlage ermittelte Rücknahmebeschluß des Einbringenden nach außen hin, insbesondere gegenüber den beteiligten Organen, klar und deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Grundsätzlich wird man insoweit gerade bei Verfahrenshandlungen aus Gründen der Rechtssicherheit eine Formalisierung, d. h. eine explizite Rücknahmeerklärung in schriftlicher Form verlangen müssen. Die gelegentlich anzutreffende sehr allgemein gehaltene und unbestimmte Äußerung, "der Entwurf werde nicht weiterverfolgt"l7l, erscheint kaum ausreichend; es sei denn, ausnahmsweise ist 167 So wohl auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 6 a. A.; vgl. zu einem problematischen Fall in der Praxis z. B. 104. Sitzung des Bundesrates vom 27. 3. 1953, Sitz.Prot. S. 159 Bff. 168 So Stern, 11 § 37 III 4 (S. 618); Willigmann, S. 21/22; ablehnend Abmeier, S. 135 Fn.332. 169 Ritzel / Bücker, § 76 Anm. 1d bb; Troßmann, 1967, S. 304; beipflichtend Abmeier, S. 135 Fn. 332. 170 Siehe oben IV., S. 45. 171 AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12 a. E.

V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen

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die Rücknahme für alle Beteiligten völlig evident, so beispielsweise bei Koalitions- und Regierungswechseln innerhalb einer Wahlperiode. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ferner, daß die Rücknahmeerklärung des Initianten an den bzw. die richtigen Adressaten gerichtet ist. Ganz allgemein ist der Adressatenkreis abhängig von den bereits beteiligten Verfassungsorganen. Sämtliche in das bisher durchlaufene Gesetzgebungsverfahren eingeschalteten Organe und Verwaltungsstellen sollten zweckmäßigerweise von der Rücknahme in Kenntnis gesetzt werden, damit sie sich darauf einstellen können. Auf diese Weise können überflüssige Aktivitäten im Hinblick auf den Entwurf vermieden werden. Den anderen Initianten, die sich möglicherweise die Gesetzesvorlage erhofft oder sogar darum nachgesucht hatten, wird so aber auch signalisiert, daß sie nun ggf. doch selbst initiativ werden müssen, wenn sie die Sache noch gesetzlich reglementiert sehen möchten. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob aus dem Gesichtspunkt der Verfassungsorgantreue die Information der involvierten Staatsorgane nicht sogar zwingend geboten ist. In der Literatur172 wird zumindest hinsichtlich der Rücknahmeerklärung des Bundesrates verlangt, daß in entsprechender Anwendung des Art. 76 111 GG der "Rücknahmeantrag"173 nicht unmittelbar an den Bundestag geht - auch wenn sich die Vorlage schon dort befindet -, sondern zunächst wieder an die Bundesregierung, die ihre Auffassung zur Rücknahme darzulegen hat. Die Bundesregierung müsse dann allerdings dem Rücknahmebegehren entsprechen. Konsequenterweise müßte wohl ein entsprechendes - bloß umgekehrtes - Verfahren auch für die Rücknahme von Regierungsvorlagen gelten, bei denen - analog Art. 76 11 GG - der Bundesrat dann zumindest Gelegenheit zur Stellungnahme erhielte. Gegen dieses zwar logisch nicht anfechtbare, aber sehr umständliche Verfahren 174 bestehen erhebliche Bedenken. Es ist schon sehr fraglich, ob die Rücknahme verfahrensmäßig analog der Einbringung nach Art. 76 11 und 111 GG erfolgen muß, ob nicht vielmehr die " einfache " Information vollauf reicht. Nach ihrem Sinn und Zweck ist eine Stellungnahme aber auch nicht erforderlich, da der Gesetzentwurf - von diesem Initianten jedenfalls - nicht mehr in die parlamentarische Behandlung gebracht wird. Die Notwendigkeit einer Begründung für die Rücknahme besteht schließlich nicht. Wenn man die Rücknahme als "actus contrarius" zum Einbringungsakt auffaßt, der - für sich gesehen - auch nicht begründet werden muß und grundsätzlich im freien Ermessen des Initianten steht, erscheint dies nur konsequent. Kommt es zu einem Streit darüber, ob die Rücknahme einer Gesetzesvorlage durch den Initianten zulässig ist, greift die Regelung des § 127 GO BT, d. h. der Bundestagspräsident (im Einzelfall) 172 Siehe Schäfer, Bundesrat, S. 64; ihm folgend von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2d (S. 1725); Matuschka, S. 82; Goppel, S. 100/1Ol. 173 Zur Problematik dieses Begriffs siehe zuvor Fn. 166. 174 Dies muß auch Matuschka, S. 82 konzedieren.

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B. Das legislatorische Ein1eitungsverfahren

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bzw. das Parlament entscheidet nach Beteiligung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung 175 . b) Grenzen der Rücknahme

Die eingangs angesprochene prinzipielle Dispositionsbefugnis des Initiativträgers besteht im übrigen nur innerhalb gewisser Grenzen. In zeitlicher Hinsicht bietet zunächst die nach Art. 77 I 1 GG abschließende parlamentarische Beratung im Bundestag die äußerste Grenze. Der Initiant muß seine Gesetzesvorlage bis spätestens vor der Schlußabstimmung (§ 86 GO BT) am Ende der letzten - i. d. R. dritten 176 - Lesung im Parlament zurückgezogen haben 177 . Nach der Eröffnung der Schluß abstimmung ist der Gesetzentwurf ein für allemal der Verfügungsmacht des Einbringenden entzogen. Bis dahin ist eine Rücknahme allerdings jederzeit zulässig. Soweit teilweise eine zeitlich restriktivere Begrenzung der Rücknahmebefugnis - z. B. auf den Zeitpunkt der Einreichung beim Bundestag 178 oder der Beschlüsse bzw. Berichte der zuständigen Ausschüsse 179 - gefordert wird, erscheint dies dagegen nicht geboten 180 • Zwar könnte einerseits der Gesichtspunkt einer möglichst effektiven und funktionsfähigen Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens als eine tragfähige Begründung für eine solche Vorverlagerung in Betracht kommen. Hat sich nämlich ein anderes am Gesetzgebungsverfahren beteiligtes Staatsorgan eingehend mit der Initiativvorlage befaßt, würde es eine Vergeudung von personellen sowie sachlichen und damit - nicht zuletzt - finanziellen Ressourcen bedeuten, wenn der Entwurf zurückgezogen wird 181 • Die in Art. 76 II und III GG enthaltenen Mitwirkungserfordernisse bieten Anlaß genug für ein ggf. aufwendiges Engagement. Es ließe sich unter Umständen auch der Aspekt des Vertrauensschutzes als Argument für eine Art Selbstbindung des Initianten anführen: Die übrigen Vgl. Schmidt-Bleibtreu I Klein, Art. 76 Rdn. 6 a. E. Vgl. §§ 78ff. GO BT. 177 So auch die ganz herrschende Meinung; siehe zuvor Fn. 155. 178 So etwa Kratzer, AöR 77 (1951/52), 266, 274, Wöhler, S. 41 und Schulz, S. 115, die die Rücknahme - zumindest von Regierungsvorlagen - nur solange gestatten wollen, wie die Vorlage nicht beim Bundestag eingereicht ist. 179 Pestalozza, ZRP 1976,153, 154ff.; Willigmann, S. 21 m.w.Nachw. in Fn. 68; Troßmann, 1967, 305ff. m. w. Differenzierungen; vgl. Stern, 11 § 37 III 4 (S. 618) Fn. 288; Troßmann, § 101 Rdn. 8. 180 Stern, 11 § 37 III 4 (S. 618) Fn. 288; M I D I H I Sch, Art. 76 Rdn. 9; vgl. auch die überzeugende Argumentation bei Troßmann, § 101 Rdn. 8 (S. 775) und Fiedler, ZRP 1977, 9,10. 181 Der Aspekt einer unzureichenden Berücksichtigung des Aufwands der anderen Organe im Falle der Initiativrücknahme wird vor allem von Pestalozza, ZRP 1976, 153, 154f. betont. Kritisch dazu von MünchIBryde, Art. 76 Rdn. 7 a. E. (" ... allenfalls de lege ferenda von Bedeutung"). 175

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V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen

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verfassungsrechtlich zur Mitwirkung aufgerufenen oder sogar verpflichteten Organe sind im Vertrauen darauf tätig geworden, daß ihr Einsatz einem Gesetzesvorschlag zugute kommt, über den der Bundestag dann auch tatsächlich befindet; vielleicht hat sogar ein anderer potentieller Initiant auf die Einbringung einer eigenen Vorlage gerade deshalb verzichtet1 82 • Wird nun der Entwurf vorzeitig rückgängig gemacht, sehen sich diese Beteiligten in diesem Glauben getäuscht, so daß ein schutzwürdiges Interesse der Rücknahme entgegenstünde. Keines der genannten Argumente erweist sich bei näherer Untersuchung aber als zwingend. Es erscheint zunächst formalistisch, den Bundestag womöglich zu Abstimmungen über Anträge zu zwingen, die durch die Ereignisse längst überholt sind und von keiner Seite mehr unterstützt werden. Zudem können die politischen Aktivitäten gerade darauf gerichtet gewesen sein, den Entwurf zu Fall zu bringen. Der Gesichtspunkt eines möglichen Vertrauensschutzes erweist sich daher als nicht einschlägig; im übrigen müssen die anderen beteiligten Verfassungsorgane ohnehin eine Ablehnung der Gesetzesvorlagen im Parlament einkalkulieren. Soll parlamentarische Arbeit lebendig und funktionsfähig bleiben, bedarf es schließlich effizienter, lebensnaher Verfahrensregeln. Dazu gehört der Grundsatz freier Rücknehmbarkeit gestellter Anträge 183 • Nicht näher erörtert werden kann in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes überhaupt im Gesetzgebungsverfahren Anwendung finden können. Es handelt sich nämlich immerhin nicht um das Verhältnis eines "Vertrauenden" zum Staat o. ä., also um eine zweiseitige Rechtsbeziehung. Im Gesetzgebungsverfahren gilt es, mannigfache Interessen auszugleichen; das Ergebnis tangiert meistens eine Vielzahl Dritter. Auch aus diesem Grund kann der Arbeitsaufwand kaum einen "Anspruch" auf weitere Befassung begründen. Schließlich steht auch die Kenntnis von der prinzipiellen Rücknehmbarkeit jeder Initiativvorlage der Entstehung schutzwürdigen Vertrauens entgegen. Es bleibt außerdem immer die Möglichkeit, selbst die Gesetzesinitiative zu ergreifen und so bereits durchdachte Konzeptionen weiter zu verfolgen, ohne daß der bisherige Aufwand sinnlos gewesen sein muß. Auf der anderen Seiten sprechen überzeugende Gründe für eine Festlegung der zeitlichen Grenze auf die Schluß abstimmung im Bundestag. Diese Abstimmung stellt den entscheidenden parlamentarischen Akt des Gesetzgebungsverfahrens dar (vgl. Art. 77 11 GG). Sämtliche vorher stattfindenden Abstimmungen dienen nur zur Vorbereitung dieser endgültigen Beschlußfassung. So wenig der Initiator des Gesetzesantrags über diesen Akt verfügen kann, so wenig unterliegt die Vorbereitung der Disposition anderer Verfahrensbeteilig182 183

Vgl. Fundis, S. 56. Fiedler, ZRP 1977, 9, 10.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

ter l84 . Durch den Beschluß des Bundestages als dem Hauptgesetzgebungsorgan hat der bisher als Diskussionsgrundlage dienende Gesetzentwurf einen anderen Charakter erlangt; durch die parlamentarische Annahme ist ein ausschlaggebender Verfahrensschritt im Hinblick auf das Zustandekommen des Gesetzes vollzogen worden 185 . Diese qualitative Veränderung zeigt sich bereits deutlich rein äußerlich am Wechsel der Begriffe in den entsprechenden Verfassungsnormen. War bisher im Einleitungsverfahren noch von "Gesetzesvorlagen" bzw. "Vorlagen"186 die Rede, so spricht das Grundgesetz jetzt von ,,(beschlossenen) Bundesgesetzen" oder "Gesetzesbeschluß"187. Die Hinzufügung der Worte "Beschluß" bzw. "beschlossene" hebt dabei die Bedeutung gerade dieses Verfahrensschrittes noch besonders hervor. Auch der systematisch nachfolgende Art. 78 GG nimmt diese Kennzeichnung auf ("Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz ... ") und knüpft daran die weiteren Voraussetzungen an, die für das Zustandekommen zu erfüllen sind (" ... kommt zustande, wenn ... "). Ferner erscheint im Hinblick auf die Intention der Rücknahme der Zeitpunkt der Schlußabstimmung als zeitliche Begrenzung sachgerecht. Der Initiant möchte seinen Entwurf zurückziehen, weil er ihn - aus welchen Gründen auch immer - in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten und nicht mehr mit ihm identifiziert werden Will l88 . Hat der Bundestag bereits einen Beschluß gefaßt, so ist die Initiative ohnehin verworfen oder angenommen worden; in dem letzten - hier interessanten - Fall muß sich aber nun nicht mehr der Initiant, sondern das Parlament das nunmehr beschlossene Gesetz zurechnen lassen. Eine mögliche materielle Beschränkung des Rücknahmerechts könnte bei einer Pflicht zur Einbringung von Gesetzesvorlagen bestehen l89 . Wenn ein Initiativträger rechtlich verpflichtet ist, bestimmte Gesetzesvorlagen einzubringen 190 - z. B. die Bundesregierung den Haushaltsentwurf gern. Art. 110 GG i. V. m. der Bundeshaushaltsordnung -, so könnte diese Anordnung Vgl. Fiedler, ZRP 1977, 9, 10. Stern, 11 § 37 III 4 (S. 619); Fiedler, ZRP 1977,9,10. 186 Vgl. hierzu die Ausführungen unter 111. 1. 187 Art. 77 I 1 GG: "Die Bundesgesetze ... beschlossen"; Art. 77 II 1 GG: " ... nach Eingang des Gesetzesbeschlusses ... "; Art. 77115 GG: " ... Änderung des Gesetzesbeschlusses ... "; Art. 77 III 1 GG: " ... vom Bundestage beschlossenes Gesetz ... ". Wenn in Art. 77 II 1 GG doch wieder der Begriff "Vorlagen" auftaucht (" ... für die gemeinsame Beratung von Vorlagen gebildeter Ausschuß ... "), so handelt es sich hierbei nicht um Vorlagen i. S. d. Art. 76 GG, sondern lediglich im untechnischen Sinne um die Unterlagen, die bei Anrufung des Vermiulungsausschusses dem Ausschuß zur Behandlung eingereicht werden. 188 Siehe zuvor unter V.l, S. 48f. 189 So wohl Stern, 11 § 37 III 4 (S. 617 a. E.) und Troßmann, 1967, S. 306; vgl. auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 6 a. E. 190 Siehe hierzu die Ausführungen unter VII.3. 184 185

V. Die Rücknahme von Gesetzesvorlagen

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ein verfassungsrechtliches Verbot implizieren, den einmal eingebrachten Entwurf wieder zurückzuziehen 191 . Zwar ließe sich insoweit zunächst argumentieren, daß bei einem Fehlen der Initiativfreiheit auch die Freiheit zur Rücknahme notwendigerweise entfallen müsse; in dieser Allgemeinheit erscheint eine solche Schmälerung des Rücknahmerechts jedoch nicht angebracht. Denkbar ist beispielsweise der Fall, daß die Bundesregierung mit der Rücknahme eines pflichtigen Gesetzentwurfs gleichzeitig die Einbringung eines neuen Entwurfs verbindet und damit ihrer Pflicht letztlich nachkommt. Natürlich sind auch Weiterungen vorstellbar, die eine Rücknahme möglicherweise als mißbräuchlich und damit pflichtwidrig erscheinen lassen, z. B. wiederholte Rücknahme mit dem Ziel einer Verzögerung; aus der Möglichkeit eines Mißbrauchs darf allerdings nicht ohne weiteres auf ein generelles Rücknahmeverbot geschlossen werden 192 . Im Ergebnis läßt sich daher festhalten, daß im Regelfall die Rücknahme einer pflichtigen Gesetzesvorlage zunächst nur zum sofortigen Wiederaufleben der ursprünglichen verfassungsrechtlichen Einbringungspflicht führt. 3. Auswirkungen

Rechtsfolge der Rücknahme einer Gesetzesvorlage durch den Initianten ist die Aufhebung der Vorlage mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc)193. Unabhängig davon, wo sich der Entwurf gerade zur Beratung befindet, ist in jedem Fall das aktuell befaßte Organ nicht mehr befugt, die Vorlage weiter zu behandeln. In dieser Hinsicht kommt der Rücknahme die Wirkung einer Erledigungserklärung zu. Hiermit muß nun aber keineswegs das Ende der mit dem jeweiligen Entwurf verfolgten inhaltlichen Vorstellungen verbunden sein. Wenn die mit der zurückgenommenen Vorlage befaßten Organe der Auffassung sind, der Entwurf solle doch noch Gesetz werden, so können sie ihr Ziel dadurch erreichen, daß sie selbst den Entwurf als ihre eigene Gesetzesvorlage einbringen. Wegen der noch zu erörternden grundSätzlichen Unabhängigkeit der Initiativrechte 194 bestehen hiergegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

191 192 193 194

Troßmann, 1967, S. 306. Vgl. BVerfGE 1, 144, 149. Vgl. Lechner / Hülshoff, § 32 GO BRat Anm. 1. Siehe hierzu das folgende Kapitel VI. 1 b).

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts 1. Die Initiativträger nach Art. 76 GG

a) Bundesregierung, Mitte des Bundestages und Bundesrat "Gesetzesvorlagen werden beim Bundestage durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht" (Art. 76 I GG)195.

Gleich zu Beginn der grundgesetzlichen Vorschriften über das Gesetzgebungsverfahren werden in Art. 76 I GG die verfassungsrechtlich zur Einbringung von Gesetzesvorlagen befugten Funktionsträger aufgeführt. Danach haben zunächst zwei oberste Bundes- bzw. Verfassungsorgane, die Bundesregierung und der Bundesrat, das Recht zur Gesetzesinitiative. Mit der "Bundesregierung" ist hierbei das Kollegialorgan als Ganzes angesprochen, dem die entscheidende Beratung und Beschlußfassung obliegt (vgl. §§ 39 Satz 1 GGO 11; 15 I lit.a 196 , 28 GO BReg); nur, wenn der Entwurf vom Kabinett gebilligt wurde, darf er im Parlament als Regierungsvorlage eingebracht werden 197 • Auch dem Bundesrat steht das Initiativrecht ausschließlich in seiner Gesamtheit als Körperschaft 198 bzw. als Verfassungsorgan l99 zu; weder ein195 Hervorhebungen durch den Verfasser. 196 Wegen der generalklauselartigen Ausdehnung des Kollegialprinzips werden vereinzelt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 15 GO BReg geäußert; siehe z. B. Kröger, S. 57/58; von Münch / Liesegang, Art. 65 Rdn. 17 (S. 879 a.E.); vor allem auch Böckenförde, S. 209f.; nicht aber Kadner, S. 91, den Schenke, Jura 1982, 337, 348 Fn. 56 fälschlicherweise anführt. Die vorgetragenen Bedenken greifen allerdings im Ergebnis nicht durch, wie Schenke, a.a.O., S. 348 mit überzeugender Begründung darlegt: beipflichtend Degenhart, Rdn. 363 a. E. und Schmidt-B1eibtreu / Klein, Art. 65 Rdn. 6 (S. 723/724); ähnlich Lechner / Hülshoff, § 15 Anm. 4. Ohne grundsätzliche Bedenken wohl auch Seifert / Hömig, Art. 65 Rdn. 5; Junker, S. 119ff.; Karehnke, DVB\. 1974,101,106/107; Seifert / Geeb, I A 10 Er\. zu Art. 65, S. 140s. 197 So u. a. OLG Köln, NJW 1977, 1463, 1464 sowie Achterberg, Parlamentsrecht, S. 351; AK-Jekewitz, Art. 62 Rdn. 5, Art. 76 Rdn. 13; Beinhofer, S. 55; BK-Meder, Art. 65 Er\. 11 1; BK-Herrfahrdt, Art. 76 Er\. 11 2; Degenhart, Rdn. 360; FIeseh, StuKV 1977, 279, 282; Friauf, FG Herrfahrdt, S.45, 50/51, 72; Hamann / Lenz, Art. 76 B 1; Hesse, Rdn. 647; Junker, S. 117; Kadner, S. 29; Knöpfte, DVB\. 1965, 857ff., 925ff., 928; Lechner / Hülshoff, § 28 Anm. 1; von Mangoldt / Klein, Art. 65 Er\. V 3 (S. 1268) m.w.Nachw., Art. 76 Er\. IV 5 (S. 1728); M / D / H / Sch, Art. 62 Rdn. 6 und 14, Art. 65 Rdn. 71, Art. 76 Rdn. 2 und 13; Maunz / Zippelius, § 42 11 1 (S. 404); Model/Müller, Art. 65 Anm. 1 (S. 421); Mössner, S. 123; Münch, S. 204ff.; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 10; von Münch / Liesegang, Art. 65 Rdn. 16; Nawiasky, S. 118; Pfister, S. 194; Piepenstock, S. 16; Schenke, Jura 1982, 337, 342ff., insb. 348; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 62 Rdn. 6, Art. 76 Rdn. 1 und 5; SchmidtJortzig, S. 24; ders., Klausuren, S. 102, 113 (2.2.1); Seifert / Geeb, I A 10 Er\. zu Art. 65, S. 140s und Er\. zu Art. 76, S. 146; Straßer, S. 10/11; Troßmann, 1967, S. 77; Versteyl, S. 25; Willigmann, S. Sff. m. w. Nachw. 198 M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 21; BK-Scupin, Art. 50 Er\. 11 2; Feber, S. 86; Goppel, S. 83; Piepenstock, S. 32; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 4;

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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zeIne Bundesratsmitglieder2OO , noch Landesregierungen 201 oder Bundesländer202 sind befugt, Gesetzesvorlagen im Bundestag einzubringen. Als dritter potentieller Adressant einer Gesetzesvorlage ist daneben zwar der Bundestag - ebenfalls ein oberstes Bundes- bzw. Verfassungsorgan - als solcher in Art. 76 I GG erwähnt. Gleichzeitig macht aber die vorangestellte, einschränkende 203 Formulierung "aus der Mitte" (des Bundestages) deutlich, daß damit nicht das Organ in seiner Gesamtheit, sondern nur ein Teil davon gemeint sein kann204 • Im Gegensatz zu den anderen beiden Organen, die jeweils insgesamt initiativbefugt sind, steht dieses Recht beim Bundestag nur einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten, nicht aber dem Parlament als Ganzem ZU205 • Art. 76 GG enthält keine näheren Angaben hinsichtlich der "Mitte des Bundestages". Ausgefüllt wird diese Lücke durch entsprechende Regelungen in der Geschäftsordnung, die der Bundestag kraft seiner Parlamentsautonomie (vgl. Art. 40 I 2 GG) festgelegt hat. Nach § 76 I GO Bpo6 Schramm / Schmidt-Troje, S. 102; Schneider, DV 1949, 324, 325; Straßer, S. 38; Versteyl, S. 28; Willigmann, S. 19; wohl auch von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 16; Fügen, S. 76; Schneider, Rdn. 92. 199 AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 18; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 352; Flesch, StuKV 1977,23; Fundis, S. 64; Goppel, S. 82ff.; Schäfer, Bundesrat, S. 61; Stern, 11 § 37 III 4d (S. 622); von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. VI 2, der ausdrücklich betont, die Bundesregierung sei gerade keine Körperschaft; kritisch hierzu Münch, AöR 80 (1955/56), 240, 241. Das Grundgesetz selbst gebraucht den Begriff "Körperschaft" allerdings in Art. 59111 GG für Bundestag wie Bundesregierung gleichermaßen. 200 M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 21; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 18; Feber, S. 86; Fügen, S. 76; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 4; Schneider, DV 1949, 324, 325; Hesselberger, Art. 76 Er!. 11 2 a. E.; Stern, 11 § 37 III 4d (S. 622); Versteyl, S. 28. 201 Von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 16; Versteyl, S. 28; Flesch, StuKV 1977, 23. 202 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 352; M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 21; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 76 Rdn. 4; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. VI 2; BK-Herrfahrdt, Art. 76 Er!. 11 5a. E.; Fürst / Günther, S. 157; Schramm / SchmidtTroje, S. 102; Goppel, S. 83; Feber, S. 86; Nawiasky, S. 119; Willigmann, S. 19; Wöh!er, S. 35; Hesse1berger, Art. 76 Er!. 11 2 a. E.; zweifelhaft Rottmann, FG Gesellschaft für Rechtspolitik, S. 329,331. 203 Im Gegensatz dazu wird der Bundestag als Adressat ("beim Bundestage") in seiner Gesamtheit angesprochen; siehe dazu noch VIII. 204 Es ist deshalb - genau genommen - unkorrekt, von drei initiativberechtigten Bundes- oder Verfassungsorganen zu sprechen; so aber z. B. M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 2; Hamann, Art. 76 B 1 (S. 341); kritisch hierzu ebenfalls von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 2 b (S. 1722/23). 205 BVerfGE 1, 144, LS 3 c; Abmeier, S. 135ff.; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 15; Bardenhewer, S. 84; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. VI; M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 25; Model/Müller, Art. 76, S.453; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 13; Schneider, Rdn. 92; Schramm / Schmidt-Troje, S. 102; Seifert / Geeb, I A 10 Art. 76 I, S. 146; Stern, 11 § 37 III 4c; Straßer, S. 8,34; Troßmann, JöR 28 (1979), 1,284; Willigmann, S. 18; Versteyl, S. 27; sehr mißverständlich Rottmann, FG Gesellschaft für Rechtspolitik, S. 329, 331 oben ("Das Gesetzesinitiativrecht liegt beim Bundestag ... "). 206 § 76 ersetzte bei der Novellierung der Geschäftsordnung des Bundestages 1980 den bisherigen § 97 I HS 1, auf den allerdings auch in der neue ren Literatur noch viel-

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

müssen alle Vorlagen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - hierzu zählen gern. § 75 I lit.a. GO BT auch Gesetzentwürfe - von einer Fraktion 207 oder von 5 % der Parlamentsmitglieder, d. h. wenigstens 26 Abgeordneten, unterzeichnet sein 208 , es sei denn, die Geschäftsordnung selbst schreibt etwas anderes vor oder läßt es zu209 . Im Ergebnis sind also nach Art. 76 I GG die Bundesregierung und der Bundesrat als Verfassungsorgane sowie die Fraktionen oder auch einzelne Bundestagsabgeordnete in genügender Zahl- als mit eigenen Rechten ausgestatteter Teil des Verfassungsorgans "Bundestag" - zur Gesetzesinitiative berechtigt. Wenn insoweit von "drei zur Initiative Berechtigten" die Rede ist 2!O, erscheint dies angesichts der Dreiteilung in Art. 76 I GG zunächst zwar durchaus plausibel und vertretbar; gleichwohl wird es aus gutem Grund - ohne Rabulistik betreiben zu wollen - als nicht ganz exakt kritisiert, da aus der Mitte des Bundestages nicht nur eine Gruppierung einen Gesetzentwurf vorlegen darf. Entsprechend der Zahl der Abgeordneten können sich jederzeit noch weitere Gruppierungen zusammenfinden und als Initiativträger auftreten 211 • Denkbar ist beispielsweise, daß eine Gesetzesinitiative von der Bundestagsmehrheit und eine von der Minderheit (Oppositionsentwurf) ausgeht, dann würden schon zwei Berechtigte Gesetzeworlagen "aus der Mitte des Bundestages" einbringen. b) Unabhängigkeit der Initiativrechte

Die nach Art. 76 I GG Berechtigten können die Gesetzesinitiative unabhängig voneinander betreiben: Die gleichzeitige oder zeitlich nachfolgende Einbringung konkurrierender Gesetzesvorlagen über denselben Gegenstand und sogar gleichen Inhalts ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig; das Grundgesetz enthält in dieser Hinsicht keine Beschränkungen212 . Auch aus fach Bezug genommen wird; siehe nur M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 25; Sembdner, S. 110ff.; Schramm / Schmidt-Troje, S. 102 und Fn. 17. 207 Zum Begriff "Fraktion", zu seiner Begriffsgeschichte und Definition siehe statt anderer Kretschmer, S. 9ff. 208 Zur Entstehung der Formel siehe Ritzel / Bücker, § 76 I Vorbem. b; Zeh, ZParl 1986, 396, 404 spricht insoweit von einer Art "Ernstlichkeitskontrolle". 209 Zu den Ausnahmen Troßmann, § 97 Rdn. 3. 210 Siehe nur von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2c, e, jeweils a. A.; Seifert / Hömig, Art. 76 Rdn. 2; Mössner, S. 123 ("drei Instanzen"); Wöhler, S. 31 ("drei Faktoren"); vgl. auch Ellwein, S. 262. 211 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 350 oben. 212 So oder ganz ähnlich auch Achterberg, Parlamentsrecht, S. 349/350; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12; Goppel, S. 102ff.; Hamann / Lenz, Art. 76 B 1; Lechner / Hülshoff, § 75 GO BT Anm. 1 (S. 221); von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2d (S. 1724); M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 8; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 5; Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 26; Seifert / Hömig, Art. 76 Rdn. 2; Straßer, S. 6; Willigmann, S. 4/5; teilweise noch m. w. Nachw.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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der Reihenfolge bei der Aufzählung der Initiativträger in Art. 76 I GG ergibt sich nichts anderes 213 ; so übt insbesondere eine bereits eingebrachte Regierungsvorlage keine Sperrwirkung in der Weise aus, daß andere Entwürfe zum selben Gegenstand nicht mehr eingebracht werden dürfen214 . Es ist daher durchaus möglich, daß zur gleichen Zeit mehrere Initiativentwürfe zu einer Sachmaterie beim Bundestag eintreffen und auch behandelt werden 215 . Diese Unabhängigkeit der Initiativrechte gilt ebenso für den Fall, daß eine Gesetzesvorlage bereits vom Parlament abgelehnt wurde. Mit der Beschlußfassung ist das Initiativrecht des Einbringers zwar zunächst nach Art. 76 GG "voll zum Zuge gekommen"216 und damit erloschen. Dessen ungeachtet kann das Thema der gescheiterten Gesetzesvorlage als solches aber weiter verfolgt werden. Es steht jedem Initiativträger grundsätzlich frei, zum gleichen Gegenstand erneut einen gesetzgeberischen Vorstoß zu unternehmen und eine Vorlage einzubringen 217 ; diese darf dem ursprünglich abgelehnten Entwurf sogar wortwörtlich entsprechen218 . c) Zulässigkeit gemeinsamer Gesetzesinitiativen

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine gemeinsame Gesetzesinitiative von zwei oder auch allen drei Einbringungsberechtigten von der Verfassung gedeckt ist. Dies wird teilweise 219 unter Hinweis auf die Gleichwertigkeit des Initiativrechts der Initianten 220 bejaht. In einem solchen Fall soll dann sogar eine Einhaltung der Verfahrensschritte in Art. 76 11 und III GG entfallen können, da die beteiligten Verfassungsorgane ihre jeweilige Ansicht zur Gesetzesvorlage bereits zum Ausdruck gebracht hätten 221 . Diese Ansicht sieht sich erheblichen Bedenken ausgesetzt. Schon Wortlaut und Aufbau von Art. 76 I GG lassen diese Interpretation kaum zu. Bei der Aufzählung der Initiativberechtigten ist das letzte Präpositionalgefüge ("durch den Bundesrat") mit einem "oder" angebunden. In der deutschen Sprache hat die Konjunktion "oder"222 zwar eine durchaus unterschiedliche Bedeutung223 . In Siehe dazu noch im folgenden unter d). Vg!. Achterberg, Parlamentsrecht, S. 350; Goppel, S. 103; Willigmann, S. 5. 215 Goppel, S. 102. 216 BVerfGE 1, 144, 155. 217 Dies ist nicht zuletzt auch Ausdruck der prinzipiellen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit des Initianten; dazu noch unter VII. 1. 218 Vg!. Goppel, S. 102; von Mangoldt I Klein, Art. 76 Er!. III 1 g; Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 31. 219 Stern, II § 37 III 4b (S. 619). 220 Siehe dazu noch im folgenden unter d). 221 Stern, II § 37 III 4 b (S. 619). 222 Hier gebraucht als sog. disjunktive Konjunktion; vg!. Duden, Grammatik, 1966, Rdn. 3565; auch J. und W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 7, Leipzig 1889, Sp. 1148 II. 213

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

ihrer Hauptfunktion dient sie indes als Verbindung von zwei oder mehreren Möglichkeiten, die zur Wahl stehen, von denen aber jeweils nur eine letztlich in Frage kommt224 ; insoweit drückt sie kein kumulatives 225 , sondern ein alternatives Verhältnis prinzipiell unvereinbarer Möglichkeiten aus226 . Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn - wie hier in Art. 76 I GG - bei der Aufzählung der Handlungsalternative nicht zwischen jedem Satzglied die Konjunktion "oder" verwandt wird 227 , sondern stattdessen ein Komma steht228 . Bei solchen Satzkonstruktionen erfolgt die Kommasetzung lediglich stellvertretend für die sonst erforderliche Konjunktion "oder"229. Eine gemeinsame Gesetzesinitiative der nach Art. 76 I GG Berechtigten ist daher schon hiernach fraglich. Hätte der Verfassungsgesetzgeber diese Möglichkeit eröffnen wollen - sie wäre sprachlich kein Problem gewesen 230 - , hätte sie in Art. 76 I GG zum Ausdruck gebracht werden müssen. Auch Sinn und Zweck der verfassungsrechtlichen Regelung sprechen gegen die Zulassung gemeinschaftlicher Gesetzesinitiativen: Art. 76 I GG trennt die verschiedenen Initiativträger - organisatorisch und funktionell - bewußt und eindeutig voneinander. Hierdurch werden klare Kompetenzzuweisungen und Verantwortlichkeiten erreicht. Eine Anerkennung gemeinsamer Gesetzesvorlagen würde diese grundsätzliche Verteilung verwischen bzw. unterlaufen und zu einer unerwünschten Verschiebung der Zuständigkeiten führen, vergleichbar etwa mit der Problematik der sog. Mischverwaltung231 . Im übrigen besteht für deren Zulassung auch kein praktisches Bedürfnis, da es den Initiativträgern unbenommen ist, sich gegenseitig hinsichtlich ihrer Gesetzesprojekte im legislativen Einleitungsverfahren zu unterstützen und dies nach außen hin deutlich zu machen (z. B. bei den entsprechenden Stellungnahmen). Nicht ausgeschlossen ist demgemäß eine Absprache oder 223 Vgl. Brockhaus / Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, 1982,4. Bd., S. 891; Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 474; J. und W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 7, Leipzig 1889, Sp. 1148 H. 224 Einfaches Beispiel für Zweigliedrigkeit: (fahren wir) rechts oder links; für Dreigliedrigkeit: ... rechts oder links oder geradeaus. 225 Wie z. B. die kopulative Konjunktion "und" (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 688 und Duden, Grammatik, 1966, Rdn. 3560) oder auch "und/oder" als geradezu klassische Schreibweise, wenn von den genannten Möglichkeiten nur eine der beiden, aber auch beide gleichzeitig zutreffen können. 226 Diese Unvereinbarkeit kann man noch besonders betonen durch ein "aber"; z. B . . . . rechts oder aber links. 227 Dies wäre im übrigen sprachlich oft sehr unschön. 228 Hier nach dem ersten Satzglied der Aufzählung: " ... durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages ... ". 229 Vgl. Der Große Duden, Bd. 1, Rechtschreibung, Zeichensetzung, S. 17 und 25/ 26. 230 Vgl. zuvor Fn. 225. 231 Hierzu z. B. BVerfGE 11, 105, 124; 39, 96, 120.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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Koordination, sondern nur das Einbringen formell gemeinschaftlicher Gesetzesinitiativen. d) Rang der Gesetzesinitiativen

aa) Grundsatz der Gleichrangig- bzw. Gleichwertigkeit Die Initiativrechte der in Art. 76 I GG genannten Berechtigten sind grundsätzlich232 von gleichem Wert und gleichem Rang233 . Jede Form von Bevorzugung der Initiative eines bestimmten Einbringers, etwa eine privilegierte Behandlung im Bundestag, wie auch eine entsprechende Benachteiligung erweisen sich als prinzipiell verfassungswidrig234 . (1) Verfassungs rechtliche H erleitung

Diese Gleichrangigkeit bzw. Gleichwertigkeit zeigt sich bereits bei einer grammatikalischen Analyse der Regelung: Die drei präpositionalen Satzgefüge bei der Aufzählung der Initiativberechtigten werden in dieser Bestimmung einfach aneinander gereiht. Sie sind nur durch ein Komma und die hier nebenordnende, disjunktive Konjunktion "oder"235 vor dem letzten Satzteil verbunden. Ohne jeden Zusatz bedeutet diese bloße NebeneinandersteIlung der Berechtigten sprachlich eine einfache und wertungsfreie Aufzählung, d. h. Aneinanderreihung gleichartiger und gleichwertiger Satzglieder236 . Da bei einer derartigen Aufzählung ein Element notwendigerweise an erster Stelle stehen muß237, kann hieraus allein noch nicht auf eine bewußte und gezielte Hervorhebung und damit Vorrangigkeit geschlossen werden. Will man daher aus der vom Verfassungsgesetzgeber in Art. 76 I GG gewählten Reihenfolge bei der Aufzählung der Initiativberechtigten per se ein rechtliches Rangverhältnis ableiten - etwa Vorrang der Regierungsinitiativen vor der "aus der Mitte des Bundestages" und wiederum vor Bundesratsinitiativen -, so erscheint dies schon nach dem Wortlaut nicht haltbar. Eine andere Beurteilung Zu den Ausnahmen nachfolgend bb). Siehe nur BVerfGE 1, 144, 161; Stern, 11 § 37 III 4b (S. 619); Goppel, S. 81; Grass, DVBl. 1955, 81 und 763; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2e (S. 1725); Neunreither, S. 56; Straßer, S. 617; Willigmann, S. 5; auch Lerche, S. 6. Unverständlich insoweit Kindermann, Richtlinien, S. 86 im Anschluß an Kleinrahm, AöR 79 (1953/54), 137, 139 oben: "Sieht man von der Bundesratsinitiative ab, so stehen die Initiativbefugnisse der Bundesregierung und des Bundestages in normativer Gleichrangigkeit nebeneinander". 234 Zu den Auswirkungen im einzelnen unter (2). 235 Vgl. Duden, Grammatik, 1966, Rdn. 3565,3645. 236 Vgl. Duden, Grammatik, 1966, Rdn. 3645 und Duden, Hauptschwierigkeiten, 1965, S. 87. 237 Siehe auch Lerche, S. 6. 232 233

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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dieser Frage legen auch Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung zur Gesetzesinitiative nicht nahe. Mit welcher teleologischen Begründung sollte auch der Regierungsinitiative als Erstgenannter ein normativer Vorrang vor den anderen Initiativen eingeräumt werden? Soweit teilweise sogar aus der Regelung des Art. 76 I GG die Erkenntnis gewonnen wird, daß der Schwerpunkt der Gesetzgebung - einschließlich des Initiativrechts - nach dem Willen der Verfassungsväter beim Bundestag liegen so1l238, spräche dies dann obendrein für eine falsch gewählte Reihenfolge bei der Aufzählung. Häufig wird in diesem Zusammenhang auf das zahlen- und bedeutungsmäßige Übergewicht der Regierungsinitiativen in der Verfassungspraxis 239 abgestellt und hierin der Grund dafür gesehen, daß die Vorlagen der Bundesregierung bei der Aufzählung zuerst angeführt werden 240 ; insofern könne bereits aus der vom Verfassungsgesetzgeber hiernach bewußt geWählten Reihenfolge im Wortlaut des Art. 76 I GG gefolgert werden, daß dem Grundgesetz selbst die Regierungsinitiative offensichtlich als Normal- und Regelfall zugrunde liegt 241 . Soweit hierbei die grundsätzliche normative Gleichwertig- und Gleichrangigkeit der Gesetzesinitiativen nicht angetastet und aus der quantitativen und qualitativen Bedeutung der Regierungsvorlagen kein verfassungsrechtlicher Vorrang abgeleitet wird, kann man diese verfassungsempirische Argumentation gelten lassen. In der Tat fällt es nämlich schwer, das faktische Übergewicht der Regierungsinitiativen und deren erstrangige Erwähnung bei der Aufzählung in Art. 76 I GG als bloßen Zufall zu begreifen. Etwas anderes würde möglicherweise dann gelten, wenn Zahl und Bedeutung der Regierungsinitiativen bei Abfassung des Grundgesetzes gar nicht bekannt oder nicht abzuschätzen gewesen wären, da eine bewußte Wahl der Reihenfolge dies voraussetzte. Weil aber bereits unter der Weimarer Reichsverfassung 242 die Gesetzesinitiative der Reichsregierung als Regelfall betrachtet wurde 243 , konnte diese historische Tatsache bei der Schaffung von Art. 76 GG berücksichtigt werden. Es bleibt demgemäß festzuhalten, daß - ungeachtet der unterschiedlichen praktischen Bedeutung - aus Art. 76 I GG grundsätzlich keine unterschiedliche verfassungsrechtliche Wertigkeit oder Rangfolge bezüglich der Gesetzesinitiativen bzw. der Initiativberechtigten abgeleitet werden kann 244 . Vgl. Schneider, DV 1949, 324; ihm folgend Straßer, S. 8. Vgl. hierzu die Statistik unter 2. 240 Siehe etwa Willigmann, S. 5; Versteyl, S. 32. 241 So etwa von Mangoldt 1 Klein, Art. 76 Erl. III 2e (S. 1725/26) m.w.Nachw.; Kleinrahm, AäR 79 (1953/54), 137, 139, ihm folgend Kindermann, Richtlinien, S. 86; Wähler, S. 32/33. Vgl. auch Badura, Rdn. F 42; BK-Herrfahrdt, Art. 76 Er. 11 1 (S. 5); Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 76 Rdn. 1; Stern, II § 37 III 4b (S. 618/619). 242 Vgl. zur WRV die Ausführungen im Teil c., 1.2. 243 Von Mangoldt 1 Klein, Art. 76 Erl. III 2e mit entspr. Nachw. 238

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VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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In diese Richtung weist auch die folgende Überlegung: Alle besonderen Verfassungsorgane i. S. v. Art. 20112 GG repräsentieren das Volk und besitzen demokratische Legitimation245 . Sie stehen sämtlich im Verhältnis rechtlicher Gleichordnung zueinander; es gibt weder eine Hierarchie der einzelnen Verfassungsorgane noch eine Suprematie eines einzelnen Verfassungsorgans. Dies gilt auch für das Parlament, es sei denn, das Grundgesetz ordnet im Einzelfall etwas Abweichendes an. Aus dem Kontext der Gesamtverfassung ergibt sich mithin ebenfalls, daß im Prinzip der Grundsatz der Gleichrangigkeit verfassungsrechtlich determiniert ist. Schließlich kann auch die Neufassung der Geschäftsordnung des Bundestages im Jahre 1980 wohl als ein Indiz für den parlamentarischen Willen, eine bewußte Gleichstellung der Initiativträger zu formalisieren, gewertet werden. Entgegen der früher üblichen Differenzierung in Gesetzentwürfe (bei der Bundesregierung und dem Bundesrat) und Anträge, die einen Gesetzentwurf enthalten (bei der Mitte des Bundestages)246, spricht der Wortlaut des § 75 I lit.a GO BT nun einheitlich von "Gesetzentwürfen", worunter heute die Gesetzesinitiativen aller drei Berechtigten zu verstehen sind. Die Angleichung der Formulierung durch das Parlament läßt den Schluß auf eine gleichberechtigte Einschätzung der Initiativen ZU247 . (2) Auswirkungen in der parlamentarischen Praxis Der verfassungs rechtliche Grundsatz der Gleichrangig- bzw. Gleichwertigkeit wirkt sich für die parlamentarische Praxis in zweierlei Weise aus. (aa) Verbot faktischer Bevorzugung oder Benachteiligung Zunächst ergibt sich, daß jede Form faktischer Bevorzugung oder Benachteiligung einer Gesetzesvorlage allein wegen ihrer Herkunft einen Verstoß gegen das grundgesetzliehe Gleichrangigkeitsprinzip darstellt und damit unzulässig ist. Dieses Prinzip gilt dabei nicht nur bei der Beratung im Bundestag, sondern für das gesamte Einleitungsverfahren. Es bindet im übrigen nicht allein den Bundestag, sondern auch alle sonst am Verfahren beteiligten Organe. Unzulässig wäre es insofern einerseits, eine Vorlage bewußt schnell, eine andere bewußt langsam zu behandeln oder sogar zurückzustellen, bis ein 244 Dies wird nicht immer hinreichend deutlich gemacht; mißverständlich etwa Straßer, S. 8 (Ende des 2. Absatzes). 245 Vgl. BVerfGE 44, 308, 315; 49, 89, 125; Seifert / Hömig, Vorbem. zu Art. 38 Rdn.3. 246 Vgl. § 97 I GO BT a. F.; siehe hierzu auch III. 247 Vgl. auch Ritzel / Bücker, § 75 Anm. I, S. 3 oben.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

anderer Initiativträger seinerseits einen eigenen Entwurf zum gleichen Gegenstand eingebracht hat 248 . (bb) Verbot normativer Bevorzugung oder Benachteiligung Neben faktischen Eingriffen kann eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeitsprinzips andererseits auf normativem Wege erfolgen, etwa durch die Schaffung unterschiedlicher Einbringungsvoraussetzungen für die Initiativanträge der Berechtigten. Es ist dabei gleichgültig, ob sie in Gesetzen oder untergesetzlichen Regelungen, z. B. Geschäftsordnungen, normiert sind. Ausgenommen sind natürlich verfassungsrechtliche Unterschiede, die bereits bestehen bzw. nachträglich durch Änderung etwa des Art. 76 GG erzeugt werden. Das Bundesverfassungsgericht249 hatte bereits 1952 in einem Verfassungsrechtsstreit, in dem es um die Rechtsgültigkeit des § 96 GO BT a. F.250 ging, Gelegenheit, eine derartige Beeinträchtigung von Art. 76 I GG festzustellen. Nach § 96 III 1 der seinerzeitigen Geschäftsordnung durfte ein Antrag von Mitgliedern des Bundestages, der eine Finanzvorlage251 darstellte, im Bundestag bloß beraten werden, wenn er mit einem Ausgleichsantrag zu seiner Deckung verbunden war. Nur, wenn der Antrag erst während der parlamentarischen Haushaltsberatung gestellt wurde, bedurfte er keines solchen Deckungsantrages (§ 96 IV 1 GO BT a. F.). Eine entsprechende Bestimmung für Regierungs- und Bundesratsvorlagen enthielt die Geschäftsordnung nicht. In dieser Ungleichbehandlung sah das Gericht u. a. 252 eine entscheidende Verletzung des aus Art. 76 I GG hergeleiteten Prinzips der Gleichwertigkeit der Initiativen. In seinem Urteil erklärte das Gericht daher Absatz 3 und 4 des § 96 GO BT a. F. wegen Verstoßes gegen Art. 76 I GG für verfassungswidrig. bb) Exklusive Initiativrechte Aus der Gleichrangig- bzw. Gleichwertigkeit folgt nun aber nicht, daß das Initiativrecht allen Einbringungsberechtigten auch in jedem Fall zustehen muß. 248 Siehe auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 1. WP, 28. Sitzung vom 19.1.1950, Sitz.Prot. S. 874 B sowie Straßer, S. 7 und Willigmann, S. 5. 249 BVerfGE 1, 144ff. 250 Dem Streit lag die Geschäftsordnung des Bundestages vom 6.12.1951 - in Kraft getreten am 1. 1. 1952 - zugrunde. 251 Unter "Finanzvorlage" waren nach § 9611 GO BT a. F. alle Vorlagen der Bundesregierung, des Bundesrates und alle Anträge von Mitgliedern des Bundestages zu verstehen, die in der Hauptsache bestimmt oder in erheblichem Umfang geeignet waren, für die Gegenwart oder die Zukunft auf die öffentlichen Finanzen einzuwirken. 252 Dies war nur ein Aspekt der Entscheidung; daneben spielten auch andere verfassungsrechtliche Gesichtspunkte eine wichtige Rolle, z. B. die sachliche Beschränkung des Initiativrechts; siehe hierzu noch die Ausführungen unter VII.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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Dieses Prinzip reicht nur soweit, wie nicht andere Verfassungsnormen etwas Anderes anordnen. Von dem Grundsatz, daß allen Initiativträgern in gleicher Weise unabhängig voneinander auf jedem Sachgebiet das Recht zur Einbringung von Gesetzesvorlagen zusteht, sind in dieser Hinsicht durch die Verfassung selbst Ausnahmen in Form exekutiver Initiativvorbehalte gemacht worden 253 . (1) Exekutiver Initiativvorbehalt beim Haushaltsgesetz

Eine abweichende Regelung wird zunächst für die Gesetzesinitiative beim Haushaltsgesetz vorgenommen (sog. Budget-Initiative). Das Haushaltsgesetz stellt den Haushaltsplan, der die für das Rechnungsjahr zu erwartenden Einnahmen und vorgesehenen Ausgaben des Bundes enthält, förmlich fest (vgl. Art. 110 GG254). Das Recht, einen entsprechenden Gesetzentwurf für dieses Gesetz (= Haushaltsvorlage 255 ) im Parlament einzubringen, steht allein 256 , zumindest aber bevorrechtigt257 der Bundesregierung zu, die auch den Haushaltsplan aufzustellen hat. Dieses Initiativmonopol ergibt sich zwar nicht expressis verbis aus dem Grundgesetz258 - auch nicht aus dem nachträglich eingefügten Art. 110 III GG259 -, kann aber durch systematische und teleoloVgl. BVerfGE 1, 144, 161; Lerche, S. 6. Neben der Verfassung ergeben sich weitere haushaltsrechtliche Vorschriften u. a. aus dem Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG -) vom 19.8.1969 (BGBI. 11969, S. 1273), zuletzt geändert durch Art. 38 EG zum EinkommenssteuerreformG vom 21. 12.1974 (BGBI. I 1974, S. 3656) und der Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19.8.1969 (BGBI. 11969, S. 1284), zuletzt geändert durch § 21 G über den Bundesrechnungshof vom 11.7.1985 (BGBI. I 1985, S. 1445). 255 Vgl. zum Begriff § 95 I 1 GO BT. 256 BVerfGE 1, 144, 161; 45,1,29,31/32, 46f.; 70, 324, 355, 357ff., 388; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 396; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12; Beinhofer, S. 50; Busch, ParI. Kontrolle, S. 72; Kloepfer, Jura 1979,179,182; Lerche, S. 6 (" ... fast unbestritten."); Linck, DVBI. 1974, 861, 863; Krumholz, S. 131; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 5; von Münch / Fischer-Menshausen, Art. 110 Rdn. 20; M / D / H / Sch, Art. 110 Rdn. 14, 21; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2c (S. 1724); Mössner, S. 123 Fn. 338; Model / Müller, Art. 76, S. 453; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Art. 110 Rdn. 15,66, 70ff.; Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 110 Rdn. 6, Art. 113 Rdn. 7; wohl auch Schneider, Rdn. 217; Seifert / Hömig, Art. 76 Rdn. 2, 110 Rdn. 6; Stern, II § 49 IV 3a (S. 1211/1212); Sellmann, S. 90; Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 211 (" ... unbestritten ... "); ders., 1967, S. 86; für die WRV auch schon Heckei, HdbDStR II, S. 394f. m. w.Nachw.; vgl. auch BVerfGE 66, 26, 38 sowie Oldiges, S. 254 Fn. 17. 257 So Mußgnug, S. 355ff., insb. 358/359, der - abweichend von der ganz überwiegenden Meinung - kein Initiativmonopol, sondern nur ein Vortrittsrecht der Bundesregierung annimmt. 258 So auch Oldiges, S. 254; vgl. aber § 29 I BHO und § 30 BHO. 259 Es wird insoweit nicht immer deutlich gemacht, daß sich dies nicht ausdrücklich aus dem Wortlaut des Art. 110 III GG ergibt, wenngleich auch die Formulierung implizit erkennen läßt, daß der Haushaltsentwurf von der Bundesregierung erarbeitet und 253 254

5 Schürmann

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

gische Auslegung dieser Norm und weiterer einschlägiger Bestimmungen (z. B. Art. 111, 113 I, 114 I GG) begründet werden 260 . Außerdem wurden Haushaltsplan und Haushaltsgesetze seit jeher als von der Exekutive zu beantragende und von der Legislative zu beschließende Ausgabenermächtigung begriffen 261 . Die im Grundgesetz enthaltenen haushaltsrechtlichen Sonderregeln verdrängen als leges speciales die Initiativvorschrift des Art. 76 GG262. Dieses gilt in gleicher Weise für Änderungsvorlagen i. S. v. Art. 110 III GG, d. h. für Ergänzungsvorlagen zum schon im Bundestag eingebrachten - ggf. schon in der Beratung befindlichen - Haushaltsentwurf263 sowie für eventuell erforderliche Nachtragsvorlagen zum bereits beschlossenen Gesetz 264 . Auch zur Vorlage selbständiger Haushaltsteile (Einzelpläne) sind Bundestag und Bundesrat nicht berechtigt; zulässig sind dagegen Änderungsanträge zu den Haushaltsvorlagen der Bundesregierung265 .

(2) Exekutiver Initiativvorbehalt bei Völkervertragsgesetzen Eine weitere Ausnahme bilden die sog. Ratifizierungs- oder auch Vertragsgesetze266 ,267 nach Art. 59 II 1 GG268. Danach bedürfen Verträge, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, eines Zustimmungsgesetzes267 , mit dem die völkerBundestag und Bundesrat vorgelegt wird; Mußgnug, S. 24 Fn. 78 und S. 356; Oldiges, S.254 m. entspr. Nachw.; auch Model/Müller, Art. 76, S.453 und Schneider, Rdn. 217. Nach Krebs, S. 156 steht einer parlamentarischen Haushaltsinitiative in dieser Hinsicht Art. 110 III GG rechtlich entgegen. 260 Siehe hierzu die überzeugende Interpretation durch das BVerfGE 45,1, 46f. 261 Lerche, S. 6 unten m. w. Nachw. 262 Stern, II § 49 IV 3 (S. 1211); auch Piduch, Art. 110 Rdn. 66,67. 263 Stern, II § 49 IV 3a (S. 1212); Seifert / Hömig, Art. 110 Rdn. 6; Piduch, Art. 110 Rdn. 75; Troßmann, 1967, S. 86. Anderer Ansicht: Mußgnug, S. 357; vg!. auch § 32 BHO. 264 Stern, II § 49 IV 3a (S. 1212); Piduch, Art. 110 Rdn. 75; Troßmann, 1967, S. 86/ 87. Anderer Ansicht: Mußgnug, S. 24 und S. 359; vg!. auch § 33 BHO. 265 Model/Müller, Art. 76, S. 453; Stern, II § 49 IV 3a (S. 1212); Seifert / Hömig, Art. 110 Rdn. 6. 266 Hiermit sind solche Gesetze gemeint, durch die der Bundestag dem Abschluß von Verträgen mit auswärtigen Staaten seine Zustimmung erteilt; Schneider, Rdn. 221. 267 Bisweilen wird der Begriff "Zustimmungsgesetz" anstelle von Vertragsgesetz bzw. Ratifizierungsgesetz gebraucht, so etwa von Partseh, VVDStRL 16 (1958), 74, 101. Zur Vermeidung von Fehldeutungen und Verwechselungen mit den Gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, ist hier nur von Vertragsgesetzen die Rede; vg!. auch Zuleeg, JA 1983,1,3; Scholl, S. 114 Fn. 573. Diesen Begriff verwendet auch das BVerfG, siehe nur E 1, 396, 41Off.; allgemein zur Terminologie von Mangoldt / Klein, Art. 59 Er!. IV 6c (S. 1144/1145). 268 Zur historischen Entwicklung Scholl, S. 113ff.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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vertraglich vereinbarten Bestimmungen in die innerstaatliche Rechtsordnung übernommen werden (Transformation) und der Bundespräsident zum endgültigen Vertragsschluß ermächtigt wird (Ratifizierung)269. Die Gesetzesvorlage zu diesem Vertragsgesetz darf rechtlich wiederum ausschließlich die Bundesregierung im Parlament einbringen270 ,271 oder sie muß zumindest ihre Zustimmung geben 272 bzw. es widerspruchslos hinnehmen273 , wenn die Vorlage von anderen Initiativträgern ausgeht274 ,275. Dies ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der verfassungsrechtlichen Regelung des Art. 5911 1 GG selbst, die den für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften nur die Aufgabe der Zustimmung bzw. Mitwirkung zuweist und damit zu erkennen gibt, daß 269 Zu dieser Doppelfunktion des Vertragsgesetzes BVerfGE 1, 396, 410/411; Geiger, § 33 11 2a (S. 154); Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 59 Rdn. 1 (S. 686); Maunz / Zippelius, § 1611 2 (S. 127). 270 AK-Jekewitz, Art. 59 Rdn. 36, Art. 76 Rdn. 12; Baade, S. 89, 108; Eschenburg, S. 664; Geiger, § 33 11 2a (S. 154); Kloepfer, Der Staat 13 (1974), 457, 465; Lerche, S. 7 oben; Linck, DVBI. 1974, 861, 863; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 5; Mosler, FS Bilfinger, S. 243,279 IV a. E., 289ff., insb. 290, 293; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 2c (S. 1723); Mössner, S. 123 Fn.338; Seifert / Hömig, Art. 59 Rdn.9, Art. 76 Rdn. 2; Seifert / Geeb, I A 10 Erl. zu Art. 59, S. 140 lit.o; Troßmann, JöR 28 (1979), 1,211; Tuschhoff, S. 13; Zuleeg, JA 1983,1,3. Vgl. auch die weiteren Nachw. bei Forch, JR 1984, 366/367 Fn. 7, Oldiges, S. 336 Fn. 156 und Weiß, S. 135 Fn. 92. Dies ist auch die offizielle Ansicht der Bundesregierung; siehe nur Staatsminister Möllemann, Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 10. WP, 50. Sitzung vom 26.1.1984, Sten.Ber. S. 3604 Dff. Anderer Ansicht, wenngleich ein "faktisches Initiativmonopol" konzedierend: Forch, JR 1984, 366, 367ff.; wohl auch M / D / H / Sch, Art. 59 Rdn. 21 ("Die Vorschriften des GG über das Gesetzgebungsverfahren finden daher der Form nach ausnahmslos Anwendung, insb. Art. 76ff. GG".) und Partseh, VVDStRL 16 (1958), 74, 101; vgl. Oldiges, S. 336 Fn. 156 m. w. Nachw. Unklar, obgleich als abw. Ansicht immer wieder zitiert: Weiß, S. 118ff., insb. S. 121 einerseits und S. 134ff. andererseits. Differenzierend: Oldiges, S. 336, der in bestimmten Fällen ausnahmsweise auch die Einbringung einer Gesetzesvorlage aus der Mitte des Bundestages für verfassungsrechtlich zulässig hält; wohl auch Krebs, S. 156 unter Berufung auf Stern (" ... das zur Initiative vornehmlich berufene Organ ... "). Ausdrücklich offengelassen: BVerfGE 68, 1, 66; hierzu auch die Anm. von Murswiek, JuS 1985, 807ff., Rauschning, JuS 1985, 863ff. und Püttner, ZG 2 (1986), 179ff., jeweils m. w. Nachw. 271 Es ist dem Bundestag allerdings unbenommen, die Bundesregierung zu ersuchen, ein derartiges Gesetz einzubringen; Mosler, FS Bilfinger, S. 243,292,294. 272 So Schneider, Rdn. 224; Troßmann, 1967, S. 87, der u. U. auch eine stillschweigende Zustimmung genügen läßt. 273 So Mosler, FS Bilfinger, S. 243, 290, der dann in diesem Fall eine Heilung des Verfahrensmangels annimmt. 274 Beispiele für entsprechende Gesetzesinitiativen aus der Mitte des Bundestages bei Forch, JR 1984, 366; Troßmann, 1967, 87; Weiß, S. 136/137. 275 Kloepfer, Der Staat 13 (1974), 457, 465, stellt weitergehend die diskussionswürdige These auf, daß das exklusive Initiativrecht der Bundesregierung bei Vertragsgesetzen analog auch für die heute aktuellen Erscheinungsformen nichtvertraglicher internationaler Kooperation, z. B. bei Gesetzen, die zur Erfüllung bloßer Absprachen dienen, zu gelten hat (Hervorhebungen durch den Verfasser).

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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die Vertragsgesetze insoweit von einem anderen Verfassungsorgan ausgehandelt und anschließend auch vorgelegt werden sollen 276 . Auch nach Sinn und Zweck sowie ihrer verfassungsrechtlichen Stellung kann diese Aufgabe nur von der Bundesregierung wahrgenommen werden 277 . Da es die ratio eines solchen Ratifikationsgesetzes gerade ist, einem von der Bundesregierung ausgehandelten Vertragswerk zuzustimmen, kann das insofern erforderliche Zustimmungsgesetz allein von der Bundesregierung vorgelegt werden278 • Die Zustimmung des Parlaments zum Abschluß völkerrechtlicher Verträge des Bundes kann demgemäß als Akt der Mitwirkung an der auswärtigen Gewalt des Bundes begriffen werden279 • Es ist zutreffend, daß die Gestaltung der Außenpolitik - wie die Führung der Politik allgemein - schon seit jeher prinzipiell als eine Domäne der Exekutive 280 , in Sonderheit der Regierung281 gilt. Im gewaltenteiligen Staat gehört sie zum Kernbereich der "Zweiten Gewalt" , den die Regierung gegenüber Volk und Parlament zu verantworten hat282 • Die grundSätzliche Zuordnung der Akte des auswärtigen Verkehrs zum Kompetenzbereich der Exekutive beruht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf der Vorstellung, institutionell und langfristig verfüge typischerweise nur die Regierung über ausreichende personelle, sachliche und organisatorische Ressourcen, um auf sich ändernde äußere Umstände schnell und sachgerecht zu reagieren und so die auswärtigen Angelegenheiten optimal wahrzunehmen 283 • Die Zuständigkeit für die Ausübung der auswärtigen Gewalt liegt mithin grundsätzlich allein bei der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidenten284 • Zwar sind beide Exekutivorgane abhängig voneinander, die Initiative und die Steuerung ist aber Sache der Regierung 285 . Abweichungen von dem Regierungsmonopol, d. h. die Einräumung parlaAnderer Ansicht: Forch, JR 1984, 366, 367. Siehe Mosler, FS Bilfinger, S. 243,269 ("Die auswärtigen Angelegenheiten gehören wesensmäßig zur vollziehenden Gewalt. Ihr gebührt daher die Generalzuständigkeit"); auch Geiger, § 33 II 1 (S. 153) folgert dies schon "aus dem Wesen dieses Tätigkeitsbereichs als ,Regierung'''. 278 Von Mangoldt / Klein, Art. 76 III 2 c (S. 1723) m. w. Nachw.; beipflichtend Lerche, S. 7 oben; auch Kloepfer, Der Staat 13 (1974), 457, 465. 279 Staatsminister Möllemann, Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 10. WP, 50. Sitzung vom 26.1. 1984, Sten.Ber. S. 3605. 280 BVerfGE 1, 372, 394; Lauff, NJW 1982, 2700, 2704; Mosler, FS Bilfinger, S. 243, 292; vgl. auch Art. 87 I 1 GG ("In bundeseigener Verwaltung ... werden geführt der auswärtige Dienst ... "). 281 Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 59 Rdn. 1 (S. 695); Mosler, FS Bilfinger, S. 243, 282,296. 282 Vgl. BVerfGE 67,100,139; 68, 1, 86ff. 283 So das BVerfGE 68,1,87. 284 BVerfGE 2,347,379 nennt insoweit zunächst die Bundesregierung und dann erst den Bundespräsidenten; siehe hierzu Mosler, FS Bilfinger, S. 243, 279; Baade, S. 89 (" ... theoretisch (auch) der Bundespräsident ... "); Tuschhoff, S. 13; Fastenrath, in: Dittmann / Kilian, S. 1/2. 285 So Mosler, FS Bilfinger, S. 243,279 unter Berufung auf BVerfGE 2, 347,379. 276 277

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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mentarischer Befugnisse auf diesem originären Tätigkeitsgebiet der Exekutive bedürfen einer ausdrücklichen grundgesetzlichen Begründung286 . In der Praxis obliegt aufgrund der Ermächtigung durch den Bundespräsidenten 287 grundsätzlich der Bundesregierung bzw. ihren Beauftragten die Aufnahme und Führung von völkerrechtlichen Vertragsverhandlungen sowie die Formulierung, Annahme (sog. Adoption) und endgültige Festlegung (sog. Authentifizierung 288 ) des Vertragstextes289 . Den von ihr ausgehandelten völkerrechtlichen Vertrag bringt die Bundesregierung dann in seiner authentischen Fassung und meistens versehen mit einer deutschen Übersetzung mit dem Entwurf des Vertrags gesetzes im Parlament ein 290 . Dem Parlament ist durch Art. 59 GG lediglich das Recht übertragen, die Exekutive in Gesetzesform verfassungsrechtlich zum Abschluß derartiger Verträge zu ermächtigen oder nicht zu ermächtigen; eine Initiativ-, Gestaltungs- oder Kontrollbefugnis besteht hingegen danach nicht; durch diese Grenzziehung wird die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Gewaltenteilung konkretisiert291 . Da Veränderungen des Vertrages nicht einseitig, sondern nur im Benehmen mit dem Vertragspartner vorgenommen werden dürfen, ist es den Abgeordneten - entgegen dem normalen Verfahren - nicht gestattet, Änderungsanträge zum völkerrechtlichen Vertrag zu stellen (vgl. § 82 11 GO BT); auch darf deswegen über den Vertrag nur im ganzen gern. Art. 77 11 GG abgestimmt werden (vgl. § 81 IV 2 GO BT)292. Dies schließt allerdings Änderungsanträge zum Vertragsgesetz nicht aus 293 . Im übrigen steht auch nur das Initiativrecht bezüglich 286 Art. 59 11 GG bildet - neben Art. 115 a V GG für Erklärungen über den Verteidigungsfall - die einzige derartige Ausnahmeregelung; sie erlaubt der Legislative für bestimmte Fälle - Verträge, weIche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen -, unter Durchbrechnung des Gewaltenteilungsprinzips (Art. 20 11 GG) in exekutive Bereiche einzugreifen; BVerfGE 1,372,394; 2, 347, 379; auch EI, 351, 369. Ebenso MI D 1 H 1 Sch, Art. 59 Rdn. 41; Schmidt-Bleibtreu 1 Klein, Art. 59 Rdn. 1 (S. 687); Geiger, § 33 11 2a (S. 154). Abweichend wohl Menzel, VVDStRL 12 (1954),179,197; Kewenig, ZRP 1971, 238, 241 jeweils m.w.Nachw., die beide die Exekutive und Legislative als "kombinierte Gewalt" begreifen. 287 Seine Vertretungsbefugnis nach Art. 59 I GG hat der Bundespräsident weitestgehend auf die Bundesregierung delegiert; Baade, S. 89; Geiger, § 33 I 2 (S. 152). 288 Dies kann u. a. durch die sog. Paraphierung oder durch Unterzeichnung geschehen. 289 Geiger, § 27 III 2 (S. 119/120); Lagoni, in: Menzell Ipsen, S. 303ff.; jeweils m. w. Einzelh. zum mehrphasigen (zusammengesetzten) Verfahren. Siehe auch Tuschhoff, S. 13; Krumholz, S. 127; Mosler, FS Bilfinger, S. 243,289. 290 Tuschhoff, S. 13. 291 BVerfGE 68,1,86. 292 Schneider, Rdn. 224; Baade, S. 89 und Fn. 32; Weiß, S. 138f.; Tuschhoff, S. 13 m.w.Nachw.; Zuleeg, JA 1983, 1, 3; Seifert 1 Hömig, Art. 59 Rdn. 9; auch Geiger, § 33 11 2 b (S. 155), allerdings unter Berufung auf §§ 81 III, 83 Satz 2 GO BT a. F. 293 Siehe hierzu Baade, S. 89 Fn. 32; Weiß, S. 138f.; Lechner 1 Hülshoff, (2. Auf). 1958) § 78 Anm. 4 (S. 200); Mosler, FS Bilfinger, S. 243,294.

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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des Vertragsgesetzes selbst exklusiv der Bundesregierung zu; es ist dem Bundestag und Bundesrat daher keineswegs jede Initiative in auswärtigen Angelegenheiten, etwa durch Plenumsentscheidungen oder ähnliches, verwehrt 294 .

(3) Exekutiver Initiativvorbehalt bei Art. 29 GG In diesem Zusammenhang soll noch Art. 29 GG erwähnt werden, dessen ursprüngliche Formulierung (Art. 29 11 3 a. F.)295 ebenfalls Anlaß zu der wenngleich umstrittenen - Annahme einer ausschließlichen Initiativberechtigung der Bundesregierung bot 296 . In seiner heutigen Fassung läßt die Vorschrift diesen Schluß aber eindeutig nicht mehr zu. Initiativbefugt für alle Gesetze im Rahmen des Art. 29 GG sind sowohl die Bundesregierung als auch der Bundesrat und die "Mitte des Bundestages", wenngleich in praxi die entsprechenden Gesetzesvorlagen wohl stets von der Bundesregierung ausgehen werden, da sie eher die komplizierten Probleme einer Neugliederung des Bundesgebiets zu schürzen vermag297 .

(4) Weitere Ausnahmen aus den Gesichtspunkten der Sachnähe oder der Komplexität Es fragt sich, ob neben den dargestellten Ausnahmen noch weitere Exklusiv- oder Prärogativbereiche für ein Gesetzesinitiativrecht der Bundesregierung oder eines anderen Initianten bestehen. Verfassungsrechtlicher Ansatzpunkt hierfür könnte einerseits die bereits argumentativ verwertete Überlegung sein, bestimmte Gegenstände setzten wegen ihrer sachlichen Nähe notwendig die Initiative eines bestimmten Berechtigten voraus298 . So könnte z. B. die Betroffenheit gerade der Länderinteressen bedingen, daß in diesem föderativen Bereich bevorrechtigt oder allein der Bundesrat Gesetzesvorlagen im Von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 2c (S. 1723/24). Art. 29 11 3 GG i. d. F. v. 23.5.1949 lautete: "Kommt das Volksbegehren zustande, so hat die Bundesregierung in den Gesetzentwurfüber die Neugliederung eine Bestimmung über die Landeszugehörigkeit des Gebietsteiles aufzunehmen" (Hervorhebungen durch den Verfasser). 296 Für ein Initiativmonopol der Bundesregierung: Von Mangoldt / Klein, Art. 29 Er!. IV 2 Abs. 1 a.E. (S. 731) und 29 Er!. IV 4a (S. 735); Hamann, (2. Aufl.) Art. 76 BI (S. 340 a.E). Gegen ein Initiativmonopol der Bundesregierung: BVerfGE 13, 54, 77 unter Berufung auf E 5,34,41; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 2c (S. 1724) unter bewußter Abkehr von der zu Art. 29 geäußerten Auffassung und Hamann / Lenz, Art. 76 B 1 (S. 533) ("Im Falle des Art. 29 gilt kein eingeschränktes Initiativrecht") (Hervorhebung durch den Verfasser), beide unter Berufung auf die erstgenannte Bundesverfassungsgerichtsentscheidung. 297 M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 47. Zur Frage eines Gesetzesinitiativrechts des Volkes siehe im folgenden unter 3. a). 298 Siehe hierzu Lerche, S. 6ff. 294 295

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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Parlament einbringen darf2 99 . Andererseits liegt es nahe, vor allem die Vorlagen zu größeren Gesetzesvorhaben wegen ihrer Dimension zweckmäßigerweise von der Bundesregierung ausarbeiten und einbringen zu lassen; denn diese verfügt im Gegensatz zu Bundesrat und Bundestag aufgrund ihrer nachgeordneten Ministerien über die hierzu erforderliche Verwaltungskraft30o . Der problematischen Frage nach der womöglich größeren Sachkompetenz soll in diesem Zusammenhang gar nicht nachgegangen werden. Es ist daher nicht verwunderlich, daß in der Staatspraxis unter diesen Voraussetzungen die meisten und wichtigsten Gesetze auf Initiativen der Bundesregierung zurückgehen 301 . Es ließen sich zwar durchaus sinnvolle Gesichtspunkte finden, die für eine Initiativpflicht eines bestimmten Initianten sprächen - derartige Zweckmäßigkeitserwägungen mögen auch ihre praktische politische Berechtigung haben -, sie erlauben aber jedenfalls nicht den Schluß, verfassungsrechtlich sei die Gesetzesinitiative auf einen ganz bestimmten Initianten beschränkt. Das Grundgesetz bietet demgemäß über die dargestellten Initiativvorbehalte hinaus keinen Ansatz, weitere Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichrangigbzw. Gleichwertigkeit der Gesetzesinitiative nach Art. 76 GG zuzulassen. 2. Statistische Verteilung der Gesetzesinitiativen in der parlamentarischen Praxis

Die nachstehenden statistischen Angaben 302 sollen dazu dienen, einerseits die quantitative Bedeutung der einzelnen Initiativberechtigten einzuschätzen, andererseits aber auch Trends und Entwicklungen sichtbar zu machen. Das Zahlenmaterial läßt sich zur empirischen Untermauerung verfassungsrechtlicher Erkenntnisse heranziehen. Eine eingehende wissenschaftliche Analyse kann im folgenden allerdings nicht vorgenommen werden 303 ; es sollen lediglich einige grundlegende Eckdaten aufgezeigt und kommentiert werden. Vorab sind freilich gewisse Vorbehalte hinsichtlich der genauen Aussagekraft Vgl. AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 18. Vgl. Ipsen, S. 76, der die Bundesregierung deshalb und wegen ihres Rückhalts im Parlament als "geborenes Initiativorgan" bezeichnet. 301 Siehe hierzu die nachfolgende Statistik auf S. 73 und auch die Aufstellung über die Initiativträger bei der Erfüllung von Gesetzgebungsaufträgen des Grundgesetzes im Anhang zu Kapitel VII. S. 113ff. 302 Zugrunde gelegt werden im folgenden grundsätzlich die Zahlenangaben von Schindler, Datenhandbuch des Deutschen Bundestages 1949 - 1982 und 1980 - 1984. Statistisches Material hierzu enthalten ferner Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 464; Reuter, Bundesrat, S. 64; von Münch 1 Bryde, Art. 76 a.E.; Schindler, ZParl1977, 143ff.; ders., ZPar11981, 5; Schneider, Rdn. 152 (S. 97); Loewenberg, S. 326/327; Pfitzer, Der Bundesrat, S. 128; Ziller, Bundesrat, S. 112; Handschuh, S. 39; Schramm 1 Schmidt-Troje, S. 103; von Mutius, Jura, 1980,278 sowie das Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1985. 303 Es kann insoweit auf die in der vorherigen Fußnote genannten Veröffentlichungen verwiesen werden. 299

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72

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

zu machen 304 : In den offiziellen Statistiken werden die Daten über das legislatorische Einleitungsverfahren nach rein formellen Kriterien erfaßt. Der formell einbringende Initiativträger ist aber nicht immer mit dem eigentlichen materiellen Autor des Gesetzentwurfs identisch, so daß gewisse geringfügige Verschiebungen der zahlenmäßigen Verteilung einkalkuliert werden müssen. Von Interesse ist zunächst die nebenstehende Tabelle, die Auskunft über die Zahl der Gesetzesinitiativen und ihre quantitative Verteilung auf die einzelnen Initiativberechtigten gibt. Es wird deutlich, daß die Gesamtsumme der eingebrachten Gesetzentwürfe seit der 3. Wahlperiode recht konstant um 600 pendelt (im Durchschnitt aller zehn Wahlperioden rund 609)3°5. Die höheren Werte in den ersten Jahren lassen sich wohl überwiegend auf einen gewissen legislatorischen Nachholbedarf in der Wiederaufbauphase der Bundesrepublik zurückführen. Sonstige Schwankungen können u. a. auf Koalitions- bzw. Regierungswechsel (z. B. 1969 und 1972) und einer Verkürzung der Legislaturperiode (6. und 9. Wahlperiode) beruhen. Im einzelnen belegen die Zahlen zunächst ein ganz deutliches Übergewicht der Regierungsinitiativen. Nach dem prozentualen Mittelwert aller zehn Legislaturperioden stammen über 60 % aller Gesetzesvorlagen von der Bundesregierung (60,9%), über 30% aus der Mitte des Bundestages (32,3%) und nicht einmal 7% vom Bundesrat (6,8 %). Es wird deutlich, daß sich die Zahlen bezüglich der Bundesregierung seit Jahrzehnten auf einem kaum veränderten, hohen Niveau bewegen. Die Varianz vom Durchschnittswert fällt bisher mit weniger als 10 % 306 im Prinzip307 recht gering aus 308 . Möglicherweise zeichnet sich hier durch die neuesten Daten der 10. Wahlperiode eine gewisse Trendwende ab: Seit dem Höchststand in der 7. Wahlperiode (68,8 %) sind die Zahlen der von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwürfe im Verhältnis zu denen der anderen Initiativberechtigten stetig gesunken, zuletzt sogar mit steigender Tendenz309 . Ob es sich in dieser Hinsicht um eine grundsätzliche dauerhafte Entwicklung handelt, ist momentan noch nicht abzusehen; dies wird sich erst in den kommenden Legislaturperioden erweisen. Bei den Gesetzesvorlagen aus der Mitte des Bundestages bestätigt sich die Durchbrechung des seit der 4. Legislaturperiode erkennbaren sinkenden 304 Siehe auch Schind1er, Datenhandbuch, 1949 - 1982, S. 682 und 1980 - 1984, S. 633f. 305 Siehe auch von Mutius, Jura 1980, 278. 306 Ihre Bandbreite erstreckte sich von +7,9% (7. WP) bis -1,4% (4. WP). 307 Einen einmaligen Ausreißer stellte die 2. WP mit -10,8 % dar. 308 Zu den umfangreichen Erklärungsversuchen für diese jahrzehntelange Dominanz siehe wiederum die eingangs in Fn. 302 angeführte Literatur, auf die verwiesen werden kann. 309 Von der 8. WP zur 9. WP um 6,1 %, von der 9. WP zur 10. WP um 6,7%.

50,9%

47,2% 1,9%

58,6%

37,4%

4,0%

davon Bundesregierung

davon Mitte des Bundestages

davon Bundesrat

38,6% 1,9%

0,8%

59,5%

33,8%

65,4% 3,2%

34,1 %

62,7%

21

12

5

17

32

davon Bundesrat

227

245

414

207

301

davon Mitte des Bundestages

417

378

401

446

472

davon Bundesregierung

665

635

613

877

805

Eingebrachte Gesetzentwürfe (insges.)

7,6%

29,6%

62,8%

44

171

362

577

10,9%

20,3%

68,8%

73

136

461

670

10,7%

22,9%

66,4%

52

111

322

485

15,7%

24,0%

60,3%

38

58

146

242

11,3%

35,1 %

53,6%

59

183

280

522

1. WP 2. WP 3. WP 4. WP 5. WP 6. WP 7. WP 8. WP 9. WP 1O.WP 1949 - 53 1953 - 57 1957 - 61 1961 - 65 1965 - 69 1969 - 72 1972 - 76 1976 - 80 1980 - 83 1983 - 87

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74

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Trends: Stammten in der 4. Wahlperiode noch fast 40 % der Entwürfe aus den Reihen des Parlaments, so hat sich diese Zahl in den Folgeperioden kontinuierlich verringert bis auf rund 20% in der 7. Wahlperiode. Seitdem ist wieder eine langsame, aber stetige31O , zuletzt sogar sprunghafte 3ll Aufwärtsentwicklung zu registrieren. Parallel zum Zuwachs der Vorlagen aus der Mitte des Bundestages nahm die Zahl der Regierungsvorlagen tendenziell ab. Parlamentarische Gesetzesinitiativen stammen ganz überwiegend aus den Reihen der Opposition312 , die hiermit politische Alternativvorstellungen aufzeigen und teilweise auch selbst durch ihre eigene Initiative bestimmte Akzente setzen kann 313 • Hinsichtlich der Gesetzesvorlagen des Bundesrates zeichnet sich nach dem absoluten Tiefpunkt in der 3. Legislaturperiode (0,8 %) ein kontinuierlicher Aufwärtstrend ab 314 • Er ist sicher auch Ausdruck der allgemein gestiegenen Bedeutung der Länder bei der Gesetzgebungsarbeit315 . Die Begründung hierfür dürfte primär in einer Art langfristiger Emanzipationsprozeß zu sehen sein, der das föderative Organ zunehmend selbstbewußter die Interessen der Bundesländer vertreten läßt, was sich nicht zuletzt in entsprechenden legislativen Vorstößen niederschlägt. Diese Entwicklung wird unterstützt durch abweichende bzw. wechselnde Mehrheitsverhältnisse zwischen Bundestag und Bundesrat316 • Der bisherige Eindruck wird verstärkt, wenn man die Erfolgsquote heranzieht, die die Gesetzesinitiativen im Ergebnis aufweisen. Von den im Bundestag verabschiedeten Gesetzentwürfen stammen demnach nahezu 4/5 von der Bundesregierung (rund 77,5%317), deren Vorlagen damit die höchste Erfolgsquote haben. Ein knappes Fünftel entfällt auf die Mitte des Bundestages (rund 17,3%). Nur ein geringer Rest (rund 3,4%), wenngleich mit einem bemerkenswerten Durchbruch in der 10. WP (10%), der letztlich erfolgreichen Gesetzentwürfe geht dagegen auf eine Vorlage des Bundesrates zurück 318 •

Von der 7. WP zur 8. WP um 2,6%, von der 8. WP zur 9. WP um 1,1 %. Die erstaunliche Zunahme von der 9. WP zur 10. WP um 11,1 % kann dabei u. a. durch die parlamentarischen Initiativen der "Grünen" erklärt werden. 312 Siehe hierzu die Aufstellung bei Schindler, Datenhandbuch, 1949 - 1982, S. 763. 313 Vgl. Ipsen, S. 76. 314 Die 9. WP dürfte insoweit mit 15,7% einen untypischen Ausreißer nach oben darstellen. 315 Siehe auch Schindler, Datenhandbuch, 1949 - 1982, S. 682. 316 Siehe auch von Mutius, Jura 1980, 278. 317 Errechnet als Durchschnitt aller Legislaturperioden. 318 Eingehend zur Erfolgsquote bei den Gesetzesinitiativen Schaub, S. 76ff. 310 311

7

-

72,6%

26,0% 1,4%

12

-

71,9%

25,9%

2,2%

davon Bundesrat

davon Vereinigung von Initiativen (BReg/BT, BReglBR, BT/BR)

davon Bundesregierung

davon Mitte des Bundestages

davon Bundesrat

-

132

141

davon Mitte des Bundestages

-

368

392

davon Bundesregierung

davon Vereinigung von Initiativen (BRegIBT, BReglBR, BT/BR)

507

545

Verabschiedete Gesetzentwürfe (insges.)

-

0,5%

17,4%

82,1 %

-

2

74

348

424

-

0,5%

22,0%

77,0%

-

2

96

329

427

1,5%

3,9%

2,0%

-

17,3%

77,3%

5

13

58

259

335

16,8%

81,2%

-

9

76

368

453

1,9%

3,3%

12,0%

82,8%

10

17

62

427

516

----- -

3,4%

4,2%

11,4%

81,4%

12

15

39

288

354

7,9%

5,8%

11,5%

74,8%

11

8

16

104

139

2,8%

10,0%

13,1 %

74,1 %

9

32

42

237

320

4. WP 5. WP 6. WP 7. WP 1. WP 2. WP 3. WP 8. WP 9. WP 1O.WP 1949 - 53 1953 - 57 1957 - 61 1961 - 65 1965 - 69 1969 - 72 1972 - 76 1976 - 80 1980 - 83 1983 - 87

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

76

3. Sonstige nach dem Grundgesetz berechtigte Gesetzesinitiativträger

Im Hinblick auf das legislative Einleitungsverfahren war es naheliegend, zunächst die in Art. 76 GG ausdrücklich genannten Initiativträger - Bundesregierung, Mitte des Bundestages und Bundesrat - zu behandeln. Daneben gab es allerdings zumindest unter der Weimarer Reichsverfassung weitere Rechtssubjekte, die das Gesetzgebungsverfahren einleiten durften, so z. B. der Reichswirtschaftsrat nach Art. 165 WRV oder auch das Reichsvolk nach Art. 18, 73 und 76 WRV319. Ähnliche Regelungen enthalten im übrigen auch die Verfassungen der Bundesländer320 und die unserer europäischen Nachbarn 321 . Im folgenden soll daher der Frage nachgegangen werden, ob nach dem Grundgesetz noch weitere Initiativberechtigungen bestehen. Generell läßt sich vorab feststellen, daß ganz überwiegend die Regelung des Art. 76 GG für grundsätzlich abschließend gehalten wird, d. h. neben den genannten Organen bzw. Organteilen soll die Gesetzesinitiative keinem anderen zustehen 322 . Hierin wird eine bewußte Abkehr von den Regelungen der Weimarer Reichsverfassung gesehen, gleichzeitig aber auch ein bedeutender Unterschied zu den verfassungsrechtlichen Bestimmungen in den Bundesländern und zum europäischen Ausland 323 . Soweit hiervon Ausnahmen diskutiert werden, beziehen sich diese in erster Linie auf die sog. Volksinitiative324 sowie auf Initiativrechte der Ausschüsse 325 , speziell des Vermittlungsausschusses 326 . a) Das Staatsvolk als Initiativträger Eine ganze Reihe von Literaturstimmen gesteht neben den in Art. 76 I GG genannten Initianten auch dem Staatsvolk ausnahmsweise ein sog. plebiszitäres Initiativrecht zu und leitet dies aus der Sondernorm des Art. 29 GG ab 327 . Siehe dazu Teil c., 1.2. Siehe dazu schon oben II. 3. 321 So haben beispielsweise in Italien der sog. nationale Wirtschafts- und Arbeitsrat (Art. 99, 100 Ital. Verf.) und in Frankreich der sog. Wirtschafts- und Sozialrat (Art. 69 - 71 Franz. Verf.) ein förmliches Gesetzesinitiativrecht; siehe M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 5 unter Berufung auf Mayer-Tasch; weitere Beispiele bei Mattem, S. 53ff.; ferner von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 3 a. E. m. w. Nachw.; Heun, S. 149 m.w.Nachw. 322 Siehe nur M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. Hf., 5; Seifert / Hömig, Art. 76 Rdn. 2; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 3; auch von Doeming / Füsslein / Matz, JöR 1 (1951), 562ff. 323 Vgl. M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn.5; Doehring, S. 150f.; Hesse, Rdn. 148; Stern, II § 37 III 4 (S. 617). 324 Siehe im folgenden unter a). 325 Siehe im folgenden unter c). 326 Siehe im folgenden unter b). 327 Ley, DVP 1981, 49 ("Art. 29 II GG"); Maunz / Zippelius, § 30 VIa. E. (S. 269) ("Nur in einem einzigen Fall, nämlich bei der beabsichtigten Änderung von Landes319 320

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

77

Im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung328 und den Verfassungen mehrerer Bundesländer329 , die teils umfangreiche Möglichkeiten eines Volksentscheides (als Gesetzesbeschluß) und auch eines - hier einschlägigen - Volksbegehren (als Gesetzesinitiative) für ihren Bereich 330 vorsehen, enthält das Grundgesetz in dieser Hinsicht nur sehr spärliche Hinweise, die überdies für die parlamentarische Praxis kaum Bedeutung haben. Als verfassungs rechtlich-normativer Ansatzpunkt für diese Überlegungen kommen allein Art. 29 und 118 GG in Betracht. - Art. 118, der sich auf die Neugliederung in den ehemaligen Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern (sog. Südwestraum) bezog und eine abgekoppelte Spezialregelung zu Art. 29 GG a. F.331 darstellte332 , ist seit der Schaffung des Landes Baden-Würuemberg durch entsprechende Bundesgesetze333 und eine Volksabstimmung334 gern. Art. 118 Satz 2 GG in seinem Regelungsgehalt praktisch obsolet geworden 335 • grenzen (Art. 29), hat auch das Volk selbst ein Initiativrecht".); von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. II 2 a.E., III 2b (S. 1723), vg!. auch VII (S. 1740); Schramm I SchmidtTroje, S. 99 (" ... das Initiativrecht steht für den Fall der Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 GG auch dem Volk zu".); Wöhler, S. 31 Fn. 4; Fundis, S. 51; Schneider, DV 1949, 324,325; BK-Herrfahrdt, Art. 76 Er!. II 5; Mattern, S. 52 ("Das Recht zur Gesetzesinitiative sollte schon vom Begriff her auch der Aktivbürgschaft zustehen: Nach dem Grundgesetz sind Volksbegehren allerdings lediglich im Rahmen der Neugliederung des Bundesgebietes zulässig (Art. 29 Abs. 2)".); wohl auch von Münch I Bryde, Art. 76 Rdn. 3. Ablehnend: Achterberg, Parlamentsrecht, S. 354 oben; Badura, Rdn. F 41; Hamann I Lenz, Art. 76 B 1; MI D I H I Sch, Art. 76 Rdn. 1ff., 5; Seifert I Hömig, Art. 76 Rdn. 2 ("Eine Gesetzesinitiative durch Volksbegehren kennt das GG nicht".); Stern, II § 37 III 4 (S. 617); Schneider, Rdn. 92 (" ... eine Volksinitiative ("Volksbegehren") ... (ist) im Grundgesetz nicht vorgesehen", dann aber in Fn. 4: "Die Möglichkeit, nach Art. 29 Abs. 4 GG (i. d. F. von 1976) ein Volksbegehren über die Landeszugehörigkeit eines Gebietes herbeizuführen, kann als Sonderfall außer Betracht bleiben" . ). Unklar: Modell Müller, Art. 76, S. 452 ("Die Regelung von Art. 76 ist abschließend, nicht Genannte besitzen kein Initiativrecht, insb. nicht ... Gruppen der Bevölkerung (vg!. aber Art. 29, der freilich der Bevölkerung kein echtes Initiativrecht gibt)".). Offengelassen: Versteyl, S. 25. 328 Art. 73 WRV; siehe dazu Teil C., 1.2. 329 Siehe dazu schon oben II. 3. 330 Sämtliche Formen derartiger Volksabstimmungen sind nur im Rahmen der legislativen Gesetzgebungskompetenz des betreffenden Landes zulässig. Über Gegenstände, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen, kann niemals in einem Bundesland entschieden werden. Siehe dazu nur BVerfGE 8, 104, 116ff.; Hess.StGH NJW 1982, 1141ff. (Volksbegehren "Startbahn West"); auch MI D I H / Sch, Art. 76 Rdn. 4 und Schneider, Rdn. 178 jeweils m. w. Nachw. 331 Ursprungsfassung vom 23. Mai 1949. 332 Siehe nur von Münch, Art. 118 Rdn. 1,3; Seifert / Hömig, Art. 118. 333 Erstes Gesetz zur Durchführung der Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete gern. Art. 118 Satz 2 des Grundgesetzes vom 4.5.1951 (BGB!. I 1951, S. 283) und Zweites

78

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

- Im Grundgesetz sind somit nur noch in Art. 29 GG möglicherweise relevante plebiszitäre Beteiligungsmöglichkeiten in Form von Volksbegehren, Volksbefragung und -entscheid vorgesehen. Diese beziehen sich aber ausdrücklich zunächst nur auf die sog. Neugliederung des Bundesgebietes ("territoriale Plebiszite"336)337. Es fragt sich, ob Art. 29 GG tatsächlich dem Staatsvolk ein Gesetzesinitiativrecht einräumt. Dieses kann sich zunächst nicht aus Art. 29 IP38 und III GG ergeben, da diese Absätze keine von Art. 76 GG abweichende Regelung des Initiativrechts enthalten; es bleibt vielmehr bei dem üblichen Gesetzgebungs- und Einleitungsverfahren mit den genannten Einbringungsberechtigten 339 • Ein konkretes Gesetzesinitiativrecht für das Staatsvolk könnte sich aber möglicherweise aus Art. 29 IV GG ergeben. Nach dieser Vorschrift kann von einem bestimmten Teil der wahlberechtigten Bevölkerung in einem zusammenhängenden, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum der Bundesrepublik durch Volksbegehren gefordert werden, daß für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde. Erreicht ein solches Begehren eine bestimmte Unterstützungsquote, so ist innerhalb von zwei Jahren durch Bundesgesetz zu bestimmen, ob die Landeszugehörigkeit gemäß Art. 29 II GG geändert wird, oder daß in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung gemäß Art. 29 V GG stattfindet. Dieses Volksbegehren wird rechtlich teilweise als Gesetzesinitiative qualifiziert 340 • Richtigerweise handelt es sich dabei aber keineswegs um eine Gesetzesinitiative bzw. ein Gesetzesinitiativrecht im Rechtssinne des Art. 76 GG, sondern lediglich um eine sehr mißverständliche Bezeichnung für einen plebiszitären Anregungsakt, der die Regelungen des legislativen Einleitungsverfahren im übrigen gänzlich unberührt läßt341 . Es wird lediglich verfassungsrechtlich eine Gesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4.5.1951 (BGBI. 11951, S. 284ff.). 334 Siehe § 211 des 2. Neugliederungsgesetzes, dort war eine Volksabstimmung angeordnet, die am 9.12.1951 stattfand; zum Ergebnis siehe von Münch, Anhang zu Art. 118; vgl. dazu auch BVerfGE 1, 14ff. 335 Siehe nur M / D / H / Sch, Art. 118 Rdn. 5; von Münch, Art. 118 Rdn. 2; Seifert / Hömig, Art. 118. 336 Vgl. Weber, DÖV 1985, 178. 337 Zu der Streitfrage, ob darüber hinaus durch einfaches Bundesgesetz - ohne Verfassungsänderung - weitere Plebiszite eingeführt werden dürfen; siehe nur von Münch, Art. 29 Rdn. 4c; Bleckmann, JZ 1978, 217ff.; Schmidt-Jortzig, Klausuren, S. 81. 338 Zu Art. 2911 a. F. (1949) siehe bereits oben unter VI. 1. d) bb) (3). 339 M / D / H / Sch, Art. 29 Rdn. 47; von Münch, Art. 29 Rdn. 33. 340 So ausdrücklich z. B. von Münch, Art. 29 Rdn. 4b, 46ff. und 51; wohl auch Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 29 Rdn. 11; vgl. auch BVerfGE 5, 34, LS 2 und 3 ("Initiativrecht"). 341 So M / D / H / Sch, Art. 29 Rdn. 48,81 ("Anstoßfunktion des Volksbegehrens") und wohl auch Art. 76 Rdn. 3, wobei allerdings bis zur Novelle im Jahre 1976 in

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

79

Pflicht des Parlaments postuliert, binnen zwei Jahren ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. Nach wie vor kommt das in Art. 29 IV GG angeordnete Bundesgesetz auf dem normalen Entstehungswege zustande. Es ist daher auch die Einbringung einer entsprechenden Gesetzesvorlage durch einen in Art. 76 I GG genannten Initianten erforderlich. Art. 29 IV GG sagt selbst allerdings nichts darüber aus, welcher der nach Art. 76 GG Befugten die Gesetzesinitiative zu ergreifen hat. Da es sich um ein normales Gesetzgebungsverfahren für ein Bundesgesetz handelt, werden insoweit - jedenfalls nach der Neufassung des Art. 29 GG - alle nach Art. 76 I GG zur Gesetzesinitiative berechtigten Bundesorgane als gleichermaßen verpflichtet angesehen, den Entwurf eines Neugliederungsgesetzes vorzulegen 342 . Zwar trifft diese Verpflichtung praktisch in erster Linie die Bundesregierung; die Pflichten aus Art. 29 IV GG obliegen jedoch allen antragsberechtigten Organen i. S. d. Art. 76 I GG. Das Initiativrecht der Bundestagsabgeordneten und des Bundesrates muß insofern spätestens dann ausgeübt werden, wenn die Bundesregierung untätig bleibt343 . Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß auch die Volksbefragung gemäß Art. 29 V GG lediglich eine Pflicht zum Tätigwerden für den Gesetzgeber auslöst, aber keine Regelung eines Gesetzesinitiativrechts darstellp44. Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, daß nach Art. 29 V GG zwar der Anstoß - dieser Begriff wäre hier eindeutiger - zu einem Neugliederungsgesetz über ein Volksbegehren vom Volk selbst ausgeht, hierauf folgt allerdings dann ein normales Gesetzgebungsverfahren nach Art. 76f. GG - eingeleitet durch die Initiativträger Bundesrat, Bundesregierung oder Mitte des Bundestages. Bei Zugrundelegung einer Begriffserklärung, die die Gesetzesinitiative i. S. v. Art. 76 I GG als das Einbringen von Gesetzesvorlagen beim Bundestag begreift 345 , kann eine derartige Anregung durch das Volk nicht als Gesetzesinitiative im Rechtssinne qualifiziert werden. Untechnisch kann man als Initianten natürlich auch denjenigen ansehen, der letztlich "den Stein ins Rollen bringt". Hiervon unberührt bleibt im übrigen das Petitionsrecht, welches auch dem Staatsvolk oder Teilen davon erlaubt, eigene ausformulierte "Gesetzentwürfe" den Bundesorganen vorzulegen und damit bestimmte Gesetzesprojekte anzuregen 346 . Art. 29 a. F. "ein (auf einen einzigen Sachverhalt) beschränktes Recht der Gesetzesinitiative ... " gesehen wird. Hierzu auch von Münch, Art. 29 Rdn. 46 ("Der neu eingefügte Abs. IV sieht nunmehr die Möglichkeit einer solchen Initiative in Verfahrensform für eine Neugliederung vor".). Vgl. auch BVerfGE 5, 34, 41; 13, 54ff., 77. 342 M / D / H / Sch, Art. 29 Rdn. 48. 343 M / D / H / Sch, Art. 29 Rdn. 48. 344 So auch M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 3 a. E. 345 Siehe oben Teil A., S. 22. 346 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 354; M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 1; MaUern, S. 53 Fn. 24, der dies allerdings als einen nur "unvollkommenen Ersatz" ansieht; hierzu auch schon oben H. 2. b).

80

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

b) Der Vermittlungsausschuß als Initiativträger

Auch im Zusammenhang mit dem Vermittlungsausschuß ist bisweilen von einem (begrenzten) Initiativrecht die Rede 347 - eine Aussage, der im folgenden nachgegangen werden soll. Es sind dabei zwei unterschiedliche Überlegungen, die eine Rolle spielen: - Auf der einen Seite kann eine extensive Veränderung des Gesetzes im Vermittiungsausschuß faktisch einer eigenständigen Gesetzesinitiative gleichkommen. - Hiervon abgegrenzt werden muß auf der anderen Seite eine Gesetzesinitiative, die von dem Vermittlungsausschuß angehörenden Mitgliedern in entsprechender Anzahl im Parlament eingebracht wird. aa) Im letztgenannten Fall von einer Gesetzesinitiative des Vermittlungsausschusses zu sprechen, stellt eine Art von "Etikettenschwindel" dar; denn es ist gerade nicht der Ausschuß als solcher, d. h. (in seiner Funktion) als Organ, der tätig wird, sondern nur eine bestimmte Anzahl seiner Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Bundestagsabgeordnete. Es handelt sich im Ergebnis um eine "ganz normale" Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages mit der einzigen Besonderheit, daß die sie tragenden Abgeordneten gleichzeitig dem Vermittlungsausschuß angehören. Rein rechnerisch würde im übrigen auch eine interfraktionelle Gesetzesvorlage selbst sämtlicher Mitglieder des Vermittlungsausschusses den geschäftsordnungsrechtlichen Anforderungen für eine Gesetzesinitiative nicht genügen. Der Vermittlungsausschuß setzt sich paritätisch aus je elf Vertretern von Bundestag und Bundesrat, insgesamt also 22 Mitgliedern, zusammen 348 • Für die Einbringung einer Gesetzesvorlage sind aber mindestens 5 % der Abgeordneten (= 26) bzw. die Unterstützung durch eine Fraktion erforderlich349 • In der Praxis bedarf es daher noch weiterer Unterschriften von Abgeordneten, die nicht dem Vermittlungsausschuß angehören, sofern der Entwurf nicht von einer oder auch mehreren Fraktionen aufgegriffen wird 350 • bb) Problematischer ist der andere Gesichtspunkt, der zur Diskussion eines Gesetzesinitiativrechts des Vermittlungsausschusses Anlaß gibt. Der Vermitt347

ten.

Siehe z. B. Model/Müller, Art. 76, S. 452, die dies aus Art. 77 II 5 GG ablei-

348 Vgl. Art. 77 II 2 GG und § 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) vom 19. April 1951 (BGBI. I 1951, S. 103), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 11.2.1970 (BGBI. I 1970, S. 184). 349 Vgl. §§ 76 I, 75 I GO BT. 350 So geschehen beispielsweise beim Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 76 III GG), welche auf Veranlassung der dem Bundestag angehörigen Mitglieder des Vermittlungsausschusses als interfraktionelle Gesetzesinitiative der CDU/CSU, SPD und FDP dem Parlament vorgelegt wurde; siehe hierzu nur BTDrucks. V/4295 vom 6.6.1969.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

81

lungsausschuß stellt ein unter den Voraussetzungen des Art. 77 11 GG am Gesetzgebungsprozeß beteiligtes, ständiges Organ des Bundes dar35l . Er kann im legislativen Haupt- bzw. Beschlußverfahren vom Bundesrat (Art. 77 II 1 GG), bei zustimmungsbedürftigen Gesetzen auch von der Bundesregierung und dem Bundestag (Art. 77 11 4 GG) angerufen werden 352 . Sinn und Zweck des sog. Vermittlungsverfahrens ist es, bei Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat über den Inhalt des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes durch "gemeinsame Beratung" (Art. 7711 1 GG) eine Verständigung herbeizuführen und so zu vermeiden, daß allzu rasch ein Beteiligter seine Vorstellungen einseitig durchsetzt oder die Gesetzgebung überhaupt scheitert bzw. zum Stillstand kommP53. Insofern dient der Ausschuß dazu, auf politischem Wege einen Ausgleich divergierender Standpunkte und Interessen im Verhältnis Bundestag und Bundesrat herbeizuführen 354 , der in beiden Häusern Aussicht auf Annahme hat 355 . Um dieses Ziel zu erreichen, ist es seinen - gern. Art. 77 11 3 GG weisungsunabhängigen - Mitgliedern gestattet, aufgrund einer genauen Ermittlung des Einigungspotentials der im Streit befindlichen Organe356 eigene - u. U. auch weitreichende, einzelne Be3timmungen oder auch das gesamte Gesetz betreffende - Änderungs- 357 , Ergänzungs- 358 und Umgestaltungsvorschläge zu machen 359 . Im Rahmen des insoweit bestehenden weiten Spielraums360 kann dabei grundsätzlich361 jedwede Modifizierung angestrebt werden, sogar seine Aufhebung in toto (vgl. § 10 11 GO VermA)362. Es 351 Umstritten ist, ob es sich seiner Rechtsnatur nach um ein selbständiges Verfassungsorgan oder lediglich ein Hilfsorgan handelt, welches insoweit prinzipiell mit den Ausschüssen von Bundestag und Bundesrat vergleichbar ist; hierzu nur von Mangoldt / Klein, Art. 77 Erl. IV 4b (S. 176Of.); BK-Herrfahrdt, Art. 77 Erl. II 2a; M / D / H / Sch, Art. 77 Rdn. 11ff.; Friesenhahn, S. 258 Fn. 10; eingehender auch Troßmann, JZ 1983,6, 7ff.; ders., § 67 Rdn. 12; Niemann, S. 150ff.; Hasselsweiler, S. 39ff. und Bardenhewer, S. 213 m. umfangr.Nachw. 352 Siehe hierzu oben 11. 1. 353 BK-Herrfahrdt, Art. 77 Erl. II 2a m. w. Nachw.; Seifert / Hömig, Art. 77 Rdn. 6; Strohmeier, ZParl1982, 473, 476; Bismark, DÖV 1983, 269, 270. 354 Siehe nur M / D / H / Sch, Art. 77 Rdn. 12; Maunz / Zippelius, § 30 V 6 (S. 273); BK-Herrfahrdt, Art. 77 Erl. II 2a; Stern, II § 37 III 7a (S. 627); Degenhart, Rdn. 442; Hasselsweiler, S. 36ff. 355 Maunz / Zippelius, § 30 V 6 (S. 273); vgl. auch §§ 11, 12 GO VermA. 356 Henseler, NJW 1982, 849, 850. 357 V gl. Art. 77 II 5 GG. 358 Speziell hierzu Bardenhewer, S. 273 m. umfangreichen Nachw. in Fn. 54; siehe auch Wessei, AöR 77 (1951/52), 283, 296; offensichtlich prinzipiell ablehnend Niemann, S. 183f. 359 So u. a. M / D / H / Sch, Art. 77 Rdn. 13, auch 15; von Mangoldt / Klein, Art. 77 Erl. IV 7a; Wessei, AöR 77 (1951/52), 283, 296; Held, AöR 80 (1955/56), 50, 64; Bismark, DÖV 1983, 269, 271; Strohmeier, ZPari1982, 473, 474 m. w. Nachw.; Niemann, S. 164f.; Schäfer, Bundestag, S. 207f. 360 Hasselsweiler, S. 48f.; Niemann, S. 179; Bismark, DÖV 1983, 269, 274. 361 Zu den Grenzen siehe noch im folgenden. 362 Stern, II § 37 III 7a (S. 627); Troßmann, § 67 Rdn. 11.1,11.3. 6 Schünnann

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

können unter bestimmten Umständen auch nicht unmittelbar beanstandete Regelungen in die Vermittlungsempfehlung einbezogen werden 363 . Die parlamentarische Praxis zeigt, daß der Vermittlungsausschuß bisweilen allerdings seine Tätigkeit sehr weit ausdehnt, indem er z. B. andere Gesetzesvorhaben mit in seine Beratungen und seinen Einigungsvorschlag einbezieht, die selbst bei großzügiger Betrachtung nicht Gegenstand des betreffenden Vermittlungsverfahrens waren 364 ,365. Es verwundert dann nicht, wenn er gelegentlich einen Einigungsvorschlag unterbreitete, der weder mit dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz, geschweige denn mit der ursprünglichen Vorlage noch viel gemein hatte. Derart weitreichende Abweichungen vom beschlossenen Gesetz sind es nun, die Veranlassung geben, im Zusammenhang mit dem Vermittlungsausschuß - und sei es ablehnend - von Gesetzesinitiative bzw. Gesetzesinitiativrecht zu sprechen366 . In der Konsequenz wird der Bundestag nämlich mit einem Vermittlungsvorschlag konfrontiert, der sich ggf. von dem ursprünglich beschlossenen Gesetz so weit entfernt hat, daß er den Charakter einer eigenen, selbständigen Vorlage angenommen hat; der Vermittlungsausschuß hätte dann selbst wie ein Initiativberechtigter - und sei es auch nur teilweise - etwas völlig Neues in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht367 und damit eine nur dem Initiativträger nach Art. 76 I GG vorbehaltene Tätigkeit usurpiert. Ungeachtet dessen ist das Parlament allerdings verfassungsrechtlich verpflichtet, sich - wie bei einer regulären Gesetzesinitiative nach Art. 76 GG mit diesem (neuen) "Gesetz" zu befassen und darüber zu entscheiden (vgl. 363 Troßmann, § 67 Rdn. 11.1 und Niemann, S. 170 unter Bezugnahme auf die Auffassung des Vermittlungsausschusses; zu der früher restriktiveren Handhabung siehe Niemann, S. 169 m. umfangr. Nachw. 364 Von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 7,8; Stern, II § 37 III 7a (S. 627) ("häufig ... überschreitet"); Bismark, DÖV 1983, 269, 270; Troßmann, JZ 1983, 6; Niemann, S. 168ff., 205f.; Franßen, FS Hirsch, S. 273, 280; zuletzt Dietiein, ZRP 1985, 322,323; vg!. auch Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 712. 365 Als Beispiele hierfür lassen sich u.a . das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet des Verkehrsrechts und des Verkehrshaftpflichtrechts, das Architektengesetz und aus jüngerer Zeit vor allem das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (2. Haushaltsstrukturgesetz - HStruktG -) anführen. Einzelnachweise hierzu bei Troßmann, JZ 1983, 6; ders., § 67 Rdn. 11.3 - 11.5; Niemann, S. 168, insb. Fn. 3 und 4; vg!. auch Hili, S. 52 und Franßen, FS Hirsch, S. 273,280, jeweils m. w. Nachw. 366 Siehe z. B. Wex, S. 24; Lenz, ZPari 1976, 428; Dietlein, NJW 1983, 80, 81, 85; ders., AöR 106 (1981), 525, 544 ("Anrufung des Vermittlungsausschusses ... als Ersatzinstrument für das Initiativrecht"); Bismark, DÖV 1983, 269, 270; Strohmeier, ZPari 1982, 473, 474, 476; Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 25ff.; Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 713 ("Umgehung des Gesetzesinitiativrechts"); Hasselsweiler, S. 46 ("Novellierungsinitiativen"), S. 51 ("Quasi-Initiativrecht"); siehe auch Model/Müller, Art. 76, S. 452 ("ein (begrenztes) Initiativrecht"). 367 Jahn, in "Bundesrat contra Bundestag", S. 15 ("völlig neue Gesetze erarbeitet"), der als weitere Beispiele hierfür das Hochschulrahmengesetz und das Bundesbaugesetz anführt; ders., ZPar11976, 291, 297; auch Hasselsweiler, S. 44, 5lf.; vg!. auch VG Gelsenkirchen NJW 1985, 79, 80.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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Art. 77 11 5 GG). Es kommt noch hinzu, daß der Bundestag nur über diesen Einigungsvorschlag - so wie er ist - abstimmen darf; ein Recht, Änderungen vorzunehmen, hat er nicht (vgl. § 10 11 GO VermA)368.369. Diese Verfahrensweise wird zu Recht kritisiert 370 . Sie steht nicht zuletzt im direkten Widerspruch zu Art. 76 GG371; aus einer derartigen Überschreitung der Befugnisse des Ausschusses wird sogar auf die (formelle) Verfassungswidrigkeit des späteren Gesetzes geschlossen 372 • Der Vermittlungs ausschuß ist in der Verfassung nicht als (Ersatz-) Gesetzgebungs- oder Initiativorgan vorgesehen; er hat nicht das Recht, "gleichsam ein selbständiges, neues Gesetz zu entwerfen" und dem Parlament vorzulegen 373 • Da aber andererseits die Funktion des Vermittlungsausschusses gerade darin besteht, ein im Streit befindliches Gesetz so weit umzugestalten, bis es konsensfähig wird, kommt es letztlich auf eine Eingrenzung der Änderungsbefugnisse des Ausschusses an 374 . Es gibt hierzu ein reichhaltiges Schrifttum, das sich bereits umfassend mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat und dem nicht noch ein weiterer Beitrag hinzugefügt werden soll375. 368 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 10 GO VermA erhebt Troßmann, JZ 1983, 6, 9ff. 369 Siehe auch Bardenhewer, S. 288; Bismark, DÖV 1983, 269, 272. Es besteht insoweit eine gewisse Parallele zur Beschlußfassung über einen von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zu einem Vertragsgesetz nach Art. 59 II GG; siehe dazu zuvor unter 1. d) bb) (2). 370 Von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 7b, 8; Stern, II § 37 III 7 a (S. 627); Bismarck, DÖV 1983, 269, 276; vg!. auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 9. WP, 73. Sitzung vom 10.12.1981, Sten.Ber. u. a. S. 4269 B (Abg. Conradi) und 97. Sitzung vom 29.4.1982, Sten.Ber. S. 5908 D (Abg. Däubler-Gmeling); Schulze-Fielitz, NVwZ 1983,709,712 m.w.Einzelh. hierzu; auch Henseler, NJW 1982, 849, 853; Jahn, in "Bundesrat contra Bundestag", S. 15f.; Hasselsweiler, S. 46f., 51f.; WesseI, AöR 77 (1951/52), 283, 303; Niemann, S. 170, 183, 205f.; Wex, S. 25f.; Neunreither, S. 77; Reinert, S. 140; Nachweise entsprechend kritischer Pressestimmen bei Bismark, DOV 1983,269 Fn. 6 und Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 25 Fn. 13. 371 Der Frage, ob auch andere Verfassungsnormen - z. B. Art. 77 GG - verletzt sind, soll hier nicht weiter nachgegangen werden. 372 Vg!. z. B. Schenke, Vermittlungsausschuß, u. a. S. 25; im Ergebnis ebenso Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 713ff.; andererseits aber VG Gelsenkirchen NJW 1985, 79 m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht. 373 Stern, II § 37 III 7 a (S. 627), dessen Vergleich mit einer "dritten Kammer" allerdings kaum paßt; Lenz, ZPari 1976, 428; Troßmann, § 67 Rdn. 11.3; Hasse1sweiler, S. 46/47,51; Niemann, S. 183. 374 Dietlein, NJW 1983, 80ff.; Henseler, NJW 1983, 849, 851 ("Klärungsbedürftig ist nicht, ob, sondern in welchem Umfang der Vermittlungsausschuß Ergänzungen des Gesetzesbeschlusses vorzugeschlagen berechtigt ist. "). 375 Siehe nur Bismark, DÖV 1983, 269ff.; Dietlein, NJW 1983, 80ff. m. w. Nachw. in Fn. 12; ders., AöR 106 (1981), 525, 536ff.; Franßen, FS Hirsch, S. 273, 279ff.; Hasselsweiler, S. 44ff.; Henseler, NJW 1982, 849ff.; Lenz, ZParl1976, 428; von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 7ff.; Niemann, S. 164ff., 178ff.; Schäfer, Vermiulungsausschuß, S. 279ff., 290ff.; Schenke, Vermittlungsausschuß, 1ff.; Schulze-Fielitz, NVwZ 1983,709, 712ff.; Strohmeier, ZParl1982, 473ff.; Troßmann, JZ 1983, 6ff.; Wessei, AöR 77 (1951/52), 283, 293ff.; die Veröffentlichungen nach 1982 nehmen sämtlich das Zweite Haushaltsstrukturgesetz zum Anlaß ihrer Betrachtungen.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Ausgehend von der ThemensteIlung dieser Arbeit wird die Frage, inwieweit Umgestaltungen des zu beratenden Gesetzes zulässig sind, vielmehr speziell im Hinblick auf eine Kollision mit Art. 76 GG untersucht. Dabei muß sich die Behandlung auf die wesentlichen Aspekte beschränken, da andernfalls der Darstellungsrahmen angesichts der Stoffülle gesprengt würde. Als Ansatzpunkt einer Grenzziehung kommen in erster Linie das zur Vermittlung überwiesene Gesetz selbst sowie das entsprechende Anrufungsbegehren in BetrachP76. Vorausgeschickt sei, daß ohne einen entsprechenden Auftrag der Vermittlungsausschuß überhaupt nicht tätig werden darf377 . Eine eigenständige Interventionsbefugnis, d. h. ein Recht, aus eigenem Entschluß im Falle von Uneinigkeit der an der Gesetzgebung beteiligten Organe einzugreifen und einen Komprorniß vorzuschlagen, besteht nicht 378 . Zwingende Voraussetzung für jede Anrufung des Vermittlungsausschusses ist wiederum das Vorliegen eines vorausgegangenen Gesetzesbeschlusses des Parlaments, auf den sich die Anrufung bezieht379 . Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 7711 1 und 5 GG380. Mangelt es an einem derartigen Plenums beschluß bezüglich eines Gesetzentwurfs, der Gegenstand einer Anrufung des Vermittlungsausschusses ist, so werden die verfassungsrechtlichen Befugnisse des Initianten verletzt381 . Gleichzeitig wird durch den Gesetzesbeschluß des Parlaments das entsprechende Anrufungsbegehren, ggf. auch durch dessen Begründung, der Vermittlungsauftrag gegenständlich konkretisiert und inhaltlich begrenzt382 . Hieraus lassen sich als Eckpfeiler die gegensätzlichen Ansichten in der Regel leicht ermitteln, die den Dispositionsrahmen des Ausschusses umreißen 383 . Für eine 376 Hasselsweiler, S. 44f., 47; Bismark, DÖV 1983, 269, 271. Was sonst noch zur "diskussionsfähigen Vermittlungsmasse" gehören kann, beschreibt u. a. Hense1er, NJW 1982, 849, 850; ähnlich auch Niemann, S. 167f. 377 Hense1er, NJW 1982, 849, 850; Reinert, S. 138; Lenz, ZParl1976, 428. 378 Siehe auch Wex, S. 24. 379 Allgemeine Ansicht: Siehe nur Bardenhewer, S. 244; Ensslin, S. 118; Fügen, S. 100; Henseler, NJW 1982, 849, 850; von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 3 (S. 1759), IV 5e (S. 1766f.), 6f (S. 1771); Neunreither, S. 76; Niemann, S. 164; Schäfer, Vermittlungsausschuß, S. 280f.; Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 26; Wesse1, AöR 77 (1951/52), 283, 293f. 380 So auch Bardenhewer, S. 244 Fn. 1. 381 Siehe auch Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 714; zweifelhaft allerdings der Verweis auf Troßmann, JZ 1983, 6, 10. 382 Ganz ähnlich auch Troßmann, § 67 Rdn. 11.1 unter Berufung auf den Vermittlungsausschuß selbst; WesseI, AöR 77 (1951/52), 283, 302. 383 Hasse1sweiler, S. 44ff.; Dietlein, AöR 106 (1981), 525, 537 ("Thema und Regelungsziel"); ders., NJW 1983, 80, 81 m.w.Nachw.; Niemann, S. 167f.; vg!. auch Wessei, AöR 77 (1951/52), 283, 302ff.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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effiziente Abgrenzung dieses Rahmens reicht indes die gen aue Bestimmung der unterschiedlichen Position von Bundestag und Bundesrat nicht aus 384 . Auch würde ein eventuell sehr abstrakt gefaßter Vermittlungsauftrag eine unter Umständen sehr großzügige, kaum eingrenzbare Handhabung gestatten. Da verfassungsrechtlich keine Präzisierung des Vermittlungsbegehrens angeordnet ist, kann der Anrufende von jeder Bezeichnung der gewünschten Tendenz der Einigungsverhandlungen absehen 385 . Unter diesen Voraussetzungen erscheint es allerdings kaum möglich, den Umfang der Vermittlungstätigkeit zu begrenzen386 . Der Vermittlungsausschuß ist andererseits nicht gezwungen, sich genau an das beschlossene Gesetz und den entsprechenden Vermittlungsauftrag zu halten; vielmehr kann die Kompromißfindung eine großzügigere Handhabung erforderlich machen. Es wird daher als weiteres Kriterium ganz überwiegend auf den Sachzusammenhang bzw. die Identität der zu regelnden Materie abgestellP87: Solange zwischen dem Gesetzesbeschluß des Bundestages als dem ausschlaggebenden inhaltlichen Bezugs- und Orientierungspunkt und dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses ein hinreichend enger sachlicher Zusammenhang gewahrt bleibt und der insoweit durch die Sachmaterie vorgegebene Verhandlungsrahmen eingehalten wird, soll die Umgestaltung ebenfalls noch verfassungskonform sein; erst wenn der Vermittlungsausschuß einen Vorschlag macht, der mit dem durch den ursprünglichen Parlamentsbeschluß vorgezeichneten Rahmen in keinem sachlichen Zusammenhang mehr steht, handelt es sich um eine unzulässige Gesetzesinitiative388 . Es ist zwar zu konzedieren, daß dieses Kriterium ebenso wie vergleichbare Alternativformeln kaum einen streng justitiabIen Prüfungsmaßstab lieferP89 und auch im Dietlein, NJW 1983, 80, 83. Henseler, NJW 1982, 849, 850 unter Berufung auf von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 5f.; kritisch hierzu Wex, S. 28. 386 Henseler, NJW 1982, 849,850. 387 Zu weiteren denkbaren Eingrenzungskriterien siehe nur Bismark, DÖV 1983, 269, 277ff. und Henseler, NJW 1982, 849, 852f. (Prinzip der Verfassungsorgantreue); Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 27ff. (zusätzlich Demokratieprinzip); Hasselsweiler, S. 46f. (Kompetenzmißbrauch). 388 So oder ganz ähnlich u. a. BVerfG ZMR 1984, 271, 272; Bardenhewer, S. 274, 286 Fn. 79; Bismark, DÖV 1983, 269, 271, 274ff.; Dehm, JA 1982, 53, 56; Dietlein, NJW 1983, 80, 83ff.; ders., AöR 106 (1981), 525, 538; Ensslin, S. 120; Feber, S. 97; Franßen, FS Hirsch, S. 273, 280ff.; Hasselsweiler, S. 47ff.; von Mangoldt / Klein, Art. 77 Er!. IV 7,8; M / D / H / Sch, Art. 77 Rdn. 13; Neunreither, S. 76; Niemann, S. 165, 178ff., 182ff.; Reinert, S. 138; Schäfer, Bundesrat, S. 78; Stern, 11 § 37 II17a (S. 627); Strohmeier, ZPar11982, 473, 475; Troßmann, § 67 Rdn. 11.1; Wex, S. 25 und Wessei, AöR 77 (1951/52), 283, 296, 302 ("unmittelbarer innerer Zusammenhang") m.Nachw. aus der Praxis des Vermittlungsausschusses; vg!. auch VG Gelsenkirchen NJW 1985, 79, 80 m. w. Nachw. 389 Es kam denn auch verschiedentlich zu Kontroversen über die Frage, ob die Sachkonnexität zu bejahen sei; siehe nur Troßmann, § 67 Rdn. 11.1 mit entsprechenden Beispielen. 384 385

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Einzelfall zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann 390 , dennoch erlaubt es im konkreten Fall eine annähernd gen aue Grenzziehung391 und erscheint nicht unpraktikabeJ392. Hieraus resultiert natürlich: Je umfangreicher der sachlichinhaltliche Gegenstand und das Regelungsziel eines Gesetzesbeschlusses sind, um so weiter ist auch der Freiraum für Alternativ- und Ergänzungsvorschläge im Vermittlungsverfahren393 . Je konkreter und detaillierter dabei im übrigen die Vermittlungsziele durch das anrufende Organ bezeichnet werden, desto leichter und eindeutiger lassen sich Umfang und Grenzen ermitteln. Hält der Vermittlungsausschuß es bei der Suche nach einem Komprorniß für unabweisbar, ein anderes Gesetzesprojekt ganz oder teilweise in den Einigungsvorschlag mit einzubeziehen, so setzt dies neben dem Sachzusammenhang außerdem voraus, daß dieses aufgegriffene Gesetz zumindest das Initiativstadium bereits ordnungsgemäß durchlaufen hat, insbesondere muß es durch einen nach Art. 76 GG Berechtigten im Parlament eingebracht worden sein 394 . Insoweit kann der Regelung des Art. 76 GG durchaus ein Verbot der Koppelung des beschlossenen Gesetzes mit dem Entwurf eines neuen entnommen werden 395 . Kann das Gesetz in dieser Hinsicht auf einen formell legitimierten Initianten zurückgeführt werden 396 , ist den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 76 jedenfalls Genüge getan; denn es handelt sich dann nicht um eine Vorlage eines eigenen neuen Entwurfs, mit dem sich die gesetzgebenden Körperschaften erstmalig zu befassen hätten. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, daß dem Vermittlungsausschuß nach dem Grundgesetz kein Initiativrecht - oder auch nur ein "Quasi-Initiativrecht"397 - zusteht. Kommt es bei der Tätigkeit des Ausschus390 Bardenhewer, S. 274, insb. Fn. 55; Hasselsweiler, S. 50 spricht von Unwägbarkeiten, die in Kauf genommen werden müssen. Weitere Einzelheiten bei Dietlein, AöR 106 (1981), 525, 538ff. 391 Dietlein, NJW 1983, 80, 83, auch 85; ders., AöR 106 (1981), 525, 537. Kritisch hierzu auch Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 712ff. und insb. im Hinblick auf sog. Artikel-Gesetze Henseler, NJW 1982, 849, 85lf.; ihm entgegnend Strohmeier, ZParl 1982,473,475 Fn. 16. Schulze-Fielitz, a.a.O., S. 713 entwickelt u. a. auf der Basis des Sachzusammenhangs "rechtlich eine mittlere Lösung", die eine eindeutigere Abgrenzung erlauben soll. 392 Bardenhewer, S. 274, insb. Fn. 55. 393 Dietlein, NJW 1983, 80, 84; ders., AöR 106 (1981), 525, 538f. 394 Siehe auch Schenke, Vermittlungsausschuß, S. 25, der es für nicht ausreichend hält, wenn nur "Teile der Gesetzesinitiative des Vermittlungsausschusses bereits den Gegenstand einer durch einen anderen Initianten gern. Art. 76 GG eingebrachten Gesetzesvorlage bilden" (Hervorhebung durch den Verfasser). 395 So auch Henseler, NJW 1982, 849, 853ff., der allerdings hierdurch wohl das Kriterium des Sachzusammenhangs ersetzen möchte; wie hier als Ergänzung begriffen dagegen von Dietlein, NJW 1983, 80, 85f. 396 VG Gelsenkirchen NJW 1985,79, 80 unter zutreffender Berufung auf Henseler, NJW 1982, 849, 853ff.; kritisch dazu Schulze-Fielitz, NVwZ 1983, 709, 713, insb. Fn.68. 397 Vgl. Hasselsweiler, S. 51.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

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ses zu einem Vermittlungsvorschlag, der die genannten Grenzen überschreitet, so liegt hierin eine gegen Art. 76 GG verstoßende Kompetenzüberschreitung. c) Die Bundestagsausschüsse als Initiativträger

Von "Gesetzesinitiativrecht" wird mitunter auch im Zusammenhang mit den Fachausschüssen des Deutschen Bundestages gesprochen, ohne daß es hierüber jemals zu einer annähernd intensiven Debatte wie beim Vermittlungsausschuß gekommen wäre 398 . Zunächst ist auch hier wiederum zu differenzieren zwischen einer sehr weitgehenden Ausübung der Ausschußtätigkeit, die dann möglicherweise die verfassungsrechtlichen Befugnisse überschreitet und damit einer unzulässigen Gesetzesinitiative gleichkommt sowie einer lediglich von Mitgliedern eines Ausschusses - ggf. interfraktionell - getragenen regelrechten Gesetzesinitiative. Parallel zur Situation beim Vermittlungsausschuß399 können auch von den Mitgliedern der Parlamentsausschüsse - in geschäftsordnungsrechtlich ausreichender Zahl- Gesetzesvorlagen in die Volksvertretung eingebracht werden 4OO • Derartige Gesetzesinitiativen stammen dann aber nicht von dem jeweiligen Ausschuß, sondern stellen eine Abgeordneteninitiative aus der Mitte des Bundestages dar401 • Im Gegensatz zum Vermittlungsausschuß ist es hier wegen der zahlenmäßigen Stärke einiger Ausschüsse 402 allerdings möglich, - zumindest 398 Siehe z. B. Piepenstock, S. 11 Fn. 2 ("Es können also auch Initiativanträge von den Ausschüssen des BT ausgehen"); jüngst Vetter, S., 129 - 131 ("Inwieweit besitzen Ausschüsse Initiativrechte gegenüber dem Plenum?"); vgl. zur sog. Ausschußinitiative unter der Reichsverfassung von 1871 und der Weimarer Reichsverfassung von 1919 Holtzheimer, S. 7ff., 46/47 m. w. Nachw. 399 Siehe zuvor unter 3. b). 400 So u. a. auch Ritzel I Bücker, § 62 Anm. I3 a.E. (S. 4); von Münch 1 Versteyl, Art. 43 Rdn. 11; Troßmann, Deutscher Bundestag, S. 94; dies meint wohl auch Piepenstock, S. 11 Fn. 2; siehe ferner Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 4. WP, 97. Sitzung vom 15.11.1963, Sitz.Prot. S. 4468 C (Vizepräsident Schmid: "Aber natürlich können die Mitglieder des Ausschusses als einzelne jeden Antrag stellen, der geschäftsordnungsmäßig zulässig ist".) und BT-Drucks. VIII/3460 vom 3.12.1979, S. 94 ("Darüber hinaus haben die Mitglieder des Ausschusses aufgrund des im Ausschuß gewonnenen Informationsstandes das Recht, allein oder zusammen mit der erforderlichen Zahl von Mitgliedern des Bundestages ... Vorlagen einzubringen. "). 401 Dies wird nicht immer hinreichend deutlich hervorgehoben; siehe etwa von Münch 1 Versteyl, Art. 43 Rdn. 11: " ... bestehtjür die Ausschüsse (!?) ,die Möglichkeit, mit der erforderlichen Anzahl von MdB's ... gesetzesinitiativ zu werden''', hinsichtlich des letzten Teilsatzes unter wörtlicher Zitierung von Ritzel I Bücker, § 62 Anm. I3 (Hervorhebung und Klammerzusatz durch den Verfasser). 402 So verfügen z. B. der Auswärtige Ausschuß und der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung über jeweils 35 Mitglieder, der Innenausschuß, Finanzausschuß und der Ausschuß für Wirtschaft über 33 sowie der Haushaltsausschuß sogar über 37 Mitglieder. Nachweise und weitere Einzelheiten u. a. bei von Münch 1 Versteyl, Anhang zu Art. 43 (S. 605).

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

interfraktionelle - Gesetzesinitiativen allein durch Mitglieder des jeweiligen Ausschusses einzuleiten. Genauso wie für den Vermittlungsausschuß gilt für die Fachausschüsse des Bundestages, daß ihnen kein Gesetzesinitiativrecht zusteht403 und sie alles zu unterlassen haben, was auf die Ausübung eines solchen im Grundgesetz nicht angelegten Rechts hinausläuft404 . Ein Ausschuß darf daher einen ihm überwiesenen Antrag, der keinen Gesetzentwurf enthält, ebenfalls nicht in einen Gesetzentwurf umgestalten 405 . Im übrigen ist die Frage des Gesetzesinitiativrechts wie im Fall des Vermittlungsausschusses zu beurteilen. Die parlamentarischen Fachausschüsse haben grundsätzlich das Recht, ihnen zur Beratung überwiesene Gesetzesvorlagen umzugestalten, so daß es gleichermaßen darum geht, eine Verkürzung der grundgesetzlichen Initiativrechte zu verhindern und eine handhab bare Abgrenzung der Ausschußbefugnisse im Einzelfall vorzunehmen 406 . Die Ausschüsse können ihrer Rechtsstellung nach als interne Hilfsorgane des Parlaments qualifiziert werden 407 . Sie dienen unstreitig lediglich zur Vorbereitung der Entscheidungen des Bundestages, für den sie bestimmte Beschlußempfehlungen auszuarbeiten haben 408 ; ihre Arbeit beschränkt sich dabei inhaltlich grundsätzlich 409 auf die ihnen überwiesenen Vorlagen (vgl. § 75 GO BT) oder mit diesen in unmittelbarem Sachzusammenhang stehendene Fragen (vgl. § 62 I GO BT)41O. Es gelten mithin auch hier durchaus vergleichbare und schon behandelte Abgrenzungskriterien. 403 Roll, ZPari 1986,313,322; Vetter, S. 130; Troßmann, § 60 Rdn. 7.4 mit zutreffender Argumentation, auf die insoweit verwiesen werden kann; ders., Deutscher Bundestag, S. 94; ders., 1967, S. 88; Ritzel I Koch, § 60 Anm. 8b; Achterberg, Parlamentarische Verhandlung, S. 157; ders., Parlamentsrecht, S. 690, vor allem S. 683, der sich allerdings irrig auf Ritzel I Bücker, § 62 Anm. I 1 d bezieht, die gerade nicht das Gesetzesinitiativrecht meinen (siehe hierzu noch die Abgrenzung im folgenden); nur für die Fachausschüsse lehnen ein Gesetzesinitiativrecht auch Model I Müller, Art. 76, S. 452 ab; aus der parlamentarischen Praxis siehe auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 4. WP, 97. Sitzung vom 15.11.1963, Sitz.Prot. S. 4468 C. Vgl. auch Nds.StGHE 2,1, 136 und § 25 BayGO. 404 Abmeier, S. 135; vgl. Nds.StGHE 2,1,138. 405 So zutreffend Troßmann, § 60 Rdn. 7.4 unter Berufung auf den Geschäftsordnungsausschuß in der 1. WP, 56. Sitzung vom 23.10.1950, Sitz.Prot. S. 3/4. 406 Vgl. Abmeier, S. 135. 407 Troßmann, § 60 Rdn. 4; Ritzel I Bücker, Vorbem. zu § 54, S. 3ff. m. w. Nachw., § 62 Anm. 2a; Vetter, S. 98ff.; auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 1. WP, 16. Sitzung vom 10.11.1949, Sitz.Prot. S. 368 C (Abg. Arndt) und BT-Drucks. VIII/3460 vom 3.12. 1979, S. 94; vgl. auch von Münch 1 Versteyl, Art. 43 Rdn. 10. 408 So auch BVerfGE 1, 144, 152; 44, 308, 317f.; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 678; Schäfer, Bundestag, S. 108, 114ff.; siehe z. B. auch BT-Drucks. VIII/3460 vom 3.12.1979, S. 94. 409 Vgl. § 62 I 3 und 4, wonach ausnahmsweise ein beschränktes sog. Selbstbefassungsrecht besteht; auch § 128 GO BT.

VI. Die Inhaber des Gesetzesinitiativrechts

89

Wenn es daneben in Literatur und politischer Praxis heißt, daß die Ausschüsse grundsätzlich kein Initiativrecht haben41J , so ist mit dieser mißverständlichen Formulierung allerdings etwas anderes gemeint: Hier wird der Begriff "Initiativrecht" nicht im Sinne eines legislativen Einbringungsrechts, sondern in einem weiteren Bedeutungsinhalt als eine Art allgemeines Selbstbefassungsrecht bzw. eigenständiges Aufgriffsrecht bezüglich nicht vom Plenum überwiesener Gegenstände verstanden, das den Ausschüssen prinzipiell abgesprochen wird 412 . Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn der Bundestag einen seiner regulären Ausschüsse oder sogar einen eigens konstituierten Sonderausschuß413 damit betraut, einen Gesetzesantrag für ihn 414 auszuformulieren415 . In diesen Fällen macht der Ausschuß im Rahmen seiner Funktion als Hilfsorgan des Bundestages lediglich einen Vorschlag, der keinesfalls die Bedeutung einer eigenständigen Gesetzesinitiative i. S. v. Art. 76 GG hat416 . Ein solches legis410 So u. a. Achterberg, Parlamentsrecht, S. 682 m.w.Nachw.; Roll, ZPari 1986, 313, 321ff.; Schäfer, Bundestag, S. 114f.; vgl. auch Zeh, ZPar11986, 396, 410. Zu den Grenzen des Umgestaltungsrechts der Ausschüsse ausführlich IX. 2. c) bb) und 3. b). 411 So u. a. Ritzel / Bücker, § 62 Anm. I 1 d, 2 c m. w. Nachw.; von Münch / Versteyl, Art. 43 Rdn. 11; früher schon Ritzel/Koch, § 60 Anm. 4, 8a; aus der Praxis etwa Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 1. WP, 16. Sitzung vom 10.11.1949, Sitz.Prot. S. 368 C (Abg. Arndt: "Sie haben ... kein Initiativrecht") und BT-Drucks. VIII/3460 vom 3.12.1979, S. 94. Vgl. auch Troßmann / Roll, § 62 Rdn. 2, der sogar die Formulierung "Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages" hierfür gebraucht oder Achterberg, Parlamentsrecht, S. 681 Fn. 47 "beschränktes Initiativrecht" in Bezug auf den Geschäftsordnungsausschuß; ferner Frost, AöR 95 (1970), 38, 81; ebenso Achterberg, Parlamentarische Verhandlung, S. 156f. 412 Siehe wiederum Ritzel / Bücker, § 62 Anm. I 1 d, 2 c; von Münch / Versteyl, Art. 43 Rdn. 11. 413 So wurde beispielsweise durch Bundestagsbeschluß vom 28.11.1975 ein siebenköpfiger Sonderausschuß eingesetzt mit der Aufgabe, einen Gesetzentwurf zu Art. 48 GG zu erstellen. Der Sonderausschuß hat in der Zeit vom 10.12.1975 bis zum 23.6.1976 in 17 Sitzungen eine Vorlage erarbeitet, die dann als Grundlage des interfraktionel1en Gesetzentwurfs vom 29.6.1976 zur Neurege\ung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Bundestages diente; siehe BT-Drucks. 7/4333 vom 26.11.1975 (Antrag), 7/25525 vom 29.6.1976 (Entwurf), 7/5531 vom 30.6.1976 (Materialien), 7/ 5903 vom 30.11.1976 (Beschlußempfehlung) sowie Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 7.WP, 204. Sitzung vom 28.11.1975, Sitz.Prot. S.14135 und 259. Sitzung vom 8.12.1976, Sitz.Prot. S. 18569ff.; hierzu auch Troßmann, JöR 28 (1979), 1,31. 414 Eine hiervon zu trennende Frage ist, ob ein Ausschuß beauftragt werden kann, eine Gesetzesvorlage vorzubereiten, die dann von der Bundesregierung oder vom Bundesrat eingebracht wird; hierzu Achterberg, Parlamentsrecht, S. 683; ders., Parlamentarische Verhandlungen, S. 157. 415 Troßmann, § 60 Rdn. 7.4 (S. 424) auch zum folgenden; ferner Vetter, S. 130; kritisch Achterberg, Parlamentsrecht, S. 683; ders., Parlamentarische Verhandlungen, S. 157ff. Vgl. allgemein zur Verlagerung parlamentarischer Aufgaben auf Ausschüsse, Kasten, DÖV 1985, 222ff. unter Bezugnahme auf BVerfGE 60, 319 und NJW 1984, 1873f.; Berg, Der Staat 9 (1970), 21 m. w. Nachw.; jüngst Vetter, S. 131ff. 416 Vgl. Roll ZParl1986, 313, 324 mit einem Beispiel aus der Praxis.

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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latives Einbringungsrecht steht - wie zuvor gezeigt - den Ausschüssen nicht zu. Da der Bundestag selbst als Gesamtorgan nicht initiativbefugt ist, könnte er auch keinen Auftrag erteilen, eine Gesetzesvorlage im Parlament ein zubringen417 • Es gilt der Satz: nemo plus iuris in alium transferre potest quam ipse habet, d. h. kein Organ kann mehr Kompetenzen übertragen, als ihm selbst zustehen 418 • Nur, wenn eine entsprechende Anzahl von Abgeordneten bzw. eine Fraktion, mithin ein zur Initiative Berechtigter, den Entwurf aufgreift und sich zu eigen macht, erlangt der Vorschlag den Status einer ordnungsgemäßen Initiativvorlage, mit der sich das Parlament befassen muß. Die gegen eine solche Beauftragung von Ausschüssen vorgebrachten Bedenken419 vermögen nicht zu überzeugen, weil in dieser Hinsicht kein Fall eines kom petenzwidrigen Normsetzungsauftrages vorliegt. Ob überhaupt und wenn ja, mit welchen Änderungen das vom Ausschuß vorformulierte Gesetzeskonzept eingebracht werden soll, steht nämlich allein im Ermessen der nach Art. 76 I GG Initiativberechtigten. Im Ergebnis ist der von einem Ausschuß erarbeitete Vorschlag daher als eine Formulierungshilfe, respektive Diskussionsgrundlage der weiteren Beratungen zulässig. VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts 1. Grundsatz der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit des Initianten

Bei der Untersuchung möglicher inhaltlicher Schranken des Initiativrechts aus Art. 76 GG kann zunächst für den Gesetzgeber allgemein festgestellt werden, daß es grundsätzlich seinem freien politischen Willen obliegt, zu entscheiden, ob er überhaupt, und wenn ja, wie und wann er ein bestimmtes Sachgebiet gesetzlich reglementieren möchte. Diese Befugnis wird gemeinhin als Gestaltungs- oder Entscheidungsfreiheit des Gesetzgebers42o , gesetzgeberisches Ermessen 421 oder auch (Gestaltungs-)Spielraum422 für gesetzgeberische Siehe nur Troßmann, § 74a Rdn. 3; Vetter, S. 130. Siehe nur Achterberg, Parlamentsrecht, S. 683; ders., Parlamentarische Verhandlung, S. 157; Stern, II § 26 II 3c (S. 62). 419 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 683; ders., Parlamentarische Verhandlungen, S. 157ff.; siehe auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 1. WP, 151. Sitzung vom 13.6.1951, Sitz.Prot. S. 5996 D (Präsident Ehlers: " ... ich habe geschäftsordnungsmäßige Bedenken dagegen, daß ein Ausschuß beauftragt wird, eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten, ohne daß eine Vorlage vorhanden ist. Sonst wird hier eine Gesetzesinitiative des Ausschusses begründet. "). 420 Siehe M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn. 15. 421 Siehe etwa BVerfGE 1, 264, 275; 4, 219, 244 m.w.Nachw.; 5, 77, 81; 7, 305, 317f.; 8, 1, 19; 9, 338, 349; 36, 321; M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn.15 Fn.l m.w.Nachw.; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41; vgl. auch Maunz/Zippelius, §30 III (S.266a.E.). 422 Siehe Stern, I § 3 III 3 b (S. 85). 417 418

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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Entschlüsse bezeichnet423 . Die Einräumung eines solchen grundlegenden Freiraums bedarf dabei ebensowenig einer besonderen und ausdrücklichen Ermächtigung durch das Grundgesetz wie die Einräumung des Gesetzgebungsrechts überhaupt42 4; schon aus der Institutionalisierung der Gesetzgebung in der Verfassung ergibt sich von selbst, daß der Gesetzgeber Gesetze erläßt und somit konkludent ermächtigt ist425 . Dabei weisen die Vorschriften über das Gesetzgebungsverfahren den prozeduralen Weg der politischen Willensbildung im parlamentarischen System. Auch für die Gesetzesinitiative wird durch Art. 76 GG den dort genannten Organen bzw. Organteilen in erster Linie ein Recht zur Einbringung von Gesetzesvorlagen eingeräumt. Von diesem Recht können die Inhaber Gebrauch machen oder nicht. Es handelt sich prinzipiell um eine rein politische Entscheidung, die allein beim Initianten selbst liegt426 , der hierfür die volle Verantwortung zu tragen hat 427 . Hieraus ist jedoch nicht auf eine unbegrenzte Freiheit des Gesetzgebers zu schließen, wie sie historisch als "Souveränität und Selbstherrlichkeit des Gesetzgebers" noch bis in die Zeit der Weimarer Republik im Staatsrecht dominierte 428 . In bewußter Abkehr von dieser Sicht des - keiner Schranke unterworfenen - Gesetzgebers macht sich das Grundgesetz das Prinzip der Gebundenheit der Gesetzgebung an die Verfassung als höherrangige Rechtsquelle zu eigen. Der grundlegende Wandel wird in besonderer Weise durch die Schaffung einschlägiger neuer Regelungen im Grundgesetz belegt, die bewußt mit der bisherigen Vorstellung von der Selbstherrlichkeit der Gesetzgebung brechen und stattdessen ausdrücklich die Bindung der Gesetzgebung an die Verfassung und besonders die Grundrechte statuieren429 . Als Teil der Staatsfunktion "Gesetzgebung" ist die Gesetzesinitiative - wie alle staatliche Gewalt - an die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20111 GG) und namentlich die Grundrechte (Art. 1 III GG) gebunden, mit anderen Worten an die Gesamtheit der grundgesetzlichen Normen und sogar eventuell bestehendes Gewohnheitsrecht im Verfassungsrang430 . Die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Prinzipien, gegen die kein Rechtssatz verstoßen darf, werden im übrigen durch Art. 79 111 GG431 in ihrem Bestand besonders geschützt. Maunz, BayVBI. 1975,601. Vgl. OLG Köln NJW 1977,1463,1464; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1. 425 Maunz / Zippelius, § 30 III (S. 266). 426 Vgl. BVerfGE 6, 257, 265. 427 Lerche, AöR 90 (1965), 341, 355 spricht vom "gegebenen Verfassungsbild" der Initiativ- und Gestaltungsfreiheit. 428 Vgl. Hamann / Lenz, Einf. I D 7a; Thoma, HdbDStR 11, S. 138ff. m. w. Nachw. 429 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, der überdies auf entsprechende Änderungen in den Landesverfassungen hinweist. Auch Rechtsprechung und Literatur haben diese Wende mit vollzogen; Nachw. bei Kalkbrenner, a.a.O., Fn. 8 und 9. 430 Seifert / Hömig, Art. 20 Rdn. 9. 431 Über Art. 79 III GG unterliegt sogar der Verfassungsgesetzgeber bestimmten Schranken. 423

424

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

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Wegen der somit verfassungsrechtlich begrenzten Regelungsbefugnis kann richtigerweise nur von einer grundsätzlichen bzw. "begrenzten Gestaltungsfreiheit" gesprochen werden 432 • Für das Initiativrecht nach Art. 76 GG können sich konkrete verfassungsrechtliche Schranken in zweierlei Richtung ergeben, einmal durch Kompetenzregelungen 433 und zum anderen durch bestimmte inhaltliche Vorgaben434 . 2. Beschränkung des Initiativrechts durch verfassungsrechtliche Kompetenznormen

Aus der Bindung an die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 20 III GG) ergibt sich für den Gesetzgeber die Verpflichtung, die grundsätzliche Zuständigkeitsverteilung zu beachten; insoweit gebietet die legislative Kompetenzzuweisung (Art. 70 I GG), daß der Bundestag nur solche Gesetzesvorlagen sachlich behandelt, die in seine Zuständigkeit fallen 435 • Das Grundgesetz enthält hierzu eine abschließende Aufzählung der einzelnen Gesetzgebungskompetenzen436 • Für das legislative Initiativrecht aus Art. 76 GG folgt hieraus, daß sich der Vorlage berechtigte ebenfalls an die kompetentiellen Vorgaben des Grundgesetzes zu halten hat 437 • Innerhalb dieses Rahmens bundesgesetzlicher Zuständigkeit haben Bundesregierung, Mitte des Bundestages und Bundesrat gleichermaßen 438 das Recht zur Gesetzesinitiative439 • 3. Beschränkungen des Initiativrechts durch die Pflicht zur Gesetzesinitiative

Inhaltliche Schranken können sich dadurch ergeben, daß in bestimmten Fällen eine Verpflichtung zur Ausübung des Gesetzesinitiativrechts besteht 440 • Art. 76 GG räumt dem Initianten zwar nur ein Recht zur Gesetzesinitiative ein, ohne ihm gleichzeitig eine Pflicht aufzuerlegen. Nicht ausgeschlossen ist hierdurch jedoch das Bestehen einer solchen Initiativpflicht aus anderen Grundgesetznormen 441 • M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn. 15. Siehe im folgenden unter 2. 434 Siehe im folgenden unter 3. 435 Troßmann, JöR 28 (1979), 1,33. 436 BVerfGE 26,281,297. 437 Niemann, S. 242 Fn. 3; Troßmann, 1967, S. 86. 438 Zur Gleichrangigkeit bzw. Gleichwertigkeit siehe oben VI.1.d) aa). 439 Laufer, Das föderative System, S. 102 a.E.; vg!. auch Goppel, S. 79. 440 Von Mangoldt / Klein, Art. 76 Er!. III 1 b spricht insoweit anschaulich davon, daß sich das Initiativrecht zu einer Initiativpflicht "verdichten" kann. 441 Stern, 11 § 37 III 4. 432

433

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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a) Pflicht zur Gesetzesinitiative aus verfassungsrechtlichen Kompetenznormen Aus der hauptsächlich in Art. 70 - 75 GG vorgenommenen Verteilung gesetzgeberischer Zuständigkeiten442 , die zugleich bindende Kompetenzzuweisung darstellen, könnte eine zwingende Verpflichtung des Gesetzgebers resultieren, auf dem ihm zugewiesenen Sachgebiet initiativ zu werden. Gegen diese Annahme spricht allerdings schon der Wortlaut der Vorschriften selbst; die Rede ist lediglich von einem "Recht der Gesetzgebung" (Art. 70 I GG), einem "Gesetzgebungsrecht(e)" (Art. 72 1,11 GG) bzw. verkürzt von "Recht" (Art. 75 GG. a. A.) oder einfach von "Gesetzgebung" (Art. 73,74, 74a GG jeweils a.A.) oder auch einer "Befugnis zur Gesetzgebung" (Art. 71, 72 I GG) bzw. "Gesetzgebungsbefugnis" (Art. 70 I GG). Nach ihrem Wortsinn, der grundsätzlich die Grenze zulässiger Auslegung bildet 443, haben die - hier synonym verwandten - Begriffe "Recht" und "Befugnis" die Bedeutung von "Berechtigung", "Erlaubnis", ggf. auch "Anspruch"444 und bilden daher gerade das Antonym zu "Pflicht" oder "Verpflichtung". Außerdem zeigt die Formulierung" ... haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu ... ausdrücklich ermächtigt werden" (Art. 71 GG)445, daß das Grundgesetz die Kompetenzzuweisungen als Ermächtigung und nicht als Verpflichtung begreift. Auch der systematische Zusammenhang mit der kompetentiellen Grundsatzregelung des Art. 30 GG verdeutlicht, daß hierbei nicht an die Zuweisung von Pflichten für die Initiativträger gedacht ist. Art. 30 GG nimmt nämlich bloß eine Aufteilung "staatlicher Befugnisse" und "staatlicher Aufgaben" vor. Schließlich zeigt die teleologische Interpretation der Regelungen die Absicht der Verfassung, nur eine Rechtsstellung, aber keine Pflichten stellung begründen zu wollen. Nach ihrem Sinn und Zweck sollen die Zuständigkeitsvorschriften nur eine notwendige organisationsrechtliche Festlegung der Verteilung von Kompetenzen treffen446 , nicht dagegen materiellrechtliche Gebote normieren. Es wird allein entschieden, wer zuständig ist zur Regelung einer bestimmten Sachmaterie. Die Vorschriften sagen nichts darüber aus, ob überhaupt sowie wann und wie ein Gesetz zu erlassen ist. Selbst auf dem Sektor ausschließlicher Bundeszuständigkeit (Art. 73 GG) besteht infolgedessen kein verfassungsrechtliches Gebot, gesetzgeberisch initiativ zu werden 447 . 442 443 444 445 446 447

Siehe oben 11.1. Larenz, S. 307/308 und 329. Duden, Bedeutungswörterbuch, 1970, S. 107 und S. 517. Hervorhebung durch den Verfasser. MI D 1 H 1 Sch, Art. 70 Rdn. 14 hierzu und zum folgenden. Von Mangoldt 1 Klein, Vorbem. zu Art. 70ff. Er!. II 7a.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Festzuhalten ist demnach, daß die Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes 448 - für sich gesehen jedenfalls - ausschließlich Rechtssetzungsbefugnisse gewähren 449 , nicht aber Rechtsetzungspflichten auslösen und damit insoweit450 auch keine Beschränkung des Initiativrechts aus Art. 76 GG darstellen. b) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund besonderer verfassungsrechtlicher Anordnung

Eine Pflicht zur legislatorischen Initiative könnte sich jedoch aus einzelnen speziellen Grundgesetznormen ergeben. aa) Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes Im Grundgesetz findet sich eine ganze Reihe von Vorschriften, die in unterschiedlicher Weise den Gesetzgeber anhalten, tätig zu werden. Diese Regelungen werden als verfassungsrechtliche Aufträge 451 zur Gesetzgebung oder Gesetzgebungsaufträge o. ä. 452 bezeichnet und können als Unterfall der (allgemeinen) Verfassungsaufträge 453 angesehen werden. Sie sind nicht immer präzise zu unterscheiden 454 von anderen Formen verfassungsrechtlicher Vorgaben für die Gesetzgebung, beispielsweise von den Staatszielbestimmungen455 , Verfassungsdirektiven 456 , Programmsätzen457 , Leitgrundsätzen 458 , Einrichtungsgarantien 459 und allgemein verbindlichen Rechtssätzen 460 . Als Gesetzgebungs448 Es sind hiermit nicht nur die des VII. Abschnitts des Grundgesetzes gemeint; so aber wohl M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn. 14. 449 Von Mangoldt / Klein, Vorbem. zu Art. 70ff. Erl. IV 7 (S. 1369) spricht treffend von "Kann-Gesetzen". 450 Wohl aber wird eine kompetentielle Beschränkung erreicht; siehe zuvor unter 2. 451 Der Begriff "Auftrag" wird hier nicht rechtstechnisch i. S. v. § 662 BGB gebraucht; vgl. zur Kritik an diesem Begriff Maunz, BayVBl. 1975, 601. 452 So Lerche, AöR 90 (1965), 341; Maunz / Zippelius, § 30 III (S. 267); siehe auch BVerfGE 39, 169, 194 ("Verfassungsauftrag für den Gesetzgeber"). 453 Es erscheint angesichts möglicher Verfassungsaufträge auch an die Verwaltung und die Rechtsprechung nicht sinnvoll, beide Begriffe synonym zu verwenden; ebenso Lücke, AöR 107 (1982),15, 25f. 454 Zur Abgrenzung vgl. nur Lerche, AöR 90 (1965), 341ff.; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41ff.; Stern, I § 3 III 3b (S. 84ff.); aus neuerer Zeit vor allem Lücke, AöR 107 (1982), 15 ff. 455 Dazu etwa Lücke, AöR 107 (1982), 15, 20ff. 456 Dazu Stern, I § 3 III 3b; Lerche, AöR 90 (1965), 341ff. 457 Dazu Lerche, AöR 90 (1965), 341, 346ff.; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 42; Lücke, AöR 107 (1982), 15, 27f.; Maunz, BayVBl. 1975,601, 602; M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn. 18. 458 Dazu Stern, I § 3 III 3b; Lücke, AöR 107 (1982),15, 26f. 459 Dazu Lücke, AöR 107 (1982),15, 28f.; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 42; ausführlich hierzu Schmidt-Jortzig, Die Einrichtungsgarantien der Verfassung. 460 M / D / H / Sch, Art. 70 Rdn. 18; Kalkbrenner, DÖV 1963,41,42.

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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aufträge werden hier in einem weiten Sinne alle im Grundgesetz enthaltenen bindenden Weisungen an die gesetzgebenden Organe angesehen, in einer bestimmten Richtung legislativ tätig zu werden 461 . Signifikant ist, daß es sich nicht um bloße Ermächtigungen handelt, sondern vielmehr um verfassungsrechtlich obligatorische Verpflichtungen, denen durch Erlaß eines oder mehrerer Gesetze nachzukommen ist 462 . Wegen ihres zwingenden Charakters werden sie teilweise sogar als Verfassungsbefehle bezeichnet463 . Das Grundgesetz verwendet für die Gesetzgebungsaufträge ganz unterschiedliche, in ihrer Intensität abgestufte Formulierungen. Teilweise wird eine streng imperative Form gewählt, z. B. bei Art. 6 V464, Art. 29 I 1 a. F.465, 104 11 4466 oder auch Art. 131 Satz 1 a. E. GG467; teilweise wird sogar eine bestimmte Frist gesetzt, innerhalb derer der Gesetzgeber tätig zu werden hat, z. B. Art. 117 I i. V. m. 3 11 GG. In den meisten Fällen heißt es weniger kategorisch "Das Nähere regelt ein Bundesgesetz"468 oder ähnlich 469 . Somit ergeben sich die Aufträge mitunter ganz ausdrücklich aus dem Wortlaut des Grundgesetzes, sie können aber auch nur schlüssig enthalten sein470 und müssen dann erst noch im Einzelfall durch Auslegung ermittelt und konkretisiert werden471 . Da eine eigene, detaillierte Untersuchung hier nicht geleistet werden kann, soll auf die hierzu vorliegenden, teils allerdings umstrittenen, Erkenntnisse und Ergebnisse in Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Danach werden bzw. wurden die im folgenden aufgeführten Vorschriften des Grundgesetzes als Gesetzgebungsaufträge angesehen. Sie sind heute im wesentlichen durch den Erlaß entsprechender Gesetze von der Legislative erfüllt worden472 oder haben sich in sonstiger Weise - z. B. durch Grundgesetz461 Sinngemäß ebenso Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 42f.; Lerche, AöR 90 (1965), 341, 354ff.; Denninger, JZ 1966, 767ff.; Wienholtz, S. 21; Scheuner, FS Scupin, S. 323ff.; Lücke, AöR 107 (1982), 15,22. 462 BVerfGE 8, 210, 216; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 42; Denninger, JZ 1966, 767, 768; Seiwerth, S. 35f., 41ff., 86ff. 463 Maunz / Zippelius, § 30 III 2 (S. 267). 464 "Den unehelichen Kindern sind ... zu schaffen ... " (Hervorhebung durch den Verfasser). 465 " ... ist . .. durch Bundesgesetz neu zu gliedern" (Hervorhebung durch den Verfasser). 466 "Das Nähere ist gesetzlich zu regeln" (Hervorhebung durch den Verfasser). 467 "... , sind durch Bundesgesetz zu regeln" (Hervorhebung durch den Verfasser). 468 Vgl. Art. 4 III 2,21 I1I, 26 II 2, 38 I1I, 41 III, 45b Satz 2,48 III 3, 54 VII, 96 II 2, 98 1,120,134 IV, 135 VI GG (teilweise auch als sog. Regelungsvorbehalte bezeichnet). 469 Art. 29 VII, VII ("Das Verfahren regelt ein Bundesgesetz"); 94 II, 107 (" ... ein Bundesgesetz regelt ... "); 45c II, 108 I 2, V, 114 a.E., 118, 131 Satz 1,135 V, 143 VI (" ... werden durch (Bundes-)Gesetz geregelt ... "); ähnlich auch Art. 106 IV GG. 470 Lerche, AöR 90 (1965), 341, 350 macht deutlich, daß auch ein konkludenter Auftrag durch die Verfassung ausreichend ist. 471 BVerfGE 7,377,389.

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

änderung - erledigt: Art. 3 II473; 4 III 2 47 4; 6 V475; 12a II 3 bzw. 12 II 4 a. F. 476; 20 I (Sozialstaatsprinzip )477; 21 III478; 26 I 2, 11 2479 ; 29 VI, VII 2480; 29 11 a.F.481; 33482 ; 38111483 ; 41111 484 ; 45b S. 2485 ; 45c 11486 ; 48111 3487 ; 54 V1I488; 87a 489 ; 88 49 °; 89112 491 ; 94111 492 ; 95 I, III 2; 95 IV a.F.493; 472 Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 29, 34; Schindler, Datenhandbuch, 1949 - 1982 S. 665ff.; siehe dazu den Anhang im Anschluß an dieses Kapitel S. 113ff. 473 Schneider, Rdn. 94; Stern, I § 3 III 3 b (Art. 3 11 i. V. m. 117 I GG); vgl. Westbomke, S. 25ff. 474 Stern, I § 3 III 3b; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41,43; Maunz / Zippelius, § 611 5b (S. 42); Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979), 1,34; Schneider, Rdn. 94; Störmer, S. 1; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 20. 475 BVerfGE 8, 210, 216f.; 25, 167, 173f.; Maunz, BayVBI. 1975,601; Wienholtz, S. H.; Stern, I § 3 III 3b; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Sembdner, S. 109; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Westbomke, S. 25; Schneider, Rdn. 94; Störmer, S. 1, 25ff.; Müller, DOV 1964, 226, 227 Fn. 18. Anderer Ansicht: BayVerfGH FamRZ 1963, 147, 149; von Mangoldt / Klein, (2. Aufl.) Art. 6 Erl. VI: nur Programmsatz; vgl. auch Störmer, S. 26 Fn. 1. 476 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43. 477 BVerfGE 50,57, 108; Häberle, S. 189; Badura, Der Staat 14 (1975), 17, 32f.; Bachof, VVDStRL 12 (1954), 37, 39, 43 u. 80 (LS 2). 478 Stern, I § 3 III 3 b; Kalkbrenner, DÖV 1963,41,43, Maunz / Zippelius, § 611 5b (S. 42); Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Troßmann, JöR 28 (1979) 1, 34; Störmer, S. 1; Sembdner, S. 109. 479 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Maunz / Zippelius, § 6 II 5b (S. 42); Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979) 1, 34. 480 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Maunz, BayVBI. 1975,601, 602; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Störmer, S. 1; Sembdner, S. 109. 481 Von Münch, Art. 29 Rdn. 7 (S. 255/256) m. w. Nachw.; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41,43; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 18. 482 BVerfGE 8, 1, 18; Maunz / Zippelius, § 6 II 5b (S. 42); Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR28 (1979) 1, 34; Störmer, S. 1; Westbomke, S.25. 483 Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 38 Rdn. 26; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Störmer, S. 1. 484 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Störmer, S. 1. 485 Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Störmer, S. 1. 486 Maunz / Zippelius, § 6 II 5b (S. 42); Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Störmer, S. 1. 487 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Stern, I § 3 III 3b; Krumholz, S. 27; Störmer, S. 1; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34. 488 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Störmer, S. 1; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1. 489 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43. 490 Troßmann, JöR 28 (1979) 1, 34, Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1. 491 Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34. 492 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Sembdner, S. 109. 493 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Krumholz, S. 27; Troßmann, JöR 28 (1979) 1, 34, Störmer, S. 1; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1.

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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96 11 3494 ; 98 1495 , III 1496 ; 104 11 4497 ; 106 IV, VI 4498 ; 107 I 2499 ; 107 11 1 HS 1 a.F.500; 108 I 2501 , V 1502 , V1503; 109 IV 4 a.E.504; 11011 1505 ; 114113506 ; 117 1507 ; 118 S. 2508 ; 120 1509 ; 131 S. 1510 ; 134IV511 und schließlich 135 V, VI2 GG512. Von diesen Gesetzgebungsaufträgen zu unterscheiden sind jene grundgesetzlichen Regelungen, die es dem Gesetzgeber und damit auch dem Initianten prinzipiell freistellen, ob er ein Gesetz erlassen bzw. veranlassen will. In diese Kategorie gehören die sog. Kann-Vorschriften und auch die verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalte. Als Kann-Vorschriften werden diejenigen Verfassungsnormen bezeichnet, die bereits durch ihre Formulierung erkennen lassen, daß der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei ist, ob er legislativ tätig werden will 513 • Mit verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalten sind solche Bestimmungen angesprochen, die für ein Handeln der Exekutive eine besondere gesetzliche Grundlage verlangen 514 . 494

S.27.

Kalkbrenner, DÖV 1963,41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz,

495 Schneider, Rdn. 94; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1. 496 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Sembdner, S. 109; Krumholz, S. 27; Störmer, S. 1. 497 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Troßmann, JöR 28 (1979) 1,34; Störmer, S. 1, Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 20. 498 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Art. 106 B 3; Krumholz, S. 27. 499 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Krumholz, S. 27. 500 So wohl Hamann / Lenz, Art. 76 B 1 (S. 533). 501 Schneider, Rdn. 94; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41,43. 502 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Schneider, Rdn.94. 503 Maunz / Zippelius, § 6 I15b (S. 42); Krumholz, S. 27. 504 Hamann / Lenz, Einf. I D 7 a, 1. 505 Stern, 11 § 37 III 4; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 6; Krumholz, S. 27. 506 Krumholz, S. 27; Störmer, S. 1. 507 BVerfGE 15, 337, 350; Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 17; vgl. Stern, I § 3111 3b. . 508 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43. 509 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Störmer, S. 1; vgl. auch BVerfGE 9, 305ff. 510 BVerfGE 6, 257, 264ff.; Stern, I § 3 III 3b; Maunz, BayVBI. 1975, 6011602; Wienholtz, S. 1; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Kalkbrenner, DÖV 1963,41,43; Störmer, S. 1; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 18. 511 Kalkbrenner, DÖV 1963,41,43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Krumholz, S. 27; Störmer, S. 1; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 20. 512 Kalkbrenner, DÖV 1963, 41, 43; Hamann / Lenz, Einf. I D 7a, 1; Störmer, S. 1; Müller, DÖV 1964, 226, 227 Fn. 20. 513 Siehe z. B. Art. 15 Satz 1; Art. 24 I; Art. 29 11 i.V.m. 11 1; Art. 29 VII 1; Art. 87b 11 1; Art. 87b 11; Art. 98 III 2; Art. 107 I 4 HS 2; Art. 10811 2, IV 1, V 2; Art. 109111, IV; Art. 112 Satz 3; Art. 11511; Art. 137 I.

7 Schürmann

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

In der Praxis hat der Gesetzgeber von dieser durch das Grundgesetz eingeräumten Möglichkeit, die Grundrechte einzuschränken, umfassend durch Erlaß einschlägiger Parlamentsgesetze Gebrauch gemacht. Aus diesen Regelungen ergibt sich für das Parlament aber keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, entsprechende legislative Ermächtigungen für die Verwaltung zu schaffen; diese zu erlassen, ist dem Gesetzgeber vielmehr lediglich "vorbehalten". In diesen Fällen kann daher jeder Initiativträger eine Gesetzesvorlage im Parlament einbringen, falls er es für erforderlich hält.

In diesem Zusammenhang ist auch die sog. Wesentlichkeitstheorie zu erwähnen. Nach neuerer ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes über den Anwendungsbereich der Eingriffsverwaltung hinaus auf alle wesentlichen staatlichen Entscheidungen ausgedehnt (sog. Wesentlichkeitstheorie)515. Danach hat immer dann, wenn eine zu regelnde Materie - insbesondere wegen ihrer Grundrechtsrelevanz - wesentlich für das Gemeinwesen ist, der Gesetzgeber selbst die Regelung in Form einer parlamentarischen - i. d. R. gesetzesförmigen Entscheidung vorzunehmen516 . Die Wesentlichkeitstheorie und der Parlamentsvorbehalt gebieten gleichwohl keine Pflicht zur Gesetzesinitiative. Sie besagen lediglich, daß, wenn der Gesetzgeber sich zur Regelung einer bestimmten "wesentlichen" Materie entschließt, er selbst entsprechende Normen schaffen muß und dies nicht der Exekutive (z. B. über eine Verordnungsermächtigung) überlassen darf. bb) Gesetzgebungsaufträge des Bundesverfassungsgerichts Impulse für künftige Gesetze gehen weiterhin in vielfacher Weise von der Rechtsprechung aus. Dabei muß es sich nicht immer um Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts handeln517 . Eine definitive rechtliche Verpflich514 Statt anderer Degenhart, Rdn. 239; Hesse, Rdn. 20H.; Schneider, Rdn. 25f.; Stein, S. 166/167; Stern, 11 § 37 I 4b, teils m.umfangr. Nachw.; eine Aufstellung der Grundgesetz-Artikel, die solche Gesetzesvorbehalte ansprechen, findet sich bei Schindler, Datenhandbuch 1980 - 1984, S. 620ff. 515 Siehe BVerfGE 33,1, 10f.; 33,125,303; 34,165, 192f.; 40, 237, 248/249; 41, 251, 259f.; 45, 400, 417ff.; 47, 46, 48, 78ff.; 48, 210; 49, 89, 126ff. m. w. Nachw.; 55, 225; 57, 295, 320f.; 58, 257, 268ff. 516 So etwa Degenhart, Rdn. 249; Hesse, Rdn. 509; Hili, S. 40; Katz, Rdn. 195; Maunz / Zippelius, § 30 VI. 517 Vgl. etwa - Gesetz vom 20.2.1980 (BGBI. I 1980, S. 157) im Anschluß an BGH-Urteile (NJW 1979, 1495f. und 1984) über die Anforderungen notarieller Beurkundungen. - Novellierung von § 149 AO im Anschluß an einen Beschluß des BFH (BStBI. 11 1979, S. 167), wonach die Fristsetzung für die Abgabe der Steuererklärung ohne hinreichende Rechtsgrundlage erfolgt sei. - Neufassung von § 9 V EStG durch das Gesetz zur Änderung des EStG und KStG vom 25.7.1984 (BGBI. I 1984, S. 1006; BStBI. I 1984, S. 401) im Hinblick auf

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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tung zum Gesetzeserlaß läßt sich jedoch grundsätzlich nur aus entsprechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ableiten 518 . Gelangt das Bundesverfassungsgericht in einem Verfahren zu dem Ergebnis, daß ein Gesetzgebungsauftrag nicht beachtet wurde oder ein Legislativakt gegen das Grundgesetz verstößt, so scheut es sich nicht, den Gesetzgeber unmißverständlich zu einer mit der Verfassung zu vereinbarenden Regelung aufzufordern 519 , wie dies z. B. beim StaatsangehörigkeitsG520, AngestelltenversicherungsG521, Ersten EhereformG522 und RentenreformG523 geschehen ist. Bisweilen wird hierbei dem Gesetzgeber sogar eine Frist gesetzt, in der eine Neuregelung zu treffen ist524 . Zwar kann auch das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber keine direkten Weisungen erteilen, etwa im Sinne eigener selbständiger Gesetzgebungsaufträge525 , aber zumindest indirekt wirken sich manche verfassungsgerichtliche Verdikte wie Gesetzgebungsbefehle aus (vgl. § 31 BVerfGG). Da Gesetzgebung und Initiativrecht unvertretbar sind, kommt freilich irgendein Vollzug durch das Gericht ("Selbstvornahme") nicht in Betracht; es muß letztlich beim Verurteilen und Anprangern der Untätigkeit als Verfassungsverstoß bleiben. In diesen Zusammenhang gehört ein weiterer Gesichtspunkt, aus dem sich eine Verpflichtung des Gesetzgebers zum Erlaß von Gesetzen ergibt. Es handelt sich um die Pflicht des Gesetzgebers, ein Gesetz wegen fehlerhafter ProGerichtsurteile, die u. a. Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben für abzugsfähig erklärten. - Ferner auch die Novellierung des § 116 AFG durch das Gesetz zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen (BGBI. I 1986, S. 740) nicht zuletzt aufgrund der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschlüsse der Landessozialgerichte Hessen und Bremen (NZA 1984, 100ff. bzw. 132ff.). Weitere Beispiele bei Schneider, Rdn. 94 (S. 57) und Müller, DÖV 1964, 226, 228ff. 518 Troßmann, JöR 28 (1979),1,34 a.E.; Schneider, Rdn. 94 (S. 57). 519 Troßmann, JöR 28 (1979), 1,35. 520 BVerfGE 37, 217 LS 2 ("Der Gesetzgeber ist verpflichtet ... "), 262 ("Der Gesetzgeber muß ... in die ... Übergangsregelung einbeziehen. ") oder auch 263 ("Der Gesetzgeber wird daher eine besondere Regelung treffen müssen".). 521 BVerfGE 51, 1,29 ("Die Bedingungen im einzelnen festzulegen ... ist Aufgabe des Gesetzgebers"). 522 BVerfGE 57, 361, 388 ("Der Gesetzgeber hat daher eine Regelung zu treffen ... "). 523 BVerfGE 39, 169 LS 3 ("Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, sich um eine sachgerechtere Lösung zu bemühen, ... "), 194 (" ... ist somit jetzt ein Verfassungsauftrag für den Gesetzgeber abzuleiten, eine Neuregelung vorzusehen, ... ). 524 Z. B. BVerfGE 39, 169, 194/195 ("Das BVerfG geht jedoch davon aus, daß die Neuregelung bis zum Ende derübernächsten Legislaturperiode in Kraft gesetzt werden müßte".) oder auch E 61, 319, 356 (" ... ist ... die weitere Anwendung ... bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 31. Dezember 1984, zuzulassen".); vgl. auch BVerfGE 55, 100, 110. 525 Troßmann, JöR 28 (1979),1,35. 7'

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

gnose 526 oder wegen Änderung der maßgeblichen Umstände 527 zu novellieren. Das Bundesverfassungsgericht hat in einschlägigen Entscheidungen insoweit eine "Pflicht zum Nachfassen"528 oder" ... zum Nachbessern"529 postuliert. Eine ganze Reihe von Gesetzen läßt sich aus diesem Grund auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zurückführen 530 . Die Einordnung dieses Bereichs legislativer Verpflichtung erweist sich als problematisch. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht auf der einen Seite wiederholt betont, die Gesetzgebungspflichten ergäben sich aus der Verfassung selbst531 und lediglich die Erfüllung in angemessener Zeit würde überwacht 532 . Auch die Begründungen der Literatur gehen in diese Richtung533 • Auf der anderen Seite muß aber konstatiert werden, daß die Rechtspflichten häufig erst durch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ihre kon526 Vgl. BVerfGE 25, 1 (Mühlengesetz); 50, 290 (Mitbestimmung). 527 Vgl. BVerfGE 49, 89 (Kalkar); 54, 11 (Besteuerung der Beamtenpension); 56, 54 (Fluglärm). 528 BVerfGE 49,89, 130; 55, 274, 317. 529 BVerfGE 56, 54, 78; 59, 119, 127. 530 Vgl. etwa - Bundesgesetz vom 22.7.1969 (BGBI. I 1969, S. 901) im Anschluß an BVerfGE 20, 268 (Ermächtigung zum Erlaß von Gebührenordnungen müssen auch das Ausmaß der Gebühren festlegen). - Strafvollzugsgesetz vom 16.3.1976 (BGBI. I 1976, S. 581) im Anschluß an BVerfGE 33, 1 und 40,283 (Strafvollzug ist durch Gesetz zu regeln). - Art. 3 Erstes Eherechtsgesetz (1. EheRG) vom 14.6.1976 (BGBI. I 1976, S. 1421) im Anschluß an BVerfGE 36, 146 (Eheverbot der Geschlechtsgemeinschaft ist aufzuheben). - Hinterbliebenen- und Erziehungszeiten-Gesetz (HEZG) vom 11. 7.1985 (BGBI. I 1985, S. 1450) im Anschluß an BVerfGE 39, 169, 194 (Gesetzgeber müsse neue Regelung für Rentenbezug von Witwern in Anpassung an Gleichheitsgebot "bis zum Ende der übernächsten Legislaturperiode in Kraft gesetzt" haben). - Ehenamenänderungsgesetz vom 27.3.1979 (BGBI. I 1979, S. 401) im Anschluß an BVerfGE 48, 327 (Wahl des Familiennamens muß auch für alte Ehen zulässig sein). - Gesetz zur Änderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften (UÄndG) vom 20.2.1986 (BGBI. I 1986, S. 301), welches im Anschluß an BVerfGE 55,134 und 57,361 darauf abzielt, die offenbar gewordenen Mängel und Unstimmigkeiten sowie Verfassungsverstöße des 1. EheRG (s. zuvor) zu beseitigen. - 2. Gesetz zur Änderung personalausweisrechtlicher Vorschriften vom 19.4.1986 (BGBI. I 1986, S. 545) im Anschluß an BVerfGE 65, 1. - Gesetz zur Änderung des Kriegsdienstverweigerungs-Neuordnungsgesetzes vom 5.6.1986 (BGBI. I 1986, S. 850) im Anschluß an BVerfGE 69,1. 531 Siehe etwa BVerfGE 39, 69, 194; 49, 89, 130/132 (" ... von Verfassungs wegen ... "); 54,11,37; 59,119, 127f.; 65,1,3. 532 BVerfGE 15, 337, 350. 533 Siehe etwa Badura, FS Eichenberger, S. 481, 483ff. versteht sie als "eine besondere Rechtsfolge der den Grundrechten abzugewinnenden Schutzwirkung"; Stettner, DVBI. 1982, 1123, 1126/1127, der insoweit in erster Linie aufrechtsstaatliche Gesichtspunkte, auf den Gleichheitsgedanken sowie weitere grundrechtliche Schutz- und Handlungspflichten z. B. Art. 211 GG abstellt; seltener sollen sie ihre Begründung in konkreten Verfassungsaufträgen, Staatszielbestimmungen, Grundprinzipien der Verfassung und Kompetenznormen haben.

VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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krete Gestalt gewinnen, insbesondere wenn das Bundesverfassungsgericht sehr dezidiert vorschreibt, was für ein Gesetz bis wann zu erlassen ist und für den Unterlassungsfall noch Sanktionen ankündigt. Dies wird besonders deutlich bei der zu Art. 6 V GG ergangenen Entscheidung über die Reform des Unehelichenrechts534 . Es war insoweit zwar unstreitig, daß Art. 6 V GG einen ausdrücklichen Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber enthieJt535, aber dennoch bedurfte es (offensichtlich) erst eines zweimaligen Monitums durch das Bundesverfassungsgericht536 , bevor es zu einer gesetzlichen Regelung kam 537 • Insbesondere hinsichtlich des zweiten Beschlusses kann kaum noch von einem bloßen Hinweis oder Appell an den Gesetzgeber, seine verfassungsrechtlichen Aufträge zu erfüllen, gesprochen werden. Das Bundesverfassungsgericht ging vielmehr deutlich weiter, indem es, für den Fall, daß der Gesetzgeber seiner Verpflichtung "nicht bis zum Ende der laufenden (5.) Legislaturperiode des Bundestages" nachkäme, unmißverständlich mit einer Verwirklichung des Verfassungswillens durch die Rechtsprechung drohte 538 . Durch diese ausdrückliche Fristsetzung mit der bemerkenswerten Androhung von Sanktionen ging das Gericht über das Maß dessen hinaus, was aus Art. 6 V GG im Wege üblicher Verfassungsauslegung zu entnehmen gewesen wäre und verlieh dem Gesetzgebungsauftrag dadurch eine neue, erhöhte Qualität und Bedeutung. Wenngleich feststeht, daß Anknüpfungs- und Ausgangspunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor die konkrete Grundgesetzvorschrift ist, kann doch der sehr dezidierten Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber durchaus schon ein eigener Befehlscharakter beigemessen werden, der in gewissem Umfang von der Norm des Grundgesetzes losgelöst ist. Etwas überspitzt könnte man sagen, daß jetzt nicht mehr nur die Verfassung den Gesetzeserlaß anordnete, sondern darüber hinausgehend und eigenständig auch das Bundesverfassungsgericht. Es spricht deshalb einiges dafür, neben den verfassungsrechtlichen Gesetzgebungsaufträgen die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts als eine eigene pflichten begründende Kategorie anzusehen 539 . ce) Subjektbezug der Initiativpflicht Die dargestellten Gesetzgebungsaufträge verpflichten immer allgemein den Gesetzgeber zum Normerlaß540, ohne einen konkreten Initianten zu benennen. BVerfGE 25, 167ff. Siehe zuvor unter aa). 536 Vgl. erst in BVerfGE 8, 210 und dann noch einmal in BVerfGE 25, 167ff. 537 Vgl. das Gesetz über die Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19.8.1969 (BGBI. I 1969, S. 1243). 538 BVerfGE 25,167 LS 1,188; Schneider, Rdn. 94 (S. 54) spricht in diesem Zusammenhang von "nötigen". 539 Siehe z. B. Schneider, Rdn. 94 (S. 57) mit entsprechenden Beispielen. 534 535

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B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Da eine Pflicht zum Gesetzeserlaß aber nur erfüllt werden kann, wenn eine entsprechende Gesetzesinitiative beim Bundestag eingebracht wird, drängt sich die Frage auf, wen die Initiativpflicht hierbei trifft541 . In einem bestimmten Fall kann die Antwort der Verfassung selbst entnommen werden. So enthält Art. 110 GG nicht nur den bindenden Verfassungsauftrag an den Gesetzgeber, ein Haushaltsgesetz zu erlassen (Art. 110 II 1 GG)542, sondern auch - wenngleich nicht expressis verbis - die Anordnung, wer für die Einbringung der Haushaltsvorlagen543 im Parlament zuständig ist. In diesem Fall ist nämlich allein bzw. zumindest vorrangig die Bundesregierung nach der Verfassung zur Gesetzesinitiative berechtigt544 und auch verpflichtet545 . Die Pflicht zur Budgetvorlage ergibt sich aus der Auslegung von Art. 110 III GG - ggf. noch unter Heranziehung von Art. 111, 113 I und 114 I GG546 -, die ihrem Sinn nach das Bestehen einer solchen Verpflichtung voraussetzen 547 . Daneben rechtfertigt sie sich aber ferner aus der Funktion, die das Haushaltsgesetz als Ausgabenermächtigung für das ganze Gemeinwesen, insbesondere auch für die Verwaltung, hat und der damit einhergehenden Prärogativstellung der Regierung auf dem Gebiet des Haushaltswesens. Die Bundesregierung hat ihrer Budgetpflicht erst Genüge getan, wenn der Bundestag das Haushaltsgesetz beschlossen hat; dies kann unter Umständen bedeuten, daß die Bundesregierung nach dem Scheitern ihres ersten Entwurfs erneut eine Gesetzesvorlage im Parlament einzubringen hat, bis der Bundestag damit einverstanden ist. Der Bundesregierung ist allerdings durch das Grundgesetz insofern eine zeitliche Frist für die Erfüllung ihrer Initiativpflicht gesetzt. Nach Art. 110 II 1 GG muß das Haushaltsgesetz vor Beginn des Rechnungsjahres, für das der Haushaltsplan gelten soll, im Parlament beschlossen werden (Prinzip der Vorherigkeit)548. Hierdurch wird zunächst die Bundesregierung als Initiant verpflichtet, ihre Haushaltsvorlage so rechtSiehe hierzu Kuhlmann, S. 53ff. m. w. Nachw. Vgl. BayVerfGH, DVBI. 1965,880,881, der diese Frage ausdrücklich offen gelassen hat. 542 Siehe auch oben S. 97. 543 Hierunter fallen der Entwurf des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes sowie Änderungs- bzw. Ergänzungsvorlagen und entsprechende Nachtragshaushaltsentwürfe (vgl. § 95 I 1 GO BT). 544 Siehe oben VI. 1. d) bb) (1). 545 Siehe jüngst BVerfGE 70, 324, 355; ferner Stern, 11 § 49 IV 3b (S. 1212); Troßmann, JöR 28 (1979),1,30; MI D I H I Sch, Art. 76 Rdn. 6; Seifert I Hömig, Art. 110 Rdn. 6; von Münch I Fischer-Menshausen, Art. 110 Rdn. 20; Piduch, Art. 110 Rdn.15. 546 Siehe oben S. 65f. 547 Stern, 11 § 49 IV 3 b (S. 1212) hierzu und zum folgenden; soweit er allerdings für die Verfassungsinterpretation auf die Regelungen der Bundeshaushaltsordnung (Teil 11) abstellt, kann dem bestenfalls eine Indizfunktion für das methodisch aus dem Grundgesetz seIbst abzuleitende Auslegungsergebnis beigemessen werden. 548 Vgl. auch § 30 BHO. 540 541

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zeitig im Bundestag einzubringen549 ,55o, daß dieser sich noch fristgerecht damit befassen und darüber entscheiden kann 551 . Sollte sich im Laufe des Rechnungsjahres herausstellen, daß die vorgesehenen Haushaltsansätze zu gering bemessen sind oder daß neue - bisher nicht berücksichtigte - Ausgaben notwendig sind, so ergibt sich für die Bundesregierung außerdem die verfassungsrechtliche Verpflichtung, eine Änderungsvorlage zum Haushaltsgesetz (vgl. Art. 110 111 HS 1 GG) im Bundestag einzubringen552 . Kommt die Bundesregierung ihrer Pflicht zur Budgetinitiative nicht termingerecht nach, gibt es zwar keine ausdrücklichen Sanktionsvorschriften553 , es besteht aber für den Bundestag die Möglichkeit, ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anzustrengen (Art. 93 I Nr. 1 GG)554. Beim Obsiegen des Bundestages würde dann die Verletzung des grundgesetzlichen Verfassungsauftrages durch das Unterlassen der Bundesregierung festgestellt. Hierdurch könnte allerdings die notwendige Gesetzesinitiative nicht ersetzt werden 55S • Die aus dem Gesetzgebungsauftrag für das Haushaltsgesetz ermittelte Initiativpflicht der Bundesregierung könnte den Schluß nahelegen, daß Gleiches auch für Vorlagen zu Vertragsgesetzen nach Art. 59111 GG gilt. Dies ist indes nicht der Fall, da Art. 59 11 1 GG weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sachzusammenhang oder seinem Sinn und Zweck einen Gesetzgebungsauftrag enthält556 . In dieser Grundgesetznorm wird keine Verfassungspflicht postuliert, in jedem Fall die Zustimmung des Parlaments zu einem völkerrechtlichen Vertrag i. S. v. Art. 59 11 1 GG durch Einbringung einer entsprechenden Initiativvorlage im Bundestag einzuholen557 . Es ist vielmehr grundsätzlich in die freie Entscheidung der Bundesregierung gestellt, ob überhaupt und wann ein solcher Vertrag ratifiziert wird 558 . Nicht ausgeschlosSeifert / Hömig, Art. 110 Rdn. 4; Mußgnug, S. 358. Insofern folgt aus dem Vorherigkeitsgrundsatz lediglich eine zeitliche Vorgabe für die Initiativpflicht, nicht aber die Pflicht selbst. So aber mißverständlich Piduch, Art. 110 Rdn. 15, 2. Satz. 551 In der bisherigen Nachkriegsgeschichte konnten nur die Haushalte 1980 (21.12.1979; BGBI. I 1979, S. 2308), 1983 (20.12.1982; BGBI. I 1982, S. 1811), 1984 (22.12.1983; BGBI. I 1983, S. 1516), 1985 (20.12.1984; BGBI. I 1984, S. 1658), 1986 (19.12.1985; BGBI. I 1985, S. 2338) und 1987 (BGBI. I 1986, S. 2568) termingerecht verabschiedet werden; vgl. auch BVerfGE 45,1,33. 552 BVerfGE 45, 1,34. 553 Stern, 11 § 49 IV 3 b Fn. 101. 554 So wohl Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 30. Sehr kritisch zu den Möglichkeiten einer verfassungsgerichtlichen Klage Mußgnug, S. 358, 359; er nimmt in dieser Situation eine Verwirkung der Initiativprärogative der Regierung an und hält deshalb das Parlament für befugt, sich nunmehr selbst eine Haushaltsvorlage im Sinne eines Notbudgets zu geben. 555 Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 30. 556 Siehe auch oben unter aa) bei der Aufzählung der Gesetzgebungsaufträge. 557 Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 30; Bernhardt, ZaöRV 18 (1957/58), 652, 669; Baade, S. 108. 558 Baade, S. 108. 549 550

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sen ist jedoch, daß sich die Bundesregierung freiwillig verpflichtet, ein Vertragsgesetz im Bundestag einzubringen559 oder daß der Bundestag die Bundesregierung hierzu auffordert 560 • Weitere verfassungsrechtliche Festlegungen einer Initiativpflicht sind nicht ersichtlich. In den weitaus meisten Fällen der Gesetzgebungsaufträge gibt das Grundgesetz daher keine Auskunft darüber, durch wen die Einbringung einer Vorlage zu erfolgen hat. Für eine Initiativpflicht speziell der Bundesregierung lassen sich allerdings einige Argumente anführen. So liegt es etwa nahe, vor allem die Vorlagen zu größeren Gesetzesvorhaben wegen ihrer Dimension und des mit ihnen verbundenen Aufwands zweckmäßigerweise von der Bundesregierung ausarbeiten und einbringen zu lassen; denn diese verfügt im Gegensatz zu Bundesrat und Bundestag aufgrund ihrer nachgeordneten Ministerien über die hierzu erforderliche Verwaltungskraft561 . Es ist nicht verwunderlich, daß in der Staatspraxis unter diesen Voraussetzungen die meisten und wichtigsten Gesetze, die von Verfassungs wegen zu erlassen waren, auf Gesetzesinitiativen der Bundesregierung zurückgehen 562 und dies auch als "Normalfall" angesehen wird 563 • Auch das Bundesverfassungsgericht macht sich ganz offensichtlich diese praxis nahe Betrachtung zu eigen, wenn es bei der Einschätzung der angemessenen Frist zur Erfüllung der Gesetzgebungsaufträge auf die Leistungsfähigkeit der Ministerialbürokratie und nicht etwa auf die des Bundesrates oder Bundestages abhebt5 64 • Derartige Zweckmäßigkeitserwägungen mögen ihre praktische politische Berechtigung haben und möglicherweise die Exekutive zur Bereitstellung ihrer Ressourcen zwingen 565 ; sie erlauben aber jedenfalls nicht den Schluß, in diesen Fällen sei die Regierung durch das Grundgesetz rechtlich zur Initiative verpflichtet. Soweit das Grundgesetz selbst im Hinblick auf die Gesetzgebungsaufträge keine Anhaltspunkte für die Verpflichtung eines bestimmten Initiativträgers enthält, ist daher im Ergebnis davon auszugehen, daß alle Vorlageberechtigten gleichermaßen zum Tätigwerden aufgefordert sind. c) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund freiwilliger Selbstbindung

Eine Pflicht zur Gesetzesinitiative könnte sich noch aus einer freiwilligen Unterwerfung ergeben. Es ist insoweit der Frage nachzugehen, ob die InitiaSiehe dazu nachfolgend c). Siehe dazu nachfolgend d). 561 Vgl. AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 6. 562 Siehe die Übersicht im Anschluß an dieses Kapitel, S. 113ff. 563 SO Z. B. Krumholz, S. 28. 564 Vgl. BVerfGE 25,167, 186f. und 33,1,13; von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 6; AK-Jekewitz, Art. 76 Rdn. 12 (" ... richten sich in erster Linie an die Exekutive".). 565 So von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 6. 559 560

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tivträger ggf. auch von dem ihnen in Art. 76 I GG verfassungsrechtlich eingeräumten Recht in der Weise Gebrauch machen dürfen, daß sie sich selbst freiwillig verpflichten, ein Gesetzgebungsverfahren einzuleiten566 . Schon in einer frühen Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern 567 . Gegenstand des Verfahrens war ein Rechtsstreit, den seinerzeit die sozialdemokratische Fraktion des Bundestages gegen die damalige Bundesregierung unter ihrem Kanzler Adenauer angestrengt hatte, u. a. mit dem Ziel, feststellen zu lassen, daß die Regierung durch das mit den Alliierten Hohen Kommissaren abgeschlossene sog. Petersberger Abkommen die dem Bundestag aus Art. 59 11 1 GG zustehenden Rechts verletzt habe. Von besonderer Bedeutung war hierbei568 eine in diesem Abkommen gegebene Zusage der Bundesregierung, auf einem bestimmten Gebiet "gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen" (Abschnitt VI des Abkommens 569 ). Hierdurch hatte sie sich vertraglich zu einer Gesetzesinitiative verpflichtet. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgericht bestehen keine Bedenken dagegen, daß ein Verfassungsorgan, dem das Recht zur Gesetzesinitiative nach Art. 76 I GG zusteht, sich verpflichtet, von seinem Recht einen bestimmten Gebrauch zu machen, wenn es nur bezüglich des Inhalts des Gesetzesvorschlags die Schranken der Verfassung beachtet und nicht den Versuch macht, auch andere Staatsorgane zu binden570 . Die Bundesregierung hatte sich hier bei dem Eingehen der Vertragsverbindlichkeit im Rahmen ihrer grundgesetzlichen Rechtsrnacht gehalten und nur sich selbst gebunden, so daß andere Gesetzgebungsorgane, insbesondere der Bundestag, in ihrer Entschließungsfreiheit über die von der Bundesregierung einzubringende Gesetzesvorlage nicht eingeengt worden waren571 . Die Entscheidung erging nicht zufällig auf dem Gebiet des Völkervertragsrechts. Gerade in diesem Bereich ist es allgemein üblich, daß eine Regierung mit dem Vertragsschluß auch gleichzeitig zusichert, für die notwendige Umsetzung der Vereinbarung in nationales Recht Sorge zu tragen 572 ,573. Als Beispie}574 für diese Praxis sei zunächst Art. Vgl. Baade, S. 108/109 Fn. 82 a. E. BVerfGE 1, 351. 568 BVerfGE 1, 351, 364. 569 Abgedruckt in BVerfGE 1, 351, 356. 570 BVerfGE 1, 351, 352 LS 7 und 366. 571 Das BVerfG (E 1, 351, 366) spricht insoweit von einem "selbstverständlichen Vorbehalt freier Entscheidung der deutschen Gesetzgebungsorgane, die ... Gesetzesvorschläge zu billigen, zu verändern oder zu verwerten". 572 M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 6c unter Berufung auf Mosler, FS Bilfinger, S. 243 ff.; von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III 1 e; ferner von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 6; Stern, 11 § 37 III 4; Schneider, Rdn. 94; vgl. auch Baade, S. 108. 573 Müller, DÖV 1964, 226 führt als Beispiel hierfür das Gesetz über Todeserklärungen nach der Konvention der Vereinten Nationen vom 6.4.1970 über die Todeserklärung Verschollener vom 7.7.1955 an (BGBI. I 1955, S. 401 ff.). 574 Siehe Baade, S. 108 Fn. 82, dessen Auffassung, insb. zu BVerfGE 1, 351, 366 allerdings unklar bleibt. 566 567

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19 Nr. 5 b, Kap. 11 der Verfassung (= Satzung) der ILO (International Labour Organization)575,576 angeführt, nach der die Bundesrepublik Deutschland als ILO-Mitglied verpflichtet ist, die von der ILO-Konferenz beschlossenen Konventionen binnen einer bestimmten Frist "der zuständigen Stelle oder den zuständigen Stellen zur Durchführung im Wege der Gesetzgebung ... zu unterbreiten". Zwar wird hierdurch eigentlich bloß der Staat als Völkerrechtssubjekt verpflichtet, da dieser aber nur durch Organe handlungsfähig ist, erstreckt sich die Verpflichtung desweiteren darauf, daß ein Organ, insbesondere die Regierung, sich um die Mitwirkung und Zustimmung der zuständigen Stelle kümmert 577 . Daher kann aus der ILO-Satzung eine Initiativpflicht der Bundesregierung entnommen werden 578 .

Gerade aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der EG häufig die Verpflichtung, eine Vielzahl von Normen in innerstaatliches Recht - teilweise dabei auch in Form von Gesetzen - zu transformieren 579 . Dazu gehören namentlich EG-Verordnun gen und Richtlinien 580 oder auch bloß entsprechende Absprachen bzw. Beschlüsse581 . Aus den völkerrechtlichen Vereinbarungen resultiert für die Bundesregierung aufgrund der freiwilligen Selbstbindung allerdings nur eine Rechtspflicht zur Gesetzesinitiative im Parlament. Wie das Parlament sich letztlich entscheidet, kann und wird hierdurch nicht beeinflußt. Abgedruckt in BGBI. 11 1957, 317ff. Es handelt sich dabei um eine Sonderorganisation der UNO. 577 Bernhardt, ZaöRV 18 (1957/58), 652, 668. 578 So wohl auch Bernhardt, ZaöRV 18 (1957/58), 652, 670. 579 Troßmann, JöR 28 (1979), 1,38/39; Schneider, Rdn. 94. Beispiele für derartige gesetzliche Umsetzungen sind: - Gesetz über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gern. § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Absicherungsgesetz - AbsichG -) vom 29.11.1968 (BGBI. I 1968, S. 1255). Dieses Gesetz geht zurück auf eine Abrede innerhalb des "Zehnerc1ubs" vom 19.11.1968; siehe hierzu BVerfGE 30, 250ff.; Lerche, S. 5ff.; Kloepfer, Der Staat 13 (1974), 457, 465; - 2. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Bodennutzungs- und Ernteerhebung vom 19.8.1978 (BGBI. I 1978, S. 1369); - Gesetz zur Durchführung der 2. Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaft zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13.12.1978 (BGBI. I 1978, S. 1959); - Gesetz zur Neufassung des Umsatzsteuergesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 26.11.1979 (BGBI. I 1979, S. 1953). Die letzten drei Gesetze gehen auf die Umsetzung einer Richtlinie nach Art. 189 111 EWG-Vertrag zurück; siehe hierzu Troßmann, JöR 28 (1979), 1, 38/39. Schneider, Rdn. 94 führt noch Art. 99 EWG-Vertrag an, der eine Anpassung der indirekten Steuern in der EG und damit die Änderungen bestehender bundesdeutscher Steuergesetze verlangte. 580 Vgl. Z. B. Art. 189 des Vertrages über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBI. 11 1957, S. 753). 581 Siehe hierzu Lerche, S. 7ff.; Kloepfer, Der Staat 13 (1974), 457, 465. 575

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Über den Einzelfall hinaus läßt sich mithin festhalten, daß allgemein keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen eine freiwillige Selbstbindung der Initiativträger bestehen, sofern die Kompetenzen anderer Verfassungsorgane nicht beeinträchtigt werden. d) Pflicht zur Gesetzesinitiative aufgrund ausdrücklicher Aufforderung

In der parlamentarischen Praxis geschieht es häufig, daß die Bundesregierung vom Bundestag582 oder auch vom Bundesrat583 aufgefordert wird, einen Gesetzentwurf zu einem bestimmten Thema vorzulegen 584 . Derartige Beschlüsse sind zunächst ihrerseits keine Gesetzesinitiativen im technischen Sinne (Art. 76 I GG)585. Es stellt sich aber die Frage, ob solche Aufforderungen verfassungsrechtlich zulässig sind und welche Rechtsfolgen aus ihnen für die Bundesregierung ggf. resultieren, insbesondere, ob ihnen etwa eine bindende Wirkung zukommt 586 . aa) Rechtliche Qualifizierung und Zulässigkeit Soweit diesen Ersuchen Beschlüsse des Bundestages zugrunde liegen, sind sie als sog. schlichte Parlamentsbeschlüsse zu qualifizieren 587 . Hierunter wer582 Siehe Schindler, Datenhandbuch 1980 - 1984, S. 488ff. mit einer detaillierten Aufstellung; ferner Troßmann, § 74a Rdn. 3 a.E.; Ellwein, S. 162 (sogar "in aller Regel"); Willigmann, S. 5; Sellmann, S. 103ff.; ebenfalls teilweise m. entspr. Beisp. aus der Praxis; auch Schneider, Rdn. 94 a.E.; Troßmann, JöR 28 (1979),1,30; M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 1 a. E. 583 Siehe M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 17; Kühn, S.49ff.; Wöhler, S.36; Matuschka, S. 64, insb. S. 82/83; Richter, S. 79; Lechner, DÖV 1952, 417, 419; Kutscher, DÖV 1952, 710, 711; Schäfer, Bundesrat, S. 66; wiederum teilweise mit Beispielen aus der Praxis. 584 Diese Praxis reicht bis in die Weimarer Republik zurück; siehe hierzu Goppel, S. 101; Kühn, S. 50 Fn. 1, jeweils m. w. Nachw. 585 M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 1 a. E.; siehe auch die Definition oben unter A. S.22. 586 Dies wird ganz überwiegend verneint: siehe nur BVerwGE 12, 16,20; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 746/747; Degenhart, Rdn. 361 a.E.; Hudde, S. 177; Scheuner, FS Smend, S. 253ff., 284 a.E. und Fn. 82; Schneider, Rdn. 93 a.E.; Schröder, Jura 1982, 449,450; Stern, II § 26 II 2c; ders., II § 37 III 4 (S. 617). Zurückhaltender von Münch / Bryde, Art. 76 Rdn. 6 a. E. (" ... dürfte nicht ... verpflichtet sein"). Anderer Ansicht: Sellmann, S. 103ff.; vgl. hierzu auch Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 4.WP, 28. Sitzung vom 9.5.1962, Sitz.Prot. S. 1220 D, 1221 A; BayVerfGH JZ 1960,57; DVBI. 1965,880, 881ff. m.w.Nachw.; Klein, JuS 1964, 181ff., 184; Linck, S. 21ff., 70ff.; Scholz, FS Carstens, S. 831, 838, 848; teils m. w. Nachw. 587 Diese Bezeichnung geht zurück auf Thoma, HdbDStR II, S. 221; später übernommen u. a. von Achterberg, Parlamentsrecht, S. 738ff.; Klein, JuS 1964, 181ff.; Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 172ff., 21Off.; Obermeier, Die schlichten Parlamentsbeschlüsse nach dem Bonner

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den begrifflich diejenigen Willensäußerungen des Bundestages verstanden, die nicht in Gesetzesform ergehen und sich nicht auf rein interne Angelegenheiten des Parlaments beziehen588 . Durch diese Definition wird einerseits eine Abgrenzung zu den Gesetzesbeschlüssen und andererseits zu den bloß intraparlamentarischen Rechtsakten vorgenommen 589 . Die entsprechenden Vorlagebegehren stützen sich dabei normativ weder unmittelbar auf ausdrückliche Verfassungsnormen 59o noch auf einfaches Gesetzesrecht, sondern beruhen auf autonomen parlamentarischem Geschäftsordnungsrecht; sie sind insoweit vergleichbar mit den "Entschließungen" i. S. v. §§ 7511 lit.c, 88 GO BT591. Gegen die Zulässigkeit derartiger Aufforderungen des Bundestages und des Bundesrates bestehen heute keine grundsätzlichen Bedenken mehr, sofern sie die verfassungsmäßige Zuständigkeitsordnung beachten 592 . bb) Rechtsfolgen schlichter Parlamentsbeschlüsse Noch keine Aussage ist hiermit allerdings über die Auswirkungen, insbesondere die Verbindlichkeit solcher Beschlüsse für die Bundesregierung gemacht. Da die Bestimmung einer Initiativpflicht eine Beschränkung der verfassungsrechtlichen Initiativfreiheit nach Art. 76 GG zur Folge hätte, bedürfte sie einer Legitimation mit Verfassungsrang. Nur unter dieser Voraussetzung wäre die Bundesregierung durch einen schlichten Parlamentsbeschluß gebunden. Es kommt daher nicht auf die ausdrücklich geäußerte Absicht des Auffordernden an, einen die Regierung bindenden Beschluß fassen zu wollen, sondern es bedarf zu einer Verpflichtung einer entsprechenden verfassungsrechtlichen Grundlage 593 . - Aus Art. 76 GG selbst kann zunächst eine solche Ermächtigung nicht hergeleitet werden. Weder Wortlaut oder Systematik noch der Sinn und Zweck der Regelung sind geeignet, ein dergestalt verbindliches Weisungsrecht zu Grundgesetz, insbesondere ihre Zulässigkeit und Rechtsnatur; Kratzer, BayVBI. 1966, 365ff., 408ff.; Sellmann, Der schlichte Parlamentsbeschluß; Schmelter, Rechtsschutz gegen nicht zur Rechtsetzung gehörende Akte der Legislative; Scholz, FS Carstens, S. 831,838,845; Stern, 11 § 2611 2c Fn. 44. 588 In diesem Sinne auch Achterberg, Parlamentsrecht, S. 738 m. w. Nachw.; ähnlich Sellmann, S. 1 ff. 589 So auch Achterberg, Parlamentsrecht, S. 738. 590 Vgl. hierzu jeweils die Beispiele bei Achterberg, Parlamentsrecht, S. 739. 591 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 740 ("allenfalls"); vgl. Stern, 11 § 26 11 2c; Matuschka, S. 82. 592 Siehe nur Stern, 11 § 2611 2c; Sellmann, S. 23; Klein, JuS 1964, 181ff.; für Ersuchen speziell des Bundesrates auch Goppel, S. 1011102; Kühn, S. 50/51; Wöhler, S. 36; Lechner, DÖV 1952, 417, 419. Anderer Ansicht: Münch, S. 187; Mosler, FS Bilfinger, S. 243, 296; vgl. auch Bay VerfGH DVBI. 1965,880,881, der dies für das Verhältnis des Bayerischen Landtages zu den anderen bayerischen Staatsorganen feststellt. 593 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 744; Sellmann, S. 39.

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begründen. Art. 76 GG spricht eher sogar dagegen, da die dort genannten Initiativträger gleichrangig und gleichberechtigt nebeneinandergestellt sind 594 • - Auch aus der Rechtsfigur der (Verfassungs-)Organtreue ergibt sich keine bindende Verpflichtung für die Bundesregierung, die Gesetzesinitiative zu ergreifen. Mit dem Prinzip der Verfassungsorgantreue 595 ist die ungeschriebene verfassungsrechtliche Verpflichtung aller Verfassungsorgane zu wechselseitiger Rücksichtnahme und loyaler Zusammenarbeit gemeint596 . Aus diesem allgemeinen Grundsatz können aber nicht unmittelbar eigenständige und konkrete verfassungsrechtliche Handlungspflichten hergeleitet werden, sondern lediglich ergänzende und korrigierende Obliegenheiten für das prozedurale Verhalten dieser Organe zueinander. Insoweit schränkt die Verfassungsorgantreue die Entscheidungsfreiheit der Bundesregierung im Hinblick auf eine Gesetzesinitiative in der Sache nicht ein 597 . - In diesen Zusammenhang gehört auch das Argument, der Bundestag könne seine eigentlichen Aufgaben, nämlich schwerpunktmäßig Gesetze zu beschließen (Art. 77 I 1 GG), unter den heutigen Umständen (Überlastung des Parlaments, "Gesetzesflut" usw.) in der Praxis nur noch erfüllen, wenn die Regierung ihn bezüglich der Ausarbeitung und Einbringung von Gesetzesvorlagen entlaste598 . Das Recht, die Bundesregierung zu verpflichten, stelle zwar eine Ausdehnung der Parlamentsbefugnisse dar, sei aber verfassungsrechtlich wegen der ratio der vom Grundgesetz für das Gesetzgebungsverfahren vorgenommenen Zuständigkeitsverteilung und der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments in der Praxis zwingend geboten 599 . Obgleich diese Ansicht für sich in Anspruch nimmt, einen verfassungsrechtlichen Ansatz zur Begründung einer Initiativpflicht der Bundesregierung gewählt zu haben 600 , handelt es sich genaugenommen um verfassungspolitische - nur de lege ferenda bedeutsame - Überlegungen. Sie sind bei Zugrundelegung des gegenwärtigen Normbestandes nicht geeignet, schlichten Parlamentsbeschlüssen Rechtsverbindlichkeit zu verleihen. Die Argumentation basiert auf der Behauptung, daß der Bundestag seiner Funktion, Gesetze zu beschließen, ohne die Entlastung durch die Bundesregierung bei den Gesetzesinitiativen nicht mehr gerecht werden kann. Die Richtigkeit dieser Aussage einmal unterstellt, mag es deswegen zwar unter Umständen vorteilhaft und effektiv sein, wenn die Regierung hinsichtlich 594 595 596 597 598 599

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Siehe oben VI. 1. d) aa). Ausführlich hierzu die gleichnamige Monographie von Schenke. So auch sinngemäß BVerfGE 35,193,199; 45,1 LS 3 und 39. Vgl. Seifert / Hömig, Vorbem. zu Art. 38 Rdn. 3 a. E. Vgl. Sellmann, S. 103 unten. Sellmann, S. 103 unten. Sellmann, S. 104 (" ... nach den aus der Verfassung abgeleiteten Regeln ... ").

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der Gesetzesinitiative dem Parlament Arbeit abnimmt, diese reinen Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen aber keine Ausdehnung der Parlamentsbefugnisse. Soweit die Rechtfertigung hierfür mit einer gewissen Absolutheit 601 aus dem Sinn und Zweck der für das Gesetzgebungsverfahren geltenden Kompetenzverteilung hergeleitet werden soll, wird das Maß zulässiger Auslegung überschritten. Weder aus Wortlaut oder Systematik noch aus der Teleologie der das Gesetzgebungsverfahren bestimmenden Kompetenzregeln, läßt sich eine derartige materielle Ermächtigung zur Verpflichtung der Bundesregierung ableiten. Nach dem Grundgesetz sind dem Bundestag verschiedene Funktionen zugewiesen, etwa die Kontrolle der Exekutive, die Wahl bzw. Abwahl bestimmter Staatsorgane und die Gesetzgebung. In den Aufgabenbereich "Gesetzgebung" gehören dabei die Beschlußfassung über die Bundesgesetze nach Art. 77 I 1 GG, aber auch das Recht zur Gesetzesinitiative nach Art. 76 GG. Aus der ratio des Art. 77 I 1 GG, wonach dem Bundestag als dem am stärksten vom Volk legitimierten Verfassungsorgan auch grundsätzlich das Recht, über Gesetze zu entscheiden, gewährt werden muß, ist nicht zu schließen, daß dies zu Lasten seines Initiativrechts gehen soll. Ein schlichter Parlamentsbeschluß ist daher nicht geeignet, die Bundesregierung rechtlich zu verpflichten, einen Gesetzentwurf einzubringen. Gleiches gilt im übrigen für entsprechende Beschlüsse des Bundesrates602 • Auch verfassungspolitisch wäre eine solche Bindung der Bundesregierung nicht wünschenswert, würde sie doch für Bundestag und Bundesrat die Möglichkeit eröffnen, sich aus ihrer verfassungsrechtlichen Initiativaufgabe (Art. 76 GG) zurückzuziehen und fortan ihre Wünsche nur noch der Regierung vorzutragen. Hiervon zu trennen ist der Umstand, daß sich eine Regierung regelmäßig aber faktisch gezwungen sehen wird, den Aufforderungen Folge zu leisten 603 • Der Grund hierfür besteht einerseits in der Möglichkeit politischen Drucks604 , dem sich die Regierung seitens der sie tragenden Parlamentsmehrheit ausgesetzt sieht und andererseits aber auch in rechtlichen Sanktionen - z. B. einem Mißtrauensvotum gegen den Regierungschef. Außerdem kann der Bundestag ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63ff. BVerfGG) veranlassen, falls die BundesregieSellmann, S. 103 unten. M / D / H / Sch, Art. 76 Rdn. 17; Goppel, S. 102 Fn. 1; Wöhler, S. 36; Kühn, S. 39, SO/SI. 603 Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 106; Schulze-Fielitz, S. 56 (politisch verbindlich) m.w.Nachw.; vgl. Troßmann, § 89 Rdn. 3; Scheuner, FS Smend, S. 253ff., 284 Fn.82. 604 Vgl. Verhdlgen. des Dt. Bundestages, 2. WP, 224. Sitzung vom 5.7.1957, Sitz. Prot. S. 13350a i. V. m. 13349c Abs. 1. 601

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VII. Inhaltliche Schranken des Initiativrechts

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rung durch das Unterlassen der Initiative gegen das Grundgesetz verstößt etwa weil ein Verfassungsauftrag z. B. aus Art. 110 GG zur Vorlage eines Gesetzentwurfs die Regierung bindet605 • Soweit schließlich noch die Möglichkeit erörtert wird, die Bundesregierung durch ein förmliches Parlamentsgesetz zur Einbringung einer bestimmten Gesetzesvorlage zu zwingen 606 , erscheint dies verfassungsrechtlich zweifelhaft. Zwar ist die Bundesregierung als Teil der vollziehenden Gewalt über Art. 20 III GG an Gesetz (und Recht) gebunden und somit grundsätzlich zur Ausführung von legislativen Anordnungen des Bundestages verpflichtet, andererseits begreift das Grundgesetz Gesetze aber nicht als Instrument für Direktiven des Parlaments an die Bundesregierung. Die Schaffung bzw. Anregung von Gesetzen bildet für die Bundesregierung vielmehr gerade die natürliche Möglichkeit, ihre politischen Ziele - mit Hilfe der sie tragenden Parlamentsmehrheit - in die Realität umzusetzen. Bei aller gewollten parlamentarischen Verantwortlichkeit gegenüber der unmittelbar legitimierten Volksvertretung müssen der Bundesregierung notwendigerweise gewisse exekutive Gestaltungs- und Entscheidungsfreiräume verbleiben, in die einzudringen der Legislative - nicht zuletzt aus dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung (Art. 20 11, III GG) - verwehrt ist 607 • Ist die Bundesregierung von sich aus nicht bereit, die Gesetzesinitiative zu ergreifen, so besteht der verfassungsrechtlich vorgezeichnete Weg für den Bundestag darin, entweder selbst ("aus seiner Mitte") initiativ zu werden (Art. 76 I GG) oder seine Mißbilligung durch den Gebrauch parlamentarischer Sanktionsbefugnisse zum Ausdruck zu bringen. Das Grundgesetz enthält eine Reihe von Regelungen, die eine wirksame Kontrolle der Regierung ermöglichen, etwa Art. 43,44, 45b GG, außerdem das Budgetrecht gern. Art. 100, 115 GG; als ultima ratio kann das Parlament die Bundesregierung über ein konstruktives Mißtrauensvotum (Art. 67 GG) gegen den Bundeskanzler stürzen. Dagegen würde der Erlaß eines Gesetzes, mit dem Ziel einer Disziplinierung (des Initiativrechts) der Bundesregierung, der verfassungsmäßigen Funktion von Gesetzen zuwiderlaufen. Das Gesetz stellt nämlich als Ausdruck politischer Willensbildung ein spezifisch rechtsstaatliches Ordnungsmittel dar; es dient 605 Kratzer, BayVBl. 1966,408,412; Troßmann, JöR 28 (1979),1,30; vgl. von Mangoldt / Klein, Art. 76 Erl. III H. (S. 1720). 606 So etwa Stern, II § 37 III 4 (S. 617); wohl auch Münch, S. 180; vgl. auch BVerwGE 12, 16,20; dazu Klein, JuS 1964, 181, 184 m. umfangr. Nachw.; Troßmann, § 89 Rdn. 3; Friedrich, ZParl1975, 48, 58. Anderer Ansicht: Scheuner, PS Smend, S.253ff., 284 a.E.: "In diesen Bereich (also u. a. die Einbringung der Gesetzesvorlage nach Art. 76 GG; Zusatz des Verfassers) durch ... gesetzliche Bestimmungen einzugreifen, ist ... der Legislative durch die Verfassungsordnung verwehrt"; Scholz, PS Carstens, S. 831,842 (für Landesgesetze); vgl. BayVerfGH DVBl. 1965,880,881 (ausdrücklich offengelassen). 607 Im Anschluß an die Rechtsprechung in BVerfGE 67, 100, 139 und 68, 1, 87 könnte man insoweit auch von einem "Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung" sprechen; vgl. auch schon BayVerfGH DVBl. 1959, 816, 818 m. w. Nachw.; Hesse, Rdn. 533.

112

B. Das legislatorische EinIeitungsverfahren

dazu, den Rechtsstatus des Einzelnen sowie die allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse zu regeln und einander zuzuordnen 608 • Würde es als Instrument im Streit von Bundesorganen benutzt, so wäre dies ein mit dieser AufgabensteIlung nicht zu vereinbarender Formenrnißbrauch. Aufforderungen, auf einem bestimmten Gebiet gesetzesinitiativ zu werden, können im übrigen Gegenstand von Koaiitionsvereinbarungen 609 sein. Derartige Vereinbarungen sind ein in der Verfassungspraxis gängiges 610 und prinzipiell erlaubtes Mittel zur parlamentarischen Willens- und Mehrheitsbildung 611 • Da Koalitionsabsprachen unstreitig keine rechtliche Bindungswirkung 612 für die Verfassungsorgane bzw. -organteile entfalten, resultieren aus solchen Vereinbarungen keine Initiativpflichten613 • Unzulässig wäre es insofern auch, die Vorlage von Initiativentwürfen durch Bundestagsabgeordnete der Koalitionsparteien von einem vorher einzuholenden Plazet eines sog. Koalitionsausschusses oder einer sonstigen in der Koalitionsvereinbarung vorgesehenen Instanz abhängig zu machen 614 . Sie bilden bestenfalls eine politische Verpflichtung für die "kontrahierenden" Parteien bzw. Fraktionen, auf die von ihnen gestellte Regierungsmitglieder in diesem Sinne einzuwirken615 .

Hesse, Rdn. 194. Vgl. Nds.StGHE 2, 1, 143 m. w. Nachw.; allgemein zu Koalitionsvereinbarungen etwa Stern, I § 13 IV 3, § 22 III 2b; Bandorf, ZRP 1977, 81, 82; Schenke, Jura 1982, 57. 610 Seit 1949 ist keine der Bundesregierungen ohne Koalitionsvereinbarung ausgekommen; siehe die Aufstellung bei Schindler, Datenhandbuch, 1949 - 1982, S. 370/371. 611 Nds.StGHE 2, 1 LS 4,142; zu den inhaltlichen Grenzen Schenke, Jura 1982, 57, 58f. m. w. Nachw. 612 Von Mangoldt / Klein, Art. 64 Erl. III 1; Bandorf, ZRP 1977, 81, 82. 613 So auch Stern, I § 13 IV 3, § 22 III 2b; ders., 11 § 37 III 4 ("Keine rechtliche Verpflichtung zum normativen Tätigwerden begründen Koalitionsvereinbarungen"). 614 Schenke, Jura 1982, 57, 59. 615 Bandorf, ZRP 1977, 81, 82. 608

609

Anhang zu VII.

113

Anhang zu VII. Die Initiativträger bei der Erfüllung von Gesetzgebungsaufträgen des Grundgesetzes

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1941)616

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde 616

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Art. 4 III 2

Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 (BGBI. I S. 651)

Bundesregierung

Gesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 13. Januar 1960 (BGBI. I S. 10)

Bundesregierung

Art. 6 V

Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1960 (BGBI. I S. 1243)

Bundesregierung

Art. 21 III

Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (BGBI. I S. 773)

Mitte des Bundestages

Art. 2612

Zu Abs. 1: vgl. §§ 80, 80a StGB; Gesetz über den Beitritt zur Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. August 1954 (BGBI. 11 S. 729)

Bundesregierung

Zu Abs. 2: Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen vom 20. April 1961 (BGBI. I S. 444)

Bundesregierung

112

616 Hinsichtlich der Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes und ihrer erstmaligen Erfüllung durch entsprechende Bundesgesetze beschränkt sich die Aufstellung aus Praktikabilitätserwägungen im wesentlichen auf die Materialien von Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages, 1949 - 1982, S. 665 - 679 und 1980 - 1984, S. 617/618. Als weitere Quellen standen zur Verfügung: Presse- und Informationszentrum des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Chronik-Debatten Gesetze Kommentare - Deutscher Bundestag, 1. - 6. Legislaturperiode (Redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit); Sprech- und Sachregister zu den Verhandlungen des Deutschen Bundestages, div. Jahrgänge.

8 Schünnann

114

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Art. 29 I

Zu Abs. 1:-

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

VI

Zu Abs. 6: Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid bei Neugliederung des Bundesgebietes nach Art. 29 Absatz 2 bis 6 des Grundgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBI. I S. 835)

Bundesregierung

VII

Zu Abs. 7: Gesetz über das Verfahren bei Änderung des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Absatz 7 des Grundgesetzes vom 16. März 1965 (BGBI. I S. 65)

Bundesregierung

Art. 33 V

u. a.: Bundesbeamtengesetz vom 14. Juli 1953 (BGBI. I S. 551) und Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz vom 11. April 1957 (BGBI. I S. 667)

Bundesregierung

Art. 38 III

Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundestagsversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (BGBI. I S. 21)

Auf Anordnung der Militärgouverneure von den elf Ministerpräsidenten verkündet und vom Parlamentarischen Rat beschlossen

Wahlgesetz zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung vom 8. Juli 1953 (BGBI. I S. 470)

Mitte des Bundestages (Fraktionen der CDUICSU, FDP und DBIDPB)

Bundeswahlgesetz vom 7. Mai 1956 (BGBI. I S. 383)

Mitte des Bundestages

Wahlprüfungsgesetz vom 12. März 1951 (BGBI. I S. 166)

Bundesregierung

Art. 41 III

Anhang zu VII.

115

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Art. 48 III 3

Gesetz über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages vom 15. Juni 1950 (BGBI. I S. 215)

Mitte des Bundestages (Fraktion CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP)

inzwischen: Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz) vom 24. Februar 1977 (BGBI. I S. 297) Art. 54 VII

Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung vom 25. April 1959 (BGBI. I S. 230)

Bundesregierung

Zuvor: Wahlgesetz zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Juni 1949 (BGBI. I S. 21)

siehe oben bei Art. 38 III

bzw. Wahlgesetz zum zweiten Bundestag und zur Bundesversammlung vom 8. Juli 1953 (BGBI. I S. 470)

siehe oben bei Art. 38 III

Art. 88

Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26. Juli 1957 (BGBI. I S. 745)

Bundesregierung

Art. 89111

Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBI. 11 S. 317)

Bundesregierung

Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt vom 24. Mai 1965 (BGBI. 11 S. 833)

Bundesregierung

8*

116

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Art. 94 II

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGB!. I S. 243)

Bundesregierung und SPD-Fraktion

Art. 95 IV

Sechzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 11. Juni 1968 (BGB!. I S. 657) (dadurch Änderung des ursprünglichen Gesetzgebungsauftrages )

Bundesregierung

Art. 96 II 2

Deutsches Richtergesetz vom 8. September 1961 (BGB!. I S. 1665)

Bundesregierung

Art. 98 I

Deutsches Richtergesetz vom 8. September 1961 (BGB!. I S. 1665)

Bundesregierung

Art. 104 II 4

Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung vom 29. Juni 1956 (BGB!. I S. 599)

Bundesregierung

Art. 106IV2

Gesetz über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 vom 16. März 1951 (BGB!. I S. 198)

Bundesregierung

Art. 107 Satz 1

(Durch das Gesetz des Artikels 107 des Grundgesetzes vom 20. April 1953 (BGB!. I S. 130) wurde die Frist für das zu erlassende Bundesgesetz zunächst bis zum 31. Dezember 1954 verlängert) .

Bundesregierung

Anhang zu VII.

117

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Jnitiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Art. 108 I 2

Zu Abs. 1: Gesetz über die Finanzverwaltung (Finanzverwaltungsgesetz - FVG) vom 6. September 1950 (BGBI. I S. 448)

Bundesregierung

Zu Abs. 5: Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit vom 22. Oktober 1957 (BGBI. I S. 1746)

Bundesregierung

Finanzgerichtsordnung vom 6. Oktober 1965 (BGBI. I S. 1477)

Bundesrat

Art. 114 Satz 4

Gesetz über die Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes vom 27. November 1950 (BGBI. I S. 765)

Bundesregierung

Art. 117 I

Zu Abs. 1: Bis zum 31. März 1953 ist keine Anpassung des bestehenden Rechts an das Grundgesetz erfolgt; vgl. später das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz) vom 18. Juni 1957 (BGBI. I S. 609)

Bundesregierung

V

II Art. 118 Satz 2

Zu Abs. 2:Zweites Gesetz über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4. Mai 1951 (BGBI. I S. 284)

Mitte des Bundestages (CDU/CSU, SPD, FDP, DP,BP)

118

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Bundesgesetz, durch weiches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Art. 120 I

Erstes Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Erstes Überleitungsgesetz) vom 28. November 1950 (BGBI. I S. 773)

Bundesregierung

Art. 131 Satz 1

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBI. I S. 307)

Bundesregierung

Art. 134 IV

Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen vom 21. Juli 1951 (BGBI. I S. 467)

Bundesregierung

Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Reichsvermögensgesetz ) vom 16. Mai 1961 (BGBI. I S. 597)

Bundesregierung

Allgemeines Kriegsfolgegesetz vom 5. Januar 1957 (BGBI. I S. 1747)

Mitte des Bundestages (SPD)

Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Deutschen Bundesbahn vom 2. März 1951 (BGBI. I S. 155)

Bundesregierung

Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs vom 2. März 1951 (BGBI. I S. 157)

Bundesregierung

119

Anhang zu VII. Gesetzgebungsaufträge des Grundgesetzes in der Fassung vom 23. Mai 1949

Art. 135 V

VI2

Art. 143 VI

Bundesgesetz, durch welches erstmalig der Gesetzgebungsauftrag erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Gesetz zur Abgeltung von Reparations-, Restitutions-, Zerstörungs- und Rückerstattungsschäden (Reparationsschädengesetz) vom 12. Februar 1969 (BGBI. I S. 105)

Bundesregierung

Zu Abs. 5: Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht mehr bestehender öffentlicher Rechtsträger (Rechtsträger-Abwicklungsgesetz) vom 5. September 1965 (BGBI. I S. 1065)

Bundesregierung

Zu Abs. 6: Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen (Reichsvermögensgesetz ) vom 16. Mai 1961 (BGBI. I S. 597)

Bundesregierung

Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 (BGBI. I S. 747)

Bundesregierung

(Art. 143 wurde damit hinfällig und konnte aufgehoben werden)

120

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Nachträglich durch Grundgesetzänderung neu eingefügte bzw. modifizierte Gesetzgebungsaufträge

Bundesgesetz, durch das dieser nachträglich eingefügte Gesetzgebungsauftrag erstmalig erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Mitte des Bundestages (Fraktionen CDU/CSU, FDP,GBIBHE undDP)

Bezeichnung des Gesetzes

Entsprechender Gesetzgebungsauftrag des Grundgesetzes

Gesetz zur Änderung des Art. 107 GGvom 20.4. 1953

Art. 107 Satz 1

Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Artikels 107 des Grundgesetzes vom 25. Dezember 1954 (BGBI. I S. 517) wurde die Frist für das Bundesgesetz erneut verlängert, nunmehr auf den 31. Dezember 1955 (siehe bereits zuvor bei Art. 107 S. 1)

Zweites Gesetz zur Änderung des Art. 107 des GG vom 25. 12.1954

Art. 107 Satz 1

Durch dieses verfassungsBundesregierung ändernde Gesetz und Ergänzung der Finanzverfassung (Finanzverfassungsgesetz) vom 23. Dezember 1955 (BGBI. I S. 817) wurde der Gesetzgebungsauftrag zum dritten Mal geändert (siehe bereits zuvor bei Art. 107 und nachfolgend GGÄndG vom 23. Dezember 1955)

Finanzverfassungs- Art. 106 IV 1 gesetz vom Art. 10711 1 HS 1 Gesetz über den Finanz23.12.1955 ausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1958 an (Länderfinanzausgleichsgesetz 1958) vom 5. März 1959 (BGBI. I S. 73) 7. Gesetz zur Änderung des GG vom 19. 3. 1956

Art. 12114

Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956 (BGBI. I S. 651)

Bundesregierung

Bundesregierung

Anhang zu VII. Nachträglich durch Grundgesetzänderung neu eingefügte bzw. modifizierte Gesetzgebungsaufträge

121

Bundesgesetz, durch das dieser nachträglich eingefügte Gesetzgebungsauftrag erstmalig erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Gesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 13. Januar 1960 (BGBI. I S. 10)

Bundesregierung

Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages vom 26. Juni 1957 (BGBI. I S. 652)

Bundesregierung

12. Gesetz zur Änderung des GG vom 6. 3. 1961 16. Gesetz zur Änderung des GG vom 18. 6. 1968

Art. 96 II 3 (vormals Art. 96a I 3)

Gesetz zur Änderung des Art. 120 vom 30.7.1965

Art. 120 I 1 und 2 Zweites Gesetz zur Änderung des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vom 9. Januar 1967 (BGBI. I S. 117)

Bundesregierung

16. Gesetz zur Änderung des GG vom 18. 6. 1968

Art. 95 III 2

Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 (BGBI. I S. 661)

Bundesregierung

17. Gesetz zur Änderung des GG vom 24. 6. 1968

Art. 12a 11 3

Zweites Gesetz zur Ände- Bundesregierung rung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst vom 14. August 1969 (BGBI. I S. 1105)

Bezeichnung des Gesetzes

Entsprechender Gesetzgebungsauftrag des Grundgesetzes

Art. 45b Satz 2

122

B. Das legislatorische Einleitungsverfahren

Nachträglich durch Grundgesetzänderung neu eingefügte bzw. modifizierte Gesetzgebungsaufträge Bezeichnung des Gesetzes

Entsprechender Gesetzgebungsauftrag des Grundgesetzes

21. Gesetz zur Änderung des GG vom 12. 5. 1969

Art. 91 all 1

Bundesgesetz, durch das dieser nachträglich eingefügte Gesetzgebungsauftrag erstmalig erfüllt wurde

Initiativträger der entsprechenden Gesetzesvorlage gern. Art. 76 GG

Zu Abs. 2: Gesetz über die Gemeinschaftsaufgaben "Ausbau und Neubau von Hochschulen" (Hochschulbauförderungsgesetz) vom 1. September 1969 (BGBI. I S. 1556)

Bundesregierung

III 1

Zu Abs. 3: Gesetz über die Bundesregierung Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" vom 3. S