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German Pages 1182 [1189] Year 1979
Großkommentare der Praxis
w DE
G
Hachenburg
Gesetz
betreffend die
Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) Großkommentar Siebente, völlig neu bearbeitete Auflage von
Dr. Carl Hans Barzf
Dr. Ulrich Klug
Rechtsanwalt und Notar in Frankfurt/M.
o. Professor an der Universität zu Köln
Dr. Peter Behrens, M . C . J .
Dr. Hans-Joachim Mertens
Wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg
o. Professor an der Universität Frankfurt/M.
Dr. Wolfgang Schilling
Dr. Reinhard Goerdeler
Rechtsanwalt in Mannheim Honorarprofessor an der Universität Heidelberg unter Mitarbeit von D r . J ü r g Z u t t , Rechtsanwalt in Mannheim
Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer in Frankfurt/M. unter Mitarbeit von D r . W e i f M ü l l e r , Rechtsanwalt und Steuerberater in Frankfurt/M.
Dr. Georg Hohner
Dr. Peter Ulmer
Rechtsanwalt in Frankfurt/M.
o. Professor an der Universität Heidelberg
Zweiter Band: § § 1 3 - 5 2 (Zitierweise: z. B . : Schilling
in Hachenburg 7. Aufl. § 52 Rdn. 25)
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1979
Walter de Gruyter • Berlin • New York
Erscheinungsdaten der Lieferungen: SS 13, 14 (2. Lieferung) August 1975 S§ 1 5 - 3 4 (3. Lieferang) April 1977 SS 3 5 - 5 2 (4. Lieferung) März 1979
CIP-Kurztitelaufnähme
der deutschen
Bibliothek
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) : Großkommentar / Hachenburg. Von Carl Hans Barz . . . — Berlin, New York : de Gruyter. 6. Aufl. u. d. T.: Hachenburg, Max: Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. N E : Hachenburg, Max [Begr.]; Barz, Carl Hans [Mitarb.j Bd. 2. §§ 13-52. - 7., völlig neu bearb. Aufl. - 1979. (Großkommentare der Praxis) ISBN 3-11-006625-4
© Copyright 1975/1977/1979 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sehe Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe G m b H , Berlin 61
Inhaltsübersicht Zweiter Abschnitt Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter § 13 Juristische Person; Handelsgesellschaft Anhang: I. Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung II. Die G m b H im Konzernverband § 14 Geschäftsanteil § 15 Übertragung von Geschäftsanteilen Anhang: Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr § 16 Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber § 17 Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils § 18 Mitberechtigung am Geschäftsanteil § 19 Einzahlungen auf die Stammeinlage § 20 Verzugszinsen § 21 Kaduzierung § 22 Haftung der Rechtsvorgänger § 23 Versteigerung des Geschäftsanteils § 24 Aufbringung von Fehlbeträgen § 25 Zwingende Vorschriften § 26 Nachschußpflicht § 27 Unbeschränkte Nachschußpflicht § 28 Beschränkte Nachschußpflicht § 29 Verteilung des Reingewinns Anhang: Gewinnanteilscheine und Genußrechte § 30 Rückzahlungen Anhang: Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen § 31 Erstattung von verbotenen Rückzahlungen § 32 Rückzahlung von Gewinn § 33 Erwerb eigener Geschäftsanteile § 34 Einziehung (Amortisation) Anhang: Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern
Bearbeiter
Schilling Mertens Barz Schilling Schilling/Zutt
Ulmer Goerdeler
Goerdeler/Müller
Ulmer Goerdeler/Müller Hohner Ulmer
Dritter Abschnitt Vertretung und Geschäftsführung § § § § § § §
35 Vertretung durch Geschäftsführer 35 a Angaben auf Geschäftsbriefen 36 Wirkung der Vertretung 37 Beschränkung der Vertretungsbefugnis 38 Widerruf der Bestellung 39 Anmeldung der Geschäftsführer 40 Liste der Gesellschafter Vorbemerkungen zu §§ 41, 42, 42 a
Mertens
V
Inhaltsübersicht § 41 Buchführung; Bilanzpflicht § 42 Bilanzierung Anhang: I. Aktiengesetz (Auszug, Text) II. Vierte Richtlinie des Rates (Text) III. Publizitätsgesetz § 42 a Abschlußprüfung § 43 Haftung der Geschäftsführer § 44 Stellvertreter von Geschäftsführern § 45 Rechte der Gesellschafter im allgemeinen § 46 Aufgabenkreis der Gesellschafter § 47 Abstimmung Anhang: Nichtigkeit, Anfechtbarkeit und Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen § 48 Gesellschafterversammlung § 49 Einberufung der Versammlung § 50 Minderheitsrechte § 51 Form der Einberufung § 52 Aufsichtsrat Anhang: Betriebsverfassungsgesetz 1952 (Text, Auszug) Mitbestimmungsgesetz 1976 (Text)
VI
Goerdeler Goerdeler/Müller
Goerdeler Mertens Schilling
Schilling/Zutt Schilling
ZWEITER ABSCHNITT
Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter §13 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschafter haftet den Gläubigern derselben nur das Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschaft gilt als Handelsgesellschaft im Sinne des Handelsgesetzbuches. Übersiebt Rdn.
Rdn.
Einleitung 1 Reform 2 I. Die Struktur der GmbH 1. Eigene Rechtspersönlichkeit . . . . 3 2. Die GmbH als Personenverband . . 5 3. Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern 6 4. Die Gesellschafterklage (actio pro socio) 8 5. Streit um die Mitgliedschaft . . . . 10
II. Die GmbH im Rechtsverkehr 1. Rechtsbeziehungen des Privatrechts . 11 2. Die GmbH im Zivilprozeß 14 3. Schiedsgerichtsverfahren 16 4. Die GmbH im öffentlichen Recht . . 22 HI. Die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft 25 IV. Die GmbH als Handelsgesellschaft. . . 26
Einleitung Die Vorschrift bestimmt drei wesentliche Eigenschaften der GmbH: Sie hat 1 „als solche" selbständig ihre Rechte und Pflichten (Abs. 1), d. h. sie besitzt eigene Rechtspersönlichkeit. Für ihre Verbindlichkeiten haftet den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen (Abs. 2). Das bedeutet, daß die persönliche Haftung der Gesellschafter ausgeschlossen ist. Abs. 3 bestimmt, daß die GmbH immer Handelsgesellschaft ist. Reform Zum Regierungsentwurf eines GmbHG siehe Allg. Einl. Rdn. 57—72. Dem § 13 2 Abs. 1 entspricht § 1 Abs. 1 RegE. Er sagt im Satz 1 ausdrücklich, daß die GmbH eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist. Er spricht anschließend eine weitere wesentliche Eigenschaft der GmbH aus, nämlich die freie Gestaltbarkeit ihrer Rechtsverhältnisse im Rahmen der zwingenden Gesetzesvorschriften. § 1 Abs. 1 Satz 2 RegE wiederholt wörtlich den § 13 Abs. 2 des geltenden Gesetzes. Dem Abs. 3 des § 13 entspricht § 3 RegE. m
§ 13
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter I. Die Struktur der GmbH
Schrifttum. Erlinghagen wie in Allg. Einl. vor Rdn. 57; Immenga und Martens wie in Allg. Einl. vor Rdn. 1; Raisch Unternehmensrecht 1, 1973 S. 169fF.; Wieland Handelsrecht I 396 ff. 1. Eigene Rechtspersönlichkeit 3
Der Text des Abs. 1 ist zu vergleichen einerseits mit § 124 HGB, andererseits mit § 1 AktG. Dieser spricht der AG ausdrücklich eigene Rechtspersönlichkeit zu. Erstere Bestimmung hat die oHG mit den gleichen Rechten ausgestattet wie die GmbH, nur hat sie nicht ausgesprochen, daß die oHG „als solche selbständig" ihre Rechte und Pflichten hat. Es ist aber weniger diese Textverschiedenheit, aus der sich ergibt, daß die oHG keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, während die GmbH sie besitzt. Das ist vor allem aus der Konstruktion beider Gesellschaften zu folgern. Der Ausschluß der persönlichen Haftung der Gesellschafter und die strenge Trennung von Gesellschaftsvermögen und Vermögen der Gesellschafter lassen es zweckmäßig erscheinen, daß die Gesellschaft als eigener Rechts- und Pflichtenträger besteht. Demgemäß stehen sich GmbH und Gesellschafter als Berechtigte und Verpflichtete gegenüber. Der Gesellschafter ist der Gesellschaft zur Zahlung seiner Einlage, zur Gewährung der Nachschüsse, zur Rückgabe des zu Unrecht empfangenen Stammkapitals verpflichtet. Ihr gegenüber besteht sein Anspruch auf Teilnahme am Gewinn, auf Mitwirkung bei der Verwaltung, auf Auflösung durch Richterspruch auf Anteil am Liquidationsergebnis, s. aber auch Rdn. 6—9. 4 Aus der eigenen Rechtspersönlichkeit ergibt sich auch die Selbständigkeit der Beteiligung des Gesellschafters. Daher bleibt die GmbH bestehen, auch wenn alle Geschäftsanteile sich in einer Hand vereinigen (s. Anhang I: Einmanngesellschaft). Daher kann die GmbH ihre eigenen vollbezahlten Geschäftsanteile erwerben (§ 33). Beides ist bei der Personengesellschaft nicht möglich. Das Gesellschaftsvermögen ist von dem Vermögen der Gesellschafter in gleicher Weise zu trennen wie die selbstständige Rechtspersönlichkeit der GmbH von der Person ihrer Gesellschafter. Die Ansicht, daß die GmbH eigene Rechtspersönlichkeit hat, ist heute einhellig. Über frühere abweichende Meinungen s. die Voraufl. Anm. 2. Über die wesentlichen Merkmale der GmbH s. im übrigen Allg. Einl. Rdn. 9—11. 2. Die GmbH als Personenverband 5
Die übliche Einteilung der Gesellschaften in Personen- und Kapitalgesellschaften beruht auf ihrer Konstruktion als Gesamthand oder als juristische Person. Diese Einteilung, der auch das Steuerrecht gefolgt ist (s. Allg. Einl. Rdn. 35), stellt die Vermögensträgerschaft in den Vordergrund, vernachlässigt aber das personale Element. Gesamthand und juristische Person werden als Gegensatz begriffen statt als verschiedene Möglichkeiten, einen Personenverband rechtlich zu verselbständigen. Diese einseitige Betrachtungsweise reiht die GmbH —• entgegen ihrer empirischen Erscheinungsform, s. Allg. Einl. Rdn. 14—27 — in dieselbe Kategorie ein wie die Aktiengesellschaft und stellt sie in Gegensatz zur oHG und KG. In Wirklichkeit schließen eigene Rechtspersönlichkeit und beschränkte Haftung aller Gesellschafter deren persönliche Verbundenheit mit der Gesellschaft und untereinander und damit die Eigenschaft als Personenverband nicht aus (s. auch Allg. Einl. Rdn. 4 und 36). Gibt man gegenüber der alten einer neuen Systematik den Vorzug, die weniger auf die juristische Konstruktion als auf das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft (2)
Juristische Person; Handelsgesellschaft (Schilling)
§13
und untereinander abhebt, so wird man die GmbH mit der oHG und der KG (einschließlich der GmbH & Co, — s. Allg. Einl. Rdn. 32—41) als personenbezogene Unternehmen mit personalistisch-individualistischer Prägung zusammenfassen und ihnen die AG als kapitalmarktbezogenes Unternehmen mit kollektivistischer Prägung gegenüberstellen. Dieselbe Einteilung trifft Erlinghagen (S. 218), wenn er die AG als offene, die anderen als private Gesellschaften bezeichnet. 3. Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern Schrifttum (S. auch vor Rdn. 3). Ballerstedt wie in Allg. Einl. vor Rdn. 9; Ganssmüller GmbH-Rdsch 1963 7; 1968 75; Hoffmann Die Klagebefugnis des GmbHGesellschafters, GmbH-Rdsch 1963 61; Hof mann GmbH-Rdsch 1967 97; Landgrebe Der Rechtsgedanke der actio pro socio im Recht der GmbH, Diss. Bonn (1966); ders. GmbH-Rdsch 1967 227 ; Maat% Geltendmachung von Gesellschaftsansprüchen durch Mitgesellschafter einer GmbH im eigenen Namen, GmbH-Rdsch 1974 124; Nitscbke Die Geltendmachung von Gesellschaftsforderungen durch den einzelnen Gesellschafter einer Personengesellschaft (Gesamthänderklage), ZHR 128 1966 48; H. M. Schmidt Die gegenseitige Treupflicht der GmbH-Gesellschafter, GmbH-Rdsch 1960 137; Wiedemann Unternehmensrecht und GmbH-Reform JZ 1970 595; ders. Unternehmerische Verantwortlichkeit und formale Unternehmensziele in einer zukünftigen Unternehmensverfassung, Festschr. f. C. H. Barz (1974) S. 561, 568. Die Rechtsfähigkeit der GmbH bedeutet, daß sie nicht nur Zuordnungssubjekt 6 der Rechte und Pflichten gegenüber Dritten, sondern auch gegenüber ihren Gesellschaftern ist (Rdn. 3). Die Verselbständigung der Gesellschaft zur juristischen Person geht aber nicht weiter als ihr Zweck. Die eigene Rechtspersönlichkeit erleichtert die Teilnahme am Rechtsverkehr und gewährleistet die für die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals notwendige Trennung des Gesellschaftsvermögens von dem der Gesellschafter. Dieser Zweck schließt Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis nicht aus (anders die Vorauf!.; die Rechtspr. des BGH scheint zu einer vorsichtigen Bejahung von Rechtsbeziehungen zu neigen, s. BGHZ 9 157, 163, 167; 14 25, 38; 14 53, 57). Für das Bestehen solcher Rechtsbeziehungen spricht einmal die sich aus den § § 24, 31 Abs. 3 ergebende Hafitungsgemeinschaft bei der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals (s. die Erl. zu § 24), mehr noch in rechtstatsächlicher Hinsicht die persönliche Verbundenheit, das Angewiesensein auf gegenseitiges Vertrauen und Rücksichtnahme, wie sie bei einem Personenverband typisch sind. Daraus ist zu schließen, daß die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen wechselseitigen Rechtsbeziehungen nach Entstehung der Gesellschaft als juristische Person fortdauern und die Gesellschafter auch untereinander verpflichten, die festgesetzten Leistungen zu erbringen, den Gesellschaftszweck zu fördern und gesellschaftsschädliche Handlungen zu unterlassen. Diese Rechtsbeziehungen äußern sich einmal in einer Treupflicht, die die Gesell- 7 schafter nicht nur der Gesellschaft (dazu § 14, 23 ff.), sondern sich auch gegenseitig schulden. Sie verpflichten den einzelnen Gesellschafter, bei der Ausübung seiner Gesellschafterrechte auf die Interessen der anderen Gesellschafter Rücksicht zu nehmen. Die Treupflicht kann gegebenenfalls auch ein positives Handeln verlangen. So sind z. B. die Gesellschafter einander zur Mitwirkung bei der Feststellung des Jahresabschlusses verpflichtet. Diese Mitwirkungspflicht kann durch Klage eines Gesellschafters gegen den anderen erzwungen werden (zur Erzwingung der Stimmpflicht s. auch BGHZ 48 163). Das gleiche gilt für eine etwa aus der gegenseitigen Treupflicht geschuldete Unterlassung. (3)
§13
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
4. Die Gesellschafterklage (actio pro socio) Schrifttum. S. vor Rdn. 3 und 6. 8 Von der eben erwähnten Klage des Gesellschafters gegen einen anderen Gesellschafter auf eine ihm unmittelbar geschuldete Leistung (oder Unterlassung) ist die Gesellschafterklage (actio pro socio) zu unterscheiden, eine im Recht der Personengesellschaften anerkannte Einrichtung (vgl. Hueck Das Recht der offenen Handelsgesellschaft § 18 II 3 S. 261, Fischer GroßkommHGB § 124 Anm. 11). Sie ist dort die Klage eines Gesellschafters im eigenen Namen und aus eigenem Recht gegen einen anderen Gesellschafter auf eine der Gesellschaft geschuldete Leistung (oder Unterlassung) an die Gesellschaft. Sie steht grundsätzlich auch den Gesellschaftern der GmbH zu. Diese Berechtigung folgt aus den Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander, die auch nach Erlangung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft fortdauern (Rdn. 6). Die Klagebefugnis ist hier dem Gesellschafter zwar auch aus eigenem Recht verliehen, aber zur Geltendmachung eines fremden Rechts in eigenem Namen. Es handelt sich also um eine Prozeßstandschaft (vgl. BaumbacbLauterbacb ZPO § 50 Grundz 4 B), deren Umfang jedoch durch die körperschaftliche Verfassung eingeschränkt wird. Bei der GmbH ist es in erster Linie Sache der hierzu berufenen Organe, die Rechte der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern wahrzunehmen. Deren Befugnis geht der Gesellschafterklage vor. Die actio pro socio im Recht der GmbH kann — anders als im Recht der oHG — nur als subsidiäre Notzuständigkeit begriffen werden. Nur falls die zuständigen Organe untätig bleiben und deshalb der Gesellschaft Schaden droht, wenn der Geschäftsführer nicht handelt, wo er handeln muß und die Gesellschafterversammlung ihn nicht anweist, zu handeln, darf und kann der einzelne Gesellschafter kraft seiner Gesellschaftereigenschaft eingreifen. Weist die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer durch Mehrheitsbeschluß an, von der Geltendmachung des Anspruchs gegen einen Gesellschafter abzusehen, so muß der überstimmte Gesellschafter diesen Beschluß durch eine auf Mehrheitsmißbrauch gegründete Anfechtungsklage (s. Anhang zu § 47) beseitigen, bevor, er die Gesellschafterklage erheben kann. 9 Die in Rdn. 8 beschriebene und für zulässig gehaltene Prozeßstandschaft ist nur für Ansprüche gegen Gesellschafter gegeben. Das Aktienkonzernrecht hat darüber hinaus eine Berechtigung des einzelnen Aktionärs zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens im Vertragskonzern (§ 309 Abs. 4 Satz 1 und 2 AktG), gegen das herrschende Unternehmen und die eigenen Organe bei Fehlen eines Beherrschungsvertrags (§§ 317 Abs. 4,318 Abs. 4) geschaffen. § 90 Abs. 2 RegE sieht in bestimmten Fällen ebenfalls eine Prozeßstandschaft des einzelnen Gesellschafters zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Mitglieder des Aufsichtsrats vor, s. auch die Erl. zu § 46 Nr. 8. Zur Übernahme dieser Rechtsgedanken i. S. einer Fortentwicklung des Gläubiger- und Minderheitschutzes in das GmbHRecht s. § 14, 26. 5. Streit um die Mitgliedschaft 10
Aus den Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander ergibt sich auch die Befugnis des einzelnen Gesellschafters, gegen einen anderen auf Feststellung zu klagen, daß er oder daß er nicht Gesellschafter sei, ebenso Hof mann GmbH-Rdsch 1967 99. Letzteres hat das OLG Nürnberg (BB 1971 1478) mit der unrichtigen Begründung verneint, die Ausübung von Gesellschafterrechten durch einen Nichtig
Juristische Person; Handelsgesellschaft (Schilling)
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gesellschafter sei kein Eingriff in die Rechtsphäre der Gesellschafter, sondern allein der Gesellschaft. Der Streit, wer Gesellschafter ist, kann aber auch in einem Prozeß mit der Gesellschaft ausgetragen werden (BGH LM § 13 Nr. 5 = GmbH-Rdsch 1963 7 m. Anm. v. Ganssmüller-, BGH WM 1964 265; 1969 1257; 1975 512, 514). So kann ein Gesellschafter gegen die Gesellschaft auf Feststellung klagen, daß ein Dritter nicht Gesellschafter ist (OLG Stuttgart GmbH-Rdsch 1967 97 m. Anm. von Hofmann). Nur wenn die Gesellschaft Partei ist, wirkt das Urteil Rechtskraft für und gegen sie und damit für und gegen ihre Organe. Das gilt insbesondere für die Gesellschafterversammlung. Auch der einzelne Gesellschafter kann die Gesellschaftereigenschaft eines anderen nicht mehr bestreiten, wenn sie gegenüber der Gesellschaft rechtskräftig festgestellt ist. Eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen der Gesellschaft und den sich über die Gesellschaftereigenschaft streitenden Personen besteht aber nicht (BGH WM 1964 265; vgl. BGHZ 30 195 für die Personengesellschaft). II. Die GmbH im Rechtsverkehr 1. Rechtsbeziehungen des Privatrechts Die GmbH als solche hat selbständig ihre Rechte und Pflichten (Abs. 1 Halbs. 1). 11 Daß sie Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben kann, ist in Abs. 1 Halbs. 2 nur beispielhaft gesagt. Die GmbH ist aller Rechte und Pflichten fähig, die sich mit der Eigenschaft als juristische Person vertragen, also nicht ihrem Wesen nach nur auf natürliche Personen zugeschnitten sind. So kann der juristischen Person ein allgemeines Persönlichkeitsrecht nicht zugesprochen werden, wohl aber kann sie Inhaber einzelner Persönlichkeitsrechte sein wie des Namensrechts (§12 BGB) oder des Rechts an der Geheimsphäre (im einzelnen s. Lessmann, Persönlichkeitsschutz juristischer Personen AcP 170 1970 266ff m. weit. Nachw.), ebenso gewerblicher Schutzrechte. Das Firmenrecht der GmbH ergibt sich aus den §§4, 13 Abs. 3 GmbHG, §§6, 17 HGB. Die GmbH kann Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft sein; zur GmbH u. Co KG s. Allg. Einl. Rdn. 32ff. Aus der Rechtsfähigkeit der GmbH ergibt sich die Anwendbarkeit aller Vor- 12 Schriften des BGB und sonstiger Gesetze über rechtsfähige Personen. Sie kann Bevollmächtigte sein, Verträge abschließen, natürlich auch mit ihren Gesellschaftern. Sie kann Erbe und Vermächtnisnehmer sein (vgl. § 2163 Abs. 2 BGB), ebenso Nachlaßpfleger, Nachlaßverwalter und Testamentsvollstrecker. Letzteres folgt auch aus § 2210 Satz 3 BGB. Dagegenüber überwiegt beim Vormund das persönlich-familiäre Element so sehr, daß die GmbH von diesem Amt ausgeschlossen ist, vgl. § 1779, arg. e contrario auch § 1791 a BGB. Sie kann auch nicht als Konkursverwalter bestellt werden (wohl aber der Geschäftsführer oder ein Angestellter), da dieses Amt die Verantwortlichkeit einer natürlichen Person verlangt (s. dazu die Komm, zur KO von Jaeger-Weber § 78 Anm. 7, Ment^el-Kuhn § 78 Anm. 2 und Böble-Stammschräder § 78 Anm. 1). Die GmbH ist auch aktiv und passiv deliktsfähig, d. h. sie kann eine unerlaubte 13 Handlung begehen und durch eine solche verletzt werden, soweit nicht eine natürliche Person als Verletzter vorausgesetzt ist. Sie genießt auch strafrechtlichen Ehrenschutz, BGHSt 6187. Für alle Rechtsbeziehungen der GmbH gilt die Organhaftung in entsprechender Anwendung des § 31 BGB, der einen allgemeinen Rechtsgedanken ausdrückt. Danach ist die GmbH für den Schaden verantwortlich, den der Geschäftsführer oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadenersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. (5)
§ 13
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
2. Die GmbH im Zivilprozeß • 14 Die GmbH kann vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 13 Abs. 1). Sie ist parteifähig, weil sie rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Nicht richtig ist es, der juristischen Person die Geschäfts- und damit die Pro2eßfähigkeit abzusprechen, weil sie nur durch ihre Organe handeln könne (so die Vorauf!. Anm. 11; BGHZ 38 75; Baumbach-Hueck § 13, 1 B; Baumbach-Lauterbach ZPO § 52, 1 B; Wiec^orek Komm, z. ZPO § 51, B I d l m. w. N.). Die Organe sind ein Teil der juristischen Person, durch sie handelnd ist sie prozeßfähig (ebenso BGH NJW 1965 1666; StaudingerCoing BGB Einl. 21 zu §§ 21ff; Lent-Jauernig Zivilprozeßrecht § 22 II). Die GmbH, handelnd durch den Geschäftsführer ist prozeßfähig, weil sie sich insoweit auch durch Verträge verpflichten kann, § 52 Abs. 1 ZPO. Die GmbH kann deshalb im Parteiprozeß Prozeßbevollmächtigter sein (§79 ZPO). § 57 ZPO ist auf sie allenfalls analog anzuwenden. 15 Im Prozeß wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Sie sollen in den Schriftsätzen, namentlich in der Klagschrift angegeben werden, § 130 Nr. 1 ZPO. Bei mehreren Geschäftsführern genügt die Zustellung an einen, § 171 Abs. 3. Die Geschäftsführer werden als Partei vernommen, §§445 ff, sie geben die anstelle des Offenbarungseides getretene eidesstatdiche Versicherung ab, §§807, 883, 889. Sie können nicht Zeuge sein, wohl aber die Gesellschafter. Auch die Mitglieder des Aufsichtsrats können Zeuge im Rechtsstreit der Gesellschaft sein, wenn der Aufsichtsrat nicht ausnahmsweise die Gesellschaft vertritt. Das Armenrecht kann der GmbH nach Maßgabe des § 114 Abs. 4 ZPO bewilligt werden. Nicht nur sie selbst, sondern auch die wirtschaftlich Beteiligten, das sind in der Regel alle Gesellschafter, müssen außerstande sein, die zur Führung des Prozesses erforderlichen Mittel aufzubringen. Nach § 17 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand der GmbH durch ihren Sitz bestimmt. Der Sitz ergibt sich aus der Satzung, § 3 Abs. 1 Nr. 1. Die Hilfsbestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 2, wonach als Sitz der Ort der Verwaltung gilt, findet also keine Anwendung. Der Gerichtsstand des statutarischen Sitzes gilt auch für Mitgliedschaftsklagen, d. h. für Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern und zwischen den Gesellschaftern, beide aber nur soweit sie sich aus der Mitgliedschaft ergeben, § 22 ZPO. Über die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen s. Rdn. 26 und § 95 GVG. 3. Das satzungsmäßige Schiedsgericht 16
Die Satzung der GmbH kann vorsehen, daß Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern und zwischen diesen untereinander aus dem Gesellschaftsverhältnis unter Ausschluß des ordentlichen Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Nach der h. M. ist ein solches Schiedsgericht ein durch Verfügung angeordnetes i. S. des § 1048 ZPO und die Formvorschrift des § 1027 nicht anwendbar (RGZ 153 267, 270; 165 140, 143; BGH LM AktG 37 § 199 Nr. 1 für die AG; Baumbach-Lauterbach § 1048, 3; Wiecyorek §1048, A l l b ; BaumbachSchwab Schiedsgerichtsbarkeit2 S. 226; Rosenberg-Schwab § 174 IX 3; Wellmann GmbH-Satzung und Schiedsgerichtsklausel BB 1961 695; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, 1964 S. 190). BGHZ 38 155,159 ( = LM § 1027 ZPO Nr. 4 m. Anm. v. Johannsen) will zu der Frage keine Stellving nehmen. Seine weiteren Ausführungen gründen aber doch auf der h. M. Eine gegenteilige Meinung vertreten Schlosser (Stein-Jonas-Schlosser § 1048 II) und Kleinmann BB 1970 1076. Für sie beruht auch das in der Satzung einer juristischen Person angeordnete Schiedsgericht auf einem Schiedsvertrag, für den § 1027 gilt. (6)
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Der h. M. ist zu folgen. Zwar ist die Satzung aus dem bei der Gründung abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag hervorgegangen. Das dort vereinbarte Schiedsgericht wird aber mit der Eintragung und Entstehung der Gesellschaft als Körperschaft ein angeordnetes i. S. des § 1048 ZPO. Daher wird die Schiedsklausel erst mit der Eintragung der Gesellschaft wirksam. Das Schiedsgericht kann auch durch nachträgliche Satzungsänderung angeordnet werden. Das ist aber nicht durch Mehrheitsbeschluß möglich, sondern bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter (ebenso Schlosser wie in Rdn. 16 II 3a). Es handelt sich um einen Verzicht auf den gesetzlichen Richter, den die Mehrheit nicht der Minderheit aufzwingen kann (vgl. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Flume Die Vereinsstrafe in Festschrift für Bötticher (1969) 101, 133). Gegenüber dem Erwerber eines Geschäftsanteils als neuem Gesellschafter gilt die Schiedsklausel ohne weiteres. Denn mit dem Eintritt in die Gesellschaft unterwirft er sich der Satzung und der in ihr angeordneten Schiedsgerichtsbarkeit. Für den Umfang der der Schiedsklausel unterworfenen Rechtsstreitigkeiten gilt § 1026 ZPO. Das Gesellschaftsverhältnis ist ein bestimmtes Rechtsverhältnis i. S. dieser Vorschrift. Das Schiedsgerichtsverfahren kann also für alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis vereinbart werden. Das sind Streitigkeiten über solche Rechtsverhältnisse, die der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen, also den Gegenstand statutarischer Bindung bilden können (BGHZ 38 155, 161/2). Darunter fallen auch solche aus den Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Rdn. 6, 7), auch aus einem in der Satzung festgesetzten Vorerwerbs- oder Vorkaufsrecht (vgl. die Erl. zu § 15). Das Gesellschaftsverhältnis besteht zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, aber auch zwischen diesen untereinander (Rdn. 6, 7). Die Gesellschaft ist der Schiedsklausel unterworfen, weil sie der Satzung und dem Willen der Gesellschafter unterworfen ist. Sollen noch andere, außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses liegende Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmten zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter oder zwischen den Gesellschaftern untereinander bestehenden Rechtsverhältnis einem Schiedsgerichtsverfahren unterworfen werden, so bedarf es des Abschlusses eines Schiedsvertrags unter Beachtung der Vorschriften des § 1027 ZPO (BGHZ 38 155, s. dort die Ausführungen unter III S. 162ff. für den Fall, daß Gesellschaftsvertrag und Schiedsvertrag gleichzeitig abgeschlossen werden). Ein Schiedsgericht kann nicht vereinbart werden für Klagen auf Nichtigkeit oder Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses (dazu § 47 Anhang). Für diese Klagen gelten die Vorschriften des Aktiengesetzes (§§241fF.) und die Zuständigkeitsvorschrift des § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG (Landgericht des Sitzes der Gesellschaft) ist zwingend (BGH LM AktG 37 § 199 Nr. 1; BGH WM 1966 1132; zweifelnd Wolanj S. 191 f.). Die Unzulässigkeit ergibt sich auch aus § 1025 Abs. 1 ZPO Im Nichtigkeits- und Anfechtungsprozeß können sich die Parteien — Anfechtungskläger und Gesellschaft — nicht über den Streitgegenstand, also die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses vergleichen, da diese für und gegen alle wirken muß und nach §§248, 249 AktG wirkt {Schilling GroßkommAktG § 246, 7, 14). Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß bei NichtZustandekommen eines Gesellschafterbeschlusses ein als Schiedsgericht bezeichnetes Gremium entscheiden soll, so tritt diese Entscheidung an die Stelle eines Gesellschafterbeschlusses. Das Gremium ist daher nicht Schiedsgericht, sondern Gesellschaftsorgan. Es wird nicht nach Maßgabe der §§ 1025 ff. ZPO tätig. Seine Entscheidungen unterliegen wie Gesellschafterbeschlüsse der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage, wobei eine in dem Gremium erzielte Einstimmigkeit die Klage nicht ausschließt (BGHZ 43 261). m
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter 4. Die GmbH im öffentlichen Recht
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Die inländische GmbH ist grundrechtsfahig, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar sind, Art. 19 Abs. 3 GG. Das ist z. B. der Fall bei Art. 2 Abs. 1 GG i. S. einer allgemeinen Handlungsfreiheit und wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit (BVerfGE 20 336, 23 30, 29 266). Ferner güt der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 auch für juristische Personen, z. B. in vermögensrechtlicher Beziehung (BVerfGE 23 163). Mit dem Gleichheitssatz ist es unvereinbar, die Freigrenze für die Offenlegungspflicht der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG über die Herkunft der Spenden von natürlichen und juristischen Personen verschieden zu bemessen (BVerfGE 24 301, 357). Für die Besteuerung gewerblicher Einkünfte sind Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften grundsätzlich ungleich, alle Kapitalgesellschaften, gleichviel ob personenbezogen oder anonym, unter sich grundsätzlich gleich (BVerfGE 13 339, vgl. dazu auch Allg. Einl. Rdn. 35). Die Unterwerfung der GmbH u. Co KG unter die Gesellschaftsteuer in § 6 Abs. 1 Nr. 4 KapVerkStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfGE 24 174). Die Nichtabzugsfähigkeit der AufsichtsratsVergütungen in § 12 Nr. 3 KörpStG ist keine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber Kapitalgesellschaften ohne Aufsichtsrat oder gegenüber Personengesellschaften (BVerfGE 34 103). 23 Die GmbH genießt das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2, BVerfGE 21 277), ebenso das der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1). Dabei ist Grundrechtsträger auch die Vereinigung selbst, deren Existenz und Funktionsfähigkeit geschützt sind (BVerfGE 30 241). Auch die in Art. 12 Abs. 1 geschützte Berufsfreiheit steht der GmbH zu (BVerfGE 21 266). Dabei ist Schutzgut die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben, soweit diese Erwerbstätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (BVerfGE 30 312). Ebenso steht der Eigentumschutz des Art. 14 Abs. 1 der GmbH zu (BVerfGE 23 163, 223), ferner, da sie parteifähig ist, das Recht auf den gesetzlichen Richter des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (BVerf 3 363,12 8). 24 Die GmbH kann Träger sonstiger subjektiver öffentlicher Rechte und Pflichten sein. Soweit persönliche Eigenschaften maßgebend sind, kommt es auf die Person der Geschäfsführer als ihres handelnden Organs an. Hat das vertretungsberechtigte Organmitglied eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit begangen, durch die eine der GmbH obliegende Pflicht verletzt oder die GmbH bereichert worden ist oder bereichert werden sollte, so kann gegen die GmbH als Nebenfolge der Straftat oder der Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße festgesetzt werden (§26 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 24. 5. 1968 BGBl I 481; kritisch dazu Eckardt in GesslerHefermehl-Eckardt-Kropff, AktG § 1 Rdn. 24ff.; vgl. auch BVerfGE 20 335). m . Die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft
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Den Gesellschaftsgläubigem haftet nur das Gesellschaftsvermögen, Abs. 2. Der damit ausgesprochene Ausschluß der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist keine notwendige Folge der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (anders die Vorauf!, und Scholz 13), vgl. die andere Regelung bei der KGaA. Vielmehr beruht dieser Ausschluß auf der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes. Andererseits trifft das Gesetz Vorsorge, daß das Gesellschaftsvermögen, soweit es zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, aus(8)
Juristische Person; Handelsgesellschaft (Schilling)
§13
schließlich den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung steht, §§ 30—33. Die Gesellschafter haften den Gläubigern auch nicht in Höhe ihrer noch nicht geleisteten Einlage unmittelbar wie bei der KG nach § 171 HGB (zur Pfändung rückständiger Einlageforderungen durch den Gesellschaftsgläubiger s. die Erl. zu § 19). Das GmbH-Gesetz kennt auch nicht die unmittelbare Haftung von Gesellschaftern oder Organmitgliedern gegenüber den Gläubigern in besonderen Fällen, wie sie das Aktiengesetz in den §§48, 62 Abs. 2, 93 Abs. 5, 117 Abs. 5 und 309 Abs. 4 Satz 3 festsetzt. Die Gesellschafterhaftung bleibt demnach auf vertragliche und deliktische Tatbestände nach den allgemeinen Vorschriften beschränkt, z. B. aus Schuldübernahme, Garantie, Bürgschaft, Rechtsschein oder einer unerlaubten Handlung nach den §§ 823ff.BGB (vgl. §9, 40, 41). Daneben hat das Gesellschaftsrecht besondere Institute ausgebaut in der Durchgriffshaftung des beherrschenden Gesellschafters, insbesondere des Einmanns (s. dazu Anhang I zu § 13: Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung), in der Haftung aus Unterkapitalisierung (Anhang zu § 30) und aus Konzerntatbeständen (Anhang II zu § 13: Die GmbH im Konzernverband Rdn. 24, 25, 41, 43, 47, 48ff, s. aber auch § 11, 26, 27; s. ferner Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht 1969). IV. Die GmbH als Handelsgesellschaft Die GmbH gilt als Handelsgesellschaft i. S. des HGB, Abs. 3. § 3 AktG und ihm 26 folgend § 3 RegE z. GmbHG (Rdn. 2) fügen hinzu, daß dies auch gilt, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht (vgl. Allg. Einl. Rdn. 21). Das ist auch geltendes Recht für die GmbH und der eigentliche Inhalt der Vorschrift. Denn wenn die GmbH ein Handelsgewerbe i. S. der §§ 1, 2 HGB betreibt, ist sie ohnehin Kaufmann. Darauf kommt es aber nach dem Willen des Gestzes nicht an. Die GmbH wird in jedem Fall nach Abs. 3 als Handelsgesellschaft fingiert. Damit finden gemäß § 6 Abs. 1 HGB die für Kaufleute gegebenen Vorschriften auf sie Anwendung und zwar nach § 6 Abs. 2 diejenigen für den Vollkaufmann. Ist die GmbH also ohne Rücksicht auf den Gegenstand ihres Unternehmens (s. dazu § 1, 3ff. § 3,17ff.) Kaufmann, so ist ihr Unternehmen auch immer Handelsgewerbe und sind ihre Geschäfte immer Handelsgeschäfte nach § 343 HGB. Die GmbH ist Formkaufmann und betreibt ein Handelsgewerbe kraft Rechtsform. Das ist heute allg. Meinung: Schal^ 14, Baumbach-Hueck 3, Brüggemann GroßkomHGB § 6, 2 und Rat% ebenda § 343, 2, Schlegelberger-Hildebrandt-Steckhan § 6, 1; Schlegelberger-Hefermehl §343, 4; für die AG: Meyer-Landrut GroßkomAktG §3, 4; Kraft Köln KomAktG § 3, 9ff.; Godin-Wilhelmi § 3, 2; Gessler-Hefermehl-Eckardt § 3, 5ff. Die abw. Meinung in der Vorauf!. Anm. 22, 25 wird aufgegeben. Da die GmbH — anders als nie natürliche Person — keine Privatsphäre hat und haben kann, gehören auch alle Geschäfte, die sie nach außen vornimmt, zum Betrieb ihres Handelsgewerbes i. S. des § 343 HGB (ebenso Meyer-Landrut aa.O, EckardtvaO 6, KraftmOW). Die GmbH unterliegt somit allen Vorschriften des I. und des III. Buches des 27 HGB, auch wenn der Gegenstand ihres Unternehmens in Wirklichkeit nicht in dem Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Es gelten für sie die Vorschriften über das Handelsregister, die Handelsfirma, soweit nicht die Sondervorschrift des § 4 eingreift, und die Handelsbücher, soweit nicht die §§ 41, 42 eingreifen. Sie kann Prokura und Handlungsvollmacht erteilen § § 48, 54 HGB. Ihre Angestellten sind Handlungsgehilfen gemäß § 59ff.HGB, wenn sie kaufmännische Dienste leisten (BAG NJW1957 763 = LM § 59 HGB Nr. 4 m. zust. Anm. v. Hefermehl-, Würdinger GroßkomHGB § 59, 4; Eckardt aaO 8). Für sie gilt immer § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG P)
§13
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
(ebenso Baumbach-Hueck 3). Umstritten ist, ob die GmbH auch ohne Rücksicht auf den Gegenstand ihres Unternehmens einen Gewerbebetrieb i. S. des § 196 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BGB unterhält, so daß die dort bezeichneten Forderungen gegen sie erst in 4 Jahren verjähren. Die Frage ist zu bejahen (ebenso Baumbach-Hueck. 3, Mejer-Landrut aaO, Eckardt aaO 6, Kraft aaO 12; a. M. RG DJZ 1913 233; Celle OLGR 28 42; Schol^ 14). Wenn die GmbH als Kaufmann gilt, gilt ihr Unternehmen als Handelsgeewerbe und das ist ihr Gewerbebetrieb nach § 1 HGB und i. S. des § 196 BGB. Anders ist die Rechtslage außerhalb des HGB. Der Gewerbeordnung untersteht die GmbH nur, wenn sie ein Gewerbe i. S. dieses Gesetzes betreibt. Ebensowenig gilt die Fiktion eines Handelsgewerbes für den Begriff des Erwerbsgeschäfts in § 1822 Nr. 3 BGB. Dieser setzt eine berufsmäßig ausgeübte, auf selbständigen Erwerb gerichtete Tätigkeit voraus, RGZ 133 7 (11).
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Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§13 Anh. I
ANHANG I
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung Übersicht
Rdn. Schrifttum I. Zulässigkeit der Einmanngesellschaft. 1 1. Richterliche Anerkennung . . . . 2 2. Gesetzliche Regelungen mit Bezug auf die Einmann-GmbH 3 a) Unternehmensrecht 4 b) Steuerrecht 5 c) Einmanngesellschaften der öffentlichen Hand 6 3. Reform 7 4. Die Zulässigkeitsdiskussion im Schrifttum 8 a) Einmann-GmbH und Wesen der juristischen Person 9 b) Gleichlauf von Herrschaft und Haftung 10 c) Einmann-GmbH und gesetzlicher Typus der GmbH 11 II. Die Einmann-GmbH als Normanwendungsproblem 12 ELI. Terminologie 14 IV. Verwendbarkeit der Einmann-GmbH für den Konzernaufbau und die Bildung gesellschaftsrechtlicher Mischformen 1. Grundsatz 15 2. Zulässigkeit der Einheitsgesellschaft 16 a) Willensbildung in der Einheitsgesellschaft 17 b) Gläubigerschutz durch Aufbringung und Erhaltung von GmbHund Kommanditkapital . . . . 19 V. Organisationsrecht 1. Entstehung der Einmann-GmbH . 22 a) Entstehung von Todes wegen . 23 b) Rechtsgeschäftliche Entstehung . 24 c) Umwandlung und Mantelkauf . 28 d) Kaduzierung und Ausschließung 29 2. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft 30 3. Internes O r g a n i s a t i o n s r e c h t . . . . 31 a) Universalversammlung und Entschluß 32 b) Aufsichtsrat 34 c) Alleingesellschafter - Geschäftsführer 35 VI. Verhältnis zu Dritten — Durchgriffsproblem 37 1. Varianten der Durchgriffsdoktrin . 38
Rdn. a) Subjektiver Ansatz 39 b) Objektiver Ansatz 40 c) Durchgriff als Normanwendungsproblem 41 2. Uberblick über die Rechtsprechung a) Reichsgericht 43 b) Bundesgerichtshof 44 3. Sonderproblem des „gesellschafterfreundlichen Durchgriffs" . 46 4. Fallgruppen a) Unterkapitalisierung 47 b) Gesellschafter als Vertragspartei. 48 c) Besondere vertragliche oder gesetzliche Verhaltenspflichten . . 49 d) Deliktsrecht 53 e) Rechtsscheinerwerb 54 f) Maklerprovision, Sicherungshypothek, Vorkaufsrechte . . . 55 g) Konkursantrag 58 h) Gläubigeranfechtung 59 i) Arbeitsrecht 60 j) Prozeßrecht 61 VII. Besonderheiten beim Unternehmenskauf 62 VIII. Steuerrecht 1. Allgemeines 64 2. Steuerprobleme bei Gründung und Veräußerung 65 3. Besonderheiten der laufenden Besteuerung a) G e s e l l s c h a f t e r d a r l e h e n . . . . 66 b) Gesellschaftsdarlehen . . . . 67 c) Geschäftsführergehälter . . . 68 d) Pensionszusagen 69 IX. Rechtsvergleichender Überblick . . . 70 1. Einzelunternehmen mit beschränkter Haftung 71 2. Zulassung nach abgeleiteter Gründung a) Uneingeschränkte Zulässigkeit unter Anerkennung des Trennungsprinzips 72 b) Eingeschränkte Zulässigkeit . 73 c) Aufhebung des Trennungsprinzips 74 3. Unzulässigkeit der Einmanngegesellschaft 75 X. Die Einmanngesellschaft im Internationalen Privatrecht 76
§ 1 3 Anh.l
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Schrifttum Arbeitskreis GmbH-Reform Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform, Bd. 2 (1972) S. 35 ff.; Berns Die Einmanngesellschaft mit beschränkter Haftung und das Selbstkontrahieren ihres geschäftsführenden Alleingesellschafters, Diss. Marburg (1964); Caflisch Die Bedeutung und Grenzen der rechtlichen Selbständigkeit der abhängigen Gesellschaft im Recht der Aktiengesellschaft (1961); Cohn und C. Simitis „Lifting the Veil" in the Company Laws of the European Continent, International & Comparative Law Quarterly 12 1963 189ff.; Eckerle Die Einmanngesellschaft — ihre •wirtschaftlichen Motive und ihre rechtliche und rechtspolitische Beurteilung, Diss. Mannheim (1963); Eltermann Der verdeckte Kapitalentzug in der GmbH & Co. KG, Diss. Köln (1972); ders. Zur Zulässigkeit der Einheits-GmbH & Co. unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, GmbH-Rdsch. 1973 207; Fabricius Relativität der Rechtsfähigkeit. Ein Beitrag zur Theorie und Praxis des privaten Personenrechts (1963); Fauser Die Rechtsnatur der Einmanngesellschaft (1965); Göggerle Die teleologische Reduktion des § 181 BGB unter besonderer Berücksichtigung der Einmann-GmbH mit identischem Gesellschafter-Geschäftsführer, Diss. Tübingen (1974); Gottschling Die Einmann-GmbH in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesfinanzhofes, GmbH-Rdsch. 1959 194; Griebel Die Einmanngesellschaft (1933); W. Henkel Zur Theorie der Juristischen Person im 19. Jahrhundert — Geschichte und Kritik der Fiktionstheorien, Diss. Göttingen (1973); Hunscha Die GmbH & Co. KG als Alleingesellschafterin ihrer GmbH-Komplementärin (1974); Ilgen Die Einmanngesellschaft als atypische Gesellschaftsform im deutschen und französischen Recht, Diss. Köln (1969); Ippen Die GmbH & Co. KG als Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile ihrer allein persönlich haftenden GmbH-Komplementärin, Diss. Münster (1967); Kamm Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften nach deutschem Recht unter Berücksichtigung des schweizerischen und französischen Rechts (1967) S. 58ff., 69ff.; O. Kuhn Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften (1964); dazu Ballerstedt ZHR 128 1966 119; Mertens Die Einmann-GmbH & Co. KG und das Problem der gesellschaftsrechtlichen Grundtypenvermischung NJW 1966 1049; Müller-Freienfels Zur Lehre vom sogenannten „Durchgriff" bei juristischen Personen im Privatrecht AcP 156 1957 522ff.; Paulick Die Einmann-GmbH & Co. KG als stille Gesellschaft, Festschrift H. Demelius (1973) S. 399ff.; Pfleger Die Stiftung als Alleingesellschafter der Einmann-GmbH (1969); Plander Geschäfte des Gesellschafter-Geschäftsführers der Einmann-GmbH mit sich selbst (1969); E. Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969); ders. Die GmbH als Konzernunternehmung, in: GmbH-Reform (1970) S. 127ff.; Reinhardt Gedanken zum Identitätsproblem bei der Einmanngesellschaft, Festschrift H. Lehmann, Bd. 2 (1956) S. 576; Rotondi Zur Haftungsbeschränkung des Einzelkaufmanns, ZHR 131 1968 330ff.; Schande Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung als Konzeptionalisierungsprobleme gesellschaftsrechtlicher Zurechnung, Diss. Frankfurt (1975); Schilling Die Einmanngesellschaft und das Einzelunternehmen mbH, JZ'1953161 ff.; ders. Rechtspolitische Gedanken zur GmbH & Co., Festgabe Kunze (1969) S. 189; ders. Die GmbH & Co. KG als Einheitsgesellschaft, Festschrift Barz (1974) S. 67; K. Schmidt Wohin führt das Recht der Einmanngesellschaft? GmbH-Rdsch. 1974 178; Schönle Die Einmannund Strohmanngesellschaft (1957); Strick Rechtsform und Realität juristischer Personen (1955); Tröster Die Einmann-GmbH — Ein Beitrag zur Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit (1971); Wieacker Zur Theorie der Juristischen Person des Privatrechts, Festschrift E. R. Huber ( 1973) S. 339; Wietbölter Die GmbH in einem modernen Gesellschaftsrecht und der Referentenentwurf eines GmbH-Ge(12)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh.l
setzes, in: Probleme der GmbH-Reform (1970) S. 11; ders. Die GmbH & Co. KG — Chancen und Grenzen, in: Aktuelle Probleme der GmbH & Co. (1967) S. 11; G. Woernle Die organähnliche Haftung des machtausübenden Hauptaktionärs gegenüber Gläubigern der abhängigen Aktiengesellschaft, Diss. Lausanne (1970); Wolany Soll die Einmann-GmbH beibehalten werden? GmbH-Rdsch. 1962 77; Würdinger Die Einmann-Gesellschaft, in: Deutsche Landesreferate zum VII. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Uppsala 1966 (1967) S. 340ff.; vgl. außerdem die Schrifttumsnachweise vor Rdn. 37.
I. Zulässigkeit der Einmanngesellschaft Die GmbH bleibt als selbständiges Rechtssubjekt erhalten, wenn sich alle Mit- 1 gliedschaftsrechte in einer Hand vereinigen. Dieser Satz ist Bestandteil des geltenden deutschen Gesellschaftsrechts; er entspricht einer auch in vergleichbaren ausländischen Rechten zu beobachtenden Tendenz (vgl. unten Rdn. 68 ff), die mit der Inkorporation verbundene Haftungsbeschränkung stärker auf die eigenständige Organisation und Kapitalisierung eines Unternehmens als auf das Bestehen eines personalen Gesellschafterverbandes mit überindividueller Zwecksetzung zu gründen (vgl. Arbeitskreis GmbH-Reform S. 35ff.; Stimpel Richterliche Rechtsfortbildung im Personenhandelsgesellschaftsrecht, Juristische Studiengesellschaft Karlsruhe Heft 87 [1969] S. 15ff,17). Die Einmanngesellschaft mit beschränkter Haftung kommt den legitimen Interessen des Unternehmers entgegen, Fortbestand und Leitungskontinuität des Unternehmens ohne Rücksicht auf seine Person zu sichern und kraft einer offenen — durch den Firmenzusatz gekennzeichneten — Trennung des Unternehmensvermögens vom Privatvermögen auch bei einem einzelkaufmännischen Unternehmen seinen Kapitaleinsatz zu begrenzen (vgl. Arbeitskreis GmbH-Reform aaO; R. Fischer Anm. zu LM Nr. 1 zu § 13 GmbHG; O. Kuhn S. 196f.; Th. Raiser Das Unternehmen als Organisation [1969] S. 48f.; Wolany GmbH-Rdsch. 1962 77ff.; zu den Gründungsmotiven vgl. im einzelnen Eckerle S. 8ff.; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 324f.; zur volkswirtschaftlichen und sozialen Rechtfertigung der Haftungsbegrenzung E. Rehbinder GmbH-Reform S. 127,138ff.; Wiethölter GmbH & Co.KG, S. 37ff.Mit der offenen Anerkennung der Einmanngesellschaft wird ein Rückzug in Treuhandlösungen vermieden und insofern die für die Gesellschaftsgläubiger bedeutsame Transparenz der wirtschaftlichen Beherrschung gefördert. Im übrigen ist die Einmanngesellschaft ein heute kaum mehr entbehrliches Organisationselement für die Konzernbildung und für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand. 1. Richterliche Anerkennung Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat Einmanngesellschaften stets an- 2 erkannt. Ihr Ausgangspunkt war die romanistische Fiktionstheorie einerseits, das praktische Verkehrsbedürfnis andererseits (vgl. die Grundsatzentscheidung RGZ 23 202 über die Vereinigung sämtlicher Kuxe einer bergrechtlichen Gewerkschaft in einer Hand). Diese Rechtsprechung wird nach Inkrafttreten des GmbHG für die Einmann-GmbH ausdrücklich bestätigt in RGZ 85 380, 382f.; vgl. weiter RGZ 87 18, 25; 92 77, 84f.; 118 113, 119; 129 50, 53f.; BGHZ 21 378, 383f.; 22 226, 229f.; 33 189, 191; BGH WM 1964 70; BGHZ 45 204, 207 ; 56 97, 103; 61 380, 383; BGH NJW 1974 1371 f. (13)
§ 1 3 Anh. I
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
2. Gesetzliche Regelungen mit Bezug auf die Einmann-GmbH 3 Der Gesetzgeber hat sich die richterrechtliche Anerkennung der Einmanngesellschaft in einer Reihe von Vorschriften auf unterschiedlichen Rechtsgebieten zu eigen gemacht, so daß ihre Zulässigkeit heute nicht nur gewohnheitsrechtlich feststeht, sondern auch aus dem Gesetz erschlossen werden kann. 4
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a) Unternehmensrecht Aus dem Unternehmensrecht sind zu nennen § 319 AktG (Eingliederung einer K o n z e r n - A G ) 7 6 Abs. 6 BetrVerfG 1952 (Einmanngesellschaft als Familiengesellschaft) ; § 50 UmwG 1969 (Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine AG; vgl. dazu Lehmann-Diet.£ S. 32). b) Steuerrecht Steuerrechdich findet die Einmann-GmbH Berücksichtigung in § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG; § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG; § 3a Nr. 1 VStG; § 17 Abs. 6 UmwStG; § 16 Abs. l__Nr. 1, 2. Hs. EStG. c) Einmanngesellschaften der öffentlichen Hand Anerkennung hat die Einmanngesellschaft auch in z. T. gesetzesförmigen Gründungen für Zwecke der öffentlichen Hand gefunden (vgl. hierzu näher Böckstiegel Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen [1971] S. 31 ff.; ders. Der Durchgriff auf den Staat [1972] S. 13ff. m. w. Nachw.; Eckerle S. 41 ff.; Emmerieb Das Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen [1969] S. 184, 187f.; Hämmerlein Öffentliche Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, GmbH-Rdsch. 1970 273; Scholz § 15, 61).
3. Reform 7 Der Regierungsentwurf 1972 zum GmbH-Gesetz hält an der Zulässigkeit der Einmanngesellschaft fest und bestätigt im wesentlichen die geltende Rechtslage. Die Begründung zu § 2 RegE geht davon aus, daß weiterhin nur die sogenannte abgeleitete Gründung möglich sein soll, da für die Errichtung von Einzelunternehmen mit beschränkter Haftung eine ganz neue Rechtsform geschaffen werden müßte; dieses Unterfangen gehe über den Rahmen einer Reform des GmbH-Rechts hinaus. Jedoch soll in Ergänzung des Umwandlungsgesetzes die Möglichkeit begründet werden, ein bestehendes einzelkaufmännisches Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln (§31 RegE eines EG zum GmbHG). Demgegenüber hat der Arbeitskreis GmbH-Reform S. 37, 39 angeregt, die originäre Einmanngründung zuzulassen und diese Gründung durch die Verpflichtung zur Volleinzahlung des Kapitals zu sichern (vgl. auch unten Rdn. 24). Das Bundesjustizministerium hat inzwischen einen entsprechenden Änderungsvorschlag zur Erörterung gestellt (vgl. § 2, 3). § 256 I RegE sieht vor, daß eine inländische Hauptgesellschaft als Alleingesellschafterin einer anderen GmbH deren Eingliederung beschließen kann. Gemäß § 62 Abs. 5 Satz 3 RegE soll § 181 BGB für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer nicht anwendbar sein; dagegen wird für seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft die Schriftform ausdrücklich vorgeschrieben. 4. Die Zulässigkeitsdiskussion im Schrifttum 8
Auch das Schrifttum bestreitet heute die Zulässigkeit der Einmann-GmbH nicht mehr (vgl. Baumbach-Hueck Anhang § 34, 1 und 2; Lehmann-Diet^ S. 31 ff.; Reinhardt (14)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh.l
Gesellschaftsrecht, S. 324ff.; Scholz § 15, 61; Scholz-Fischer § 15, 7; Sudhoff S. 59f.; Wilke-Berg-Gottschling-Gaul Rdn. 687; zur Einmann-AG vgl. Kraft KölnKomAktG § 1, 38ff.). Die Zulässigkeitsdiskussion ist aber insofern noch aktuell, als die in ihr vorgetragenen Argumente auch für die rechtliche Behandlung der als zulässig anerkannten Einmanngesellschaft von Bedeutung sind. Das gilt vor allem im Hinblick auf das sogenannte Durchgriffsproblem. Die in dieser Hinsicht wichtigsten Einwände gegen die Einmanngesellschaft lassen sich unter drei Stichworten zusammenfassen: Sie sei mit dem Wesen der juristischen Person nicht vereinbar, sie verletze den Grundsatz des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung, und sie verstoße gegen die Strukturprinzipien des gesetzlichen Typus der GmbH. a) Einmann-GmbH und Wesen der juristischen Person Die traditionelle Diskussion hat die Frage nach der Zulässigkeit der Einmanngesellschaft zunächst als begriffliches Problem verstanden und unter Hinweis auf das 9 Wesen der juristischen Person zu beantworten versucht. Dabei zeigen sich zwei Ausgangspunkte: War man — in germanistischer Tradition (Genossenschaftstheorie) — der Ansicht, allein eine Personenmehrheit könne sich im Verband inkorporieren und damit rechtlich verselbständigen, so mußte man einer Einzelperson das Recht, mit einer selbständigen Rechtsperson im Geschäftsverkehr aufzutreten, absprechen (vgl. Otto von Gierke Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung [1887] S. 833ff.; ders. Deutsches Privatrecht I [1895] S. 558; mit gewissen Einschränkungen auch Feine S. 435ff.; Wielandl S. 510ff.; II S. 385ff.; w. Nachw. bei Brodmann § 2, 8a; Fauser S. 25 ff.; Schilling Vorauf!. 1). Soweit man dagegen — in romanistischer Tradition (Fiktionstheorie) — der Ansicht zuneigte, die juristische Person sei eine normative Zweckkonstruktion, konnte man der Möglichkeit einer von einem einzelnen betriebenen Gesellschaft grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Die von diesen gegensätzlichen Ausgangspunkten (dazu allgemein Joerges Handlexikon zur Rechtswissenschaft, hrsg. von Görlitz [1972] S. 222ff.; Kronstein Das Recht der internationalen Kartelle [1967] S. 483ff.; Staudinger-Coing Einl. vor §21, 2a—2c; Wieacker S. 339, 358ff.) geführte Diskussion, ob die Einmanngesellschaft mit dem Wesen der juristischen Person vereinbar sei, mündete zuletzt in den von Schilling (Vorauf!. 1 und JZ 1953 161 ff.; vgl. aber jetzt ders. Festgabe Kunze, S. 189ff.) vertretenen Vermittlungsversuch, die Einmanngesellschaft habe zwar keine eigene Rechtspersönlichkeit, doch sei das Gesellschaftsvermögen als gebundenes Sondergut des Alleingesellschafters anzusehen, dessen Verwaltung den Regeln des GmbH- (oder Aktien-) Rechts folge; ähnlich auch der für das schweizerische Recht bedeutsame Lösungsversuch von Schönle S. 66 f. Diese Sondervermögenstheorie bringt einerseits richtig zum Ausdruck, daß die Einmannkörperschaft als Personifikation ohne körperschaftliches Substrat und ohne überindividuelle Zweckwidmung eine Art wirtschaftlicher Eigenstiftung darstellt (so Wieacker S. 379), die für eine auf vorpositiven Strukturelementen aufbauende Theorie der körperschaftlichen Person ein Fremdkörper bleibt; Wieacker aaO spricht von einem extremen Grenzfall. Wenn die Sondervermögenstheorie andererseits in den Rechtsfolgen uneingeschränkt das Modell der inkorporierten selbständigen Unternehmenseinheit zugrunde legt und darauf verzichtet, der defizienten Verbandsrealität als solcher anwendungspraktische Bedeutung zuzumessen, so liegt auch dem eine richtige Einsicht zugrunde, nämlich daß über eine Sonderbehandlung der Einmann-GmbH jeweils nur im Hinblick auf bestimmte Normen und Normzwecke entschieden werden kann (vgl. unten Rdn. 12 f., 41). Freilich macht diese Einsicht die Sondervermögenstheorie Schillings zu einem dogmatisch folgenlosen und damit überflüssigen Konzept (vgl. Fauser S. 20f.; R. Fischer (15)
§ 13 Anh.l
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
JZ 1956 362; O. Kuhn S. 60ff., 66; Kraft KölnKomAktG § 1, 41). Zur historischen Entwicklung der einzelnen Ansätze insgesamt: Schande (1975). b) Gleichlauf von Herrschaft und Haftung 10
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Gegen die Zulässigkeit der Haftungsbeschränkung in Form der EinmannGmbH ist — insbesondere von Anhängern der ordoliberalen Wirtschaftstheorie — das Argument vorgetragen worden, sie verletze den Grundsatz des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung. Wer eine Gesellschaft allein beherrsche, müsse dafür auch mit der persönlichen unmittelbaren Haftung einstehen (vgl. Großmann-Doerth Berichte über die Sitzungen des Ausschusses für GmbH-Recht der Akademie für Deutsches Recht I [1937] S. 9; ders. DR 1939 9; Hallstein Berichte aaO VII [1938] S. 27; Müller-Ersbach Das private Recht der Mitgliedschaft als Prüfstein eines kausalen Rechtsdenkens [1948] S. 114f., 368ff.; im Ausgangspunkt auch: C. E. Fischer Die GmbH [1948] S. 98 und Reinhardt Identitätsproblem, S. 576, 589f.; zur Funktion der Haftung aus ordoliberaler Sicht vgl. allgemein Euchen Grundzüge der Wirtschaftspolitik, 4. Aufl. [1968] S. 280ff.; Immenga S. 118ff.). Heute ist anerkannt, daß der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung zwar ein grundsätzlich sinnvolles Postulat, aber keineswegs eine unmittelbar anwendbare Norm darstellt und daher das für das Körperschaftsrecht maßgebliche Gestaltungsprinzip, demzufolge statt individueller Zurechnung eine Zurechnung auf das verselbständigte Unternehmensvermögen erfolgt, auch für die Einmanngesellschaft nicht außer Kraft setzen kann (vgl. Ballerstedt GmbH-Rdsch. 1967 66, 69ff.; Helm Theorie und Sachanalyse im Recht atypischer Gesellschaften, ZGR 2 1973 478,481 ff.; Limbach Theorie und Wirklichkeit der GmbH [1966] S. 107 ff. m. w. Nachw.; Mertens GmbH-Rdsch. 1967 45, 47; Schilling Festgabe Kunze S. 198 ff.; Schult^e- v. Lasaulx ZfGenossenschaftsR 211971 325; Wiedemann Haftungsbeschränkung und Kapitaleinsatz in der GmbH, in: Wiedemann-Bär-Dabin Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH [1968] S. 5ff., 49ff.; WiethBlter GmbH & Co., S. 36ff). c) Einmann-GmbH und gesetzlicher Typus der GmbH Vor allem Würdinger (Die Einmann-GmbH S. 340ff., 345f.; ähnlich früher bereits Hallstein Berichte über die Sitzungen des Ausschusses für GmbH-Recht der Akademie für Deutsches Recht VII [1938] S. 26f.; vgl. dort auch den Beitrag von Würdinger S. 37ff.)hat gegen die Einmann-GmbH eingewandt, sie verletze die Strukturprinzipien des gesetzlichen Typus der GmbH. Dabei geht er von einem Vergleich mit der Einmann-AG aus. Bei dieser lasse sich die beschränkte Haftung der kapitalaufbringenden Mitglieder durch deren geringe Einflußmöglichkeit rechtfertigen; dagegen bestehe die Haftungsbeschränkung bei der GmbH, obgleich die Gesellschafter die Geschäftsführung beherrschen könnten. Damit sei hier die Beschränkung der Haftung zum Selbstzweck geworden. Die Funktion der negoziablen Aktie sei selbst dann noch gewahrt, wenn sich alle Aktien in einer Hand befinden, nicht aber die der — personalistisch ausgestalteten — Mitgliedschaftsrechte an der GmbH. Wegen dieses Mangels in ihren rechtssystematischen Grundlagen müsse die Einmann-GmbH notwendig zu vielen Durchbrechungen und Korrekturen in den rechtlichen Konsequenzen führen (S. 350). Daß die Einmann-GmbH bei institutioneller Betrachtungsweise nicht sinnvoll eingeordnet werden könne, meinen auch Teichmann S. 141 f. und H. P. Westermann Strukturprobleme des Gesellschaftsrechts in rechtsvergleichender Sicht, ZvglRW 73 1973 176ff., 207ff. Demgegenüber sehen andere Autoren, die eine institutionelle Betrachtungsweise im Gesellschaftsrecht grundsätzlich be(16)
Einmanngesellschaft und DurchgrifFshaftung (Mertens)
§ 13 Anh. I
fürworten, wie 0. Kuhn S. 59ff.; Kaiser Verhandlungen des 39. D J T (1951) B Sil., 66f., in der Einmanngesellschaft keine Verletzung der Strukturprinzipien des Typus GmbH. Nach Wieacker S. 379 war die Ausbildung der Einmann-GmbH „von jeher in der überaus schwachen Körperschaftlichkeit der GmbH selbst angelegt". Zum typologischen Denken im Gesellschaftsrecht (Nachw. bei H. P. Westermann aaO 186ff.) vgl. die Kritik bei Mertens N J W 1966 1049ff.; W. Ott Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht (1972), insbesondere S. 80 ff.; Sack Typusabweichung und Institutsmißbrauch im Gesellschaftsrecht, DB 1974 369; allgemeiner Esser Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung (1970) S. 128. Der Mißbrauchsverdacht, den die Literatur vor allem im Hinblick auf die von einer natürlichen Person beherrschte Gesellschaft aus dem typologischen Ausnahmecharakter der Einmanngesellschaft abgeleitet hat (vgl. etwa Bühler Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne, 3. Aufl. [1956] S. 171; Mejer-Landrut, GroßkomAktG § 1, 30; bereits früher f. Knieriem Berichte über die Sitzungen des Ausschusses für GmbH-Recht der Akademie für Deutsches Recht VII [1938] S. 19) ist trotz der verhältnismäßig hohen Quote der registrierten Einmanngesellschaften mbH (etwa ein Viertel der registrierten Gesellschaften; vgl. Begr. RegE 1972 S. 2; Geßler GmbH-Rdsch. 1966 182; Schönle S. 23; Winter GmbH-Rdsch. 1969 145) bisher rechtstatsächlich nicht bestätigt. Eine generelle Diskreditierung der Einmann-GmbH aus institutionellen Erwägungen kann daher nicht in Betracht kommen. II. Die Einmann-GmbH als Normanwendungsproblem Können sich weder das Wesensargument noch das Argument des Gleichlaufs 12 von Herrschaft und Haftung oder der Hinweis auf den typologischen Ausnahmecharakter der Einmann-GmbH dagegen durchsetzen, daß das positive Recht ihre Existenzberechtigung bejaht, so ist den spezifischen Gefahren der von einer natürlichen oder juristischen Person beherrschten GmbH — im ersten Fall: Unterkapitalisierung; unscharfe Trennung von Unternehmens- und Privatvermögen; im zweiten Fall außerdem: Umgehung unternehmensrechtlicher und anderer Normen und ungerechtfertigte Verlagerung wirtschaftlicher Risiken durch die Ausgründung besonders riskanter Unternehmenszweige — nicht durch eine institutionelle Ächtung der als funktional sinnvoll anzuerkennenden Rechtsfigur der Einmanngesellschaft oder durch eine generelle Restriktion ihrer Verwendbarkeit zu begegnen, sondern durch ein variables Normanwendungskonzept, das die Gefahr unzulässiger rechtlicher Generalisierung vermeidet. In diesem Sinne vor allem Müller-Freienfels AcP 156 1957 522ff., 5 3 6 : , , . . . es gibt keine allgemeinen Rechtssätze, die Einmanngesellschaft und ihre Gesellschafter oder die beherrschende und die beherrschte Gesellschaft seien als Rechtseinheiten zu behandeln. Für jeden Einzelfall sind vielmehr die problemtreffenden Einzelfragen zu entwickeln.. . Denn es geht ja immer um die Frage, ob und inwieweit eine bestimmte Norm in einem konkreten Fall auf diese oder jene juristische Person ihrem Sinn und Zweck nach im Zuge richtiger Gestaltung der sozialen Ordnung anwendbar ist. Auch dann, wenn man die für den konkreten Fall charakteristischen Einzelheiten herausgearbeitet hat, darf man sich nicht zu verallgemeinernden Antworten verleiten lassen". Dies bedeutet, daß die pathologischen Fälle, die im Zusammenhang mit der 13 Einmann-GmbH auftreten, nicht im Wege eines selbständigen verallgemeinernden Haftungstatbestandes etwa der Gesetzesumgehung oder des Durchgriffs mit subjektivem oder objektivem Gepräge (vgl. auch den früher diskutierten Vorschlag, eine Generalklausel für Mißbrauchsfalle zu schaffen: Berichte über die Sitzungen
§ 13 Anh.l
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
des Ausschusses für GmbH-Recht der Akademie für Deutsches Recht VII [1938] S. 31 ff.) zu lösen sind. Vielmehr ist zu überprüfen, inwieweit bestimmte gesellschaftsrechtliche Gestaltungen und Handlungsweisen dem Gebots- oder Verbotszweck bestimmter Normen oder Normkomplexe widersprechen (vgl. dazu Caflisch S. 7; Mertens GmbH-Rdsch. 1967 45, 49 m. w. Nachw.; Schande [1975]; Soergel-Schult^e-v. Lasaulx Vor § 21, 41; Wiethölter ZHR 125 1963 325; Woernle S. 27; ähnlich, aber von einer institutionellen Betrachtungsweise ausgehend, O. Kuhn S. 204ff.). Dabei entscheidet jedenfalls nicht allein die formale Frage nach der Anzahl der Gesellschafter (zum Durchgriffsproblem unten Rdn. 37 ff.). III. Terminologie 14
Schilling (Vorauf!. 2) geht von einem einheitlichen Rechtsbegriff der Einmanngesellschaft aus, der sich formal an das Kriterium der Gesellschaftereinzahl hält. Eine Einmanngesellschaft ist demnach auch gegeben, wenn die Gesellschaft selbst neben dem einzigen Gesellschafter noch einen Geschäftsanteil hält; nicht dagegen, wenn ein Gesellschafter den Nießbrauch am Geschäftsanteil eines anderen innehat oder wenn eine Personenmehrheit (Gesellschaft des BGB, Erbengemeinschaft) alle Geschäftsanteile gemeinschaftlich besitzt. Hält dagegen eine OHG oder KG alle Geschäftsanteile an einer GmbH, so ist diese im Hinblick auf § 124 HGB als Einmanngesellschaft anzusehen (zur Einheitsgesellschaft vgl. unten Rdn. 16ff.). Schilling wendet sich aaO ausdrücklich gegen den Begriff der sogenannten Quasi-Einmanngesellschaft (dazu Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 324) und bezeichnet ihn als rechtlich nicht faßbar; nur für die im Steuerrecht herrschende wirtschaftliche Betrachtungsweise könne er von Bedeutung sein (Voraufl. 9). Doch ist auch diese eine rechtliche Betrachtungsweise, die sich bei der Einmanngesellschaft materiell an der Einheitlichkeit der Beherrschung des Unternehmens orientiert. Schilling ist aber zuzugeben, daß der nach einzelnen Normzwecken nicht differenzierte Pauschalbegriff einer Quasi-Einmanngesellschaft als solcher rechtlich unbrauchbar ist. Die formale Charakterisierung der Einmanngesellschaft durch die Mitgliedereinzahl trifft demgegenüber in der für die Begriffsbildung maßgeblichen organisationsrechtlichen Sicht das Richtige, weil insoweit das Fehlen der mitgliedschaftlichen Beziehungen den entscheidenden Unterschied zur Mehrmanngesellschaft markiert. Nach außen erscheint die Einmanngesellschaft wie jede GmbH als selbständiges Rechtssubjekt. Die sogenannte Durchgriffsproblematik ist nicht auf die Einmanngesellschaft im formalen Sinn einschränkbar, Daher ist unter diesem Aspekt eine terminologisch exakte Festlegung nicht geboten und auch Raum für die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Steuerrechts gegeben. IV. Verwendbarkeit der Einmann-GmbH für den Konzernaufbau und die Bildung gesellschaftsrechtlicher Mischformen 1. Grundsatz
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Unter den in Rdn. 9—11 entwickelten methodischen Gesichtspunkten gibt es für die Verwendung der Einmanngesellschaft als Instrument im Konzernaufbau und bei der Bildung von gesellschaftsrechdichen Mischformen keine grundsätzlichen institutionellen Grenzen. Zum GmbH-Konzern siehe allgemein Anhang II zu § 13; zur GmbH als Konzern-, Kartell- und Geschäftsführungsinstrument vgl. Allg. Einl. 17 ff., 46. (18)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh. I
2. Zulässigkeit der Einheitsgesellschaft Eine GmbH, deren Alleingesellschafter eine Kommanditgesellschaft ist, kann 16 zugleich (persönlich haftender) Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft sein (vgl. Balt^er Der Erwerb der Anteile an der Komplementär-GmbH durch die GmbH & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1974 79ff., 97ff.; Baumbach-Duden 21. Aufl. [1974] § 161, 2; Durchlaub Die wechselseitige Beteiligung zwischen einer GmbH und einer Kommanditgesellschaft in der GmbH & Co. KG, DB 19742337; Fetscb Gestaltungsprobleme der GmbH & Co., Synchronisierung der Beteiligungen — Unterkapitalisierung, Sonderheft der DNotZ 1969 111 ff.; Hesselmann Handbuch der GmbH & Co. 14. Aufl. [1973] S. 12, 109; Hunscha [1974]; Ippen [1967]; Mertens N J W 1966 1049ff.; Schilling Festschrift Barz S. 67ff.; Simon Kann die GmbH & Co. KG Inhaberin der Geschäftsanteile ihrer persönlich haftenden Gesellschafter sein? DB 1963 1209f.; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co., 2. Aufl. [1971] S. 46ff.; vgl. auch Allg. Einl. 39; zweifelnd Eltermann Der verdeckte Kapitalentzug in der GmbH & Co. KG, Diss. Köln [1972] S. 159ff; ders. GmbH-Rdsch. 1973 207ff.; a. A. Gonella Kann die GmbH & Co. KG Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile ihrer allein persönlich haftenden GmbH-Komplementärin sein? DB 1965 1165f.; U. Huber Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts [1970] S. 133ff; K. Winkler Die Haftungsverfassung der GmbH & Co. KG, N J W 1969 1009ff.). Die wechselseitige Verbindung von GmbH und Kommanditgesellschaft zu einer Einheitsgesellschaft ist unter dem Gesichtspunkt der Bildung des Gesellschaftswillens und des Gläubigerschutzes nicht unproblematisch. Doch vermag diese Gesellschaftsform eine wichtige Funktion zu erfüllen, weil sie den Gleichlauf der Beteiligungen an GmbH und Kommanditgesellschaft sichert und vereinfacht und damit die konsequenteste Weiterentwicklung der GmbH & Co. KG zu einer Personengesellschaft mit beschränkter persönlicher Haftung aller Gesellschafter darstellt. Daß die Rechtsform einer Personengesellschaft mit beschränkter Haftung, Drittorganschaft und einer gewissen Kapitalflexibilität einem legitimen wirtschaftlichen und steuerlichen Interesse des Unternehmers entspricht, läßt sich nicht leugnen. Wünschenswert wäre es, daß der Gesetzgeber diesem Interesse durch die Schaffung einer entsprechenden Gesellschaftsform — etwa in Gestalt der vom Arbeitskreis GmbH-Reform entworfenen Handelsgesellschaft auf Einlagen (vgl. Arbeitskreis GmbH-Reform Bd. 1 Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform [1971] und dazu Bar^ N J W 1972 465; Immenga ZHR 136 1972 450; Schilling BB 1972 1; ders. Festschrift Barz, S. 67; H. P. Westermann ZRP 1972 93) — nachkommen und die GmbH & Co. auf diese Weise überflüssig machen würde. Bis dahin verdient die Einheitsgesellschaft als zweckentsprechende Ersatzkonstruktion Anerkennung; die ihr anhaftenden Probleme der Bildung des Gesellschaftswillens, der realen Aufbringung des GmbH-Kapitals und des Kommanditkapitals sowie der Erhaltung des Haftkapitals erscheinen lösbar. a) Willensbildung in der Einheitsgesellschaft Da die GmbH bei sich selbst keine Gesellschafterrechte ausüben kann (Hunscha 17 S. 29; Schilling Festschrift Barz, S. 70f.; a. A. Durchlaub 2338f.) muß die Bildung des Willens der GmbH durch die Kommanditisten geschehen. Jedoch hat der Kommanditist nach § 170 HGB keine organschaftliche Vertretungsbefugnis für die KG. Die h. M. hält § 170 HGB für zwingend, weil sie davon ausgeht, daß die Drittorganschaft bei Personengesellschaften nicht zulässig ist (Schilling GroßkomHGB § 170, 8; Fischer GroßkomHGB § 125, 4; a. A. H. P. Westermann Vertragsfreiheit (19)
§ 13 Anh.l
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 257 ff., 328 ff. m. umfangr. Nachw.; Oldenburg Fremdgeschäftsführung und -Vertretung in den Personengesellschaften, Diss. Tübingen [1973]). § 170 HGB wäre allerdings dann nicht anwendbar, wenn man die Ausübung der Gesellschafterrechte bei der GmbH als innere Angelegenheit der Gesellschafter der KG ansehen würde; denn die Ordnung der Beziehungen der Gesellschafter untereinander ist Sache aller Gesellschafter; es wären hierfür also die Kommanditisten ohne Rücksicht auf die Frage ihrer Vertretungsbefugnis zuständig. Gegen diese von Schilling Festschrift Barz, S. 72 erwogene Lösung spricht, daß sie — über eine Verklammerung von GmbH und Kommanditgesellschaft hinausgehend — die juristische Trennung zwischen beiden Gesellschaften aufhebt. Die Gesellschafterversammlungen von Kommanditgesellschaft und GmbH lassen sich nicht zu einem rechtlich einheitlichen innergesellschaftlichen Gremium zusammenlegen (Hunscba S. 36); die Organisationsregeln beider Gesellschaftsformen sind zu respektieren. Selbst wenn man aber den zwingenden Charakter des § 170 HGB bejaht und das Handeln der in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH für die Kommanditgesellschaft auftretenden Kommanditisten als Vertretung ansieht, so geht der Anwendung des § 170 HGB die im Recht der OHG ausgeprägte Regel vor, daß für den Fall des Wegfalls oder der Verhinderung des einzigen vertretungsbefugten Gesellschafters alle anderen Gesellschafter als Gesamtvertretungsberechtigte an dessen Stelle treten (BGHZ33 108; Fischer GroßkomHGB § 125, 5; Hueck Das Recht der offenen Handelsgesellschaft 4. Aufl. [1971] S. 289). Zwar ist diese Regel in der normalen Kommanditgesellschaft insoweit nicht anwendbar, als der Wegfall des einziges Komplementärs zur Auflösung führt; denn ohne Komplementär kann die Kommanditgesellschaft nicht existieren. Doch ist der Fall, daß der Komplementär von bestimmten Vertretungshandlungen ausgeschlossen ist und in dieser Hinsicht auch nicht von sich aus durch Vollmachterteilung für eine Vertretung der Gesellschaft sorgen kann, kein ausreichender Grund, die Gesellschaft aufzulösen. Daher ist insoweit Raum für die Parallele zum Recht der OHG (so auch Schilling Festschrift Barz, S. 72). Diese Lösung ist um so weniger bedenklich, als bei der Einheitsgesellschaft das wirtschaftliche Risiko allein bei den Kommanditisten liegt. Der Gesichtspunkt, daß diese nicht durch Vertretungsakte das Risiko des persönlich haftenden Gesellschafters vergrößern dürfen, spielt hier somit keine Rolle. Insofern ist § 170 HGB bei der Einheitsgesellschaft funktionslos (Hunscba S. 41). Zweckmäßigerweise wird den Kommanditisten die Vertretungsmacht auch rechtsgeschäftlich durch den Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft eingeräumt. Dies ist durch § 170 HGB grundsätzlich nicht ausgeschlossen (Hunscba 5. 38f. m. w. Nachw.). |8 Eine Beteiligung der GmbH an der Willensbildung der KG ist zwar möglich; zweckmäßigerweise wird ihr jedoch im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft das Stimmrecht versagt werden; es sei denn die Mitwirkung des Geschäftsführers der GmbH ist den Kommanditisten — zum Zwecke etwa der Überwindung von Pattsituationen zwischen zwei Familienstämmen — erwünscht. b) Gläubigerschutz durch Aufbringung und Erhaltung von GmbH- und Kommanditkapital 19
Die Gläubiger der Kommanditgesellschaft, denen die GmbH nach § 128 HGB unbeschränkt haftet, haben Anspruch auf Aufbringung und Erhaltung sowohl des GmbH- als auch des Kommanditkapitals. Das eine kann nicht mit dem anderen belegt werden (Schilling Festschrift Barz, S. 74). Beide Haftungsmassen, die das Haft(20)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 1 3 Anh. I
kapital der Einheitsgesellschaft bilden, müssen unvermischt nebeneinander bestehen, zumal die Gläubiger der GmbH und der Kommanditgesellschaft verschieden sein können (MertensN JW19661054; Schilling Festschrift Barz, S. 74ff.und— mit ausführlicher Darstellung der Konsequenzen — Hunscha S. 48 ff.). Der für die GmbH & Co. im allgemeinen entwickelte Gedanke, daß die Kombination von GmbH und Kommanditgesellschaft von der Beachtung weder des § 172 Abs. 4 HGB noch des § 30 entbindet (R. Fischer Anm. zu LM § 172 Nr. 5 HGB = BGHZ 47 149; Schilling aaO S. 78; vgl. auch BGH NJW19731036 = GmbH-Rdsch. 1973 163; dazu Hunscha Die Anwendung der §§30 Abs. 1, 31 GmbHG auf Zahlungen der GmbH & Co. KG an ihre Kommanditisten, GmbH-Rdsch. 1973 257ff.; K. Schmidt Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Unterkapitalisierung bei der GmbH & Co. DB 1973 2227 ff.) und daß somit beide Gesellschaften im Hinblick auf den Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals als Einheit zu behandeln sind (G. Kuhn Haftungsprobleme bei der GmbH & Co., Ehrengabe Heusinger [1968] S. 203, 215; zu den konkursrechtlichen Konsequenzen dieses Gedankens ders. Konkursrechtliche Probleme bei der GmbH & Co. KG, Festschrift Schilling [1973] S. 69 ff.) gilt für die Einheitsgesellschaft in besonderem Maße. Im einzelnen ergeben sich daraus die im folgenden dargelegten Konsequenzen für die Beteiligung der Kommanditgesellschaft an der GmbH (Rdn. 20) und für eine Beteiligung der GmbH an der Kommanditgesellschaft (Rdn. 21). Der Erwerb der Geschäftsanteile an der GmbH oder die Einzahlung von 20 Stammeinlagen durch die Kommanditgesellschaft ist als Rückzahlung der Kommanditeinlage an die Kommanditisten zu betrachten, soweit er nicht aus freiem Vermögen der Kommanditgesellschaft erfolgt, also aus Vermögen, das die Summe der Hafteinlagen der Kommanditisten übersteigt. Es gilt § 172 Abs. 4 HGB (Schilling Festschrift Barz, S. 75). Insofern entspricht das geltende Recht bereits § 172 Abs. 6 HGB in der Fassung des § 26 Nr. 3 RegE zum EG GmbHG: „Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafter nur eine oder mehrere Kapitalgesellschaften sind, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an der Kapitalgesellschaft bewirkt ist". Vgl. hierzu im einzelnen Hunscha S. 48ff., 60ff., 105, der in der Zahlung eines Kaufpreises an die Kommanditisten zugleich eine analog § 30 Abs. 1 verbotene Rückzahlung der Stammeinlage der GmbH sieht, wenn dadurch das zur Deckung des Stammkapitals der GmbH erforderliche Vermögen angetastet wird (S. 80ff., 105). Hunscha weist weiter mit Recht darauf hin, daß die Kaufpreiszahlung der GmbH & Co. KG eine Verminderung des Bilanzwertes der KommanditbeteiUgung der GmbH durch Abschreibungen oder seine Korrektur durch entsprechende Wertberichtigungen bewirken und dazu führen kann, daß die GmbH genötigt ist, Rückstellungen zur Abdeckung des gestiegenen Risikos der Inanspruchnahme aus ihrer Komplementärhaftung zu machen. Diese Gesichtspunkte sind bei der Frage, ob ihr Stammkapital ausreichend belegt ist, zu berücksichtigen (vgl. auchBalt^er GmbH-Rdsch. 1974101). Der Erwerb eines teileingezahlten Geschäftsanteils der GmbH durch die Kommanditgesellschaft ist nur mit der Maßgabe zulässig, daß die Kommanditisten der GmbH persönlich und gesamtschuldnerisch haften, wenn Resteinzahlung gefordert wird und die Kommanditgesellschaft sie nicht aus freiem Vermögen erbringen kann (Schilling Festschrift Barz, S. 75 f.). Nimmt man diese Rechtsfolge an, so erübrigt sich insoweit die analoge Anwendung von § 33 Abs. 1 GmbHG (zu dieser vgl. die Nachw. bei Schilling aaO sowie ausführlich Hunscha S. 100ff.). Eine Beteiligung der GmbH an der Kommanditgesellschaft auf Kosten des 21 zur Deckung ihres Stammkapitals gemäß § 30 erforderlichen Vermögens ist unzuf2»
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
lässig (Balt^er aaO 101; Mertens aaO 1054; Schilling Festschrift Barz, S. 76). Die GmbH darf eine Einlage nur aus freiem Vermögen erbringen. Bei Verstoß gegen diese Regel haften nach § 31 nicht nur die Kommanditgesellschaft, sondern auch die Kommanditisten, und zwar persönlich und gesamtschuldnerisch — nicht beschränkt auf ihre Hafteinlage (so aber Eltermann GmbH-Rdsch. 1973 207; wie hier Schilling aaO, dem auch darin zu folgen ist, daß Zahlungen der GmbH an die Kommanditisten ebenfalls nach §§ 30, 31 zu behandeln sind; diese dürfen insoweit nicht besser gestellt werden, als wenn sie unmittelbar Gesellschafter der GmbH wären (Schilling aaO S. 77). V. Organisationsrecht 1. Entstehung der Einmann-GmbH Schrifttum. Vgl. § 2, vor Rdn. 49. 22
Nach der ganz h. M. (vgl. unten Rdn. 24) kann die Einmann-GmbH — außer in dem Fall, daß bei der Gründung von allen Beitrittserklärungen nur eine wirksam ist (vgl. § 2, 80) — nur durch Ableitung von einer GmbH mit Mitgliedermehrzahl zustande kommen. Sie entsteht dadurch, daß infolge Vererbung, Abtretung (§15), Kaduzierung (§ 21), Amortisation (§ 34), Austritt oder klagweiser Ausschließung des letzten Mitgesellschafters aus wichtigem Grund nur ein Gesellschafter übrig bleibt. a) Entstehung von Todes wegen
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Bei der Entstehung der Einmanngesellschaft von Todes wegen ist der Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft, also der Todeszeitpunkt des Erblassers maßgeblich. Auch der Vorerbe ist Gesellschafter; das Anwartschaftsrecht des Nacherben verhindert die Einmanngesellschaft in der Person des Vorerben nicht. Über die Einsetzung einer Stiftung als Erbin vgl. Pfleger S. 44ff.; zur Einmann-GmbH als Erbin des Alleingesellschafters siehe unten Rdn. 30. b) Rechtsgeschäftliche Entstehung
Wegen des Erfordernisses eines Gesellschaftsvertrages (§2) müssen sich nach ganz h. M. mindestens zwei Personen an der Gründving einer GmbH beteiligen (vgl. § 2, 4ff, 9, 47; Baumbach-Hueck Anhang § 34,1; Scbol% § 15, 61; kritisch bereits zum jetzigen Rechtszustand Konow GmbH-Rdsch. 1967143ff.; Mertens GmbH-Rdsch. 1967 45f.; rechtspolitisch befürworten die Einmanngründung Arbeitskreis GmbH-Reform 36ff.; Fleddermann GmbH-Rdsch. 1969 97ff.; P. Ulmer Probleme der GmbH-Reform S. 55f.; Wiethälter Die GmbH S. 13f.; zur Reform vgl. oben Rdn. 7). Daher wird für die rechtsgeschäftliche Entstehung der Einmanngesellschaft die Abtretung eines Geschäftsanteils unter Beachtung der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 und 4 vorausgesetzt (zur steuerrechtlichen Behandlung der Strohmanngründung vgl. unten Rdn. 65). 25 Die auf die Bildung einer Einmann-GmbH abzielende Strohmanngründung ist keine — nach § 117 BGB nichtige, wenn auch gegebenenfalls durch den Eintragungsakt nachträglich erfolgreiche (BGHZ 21 378, 383; K G GmbH-Rdsch. 1968 182 m. zust. Anm. Pleyer GmbH-Rdsch. 1969 12f.) — Scheingründung (vgl. § 2, 49 ff., 107); denn die auf Rechnung des Auftraggebers handelnde Mittelsperson will normalerweise genau wie dieser selbst den Rechtserfolg der Gründung ernstlich
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(22)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh.l
herbeiführen. Der Strohmann handelt zwar treuhänderisch, ist aber wahrer Gründer (so zur Aktiengesellschaft RGZ 28, 75, 77; zur GmbH RG JW 1934,2969; KG JW 1934 986; OLG Dresden JFG 6 218; zuletzt eingehend BGH WM 1971 306 = BB 1971 368 m. w. Nachw.; vgl. auch § 2, 50; O. Kuhn S. 3ff.). Die Treuhandvereinbarung zwischen Gesellschafter und Strohmann ist form- 26 frei (BGHZ 19 69f.; BGH WM 1971 306); nur ist bei Übertragung der formellen Gesellschafterstellung an den Hintermann die Form des § 15 Abs. 3 zu wahren (RG JW 1931 2967; BGH WM 1965 472); zum Rechtsverhältnis von Strohmann und Auftraggeber im einzelnen §2, 51 ff.; O.Kuhn S. 73ff.; Pleyer GmbH-Rdsch. 1969 12ff.). Erst mit der Eintragung der GmbH entstehen die Geschäftsanteile. Sie sind 27 jedoch im voraus an den Auftraggeber abtretbar (BGHZ 21 242, 245 ; 378, 383; KG GmbH-Rdsch. 1968 182 und dazu Pley er GmbH-Rdsch. 1969 12, 13 f.; ScholzFischer § 15, 2, 5; vgl. auch § 2, 50). c) Entstehung durch Umwandlung und Mantelkauf Die Entstehung einer Einmann-GmbH durch Umwandlung einer Einzelfirma 28 ist im Gegensatz zur Einmann-AG (vgl. oben Rdn. 4) nach den bisherigen Umwandlungsvorschriften nicht unmittelbar möglich (zur Reform vgl. oben Rdn. 7). Jedoch bietet die Übertragung des Unternehmens auf eine mit Hilfe einer Mittelsperson gegründete GmbH einen gangbaren Weg. Eine Einmanngesellschaft kann auch dadurch entstehen, daß jemand alle zu einem Firmenmantel gehörenden Geschäftsanteile kauft und das Unternehmen anschließend reaktiviert. Für die Grenzen der Zulässigkeit des Mantelkaufs (vgl. dazu § 3, 27 ff.) gelten bei der Einmanngesellschaft keine besonderen Regeln. Zwar läuft die Verwertung des gekauften Mantels wirtschaftlich auf eine Neugründung hinaus; deshalb könnte man darin eine Umgehung des Erfordernisses mehrerer Gründer sehen. Da dieses Erfordernis aber eine rein juristische Formalität darstellt, kann es der Zulässigkeit einer Mantelverwertung nicht entgegengehalten werden. d) Entstehung durch Kaduzierung und Ausschließung Ebenso gelten keine Besonderheiten bei der Entstehung der Einmanngesell- 29 Schaft durch Kaduzierung (vgl. Erl. zu § 21) oder durch gerichtliche Ausschließung des Mitgesellschafters wegen eines wichtigen Grundes (vgl. Anh. zu § 34). 2. Auflösung und Nichtigkeit der Gesellschaft Für Auflösung und Beendigung sowie für die Nichtigkeit der Einmann-GmbH 30 gelten grundsätzlich die § § 60ff. Setzt der Alleingesellschafter die GmbH zur Erbin ein, so existiert die GmbH zunächst ohne Gesellschafter weiter (Däubler Die Vererbung des Geschäftsanteils bei der GmbH [1965] S. 128). Wer die Möglichkeit des zeitweiligen Bestehens einer Keinmann-GmbH entgegen der hier vertretenen und herrschenden Meinung ausschließt (vgl. im einzelnen Erl. zu § 33), müßte die letztwillige Verfügung als nichtig ansehen und könnte nur ihre Umdeutung versuchen. 3. Internes Organisationsrecht Das Organisationsrecht der GmbH ist auch bei der Einmanngesellschaft zu 31 beachten, soweit nicht die Einzahl die Anwendung einzelner Normen gegenstandslos macht. (23)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
a) Universalversammlung und Entschluß 32
Die Gesellschafterversammlung wird notwendig zur Universal- oder Vollversammlung (Eckerle S. 3; Griebel S. 8; Lehmann-Diet£ S. 33). Ihre formale Einberufung nach §§ 49 ff. entfällt (BGHZ 12 337, 339; Griebel S. 9; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 326). Den Beschluß des einzigen Gesellschafters bezeichnet man als Entschluß (BGHZ aaO). Unterliegt ein Gesellschafterbeschluß nach Gesetz oder Satzung einem Formerfordernis (wie z. B. die Satzungsänderung; § 53 Abs. 2), so ist diese Form auch für den Entschluß zu beachten (RGZ 160 257). Sonst sind Entschlüsse formfrei (vgl. RGZ 138 106,113 für den Einforderungsbeschluß nach § 46 Nr. 2; BGH N J W 1968 396 f. für den Entschluß über die Entlastung eines Geschäftsführers nach § 46 Nr. 5; BGH WM 1968 1329 für den Entschluß zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach § 46 Nr. 8). Jedoch darf die Formfreiheit nicht zur Beeinträchtigung schützenswerter Interessen Dritter führen. Diese brauchen sich einen nicht eindeutig dokumentierten Entschluß nicht entgegenhalten zu lassen (vgl. auch Rdn. 35). Umgekehrt kann sich der Alleingesellschafter von einem Kundgabeakt, auf den sich ein Dritter beruft, nicht mit der Behauptung distanzieren, es habe dem kein Entschluß zugrunde gelegen. Diese Regeln sind nicht nur als praktische Richtlinien verständiger richterlicher Beweiswürdigung aufzufassen (so Plander S. 71; ders. GmbH-Rdsch. 1971154), sondern ergeben sich aus dem Rechtsgedanken, daß ein durch die Mitgliedereinzahl bedingter Ausfall organisatorischer Garantien nicht zu Lasten Dritter gehen darf. Scholz § 15, 62 und Scholz-Fischer § 15, 7 fordern allgemein aus Beweisgründen Schriftlichkeit der Entschlüsse. Eine solch starre Regel erscheint jedoch nicht erforderlich und ist schon deshalb nicht angebracht, weil sie sich im Einzelfall auch zum Schaden eines Dritten auswirken könnte (vgl. auch Plander aaO). 33 Das Stimmverbot des § 47 Abs. 4 Satz 2 ist für den Einmanngesellschafter gegenstandslos, da es sich auf die Interessenkollision bei einer Gesellschaftermehrzahl bezieht (vgl. Erl. zu § 47; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 327; im Ergebnis für die Beschlußfassung über den Inhalt des Anstellungsvertrages auch BGHZ 18 205, 210; 51 209, 215). b) Aufsichtsrat Die allgemeinen Regeln über den Aufsichtsrat (vgl. Erl. zu § 52) gelten auch bei der Einmanngesellschaft. Der Alleingesellschafter kann nicht zugleich Geschäftsführer und Mitglied eines echten Aufsichtsrats sein (KG JFG 1 237f.; vgl. auch BGH GmbH-Rdsch. 1956, 156). Zum Fall des fakultativen Einmannaufsichtsrats vgl. Eckerle S. 91 f.; Ilgen S. 52f. 35
c) Alleingesellschafter-Geschäftsführer Der Einmanngesellschafter kann kraft Bestellung durch Satzung oder durch Entschluß Geschäftsführer der Gesellschaft sein. Die Selbstbestellung zum „Eigendirektor" (Begriff von Fuchs JR 1929 60) verstößt nicht gegen § 181 BGB (st. Rspr.; vgl. RGZ 68 172; BGHZ 33 189, 191; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 327 m. w. Nachw.). Auch nach seiner Bestellung unterliegt der geschäftsführende Alleingesellschafter bei Geschäften mit sich selbst nicht den Beschränkungen des § 181 BGB; denn bei der Einmanngesellschaft kann eine Interessenkollision zwischen Vertreter und Vertretenem nicht auftreten; auch ist die Vorschrift nicht geeignet, der Gefahr eines Verschiebens von Vermögenswerten zwischen Gesellschafter und Gesellschaft wirksam zu begegnen (BGHZ 56 97, 100 ff. = N J W 1971 1355 mit abl. Anm. K. Winkler = GmbH-Rdsch. 1971 154 mit zust. Anm. (24)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh. I
P¡ander-, BGHZ 59 236, 239; vgl. dazu auch W. Blomeyer Die teleologische Korrektur des § 181 BGB, AcP 172 1972 1; Reinhardt Gesellschaftsrecht, S. 326ff.). Der BGH hat insoweit seine frühere Rechtsprechung (BGHZ 33 189 ; 49 119; ebenso auch RGZ 68 172, 175 ff.) aufgegeben und sich der bereits von RG JW 1934 974 vertretenen, in der Literatur herrschenden Meinung angeschlossen (vgl. Algier Die Selbstermächtigungserklärung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH Diss. München [1965]; Berns [1964]; Boesebeck NJW1961 481, 484; Däubler GmbH-Rdsch. 1964 224; P¡ander [1969]; Pley er GmbH-Rdsch. 1968 164; Scholz §35,24; Zöllner [1963] S. 186f.; a. A. heute noch K. Winkler DNotZ1970 476ff. und N J W 1971 1355f.; sowie Gdggerle Die teleologische Reduktion des § 181 BGB unter besonderer Berücksichtigung der Einmann-GmbH mit identischem Gesellschafter-Geschäftsführer, Diss. Tübingen [1974], der § 181 BGB entgegen allgemeiner Meinung Kapitalsicherungsfunktionen beimißt). Im Gegensatz zu den noch in BGHZ 33189,194 genannten Beispielen kann der Alleingesellschafter-Geschäftsführer damit ohne satzungsmäßige Selbstermächtigung oder Einschaltung von Mittelspersonen einen Anstellungsvertrag mit der Gesellschaft schließen, nach einem Kapitalerhöhungsbeschluß die auf das erhöhte Kapital zu leistende Stammeinlage übernehmen oder ein Darlehen mit der Gesellschaft vereinbaren. Der Alleingesellschafter hat den Abschluß eines Insichgeschäfts zum maßgeblichen Zeitpunkt, gegebenenfalls auch seine alleinige Gesellschafterstellung, auf Verlangen einwandfrei nachzuweisen (BGHZ 56 97 104f. unter Bezugnahme auf die finanzgerichtliche Rechtsprechung; vgl. BFH WM 1968 341; Voss GmbH-Rdsch. 1972 9, 11). Ohne schriftliche Aufzeichnung und — wenn nötig — ordnungsgemäße Verbuchung kann dieser Nachweis in der Regel nicht geführt werden (vgl. dazu auch Plander GmbH-Rdsch. 1971 154). Daher ist die in § 62 Abs. 5 Satz 3 RegE 1972 vorgesehene Schriftform für Insichgeschäfte des Einmanngesellschafters im Hinblick auf das Gebot der organisatorischen Differenzierung der Vermögensbereiche von Gesellschaft und Alleingesellscbafter bereits jetzt durchweg zu beachten (vgl. für Entschlüsse im allgemeinen auch oben Rdn. 32). Läßt sich der Alleingesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft Sicher- 36 heit in Form einer Grundschuld auf dem Grundstück der GmbH geben, so findet das Zinsverbot des §1197 Abs. 3 BGB keine Anwendung (RG HRR 29 389). Entnahmen aus dem Gesellschaftsvermögen über den Rahmen des § 29 hinaus sind unzulässig und können nach §§242, 246 StGB strafbar sein (RGSt 42 278, 283; 71 253, 255; RG DR 1944 232f.; BGH GmbH-Rdsch. 1954 75 m. zust. Anm. H. Schneider-, a. A. Brodmann § 2, 8a; zweifelnd Schönhe-Sehröder StGB, 17. Aufl. [1974] § 266, 44). Das Gesellschaftsvermögen wird auch insoweit nicht mit dem Privatvermögen des Gesellschafters gleichgesetzt, da strafrechtlich schützenswerte Drittinteressen an einer ordnungsgemäßen Kapitalerhaltung vorhanden sind. Soweit der Alleingesellschafter-Geschäftsführer mit Außenwirkung für die Gesellschaft seine Geschäftsführerpflichten verletzt, kann er gegebenenfalls angesichts der betroffenen Drittinteressen wegen Untreue (§ 266 StGB) gegenüber der Gesellschaft bestraft werden (RGSt 42 278, 280). Er kann sich nicht in seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter entlasten (BGH GmbH-Rdsch. 1954 75); bei Antragsdelikten ist davon auszugehen, daß die GmbH selbst und nicht der Gesellschafter verletzt ist (RG DR 1944 232f.). VI. Verhältnis zu Dritten — Durchgriffsproblem Schrifttum. Neben den vor Rdn. 1 genannten Schriften: Böckstiegel Der Staat als Vertragspartner ausländischer Privatunternehmen (1971); ders. Der Durchgriff auf (25)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
den Staat (1972); Drobnig Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften (1959); Hofmann Zum „Durchgriffs"-Problem bei der unterkapitalisierten GmbH, N J W 1966 1941; v. Marschall Zum Identitätsproblem bei der Einmanngesellschaft im wechselrechtlichen Verkehrsschutz, J Z 1965 403ff; Pley er Zur Haftung der Gesellschafter einer unterkapitalisierten Strohmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 206ff.; Ser ick Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen (1959); Unger Die Inanspruchnahme des verdeckten Kapitalgebers, KTS 1959 33 ff. Die Einmann-GmbH ist kraft ihrer Rechtspersönlichkeit selbständiges Zurechnungssubjekt; doch sind die Interessen der gesellschaftlichen Organisation einheitlich auf den Vermögensbereich des Alleingesellschafters bezogen. Daher stellt sich hier ganz besonders die üblicherweise als Durchgriffsproblem bezeichnete Frage, inwieweit die Anwendung der allgemeinen Normen über den Zuordnungsumfang der Rechtsfähigkeit oder den Zurechnungsumfang der Handlungsfähigkeit einzuschränken (vgl. die Durchgriffsdefinition von E. Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 98) und damit die Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter aufzuheben ist. Dieses Problem beschränkt sich nicht auf die Begründung einer — faktisch subsidiären — kapitalmäßigen Einstandspflicht des Gesellschafters, sondern ist als Teil der allgemeinen Fragestellung zu verstehen, ob sich ein bestimmter Normkomplex auf die Gesellschaft oder/und den Gesellschafter bezieht (vgl. unten Rdn. 41). Von einem Rechtsprinzip der Subsidiarität des Durchgriffs (so mißverständlich Kraft KölnKomAkkGl,75 und im Anschluß daranBAGNJW 1975 708 = AP Nr. 1 zu §13 GmbHG m. Anm. Mertens) kann deshalb von vornherein nicht die Rede sein. Es läßt sich als solches auch für den engeren Haftungsbereich nicht annehmen. Das Durchgriffsproblem existiert der Sache nach auch für die in der Vorauflage vertretene Theorie von der Einmanngesellschaft als Sondervermögen des Gesellschafters (oben Rdn. 9; vgl. Fauser S. l l l f . ) ; ähnlich verhält es sich mit der Lehre Schönles S. 61 ff., 108 ff., der die Haftungsprobleme nicht als Fragen der juristischen Person formuliert wissen will, sondern die Vorstellung einer doppelten Rechtsfähigkeit der natürlichen Person zugrunde legt. 1. Varianten der Durchgriffsdoktrin 38
Der Versuch, allgemeine Systematisierungen unter dem Gesichtspunkt des Durchgriffs zu entwickeln, hat zu einer mehr am Gesichtspunkt des subjektiven Rechtsmißbrauchs orientierten und einer mehr objektiven, überwiegend durch eine institutionelle Betrachtungsweise geprägten Variante geführt (dazu eingehend Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 94ff.). In jüngerer Zeit wird die Berechtigung solcher Systematisierungen zunehmend in Zweifel gezogen und die Frage des Durchgriffs stärker als Problem der Anwendung einzelner Normen verstanden.
a) Subjektiver Ansatz 39 Die vor allem von Serick entwickelte subjektive Durchgriffslehre (Rechtsform und Realität, S. 2ff.; ders. Durchgriffsprobleme, S. 24ff.; im Anschluß daran Dempewolf DB 1961 972,1011; Enneccerus-Nipperdey AT 1 [1959] S. 612ff. Meyer-Landrut GroßkomAktG § 1, 25; Unger KTS 1959 37 ff.) geht prinzipiell von einer Einheitsfigur der juristischen Person aus; sie nimmt eine Aufhebung der durch die Rechtspersönlichkeit vorgegebenen Trennung — außer in Fällen spezifischer gesetzlicher Anordnung in einem sogenannten Normanwendungstatbestand — nur an, wenn der Gesellschafter die juristische Person in subjektiv-mißbräuchlicher Weise einsetzt, insbesondere „wenn mit Hilfe der juristischen Person ein Gesetz umgangen, vertrag(26)
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liehe Verpflichtungen verletzt oder Dritte fraudulös geschädigt werden sollen"; (Serick Rechtsform und Realität, S. 203). Dem subjektiven Ansatz steht auch Drobnig nahe, der zwar die Vorstellung der Einheitsfigur aufgibt (S. 22), die Durchgriffsprobleme aber über eine extensive Anwendung von § 826 BGB lösen will (S. 25) ; ebenso für den speziellen Tatbestand der Unterkapitalisierung Hofmann NJW1966 1941 ff. b) Objektiver Ansatz Die Durchgriffslehren, die sich stärker an objektiven Kriterien orientieren, sind 40 überwiegend durch eine institutionelle Betrachtungsweise bestimmt, die — differenziert nach den verschiedenen Inkorporationsformen — auf eine objektiv-zweckwidrige Verwendung der juristischen Person abstellt (vgl. Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 561 ff.; Reinhardt Identitätsproblem, S. 579ff.; ders. Gesellschaftsrecht, S. 330ff. Siebert BB 1954 417ff.; andeutend auch H. P. Westermann Strukturprobleme des Gesellschaftsrechts in rechtsvergleichender Sicht, ZvglRW 73 1973 176, 209ff.). c) Durchgriff als Normanwendungsproblem In jüngerer Zeit werden zunehmend Bedenken gegenüber allgemeinen Syste- 41 matisierungen des Durchgriffs als einer besonderen rechtlichen Kategorie geltend gemacht (grundlegend Müller-Freienfels AcP 156 1957 522; vgl. auch Caflisch S. 7; E. Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 109; Schande [1975]; Soergel-Schult^e-v. Lasaulx vor § 21, 41; Wiethölter ZHR 125 1963 325; IVoernle S. 27; im Ergebnis zustimmend Rittner Die werdende juristische Person [1973] S. 271 ff.; ein variables Normanwendungskonzept vertreten weiter 0. Kuhn S. 203f.; Tröster S. 35ff., obwohl der erstere den institutionellen Ansatz betont und der zweite im Anschluß an Fabricius [1963] von „immanenten Schranken der Rechtsfähigkeit einer juristischen Person" ausgeht). Diese Bedenken zielen darauf ab, daß die allgemeinen Durchgriffslehren der juristischen Person eine gleichsam subjektivrechtliche Qualität als Inbegriff einer eigentumsähnlichen Stellung der Mitglieder zusprechen, mit der nach Belieben bis zur subjektiven oder objektiven Mißbrauchsgrenze verfahren werden darf. In der Tat hat die dogmatische Problemstellung nicht bei der Rechts figur der 42 juristischen Person anzusetzen, sondern muß sich davon leiten lassen, daß das gesellschaftliche Handeln durch das Tun oder Unterlassen natürlicher Personen bestimmt wird. Auf die rechtliche Bewertung dieses Verhaltens sind unterschiedliche Normkomplexe in funktional unterschiedlicher Weise zugeschnitten. Dabei führt die Norm in vielen Fällen — ohne den Umweg eines Durchgriffs — zur Haftung des Alleingesellschafters für eine gesellschaftsbezogene Aktivität, so etwa, wenn dieser unter Einsatz der juristischen Person eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigungshandlung begeht. Hier haftet er ohne weiteres nach § 826 BGB (vgl. BGHZ 31 258, 271). Bei aller Anerkennung der öffentlichen — insbesondere auch der Rechtssicherheitsinteressen —, die sich mit der juristischen Person verbinden, besitzt sie keinen wesensmäßigen Eigenwert, sondern sie ist eine funktionsgebundene Rechtsfigur, der je nach Sinn und Zweck einer in Betracht zu ziehenden Rechtsnorm unterschiedliche Bedeutung beigemessen werden kann (Müller-Freienfels aaO 536). Die Frage, inwieweit einzelne Normzwecke unter Berücksichtigung der Funktionen der jeweiligen Inkorporationsform eine auf Dritte bezogene Zurechnung gebieten, darf sich daher nicht — wie in den allgemeinen Durchgriffslehren — von vornherein starr an ein Regel/Ausnahmeschema binden. Aus diesem Grunde ist der methodische Ausgangspunkt für die Durchgriffsfrage weder der subjektive Miß(27)
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brauch noch die objektive Verfehlung der Institution, sondern die Norm, um deren Anwendung es jeweils geht. Allerdings sind auch unter diesem Blickpunkt Fragen des Mißbrauchs oder des zweckwidrigen Gebrauchs der Rechtsform einerseits wie auch andererseits die Interessen an der Funktionsfähigkeit des Konzepts der juristischen Person wichtige Kriterien für die jeweilige Normanwendung (daher sind die engen Verbindungen, die etwa bei Tröster aaO zwischen der Kennzeichnung des Durchgriffs als Auslegungsproblem und dem Konzept einer relativen Rechtsfähigkeit der juristischen Person bestehen, kein Zufall; ähnliches gilt für die Verbindung von Normanwendung und institutionellem Ansatz bei O. Kuhn aaO, aber auch bei E. Rehbinder aaO). Doch ist das Normanwendungskonzept in der Lage, die subjektive und die objektive Durchgriffskonzeption, die für die Herausarbeitung bestimmter Fallgruppen Wichtiges geleistet haben (vgl. dazu etwa Kraft KölnKomAktG § 1, 60 ff.), zu umgreifen. Insofern wird es auch am ehesten der Rechtsprechung gerecht, die es vermeidet, sich an eine bestimmte Durchgriffslehre zu binden. 2. Überblick über die Rechtsprechung a ) Das Reichsgericht hat sich in den gewöhnlich als Durchgriffsfällen klassi43 fizierten Entscheidungen seit 1920 (RGZ 99 232, 234; 103 64, 66; 104 128; 117 257; 119 126; 129 50, 53f.; RG JW1938 862; RGZ 156 277; RG JW1939 355 (betr. AG); RGZ 169 248) auf den Satz gestützt, daß der „Richter vor der juristischen Konstruktion die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tatsachen zu berücksichtigen" habe. Mit diesem Hinweis auf den Vorrang des Inhalts vor der Form wird in sehr verschieden gelagerten Einzelfällen prozessual der Vortrag derjenigen Partei abgeschnitten, die sich auf die Verschiedenheit der inkorporierten juristischen Person und der sie beherrschenden Personen bezieht. b) Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung in Entscheidungen fort44 gesetzt, die sich mit der Frage der Aufrechenbarkeit von Reichsschulden gegen Forderungen von Kriegsgesellschaften beschäftigen (BGHZ 3 316; 10 205; BGH N J W 1952 817; vgl. auch BGHZ 15 27ff.; 17 19; BGH DB 1955 333; BGH BB 1955 559). Das Gericht versagt den einzelnen Reichskriegsgesellschaften die Berufung auf die formale Rechtsstellung als selbständige Vermögensträger und läßt damit unter Bejahung der Identität von Gläubiger und Schuldner (im Sinne des § 387 BGB) die Aufrechnung zu; im Hinblick auf das Gesellschaftsrecht darf man den präjudiziellen Wert dieser Entscheidungen nicht überschätzen (R. Fischer JZ 1956 362 gegen Schilling Vorauf!. 5; vgl. auch BGHZ 26 31,34ff. und BGH WM 19611103, 1104). Auf diese Rechtsprechung gestützte Versuche eines Durchgriffs von der 45 Gläubigerseite her hat der Bundesgerichtshof im Fall der Aufrechnung (BGHZ 26 31) und der Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht (BGH GmbH-Rdsch. 1959 26), also in Fällen defensiver Geltendmachung eines Anspruchs gebilligt, in den Fällen der mangelhaften Kapitalausstattung unter Zugrundelegung von §§30,31 differenzierend behandelt, bei offensiver Geltendmachung im Hinblick auf Kapitalgesellschaften (anders für den eingetragenen Verein BGHZ 54 222) dagegen durchweg abgelehnt. Hier finden sich als obiter dicta programmatische Stellungnahmen, die diese Haftungsfragen unter dem Einfluß der Literatur als allgemeine Probleme der rechtlichen Schranken einer juristischen Person qualifizieren. So erklärt BGHZ 20 4, 14, die Rechtsfigur der juristischen Person könne nur in dem Umfang Beachtung finden, in dem ihre Verwendung dem Zweck der Rechtsordnung entspreche; über die Rechtsform der juristischen Person dürfe nicht leichtfertig oder schrankenlos (28)
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hinweggegangen werden. Dieser letztere Teil der Formel, gegen den — für sich genommen — ein Verstoß im Rahmen rechtsstaadicher Gerichtsbarkeit wohl kaum ernsthaft zu erwarten ist, wird in späteren Entscheidungen regelmäßig wiederholt; vgl. zuletzt BGH BB 1975 487. In BGHZ 22 226, 234 wird in bezug auf ein Organverhältnis — unter Berufung auf Voraufl. 7 — die Formel geprägt, eine Haftung des herrschenden Unternehmens trete dann ein, „wenn die rechtliche Selbständigkeit der einen Gesellschaft von einem anderen Unternehmen rechtswidrig ausgenutzt, der Schein der Selbständigkeit erweckt oder das Abhängigkeitsverhältnis mißbraucht" werde. Auch in anderen Entscheidungen bedient sich der BGH der Sprache der Durchgriffslehre, wobei er durchweg dem objektiven Ansatz den Vorzug gibt, also das restriktive Merkmal der Schädigungsabsicht nicht voraussetzt (Ausnahme: die Entscheidung des 8. Senats, BGH GmbH-Rdsch. 1958 111 = WM 1958 460; vorsichtiger dagegen die Entscheidung desselben Senats BGH AG 1970 117 = KTS 1970 201). Doch herrscht offenbar das Bestreben vor, sich nicht auf eine bestimmte Durchgriffslehre festzulegen. So wird in BGH WM 1961 1103 unter Bezug auf R. Fischer Anm. zu LM Nr. 4 zu § 13 GmbHG = BGHZ 26 31 betont, die Vielfalt der Lebensverhältnisse habe eine dogmatische Grundlegung erschwert, immer wieder müsse daher der einzelne Fall neu betrachtet werden, wobei frühere Entscheidungen nur mit Vorsicht heranzuziehen seien. Insgesamt sind hier als den Gesichtspunkt des Durchgriffs behandelnde Entscheidungen zu nennen: BGHZ 25 115 (Bilanzeinsichtsrecht nach § 166 HGB bei einer von einer Kommanditgesellschaft beherrschten GmbH); BGHZ 26 31 (Pensionsanspruch gegen eine vom Reich betriebene Bergbaugesellschaft); BGH GmbHRdsch. 1958 111 = WM 1958 460 (Umfang des Einwands nach §419 BGB beim Verkauf eines überschuldeten Bäckereibetriebes in Form einer GmbH); BGH GmbHRdsch. 1959 26 = WM 1958 463 (Leistungsverweigerungsrecht eines Provisionsvertreters gegen ein persönliches Darlehen des Geschäftsführer - Gesellschafters); BGHZ 31 258 (Zugriff auf die Kapitalausstattung durch Gesellschafterdarlehen bei einem unterkapitalisierten Lufttaxiunternehmen); BGH GmbH-Rdsch. 1961 104 = WM 1960 1119 (der Alleingesellschafter kann nicht einerseits Vertragsansprüche persönlich geltend machen und sich andererseits gegenüber Einwänden darauf berufen, daß die GmbH Vertragspartner sei); BGH GmbH-Rdsch. 1961 161 = WM 1961 1103 (herrschendes Unternehmen haftet grundsätzlich nicht für Verbindlichkeiten eines ausgegründeten Verlags); BGH GmbH-Rdsch. 1962 134 und BGH GmbH-Rdsch. 1971 137 = LM Nr. 8 zu § 842 BGB = JR 1971 329 mit Anm. P. Schmrdtner (Erwerbsausfallschäden kann der Alleingesellschafter-Geschäftsführer auch persönlich geltend machen); BGH WM 1964 69 und BGH WM 1966 146 (für Zwecke des Entschädigungsrechts wird trotz Einmann-GmbH auf die natürliche Person zugerechnet); BGH AG 1970 117 = KTS 1970 201 (Gesellschafterdarlehen und §30 Nr. 1 KO); BGHZ 61 380 (persönlicher Anspruch des Einmanngesellschafters aus einem im eigenen Namen geschlossenen Anwaltsvertrag wegen eines der Gesellschaft entstandenen Schadens); BGH N J W 1 9 7 4 1371 (Alleingesellschafter haftet grundsätzlich nicht, auch nicht über § 831 BGB, persönlich für Verbindlichkeiten, die der betrügerische Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft eingeht); BGH BB 1975 487 (Anerkennung von Darlehen im Konzern). Der Sache nach gehören hierher auch die Entscheidungen zu § 652 BGB: BGH N J W 1971 1839; 1973 1649; 1974 1130, in denen die Maklereigenschaft verneint wird, wenn der Makler zugleich eine beherrschende gesellschaftsrechtliche Stellung beim Vertragspartner innehat. Der BGH spricht hier methodisch ganz im Sinne der Normanwendungslehre nicht mehr von einem Durchgriff, vgl. unten Rdn. 55. (29)
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3. Sonderproblem des „gesellschafterfreundlichen Durchgriffs" Grundsätzlich kommt eine Identifizierung der Gesellschaft und des Gesellschafters zugunsten des letzteren nicht in Betracht; denn dieser muß sich an seiner Entscheidung, ein Unternehmen in Form der juristischen Person zu führen, festhalten lassen (RGZ 169 240, 248; Kraft KölnKomAktG §1, 74; Mejer-Landrut GroßkomAktG § 1, 32; Siebert BB 1954 417; K. Schmidt GmbH-Rdsch. 1974 179). Um so weniger lassen sich die Fälle, in denen die Rechtsprechung Ausnahmen von diesem Prinzip zugelassen hat, aus einer einheitlichen als Korrektiv der juristischen Person angelegten Konzeption des gewissermaßen rückgewendeten Durchgriffs erklären. Auch insoweit bewährt sich dagegen das Normanwendungskonzept: So kann der Zweck bestimmter steuerrechtlicher Normen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gebieten, die auf einen „gesellschafterfreundlichen Durchgriff" hinausläuft (vgl. unten Rdn. 64ff.). Dem Zweck des Bundesentschädigungsgesetzes, das zwischen der Beeinträchtigung von Mitgliedschaftsrechten einerseits und der persönlichen wirtschaftlichen Existenz andererseits unterscheidet, entspricht es, wenn der Alleingesellschafter im Rahmen der zweiten Kategorie entschädigt wird (BGH WM 1964 69; BGH WM 1966 146; K. Schmidt aaO 181). Schadensrechtlich begründete Erwägungen für die Berechnung des Schadensumfangs sind maßgeblich, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer die unmittelbare Geltendmachung eines Erwerbsausfallschadens als Eigenschaden gestattet wird (BGH GmbH-Rdsch. 1962 134; BGH GmbH-Rdsch. 1971 137 = LM Nr. 8 zu § 842 BGB = JR 1971 329 m. Anm. P. Schwerdtner). Ähnliches gilt für BGHZ 61 380 (vgl. dazu Bauschke BB 1974 429; Berg N J W 1974 933; Frank N J W 1974 2313; Mann und Roll N J W 1974 492; Reinelt BB 1974 1145; K. Schmidt aaO 178). Die Entscheidung spricht dem Alleingesellschafter Ersatz eines Vermögensschadens zu, der am Gesellschaftsvermögen der von ihm beherrschten GmbH dadurch entstanden war, daß ein Anwalt den mit dem Gesellschafter persönlich abgeschlossenen Anwaltsvertrag verletzt hatte. Die im Leitsatz zusammengefaßte Begründung des Urteils: „Wird der Gesellschafter von einem Dritten schuldhaft verletzt und tritt ein Schaden an seinem ,Sondervermögen' ein. . . , so muß es, wenn zwischen Schadenszufügung und Schaden ein zurechenbarer Zusammenhang besteht, im Verhältnis zum Schädiger so angesehen werden, daß ihn persönlich ein Schaden getroffen hat", ist wegen ihrer verallgemeinernden Tendenz und ihrer unklaren methodischen Linie von den genannten Autoren mit Recht kritisiert worden. Zur richtigen Einschätzung der Tragweite dieser Entscheidung ist davon auszugehen, daß sie die Situation eines schadensersatzrechtlich nicht hinzunehmenden Auseinanderfallens von Anspruchsberechtigung und Schaden zu bewältigen hatte. Solche Fälle lassen sich schadensrechtlich entweder dadurch lösen, daß im Wege der Vertragsauslegung der Geschädigte in den vertraglichen Schutzbereich einbezogen wird oder daß man den Schaden zum Anspruchsberechtigten zieht, indem man diesem insoweit ein eigenes Vermögensinteresse zuspricht; man setzt sich dann der Sache nach über gewisse tatbestandliche Verengungen einer Schadensliquidation im Drittinteresse hinweg. Dieser Weg mag in Fällen, in denen dem Vertragspartner das erweiterte Schutzinteresse des Anspruchsberechtigten erkennbar war, durchaus als gangbar erscheinen. Gestattet man es dem Alleingesellschafter der GmbH, den ihr entstandenen Schaden auf diese Weise zu liquidieren, so darf man ihm allerdings einen Anspruch nur auf Leistung von Schadensersatz an die GmbH gewähren; denn ihr Vermögensstand ist wieder herzustellen und ihren Gläubigern darf die persönliche Geltendmachung des Schadens durch den Alleingesellschafter nicht zum Nachteil gereichen (Mann aaO; K. Schmidt aaO 179; im Ergebnis auch Frank aaO). Gerade dieses Gläubigerinteresse (30)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
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schließt im übrigen auch die von Frank aaO vorgeschlagene Lösung aus, wonach der Einmanngesellschafter selbst den Vermögensschaden liquidieren dürfe, der durch die Wertminderung seines Geschäftsanteils an der GmbH entstanden sei. Damit setzt sich Frank, offenbar ohne die Tragweite seines Vorschlags zu erkennen, unzulässigerweise über die Haftungsordnung des GmbH-Rechts hinweg. 4. Fallgruppen a) Unterkapitalisierung Die Frage der Verantwortlichkeit des Gesellschafters für eine unzureichende 47 Kapitalausstattung seiner Gesellschaft ist bei Zugrundelegung des Normanwendungskonzepts unter Abwägung der verschiedenen Interessen der Gläubigergruppen in erster Linie von den § § 30, 31 und den Bestimmungen des Insolvenzrechts her zu lösen. Dies ist auch der Ausgangspunkt der Rechtsprechung (BGHZ 31 258; BGH GmbH-Rdsch. 1961 161; 1963 208; BGH WM 1966 146f.; BGH AG 1970 117 = KTS 1970 201; BGH WM 1972 74). Insoweit ist auf die allgemeine Darstellung des Unterkapitalisierungsproblems (Anhang zu § 30; vgl. auch § 5, 10) zu verweisen. b) Gesellschafter als Vertragspartei Wer Vertragspartei ist — die Gesellschaft oder der Gesellschafter, oder beide — 48 ist Frage der Vertragsauslegung und nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu entscheiden (vgl. BGHZ 62 216, 220f. und im Hinblick auf den Konzern Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 137 f. m. w. Nachw.; vgl. auch Reinhardt Identitätsproblem, S. 588; zur Patronatserklärung und weiteren Verpflichtungstatbeständen im Konzern siehe Anhang II zu § 13, 50 ff. und Obermüller Die Patronatserklärung, ZGR 4 1975 lff.). Wer sich auf die Fremdwirkung seiner Willenserklärung beruft, hat die Darlegungs- und Beweislast (RGZ 95 188; BGH BB 1953 369: BGH N J W 1975 775; Soergel-Schult^e-v. Lasaulx § 164, 30). Mit Recht stellt BGHZ 31258,271 fest, hafte der Gesellschafter „aus einem besonderen Rechtsgrunde (Bürgschaft, Schuldbeitritt, Kredi tauftrag, Garantievertrag, Verschulden bei Vertragsschluß oder unerlaubter Handlung) ohnehin", so gehe es nicht um ein Durchgriffsproblem. Doch behandeln BGH GmbH-Rdsch. 1958 111 = WM 1958 460 und BGH GmbH-Rdsch. 1959 26 = WM 1958 463 Fälle unter Durchgriffsgesichtspunkten, die auf dem Wege der Ermittlung der richtigen Vertragspartei hätten gelöst werden können (vgl. dazu Drobnig S. 33f.; E. Rehbinder Konzernaußenrecht S. 154ff. sowie OLG Nürnberg WM 1955 1566 einerseits und OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1960 25 andererseits). c) Besondere vertragliche oder gesetzliche Verhaltenspflichten Die Frage, ob ein Wettbewerbsverbot oder sonstige Unterlassungspflichten, 49 die sich primär auf die GmbH beziehen, auch vom Gesellschafter beachtet werden müssen (vgl. zum umgekehrten Fall RGZ 114 68), ist im Wege der Auslegung nach Sinn und Zweck der Vereinbarung oder der gesetzlichen Verpflichtung zu lösen. Von Bedeutung ist, ob und in welchem Maße der Gesellschafter das Verhalten der Gesellschaft beeinflussen kann (vgl. OLG Frankfurt DB 1974 1904, wo der beherrschende Gesellschafter im Sinne der Normanwendungslehre als Störer nach § 1004 BGB angesehen wird). Eine Begrenzung der Reichweite der Verpflichtung auf Tatbestände der absichtlichen Umgehung (so aber RGZ 142 219, 221; Serick Rechtsform und Realität S. 22ff.) ist abzulehnen (vgl. E. Rehbinder Konzernaußenrecht S. 183f. und 111 ff. m. w. Nachw.). Das gleiche gilt für Auskunfits- und Einsichtspflichten. So kann sich ein 50 Alleingesellschafter nicht darauf berufen, die Pflicht zur Bilanzvorlage treffe allein (31)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
die GmbH, sie sei ihm selbst rechtlich unmöglich (vgl. RGZ 99 231; BGHZ 25 115; zu verfahrensrechtlichen Fragen auch RGZ 160 257). Entscheidungstragend ist hier der Zweck der konkreten Verpflichtung, nicht dagegen die zusätzliche Hilfsbegründung des BGH (aaO 118), eine Berufung auf die förmliche Verschiedenheit zwischen Gesellschaft und Alleingesellschafter widerspreche dem „Zweck der Rechtsordnung". 51
§ 61 VVG verbietet dem Alleingesellschafter, der den Versicherangsfall vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt, die Berufung darauf, daß die Gesellschaft Versicherungsnehmer sei (Reinhardt Identitätsproblem, S. 584 m. w. Nachw.). Auch im Hinblick auf § 102 Abs. 1 Satz 2,107c W G ist der Einwand mangelnder Identität unbeachtlich (Tröster S. 93; a. A. Flechtbeim Die Einmanngesellschaft und § 107 des Versicherungs-Vertragsgesetzes, Zentralblatt f. Handelsrecht 1928 388 f.). 52 Bei Abzahlungsgeschäften ist eine extensive Anwendung des § 6 AbzG jedenfalls dann notwendig, wenn der Käufer von der Mutter-GmbH eine Sache durch Barkauf erwirbt, der Kaufpreis jedoch (in Form eines Personalkredits) von einer Tochter-GmbH vorfinanziert wird (vgl. O. Kuhn, S. 205; wegen der Einzelheiten zu § 6 AbzG und zur jüngeren Rechtsprechung Palandt-Putv^o, 34. Aufl. [1975] Abzahlungsgesetz § 6 Anm. 2dd und Anhang zu § 6). 53
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d) Haftungsrecht Um dem Gesellschafter einen eigenen deliktischen Handlungsbeitrag im Rahmen seiner gesellschaftsbezogenen Aktivität zuzurechnen, bedarf es keines Durchgriffs durch die juristische Person (vgl. zur vorsätzlich sittenwidrigen Schädigungshandlung eines Alleingesellschafters BGHZ 31 258, 271; zur Verantwortlichkeit beim Empfang von Schmiergeldern RG DR 1940 580; zur absichtlichen Vermögensvermischung als nach § 826 BGB zu behandelndem Delikt OLG Karlsruhe DR 1943 811; zur Begründung eines Dienstvertrages trotz Insolvenz der Gesellschaft LAG Bayern GmbH-Rdsch. 1972 31 mit unscharfer Begründung; zutreffend insoweit BAG NJW1975 708 = AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG m. Anm. Mertens). Hat der Gesellschafter keinen eigenen Handlungsbeitrag geleistet, so kann er auch nicht in Anspruch genommen werden. Er haftet nicht nach § 831 BGB für eine deliktische Aktivität seines Geschäftsführers; auch nicht für ein betrügerisches Handeln (BGH NJW 1974 1371). Eine weitergehende Verantwortlichkeit des Alleingesellschafters für Handlungen Dritter im Rahmen seines geschäftlichen Betriebes besteht nach § 13 Abs. 3 UWG und § 12 Abs. 2 RabattG (vgl. BGH WRP 1963 306f.). Das Handeln des Gesellschafter-Geschäftsführers für die Gesellschaft kann eine eigene Haftung aus culpa in contrahendo begründen, wenn man die h. M. (vgl. zusammenfassend BGHZ 56 81) zugrunde legt, daß der Vertreter bei wirtschaftlichem Eigeninteresse oder bei der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens selbst haftet: Vgl. BGH WM 1967 481 und dazu Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 337; einschränkend BAG NJW 1975 708 = AP Nr. 1 zu § 13 GmbH m. Anm. Mertens. e) Rechtsscheinerwerb Die Normen des grundbuchrechtlichen, fahrnisrechtlichen und wertpapierrechtlichen Gutglaubensschutzes (§§ 892, 932ff. BGB, Art. 16 Abs. 2 und 17 WechselG und Art. 21, 22 ScheckG) sind im Verhältnis zwischen Alleingesellschafter und Gesellschaft nicht anwendbar, da bei Übertragungen kein „Verkehrsgeschäft" vorliegt (vgl. O.Kuhn S. 205f.; Reinhardt Identitätsproblem, S. 580ff.; Soergel-Schult^ev. Lasaulx vor § 21,47; Tröster S. 70ff. m. w. Nachw.). Zu § 892 BGB vgl. RGZ 117 257, 265; 119 126, 129; 126 46; 129 119; 130 390; KG JW1927 805 und 1431; Rein(32)
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bardt Identitätsproblem, S. 581; RGRK-Pritsch § 892, 11; Soergel-Baur § 892, 21 f.; Staudinger-Seufert § 892, 22f. Zu §§ 932ff. BGB vgl. Wolff-Raiser Sachenrecht, 10. Aufl. (1957) S. 249. Zu Art. 16, 17 WechselG vgl. OLG Stuttgart JZ 1965 415; OLG Hamm JZ 1965 416; Baumbach-Hefermehl Wechsel- und Scheckgesetz, 11. Aufl. (1973) WG Art. 17, 22; v. Marschall JZ 1965 403; Tröster S. 74ff. Entsprechend greifen auch Art. 21, 22 ScheckG nicht ein. f ) Maklerprovision, Sicherungshypothek, Vorkaufsrechte Eine Maklerprovision kann der als Makler auftretende beherrschende Gesellschafter, der nicht notwendig Alleingesellschafter sein muß, bei Geschäften mit der 55 Gesellschaft nicht verlangen, da er keine vermittelnde Tätigkeit mit einem Dritten im Sinne des § 652 BGB ausübt (BGH NJW 1971 1839; 1973 1649 und 1974 1130; KG NJW 1968 1782; OLG München NJW 19741875 m. Anm. Benöhr-, OLG Frankfurt NJW 1975 543). Ist der herrschende Gesellschafter zugleich auch Geschäftsführer, so tritt neben die Interessenidentität aus mitgliedschaftsrechtlichen (konzernrechtlichen) Gründen der vertretungsrechtliche Gesichtspunkt, daß der Vertreter nicht zugleich als Makler eines Geschäfts mit dem Vertretenen auftreten kann; dies widerspricht dem Bild der eigenverantwortlichen Maklertätigkeit (BGH NJW 1974 1130, 1131); er hat im Zweifelsfall allein die Interessen des Vertretenen zu wahren (so für den Handelsvertreter: BHG NJW 1974 137; für den Verwalter im Sinne des Wohnraumvermittlungsgesetzes: LG Aurich NJW 1975 544 und LG Berlin NJW 1975 545; vgl. auch LG München I NJW 1974 2287 m. Anm. Hoyningen-Huene). Dies gilt um so mehr, wenn für Dritte die Vermittlungstätigkeit von der Verkäufertätigkeit nicht zu scheiden ist (OLG Stuttgart NJW 1973 1975, 1976; vgl. aber OLG München NJW 1974 1875,1876). Die Rechtsprechung neigt allerdings dazu, gesellschaftsrechtliche und vertretungsrechtliche Identitätsprobleme in einem einheitlichen Sammelbegriff der „engen wirtschaftlichen Verflechtung" (OLG Stuttgart aaO; OLG Frankfurt NJW 1975 543; vgl. auch Benöhr NJW 1974 1877) aufzulösen, der nur mangelhafte Abgrenzungen erlaubt. Dies wird in OLG München {?. Zs.) NJW 1974 1875 zwar im Ansatz richtig gesehen; die Entscheidung ist jedoch im Ergebnis abzulehnen, da sie neben der Bewertung der gesellschaftsrechtlichen Identitätsfrage den Umstand unberücksichtigt läßt, daß im Einzelfall aus vertretungsrechtlichen Gründen der Makler nicht für einen Dritten im Sinne des § 652 BGB tätig werden konnte (kritisch auch: Benöhr aaO und OLG München [23. Zs.] NJW 1975 220 = BB 1974 1553). Der besondere Schutzzweck des § 648 BGB kann im Einzelfall gebieten, daß 56 neben dem vertraglich bezeichneten Werkbesteller auch der mit ihm organisatorisch verbundene, der Rechtsform nach getrennte Eigentümer zur Einräumung einer Sicherungshypothek heran gezogen werden kann. Dabei geht es nicht um „formaljuristische" Betrachtung einerseits und „wirtschaftliche" Betrachtung andererseits (so OLG München NJW 1975 220 = BB 1974 1553 und Palandt-Thomas BGB 34. Aufl. [1975] § 648, 2b) gegen OLG Braunschweig BB 1974 624), sondern um eine Bestimmung des Bestellerbegriffs nach dem Schutzzweck des § 648 BGB unter Abwägung des Schutzes der an den getrennten Vermögensmassen interessierten Gläubiger (z. B. Kaufanwärter der Bauobjekte) und Gesellschafter. Da es sich in der Sache um eine Erstreckung der Haftung des Vertragspartners auf getrennte Vermögen handelt (vgl. dazu die familienrechtliche Entscheidung BGHZ 14 313, 317 und näher: Rehbinder Konzernaußenrecht S. 350f. m. w. Nachw.) ist die bei Palandt-Thomas aaO und OLG München aaO gezogene Parallele zu § 652 BGB nur mit Vorsicht zu verfolgen. Angesichts der besonderen Schutzbedürftigkeit des vorleistenden und kraft Gesetzes (33)
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sein Eigentum verlierenden Bauhandwerkers ist der Bestellerbegriff in § 648 BGB extensiv auszulegen; die Grenze liegt jedoch bei der Frage, welche Sicherung der Unternehmer bei Abschluß des Vertrages verständigerweise erwarten durfte; andernfalls würde das erkennbare Vertragsrisiko zu Lasten Dritter verschoben. 57 Rechtsgeschäfte zwischen der Einmann-GmbH und dem Alleingesellschafter lösen Vorkaufsrechte Dritter nicht aus. Diese können jedoch das Vorkaufsrecht ausüben, wenn der betreffende Vermögensgegenstand danach an einen Dritten weiterveräußert wird (so mit Recht Tröster S. 69 f. entgegen Griebel S. 120). g) Konkursantrag 58 Die Geschäftsführerhaftung für verspätete Konkursanmeldung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 1 GmbHG ist auch auf Gesellschafter zu erstrecken, die sich tatsächlich wie ein Geschäftsführer verhalten haben (BGH GmbHRdsch. 1974 7, 9 unter Anlehnung an die strafrechtliche Rechtsprechung zu § 83 GmbHG; vgl. auch schon BGH WM 1961, 1103, 1106). Einer mit dem Durchgriffsgedanken arbeitenden Lösung bedarf es insoweit entgegen Fleck Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1974 224, 232 nicht. Gegen den Konkurseröffnungsbeschluß kann gemäß § 109 KO nur der Geschäftsführer, nicht aber die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit oder der herrschende Gesellschafter vorgehen (OLG Köln BB 1975 199 m. Anm. Bauschke). 59
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h) Gläubigeranfechtung Im Rahmen der Konkurs- und Einzelgläubigeranfechtung nach § 31 KO und § 3 AnfG gilt jedenfalls der Alleingesellschafter als Angehöriger der GmbH; daher sind statt der allgemeinen Absichtsanfechtungsregel anwendbar § 31 Nr. 2 KO (vgl. KG KTS 1935 158; Böble-Stamschräder KO § 31, 3e m. w. Nachw.; Jaeger-Lent KO § 31, 30; vgl. auch BGH AG 1970 117f., wo dieser Gesichtspunkt aus tatsächlichen Gründen nicht untersucht wird) und § 3 Abs. 1 Nr. 2 AnfG (Böble-Stamschräder AnfG § 3, 8; Jaeger Die Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkursverfahrens, 2. Aufl. [1938] § 3, 36). Mit Recht schlägt Tröster S. 77 weitergehend vor, auch die Regelung über die Ehegattenanfechtung ( § 3 2 Nr. 2 KO, § 3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG) anzuwenden. i) Arbeitsrecht Der Übergang eines Unternehmens von der GmbH auf den Alleingesellschafter oder die Fortführung eines Einzelunternehmens durch den bisherigen Inhaber in Form der Einmann-GmbH kann mit Rücksicht auf den Arbeitnehmerschutz des § 613 a BGB als Betriebsinhaberwechsel angesehen werden. Soweit die Auffassung vertreten wird, daß leitende Angestellte nicht unter § 613a BGB fallen, weil diese Vorschrift auf dem betriebsverfassungsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers beruhe (vgl. etwa Erman-Kächenhoff § 613a, 7f.; a. A. Palandt-Put%o 34. Aufl. [1975] § 613 a, l c ) sind die Gründe, die gegen eine Fortsetzung der Verträge mit leitenden Angestellten entsprechen, in diesem Fall des Betriebsinhaberwechsels aber irrelevant. Daher müssen auch solche Verträge bestehen bleiben. Wegen der Deliktshaftung des Gesellschafters bei Abschluß des Arbeitsvertrages durch den herrschenden Gesellschafter vgl. oben Rdn. 53.
j) Prozeßrecht 61 Auch im Prozeßrecht entscheidet der Zweck der in Betracht kommenden Norm über die Identifikation des Alleingesellschafters mit der GmbH. Im Prozeß der (34)
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GmbH ist der Alleingesellschafter nach §41 Nr. 1 ZPO vom Richteramt ausgeschlossen {Fauser S. 62 FN 5; Griebel S. 140f.). Beweisrechtlich sind auf den Alleingesellschafter im Prozeß der GmbH die Grundsätze der Parteivernehmung anzuwenden (R. Fischer J Z 1 9 5 6 362; Sehilling JZ 1957 93). Soweit die prozessuale Literatur im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Partei und Zeuge allein auf die formal unterschiedliche Rechtssubjektivität abstellt, berücksichtigt sie den Fall der vollständigen Interessenidentität, wie sie zwischen Alleingesellschafter und Gesellschaft besteht, nicht (vgl. Rosenberg-Schwab Zivilprozeßrecht, 11. Aufl. [1974] § 2 3 112; Stein-]onas-Pohle-Schumann\Leipold ZPO, 19. Aufl. [1972ff.] vor §373, 12. Zugunsten einer Anwendung der Regel über die Zeugenvernehmung führt Fauser S. 62 FN 5 an, daß auch der Gemeinschuldner im Konkursprozeß Zeuge sein könne; doch ist hier kein Fall der notwendigen Interesseneinheit gegeben. Da § 114 Abs. 4 ZPO die Beurteilung der Armut der juristischen Person auch an das Vermögen der „an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten" knüpft, erhält die „arme" Einmanngesellschaft regelmäßig dann kein Armenrecht, wenn der Alleingesellschafter selbst vermögend ist (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung allgemein: BVerfGE 35 348, 356). VII. Besonderheiten beim Unternehmenskauf Veräußert der Alleingesellschafter alle Anteile an einen Dritten und wird nach 62 dem Vertragszweck aus der Sicht der Verkehrsauffassung (a. A. Neumann-Duesberg WM 1968 494, 501 f., der die Verkäuferabsicht für maßgeblich hält) deutlich, daß damit das Unternehmen verkauft wird, so gelten nicht die beim Rechtskauf anwendbaren Regeln, sondern die Vorschriften über die Gewährleistung bei Sachmängeln (st. Rspr.; RGZ 120 283; 150 397, 401; BGH 1964 69f.; BGH N J W 1969 184 = LM Nr. 31 zu § 433 BGB; BGH WM 1970 819f.; Balt^er GmbH-Rdsch. 1974 83; Eder GmbH-Rdsch. 1974 173; Erman-Weitnauer § 433, 25; Flume Eigenschaftsirrtum und Kauf [1948] S. 187ff.; U. Huber Z G R 1 1972 395,der jedoch entgegen der h. M. § All BGB nicht anwenden will (aaO 418); Loos N J W 1962 519; NeumannDuesberg WM 1968 494; Palandt-Put^o 34. Aufl. [1975] vor §459, 3; Soergel-Ballerstedt § 433, 37; Staudinger-Ostler § 433, 31; Wiedemann Festschrift Nipperdey I, S. 815; a. A. noch RGZ 86 146 und mit Einschränkungen RGZ 98 289; 100 203 f.). Auch die Übertragung einer gewichtigen Anzahl von GmbH-Anteilen mit der erkennbaren Zweckbestimmung, dem Erwerber das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit zu übertragen, löst die genannten Rechtsfolgen aus (BGH WM 1970 819; OLG München N J W 1967 1327; Palandt-Putsp aaO; Wiedemann aaO S. 835; im Ergebnis wohl auch Soergel-Ballerstedt aaO; einschränkend RG DR 1944 485 m. Anm. Dietrich-, Erman-Weitnauer aaO; Flume aaO S. 188; Staudinger-Ostler aaO). Bei mehreren Erwerbsakten kommt es darauf an, ob sich in den Einzelakten ein wirtschaftlich einheitliches Vorgehen zur Übernahme des Unternehmens abzeichnet. Das Unternehmen scheidet auch dann nicht als Kaufobjekt aus, wenn der Käufer bereits einen Teil der Geschäftsanteile besitzt (so aber Soergel-Ballerstedt § 443 Anm. 37). Nur wird hier eine Haftung des Verkäufers wegen eines Mangels der Sache vielfach wegen § 460 BGB entfallen. Die Kriterien, unter denen der Kauf von Geschäftsanteilen dem Unternehmens- 63 kauf gleichzusetzen ist, gelten auch für die Frage einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach §§1821 Abs. 1 Nr. 1 und 1822 Nr. 3 sowie für die entsprechenden Regelungen über die Genehmigung des Ehegatten nach § 1424 BGB und die behördliche Genehmigung nach § 2 GrundstücksverkehrsG. Sind Liegenschaften (35)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
von der Übertragving betroffen, so ist durch § 15 Abs. 2 und 3 GmbHG auch die Einhaltung der Form des § 313 BGB gewährleistet. Vin. Steuerrecht Schrifttum. Brönner Die Besteuerung der Gesellschaften, 13. Aufl. (1974) S. 299; Bühler Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne, 3. Aufl. (1956) S. 171 ff.; Meilicke Durchgriff im Steuerrecht, BB 1964 143ff.; Raupacb Der Durchgriff im Steuerrecht (1968); Tröster Die Einmann-GmbH (1971) S. 116ff.; Voss Steuerliche Aspekte bei Entstehung von Einmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1972 9ff.; Wilser Der Durchgriff bei Kapitalgesellschaften im Steuerrecht (1960) und dazu WiethSlter ZHR 125 1963 324ff. 64
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1. Allgemeines Grundsätzlich sind Gesellschaft und Alleingesellschafter getrennte Steuerrechtssubjekte (st. Rspr. zum Körperschaftssteuerrecht seit RFH RStBl. 1931 741; vgl. RFH RStBl. 1936 682 und BFH BStBl. 1956 III 95). Das Steuerrecht respektiert grundsätzlich die zulässige zivilrechtliche Gestaltung (BVerfG 13 331; 18 224; 24112 und 174). Aus Gründen der einheitlichen Besteuerung (Art. 3 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 3 und § 6 StAnpG) kann sich aber im Rahmen einzelner — teils gesetzlich formulierter — Tatbestände eine Identifikation von Gesellschaft und Gesellschafter aufgrund der sogenannten wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergeben. Wegen der Eigenart des in erster Linie fiskalischen Zwecken dienenden Steuerrechts ist der Gesetzgeber und die Auslegungspraxis der Gerichte nicht gehalten, durchgängig an die bürgerlichrechtliche Ordnung anzuknüpfen (BVerfG 13 331,339f.; 24112,117f.; 25 309, 313). Auch für das Steuerrecht ist nicht von einer einheitlichen und allgemeinen Durchgriffsdoktrin (vgl. aber Raupacb, insbes. S. 39 und Wilser aaO) auszugehen; allenfalls mag man die Zusammenfassung der Ergebnisse mit dem Begriff „Durchgriff" umschreiben (vgl. etwa: BVerfG 13 331, 340). Vielmehr handelt es sich auch hier um spezifische Normanwendungsprobleme unter besonderer Berücksichtigung der Zwecke der zivilrechtlichen Gestaltung einerseits und der Besteuerung andererseits (vgl. Tröster S. 116E; Wietbölter ZHR 125 1963 324). In Zweifelsfällen kann erheblich sein, inwieweit sich der Alleingesellschafter durch organisatorische Differenzierung und sachgerechte Kapitalisierung dem gesellschaftsrechtlichen Leitbild der Mehrmanngesellschaft angenähert hat; schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und dem sie beherrschenden Gesellschafter werden steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie im voraus und klar und eindeutig getroffen worden sind (BFH BStBl. 1956 m 288, st. Rspr.). In einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften ist der Alleingesellschafter unmittelbar Anknüpfungspunkt steuerrechtlicher Zurechnung (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG; § 7 Abs. 1 Nr. 2 KVStG und § 3a Nr. 1 VStG), in anderen der „qualifizierte Mehrheitsgesellschafter" (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; §§16 Abs. 1 Nr. 1, 17 EStG; § 105 AO). Wegen der Steuerprobleme im Rahmen der Organschaft vgl. Anhang II zu § 13, 10, 35. 2. Steuerprobleme bei Gründung und Veräußerung Bei der Strohmanngründung wird der Treugeber für die Zwecke der Gesellschaftssteuer ( § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG) und der Börsenumsatzsteuer (§22 Nr. 2 KVStG) als erster Erwerber angesehen (st. Rspr. seit RFH RStBl. 1925 57; d. h. der (36)
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Erwerb der Anteile ist für ihn gesellschaftssteuerpflichtig, nicht aber börsenumsatzsteuerpflichtig (vgl. im einzelnen die kritische Stellungnahme von Brönner-Kamprad Kommentar zum KVStG, 2. Aufl. [1973] § 2, 29 und § 22, 4). Nach Erwerb aller Anteile durch Mantelkauf ist die Zuführung von Mitteln bei Zweckänderung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG oder sonst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVStG gesellschaftssteuerpflichtig. Die Reaktivierung des Mantels bei Änderung des persönlichen und sachlichen Substrats berechtigt nicht zum Verlustabzug nach § 10 d EStG und § 6 KStG in Verbindung mit § 15 KStDV, da trotz Fortbestand der Gesellschaft keine Personengleichheit des Steuerpflichtigen anzunehmen ist (BFH BStBl. 1966 III 289; bestätigt auf Verfassungsbeschwerde durch BVerfGE 25 309; BFH BStBl. 1966 III 513; vgl. zur früheren Literatur und Rechtsprechung Raupach S. 117 und Schlutius GmbHRdsch. 1964 129, 131. Gehört zum Vermögen einer GmbH ein Grundstück, so wird bei Übertragung aller Anteile in eine Hand die Grunderwerbssteuer ausgelöst ( § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG i. d. F. des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 6.1963 [BGBl. I, 504] und § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG). Der Anteil des Treuhänders wird einheitlich mit dem Anteil des Treugeber-Gesellschafters behandelt (vgl. wegen der Einzelheiten Borutta-Klein, GrEStG 8. Aufl. [1965] § 1, 166ff.). Bei der Strohmanngründung, bei der ein Grundstück eingebracht wird, tritt die steuerpflichtige Anteilsvereinigung mit der Entstehung der Gesellschaft durch Eintragung im Handelsregister ein (vgl. BFH BStBl. 1972 II 719). Der Gewinn bei Veräußerung einer hundertprozentigen Beteiligung an einer GmbH unterliegt § 7 GewStG, soweit es sich nicht um einen bloßen Aufgabegewinn handelt (BFH 105 31 = BStBl. 1972 II 468 und dazu Wihtol GmbH-Rdsch. 1973 60). 3. Besonderheiten der laufenden Besteuerung a) Gesellschafterdarlehen Die Gewährung von Darlehen des Alleingesellschafters an die Gesellschaft kann 66 sich als eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung darstellen. Nach Streichung von § 3 KVStG durch Gesetz vom 23. 12. 1971 ist darüber unter Zugrundelegung von § 6 StAnpG zu entscheiden. Stellt sich hiernach ein Darlehen als Kapitalzuführung dar, so sind Zinszahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft zu behandeln ( § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG); das gleiche gilt für überhöhte Zinsen, auch soweit das Darlehen als solches anzuerkennen ist (vgl. § 19 Nr. 5 KStDV). b) Gesellschaftsdarlehen In einem Darlehen der Gesellschaft an den Alleingesellschafter kann eine ver- 67 deckte Gewinnausschüttung liegen (vgl. § 19 Nr. 3 und 4 KStDV). Bereits die Gewährung des Darlehens, nicht erst der Verzicht auf Rückzahlung ist in diesem Fall für die Besteuerung maßgeblich (RFH RStBl. 1934 714). c) Geschäftsführergehälter Geschäftsführergehälter werden bei Vorliegen eines ernsthaften Anstellungs- 68 Verhältnisses auch bei der Einmanngesellschaft anerkannt, soweit das Gehalt oder eine sonstige Vergünstigung nicht unangemessen hoch ist (vgl. § 19 Nr. 1 und 2 KStDV); beim überschießenden Betrag handelt es sich um verdeckte Gewinnausschüttung. Eine unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung zu (37)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
überprüfende Vergütung kann auch darin liegen, daß die Gesellschaft Verluste des Alleingesellschafters aus anderen Geschäften übernimmt (vgl. RFH RStBl. 1936 696). Für das Vorliegen des Anstellungsverhältnisses spricht bei der Einmanngesellschaft keine Vermutung (BFH BStBl. 1955 III 397). Zu den Anforderungen an die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung vgl. BFH BB 1974 1557. d) Pensionszusagen 69 Ob jährliche Zuführungen zu Pensionsrückstellungen als Betriebsausgaben anzuerkennen sind, hängt von der Ernsthaftigkeit der Versorgungszusage ab. Diese kann nicht generell deshalb verneint werden, weil die spätere Pensionszahlung im Belieben der Gesellschaft stehe. Während die Rechtsprechung die Ernsthaftigkeit früher nur bejahte, wenn spezifische und objektiv überprüfbare Tatsachen für die Einhaltung der Pensionszusage sprachen (vgl. etwa BFH 77 61; dazu im einzelnen Brönner, S. 304ff.), erkennt BFH GmbH-Rdsch. 1974 117 ihre steuerliche Wirksamkeit schon für den Fall an, daß die Pension vereinbarungsgemäß laufende Bezüge im Versorgungsfall ablöst und insgesamt angemessen erscheint. IX. Rechtsvergleichender Überblick 70
Das Problem der Einmanngesellschaft findet bei den entsprechenden „kleinen" Kapitalgesellschaften in den europäischen Rechtsordnungen im wesentlichen drei unterschiedliche Lösungen: Zulassung des Einzelunternehmens mit beschränkter Haftung von der Gründung an (Rdn. 71); uneingeschränkte oder eingeschränkte Zulassung nach abgeleiteter Gründung (Rdn. 72ff.); grundsätzliches Verbot (Rdn. 75). Faktisch laufen allerdings auch die Lösungen, die eine Einmanngesellschaft jedenfalls übergangsweise anerkennen, aber das Trennungsprinzip aufheben (Rdn. 74) auf eine Unterdrückimg der Einmanngesellschaft hinaus. Andererseits ermöglicht auch in den Staaten, die der Einmanngesellschaft restriktiv gegenüberstehen, die durchweg anzutreffende formale Qualifikation der Gesellschaftereigenschaft Strohmannlösungen im Sinne einer Quasi-Einmanngesellschaft. Das Recht der Europäischen Gemeinschaft (Erste Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9.3.1968 — Amtsblatt Nr. L 65 vom 14. 3.1968) überläßt es den staatlichen Rechtsordnungen, die Zahl der notwendigen Gründungsmitglieder zu bestimmen. Insgesamt geht die Entwicklung seit der Untersuchung Hallsteins (RabelsZ 12 1938/39 341, 428) in Richtung einer mehr oder minder offenen Zulassung von Einmanngesellschaften (vgl. hierzu auch Cohn und C. Simitis International & Comparative Law Quarterly 12 1963 189,217,220 Rotondi-, ZHR 131 1968 330ff. Schande [1975]). Bemerkenswert sind in jüngerer Zeit vor allem die gesetzlichen Änderungen in Dänemark (Rdn. 71), den Niederlanden (Rdn. 72) und Frankreich (Rdn. 73).
1. Einzelunternehmen mit beschränkter Haftung 71 Die auf Anregung von Pisko (Die beschränkte Haftung des Einzelkaufmannes, GrünhutsZ 371910 699) in Liechtenstein 1926 gesetzlich eingeführte Unternehmensform des Einzelunternehmens mit beschränkter Haftung (Art. 834-896 Personenund Gesellschaftsrecht — 3. Teil des Liechtensteinischen Zivilgesetzbuches) hat in ihrer detaillierten Regelung keine Nachahmung gefunden. Zu einem ähnlichen Ergebnis führt jedoch die neue dänische Lösung. Nach § 3 des dänischen Gesetzes über Anteilsgesellschaften (lov om anpartsselskaber, Nr. 371 vom 13. 6.1973) kann die Gesellschaft auch von einem Mitglied gegründet werden. (38)
Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung (Mertens)
§ 13 Anh. I
2. Zulassung nach abgeleiteter Gründung a) Uneingeschränkte Zulässigkeit unter Anerkennung des Trennungsprinzips Die in Deutschland und Österreich bereits länger praktizierte Lösung, zwar 72 bei der Gründung eine Gesellschaftermehrzahl zu fordern, aber die Übertragung aller Anteile auf einen Gesellschafter zuzulassen (für Österreich vgl. Demelius Die Einmann-Gesellschaften im österreichischen Rechtsleben und Kastner Die EinmannGesellschaft im österreichischen Recht, beide in Österreichische Landesreferate zum VII. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Uppsala 1966 [1967] S. 71 ff. und 87 ff.) ist in den Niederlanden bei der 1971 eingeführten besloten venootschap metbeperkte aansprakelijkheid (b. v.) übernommen worden (vgl. Art. 36 a in Verbindung mit Art. 57 c wetboek van koophandel) ; dazu Bärmann GmbH-Rdsch. 1972 246. b) Eingeschränkte Zulässigkeit Eine Reihe von Staaten läßt die Einmanngesellschaft nur als Übergangslösung 73 gelten. In der Schweiz kann nach Art. 775 Abs. 2 OR ein Gläubiger die gerichtliche Auflösung der Einmann-GmbH verlangen. Jedoch hat der Richter im Verfahren dem Alleingesellschafter zunächst eine angemessene Frist zur Wiederherstellung des gesetzlich vorgesehenen Zustands zu setzen. Zwischenzeitlich treten keine Sanktionen ein. So ist die Einmanngesellschaft zwar rechtswidrig (BGE 64, 361), aber durchaus praktikabel (vgl. Guhl-Mersç-Kummer Das Schweizerische Obligationenrecht, 6. Aufl. [1972] § 74 II 6, S. 664). Frankreich hat seit 1966 (loi n. 66—537 sur les sociétés commerciales) den Standpunkt der grundsätzlichen Nichtigkeit der Einmanngesellschaft für die société à responsabilité limitée (S. A. R. L.) aufgegeben (zum früheren Zustand Hêmard La société d'une seule personne, Etudes de droit contemporain, Vile Congrès international de droit comparé Uppsala 1966, S. 267). Ahnlich wie nach dem Recht der Schweiz kann bei einjähriger Vereinigung aller Anteile in einer Hand ein durch diesen Zustand gefährdeter Gläubiger die gerichtliche Auflösung verlangen (Art. 9 des Gesetzes; vgl. auch Einl. B. 269); dazu im einzelnen: v. Holleben Die rechtliche Struktur der Handelsgesellschaft im französischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Einmanngesellschaft, Diss. Hamburg (1969) S. 101 ff.; Ilgen S. 76ff; rechtspolitisch: Aussedat Société unipersonnelle et patrimoine d'affectation, Revue des sociétés 1974 221. Im Konkurs kommt nach Art. 99,101 des Konkursgesetzes (loi n. 67—563) unter bestimmten Voraussetzungen eine persönliche Ausfallhaftung in Betracht; vgl. Zimmermann Die Haftung von Geschäftsführer und Gesellschafter bei Insolvenz der GmbH in Frankreich, Diss. Freiburg (1971). c) Aufhebung des Trennungsprinzips Nach common law wird in England (ebenso in Schottland) seit der Grundsatz- 74 entscheidung Salomon v. Salomon & Co. Ltd [1897] A. C. 22 H. L. die postnatale Einmanngesellschaft als zulässig angesehen; jedoch bestimmt Companies' Act 1948 sec. 31 für die private company, daß sechsmonatiger Mangel der Mitgliedermehrzahl bei Kenntnis des Gesellschafters zur unmittelbaren Haftung führt; in der Praxis wird stets der (zulässige) Weg der Zuziehung eines nominellen Gesellschafters gewählt (vgl. Gower [Wedderburn, Weaver, Park\ The Principles of Modern Company Law 3. Aufl. [1969] S. 190f. und Palmer's Company Law [.Schmitthoff,\ Thompson] [1968] S. 97f.). Italien läßt zwar die Einmanngesellschaft grundsätzlich zu, doch statuiert Art. 2497 Abs. 2 Codice civile für die società a responsabilità limitata (S. A. R. L.) die (39)
§ 1 3 Anh.l
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
immittelbare persönliche Haftung eines Gesellschafters, in dessen Hand alle Anteile zusammenfallen. Damit rückt die italienische Lösung in ihrer Wirkungsweise in die Nähe einer Verbotskonzeption. Vgl. dazu Grisoli Le societa con un solo socio (1971) mit Nachweisen zur restriktiven Interpretation der Vorschrift (S. 363 ff.). 3. Unzulässigkeit der Einmanngesellschaft 75
Nach belgischem und luxemburgischen Recht verstößt die Einmanngesellschaft gegen den ordre public und ist damit nichtig (vgl. Frêdêricq Précis de droit commercial [1970] S. 429f.; Lutter Die GmbH in Belgien — Gesellschaftsrecht und Steuerrecht [1966] S. 5). Allerdings ist eine nur formelle Gesellschafterstellung nicht ohne weiteres angreifbar (vgl. für Belgien: del Marmol-Dabin in Jura Europae — Droit des Sociétés-Gesellschaftsrecht Bd. I, Nr. 20.20.2; für Luxemburg: Handbuch des Niederlassungsrechts, Stichwort Luxemburg 3010 mit Hinweis auf die Existenz von professionalisierten Treuhandstellen für Holding-Gesellschaften). X. Die Einmanngesellschaft im Internationalen Privatrecht
76
Die Tatsache, daß die einzelnen nationalen Rechtsordnungen dem Mangel der Gesellschaftermehrzahl unterschiedliche Bedeutung beimessen, führt zu besonderen kollisionsrechtlichen Problemen. Der BGH hat die Frage, ob ein Alleingesellschafter persönlich in Anspruch genommen werden kann, als Frage der Rechtsfähigkeit der juristischen Person und damit des Personalstatuts formuliert (BGH WM 1957 1047, 1049 unter Bezugnahme auf Fikentscher MDR 1957 71, 73; zustimmend Soergel-Kegel vor Art. 7 EGBGB, 158). Zum Personalstatut im allgemeinen vgl. Einl. B. 73ff. Doch dürfte hier eine gewisse Differenzierung zwischen dem Problem der Anerkennung einer Einmanngesellschaft und dem Problem der Haftung des Alleingesellschafters angebracht sein. Soweit es um die Anerkennung der Einmanngesellschaft als einer selbständigen juristischen Wirkungseinheit geht, sollten die Gestaltungsinteressen des Gesellschafters grundsätzlich durch Anwendung des Personalstatuts berücksichtigt werden. Die unter dem Stichwort des Durchgriffs behandelten Probleme sind dagegen auch in kollisionsrechtlicher Hinsicht nicht in erster Linie unter der Perspektive einer Relativierung der nach dem Personalstatut zu beurteilenden Rechtsfähigkeit zu sehen, sondern unter dem Gesichtspunkt, daß über die Aufhebung des Trennungsprinzips nur jeweils im Rahmen der Anwendung bestimmter Normen entschieden werden kann. Daher wird man sich hier kollisionsrechtlich von der statutenmäßigen Zugehörigkeit der durch die Sachnorm bestimmten Beziehung — beispielsweise zum Vertragsstatut, Deliktsstatut, Sachstatut oder Statut des öffentlichen Rechts einschließlich des Steuerrechts — leiten lassen müssen (vgl. zur kollisionsrechtlichen Problematik außer den Schrifttumsangaben in Einl. B vor 1 Koppensteiner und Rebbinder, in : Colloque international sur le droit international privé des groupes de sociétés [1973] S. 79, 126; Müller Kollisionsrechtliche Probleme der Durchgriffslehre bei Kapitalgesellschaften, Diss. Frankfurt [1974] ; Rehbinder Das auf multinationale Unternehmen anwendbare Recht, in: Deutsche zivil- und kollisionsrechtliche Beiträge zum IX. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Teheran 1974 [1974] S. 122, 130 ff; H. P. Westermann Das Gesellschaftsrecht in der Methodendiskussion um das Internationale Privatrecht ZGR 4 1975 68ff).
(40)
Die GmbH im Konzernverband (Barz)
§ 13 A n h . II
ANHANG II
Die GmbH im Konzernverband Übersiebt Rdn. Einleitung
1
I. Arten der Unternehmensverbindungen . 3 1. Unternehmen 4 2. Verbundene Unternehmen 5 3. Mehrheitsbesitz 6 4. Abhängigkeit 7 5. Konzerne 8 6. Wechselseitige Beteiligung 9 7. Unternehmensverträge 10 II. Auswirkungen der Unternehmensverbindungen 1. Auswirkungen auf Vorschriften der Kapitalerhaltung a) Erwerb von Anteilen an der Obergesellschaft b) Inpfandnahme von Anteilen an der Obergesellschaft c) Erwerbsauftrag für Anteile der Obergesellschaft an Dritte . . . . d) Übernahme neuer Geschäftsanteile der Obergesellschaft e) Kreditgewährung an Konzernorgane 2. Auswirkungen auf Rechte und Pflichten von Gesellschaftern a) Stimmrecht aus abhängigen Gesellschaften zustehenden Anteilen an einer herrschenden GmbH . . . . b) Auskunftsrecht über Beziehungen zu und über Verhältnisse von verbundenen Unternehmen c) Aufsichtsratsmitgliedschaft gesetzlicher Vertreter abhängiger Unternehmen d) Einflußnahme zum Schaden der Gesellschaft e) Anfechtung wegen Sondervorteil . 3. Konzernbilanz und Publizität a) Konzernbilanz b) Publizität
12
13 15 16 17 18
19 22 23 24 26 27 29
HI. Das Konzernrecht A. Unterscheidung zwischen Vertragsund faktischem Konzern 30 B. Vertragskonzern (41)
Rdn. 1. Vertragsarten u. ihre Zulässigkeit a) Beherrschungsvertrag . . . . b) Gewinnabführungsvertrag . . c) Gewinngemeinschaft d) Betriebspacht- oder Uberlassungsvertrag 2. Abschluß des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags . . . a) Schriftform b) Zustimmung der Gesellschafterversammlung c) Keine Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung des anderen Vertragsteils . . . . d) Keine Einreichung und Anmeldung zum Handelsregister . . 3. Vertragsinhalt a) Vertragsdauer b) Vertragsbeginn c) Verlustübernahme und vorvertragliche Rücklagen d) Sicherung der Minderheitsgesellschafter 4. Keine besonderen Haftungsregelungen C. Faktischer Konzern 1. Gewinnabführungsvertrag als Unterscheidungsmerkmal 2. Auswirkungen a) auf die abhängige Gesellschaft . b) auf die Minderheitsgesellschafter c) auf die Gläubiger IV. Konzernaußenhaftung 1. Keine Gesamthaftung des Konzerns. 2. Konzerntypische Haftungstatbestände für die Konzernobergesellschaft... a) Patronatserklärung b) Anscheinshaftung V. Das Konzernrecht im RegE eines GmbHGesetzes 1. Grundsätzliches 2. Vertragskonzern 3. Faktischer Konzern 4. Sonstige konzernrechtlichen Bestimmungen
31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51
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§ 1 3 Anh.II
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Einleitung j
Ein deutsches Konzernrecht als in sich geschlossene Regelving gibt es erstmals seit dem Inkrafttreten des AktG 65. Zwar kannte das AktG 37 bereits eine Anzahl konzernrechtlicher Bestimmungen — insbesondere in § 15 eine Definition des Konzerns und des Konzernunternehmens —, es regelte aber nur einzelne Probleme wie Erwerb eigener Aktien durch abhängige Unternehmen, Auskunftserteilung über Beziehungen zu Konzernunternehmen, besondere Offenlegungspflicht für gewisse konzernrechtliche Beziehungen in dem Jahresabschluß und im Geschäftsbericht, Pflicht zur Zustimmung der Hauptversammlung bei Gewinngemeinschaften und dgl. Seit dem 1.1. 65 aber hat die Bundesrepublik als erster Staat eine zwar in ihrer Vollständigkeit, ihrer grundsätzlichen Regelung — insbesondere bei dem faktischen Konzern — und ihren Einzelheiten viel kritisierte Kodifikation, die das Konzernrecht, genauer das Recht der verbundenen Unternehmen, als ein Ganzes sieht und als Ganzes zum Gegenstand ihrer Regelung macht. Aber dieses Konzernrecht ist als Teil des Aktiengesetzes und damit abhängig von der Rechtsform der AG konzipiert und greift deshalb nur ein, wenn im Verbund eine AG oder KGaA beteiligt ist, oder soweit von der Interessenlage der AG oder KGaA aus eine Einbeziehung eines in anderer Rechtsform geführten Unternehmens erforderlich erscheint. Eine allerdings nicht im Aktiengesetz, sondern in § § 11 fF. der sogen. Publizitätsgesetzes vom 15. 8.1969 enthaltene Ausnahme macht nur die Rechnungslegungspflicht im Konzern, die entsprechend den Größenverhältnissen ohne Rücksicht auf die Rechtsform eingreift. Außerhalb des von dieser Ausnahme belegten Bereichs gibt es ein eigenständiges Konzernrecht der GmbH nicht. Das GmbH-Gesetz enthält nicht einmal wie das AktG 37 einzelne konzernrechtliche Bestimmungen, weil es seit seiner Neufassung vom 20. 4.1898 nur geringen Änderungen unterzogen worden ist und dem Gesetzgeber von 1898 konzernrechtliche Fragen als regelungsbedürftig unbekannt waren. Der RegE eines GmbH-Gesetzes 72 bringt nunmehr in seinem 2. Buch (§§ 230—266), allerdings in einer fast sklavischen Anlehnung an die aktienrechtliche Regelung, ein Konzernrecht der GmbH, dessen grundsätzliche Regelung in Rdn. 53 £F. besprochen wird.
2
Die Tatsache, daß nach dem derzeit geschriebenen Recht die GmbH nur im Verbund mit AG und KGaA einzelnen Bestimmungen des aktienrechtlichen Konzernrechts und bei entsprechenden Größenverhältnissen den Konzernrechnungslegungspflichten des Publizitätsgesetzes unterliegt, ändert aber nichts daran, daß auch außerhalb dieses gesetzlich belegten Bereichs die im wirtschaftlichen Leben nun einmal bestehende Verflechtung von GmbHs mit anderen Unternehmen ihre Probleme aufwirft und zu ihrer rechtlichen Beurteilung auch dann zwingt, wenn keine speziellen Gesetzesvorschriften bestehen. Auch unter GmbHs gibt es oft Gewinnabführungsvereinbarungen, Betriebspacht- und -Überlassungsverträge, werden abhängige GmbHs öfters ohne den Bestand eines Beherrschungsvertrags dem Willen einer herrschenden GmbH unterworfen, liegen bisweilen Geschäftsanteile einer herrschenden GmbH bei einer von ihr abhängigen GmbH, besteht eine wechselseitige Beteiligung und dgl. mehr. Die Lösungen für diese Probleme müssen dann, weil das Gesetz selbst schweigt, aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder aus Analogien zum Aktiengesetz gewonnen werden und sind in der Praxis — bei den Unternehmesverträgen unter Führung des Steuerrechts — weitgehend entwickelt worden. Insoweit gibt es auch ein Konzernrecht der GmbH, in das der gesetzlich geregelte Teilbereich einzubeziehen ist und das im folgenden darzustellen ist. (42)
Die GmbH im Konzernverband (Barz)
§ 1 3 Anh.II
I. Arten der Unternehmensverbindungen Eine besondere Terminologie für die einzelnen Arten der Unternehmensver- 3 bindungen enthalten §§ 15—19 AktG. Da das Konzernrecht seinem Wesen nach rechtsformunabhängiges Unternehmensrecht ist, stellen diese Vorschriften konsequenterweise auf das Unternehmen und nicht auf die AG ab. Darin kommt zum Ausdruck, daß sie über das Aktienrecht hinaus für alle Unternehmen und damit auch für die GmbH gelten sollen und schlechthin die Terminologie des Konzernrechts enthalten. Natürlich könnte ein als ausgesprochenes Unternehmensrecht konzipiertes Konzernrecht oder auch ein GmbH-Konzernrecht eine andere Terminologie verwenden. Das aber ist nicht zu erwarten, wie § 8 RegE zeigt, der in Abs. 1 die Aufzählung der verbundenen Unternehmen aus § 15 AktG wiederholt und in Abs. 2 für die einzelnen Arten der verbundenen Unternehmen auf die sinngemäß anzuwendenden §§ 16—19 AktG verweist. Es sollte deshalb auch für das GmbH-Konzernrecht von den aktienrechtlichen Begriffsbestimmungen ausgegangen werden. Auf eine eigenständige Erläuterung dieser Begriffsbestimmungen wird hier verzichtet und auf die bereits vielfach kommentierte aktienrechtliche Literatur verwiesen. Vgl. insbesondere Würdinger GroßkomAktG § § 15—19 nebst Vorbemerkungen; Biedenkopf-Koppensteitter KölnKomAktG §§ 15—19 nebst Vorbemerkung; Gessler Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG §§ 15—19; Würdinger Aktien- und Konzernrecht 3. Aufl. § 51 ff. S. 241 ff.; Emmerich-Sonnenschein Konzernrecht S. 18ff. sowie die dortigen Literaturangaben. Hier werden nur etwaige Besonderheiten, die sich für die GmbH als verbundenes Unternehmen ergeben, angesprochen. 1. Unternehmen Aus dem ziemlich strittigen Unternehmensbegriff — vgl. die eingehende Dar- 4 Stellung bei Gessler aaO. § 15 Rdn. 6—59 — interessiert hier insbesondere die Frage,
ob die GmbH wegen § 13 Abs. 3 als Handelsgesellschaft auch dann Unternehmen im Sinne des Konzernrechts ist, wenn sie sich außerhalb der Ausübung ihrer Beteiligungsrechte wirtschaftlich nicht betätigt. Uber die verschiedenen Meinungen vgl. (bejahend) HefermehlFestschrift für Gessler S. 216; Adler-Düring-Schmalt£ Exkurs zu § 15 Rdn. 10 und (verneinend) Gessler aaO. § 15 Anm. 30, 31 sowie Würdinger Festschrift für Kunze S. 182. Sicherlich liegt die unmittelbare Bedeutung des § 13 Abs. 3 nur darin, Kaufmannsrecht auf jede GmbH anzuwenden; aber damit wird doch auch die GmbH ohne Rücksicht auf die bei ihr vorliegenden besonderen Verhältnisse (z. B. keine eigene wirtschaftliche Betätigung) mit einem Kaufmann und damit mit einem sich wirtschaftlich betätigenden Unternehmen identifiziert. Wollte man trotzdem eine nur ihre Beteiligungen verwaltende, sich unternehmerisch aber nicht betätigende GmbH nicht als Unternehmen ansehen, so könnte die im Besitz dieser GmbH befindliche Tochter-GmbH ohne Rücksicht auf die §§ 30, 33 die Anteile der Mutter-GmbH und damit doch ihre eigenen Anteile erwerben. Insoweit besteht schon ein Unterschied, ob der Gesellschafter eine natürliche Person oder eine Kapitalgesellschaft ist, ein Faktum, auf das Gessler aaO. Rdn. 32 selbst aufmerksam macht. 2. Verbundene Unternehmen § 15 AktG kennt 5 Tatbestände verbundener Unternehmen, nämlich Mehrheits- 5 beteiligung, Abhängigkeit, Konzern, wechselseitige Beteiligung und Unternehmensvertrag. Es bestehen keine Bedenken, diese Tatbestände auch in ein bereits geltendes GmbH-Recht zu übernehmen, wie sie ja auch in § 8 RegE für das künftige GmbH(43)
§ 13 Anh. II
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Konzernrecht vorgesehen sind. Zwar sind auch andere Unternehmensverbindungen — und zwar gerade bei GmbHs — denkbar, z. B. gleicher oder annähernd gleicher oder durch Poolabsprachen gebundener Gesellschafterkreis verschiedener nicht unter einheitlicher Leitung stehender Unternehmen. Jedoch lohnt es nicht, auch derartige Verbindungen zwischen verschiedenen Unternehmen in den Kreis der verbundenen Unternehmen — trotz Nichtgeltung des § 15 AktG für einen ohne Beteiligung einer AG oder KGaA bestehenden Verbund von Unternehmen — einzubeziehen, da sich allgemeiner zu formulierende Rechtsfolgen konzernrechtlicher Art aus der bisherigen Praxis nicht entwickelt haben. Darüberhinaus wäre es unzweckmäßig, für das GmbH-Recht einen anderen Begriff der verbundenen Unternehmen zu schaffen als für das geltende Aktienrecht. 3. Mehrheitsbesitz 6
Die Begriffsbestimmung des § 16 AktG ist auch im Bereich der GmbH zweckmäßig und deshalb zu übernehmen. Zu beachten ist aber, daß die GmbH-Praxis sehr viel häufiger eine Abweichung zwischen Kapital- und Stimmbeteiligung und eine Differenzierung von Mehrstimmrechten je nach Beschlußgegenstand kennt, z. B. Mehr- oder Sonderstimmrecht nur bei Bestellung von Geschäftsführern, bei Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, bei Genehmigungen im Rahmen einer Anteilsvinkulierung, bei Weisungen für bestimmte Geschäfte und dgl. mehr. Bei einem derartigen, auf gewisse Beschlußgegenstände beschränkten Mehr- oder Vorzugsstimmrecht kann es im Einzelfall zweifelhaft sein, ob man davon sprechen kann, daß einem Unternehmen bei einer GmbH die Mehrheit der Stimmrechte zusteht. Denn die Charakterisierung einer GmbH als im Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens stehend ist keine auf den einzelnen Beschlußgegenstand bezogene, sondern eine generelle. Man wird deshalb gewichten und nach der Gesamtbedeutung der einzelnen von den Mehr- oder Sonderstimmrechten betroffenen Beschlußgegenstände auf das Leben der Gesellschaft entscheiden müssen, ob das mehr- oder sonderstimmberechtigte Unternehmen im Sinne des § 16 AktG die Mehrheit der Stimmrechte besitzt. Von besonderem Gewicht wird dabei die Geschäftsführerbestellung und die Weisungsbefugnis für die Geschäftspolitik sein. 4. Abhängigkeit
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Die Mittel zur Begründung der Abhängigkeit sind bei der GmbH die gleichen wie im allgemeinen Unternehmensrecht. Besonders hervorzuheben ist, daß die GmbH durch die weitgehende Freiheit ihrer Satzungsgestaltung anders als die AG auch durch Satzungsbestimmungen der Herrschaft eines anderen Unternehmens unterworfen werden kann, z. B. durch die einem anderen Unternehmen statutarisch eingeräumte Befugnis, Geschäftsführer zu bestellen und abzuberufen, Aufsichtsratsmitglieder ohne die zahlenmäßige Beschränkung des § 101 Abs. 2 S. 4 AktG zu entsenden, Weisungen in Geschäftsführungsfragen zu erteilen und dgl. mehr. Auch die übliche und häufigste Art der Beherrschung durch Mehrheitsbeteiligung ist bei der GmbH eine unmittelbarere als bei der AG; während sie bei der AG, wenn sich die Herrschaft im Rahmen der gesetzlichen Ordnung hält, des Mittels der Aufsichtsratsbesetzung bedarf, wirkt sie bei der GmbH unmittelbar. Denn die Gesellschafterversammlung ist zuständig für Bestellungen und Abberufungen der Geschäftsführer und kann in die Geschäftsführung jederzeit durch Erteilung von Weisungen eingreifen. Besonders anzumerken ist, daß bei der in der Praxis häufigen Ausgestaltung (44)
Die GmbH im Konzernverband (Barz)
§ 1 3 Anh. II
einer GmbH & Co KG, bei der die gesamten Geschäftsanteile der KomplementärGmbH sich im Besitz der KG befinden, die GmbH abhängiges Unternehmen der KG ist, auch wenn sie als Komplementär in die KG integriert ist. Auch daraus ergibt sich dann die in der Einleitung Rdn. 37 gezogene Folgerung, daß das GmbH-Vermögen, soweit es zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, nicht zur Belegung des Kapitals der KG verwendet werden kann (unten Rdn. 14). 5. Konzerne Für die Ausübung einer einheitlichen Leitung durch eine herrschende GmbH 8 ergeben sich keine besonders hervorzuhebende Eigenheiten. Für die GmbH als Konzernuntergesellschaft ist aber darauf hinzuweisen, daß sie durch die Weisungsunterworfenheit ihrer Geschäftsführung unter die Gesellschafterversammlung und damit unter den Allein- oder Mehrheitsgesellschafter ohne Beherrschungsvertrag unmittelbar völlig legal der Leitung des herrschenden Unternehmens untersteht, was einmal den Beherrschungsvertrag zurückdrängt und zum anderen den Unterschied zwischen vertraglichem und faktischem Konzern nivelliert (Rdn. 30). Da sich die GmbH als das einer einheitlichen Leitung unterworfene Unternehmen in der Praxis regelmäßig im 100%igen Besitz der Konzernobergesellschaft befindet, entstehen in der Praxis nur selten irgendwelche, den Schutz von Minderheiten betreffenden Probleme, sondern häufiger solche des Gläubigerschutzes und damit der Kapitalsicherung. Dabei ist auch auf einen wesentlichen Unterschied in der Kapitalbindung einer GmbH — sie betrifft nur das dem Stammkapital entsprechende Vermögen — gegenüber der einer AG — sie stellt lediglich den Bilanzgewinn zur Verfügung der Aktionäre — hinzuweisen. Die Frage der Konzernaußenhaftung erhält damit für die GmbH als leitungsunterworfenes Unternehmen eine größere Bedeutung (Rdn. 48ff.). Häufig findet sich bei GmbHs die Gestaltung, daß einer Gesellschaftergruppe oder Familie mehrere GmbHs gehören, die teils in enger Zusammenarbeit tätig werden, teils völlig unabhängig voneinander und vielfach auch auf verschiedenen Fachgebieten arbeiten. Da die Gesellschaftergruppe oder Familie in aller Regel nicht als Unternehmen angesprochen werden kann, liegt ein Unterordnungskonzern nicht vor. Jedoch wird man meist einen Gleichordnungskonzern annehmen können, da hier die einheitliche Leitung gemäß § 18 Abs. 2 AktG nicht durch ein Unternehmen ausgeübt zu werden braucht und damit eine personelle Verflechtung in den Verwaltungsorganen ausreichen kann (Würdinger GroßkommAktG § 18 Anm. 13; Emmerich-Sonnenschein Konzernrecht S. 38; Gessler aaO. § 17 Rdn. 57, § 18 Rdn. 74), aber auch auf Gesellschafterebene ausreichen muß. 6. Wechselseitige Beteiligung Eine wechselseitige Beteiligung ist bei der GmbH zwar nicht sehr häufig, kommt 9 aber doch gelegentlich vor. Sie ist auch hier ebenso wie bei der AG in erster Linie ein Problem der Kapitalrückgewähr (Hettlage AG 67, 249 ff.), im übrigen auch ein Problem der Verzerrung der Stimmrechtsverhältnisse. Das gegenseitige Kennen der beteiligten Gesellschaften von der wechselseitigen Beteiligung wirft bei der GmbH kaum Probleme auf. Einmal bedingt der stark personaüsitsche Charakter der GmbH meist ein genaues Wissen über die Zugehörigkeit der Beteiligten, zum anderen erfordert § 16 die Anmeldung des Erwerbers als Voraussetzung für die Geltendmachung seiner Gesellschaftsrechte. (45)
§ 1 3 Anh.II
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
7. Unternehmensverträge 10
Unternehmensverträge sind bei der GmbH verhältnismäßig häufig. Die Steuerrechtsprechung hat gerade bei der GmbH den sogenannten Ergebnisausschlußvertrag zur Entwicklung gebracht. Das frühere Umsatzsteuerrecht hatte Umsätze zwischen verbundenen Unternehmen dann als steuerfreien Innenumsatz behandelt, wenn die Untergesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die Obergesellschaft eingegliedert und damit deren Organ war (vgl. § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UStG 67). Unter den gleichen Voraussetzungen hatte das Gewerbesteuergesetz die Organgesellschaft als bloße Betriebsstätte der Obergesellschaft, des Organträgers, behandelt (vgl. § 2 Abs. 2 Ziff. 2 S. 2 GewStG i. V. mit § 7a Abs. 1 Ziff. 1 und 2 KStG). Um aber auch körperschaftssteuerrechtlich eine Einheit zwischen Organträger und Organ herzustellen, verlangte die Rechtsprechung den Abschluß eines Ergebnisausschlußvertrags (vgl. RFH 22, 187ff. und 31, 299ff.). Dieser Ergebnisausschlußvertrag, der im wesentlichen im Recht der GmbH entwickelt worden ist, ist die historische Grundlage des Gewinnabführungsvertrags des § 256 AktG 37 und des § 291 AktG 65. Nach Erlaß des AktG 65 hat das Steuerrecht dann in § 7a KStG seine Anforderungen an die Organschaft mit Ergebnisausschlußvertrag gesetzgeberisch formuliert und sie zum Teil weiter gestellt als das Aktiengesetz. Für die Gewinnabführung einer GmbH, die ohne steuerliche Anerkennung kaum realisierbar ist, werden deshalb in der Praxis auch immer die steuerrechtlichen Erfordernisse von gleicher Bedeutung wie die handelsrechtlichen sein. Der reine Beherrschungsvertrag ist im Rahmen der GmbH von geringerer Bedeutung, weil, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, die Geschäftsführer sowieso den Weisungen der Gesellschafterversammlung und damit des Alleingesellschafters unterworfen sind. Der Beherrschungsvertrag kann also nur praktisch werden, wenn in der Obergesellschaft weitere Gesellschafter vorhanden sind. Gewinngemeinschaften und insbesondere Betriebspacht- und -Überlassungsverträge sind dagegen im Gebiet der GmbH wesentlich häufiger als bei der AG. 11 Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, daß das Konzernrecht der GmbH eine Eingliederung im Sinne der §§ 314ff. AktG nicht zuläßt. Diese Organisationsvorschriften greifen so weitgehend in das Gebiet der Hauptgesellschaft und der eingegliederten Gesellschaft und in die Haftungsverhältnisse ein, daß die Eingliederung trotz weitgehender Gestaltungsfreiheit bei der GmbH ohne die heute noch fehlende gesetzliche Grundlage nicht darstellbar ist. Der RegE will in §§ 256 ff. die Eingliederung auch in das neue GmbH-Recht einführen. II. Auswirkungen der Unternehmensverbindungen 12
Die Existenz von Unternehmensverbindungen hat Auswirkungen auf eine Anzahl verschiedener, das Leben der GmbH regelnder Normen. Sie betreffen einmal Bestimmungen der Kapitalerhaltung, zum anderen Rechte und Pflichten von Gesellschaftern und schließlich noch Rechnungslegung und Publizität. Diese Auswirkungen sind aber im GmbH-Gesetz nicht ausdrücklich angesprochen, weil der GmbHGesetzgeber von 1892 und 1898 den Tatbestand verbundener Unternehmen überhaupt nicht in seine Überlegungen einbezogen hat und die seither erfolgten Änderungen des GmbH-Gesetzes keine wesendichen Eingriffe gebracht haben (Allgemeine Einleitung Rdn. 5). Da aber in der Praxis des Gesellschafts- und Unternehmensrechts das Vorhandensein verbundener Unternehmen nicht übergangen werden kann, stellen sich seine Auswirkungen, soweit der Kreis der verbundenen Unternehmen nur aus
Die GmbH im Kon2ernverband (Barz)
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GmbHs besteht, meist als Fragen analoger Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften über verbundene Unternehmen dar. Denn das Recht der Aktiengesellschaft ist jeweils den Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse angepaßt worden und hat von Reform zu Reform in immer stärkerem Maße konzernrechtliche Probleme geregelt, die sich meist in gleicher Form für die GmbH stellen. Soweit die aktienrechtlichen Regelungen das Verhältnis einer AG zu einer mit ihr verbundenen GmbH betreffen, gelten die aktienrechtlichen Vorschriften in der Regel unmittelbar auch für die GmbH (vgl. z. B. § 71 Abs. 4 oder § 136 Abs. 2 AktG). 1. Auswirkungen auf Vorschriften der Kapitalerhaltung a) Erwerb von Anteilen an der Obergesellschaft Hier kommt die aktienrechtliche Regelung des § 71 Abs. 4 und 5 in Frage, wo- 13 nach ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen keine Aktien der herrschenden oder an ihm mit Mehrheit beteiligten AG erwerben oder in Pfand nehmen darf, soweit der Aktienerwerb nicht der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten AG gestattet wäre, und wonach der Vertrag nichtig ist, der einen Dritten berechtigt oder verpflichtet, für Rechnung des abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens Aktien der Obergesellschaft zu erwerben oder in Pfand zu nehmen, soweit nicht der Erwerb oder die Inpfandnahme der Obergesellschaft selbst gestattet wäre. Danach gilt also für eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende GmbH das Verbot, Aktien ihrer Obergesellschaft über die der Obergesellschaft für den Erwerb oder die Inpfandnahme eigener Aktien gestatteten Grenzen hinaus zu erwerben oder in Pfand zu nehmen (vgl. Bars^ GroßkomAktG § 71 Anm. 33—40; Lutter KölnKom AktG §71 Rdn. 62ff.; Baumbach-Hueck § 71 Rdn. 19ff.). Dieses Verbot gilt auch dann, wenn bei der abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden GmbH der Erwerb der Aktien der Obergesellschaft aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinausgehenden Vermögen erfolgt, der GmbH der Erwerb eigener GmbH-Anteile gemäß § 33 Abs. 2 also gestattet wäre. Das folgt schon daraus, daß es sich bei § 71 Abs. 4 und 5 um eigenständige aktienrechtliche Vorschriften handelt, die auch für abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen von dem aktienrechtlichen Prinzip der Kapitalsicherung ausgehen. § 33, der den Erwerb eigener noch nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile 14 schlechthin und den Erwerb eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile insoweit verbietet, als er nicht aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann, sagt nicht, ob ein derartiger Erwerb durch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen zulässig ist. Die Frage ist streitig. Vorauf!. § 33 Anm. 7a, Feine S. 453 und Eder Handbuch der GmbH I Rdn. 363 lassen den Erwerb durch die abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaft unbeschränkt zu, auch wenn die Anteile der Obergesellschaft noch nicht voll eingezahlt sind oder der Erwerb aus dem dem Stammkapital entsprechenden Vermögen erfolgt. Sie begründen das mit dem Fehlen einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift. Serick Rechtsform und Realität juristischer Personen S. llOff. und Winkler GmbH-Rdsch. 72, 75 setzen die abhängige mit der herrschenden Gesellschaft gleich und kommen damit zur Geltung des § 33 auch beim Erwerb von Anteilen an der herrschenden durch die abhängige Gesellschaft; demgegenüber differenziert Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung S. 462ff.: er hält bei kapitalmäßig abhängigen GmbHs den Erwerb von nicht voll eingezahlten Geschäftsanteilen der Mutter stets und von voll eingezahlten dann für verboten, wenn er zu Lasten des gebundenen Vermögens der Tochter oder auch nur der Mutter (47)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
erfolgt, will aber stets den trotzdem erfolgten Erwerb als gültig ansehen. Dies entspricht der Regelung, die RegE § 57 Abs. 2 und 3 für das neue GmbH-Recht vorsieht. Sie muß auch als geltendes Recht angesehen werden. Das in §§ 30 Abs. 1, 33 niedergelegte Prinzip der Kapitalerhaltung würde verletzt, wenn die abhängige oder im Mehrheitsbesitz stehende Tochter Geschäftsanteile — ob voll eingezahlt oder nicht — erwerben dürfte, die die Muttergesellschaft nach diesen Vorschriften selbst nicht erwerben darf. Dabei wird man auch keinen Unterschied machen dürfen, ob die Abhängigkeit auf einer kapitalmäßigen Verflechtung beruht oder nicht. Eine derartige Unterscheidung wird zwar durch die Berufung auf das Prinzip der Kapitalerhaltung nahe gelegt, aber es geht ja weitgehend auch um die konzernrechtliche Frage der Herrschaft der Obergesellschaft, die mißbraucht wird, wenn der in der Obergesellschaft nicht zulässige Erwerb eigener Anteile auf eine kapitalmäßig nicht abhängige Tochter verlagert wird. Ebenso wie die Tochter nur im Rahmen der für die Obergesellschaft geltenden Vorschriften der §§30 Abs. 1, 33 erwerben darf, darf sie auch selbst nur im Rahmen ihres GmbH-rechtlich nicht gebundenen Vermögens erwerben, damit im Rahmen der Wahrung ihres zur Deckung ihres Stammkapitals erforderlichen Vermögens keine Gefährdung eintritt. Schließlich dürfte es auch richtig sein, von der Nichtigkeit des dinglichen Erwerbsgeschäfts abzusehen, einmal aus Gründen der Rechtssicherheit, da die Abhängigkeit eines Unternehmens einem dritten Veräußerer oder späteren Erwerber nicht bekannt zu sein braucht, und zum anderen, weil der Sinn des § 33 Abs. 1, die Verhinderung der Konfusion der Einlageforderung, bei Erwerb durch die Tochtergesellschaft nicht eingreift und damit auch die Haftung etwaiger Vormänner erhalten bleibt.
b) Inpfandnahme von Anteilen an der Obergesellschaft 15
Das gleiche, was für einen Erwerb von Geschäftsanteilen gemäß Rdn. 14 gilt, muß auch für die Inpfandnahme gelten. Wie in § 71 Abs. 4 AktG sind auch im GmbH-Recht die zu schützenden Interessen der Gesellschaft bei einer Inpfandnahme die gleichen wie bei einem Erwerb.
c) Erwerbsauftrag für Anteile der Obergesellschafit an Dritte 16
Die konsequente Durchführung der zu Rdn. 14 und 15 dargelegten Rechtsfolgen erfordert die Nichtigkeit eines Vertrags, durch den ein Dritter berechtigt oder verpflichtet wird, Geschäftsanteile der Obergesellschaft für Rechnung eines abhängigen oder im Mehrheitsbesitz befindlichen Unternehmens zu erwerben (vgl. § 71 Abs. 5 AktG und § 57 Abs. 5 RegE). Andernfalls wäre einer Umgehung dieser Rechtsvorschriften Tür und Tor geöffnet. Auch muß, wenn ein eigener Rechtserwerb nicht zulässig ist, der wirtschaftliche Erwerb — „für Rechnung" — unzulässig sein, weil er im Ergebnis zu gleichen Konsequenzen führt.
d) Übernahme neuer Geschäftsanteile der Obergesellschaft 17
Die Frage, ob eine GmbH selbst anläßlich ihrer Kapitalerhöhung einen Anteil übernehmen kann, war früher streitig (vgl. § 33 Rdn. 23). Heute ist sie gemäß BGHZ 15, 391 als im verneinenden Sinne entschieden anzusehen. Kann aber die GmbH selbst einen neuen Geschäftsanteil anläßlich einer durch Einlage erfolgenden Kapitalerhöhung nicht übernehmen, so kann es auch nicht eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz befindliche Gesellschaft. Das ist für die AG und damit auch für die GmbH als Untergesellschaft einer AG in § 56 Abs. 2 AktG ausdrücklich angeordnet, (48)
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nachdem diese Rechtsfolge in einer zum Teil stark angegriffenen Entscheidung des RG (RGZ108 41 = JW1924 1679 m. Anm. von Flechtheim) aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen bereits entwickelt worden war. Diese Grundsätze, nämlich daß Zahlungen auf die neue Beteiligung in Wahrheit aus Mitteln der Gesellschaft geleistet würden lind daß der Gesellschaft durch die Ausgabe der neuen Beteiligungsrechte keine neuen Aktiven zugeführt würden, gelten auch bei der GmbH. Infolgedessen muß auch hier die Übernahme neuer Geschäftsanteile der Obergesellschaft durch abhängige oder im Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaften als unzulässig angesehen werden (so Kronstein Die abhängige juristische Person S. 123; Serick aaO. S. 106ff.; Lutter aaO. S. 197ff.). Auch hier wird man aus den zu Rdn. 14 angegebenen Gründen nicht — wie Lutter will — danach unterscheiden können, ob die Abhängigkeit kapitalmäßig begründet ist oder nicht. Das alles entspricht auch der in § 40 Abs. 2 RegE für die Zukunft vorgeschlagenen Regelung. e) Kreditgewährung an Konzernorgane Entgegen §§89, 115 AktG kennt das GmbH-Recht keine Beschränkung der 18 Kreditgewährung an Organmitglieder, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte. Die Grenze für die Kreditgewährungen wird nur durch die Strafvorschrift der Untreue und — sofern das Organmitglied Gesellschafter ist — durch § 30 gezogen. Nur in diesem Rahmen kann deshalb auch die Kreditgewährung eines herrschenden Unternehmens an Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte einer abhängigen Gesellschaft oder eines abhängigen Unternehmens an den entsprechenden Personenkreis des herrschenden Unternehmens als unzulässig angesehen werden. Eine konzernrechtliche Regelung ist darin aber für das geltende Recht nicht zu sehen. Auch der RegE enthält keine derartige Bestimmung, nachdem der RefE der aktienrechtlichen Regelung entsprechende Verbote in seinem § 70 Abs. 2 S. 2, § 107 Abs. 1 S. 2 noch vorgeschlagen hatte. 2. Auswirkungen auf Rechte und Pflichten von Gesellschaftern a) Stimmrecht aus abhängigen Gesellschaften zustehenden Anteilen an einer herrschenden GmbH Aus eigenen Anteilen kann die GmbH kein Stimmrecht herleiten (§33 Rdn. 20), 19 und zwar weil sie als Körperschaft an der eigenen Willensbildung nicht teilnehmen sollte, zumal andernfalls ohne eigene Kapitalbindung die Verwaltung und damit mittelbar die Mehrheit eine Vermehrung ihrer Stimmenmacht erführe. Das bedingt konsequenterweise auch einen Stimmrechtsausschluß aus Anteilen der Obergesellschaft, die sich in der Hand abhängiger Gesellschaften befinden; denn sie werden von der Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft ausgeübt, die ihrerseits — das macht das Wesen der Abhängigkeit aus — dem beherrschenden Einfluß der herrschenden Gesellschaft unterliegt. Diese Auffassung, die von Serick aaO. S. 113ff.und Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei privatrechtlichen Personenverbänden S. 142/43 vertreten wird, hat sich aber bisher keineswegs durchsetzen können, wenn sie auch für Aktien der Obergesellschaft im Besitz einer von ihr abhängigen GmbH aus § 136 AktG ausdrücklich herzuleiten ist. RGZ 103 64ff. — ähnlich RGZ 115 246 für die AG vor Schaffung des § 114 Abs. 6 AktG 37 —; Kronstein Die abhängige juristische Person S. 121/22; Feine S. 454 und Vorauf!. Anh. zu § 47 Ziff. 2 lehnen unter Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit auch des abhängigen Unternehmens, auf das Fehlen einer besonderen Norm im GmbH-Recht (49)
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und auf den weitgehenden Eingriff in die gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters ab, wenn nicht im Ein2elfall ein Rechtsmißbrauch vorliegt. Diese Argumentation geht aber an der Sache vorbei; denn sie widerlegt nicht, daß es die herrschende Gesellschaft selbst ist, die die Stimmrechtsausübung aus den in der Hand der abhängigen Gesellschaft befindlichen Anteilen letztlich bestimmt und mithin mittelbar zu einer Vermehrung der Stimmenmacht der Mehrheit bei der herrschenden Gesellschaft führt und damit auch zur Teilnahme an der eigenen Willensbildung der herrschenden Gesellschaft. Diese Überlegung ist grundlegend für das im Gesetz ebenfalls nicht ausdrücklich genannte Stimmrechtsverbot eigener der Gesellschaft selbst gehörenden Geschäftsanteile, so daß bei Anteilen in der Hand eines abhängigen Unternehmens nichts anderes gelten kann. 20 Das muß dann logischerweise auch dazu führen, daß Stimmrechte aus Geschäftsanteilen an anderen Gesellschaften im Besitz eines abhängigen Unternehmens stets dann nicht mitstimmen dürfen, wenn das herrschende Unternehmen selbst mit den ihm gehörenden Geschäftsanteilen vom Stimmrecht ausgeschlossen ist oder ausgeschlossen wäre, wenn es selbst derartige Geschäftsanteile besäße. Das abhängige Unternehmen A darf also mit seinen Geschäftsanteilen bei der Gesellschaft B nicht mitstimmen, wenn das über A herrschende Unternehmen H von einer Verbindlichkeit gegenüber B befreit werden soll, und zwar einerlei, ob H bei B selbst Anteile besitzt oder nicht. Anderer Meinung sind auch hier Feine S. 454 und Vorauf!. Anh. zu § 47 Ziff. 3 sowie für diesen Fall auch Serick aaO. mit der Begründung, § 252 Abs. 3 S. 2 HGB sei in das Aktiengesetz nicht übernommen worden und § 47 gäbe für eine derartige Konsequenz nichts her. Aber wenn ein Interessenwiderstreit für den Gesetzgeber hinreichender Anlaß war, einen Stimmrechtsausschluß für eigene Anteile auszusprechen, muß sich dieser Ausschluß auch auf Anteile erstrecken, auf deren Stimmabgabe der mit dem Stimmrecht aus eigenen Anteilen Ausgeschlossene den gleichen Einfluß hat wie auf eigene Anteile. Auf den konkreten Nachweis eines Rechtsmißbrauchs kann es auch hier nicht ankommen. 21 Allerdings muß gesehen werden, daß der sachlich zu weitgehende Stimmrechtsausschluß des § 47 Abs. 4 S. 2 auch bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Gesellschafter — dieser Tatbestand ist in § 136 Abs. 1 AktG nicht enthalten und soll auch in das künftige GmbH-Recht (§82 Abs. 3 RegE) nicht aufgenommen werden — leicht zu einem wirtschaftlich unsinnigen Ergebnis führen kann, z. B. bei dem einfachen Sachverhalt, daß bei der Tochter-GmbH, an der die Muttergesellschaft mit 95% neben zwei weiteren Gesellschaftern mit zusammen 5% beteiligt ist, das Stimmrecht der Muttergesellschaft und damit auch der von ihr abhängigen sonstigen Gesellschaften anläßlich der Beschlußfassung über Lieferungsgeschäfte zwischen Mutterund Tochtergesellschaft oder über einen Unternehmensvertrag ruht; damit hätten die Minderheitsgesellschafter weitgehend das Schicksal der Tochter-GmbH in der Hand. Für die Praxis wäre eine derartige Handhabung unerträglich. Eine Abhilfe kann eine den Wortlaut des gesetzlichen Stimmrechtsverbots einschränkende Auslegung insbesondere auf echte Konfliktsituationen schaffen (wegen des Abschlusses eines Unternehmensvertrags vgl. Rdn. 36); hilft eine einschränkende Auslegung nicht, so ist der bei der GmbH für die Ausübung des Stimmrechts geltende Grundsatz von Treu und Glauben auch bei der Abstimmung der Minderheit zu beachten, insbesondere dahin, ob mit dem Stimmrecht nicht unangemessene Vorteile erstrebt werden. Infolgedessen sind etwaige Anfechtungsklagen wegen behaupteten Verstoßes gegen das Stimmrechtsverbot besonders sorgfältig zu prüfen, wobei im GmbH-Recht nicht außer acht gelassen werden darf, daß die Geschäftsführer weit stärker als im Aktienrecht dem unmittelbaren Einfluß der Gesellschafter unterworfen (50)
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sind (§46 Z i f f . 6). Die ganze Situation sollte — auch ohne gesetzliche Grundlage — den Abschluß von Unternehmensverträgen mit einem für die Minderheitsgesellschafter angemessenen Ausgleich, ggf. auch Abfindungsangebot, fördern (vgl. Rdn. 36). b) Auskunftsrecht über Beziehungen zu und über Verhältnisse von verbundenen Unternehmen Wegen der Voraussetzungen und Grenzen eines Auskunfts- und auch Einsichts- 22 anspruchs eines einzelnen Gesellschafters vgl. Erl. zu § 45. Soweit ein Auskunftsund Einsichtrecht besteht, erfaßt es grundsätzlich auch, ähnlich wie es § 131 Abs. 1 S. 2 AktG für Aktionäre regelt, die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen und auch die Lage des verbundenen Unternehmens (vgl. § 337 Abs. 4 AktG). Das entspricht jedenfalls der allgemeinen Meinung. § 131 Abs. 1 AktG und damit auch sein S. 2 ist auf die kapitalistisch strukturierte GmbH anzuwenden (Ebenroth Die Aktionärsrechte des GmbH-Gesellschafters S. 82 N 72; Eder GmbH-Rdsch. 66,273; Pleyer-Schaudmt GmbH-Rdsch. 67, 253 und Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH S. 235). Das ergibt sich aus der Interessenlage des Gesellschafters eines der verbundenen Unternehmen und bedarf ebensowenig wie das Auskunfts- oder Einsichtsrecht selbst einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Allerdings können sich gerade aus der Rücksichtnahme auf besondere Verhältnisse eines verbundenen Unternehmens Grenzen des Auskunfts- und Einsichtsrechts ergeben, das letztlich seine Grundlage aus Treu und Glauben herleitet. Die Rechtsform des verbundenen Unternehmens ist jedenfalls unerheblich, wie ja auch für die Erstreckung des aktienrechtlichen Auskunftsrechts auf verbundene Unternehmen die Rechtsformen, in denen sie geführt werden, ohne Bedeutung sind. c) Aufsichtsratsmitgliedschaft gesetzlicher Vertreter abhängiger Unternehmen § 100 Abs. 1 Ziff. 2 AktG läßt als Mitglieder des Aufsichtsrats einer herrschen- 23 den Gesellschaft nicht zu, wer gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist. Diese Bestimmung hat auch Geltung für die GmbH, wenn für sie kraft § 77 Abs. 1 BetrVerfG 52, § 3 MitbestG oder kraft Satzung ein Aufsichtsrat zu bilden ist (§ 77 Abs. 1 S. 2 BetrVerfG 52; § 52 Abs. 1). Während bei der Bildung des Aufsichtsrats kraft Gesetzes § 100 Abs. 1 Ziff. 2 AktG zwingendes Recht ist, gilt dies bei dem aufgrund Satzung errichteten Aufsichtsrat nur, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt ist". § 100 Abs. 2 Ziff. 1 begrenzt die Zahl der Aufsichtsratssitze in einer Hand auf 10. Dabei zählen aber nur die Aufsichtsratssitze bei Unternehmen, die gesetzlich einen Aufsichtsrat haben müssen, und sind für gesetzliche Vertreter des herrschenden Unternehmens bis zu 5 Aufsichtsratssitze in zum Konzern gehörenden aufsichtsratspflichtigen Unternehmen nicht mitzurechnen. Auch diese Bestimmung gilt für die GmbH, die aufgrund der zitierten Mitbestimmungsvorschriften kraft Gesetzes einen Aufsichtsrat zu bilden hat, nicht aber auch für die GmbH, die nur aufgrund Satzung einen Aufsichtsrat bildet. Im einzelnen vgl. Erl. zu § 52. d) Einflußnahme zum Schaden der Gesellschaft § 117 AktG 65 begründet eine Schadensersatzpflicht für den, der unter Benut- 24 zung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied der Verwaltung zu für die (51)
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Gesellschaft schädlichen Handlungen beeinflußt. Diese Regelung ist im heutigen Aktienrecht keine konzernrechtliche mehr, weil die Haftung im faktischen Konzern durch § § 311ff.geregelt ist, war es aber unter der Herrschaft des AktG 37 teilweise. Da das GmbH-Recht den faktischen Konzern nicht regelt, könnte eine Übertragung der Regelung des § 117 AktG auf die GmbH hier auch konzernrechtliche Bedeutung haben und eine beherrschte GmbH und ihre Gesellschafter vor schädlicher Einflußnahme des herrschenden Unternehmens schützen. Die Frage der analogen Anwendung des § 117 AktG — wegen seiner Erläuterung vgl. die aktienrechtlichen Kommentare — ist streitig; BGHZ 31 278 erkennt eine Ersatzpflicht für eine Einflußnahme auf eine GmbH nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB an und lehnt damit eine Anwendung des § 117 AktG ab; ihm haben sich angeschlossen BaumbachHueck § 43 Anm. 3 B; Boesebeck GmbH-Rdsch. 1960 118; Fischer Anm. zu der genannten BGH-Entscheidung in LM Nr. 4 zu § 2 GmbH; Gottschling GmbH-Rdsch. 1960 160; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH S. 59ff.; Schönle GmbH-Rdsch. 1960 64; Scholz Nachtrag 1964 §43 Anm. 2; Pleyer GmbH-Rdsch. 1960 45 und Voraufl. § 13 Anm. 16, die beiden letzteren aber mit der Einschränkung, daß auch § 823 Abs. 2 BGB einen Haftungsgrund abgebe. Demgegenüber will Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH S. 115 bis 119 die Regelung des § 117 auf die GmbH übertragen wissen und wollen Immenga GmbH-Rdsch. 1973 10 sowie die Personalistische Kapitalgesellschaft S. 277 — ihm folgend Hof mann ZHR 137,422 sowie im Rahmen einer personalistisch strukturierten GmbH auch Zöllner aaO. S. 431 f. — aus der Treupflicht heraus den Gesellschafter, der faktisch Geschäftsführungsmaßnahmen beeinflußt, über § 826 BGB und § 117 AktG hinaus nach dem Sorgfaltsmaßstab des § 43 GmbH-Gesetz haften lassen, und zwar auch für eine Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung (ebenso § 14 Rdn. 26 u. 27). 25 Die Auffassung, Gesellschafter, die, sei es in sei es außerhalb der Gesellschafterversammlung, auf die Geschäftsführung Einfluß nehmen, wie Geschäftsführer haften zu lassen, erscheint bestechend. Sie ergäbe im faktischen Konzemverhältnis zu einer GmbH eine ansprechende Haftungsgrundlage. Bedenken bestehen aber gegen ihre rechtliche Grundlage. Eine analoge Anwendung des § 117 AktG ist vertretbar, hilft aber wegen der Weisungsunterworfenheit der Geschäftsführer unter die Gesellschafterversammlung dann nicht, wenn die Einflußnahme durch Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung, die aus der Haftung gemäß § 117 Abs. 7 Ziff. 1 ausgenommen ist, erfolgt. Die Treupflicht des Gesellschafters reicht wegen der grundsätzlichen Freiheit, mit seinen Stimmen seine Interessen zu verfolgen, für einen Haftungsmaßstab gemäß § 43 nicht aus, allenfalls für einen solchen gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB (§ 13 Rdn. 25). Auch eine etwaige personalistische Struktur kann nicht genügen, da ja auch der die Geschäftsführung einer KG bestimmende Kommanditist nicht wie ein Komplementär haftet. Und das von Immenga aaO. letztlich herangezogene Prinzip, wer herrsche, müsse auch haften, ist ein Postulat, das zwar in einzelnen Bestimmungen der Rechtsordnung, aber keineswegs allgemein verwirklicht ist (BGHZ 45 207). Wenn also der Tatbestand der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB oder § 117 AktG nicht verwirklicht ist, ist eine rechtliche Grundlage für eine Haftung bei Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführung eines abhängigen Unternehmens im geltenden GmbH-Recht nicht gegeben (anders § 14 Rdn. 26, 27). e) Anfechtung wegen Sondervorteil 26 Die Weisungsunterworfenheit der Geschäftsführung unter die Gesellschafterversammlung führt bei der beherrschten GmbH häufig dazu, daß Weisungen hin(52)
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sichtlich der Geschäftsführung durch Beschlußfassung auf der Gesellschaf terversammlung erfolgen. Ein derartiger Weisungsbeschluß ist anfechtbar, wenn er zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter dem herrschenden Gesellschafter einen Sondervorteil verschafft. Wie auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH ganz allgemein das aktienrechtlich ausdrücklich geregelte Institut der Anfechtung grundsätzlich anwendbar ist (vgl. Erl. im Anhang zu § 47), ist auch § 243 Abs. 2 AktG anwendbar (BGH BB 19701143; BGHZ 14 37; Däubler GmbHRdsch. 1968 7; Hueck Festschrift für Molitor S. 414; Immenga GmbH-Rdsch. 1973 8; Lebmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH S. 99). Nach dieser Vorschrift kann die Anfechtung auch darauf gestützt werden, daß ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht, und daß der Beschluß geeignet ist, diesem Zweck zu dienen; die Anfechtbarkeit entfällt aber, wenn der Beschluß den anderen Aktionären einen angemessenen Ausgleich für ihre Schäden gewährt. Wegen der Einzelheiten der Anfechtung vgl. Erl. im Anhang zu §47. Damit ergibt sich im faktischen Konzern für die abhängige Gesellschaft gegenüber Weisungen des herrschenden Unternehmens ein alternativ wirkender Schutz: wird die.Weisung außerhalb der Gesellschafterversammlung erteilt, greift der analog anwendbare § 117 AktG ein (Rdn. 25); wird die Weisung durch Beschluß der Gesellschafterversammlung erteilt, greift die Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 243 Abs. 2 AktG durch einen Minderheitsgesellschafter ein (vgl. Immenga aaO. S. 5 ff.). 3. Konzernbilanz und Publizität a) Konzernbilanz Eine allgemeine gesetzliche Verpflichtung für eine GmbH, als Konzernober- 27 gesellschaft eine Konzernbilanz zu erstellen, besteht nicht. Sie kann auch nicht aus einer analogen Anwendung der §§ 329ff.AktG gefolgert werden. Denn diese Vorschriften sind, wie § 28 EGAktG zeigt, bewußt als an die Rechtsform der AG gebunden vom Gesetzgeber gewollt. Jedoch gibt es besondere Tatbestände, in denen auch eine GmbH als Konzernobergesellschaft zur Erstellung eines Konzern- oder Teilkonzernabschlusses verpflichtet ist. Das ist einmal der Fall, wenn in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung einer inländischen GmbH stehen und mindestens ein in den Konzernabschluß einzubeziehendes Konzernunternehmen die Rechtsform einer AG oder KGaA hat (§28 EGAktG). In diesem Fall ist ein Konzernabschluß gemäß den Bestimmungen der §§ 329, 331 bis 333 AktG aufzustellen, ein Konzerngeschäftsbericht gemäß § 334 zu erstatten, der Konzernabschluß unter Einbeziehung des Geschäftsberichts durch einen Konzernabschlußprüfer gemäß § 336 zu prüfen (1Wtlhelmt GmbH-Rdsch. 1967 209) und der Konzernabschluß gemäß § 338 bekanntzumachen (Adler-Düring-Scbmalt% § 329 Rdn. 47). Zum anderen ist eine GmbH dann zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, wenn die Konzernobergesellschaft wegen ihrer Rechtsform oder wegen Auslandsbesitzes nicht konzernrechnungslegungspflichtig ist, sie auch nicht unter die Konzernrechnungslegungspflicht des Publizitätsgesetzes fällt (Bernhard Festschrift für Hengeler S. 27 ff.), diese Konzernobergesellschaft aber über von ihr abhängige GmbHs andere Konzernunternehmen, von denen mindestens eine die Rechtsform einer AG oder KGaA besitzt, beherrscht (§28 Abs. 2 EG); die Rechnungslegungspflicht trifft in diesem Falle die GmbH, die der Konzernleitung im Sinne des § 330 (53)
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Abs. 1 S. 1 AktG am nächsten steht, was ggf. auf mehrere GmbHs zutreffen kann, wenn sie im Konzernaufbau nebeneinander und nicht hintereinander stehen. In diesem Fall ist ein Teilkonzernabschluß gemäß § 330 AktG zu erstellen, mit einem Teilkonzemgeschäftsbericht zu versehen, durch einen Abschlußprüfer zu prüfen und bekanntzumachen. Ferner ist nach §§ 11 ff. Publizitätsgesetz vom 15. 8.1969 auch eine GmbH als Konzernleitung dann konzernrechnungslegungspflichtig, wenn für drei aufeinander folgende Abschlußstichtage zwei der drei folgenden Merkmale zutreffen: — Konzernbilanzsumme von mehr als DM 125 Mio. — konsolidierter Konzernumsatz der letzten 12 Monate von mehr als DM 250 Mio. und — Beschäftigtenzahl in den letzten 12 Monaten von durchschnittlich mehr als 5000. Schließlich haben bei einer ausländischen Konzernspitze die ihr am nächsten stehenden inländischen GmbHs, über die im Inland andere Konzernunternehmen beherrscht werden, eine Teilkonzernrechnung zu legen, wenn für den Teilkonzern die vorstehend angegebenen Größenmerkmale erreicht werden. In diesem Fall ist ein Konzern- bzw. Teilkonzernabschluß zu erstellen, mit einem Konzern- bzw. Teilkonzerngeschäftsbericht zu versehen, einer Abschlußprüfung zu unterziehen und grundsätzlich gemäß §§ 15/16 PublG bekanntzumachen. 28 Soweit eine GmbH als Untergesellschaft zu einem, sei es nach AktG, sei es nach PublG, rechnungslegungspflichtigen Konzern gehört, ist sie verpflichtet, der rechnungslegungspflichtigen Obergesellschaft ihre Jahresabschlüsse, Geschäftsberichte und etwa erstellten Prüfungsberichte und, soweit ihr Jahresabschluß von dem Stichtag des Konzernabschlusses abweicht, einen Zwischenabschluß auf den Konzernbilanzstichtag einzureichen; außerdem hat sie der Konzernobergesellschaft alle Aufklärungen und Nachweise zu geben, die diese benötigt, um einen Konzernabschluß nebst Konzerngeschäftsbericht zu erstellen (§ 335 AktG; § 13 Abs. 2 PublG). Wegen der Prüfung vgl. Wilhelmi aaO., S. 210. b) Publizität 29 Soweit gemäß Rdn. 27 eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung besteht, ist jeweils im Gesetz auch eine Bekanntmachung des Konzern- oder Teilkonzernabschlusses vorgesehen, und zwar durch Einreichung zum Handelsregister des Sitzes der Obergesellschaft und durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättem der Obergesellschaft (§ 338 AktG; § 15 PublG). Wegen der Einzelheiten vgl. die Kommentierungen zu den zitierten Bestimmungen. III. Das Konzernrecht A. Unterscheidung zwischen Vertrags- und faktischem^Konzern 30 Das Konzernrecht des Aktienrechts baut auf dem Unterschied zwischen Vertrags- und faktischem Konzern auf und sieht, wenn man von § 316 AktG einmal absieht, das Unterscheidungsmerkmal im Beherrschungsvertrag. Nach der gesetzlichen Definition in § 291 Abs. 1 S. 1 AktG unterstellt der Beherrschungsvertrag die Leitung einer AG oder KGaA einem anderen Unternehmen. Gleich an diesem Punkt wirkt sich bei Übertragung der aktienrechtlichen Konzernregelung auf die GmbH die unterschiedliche Struktur von AG und GmbH aus. Während der Vor(54)
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stand unter eigener Verantwortung die AG leitet (§76 Abs. 1 AktG) und eine Zuständigkeit der Hauptversammlung in Fragen der Geschäftsführung nur besteht, wenn der Vorstand eine Entscheidung verlangt (§119 Abs. 2 AktG), ist die Geschäftsführung einer GmbH den Weisungen der Gesellschafterversammlung, und wenn es sich um eine Einmann-GmbH handelt, den Weisungen ihres Alleingesellschafters unterworfen. Es bedarf also keines Beherrschungsvertrags, um eine GmbH dem Willen eines anderen Unternehmens zu unterwerfen, das sämtliche oder mindestens die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung besitzt und deren Mehrheitsgesellschafter die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen nicht scheut. Das nivelliert bei der GmbH den Unterschied zwischen Vertrags- und faktischem Konzern, ein Punkt, der in der Kritik des dem Aktienrecht nachgebildeten Konzernrecht im RegE eines GmbH-Gesetzes eine erhebliche Rolle spielt (vgl. z. B. GesslerBB 1971 29ff.; derselbe DB 1973 48ff.; Mertens DB 1970 813; Rebbinder Die GmbH als Konzernunternehmen in GmbH-Reform S. 141ff.).In der Praxis hat das dazu geführt, daß die Vereinbarung über die Ergebnisübernahme (Gewinnabführung und Verlustdeckung) durchaus im Vordergrund steht, zumal sie steuerlich notwendiger Bestandteil der Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist, während die Beherrschung nur die Prämisse ist, für die es einer vertraglichen Regelung nicht bedarf. Im geltenden GmbH-Konzernrecht müßte man deshalb, wenn man wirklich zwischen Vertrags- und faktischem Konzern unterscheiden will, auf den Abschluß eines Gewinnabführungsvertrags abstellen. Auch beim aktienrechtlichen Konzern macht das Vorhandensein nur eines Gewinnabführungsvertrags gegenüber einem Beherrschungsvertrag einen Unterschied ja nur für die Ausgleichspflicht des § 311 AktG und die Ersatzpflichten der §§317/18 (vgl. § 316 AktG), die bei der GmbH, soweit Minderheitsgesellschafter überhaupt vorhanden sind, sich meist durch entsprechendes Arrangement zwischen Mehr- und Minderheit und im übrigen durch analoge Anwendung der §§117, 242 Abs. 2 AktG (vgl. Rdn. 24 und 26) lösen und, soweit Gläubigerinteressen in Frage stehen, durch die Verlustdeckungspflicht der Obergesellschaft abgesichert werden. B. Vertragskonzern 1. Vertragsarten und ihre Zulässigkeit a) Beherrschungsvertrag Wegen des Inhalts des Beherrschungsvertrags vgl. Rdn. 30. Sein Sinn kann bei 31 einer GmbH als beherrschtem Unternehmen nur darin bestehen, die Zuständigkeit zu Weisungen an die Geschäftsführung von der Gesellschafterversammlung der herrschenden Gesellschaft auf einen Gesellschafter, meist den Mehrheitsgesellschafter, zu verlagern, während für den Alleingesellschafter die Formfreiheit einer Universalversammlung bei allen nicht satzungsändernden Beschlüssen eine derartige Verlagerung ohne Bedeutung sein läßt. Wird diese durch den Beherrschungsvertrag erfolgende Verschiebung der Zuständigkeit zum Satzungsbestandteil gemacht, so ist sie bei der GmbH wegen der weitgehenden Dispositionsfreiheit auch im organisatorischen Bereich ohne Zweifel zulässig. Jedoch erfordert der Abschluß des Beherrschungsvertrags keine Satzungsänderung. Denn nach der im deutschen Wirtschaftsrecht seit jeher bestehenden und damit in der Praxis auch durchgesetzten Rechtsauffassung ist die Satzung niemals als der Ort angesehen worden, der notwendigerweise Unternehmensverträge aufzunehmen hätte; das beweisen §256 AktG 37 und §§ 293/94 AktG 65, die zwar die Eintragung des Unternehmensver(55)
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trags im Handelsregister, nicht aber die Aufnahme in die Satzung vorschreiben (Müller GmbH-Rdsch. 1973 98/99; a. M. Flume DB 1956 457; Ballerstedt DB1956 839; v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft S. 62; wohl auch Lutter DB 1973 Beilage 21 S. 12; dabei unterscheidet die als Gegenmeinung aufgeführte Literatur meist nicht zwischen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag). Der organisationsrechtliche Charakter und die Parallele zu § 265 AktG 37 sowie zu § 293 Abs. 1 AktG 65 erfordern aber in jedem Fall eine Mitwirkung der Gesellschafterversammlung (allgemeine Meinung; a. M. wohl nur Schmidt GmbH-Rdsch. 1971 11). Fraglich ist aber, ob dieses Zustimmungserfordernis nur Innen- oder auch Außenwirkung haben soll. Die gleichen Gründe, die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erfordern, machen es auch notwendig, diesem Erfordernis Außenwirkung beizulegen (Flume aaO.; v. Falkenhausen aaO.; Mertens Mehrheitsund Konzernherrschaft S. 161 fF.; Müller aaO.; Lütter aaO., aber nicht wegen echter Außenwirkung des Zustimmungserfordernisses, sondern wegen Mißbrauchs der Vertretungsmacht durch die Geschäftsführung; a. M. Vorauf!. § 29 Anm. 22 a. E. u. § 53 Anm. 19; Ballerstedt aaO.; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 246; Laube BB 1969 1533; Zöllner Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht S. 250, der dem Beherrschungsvertrag aber keinerlei Strukturveränderungsinhalt gibt; auch hier ist darauf hinzuweisen, daß meist nicht zwischen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag unterschieden wird). Im übrigen ist das Erfordernis der Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit Außenwirkung für die Minderheitsgesellschafter ein wirksamer Schutz; denn der Zustimmungsbeschluß muß einstimmig gefaßt werden (Rdn. 36) und, selbst wenn man eine geringere Mehrheit genügen lassen wollte, könnte der Beschluß angefochten werden, während bei reiner InnenWirkung der Vertragsschluß nach außen wirksam wäre und Schadensersatzansprüche gegen eine von der Mehrheit abgesicherte Geschäftsführung nur sehr schwer von der Minderheit durchzusetzen wären (vgl. Ballerstedt aaO.). Seiner Rechtsnatur nach ist der Beherrschungsvertrag ein Vertrag sui generis (Flume aaO. S. 456; Ballerstedt aaO. S. 815), der den bekannten Vertragstypen des Schuldrechts nicht eingeordnet werden kann, sondern unternehmensrechtlicher Art ist und die Struktur des abhängigen Unternehmens als eine Art Organisationsvertrag ändert. Er ist aus der Praxis heraus entwickelt worden, jahrzehntelang unbestritten als zulässig behandelt worden und hat auch in § 291 Abs. 1 AktG 65 seine gesetzgeberische Anerkennung gefunden. Dann aber kann auch im GmbH-Recht nicht mehr an seiner Zulässigkeit gezweifelt werden. Dabei muß aber davon ausgegangen werden, daß das beherrschende Unternehmen das beherrschte gegen die Risiken seiner Herrschaft durch die Verlustdeckungszusage abzudecken hat. 32
b) Gewinnabführungsvertrag Ein Gewinnabführungsvertrag umfaßt den von der GmbH als Untergesellschaft gemäß ordnungsgemäßer Bilanzierung erzielten Reingewinn im Sinne des § 29. Soll der GmbH eine Rücklagenbildung aus ihrem Gewinn ermöglicht werden, so muß das vertraglich festgelegt werden. Der steuerliche Rahmen derartiger Rücklagenbildung zu Lasten des abzuführenden Gewinns ist durch § 7a Abs. 1 ZifF. 5 KStG abgesteckt. Mit der Gewinnabführungsverpflichtung muß die Verpflichtung der Obergesellschaft zur Deckung der bei der Untergesellschaft während der Dauer des Gewinnabführungsvertrags entstehenden Jahresfehlbeträge verbunden werden; dabei dürfen Rücklagen der Untergesellschaft nur insoweit zur Deckung eines Fehlbetrags eingesetzt werden, als sie während der Dauer des Unternehmensvertrags (56)
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gebildet worden sind. Eine andere Regelung, die auch steuerlich nicht anerkannt werden würde (§ 7a Abs. 5 Ziff. 4KStG), wäre auch gesellschaftsrechtlich unzulässig, weil sie die Gleichgewichtigkeit von Leistung und Gegenleistung im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrags, insbesondere zu Lasten der Gläubiger der Untergesellschaft verletzen würde. Auch Teügewinnabführungsverträge sind in dem angegebenen Rahmen als für eine GmbH zulässige Unternehmensverträge anzusehen. Während die Zulässigkeit eines Beherrschungsvertrags unter dem Blickpunkt einer Änderung der gesetzlichen Zuständigkeit zu sehen ist (Rdn. 31), bedeutet der Ergebnisabführungsvertrag einen Verzicht der Gesellschaft auf ein eigenwirtschaftliches Arbeiten für Rechnung der Gesellschaft selbst. Eine derartige Regelung kann nicht Gegenstand eines Vertrags zwischen Geschäftsführung und einem Gesellschafter sein (a. M. Schmidt aaO. S. 11), zumal die „Gegenleistung" für die Ergebnisabführung in der Erledigung der Gewinnbeteiligungsansprüche des Vertragspartners läge, die nicht in den Bereich der Geschäftsführung gehört und beim Vorhandensein anderer Gesellschafter eine Ungleichbehandlung bedeuten würde. Damit reicht wie beim Beherrschungsvertrag die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführung zu einem wirksamen Abschluß des Abführungsvertrags nicht aus. Zwar ist aus den gleichen Gründen wie dort eine Satzungsänderung nicht erforderlich, jedoch bedarf auch der Gewinnabführungsvertrag der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, die auch hier Außenwirkung hat (Rdn. 31). Ebensowenig wie der Beherrschungsvertrag läßt sich der Gewinnabführungsvertrag in die schuldrechtlichen Vertragstypen einordnen, sondern muß als ein unternehmensrechtlicher Vertrag eigener Art angesehen werden (Rdn. 31 a. E.; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 246). Seine gesetzgeberische Anerkennung ist älter als die des Beherrschungsvertrags; denn § 256 AktG 37 geht von der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Verträge aus und verlangt zu ihrer Wirksamkeit eine Zustimmung der Hauptversammlung mit 3/4 Mehrheit (vgl. allerdings die aus §§ 52, 54 AktG 37 und wegen Verletzung der Minderheitsrechte gegen die Rechtswirksamkeit der Organschaftsverträge gerichteten Angriffe insbesondere von Duden BB 1957 49 und Fischer GroßkomAktG 2. Aufl. § 52 Anm. 18 und § 54 Anm. 7 sowie deren Verteidigung bei Hueck DB 1959 223 und Schilling GroßkomAktG 2. Aufl. § 256 Anm. 11). Durch das Konzernrecht des AktG 65 sind aber Gewinnabführungsverträge als Bestandteil der Rechtsordnung anerkannt, wenn der Gesetzgeber auch davon abgesehen hat, die Gültigkeit der Organschaftsverträge für die Vergangenheit zu sanktionieren ( K r o p f f aaO. S. 536). Das setzt aber für die Organschaftsverträge im GmbHRaum kein Fragezeichen, da der Streit über ihre Zulässigkeit für Aktiengesellschaften aufgrund der für das Aktienrecht typischen Kapitalerhaltungsvorschriften entbrannt war, die bei der GmbH nicht gelten (vgl. §§ 57, 58 AktG 65 einerseits und § 30 GmbHG andererseits). c) Gewinngemeinschaft Darunter versteht man einen Vertrag, durch den mehrere Unternehmen ihren 33 Gewinn oder den Gewinn einzelner Betriebe ganz oder teilweise zusammenlegen und nach einem zu vereinbarenden Schlüssel dann untereinander verteilen. Das ist eine Rechtsgestaltung, die auch bei Einzelpersonen und Personengesellschaften vorkommen kann, eine Risikoverteilung auf mehreren Schultern bedeutet und üblicherweise eine BGB-Gesellschaft darstellen wird. Sie hat nichts typisch konzernrechtliches und kann deshalb auch bei den weiteren Erläuterungen ausgeklammert werden. Gegen die rechtliche Zulässigkeit einer derartigen Vertragsgestaltung bestehen keine Bedenken. Sie bewegt sich im Rahmen der typischen Gestaltungen des Schuld(57)
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rechts, weshalb der Abschluß einer Gewinngemeinschaft auch in die Vertretungsmacht des Geschäftsführers fällt. Ob er zum Vertragsschluß intern der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, ist eine Frage der Gestaltung der einzelnen Satzungen, die allerdings häufig die Eingehung derartiger Gewinngemeinschaften von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig machen. Ein vorsichtiger Geschäftsführer wird sich auch ohne eine derartige Satzungsbestimmung der Zustimmung der Gesellschafter zu einer so weitgehenden Maßnahme versichern. Außenwirkung hat das Zustimmungserfordernis nicht. Der Abschluß einer Gewinngemeinschaft wird meist auch ein Fall sein, in dem gemäß § 49 Abs. 2 eine Gesellschafterversammlung einzuberufen ist (Baumbacb-Hueck § 49 Anm. 3 B). d) Betriebspacht- oder -Überlassungsvertrag 34
Auch hier handelt es sich wieder um typische schuldrechtliche Verträge, die keinen besonderen konzernrechtlichen Bezug haben, zwar in Analogie zu § 15 AktG die beiden Unternehmen zu verbundenen Unternehmen machen, jedoch zu keiner Abhängigkeit und auch zu keinem Konzernverbund führen. Auch sie können deshalb in der weiteren Erläuterung außer acht gelassen werden. Gerade bei GmbHs kommen Betriebsverpachtungen häufig vor, und zwar derart, daß der laufende Betrieb eines Unternehmens pachtweise unter Überlassung des Umlaufvermögens in eine besondere GmbH ausgegliedert wird und die verbleibende Gesellschaft ihre Aufgabe allein darin sieht, das verpachtete Anlagevermögen zu verwalten. Der Sinn einer derartigen Gestaltung ist entweder ein haftungsmäßiger, nämlich das Anlagevermögen von den Risiken des laufenden Betriebs zu befreien, oder ein renditemäßiger, nämlich der Ursprungsgesellschaft aus der Verpachtung ihrer Anlagen ein festes Einkommen zu gewährleisten, das zu gleich bleibenden Entnahmen oder Ausschüttungen für die Gesellschafter führt. Zu den Betriebsüberlassungsverträgen gehören neben den pachtähnlichen Verträgen insbesondere die Betriebsführungsverträge, nämlich Verträge, durch die eine GmbH ihren ganzen Betrieb oder einzelne Betriebsteile einem anderen Unternehmen überläßt, das den Betrieb für Rechnung der GmbH, und zwar entweder im eigenen oder im Namen der GmbH führt. Gerade diese Gestaltung wird insbesondere dann gerne gewählt, wenn nach Verschmelzung der nunmehr zum Vermögen der übernehmenden Gesellschaft gewordene Betrieb der übertragenden Gesellschaft durch eine unter der Firma der übertragenden Gesellschaft neu gegründete GmbH für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft geführt werden soll. Auch Betriebspacht- und -Überlassungsverträge fallen in die Vertretungsmacht der Geschäftsführung. Darüber, ob intern eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich oder zweckmäßig ist, vgl. Rdn. 33. An der Zulässigkeit derartiger Verträge können Zweifel nicht bestehen.
2. Abschluß des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags a) Schrifitform 35 Da es bisher an einer gesetzlichen Regelung für den Abschluß eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags zu Lasten einer GmbH fehlt, gibt es auch keine Vorschrift, die eine gesetzliche Schriftform für einen derartigen Unternehmensvertrag anordnete. § 7 a Abs. 5 Ziff. 1 KStG verlangt allerdings für die körperschaftssteuerliche Anerkennung als Organschaft die Schriftform (Laube BB 1969 1533; Schmidt GmbH-Rdsch. 1971 9; Eresing GmbH-Rdsch. 1971 60, dem aber insoweit nicht zu folgen ist, als er glaubt, die Schriftform betreffe nicht die Punkte, die in (58)
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§§ 296—298 AktG geregelt seien). Damit ist für den Gewinnabführungsvertrag der GmbH praktisch die Frage der Schriftform entschieden, da ohne steuerliche Anerkennung die Ergebnisabführung unpraktikabel ist. Aber auch zivilrechtlich führt einmal die Analogie zu § 293 Abs. 2 S. 1 AktG, zum anderen die Wichtigkeit des Vertrags für das Leben der GmbH und schließlich die jahrzehntealte Handhabung der Praxis, die den Ergebnisabführungsvertrag stets schriftlich abgeschlossen hat, zum Erfordernis der Schriftform (a. M. Schmidt aaO.), die dann naturgemäß nicht nur den Vertragskern, sondern den gesamten Vertragsinhalt erfaßt. Für den Beherrschungsvertrag kann nichts anderes gelten. Soweit die GmbH „anderer Vertragsteil" des Unternehmensvertrags im Sinne des § 293 Abs. 2 ist, ergibt sich das Erfordernis der Schriftform unmittelbar aus § 293 Abs. 3 S. 1 AktG. b) Zustimmung der Gesellschafterversammlung Sowohl der Beherrschungs- wie der Gewinnabführungsvertrag werden zwar 36 namens der GmbH von der Geschäftsführung abgeschlossen, bedürfen aber der Zustimmung der Gesellschafterversammlung (Rdn. 31, 32). Bei dieser Zustimmung entsteht zunächst die Frage, ob der Vertragspartner mitstimmen darf, oder durch § 47 Abs. 4 S. 2 vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (vgl. Rdn. 21). Sowohl der Beherrschungsvertrag (Rdn. 31) wie der Gewinnabführungsvertrag (Rdn. 32) sind Organisationsverträge unternehmensrechtlicher Art und kein „Rechtsgeschäft" im Sinne des § 47 Abs. 4 S. 2; ebenso wie der Gesellschafter bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer oder seiner Wahl in den Aufsichtsrat mitstimmen darf, weil es sich um einen „Akt des Gesellschaftslebens" handelt (vgl. Erl. zu § 47 Abs. 4 S. 2), muß ihm das Stimmrecht auch bei der Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zum Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag zuerkannt werden (Vorauf!. § 53 Anm. 22; v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft S. 62; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 246; Schmidt GmbHRdsch. 1971 11; a. M. Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechte S. 250f., der aber zu Unrecht den Charakter der Verträge als Organisationsverträge leugnet; Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft S. 163). Wollte man den Stimmrechtsausschluß bejahen, so wäre allerdings der durch v. Falkenhausen aaO. aufgezeigte Umweg über eine im Wege des satzungsändernden Beschlusses dem Geschäftsführer erteilte Ermächtigung zum Abschluß von Organschaftsverträgen und der spätere Entlastungsbeschluß höchst zweifelhaft, da er in die Zuständigkeitsordnung einer GmbH eingreifen würde. Zum anderen entsteht die Frage, ob die Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit, satzungsändernder Mehrheit oder Einstimmigkeit zu erfolgen hat. Daß sie keine Satzungsänderung mit Eintragung ins Handelsregister erfordert, vgl. Rdn. 31. Der Eingriff des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags in die Struktur der GmbH und die Analogie zum Aktiengesetz lassen das Erfordernis einer nur einfachen Mehrheit ausscheiden und verlangen mindestens eine satzungsändernde Mehrheit {Flume DB 1956 457; Ballerstedt DB 1956 839; Schilling JZ 1957 529; Skibbe aaO.; v. Falkenhausen aaO.; Lutter DB 1973 Beilage 21 S. 12, welche Autoren allerdings meist eine Satzungsänderung fordern; vgl. auch § 7a Abs. 5 Ziff. 2 KStG). Das dürfte aber bei einer GmbH, die ja in aller Regel personalistisch gestaltet ist, noch nicht ausreichen, man wird vielmehr Einstimmigkeit verlangen müssen (Zöllner aaO. S. 175; Martens aaO.; Müller GmbH-Rdsch. 1973 99). Diese Auffassung wird verstärkt durch das Erfordernis der Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes, der nur mit Zustimmung der benachteiligten Gesellschafter durch(59)
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brachen werden kann, und auch des Minderheitenschutzes, über den das GmbHGesetz sich für den ihm unbekannten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ausschweigt. Zwar wäre auch bei einer in Analogie zu § 293 Abs. 1 AktG mit 3/4 Mehrheit zu beschließenden Zustimmung ein Anfechtungsrecht und über eine Analogie zu § 243 Abs. 2 S. 2 AktG ein indirekter Zwang zu einem angemessenen Ausgleich gegeben. Man wird aber den Minderheitsgesellschaftern nicht zumuten können, ihrerseits gegen einen Zustimmungsbeschluß zu einem Beherrschungs- oder Ergebnisabführungsvertrag initiativ zu werden, sondern es dem Vertragspartner auferlegen, seinerseits eine angemessene Ausgleichslösung mit den Minderheitsgesellschaftern zu suchen. Stimmt trotz eines Angebots eines wirklich angemessenen Ausgleichs ein Minderheitsgesellschafter gegen die Zustimmung, so hat der Mehrheitsgesellschafter seinerseits die Möglichkeit, gegen die Ablehnung der Zustimmung analog § 243 Abs. 2 S. 1 AktG Anfechtungsklage zu erheben. Was für den Abschluß des Unternehmensvertrags gilt, gilt entsprechend auch für seine Änderung. Auch hier ist eine einstimmige Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich, wenn nicht der ursprüngliche Vertrag eine besondere Regelung wegen seiner Abänderung trifft. c) Keine Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung des anderen Vertragsteils 37 Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist nur bei der GmbH erforderlich, die beherrscht werden oder ihren Ertrag abführen soll. Zwar schreibt § 293 Abs. 2 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung auch des anderen Vertragsteils vor, wenn er AG oder KGaA ist. Diese Bestimmung kann auf Vertragspartner in anderen Rechtsformen nicht übertragen werden, insbesondere nicht, wenn einer oder beide Vertragspartner GmbH sind. Denn sie beruht darauf, daß bei zwei AGen oder KGaAen als Vertragspartner die Vorschriften über die Sicherung der außenstehenden Aktionäre gemäß §§304—306 eingreifen; diese Vorschriften, die als Abfindung insbesondere auch die Gewährung von Aktien der herrschenden Gesellschaft vorsehen, sind so weitgehend, daß der Gesetzgeber glaubte, sie von der Zustimmung der Hauptversammlung der betreffenden AG oder KGaA zum Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag abhängig machen zu müssen. Da das geltende GmbH-Gesetz keine Abfindungsregelung für außenstehende Gesellschafter der Untergesellschaft kennt, entfällt der Anlaß für die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der begünstigten Gesellschaft. Wenn die Minderheitsgesellschafter der Untergesellschaft als Preis für die Zustimmung zum Unternehmensvertrag eine Beteiligungszusage an der herrschenden Gesellschaft erreicht haben, muß deren Gesellschafterversammlung zwar nicht dem Unternehmensvertrag, wohl aber der Kapitalerhöhung zustimmen. Auch sonst kann der Abschluß des Unternehmensvertrags für die begünstigte Gesellschaft so wichtig und schwerwiegend sein, daß deren Geschäftsführer, sei es aufgrund Satzungsbestimmung, sei es zur eigenen Rückendeckung, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen. Sie hat dann aber nur Innen- und keine Außenwirkung. d) Keine Einreichung und Anmeldung zum Handelsregister 38
Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft zu einem Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag ist keine Satzungsänderung (Rdn. 31, 32). Eine Pflicht zur Anmeldung zum Handelsregister aus § 54 entfällt also. Wenn für Gläubiger und Öffentlichkeit die Kenntnis von einem Beherr(60)
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schungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag auch von Interesse wäre, reicht das nicht aus, um analog § 294 AktG zu einer Pflicht der Geschäftsführung zu kommen, den Vertrag zur Eintragung im Handelsregister anzumelden oder ihn wenigstens zu den Registerakten einzureichen. Hier ginge es um öffentlich-rechtliche Pflichten oder Obliegenheiten, die durch Analogie nicht geschaffen werden können, zumal sie ja auch eine entsprechende Mitwirkung des Handelsregisters erfordern würden. 3. Vertragsinhalt Außer dem Vertragskern, der Unterstellung unter die Leitung der Obergesellschaft (Rdn. 31) und/oder der Abführung des gesamten positiven oder negativen Ertrags an die Obergesellschaft (Rdn. 32), erfordert der Unternehmensvertrag noch die Aufnahme anderer Punkte, von denen einige hier anzusprechen sind. a) Vertragsdauer § 7a Abs. 1 Ziff. 4 KStG erfordert den Abschluß eines Gewinnabführungs- 39 Vertrags auf die Dauer von mindestens 5 Jahren. Zivilrechtlich gibt es derartige Dauervorschriften nicht, wenn auch die Notwendigkeit der steuerlichen Anerkennung der Ergebnisabführung einen entsprechenden Zwang für die zivilrechtliche Gestaltung des Unternehmensvertrags ausübt. Der Vertrag kann auf eine feste Dauer mit oder ohne automatische Verlängerungsklausel bei Nichtkündigung oder auf unbestimmte Zeit unter Beschränkung der Kündigung auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Kündigungstermin wird regelmäßig das Geschäftsjahrende sein. Länger laufende Kündigungsfristen empfehlen sich. Langfristige Unternehmensverträge sind aus wichtigem Grunde kündbar (vgl. § 297 AktG). Derartige wichtige Gründe können u. a. sein: ein Wechsel im Mehrheitsbesitz an der Untergesellschaft oder die Auflösung der Untergesellschaft; letzteres schon deswegen, weil der Liquidationsertrag grundsätzlich dem Sinn eines Ergebnisabführungsvertrags entsprechend nicht Gegenstand der Gewinnabführung sein kann (vgl. BFH 90 370; Skibbe GmbHRdsch. 1968 247). b) Vertragsbeginn Es entspricht allgemeiner Auffassung, daß in die Ergebnisabführung auch der 40 Ertrag des bei Vertragsabschluß laufenden Jahres einbezogen werden kann. Voraussetzung ist aber, daß der Vertrag bis zum Ende des Geschäftsjahres, dessen Ertrag einbezogen werden soll, rechtswirksam zustandegekommen ist, so daß bis zu diesem Zeitpunkt auch die Zustimmung der Gesellschafterversammlung (Rdn. 36) vorliegen muß. Denn die Verpflichtung zur Ertragsabführung kann in die Bilanzen der beteiligten Unternehmen nur aufgenommen werden, wenn sie am Bilanzstichtag auch begründet war. Zivilrechtlich ist es nicht erforderlich, daß die die Gewinnabführung oder die Beherrschung tragende Beteiligung der Obergesellschaft bereits vom Beginn des Jahres ab bestanden hat, für das die Gewinnabführung vereinbart wird. Ein Unternehmen, das die Beteiligung an einer GmbH erst im Laufe eines Jahres erwirbt, kann also eine Gewinnabführung vereinbaren, die auch die vor dem Beteiligungserwerb liegende Zeit des laufenden Geschäftsjahres erfaßt. Körperschaftssteuerlich wird das allerdings nicht anerkannt, da eine Ergebnisabführung für eine Zeit vor der finanziellen Eingliederung — Erwerb der Mehrheit der Stimmrechte — nicht anerkannt wird (§ 7a Abs. 1 Ziff. 1 KStG). (61)
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c) Verlustübernahme und vorvertragliche Rücklagen 41
Nach § 302 AktG ist die Pflicht 2ur Verlustübemahme notwendiger Bestandteil jedes Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrags. Für die GmbH als beherrschte und abführungspflichtige Gesellschaft gilt das gleiche, weil eine Beherrschung oder Gewinnabführung nur dann als zulässig anerkannt werden kann, wenn von der Obergesellschaft auch die Risiken getragen werden, d. h. die Verluste übernommen werden (Rdn. 31, 32). Da das sich für die beherrschte und gewinnabführungspflichtige GmbH nicht aus dem Gesetz — wie bei der AG aus § 302 AktG — ergibt, verlangt § 7a Abs. 5 Ziff. 3 KStG für die GmbH eine ausdrückliche Vereinbarung einer dem § 302 AktG entsprechenden Verlustübernahme in dem Gewinnabführungsvertrag. Die gleiche Steuervorschrift verlangt in Ziff. 4, daß durch den Abführungsvertrag auch die Auflösung vorvertraglicher Rücklagen aus der Gewinnabführung ausgenommen wird. Diese Bestimmung gilt für die AG aufgrund des § 301 S. 1 AktG und versteht sich aus dem Sinn eines Abführungsvertrags, der nur den unter seiner Geltung — mit der sich aus Rdn. 40 ergebenden Erstreckung auf den Beginn des Geschäftsjahres, in dem der Vertrag abgeschlossen wird — erzielten Gewinn erfassen will. Die beiden zur körperschaftsteuerlichen Anerkennung der Gewinnabführung vorgeschriebenen Bestimmungen sollten deshalb in den Unternehmensvertrag mit aufgenommen werden (vgl. Laube BB 1969 1533; Schmidt GmbH-Rdsch. 1971 14). d) Sicherung der Minderheitsgesellschafter
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Während das Aktiengesetz in § § 304ff. die Sicherung der außenstehenden Aktionäre zwingend vorgeschrieben hat, können diese Sicherungen bei der GmbH nur durch Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern geschaffen werden, gelten jedenfalls nicht aufgrund analoger Anwendung der §§ 304ff. AktG (Voss DB 1971 1939 gegen Ner DB 1971 1537). Das Erfordernis der Einstimmigkeit für den Zustimmungsbeschluß der Gesellschafterversammlung (Rdn. 36) erzwingt zu Lasten der Mehrheit und zugunsten der Minderheit entsprechende Vereinbarungen, so daß es der Begründungsversuche aus dem Gewinnbeteiligungsrecht (so Flume DB 1956 457), aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung (so Ballerstedt DB 1956 838 ff.) und aus Treu und Glauben (so v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft S. 64f.) nicht mehr bedarf. Die Schutzvereinbarungen zugunsten der Minderheit können in einer den §§ 304ff. AktG entsprechenden Regelung bestehen, können aber auch ganz andere, auf die konkreten Verhältnisse der einzelnen GmbH zugeschnittene Regelungen darstellen. Bei einer derartigen Regelung ist, wenn für den Unternehmensvertrag Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen sind, der Minderheitenschutz in die Kündigungsregelung mit einzubauen. Schließlich sollte auch für den Fall einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse eine Anpassungsmöglichkeit vorgesehen werden. 4. Keine besondere Haftungsregelung
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Da der Vertragskonzern bei der GmbH gesetzlich überhaupt nicht geregelt ist, kann es auch keine gesetzlichen Haftungsregeln geben, wie sie §§ 309, 310 AktG für den akrienrechtlichen Vertragskonzern enthalten. Das mag von der Theorie her als Lücke empfunden werden, in der Praxis haben sich daraus bisher keine Schwierigkeiten ergeben. Die Minderheitsgesellschafter sind auch bei Fehlverhalten der Geschäftsführer der Obergesellschaft und der abhängigen Gesellschaft durch ihren im (62)
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Unternehmensvertrag vereinbarten Ausgleich abgesichert; die Gläubiger der Untergesellschaft sind durch die Verlustdeckungspflicht der Obergesellschaft vor Schaden bewahrt. Nur wenn das Fehlverhalten der beiden Gesellschaften zu einem Konkurs der Obergesellschaft führt, greifen diese Sicherungen nicht mehr und kommt es auf die Ersatzpflicht der Geschäftsführer an. Die Geschäftsführer der Untergesellschaft haften aus § 43 unmittelbar, wenn sie ungesetzliche Weisungen befolgt oder ohne Weisung zum Nachteil der Gesellschaft im vermeintlichen Interesse der Obergesellschaft gehandelt haben. Eine unmittelbare Haftung der Geschäftsführer der Obergesellschaft für Weisungen, die nicht der Sorgfalt eines ordendichen und gewissenhaften Geschäftsführers entsprechen, zugunsten der Untergesellschaft, ihrer Gesellschafter und Gläubiger besteht allerdings nicht (Rdn. 24, 25). Jedoch ist zu beachten, daß eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bei Weisungen an die Untergesellschaft auch ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht der Obergesellschaft ist, so daß die Geschäftsführer der Obergesellschaft sowieso in der Haftung sind. C. Faktischer Konzern 1. Gewinnabführungsvertrag als Unterscheidungsmerkmal Der faktische Konzern ist im Grunde nichts anderes als die Praktizierung der 44 Abhängigkeit über eine längere Zeitdauer. Anders als im AktG ist diese Praktizierung aber, wenn der Mehrheitsgesellschafter bereit ist, den Weg über die Gesellschafterversammlung zu gehen, durchaus gesetzeskonform. Denn dank seiner Stimmenmacht in der Gesellschafterversammlung kann der Mehrheitsgesellschafter der Geschäftsführung Weisungen erteilen und darf, wenn er keine Sondervorteile für sich zum Schaden der Gesellschaft erstrebt, durchaus seine Interessen bei der Stimmabgabe verfolgen. Übt er in diesem Sinne eine Leitungsmacht aus, so hat das Konzernverhältnis nicht eine faktische, sondern ebenso wie der Vertragskonzern des Aktiengesetzes eine einwandfreie rechtliche Grundlage. Die Tatsache, daß diese Grundlage bei der AG der Vertrag und bei der GmbH die Regelung des Gesetzes ist, kann keinen maßgebenden Unterschied machen. Daraus ergibt sich, daß die Regelung des RegE eines GmbH-Gesetzes, die es für den faktischen Konzern auf das Bestehen eines Beherrschungsvertrags abstellen will, verfehlt ist — maßgebend könnte, wenn man es auf einen Vertrag abstellen wollte, nur der Gewinnabführungsvertrag sein (Rdn. 30) — und daß für das geltende GmbH-Recht als faktischer Konzern nur ein Konzernverhältnis angesehen werden kann, das nicht durch einen Gewinnabführungsvertrag fundiert ist. Das findet seine Rechtfertigung auch darin, daß der Gewinnabführungsvertrag durch das Erfordernis einer einstimmigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung (Rdn. 36) die Rechte der Minderheitsgesellschafter absichert und durch die Notwendigkeit einer Verlustübernahme (Rdn. 32, 41) den Gläubigern den bei Beginn des Unternehmensvertrags vorhandenen Vermögens-' stand sichert. Insoweit ist also ohne Beherrschungsvertrag bei Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrags das Interesse der Minderheitsgesellschafter und der Gläubiger gesichert und bedarf es im Grunde keiner Ausgleichspflicht analog § 311 Abs. 1 AktG und keines Abhängigkeitsberichts analog §|312 AktG. 2. Auswirkungen a) auf die abhängige Gesellschaft Die dauernde Ausübung der Leitung durch herrschende Unternehmen kann für 45 das abhängige Unternehmen vorteilhaft, indifferent oder schädlich sein. Die Praxis (63)
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zeigt, daß der erstere Fall bei weiterem der häufigste ist. Rechtlich interessiert nur der Fall der Erteilung von dem beherrschten Unternehmen nachteiligen Weisungen. Hier gibt es einen von der Untergesellschaft gegen das herrschende Unternehmen geltend zu machenden Ausgleichsanspruch analog § 311 AktG nicht (v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft S. 67). Die durch AktG 65 erstmals für die AG geschaffene Ausgleichspflicht hat in der früheren Praxis von AG oder GmbH kein Vorbild und ist nur für die AG als abhängiges Unternehmen eingeführt worden. Eine Analogie auf die GmbH verbietet sich auch deshalb, weil bei der GmbH anders als bei der AG der Mehrheitsgesellschafter die durchaus legale Möglichkeit zur Erteilung von Weisungen hat. Ebenso entfällt für die GmbH ein Abhängigkeitsbericht, der vom Gesetzgeber als Sicherung der Ausgleichspflicht und als Hilfe für die außenstehenden Aktionäre in der Verfolgung ihrer besonderen gesetzlichen Ersatzansprüche aus §§ 317/18 AktG gedacht war; alles Bestimmungen, die für die GmbH keine Geltung haben. Der abhängigen GmbH selbst verbleibt somit als Hilfe gegen nachteilige Weisungen, soweit sie durch Beschluß der Gesellschafterversammlung erteilt werden, in Analogie zu § 243 Abs. 2 S. 2 AktG nur die Anfechtung des Weisungsbeschlusses durch den Geschäftsführer, soweit man den Geschäftsführer überhaupt für anfechtungsbefugt halten will (vgl. dazu im einzelnen Erl. im Anhang zu § 47; ablehnend, soweit Weisungsbeschlüsse in Frage stehen, Immenga GmbH-Rdsch. 1973 7/8). Soweit die Weisungen außerhalb der Gesellschafterversammlung erteilt werden, können die Untergesellschaft und ihre Gesellschafter durch — soweit gegeben — Ersatzansprüche analog § 117 AktG vorgehen. Außerdem bestehen in beiden Fällen gegebenenfalls Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 826 BGB (Rdn. 26/27). Das ist zwar kein begeisternder Rechtsschutz der Gesellschaft; aber selbst wenn wirksame Hilfsmittel gegeben wären, bliebe doch höchst zweifelhaft, ob die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft sie gegen das herrschende Unternehmen wirklich einzusetzen bereit und in der Lage wäre. Schwierigkeiten aus der Praxis sind aus dieser unbefriedigenden Rechtslage bisher nicht bekannt geworden. b) auf die Minderheitsgesellschafter 46
Ihnen stehen Schadensersatzansprüche in Analogie der §§317/18 AktG nicht zu. Die Gründe, die die Analogie verhindern, sind die gleichen wie die in Rdn. 45 dargelegten. Es verbleibt deshalb — wie in Rdn. 26 für die abhängige Gesellschaft ausgeführt — die Anfechtungsklage wegen des Versuchs der Erlangung eines Sondervorteils zum Schaden der Gesellschaft, wenn die Weisung durch Beschluß der Gesellschafterversammlung erfolgt (über die Problematik einer derartigen Anfechtungsmöglichkeit vgl. Immenga GmbH-Rdsch. 1973 8 ff.). Diese Anfechtungsklage kann der Mehrheitsgesellschafter dadurch abwenden, daß er im Weisungsbeschluß den Mitgesellschaftern einen angemessenen Ausgleich für den Schaden gewährt. Erfolgt die Weisung außerhalb der Gesellschafterversammlung, so greifen — wie in Rdn. 24/25 ausgeführt — Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 826 BGB und analog § 117 AktG ein, die ersten beiden Bestimmungen übrigens auch dann, wenn die Weisungen durch Gesellschafterbeschluß erfolgen. Die Möglichkeit der Geltendmachung derartiger Ansprüche wird durch die dem Gesellschafter der GmbH zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte (vgl. Erl. zu § 45) wesentlich erleichtert. Schließlich kann auch in Betracht kommen, daß der Minderheitsgesellschafter die Tatsache, daß die GmbH faktische Konzerntochtergesellschaft wird, zum Anlaß nimmt, aus wichtigem Grunde aus der Gesellschaft auszuscheiden (vgl. Erl. im An(64)
Die GmbH im Konzernverband (Barz)
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hang zu § 34). Daß die Übernahme der ständigen Leitung einer GmbH durch einen Mehrheitsgesellschafter für den Mitgesellschafter ein wichtiger Grund sein kann, der ihm das Verbleiben in der Gesellschaft unzumutbar macht, kann je nach Lage der Umstände durchaus angenommen werden, und zwar desto eher, je rücksichtsloser ein Mehrheitsgesellschafter die Leitung ausübt. Sehr überzeugend ist natürlich auch dieser Rechtsschutz für die Minderheitsgesellschafter nicht. Aber es ist durchaus die Frage, ob die Praxis einen stärkeren Schutz braucht; bisher sind — soweit ersichtlich — in der Rechtsprechung Mißstände nicht erkennbar geworden, auch nicht — jedenfalls in nennenswertem Umfange — in der Praxis (vgl. Eder GmbH-Rdsch. 1970 250). c) auf die Gläubiger Der Gläubigerschutz beim faktischen Konzern, wie er hier verstanden wird 47 (Rdn. 44), leidet daran, daß der Konzernuntergesellschaft selbst kein besonders wirksamer Schutz in der Gestalt von Ausgleichsansprüchen zusteht (Rdn. 45) und damit die Haftungsmasse über das Vermögen der Gesellschaft selbst hinaus nicht vergrößert wird. Soweit Ansprüche aus § § 823 Abs. 2, 826 BGB oder aus Analogie zu § 117 AktG, sei es für die Gesellschaft, sei es für die Minderheitsgesellschafter, entstanden sind, werden diese Ansprüche in der Regel auch in der Person der Gläubiger oder einzelner von ihnen entstanden sein; soweit sie der Gesellschaft zustehen, unterliegen sie dem Gläubigerzugriff. Darüberhinaus werden je nach den Umständen des einzelnen Falls Gläubigeransprüche gegen das herrschende Unternehmen aus Durchgriffshaftung (vgl. § 13 Anh. I) oder aus Konzernaußenhaftung (Rdn. 48 ff.) in Betracht kommen können. IV. Konzernaußenhaftung 1. Keine Gesamthaftung des Konzerns Die Konzerneigenschaft macht aus dem herrschenden und den von ihm be- 48 herrschten Unternehmen nur eine wirtschaftliche, aber keine rechtliche Einheit derart, daß der Konzern eine Rechtsperson, ein einheitlicher Rechtsträger wäre. Das ergibt sich aus der Legaldefinition des § 18 AktG, die auf abhängige Unternehmen abstellt, die in § 17 wiederum als rechtlich selbständige Unternehmen erfaßt sind, und findet ihre Bestätigung in dem Konzernabschluß, dessen Regelung von der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen und der von ihnen erstellten Abschlüsse ausgeht und sie wegen der wirtschaftlichen Einheit des Konzerns in einen konsolidierten Abschluß zusammenfaßt. Daraus folgt, daß jedes Konzernunternehmen in gleicher Weise Träger seiner Rechte und Pflichten bleibt, als wenn es kein Konzernunternehmen wäre. Von den Verbindlichkeiten des einzelnen Konzernunternehmens her gesehen bedeutet das, daß sie einerseits ausschließlich Verbindlichkeiten dieses Unternehmens sind, Aktiven anderer Konzernunternehmen zur Deckung also nicht herangezogen werden können und daß andererseits die Aktiven des Konzernunternehmens ausschließlich für die Verbindlichkeiten dieses Konzernunternehmens, nicht aber auch für die der übrigen Konzernunternehmen haften. Infolgedessen stehen die in der wirtschaftlichen Einheit „Konzern" zusammengefaßten Aktiven nicht zur Deckung der in ihm zusammengefaßten Verbindlichkeiten zur Verfügung, auch wenn das in der Konzernbilanz so dargestellt wird; welche Aktiven zur Deckung welcher Passiven herangezogen werden können, entscheidet sich immer danach, zu welchem Konzernunternehmen die einzelnen Aktiven und Passiven gehören. Es gibt mit anderen Worten keine Gesamthaf(65)
§ 13 Anh.II
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
tung des Konzerns, keine gesamtschuldnerische Haftung sämtlicher Konzernunternehmen für die Verbindlichkeiten der einzelnen Konzernunternehmen und auch keine gesamtschuldnerische Haftung der Konzernobergesellschaft für die Verbindlichkeiten ihrer abhängigen Konzernunternehmen. 2. Konzerntypische Haftungstatbestände für die Konzernobergesellschaft 49
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Bis vor kurzem entsprach es in der Bundesrepublik Deutschland der allgemeinen Üblichkeit, daß Konzernobergesellschaften zum Konzern gehörende abhängige Unternehmen vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch bewahrten und jedenfalls einen gerichtlichen Vergleich oder Konkurs durch Zuschüsse, Arrangements mit den Gläubigern und dgl. verhinderten. Diese Übung ist in den letzten Jahren mehrfach — auch von ersten deutschen Adressen — durchbrochen worden, so daß der Geschäftsverkehr und insbesondere auch die kreditgebenden Banken sich nicht mehr darauf verlassen können — ein Rechtsanspruch bestand sowieso nicht —, daß ein Zusammenbruch einer Konzernuntergesellschaft von der Konzernspitze abgefangen werde. Da eine Gesamthaftung des Konzerns als Ganzes nicht besteht (Rdn. 48), ist damit die Frage besonders aktuell geworden, unter welchen Einzelumständen eine Konzernobergesellschaft für die Verbindlichkeiten einer abhängigen Konzerngesellschaft in Anspruch genommen werden kann. Diese Frage wird, soweit es sich nicht um übliche Tatbestände wie Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung, Bürgschaft oder Garantie und dergl. handelt, meist als das Problem der Durchgriffshaftung angesprochen (vgl. § 13 Anh. I Rdn. 37ff.), d. h. die Hintansetzung der juristischen Konstruktion der selbständigen Rechtspersönlichkeit und die Identifizierung der Gesellschaft mit dem dahinterstehenden Gesellschafter. Je mehr die Konzernspitze die geschäftlichen Maßnahmen einer Tochtergesellschaft zu ihren eigenen macht, umso mehr liegt es nahe, ihr auch die Übernahme der rechtlichen Verantwortung und damit auch der Haftung zuzumuten. Die Rechtsgrundlagen bilden meistens Rechtsmißbrauch oder Treu und Glauben; jedoch läßt sich, wie Rehbinder Konzernaußenrecht und Allgemeines Privatrecht 1969 nachgewiesen hat, ein erstaunlich großer Teil der Identifizierungsfälle auch mit den üblichen Mitteln der Vertrags- oder Gesetzesauslegung lösen. Vgl. zu der Problematik der Durchgriffshaftung Kronstein Die abhängige Person 1931, S. 71 fF.; Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften 1932; Meise Zivilrechtliche Probleme der Organgesellschaft 1935, S. 95ff., Serick Rechtsform und Realität juristischer Personen 1955; derselbe Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen unter Berücksichtigung von Organschafts- und Konzernverhältnissen 1959; Drobnig Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften sowie Rehbinder aaO. Soweit die allgemeine Haftung einer Konzernobergesellschaft für Verbindlichkeiten einer Konzerntochtergesellschaft in Frage steht, kommen konzerntypisch insbesondere folgende Haftungstatbestände in Frage. a) Patronatserklärung Bei dieser in der derzeitigen Konzernpraxis sehr häufigen Gestaltung handelt es sich um eine Erklärung, die einem bestimmten Gläubiger, meist einer Bank gegenüber, dahin abgegeben wird, daß die Obergesellschaft die Konzerntochter jeweils mit den Mitteln ausstatten wird, daß sie ihren Verpflichtungen voll nachkommen kann (vgl. Schütz Bankgeschäftliches Formularbuch 18. Aufl. S. 425; Obermüller ZGR 3 1974 lff). Die Erklärung kann aber auch der Allgemeinheit gegenüber abgegeben werden, so daß sich jeder Geschäftspartner der Konzerntochter darauf berufen kann. Sie braucht nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent abgegeben werden, (66)
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z. B. durch längere Zeit hindurch immer wieder erfolgende Zurverfügungstellung der für den Geschäftsbetrieb der Konzerntochter erforderlichen Mittel, sei es als Eigen-, sei es als Fremdmittel, wenn damit der Eindruck erweckt wird, daß die Obergesellschaft dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzen werde. Die Patronatserklärung gibt dem Gläubiger der Konzerntochter keinen unmittelbaren Anspruch auf Befriedigung der gegen sie gerichteten Forderung, sondern nur auf Schadensersatz bei Nichterfüllung. Sie stellt wirtschaftlich eine Gewährleistung dar und ist deshalb, wenn sie auf bestimmte Summen quantifizierbar ist, gemäß § 152 Abs. 5 AktG in der Jahresbilanz gesondert auszuweisen, andernfalls gemäß § 160 Abs. 3 Ziff. 7 AktG im Geschäftsbericht aufzuführen. b) Anscheinshaftung Wenn die Konzernobergesellschaft, sei es bestimmten Geschäftspartnern, sei es 51 der Öffentlichkeit gegenüber, durch konkrete Erklärungen oder Handlungen, z. B. Auskünfte, geschäftliche Empfehlungen und dgl. den Anschein erweckt, als handele es sich bei ihrer Konzerntochter um ein potentes Unternehmen, obwohl ihr bekannt ist oder sein müßte, daß dem nicht so ist, kann sich eine Schadensersatzpflicht der Konzernmutter für alle Gläubiger ergeben, die beim Zusammenbruch der Konzerntochter Verluste erleiden. Hier können wohl die Grundsätze herangezogen werden, die die Rechtsprechung des RG und später des BGH unter dem Gesichtspunkt Gläubigergefährdung, stille Geschäftsinhaberschaft, Aushöhlung, Kredittäuschung, Konkursverschleppung (RGZ 136 247 u. 293; BGHZ 10 228) für die Haftung einer Hausbank beim Zusammenbruch eines ihrer Kunden entwickelt hat. Denn es ist zumindest erwägenswert, ob nicht diese auf dem Kreditverhältnis zwischen Bank und Kunden aufbauende Rechtsprechung auch auf ein Beteiligungsverhältnis übertragen werden kann (vgl. Drobnig aaO. S. 66ff.; Rehbinder aaO. S. 311). V. Das Konzernrecht im RegE eines GmbH-Gesetzes 1. Grundsätzliches In den §§230—266 enthält der RegE eines GmbH-Gesetzes für die GmbH 52 eine eigene Regelung der Konzernverfassung. Sie schließt sich weitgehend an die aktienrechtliche Regelung an und hat gerade dieserhalb in der Reform-Erörterung zum Teil bittere Kritik erfahren. Diese Kritik betrifft einmal die Behandlung der Minderheitsgesellschafter im Vertragskonzern und zum anderen die Regelung des faktischen Konzerns, die trotz der strukturellen Besonderheiten der GmbH gegenüber der AG die als solche bereits stark kritisierte aktienrechdiche Regelung im Kern übernimmt. Dieser Kommentar ist nicht der Platz, um sich kritisch mit dem GmbH-Konzernrecht des RegE und seinen Beanstandungen auseinanderzusetzen; gewichtiger erschien es, das heute geltende und praktizierte GmbH-Konzernrecht einmal zusammenfassend darzustellen. Die vom RegE vorgeschlagene Konzernregelung wird deshalb nur in ihren Grundzügen dargestellt. An wesentlichen kritischen Stellungnahmen seien folgende Arbeiten angeführt: Arbeitskreis GmbH-Reform, Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform II, 1972, S. 45 ff. Beierstedt ZHR 135 400ff. und 494ff. Gessler DB 1971 29ff.und DB 1973 48 ff. Mertens DB 1970 813ff., 865ff. Pley er- Westermann-Lieser GmbH-Rdsch. 1970 Beilageheft 12 Rebbinder in GmbH-Reform 1970 S. 127 ff. (67)
§ 13 Anh.II
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
2. Vertragskonzern 53
Wie die §§291/92 AktG unterscheiden auch §§230/31 RegE zwischen dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag einerseits und anderen Unternehmensverträgen andererseits. Die Bestimmungen der §§232—238 über Abschluß, Änderung und Beendigung von Unternehmensverträgen entsprechen der aktienrechtlichen Regelung der §§ 293—299 mit der Maßgabe, daß eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung des herrschenden Unternehmens nicht erfordert wird (vgl. Rdn. 37). Hervorzuheben ist, daß § 232 Abs. 1 S. 2 für die Zustimmung zum Unternehmensvertrag eine 3/4 Mehrheit der abgegebenen Stimmen verlangt (vgl. Rdn. 36). Die Sicherung der Gesellschaft und ihrer Gläubiger in den § § 239—241 entspricht den aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 301—303; nur die Vorschrift des § 300 AktG über die Einstellung in die gesetzliche Rücklage ist entfallen, weil dem RegE eine gesetzliche Rücklage für die GmbH nicht bekannt ist. Als Sicherung der außenstehenden Gesellschafter bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen kennt § 242 lediglich einen Anspruch auf Ausscheiden gegen angemessene Barabfindung, die in einem dem § 306 AktG nachgebildeten Verfahren überprüft werden kann; einen Ausgleich durch eine Dividendengarantie gibt RegE genauso wenig wie eine Abfindung in Anteilsrechten des herrschenden Unternehmens, selbst wenn dieses eine nicht abhängige AG sein sollte. Die Vorschriften über die Leitungsmacht und Verantwortlichkeit bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags in § § 244 bis 246 RegE stimmen im Inhalt mit §§ 308—310 AktG überein, obwohl wegen des Strukturunterschieds zur AG der Beherrschungsvertrag nicht das aktienrechtliche Schwergewicht hat und ein isolierter Gewinnabführungsvertrag bei der GmbH etwas anderes ist als bei der AG (vgl. Rdn. 30, 44). Als gesteigerte Form des Vertragskonzerns übernimmt RegE in §§256—264 das Rechtsinstitut der Eingliederung, und zwar gemäß § 257 auch als Eingliederung in eine AG. Die Bestimmungen entsprechen denen der §§ 319—327 AktG mit der Maßgabe, daß eine Eingliederung durch Mehrheitsbeschluß nicht vorgesehen ist. Im geltenden Konzernrecht der GmbH gibt es diese Eingliederung nicht, weil es an einer gesetzlichen Grundlage fehlt und die §§ 319ff.AktG, die sogar eine KGaA von der Eingliederung ausschließen, auf eine GmbH im Wege der Analogie nicht übertragbar sind. 3. Faktischer Konzern
5k
Seine Regelung in den §§247 ff. RegE entspricht weitgehend der aktienrechtlichen Regelung der §§ 311 ff. §§ 247—254 verbieten grundsätzlich jede nachteilige Einflußnahme auf das abhängige Unternehmen und begründen einen besonderen Haftungstatbestand der Obergesellschaft und ihrer gesetzlichen Vertreter für trotzdem erfolgte nachteilige Einflußnahmen. Verbot und Haftung entfallen aber, wenn bis zum Geschäftsjahrende die Nachteile durch Vorteile ausgeglichen sind oder am Geschäftsjahrende ein Rechtsanspruch auf Ausgleich gewährt wird. Die Einhaltung dieser Bestimmungen soll wie im Aktienrecht durch einen von sachverständigen Prüfern zu prüfenden Abhängigkeitsbericht gesichert werden. Der Bericht entfällt bei der GmbH, wenn die Gesellschafter freie Einsicht in Bücher und Schriften der Gesellschaft haben oder die Gesellschafter schriftlich verzichten. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Abhängigkeitsberichts und der Berichterstattung über nachteilige Geschäfte oder Maßnahmen haften Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft den Gesellschaftern und den Gläubigern (§ 255). (68)
Die GmbH im Konzernverband (Barz)
§ 1 3 Anh.II
4. Sonstige konzernrechtliche Bestimmungen Der Erwerb und die Inpfandnahme von Geschäftsanteilen der Obergesellschaft 55 durch eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Gesellschaft (Rdn. 13—16) wird in § 57 Abs. 3—6 RegE dahin geregelt, daß nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile überhaupt nicht und voll eingezahlte Geschäftsanteile nur dann erworben oder in Pfand genommen werden können, wenn die herrschende Gesellschaft erwerben dürfte, und wenn außerdem der Erwerb durch das über das Stammkapital hinausgehende Vermögen der Untergesellschaft gedeckt wird. § 40 Abs. 2 RegE verbietet bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage die Übernahme neuer Geschäftsanteile durch ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen (vgl. Rdn. 17) und versagt in § 40 Abs. 1 S. 2 Gründern oder Zeichnern, die für Rechnung eines abhängigen oder in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens einen Geschäftsanteil übernommen haben, die Berufung darauf, daß dies nicht für eigene Rechnung geschah. Das Stimmrecht aus Geschäftsanteilen, die einem abhängigen Unternehmen oder einem Dritten für Rechnung eines abhängigen Unternehmens gehören (vgl. Rdn. 19ff.), kann nach § 82 Abs. 4 in der Gesellschafterversammlung des herrschenden Unternehmens nicht ausgeübt werden, wohl aber in Versammlungen anderer Gesellschaften, auch wenn das herrschende Unternehmen hier vom Stimmrecht ausgeschlossen wäre oder ist. § 85 Abs. 3 RegE erstreckt Auskunfts- und Einsichtsrechte von Gesellschaftern auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen (Rdn. 22). Sowohl für den aufgrund Gesellschaftsvertrag wie auch für den nach gesetzlicher Vorschrift zu bildenden Aufsichtsrat verbieten § § 9 9 Abs. 2 Z i f f . 2,112 Abs. 2 Z i f f . 2 die Mitgliedschaft eines gesetzlichen Vertreters eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens (vgl. Rdn. 23). § 126 RegE übernimmt die Vorschrift des § 117 AktG über die Schadenersatzpflicht bei Einflußnahme auf die Gesellschaft (vgl. Rdn. 24/25) und § 193 Abs. 2 die Vorschrift des § 243 Abs. 2 AktG über die Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, durch den ein Gesellschafter für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft erstrebt (vgl. Rdn. 26). Eine eigene Konzernrechnungslegungspflicht mit entsprechenden Publizitätsbestimmungen kennt der RegE nicht. Schließlich übernimmt RegE in §§ 265/66 die aktienrechtliche Regelung der wechselseitig beteiligten Unternehmen über die Mitteilungspflicht (§§ 20/21 AktG) und über die Beschränkung der Rechte aus der gegenseitigen Beteiligung (§ 328 AktG). Allerdings ist die Mitteilungspflicht des § 265 RegE auf die Aufdeckung wechselseitiger Beteiligungen von Kapitalgesellschaften beschränkt.
(69)
§ Ii
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter §14
Der Geschäftsanteil jedes Gesellschafters bestimmt sich nach dem Betrag der von ihm übernommenen Stammeinlage. Übersiebt Rdn. Einleitung
1
Reform
2
I. Der Geschäftsanteil 1. Inhalt und Bedeutung 2. Anteilscheine II. Mitgliedschaft 1. Arten von Mitgliedsrechten a) Verwaltungs- und Vermögensrechte b) Allgemeine Mitgliedsrechte und Vorzugsrechte
3 6
8 9
Rdn. c) Entziehbare und unentziehbare Rechte 2. Dritt- oder Gläubigerrechte 3. Rechtsgrundsätze für die Mitgliedschaft a) Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung b) Die gesellschaftliche Treupflicht . c) Das Gebot der guten Sitten. . . . 4. Die Übertragung einzelner Verwaltungsrechte
13 16
18 23 29 31
1
Einleitung. In § 14 erscheint erstmals der Begriff des Geschäftsanteils, während im Gründungsstadium in den §§ 3, 5, 7—9 von der Stammeinlage die Rede ist. § 14 verknüpft beide miteinander (Rdn. 3). In dieser Anordnung zeigt sich auch, daß der Geschäftsanteil erst mit der Eintragung der Gesellschaft, mit der Erlangung ihrer rechtlichen Selbständigkeit, entsteht. 2 Reform. Der RegE GmbHG verzichtet auf den Begriff der Stammeinlage und spricht deshalb schon im Gründungsstadium vom Geschäftsanteil. In Anlehnung an § 1 Abs. 2 AktG bestimmt er in § 1 Abs. 2 Satz 2, daß die GmbH ein in Geschäftsanteile zerlegtes Stammkapital hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile nicht nur — wie in § 5 Abs. 3 Satz 3 bestimmt — im Gründungsstadium, sondern auch später stets mit dem Nennbetrag des Stammkapitals übereinstimmen muß (Begr. S. 84). In § 1 Abs. 2 Satz 2 RegE ist weiter bestimmt, daß über die Geschäftsanteile auf den Inhaber lautende oder durch Indossament übertragbare Urkunden nicht ausgestellt werden können. Durch dieses ausdrückliche Verbot einer wertpapiermäßigen Verbriefung der Anteilsrechte, die dem geltenden Recht entspricht (Rdn. 6), soll ein grundlegender Unterschied zwischen GmbH und AG hervorgehoben werden (Begr. S. 84). I. Der Geschäftsanteil Schrifttum: Feine GmbH S. 269ff.; Schefer GmbH-Rdsch. 1961 81; Buchwald GmbH-Rdsch. 1962 25. 1. Inhalt und Bedeutung 3 § 14 enthält zwei Aussagen. Zunächst bestimmt er, daß der Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag bezeichnet wird, dessen Höhe dem Betrag der übernommenen (nicht der tatsächlich geleisteten) Stammeinlage entspricht (zum Sonderfall der unwirksamen Beitrittserklärung s. § 2, 78ff., 89f.). Diese Verknüpfung beider Beträge gilt jedoch nur für den Beginn der Gesellschaft. Später können die Beträge vonein(70)
Geschäftsanteil (Schilling)
§14
ander abweichen, sei es durch die Ein2iehung des Geschäftsanteils eines anderen Gesellschafters, sei es durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder durch eine Kapitalherabsetzung (s. die Erl. zu § 34, im Anh. zu § 57 und zu § 58). Inhalt des Geschäftsanteils ist die Mitgliedschaft, d. h. der Inbegriff der Rechte 4 und Pflichten des Gesellschafters (RG 82 169) gegenüber der Gesellschaft und den Mitgesellschaftern. Die Höhe des Geschäftsanteils bestimmt das Gewinnrecht (§29 Abs. 2), das Stimmrecht (§47 Abs. 2), den Anteil am Liquidationserlös (§ 72) und den Umfang der Verpflichtungen der §§ 24,26 Abs. 2, 31 Abs. 3. Der weitere Inhalt des § 14 ist demgemäß der, daß sich der Umfang der Mitgliedschaft grundsätzlich nach dem Beitrag zum Stammkapital richtet, den der Gesellschafter zu leisten versprochen hat. In der gesetzlichen Anlage zeigt sich hier ein grundsätzlicher Unterschied zur Personengesellschaft. Stimmrecht und Gewinnanteil richten sich dort nicht nach dem Kapitalanteil, sondern nach Köpfen, §§119 Abs. 2,121 Abs. 3 HGB, Vorschriften, die allerdings regelmäßig abgedungen werden (vgl. Allg. Einl. Rdn. 28—30). Bestimmt also der Nennbetrag des Geschäftsanteils den Umfang der Rechte und 5 Pflichten des Gesellschafters im Verhältnis zur Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern, so besagt er doch nichts über den Wert des Geschäftsanteils. Dieser wird vielmehr vom Wert des Gesellschaftsvermögens bestimmt und kann unter oder über dem Nennbetrag liegen. Die Höhe des Nennbetrags gibt nur eine relative Aus sage: Der Nennbetrag des Geschäftsanteils verhält sich zu seinem Wert wie der Nennbetrag des Stammkapitals zum Wert des Gesellschaftsvermögens. Der Geschäftsanteil vermittelt keinen unmittelbaren Anteil am Gesellschaftsvermögen. Dieses ist vielmehr dringlich der Gesellschaft kraft ihrer eigenen Rechtspersönlichkeit zugeordnet. Mittelbar und wirtschaftlich enthält aber der Geschäftsanteil einen Anteil am Gesellschaftsvermögen, der sich beim Ausscheiden (beim Verkauf des Geschäftsanteils oder bei seiner entgeltlichen Einziehung) und bei der Liquidation realisiert. Man kann deshalb diesen Inhalt des Geschäftsanteils ebenso wie beim Anteil an einer Personengesellschaft und bei der Aktie als Wertrecht (Huber Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts (1970) 165) oder Wertanteil (Würdinger Aktien- und Konzernrecht § 10 III l a ) bezeichnen. 2. Anteilscheine Ein wesentlicher Unterschied zwischen GmbH und AG ist die Fungibiütät des 6 Aktionärrechts, der Aktie (Allg. Einl. Rdn. 24, 25). Zum Zwecke der leichten Übertragbarkeit der Aktie werden über das Aktionärsrecht in aller Regel Urkunden, meistens in Nennbeträgen von 50 oder 100 DM ausgestellt, ebenfalls Aktien genannt. Auf Ausstellung und Aushändigung dieser Urkunden haben die Aktionäre Anspruch (.Meyer-Landrut GroßkomAktG § 10 Anm. 2). Anders bei der GmbH. Die Regel ist, daß der Geschäftsanteil unverbrieft bleibt, die Satzung kann aber die Ausstellung von Anteilscheinen vorsehen und die Geschäftsführung kann sie auch ohne Satzungsanordnung ausstellen. Es kann auch die Ausübung von Gesellschafterrechten wie der Empfang der Dividende oder das Stimmrecht von der Vorlage des Anteilscheins abhängig gemacht werden. Zum Unterschied von der Aktie ist der Anteilschein kein Wertpapier. Er kann 7 nicht an Order oder auf den Inhaber gestellt werden. Das Recht aus dem Papier folgt nicht dem Recht am Papier. Der Anteilschein ist nur eine Beweisurkunde. Die Satzung kann aber als weitere Voraussetzung i. S. des § 15 Abs. 5 die Wirksamkeit (71)
§14
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
der Abtretung an die Übergabe des Anteilscheins knüpfen. Dann hat der Erwerber des Geschäftsanteils einen Anspruch auf Aushändigung des Anteilscheins gegen den Veräußerer gemäß §§413, 402 BGB. Die Ausstellung von Teilanteilscheinen verstößt gegen die § § 5 Abs. 2 und 17 Abs. 5. Sie ist unzulässig und wirkungslos. II. Die Mitgliedschaft Schrifttum: Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949) S. 174; Balt^er Die gesellschaftliche Treupflicht im Recht der AG und GmbH, Diss. Freiburg (1967); Baumbach-Hueck Übersicht vor § 13; Bodenheimer Das Gleichheitsprinzip im Aktienrecht (1933); Enneccerus-Nipperdej Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts 15. Aufl. (1959/60) § 112; v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften (1967) S. 28 ff.; Fecbner Die Treubindungen des Aktionärs (1942); Feine S. 260; Fi/binger Die Schranken der Mehrheitsherrschaft im Aktienrecht und Konzernrecht (1942); R.Fischer Die Grenzen bei der Ausübung gesellschaftlicher Mitgliedschaftsrechte, N J W 19S4 779; ders. Fragen aus dem Recht der GmbH JZ 1956 363; Flechtheim in DüringerHachenburg Komm. z. HGB 3. Aufl. (1932) § 179 Anm. 7ff.; Geiler Die Konkretisierung des Rechtsgebots der guten Sitten im modernen Wirtschaftsrecht, Festschrift für Pinner (1932) und Beiträge zum modernen Recht (1933) S. 65; Gierke Die Genossenschaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung (1887) S. 174,258; ders. Deutsches Privatrecht (1895)1458; A.Hueck Recht der Generalversammlungsbeschlüsse und Aktienrechtsreform (1933); ders. Die Sittenwidrigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen in: Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben (1929) IV 168; ders. Der Treugedanke im modernen Privatrecht (1947) (Besprechung von J. v. Gierke in ZHR 111 1948 190 ff; G.Hueck Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht (1958); Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 261; Kisch Das Prinzip der Gleichbehandlung bei dem Versicherungsverein a.G., ArchfRphil. 201927 S.214; Konow Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der GmbH-Gesellschafter bei der Gewinnverteilung GmbHRdsch. 1973 121; Kühn Die Minderheitsrechte in der GmbH und ihre Reform (1964); Küster Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter, insbesondere des Stimmrechts im deutschen Gesellschaftsrecht (1954); Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen GmbH (1970); Meyer-Landrut GroßkomAktG § 1 Anm. 34—43; Ph. Möhring Die nachträgliche Vinkulierung der GmbH-Geschäftsanteile GmbH-Rdsch. 1963 201; Müller-Erbach Das private Recht der Mitgliedschaft als Prüfstein eines kausalen Rechtsdenkens (1950) 228 ff, 311 ff; Obermüller Die Minderheitenrechte in der GmbH DB 1967 1971; Kaiser Der Gleichheitsgrundsatz im Privatrecht ZHR 111 1948 75; Ritter Gleichmäßige Behandlung der Aktionäre JW 1934 3026; Rie^ler Das Rechtsgefühl (1946) S. 97ff; Rücker Die Entziehung von Sonderrechten eines GmbH-Gesellschafters wegen mißbräuchlicher Rechtsausübung Diss. München (1963); Schaudwet-Paul Die gegenseitigen Treubindungen der GmbHGesellschafter GmbH-Rdsch. 1970 5; Schilling Wandlungen des modernen Gesellschaftsrechts JZ 1953 489; G. Schmidt Einschränkung der freien Übertragbarkeit von Aktien oder Geschäftsanteilen durch Satzungsänderung DB 1955162; H. M. Schmidt Die gegenseitige Treupflicht der GmbH-Gesellschafter GmbH-Rdsch. 1960 137; Scholz> § 14 Anm. 7—16; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen (1970); Wieacker Zur rechtstheoretischen Präzisierung des §242 (1956, Bespr. v. Esser JZ 1956 555); Wiedemann Die nachträgliche Vinkulierung von Aktien und GmbH-Anteilen N J W 1964 282; ders. Unternehmensrecht und GmbH-Reform JZ (72)
Geschäftsanteil (Schilling)
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1970 595 ; ders. Unternehmerische Verantwortlichkeit und formale Unternehmens2iele in einer zukünftigen Unternehmensverfassung, Festschr. f. C. H. Barz (1974) S. 561; Wieland II 183; Weipert Verschmelzung und Umwandlung von Kapitalgesellschaften und allgemeine Mitgliedsrechte ZHR 110 1944 23; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964); Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963) 287. 1. Arten von Mitgliedsrechten a) Verwaltungs- und Vermögensrechte Der Art nach können die Mitgliedsrechte einmal eingeteilt werden in Verwal- g tungs- und Vermögensrechte {Flechtheim: Forderungs- und Gestaltungsrechte, Enneccerus-Nipperdey. Organschafts- und Wertrechte). Zu den Verwaltungsrechten zählen vor allem das Stimmrecht, femer die Minderheitsrechte der § § 50, 61 und 66 und das Recht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (Anhang zu § 47). Vermögensrechte sind das Recht auf Anteil am Gewinn und am Liquidationserlös. Eine Gesellschafterpflicht vermögensrechtlicher Art ist die Einlagepflicht. Pflichten organschaftlicher Art kennt das Gesetz nicht. Wohl aber kann sie die Satzung festlegen, die überhaupt über das Gesetz hinaus Rechte und Pflichten der Gesellschafter schaffen kann. Die Pflichten aus der Mitgliedschaft sind die im Gesetz und in der Satzung enthaltenen. Sie entspringen gleich den Rechten aus der Beteiligung. Eine Verwirkung der Rechte wegen Verletzung der Verpflichtungen kennt das Gesetz nur für den Fall der Säumnis der Einzahlung der Geldeinlage (§§ 21ff.).In den anderen Fällen ist nur eine Einziehung des Geschäftsanteils möglich (s. die Erl. zu § 34). Über Einführung von Pflichten oder Erhöhung derselben nach der Entstehung der Gesellschaft vgl. § 53 Abs. 3 und die Erl. hierzu. b) Allgemeine Mitgliedsrechte und Vorzugsrechte (Sonderrechte) Man unterscheidet ferner allgemeine Mitgliedsrechte und Vorzugsrechte. Jene 9 stehen allen Gesellschaftern zu, diese sind eine bevorzugte mitgliedschaftliche Rechtsstellung einzelner. Sie können nach dem auch hier geltenden § 35 BGB nicht ohne Zustimmung des Berechtigten beeinträchtigt, insbesondere entzogen werden. Ein Vorrecht, das in der Satzung als ohne Zustimmung des Berechtigten entziehbar verliehen wurde, ist kein Vorzugsrecht. Eine früher vertretene Meinung sah alle unentziehbaren Rechte, also auch solche, die allen Gesellschaftern gleichmäßig zustehen, als Sonderrechte an. Das mag darauf zurückgehen, daß Gierke den Ausdruck in einem anderen Sinne gebrauchte. Er verstand unter körperschaftlichen Sonderrechtsverhältnissen alle diejenigen Rechte und Pflichten, die sowohl der dem Gesamtwillen unterstehenden Sozialsphäre als auf Grund einer dem Körperschaftsrecht eigenartigen Verflechtung auch der körperschaftsfreien Individualsphäre (Sondersphäre des einzelnen Gesellschafters) angehören. Daneben stellte Gierke die Vorrechte einzelner Mitglieder. Die engere, auch hier vertretene Meinung, die als Sonderrechte nur die Vorzugsrechte ansieht, ist heute herrschend (BGH NJW 1969 131 ; MDR 1970 913; DB 1974 1857; Staudinger-Coing § 35 Anm. 4ff.; Steffen BGB-RGRK § 35 Rdn. 1). Der Standpunkt des Reichsgerichts war schwankend. Bald hat es Sonderrecht mit Vorrecht gleichgesetzt (RGZ 49 151; 104 256; 170 367), bald hat es einen weiteren Standpunkt eingenommen (RGZ 49 198; 57 174; 68 212; HRR 1929 1558; 1932 1287; RGZ 136 190). (73)
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Vorzugsrechte sind Mitgliedsrechte. Sie stehen dem Gesellschafter als solchem zu. Sie gehen daher mit der Veräußerung eines Geschäftsanteils auf den Erwerber über oder, wenn sie höchst persönlich sind, mit dem Verlust der Mitgliedschaft unter. Sie können einzelnen Gesellschaftern zustehen, oder einer Gruppe von Gesellschaftern, müssen aber immer ein Vorrecht gegenüber den anderen (jetzigen oder zukünftigen) Gesellschaftern oder Gruppen zum Inhalt haben. Uber Sondervorteile s. § 3,100 und § 5,147ff., über die Ausgabe von Vorzugsgeschäftsanteilen s. § 5, 137 ff., über Dritt- oder Gläubigerrechte s. Rdn. 16,17. Die Vorzugsrechte können Verwaltungsrechte sein, so ein erhöhtes Stimmrecht oder das Recht, Geschäftsführer zu sein oder einen solchen zu bestellen, oder Vermögensrechte, so auf erhöhten Anteil am Gewinn- und Liquidationserlös. Immer müssen sie in der Satzung begründet werden, entweder im ursprünglichen oder — unter Beachtung des Grundsatzes der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter (Rdn. 18) — durch Satzungsänderung (RGZ 170 358, 367; BGH NJW1969 131). Dabei ist die Aufnahme in die Satzung nicht allein entscheidend; ausschlaggebend ist, ob dadurch ein auf der Mitgliedschaft beruhendes Vorzugsrecht verliehen werden soll (RGZ 170 367). Das alles gilt auch für die Sonderpflichten. Sowenig Vorzugsrechte durch Mehrheitsbeschluß entzogen, können Sonderpflichten durch Mehrheitsbeschluß auferlegt werden (s. die Erl. zu § 53 Abs. 3). Über Nebenleistungspflichten s. § 3, 52ff., über Parallelrechte hierzu § 3, 70. 11 Die Ausübung des Vorzugsrechts, wie die aller Mitgliedsrechte, unterliegt dem Gebot der Treupflicht (Rdn. 23 ff.) und kann im Einzelfall Rechtsmißbrauch darstellen. Ebenso kann es im Einzelfall durch einen vom Gesetz statuierten, daher zwingenden wichtigen Grund beseitigt werden, so bei § 38 Abs. 2. Schließlich kann das Vorzugsrecht aus wichtigem Grund auch ganz entzogen werden (Rücker S. 90, Scholz S- 13, Wolanj S. 180, anders die Vorauf!. Anm. 18). Das ergibt sich aus der Zulässigkeit der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund (Anh. zu § 34). Wenn die Mitgliedschaft als Ganzes entzogen werden kann, so muß dies auch für Teile gelten. Die Entziehung des Vorzugsrechts kann auch nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit als milderes Mittel der Ausschließung vorgehen. So kann ein Gesellschafter als Geschäftsführer unzumutbar sein, als Gesellschafter aber zumutbar. Die Entziehung erfolgt durch satzungsändernden Gesellschafterbeschluß. Wegen des Vorliegens eines wichtigen Grundes bedarf es weder der Zustimmung des Betroffenen (Rdn. 12) noch hat er bei der Beschlußfassung ein Stimmrecht (s. die Erl. zu § 47). Eines gerichtlichen Gestaltungsurteils, das bei der Ausschließung wegen der Schwere des Eingriffs und des damit verbundenen Verlustes des Geschäftsanteils für erforderlich gehalten wird (BGHZ 9, 166; s. Anh. zu § 34), bedarf es hier nicht (a. M. Rücker S. 122). Andrerseits genügt auch nicht ein Gesellschafterbeschluß mit einfacher Mehrheit (so Scbol\ 13 und Wolanj S. 180) wie beim Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund nach § 38 Abs. 2. Durch diesen Widerruf wird nur die Bestellung beseitigt, das Vorzugsrecht bleibt bestehen (Rücker 118). Dieses wird durch die Satzung verliehen (Rdn. 10) und kann nur durch deren Änderung beseitigt werden. 12 Beschlüsse, welche in Vorzugsrechte ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes (Rdn. 11) eingreifen, sind unwirksam (RGZ 170 358, 368; BGHZ 15 177,181, BGH GmbH-Rdsch. 1962 212). Es bedarf keiner Anfechtung. Die Feststellung der Unwirksamkeit erfolgt im Wege der Feststellungsklage gegen die Gesellschaft (RG WarnRspr. 1918 Nr. 133). Der Gesellschafter kann sich auch des Einwandes der Ungültigkeit des Beschlusses ihm gegenüber bedienen. Fehlt es an der Zustimmung, so kann der Beschluß durch die nachträgliche Genehmigung gültig werden. Eines C74)
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erneuten Beschlusses bedarf es nicht. Solange die Erklärung des Vorzugsberechtigten aussteht, ist die Wirksamkeit des Beschlusses in der Schwebe (Hueck Recht der Generalversammlungsbeschlüsse S. 27; RGZ 136 189; Scholz 14). Die Ungewißheit kann durch eine Aufforderung der Gesellschaft beendet werden. Sie kann dem Vorzugsberechtigten eine Frist setzen. Schweigt er bis zum Ablauf, so gilt die Zustimmung als versagt (§ 108 Abs. 2, § 177 Abs. 2 BGB). Stimmt er in der Gesellschafterversammlung sofort gegen den Beschluß oder lehnt nachträglich die Genehmigung ab, so ist der Beschluß nicht mehr heilbar. Die Unwirksamkeit steht endgültig fest. Es gibg keine nachträgliche Zustimmung des Vorzugsberechtigten mehr. Es bedarf eines neuen Beschlusses. Hierbei ist kein Gesellschafter mehr an seine frühere Abstimmung gebunden. c) Entziehbare und unentziehbare Rechte Das GmbHG enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen darüber, ob die den 13 Gesellschaftern im Gesetz verliehenen Rechte entzogen oder beschränkt werden können oder ob sie unentziehbar und unbeschränkbar, verzichtbar oder unverzichtbar sind (s. Rdn. 14, 15). Jedenfalls kann eine Mitgliedschaft (ein Geschäftsanteil) nicht so sehr aller Rechte entkleidet werden, daß eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist (vgl. RGZ 167 65, 73). Das ergibt sich schon aus der zwingenden Natur der Minderheits- und Einzelrechte (Rdn. 14). BGHZ 14 264 (270, 273) zieht die Grenzen enger, indem er zwar den Ausschluß von Gewinn- und Stimmrecht zuläßt, nicht aber daneben auch den vom Liquidationserlös. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Gesetz in § 45 die Ausgestaltung der Rechte, welche den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zustehen, dem Gesellschaftsvertrag überläßt, also insoweit Vertragsfreiheit statuiert und daß auch einer Person, die ohne Stimmrecht und ohne Vermögensrechte, aber mit den unverzichtbaren Rechten (Rdn. 14) ausgestattet ist, die Qualität eines Gesellschafters nicht abgesprochen werden kann. Unverzichtbar (absolut unentziehbar) sind diejenigen Gesellschafterrechte, auf 14 die im voraus und allgemein nicht verzichtet, die also weder im Gründungsstatut noch später durch einstimmigen Satzungsänderungsbeschluß ausgeschlossen oder eingeschränkt werden können. Kraft ihrer Rechtsnatur halten sie auch der Gestaltungsfreiheit des § 45 stand. Es sind dies die Rechte, die dem Gesellschafter unabhängig davon, ob er allein oder zusammen mit andern die für Gesellschafterbeschlüsse erforderliche Mehrheit besitzt, die Teilnahme am Gesellschaftsleben gestatten (Rdn. 13). Das sind einmal die vom Gesetz selbst nur spärlich gegebenen Minderheitsrechte der §§ 50, 61 und 66. Es ist ferner das Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit und der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (Anhang zu § 47), auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung (s. die Erl. zu § 48), auf Auskunft und Einsicht von Unterlagen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (Kontrollrecht, s. die Erl. zu § 45) und schließlich das Austrittsrecht aus wichtigem Grund (Anh. zu § 34). Das gilt bezüglich der Rechte aus § 50 und auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung mit der Maßgabe, daß für sie auch die Wahrnehmung durch einen gemeinsamen Vertreter angeordnet werden kann (Rdn. 36). Unentziehbarkeit bedeutet im übrigen nicht Unübertragbarkeit (Rdn. 31 ff.). Auch die unentziehbaren Rechte sind übertragbar, soweit sie nicht zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehören (Rdn. 33). Von den unverzichtbaren sind die (relativ) unentziehbaren Mitgliedsrechte zu 15 unterscheiden. Sie können (nur) mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters entzogen werden. Das gilt zunächst für die Mitgliedschaft selbst (vgl. § 34), sodann (75)
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für die Grundmitgliedsrechte, nämlich das Stimmrecht, das Gewinnrecht und das Recht auf den Liquidationsanteil (vgl. BGHZ 14 264). Die Unentziehharkeit besteht aber nur im Sinne einer völligen Beseitigung dieser Rechte, z. B. beim Gewinnrecht durch Änderung des Erwerbszwecks in einen idealen (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB). Unter Wahrung der in Rdn. 18 ff. dargestellten Rechtsgrundsätze der Gleichbehandlung, der gesellschafdichen Treupflicht und der guten Sitten können auch die Grundmitgliedsrechte im einzelnen gestaltet werden. So kann z. B. das Recht auf Gewinnausschüttung (§ 29) durch satzungsändernden Mehrheitsbeschluß zugunsten der Rücklagenbildung beschränkt werden (vgl. die Erl. zu § 29). Die Unentziehbarkeit kann sich auch aus Inhalt und Zweck des Rechts ergeben, so beim Abandonrecht im Falle der unbeschränkten Nachschußpflicht (§ 27). Verlangt die Satzung für eine Maßnahme die Zustimmung aller Gesellschafter, z. B. für die Übertragung eines Geschäftsanteils, so ist in der Regel anzunehmen, daß diese Satzungsvorschrift auch nur mit Zustimmung aller Gesellschafter aufgehoben oder eingeschränkt werden darf. 2. Dritt- oder Gläubigerrechte Das sind alle Rechte des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, die ihm unabhängig von seiner Mitgliedschaft wie jedem Dritten zustehen, z. B. Ansprüche aus Kauf, Darlehen, Dienstvertrag. Der Gesellschafter ist hier Gläubiger aus einem Schuldverhältnis des Zivilrechts. Diese Rechte bilden keinen Bestandteil des Geschäftsanteils. Sie gehen ohne besondere Abtretung nicht mit dessen Übertragung auf den Erwerber über. Es gibt solche Rechte (und Pflichten), die mit dem Mitgliedschaftsverhältnis zusammenhängen. So, wenn die Gesellschafter als solche verpflichtet sind, der Gesellschaft Darlehen zu gewähren oder ihre Produkte zu verkaufen. Der auf Grund dieser Mitgliedsverpflichtung erfolgende Vertragsabschluß selbst gehört aber dem Gebiete des Schuldrechts an (§ 3, 62, 74ff.). Die hieraus entstehenden Rechte und Pflichten beider Teile sind nicht Bestandteil des Geschäftsanteils. Die Darlehnsforderung muß neben dem Geschäftsanteil übertragen werden. Ein Anspruch des Veräußerers auf Übernahme auch dieser Forderung an die Gesellschaft besteht gegenüber dem Erwerber des Geschäftsanteils nur, wenn dies vereinbart ist. Durch einen Gesellschafiterbeschluß kann über diese Rechte ohne Zustimmung des Berechtigten nicht verfügt werden (BGHZ 15 181). Möglich ist aber, daß der Gesellschaftsvertrag solche Beschlüsse vorsieht. Dann greifen sie in die Privatrechtsphäre des Gläubigers ein. Dieser hat bei der Entstehung seines Anspruchs ihn nur mit diesem Recht des Schuldners behaftet erworben. So, wenn im Gesellschaftsvertrag festgesetzt ist, daß die Zahlung für die statutarisch den Gesellschaftern obliegenden Leistungen durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafterversammlung hinausgeschoben werden darf. Einschränkungen der Rechte des Gläubiger-Gesellschafters können sich auch aus seinem Treueverhältnis zur Gesellschaft ergeben (§3, 74). 17 Hierher gehören auch Ansprüche, die sich von der Mitgliedschaft ablösen und selbständige Forderungsrechte werden, wie der nach Eintritt der gesetzlichen und statutarischen Bedingungen entstandene Dividendenanspruch des Gesellschafters und der anteilige Anspruch auf den Liquidationserlös gemäß § 72. Sondervorteile sind keine Gläubigerrechte (§5,149ff.). Scholz 9 unterscheidet je nach der Entstehung des Rechtes zwischen Drittgläubiger- und Gläubigerrechten. Als Gläubigerrechte bezeichnet er solche, die aus dem Gesellschaftsrecht entsprungen und zu einem Gläubigerrecht geworden sind, aber noch gesellschaftsrechtlichen Schranken (z. B. § 30) unterworfen sind. Drittgläubigerrechte sind für ihn Ansprüche aus Rechtsgeschäften, die ein Gesellschafter wie ein Dritter mit der Gesellschaft abgeschlossen hat. 16
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3) Rechtsgrundsätze für die Mitgliedschaft a) Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung (Gleichheitsgrundsatz) Bei dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags sind die Gesellschafter in der Ge- 18 staltung ihrer Rechte und Pflichten frei, soweit nicht zwingende Bestimmungen des Gesetzes (vgl. Rdn. 14) entgegenstehen. Sie können sie ungleich gestalten, einzelne Gesellschafter oder Gruppen von solchen bevorzugen, andere benachteiligen. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Vertragsfreiheit, das im GmbH-Recht herrscht ( § 45). Sobald aber die Gesellschaft entstanden ist und das gesellschaftliche Leben beginnt, besteht kraft des Mehrheitsprinzips und kraft der den Organen — Gesellschafterversammlung, Geschäftsführung, Aufsichtsrat — eingeräumten Rechte ein Machtverhältnis der Gesellschaft über den Gesellschafter und der Mehrheit über die Minderheit. Es ist ein sowohl dem privaten wie dem öffendichen Verbandsrecht (Staatsrecht) immanenter Grundsatz, daß der Machthaber die seinem Willen unterworfenen Personen gleichmäßig zu behandeln hat. Der Gleichheitsgrundsatz bedeutet damit auch eine wesentliche Schranke der Mehrheitsherrschafit. Er kommt auch in der einschlägigen Gesetzesbestimmungen zum Ausdruck, so daß er auch deshalb als allgemeiner Grundsatz zu erkennen ist, vgl. die §§19 Abs. 1, 24, 26 Abs. 2 und 3, 29 Abs. 2, 31 Abs. 3, 47 Abs. 2, 72. Alle diese Bestimmungen verlangen die gleiche Behandlung der Gesellschaften entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung. Es handelt sich also nicht um eine Gleichheit nach Köpfen, sondern nach den Nennbeträgen der Beteiligung. Das entspricht dem Charakter der Kapitalgesellschaft. Auch § 14 bringt dies zum Ausdruck, wenn er den Geschäftsanteil, also die Rechte und Pflichten der Gesellschafter nach dem Betrag der übernommenen Stammeinlage bestimmt. § 14 ist nach Feine (S. 260) die dispositive Generalregel, nach welcher Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Zweifel nach dem Verhältnis der von ihnen übernommenen Stammeinlagen zu bemessen oder zu verteilen sind. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist der Gleichheitsatz nicht herzuleiten, wie Ritter JW 1934 325 und Scholas 12 annehmen. Der Gleichheitsatz hat vielmehr neben dem Grundsatz von Treu und Glauben selbständigen Rang. Zur Geltung des Gleichheitsgrundsatzes äußern sich kritisch für das GmbH-Recht Konow, für das Aktienrecht Wiethölter Intetessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht (1961) S. 103, für beide Rechte v. Falkenhausen 30. Der Gleichheitsgrundsatz bedeutet Willkürverbot. Ungleiches darf ungleich 19 behandelt werden. So gilt der Grundsatz der Gleichmäßigkeit bei der Einforderung der Stammeinlage (§19 Abs. 1) nur, wenn alle Gesellschafter leistungsfähig sind. Sonst würde die Unfähigkeit des einen Gesellschafters die Nichtzahlung aller anderen nach sich ziehen (RGZ 149 293). Das würde wiederum dem Ziel des Gesetzes, die Schaffung und Erhaltung des Gesellschaftskapitals, widersprechen. Unerheblich ist, ob die Maßnahme sich bei den einzelnen Gesellschaftern, je nach ihren persönlichen (außerkörperschaftlichen) Verhältnissen, verschieden auswirkt (RGZ 68 212; Feine S. 277, Müller-Ersbach S. 75). Denn das Gesellschaftsverhältnis betrifft nur einen Teilbereich des Gesellschafters. Nur in diesem Bereich herrscht der Gleichheitssatz. Und nur soweit sich in ihm Unterschiede ergeben, können sie eine unterschiedliche Behandlung begründen. Ist der Grundsatz der Gleichbehandlung im Vermögensbereich verletzt, erhält 20 ein Gesellschafter unter gleichen Voraussetzungen und entsprechend seiner Kapitalbeteiligung mehr oder weniger als andere Gesellschafter, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor; s. dazu ausführlich Ballerstedt, dem sich der BGH in seinem Urteil vom 15. 5. 1972 (LM § 29 Nr. 2 = DB 1972 1575 = BB 1972 894) an(77)
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geschlossen hat. Die Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips gibt dem betroffenen Gesellschafter einen Anspruch auf Wiederherstellung der Gleichheit (zur Gesellschafterklage s. § 13, 8). Entweder müssen die begünstigten Gesellschafter die unberechtigten Vorteile an die Gesellschaft zurückgewähren oder diese hat dem benachteiligten Gesellschafter eine gleichartige Leistung zu erbringen ißallerstedt S. 175, BGH aaO). Ist weder das eine noch das andere rechtlich und tatsächlich möglich oder den Beteiligten zumutbar, so hat der Gesellschafter gegen die Gesellschaft einen Ausgleichsanspruch (BGH LM GenG § 18 Nr. 2 = DB 1960 978 = BB1960 880). Bei der Leistung an den Gesellschafter ist § 30 zu beachten. 21 Erfolgt der Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch einen Gesellschafterbeschluß, so ist dieser nicht (mangels Zustimmung des Betroffenen) unwirksam, sondern muß durch eine Anfechtungsklage (s. Anh. zu § 47) beseitigt werden (herrsch. M., RGZ 118 68; JW1927 29822; 1935 177610; Baumbach-Hueck Üb. vor § 13, 2C; Wolany S. 165; G. Hueck S. 311 m. weit. Nachw.; Zöllner S. 416; für das Aktienrecht u. a. Schilling GroßkomAktG § 243 Anm. 20, s. auch Anh. zu § 47). Lehnt die Gesellschafterversammlung einen Antrag des verletzten Gesellschafters auf Wiederherstellung der Gleichheit ab, so braucht der Gesellschafter picht anzufechten, um sich seinen Anspruch gegen die Gesellschaft zu erhalten (BGH LM § 29 Nr. 2, vgl. Rdn. 20). Die Meinung (von Schol% 14, Wiedemann GroßkomAktG § 179 Anm. 8 b, auch Fischer JZ 1956 363 neigt zu ihr), die Anfechtung erübrige sich, weil der Beschluß mangels Zustimmung des Betroffenen unwirksam sei, ist abzulehnen. Ein Beschluß ist nur dann unwirksam, wenn zur Abstimmung der Gesellschafter noch nach Gesetz oder Satzung ein weiteres Erfordernis hinzukommen muß und dieses fehlt (BGHZ 48 141,143). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Unwirksamkeit auf die Fälle zu beschränken, in denen das Gesetz oder die Satzung ausdrücklich die Zustimmung verlangt. Im übrigen ist von der Regel (auch die Nichtigkeitsfälle bilden eine Ausnahme) auszugehen, daß ein Gesellschafterbeschluß für die Gesellschaft Recht schafft. Fühlt sich ein Gesellschafter durch ihn ungleich behandelt, so muß er sich durch eine Anfechtungsklage wehren (s. auch Anh. zu § 47). Sonstige Einzelfalle 22
Die Festsetzung verschiedener Rabattsätze für verschiedene Mitgliedergruppen (eines Vereins) verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn sie alle Mitglieder gleichmäßig treffen kann und nach sachlich gerechtfertigten Gesichtspunkten vorgenommen ist (RG JW 1938 1329).32 Ändert eine Genossenschaft ihre Satzung dahin, daß bei bestimmten Lieferungen eine Preisermäßigung gewährt werden darf, so ist das zulässig, wei die Bestimmung allen Mitgliedern zugute kommen kann (RG HRR 1932 1287). Unbedenklich ist auch eine in der Satzung vorgesehene Verlosung (RGZ 120 180). Der Zufall gibt jedem die gleiche Chance. Zulässig ist eine Satzungsänderung, wonach Wettbewerber der Gesellschaft sich in der Gesellschafterversammlung durch Geschäftsführer oder Mitglieder des Aufsichtsrats vertreten lassen müssen (RGZ 80 389). Sie kann alle Gesellschafter gleichmäßig treffen. Gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt aber ein Beschluß, wonach Inhaber von Vorzugsaktien, falls sie ein von der Gesellschaft verlangtes Darlehen nicht gewähren wollen, nicht nur die bisherigen Vorzugsrechte verlieren, sondern auch in ihren allgemeinen Mitgliedsrechten gegenüber den Stamm-Aktionären verkürzt werden (RGZ 41 99, vgl. auch § 5,140f.). Die Verschmelzung zweier AG gegen Gewährung stimmrechtsloser Vorzugsaktien an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft, während die Aktionäre der übernehmenden ihr Stimmrecht behalten, bedarf wegen der darin (78)
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liegenden ungleichen Behandlung der Zustimmung aller Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft (Weipert ZHR110 (1943) 23 gegen von Godin D J 1939 1165 und Klausing AktZtschr. 1939 505). Denn der Gleichheitssatz gilt bei einer Verschmelzung nicht nur innerhalb jeder der beiden Gesellschaften, sondern bezüglich der nach der Verschmelzung bestehenden Mitgliedsrechte auch im Verhältnis der Aktionäre beider Gesellschafter, die ja in Zukunft Aktionäre derselben Gesellschaft sein werden. Das Prinzip der verhältnismäßigen Gleichbehandlung wirkt sich auch bei der Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung aus. Wenn für die Erhaltung der bisherigen Rechte oder den Erwerb von Vorzugsgeschäftsanteilen Zuzahlungen gefordert werden, so muß deren Höhe den erhaltenen oder neu zu erwerbenden Rechten entsprechen. Es ist deshalb nicht zulässig, daß die nicht zuzahlenden Aktionäre für je 2 Aktien eine erhalten, also 50% einbüßen, während nur eine Zuzahlung von 40% des Nennbetrages gefordert wird (RGZ 80 81). Bei der Liquidation der Gesellschaft darf eine Verteilung des Vermögens in Natur nur beschlossen werden, wenn sie gleichmäßig, d. h. den Nennbeträgen entsprechend, vorgenommen wird (RGZ 62 60). Soweit die vorstehenden Entscheidungen für denVerein, die Genossenschaft oder die Aktiengesellschaft ergangen sind, können sie auch für die GmbH Geltung beanspruchen. b) Die gesellschaftliche Treupflicht Die GmbH ist ein Personenverband, der in seiner typischen Erscheinungsform 23 personenbezogen und, was die Verbundenheit der Gesellschafter untereinander betrifft, der Personengesellschaft ähnlich ist, sodaß neben den Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern auch solche der Gesellschafter untereinander anzunehmen sind (Allg. Einl. 4,15, 31, § 13, 5—7). Das sich aus der persönlichen Verbundenheit ergebende und für den ungestörten Ablauf des Gesellschaftslebens notwendige Vertrauensverhältnis steigert die allgemein im Gesellschaftsrecht geltende Regel von Treu und Glauben zur Treupflicht zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern und der Gesellschafter untereinander. Daß sich Gesellschaft und Gesellschafter gegenseitig treupflichtig sind, ist heute weitgehend anerkannt (BGHZ9 157,163; 14 25, 38; Baumbacb-Hueck Üb. vor § 13, 2B; aus dem neueren Schrifttum: Wolany 103, Zöllner 335; Immenga 261, 271 m. weit. Nachw., Martens 119, Teichmann 168). Soweit Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander bejaht werden (§ 13, 6, 7), ergibt sich daraus auch ein Treupflichtverhältnis zwischen ihnen. Gegenstand der Treupflicht gegenüber der Gesellschaft sind die Interessen der 24 Gesamtheit der Gesellschafter und des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens. Die dem Gesellschafter geschuldete Treupflicht erstreckt und beschränkt sich auf dessen gesellschaftliche Interessen, auf seine Teilhabe an der Gesellschaft. Inhalt der Treupflicht ist es, diese Interessen zu wahren und zu fördern und damit auch deren Schädigung zu unterlassen. Das gilt insbesondere im Verhältnis der Mehrheit zur Minderheit. Die beschließende und entscheidende Mehrheit handelt organschaftlich für die Gesellschaft und ist damit auch für die Interessen der Minderheit verantwortlich (vgl. für die AG Schilling GroßkomAktG § 243 Anm. 18). Anders als bei der Kommanditgesellschaft und der Aktiengesellschaft ist die Gesamtheit der Gesellschafter zugleich oberstes Geschäftsführungsorgan, vgl. § § 37, 45 und die Erl. hierzu. Die in den Angelegenheiten der Geschäfsführung beschließende Mehrheit trifft damit auch eine entsprechende Sorgfaltspflicht, s. Rdn. 26. Für die Ausübung aller Mitgliedsrechte gelten die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Erforder(79)
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lichkeit (Zöllner S. 351). Mittel und Zweck dürfen nicht in einem Mißverhältnis stehen. Bei Eingriffen in die Rechte der Mitgesellschafter ist das schonendste Mittel anzuwenden, sie dürfen nicht über das Erforderliche hinausgehen. 25 Das Vorstehende gilt im Grundsatz auch für die Ausübung von Mitgliedsrechten durch den einzelnen Gesellschafter oder die Minderheit. Der Satz der Vorauflage (Anm. 26), der einzelne Gesellschafter brauche im allgemeinen seine eigenen Interessen nicht hinter die der Gesellschaft zurückzustellen, wird nicht aufrechterhalten. Richtig ist und entspricht dem in Rdn. 24 Ausgeführten, daß die Minderheit ihre gesellschaftlichen Interessen nicht hinter die der Mehrheit zurückzustellen braucht. So ist er auch in dem vom BGHZ 14 25 (38) entschiedenen Fall anzuwenden. Das dort von der Mehrheit vorgekehrte Gesellschaftsinteresse an der Abschaffung der in der Satzung vorgesehenen, dem Minderheitsschutz dienenden 9/10 Mehrheit für einen Satzungsänderungs- oder Auflösungsbeschluß war in Wahrheit das Mehrheitsinteresse. Treupflicht gegenüber der Gesellschaft bedeutet nicht Treupflicht gegenüber der Mehrheit (vgl. auch BGH GmbH-Rdsch. 1970 232). Aber den Interessen der Gesellschaft i. S. von Gesellschaftergesamtinteresse und Unternehmensinteresse (Rdn. 24) sind auch der einzelne Gesellschafter und die Minderheit verpflichtet. So darf ein Gesellschafter von dem ihm als Sonderrecht verliehenen Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat keinen das Gesellschaftsinteresse gefährdenden Gebrauch machen, z. B. durch Entsendung eines Wettbewerbers der Gesellschaft (RGZ 163 207). 26 Verstößt ein Gesellschafterbeschluß gegen die Treupflicht, so ist er wegen Verletzung des Gesetzes anfechtbar (s. Anh. zu § 47). Enthält der Beschluß eine Weisung an die Geschäftsführer in Angelegenheiten der Geschäftsführung, so ist darüberhinaus zu fragen, ob die beschließenden Gesellschafter für eine Sorgfaltspflichtverletzung entsprechend § 43 einzustehen haben. Die Frage wird meistens verneint mit der Begründung, eine Haftung des Gesellschafters für die Ausübung seines Stimmrechts sei dem geltenden Recht fremd. So will BGHZ 31 258, 278 eine Haftung nur aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 286 BGB herleiten. (Weitere Nachweise und Kritik bei Zöllner S. 426ff.). Dieser Satz kommt zwar noch in § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG zum Ausdruck, ist aber für das Konzernrecht in den §§311, 317, 318 AktG beseitigt worden. Diese Vorschriften gelten auch, wenn die Nachteilszufügung durch einen Hauptversammlungsbeschluß erfolgt (RegBegr. z. AktG 1965 bei Kropf S. 408). Während die Haftungsausschlußbestimmung des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG mit der Selbständigkeit des Vorstands in der Leitung der Gesellschaft (§76 AktG) korrespondiert, berücksichtigen die §§ 311ff.AktG dessen faktische Abhängigkeit von dem herrschenden Unternehmen. Die Geschäftsführer der GmbH sind nicht nur faktisch, sondern aufgrund der Bestimmungen der §§ 37, 45 auch rechtlich den Weisungen der Gesellschafter unterworfen. Eine Fortentwicklung des Gläubiger- und Minderheitschutzes im GmbH-Recht kann daher nicht in einer unveränderten Übernahme des § 117 AktG (so der RegEntw. in § 126) bestehen, sondern eher wegen der Abhängigkeit der Geschäftsführer in Anlehnung an die Haftungsbestimmungen des aktienrechtlichen Konzernrechts. Auch die Bestimmungen des § 309 Abs. 4 Satz 1 und 2 AktG über die Geltendmachung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft durch jeden Gesellschafter lassen sich für die GmbH verwerten, zumal hier die Gesellschafterklage (actio pro socio) allgemein für zulässig zu halten ist, § 13, 8. Das Gleiche gilt für § 317 Abs. 1 Satz 2 AktG (ebenso § 117 Abs. 1 Satz 2) hinsichtlich des weitergehenden Schadens der Gesellschafter. Die Berechtigung dieses Anspruchs läßt sich unmittelbar aus den zwischen der Gesellschaftern bestehenden Rechtsbeziehungen herleiten, die gegenseitig zur Treue verpflichten, § 13, 6, 7. (80)
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Die Haftung aus Treupflichtverletzung setzt Verschulden voraus, Vorsatz oder 27 Fahrlässigkeit, vgl. § 276 BGB. Überhaupt sind die schuldrechtlichen Bestimmungen des BGB entsprechend anwendbar. Für die Haftung aus einem Weisungsbeschluß ist entsprechend § 43 die Verletzung der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmanns zu verlangen. Dabei ist ein Spielraum unternehmerischen Ermessens einzuräumen, innerhalb dessen ein Verschulden ausscheidet. Auch ein ordentlicher Geschäftsmann kann und muß ein unternehmerisches Risiko eingehen, um eine unternehmerische Chance wahrzunehmen. Im Schrifttum wird eine Haftung für gesellschaftschädliche organschaftliche Weisungen auf der Grundlage einer Treupflichtverletzung bejaht von Wolany S. 114, Zöllner S. 322, AZ\,Immenga S. 267,278, 282 und Gmb-Rdsch. 1973 10f., Martens S. 119, Wiedemann JZ1970 595 undFestschr. Barz 568; a. M. für den Konzern: Bars^ § 13 Anh. II 25, 43, 45, 46. Dabei weist Immenga mit Recht auf die Verbindving von Leitungsbefugnis und Verantwortlichkeit hin. Wird die Gesellschaft durch eine Treupflichtverletzung geschädigt, so ist ihr der 28 Verletzer ersatzpflichtig. Das gleiche gilt für die Schädigung eines Gesellschafters, bei gleichzeitiger Schädigung der Gesellschaft jedoch nur, soweit er darüber hinaus geschädigt wurde (vgl. §§ 117 Abs. 1 Satz 2, 317 Abs. 1 Satz 2 AktG). Erwägenswert ist, auch einen anderweitigen angemessenen Ausgleich zuzulassen, in Anlehnung an den Rechtsgedanken, der in den §§ 243 Abs. 2 Satz 2, 304 und 311 AktG verwirklicht ist. Auch die in Rdn. 20 angeführte Entscheidung des BGH vom 15. 5. 1972 über die verschiedenen Ausgleichsmöglichkeiten bei einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz knüpft an diesen Rechtsgedanken an. c) Das Gebot der guten Sitten Das Gebot der guten Sitten (§ 138 BGB) gilt als allgemeine Rechtsregel für das 29 GmbH-Recht ebenso selbstverständlich wie das von Treu und Glauben. Seine Bedeutung als Maßstab gesellschaftsmäßigen Verhaltens ist aber durch die Ausbildung des Grundsatzes von Treu und Glauben und dessen Verdichtung zur Treupflicht (Rdn. 23) stark zurückgetreten. Schon Wieland (II 203) hat nachgewiesen, daß die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung des Reichsgerichts seit den 20er Jahren Grundsätze entwickelt hat, die richtiger unter das Gebot von Treu und Glauben als unter das der guten Sitten einzuordnen sind. So wenn es in RGZ 107 202 (204) ausgesprochen hat, der Gesellschafter leite seine Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag her, seine Befugnisse seien ihm als Gesellschafter verliehen, bei ihrer Ausübung habe er sich daher grundsätzlich von dem Interesse der Gesellschaft und nicht von außerhalb der Gesellschaft liegenden Sonderinteressen leiten zu lassen. Uber diese Entwicklung s. auch Zöllner § 27 II. Zum Sittenverstoß gehört ein Verhalten, das dem Handelnden zum sittlichen 30 Vorwurf gemacht werden kann (vgl. RGZ 150 1), ein Makel, der schwer nachzuweisen ist und vom Richter auch ungern ausgesprochen wird. Krass eigensüchtige Ausnutzung der Mehrheitsherrschaft, bewußte Hintansetzung des Wohles der Gesellschaft, bewußte Schädigung der Minderheit oder einzelner Gesellschafter gehören hierher. Regelmäßig liegt dann auch eine (grobe) Treupflichtverletzung vor, die sich in den Rechtsfolgen (Rdn. 26—28) von dem Verstoß gegen das Gebot der guten Sitten nicht unterscheidet. 4) Die Übertragung einzelner Vetwaltungsrechte Schrifttum: R. Fischer Die unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht in der GmbH, GmbH-Rdsch. 1952 113; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen (81)
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(1970) §§17—19; Schilling GroßkomHGB §161 Anm. 31—38; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965) § 12. 31 Die h. M. (s. BGHZ 43 261, 267; Fischer und Teichmann m. weit. Nachw, für die Kommanditgesellschaft s. auch die Nachw. bei Schilling aaO) verneint die Zulässigkeit der Übertragung einzelner Verwaltungsrechte, insbesondere des Stimmrechts, an Dritte, seien sie Gesellschafter oder Nichtgesellschafter. Begründet wird dies mit der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft, dem „Wesen" der GmbH, mit der Bindung des Stimmrechts an die Mitgliedschaft zur Fernhaltung gesellschaftsfremder Einflüsse oder mit dem Gebot der Selbstbestimmung. Diese Begründungen sind nicht überzeugend. Die Einheitlichkeit der Mitgliedschaft ist nicht berührt, denn das übertragene Recht bleibt an die Mitgliedschaft gebunden, Rdn. 35. Das Wesen der GmbH, wenn es überhaupt ein solches gibt, besteht darin, körperschaftlich organisierter Rechtsträger für jeden erlaubten wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Zweck zu sein. Es steht einer Übertragung einzelner Verwaltungsrechte nicht entgegen. Gesellschaftsfremden Einflüssen, d. h. Einflüssen von außen, ist jede Gesellschaft ausgesetzt. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie gesellschaftschädlich sind. Zu deren Abwehr hat die Rechtsordnung Mittel bereitzustellen wie etwa § 117 und die Konzernbestimmungen des Aktiengesetzes (vgl. Rdn. 25—28 und § 13 Anh. II). Der Gedanke der Selbstbestimmung verbietet einer Gesellschaft ebensowenig wie einer natürlichen Person, Einflüsse und Rechte Dritter anzuerkennen, ja sich wie im Konzernrecht in deren Abhängigkeit zu begeben. Wenn die Übertragung organschaftlicher Befugnisse (Geschäftsführung und Aufsichtsrat sowie deren Bestellung, Befugnisse der Gesellschafterversammlung, vgl. z. B. BGHZ 43 264; RGZ 137 308) an Nichtgesellschafter, wenn Stimmrechtsbindungsverträge (s. Erl. zu § 47) und gemeinsame Vertretung (Rdn. 36) zulässig sind, wie allgemein angenommen wird, so kann die Übertragung von Verwaltungsrechten durch den einzelnen Gesellschafter nicht unzulässig sein. Auch ein starkes wirtschaftliches Bedürfnis spricht für die Zulassung. Zu denken ist an den Niessbraucher, den Pfandgläubiger, den Sicherungsoder Treugeber, den Testamentsvollstrecker (vgl. OLG Hamm BB 1956 511) oder an die schenkweise Übertragung von Geschäftsanteilen an minderjährige Kinder, bei der sich der Schenker die Verwaltungsrechte vorbehalten will. 32
Es ist daher grundsätzlich als zulässig zu erachten, daß der einzelne Gesellschafter Verwaltungsrechte, besonders das Stimmrecht, an eine andere Person, auch an einen Nichtgesellschafter überträgt oder ihr zur Ausübung im eigenen Namen überläßt oder ihr unter Verzicht auf eigene Ausübung eine unwiderrufliche Vollmacht erteilt. Als übertragbare Rechte kommen in Frage das Stimmrecht, das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung und auf Einberufung einer solchen (§ 50 Abs. 1), das Antragsrecht nach § 50 Abs. 2, das Recht auf Auskunft und Einsicht (s. § 45, 21ff.) sowie das Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit und zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen. 33 Unverfügbar und unübertragbar bleibt ein Kernbereich der Mitgliedschaft, der es dem Gesellschafter selbst ermöglicht, sie gegen Eingriffe in seine Rechtstellung seitens der anderen Gesellschafter zu behaupten. An Gesellschafterbeschlüssen, insbesondere Satzungsänderungen, die solche Eingriffe zum Gegenstand haben, muß der Gesellschafterdaher selbst mitwirken. Soweit sie zustimmungspflichtig sind (Rdn. 9,12,15, § 35 BGB, § 53 Abs. 3), bedürfen sie seiner Zustimmung (vgl. BGHZ 20 368f.). Insoweit stehen ihm auch die Rechte aus § 50 und das Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung selbst zu. Das gleiche gilt für das Recht auf Auskunft und Einsicht und auf Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfech(82)
Geschäftsanteil (Schilling)
§14
tung des Gesellschafterbeschlusses. Zum unverfügbaren Kernbereich gehören schließlich die auf einen wichtigen Grund gestützten Rechte aus den §§61 und 66 sowie das Austrittsrecht. Gegenüber der Übertragung (Überlassung, Erteilung einer unwiderruflichen Vollmacht) einzelner Verwaltungsrechte müssen die Mitgesellschafter in derselben Weise geschützt sein wie gegenüber der Übertragung des Geschäftsanteils, also der ganzen Mitgliedschaft. Die Übertragung bedarf daher derselben Zustimmung wie sie die Satzung gemäß § 15 Abs. 5 für die Übertragung des Geschäftsanteils vorschreibt. Stellt die Satzung das Zustimmungserfordernis nur für die Übertragung eines Geschäftsanteils an Nichtgesellschafter auf, so ist die Übertragung einzelner Verwaltungsrechte an andere Gesellschafter frei. Ist die Übertragung von Geschäftsanteilen überhaupt frei, haben also die Gesellschafter von der Möglichkeit des § 15 Abs. 5 keinen Gebrauch gemacht, so gilt das auch für die Überlassung einzelner Verwaltungsrechte. Im übrigen unterliegt der Berechtigte bei der Ausübung der ihm übertragenen oder überlassenen Mitgliedsrechte denselben Rechtsgrundsätzen wie der Gesellschafter selbst (Rdn. 18—30), insbesondere der Treupflicht, sodaß die Mitgesellschafter gegen einen mißbräuchlichen und schädlichen Fremdeinfluß geschützt sind. Die Dauer der Übertragung (Überlassung, Vollmacht) richtet sich nach den vertraglichen Abmachungen zwischen dem Gesellschafter und dem Berechtigten. Sie besteht längstens für die Dauer der Mitgliedschaft des Gesellschafters, denn ihr Gegenstand — die einzelnen Verwaltungsrechte — ist mit dieser akzessorisch verbunden. Ob auch der Rechtsnachfolger des Gesellschafters an die Übertragung gebunden ist, hängt von den vertraglichen Abmachungen oder den Umständen ab. Immer kann die Übertragung usw. aus wichtigem Grund widerrufen werden. Eine besondere Erscheinungsform der Überlassung von Verwaltungsrechten ist der gemeinsame Vertreter. Die Einrichtung ist im Recht der Kommanditgesellschaft von Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt (BGHZ 46 291; Hueck ZHR 125 1963 1; Schilling GroßkommHGB § 161 Anm. 37). BGHZ 46 291 kennzeichnet die Vertreterklausel des Gesellschaftsvertrags als das Verbot, die Gesellschafterrechte persönlich wahrzunehmen, verbunden mit dem Gebot, die Rechte durch einen gemeinschaftlichen Vertreter einheitlich auszuüben. Im Gegensatz zur Entscheidung BGHZ 20 363 — mit der sich die spätere Entscheidung im 46. Band nicht auseinandersetzt — erblickt diese in der gemeinsamen Vertretung keine unzulässige Abspaltung, obwohl sie dort wie hier verdrängende, das Recht der Selbstwahrnehmung ausschließende Wirkung hat. Von dem hier vertretenen Standpunkt aus ist eine Satzungsbestimmung zulässig, wonach mehrere Gesellschafter, z. B. die Erben eines Gesellschafters nach der Teilung des Geschäftsanteils (vorher gilt § 18) sich durch einen gemeinsamen Vertreter vertreten lassen müssen. Es gilt dann das in Rdn. 33—35 Gesagte entsprechend, insbesondere Rdn. 33 über den unverfügbaren Kernbereich. In den Fällen des § 18 ergeben sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Mitberechtigten aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, Erbengemeinschaft, Bruchteilsgemeinschaft, BGB-Gesellschaft (s. die Erl. zu § 18). Ist die gemeinsame Vertretung durch die Satzung für die Inhaber mehrerer Geschäftsanteile angeordnet, so entstehen, falls die Satzung wie meist keine näheren Bestimmungen trifft, Zweifelsfragen. So, wie der gemeinsame Vertreter zu wählen und abzuberufen ist und ob und wie ihm Weisungen für die Ausübung der Verwaltungsrechte erteilt werden können. Dabei wird man nicht das Recht der BGB-Gesellschaft heranzuziehen haben, sondern das der GmbH. Für die Wahl und die Abberufung des (83)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
gemeinsamen Vetreters und für sonstige Abstimmungen der Vertretenen, insbesondere für Weisungen an den gemeinsamen Vertreter, gilt das für die Gesellschaft gültige Abstimmungsprinzip des Gesetzes (§47 Abs. 1 und 2) oder der Satzung. Der gemeinsame Vertreter ist, falls der Gesellschaftsvertrag nichts anderes anordnet, an die Weisungen der Vertretenen gebunden. Er ist verpflichtet, für jeden Gesellschafterbeschluß eine Weisung einzuholen. Kommt ein Weisungsbeschluß nicht zustande, so kann der Vertreter die Rechtsausübung unterlassen oder sie nach seinem pflichtgemäßen Ermessen vornehmen. In diesem Falle hat er wie ein weisungsfreier Vertreter zu handeln, d. h. er muß diejenige Entscheidung treffen, die die Interessen der Vertretenen mit denen der Gesellschaft am ehesten in Übereinstimmung bringt.
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
§15
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Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich. Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteile weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit. Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in gerichtlicher oder notarieller Form geschlossenen Vertrages. Der gerichtlichen oder notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
Übersicht Rdn.
Rdn.
Einleitung
1
Reform
2
b) Verpflichtung zur Abnahme . . 36 c) Rücknahmegarantie 37 d) Abtretung des Abtretungsanspruchs 38 e) Aufhebungsvertrag formfrei . . .41
I. Veräußerlichkeit und Vererblichkeit des Geschäftsanteils (Abs. 1) . . . . 1. Grundsatz der Übertragbarkeit
. .
3
2. Auschluß der Veräußerlichkeit
. .
4
3. Auschluß der Vererblichkeit? . . . a) Keine „Einziehung kraft Statuts" b) Andere Satzungsregeln für den Todesfall
7
4. Anteilserwerb durch Personenmehrheit
8
5
II. Der formbedürftige Verpflichtungsvertrag (Abs. 4) 1. Allgemeines 2. Nur Verträge formgebunden . . . 3. Die Verträge im einzelnen . . . . a) Verpflichtungsverträge jeder Art b) Gesellschaftsverträge c) Vorkaufsrechte d) Übernahmerechte e) Verträge über künftige Geschäftsanteile f) Verträge über Teile von Geschäftsanteilen g) Verträge über eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft h) Kein Formzwang für Verträge über sonstige Ansprüche . . . . 4. Inhalt des obligatorischen Vertrags a) Verpflichtung zur Abtretung . . (1)
9 10 14 18 26 29 30 31 32 33 34
5. Abtretungsverpflichtung muß Hauptverpflichtung sein a) Sonstige Verträge formfrei . . . b) Beispiele für Formfreiheit . . . c) Vorvertrag
42 43 47
6. Umfang des Formzwangs a) Der gesamte Vertrag bedarf der Form b) Vertragsänderungen c) Abtretungspflicht in sog. zusammengesetzten Verträgen . d) Angebot und Annahme . . . . e) Option
51 52 53
7. Abschlußvollmacht
54
8. Form a) Notarielle Beurkundung . . . . b) Beurkundung im Ausland . . . c) Folgen von Wahrung und Nichtwahrung 9. Die Heilung des Formmangels (Abs. 4 S. 2) . . . a) Durch wirksame Abtretung . . b) Fortwirkende Willensübereinstimmung notwendig c) Heilung nur der Formmängel . . d) Heilung des gesamten Vertrags . e) Keine Rückwirkung
48 50
57 59 60
61 66 67 69 71
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
10. Kein Formzwang für nachträgliche Vertragsänderungen III. Der formbedürftige Abtretungsvertrag (Abs. 3) 1. Allgemeines 2. Jede vertragliche Anteilsübertragung formgebunden a) Beispiele, Gegenbeispiele . . . b) Übergang kraft Gesetzes . . . . c) Gesamtrechtsnachfolge, Verschmelzung, Umwandlung . . . 3. Gegenstand der Abtretung a) Der Geschäftsanteil b) Abtretung künftiger Geschäftsanteile c) Bedingte Abtretung d) Formfreie Abtretung sonstiger Ansprüche e) Aufhebungsvertrag formbedürftig 4. Abtretung „durch einen Gesellschafter" 5. Form der Abtretung; Umfang des Formzwangs IV. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags (Abs. 5) 1. Zulässigkeit weiterer Abtretungsbeschränkungen a) Keine Geltung für Verpflichtungsgeschäfte b) Abtretungsbeschränkungen und Treuhand 2. Begründung nur in der Satzung a) Allgemeines b) Unterschiedliche Beschränkungen c) Auslegungsfragen d) Nachträgliche Abtretungsbeschränkung e) Nachträgliche Aufhebung der Beschränkung 3. Zustimmung der Gesellschaft a) Rechtsnatur der „Genehmigung"
72
73
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b) Erteilung 107 c) Gesellschafterbeschluß? . . . . 108 4. Sonstige Zustimmungsvorbehalte a) Zustimmung der Gesellschafterversammlung 111 b) Zustimmung der Gesellschafter 114 c) Zustimmung anderer Gesellschafttsorgane oder Dritter . . . 1 1 5 5. Die Versagung der Zustimmung a) Willkürliche Verweigerung . . 1 1 6 b) Anspruch auf Entschließung . . 117 c) Zustand vor Erteilung oder Versagung 118 d) Folgen der Erteilung oder Versagung 119 e) Anfechtung der Zustimmungserklärung 121 f) Absprachen für den Versagungsfall 122 6. Andere Abtretungserfordernisse a) Ubergabe des Anteilscheins . . 1 2 3 b) Eigenschaften oder Verpflichtungen des Erwerbers 125 c) Rechtsnatur solcher Bestimmungen 126 d) Vorkaufs- und Vorerwerbsrechte 127 V. Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung
95 96 97 99 100 101 102 103 104
1. 2. 3. 4.
Allgemeines S 1822 Nr. 3 B G B § 1822 Nr. 10 B G B §§ 1812, 1821 B G B
128 129 131 132
VI. Wirkungen der Abtretung 1. Übergang der Mitgliedschaft . . . 133 2. Kein Gutglaubensschutz? . . . . 135 3. Selbständigkeit der Geschäftsanteile (Abs. 2) 138 VII. Vereinigung von Geschäftsanteilen 1. Abs. 2 nicht zwingend 140 2. Unterschiedlich ausgestaltete Anteile 141 3. Durchführung, Wirkung 142
Schrifttum Siehe die Angaben vor den einzelnen Abschnitten. Einleitung j
Die Vorschrift enthält verschiedene Bestimmungen, die die Übertragung von Geschäftsanteilen betreffen. Sie regelt die grundsätzliche Übertragbarkeit (Ver(2)
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
§15
äußerlichkeit und Vererblichkeit) des Geschäftsanteils (Abs. 1), die Form des obligatorischen Vertrages, durch welchen die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird (Abs. 4), sowie die Form der Abtretung selbst (Abs. 3), sodann die Möglichkeit, die Abtretung durch den Gesellschaftsvertrag an weitere Voraussetzungen zu knüpfen (Abs. 5), und schließlich die Wirkung des Erwerbs eines Geschäftsanteils in einem bestimmten Falle (Abs. 2). Die Bestimmungen werden in dieser Reihenfolge, also abweichend von der Folge der Vorschriften im Gesetz, erläutert. Die Wirkung der Veräußerung und des Erwerbs eines Geschäftsanteils wird allgemein erörtert. Im Anhang werden Materien behandelt, die mit der Übertragung von Geschäftsanteilen inhaltlich zusammenhängen. Reform Der Regierungsentwurf regelt die in § 15 behandelte Materie richtigerweise 2 in verschiedenen Bestimmungen (§§ 51, 52, 53 Abs. 4 RegE). Die Übertragbarkeit des Geschäftsanteils, ihre Beschränkung und ebenso der Grundsatz der Selbständigkeit der Geschäftsanteile werden im wesentlichen vom geltenden Recht übernommen. Die Formerfordernisse für Verfügungen über Geschäftsanteile und für entsprechende Verpflichtungsgeschäfte bleiben bestehen und werden, bezüglich der Vollmacht und der Übertragung von Ansprüchen auf Abtretung eines Geschäftsanteils, ergänzt (kritisch zu dieser Konzeption Lutter in: Probleme der GmbH-Reform [1970] S. 84f.). Einzelne Streitfragen des geltenden Rechts werden im Entwurf durch ausdrückliche Regelung geklärt. I. Veräußerlichkeit und Vererblichkeit des Geschäftsanteils (Abs. 1) Schrifttum Barella Erbfolge bei GmbH-Gesellschaftern, GmbH-Rdsch. 1959 45; Becker Einziehung zwecks Ausschluß der Vererbung von Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 1941 243; Gesellschaftsanteil und Erbrecht, AcP 154 (1955)22; Ders. Das Verhältnis von Erbrecht und Gesellschaftsvertrag, JR 1955 173; Däubler Die Vererbung des Geschäftsanteils bei der GmbH in „Rechtsfragen der Handelsgesellschaften" Bd. 12 (1965); Finger Einziehung des Geschäftsanteils beim Tode eines Gesellschafters und Nachfolgeregelung, GmbH-Rdsch. 1975 97; Ders. Der Ausschluß von Abfindungsansprüchen bei der Nachfolge in Personengesellschaften beim Tod eines Gesellschafters, DB 1974 27; Fischer Das Recht der oHG als ergänzende Rechtsquelle zum GmbH-Gesetz, GmbH-Rdsch. 1953 131; Gessler Sicherung der Herrschaftsmacht bei Übertragung von Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 1974 202; Haegele Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen, Rechtspfleger 1969 186; Ders. Rechtsbeziehungen und Wechselwirkungen zwischen GmbH-Satzung und Gesellschaftertestament, GmbH-Rdsch. 1972 219; Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen (1973); Hueck Gesellschaftsvertrag und Erbrecht, DNotZ 1952 550; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970), insbes. §10 und S. 106; Knur Die Familiengesellschaft (1941) 108ff.; Landmann Zur Regelung der Gesellschafternachfolge in der Satzung einer GmbH, Diss. Bonn 1968; Lieb Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, GmbH-Rdsch. 1973 274; Model Letztwillige Verfügung und Gesellschaftsvertrag, (3)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
GmbH-Rdsch. 1959 6; Möbring Die nachträgliche Vinkulierung der GmbH-Anteile, GmbH-Rdsch. 1963 201; Neflin Mittel und Möglichkeiten gegen Überfremdung einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 22; Ohr Der Ausschluß der Abtretbarkeit von Geschäftsanteilen im Gesellschaf tsvertrag der GmbH, Diss. Mainz 1967; Reinicke Zur Kollision von Gesellschaftsrecht und Erbrecht, NJW 1957 561 ; Reuter Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen (1973); Schef er In welcher Weise kann die Satzung einer GmbH den Erwerb von Geschäftsanteilen durch Erbgang ausschließen oder beschränken? Diss. Mainz 1960; Ders. Sondererbfolge in den Geschäftsanteil? GmbH-Rdsch. 1960 203; Ders. Wie kann die Satzung einer GmbH die Vererbung von Geschäftsanteilen ausschließen? DB 1961 57; Ders. Kann die Satzung einer GmbH bestimmen, daß ein Geschäftsanteil beim Tod seines Inhabers untergehen soll? GmbH-Rdsch. 1961 7; Ders. Ausschluß der Vererbung von GmbH-Geschäftsanteilen? DB 1964 759; Schilling Regelung der Gesellschafternachfolge in der Satzung, GmbH-Rdsch. 1962 205; Schlüter Veräußerung und Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen als Formproblem, Festschr. f. Bartholomeyczik (1973) 359; G. Schmidt Einschränkung der freien Ubertragbarkeit von Aktien oder Geschäftsanteilen durch Satzungsänderung, DB 1955 162; F. Scholz Die Vererbung des GmbH-Anteils, JR 1955 331; Siebert Die Nachfolge von Todes wegen in die Mitgliedschaft des Gesellschafters einer oHG, NJW 1955 805; Siegelmann Die Erbfolge bei dem Einmann-Gesellschafter einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1956 118; Spindler Der unerwünschte Gesellschafter, GmbH-Rdsch. 1951 165; Steindorff Formvorschriften in Gesellschaftsverhältnissen, ZHR 129 21-^SudhoffDie Vererbung von GmbH-Anteilen, DB 19631109 ; Ders. Die Familien-GmbH, GmbH-Rdsch. 1973193 ; Töteberg Die Erbfolge in Geschäftsanteiljund Mitgliedschaft bei der GmbH, Diss. Göttingen 1955; Ulmer Gesellschafternachfolge undJErbrecht, ZGR1972195, 324; Vogel Zur Vererbung eines Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1971132; Wiedemann Die nachträgliche Vinkulierung von Aktien und GmbH-Anteilen, NJW 1964; Ders. Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965) vgl. auch das Schrifttum im Anhang vor Rdn. 99. 1. Grundsatz der Übertragbarkeit In Abs. 1 werden Veräußerlichkeit und Vererblichkeit der Anteilsrechte festgestellt. Sie werden, wie die Motive sagen, im Prinzip anerkannt, damit den Gesellschaftern für den Bedürfnisfall die Realisierung ihrer Anteilsrechte ermöglicht wird. Im Gegensatz dazu ist sowohl für den Verein (§ 38 BGB) wie für die Personengesellschaft (§§ 717, 719, 727 BGB, 105 Abs. 2, 131 Nr. 4 HGB) das dispositive Prinzip der Unveräußerlichkeit und Unvererblichkeit der Mitgliedschaft aufgestellt, dem freilich eine im Kern nicht abdingbare Möglichkeit zum Austritt bzw. zur Kündigung gegenübersteht. Andererseits kann die Veräußerlichkeit und Vererblichkeit der Aktie nicht ausgeschlossen werden. Ihre Verkehrsfähigkeit ist ihr wesentlich und dient als Ersatz für die bei der AG fehlende Austritts- oder Kündigungsmöglichkeit. Es handelt sich dabei nach allgemeiner Ansicht um einen unabdingbaren Grundsatz des Aktienrechts. (Vgl. statt aller Bar% Großkomm.AktG § 68, 2). Zwischen diesen gegensätzlichen Prinzipien steht die GmbH. Die Frage, ob Veräußerlichkeit und Vererblichkeit des Geschäftsanteils durch die Satzung ausgeschlossen werden können, ist sehr umstritten. Sie wird im folgenden behandelt. Einigkeit besteht im wesentlichen darüber, daß beide beschränkt und erschwert werden können. Das ist für die Veräußerlichkeit in Abs. 5 ausdrücklich gesagt. Für die Vererblichkeit ergibt es sich daraus, daß keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen. W
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
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2. Ausschluß der Veräußerlichkeit Die Satzung kann die Veräußerung von Geschäftsanteilen nicht nur (gemäß 4 Abs. 5) erschweren, sondern auch völlig ausschließen (RGZ 80 175, 179). Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen Veräußerlichkeit einerseits, Austritt oder Kündigung andererseits. Eine unlösbare Bindung in der Weise, daß ein Gesellschafter weder seinen Anteil veräußern, noch aus der Gesellschaft austreten kann, ist der Körperschaft wie der Gesellschaft fremd. Dieses allgemeine Prinzip muß auch für die GmbH gelten. Der gänzliche Ausschluß der Veräußerlichkeit von Geschäftsanteilen ist vertretbar, da nach zutreffender und jetzt herrschender Ansicht dem einzelnen Gesellschafter in diesem Falle, auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung, ein Austrittsrecht, ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund zusteht, wenn für ihn unter Berücksichtigung des Veräußerungsverbots und der sonstigen Umstände eine weitere Bindung an die Gesellschaft unzumutbar ist (Feine S. 370; Wieland IL 323; Scholz 42; Baumbach-Hueck 1 A; Fischer GmbH-Rdsch. 1953 135; Neflin GmbH-Rdsch. 1963 22; siehe auch oben § 3, 86, 98). Die Meinung entspricht der im Regierungsentwurf vorgesehenen Neuregelung (§51 Abs. 2, § 211 RegE). Eine andere Ansicht will einen völligen Ausschluß der Veräußerlichkeit nur dann zulassen, wenn die Satzung die Möglichkeit des Austritts, der Kündigung eröffnet (Brodmann 5a; 1Vogel 2; Vorauflage 2). Eine solche Abgrenzung verhilft jedoch dem auch von der Gegenmeinung gutgeheißenen Prinzip nicht zum Erfolg: Einerseits muß ein Ausschluß der Veräußerlichkeit nicht in jedem Falle zu einer „unlösbaren Bindung" führen, z. B. dann nicht, wenn die Dauer der Gesellschaft von vornherein begrenzt ist. Andererseits kann auch schon eine — nach Abs. 5 ohne Zweifel zulässige — Erschwerung der Veräußerlichkeit im Ergebnis zu einer unlösbaren Bindung führen. Wegen nachträglicher Beschränkung der Abtretbarkeit s. Rdn. 102. Zur Durchführung des Austrittsrechts siehe Anhang zu § 34.
3. Ausschluß der Vererblichkeit? a) Keine „Einziehung kraft Statuts" Die Frage, ob der Gesellschaftsvertrag die in § 15 Abs. 1 festgesetzte Vererblich- 5 keit der Geschäftsanteile ausschließen kann, ist in der Literatur umstritten. Die höchstrichterliche Judikatur hat sich in der Streitfrage bislang nicht geäußert, was als Anzeichen dafür gelten kann, daß die Frage in der Praxis, im Hinblick auf die meistens vorhandenen Nachfolgeregelungen (Anhang Rdn. 104) keine zu große Bedeutung hat. Eine Ansicht (Feine S. 370, 378; Schefer GmbH-Rdsch. 1961 9 und 57; DB 1964 759; Sudhoff DB 1963 1109; Vogel GmbH-Rdsch. 1971 132; Däubler S. 115 ff.; Finger GmbH-Rdsch. 1975 98; Vorauflage 3) hält Abs. 1 nicht für zwingend und bejaht die Zulässigkeit einer „Einziehung kraft Statuts auf den Todesfall", die bei einer entsprechenden Satzungsbestimmung den Geschäftsanteil beim Tod des Gesellschafters „automatisch" untergehen läßt, d. h. ohne einen Gesellschafterbeschluß oder eine Erklärung der Gesellschaft gegenüber den Erben. Diese Einziehung auf den Todesfall soll allerdings nur dann zulässig sein, wenn beim Tod des Gesellschafters die Einlage voll geleistet ist und wenn die Auszahlung einer Abfindung nicht gegen § 30 verstößt. Demgegenüber ist der herrschenden Ansicht zu folgen. Die vom Gesetz vor- 6 gesehene Vererblichkeit kann nicht durch eine „vorweggenommene" Einziehung beseitigt werden (Schol^ 11; Vogel 4; Baumbach-Hueck 1 A; Hueck DNotZ 1952 (5)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
556ff.; Knur S. 108ff.; Den. DNotZ 1954 554, 556; Töteberg S. 83ff.; Wiedemann 79, 93f.). Dabei kann dahinstehen, ob Abs. 1 schlechthin zwingend ist (so Brodmann 6f.; Wieland II 328; Wiedemann 93 m. w. N.). Entscheidend ist, daß ein Geschäftsanteil nur auf dem vom Gesetz gewiesenen Weg, also durch Einziehung, untergehen kann; diese Einziehung kann aber nicht „vorweggenommen", nicht für den Todesfall des Gesellschafters schon in der Satzung erklärt werden. Eine solche Vorwegnahme stünde mit dem Wesen der Einziehung in Widerspruch. Zwar ist nach geltendem Recht der in § 46 Nr. 4 vorgesehene Gesellschafterbeschluß nicht zwingend erforderlich (s. die Erl. zu § 34). Jedenfalls muß die Einziehung aber seitens der Gesellschaft dem betroffenen Gesellschafter erklärt werden. Diese Einziehungserklärung kann nicht bedingt oder befristet („für den Fall des Todes") abgegeben werden; es gilt hier nichts anderes als für andere Gestaltungserklärungen (Kündigung, Anfechtung; so zutreffend insbes. Knur DNotZ 1954 554, 556; RGZ 91 307, 308; RGZ 146 234, 239; OGHZ 3 250, 253; BGH LM Nr. 7 zu § 346 HGB (D)). Schon die Frage, ob die auch von der Gegenmeinung bejahten Voraussetzungen für die Wirksamkeit der statutarischen Einziehung beim Tod des Gesellschafters vorliegen (insbes. ob die Einziehungsabfindung nicht gegen § 30 verstößt), könnte zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Im übrigen — darauf weist Sudhoff aaO richtig hin — ist die statutarische Einziehungsfe/«g«/r (Rdn. 7) flexibler und daher praktikabler, als es die vorweggenommene und mit dem Tod des Gesellschafters automatisch eintretende Einziehung kraft Statuts sein könnte. — Die Reform schließt eine statutarische Einziehung auf den Todesfall aus, indem sie einen Gesellschafterbeschluß zur Wirksamkeitsvoraussetzung macht (§ 58 Abs. 4 RegE).
7
b) Andere Satzungsregelungen für den Todesfall Der Geschäftsanteil geht also durch den Tod des Gesellschafters in keinem Fall unter. Die Satzung kann jedoch Bestimmungen darüber treffen, wem der Anteil mit (oder nach) dem Tod des Gesellschafters zufällt; sie kann auch anordnen, daß die Gesellschaft befugt ist, den Geschäftsanteil gemäß § 34 einzuziehen, sobald die Voraussetzungen hierzu vorliegen, also die Einlage erbracht ist und bei entgeltlicher Einziehung die Abfindung aus'Überschüssen der Aktiven über Stammkapital und sonstige Passiven gezahlt werden kann. Es empfiehlt sich, dies in der Satzung ausdrücklich zu bestimmen. Möglicherweise kann der Gesellschaftsvertrag, wo ausdrückliche Bestimmungen fehlen, dahin ausgelegt werden (etwa in Fällen, wo die „Unvererblichkeit" der Anteile statuiert ist); vgl. zur Auslegung von Gesellschaftsverträgen § 2, 119ff.Über solche Nachfolgeregelungen und Einziehungsermächtigungen für den Todesfall siehe im einzelnen Anhang Rdn. 104ff.
4. Anteilserwerb durch Personenmehrheit 8
Geschäftsanteile können auch von mehreren Personen gemeinschaftlich erworben werden, und zwar unabhängig davon, ob die Erwerber eine Gemeinschaft zu Bruchteilen oder zur gesamten Hand bilden. Daß dies der Auffassung des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich schon aus § 18. Ein Erwerb durch eine Personenmehrheit ist sowohl kraft Gesetzes (Erbgang) als auch durch Rechtsgeschäft möglich. Vgl. dazu im einzelnen die Erläuterungen im Anhang sowie zu § 18; für die Beteiligung von Personenmehrheiten bei der Gründung siehe § 2, 65 ff.
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
§15
II. Der formbedürftige Verpflichtungsvertrag (Abs. 4) 1. Allgemeines Nach Abs. 4 bedarf „eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines 9 Gesellschafters 2ur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird" der notariellen Form. Diese Regelung des obligatorischen Vertrages wird, entgegen der im Gesetz beobachteten Reihenfolge, aus logischen und systematischen Gründen vor den Formerfordernissen für die Abtretung selbst behandelt. Die Vorschrift in Abs. 4 ist zwingendes Recht. Das Formerfordernis kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht beseitigt oder abgeschwächt werden. Meist werden obligatorischer Kausalvertrag und Übertragungsgeschäft in einer Urkunde abgeschlossen; dies bringt die Natur des Geschäftsanteils als unkörperliches Recht mit sich. Wo beide Rechtgeschäfte nicht uno actu erfolgen, gilt — wie die Absätze 3 und 4 klarstellen — das Formerfordernis grundsätzlich für das eine wie für das andere Rechtsgeschäft. Die Bestimmungen in Abs. 4 ähneln denen des § 313 BGB. Daher läßt sich die Rechtsprechung zu jener Vorschrift über die Formbedürftigkeit von Grundstücksgeschäften bei zahlreichen Auslegungsfragen der vorliegenden Bestimmung heranziehen, freilich mit der bei Analogieschlüssen stets gebotenen Vorsicht. — Die Vorschrift bezweckt in erster Linie, den formlosen Handel mit Geschäftsanteilen zu verhindern (BGHZ 13 49, 51 f.; BGH WM 1966 472, 1969 1257, 1258). Insbesondere sollen die Anteilsrechte nicht in den Börsenverkehr geraten, wie die Aktien, sie sollen nicht Gegenstand spekulativen Handels werden. Deshalb werden Veräußerung und Erwerb von Geschäftsanteilen mit Förmlichkeiten umgeben, welche die Kontrahenten zu reiflicher Überlegung veranlassen und vor übereiltem Handeln schützen sollen. Daneben dient die Form der Beweiserleichterung (RGZ 164 170). 2. Nur Vertrage formgebunden Abs. 4 verlangt die besondere Form nur für „Vereinbarungen", also Verträge. 10 Überall, wo die Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils aus einem anderen, gesetzlichen Rechtsverhältnis fließt, bedarf es daher der Form nicht (BGHZ 19 69, 70 f. m. w. N.). So kann durch Vermächtnis auch in einem eigenhändigen Testament, also ohne H die Formvorschrift des Abs. 4, dem Erben die obligatorische Verpflichtung auferlegt werden, einen Geschäftsanteil einem anderen abzutreten. Der Vermächtnisnehmer erwirbt durch den Erbfall das obligatorische Recht auf Abtretung (§ 2174 BGB; Anhang Rdn. 112). Dieselbe Bedeutung hat die Teilungsanordnung des Erblassers, der im Testament einem der Erben einen im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteil zuweist (§ 2048 Abs. 1 BGB). Keiner Form bedarf auch der Auseinandersetzungsplan des Testamentsvollstreckers (§ 2204 Abs. 2 BGB). Er stellt ihn kraft seines Amtes auf. Er hat die Erben nur über den Plan zu hören. Anstelle des obligatorischen Teilungsvertrages der Miterben tritt eine einseitige Willenserklärung. Sie ist kein Vertrag und § 15 Abs. 4 ist nicht anwendbar. Ein Beschluß, durch welchen eine Gesellschaft aufgelöst und dem Liquidator 12 aufgetragen wird, die zum Vermögen der Gesellschaft gehörigen Geschäftsanteile an einer GmbH unter die Gesellschafter zur Verteilung zu bringen, bedarf der hier vorgeschriebenen Form nicht. Auch er ist kein Vertrag. Bei der GmbH bedarf der Auflösungsbeschluß keiner besonderen Form (§ 60). Er erzeugt das obligatorische Recht jedes Gesellschafters auf anteilige Abtretung der im Besitze der Gesellschaft befindlichen Geschäftsanteile. (7)
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In allen Fällen, in denen — mangels Vertrags — die Abtretungsverpflichtung formfrei entsteht, muß jedoch das Erfüllungsgeschäft, also die Abtretung des Geschäftsanteils, gleichwohl in notarieller Form gemäß Abs. 3 erfolgen. Anders, wo sich der Rechtsübergang selbst ebenfalls nicht durch Vertrag vollzieht, sondern etwa durch Anwachsung (vgl. Rdn. 22). 3. Die Verträge im einzelnen
a) VerpflichtungsVerträge jeder Art Die Vereinbarung muß die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründen. Weitere Voraussetzungen für den Formzwang fordert Abs. 4 nicht. Erfaßt sind also nicht nur Kauf- und Tauschverträge, sondern Verpflichtungsverträge jeder Art. Auch ein Vergleich, in welchem sich ein Gesellschafter zur Abtretung eines Geschäftsanteils verpflichtet, bedarf der vorgeschriebenen Form. § 779 BGB entbindet von ihrer Beobachtung nicht (OLG Königsberg OLGR 38 191; doch reicht die Form des gerichtlich protokollierten Vergleichs aus, Rdn. 58). Ebenso ist einerlei, ob es sich um einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Verpflichtungsakt handelt. Auch für obligatorische Schenkungsverträge ist Abs. 4 erheblich, weil § 518 BGB nur die notarielle oder gerichtliche Beurkundung des Schenkungsversprechens, nicht des ganzen Vertrages verlangt. Die Beobachtung nur jener Bestimmung würde also nicht genügen, wenn ein Geschäftsanteil geschenkt werden soll (BGH GmbH-Rdsch. 1963 188f.). Formbedürftig ist auch die Übernahme der Verpflichtung, wahlweise neben anderen Leistungen einen Geschäftsanteil abzutreten (RG WarnErg. 6 142). 15 Auch wenn die Verpflichtung auf Abtretung an einen Dritten lautet, ist die Form zu wahren (RGZ 50 165). Dies trifft auch die Fälle, in denen sich der Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber hierzu verpflichtet (KG Bl. 10 31). So der Geschäftsführer für den Fall der Niederlegung seines Amtes. Dagegen fällt die Zusage, den Geschäftsanteil eines Dritten zu beschaffen, nicht unter die Formvorschrift (RG JW 1928 1562; OLG Hamburg OLGR 8 259; Bing JW 1928 2625). Hier soll nur eine Handlung des Dritten herbeigeführt werden. Wieder aber ist die Form zu wahren, wenn ein Nichtgesellschafter sich zur Abtretung eines Geschäftsanteils verpflichtet, für den Fall, daß er ihn erwirbt. Der Vertrag über die Abtretung eines fremden Geschäftsanteils kann nicht anders gestellt sein, als der über die des eigenen (RG Recht 1906 1007; Recht 1912 2993; RGZ 149 397; Scholz 26 )16 Eine Garantie für die Veräußerung eines Geschäftsanteils durch einen Gesellschafter an einen Dritten bedarf der in Abs. 4 vorgeschriebenen Form nicht. Sie verpflichtet den Garanten nicht zu einer Abtretung, sondern zu einem Einstehen für das Tun eines anderen. Wenn noch kein Vertrag vorliegt, so haftet der Garant dafür, daß er abgeschlossen, ist er schon vorhanden, dafür, daß er erfüllt wird. Nichtig ist aber die Garantie, wenn sie für die Erfüllung eines wegen Formmangels nichtigen Veräußerungsvertrags gegeben wird, es sei denn, daß die Garantie so gemeint ist, daß der Veräußerer trotz dieses Mangels leiste. Dann liegt wieder ein Einstehen für den künftigen Abschluß vor. Die Garantie für die Erfüllung eines gültigen Veräußerungsvertrags kann eine Bürgschaft für den Veräußerer sein. Dann bedarf sie der Schriftlichkeit (§ 766 BGB). 17 Gleichgültig ist es, ob der Vertrag nur die Verpflichtung des Gesellschafters zur Abtretung oder darüber hinaus auch die Verpflichtung des Vertragsteils zur Abnahme des Anteils enthält, solange es sich nur um einen Vertrag i. S. des § 305 BGB handelt (zur Abnahmeverpflichtung s. auch Rdn. 36). Formbedürftig ist daher
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Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilüng/Zutt) 2. B. auch die in einem Vertrag enthaltene einseitige Verpflichtung, einen Geschäftsanteil auf Verlangen des anderen abzutreten, der eine Verpflichtung zur Abnahme nicht gegenübersteht. Die Frage ist dann nur, in welcher Form das Verlangen auszuüben ist. Dieses Verlangen kann formlos gestellt werden. Denn die Verpflichtung zur Abtretung des Geschäftsanteils wird nicht durch jene Erklärung des Erwerbenden begründet, sondern durch den vorausgegangenen Vertrag. Anders verhält es sich, wenn kein Vertrag, sondern nur eine (in der Form des § 15 Abs. 4 abgegebene) Vertragsofferte vorliegt; sie muß, unter Beachtung der §§ 147ff. BGB und unter Wahrung der von Abs. 4 geforderten Form angenommen werden (RG LZ 6 760; KG GmbHZ 1912 9; BGH GmbH-Rdsch. 1963 188; vgl. Rdn. 52). b) Gesellschaftsverträge Wird durch einen Gesellschaftsvertrag die Verpflichtung zur Einbringung eines Geschäftsanteils begründet, so unterliegt er dem Formerfordernis des Abs. 4 (Petayldt GmbH-Rdsch. 1976 81; Scholas 26). Dabei ist es einerlei, ob die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, KGaA), in eine sonstige juristische Person (Stiftung etc.) oder in eine Personengesellschaft (oHG, KG, GbR) erfolgt. Über die Rechtslage bei der Umwandlung von Gesellschaften in andere Gesellschaftsformen siehe Rdn. 80 ff. Andererseits sind der Eintritt eines Gesellschafters in eine juristische Person oder eine Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein Geschäftsanteil gehört, und der auf einen solchen Eintritt gerichtete obligatorische Vertrag formfrei. Hier gilt nichts anderes als beim Eintritt in eine Gesellschaft, zu deren Vermögen ein Grundstück gehört (RGZ 82 160; BGH MDR 1957 733). Es liegt weder eine Veräußerung eines Geschäftsanteils noch eine Verpflichtung dazu vor. Entsprechend bedarf es der Form bei einer Verschmelzung zweier oHG nicht, wenn diejenige Gesellschaft, die die Gesellschafter der anderen in sich aufnimmt, Eigentümerin eines Geschäftsanteiles ist. Sind mehrere Personen nach Bruchteilen an einem Geschäftsanteil mitberechtigt, so ist die Verpflichtung der Beteiligten, diesen Anteil in eine von ihnen zu bildende Gesellschaft (zur gesamten Hand) einzubringen, eine formbedürftige Verpflichtung zur Abtretung (ebenso RGZ 56 96, 76 413 für Grundstücke). Eine solche Umwandlung in Gesamthandseigentum kann nur durch Veräußerung des Geschäftsanteils geschehen (vgl. v. Gamm RGRK vor § 705 BGB, 4). Streitig ist, ob die Form des § 15 auch dann zu wahren ist, wenn mehrere Mitberechtigte, denen der Geschäftsanteil bereits zur gesamten Hand gehört, sich verpflichten, diesen Anteil auf ein anderes Gesamthandsverhältnis zu übertragen, an denen dieselben Personen beteiligt sind. Wo die Identität der Gesellschaft erhalten bleibt (z. B. bei der Umwandlung einer oHG in eine KG durch Aufnahme eines Kommanditisten, oder beim Wechsel der Stellung eines Komplementärs in die eines Kommanditisten, ebenso bei der Umwandlung einer GbR in eine oHG durch Eintragung ins Handelsregister gemäß § 2 HGB), findet eine Vermögensübertragung nicht statt. Anders dagegen bei der Umwandlung einer Erbengemeinschaft in eine Personengesellschaft, auch wenn die Gesellschafter und ihre Anteile gleich bleiben (KG DR 1940 977; RGZ 136 402, 405; Hueck oHG S. 70 m. w. N.; Fischer DNotZ 1955 182; Ders. JZ 1956 362, 363; Pet^oldt GmbH-Rdsch. 1976 82; a. A. Ganssmüller DNotZ 1955 172; die abweichende Ansicht der Vorauflage Anm. 10 wird aufgegeben). Wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft (oHG, KG, GbR) die Gesellschaft derart beenden, daß einer oder mehrere von ihnen das Gesellschafts(9)
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vermögen übernehmen, und hierbei ein der Gesellschaft gehöriger GmbH-Geschäftsanteil dem oder den übernehmenden Gesellschaftern) verbleibt, während die übrigen Gesellschafter ausscheiden, so liegt in diesem Vorgang keine Veräußerung (Rdn. 45). Die ausscheidenden Gesellschafter geben vielmehr Rechte auf, die den verbleibenden Gesellschaftern kraft Gesetzes anwachsen. Dies gilt sowohl dann, wenn mehrere Gesellschafter als Eigentümer verbleiben, also ein Gesellschaftsverhältnis übrig bleibt, als auch — im Rahmen unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 142 HGB — wenn auf solche Weise nur ein Gesellschafter als Eigentümer verbleibt (RGZ 136 97, 99; für die Streitfrage, ob § 142 HGB bei einer GbR entsprechend Anwendung findet, vgl. BGHZ 32 307; BGH NJW 1966 827; BGH LM § 737 BGB Nr. 2). Daher ist eine Vereinbarung unter Gesellschaftern, die ein solches Ausscheiden von Gesellschaftern zum Inhalt hat, nicht der Form des § 15 Abs. 4 unterworfen. 23 Formbedürftig ist eine Auseinandersetzungsvereinbarung hingegen dann, wenn die Auseinandersetzung der Gesellschaft durch Realteilung vor sich gehen und dabei ein Geschäftsanteil auf einen der Gesellschafter fallen soll (ebenso Pet^oldt aaO. 83). Ebenfalls ist Formzwang gegeben, wenn eine Auseinandersetzungsvereinbarung dahin geht, daß ein Geschäftsanteil mehreren Gesellschaftern oder allen Gesellschaftern zu Bruchteilseigentum verbleiben oder wenn der Geschäftsanteil in realen Teilen unter die Gesellschafter geteilt werden soll. In allen diesen Fällen liegt ein obligatorischer, auf Veräußerung gerichteter Veräußerungsvertrag vor. Die Vorschrift des Abs. 4 ist zu beachten (Fischer JZ 1956 363; vgl. auch Schilling in Großkomm.HGB § 145, 17; Hueck oHG § 31 V 5; s. im übrigen Rdn. 77). 24 Dieselben Grundsätze kommen auch bei der sogenannten Innengesellschaft und ihrer Auseinandersetzung zur Anwendung. Bei der Innengesellschaft sind mehrere in der Weise an einem Geschäftsanteil beteiligt, daß nur der eine nach außen Inhaber des Geschäftsanteils ist, der Anteil also nicht selbst Gesellschaftsvermögen wird, sondern Gegenstand der Gesellschaft nur die Beteiligung an Gewinn und Verlust und an sonstigen vermögensrechtlichen Ansprüchen aus dem Geschäftsanteil ist (Unterbeteiligung; vgl. Anhang Rdn. 35ff.). Die Begründung einer solchen Innengesellschaft seitens des Anteilseigentümers und anderer Personen unterliegt nicht der Formvorschrift des Abs. 4 (RG LZ 1901225*; OLG Königsberg GmbHRdsch. 1918 18). Auch der Umstand, daß bei der Auseinandersetzung einer Innengesellschaft der Eigentümer des Geschäftsanteils u. U. zu einer Veräußerung des Anteils genötigt werden kann, begründet keinen Fomzwang (RG LZ 1915 1011). Es handelt sich dabei nur um eine gesetzliche Nebenwirkung. Zu beachten ist freilich, daß bei der Begründung einer Unterbeteiligung u. U. andere rechtliche Gesichtspunkte die Beachtung bestimmter Formvorschriften notwendig machen können (Anhang Rdn. 36). 25 Dagegen ist die Form des Abs. 4 dann zu wahren, wenn die Gesellschafter bei oder nach der Entstehung einer Innengesellschaft vereinbaren, daß alle oder einzelne Gesellschafter berechtigt sind, nach einer bestimmten Zeit oder bei der Auseinandersetzung die Übertragung von (Bruchteils-) Eigentum an dem Geschäftsanteil oder seine Überführung in Gesamthandseigentum zu fordern (RG JW 1906 401). Wird die Form in einem solchen Falle nicht gewahrt, so beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit davon die Innengesellschaft insgesamt berührt wird, nach § 139 BGB. 26
c) Vorkaufsrechte Solche Rechte oder sonstige Übernahmerechte (Rdn. 29) werden häufig vereinbart, um die Gesellschaft vor dem Eindringen außenstehender Personen zu flOl
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schützen, ohne andererseits die Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile auszuschließen oder zu beschränken (dazu Rdn. 4ff.). Die Begründung von Vorkaufsrechten unterliegt der Formvorschrift des 27 Abs. 4. Sie können einzelvertraglich oder im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Üblich ist ihre Festsetzung im Gesellschaftsvertrag zugunsten anderer Gesellschafter oder zugunsten der Gesellschaft. Aber auch zugunsten bestimmter oder von der Gesellschaft zu benennender Dritter kann ein Vorkaufsrecht in der Satzung oder sonst gemäß § 15 Abs. 4 bedungen werden. Ursprünglich waren die Meinungen darüber, ob die Begründung eines Vorkaufsrechts der Form bedarf, geteilt, da sie eine Verpflichtung zu veräußern noch nicht erzeugt. Im Anschluß an den Plenarbeschluß RGZ 72 385 (der das Vorkaufsrecht an einem Grundstück der Form des §313 BGB unterwarf) haben das Reichsgericht (JW 1916 575) und ihm folgend die Praxis das Formerfordernis auch hier bejaht. Ihre Ausübung richtet sich nach den §§ 504ff. BGB. Hierzu siehe Anhang. Durch die formgültige Vereinbarung des Vorkaufsrechts werden die Ver- 28 pflichtungen zur Abtretung und die Verpflichtungen des Erwerbers zur Gegenleistung im Fall der Ausübung bereits begründet. Die Mitteilung des verpflichteten Gesellschafters gemäß § 510 Abs. 1 BGB ist nur eine Anfrage, ob der Berechtigte das Recht ausübt. Diese Erklärung ist daher formfrei (soweit eine Form nicht im Vertrag vereinbart ist). Ebenso bedarf die „Annahme" dieses „Angebots", d. h. die Erklärung des Erwerbsberechtigten, daß er das Vorkaufsrecht ausübt, nicht der Form des § 15 Abs. 4 (RGZ 113 149; RG GmbH-Rdsch. 1918 216; OLG Breslau GmbH-Rdsch. 1917 219). Dagegen muß bei der Abtretung des Geschäftsanteils in Erfüllung eines Vorkaufsrechts Abs. 3 beachtet werden. — Zum Vorkaufsrecht und sonstigen Übernahmerechten siehe weiter Rdn. 85 (bedingte Abtretung), Rdn. 95 ff. (Abtretungsvoraussetzungen), sowie Anhang Rdn. 28 ff. (schuldrechtliche Einzelheiten), Rdn. 88ff. (Übernahmerechte im Fall der Pfändung) und Rdn. 104ff. (testamentarisches Erwerbsrecht). d) Übernahmerechte Zulässig, aber der Formvorschrift des Abs. 4 unterworfen, sind schließlich auch 29 sonstige Rechte zur Übernahme eines Geschäftsanteils unter bestimmten Bedingungen (BGH WM 1967 950 = BB 1967 977; BB 19691242). Solche Rechte können zu Gunsten eines Gesellschafters, der Gesellschaft oder eines Dritten vereinbart werden (vgl. § 3, 66 mwN). Meist wird ihre Ausübung vom Ablauf einer bestimmten Zeit oder vom Eintritt oder Ausfall eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht, z. B. vom Tod eines Gesellschafters, von einer Kündigung der Gesellschaft o. ä. Vielfach finden sich Übernahmerechte der Gesellschafter auch für den Fall vereinbart, daß ein Gesellschafter seinen Anteil zu veräußern beabsichtigt (sog. Vorerwerbsrecht). Vom Vorkaufsrecht (Rdn. 27) unterscheidet sich dieses Vorerwerbsrecht darin, daß es nicht nur durch einen Verkauf, sondern auch durch sonstige auf Veräußerung gerichtete Verträge des Verpflichteten ausgelöst werden kann (Schenkung, Tausch), sowie darin, daß der Berechtigte nicht in die Bedingungen des Drittkaufs eintritt, sondern daß die Übernahmebedingungen selbständig festgelegt werden. Begrifflich stehen diese Vorerwerbsrechte den Ankaufsrechten nahe, die ein Erwerbsrecht und/oder eine Abnahmeverpflichtung zum Inhalt haben (RGZ 49 141). Die Begründung solcher Rechte unterliegt der Formvorschrift des Abs. 4. Meist erfolgt sie im Gesellschaftsvertrag. Sind die Übernahmebedingungen vereinbart, so erfolgen die Ausübungserklärung des Berechtigten und die Erklärung
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des Verpflichteten, zur Abtretung bereit zu sein, formfrei. Es gilt hier nichts anderes als beim Vorkaufsrecht (BGH aaO.; RGZ 113 147). Die Abtretung selbst muß auch hier gemäß Abs. 3 erfolgen. Siehe auch die Verweisungen in Rdn. 28 a. E.
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e) Verträge über künftige Geschäftsanteile Zulässig, aber den Formerfordernissen des Abs. 4 unterliegend, sind obligatorische Verträge, die auf die Abtretung künftiger Geschäftsanteile gerichtet sind, also vor der Entstehung dieser Geschäftsanteile, d. h. vor der Eintragung der Gesellschaft oder vor einer Kapitalerhöhung abgeschlossen werden (BGHZ 21 242, 245; 21 378, 383; 29 300, 303; ebenso schon RGZ 74 357; 87 246; 149 397; Scholz 3). Solche Verträge sind bestimmt, ihre Wirkung in der Zeit nach der Gründung der Gesellschaft bzw. nach Durchführung der Kapitalerhöhung zu äußern (so auch Verträge auf Abtretung sämtlicher künftiger Geschäftsanteile einer in Gründung befindlichen GmbH). Zu unterscheiden von solchen Verträgen sind die Fälle, in denen während des Gründungsstadiums ein Gesellschafter ausscheidet und ein Dritter an seine Stelle tritt. Hier liegt eine Abänderung des Gründungsvertrages vor. Sie ist nur mit Zustimmung aller Beteiligten in der in § 2 vorgeschriebenen Form zulässig (§2,13; BGHZ 29 aaO.; KG OLGR 40 194). f) Verträge über Teile von Geschäftsanteilen Das Gesetz spricht nur von Geschäftsanteilen. Die Vorschrift betrifft aber auch obligatorische Übertragungsverträge über Teile von Geschäftsanteilen. Denn auch durch Abtretung eines Teiles des Geschäftsanteils wird eine Mitgliedschaft übertragen. Besitzt ein Gesellschafter mehrere Geschäftsanteile, so bedarf es bei der Zusage der Abtretung eines Teils seiner Beteiligung keiner Angabe, von welchem Geschäftsanteil dieser genommen werden soll, sofern nicht die mehreren Geschäftsanteile verschiedener Art sind. Anders bei der Abtretung selbst (Rdn. 75). Desgleichen gilt das Formerfordernis für die Verpflichtung zur Übertragung einer Mitberechtigung an einem Geschäftsanteil gem. § 747 S. 1 BGB; vgl. § 18, 4. g) Verträge über eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft Auch dann ist die Form zu beobachten, wenn die Gesellschaft sich verpflichtet, eigene Geschäftsanteile (§ 35 Abs. 2) zu veräußern {Scholz 33). Der Grund der Formvorschrift trifft hier ebenfalls zu (RG JW 1907 37021; RG DJZ 1909 82; RG LZ 1916 809). Dasselbe gilt umgekehrt, wenn die Gesellschaft Erwerber sein soll (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1915 385; RGZ 93 326). Auch die Zusage der Gesellschafter, der Gesellschaft zur Sanierung bestimmte Teile ihrer Geschäftsanteile abzutreten, bedarf daher der Form. h) Kein Formzwang für Verträge über sonstige Ansprüche Dagegen findet die Vorschrift keine Anwendung auf Verträge, welche zur Abtretung der aus der Mitgliedschaft fließenden vermögensrechtlichen Ansprüche verpflichten (z. B. Ansprüche auf Gewinnbezug, Abfindungsguthaben oder auf Entgelt für Nebenleistungen gem. § 3 Abs. 2; RG LZ 1915 1011; vgl. Rdn. 86). — Über die Zession des Abtretungsanspruchs siehe Rdn. 38. (12)
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4. Inhalt des obligatorischen Vertrags a) Verpflichtung zur Abtretung Die Verpflichtung zur Abtretung muß durch den Vertrag begründet werden, 34 damit die Formvorschrift des Abs. 4 Platz greift. Sie braucht jedoch nicht ausdrücklich erklärt zu sein (vgl. z. B. OLG Karlsruhe BadRspr. 1919 50). Die Übertragung der „gesamten Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft" hat das Reichsgericht (Recht 1907 1899) als Übertragung des Geschäftsanteils angesehen. Bei der Veräußerung einer Sachgesamtheit (Handelsgeschäft, Erbschaft oder Erbteil, Konkursmasse usw.) bedarf es nicht der besonderen Hervorhebung des Geschäftsanteils. Man würde sonst den Begriff der Sachgesamtheit wieder aufheben. Nur für die Übertragung selbst ist der Einzelakt notwendig. Es ist auch nicht erforderlich, daß sich der Inhalt des Vertrages ausschließlich aus der Urkunde ergibt. Der notarielle Vertrag untersteht den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen. Umstände außerhalb der Urkunde dürfen zu ihrer Auslegung herangezogen werden. Allerdings müssen die wesentlichen Bestandteile aus der Urkunde selbst 35 ersichtlich sein (BGH NJW 1969 132; WP 1974 847 zu § 313 BGB; RGZ 58 217; 62 382). Es muß daher insbesondere der Geschäftsanteil, der übertragen werden soll, hinreichend bestimmt sein, falls er nicht in einer Sachgesamtheit enthalten ist. Es ist nicht zulässig, dieses Moment aus anderen Tatsachen zu ergänzen; etwa aus Briefen oder aus Gesprächen. Das Reichsgericht (RGZ 57 261) verlangt für die Bürgschaft die Angabe der Schuld, für die gebürgt werden soll; dasselbe Prinzip führt zu der hier vertretenen Ansicht. In der Regel wird der Geschäftsanteil aus der Person des Gesellschafters bestimmt werden. Unbedingt erforderlich ist dies nicht. Es kann auch dem Erwerber einerlei sein, wessen Geschäftsanteil er empfängt. Dann liegt eine Gattungsschuld vor. In der Regel wird auch der Nennbetrag des Geschäftsanteils zu bezeichnen sein. Zulässig ist es aber auch, die Abnahmepflicht nach der Wahl des Veräußerers zu begrenzen. Es genügt, daß überhaupt eine ziffernmäßige Grenze gegeben ist. So, wenn der Käufer zusagt, nach Bestimmung des Verkäufers Anteile bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zu übernehmen. Ist nichts gesagt, so können doch die Umstände des Falles die Grenze liefern. Es kann der ganze Geschäftsanteil des Veräußerers als Höchstbetrag gewollt sein. — Dagegen muß bei der Abtretung selbst der Geschäftsanteil bestimmt sein (Rdn. 75). b) Verpflichtung zur Abnahme Ein Vertrag, durch welchen sich jemand zur Abnahme von Geschäftsanteilen 36 verpflichtet, fällt dann unter die Vorschrift, wenn er auch die Verpflichtung des Vertragspartners zur Abtretung als selbstverständlich voraussetzt. Zweifelhafter liegt der Fall, wenn nach dem Vertrag der eine Teil zwar zur Abnahme, der andere Teil aber nicht zur Abtretung verpflichtet sein soll, und wenn eine solche Abtretungsverpflichtung auch nicht etwa durch eine Erklärung des Abnahmepflichtigen entsteht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, der die herrschende Meinung gefolgt ist, fallen alle solche Verträge, welche auf Verpflichtung zur Abnahme von Geschäftsanteilen gerichtet sind, unter die FormVorschrift des § 15 Abs. 4, auch wenn sie dem Gesellschafter freie Hand lassen, zu veräußern oder zu behalten (RG JW1903 11; 1905 92«; 1907 487; RGZ 57 60; 76 310; 82 353; 102 63; 127 71; Brodmann 3a; Scholz 27> Baumbach-Hueck 4 C; a. A. Ernst Fuchs JW 1911 201, LZ 1911 70228 und 837; Vorauflage 15). Der Formzwang besteht auch dann, wenn die Abnahmeverpflichtung gegenüber der Gesellschaft (RG JW 1930 37418, (13)
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dazu Bing JW 1931 296711) oder gegenüber einem Dritten (RGZ 149 397) eingegangen wird. Die abweichende Ansicht der Vorauflage 15 wird aufgegeben. Der herrschenden Meinung ist darin zu folgen, daß der Gesellschafter mit seiner Entschließung, die Abnahme zu fordern, auch selbst verpflichtet wird, den Geschäftsanteil zu übertragen. Letztlich handelt es sich also auch bei der reinen Abnahmeverpflichtung um einen Vertrag auf Anteilsübertragung. Daher kann in solchen Fällen, nach Vertragsschluss, das Verlangen auf Abnahme des Anteils formlos gestellt werden. 37
c) Rücknahmegarantie Aus der gleichen Erwägung bedarf die Zusage des Veräußerers, den Geschäftsanteil zurückzunehmen (insbesondere im Zusammenhang mit einer Garantie für bestimmte Eigenschaften des Anteils) der Form des Abs. 4 und ist ohne Beobachtung dieser Form unwirksam (RGZ 76 306; Scholz 31; a. A. Vorauflage 15; vgl. aber RGZ 82 350 und dazu Rdn. 44). Ebenso ist die Zusage eines Gläubigers, vom Schuldner einen Geschäftsanteil an Zahlungs Statt entgegenzunehmen, ohne Beobachtung der Form nichtig (RG Recht 1910 2084f.).
d) Abtretung des Abtretungsanspruchs Nach wie vor ist die Frage umstritten, ob der Anspruch auf Abtretung eines Geschäftsanteils, nachdem er wirksam begründet worden ist, formlos weiter übertragen werden kann. Die herrschende Ansicht hat, im Anschluß an die Judikatur des Reichsgerichts die Formfreiheit bejaht (RGZ 80 99, 103; JW 1912 110913; RG WarnErg. 10 Nr. 94; Scholz 30 c; Vogel 5; Vorauflage 15 a). Sie kann sich auf den Wortlaut des Gesetzes stützen: Abs. 4 unterstellt dem Formzwang nur Verträge, die einen Übertragungsanspruch begründen; Abs. 3 betrifft nicht die Zession eines Abtretungsanspruchs, sondern die des Anteils. Die gegenteilige Meinung (Kormann LZ 1912 640ff.; Lenel DJZ 1913 883; Frankel 171; Blum JW 1913 511; BaumbachHueck 4C; neuerdings Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 44) beruft sich auf den gesetzgeberischen Zweck der Abs. 3 und 4, den spekulativen Handel mit GmbHAnteilen zu verhindern (Rdn. 9), dem die Zulassung formfreier Übertragung von Abtretungsansprüchen zuwiderlaufe. Der BGH konnte in der Entscheidung BGHZ 19 69ff. wegen der besonderen Fallgestaltung die allgemeine Frage offenlassen; den Gründen dieser Entscheidung ist indessen zu entnehmen, daß der II. Senat eben im Hinblick auf den Gesetzeszweck dazu neigt, den Formzwang in der Regel zu bejahen (vgl. die Anm. von Fischer zu der Entscheidung in LM Nr. 3 zu § 15). Die GmbH-Reform beabsichtigt, die Formbedürftigkeit ausdrücklich festzustellen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 RegE). 39 Die in der Vorauflage vertretene Auffassung, wonach die Übertragung einmal begründeter Abtretungsansprüche formfrei erfolgen kann, wird im Grundsatz aufrecht erhalten. Der Gesetzestext gestattet die formfreie Zession zweifellos; dies wird auch von der abweichenden Auffassung nicht anders gesehen. Es ist Fischer aaO. und Ganssmüller aaO. recht zu geben, daß diese im Gesetz eröffnete Möglichkeit nicht zu einer Umgehung des Gesetzeszwecks führen darf. Zweck des Gesetzes ist die Verhinderung formlosen Handels mit Geschäftsanteilen. Wo also eine Umgehung dieses Zwecks der Formvorschrift vorliegt, ist eine Berufung auf die formale Zulässigkeit formfreier Zession ausgeschlossen. Dies kann aber nicht dazu führen, die Übertragung des Abtretungsanspruchs entgegen dem Wortlaut des Gesetzes ganz allgemein dem Formzwang zu unterwerfen (so aber Ganssmüller aaO.). Man darf nicht
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übersehen, daß die Zession des Abtretungsanspruchs als solche in ihren Wirkungen hinter dem obligatorischen Vertrag auf Abtretung des Geschäftsanteils oder gar der Übertragung des Geschäftsanteils zurückbleibt, diese Rechtsgeschäfte also in der Regel keineswegs wirtschaftlich ersetzen kann (auf die — subjektive — Umgehungsabsieht kommt es allerdings nach h. M. nicht an, vgl. Enneccerus-Nipperdey § 190 III 3). Die Übertragung des Abtretungsanspruchs ist also in der Regel formfrei. Anders ist dies nur dann, wenn sie, nach den gesamten Umständen des Einzelfalls, der Umgehung des Gesetzeszwecks dient, also geeignet ist, den Anteil wirtschaftlich zu übertragen, ohne der Form des § 15 zu genügen (vgl. auch RGZ 53 268; 111 300 zur Abtretung des Anspruchs auf Auflassung). Formfrei ist danach z. B. die Übertragung des gegen den Treuhänder gerich- 40 teten Abtretungsanspruchs auf einen Dritten, um den Treuhänder zu wechseln (BGHZ19 69; vgl. auch Rdn. 97). Formfrei ist eine solche Abtretung aber auch dann, wenn, ohne eine solche besondere Fallgestaltung, die Abmachungen zeigen, daß es nicht darum geht, den Geschäftsanteil zum Objekt eines formlosen „unbegrenzten" Handels zu machen. Dagegen ist eine formfreie Übertragung des Abtretungsanspruchs als Umgehung der Formvorschrift unzulässig und daher unwirksam, wenn nach der Vertragsgestaltung die Übertragung des Abtretungsanspruchs wirtschaftlich der Übertragung des Anteils gleichkommt. Formgebunden ist die Zession daher vornehmlich dann, wenn sich der zedierte Abtretungsanspruch gegen einen Treuhänder richtet und die Zession dem Wechsel des Treugebers dient. Die dabei entstehenden Abgrenzungsschwierigkeiten werden nicht verkannt; sie sind jedoch bei der von Ganssmüller und Fischer vertretenen Ansicht noch erheblicher (wie bereits die Gründe der Entscheidung BGHZ 19 69 ff. zeigen). Die Klarstellung in § 52 Abs. 2 Satz 1 RegE ist de lege ferenda zu begrüßen. — Über den formlosen Verkauf von Geschäftsanteilen mittels unwiderruflicher Vollmacht vgl. unten Rdn. 54ff. e) Aufhebungsvertrag formfrei Das Abkommen, durch welches ein obligatorischer Vertrag auf Abtretung 41 eines Geschäftsanteils aufgehoben wird, bedarf der Form nicht (Scholz 32). Es genügen auch schlüssige Handlungen (RG BayZ 1 154). Ist aber die Abtretung einmal selbst in gehöriger Weise erfolgt, so bedarf der Vertrag auf Rückgängigmachung dieser Abtretung und selbstverständlich auch die Rückabtretung selbst der Form (Rdn. 90). Nicht an die Form gebunden ist auch die Erklärung eines vorbehaltenen Rücktritts (RG JW 1905 171). Ebenso sind die Verpflichtung, einen Geschäftsanteil innerhalb einer bestimmten Zeit nicht zu verkaufen, und die Verpflichtung, einem anderen das Recht des Alleinverkaufs zu bestellen, formlos wirksam (RG Holdheim 14 112; RG DJZ 1905 266). Die hier zitierten Urteile sind für Grundstücke und in Anwendung des § 313 BGB ergangen. Das Prinzip ist dasselbe; vgl. auch Schol^ 26 a. E. 5. Abtretungspflicht muß eigentlicher Vertragsgegenstand sein a) Sonstige Verträge formfrei Die Verpflichtung zur Abtretung muß den eigentlichen Gegenstand der Ver- 42 einbarung bilden. Andere Verträge, deren Durchführung — mittelbar — zu einer (gesetzlich begründeten) Abtretungsverpflichtung führt, fallen nicht unter den Formzwang (BGHZ 19 69, 70). Die Formvorschrift soll ja nur den Handel mit (15)
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Geschäftsanteilen erschweren. Sie kann sich nur auf die Fälle erstrecken, in denen speziell dieser den Gegenstand des Geschäfts bildet. Immer bedarf die Abtretung selbst der Form des § 15 Abs. 3 (RG HRR 1937 653). b) Beispiele für Formfreiheit So kann der Auftrag, einen Geschäftsanteil, sei es unmittelbar durch Übernahme von der Gesellschaft (insbes. bei der sog. Strohmanngründung, § 2, 49 ff.) oder durch Zession in eigenem Namen, aber für fremde Rechnung zu erwerben, formlos erteilt und übernommen werden (BGHZ 19 69, 70; BGH WM 1971 306f.; RGZ 124 375; RG HRR 1937 653; Scholz 28; Brodmann 3b). Der formlos Beauftragte ist, nachdem er den Auftrag ausgeführt hat, verpflichtet, dem Auftraggeber den Anteil, in der Form des Abs. 3, abzutreten. Dieser ist verpflichtet, ihn abzunehmen (vgl. RG Recht 1912 3146). Es ist einerlei, ob hier eine Geschäftsbesorgung oder ein unentgeltlicher Auftrag vorliegt. Zur Stellung des Treuhänders siehe weiter Rdn. 40, 97 und Anhang Rdn. 51 ff. Ebenso ist der Vetäußerungsauftrag formfrei. Auch die Verkaufskommission verpflichtet den Kommittenten, den durch den Kommissionär im eigenen Namen getätigten Verkauf des Geschäftsanteils gutzuheißen oder unmittelbar mit dem Käufer zu vollziehen. Dagegen ist die Verpflichtung, die Tätigkeit eines Gründungsmaklers oder eine andere Vertragsleistung durch Überlassung von Geschäftsanteilen zu vergüten, nur gültig, wenn der Vertrag nicht notariell beurkundet ist. Denn hier ist der Vertrag auf Abtretung des Geschäftsanteils (als Vergütung) gerichtet. Dem Vertragspartner wird in diesem Falle nur durch § 653 BGB, eventuell durch § 812 BGB zu helfen sein. 44 Keiner Form bedarf es in den Fällen, in denen die der einen Partei obliegende Leistung bei Vertragsschluß noch nicht bestimmt ist und sich erst durch spätere Ereignisse als Abtretung eines Geschäftsanteils herausstellt. So wenn als Vergütung für eine Arbeitsleistung eine Quote dessen vereinbart wird, was der andere Teil von dritter Seite erhält und sich später ergibt, daß der Vertragspartner einen Geschäftsanteil erhalten hat. Aus dem gleichen Grund ist die Abrede formlos wirksam, sich an einer von einem anderen zu gründenden Gesellschaft, deren Rechtsform noch nicht feststeht, sondern ins Belieben des anderen gestellt ist, mit einem vereinbarten Betrag zu beteiligen, auch wenn der andere dann die Rechtsform der GmbH wählt. Anders ist die Rechtslage, wenn die Gründung der GmbH und der Erwerb eines Geschäftsanteils derselben Gegenstand der Abrede bildete. Aus demselben Grunde, weil der Vertrag nicht auf die Abtretung des Geschäftsanteils gerichtet ist, ist ein Vertrag formlos wirksam, in welchem der eine Teil dem anderen zusagt, für allen Schaden aufzukommen, der dem anderen durch den Erwerb eines Geschäftsanteils entsteht, obgleich ein solcher Vertrag zur Folge haben kann, daß, wenn die Beteiligung bei der Gesellschaft zu Schaden führt, der eine Vertragspartner dem anderen das eingezahlte Geld erstatten, der andere ihm dafür aber den Geschäftsanteil abtreten muß (§ 249 BGB; ebenso RGZ 82 350; RG Holdheim 24 222; vgl. aber oben Rdn. 37 für den Fall, daß die Garantie unmittelbar auf Rücknahme geht). 45 Wenn im Gesellschaftsvertrag einer offenen Handelsgesellschaft, in deren Vermögen sich ein GmbH-Geschäftsanteil befindet, das Recht eines Gesellschafters oder eines Dritten statuiert ist, das Geschäft mit Aktiven und Passiven zu übernehmen, so kann nicht verlangt werden, daß im Hinblick auf das Vorhandensein eines Geschäftsanteils der ganze Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet werde. Ebenso bedarf die Erklärung des hiernach berechtigten Gesellschafters, daß er das 43
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Übernahmerecht ausübt, nicht der Form des Abs. 3. Diese Erklärung begründet keine Abtretungsverpflichtung, sondern bewirkt die Vermögensänderung (die sich durch Anwachsung vollzieht; Rdn. 22). Ebenso kann aufgrund eines Gesellschaftsvertrags, in welchem sich die Gesellschafter verpflichten, alles, was einer von ihnen in Betätigung der Gesellschaftsgeschäfte erzielen würde, zu teilen, auf Abtretung derjenigen Geschäftsanteile einer GmbH geklagt werden, welche ein Gesellschafter hierbei erzielt hat. Nur darf die Gesellschaft nicht von Anfang an auf den Erwerb und die Teilung eines Geschäftsanteils gerichtet sein. Die Übertragung eines Geschäftsanteils bildet endlich auch nicht den eigent- 46 liehen Gegenstand des Vertrags bei der Bürgschaft für eine Schuld, zu deren Sicherheit dem Gläubiger ein Geschäftsanteil übereignet ist. Mit der Zahlung der verbürgten Summe geht diese Sicherheit in der Weise auf den Bürgen über, daß er einen Anspruch auf Übertragung des Anteils seitens des Gläubigers erwirkt (entsprechend §§ 774, 412, 401 BGB; RGZ 89 193, 195; 91 227, 280; BGHZ 42 53, 56). Der notariellen Form bedarf die Bürgschaft deshalb aber nicht. Nur die Abtretung ist in der Form zu vollziehen. Wird ein Geschäftsanteil nur zur Sicherung oder zu Treuhandzwecken übertragen, so besteht, sobald sich der Sicherungszweck erledigt oder das Treuhandverhältnis erlischt, eine Verpflichtung zur Rückübertragung des Geschäftsanteils. Auch diese Verpflichtung bedarf zu ihrer Begründung nicht der notariellen Form. Sie beruht auf Gesetz, vgl. darüber Anhang Rdn. 52. c) Vorvertrag Eine Vereinbarung, durch die die Verpflichtung zum Abschluß eines obligato- 47 rischen Abtretungsvertrags begründet wird, ist formbedürftig. Anderenfalls würde der Zweck der Formvorschrift für den Verpflichtungsvertrag vereitelt. Es ist unerheblich, daß der Vorvertrag nicht unmittelbar auf die Abtretung des Geschäftsanteils gerichtet ist (vgl. Enneccerus-Nipperdej § 162 IV 1). 6. Umfang des Formzwanges a) Der gesamte Vertrag bedarf der Form Begründet die Vereinbarung die Verpflichtung zur Abtretung, so unterliegt 48 sie dem Formzwang in ihrem ganzen Umfang. Die notarielle Urkunde muß also nicht etwa nur die Pflicht zur Abtretung, sondern alle Punkte enthalten, welche die Parteien im Zusammenhang mit der Übertragungspflicht für wesentlich erachtet haben (§ 154 BGB), ohne Rücksicht darauf, ob sich die betreffende Abmachung auf den Geschäftsanteil selbst, auf die Gegenleistung oder die Modalitäten der Vertragserfüllung beziehen. Zu beurkunden sind also z. B. auch diejenigen Teile eines Vertrags, in welchen 49 Zusicherungen über die Eigenschaften des Geschäftsanteils gemacht werden und andere Nebenabreden (BGH BB 1969 1242; RGZ 51179; 52 1; RG J W 1 9 1 4 250; vgl. im übrigen auch die Kommentare zu § 313 BGB). Nur wenn eine Abrede mit dem beurkundeten Geschäft in keinem rechtlichen Zusammenhang steht, sondern ein selbständiges Nebengeschäft bildet, ist es formlos gültig, so z. B. eine Vollmacht (RGZ 62 336). Anderenfalls sind die nicht beurkundeten Teile der Vereinbarung nichtig, und damit im Zweifel gemäß § 139 BGB der ganze Vertrag (RG LZ 1920 652 und für Grundstücksübertragungen RGZ 97 219). Wer die Wirksamkeit behauptet, hat darzutun, daß die Parteien den Vertrag auch ohne den nicht aufgenommenen Teil geschlossen hätten. Für die Auslegung eines Vertrags kann eine (17)
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formnichtige Nebenabrede herangezogen werden (RGZ 62 49). — Zur Heilung von Formmängeln durch formgültige Abtretung s. Rdn. 61 ff.
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b) Vertragsänderungen Aus denselben Gründen sind alle späteren Abänderungen eines Vertrages zu beurkunden (RGZ 5 18; OLG Königsberg OLGR 6 40), falls sie wesentliche Bestandteile des Vertrags betreffen (RG DR 1940 1292). Der Formzwang entfallt allerdings für solche Änderungen des obligatorischen Vertrags, die nach der Abtretung erfolgen (Rdn. 72). c) Abtretungspflicht in sog. zusammengesetzten Verträgen Aus dem Gesagten folgt, daß die Form auch dann zu beobachten ist, wenn die Abtretungsverpflichtung im Rahmen eines Vertrages begründet wird, dessen übrige Teile an sich formlos vereinbart werden können. So, wenn ein Kaufvertrag über ein Geschäft mit Aktiven und Passiven abgeschlossen wird (OLG Königsberg OLGR 38 191; a. A. anscheinend Brodmann 3; anders der in Rdn. 45 genannte Fall). Ob bei formlosem Abschluß eines solchen Vertrags die Unwirksamkeit bezüglich des Geschäftsanteils den ganzen Vertrag unwirksam macht, ist Tatfrage (§ 139 BGB). Dagegen macht der Formzwang für die den Geschäftsanteil betreffende Vertragsbestimmung es nur dann erforderlich, auch für die übrigen Bestimmungen eines Gesamtvertrags die Form zu beobachten, wenn die verschiedenen Bestimmungen eine rechtliche Einheit bilden. Maßgeblich ist dafür grundsätzlich der Parteiwille (RGZ 145 248f.; BGH NJW 1961 1764; BGH DNotZ 1971 410). d) Angebot und Annahme Beide Willenserklärungen, der Antrag auf Abschluß des Vertrags (das Angebot) und dessen Annahme, bedürfen der Form (OLG Colmar Recht 1906 2172). Es genügt also nicht, daß nur eine dieser Erklärungen beurkundet ist. Allerdings ist stets zu prüfen, ob der notariellen Urkunde nicht beide Erklärungen entnommen werden können. Bei Vorkaufsrechten und ähnlichen Ubernahmerechten ist zu unterscheiden zwischen den beiderseitigen Willenserklärungen, die zur Begründung dieser Rechte notwendig (und daher formbedürftig) sind, und der Erklärung, das Recht auszuüben, welche formfrei erfolgen kann (Rdn. 28, 29). Beide Erklärungen, Angebot und Annahme, brauchen nicht in einem Akt zu erfolgen, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist (§§ 128, 152 BGB). Der Vertrag ist vollendet mit der notariellen Annahme. Eines Zugehens derselben an den Veräußerer bedarf es nicht. Die Frist, innerhalb deren die Annahme zu geschehen hat, ist mit der Beurkundung gewahrt (RG Holdheim 12 155). e) Option Die Gewährung einer „Option" auf einen Geschäftsanteil ist, nach dem wohl vorherrschenden Sprachgebrauch, rechtlich nichts anderes als das bindende Angebot eines Gesellschafters an den „Optionsberechtigten" auf Abschluß eines Vertrags gemäß Abs. 4 (u. U. auch schon das Angebot auf Abtretung des Anteils gemäß Abs. 3). Demgemäß muß eine solche Option beurkundet sein und ebenso die spätere „Ausübung" der Option (d. h. die Vertragsannahme). Zuweilen wird allerdings auch ein Übernahmerecht, wie es oben Rdn. 29 behandelt wurde, als (18)
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Option bezeichnet. Dort haben indessen beide Beteiligte einen (formbedürftigen) Vertrag bereits abgeschlossen, so daß die spätere Ausübung des Übernahmerechts formfrei erfolgen kann. 7. Abschlußvollmacht Ein Vertrag, wie ihn § 15 Abs. 4 vorsieht, kann auch durch Bevollmächtigte 54 geschlossen werden. Die Vollmacht bedarf grundsätzlich nicht der Form des Abs. 4 oder notarieller Beglaubigung (§ 167 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch dann, wenn der Bevollmächtigte vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit ist. Die Bevollmächtigung darf freilich nicht dazu dienen, den Zweck der Formvorschrift zu umgehen, also freien, formlosen Handel mit Geschäftsanteilen zu ermöglichen. In einer Vollmacht, die unwiderruflich und unter Befreiung von § 181 BGB ausgestellt wird, liegt jedoch eine Umgehung des § 15 Abs. 4 noch nicht, wenn sie den Vertragspartner (Käufer) nennt (BGHZ 13 49, 19 69, 72; Scholz 20; Feine S. 380; Baumbach-Hueck 3 C; a. A. RGZ 87 246, 248; RG JW 1916 49 mit Anm. Hachenburg-, Brodmann l d ; Vogel 5). Anders bei der Blanko-Vollmacht zum Verkauf eines Geschäftsanteils, die 55 die Bezeichnung des Käufers offen läßt, und von § 181 BGB befreit. Diese Vollmacht kann von Hand zu Hand gehen, ohne daß die Transaktion beurkundet wird, und ersetzt so das dem Formzwang unterliegende Rechtsgeschäft selbst. Daher ist eine solche Vollmacht jedenfalls dann, wenn sie formlos erteilt wird, nichtig (BGHZ 13 69 = JZ 1954 634). Da aber eine Blanko-Vollmacht den formlosen Handel mit Geschäftsanteilen auch dann ermöglicht, wenn sie in der Form des § 15 erteilt ist, muß sie auch in notarieller Form unzulässig sein (Schilling JZ 1954 635 f.). — Die Reform (§ 52 Abs. 3 RegE) will Beglaubigung jeglicher Vollmacht verlangen. Ist die Vollmacht wegen Formmangels oder anderen Gründen nichtig, so 56 beurteilen sich die Folgen der Nichtigkeit für den aufgrund der nichtigen Vollmacht abgeschlossenen Vertrag nach den Bestimmungen über die vollmachtslose Vertretung (§§ 177ff. BGB). Die nachträgliche Genehmigung durch den Vertretenen bedarf keiner Form (§ 182 Abs. 2 BGB). 8. Form a) Notarielle Beurkundung Das Verpflichtungsgeschäft bedarf nach Abs. 4, ebenso wie die Abtretung 57 selbst, gemäß Abs. 3 (vgl. unten Rdn. 92) der notariellen Form. Die jetzige Fassung dieser Formvorschrift beruht auf dem Beurkundungsgesetz vom 28. 8.1969 (BGB I S. 1513), das die gerichtlichen Zuständigkeiten für öffentliche Beurkundungen beseitigt hat (§§ 55—57, 60 BeurkG). Der Vertrag muß demgemäß vor einem Notar beurkundet werden. Nicht genügt also die bloße notarielle Unterschriftsbeglaubigung. Die Einzelheiten regeln §§ 8 ff. BeurkG. Die Formvorschrift in Abs. 4 entspricht der Bestimmung in § 2 Abs. 1. Es wird daher für die Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 2 (Rdn. 6ff.)verwiesen. Die Prüfungs- und Belehrungspflichten des beurkundenden Notars sind in § 17 ff. BeurkG niedergelegt. Sie gehen im Ergebnis nicht wesentlich über den bisherigen Rechtszustand hinaus, zumal es sich um Soll-Vorschriften handelt. Der Notar ist auch heute nicht Rechtsberater, sondern Urkundsperson (vgl. schon RG LZ 1911 468, JW 1920 688; neuerdings Stürner JZ 1974 154). (19)
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Der Abschluß des Verpflichtungsvertrags, und entsprechend die Abtretung selbst, im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs durch Aufnahme der Erklärungen zu gerichtlichem Protokoll, ersetzt die notarielle Form, ist also wirksam (§ 127 a BGB). b) Beurkundung im Ausland Die Verträge des § 15 können auch im Ausland abgeschlossen werden. Dabei genügt die Wahrung der Ortsform, Art. 11 Abs. 1 Satz 2 EGBGB (locus regit actum). Aber auch in den Fällen, in denen die Ortsform nicht in Betracht kommt (weil z. B. das betreffende Auslandsrecht eine der GmbH entsprechende Gesellschaftsform nicht kennt; vgl. RGZ 160 225, 230), reicht die Beurkundung durch einen ausländischen Notar aus. Die Tatsache, daß ausländische Notare in der Regel keine zuverlässige Kenntnis deutschen GmbH-Rechts besitzen, läßt die Wirksamkeit der Beurkundung unberührt. A. A. neuerdings, ohne überzeugende Begründung, LG München DNotZ 1976 501 m. Anm. Brambring. Zu diesen — bestrittenen — Formfragen vgl. im einzelnen Allg. Einl. 98 ff. c) Folgen von Wahrung und Nichtwahrung Die Folge der Formwahrung ist die Verpflichtung zur Abtretung und zur Annahme. Weigert sich ein Kontrahent, so ersetzt seine rechtskräftige Verurteilung die Abtretungs- oder Annahmeerklärung (§ 894 ZPO). Wer also ein rechtskräftiges Urteil auf Abgabe der einen Erklärung erstritten hat, kann den Vertrag durch notarielle Beurkundung der anderen Erklärung zur Wirksamkeit bringen (KG JW 1929 1404. Die Folge der Nichtwahrung der Form ist die Nichtigkeit des Vertrages (§ 125 BGB; RGZ 43 136). Die Nichtigkeit kann von beiden Vertragspartnern geltend gemacht werden. Der Formzwang bezweckt nicht nur den Schutz des Gesellschafters, sondern auch seines Vertragsgenossen. Das Gezahlte kann nach § 812 BGB zurückgefordert werden (RG JW 1901 521; Recht 1909 822). — Die Berufung auf den Formmangel kann arglistig sein. Die Arglisteinrede kann aber nur auf Umstände gestützt werden, die „auf derselben Ebene wie der Formmangel liegen und zu ihm in irgendeiner Beziehung stehen" (BGHZ 35 272). 9. Die Heilung des Formmangels (Abs. 4 Satz 2)
a) Durch wirksame Abtretimg Die mangelnde Form des obligatorischen, auf Abtretung gerichteten Vertrags oder einzelne seiner Teile wird dadurch geheilt, daß derAbtretungsvertrag selbst in gehöriger Form abgeschlossen wird. Stets muß es sich um eine Abtretung handeln. Durch andere Erklärungen mögen sie selbst notariell beurkundet sein, kann der Abtretungsvertrag nicht ersetzt werden. Wenn z. B. in einem notariellen Protokoll einer Gesellschafterversammlung der Käufer des Geschäftsanteils als Gesellschafter aufgeführt wird, ohne daß eine formgültige Abtretung vorangegangen ist, so kann hierdurch nicht etwa eine Heilung des formungültigen Kaufvertrags eintreten (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1917 333). ¿2 Die Heilung tritt nur ein, wenn die Abtretung wirksam erfolgt. Wird der Abtretungsvertrag zwar in der gehörigen Form abgeschlossen, ist er aber aus anderen Gründen unwirksam, so kann auch das obligatorische Grundgeschäft nicht geheilt werden (Vogel 8; Sudhoff, GmbH S. 315; vgl. auch RGZ 137 324, 350 61
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zu § 313 BGB). Keine Heilung erfolgt also, wenn der Abtretungsvertrag z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit eines Partners, infolge Anfechtung oder wegen Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung (Rdn. 128 ff.) nicht wirksam ist (RG Holdheim 27 61). Daher kann das Verpflichtungsgeschäft z. B. auch dann nicht geheilt werden, wenn der Abtretungsvertrag trotz formgerechten Abschlusses deshalb nicht wirksam ist, weil eine statutarische Abtretungsvoraussetzung gemäß Abs. 5 nicht vorliegt, beispielsweise die Gesellschaft ihre Zustimmung verweigert (a. A. Vorauflage 56). Jedoch wird in diesen Fällen regelmäßig im förmlichen Abtretungsvertrag die Bestätigung des formungültigen obligatorischen Rechtsgeschäfts gemäß § 141 BGB liegen. Ist der Geschäftsanteil eines Dritten verkauft, so heilt die formgültige Über- 63 tragung durch diesen an den Erwerber den formlosen Verpflichtungsvertrag (RG Recht 1911 2764). Wird an Stelle des ursprünglich verabredeten Geschäftsanteils ein anderer Anteil übertragen, so macht diese Abtretung den ursprünglichen Vertrag gültig, wenn nur eine Änderung desselben durch die Einführung des anderen Gegenstandes gewollt war. Auch diese Änderung des obligatorischen Rechtsgeschäfts erfolgt formlos und wird wirksam durch die Abtretung. Anders, wenn ein völlig neues Geschäft beabsichtigt ist. Dann tritt dies an Stelle des früheren Vertrags und wird durch die Abtretung geheilt. Der ursprüngliche Vertrag bleibt ungültig, weil er nicht mehr gewollt war (Rdn. 66). War in dem ungültigen obligatorischen Vertrag die Abtretung mehrerer 64 Geschäftsanteile vorgesehen, so bewirkt die Abtretung des einen Anteils die Heilung nur bezüglich dieses Teiles (RGZ112 241). Die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen des Vertrags, insbesondere die Pflicht zur Gegenleistung richtet sich dann nach § 139 BGB. Liegt ein einheitliches Rechtsgeschäft vor, sind die mehreren Geschäftsanteile zu einem Preise verkauft oder erhellt aus anderen Momenten, daß der Erwerber den einen Geschäftsanteil ohne die anderen nicht kaufen wollte, so ist er zu keiner Gegenleistung verpflichtet, bis alle Geschäftsanteile übertragen sind (vgl. RG LZ 1920 652). Werden nicht alle übertragen, so bleibt das ganze Verpflichtungsgeschäft unwirksam und der Veräußerer kann die bereits abgetretenen Anteile kondizieren (RGZ 112 241). Die Heilung des obligatorischen Vertrages tritt auch ein, wenn das Ver- 65 pflichtungsgeschäft und die Abtretung in derselben notariellen Urkunde beurkundet und jenes wegen Unvollständigkeit nichtig ist (oben Rdn. 48f.; vgl. auch RGZ 104 102). Die Abtretung hat neben dem Verpflichtungsgeschäft ihre selbständige Wirkung. Sie heilt den unvollkommenen Vertrag ebenso wie den überhaupt nicht beurkundeten. Es ist daher wesentlich, ob in einem Vertrage die Wendung „zu verkaufen" zugleich den Übertragungswillen ausdrückt. (Vgl. Rdn. 74). Ist die Abtretung in Erwartung des Abschlusses eines obligatorischen Vertrags formgerecht vorgenommen, kommt aber dieser nachträglich nicht zustande, so liegt zwar eine gültige dingliche Übertragung des Geschäftsanteils vor. Nach § 812 BGB kann aber die Rückübertragung gefordert werden (RG Holdheim 27 61). b) Fortwirkende Willensübereinstimmung notwendig Weitere Voraussetzung für die Heilung ist, daß bezügüch des obligatorischen 66 Vertrags zur Zeit der Abtretung noch Willensübereinstimmung besteht (RGZ 65 390, 392; BGH DNotZ 1969 350; vgl. auch BGH WM 1973 612). Das ist z. B. nicht der Fall, wenn eine Vertragspartei an dem (formnichtigen) Übereinkommen (21)
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nicht mehr festhalten will und eine von ihr unabhängige Übertragung des Geschäftsanteils erfolgt (etwa dann, wenn bei dem Rdn. 70 genannten Sachverhalt die Einwilligung des Zweitverkäufers fehlt). c) Heilung nur der Formmängel Der formgültig geschlossene Abtretungsvertrag heilt nur den Formmangel, nicht aber sonstige Mängel des Verpflichtungsgeschäfts (Scholz 38 a. E.). Ist der obligatorische Vertrag also wegen fehlender Geschäftsfähigkeit eines Partners nichtig, so kann eine Heilung nach § 15 Abs. 4 nicht eintreten. Auch in solchen Fällen kann nach § 812 BGB die Rückübertragung des abgetretenen Geschäftsanteils gefordert werden. Im formgültigen Abtretungsvertrag kann aber auch eine Bestätigung des unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts gem. § 141 BGB zu sehen sein. ¿8 Auch solche Bestandteile des Vertrags werden geheilt, die einer anderen, minderen Form bedürfen. So, wenn in einem mündlich abgeschlossenen, schuldrechtlichen Vertrag über die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils einer der beiden Vertragspartner eine Bürgschaft übernommen hat. Die mangelnde Schriftform dieser Bürgschaft (§ 766 BGB) wird durch die Vollziehung der Abtretung selbst ebenfalls geheilt (Scholz 38). Dagegen kann Abs. 4 nicht die Heilung eines formnichtigen Grundstücksgeschäfts gegenüber § 313 S. 2 BGB erleichtern. Verpflichten sich z. B. die Vertragspartner in einem privatschriftlichen Vertrag, den Geschäftsanteil einer GmbH gegen ein Grundstück zu tauschen, so wird dieser Vertrag durch die Abtretung des Geschäftsanteils allein nicht wirksam (vgl. hierzu RG JW 1904 169 für einen Tausch zweier Grundstücke). Umgekehrt kann in diesem Fall aber auch die Auflassung und Eintragung des Eigentumwechsels am Grundstück nicht den Formmangel der Abtretungsverpflichtung heilen, da diese Heilung eben nur durch die Abtretung eintreten kann (ebenso Scholas aaO.).
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d) Heilung des gesamten Vertrags Die Heilung erstreckt sich auf den obligatorischen Vertrag insgesamt. Es wird so angesehen, als sei der Vertrag in allen seinen Teilen notariell beurkundet. Zwar heißt es hier nicht wie in § 313 BGB, daß der Vertrag „seinem ganzen Inhalte" nach gültig wird. Aber gemeint ist dasselbe. Alle Vereinbarungen, welche die Parteien in Ansehung des Vertrages bis zur Vornahme der Abtretung getroffen haben, werden mit der Abtretung wirksam, sei es, daß sie den Preis oder sonstige Modalitäten betreffen, sei es, daß der Vertrag schriftlich oder mündlich abgeschlossen worden war, oder daß er durch formlose Nebenabreden oder Nachtragsabreden ergänzt wurde. Vereinbaren die Parteien mündlich einen höheren Preis als den im notariellen Verpflichtungsvertrag beurkundeten, so wird die formlos getroffene Vereinbarung wirksam (RGZ 168 292, 296). Gültig wird auch eine Nebenabrede, daß der Erwerber eine Schuld des Veräußerers übernimmt (RGZ 65 38). Auch ein in dem Vertrage als integrierender Bestandteil des Vertrags vereinbartes Rückkaufsrecht wird gültig (BGH LM Nr. 15 zu § 313 BGB; RGZ 76 311). Dieses Rückkaufsrecht wird nicht etwa, da es eine Pflicht zur Rückabtretung begründet, erst durch die Rückabtretung selbst gültig. Entscheidend ist, daß das Rückkaufsrecht ein Bestandteil des ursprünglichen Kaufvertrags ist und dieser seinem ganzen Inhalte nach durch die Abtretung gültig wird. 70 Gültig werden durch die Abtretung auch alle Abreden von Zwischenpersonen. Dies trifft insbesondere den Fall, daß mit Einwilligung aller Beteiligter zur Erfüllung sämtlicher ungültigen Veräußerungsgeschäfte der erste Verkäufer
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dem letzten Käufer den Geschäftsanteil überträgt (RGZ 132 290; 85 274; 71 402; RG JW 1904 16910; vgl. auch OLG Hamm GmbH-Rdsch. 1916 264). e) Keine Rückwirkung Trotz der Heilung ist erst vom Zeitpunkt der Abtretung ab ein wirksamer 71 Vertrag vorhanden. Die vorherige Nichtigkeit wird hier so wenig beseitigt wie durch die Bestätigung gemäß § 141 BGB. Die Heilung gemäß Abs. 4 wirkt ex nunc. Infolgedessen wird eine z. B. Pfändung des Kaufpreises, die vor der Abtretung des Geschäftsanteils geschah, durch diese nicht geheilt. Sie bleibt unwirksam (Scholz 39). Dagegen ist in Anwendung des § 141 Abs. 2 BGB auch hier anzunehmen, daß die Parteien untereinander im Zweifel verpflichtet sind, sich das zu gewähren, was sie hätten, wenn der Vertrag von Anfang an wirksam gewesen wäre (Brodmann 4C; Baumbacb-Hueck 3 E; Scholz 39; ebenso für den Grundstückskauf RGZ 115 12). 10. Kein Formzwang für nachträgliche Vertragsänderungen Änderungen des Grundgeschäfts, die nach wirksamer Abtretung des Geschäftsan- 72 teils getroffen werden, sind formlos gültig, sofern sie sich nur auf diese Abtretung beziehen, mögen sie selbst auch alle Merkmale eines neuen obligatorischen Vertrages aufweisen (RGZ 88 61, 65; RG DR 1940 129210; BGH NJW 1959 1433' = GmbH-Rdsch. 1959 237; Scholz 37). Das muß auch gelten, wenn die Parteien bei Abschluß der neuen Vereinbarung fälschlicherweise von der Nichtigkeit der Abtretung ausgegangen sind (RGZ 88 aaO.). Dies folgt jedoch nicht eigentlich aus der Heilungswirkung des Abs. 4 Satz 2, sondern aus dem Zweck der Formvorschrift des Abs. 3, welche lediglich den Handel mit Geschäftsanteilen verhindern will (BGH GmbH-Rdsch. aaO.). Fehlt der Bezug auf die Abtretung, so handelt es sich in Wahrheit nicht um eine „nachträgliche Änderung". Daher kann nach wirksamer Abtretung eines Geschäftsanteils eine Rück- oder Weiterübertragungspflicht durch formlosen Vertrag auch dann nicht wirksam begründet werden, wenn sie als Bestandteil des ursprünglichen Vertrages gemeint war. Eine solche nachträgliche formlos vereinbarte Rück- oder Weiterübertragungsverpflichtung wird erst durch die formgültig beurkundete Rück- bzw. Weiterabtretung geheilt (zutreffend Scholz aaO-)III. Der formbedürftige Abtretungsvertrag (Abs. 3) 1. Allgemeines Die notarielle Form wird in Abs. 3 auch für die Abtretung von Geschäfts- 73 anteilen vorgeschrieben. Die Bestimmung ist, ebenso wie die entsprechende Vorschrift in Abs. 4, und aus den gleichen Gründen (Rein. 9) zwingendes Recht. Die Abtretung muß auch dann in der vorgeschriebenen Form erfolgen, wenn der obligatorische Vertrag bereits gemäß Abs. 3 beurkundet worden ist. Ihre gegenüber Abs. 4 Satz 1 erhöhte Bedeutung gewinnt die Formvorschrift des Abs. 3 für den Abtretungsvertrag aus der Regelung des Abs. 4 Satz 2, wonach der ohne Beachtung der Form geschlossene obligatorische Vertrag durch die formgültige Abtretung geheilt wird (zur Heilung vgl. Rdn. 61 ff.). In der Praxis wird vielfach nur die Abtretung beurkundet (RGZ 65 38); damit werden die vorher privatschriftlich (23)
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oder mündlich getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen wirksam. In den meisten Fällen werden obligatorisches und dingliches Geschäft uno actu geschlossen. 74 Im Einzelfall kann zweifelhaft sein, ob das beurkundete Rechtsgeschäft (nur) Verpflichtungsvertrag, oder (auch) Abtretungsvertrag ist. Es genügt, daß der Übertragungswille aus dem Vertrag unzweideutig hervorgeht, auch wenn die Urkunde nicht eigens zur Beurkundung der Abtretung bestimmt ist (RGZ 68 394; RG JW 1908 50041; LZ 1902 78135; Rostock OLGR 40 434). Auf den Gebrauch bestimmter Worte („abtreten", „übertragen") kommt es nicht an. Es genügt auch die Erklärung, zu „verkaufen", zu „schenken", oder „einzubringen", sofern nach dem Gesamtinhalt des Vertrages damit (auch) der Rechtsübergang gemeint ist, also keine Momente vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, der Vollzug solle aufgeschoben sein (Rostock aaO.; KG DR 1941 1087la). In solchen Fällen zusätzlich eine ausdrückliche Erklärung der Abtretung zu fordern, wäre sinnloser Formalismus. 75 Immerhin setzt ein wirksamer Abtretungsvertrag eindeutige Erklärungen darüber voraus, daß eine Anteilsübertragung erfolgt, welcher Geschäftsanteil abgetreten wird und wer der Erwerber ist. Unzureichend ist die beurkundete Erklärung, von einem Schuldner zur Deckung von Ansprüchen die nötige Anzahl der Geschäftsanteile einer GmbH erhalten zu haben (Hamburg OLGR 14 363). Besitzt ein Gesellschafter mehrere Geschäftsanteile, so schadet es nichts, wenn die Abtretung nur von einem Geschäftsanteil spricht. Die Parteien sind sich oft der fortbestehenden Selbständigkeit ihrer mehreren Anteile nicht bewußt. Andererseits ist es dem Erwerber in der Regel einerlei, ob er einen Geschäftsanteil zu DM 20 000,— oder zwei Anteile zu je DM 10 000,— erhält. Nur muß eine solche „Zusammenfassung" bestimmt sein. Besitzt der Veräußerer drei Anteile von je DM 10 000,—, so dürfte die Abtretung „eines Anteils von DM 20 000,—" mangels Bestimmtheit unwirksam sein. 76 Wird ein Teil eines Geschäftsanteils abgetreten, so muß bei mehreren Geschäftsanteilen angegeben sein, von welchem Anteil die Absplitterung erfolgt. Dies folgt schon aus § 17 Abs. 2: Die Teilungsgenehmigung muß die neugebildeten Anteile, auch den bei dem Veräußerer zurückbleibenden, feststellen. Besitzt ein Gesellschafter drei Anteile von je DM 20 000,—, so ist es unwirksam, wenn er einem Dritten „von seiner Beteiligung DM 10 000,— abtritt" (anders u. U. beim Verpflichtungsgeschäft; vgl. Rdn. 35). Notwendig ist auch die Bestimmung des Erwerbers des Geschäftsanteils. Ist ein Abtretungsvertrag wegen Fehlens einer solchen Bestimmung nichtig, kann er u. U. in ein (wirksames) Verpflichtungsgeschäft umgedeutet werden (RG JW 1932 10088). 2. Jede vertragliche Anteilsübertragung ist formgebunden 77
a) Beispiele, Gegenbeispiele Abs. 3 betrifft die Abtretung von Geschäftsanteilen, also eine Anteilsübertragung durch (dinglichen) Vertrag. Ein formgültiger Abtretungsvertrag ist auch dort notwendig, wo die Verpflichtung zur Abtretung auf anderem Rechtsgrunde als auf Vertrag beruht (RG JW 1902 11 ff.). So hat der Erbe den vermachten Geschäftsanteil dem Vermächtnisnehmer durch beurkundeten Vertrag abzutreten (vgl. Rdn. 11ff.mit weiteren Beispielen). Eine Abtretung durch Vertrag liegt in dem Akt der Einbringung eines Geschäftsanteils in eine juristische Person oder eine Gesellschaft, ebenso darin, daß der Gesellschafter einer Personengesellschaft bei der Auseinandersetzung den bis dahin gesamthänderisch gehaltenen Geschäftsanteil zu Alleineigentum erhält (Rdn. 23). Dagegen liegt eine Abtretung nicht vor, und die (24)
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Form des Abs. 3 braucht daher nicht beobachtet zu werden, wenn jemand in eine Gesellschaft eintritt, der ein Geschäftsanteil gehört (Rdn. 19). Das gleiche gilt, wenn ein Gesellschafter gem. § 142 HGB das Handelsgeschäft, zu dessen Vermögen ein Geschäftsanteil gehört, mit Aktiven und Passiven übernimmt (Rdn. 22). Hier gelten Anwachsungsgrundsätze. Eine beurkundungspflichtige Abtretung liegt wiederum vor, wenn die Gesellschafter einen Geschäftsanteil, der zum Gesellschaftsvermögen gehört, unter sich aufteilen, sei es ideel, sei es nach Nennbeträgen (Rdn. 23). b) Übergang kraft Gesetzes Ohne besonderen Abtretungsakt und also formfrei vollzieht sich die Rechts- 78 änderung in den Fällen des gesetzlichen Übergangs von Geschäftsanteilen. Daß ein solcher gesetzlicher Übergang von Geschäftsanteilen möglich ist, ergibt sich aus §§ 412, 413 BGB. Formfrei ist der Erwerb gem. § 22 Abs. 4 (s. Erl. zu § 22). Weiter gehören hierher die Fälle, in denen Rechte an einem Geschäftsanteil als Nebenrechte einer Forderung gemäß §§ 413, 412, 401 BGB kraft Gesetzes übergehen, und zwar bei rechtsgeschäftlichem oder gesetzlichem Übergang der Forderung; diese Fälle werden allerdings wohl nur bei der Verpfändung eines Geschäftsanteils praktisch. Rechte aus einer Sicherungsabtretung gelten hingegen nicht als Nebenrechte i. S. von § 401 Abs. 1 BGB, gehen also nicht kraft Gesetzes über. Vereinbaren Eheleute Gütergemeinschaft, so wird der Geschäftsanteil, der einem von ihnen gehört, kraft Gesetzes gemeinschaftliches Eigentum beider (§1416 Abs. 1 BGB; zu der Frage, ob dies auch bei statutarischen Abtretungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 gilt, s. Rdn. 79 u. Anhang Rdn. 76). Erwerben die Eltern gemäß § 1646 BGB mit Mitteln und für Rechnung des Kindes oder erwirbt der Erbschaftsbesitzer mit Mitteln der Erbschaft (§ 2019 Abs. 1 BGB) durch einen formgültigen Abtretungsvertrag einen Geschäftsanteil, so geht das Eigentum an diesem Anteil ohne weiteres auf das Kind bzw. den Erben über. Dasselbe gilt in den anderen Fällen einer Surrogation (z. B. §§ 2041, 1473 BGB). Zu beachten ist dabei jedoch, daß der Übergang gem. § 1416 BGB oder kraft 79 Surrogation vom Vorliegen der in Abs. 5 genannten gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen ebenso abhängig ist, wie es eine rechtsgeschäftliche Übertragung wäre (§§ 413,412,399 BGB). Liegen die Voraussetzungen, insbesondere eine von der Satzung vorgesehene Zustimmung oder personelle Anforderungen (z. B. Familienzugehörigkeit, Volljährigkeit) für denjenigen nicht vor, der kraft Surrogation erwerben soll, so tritt der Übergang nicht ein. Der Partner des Rechtsgeschäfts (die Eltern, der Erbschaftsbesitzer) wird und bleibt Eigentümer. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag die Wirksamkeit der Übertragung an die Übergabe eines Anteilscheins geknüpft, so schließt dies den Surrogationserwerb nicht aus. Die Übergabe des Scheins an den Erwerber reicht aus, denn sie gilt (ebenso wie die Abtretung selbst) als an den Surrogationsbegünstigten erfolgt. Anders hingegen beim Erwerb gem. § 22 Abs. 4 (vgl. Erl. zu § 22). c) Gesamtrechtsnachfolge, Verschmelzung, Umwandlung Keiner Abtretung bedarf es in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge. Ein zum 80 Nachlaß gehörender Geschäftsanteil geht im Wege der Erbfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) ohne weiteres auf den Erben über (zur Frage, ob die Vererblichkeit ausgeschlossen werden kann, vgl. Rdn. 5 ff.). Gesamtrechtsnachfolge tritt ein in den im Aktiengesetz geregelten Fällen der Verschmelzung von Aktiengesellschaften oder anderen Kapitalgesellschaften durch Aufnahme in eine AG oder Neubildung (25)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
einer solchen (§§ 340—358 AktG), sowie der Vermögensübertragung auf die öffentliche Hand oder einen Versicherungsverein aG gemäß §§ 359, 360 AktG. Das gleiche gilt in den Fällen der sog. übertragenden Umwandlung, die das Umwandlungsgesetz (vom 12.11.1956 i. d. F. vom 6.11.1969 BGBl. I S. 2081) regelt: Die einer Kapitalgesellschaft in eine oHG, KG, GbR oder auf einen Gesellschafter (§§ 1—29 UmwG), sowie die einer Personenhandelsgesellschaft oder eines staatlichen oder kommunalen Unternehmens in eine GmbH (§§ 46—47, 58 UmwG). Erfüllt der Gesamtrechtsnachfolger satzungsmäßige Voraussetzungen nicht (Schilling GroßkommAktG §346, 17; v. Berenberg-Gossler BB 1954 427), so hindert dies den Rechtsübergang nicht. Möglicherweise ist die Satzung dahin auszulegen, daß die Gesellschaft den Geschäftsanteil einziehen kann. 81 Keine Gesamtrechtsnachfolge liegt dagegen in sonstigen Fällen einer Vermögensübertragung vor, so in den Fällen des § 361 AktG oder z. B. der nicht ausdrücklich geregelten (uneigentlichen) Verschmelzung mehrerer Gesellschaften mbH. Hier muß also auch ein zum Vermögen der übertragenden Gesellschaft gehörender Geschäftsanteil durch Abtretung gemäß § 15 übertragen werden. 82 In den Fällen der sog. formwechselnden Umwandlung einer AG in eine KGaA oder GmbH (§§ 362—383 AktG), einer KGaA in eine GmbH oder umgekehrt (§§ 386—392 AktG), einer bergrechtlichen Gewerkschaft in eine AG (§§ 384f. AktG), eine KGaA (§§ 393f. AktG) oder eine GmbH (§§ 63—65 UmwG), und einer Körperschaft oder Anstalt öffentlichen Rechts in eine GmbH (§ 59 UmwG) bleibt die Identität des Vermögensträgers gewahrt. Eine Vermögensübertragung findet nicht statt, nur die Rechtsform des Unternehmens wird geändert. Daher bedarf es in diesen Fällen keiner Abtretung eines zum Vermögen des Unternehmens gehörenden Geschäftsanteils. 3. Gegenstand der Abtretung 83
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a) Der Geschäftsanteil Voraussetzung für den Formzwang des Abs. 3 ist, daß der Vertrag sich auf die Abtretung eines Geschäftsanteils bezieht. Auch die Abtretung von Teilen von Geschäftsanteilen unterliegt demgemäß der Formvorschrift (RGZ 43 136). Ebenso die Abtretung einer Mitberechtigung gem. § 747 S. 1 BGB, vgl. oben Rdn. 31 und § 18,4. Werden dagegen nur Rechte aus einem Vertrag abgetreten, welcher seinerseits die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils zum Gegenstand hat, so findet Abs. 3 keine Anwendung, sofern nicht eine unzulässige Umgehung der Formvorschrift vorliegt (Rdn. 86). b) Abtretung künftiger Geschäftsanteile Zulässig, aber ebenfalls der Formvorschrift unterworfen, ist die Abtretung künftiger Geschäftsanteüe (RGZ 74 357; 87 246; BGHZ 21 242, 245; 21 378, 383; 29 300, 303; Schol^ 3; Baumbach-Hueck 1 B). Nicht nur der obligatorische Vertrag gem. Abs. 4 (dazu Rdn. 30), sondern auch die Abtretung selbst ist schon vor der Gründung der Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung möglich und zulässig. Es gilt hier (gem. § 413 BGB) nichts anderes als bei der Zession künftiger Forderungen. Auch wenn die Abtretung des künftigen Geschäftsanteils nur mit Zustimmung der Gesellschaft möglich ist, ist die vor Gründung der Gesellschaft erfolgte Abtretung nicht nichtig. Sie wird wirksam mit Eintragung der Gesellschaft und Erteilung der Genehmigung (RG LZ 1911 614). Auch die Abtretung aller künftiger (26)
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Geschäftsanteile an dieselbe Person im Gründungsstadium der Gesellschaft ist zulässig (BGHZ 21 378, 383; KG GmbH-Rdsch. 1968 182). Da die Abtretung ihre Wirkung erst mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister entfaltet, ist das Bedenken der Vorauflage (41), es sei dann im Gründungsstadium nur ein Gesellschafter vorhanden, nicht begründet (so richtig Pleyer GmbH-Rdsch. 1969 12). c) Bedingte Abtretung Schließlich ist auch die Abtretung eines Geschäftsanteils unter einer aufschieben- 85 den oder auflösenden Bedingung zulässig (RGZ 79 182, 185; K. Müller Die Sicherungsübertragung von GmbH-Anteilen, S. 7f.; Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung II 472; Ders. GmbH-Rdsch. 1967 133, 134 FN 14; Däubler Treuhänderische Übertragung des Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1966 243, 246; Scholz 58; Sudhoff GmbH S. 323: Die abweichende Ansicht der Vorauflage 68 a. E. wird aufgegeben; der personalistische Charakter der GmbH steht der Vereinbarung einer bedingten Abtretung nicht entgegen. Die Wirkung der Abtretung tritt ein mit Eintritt der aufschiebenden, sie endet mit Eintritt der auflösenden Bedingung. Im Hinblick darauf und vor allem auf die Schutzwirkung des § 16 kann bei der Gesellschaft auch bei bedingter Abtretung eine Ungewißheit darüber, wer Gesellschafter ist, nicht eintreten (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 16, insbes. Rdn. 11). d) Formfreie Abtretung sonstiger Ansprüche Formfrei ist hingegen die Abtretung einzelner vermögensrechtlicher Ansprüche, 86 welche aus der Mitgliedschaft fließen, so die Ansprüche auf Gewinn, Auseinandersetzungs- oder Abfindungsguthaben, sowie auf Gegenleistungen, welche die Gesellschaft dem Gesellschafter für eine gem. § 3 Abs. 2 übernommene Verpflichtung schuldet (Schol^ 7; zum Verpflichtungsgeschäft s. Rdn. 33). In diesem Falle wird nicht die Mitgliedschaft abgetreten, auch nicht zum Teil; zediert werden nur einzelne Ansprüche, die dem Mitglied aufgrund der Mitgliedschaft zustehen (RG JW 1913 745). Der Zedent bleibt Mitglied, wie auch bei der Aktiengesellschaft nur der Aktionär, nicht der Dividendenscheininhaber Gesellschafter ist. Der Zedent hat daher bei der Beschlußfassung über die Gewinnverteilung oder die Liquidationsbilanz mitzuwirken, nicht der Erwerber des Dividendenanspruchs oder des Anspruchs auf den Liquidationserlös (RGZ 98 318). Die Abtretung dieser Ansprüche auf Gewinn oder Auseinandersetzungsguthaben ist an keine Form gebunden. Solche Ansprüche können ohne Zustimmung der Gesellschaft (vgl. 87 Rdn. 104fF.) auch dort abgetreten werden, wo der Gesellschaftsvertrag für die Abtretung des Geschäftsanteils eine solche fordert {Scholz 43). Sie können auch selbständig ohne den Geschäftsanteil abgetreten werden. Zur Verbriefung von Gewinnbezugsrechten ( = Dividendenscheinen) s. Erl. in Anhang zu § 29. Der Geschäftsanteil und die einzelnen aus ihm hervorgehenden Vermögensansprüche können daher verschiedene Berechtigte haben. Eine mangels Form unwirksame Abtretung des Geschäftsanteils als eine Abtretung des Gewinnbezugs und der Liquidationsquote aufrechtzuerhalten (§ 140 BGB), ist nur möglich, wenn der Wille, sich auch mit diesem Geringeren zu begnügen, nachweisbar ist. Anderenfalls liegt nicht ein Aufrechterhalten unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt, sondern die Einführung eines anderen Vertragsgegenstandes vor (vgl. auch Rdn. 122). Inwieweit der Zedent solcher Ansprüche, also der Gesellschafter, in Beschluß- 88 fassungen, welche die abgetretenen Ansprüche beeinflussen, vertraglich beschränkt ist, richtet sich nach dem Zessionsvertrag oder allgemeinen Vertragsgrundsätzen. (27)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Er ist trotz Abtretung des Dividendenrechts grundsätzlich in der Bilanzgenehmigung frei. Die Interessen der Gesellschaft können hierbei auch für ihn in erster Linie bestimmend sein. Er darf aber nicht schuldhaft den Dividendenanspruch vereiteln oder mindern, indem er entgegen den Bestimmungen des § 42 GmbHG, § 40 HGB die Bilanz z. B. mit zu hohen Passiven genehmigt. Ist dieses Verhalten des Zedenten für die Beeinträchtigung des Dividendenrechts kausal, so ist er dem Zessionar schadensersatzpflichtig (RGZ 98 318 erkennt die Schadensersatzpflicht nur nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen an). Gegen die Gesellschaft hat der Zessionar keinen Anspruch auf Zahlung einer nach richtiger Bilanz berechneten Dividende oder auf Schadensersatz. Nur gegen die übrigen Gesellschafter kann, soweit sie bei ihrer Beschlußfassung auf die Vereitelung des Dividendenanspruchs ausgingen, nach § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch begründet sein (vgl. auch RG SeufFArch. 74 6). Die Gewinnbezugsrechte und die Rechte auf die Ausschüttungsguthaben sind auch selbständig verpfändbar und pfändbar (vgl. Anh. 49, 93). 89 Zur Abtretung von Ansprüchen aus einem Treuhandverhältnis s. Rdn. 40, 43, 97, Anhang 51 ff., zur Begründung einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil s. Anhang 35 ff.
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e) Aufhebungsvertrag formbedürftig Auch die Aufhebung der Abtretung bedarf der Form. Denn sie ist auch eine (Rück-)Abtretung. Anderes gilt für die Aufhebung des auf Abtretung gerichteten obligatorischen Vertrags (Rdn. 41). 4. Abtretung „durch einen Gesellschafter"
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Angesprochen ist die Abtretung als Akt der Veräußerung durch einen Gesellschafter. Dem Formzwang unterliegt die Veräußerung seitens des materiell Berechtigten. Dem" stehen die Fälle gegenüber, in denen ein Anteil (ohne Mitwirkung des Berechtigten) beim Ausschluß eines säumigen Gesellschafters (§ 23 Satz 1) oder bei der Preisgabe im Nachschußverfahren (§ 27 Abs. 2) seitens der Gesellschaft veräußert wird. Diese Veräußerungen erfolgen durch öffentliche Versteigerung gem. §§ 383 Abs. 3, 156 BGB und unterliegen schon deshalb nicht den Formvorschriften des § 15. Das gleiche gilt für die Veräußerung durch Erteilung des Zuschlags im Zwangsvollstreckungsverfahren. Ist aber die Gesellschaft selbst Eigentümerin eines Geschäftsanteils, so ist die Form zu wahren. Hier handelt sie als Gesellschafter im Verkehr (KG Recht 1907 1898). Ebenso unterliegt die Abtretung durch den Pfandgläubiger, der den verpfändeten Geschäftsanteil freihändig veräußern darf, oder der Verkauf durch die Gesellschaft mit Zustimmung des betreffenden Gesellschafters gem. § 23 Satz 2 oder § 27 Abs. 2 Satz 2 der Formvorschrift. Der Pfandgläubiger bzw. die Gesellschaft handeln hier anstelle des Gesellschafters (RGZ 164 170; OLG Jena DJZ 1921 500). 5.JForm der Abtretung; Umfang des Formzwangs
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Die Form für die Abtretung ist, ebenso wie die des Verpflichtungsgeschäfts, die notarielle Beurkundung. Dem Formzwang unterliegen die Abtretungserklärung und ihre Annahme. Das oben (Rdn. 52) zur Form des obligatorischen Vertrags Gesagte gilt entsprechend auch hier. Insbesondere genügt auch beim Abtretungs(28)
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vertrag gesonderte Beurkundung von Antrag und Annahme (§ 128 BGB). Die Annahme braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, wenn sie sich aus dem Gesamtinhalt der Urkunde ergibt (KG DNotZ 1953 255). Beglaubigung reicht nicht aus, wohl aber die Aufnahme der Erklärungen in einen gerichtlichen Vergleich. Für die Mitwirkung von Bevollmächtigten ist auf Rdn. 54 f. zu verweisen. Hat ein vollmachtsloser Vertreter mitgewirkt, so bleiben Verfügungen oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die nach Abgabe der Erklärungen, aber vor Genehmigung des Berechtigten erfolgt sind, trotz Rückwirkung der Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB) wirksam (§ 184 Abs. 2 BGB). Nur die abstrakte Abtretung bedarf der Form (RGZ 68 397). Ihre Wirksam- 93 keit wird durch die Ungültigkeit anderer in der notariellen Urkunde enthaltener Vereinbarungen nicht berührt. Das gilt insbesondere von obligatorischen Abreden, die oftmals zugleich mit der Abtretung selbst beurkundet werden (Hans. OLG GmbH-Rdsch. 1953 90; s. auch Rdn. 65). Wenn also der Kaufpreis anders vereinbart als beurkundet ist, so wird davon die Abtretung in ihrer Wirksamkeit nicht berührt. Die Abtretung heilt die formlose Kaufpreisabrede (RGZ 112 240), während die beurkundete Preisvereinbarung gem. § 117 BGB nichtig ist und bleibt. Ist die Form nicht gewahrt, so liegt eine Abtretung nicht vor. Ein Gesell- 9k schafterwechsel tritt nicht ein. Ein formlos geschlossener obligatorischer Vertrag wird nicht nach Abs. 4 Satz 2 geheilt (Rdn. 61 ff.); der formgerecht geschlossene muß durch formgerechte Abtretung erfüllt werden. Eine Berufung auf den Formmangel ist auch nicht durch die besonderen Nachkriegsverhältnisse versagt (OLG Karlsruhe WM 1971 1035). Die formgerechte Wiederholung einer ursprünglich formungültigen Abtretung gilt als Bestätigung (§141 BGB; vgl. RGZ 79 182). Allerdings kann die Nichtigkeit der Abtretung dann, wenn der Gesellschafterwechsel vollzogen ist (d. h. in der Regel, wenn er gemäß § 16 angemeldet worden ist), grundsätzlich nicht mehr zu einem rückwirkenden Wegfall des Gesellschafterwechsels führen, da insoweit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zu beachten sind (dazu Anhang Rdn. 2fF.) und die Legitimationswirkung der Anmeldung eintritt (vgl. Erl. zu § 16). IV. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags (Abs. 5) Schrifttum (Vgl. auch'die Zitate vor § 14, 8). R. Fischer Das Recht der oHG als ergänzende Rechtsquelle z. GmbH-Gesetz, GmbH-Rdsch. 1953 131, 135; Ders. Fragen aus dem Recht der GmbH, JZ 1956 363; Möbring Die nachträgliche Vinkulierung der GmbHGeschäftsanteile, GmbH-Rdsch. 1963 201; Schmidt Einschränkung der freien Übertragbarkeit von Aktien oder Geschäftsanteilen durch Satzungsänderung, DB 1955 162; Semler Die Aufhebung satzungsgemäßer Mehrheitserfordernisse im Recht der GmbH, GmbH-Rdsch. 1974 255; Wiedemann Die nachträgliche Vinkulierung von Aktien und GmbH-Anteilen, NJW 1964 282; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963). 1. Zulässigkeit weiterer Abtretungsbeschränkungen Von Gesetzes wegen ist der Geschäftsanteil, vom Formzwang abgesehen, frei 95 übertragbar (Rdn. 3). Jedoch kann der Gesellschaftsvertrag die Abtretung von Geschäftsanteilen (neben der Beobachtung der Form) von weiteren Voraussetzun(29)
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gen abhängig machen, und (vorbehaltlich eines Austrittsrechts) auch ganz ausschließen (Rdn. 4). Die Beschränkungen können sich selbstverständlich auch auf die Abtretung von Teilen von Geschäftsanteilen und auf die Übertragung von Mitberechtigungen (Rdn. 31, 83) beziehen. Als wichtigstes Beispiel einer solchen statutarischen Beschränkung nennt die Vorschrift des Abs. 5 die „Genehmigung" ( = Zustimmung, vgl. Rdn. 104) der Gesellschaft. Diese Bestimmung stellt eine gesetzliche Ausnahme von der Regel des § 137 Satz 1 BGB dar, also eine gesetzliche Einschränkung der Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils. Über weitere Voraussetzungen für die Übertragung von Geschäftsanteilen s. Rdn. 123fF.
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a) Keine Geltung für Verpflichtungsgeschäfte Das schuldrechtliche Rechtsgeschäft kann hingegen durch die Satzung nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft werden (RG JW 1934 14124; Schol^ 40; Baumbach-Hueck 5 A). Da die Unterbeteiligung (Anhang Rdn. 35 ff.) keine Übertragung des Geschäftsanteils einschließt, unterliegt ihre Begründung der statutarischen Zustimmungspflicht ebenfalls nicht.
b) Abtretungsbeschränkungen und Treuhand Die satzungsgemäßen Abtretungserschwerungen betreffen auch die Begründung und Aufhebung eines Treuhandverhältnisses an einem Geschäftsanteil (vgl. dazu allgemein Däubler Die treuhänderische Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils GmbH-Rdsch. 1966 243), da sie echte Abtretungen des Geschäftsanteils zum Inhalt haben (Anhang Rdn. 51 ff.). Von einem satzungsgemäßen Zustimmungsvorbehalt ist demgemäß jeder Wechsel in der Person des Treuhänders (als des formellen Eigentümers) betroffen. Ebenso die Übertragung des Geschäftsanteils vom Gründungsstrohmann auf den Hintermann (BGHNJW 1965 1376 = WM 1965 472; RG JW 1931 296712). Aber auch eine Abtretung der Treugeberrechte auf einen Dritten, ein Wechsel in der Person des Treugebers, ist zustimmungsbedürftig, da der Treugeber wirtschaftlicher Eigentümer des Geschäftsanteils ist, und der Treuhänder den Weisungen des Treugebers zu folgen hat (RGZ 159 272, 280f.; Däubler aaO. 246). Aus dem gleichen Grunde muß die Vereinbarung zwischen einem Gesellschafter und einem Dritten, den Geschäftsanteil künftig nur noch treuhänderisch für den Dritten zu halten, den gesetzlichen und statutarischen Beschränkungen unterworfen sein. Hiervon zu unterscheiden ist der in BGHZ 19 69, 71 entschiedene Fall, daß der Treugeber seinen Anspruch gegen den Treuhänder auf Rückabtretung des Geschäftsanteils an einen Dritten abtritt, um diesen zum Treuhänder zu machen. Unterliegt die Abtretung an Nichtgesellschafter dem Zustimmungsvorbehalt, so bedarf es der Zustimmung auch dann, wenn ein Gesellschafter den Geschäftsanteil als Treuhänder eines Nichtgesellschafters erwirbt (RGZ 103 195; Feine S. 386 bei Note 68). 98 Der Zustimmungspflicht oder den sonstigen satzungsgemäßen Voraussetzungen unterliegt auch die Rückabtretung des Geschäftsanteils vom Treuhänder auf den Treugeber aufgrund des aus dem Treuhandverhältnis fließenden Rückübertragungsanspruchs, und zwar ohne Rücksicht auf den Charakter des Treuhandverhältnisses (RG JW 1931 296712). Ist jedoch eine treuhänderische Abtretung in Kenntnis des fiduziarischen Charakters der Abtretung genehmigt worden, so liegt darin — ohne daß dies ausdrücklich beantragt oder gesagt werden müßte — zugleich auch die Zustimmung zur Rückübertragung auf den Treugeber, wenn dabei nicht ausdrücklich ein gegenteiliger Vorbehalt erklärt worden ist (BGH NJW 1965 1376 =
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GmbH-Rdsch. 1965 155 m. abl. Anm. Gottschling). Entsprechendes muß auch für sonstige Satzungserschwerungen gelten. Sieht die Satzung beispielsweise einen Genehmigungsvorbehalt nur für Abtretungen an Nichtgesellschafter vor, so kann nach Genehmigung der fiduziarischen Abtretung an einen Treuhänder bei der Rückabtretung an den Treugeber nicht geltend gemacht werden, dieser sei nunmehr kein Gesellschafter mehr. 2. Begründung nur in der Satzung a) Allgemeines Nur wenn der Gesellschaftsvertrag die Abtretung an die Zustimmung der Gesell- 99 Schaft oder sonstige Erschwerungen knüpft, sind diese eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung. Das Wirksamkeitserfordernis muß sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Satzung ergeben (BGHZ 48 141, 144). Roh. Fischer (GmbH-Rdsch. 1953 135) will bei stark personalistisch strukturierter Gesellschaften einen Zustimmungsvorbehalt auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmungen annehmen. Diese Ansicht geht zu weit. b) Unterschiedliche Beschränkungen Der Gesellschaftsvertrag kann die Abtretungsvoraussetzungen für bestimmte 100 Geschäftsanteile oder bestimmte Gattungen von Geschäftsanteilen verschieden gestalten. Die Satzung kann ferner die Zustimmung der Gesellschaft (oder sonstige Voraussetzungen) nur für bestimmte Abtretungsfälle verlangen oder umgekehrt die Abtretung in bestimmten Fällen hiervon befreien. So kann der Gesellschaftsvertrag z. B. bestimmen, daß im allgemeinen die Abtretung an die Zustimmung gebunden ist, daß aber diese Zustimmung dann nicht erforderlich ist, wenn die Gesellschaft eine Unterbilanz hat oder wenn die Abtretung an bestimmte Personen, insbesondere an einen anderen Gesellschafter, erfolgen soll. Sie kann für die Erben vorgeschrieben werden; es können die Erben davon befreit sein usw. Die Zustimmungspflicht kann auf die Fälle entgeltlicher Abtretung beschränkt sein (so RGZ101246: Genehmigung des „Verkaufs" von Anteilen) oder jede Veräußerung betreffen (vgl. hierzu Becker GmbH-Rdsch. 1925 363). Es kann im Gesellschaftsvertrag einem Gesellschafter gestattet werden, seinen Geschäftsanteil an eine bestimmte Person oder eine solche mit bestimmten Eigenschaften zu veräußern. Das ist keine Zustimmung. Denn diese setzt ein abgeschlossenes oder abzuschließendes Rechtsgeschäft voraus. Es ist eine beschränkte Befreiung von der Zustimmungspflicht. c) Auslegungsfragen Zweifelsfragen sind nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu klären i01 (§ 2, 119ff.). So kann unklar sein, ob in Fällen, in denen die Satzung einem Dritten ein Erwerbsrecht gibt, die Veräußerung an den Erwerbsberechtigten gleichwohl noch der allgemein vorgeschriebenen Zustimmung bedarf. Etwa bei Ausübung eines Vor- oder Ankaufsrechts (unten Rdn. 127). Man wird hier im Zweifel annehmen, daß eine besondere Genehmigung nicht mehr erforderlich ist. Werden Abtretungen an einen bestimmten Personenkreis in der Satzung von der sonst bestehenden Zustimmungspflicht ausgenommen (,die Ehefrauen', die ,Abkömmlinge'), so werden Rückabtretungen dieser Personen an die früheren Gesellschafter im Zweifel ebenfalls als privilegiert zu gelten haben. Ist die Gesellschaft selbst die Erwerberin, so wird man nicht neben der Annahme der Abtretung noch eine ausdrückliche (31)
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Genehmigung seitens der Gesellschaft verlangen können, auch wenn diese sonst erforderlich ist. In jener ist diese enthalten, s. Rdn. 107 (anders eventuell dann, wenn die Zustimmung der Gesellschafterversammlung notwendig ist, vgl. Rdn. 111 fF.). Aus Gründen der Rechtssicherheit muß man verlangen, daß die Ausnahme von der Regel freier Übertragbarkeit in der Satzung konkret ausgesprochen ist (richtig Scholz 48). Aus der Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten der Gesellschafter folgt eine Beschränkung der Veräußerungsfreiheit nicht (RGZ 49 141).
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d) Nachträgliche Abtretungsbeschränkung Die Beschränkung der freien Veräußerlichkeit kann auch durch nachträgliche Änderung der Satzung (§ 53) eingeführt werden, sofern dabei der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter nicht verletzt wird; es ist also nicht die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich (a. A. die herrschende Meinung, vgl. die folgenden Zitate sowie die Kommentare zu § 68 AktG; XJlmer oben § 3, 95; Zöllner S. 114 FN 20 m. w. N.; Immenga wie vor Rdn. 1, S. 76ff.). Der Umstand, daß der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag die freie Übertragbarkeit nicht eingeschränkt, es also bei dem allgemeinen gesetzlichen Zustand belassen hatte, begründet kein „Sonderrecht" (so RGZ 68 211 f., 136 185; Brodmann 51; vgl. § 14, 9). Auch bedeutet die nachträgliche Einschränkung der freien Veräußerlichkeit keine Vermehrung der Leistungen im Sinn von § 53 Abs. 3 (so aber Scholz § 14, 12; § 53, 26; OLG Celle GmbH-Rdsch. 1959 113; Möhring GmbH-Rdsch. 1963 201, 204; ebenso, unter Hinweis auf § 180 Abs. 2 AktG 1965, Baumbach-Hueck 5 A; wie hier Schmidt DB 1955 162; vgl. Erl. zu § 53). Allerdings kann sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, daß die freie Veräußerlichkeit als unentziehbares Mitgliedschaftsrecht jedes Gesellschafters gelten soll; in einem solchen Fall bedarf die nachträgliche Abtretungsbeschränkung der Zustimmung aller Gesellschafter (dazu § 14, 15. — Zu weit geht Roh. Fischer J Z 1956 363, wenn er einen dahingehenden Willen der Gründer als in der Regel gegeben annimmt). Unter Umständen kann die nachträgliche Beschränkung der Veräußerlichkeit für die überstimmte Minderheit ein Austrittsrecht innerhalb angemessener Frist begründen (Wiedemann NJW 1964 285; vgl. auch Rdn. 4). Der Regierungsentwurf (§ 51 Abs. 2) will die nachträgliche Beschränkung der Abtretbarkeit nur mit Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter gestatten. e) Nachträgliche Aufhebung der Beschränkung Umgekehrt können durch Satzungsänderung das Zustimmungserfordernis oder sonstige Beschränkungen gemildert oder aufgehoben werden. Etwas anderes gilt auch hier nur dann, wenn die Bestimmung als unentziehbares Mitgliedschaftsrecht der einzelnen Gesellschafter gestaltet war (§ 14, 15). Dies kann jedoch in aller Regel nur dann angenommen werden, wenn die Satzung die Abtretung von der Zustimmung aller oder bestimmter einzelner Gesellschafter abhängig macht, dagegen nicht, wenn zur Abtretung lediglich die Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafterversammlung erforderlich war. In diesen zuletzt genannten Fällen ist vielmehr die nachträgliche Lockerung oder Beseitigung der Abtretungsbeschränkungen in satzungsändernder Form zulässig (Scholz § 53, 26; OLG Düsseldorf GmbHRdsch. 1964 250 m. Anm. Winter-, OLG Stuttgart NJW 1974 1566 = GmbH-Rdsch. 1974 257 mit Anm. Konow S. 260; Wiedemann NJW 1964 aaO.). Aber auch in Fällen, in denen die Satzung die Zustimmung aller Gesellschafter zu einem Gesellschafterwechsel voraussetzt, kann die Auslegung ergeben, daß die Aufhebung einer solchen Bestimmung ihrerseits nicht der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf. Wo etwa (32)
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die Satzung die Vererbung von Anteilen uneingeschränkt zuläßt, kann dies darauf hindeuten, daß die Abtretungsbeschränkung kein grundlegendes Strukturelement der Gesellschaft ist und daher mit satzungsändernder Mehrheit beseitigt werden kann (so richtig OLG Stuttgart aaO. unter Hinweis auf BGHZ 48 141, 144 und Semler GmbH-Rdsch. 1974 255). 3. Zustimmung der Gesellschaft a) Rechtsnatur der „Genehmigung" Als Beispiel für eine satzungsmäßige Erschwerung der Abtretung nennt Abs. 5 104 den Fall, daß die Abtretung eines Geschäftsanteils an die „Genehmigung" der Gesellschaft geknüpft wird. Der vom Gesetz gebrauchte Ausdruck „Genehmigung" stammt aus der Zeit vor dem BGB, entspricht also nicht dem in § 184 BGB verwendeten Begriff der Genehmigung als nachträglicher Zustimmimg. Vielmehr ist der Ausdruck „Genehmigung" dem vom BGB verwendeten Begriff der „Zustimmung" gleich. Die Zustimmung der Gesellschaft kann also vor, bei oder nach der Abtretung erteilt werden (BGHZ 13 179; RGZ 64 149, 151; 85 47; 130 155; 160 232; OLGR 3 67; Schol^ 47; Baumbach-Hueck 5 D). Zweck des Zustimmungsvorbehalts ist es, das Eindringen unerwünschter Personen in die Gesellschaft zu verhindern (BGHZ 98 163, 168). Die Zustimmung der Gesellschaft ist eine empfangsbedürftige Willens- 105 erklärung (OGHBrZ GmbH-Rdsch. 1950 27 = NJW1950 347). Sie muß gegenüber einer der Vertragsparteien, dem Veräußerer oder dem Erwerber abgegeben werden (§ 182 Abs. 1 BGB; RGZ 64 15; 160 232). Eine besondere Form ist für sie im Gesetz nicht vorgeschrieben; nur muß sie nach außen hervortreten. Auch gilt nicht etwa die für die Genehmigung einer Anteilsteilung angeordnete Schriftform (§17 Abs. 2) analog für eine statutarisch vorgesehene Genehmigung (Brodmann 5d). Es genügen demnach auch schlüssige Handlungen gegenüber einer Vertragspartei, aus denen der Wille der Genehmigung ersichtlich ist (RGZ 104 413; 160 225, 232; OLG Frankfurt JW1923 87; vgl. auch BGHZ 15 324, 328; 22 101,108). So ist es ausreichend, wenn alle Gesellschafter und der Geschäftsführer an der Abtretung widerspruchslos teilnehmen (BGH BB 1968 1053 = WM 1968 1037); ein einfacher Eintrag des Erwerbers in die Gesellschafterliste soll hingegen nicht genügen, weil die Zustimmung nur den Vertragsbeteiligten erklärt werden könne (RG JW 1906 777; RGZ 105 152, 154; anders für die Zeit vor Inkrafttreten des BGB: RG JW 1904 123); diese Auffassung ist zu eng. Der Gesellschaftsvertrag kann für die Erklärung der Zustimmung besondere Formerfordernisse aufstellen. Es ist Sache der Auslegung, festzustellen, welche Tragweite einer solchen Satzungsbestimmung zukommt. Das Verlangen der Schriftlichkeit kann als Zulässigkeitsvoraussetzung der Abtretung (OGHBrZ DNotZ 1950 467, 469) gewollt sein, oder aber nur als Beweisvorschrift, auf deren Beachtung die Gesellschaft und der Erwerber verzichten können (Scholas 46). BGHZ 15 324, 330 läßt die Frage dahingestellt. Bis zur Vornahme der Abtretung kann eine vorher erklärte Zustimmung 106 (Einwilligung) widerrufen werden (§ 183 BGB). Dagegen ist eine nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) nicht widerruflich (Schol^ 47; RGZ 139 123). Ist die Zustimmung vor der Abtretung verweigert oder widerrufen worden, so steht dies der späteren Erteilung einer Genehmigung nicht entgegen, wenn die Parteien den Abtretungsvertrag trotz der verweigerten Einwilligung abgeschlossen haben, also an ihrer Übertragungsabsicht festhielten (BGHZ 48 163, 166; Baumbach-Hueck 5 D). (33)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Die nach Vornahme der Abtretung erfolgte Verweigerung der Genehmigung kann dagegen nicht einseitig widerrufen werden, weil die Verweigerung den Schwebezustand beendet, die Abtretung also endgültig unwirksam gemacht hat (BGHZ 13 179, 184).
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b) Erteilung Die Zustimmung der Gesellschaft ist vom Geschäftsführer zu erklären (§ 35). Nach außen ist diese Erklärung des Geschäftsführers verbindlich (§ 37 Abs. 2). Veräußert oder erwirbt die Gesellschaft eigene Anteile, so liegt die erforderliche Zustimmungserklärung des Geschäfstführers im Vertrage selbst (Goldschmidt LZ 1914 1892). Der Geschäftsführer ist berechtigt, namens der Gesellschaft deren Zustimmung zur Übertragung des ihm gehörenden oder von ihm erworbenen Geschäftsanteils auszusprechen. Aus § 181 BGB folgt kein Hindernis, wenn der Geschäftsführer die Zustimmung gegenüber dem anderen Vertragsteil erklärt (RGZ 85 51). Er kontrahiert nicht mit sich selbst. Er gibt eine selbständige Erklärung zu einem von ihm mit einem Dritten geschlossenen Vertrag (RG WarnRspr. 1915 Nr. 179; Schol^ 45). Im Eonkurs der Gesellschaft wird die Zustimmung durch das Gesellschaftsorgan erteilt, das satzungsgemäß hierfür bestimmt ist, nicht durch den Konkursverwalter (RG Recht 1918 Nr. 582; RGZ 105 152; Scholz 101; a. A. Brodmann 5 c Abs. 2; vgl. die Erl. zu § 63).
c) Gesellschafterbeschluß? Ob der Geschäftsführer nach innen verpflichtet ist, einen Beschluß der Gesellschafter einzuholen, hängt davon ab, ob ihm die Satzung, oder Beschlüsse der Gesellschaft (z. B. in Form einer Geschäftsordnung) oder sein Anstellungsvertrag diese Verpflichtung auferlegen. Auch beim Fehlen ausdrücklicher Bestimmungen kann sich aus dem Gesamtinhalt des Statuts, der Struktur der Gesellschaft oder der Treupflicht des Geschäftsführers eine solche Verpflichtung ergeben, insbesondere dann, wenn es sich um eine Familiengesellschaft handelt und die Abtretung eines Geschäftsanteils an einen Außenstehenden in Frage steht. Man wird eine solche Verpflichtung sogar als die Regel bezeichnen können, da der Anteilswechsel in erster Linie die Gesellschafter betrifft. Andererseits kann es die Satzung ausdrücklich oder implizite dem Ermessen des Geschäftsführers überlassen, die Zustimmung zu verweigern oder zu erteilen, so wenn die Satzung die Befugnisse der Gesellschafterversammlung abschließend aufzählt und die Erteilung der Zustimmung hierbei nicht erwähnt ist, oder wenn die Gesellschaft auf eine Vielzahl von Gesellschaftern angelegt ist, und bei einem Gesellschafterwechsel weniger die Person als bestimmte sachliche Kriterien (z. B. Bonität) interessieren. 109 Liegt ein Beschluß der Gesellschafterversammlung im einen oder anderen Sinne vor, so ist der Geschäftsführer im Innenverhältnis verpflichtet, entsprechend zu handeln. Wenn er jedoch entgegen einer solchen Verpflichtung die Zustimmung erteilt oder ablehnt, so ist seine Erklärung im Außenverhältnis gleichwohl verbindlich (RGZ 104 413; 160 225, 231; BGHZ 14 25, 31 — wo die Frage für die personalistische GmbH offengelassen ist; vgl. die Anm. zu dieser BGH-Entscheidung von Fischer in LM Nr. 2 zu § 17 und Schilling JZ 1955 49; Scholz 45; BaumbachHueck 5 C; Zimmermann BB 1966 1171). Die abweichende Meinung der Vorauflage Anm. 52 wird aufgegeben. Sie ist mit § 37 Abs. 2 nicht vereinbar. Da die Zustimmung auch einem Dritten, der kein Gesellschafter ist und es durch den Erwerb des Geschäftsanteils erst werden soll, erteilt werden kann (Rdn. 105), gehört sie
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zum Außenverhältnis der Gesellschaft, das von § 37 Abs. 2 bestimmt ist (vgl. auch RGZ 75 164,167). Die soeben erörterten Fälle, wo (nur) die Zustimmung der Gesellschaft von einem Gesellschafterbeschluß abhängig gemacht ist, müssen unterschieden werden von den Fällen, in denen die Abtretung selbst der Zustimmung der Gesellschafter bedarf. Nur bei der zweiten Fallgruppe können die Gesellschafter unmittelbar auf die Anteilsübertragung Einfluß nehmen (vgl. Rdn. l l l f . ) . Ist für die Zustimmung der Gesellschaft ein Gesellschafterbeschluß einzuholen, 110 so genügt hierfür, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes sagt, einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 47 Abs. 1). Das Stimmrecht des veräußernden Gesellschafters und ebenso des Erwerbers, der schon Gesellschafter ist, bei der Beschlußfassung über die Zustimmung ist zu bejahen, s. § 47, 64. Der Gesellschafterbeschluß ersetzt die von den Geschäftsführern zu erklärende Zustimmung der Gesellschaft nicht. Er ist überhaupt keine nach außen gerichtete Erklärung; daher kann er auch, solange die Zustimmung der Gesellschaft den Parteien noch nicht eröffnet ist, wieder geändert werden (RGZ 64 149). 4. Sonstige Zustimmungsvorbehalte a) Zustimmung der Gesellschafterversammlung Die Satzung kann jedoch auch gemäß Abs. 5 anstelle der Zustimmung der III Gesellschaft als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung eines Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorsehen. Der Gesellschaftsvertrag kann dieses Erfordernis auch als „weitere Voraussetzung" für die Wirksamkeit der Abtretung gem. Abs. 5 neben der Zustimmung der Gesellschaft fordern. Dieser Fall liegt anders als der oben Rdn. 108f. erörterte: Dort soll nur die Zustimmung der Gesellschaft vom Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses abhängen, der Geschäftsführer soll, gem. § 37 Abs. 1, im Innenverhältnis verpflichtet sein, die Zustimmung der Gesellschaft erst dann zu erteilen, wenn dies von der Gesellschafterversammlung gebilligt ist. Hier dagegen ist der zustimmende Beschluß der Gesellschafterversammlung selbst Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung. Daher genügt in solchen Fällen die Zustimmungserklärung des Geschäftsführers nicht (Roh. Fischer GmbH-Rdsch. 1953 135f.; ders. in Anm. LM Nr. 2 zu § 17; Eder GmbH-Rdsch. 1966 279). Die herrschende Meinung (vgl. die Zitate Rdn. 109) will auch in solchen 112 Fällen die Erklärung des Geschäftsführers im Außenverhältnis allein genügen lassen (so auch die Reform: vgl. § 51 Abs. 3 RegE und die Begründung hierzu). Sie verkennt jedoch, daß hier nicht eine gemäß § 37 Abs. 2 nach außen unwirksame Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers in Frage steht, sondern daß — entsprechend der gesetzlichen Erlaubnis in § 15 Abs. 5 — zu dem Erfordernis der Zustimmung der Gesellschaft als „weitere Voraussetzung" (oder an deren Stelle) die Zustimmung der Gesellschafterversammlung selbständig hinzutritt. Praktische Schwierigkeiten, die sich für den Erwerber bei der Feststellung für das Vorliegen eines solchen Gesellschafterbeschlusses ergeben mögen, können demgegenüber nicht den Ausschlag geben. Er kann die Satzung beim Handelsregister einsehen und muß sich das Vorliegen eines zustimmenden Beschlusses nachweisen lassen. Im übrigen können solche praktischen Schwierigkeiten bei anderen Abtretungserschwerungen nicht minder auftreten. Sie müssen durch klare Satzungsbestimmungen vermieden werden. — Wenn die Satzung keine klare Regelung trifft, muß durch Auslegung festgestellt werden, ob der hier erörterte Fall vorliegt, oder (35)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
ob der Gesellschafterbeschluß nur Innenwirkung haben soll. Im Zweifel ist der zuletzt genannte Fall anzunehmen, da er die Abtretung weniger erschwert. 113 Die Gesellschafterversammlung beschließt die Zustimmung, wenn sich aus der Satzung nichts anderes ergibt, mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 47 Abs. 1; vgl. auch Rdn. 110). Ob Fälle denkbar sind, in denen die Auslegung die Notwendigkeit einer größeren Majorität ergibt (z. B. bei personalistisch strukturierten Gesellschaften vgl. Allg. Einl. 15; so Mertens JR 1967 462, 463), dürfte zweifelhaft sein. Jedenfalls ist bei einer solchen Auslegung Vorsicht geboten. Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung kann und wird durch den Geschäftsführer den Vertragsbeteiligten erklärt werden (vgl. BGHZ 48 141, 144). Die Erklärung ist aber wirkungslos, wenn die Zustimmung tatsächlich nicht vorgelegen hat, da hier eben nicht die Erklärung der Gesellschaft, sondern die Entschließung der Gesellschafter Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung ist. Eine ohne Einwilligung der Gesellschafterversammlung abgegebene Erklärung des Geschäftsführers wird durch spätere Genehmigung der Gesellschafterversammlung wirksam (Feine S. 387). Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung kann aber auch ohne Einschaltung des Geschäftsführers erklärt werden, da der Zustimmungsbeschluß hier nicht nur eine Erklärung der GmbH vorbereitet (wie in den Fällen Rdn. 108 f.), sondern eine eigenständige Erklärung der Gesellschafterversammlung, und eben nicht der Gesellschaft darstellt; so zutreffend Gottschling Anm. GmbH-Rdsch. 1956 28 zu BGHZ 15 324. In dieser Entscheidung hält auch der BGH eine Erklärung durch den Geschäftsführer immerhin dann für überflüssig, wenn „eine einstimmige, eindeutige und offensichtlich endgültige Willenskundgebung der Gesellschafter" vorliegt. b) Zustimmung „der Gesellschafter" Auslegungsschwierigkeiten können entstehen, wenn die Satzung die Zustimmung „der Gesellschafter" vorschreibt. Im Zweifel bedeutet diese Bestimmung, daß die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung mit der sonst für Gesellschafterbeschlüsse erforderlichen Mehrheit erteilt werden muß (§ 47 Abs. 1). Doch kann die Auslegung auch zu dem Ergebnis führen, daß nach dem Gründerwillen darunter die Zustimmung aller Gesellschafter zu verstehen ist; das kann der Fall sein, wenn die persönlichen Beziehungen der Gesellschafter zueinander von besonderer Bedeutung sind (RGZ 159 272, 280f.; Scholz 48; Feine S. 387; Brodmann 5f.; Wiedemann 98; vgl. auch Allg. Einl. 15. — Zur Auslegung des Gesellschaftsvertrags s. §2, 119fF.). Eindeutig ist eine Satzungsbestimmung, wonach „alle Gesellschafter" zustimmen müssen. Hier ist ein von sämtlichen Gesellschaftern (nicht nur von den anwesenden; vgl. OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1964 250) einstimmig gefaßter Gesellschafterbeschluß oder aber die Zustimmungserklärung jedes einzelnen Gesellschafters erforderlich. Die Zustimmung zur Abtretung kann schließlich auch einem einzelnen Gesellschafter (z. B. dem Hauptgesellschafter) oder mehreren Gesellschaftern vorbehalten sein, und zwar auch neben sonstigen Erfordernissen (z. B. neben einem Gesellschafterbeschluß).
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c) Zustimmung anderer Gesellschaftsorgane oder Dritter Schließlich kann die Zustimmung zur Abtretung eines Geschäftsanteils auch einem anderen Organ der Gesellschaft, insbesondere dem Aufsichtsrat oder dessen Vorsitzenden, oder aber einem gesellschaftsfremden Dritten zugewiesen werden (KG DR 1942 10591; Baumbacb-Hueck 5 A; Schuler NJW 1956 689; Feine S. 387; (36)
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a. A. Scholz 44; Brodmann 5c; Vorauflage 52a). Zwar trifft es zu, daß die in Abs. 5 beispielhaft genannte „Genehmigung der Gesellschaft" ein gesellschaftsrechtlicher Akt ist; Abs. 5 erlaubt jedoch auch andere Abtretungserschwerungen, sofern sie nur in der Satzung vorgesehen sind. Zu den unabdingbaren Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung (§ 45, 6) gehört die Zustimmungsbefugnis nicht. 5.jDie Versagung^der Zustimmung a) Willkürliche Verweigerung Die Zustimmung kann willkürlich, also nach freiem Ermessen des dazu Berufenen, verweigert werden (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1964 250; Winter 116 aaO.; Schuler NJW 1956 690 bei Note 11; Feine S. 385; einschränkend Fischer GmbH-Rdsch. 1953 135; a. A. Scholz 49, Neflin GmbH-Rdsch. 1963 22, 24). Sie kann nicht gerichtlich erzwungen werden. Den zur Zustimmung Berufenen kann nicht entgegengehalten werden, es sei kein Grund für die Versagung der Zustimmung vorhanden. Es besteht demgemäß auch keine Verpflichtung, die Versagung zu begründen. Doch kann der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsehen (RG JW 1934 14124). Er kann beispielsweise, falls die Gesellschaft die Zustimmung versagt, eine Anrufung der Gesellschafterversammlung vorsehen. Dann hat diese das Recht, über die Zustimmung zu befinden. Weiter kann bestimmt werden, daß die Zustimmung nur aus besonderen Gründen versagt werden darf oder unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden muß. Dann ist ein Anspruch des Veräußerers gegeben. Dem Erwerber steht er nicht zu. Scholz und Neflin aaO. meinen, es entspreche nicht der heutigen Rechtsauffassung, daß die Zustimmung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes versagt werden könne. Aber das ist nirgends im Gesetz begründet. Die allgemeine Rechtsauffassung geht eher dahin, daß der Willensentschluß frei sei und nicht durch besondere oder gar „wichtige" Gründe gerechtfertigt werden müsse (so auch ausdrücklich der Regierungsentwurf § 51 Abs. 4). Seine Grenze findet das freie Ermessen des zur Zustimmung oder zur Verweigerung der Zustimmung Berufenen allerdings im Gebot von Treu und Glauben. Scholz SJZ 1949 7 setzt dies zu Unrecht mit dem Erfordernis eines wichtigen Grundes gleich. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist Rechtsmißbrauch und macht, ebenso wie Schikane (§ 226 BGB), die Versagung der Zustimmung unwirksam. Auch darf die Versagung der Zustimmung nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung (§ 14, 18/0 verstoßen. b) Anspruch auf Entschließung Zu unterscheiden von dem Recht auf Zustimmung ist der Anspruch auf Entschließung. Der Gesellschafter, der seinen Geschäftsanteil veräußern will, hat 117 ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob die Zustimmung erteilt oder versagt wird. Er kann die Gesellschaft oder den sonst dazu Berufenen auffordern, sich zu erklären. Unterbleibt diese Erklärung innerhalb angemessener Frist, so muß die Zustimmung als versagt angesehen werden. Eine solche konkludente Versagung der Zustimmung kann allerdings solange nicht vorliegen, als das zur Zustimmung berufene Gremium eine Entschließung überhaupt nicht hatte fassen können, etwa weil eine Gesellschafterversammlung oder eine Aufsichtsratsitzung nicht stattgefunden hat. Einen Anspruch gegen die Geschäftsführer auf Einberufung der Gesellschafterversammlung hat der Veräußerer nicht, sofern nicht die Voraussetzungen des § 50 vorliegen. Ebensowenig besteht ein Anspruch gegen den AR-Vorsitzen(37)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
den auf Einberufung des Aufsichtsrats. Die Organe der Gesellschaft sind nur der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschlußfassung herbeizuführen. Jedoch kann sich in diesen Fällen die Gesellschaft selbst einem Schadensersatzanspruch des Veräußerers aussetzen, wenn ihre Organe eine Entschließung pflichtwidrig verhindern. Für eine solche Pflichtwidrigkeit können die Organe der Gesellschaft im Innenverhältnis (etwa gemäß § 43) haften. — Der Erwerber hat keinerlei unmittelbaren Ansprüche gegen die Gesellschaft oder ihre Organe, sondern allenfalls gegen den Veräußerer.
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c) Zustand vor Erteilung oder Versagung Vor Erteilung oder Versagung der Zustimmung ist das Abtretungsgeschäft in der Schwebe. In diesem Stadium sind beide Vertragsteile für eine angemessene Frist an den Vertrag gebunden (BGHZ 13 179, 184f.). In aller Regel ist die Beschaffung der Zustimmung Pflicht des Veräußerer s(zu den diesbezüglichen Pflichten beim Kaufvertrag siehe Anhang Rdn. 15). Er muß alles tun, um sie herbeizuführen (RGZ 88 319). Der Erwerber, der gegenüber der Gesellschaft selbst keinen Anspruch auf Bescheid hat (Rdn. 117), kann den Veräußerer nach den allgemeinen Regeln mit der Beschaffung der Zustimmung in Verzug setzen. Ist die Zustimmung Sache der Gesellschafterversammlung, deren Berufung nicht in der Hand des Veräußerers liegt, so wird eine „angemessene" Frist (gem. § 325 BGB) in der Regel so gehalten sein müssen, daß der Veräußerer die nächste Versammlung befragen kann. Wird die Zustimmung versagt, so wird die Erfüllung des Abtretungsvertrages unmöglich. Eine Klage auf Abtretung ist daher nicht mehr zulässig, wenn die Nichterteilung feststeht (RG JW1906 323). Der Erwerber hat ggf. die Rechte aus § 325 BGB.
d) Folgen der Erteilung und Versagung Ohne die im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene Zustimmung der Gesellschaft oder anderer Organe oder Personen ist die Abtretung unwirksam (§§ 413, 399 BGB). Es liegt nicht etwa ein Veräußerungsverbot zugunsten der Gesellschaft (§ 135 BGB) vor, sondern eine Eigenschaft des Rechts, das nur mit Zustimmung des Dritten übertragbar ist. Diese Zustimmung ist kraft Satzung Bedingung jeder Übertragung (IWiedemann S. 105; Scholz 50; a. A. Schüler NJW 1956 689, 691). Wird sie versagt, so ist die Abtretung wirkungslos. Wird sie erteilt, so wirkt sie auf den Zeitpunkt der Abtretung zurück (§ 184 Abs. 1 BGB). Verfügungen, die der Veräußerer in der Zwischenzeit traf, sind dem Erwerber gegenüber unwirksam; dagegen bleiben zwischenzeitliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Veräußerer in den Geschäftsanteil dem Erwerber gegenüber wirksam (§ 184 Abs. 2 BGB; Wiedemann aaO. FN 4; RGZ 134 121, 123; OLG Stuttgart NJW 1954 36; Schol^ aaO., allerdings unter unzutreffender Berufung auf § 161 Abs. 1 BGB; a. A. Schüler aaO., der jedoch verkennt, daß § 184 Abs. 2 BGB nur Zwischenverfügungen des Genehmigenden schützt). Hat der Gesellschafter denselben Anteil mehrfach abgetreten, so wird diejenige Abtretung wirksam, der die Genehmigung zuteil wird. 120 Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer sind unwirksam, sobald die Veräußerung nach § 16 angemeldet ist, auch wenn die Genehmigung erst später erfolgt. Die Gesellschaft kann die Zustimmung versagen. Wenn sie sie aber erteilt, kann sie den Geschäftsanteil für die Zeit zwischen Anmeldung und Genehmigung nicht als dem Veräußerer gehörend behandeln. Im Ersuchen um Genehmigung kann die Anmeldung gem. § 16 liegen (siehe dort Rdn. 12).
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e) Anfechtung der Zustimmungserklärung Die Zustimmung, und ihre Versagung, sind nach allgemeinen Regeln (wegen 121 Irrtums, arglistiger Täuschung oder Drohung) anfechtbar. Die Anfechtung erfolgt durch den Geschäftsführer oder denjenigen, der sonst die Zustimmung erklärt hatte. Dann wird der Übergang des Geschäftsanteils wieder hinfallig. Bei der kapitalistisch strukturierten Gesellschaft (vgl. Allg. Einl. 15, 16) wird ein Irrtum über „wesentliche Eigenschaften der Person" (§ 119 S. 2 BGB) wohl nur denkbar sein, wenn der Geschäftsanteil nicht voll einbe2ahlt und der Erwerber insolvent ist. Bei der personalistisch strukturierten Gesellschaft sind auch die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks wichtigen persönlichen Eigenschaften des Erwerbers von Einfluß. f) Absprachen für den Versagungsfall Nach RGZ 69 134 und RG JW 1908 ist eine Abrede, wonach bei Versagung 122 der Zustimmung der Veräußerer den Geschäftsanteil zwar behalten, aber alle Rechte hieraus nur nach dem Willen des Käufers ausüben werde, wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Das dürfte in der Regel zu weit gehen. Die Parteien vereinbaren damit aber einen Treuhandvertrag, dessen Abschluß ebenfalls zustimmungspflichtig und mangels Zustimmung unwirksam ist (oben Rdn. 97). Schofy 40 hält die Vereinbarung für wirksam. Er stellt sie einer Abrede gleich, wonach der Gesellschafter einem Dritten die wirtschaftliche Nutzung seines Anteils abtritt oder Stimmrechtsbindungen eingeht. Es ist aber ein Unterschied, ob dem Dritten nur einzelne vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Geschäftsanteil oder aber das Mitgliedschaftsrecht selbst zustehen sollen (vgl. oben Rdn. 86f.). 6. Andere Abtretungserfordernisse a) Übergabe des Anteilscheins Der Gesellschaftsvertrag kann die Übergabe des Anteilscheins (vgl. dazu allg. 123 § 14, 6f.) vorschreiben (RGZ 98 276, 277; Feine 385; Scholz 6 8 ; Baumbach-Hueck § 14, 2 B; a. A. Brodmann 6; hiergegen zutreffend Schüler NJW 1956 689, 692 bei Note 44). Die Abtretung — und entsprechend eine Verpfändung (RGZ 98 aaO.) — ist dann erst mit der Aushändigung des Scheins an den Erwerber wirksam. Jedoch kann die Übergabe des Scheins nur weitere Voraussetzung i. S. von Abs. 5 (neben der Form) sein; sie kann also die notarielle Form nicht ersetzen. Eine Satzungsbestimmung, die die Übergabe des Scheins anstelle einer formgültigen Abtretung genügen ließe, wäre unbeachtlich, weil sie gegen die zwingende Vorschrift des Abs. 3 verstieße. Anteilscheine auf den Inhaber oder auf Order gibt es nicht; Anteilscheine sind keine Wertpapiere (RGZ 53 109; § 14, 7). Für die Übergabe des Anteilscheins gelten die allgemeinen Regeln. Sie kann 128 also auch durch die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) ersetzt werden. Ist der Erwerber — z. B. als Pfandgläubiger — schon im Besitz des Anteilscheins, so entfällt nach § 929 Satz 2 BGB ein besonderer Übergabeakt. Eine ausdrückliche Erklärung in der Abtretungsurkunde, daß der Erwerber den schon in seinem Besitz befindlichen Schein nunmehr als Gesellschafter behalten soll, ist nicht notwendig; es genügt, daß beide Teile sich dieser Sachlage bewußt sind. Ist der Anteilschein im Besitz eines Dritten, so wird die Übergabe durch Abtretung des Herausgabeanspruchs ersetzt (§ 931 BGB). Im Falle einer doppelten Übertragung eines Geschäftsanteils ist bei einer solchen Satzungsbestimmung diejenige wirksam, bei der der Schein übergeben worden ist. (39)
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b) Eigenschaften oder Verpflichtungen des Erwerbers Der Gesellschaftsvertrag kann bestimmte Eigenschaften des Erwerbers verlangen. Er kann beispielsweise bestimmen, daß Gesellschafter nur Männer, Angehörige einer bestimmten Familie oder Religionsgemeinschaft, nur Hausbesitzer oder nur Inländer werden können, oder nur solche Personen, die an die Gesellschaftskasse einen bestimmten Betrag k fonds perdu zahlen, oder ein bestimmtes Geschäftsunternehmen betreiben, oder ein bestimmtes Einkommen haben usw. — Ebenso kann der Gesellschaftsvertrag fordern, daß der Erwerber bestimmte Verpflichtungen des Gesellschafters übernimmt. c) Rechtsnatur solcher Bestimmungen Auch in diesen Fällen kann sich, beim Fehlen ausdrücklicher Bestimmungen, die Frage stellen, ob die Satzung das betreffende Erfordernis als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Abtretung versteht, oder als Vorbedingung, ohne welche die Gesellschaft oder die Gesellschafterversammlung die Abtretung nicht genehmigen dürfen. Ebenso kann zweifelhaft sein, ob die Gesellschafter auf das Vorliegen solcher Voraussetzungen für die Abtretung verzichten können. Hier ist durch Auslegung festzustellen, was gewollt ist. Eine Auslegungsregel läßt sich nicht geben. Ist das Erfordernis als Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung zu verstehen, so kann davon nur durch Satzungsänderung oder satzungsdurchbrechenden Beschluß abgesehen werden, sofern nicht überhaupt Zustimmung aller Gesellschafter notwendig ist, s. Erl. zu § 53. Ist die Satzung dahin zu verstehen, daß ohne das Erfordernis lediglich die statutarische Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter nicht erteilt werden darf, so ist die Abtretung mit der Erteilung der Zustimmung wirksam, auch wenn das Erfordernis nicht vorgelegen hat. Ob im zuletzt genannten Fall der Gesellschafterbeschluß anfechtbar ist, und welche Wirkungen eine erfolgreiche Anfechtung im Außenverhältnis hat, hängt wiederum von der Auslegung der Satzungsbestimmung ab (vgl. auch oben Rdn. l l l f . ) . d) Vorkaufs- und Vorerwerbsrechte Auch die Beachtung eines Vorkaufs- oder Vorerwerbsrechts kann in der Satzung als Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abtretung vorgesehen sein (zum Vorerwerbsrecht allgemein siehe Rdn. 26ff. und Anh. Rdn. 26ff.). Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch bestimmen, daß die vorgesehene Genehmigung der Abtretung erst erteilt werden darf, wenn feststeht, daß der Berechtigte das Vorerwerbsrecht nicht ausübt. Die Tragweite der einen oder anderen Bestimmung ist verschieden: Wenn die Beachtung des Vorkaufs- oder Vorerwerbsrechts nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung selbst, sondern nur Voraussetzung für die Zustimmung (der Gesellschaft oder der Gesellschafterversammlung) ist, so hat ein Verstoß hiergegen keinen unmittelbaren Einfluß auf die Abtretung, sondern nur auf das Innenverhältnis. Es gilt hier das oben Rdn. 107,111 ff. Gesagte. Vielfach fehlen hier (wie auch in den anderen Fällen des Abs. 5) in den Satzungen klare Bestimmungen. Dann ist das Gewollte durch Auslegung zu ermitteln (RG JW 1934 1421; Pastor-Werner BB 1969 1418). Sieht der Gesellschaftsvertrag vor, daß die Abtretung an einen Nichtgesellschafter der Zustimmung der Gesellschaft bedarf und der Anteil zunächst den anderen Gesellschaftern anzubieten ist, so dient das Zustimmungserfordernis mit dazu, die Einhaltung der Anbletungspflicht zu erreichen. Deshalb ist ein Beschluß anfechtbar, der die Zustimmung erteilt, bevor der abtretende Gesellschafter seiner Anbletungspflicht nachgekommen ist (BGHZ 48 (40)
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
§ 15
141, 145). Eine Vereinbarung ist sittenwidrig, wenn die einzelnen Vertragsbedingungen zur Umgehung des Vorkaufsrechts festgelegt wurden und das Vertragsziel ohne Beiseiteschiebung des Vorkaufsrechts nicht erreichbar war (RG JW1934 aaO.). V. Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung Schrifttum Biddermann Der minderjährige Gesellschafter (1965), S. 53; Ders. Die Rechtsstellung des minderjährigen Gesellschafters etc., GmbH-Rdsch. 1966 4; Gernhuber Familienrecht § 52 V 6,10; Friess Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung etc., DB 1969 957; Haegele Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige im GmbH-Recht, GmbH-Rdsch. 1971 198, 205; Knopp Uber die Genehmigungsbedürftigkeit etc., BB 1962 939; Müller Ermächtigung eines Minderjährigen oder Mündels etc., BB 1957 457; Ders. JR 1961 329; Rosenau Beteiligung Minderjähriger an gesellschaftsrechtlichen Unternehmensformen, BB 1965 1393; Wiedemann Übertragung von Mitgliedschaftsrechten, S. 252; Ders. Anm. zu BGH JZ 1970 290 in JZ 1970 291; Winkler Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts etc., ZGR 1973 177; Zelz Der Minderjährige in der GmbH, GmbH-Rdsch. 1959 91. 1. Allgemeines Über die Frage, ob und unter welchen Umständen die Abtretung und der 128 Erwerb eines Geschäftsanteils durch einen Minderjährigen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, herrscht Streit (zu der entsprechenden Streitfrage bei der Gründung vgl. § 2,62). Es ist zwischen den Genehmigungstatbeständen des § 1822 Nr. 3 BGB, erste Alternative (entgeltlicher Erwerb oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts) und 3'weite Alternative (Abschluß eines Gesellschaftsvertrags zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts), § 1822 Nr. 10 BGB (Übernahme einer fremden Verbindlichkeit) und u. U. des § 1821 und des § 1812 BGB zu unterscheiden. 2. § 1822 Nr. 3 BGB Der Erwerb von Geschäftsanteilen ist nach der %weiten Alternative des § 1822 129 Nr. 3 BGB (Abschluß eines Gesellschaftsvertrags zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts) stets genehmigungspflichtig, wenn die GmbH dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts dient (a. A. Vorauf!. 4, die § 1822 Nr. 3 BGB weder auf den Erwerb noch auf die Veräußerung von Geschäftsanteilen anwenden wollte; vgl. auch Rdn. 130). Mit dem Erwerb des Geschäftsanteils erwirbt der Minderjährige die Mitgliedschaft; er tritt in die Gesellschaft ein und damit auch in ein gesellschaftsvertragliches Rechtsverhältnis zur Gesellschaft und den Mitgesellschaftern (§ 13, 6,7). Vom Schutzzweck der Vorschrift her ist der Fall nicht anders zu beurteilen als die Beteiligung des Minderjährigen an der Gründung der GmbH (§2, 62) oder — angesichts der in der GmbH beachtlichen personalistischen Elemente (vgl. Allg. Einl. 9 ff.) — mit dem Eintritt als Kommanditist in eine KG. Damit ist, wenigstens für den wirtschaftlich meist problematischeren und bedeutungsvolleren Fall des Arite&serwerbs zugleich eine klare Lösung erreicht, welche die Genehmigungspflicht nicht von den Umständen des Einzelfalls abhängig machen muß. Die herrschende Ansicht beurteilt demgegenüber die Genehmigungspflicht beim Erwerb von (41)
§ 15
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Geschäftsanteilen (wie auch bei der Veräußerung, s. Rdn. 130) allein nach der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB, hält den Anteilserwerb also nur dann nach § 1822 Nr. 3 BGB für genehmigungspflichtig, wenn er wirtschaftlich dem Erwerb eines Erwerbsgeschäfts gleichkommt (vgl. die Zitate Rdn. 130). 130 Die Veräußerung von Geschäftsanteilen ist, nach der ersten Alternative des § 1822 Nr. 3 BGB (entgeltlicher Erwerb oder Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts) nur dann genehmigungspflichtig, wenn die GmbH dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts dient, und wenn die Höhe der Beteiligung, die Zahl der Gesellschafter und das persönliche Verhältnis des Minderjährigen zu dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nach wirtschaftlicher Anschauung eine Gleichsetzung mit der Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts rechtfertigen (herrschende Meinung: KG JW 1926 600; 1927 2578; Baumbach-Hueck 1 B; Scholz 51; Vogel3; Staudinger-Engler BGB § 1822, 68, 69; a. A. Vorauflage 4; Gernhuber aaO.). Der h. M. ist beizutreten. Der Geschäftsanteil ist Träger von Mitgliedschaftsrechten, kann also nicht als solcher mit dem von der Gesellschaft betriebenen Unternehmen, dem „Erwerbsgeschäft", gleichgesetzt werden. Daß sie eine Beteiligung an Gewinn und Verlust des Unternehmens vermittelt, rechtfertigt eine solche Gleichsetzung ebensowenig wie etwa bei der Veräußerung einer Aktie (so aber Müller aaO. S. 326). Auch der Schutzzweck der Vorschrift kann nicht zu einer solchen Ausdehnung der Genehmigungspflicht führen (vgl. BGHZ 38 26, 28; 52 316, 319). Andererseits kann aber eine in einem oder mehreren Geschäftsanteilen verkörperte Beteiligung auch dann, wenn sie nicht sämtliche Anteile umfaßt, im konkreten Fall einen so weitgehenden Einfluß auf das Unternehmen gewähren, daß ihre Veräußerung der eines „Erwerbsgeschäfts" wirtschaftlich gleichkommt. Dabei ist allerdings, im Interesse der Rechtssicherheit, die Genehmigungspflicht eng auszulegen. 3. § 1822 Nr. 10 BGB 131
Nach dieser Vorschrift (Übernahme einer fremden Verbindlichkeit) bedarf der Erwerb eines Geschäftsanteils durch einen Minderjährigen weiter dann der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn auf den erworbenen Geschäftsanteil Einlagen rückständig sind. Dann liegt im Hinblick auf § 16 Abs. 3 die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit vor. Das gleiche muß aber auch dann gelten, wenn beim Erwerb des Anteils Einlagen auf andere Geschäftsanteile ausstehen oder Forderungen der Gesellschaft gegen den Veräußerer oder gegen dritte Gesellschafter gemäß § 31 Abs. 1 bestehen. Dann übernimmt der minderjährige Erwerber mit dem Geschäftsanteil zugleich auch die Mithaftung für die Verbindlichkeit der anderen Gesellschafter, §§24, 31 Abs. 3 (KG JW 1927 2578; Schol% 51 und § 2, 4; Brodmann § 2, 6; Biddermann GmbH-Rdsch. 1966 4f.; ErmanHefermebl § 1822 BGB, 11; Pleyer GmbH-Rdsch. 1962 50f.; a. A. die Vorauflage 4 und KG GmbH-Rdsch. 1962 49; Feine S. 66 FN 7; Zel^ GmbH-Rdsch. 1959 91 ff.). Eine Unterscheidung zwischen Verbindlichkeiten des Veräußerers und solchen dritter Gesellschafter erscheint nicht gerechtfertigt, soweit den minderjährigen Erwerber eine Haftung trifft. In beiden Fällen handelt es sich um die Übernahme einer fremden Verbindlichkeit. 4. §§ 1812,1821 BGB
132
§ 1821 BGB kommt nicht in Betracht, und zwar auch dann nicht, wenn das Vermögen der GmbH nur aus Grundstücken bestehen sollte (allg. Meinung; vgl. (42)
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt)
§15
u. a. RGZ 133 7, 10f.). § 1812 BGB, der bei elterlicher Gewalt nicht gilt, auch nicht in Fällen, in denen die Eltern verhindert sind (vgl. §§ 1795, 1629, 1909, 1915 BGB), kommt nur dann als Genehmigungstatbestand in Frage, wenn ein unter Vormundschaft stehender Minderjähriger einzelne Ansprüche aus der Mitgliedschaft abtritt (Müller aaO. S. 329; vgl. Rdn. 86 ff.). VI. Wirkungen der Abtretung 1. Übergang der Mitgliedschaft § 15 behandelt (in Abs. 2) nur eine Wirkung der Abtretung eines Geschäfts133 anteils, seine Selbständigkeit (dazu Rdn. 138). Die übrigen Wirkungen ergeben sich aus allgemeinen Regeln. Die Abtretung des Geschäftsanteils bewirkt den Übergang der Mitgliedschaft. Der Veräußerer tritt aus der Gesellschaft aus, der Erwerber tritt ein. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte ist allerdings erst dann möglich, wenn der Übergang bei der Gesellschaft angemeldet ist (§ 16). Bis dahin „gilt", wie § 16 sagt, der Veräußerer der Gesellschaft gegenüber noch als Gesellschafter. Dies ändert jedoch nichts daran, daß der Rechtsübergang ohne Rücksicht auf die Anmeldung erfolgt ist (s. Erl. zu § 16). Der Erwerber ist also, dem Veräußerer gegenüber, zur Erfüllung der an die Mitgliedschaft geknüpften Pflichten auch schon vor der Anmeldung gehalten. Soweit die Gesellschaft den Übergang wegen der noch nicht erfolgten Anmeldung noch nicht zu beachten hat, muß der Erwerber den Veräußerer freistellen. Inwieweit umgekehrt eine Freistellungsverpflichtung des Veräußerers bezüglich unbekannter Rückstände besteht, folgt aus den der Abtretung zugrunde liegenden Vereinbarungen (vgl. Anhang Rdn. 24). Der Gesellschaft gegenüber wirkt die Änderung der Mitgliedschaft erst ab 134] der Anmeldung gem. § 16. Die Fiktion des § 16 ist für alle mitgliedschaftlichen Beziehungen zu der Gesellschaft maßgebend. Nur der ordnungsgemäß Angemeldete kann Stimmrechte und andere Gesellschafterrechte ausüben. Auch die Verpflichtungen gelten erst ab diesem Zeitpunkt als Verpflichtungen des Erwerbers; erst von der Anmeldung ab wird der Veräußerer von seinen Verpflichtungen frei (allerdings auch dann grundsätzlich nur für danach fällige Pflichten). Erst von da ab kann ein Gläubiger der Gesellschaft diese Rechte gegen den Erwerber pfänden. Erst von da ab kann der Konkursverwalter der in Konkurs geratenen Gesellschaft sie zur Konkursmasse ziehen. Würde die Gesellschaft vor der Anmeldung in Konkurs geraten, so müßte sie sich mit ihren Rechten gegen den Veräußerer begnügen. Im einzelnen ist auf die Erläuterungen zu § 16 zu verweisen. 2. Kein^Gutglaubenschutz? Schrifttum Grau Lücken im Schutz des gutgläubigen Rechtsverkehrs bei unwirksamer Übertragung von GmbH-Anteilen — Festschrift für Oberneck (1929) S. 173; Hohner Die Bereinigung fehlerhafter GmbH-Anteile, Festschrift für Barz (1974) 147; Kühn Gutgläubiger Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen? GmbH-Rdsch. 1970 201; Scholz Formnichtigkeit und Arglisteinrede, NJW 1950 81. Der Erwerber wird nur dann Eigentümer des Geschäftsanteils, und also 135 Gesellschafter, wenn der Veräußerer Eigentümer des Anteils war oder für den Eigentümer über den Anteil verfügen konnte. Er erhält den Anteil mit denjenigen (43)
§ 15
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Lasten und Mängeln, mit denen der Anteil behaftet war. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Erwerber die fehlende Berechtigung des Veräußerers oder die Belastungen und Mängel des Anteils kannte, kennen konnte oder nicht kannte. Einen Erwerb von Geschäftsanteilen von einem Nichtberechtigten kraft guten Glaubens gibt es nicht (OLG München OLGR 22 15; Feine S. 313, 391; Schol^ 57; Brodmann l b ; ebenso die obengenannte Literatur). Der Geschäftsanteil ist keine Sache, wie § 932 BGB und § 366 HGB sie voraussetzen. Auch die Tatsache, daß die Gesellschaft und die anderen Mitgesellschafter den Veräußerer, dem in Wahrheit der Geschäftsanteil nie gehörte, von jeher als Gesellschafter behandelt haben, kann nichts daran ändern, daß der Erwerber vom Nichtberechtigten nichts erwerben kann. Die Gesellschaft wird in solchen Fällen allerdings weitgehend durch die Legitimationswirkung der Anmeldung geschützt (vgl. die Erläuterungen zu § 16). Bei einer fehlerhaften (nichtigen, anfechtbaren) Übertragung von Geschäftsanteilen gelten die Grundsätze über die sog. fehlerhafte Gesellschaft, siehe dazu oben Rdn. 94 und Anhang Rdn. 2 ff. 136 Auch die Ausstellung von Anteilscheinen kann an dem fehlenden Gutglaubenschutz nichts ändern. Anteilscheine stellen nur Beweisurkunden dar, können aber kein nicht vorhandenes Recht entstehen lassen (§ 14, 6, 7). Auch § 405 BGB ist nicht anwendbar, da das Gesetz, nämlich das Recht der GmbH, ein anderes vorschreibt (§ 413 BGB). Ein Geschäftsanteil kann nur durch Gründung oder Kapitalerhöhung entstehen und nur auf den gesetzlich vorgesehenen Wegen untergehen. Eine Entstehung durch Rechtschein ist undenkbar. Eine andere Frage ist, ob die Gesellschaft oder ihre Organe schadensersatzpflichtig sind, wenn Anteilscheine zum Schein ausgegeben wurden. 137 Daß der Veräußerer sich vor der Abtretung bereits einem Dritten gegenüber zur Abtretung des Geschäftsanteils verpflichtet hatte, steht dem Erwerb nicht entgegen. Die Abtretung selbst entscheidet. Weiß der Erwerber jedoch von der obligatorischen Bindung des Veräußerers, so kann u. U. ein Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den Erwerber aus § 826 BGB bestehen, welcher auf Herstellung des durch die unerlaubte Handlung vereitelten Zustandes, also auf Übertragung des Geschäftsanteils geht. 3. Selbständigkeit der Geschäftsanteile (Abs. 2) 138
Hat der Erwerber bereits einen Geschäftsanteil besessen, behalten sein früherer und sein hinzuerworbener Geschäftsanteil ihre Selbständigkeit (Abs. 2). Der Erwerber besitzt dann zwei Geschäftsanteile, wie wenn ein Aktionär zwei Aktien besitzt. Die beiden Anteile werden nicht automatisch zu einem vereinigt. Es tritt nicht eine „Erhöhung" des früheren Geschäftsanteils ein (KGJ 1935 A 186; anders evtl. bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln s. Anh. zu § 57; zur Vereinigung von Anteilen s. Rdn. 140ff.). Der Gesellschafter kann einen der mehreren Geschäftsanteile selbständig veräußern, ohne daß es einer Genehmigung der Gesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 bedürfte. Haften auf dem einen Geschäftsanteil Rückstände, so kann ihretwegen nur dieser Geschäftsanteil kaduziert werden. Wegen der Ausfälle auf einem von mehreren einem Gesellschafter gehörenden Geschäftsanteilen können nur die Rechtsvorgänger dieses Anteils belangt werden usw. 139 Dies gilt auch dann, wenn ein Gesellschafter einen Teil seines Geschäftsanteils veräußert und denselben wieder zurückerwirbt. Durch den Rückerwerb vereinigt sich der abgetretene Teil nicht etwa wieder mit dem anderen Teil des Geschäftsanteils. Denn die zulässigerweise erfolgte Teilveräußerung gemäß § 17 des Gesetzes macht (44)
Übertragung von Geschäftsanteilen (Schilling/Zutt) den veräußerten Teil des Geschäftsanteils zu einem selbständigen Anteil (vgl. Erl. zu § 17). Die Bestimmung des Gesetzes, daß jeder Gesellschafter bei Gründung oder Kapitalerhöhung nur einen Geschäftsanteil erhalten kann, ist (zulässigerweise) dadurch zu umgehen, daß die Übernahme bei der Gründung durch einen beauftragten Dritten erfolgt. Dieser tritt die Teile des Geschäftsanteils in mehreren Akten in beliebigen Stücken dem Kommittenten ab. Der Gesellschaftsvertrag kann anordnen, daß kein Gesellschafter zu seinem Geschäftsanteil einen zweiten erwerben darf, beispielsweise dann, wenn Wert auf eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern der Gesellschaft gelegt wird. Eine solche Bestimmung ist nach § 15 Abs. 5 zulässig. Die Abtretung eines Geschäftsanteils an einen Erwerber, der schon Gesellschafter ist, ist in diesem Falle unwirksam. VII. Vereinigung von Geschäftsanteilen Schrifttum Priester Die Zusammenlegung von GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1976 130. 1. Abs. 2 nicht zwingend Die Vorschrift des Absatzes 2 ist nicht zwingend. Die Satzung kann zulassen, 140 daß mehrere Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil vereinigt werden (RGZ 142 36, 40; BGHZ 42 89, 92 = GmbH-Rdsch. 1965 54; Feine S. 396; Scholz 55 und §58, 11 sowie JW 1933 2805 u. GmbH-Rdsch. 1950 34; BaumbachHueck 2; a. A. Brodmann l c . Die auch vom RegE verwendete Bezeichnung „Vereinigung" empfiehlt sich mehr als die Bezeichnungen „Verschmelzung" oder „Zusammenlegung", im Hinblick auf die besondere Bedeutung jener Begriffe im Aktienrecht). Außer einer entsprechenden Vorschrift im Gesellschaftsvertrag ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anteilsvereinigung jedoch stets, daß die Stammeinlagen auf die betreffenden Anteile voll geleistet sind und eine Nachschußpflicht nicht besteht. Der Grundsatz der Beschaffung des Stammkapitals (§§ 21 ff.), dessen Durchsetzung §15 Abs. 2 dient, darf nicht beeinträchtigt werden (vgl. die obengenannten Zitate). Fehlt eine Satzungsbestimmung, die die Vereinigung von Anteilen gestattet, so ist ein entsprechender Gesellschafterbeschluß zwar anfechtbar, aber nicht nichtig (RGZ 142 42; Gotischling GmbH-Rdsch. 1965 55). Priester hält, bei Volleinzahlung der Einlagen und Fehlen einer Nachschußpflicht, weder Zulassung in der Satzung noch Gesellschafterbeschluß für erforderlich (vgl. Rdn. 142). 2. Unterschiedlich ausgestaltete Anteile Sind mit den Geschäftsanteilen unterschiedliche Rechte oder Pflichten verknüpft, oder sind sie unterschiedlich mit Rechten Dritter belastet, so ist eine Anteilsvereinigung nicht möglich. Daß der Nennbetrag eines Anteils zulässigerweise von § 5 Abs. 1 oder 3 abweicht (was z. B. bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 6 Abs. 3 des Gesetzes vom 23. 12.1959 der Fall sein kann), hindert die Vereinigung mit einem anderen Geschäftsanteil nicht. Auch können ein kaduzierter und gemäß § 23 durch freihändigen Verkauf verwerteter Anteil und ein anderer, voll einbezahlter Geschäftsanteil vereinigt werden (BGH 42 89, 92). (45)
§ 15
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter 3. Durchführung, Wirkung
142
Läßt die Satzung die Anteilsvereinigung zu, so erfolgt die Vereinigung selbst durch Beschluß der Gesellschafterversammlung (ebenso Scholz § 15, 55, der allerdings in JW 1933 2806 der Entscheidung RGZ 142 36 die Ansicht entnehmen wollte, es komme weder auf die Zulassung in der Satzung noch auf einen Gesellschafterbeschluß an, sondern nur auf die Entschließung des Gesellschafters. Daran anschließend hält Priester die Vereinigung durch einfache Erklärung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft schon de lege lata für zulässig; zur Reform vgl. Rdn. 144). Die Zustimmung des oder der betroffenen Gesellschafter ist nicht notwendig, es sei denn, der Grundsatz der Gleichbehandlung würde verletzt. Die Zulassung der Vereinigung in der Satzung und ein entsprechender Gesellschafterbeschluß, der die Gesellschafter gleichbehandelt, bedürfen auch nicht etwa der Zustimmung aller Gesellschafter. Es gilt hier nichts anderes als für die nachträgliche Beschränkung der Abtretung. Auch die Anteilsvereinigung hemmt u. U. die Mobilität des Anteils, stellt also eine Erschwerung der Veräußerung dar (vgl. Rdn. 102 und § 14,15; a. A. Priester aaO., der die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters in jedem Fall für notwendig hält). 143 Sind die Geschäftsanteile zu einem einzigen Anteil vereinigt, so gelten für diesen Anteil in jeder Hinsicht die allgemeinen Bestimmungen. Seine erneute Teilung bedarf also der Zustimmung der Gesellschaft gemäß § 17 und ist nur zulässig in Verbindung mit einer Teilveräußerung (a. A. offenbar Baumbach-Hueck 2, wenn sie von „Zusammenlegung und Neustückelung durch Gesellschafterbeschluß" sprechen). 144 Die GmbH-Reform (vgl. § 53 Abs. 4 RegE) hält an dem Prinzip der Selbständigkeit fest, will jedoch die Vereinigung mehrerer Geschäftsanteile durch — notariell beurkundete — Erklärung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft zulassen, sofern die oben (Rdn. 140) genannten sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
(46)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
ANHANG
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr Übersiebt Rdn. Einleitung I. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Abtretung oder des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrags 1. Allgemeines 2. Die fehlerhafte Abtretung . . . . 3. Der fehlerhafte schuldrechtliche Vertrag II. Schuldrechtliche Verträge über Geschäftsanteile 1. Kauf eines Geschäftsanteils a) Rechtsnatur, Erfordernisse . . . b) Verkäuferpflichten c) Mängelhaftung d) Übergang von Nutzungen und Lasten e) Käuferpflichten 2. Vorkaufsrechte und sonstige Übernahmerechte 3. Andere obligatorische Rechtsgeschäfte 4. Legitimationszession 5. Unterbeteiligung ETI. Der Geschäftsanteil als Gegenstand dinglicher Rechte 1. Verpfändung a) Zulässigkeit, Form b) Sonstige Voraussetzungen (§15 Abs. 5) c) Übertragung von Mitgliedschaftsrechten? d) Übertragbarkeit von Nutzungsrechten e) Verwertung des Pfandrechts . . f) Verpflichtung zur Pfändung . . g) Verpfändung von Einzelansprüchen h) Abtretung des Pfandrechts . . . 2. Treuhand, insbesondere Sicherungsabtretung a) Zulässigkeit b) Form der Begründung . . . . c) Stellung des Treuhänders . . . d) Beendigung (47)
1
2 5 9
13 14 20 23 25 26 30 31 35
39 40 42 46 47 48 49 50
51 52 54 57
Rdn. 3. Nießbrauch a) Zulässigkeit, Bestellung . . . . b) Wirkungen c) Nutzungspfand IV. Der Geschäftsanteil im Familienrecht 1. Allgemeines 2. Gesetzlicher Güterstand (Zugewinngemeinschaft) a) Grundsätze b) § 1365 BGB c) Ausgleichsanspruch 3. Vertragliches Güterrecht 4. Elterliche Gewalt
58 59 66 67
68 69 75 76 77
V. Zwangsvollstreckung in einen Geschäftsanteil 1. Pfändung 78 2. Wirkung der Pfändung 81 3. Verwertung des gepfändeten Anteils 82 4. Einschränkung durch Satzung? . . 88 5. Zwangseinziehung 89 6. Pfändung von Einzelrechten . . . 93 VI. Der Geschäftsanteil im Konkurs- und Vergleichsverfahren 1. Konkurs eines Gesellschafters . . 2. Konkurs der Gesellschaft . . . . 3. Vergleichsverfahren VII. Der Geschäftsanteil im Erbrecht 1. Allgemeines 2. Mehrheit von Erben 3. Haftung 4. Nachfolgeregelungen in der Satzung a) Allgemeines b) Keine „Sondererbfolge" . . . . c) Eintrittsrecht d) Abtretungsverpflichtung . . . e) Ermächtigung zur Einziehung f) Beschränkung der Abfindung? 5. Vermächtnis 6. Vorerbschaft 7. Testamentsvollstreckung
94 97 98 99 100 103 104 105 106 107 108 109 112 113 119
§ 15 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Einleitung 1
Als Gegenstand des Rechtsverkehrs, als Objekt von Kaufgeschäften und Schenkungen, Verpfändungen, familienrechtlichen Vorgängen, Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und letztwilligen Verfügungen ist der Geschäftsanteil grundsätzlich den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts und des Verfahrensrechts unterworfen. Insoweit ist auf die Literatur zu den betreffenden Gesetzen zu verweisen. Indessen ergeben sich aus der spezifischen Rechtsnatur des Geschäftsanteils verschiedentlich Besonderheiten bei der Anwendung der allgemeinen Regeln. Einige für die Praxis besonders wichtige Punkte dieser Art werden im folgenden in Grundzügen dargestellt. I. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Abtretung oder des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrags 1. Allgemeines
2
Für die Fälle der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit ist zwischen den obligatorischen Rechtsgeschäften des § 15 Abs. 4 und den Verfügungen gemäß § 15 Abs. 3 zu unterscheiden. Während die bürgerlichrechtlichen Vorschriften auf schuldrechtliche Verträge uneingeschränkt Anwendung finden, bestimmen sich die Folgen der Nichtigkeit und Anfechtung von Abtretungen gemäß § 15 Abs. 3, wenn solche Abtretungen zu einem Gesellschafterwechsel tatsächlich geführt haben, nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft. 3 Rechtsprechung und Literatur hatten bis in jüngerer Zeit den Standpunkt vertreten, auf fehlerhafte (nichtige oder anfechtbare) Verträge gemäß § 15 Abs. 3 und 4 seien durchweg die allgemeinen Grundsätze des bürgerlichen Rechts anzuwenden (RGZ 68 309, 311; 76 306, 312; 77 128, 129; RG JW 1915 589; Becker GmbH-Rdsch. 1925 547; Scholz 58; Baumbach-Hueck 1 D; Sudhoff GmbH S. 323; Vorauflage Anh. II zu §15; Einl. und §16 Anm. 26). Anders als bei dem ursprünglichen „Erwerb" von Geschäftsanteilen bei Gründung oder Kapitalerhöhung berührten, so wurde gesagt, die Nichtigkeit oder Anfechtung von Verträgen gemäß § 15 nicht die Grundlagen der Gesellschaft; auch aus den §§ 19, 30 lasse sich eine Beschränkung der Anfechtbarkeit nicht herleiten (RGZ 68 309, 311), und zwar auch dann nicht, wenn der übertragene Geschäftsanteil nicht voll einbezahlt gewesen war (RGZ 79 182, 184). 4 Mit dieser Ansicht hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. März 1975 (WM 1975 512 = JZ 1975 448) gebrochen: Nach diesem Urteil — das einen Fall entschied, in dem die Anteilsübertragung im Rahmen einer GmbH & Co. wegen arglistiger Täuschung angefochten war — sind auf die fehlerhafte Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen die gleichen Grundsätze anzuwenden, die nach der Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft bei Mängeln eines Gesellschafterwechsels in einer Personenhandelsgesellschaft gelten. Diese Grundsätze sollen einmal dann Anwendung finden, wenn die Übertragung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung anfechtbar ist, zum zweiten auch dann, wenn die Abtretung des Geschäftsanteils nicht der Form des § 15 Abs. 3 genügt. Der BGH beschränkt sich dabei auf die summarische Begründung, „die Erwägungen, die zu der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft geführt haben", träfen hier ebenfalls zu. Es könne „zu unerträglichen Ergebnissen führen und wäre mit dem Zweck der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften nicht zu vereinbaren, (48)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
wenn der tatsächlich geschaffene Zustand, daß die Erwerber in der Vergangenheit die Gesellschaft gemeinschaftlich getragen haben, mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben gestrichen und damit so behandelt würde, als ob dies niemals der Fall gewesen wäre" (BGH aaO. 514 linke Spalte). Die Entscheidung ist zu begrüßen, auch wenn sie noch Fragen offen läßt.
2. Die fehlerhafte Abtretung Grundsätzlich unterliegt die Abtretung von Geschäftsanteilen den allgemeinen 5 Vorschriften. Sie kann nicht nur wegen Fehler der Form (§15 Abs. 3), sondern auch aus anderen Gründen (z. B. fehlende Geschäftsfähigkeit eines Vertragspartners, Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten etc.) nichtig sein; ihr Zustandekommen kann durch Drohung, arglistige Täuschung oder Irrtum beeinflußt sein. Hier gilt an sich nichts anderes als bei anderen Rechtsgeschäften. Dabei ist zu beachten, daß der Mangel des obligatorischen Geschäfts (s. Rdn. 9 ff.) wegen der abstrakten Natur des Verfügungsgeschäfts, nicht ohne weiteres eine Mangelhaftigkeit der Abtretung nach sich zieht. Doch ergibt sich vielfach aus der einheitlichen Beurkundung von Kausalgeschäft und Abtretung oder aus sonstigen Umständen der Parteiwille, das Verfügungsgeschäft vom Bestand des Kausalgeschäfts abhängig zu machen, oder aber der Umstand, daß beide Rechtsakte am selben Mangel leiden (RGZ 70 88, 89; Scholz 5 8 )Die Folgen eines solchen Mangels sind jedoch gegenüber dem bürgerlichen 6 Recht dann eingeschränkt, wenn der Gesellschafterwechsel „vollzogen" ist. Was hierbei unter dem Vollzug zu verstehen ist, sagt der BGH aaO. nicht. Man wird hier nur dann von einem Vollzug der Abtretung sprechen können, wenn ein rechtsgeschäftlicher Gesellschafterwechsel gemäß § 16 bei der Gesellschaft angemeldet ist und diese Anmeldung von der Gesellschaft angenommen wurde (§ 16, 17). Zwar ist die Anmeldung kein Teil des Ubertragungsaktes (§ 16, 7); gleichwohl führen ihre Wirkungen dazu, daß der Gesellschafterwechsel auf das Leben der Gesellschaft keinen Einfluß hat, solange sie nicht erfolgt und von der Gesellschaft akzeptiert ist. Daher ist vor diesem Zeitpunkt kein Grund ersichtlich, die Nichtigkeitsfolgen des bürgerlichen Rechts nicht eintreten zu lassen. Andererseits wird man für den „Vollzug" des Gesellschafterwechsels im Sinn der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft außer der Anmeldung nicht noch weitere Voraussetzungen fordern dürfen. Denn von diesem Zeitpunkt an müssen sich die Gesellschaft, die anderen Gesellschafter und auch Dritte darauf verlassen können, daß der angemeldete Erwerber tatsächlich Gesellschafter geworden ist. Auch dann also, wenn der Erwerber selbst in dieser Eigenschaft noch nicht tätig geworden ist oder in Anspruch genommen wurde, gebietet die Rechtssicherheit, daß die so erlangte Stellung des Erwerbers nicht mehr mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben gestrichen werden kann. Auch kann es keine Rolle spielen, ob eine relativ kleine oder gewichtigere Beteiligung von dem Mangel betroffen ist. Denn die nachteiligen Folgen einer anfänglichen Nichtigkeit der Anteilsübertragung (und damit der Gesellschafterstellung) auf das Leben der Gesellschaft — Fehlerhaftigkeit von Einladungen zu Gesellschafterversammlungen, von Gesellschafterbeschlüssen — treten unabhängig von der Größe der Beteiligung auf. Die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf diese Fälle 7 hat zur Folge, daß die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung in der Regel nicht zu einer rückwirkenden Wiedereinsetzung des Gesellschafters führen kann (BGH (49)
§ 15 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
WM 1969 791), und daß diese Wirkung auch nicht dadurch herbeigeführt werden darf, daß ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht wird (BGH WM 1975 aaO.). Vielmehr bestehen insoweit nur Ansprüche auf Wiedereinräumung der Stellung als Anteilsinhaber und Gesellschafter ex nunc, ohne daß hiervon die zwischenzeitlichen gesellschaftsrechtlichen Vorgänge berührt werden könnten. 8 Allerdings sind nicht alle Mängel der Anteilsabtretung in dieser Weise zu regeln: Wie bei den entsprechenden Fällen im Bereich der Personengesellschaften gelten die Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen dort uneingeschränkt, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen entgegenstehen, hauptsächlich also dort, wo der Mangel auf fehlender Geschäftsfähigkeit eines Vertragspartners, auf einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder auf Sittenwidrigkeit beruht (BGHZ 3 285, 288; 13 320, 323 ; 26 330, 334). — Zu der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft allgemein: R. Fischer Großkomm. HGB § 105, 68 ff. m. w. N.; zum fehlerhaften Gesellschaftsvertrag der GmbH vgl. oben §2, 71 ff.). 3. Der fehlerhafte schuldrechtliche Vertrag 9
Die Geltendmachung von Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit beim schuldrechtlichen Vertrag gemäß § 15 Abs. 4 unterliegt hingegen keinen Einschränkungen Hier gelten die allgemeinen Bestimmungen. 10 Als Anfechtungsgrund kommt in erster Linie ein Irrtum des Erwerbers gemäß § 119 Abs. 2 BGB (verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache) in Betracht. „Sache" i. S. der Vorschrift ist jeder Gegenstand, also auch ein Geschäftsanteil (RGZ 149 235, 238; BGH LM Nr. 2 zu § 779 BGB; Allg. Meinung). Doch ist zu beachten, daß eine Anfechtung grundsätzlich nicht stattfindet, soweit aus den gleichen Gründen Gewährleistungsansprüche wegen Sachmängel (§§ 459 ff. BGB) bestehen (BGHZ 34 32, 34; BGH WM 1966 1185; Staudinger-0stier BGB § 459 Vorbem. 16; Kuhn RGRK § 433 BGB, 36). Die Haftung für Rechtsmängel (§ 440 BGB) schließt hingegen die Irrtumsanfechtung nicht aus (RG JW 1909 132). Eine Eigenschaft, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird, ist die Volleinzahlung der Stammeinlage (RG DJZ 97 385; WarnErg. 1908 Nr. 592 für Kuxe; Becker aaO. S. 552). Die Gegenansicht (RG Holdheim 23 268; Brodmann § 16, 5e) verkennt, daß die Zahlungspflicht nach § 19 keine Rechtsfolge der im Vertrage abgegebenen Erklärung des Käufers darstellt, sondern unmittelbar mit dem Geschäftsanteil, mit der durch ihn vermittelten Gesellschafterstellung, verbunden ist. Ebenso kann ein Irrtum über das Bestehen einer statutarischen Nachschußpflicht zur Anfechtung berechtigen, oder ein Irrtum über die gesellschaftsrechtliche Sonderstellung, die ein Vorzugsgeschäftsanteil vermittelt. Schließlich muß auch ein Irrtum über den Gewinnanteil und über besondere statutarische Beschränkungen oder Nebenpflichten zur Anfechtung berechtigen (RG Gruch. 48 102; Seuff. Arch. 85 120 für die AG). Allerdings wird der Umstand, daß sich ein Erwerber über die mit dem Geschäftsanteil verbundenen Rechte und Pflichten nicht vor Abschluß anhand des Gesellschaftsvertrags vergewissert hat, u. U. dagegen sprechen, daß er diesen Punkt als wesentlich betrachtete. Ein Irrtum über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ist in aller Regel nach § 119 BGB unbeachtlich. Auch das Bestehen eines Konkurrenzverbots der Gesellschaft gegenüber Dritten rechtfertigt eine Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB nicht (RGZ 79 277, 278). Die Verhältnisse der Gesellschaft sind keine „Eigenschaften" des Geschäftsanteils. Aus diesem Grund stellt wohl auch ein (50)
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Anh. § 15
Irrtum über die Person der Mitgesellschafter keinen Anfechtungsgrund dar. Die Annahme allerdings, einen Anteil an einer noch bestehenden GmbH zu erhalten, während die Gesellschaft sich in Liquidation befindet, kann ein anfechtungsbegründender Irrtum sein (OLG Hamburg Recht 1909 1443). Für die Anfechtung gemäß § 123 BGB gelten die allgemeinen Gesichtspunkte. 11 Zu einer Anfechtung wegen Täuschung kann das Verschweigen einer rückständigen Einlage berechtigen. Aber auch eine Täuschung über Momente, die nach dem oben Gesagten eine Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 BGB nicht ermöglichen, kann die Anfechtung nach § 123 BGB begründen, sofern diese Täuschung nur für den Vertragsabschluß kausal war. In der Ausübung der Gesellschafterrechte durch den Erwerber kann eine Bestätigung gemäß § 144 Abs. 2 BGB liegen (vgl. RGZ 77 128, 130). Dies kann jedoch nicht für die Zeit nach Erklärung der Anfechtung gelten (RGZ aaO.). — Über die Anfechtung der Beitrittserklärung bei Gründung oder Kapitalerhöhung siehe § 2, 103 ff. Eine Nichtigkeit des obligatorischen Rechtsgeschäfts aus anderen Gründen 12 als dem Formmangel gemäß § 15 Abs. 4 (z. B. wegen fehlender Geschäftsfähigkeit oder gesetzlicher Vertretung, Versagung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung etc.) wird durch den Abschluß des Abtretungsvertrags nicht gemäß Abs. 4 Satz 2 geheilt. Doch kann im Abtretungsvertrag u. U. eine Bestätigung des obligatorischen Geschäfts gemäß § 141 BGB gesehen werden (§ 15, 65). Wird in einem Kaufvertrag zum Schein ein niedrigerer Kaufpreis als der vereinbarte beurkundet, so bleibt die beurkundete Absprache gemäß § 117 BGB trotz formgültiger Abtretung nichtig; die wirkliche Absprache wird gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 geheilt. Der Umstand, daß eine solche Fehlbeurkundung zum Zwecke der Steuerhinterziehung erfolgt ist, macht das Geschäft nicht unwirksam (BGHZ 14 25, 30f.).
II. Schuldrechtliche Verträge über Geschäftsanteile 1. Kauf eines Geschäftsanteils Schrifttum U. Huber Mängelhaftung beim Kauf von Geschäftsanteilen, ZGR 1972 395; Loos Mängelhaftung für schuldrechtliche Verbindlichkeiten bei Verkauf von Aktien und GmbH-Anteilen, MDR 1962 172; Ders. Die Haftung für Rechts- und Sachmängel des Unternehmens beim Kauf von Aktien und GmbH-Anteilen, NJW 1962 519; Neumann-Duesberg Gewährleistung von Unternehmensmängeln beim Kauf von Gesellschaftsanteilen, WM 1968 494 u. 1969 1002; Wiedemann Haftung des Verkäufers für Mängel des Unternehmens, Festschrift für Nipperdey (1965) Bd. 1,815. a) Rechtsnatur; Erfordernisse Der Kaufvertrag ist gemäß § 15 Abs. 4 in notarieller Form abzuschließen, j 3 Der Kauf eines Geschäftsanteils ist Handelsgeschäft, wenn ein Vertragspartner Kaufmann ist (§ 343 HGB; Schlosser J Z 1969 338). Das entbindet aber nicht vom Formzwang. Der Anteilskauf ist kein Handelskauf, denn der Geschäftsanteil ist weder Ware noch Wertpapier (§§ 373, 381 HGB; § 14, 7). Es handelt sich um den Kauf eines Rechts (RG JW 1930 3740; Schol^ 59; Staudinger-Ostler § 437, 24; (51)
§ 15 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Kuhn RGR-Komm. §437, 9; Huber 395; anders beim Verkauf sämtlicher Anteile, vgl. § 13 Anh. I, 62). b) Verkäuferpflichten Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer den Geschäftsanteil abzutreten (§ 433 Abs. 1 BGB). Der Kaufvertrag kann auch einen fremden Geschäftsanteil betreffen. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Verkäufer, dem Käufer den versprochenen Geschäftsanteil zu verschaffen. Durch § 437 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, daß der Verkauf eines nicht bestehenden oder dem Veräußerer nicht gehörenden Rechts als ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter und daher nichtiger Vertrag behandelt wird (RG Recht 1909 1977). Auch der Verkauf des Geschäftsanteils an einer nicht (noch nicht, nicht mehr) bestehenden Gesellschaft läßt eine wirksame Verkäuferpflicht entstehen. § 306 BGB ist nicht anwendbar. Ist der Übergang des Geschäftsanteils an die Aushändigung des Anteilscheins geknüpft (vgl. § 15, 123), so liegt Kauf eines Rechts und einer Sache vor. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Rechte abzutreten und den Anteilschein zu übergeben. Auch sonstige auf die Mitgliedschaft bezügliche Urkunden (z. B. Dividendenscheine) muß der Verkäufer dem Käufer verschaffen. Zur Verweigerung der Abtretung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (gem. § 140 HGB) s. BGHZ 35 272. — Die Kosten der Abtretung trägt, mangels anderer Abreden, der Verkäufer (§ 448 Abs. 2 BGB), im Zweifel auch die der Anmeldung gemäß § 16, da die Anmeldung zur Ausübung der Rechte aus dem Anteil notwendig ist. 15 Der Verkäufer hat dafür zu sorgen, daß die Zustimmung der Gesellschaft oder anderer Organe oder Personen, die gesetzlich oder statutarisch vorgeschrieben ist (§ 15 Abs. 5, § 17), erteilt wird. Er ist verpflichtet, alles in seiner Macht stehende dafür zu tun, insbesondere auch sein Stimmrecht in diesem Sinne auszuüben (BGHZ 48 163, 166 = GmbH-Rdsch. 1968 99; RGZ 88 319, 323f.). Diese Pflicht besteht auch dann, wenn dem Verkäufer die betreffende Satzungsbestimmung nicht bekannt war (RG Recht 1909 1203). Der Käufer besitzt keinen eigenen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Beschlußfassung über die Zustimmung (§ 15, 117). Er kann sich nur an den Verkäufer halten. Der Käufer muß dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Einholung der Zustimmung gewähren. Er kann im Zweifel nicht verlangen, daß der Verkäufer die zur Erteilung der Zustimmung berufene Gesellschafterversammlung gemäß § 50 einberufen läßt oder selbst einberuft (selbst wenn er die dafür notwendige Beteiligung besitzt), sondern muß ihm Gelegenheit lassen, den Antrag auf Zustimmung der nächsten ohnehin anstehenden Gesellschafterversammlung vorzulegen. Ist ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen, so ist der Verkäufer im Zweifel verpflichtet, die Zustimmung vor Abschluß des Abtretungsvertrags einzuholen. Wird die Zustimmung endgültig nicht erteilt, so wird die Erfüllung des Kaufvertrags unmöglich. Anders, wenn der Veräußerer die Versagung der Zustimmung noch rückgängig machen kann (BGHZ 14 163,166; vgl. auch § 15,106, 116ff.). 16 Wird die notwendige Zustimmung der Gesellschaft o. ä. nicht erteilt, so haftet der Verkäufer dem Käufer (§ 437 BGB), sofern dieser nicht die statutarische Bestimmung kannte (§ 439 Abs. 1 BGB; RGZ 88 319). Im Falle des Verkaufs eines Teiles eines Geschäftsanteils entsteht eine solche Haftung nicht. Hier hat das Gesetz den Vorbehalt der Zustimmung der Gesellschaft gemacht. Der Käufer muß damit rechnen. Der Verkäufer haftet aber stets, wenn die Vereitelung der Zustimmung von ihm zu vertreten ist, sei es auch nur durch seine Stimmenthaltung oder durch sein Nichtstun (BGHZ 48 163, 166; RGZ 88 319; vgl. auch Erl. zu § 17). Er haftet 14
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ferner dann, wenn er für die Beibringung der Zustimmung garantierte. In der Zusage, für die Zustimmung zu sorgen, oder in ähnlichen Wendungen allein liegt eine solche Garantie indessen noch nicht. — Über die Frage einer Haftung der Gesellschaft bei der Versteigerung eines kaduzierten Geschäfstanteils s. die Erl. zu § 23. Ist die Abtretung wirksam erfolgt, so ist der Käufer Gesellschafter geworden 17 (§ 15, 133). Sowohl dem Verkäufer als auch dem Käufer steht nunmehr das Recht und die Möglichkeit zu, den Gesellschafterwechsel bei der Gesellschaft anzumelden (§16). Daraus folgt, daß der Verkäufer regelmäßig nicht zur Anmeldung verpflichtet ist, es sei denn, daß dem Käufer sich besondere Schwierigkeiten entgegenstellen. Ebensowenig ist der Käufer im Verhältnis zum Verkäufer verpflichtet, die Anmeldung vorzunehmen, wenn dieser sie ohne Schwierigkeit selbst vornehmen könnte. Beide Parteien sind aber verpflichtet, im Falle einer Anmeldung das zum „Nachweis des Übergangs" (§16 Abs. 1) gegenüber der Gesellschaft Erforderliche zu tun. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer das Mitgliedsrecht frei von Rechten 18 zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können (§ 434 BGB), es sei denn, daß der Käufer das Recht des Dritten beim Vertragsabschluß kannte (§ 439 Abs. 1 BGB). Die z. Zt. der Abtretung auf dem Geschäftsanteil ruhenden Mängel und Lasten gehen durch die Abtretung auf den Erwerber über, auch wenn er sie nicht kannte (§ 15, 135). Der Verkäufer haftet dem Käufer für den rechtlichen Bestand des Anteils- 19 rechts. Er steht dafür ein, daß der Käufer Mitglied der Gesellschaft in der zugesicherten Art wird (§ 437 Abs. 1 BGB). War z. B. der Geschäftsanteil bereits kaduziert, abandonniert oder eingezogen (§§ 21, 27, 34 GmbHG), oder ist auf einen als vollbezahlt verkauften Geschäftsanteil die Einlage rückständig, so haftet der Verkäufer dem Käufer nach §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 325 BGB auf vollen Schadensersatz (RGZ 96 227, 230; Staudinger-0stier BGB § 434 Anm. 18). Der Käufer hat stattdessen auch das Rücktrittsrecht. Daneben ist ihm u. U. das Recht der Anfechtung wegen Irrtums aus § 119 BGB zuzubilligen (vgl. Rdn. 9 ff.). Bei Gattungskäufen kann er anstelle des gelieferten Geschäftsanteils einen anderen, gültigen verlangen. Ein Gattungskauf liegt vor, wenn der Veräußerer sich verpflichtet hat, nicht einen bestimmten, ihm gehörenden Geschäftsanteil, sondern einen beliebigen anderen in der angegebenen Höhe zu beschaffen; solche Fälle werden aber selten sein. Zum Bestand des Geschäftsanteils gehört nicht nur, daß er zur Entstehung gelangt war, sondern daß er auch nicht nachträglich infolge eines vom Verkäufer zu vertretenden Umstandes erlischt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das Kaduzierungsverfahren eingeleitet ist, wenn ein nach dem Gesellschaftsvertrag die Amortisation begründender Umstand beim Abschluß des Kaufvertrags bereits eingetreten war usw. Wird die Gesellschaft, deren Geschäftsanteil verkauft wird, für nichtig erklärt (vgl. Erl. zu §§ 75 ff.; § 144 FGG), so tritt ebenfalls die Haftung des Verkäufers ein. Der Verkäufer hat das von ihm verkaufte Recht, den Geschäftsanteil einer bestehenden Gesellschaft nicht geliefert. Ebenso haftet der Verkäufer nach § 437 BGB für sonstige rechtliche Eigenschaften des Anteils, z. B. den Umfang des Stimmrechts, die Höhe des Gewinnanteils {Huber 396 m. w. N.). c) Mängelhaftung Die Vorschriften über Gewährleistung für Sachmängel (§§ 459 ff. BGB) finden 20 beim Verkauf von Geschäftsanteilen in der Regel keine Anwendung. Verkauft ist ein Recht, keine Sache (Rdn. 14). Der wirtschaftliche Wert eines Anteils unterliegt (53)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
also grundsätzlich nicht der Gewährleistung (Staudinger-Ostler § 433, 31; § 437, 24 ff., auch zu den folgenden Anmerkungen; Huber 397 FN 4). Anders aber beim Verkauf sämtlicher (oder praktisch sämtlicher) Anteile, der als Verkauf des Unternehmens angesehen wird, sowie dann, wenn der Verkauf dem Käufer einen beherrschenden Einfluß auf ein bestimmtes Unternehmen verschaffen soll (RGZ 120 283; 122 378; 124 164; JW 1930 3740; BGH NJW 1969 184 = JZ 1969 336 mit Anm. Schlosser DB 1970 1313 = WM 1970 819; DB 1976 37 = WM 1976 10; § 13 Anh. I, 62). Denn in diesen Fällen „stellt sich sowohl nach der Vorstellung der Parteien als auch objektiv nach der Verkehrsauffassung, der käufliche Erwerb von Mitgliedschaftsrechten an einer GmbH als Kauf des von der GmbH betriebenen Unternehmens dar" (BGH DB 1976 37), so daß sich ein solcher Vertrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Unternehmens- und damit als Sachkauf ansieht. Von diesen Fällen abgesehen kann der Käufer eines Geschäftsanteils aus einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens oder aus dem Fehlen sonstiger wirtschaftlicher Eigenschaften des Geschäftsanteils nur dann Rechte herleiten, wenn ihm eine bestimmte Beschaffenheit des Unternehmens oder bestimmte Eigenschaften der Beteiligung zugesichert wurden. Dann liegt als Haftungsgrundlage eine besondere Garantiezusage des Verkäufers vor (RGZ 100 200; 122 378; RG LZ 1929 396). Mitteilungen über Resultate der Gesellschaft in der Vergangenheit sind in der Regel Zusicherungen über Eigenschaften des Geschäftsanteils, für deren Richtigkeit der Veräußerer haftet. Huber (412ff.) will auf solche besonderen Vereinbarungen die gesetzlichen Vorschriften über Sachmängel (§§ 459, 460, All BGB) analog anwenden, allerdings mit Einschränkungen hinsichtlich der Wandlung, des Schadensersatzanspruchs nach § 463 BGB und — bei Zusagen über Bilanzen und Ertrag — hinsichtlich der kurzen Verjährungsfrist des § 477 BGB. 21 Unabhängig davon kann ein Fall von § 123 BGB (arglistige Täuschung) vorliegen, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft beim Verkauf eines Anteils in arglistiger Weise unrichtig dargestellt oder verschwiegen wird. Indessen ist hier Vorsicht geboten. Nicht immer ist beim Verkauf von Geschäftsanteilen eine unterbliebene oder nur partielle Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens als Täuschung anzusehen. Auch Geschäftsanteile einer nicht prosperierenden Gesellschaft können aus den verschiedensten Gründen Gegenstand ernsthafter Kaufverträge sein. Der Verkäufer darf diese Momente u. U. beim Käufer als bekannt voraussetzen. Auch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß können gegeben sein, z. B. wenn ein für die Vertragsverhandlungen maßgeblicher Vermögensstatus unrichtig erstellt wurde (BGH DB 1976 38). Mitteilungen über den voraussichtlichen Reingewinn sind nicht immer Zusicherungen von Tatsachen, sondern oft Urteile und Schätzungen; anders dann, wenn darin die Zusicherung einer bestimmten Ertragskraft des Unternehmens liegt (BGH NJW 1959 1585). Zusicherungen über künftige Entwicklungen lösen eine Haftung in der Regel nur aus, wenn feststeht, daß der Verkäufer für ein bestimmtes Resultat garantieren will. 22 Sind Zusagen in einer mündlichen Absprache gemacht, die erst durch die Übertragung wirksam wird, so werden sie mit dem ganzen obligatorischen Vertrag gültig. Wird der Verkauf als solcher beurkundet, so müssen die Garantiezusagen aufgenommen werden. Andernfalls können sie nur dann Wirkung erhalten, wenn sie gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 geheilt werden (§ 15, 69ff.). Zu der Frage, ob der Mangel ihrer Aufnahme den ganzen Vertrag hinfällig macht, vgl. § 15, 49, 51. Die Regeln über die Haftung bei Sachmängeln sind anwendbar auf die Urkunden über den Geschäftsanteil. Erheblich können sie aber nur dann werden, wenn deren Übergabe kraft Gesellschaftsvertrag Bedingung zum Rechtsübergang ist. (54)
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d) Übergang von Nutzungen und Lasten Die Nutzungen und Lasten gehen von der Übergabe der verkauften Sache ab 23 auf den Käufer über (§ 446 Satz 2 BGB; vgl. auch § 101 Nr. 2 BGB). Hier findet dieser Übergang mit der vollendeten Abtretung statt. Von da ab sollen die Bezugsrechte einerseits und die Pflichten andererseits auf den Käufer übergehen. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Abtretung wirksam wird. Die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Genehmigung der Gesellschaft macht die Abtretung ex tunc wirksam (§ 15,119). Dem Erwerber des Geschäftsanteils steht daher der Gewinnanspruch nicht erst von dem Zeitpunkt der Genehmigung, sondern bereits von dem Zeitpunkt der Abtretung zu, auch wenn im Verhältnis zur Gesellschaft dieser Übergang erst von der Anmeldung eintritt (§ 16). Erfolgt die Abtretung während des laufenden Geschäftsjahres, so gebührt der Gewinn dieses Jahres, mangels anderer Vereinbarungen, dem Veräußerer und dem Erwerber zeitanteilig (§ 101 Nr. 2 BGB; Scholz § 29, 3), unabhängig davon, wann über die Gewinnverteilung beschlossen wird. Die Parteien können im Abtretungsvertrag eine hiervon abweichende Absprache treffen. Es kann sich aber auch schon aus den konkreten Umständen des Abtretungsgeschäfts der Parteiwille ergeben, daß die Dividende des laufenden Geschäftsjahres dem Käufer ganz zufällt, oder ganz dem Verkäufer verbleibt. Wird über die Verwendung des dem Verkäufer hiernach ganz oder teilweise gebührenden Reingewinns eines Geschäftsjahres erst dann beschlossen, nachdem der Käufer Gesellschafter geworden ist, so darf der Käufer nichts tun, um diesen dem Verkäufer zukommenden Gewinn zu schmälern. Eine Verpflichtung des Verkäufers, auch solche Belastungen und Mängel zu 24 beseitigen, die der Käufer kennt, besteht nicht. Die ausstehende Einlage kann nicht der Hypothek auf dem verkauften Grundstück gleichgestellt werden (vgl § 439 Abs. 2 BGB). Ist der Geschäftsanteil als nicht vollbezahlt verkauft, so obliegt im Zweifel dem Käufer die Vollzahlung. Kin Regreß steht ihm nicht zu. Doch kann sich aus der Höhe des Preises und den sonstigen Umständen ergeben, daß die Parteien die Deckung durch den Verkäufer wollten (vgl. Erl. zu § 22). Ist der Geschäftsanteil als vollbezahlt verkauft, so haftet der Verkäufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB für die Beträge, die der Käufer einzahlen muß (vgl. RGZ 96 227). Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer im guten Glauben war, also z. B. selbst nicht wußte, daß die Behauptung seines Rechtsvorgängers über die Vollzahlung falsch war. e) Käuferpflichten Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den Kaufpreis zu zahlen. Er hat die 25 Abtretung entgegenzunehmen; dies ist wegen der mit dem Geschäftsanteil verbundenen Verpflichtungen von Wichtigkeit. Für den Weigerungsfall siehe § 15, 60. Von Ansprüchen der Gesellschaft, die den Verkäufer treffen, weil der Anteilsübergang noch nicht angemeldet war, hat der Käufer den Verkäufer freizustellen, wenn diese Verbindlichkeiten im Innenverhältnis von ihm zu tragen sind. Stehen dem Verkäufer noch Ansprüche auf Gewinn zu, so darf der Käufer seine Gesellschafterrechte nicht dahin ausüben, daß diese Ansprüche verkürzt werden. Er darf also der Bildung freier Rücklagen für das betreffende Geschäftsjahr (sofern dies nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehen oder bei der Gesellschaft üblich ist) oder einer sonstigen ungerechtfertigten Minderung des Bilanzgewinns nicht zustimmen, und muß gegebenenfalls den ihm zustehenden Anspruch aus § 29 Abs. 1 geltend machen (vgl. Rdn. 24). (55)
§ 15 Anh.
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2. Vorkaufsrechte und sonstige Übernahmerechte Schrifttum Grothus Das Vorkaufsrecht an GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1959 24. 26
Über die Form für die Begründung und Ausübung von statutarischen Vorkaufsrechten siehe § 15,27ff.; über ihre Sicherung durch entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag siehe § 15, 127. Schuldrechtlich richtet sich das Vorkaufsrecht nach den §§ 504ff. BGB. Die Ausübung setzt den Abschluß eines Kaufvertrags zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und einem Dritten in notarieller Urkunde voraus (§ 504 BGB). Der Abschluß eines Tauschvertrags, ein Schenkungsversprechen oder das Einbringen des Geschäftsanteils in eine Gesellschaft lösen dagegen, wenn nichts Entsprechendes vereinbart ist, das Vorkausrecht nicht aus (BGHZ 13 133; NJW1964 540; NJW1968 104; RGZ 88 361 ; Neflin GmbH-Rdsch. 1963 22, 25). Eine umfängliche Sicherung gegen das Eindringen fremder Gesellschafter läßt sich also nur durch Zustimmungsvorbehalte (und evtl. erweiterte Übernahmerechte; vgl. unten) erreichen. Die nachträgliche Aufhebung des Kaufvertrags mit dem Drittkäufer beseitigt den Vorkaufsfall nicht; RGZ 118 8. Der Vorkaufsberechtigte braucht sich nicht zu erklären, bevor ihm die Urkunde über den Abschluß des Kaufvertrages vorliegt. Die Ausübung des Vorkaufsrechts muß nicht in notarieller Form erfolgen (§ 505 Abs. 1 Satz 2 BGB; vgl. § 15, 28). Mit der Erklärung gegenüber dem verkaufenden Gesellschafter ist der Vertrag zwischen diesem und dem Vorkaufsberechtigten perfekt. Das Vorkaufsrecht kann für die Gesellschaft, für alle oder einzelne Gesellschafter oder auch für Dritte festgesetzt sein. Im ersteren Fall setzt es voraus, daß die Geschäftsanteile voll einbezahlt sind (§ 33 Abs. 1) ; doch genügt es, daß dies im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts der Fall ist. Eine Abtretung des Vorkaufsrechts an einen anderen, auch einen anderen Gesellschafter, ist nicht zulässig, wenn dies nicht besonders bedungen ist (§ 514 BGB). Ist es in der Satzung zugunsten der Gesellschafter verabredet, so handelt es sich um ein Individualrecht der einzelnen Gesellschafter. Die Abänderung einer solchen Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ist daher nur mit Zustimmung der Berechtigten zulässig. Im Zweifel sind die jeweiligen Gesellschafter vorkaufsverpflichtet bzw. vorkaufsberechtigt. Das Vorkaufsrecht haftet dem Geschäftsanteil an. Trifft der Gesellschaftsvertrag keine anderen Anordnungen, so hat die Anzeige seitens des Verkaufenden an alle Gesellschafter zu erfolgen (§510 BGB). 27 Für die Ausübung durch mehrere Gesellschafter gilt an sich § 513 BGB. Doch wird keine gemeinsame Erklärung der Vorkaufsberechtigten Gesellschafter notwendig sein, sofern nur jede Ausübungserklärung dahin verstanden werden kann, daß der Vorkaufsberechtigte — je nachdem, ob die anderen das Vorkaufsrecht ebenfalls ausüben oder nicht — den Geschäftsanteil im ganzen oder nur zu Bruchteilen zu erwerben bereit ist. Eine Teilausübung ist jedenfalls nicht zulässig, wenn dies nicht besonders vereinbart ist. Haben mehrere das Vorkaufsrecht ausgeübt, so erwerben sie den Anteil zu Bruchteilen. Diese richten sich, da eine Änderung der Kapitalverhältnisse bei gemeinsamer Ausübung des Vorkaufsrechts in der Regel nicht gewollt ist, im Zweifel, abweichend von § 741 BGB, nach dem Verhältnis der Beteiligung der Ausübenden (anders Vorauf!. § 15 Anh. II, 10). 28 Falls nicht die Satzung eine Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter zur Abtretung (oder die Abtretung selbst) erst dann wirksam werden läßt, wenn die Frist zur Ausübung eines Vorkaufsrechts ungenutzt verstrichen ist, muß darauf geachtet werden, daß das Vorkaufsrecht ausgeübt wird und die Abtretung an den (56)
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Berechtigten erfolgt, bevor der verkaufende Gesellschafter wirksam an den Dritten abtritt (s. auch § 15, 127). Andernfalls geht das nur obligatorische Vorkaufsrecht ins Leere (vgl. dazu BGH NJW 1967 2159 und § 15, 127). Bei einer Pfändung des Anteils versagt das Vorkaufsrecht (Rdn. 88). Neben dem Vorkaufsrecht kennt die Praxis andere Übernahmerechte, also das 29 Recht der Gesellschaft oder der Gesellschafter, den Geschäftsanteil eines Gesellschafters unter bestimmten Voraussetzungen zu übernehmen, ohne in die Bedingungen eines Kaufvertrags einzutreten, den der Verpflichtete mit einem Dritten geschlossen hat (vgl. § 15, 29). Dabei können als Übernahmefall die verschiedensten Umstände vorgesehen sein: Das Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters als Geschäftsführer, der Eintritt eines bestimmten Datums, der Tod des Gesellschafters oder eines Dritten, die Insolvenz des Gesellschafters, ein gesellschaftswidriges Verhalten des Anteilsinhabers etc. Oft wird auch ein Übernahmerecht für den Fall vereinbart, daß der Gesellschafter den Anteil an einen Dritten verkauft; in diesem Fall unterscheidet sich das Übernahmerecht vom eigentlichen Vorkaufsrecht dadurch, daß die Übernahme nicht zu den Bedingungen des Drittvertrags zustande kommt. Für die Form der Begründung gilt nichts anderes als bei den Vorkaufsrechten (vgl. oben Rdn. 26, sowie § 15, 27 ff.). Wird das Übernahmerecht im Gesellschaftsvertrag vereinbart, so liegt darin ein formgültiger obligatorischer Vertrag. Weder das „Angebot" des Verpflichteten, das nichts anderes ist, als die Erklärung, der bereits bestehenden Verpflichtung nachzukommen, noch die Annahme des Berechtigten bedürfen dann noch der Form des § 15 (s. § 15, 28; Scholz § 15, 26; RGZ 113 149). Auch eine der Abtretungsverpflichtung entsprechende Übernahmepflicht kann vorgesehen sein. Eine solche Verpflichtung der Gesellschaft darf aber nicht gegen § 33 verstoßen; sie entfällt außerdem, wenn die Gesellschaft in Konkurs ist (vgl. Rd. 97). Ist über den Übernahmepreis nichts Ausdrückliches vereinbart, so wird in aller Regel der Verkehrswert des Geschäftsanteils, nicht etwa der Nominalbetrag, als stillschweigend vereinbart gelten müssen. — Bei einer Pfändung des Geschäftsanteils versagen Übernahmerecht ebenso wie Vorkaufsrechte (unten Rdn. 88). 3. Andere obligatorische Rechtsgeschäfte Der Geschäftsanteil einer GmbH kann auch Gegenstand eines Tauschs sein. 30 Hier gilt § 515 BGB und demzufolge finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung (vgl. oben 14, sowie § 15, 5fF.). Auch eine Hingabe an Erfüllungsstatt ist möglich (§ 365 BGB). Ein Anteil kann Gegenstand einer Schenkung oder eines Schenkungsversprechens sein. Wird die Schenkung eines Geschäftsanteils versprochen, so genügt nicht die Beurkundung des Versprechens allein (§ 518 BGB), sondern es muß auch seine Annahme beurkundet werden (§ 15, 52). Durch die wirksame Abtretung wird der formungültige Schenkungsvertrag geheilt (§ 15, 61). Bei der Schenkung sind die Besonderheiten der Haftung für Rechtsmängel zu beachten (§ 523 BGB). Eine Haftung des Schenkers tritt, wenn ihm der Anteil gehörte, nur bei Arglist ein. Scheitert die schenkweise Abtretung an anderen Umständen, z. B. an der Versagung der Zustimmung der Gesellschaft, so verliert die Schenkung jede Wirkung. Eine Haftung des Schenkers besteht nicht. — Auch durch Vergleich kann man einen Geschäftsanteil erwerben (OLGR 38 191). Über die Form beim gerichtlichen Vergleich siehe § 15, 58. Endlich kann ein Geschäftsanteil auch Gegenstand der Einbringung in eine andere Gesellschaft sein (vgl. § 5; § 15,18). — Leihe und Miete an einem Geschäftsanteil sind schon deshalb nicht möglich, weil der Anteil keine Sache ist (Feine S. 412; Scholz 66). Aber auch die (57)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Pacht, die an sich an einem Recht möglich ist, muß als mit dem personenrechtlichen Charakter der Mitgliedschaft unvereinbar und deshalb als unzulässig angesehen werden. 4. Legitimationszession 31
Der Gesellschafter kann einen anderen, auch einen Nichtgesellschafter, ermächtigen, Verwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht, im eigenen Namen auszuüben; er kann ihm diese Rechte übertragen, ohne ihm zugleich den Anteil abzutreten. Die Zulässigkeit dieser sog. Legitimationsübertragung ist von der Rechtsprechung aus § 185 BGB hergeleitet worden und im Aktienrecht seit langem anerkannt (RGZ 118 331 und die dort zitierten früheren Entscheidungen). Im neuen Aktiengesetz (§ 129 Abs. 3 AktG) ist die Legitimationsübertragung ausdrücklich geregelt. Es handelt sich dabei um die Ausübimg fremder Rechte im eigenen Namen, mit Zustimmung des Berechtigten, also weder um Stellvertretung (wo fremde Rechte in fremdem Namen ausgeübt werden), noch um einen Fall der Treuhand (wo der Treuhänder eigene Rechte, wenn auch für fremde Rechnung, ausübt). Die Legitimationsübertragung wird vor allem bei der Verpfändung praktisch (unten Rdn. 43), hat aber auch darüber hinaus Bedeutung. 32 Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung für die GmbH ist umstritten. Die herrschende Meinung verneint sie (BGHZ 43 261, 267; OLG Frankfurt JW 1933 131; Scholz 71; Feine S. 398; Brodmann 2a; R. Fischer GmbH-Rdsch. 1952 113,116; VogelVQ 1954 209; Müller GmbH-Rdsch. 1969 4, 9; grundsätzlich ebenso RGZ 145 99 = JW 1934 2906 mit zust. Anm. Hueck-, a. A. jedenfalls in Verbindung mit Verpfändung: RGZ 157 52, 55; OLG München JW 1933 1037; Hueck JZ 1952 115; Lehmann GmbH-Rdsch. 1953 143). Die h. M. lehnt die vom Geschäftsanteil losgelöste Übertragung einzelner Verwaltungsrechte mit dem Hinweis auf die „Einheitlichkeit" der Mitgliedschaft ab, ebenso wie sie dies bei den Personengesellschaften aus dem Gesichtspunkt der Gesamthandsbeteiligung tut (BGHZ 43 aaO.). Der herrschenden Meinung ist nicht zu folgen. Die Zulässigkeit der Legitimationsübertragung ergibt sich aus den Gründen, die oben § 14, 31 ff. im einzelnen dargelegt sind. Darauf wird verwiesen. Demnach können das Stimmrecht und andere Verwaltungsrechte zur eigenen Ausübung (nach Weisungen des Zessionars oder ohne solche) übertragen werden. Zulässig ist auch die Einräumung einer unwiderruflichen Vollmacht unter Verzicht auf eigene Ausübung (vgl. § 14, 32; a. A. R. Fischer GmbH-Rdsch. 1952 113). 33 Die Übertragung von Verwaltungsrechten unterliegt zwar nicht den für die Abtretung geltenden Formvorschriften des § 15 Abs. 3 und 4. Jedoch ist sie den sonstigen Beschränkungen des § 15 Abs. 5 unterworfen: Wenn und soweit nach dem Gesellschaftsvertrag die Abtretung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung der Gesellschaft oder an sonstige Voraussetzungen geknüpft ist, gilt dies auch für die Stimmrechtsübertragung (§ 14, 34). Die Satzung kann also auch die Übertragung von Verwaltungsrechten ganz ausschließen. Desgleichen wird man aus Gründen der Rechtsicherheit § 16 entsprechend anwenden müssen: Die Übertragung von Verwaltungsrechten gilt der Gesellschaft gegenüber nur, wenn sie angemeldet ist (vgl. hierzu § 16, 53). Der wesentliche Unterschied gegenüber dem Aktienrecht ist also, daß die Legitimationsübertragung offengelegt werden muß. Im übrigen richten sich die Modalitäten der Legitimationsübertragung nach den zwischen dem Gesellschafter und dem Legitimationsberechtigten getroffenen Vereinbarungen. Ein (58)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
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Widerruf ist unabhängig von den Absprachen stets möglich, wenn Grund vorliegt. Unübertragbar bleiben allerdings die zum Kernbereich der gehörigen Verwaltungsrechte. Vgl. im einzelnen § 14, 33. Insoweit eine Legitimationszession noch eine unwiderrufliche, verdrängende gung möglich.
ein wichtiger Mitgliedschaft 34 ist also weder Bevollmächti-
5. Unterbeteiligung Schrifttum Esch Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, N J W 1964 902; Herzfeld Die Unterbeteiligung, AcP 137 1933 270; Hesselmann Die Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1964 26; Janberg Die Unterbeteiligung im Gesellschaftsrecht, DB 1953 77; Paulick Die Unterbeteiligung in gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, ZGR 1974 253; Schneider Über die Unterbeteiligung an Anteilen einer Personengesellschaft als stille Gesellschaft, Festschr. Ph. Möhring (1965) 115. Die Unterbeteiligung ist „Beteiligung an einer Beteiligung". Der GmbH- 35 Gesellschafter kann einen Dritten gesellschaftsvertraglich an der wirtschaftlichen Nutzung des Geschäftsanteils beteiligen, ohne daß der Dritte (Unterbeteiligte) Rechte an dem Geschäftsanteil selbst erwirbt. Der Grund für die Einräumung einer Unterbeteiligung kann darin liegen, daß eine Abtretung von Anteilen oder Teilanteilen nach der Satzung ausgeschlossen oder erschwert ist; aber auch als Vorstufe für eine Hauptbeteiligung kann eine Unterbeteiligung geeignet sein. Die Unterbeteiligung ist Innengesellschaft i. S. der §§ 705 ff. BGB (BGH BB 1968 973; Paulick 256; a. A. Esch, Schneider: stille Gesellschaft i. S. von §§335 ff. HGB; die analoge Anwendung von Bestimmungen über die stille Gesellschaft kann im Einzelfall sinnvoll sein). Der Geschäftsanteil wird nicht Gesellschaftsvermögen. Der Unterbeteiligte tritt nicht in rechtliche Beziehungen zur GmbH, wird nicht GmbHGesellschafter (BGHZ 50 316). Von der Treuhand unterscheidet sich die Unterbeteiligung dadurch, daß der Unterbeteiligte nicht (wie der Treugeber) die wirtschaftliche Stellung eines GmbH-Gesellschafters erhält, von partiarischen Rechtsverhältnissen dadurch, daß zwischen dem Anteilseigner und dem Unterbeteiligten ein echtes — auf gemeinsamer Nutzung des Anteils gerichtetes — Gesellschaftsverhältnis besteht. — Unterbeteiligte können natürliche oder juristische Personen sein, ebenso auch Gesamthandsgemeinschaften. Ist der Unterbeteiligte minderjährig, so bedarf er zum Vertragsabschluß keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, da er nicht in Beziehungen zur Gesellschaft tritt (vgl. § 15, 129). Da die Unterbeteiligung keine Rechte am Geschäftsanteil verschafft, bedarf ihre 36 Begründung nicht der Form des § 15 Abs. 3 und 4 oder einer Zustimmung seitens der Gesellschaft. Veräußerungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 stehen ihr nicht entgegen (§ 15,24 u. 96). Ebensowenig finden die §§ 16—18 auf die Unterbeteiligung Anwendung. Ist allerdings vorgesehen, daß der Geschäftsanteil unter bestimmten Voraussetzungen (insbes. bei Beendigung der Unterbeteiligung) auf den Unterbeteiligten zu übertragen ist, so ist § 15 Abs. 4 zu beachten (vgl. § 15, 25). In der unentgeltlichen Einräumung einer Unterbeteiligung will der BGH ein — formbedürftiges — Sdnznkungsversprechen gemäß § 518 BGB sehen (BGHZ 7 179 und 378 = LM §705 BGB Nr. Im. Anm. R. Fischer-, ebenso Hesselmann 27). Diese Ansicht verkennt die rechtliche Natur der Innengesellschaft. Die Unterbeteiligung (59)
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verschafft dem Unterbeteiligten bereits eine Beteiligung und sagt sie ihm nicht nur zu (Schilling GroßkommHGB § 161, 30 m. w. N.). Gleichwohl wird man in der Praxis diese Auffassung des BGH zu berücksichtigen haben. — Zu den steuerrechtlichen Fragen vgl. insb. Paulick und Hesselmann, jeweils m. w. N. 37 Die Ausgestaltung der Unterbeteiligung unterliegt weitgehend der Parteidisposition. Sie kann sich auf eine Beteiligung am Gewinnanteil des GmbH-Gesellschafters beschränken, sie kann eine Beteiligung an Gewinn und Verlust vorsehen. Sie kann den Unterbeteiligten obligatorisch so stellen, als sei der Geschäftsanteil gemeinsames Vermögen (entspr. der atypischen stillen Gesellschaft; vgl. Esch 904). Sie kann eine Einlage des Unterbeteiligten vorsehen (die in das Vermögen des Hauptbeteiligten fällt) oder unentgeltlich eingeräumt werden. Wo vertragliche Bestimmungen fehlen, finden die §§ 705 ff. BGB Anwendung, soweit nicht die nach außen hin unveränderte Stellung des hauptbeteiligten Anteilseigners Abweichungen bedingen. Die Geschäfte der Innengesellschaft führt der Anteilseigner; er muß die aus dem Geschäftsanteil fließenden Rechte ausüben. Dabei hat er die Interessen des Unterbeteiligten zu beachten. Seine Treupflicht als GmbH-Gesellschafter wird dadurch nicht berührt (Hesselmann 28). Zu den Rechten und Pflichten des Unter- und des Hauptbeteiligten siehe im einzelnen das oben angeführte Schrifttum. 38 Die Unterbeteiligung endet im Zweifel mit der Beendigung der Hauptbeteiligung, also dem Untergang des Geschäftsanteils oder seiner Veräußerung, ebenso mit dem Tod eines der Beteiligten. Jedoch ist gerade bei dem zuletzt genannten Fall stets genau zu prüfen, ob sich nicht (selbst dann, wenn ausdrückliche Vertragsbestimmungen fehlen) aus den gesamten Umständen der Unterbeteiligung „etwas anderes ergibt" (entspr. § 727 Abs. I BGB, § 131 Nr. 4 BGB). Im übrigen kann die Unterbeteiligung, soweit abweichende Regelungen fehlen, nach § 723 BGB gekündigt werden. Bei der Auseinandersetzung der Unterbeteiligung hat der Unterbeteiligte Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage, gegebenenfalls (bei einer „atypischen" Unterbeteiligung) auf Zahlung eines Betrags, der dem anteiligen Wert des Geschäftsanteils entspricht. Die Veräußerung des Geschäftsanteils kann er nicht beanspruchen, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart ist.
III. Der Geschäftsanteil als Gegenstand dinglicher Rechte 1. Verpfändung Schrifttum Buchwald Verpfändung und Pfändung von GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1959 254,1960 5; Müller DieVerpfändung von GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 19694, 34, 57; Schuler Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, NJW1956 689; Ders. Die Pfändung von GmbH-Anteilen etc., NJW 1960 1423; Serick Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen und andere Kreditsicherungsmöglichkeiten im Bereiche der GmbH, GmbH-Rdsch. 1967133; Vogel Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, DB 1954 209; Wiedemann Übertragung (1965), S. 421 ff.
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a) Zulässigkeit, Form Die Verpfändung eines GmbH-Anteils ist zulässig, soweit die Abtretung zulässig ist. Dies folgt aus § 1274 BGB, wonach an jedem Recht ein Pfandrecht bestellt werden kann, soweit es übertragbar ist. Dies entspricht allgemeiner Meinung (vgl. (60)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
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die Nachweise bei der oben zitierten Literatur). — Die Verpfändung erfolgt in derselben Form wie die Abtretung (§ 1274 Abs. 1 BGB), also gemäß § 15 Abs. 3 durch notariell beurkundeten Vertrag (oder gerichtlich protokollierten Vergleich, § 127 a BGB) zwischen dem Gesellschafter (Verpfändet) und dem Pfandnehmer. Im einzelnen kann insoweit auf die Erläuterungen zu § 15 verwiesen werden. Demnach ist eine bedingte Verpfändung zulässig und ebenso die Verpfändung künftiger Geschäftsanteile. Verpfändungen solcher Art werden mit Eintritt der Bedingung bzw. mit der Entstehung des Geschäftsanteils wirksam (vgl. § 15, 85). Die Verpfändung kann formgerecht auch schon im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, insbesondere eine Verpfändung zugunsten der Gesellschaft bei der künftigen Entstehung bestimmter Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter. Auch die Verpfändung von Teilen eines Geschäftsanteils (nach bestimmtem Nennbetrag) ist, unter Beachtung der Form und des Zustimmungserfordernisses gemäß § 17 zulässig (Schüler aaO.; vgl. § 17, 40). Die Verpfändung eines Geschäftsanteils für eine Schuld in bestimmter Höhe ist keine Verpfändung eines Teils des Geschäftsanteils, sondern eine Beschränkung der dinglichen Haftung. Sie bedarf daher auch keiner Genehmigung nach § 17. Formfrei ist die Aufhebung der Verpfändung. b) Sonstige Voraussetzungen (§ 15 Abs. 5) Knüpft der Gesellschaftsvertrag die Übertragung von Geschäftsanteilen an 40 weitere Voraussetzungen gemäß § 15 Abs. 5, z. B. an die Zustimmung der Gesellschaft, so ist auch die wirksame Bestellung eines Pfandrechts hiervon abhängig. Das folgt wiederum aus § 1274 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 413, 399 BGB. Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch besondere, für die Abtretung nicht geltende Voraussetzungen für die Verpfändung von Geschäftsanteilen vorsehen. Er kann die Verpfändung sogar vollständig ausschließen, auch wenn die Abtretung unbeschränkt oder unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist (Müller aaO. S. 5; Schuler aaO. S. 690; Staudinger-Spreng BGB § 1274, 3 m. w. N.). Die Satzung kann aber auch umgekehrt für die Verpfändung mildere Voraussetzungen fesdegen als für die Abtretung (Schuler 690; a. A. anscheinend Müller aaO. S. 5). Hat die Gesellschaft Anteilscheine ausgegeben, so tritt dadurch weder eine Erleichterung noch eine Erschwerung der Form ein. Die Verpfändung erfolgt auch in diesem Falle durch notariellen Vertrag. Auch zur Übertragung des Rechts ist die Übergabe der Urkunde nicht erforderlich (§ 1274 BGB; vgl. RG JW 1903 Beilage 9, 74; RG Recht 1903 1774). Nur wenn der Gesellschaf tsvertrag die Übertragung an die Übergabe des Anteilscheins knüpft (§ 15, 123), ist auch die Verpfändung hiervon abhängig. In diesem Falle ist eine ohne Übergabe des Anteilscheins geschehene Verpfändung unwirksam. Besondere .Fomerfordernisse für die Verpfändung kann die Satzung freilich nicht aufstellen; dies würde § 1274 BGB und § 15 Abs. 3 widersprechen; umgekehrt kann sie aber auch den Formzwang für die Verpfändung nicht gegenüber der Abtretung mildern (Müller S. 6). Eine Anzeige an die Gesellschaft gemäß § 1280 BGB ist nicht erforderlich, da 41 diese Bestimmung sich nur auf Forderungen, nicht auf Mitgliedschaftsrechte bezieht (Scholz 6 8 5 Feine S. 405; Staudinger-Spreng § 1274, 3 und § 1280, 1; Müller aaO. bei FN 16 m. w. N.). Auch einer Anmeldung der Verpfändung bei der Gesellschaft gemäß § 16 bedarf es nicht zur Wirksamkeit der Verpfändung; ebensowenig wie die Anmeldung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung ist (§ 16, 51; ebenso Müller S. 6; Brodmann § 16, 2a; Schüler S. 690). Doch kann die Satzung dieses Erfordernis für die Verpfändung aufstellen (so richtig Schuler aaO). Erst dann, wenn (61)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
der Pfandgläubiger Rechte aus der Verpfändung gegenüber der Gesellschaft geltend macht, ist die Anmeldung notwendig; sie liegt dann aber in der Geltendmachung selbst (die hieran knüpfende Streitfrage ist also praktisch bedeutungslos; vgl. Müller S. 6; Schüler aaO.; Scholz 68; Feine S. 405; Staudinger-Spreng §1274 aaO.). c) Übertragung von Mitgliedschaftsrechten? Durch die Verpfändung erhält der Pfandgläubiger nur das Recht, sich aus dem Geschäftsanteil zu befriedigen (§§ 1273, 1204 BGB). Dagegen erhält er keine Mitgliedschaftsrechte (Müller S. 7 bei FN 21 m. w. N.). Diese verbleiben vielmehr dem Gesellschafter. Er behält insbesondere das Stimmrecht, evtl. Minderheitsrechte (z. B. gemäß § 50), das Recht gemäß § 27 Abs. 1 zur Preisgabe (Abandon) des Anteils, die Zustimmungsbefugnis zur Einziehung (§ 34 Abs. 2) und das Recht zur Kündigung der Gesellschaft oder zur Erhebung der Auflösungsklage. § 1276 BGB trifft auf diese Fälle nicht zu. Der Pfandgläubiger hat also keinen Einfluß auf die Ausübung dieser Rechte, selbst wenn darin der Untergang des Rechts liegt. Denn diese Vorschrift gilt nicht für Rechtsänderungen, die sich im Wege der körperschaftlichen Willensbildung und damit auf sozialrechtlicher Grundlage vollziehen (RGZ 139 230; R. Fischer GmbH-Rdsch. 1961 21, 27; Müller S. 7ff.; Wiedemann S. 430; Buchwald S. 7; die beiden letzteren, ebenso wie die Vorauflage Anhang I, 4 allerdings abweichend für die Auflösungsklage und die Kündigung; ähnlich Staudinger-Spreng § 1274, 3). Freilich ist der Gesellschafter verpflichtet, die Interessen des Pfandgläubigers in angemessener Weise zu berücksichtigen. Ein Verstoß hiergegen macht den Gesellschafter schadensersatzpflichtig. 43 Allerdings kann der Gesellschafter diese Verwaltungsrechte dem Pfandgläubiger durch Vertrag übertragen, mit Ausnahme der zum „Kernbereich" der Mitgliedschaft gehörenden Rechte. Die Zulässigkeit einer solchen Übertragung insbesondere des Stimmrechts folgt — gegen die herrschende Meinung — aus den oben (§ 14, 31 ff.) dargelegten Gründen; vgl. auch Rdn. 31 ff. (wie hier im Ergebnis RGZ 157 52, 55f.; Lehmann GmbH-Rdsch. 1953 143; a. A. BGHZ 3 354ff. = JZ 1952 114 mit Anmerkung Hueck\ LM Nr. 6 zu § 105 HGB = MDR 1954 32 für die Personengesellschaft; Scholz 71; Feine 398,406,526; Müller S. 11). Eine Vollmachtserteilung ist natürlich auch nach der herrschenden Ansicht grundsätzlich zulässig, indessen nicht in unwiderruflicher Weise (a. A. insoweit Müller S. 11). 44 Das Pfandrecht als solches gibt dem Pfandgläubiger keinen Einfluß auf die Gesellschafterstellung seines Vertragspartners. Auch die Verpflichtungen des Gesellschafters werden durch die Verpfandung nicht berührt. Die Nichtleistung der Einlage kann auch bei dem verpfändeten Geschäftsanteil zur Kaduzierung führen. Einen Anspruch, daß ihm die Aufforderungen und Androhungen zugestellt werden, hat der Pfandgläubiger nicht. Wer einen nicht vollbezahlten Geschäftsanteil zu Pfand nimmt, muß mit einer solchen Folge rechnen (vgl. Erl. zu § 21). Dasselbe gilt für die Einforderungen von Nachschüssen. Die Versteigerung des preisgegebenen oder von der Gesellschaft an sich gezogenen Geschäftsanteils vernichtet das Pfandrecht zugunsten der Gesellschaft (vgl. aber unten 45). Ebenso gefährdet ist das Pfandrecht bei beschränkter Nachschußpflicht. Hier sind die Vorschriften über die Kaduzierung wegen Säumnis bei der Stammeinlage anwendbar (§ 28). Zahlt der Pfandgläubiger, um das Pfandrecht zu erhalten, so steht ihm ein Ersatzanspruch nur gegen den Verpfänder zu (§ 1226 BGB). 45 Da die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte durch den Gesellschafter dem Pfandgläubiger gegenüber wirksam ist und die Gesellschafterbeschlüsse wie auch 42
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Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
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Maßnahmen der Gesellschaft dem Pfandgläubiger gegenüber wirken, fragt es sich, inwieweit sich das Pfandrecht — analog § 1287 BGB — auf Ersatzansprüche des Gesellschafters erstreckt, die aus dem Wegfall des Geschäftsanteils oder sonstigen Maßnahmen entstehen. Dies ist gerechtfertigt bezüglich des Einziehungsentgelts (§ 34), des Auseinandersetzungsguthabens bei Liquidation oder Kündigung und der Ansprüche auf Rückzahlung der Stammeinlage (§ 58 Abs. 2). Anders dagegen beim Abandon gemäß § 27, soweit die Gesellschaft (nicht der Gesellschafter) die Kaufpreisforderung erwirbt (vgl. hierzu im einzelnen die Erläuterungen zu §§ 27, 30, 34, 58 und Müller aaO. S. 36). d) Übertragbarkeit von Nutzungsrechten Auch das Recht auf die Nutzungen geht auf den Pfandgläubiger nicht ohne weiteres über (§§ 1273 Abs. 2 Satz 2, 1213 Abs. 2 BGB). Jedoch können ihm diese vermögensrechtlichen Vorteile rechtsgeschäftlich übertragen werden. Eine Form hierfür ist nicht erforderlich (§ 15, 86). Zum sog. Nutzungspfand vgl. Rdn. 66. e) Verwertung des Pfandrechts Seine Befriedigung durch Verwertung des Geschäftsanteils kann der Pfandgläubiger aufgrund eines vollstreckbaren Schuldtitels nach den für die Zwangsvollstrekkung geltenden Vorschriften suchen (§ 1277 BGB). Doch können die Parteien ein anderes vereinbaren. Dabei ist die Schutzvorschrift des § 1277 S. 2 BGB zu berücksichtigen. Die Vereinbarung, daß der Geschäftsanteil dem Pfandgläubiger zufallen oder übertragen werden soll oder daß er vom Pfandgläubiger freihändig veräußert werden darf, ist vor dem Eintritt der Verkaufsberechtigung auch hier nicht zulässig (§§ 1277, 1245 Abs. 2, 1229 BGB; RGZ 100 274). Die freihändige Veräußerung des Geschäftsanteils durch den Pfandgläubiger unterliegt dem Formzwang des § 15 (RGZ 164 170; OLG Jena DJZ 1921 500; vgl. auch Rdn. 91). Statutarische Veräußerungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 können, wenn das Pfandrecht erst einmal wirksam bestellt ist (Rdn. 40), die Verwertung gemäß § 1277 nicht ausschließen oder erschweren. In der Zustimmung zur Verpfändung liegt zugleich die Zustimmung zur Verwertung (Wiedemann 433f.; Schuler NJW 1956 690). Natürlich kann die Gesellschaft die Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu der Verpfändung von Zusagen des Pfändungsgläubigers bezüglich der Verwertung abhängig machen. Jedoch wirken solche Zusagen nur obligatorisch. Eine weitergehende Sicherung gegen einen unerwünschten Übergang des Geschäftsanteils bietet nur die für solche Fälle statutarisch vorgesehene Einziehung (vgl. Rdn. 66 ff.).
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f ) Verpflichtung zur Verpfandung Der obligatorische, auf Verpfändung gerichtete Vertrag ist formlos gültig 48 (RGZ 53 107 ; 58 223; RG J W 1937 2118; Scholz 69; Baumbach-Hueck 3 B ; Staudinger-Spreng BGB § 1274, 3). Die Vorschrift des § 15 Abs. 4 ist darauf nicht anwendbar. Nur die Bestellung des Pfandrechts selbst erfolgt nach den für die Übertragung geltenden Vorschriften (§ 1274 BGB). Auch aus einer formlos vereinbarten Verpfändungszusage kann also auf die Bestellung des Pfandrechts geklagt werden. — Erfolgt die Bestellung des Pfandrechts an einem Geschäftsanteil nicht in der in § 15 Abs. 3 vorgeschriebenen Form, so wird darin meist ein Verpfändungsversprechen gesehen werden können. (63)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
g) Verpfändung von Einzelansprüchen Formlos wirksam ist auch die Verpfändung einzelner vermögensrechtlicher Ansprüche, welche aus der Mitgliedschaft fließen (Ansprüche auf Gewinn, Abfindungsguthaben etc., vgl. § 15, 86). Die Verpfändung dieser Ansprüche erfolgt so, wie Forderungen überhaupt verpfändet werden, also durch formlose Verpfändungserklärung und Anzeige gemäß § 1280 BGB. Wenn Dividendenscheine auf Order ausgegeben sind, so kann die Verpfändung auch durch Indossament und Übergabe des Papiers erfolgen (§ 1192 BGB). Bei Dividendenscheinen auf Inhaber ist Einigung und Übergabe des Papiers erforderlich und genügend (§ 1293 BGB; Schol% 72). Ist die Verpfändung des Anspruchs auf Gewinnbezug mit der Verpfändung des Geschäftsanteils verbunden, so erscheint allerdings die letztere als der Hauptgegenstand des Geschäfts. Die Nichtigkeit dieses Teils hat die Unwirksamkeit der Nebenzusage zur Folge (§ 139 BGB). — Zur Verpfändung von Dividendenscheinen allein ist niemals die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich, auch wenn diese bei der Veräußerung des Geschäftsanteils vorgeschrieben ist. h) Abtretung des Pfandrechts Die Abtretung des Pfandrechts an einem Geschäftsanteil kann nur durch Abtretung der Forderung erfolgen, für welche es als Sicherheit bestellt ist. Einer Form bedarf es hierbei nicht. Das Pfandrecht geht mit der Forderung auf den Zessionar über. Dasselbe gilt bei dem Übergang einer Forderung kraft Gesetzes wie z. B. bei Zahlung durch den Bürgen. 2. Treuhand, insbesondere Sicherungsabtretung Schrifttum Beuthien Treuhand an Geschäftsanteilen, ZGR 1974 26; Bing (Anmerkung) JW 1931 796; Däubler Die treuhänderische Abtretung des GmbH-Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1966 243; Ebermann Die Verwaltungstreuhand an GmbH-Anteilen, Dissertation Köln 1970; Emmerich Treuhand an GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1931 154 und 241; Lebmann Zur Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen, GmbHRdsch. 1953 143; K. Müller Die Sicherungsübertragung von GmbH-Anteilen (1969); Neflin Mittel und Möglichkeiten gegen Überfremdung einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 22, 25f.; Seydel-Skibbe Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen, GmbHRdsch. 1955 169; Serick Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen und andere Kreditsicherungsmöglichkeiten, GmbH-Rdsch. 1967 133; Ders. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung II S. 471; Scheuermann Zur Sicherungsabtretung von GmbH-Anteilen, Dissertation Heidelberg 1965; Schilling Zur Ausübung fremder Gesellschaftsrechte im eigenen Namen, Festschrift Walter Schmidt (1959) S. 208f.; P. XJlmer Rechts- und Steuerfragen zur Treuhand von GmbH-Anteilen (WPG 1963 120); Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965); Heining Treuhand an GmbH-Anteilen, GmbHRdsch. 1954 98; Goldschmidt (Anmerkung) JW 1933 100; Siebert Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis (1933) S. 180.
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a) Zulässigkeit Treuhänder ist, wer Rechte als Eigenrechte empfangen hat, mit der Bestimmung, sie nicht oder nicht ausschließlich im eigenen Interesse auszuüben. Ein eigentliches Treuhandverhältnis liegt vor, wenn der Geschäftsanteil (Treugut) aus (64)
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dem Vermögen des Treugebers unmittelbar auf den Treuhänder übertragen wird. Dem uneigentlichen Treuhandverhältnis, bei dem der Treuhänder das Treugut im eigenen Namen für einen Dritten erwirbt, um es für diesen Dritten treuhänderisch zu halten, wollen die Rechtsprechung und ein Teil der Literatur die „quasi dingliche" Wirkung absprechen (RGZ 84 214; 133 84, 87; BGH WM 1965 174, 175; Serick II S. 81 f.; Kuhn WM 1964 998, 1005; Soergel-Schult^e-v. Lasaulx vor §164 BGB Rdn. 70; a. A. Staudinger-Coing BGB Einführung vor § 104, 60d; Enneccerus-Nipperdey §148 II; Siebert S. 109; u.a.). Die Frage kann im Konkurs des Treuhänders eine Rolle spielen (vgl. unten). Die Treuhandabtretung aji Geschäftsanteilen ist, eben weil sie Vollrechtsübertragung ist, zulässig. Sie unterliegt denselben Bestimmungen wie die Begründung der Gesellschafterstellung ohne treuhänderische Bindung. Wer einen Geschäftsanteil als Treuhänder hält, ist nach außen, gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber der Gesellschaft, vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter. In der Praxis der GmbH findet sich die Treuhand in erster Linie in der Gestalt der Sicherungsabtretung im Interesse eines Gläubigers (unten Rdn. 56), daneben aber auch als Verwaltungstreuhand, die ganz oder überwiegend im Interesse des Treugebers begründet wird. — Zur Treuhand siehe auch § 15, 40 u. 97. b) Form der Begründung Der Treuhandvertrag zwischen Treugeber und Treuhänder ist an sich form- 52 frei. Aus der Tatsache, daß sich aus dem Treuhandverhältnis eine Verpflichtung des Treuhänders ergeben kann, den Geschäftsanteil abzutreten, ergibt sich ein Formzwang nach § 15 Abs. 4 noch nicht (§ 15, 46). Daher ist die Abrede, sich als Treuhänder (sog. Strohmann) für einen anderen an der Gründung einer GmbH oder an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen, formlos wirksam, auch wenn aus ihr die Verpflichtung des Treuhänders folgt, den neuen Geschäftsanteil nach seiner Entstehung auf den Hintermann (Treugeber) zu übertragen (zur Strohmanngründung vgl. § 2, 49). Wohl aber bedarf der obligatorische Vertrag zwischen Treugeber und Treuhänder, durch den sich der Treugeber verpflichtet, den Geschäftsanteil treuhänderisch auf den Treuhänder zu übertragen, in der Regel der Form des § 15 Abs. 4, denn hier ist die Verpflichtung zur Abtretung der eigentliche Vertragsgegenstand {Däubler aaO. S. 244; Ulmer aaO. S. 121 f.; Scho\ 8). Der Formmangel wird durch die formgültige Abtretung geheilt (§ 15 Abs. 4 S. 2). Die Verpflichtung des Treuhänders, den Anteil bei Beendigung des Treuhandverhältnisses auf den Treugeber zurückzuübertragen, folgt dagegen wiederum aus dem Treuhandverhältnis, unterliegt also dem Formzwang nicht. Die treuhänderische Abtretung selbst unterliegt dem Formzwang des § 15 53 Abs. 3 und allen weiteren Voraussetzungen, die der Gesellschaftsvertrag gemäß § 15 Abs. 5 für die Abtretung allgemein vorsieht (vgl. § 15, 97). Auch hinsichtlich der Anmeldung gemäß § 16 gilt keine Ausnahme. Dies gilt auch für die Fälle der Rückabtretung vom Treuhänder auf den Treugeber und für die Abtretung des Anteils vom Gründungsstrohmann an den Hintermann. In der Zustimmung zu der Treuhandabtretung liegt zugleich die zur Rückabtretung nach Beendigung der Treuhand (§ 15, 98). Aus dem Zweck der Formvorschrift folgt, daß auch die Abrede zwischen einem Gesellschafter und einem Dritten, den Anteil für diesen künftig treuhänderisch zu halten, gemäß § 15 Abs. 3 beurkundet werden muß (§ 15, 40, 97; RGZ 159 272, 281; Ulmer S. 121). Desgleichen bedarf die Abtretung der Treugeberrechte auf einen anderen der Form und der sonstigen Voraus(65)
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Setzungen einer Anteilsabtretung. Ebenso die Abtretung des Anteils von einem Treuhänder auf einen anderen (anders der Ausnahmefall der Abtretung des Herausgabeanspruchs vom Treugeber an einen Dritten, um diesen zum neuen Treuhänder zu machen, BGHZ 19 69; vgl. § 15, 97). Die Rückabtretung für den Fall der Beendigung des Treuhandverhältnisses kann auch schon vorher, insbesondere schon bei der Abtretung selbst (bedingt oder befristet) vereinbart werden (K. Müller 7; Schol^ 58; Sudhoff 300; vgl. § 15, 85); dabei ist die Form des § 15 Abs. 3 zu beachten. c) Stellung des Treuhänders Der Treuhänder ist vollberechtigter und vollverpflichteter Gesellschafter {Scholl 8; Feine s- 398; Baumbach-Hueck % 15, 1 C; RG JW 1934 2906 mit Anm. Hueck-, RGZ 123 381; 138 106,108 = JW 1933 100; RGZ 153 352; BGH GmbHRdsch. 1962 117 und 1963 3 mit Anm. Pleyer-, Hueck JZ 1952 115). Dies gilt auch für den Sicherungsnehmer. Von der Entscheidung RGZ 131 146 = JW 1931 796 (mit Anm. Bing), die in einem Sonderfall den Übergang der Verpflichtungen gemäß § 16 Abs. 3 verneint hatte, ist das Reichsgericht in RGZ 138 106 mit Recht abgerückt. Auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschafter und Sicherungsnehmer kommt es nicht an; auch Abmachungen mit der Gesellschaft können die zwingende Vorschrift des § 16 Abs. 3 nicht abdingen. — Der Treuhänder allein hat das Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen, nur er besitzt Stimmrecht (vgl. aber auch unten Rdn. 55) und Gewinnanspruch, nur er kann Gesellschafterbeschlüsse als nichtig oder anfechtbar angreifen (Däubler 245; BGH GmbH-Rdsch. 1962 117; BGH NJW 1966 1459 = GmbH-Rdsch. 1966 189). Ihn treffen aber auch im Außenverhältnis allein die Verpflichtungen zur Zahlung rückständiger Einlagen, von Nachschüssen etc. Der Treuhänder kann kündigen und die Auflösungsklage erheben. Er kann der Einziehung des Geschäftsanteils zustimmen und den Anteil veräußern. Gegenüber Mißbräuchen der Treuhänderstellung und Verletzungen der Treuhänderpflichten ist der Treugeber grundsätzlich auf Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder verwiesen. Ansprüche gegen Dritte können sich allenfalls aus § 826 oder § 823 Abs. 2 BGB herleiten lassen, insbesondere bei Kollision mit dem Treuhänder. 55 Allerdings wirkt sich die Besonderheit der Treuhänderstellung in bestimmten Fällen auch im Außenverhältnis aus. Die nach der Satzung erforderliche Zustimmung oder andere Beschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 sind nicht nur bei der Anteilsabtretung selbst, sondern auch beim Wechsel des Treugebers als des eigentlich (wirtschaftlich) Berechtigten zu beachten (Rdn. 53). Das Stimmrechtsverbot des § 47 Abs. 4 findet nicht nur da Anwendung, wo Interessen des Treuhänders berührt werden, sondern auch bei möglichen Kollisionen mit Interessen des Treugebers (Serick GmbH-Rdsch. 1967 137f.; Seydel-Skibbe GmbHRdsch. 1955 169, 170 m. w. N.; vgl. Erläuterungen zu §47). Und schließlich ist nach BGHZ 31 258, 266 f. neben dem Treuhänder (Strohmann) auch der Treugeber hinsichtlich der §§ 30, 31, 24 und 19 Abs. 2 wie ein Gesellschafter zu behandeln. 56 Das Innenverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder ist von den Zwecken bestimmt, die zur Vereinbarung der Treuhand führen. Einen typischen Treuhandvertrag gibt es nicht (vgl. RGZ 127 345; BGH BB 1969 1154). Auftragselemente liegen aber stets vor (BGHZ 32 67). Bei der Sicherungsabtretung steht das Sicherungsinteresse des Gläubigers und Treuhänders im Vordergrund. Trotz dieses „eigennützigen" Charakters dieses Treuhandverhältnisses darf auch der Sicherungserwerber die Belange des bisherigen Gesellschafters nicht außer Acht lassen, soweit
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der Sicherungszweck nicht beeinträchtigt wird (Hueck JW 1934 2906). Wo der Vertragszweck ein anderes nicht erforderlich macht, ist der Treuhänder an die Weisungen des Treugebers gebunden (§ 665 BGB). Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Stimmabgabe. Notfalls muß der Treugeber diese Weisungen durch einen Rechtsstreit gegen den Treuhänder durchsetzen, was indessen zu beträchtlichen praktischen Schwierigkeiten führen kann (vgl. hierzu Ebermann S. 112; zur Durchsetzbarkeit von Stimmrechtsbindungen siehe Erl. zu § 47). Weiter führt meist der Widerruf, die Kündigung des Treuhandverhältnisses, soweit eine solche Maßnahme möglich ist. Dem Treugeber gegenüber kann sich der Treuhänder auf die Wirksamkeit einer an sich gültigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahme nicht berufen, wenn diese durch einen abredewidrigen Gebrauch der Gesellschafterrechte seitens des Treuhänders verursacht ist (Arglisteinwand, BGH GmbH-Rdsch. 1962 117). Nach § 138 BGB kann eine Vereinbarung, die Ausübung aller Gesellschaftsrechte einem Treuhänder zu überlassen, nichtig sein, wenn besondere Umstände hinzutreten, die zu einer übermäßigen Bindung des Gesellschafters (Treugebers) führen (BGHZ 44 158, 160 für die oHG). d) Beendigung Auch die Beendigung des Treuhandverhältnisses richtet sich, mangels aus- 57 drücklicher Abreden, nach seinem Zweck. Bei der Sicherungsübertragung endet der Treuhandvertrag mit Vollbefriedigung des Sicherungsnehmers, ohne daß es einer besonderen Kündigung bedarf. Die Verwaltungstreuhand wird in der Regel jederzeit kündbar sein (§ 671 oder § 675 BGB). Aus wichtigem Grund kann aber auch ein zu Sicherungszwecken abgeschlossener Treuhandvertrag vom Treugeber gekündigt werden, z. B. bei schweren, durch den Sicherungszweck nicht gedeckten Verstößen gegen Weisungen oder Interessen des Treugebers. 3. Nießbrauch an Geschäftsanteilen Schrifttum R. v. Godin Nutzungsrecht an Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen (1949) ; Heidecker Das Bezugsrecht bei nießbrauchsbelasteten Aktien, NJW1956 892; Hesselmann Nießbrauch an GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1959 21; Körting Die Ausübung des Stimmrechts bei der GmbH im Falle der Nießbrauchbestellung am Geschäftsanteil, JW 1934 1452; Murray Der Nießbrauch am GmbH-Anteil, Diss. Köln 1965; v. Schilling Das Nießbrauchsrecht an einer Beteiligung, DB 1954 561; Sudhoff Der Nießbrauch am Geschäftsanteil einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1971 53; Superc^jnskt Das Stimmrecht beim Nießbrauch an Aktien und GmbH-Anteilen, Diss. Köln 1963; Teichmann Der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen, ZGR1972 1; 1973 24; Teichmann-Köhler Aktiengesetz3 (1950) S. 231; Tüffers Der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil der GmbH, Diss. Köln 1930; H. Weher {Luther) Der Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen — steuerrechtliche Behandlung —, ZGR1972 24 und 1973 45; Wiedemann S. 397 ff. a) Zulässigkeit, Bestellung Der Geschäftsanteil kann Gegenstand eines Nießbrauchs sein (§ 1068 Abs. 1 58 BGB). Ist die Abtretung des Geschäftsanteils kraft Gesellschaftsvertrags ausgeschlossen (§ 15, 4), so kann auch kein Nießbrauch daran bestellt werden. Bedarf die (67)
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Übertragung der Zustimmung der Gesellschaft oder sonstiger Voraussetzungen gem. §15 Abs. 5, so gilt dies auch für die Begründung des Nießbrauchs (§ 1069 Abs. 2 BGB). Die Bestellung des Nießbrauchs erfolgt nach den für die Übertragung des Geschäftsanteils geltenden Vorschriften (§ 1069 Abs. 1 BGB). Es gilt für die Bestellung eines Nießbrauchs sinngemäß dasselbe wie für die Verpfändung. Auf Rdn. 39 ff. wird verwiesen. Wenn die Statuten die Übertragung des Geschäftsanteils an die Übergabe des Anteilscheins knüpfen (§ 15, 123), so muß dem Nießbraucher mindestens der Mitbesitz übertragen werden (analog § 1081 Abs. 2 BGB). Der Gesellschaft gegenüber gilt der Nießbraucher erst dann als solcher, wenn ihr die Bestellung des Nießbrauchs angezeigt ist. Bis dahin wird die Dividende dem Gesellschafter gültig ausbezahlt. Dies folgt jedoch nicht aus § 16, sondern aus den allgemeinen Vorschriften (§§ 1070, 404ff. BGB). Zur wirksamen Bestellung ist eine Anmeldung gemäß § 16 nicht erforderlich (§ 16, 51; Scholz 88; Wiedemann S. 399). b) Wirkungen Dem Nießbraucher stehen die Nutzungen zu einem der Dauer seiner Berechtigung entsprechenden Teil zu (§ 101 BGB). Mit dem Gewinnverteilungsbeschluß (s. Erl. zu § 29) erwächst das Gläubigerrecht auf den Gewinnanteil in der Person des Nießbrauchers. Werden Gewinnvorträge oder freie Rücklagen aus der Zeit des Nießbrauchs nach seiner Beendigung verteilt, so stehen diese Gewinnanteile dem Gesellschafter zu. Der Nießbraucher hat insoweit keinen Anspruch gegen die Gesellschaft. Ob ihm aus solchen Sachverhalten ein Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter zusteht, richtet sich nach dem der Nießbrauchbestellung zugrundeliegenden Schuldverhältnis. Das Abfindungsguthaben oder eine etwaige Amortisationssumme ist an den Nießbraucher und den Gesellschafter gemeinschaftlich zu zahlen (§ 1077 BGB). Nießbraucher und Gesellschafter sind einander verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß das eingezogene Kapital mündelsicher verzinslich angelegt und dem Nießbraucher der Nießbrauch daran gewährt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der Nießbraucher (§§ 1079, 1083 Abs. 2 BGB). 60 Die Verpflichtungen, welche an dem Geschäftsanteil haften, verbleiben bei dem Gesellschafter (Feine S. 410). Er allein ist zur Einzahlung von Einlagerückständen verpflichtet. Zahlt der Nießbraucher solche Beträge, so haftet ihm der Gesellschafter auf Ersatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 1049 BGB). Zahlt keiner von beiden, so kann der Geschäftsanteil trotz des Nießbrauchs kaduziert werden und dadurch der Gesellschaft anheim fallen. Dann fällt der Nießbrauch fort. Ob besondere Verbindlichkeiten im Sinne des § 3 Abs. 2 im Innenverhältnis den Nießbraucher oder den Gesellschafter treffen, hängt von der Art dieser Leistungen ab. Sind sie wiederkehrende Lasten, welche mit dem Gewinn im Zusammenhang stehen, so ruhen sie auf dem Nießbrauch (§ 1047 BGB). Die Gewährung eines einmaligen Darlehens kann man dagegen von dem Nießbraucher nicht fordern. 61 Wem die Verwaltungsrechte, insbesondere das Stimmrecht zustehen, ist umstritten (vgl. die Nachweise bei Wiedemann S. 413 Note 1 und 2, S. 414 Note 1; Bar% GroßkommAktG § 134, 6; Zöllner Kölner KommAktG § 134, 15; Staudinger-Spreng BGB §§ 1081, 1082 Rdn. 1). Während ein Teil der Literatur sie dem Nießbraucher zuordnet (für das AktR Bar% aaO. m. w. N.) und eine Mindermeinung eine gemeinsame Ausübung dieser Rechte durch Gesellschafter und Nießbraucher befürwortet (vgl. Zöllner aaO.; Brodmann GmbH-Rdsch. 1938 11), stehen diese Rechte nach der herrschenden Ansicht dem Gesellschafter zu (Baumbach-Hueck 6 C; Brodmann
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§47, l c ; Scholz 90; Vogel 13; Wiedemann S. 413f. m. w. N.; Hesselmann GmbHRdsch. 1959 21, 22; Sudhoff GmbH-Rdsch. 1971 53). Ihr ist recht zu geben. Die Analogie zum Sachenrecht (§ 1036 Abs. 2 BGB) kann nicht dazu führen, dem Nießbraucher die Mitgliedschaftsrechte insgesamt zuzuordnen. Denn ihre Ausübung hat fast stets Auswirkungen nicht nur auf die Erträgnisse, sondern zugleich auf die Substanz der Beteiligung. Die Interessen des Nießbrauchers sind in aller Regel weniger umfassend als die des Gesellschafters (so zutr. Wiedemann aaO.). Eine Aufspaltung der Verwaltungsrechte (ohne eine klare vertragliche Regelung; dazu unten) oder ein gemeinsames Handeln brächte erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich. Bei der Ausübung der Verwaltungsrechte hat der Gesellschafter die Interessen des Nießbrauchers zu berücksichtigen. Er hat ihn über die Geschehnisse in der Gesellschaft zu informieren und bei Beschlüssen, die für den Nießbrauch von Bedeutung sein können, seine Ansicht einzuholen. Vor allem darf er die Mitgliedschaftsrechte nicht in der Weise ausüben, daß der Nießbraucher dadurch geschädigt wird. Gehen die ausgeschütteten Gewinne durch Zutun des Gesellschafters zurück, so kann dies Schadensersatzansprüche des Nießbrauchers gegen den Gesellschafter auslösen, wenn dies nicht auf dem Geschäftsgang, sondern auf einer nicht üblichen oder gebotenen Bildung von Rücklagen o. ä. beruht (so richtig Wiedemann aaO.). Der Nießbraucher hat keinen Anspruch darauf, bei einer Kapitalerhöhung zur Übernahme eines neuen Geschäftsanteils zugelassen zu werden, und zwar auch dann nicht, wenn sie aus Gesellschaftsmitteln erfolgt und die verwendeten Rücklagen in der Zeit des Nießbrauchs gebildet worden sind (BGH GmbH-Rdsch. 1972 215 für die KG). Er wird jedoch in dem letztgenannten Fall beanspruchen können, daß ihm an dem neuen Anteil ebenfalls ein Nießbrauch bestellt wird. Ob er darüber hinaus Schadensersatzansprüche erheben kann, hängt von den Umständen ab (vgl. oben Rdn. 62). — Daß dem Gesellschafter, ohne Rücksicht auf den Nießbrauch, gesellschaftsvertragliche Sonderrechte (z. B. auf Bestellung zum Geschäftsführer) zustehen, folgt aus der Natur des Nießbrauchs, RGZ 170 358, 369. Zur Ausübung der Gesellschafterrechte, die zum Untergang des Geschäftsanteils führen oder ihn in einer den Nießbraucher beeinträchtigenden Weise verändern, bedarf der Gesellschafter gemäß § 1071 BGB der Zustimmung des Nießbrauchers. Allerdings berührt dies die gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit der Ausübung nicht {Schol^ 92, 78). Sie kann nur eine Schadensersatzpflicht des Gesellschafters herbeiführen. Dies gilt insbesondere für die Zustimmung zur Einziehung gemäß § 34 Abs. 2, aber auch für die Kündigung der Gesellschaft (Scholz 79; OLG Hamm GmbH-Rdsch. 1971 57 = BB 1971 13). Eine abweichende Regelung der Verwaltungsrechte, insbesondere eine weitergehende rechtsgeschäftliche Übertragung von Verwaltungsrechten auf den Nießbraucher ist (entgegen der h. M.) zulässig. Auf die Darlegungen § 14, 31 fF. wird verwiesen. Sie bedarf zwar nicht der Form des § 15 Abs. 3 und 4, setzt aber die Beachtung sonstiger für die Anteilsübertragung geltende Satzungsbeschränkungen (§ 15 Abs. 5) voraus.
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c) Nutzungspfand Nießbrauch und Pfandrecht können verbunden werden (sog. Nutzungspfand; 66 hierzu eingehend Müller GmbH-Rdsch. 1969 57). Dem Gläubiger, dem der Geschäftsanteil zur Sicherheit verpfändet ist, wird zugleich der Nießbrauch daran auf solange bestellt, wie die Forderung an den Schuldner besteht. Er bezieht hiernach die Dividende. Diese ist in erster Linie auf die Zinsen und in der verbleibenden Höhe auf (69;
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das Kapital aufzurechnen. Es kann dabei vereinbart werden, daß eine Versteigerung des Geschäftsanteils ausgeschlossen sein soll. Der Umstand, daß das BGB diese Mischform von Pfandrechten und Nießbrauch nicht kennt, steht der Wirksamkeit einer solchen Abrede nicht im Wege. IV. Familienrechtliche Fragen Schrifttum Ronkel Einzelfragen zur Ehegatten- und Familien-GmbH, GmbH-Rdsch. 1968 26; Sudhoff Die Familien-GmbH, GmbH-Rdsch. 1973 193. 1. Allgemeines Das Familienrecht ist für die Praxis der GmbH von erheblicher Bedeutung. Bestimmungen des ehelichen Güterrechts und der gesetzlichen Vertretung Minderjähriger sind bei der Gründung der Gesellschaft, bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags und sonstigen Gesellschafterbeschlüssen, wie auch bei der Beendigung und der Auseinandersetzung zu beachten. Im vorliegenden Zusammenhang werden diejenigen familienrechtlichen Fragen behandelt, die bei der Übertragung von Geschäftsanteilen und den anderen unter § 15 fallenden Rechtsgeschäften auftreten. Zu sonstigen familienrechtlichen Problemen vgl. die Erläuterungen insbesondere zu den §§2,47,53. 2. Gesetzlicher Güterstand (Zugewinngemeinschaft) Schrifttum (Auswahl; vgl. die Schrifttumsverzeichnisse bei Staudinger-Felgentraeger BGB § 1365 und Gernhuber Lehrbuch des Familienrechts (1971) S. 347). Beit^ke Gesellschaftsvertrag und güterrechtliche Verfügungsbeschränkung, DB 1961 21; Fischer Kollision zwischen Gesellschaftsrecht und ehelichem Güterrecht, NJW 1960 937; Ders. GroßkommHGB § 105, 25ff., 102a; Eiselt Die Bedeutung des § 1365 BGB für Gesellschaftsverträge, JZ 1960 562; Haegele GmbH und Verfügungsbeschränkungen der Zugewinngemeinschaft, GmbH-Rdsch. 1965 187; Ders. GmbH und Zugewinnausgleich, GmbH-Rdsch. 1966 24; Knur Zugewinngemeinschaft, Ehevertrag und Verfügung von Todes wegen, DNotZ 1957 451; Mülke Zur Verwaltungsbeschränkung des § 1365 Abs. 1 BGB, AcP 161 1962 129; Reinicke Verwaltungsbeschränkungen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und Gesellschaftsrecht, BB19601002; Rittner Die Bedeutung des § 1365 BGB im Handelsrecht, FamRZ 1961 1, 185, 505, dazu Barst ZHR 126 1964 170; Tiedau Zur Problematik des § 1365 BGB unter besonderer Berücksichtigung des Gesellschaftsrechts, MDR 1961 721. a) Grundsätze Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögen der Eheleute getrennt (§ 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB). Grundsätzlich ist jeder Ehegatte in der Verwaltung seines Vermögens unbeschränkt (§ 1364 BGB). Insoweit ergeben sich also auch gesellschaftsrechtlich keine besonderen Probleme. Nach § 1413 BGB — der für den gesetzlichen Güterstand wie für vereinbarte Güterstände gilt — kann jeder Ehegatte formlos dem anderen die Verwaltung seines Vermögens überlassen. Einer (70)
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(ehevertraglichen) Form bedarf nur der Ausschluß des Widerrufsrechts gem. § 1413 BGB. Dadurch wird jedoch die Gesellschafterstellung des Anteilseigners nicht berührt. Der verwaltende Ehegatte handelt nur im Namen, als Vertreter des Gesellschafters. b) § 1365 BGB Eingeschränkt ist der Grundsatz der Verfügungs- und Verwaltungsfreiheit 69 durch §§ 1365—1368 BGB. Sie untersagen Verfügungen eines Ehegatten über „sein Vermögen im Ganzen" und darauf gerichtete Verpflichtungsverträge ohne Zustimmung des anderen. Es handelt sich dabei um absolute Veräußerungsverbote. §§ 1365ff. BGB sind gegenüber § 134 BGB lex specialis (BGHZ 40 218; BayObLG FamRZ 1967 337, 338; 1965 331, 332; Reinicke DB 1965 1352; a. A. Gernhuber S. 344; Staudinger-Felgentraeger § 1365, 99). Die Literatur hat sich besonders mit der Auslegung des § 1365 BGB befaßt (vgl. das Schrifttum vor Rein. 67). Der Meinungsstreit geht insbesondere darum, ob und inwieweit als „Verfügungen über das Vermögen im Ganzen" auch Verfügungen über einzelne Gegenstände des Vermögens eines Ehegatten gelten, wenn diese das ganze oder nahezu das ganze Vermögen eines Ehegatten ausmachen, weiter darum, ob hierfür die Kenntnis des Vertragspartners (des „Dritten") entscheidend ist und schließlich, ob die Tatsache, daß eine Gegenleistung vereinbart wird, die Zustimmungsbedürftigkeit einschränkt oder beseitigt. Bei der Auslegung ist zwischen dem Schutzzweck der Norm (Schutz der 70 Familiengemeinschaft und der wirtschaftlichen Grundlagen der Familie, Sicherung des Ausgleichsanspruchs), dem Prinzip der freien Vermögensverwaltung (§ 1364 BGB) und dem Grundsatz der Rechtsicherheit abzuwägen. Danach hat folgendes zu gelten: Gebunden ist auch eine Verfügung (oder ein entsprechender obligatorischer Vertrag) über einen Einzelgegenstand, z. B. einen Geschäftsanteil, wenn er tatsächlich das gesamte oder „nahezu" das gesamte Vermögen eines Ehegatten ausmacht (BGHZ 35 135, 143; 43 174 = JZ 1966 191 m. Anm. Gernhuber-, FamRZ 1969 322; Staudinger-Felgentraeger § 1365, 16 ff. m. w. N.; a. A. Rittner aaO.; Tiedau aaO.; Fischer GroßkommHGB § 105, 25d; Schlegelberger-Geßler HGB § 105, 55a). Vermögen ist dabei das Aktivvermögen des betreffenden Ehegatten (einschließlich unpfändbarer Gegenstände) also nicht etwa der rechnerische Saldo zwischen Aktiven und Passiven. Der Dritte muß mindestens die Umstände kennen, aus denen sich ergibt, daß der Einzelgegenstand dem wesentlichen Gesamtvermögen entspricht (sog. subjektive Theorie; BGH aaO.). Was „nahezu das ganze Vermögen" heißt, kann kaum in festen Prozentsätzen ausgedrückt werden (so aber die Forderung von Gernhuber S. 352). Jedenfalls sind die vereinzelt vorgeschlagenen Grenzen von 75% oder auch 80% des Aktivvermögens zu gering. Das vereinbarte Entgelt bleibt bei der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit außer Betracht (ebenso wie bei § 419 BGB). Mehrere Verfügungen über Vermögensteile unterfallen § 1365 BGB nur dann, wenn die Teilgeschäfte sachlich zusammenhängen und dieser Zusammenhang von allen Vertragsparteien gesehen und bezweckt wird (Gernhuber S. 353; Dalle § 5 2 1 1 ; Staudinger-Felgentraeger aaO. 30ff.). Die Abgrenzung hat nach ähnlichen Kriterien zu erfolgen wie bei § 17 (siehe dort). Als Verfügungen, die bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen unter 71 § 1365 BGB fallen, gelten auch Vermögensübertragungen an eine Gesamthand oder an eine juristische Person, an welcher der verfügende Ehegatte beteiligt ist (BGHZ 35 144; 43 174; Staudinger-Felgentraeger aaO. 59, 60; Erman-Heckelmann (71)
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§ 1365, 15; a. A. Reinicke BB 1960 1003; Fischer NJW 1960 938ff.), und zwar ohne Rücksicht auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags und auf die Höhe der Beteiligung. Dies ist zu beachten, wenn z. B. ein Ehegatte einen Geschäftsanteil, der sein gesamtes Vermögen ausmacht, als Einlage in eine Gesellschaft einbringen will. In gleicher Weise wird man die Kündigung der Gesellschaft (mit der Folge des Ausscheidens) unter den genannten sonstigen Voraussetzungen für zustimmungspflichtig halten müssen (so Staudinger aaO. 18; a. A. Fischer S. 942; Reinicke S. 1003). Hingegen fällt die Ausübung von Gesellschafterrechten im übrigen (Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen, auch an Satzungsänderungen) grundsätzlich nicht unter § 1365 (allg. Mg.). Nur dann, wenn sie, durch eine Änderung der Beteiligungsquoten oder der Abfindungsbestimmungen, eine Preisgabe des ganzen oder nahezu ganzen Vermögens des Ehegatten-Gesellschafters zur unmittelbaren Folge haben, gilt anderes (Gernhuher S. 357). Verfügungen im Sinn von § 1365 BGB sind auch Belastungen (Verpfändungen, Sicherungsabtretungen), wenn sie auf das Gesamtvermögen oder nahezu alle Gegenstände dieses Vermögens gelegt sind und wenn sie zugleich ihrer Höhe nach den Wert dieser Vermögensgegenstände ganz ausschöpfen (BayObLG FamRZ 1967 338; Dolle § 5 2 1 1 ; Gernhuber S. 354; Staudinger aaO. 47 f.). Daher kann die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Geschäftsanteil, auch wenn der Anteil das ganze Vermögen des Ehegatten ausmacht, nie unter § 1365 fallen, weil er begriffsnotwendig den gesamten Wert eines Geschäftsanteils nicht konsumieren kann (BGH FamRZ 1966 22). 72 Nicht unter § 1365 BGB fallen Rechtsgeschäfte eines Testamentsvollstreckers, eines Nachlaß- oder Konkursverwalters. Diese Personen sind nicht Vertreter des Ehegatten. Die Erteilung einer Vollmacht fällt ebenfalls nicht unter § 1365 BGB (wohl aber gegebenenfalls das vom Vertreter abgeschlossene Rechtsgeschäft). Ebensowenig wird die Prozeßführung durch § 1365 BGB beeinträchtigt (wohl aber unter Umständen der Vergleich, in dem über Vermögen verfügt wird). Nicht unter § 1365 BGB fallen weiterhin alle nichtrechtsgeschäftlichen Übertragungen eines Geschäftsanteils. Auch die Anmeldung der Anteilsübertragung gemäß § 16 fällt nicht unter die Verfügungsbeschränkungen (§ 1367 BGB). Allerdings kann sie bei fehlender Zustimmung des Ehegatten ebensowenig Wirkungen zeigen, wie die eines Minderjährigen (vgl. unten und § 16, 48f.). 73 Die Folge der fehlenden Zustimmung ist bei Rechtsgeschäften gem. §§ 1365, 1367 BGB Nichtigkeit. Diese Rechtsfolgen werden nicht durch die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft eingeschränkt. Denn anderenfalls würden Rechte dritter, an der Gesellschaft nicht beteiligter Personen beeinträchtigt (so zutreffend R. Fischer GroßkommHGB § 105, 102a; a. A. Gernhuber S. 357 m. w. N.). Die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebenden Rechte kann auch der andere Ehegatte gegen den Dritten gerichtlich geltend machen, § 1368 BGB (dazu Rimmelspacher, Revokation und Klagantrag N J W 1969 199). — Die Legitimationswirkung einer Anmeldung gemäß § 16 wird durch die Nichtigkeit der Übertragung nicht automatisch beeinträchtigt (§ 16, 41). 74 Die Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365 ff. BGB können ehevertraglich ausgeschlossen werden, und zwar auch einseitig nur für einen Ehegatten (§ 1408 BGB; BGH NJW 1964 1795; Staudinger-Felgentraeger § 1408, 84; Gernhuber S. 326 FN 5 m. w. N.; a. A. Mülke AcP 161 1962 129, 160). Bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen kann es daher zweckmäßig sein, die Abtretung von Geschäftsanteilen gemäß § 15 Abs. 5 nur an solche Personen zu gestatten, die mit ihrem Ehegatten entweder in Gütertrennung leben oder die Verfügungsbeschränkungen ehevertraglich ausgeschlossen haben. (72)
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c) Ausgleichsanspruch Uber die Bewertung von Geschäftsanteilen bei der Feststellung des Aus- 75 gleichsanspruchs eines Ehegatten s. die Komm, zu § 1376 BGB; vgl. auch Anh. zu § 34, 34 u. Rittner FamRZ 1961 515. Ist ein Geschäftsanteil Gegenstand einer auf Antrag des Ausgleichsgläubigers ergangenen Übertragungsanordnung (§ 1383 BGB), so kann eine solche Anordnung statutarische Übertragungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 nicht beseitigen. Ebensowenig ersetzt eine solche Anordnung die nach § 15 Abs. 3 notwendige formgültige Übertragung, soweit nicht eine Verurteilung gemäß §53 FGG, §894 ZPO vorliegt. (Vgl. im übrigen Haegele GmbH und Zugewinnausgleich, GmbH-Rdsch. 1966 24.) 3. Vertragliches Güterrecht Schrifttum Haegele Vertragliche Güterrechte und GmbH, GmbH-Rdsch. 1968 69, 95, 138, 159. Die Gütertrennung wirft spezifische GmbH-rechtliche Probleme nicht auf. — 76 Bei der Gütergemeinschaft werden die Gegenstände, die Mann oder Frau bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft haben oder während der Gütergemeinschaft erwerben, ohne weiteres, kraft Gesetzes, gemeinschaftliches Eigentum (Gesamtgut), § 1416 Abs. 1 und 2 BGB. Dies gilt auch für einen Geschäftsanteil; eine Ubertragung gemäß § 15 Abs. 3 ist nicht erforderlich (vgl. § 15, 78). Der andere Ehegatte wird also ohne weiteres gesamthänderischer Miteigentümer des Anteils und damit Mitgesellschafter. Ist eine solche Rechtsfolge allerdings nach § 15 Abs. 5 in der Satzung ausgeschlossen, so kann der Geschäftsanteil nicht gemäß § 1416 BGB in das Miteigentum des Ehegatten fallen. Sieht der Gesellschaftsvertrag beispielsweise vor, daß Anteile nur an einen bestimmten Personenkreis, nicht aber an Ehegatten dieser Personen veräußert werden können, oder wird eine diesbezüglich statutarisch vorgesehene Zustimmung verweigert, so fällt der Geschäftsanteil nicht in das Gesamtgut, sondern bleibt nach § 1417 BGB Sondergut des betreffenden Ehegatten-Gesellschafters. Dies folgt aus § 1417 Abs. 2 BGB, wonach Sondergut diejenigen Gegenstände sind, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Dabei stehen sich Unübertragbarkeit kraft Gesetzes und kraft Rechtsgeschäftes gleich (Staudinger-Felgentraeger § 1417, 4; Gernhuber S. 404; a. A. Lutter Zum Umfang des Sonderguts AcP 161 1962 163; Haegele 98). Zu der gemeinschaftlichen Verwaltung von Geschäftsanteilen, die sich im Gesamtgut befinden vgl. Erl. zu § 18. — Errungenschaftsgemeinschaft und Fahrnisgemeinschaft (früher §§ 1515 — 48, 1549—57 BGB) können durch Ehevertrag nicht mehr vereinbart werden, § 1409 Abs. 1 BGB. Streitig ist, ob diese Güterstände durch volle Wiedergabe ihrer Regeln in einem Ehevertrag vereinbart werden können (Nachweise bei StaudingerFelgentraeger § 1408, 75). Vgl. dazu im einzelnen Haegele 159. 4. Elterliche Gewalt Schrifttum Nagel Familiengesellschaft und elterliche Gewalt (1966). Beim Abschluß von Verträgen gemäß § 15 werden Minderjährige durch ihre 77 Eltern oder die sonst zur Vertretung in Vermögensdingen Berechtigten vertreten. (73)
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In welchen Fällen die gesetzlichen Vertreter bei solchen Rechtsgeschäften an einer Vertretung des Minderjährigen gehindert sind, richtet sich nach allgemeinem Recht. Außer § 181 BGB sind zu beachten § 1638 BGB (Ausschluß des Vertreters durch Bestimmung), § 1629 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1795 BGB (Ausschluß des Vertreters bei Geschäften mit Verwandten), § 1630 BGB (Ausschluß bei Pflegerbestellung). — Nach § 1643 BGB bedürfen die Eltern, und ebenso ein Vormund, für bestimmte Rechtsgeschäfte (§§ 1821, 1822 BGB) der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Vgl. dazu im einzelnen § 15, 128ff. Nach § 1646 BGB geht ein Geschäftsanteil, den die Eltern mit Mitteln des Kindes erwerben, unmittelbar (ohne Durchgangserwerb) in das Eigentum des Kindes über, es sei denn, daß die Eltern nicht für Rechnung des Kindes erwerben wollen. Diese Form der Surrogation verbindet also die Institution der mittelbaren Stellvertretung mit den Rechtsfolgen der unmittelbaren (so zutreffend Gernbuber, wie vor Rdn. 68, S. 634). Die Eltern haben in diesem Fall das Kind gemäß § 16 als Erwerber anzumelden (§ 16, 3). Melden sie sich selbst als Erwerber an, so spricht dies dafür, daß die Eltern nicht für Rechnung des Kindes erwerben wollten. — Die elterliche Nutznießung (§§ 1650ff. BGB) ist durch das Gleichberechtigungsgesetz (Art. 1 Ziff. 22) abgeschafft worden. Zur Mitwirkung Minderjähriger an der Gründung s. § 2, 26, 61 f. Zur Ausübung der Stimmrechte für einen minderjährigen Gesellschafter s. § 47, 40.
V. Zwangsvollstreckung in einen Geschäftsanteil Schrifttum Buchwald Verpfändung und Pfändung von GmbH-Geschäftsanteilen, GmbHRdsch. 1959 254 und 1960 5; R. Fischer Die Pfändung und Verwertung eines GmbH-Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1961 21; Külhs Pfändung, Verpfändung und Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil einer GmbH, Diss. Köln 1961; W. Noack Die Versteigerung von Rechten (§ 844 ZPO), insbes. eines GmbHAnteils, MDR 1970 890; P f a f f Zur Pfändung eines GmbH-Anteils, GmbH-Rdsch. 1964 92; Sachs Das Entgelt bei der Anteilseinziehung wegen Pfändung, GmbHRdsch. 1976 60; Schüler Die Pfändung von GmbH-Anteilen und die miterfaßten Ersatzansprüche, NJW 1960 1423; Ders. Einziehung gepfändeter GmbH-Anteile, NJW 1961 2281; Simon Einziehung eines gepfändeten Geschäftsanteils nur gegen vollwertiges Entgelt, GmbH-Rdsch. 1961 137. 1. Pfändung 78
Die Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil erfolgt durch Pfändung. Diese vollzieht sich, nach § 857 ZPO, durch Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner, also an den Gesellschafter. Denn ein Drittschuldner fehlt. Einer Zustellung des Beschlusses an die GmbH bedarf es daher nicht (herrschende Meinung: RGZ 57 415; 95 231; OLG Köln OLGR 13 206; RG GmbH-Rdsch. 1916 270; Scholz 81; Feine S. 407; Brodmann Anm. 2d; Schuler NJW 1960 1423; Vogel 12; Baumbach-Hueck 6 B; a. A. Stein-Jonas-Mün^berg (1975) § 859 II 4; Zöller § 859 ZPO Anm. 5). Der Geschäftsanteil einer GmbH schließt allerdings einzelne Rechte in sich, hinsichtlich deren die Gesellschaft Drittschuldnerin ist. Das gilt für die vermögensrechtlichen Bezugsrechte auf Gewinn, auf Vergütung für Leistungen gemäß § 3 Abs. 2 und auf Auseinandersetzungs- bzw. Abfindungsguthaben. Dies ändert (74)
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aber nichts daran, daß der gepfändete Gegenstand selbst, der Geschäftsanteil, keine Forderung „gegen" die Gesellschaft ist. Die Pfändung des Geschäftsanteils erfaßt ohne weiteres Ansprüche, die als 79 Surrogate des Anteils anzusehen, sind, die also nach der Pfändung anstelle der Substanz des Geschäftsanteils treten, insbesondere das Auseinandersetzungsguthaben oder den Abfindungsanspruch bei Austritt oder Ausschluß (BGH BB 1972 10; RGZ 95 231, beide Entscheidungen für Personengesellschaften), aber auch den Anspruch auf Überschuß bei der Preisgabe (§ 27), sowie den Anspruch auf Rückzahlung von Nachschüssen (§ 30 Abs. 2) und von Stammeinlagen bei Kapitalherabsetzung (§ 58 Abs. 2; Schüler NJW 1960 1425f.). Diese Wirkung tritt kraft Gesetzes ein. Daher setzt sie nicht etwa voraus, daß der Pfändungsbeschluß der Gesellschaft zugestellt ist (Schuler aaO.). Nicht umfaßt die Pfändung des Geschäftsanteils den Anspruch auf Gewinnanteil, sowie sonstige Einzelansprüche, die nicht Surrogate für den Anteil selbst sind, also Vergütung für Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2) oder für persönliche Dienste. Solche Einzelansprüche müssen gesondert gepfändet werden (vgl. unten Rdn. 93; anders die Reform: §59 Abs. 1 RegE). Andernfalls stehen sie weiterhin dem Gesellschafter zu. Möglich ist auch eine besondere Pfändung des Anspruchs auf Auseinander- 80 setzungsguthaben oder Abfindung. Eine solche Pfändung folgt den Regeln über die Forderungspfändung, setzt also auch eine Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Gesellschaft voraus. Erfolgt sie vor einer Pfändung des Geschäftsanteils, so hat das zeitlich vorgehende Pfandrecht Vorrang. Erfolgt sie danach, gilt ebenso der Grundsatz der Priorität, da die fehlende Zustellung an die Gesellschaft bei der Pfändung des Anteils keine Rolle spielt {Schuler aaO.). Die Pfändung des Anspruchs auf Auszahlung des Liquidationsguthabens und auf Auszahlung des Gewinnanteils kann nicht etwa die Pfändung des Geschäftsanteils selbst ersetzen (RG LZ 1907 654). Eine Anmeldung der Pfändung gemäß § 16 GmbHG ist für die Wirksamkeit der Pfändung nicht notwendig; § 16, 52. Sie ist nicht möglich, da ein Gesellschafterwechsel nicht stattfindet. Freilich kann eine Anzeige der Pfändung bei der Gesellschaft wegen der Wirkungen gemäß § § 413,412,407 BGB von Bedeutung sein. Der vorsichtige Gläubiger wird ohnehin, bis die Rdn. 78 genannte Streitfrage höchstrichterlich entschieden ist, den Pfändungsbeschluß auch der Gesellschaft zustellen lassen. 2. Wirkung der Pfändung Die Pfändung des Geschäftsanteils bewirkt, daß der Gesellschafter über seinen 81 Anteil nicht mehr anderweit zum Nachteil des Pfandgläubigers verfügen kann. Die Veräußerung ist gestattet, aber unbeschadet des Pfandrechts. Guter Glaube hilft dem Erwerber nichts (Rdn. 135). Die Verwaltungsrechte des Gesellschafters, insbes. das Stimmrecht, sind durch die Pfändung nicht berührt (BGH NJW 1967 1963; KG JW 1932 757; RGZ 95 231; vgl. oben Rdn. 42). 3. Verwertung des gepfändeten Anteils Die Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil erfolgt ausschließlich durch 82 Veräußerung, also Verwertung auf Anordnung des Gerichts gemäß § 844 ZPO. Ihre Zulässigkeit ist in § 857 Abs. 5 ZPO für veräußerliche Rechte besonders vorgesehen (vgl. auch RG DJZ 7 509; RGZ 57 214; OLG Hamburg NJW 1960 870; Feine S. 407; Scholz 83; Baumbach-Hueck 6 B ; Schuler aaO. 1424). Eine Überweisung (75)
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zur Einziehung (§ 835 ZPO) kann zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil nicht erfolgen. Sie ist nicht denkbar (KG OLGR 10 392). Der Geschäftsanteil ist nur der Inbegriff der Mitgliedsrechte. Sie werden nicht eingezogen, sondern ausgeübt. Wohl können die aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte auf Gewinn zur Einziehung überwiesen werden, nicht aber die Mitgliedschaft selbst, die Gesamtheit der Mitgliedsrechte. Auch die Uberweisung an Zahlungs Statt zum Nennwert (§ 835 ZPO) ist hier nicht gegeben (Scholz 83; Stein-Jonas § 859 II 4). Der Geschäftsanteil besitzt keinen Nennwert, der dem „Nennwert" einer Geldforderung entspräche. Der Nennwert einer Geldforderung ist derjenige Geldbetrag, welchen der Gläubiger vom Schuldner zu fordern hat. Beim Geschäftsanteil dagegen besagt der sogenannte Nennbetrag nichts über den Wert; schon gar nicht entspricht er einer bestimmten Summe Geldes, die der Anteilsberechtigte von der Gesellschaft zu fordern hätte (vgl. § 14, 3—5). Für die Veräußerung kann die Versteigerung oder der Verkauf aus freier Hand angeordnet werden (Scholz 83; Brodmann 2d). Den Ort der Versteigerung bestimmt das Vollstreckungsgericht (OLG Halle JW 1917 705). Zuständig für die Versteigerung ist der Gerichtsvollzieher. Durch den Zuschlag erwirbt der Ersteher das Recht (§ 817 Abs. 1 ZPO; § 156 BGB). Auch wenn der Geschäftsanteil einen Börsen- oder Marktpreis hätte, wäre ein Verkauf aus freier Hand ohne besondere richterliche Anordnung (§ 844 ZPO) ausgeschlossen; denn Geschäftsanteile sind nicht Wertpapiere (§ 821 ZPO). Einer notariellen Abtretung bedarf es für die Übertragung durch Zuschlag nicht mehr. Diese ist nach § 15 Abs. 3 nur zur Veräußerung durch einen Gesellschafter nötig. Zwar wird darüber gestritten, ob bei der Versteigerung der Gerichtsvollzieher als Vertreter des Gläubigers oder in amtlicher Eigenschaft handelt; keinesfalls ist Veräußerer aber der Vollstreckungsschuldner, d. h. der Gesellschafter. Ist die Veräußerung durch freihändigen Verkauf angeordnet, so greift der Formzwang des § 15 Platz (RGZ 164 170; BGH ZMR 1965 267; Noack 892; a. A. Scholz 83, 85). Statutarische Veräußerungsbeschränkungen (Zustimmung etc.) sind bei der Pfandverwertung unbeachtlich (Rdn. 88). Der Gesellschaft gegenüber gilt der Ersteher erst als Gesellschafter, wenn der Erwerb unter Nachweis des Ubergangs angemeldet ist. Denn § 16 bezieht sich auf jede Veräußerung, nicht nur auf eine Abtretung durch den Gesellschafter (§ 16, 3 u. 52). Der Ersteher muß sich daher den Nachweis des Übergangs durch eine beglaubigte Abschrift des Versteigerungsprotokolls oder eine amtliche Bescheinigung des Gerichtsvollziehers sichern. Der Ersteher kann wegen eines Mangels im Recht oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache (z. B. der zugehörigen Urkunden) keinen Gewährleistungsanspruch geltend machen (§ 806 ZPO). War also z. B. der Geschäftsanteil mit einem Pfandrecht belastet oder bestand er nicht mehr, als er versteigert wurde, so hat der Ersteher keine Gewährleistungsansprüche gegen den Gläubiger, der die Pfändung betrieb, oder gegen den bisherigen Gesellschafter. Er kann den Erstehungspreis nicht zurückfordern. Nur aus besonderen Rechtsgründen können hier Regreßansprüche entstehen (Arglist der Beteiligten, Verletzung der Amtspflicht durch den Gerichtsvollzieher usw.). Der Ersteher tritt in die auf dem Geschäftsanteil ruhenden Pflichten ein (Feine S. 408). § 16 bezieht sich in allen seinen Teilen auch auf diese Veräußerung (vgl. § 16,23,30). Dies gilt auch für den Fall, daß noch rückständige Einlageverpflichtungen oder Umlageverpflichtungen (§ 24) auf dem Geschäftsanteil ruhen. Auch sie gehen auf den Ersteher über. Guter Glaube schützt ihn nicht. Auch ein Teil des Geschäftsanteils kann gepfändet werden (darüber siehe §17, 43; Scholz 81; Baumbach-Hueck 6 B). Es dürfte aber praktisch wenig Wert (76)
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haben, zumal das gesetzliche Genehmigungserfordernis (§17 Abs. 1) auch bei der Verwertung in der Zwangsvollstreckung gilt (§ 17, 44). Eine Beschränkung der Pfändung auf einen Teilanteil ist aber auch nicht notwendig. Der Geschäftsanteil ist ein einheitliches Zugriffsobjekt. Er kann, wenn auch sein Wert 10000 DM sein mag, doch für eine Schuld von 100 DM gepfändet werden. Auch Geschäftsanteile von Gesellschaften, die im Konkurs sind (vgl. KG OLGR 10 393), sind pfändbar. Sind Anteilscheine ausgegeben, so setzen Pfändung und Versteigerung die 87 Beibringung des Anteilscheins nicht voraus. Sie werden von der Pfändung mit umfaßt (§952 BGB; Warn. 28 107). Sie werden vom Gerichtsvollzieher im Wege der Hilfsvollstreckung weggenommen (analog § 836 Abs. 3 ZPO; Noack 892 und JR 1966 215). Der Ersteher kann den Anteilschein aufgrund des Zuschlags herausverlangen (§§ 413, 402 BGB). Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Abtretung an die Aushändigung des Anteilscheins geknüpft ist. Die Satzung kann die Pfändung durch eine solche Bestimmung nicht erschweren (unten Rdn. 88; Feine S. 408; Baumbach-Hueck 6 B). 4. Einschränkung durch Satzung? Die Pfändung und Verwertung des Geschäftsanteils kann nicht durch Satzungs- 88 bestimmungen gemäß § 15 Abs. 5 vereitelt oder erschwert werden. Diese Vollstreckungsmaßnahmen werden also insbesondere nicht durch ein Veräußerungsverbot, oder durch eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags, wonach die Abtretung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschaft oder der Gesellschafter oder Übergabe des Anteilscheins bedarf, oder durch statutarische Anforderungen an persönliche Eigenschaften der Gesellschafter oder durch Vorkaufsrechte beeinflußt oder gehindert. Die analoge Anwendung des § 851 ZPO, die § 857 ZPO vorsieht, führt nicht etwa dazu, nur diejenigen Ansprüche des Gesellschafters aus der Mitgliedschaft, die als selbständige Rechte ohne den Geschäftsanteil frei veräußerlich sind, der Pfändung zu unterwerfen. Die Vorschrift des § 851 ZPO muß auf andere Rechte deren Wesen gemäß übertragen werden. Da beim Geschäftsanteil Forderung und Leistungsgegenstand nicht getrennt sind, vielmehr nur ein einheitliches Recht besteht, gibt es keinen besonderen Gegenstand des Rechts, der der Pfändung unterworfen wäre. Das Gesamtrecht muß dann pfändbar sein. So wenig ein Schuldner sein Vermögen dadurch dem Zugriff seines Gläubigers entziehen kann, daß er es einem anderen zu Darlehen gibt und den Ausschluß der Veräußerung vereinbart, so wenig kann er dieses Ziel durch Einlagen in eine GmbH und das Verbot der Veräußerung erreichen. Die Praxis hat demgemäß die Pfändbarkeit und Verwertbarkeit des Geschäftsanteils trotz bestehender Satzungsvorbehalte für die Veräußerung anerkannt (BGHZ 32151,155; RGZ 70 64; 142 373, 375; a. A. bezüglich der Verwertung durch freihändigen Verkauf OLG Hamburg NJW 1960 871; wie hier ScholZ 84; Wiec^orek § 857 ZPO, H Illb 1). Eine Übertragungs- oder Anbletungspflicht zugunsten der Gesellschaft oder der Gesellschafter für den Fall der Pfändung ist dem pfändenden Gläubiger gegenüber unwirksam (Scholas 84). Sie erzeugt nur eine persönliche Verbindlichkeit zu verkaufen. Diese kann nach dem Vollstreckungszugriff ohne Zustimmung des Gläubigers nicht mehr erfüllt werden. 5. Zwangseinziehung Da der pfändende Gläubiger indessen den Geschäftsanteil so nehmen muß, wie 89 er nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag ist, hat er grundsätzlich eine in der Satzung (77)
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vorgesehene Einziehung gegen sich gelten zu lassen. Sieht z. B. der Gesellschaftsvertrag das Recht der Einziehung gemäß § 34 Abs. 2 vor für den Fall, daß der Anteil an eine nicht zur Familie X gehörende Person abgetreten wird, so wird die Einziehung in einem solchen Fall nicht etwa dadurch gehindert, daß nach Vorliegen des die Einziehung auslösenden Tatbestandes ein Gläubiger des außenstehenden Erwerbers den Geschäftsanteil pfändet. Nichts anderes gilt übrigens für den Erstehen Auch er muß die betreffende Satzungsbestimmung gegen sich gelten lassen. Insoweit herrscht Übereinstimmung (BGHZ 32 151, 157; RGZ 142 373, 375; Scholz 84; Baumbach-Hefermehl § 15, 6 B), und zwar auch dann, wenn in einem solchen Fall das satzungsgemäße Entgelt hinter dem vollen Wert des Anteils zurückbleibt. Unbedenklich ist auch eine Bestimmung, das Einziehungsentgelt nach der Höhe der Forderung des Vollstreckungsgläubigers oder nach dem vollen Wert des Anteils zu bemessen. 90 Andererseits steht seit der Entscheidung BGHZ 32 151 ( = LM § 34 Nr. 3 mit Anm. R. Fischer = JZ 1960 743 mit Anm. Schilling = NJW 1960 1053) außer Streit, daß, im Anschluß an RGZ 142 373, 376 und OLG Hamburg DNotZ 1950 472 mit Anm. W. Schmidt (ebenso LG Mannheim BB 1957 593), eine Satzungsbestimmung jedenfalls dann (gemäß § 134 BGB) unwirksam ist, wenn sie nur für den Fall der Pfändung oder des Gesellschafter-Konkurses die Einziehung gegen nicht vollwertiges Entgelt zuläßt (Scholz 84; Baumbach-Hueck 6 B ; Fischer aaO. und GmbHRdsch. 1961 21; Schilling aaO. u. a.; a. A. Simon GmbH-Rdsch. 1961 137, 139; Raabe BB 1956 708). Dasselbe gilt, wenn das geringere Entgelt außer für den Fall der Zwangsvollstreckung nur pro forma für einen ganz unwahrscheinlichen anderen Fall vorgesehen ist, die Gläubigerbenachteiligung also lediglich „getarnt" werden soll. 91 Streitig war jedoch lange Zeit, ob eine statutarische Zwangseinziehung ohne Entgelt oder gegen nicht vollwertiges Entgelt (z. B. gegen Abfindung zum Nennwert, zum Buchwert, zum Vermögensteuerwert oder unverzinslich in Raten) dann wirksam ist (also auch gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger wirkt), wenn sie nicht nur für den Fall der Pfändung und des Konkurses, sondern auch für andere Fälle eines Ausscheidens des ursprünglichen Gesellschafters vorgesehen ist. Diese Frage hatte der BGH in BGHZ 32151 offengelassen. Ein Teil der Judikatur und Literatur hält die Einziehung bei Pfändung oder Konkurs auch bei einer solchen Gestaltung der Satzung nur dann für wirksam, wenn das Entgelt dem Verkehrswert des Geschäftsanteils entspricht oder zur Befriedigung des Gläubigers ausreicht (OLG Frankfurt/Main GmbH-Rdsch. 1974 41 = BB 1974 100; Winter GmbHRdsch. 1967 201; Scholz 84; Bokelmann BB 1970 1231; unklar Pleyer GmbH-Rdsch. 1960 124; Obermüller DB 1961 598). Der Bundesgerichtshof (BGHZ 65 22 = GmbHRdsch. 1975 227 = WM 1975 913) hat demgegenüber mit Recht die Wirksamkeit einer Zwangseinziehung gegen nicht vollwertiges Entgelt auch im Fall der Pfändung bejaht. (Zu dem Beschluß des BGH: Priester GmbH-Rdsch. 1976 5; Sachs GmbH-Rdsch. 1976 60). Dies entspricht der schon vorher herrschenden Meinung (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1967 214; OLG Hamburg DNotZ 1964 110 und GmbH-Rdsch. 1970 202; R. Fischer zu LM § 34 Nr. 3; Schilling JZ 1960 743; Knur DNotZ 1961 309; Sudhoff DB 1962 1595, 1597; Tiedau DNotZ 1964 94; Weber BB 1969 425; Sachs GmbH-Rdsch. 1974 84; vgl. auch Anh. §34, 36ff.). Wo die „Vernichtbarkeit" zu dem gepfändeten Gegenstand selbst gehört, kann die Pfändung sie nicht einschränken. Denn sonst erhielte der Pfändungspfandgläubiger mehr als sein Schuldner. Nur dort, wo der Pfändungsgläubiger schlechter gestellt sein soll als sein Schuldner in den übrigen Fällen, tritt die aus § 851 ZPO folgende Einschränkung ein. (78)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
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Ist die Satzungsbestimmung über das Entgelt im Falle der Einziehung nach dem 92 Gesagten nichtig, so beurteilt sich die Frage, ob damit die gesamte Einziehungsbestimmung hinfällig wird, nach allgemeinen Bestimmungen (§ 139 BGB). Zwar gehört die Festlegung eines Entgelts, das hinter dem vollen Anteilswert zurückbleibt, oder die Aufstellung eines Amortisationsplans zu den „Voraussetzungen" der Einziehung, die nach § 34 Abs. 2 in der Satzung festgesetzt sein müssen (bestr.; vgl. Erl. zu § 34). Doch ist eine Satzungsbestimmung, die über das Einziehungsentgelt und seine Auszahlung nichts sagt, stets dahin auszulegen, daß der volle Wert ohne Stundung zu zahlen ist. Entsprechendes muß beim Wegfall einer unwirksamen Abfindungsregelung gelten. Daher wird man in den genannten Fällen von Teilnichtigkeit in der Regel davon ausgehen können, daß die Einziehung zulässig bleibt, allerdings eben gegen Zahlung des vollen Gegenwerts. 6. Pfändung von Einzelrechten Die Pfändung der aus der Mitgliedschaft fließenden Einzelrechte auf Gewinn 93 und Auseinandersetzungsguthaben richtet sich nach den Regeln über die Pfändung von Forderungen (§§ 828 ff. ZPO). Sind Dividendenscheine auf Order ausgegeben, so erfolgt die Pfändung der Forderung durch Pfändung des Papiers (§ 831 ZPO). Dann erfolgt die Überweisung gemäß § 835 ZPO auch bei blanko girierten Papieren (RGZ 35 77). Die Verwertung durch Versteigerung findet hier nicht statt, wenn nicht wegen Unausführbarkeit der Überweisung eine andere Art der Verwertung gemäß § 844 ZPO vom Gericht angeordnet ist. Die Pfändung und Zwangsverwertung von Dividendenscheinen auf den Inhaber erfolgt wie die Pfändung körperlicher Sachen. Haben sie einen Kurs- oder Marktpreis, so geschieht der Verkauf aus freier Hand durch den Gerichtsvollzieher zum Tageskurs.
VI. Der Geschäftsanteil im Konkurs- und Vergleichsverfahren 1. Konkurs eines Gesellschafters Wenn ein Gesellschafter in Konkurs gerät, so fällt der Geschäftsanteil in die 94 Konkursmasse. Darin liegt keine Veräußerung des Geschäftsanteils. Der Gemeinschuldner bleibt Eigentümer. Der Konkursverwalter erhält nur die ausschließliche Befugnis zur Verwaltung und Verfügung. Einer Abtretung bedarf es nicht. Der Konkurs eines Gesellschafters löst die Gesellschaft nicht auf, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag dies vorschreibt (vgl. RGZ 82 288; 108 20). Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die für den Fall des Konkurses die Einziehung des Geschäftsanteils des Gemeinschuldners vorsieht, ist zulässig, wenn sie nicht nur für den Konkurs- (oder Pfändungs-) Fall vorgesehen ist, oder wenn sie volles Entgelt vorsieht. Für die Einziehung gegen nicht volles Entgelt gilt hier dasselbe wie bei der Zwangseinziehung im Pfändungsfall (Rdn. 91). Verkaufs- und Abtretungspflichten des Gesellschafters für den Konkursfall können hingegen in der Satzung mit Wirksamkeit gegenüber dem Konkursverwalter nicht begründet werden. Gegenüber dem Konkursverwalter wirkt diese nur obligatorische Verpflichtung nicht. Auch Vorkaufsrechte der anderen Gesellschafter etc. versagen gegenüber der Veräußerung durch den Konkursverwalter. Verpflichtungen des Gesellschafters sind Forderungen, die zu dessen Konkursmasse anzumelden sind. Das gilt auch von solchen, die gemäß § 3 Abs. 2 auferlegt sind. Die Erfüllung der Stammeinlage ist gegenüber dem Kon(79)
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kursVerwalter zu fordern. Ihm ist die Kaduzierung anzudrohen; einer besonderen Aufforderung des Gesellschafters selbst bedarf es nicht. 95 Die Rechte des Gesellschafters übt der Konkursverwalter aus. Ihm steht insbesondere das Stimmrecht zu. Zulässig ist allerdings eine Satzungsbestimmung, die das Stimmrecht für die Zeit des Konkurses ruhen läßt. Der Verwalter kann in der Gesellschafterversammlung nicht zurückgewiesen werden, weil der Gesellschaftsvertrag eine Vertretung nicht oder nur durch Gesellschafter gestattet. Bei einem Rechtsgeschäft mit dem Gemeinschuldner ist der Konkursverwalter nicht von der Abstimmung ausgeschlossen; es ist kein Rechtsgeschäft mit ihm als Verwalter der Masse. Zur Veräußerung durch den Konkursverwalter bedarf es der Form des § 15 Abs. 3 und 4. Das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zustimmungserfordernis für eine Veräußerung (§15 Abs. 5) gilt nicht für die Veräußerung durch den Konkursverwalter. Der Konkurs enthält eine Zwangsverwertung des Vermögens. Diese Verwertung durch den Konkursverwalter kann nicht beschränkt werden (oben Rdn. 94). Bei der Veräußerung eines Teils eines Geschäftsanteils bedarf aber auch der Konkursverwalter der nach § 17 erforderlichen Genehmigung der Gesellschaft (§ 17, 21). 96 Im Konkurs des Treuhänders, also dessen, der einen Geschäftsanteil für einen Dritten treuhänderisch hält, hat der Treugeber ein Aussonderungsrecht (unbestritten dann, wenn der Treuhänder das Treugut, den Geschäftsanteil, vom Treugeber unmittelbar erlangt hat: BGH WM 1965 174, 175; NJW 1959 1224; RGZ 84 214, 217; 153 369; Serick Eigentumsvorbehalt II 81 ff.; dagegen soll der Treugeber im Konkurs des Gründungs-Strohmanns nicht aussondern können, Kuhn WM 1964 998). Vgl. im einzelnen die Kommentare zu § 43 KO sowie Staudinger-Coing Einf. vor § 104 BGB, 60d; Soergel-Schult^e-v. Lasaulx vor § 164 BGB, 81 ff. 2. Konkurs der Gesellschaft 97
Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft berührt die Veräußerlichkeit der Geschäftsanteile nicht (RGZ 64 149; Sebol^ 101). Uber die Zuständigkeit für die Erteilung einer nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Zustimmung gem. § 15 Abs. 5 siehe § 15, 107 a. E. Die Verpflichtung der Gesellschaft, einen Geschäftsanteil zu übernehmen, hat dem Konkursverwalter gegenüber keine Wirkung (vgl. Rdn. 94 und 29). Im übrigen ist auf die Erläuterungen zu §§ 63 u. 64 zu verweisen. 3. Vergleichsverfahren
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Das Vergleichsverfahren über das Vermögen eines Gesellschafters hindert diesen nicht, über den Geschäftsanteil zu verfügen, solange nicht gerichtliche Verfügungsbeschränkungen ergangen sind (§§ 12, 58ff. VerglO). Der Gesellschafter bleibt aber auch nach Vergleichseröffnung an statutarische Veräußerungsbeschränkungen gebunden. Die Nichtbeachtung hat die Unwirksamkeit der Verfügung zur Folge (§15, 119, 126). Verpflichtungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder anderen Gesellschaftern in Zusammenhang mit der Veräußerung (Anbletungspflichten o. ä.) können allerdings nicht mehr durchgesetzt werden, da Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unzulässig sind (§ 47 VerglO). Auch bei der Verwertung eines Geschäftsanteils im Rahmen eines Liquidationsvergleichs des Gesellschafters sind statutarische Veräußerungsbeschränkungen bezüglich eines zu der Vergleichsmasse gehörenden Geschäftsanteils zu beachten. Dem Sachwalter und (80)
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dem Treuhänder (§ 92 VerglO) können hinsichtlich der Geschäftsanteile nicht weitergehende Rechte zustehen als dem Gesellschafter selbst (Bley-Mohrbutter VerglO 3. Aufl. § 92, 4 u. 22). Im Vergleichsverfahren über das Vermögen der Gesellschaft sind die Gesellschafter nicht gehindert, über Geschäftsanteile zu verfügen. Siehe im übrigen die Erläuterungen zu §§ 63 u. 64 sowie die Kommentare zu § 108 VerglO. VII. Der Geschäftsanteil im Erbrecht Schrifttum Siehe die Angaben vor § 15, 6. — Weiterhin: Baur „Nutzungen" eines Unternehmens bei Anordnung von Vorerbschaft und Testamentsvollstreckung, JZ 1958 465; Ders. Der Testamentsvollstrecker als Unternehmer, Festschrift für Dölle (1963) I 249; v. Burchard Befugnisse eines Testamentsvollstreckers in einer GmbH, GmbHRdsch. 1954 150; Däubler Der Scheinerbe im Recht der GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 181; Emmerich Die Testamentsvollstreckung an Geschäftsanteilen, ZHR 132 297; L. Feller Zur Vorerbschaft an GmbH-Geschäftsanteilen, Diss. Mainz 1974; R. Fischer Die Stellung des vermeintlichen Erben inderoHG, in: Festschr. Heymanns Verlag (1965) 271; Flume Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in eine Personengesellschaft beim Tode eines Gesellschafters, Festschr. f. Schilling (1973) 23; Hadding Zur Rechtsstellung des Vorerben von GmbH-Geschäftsanteilen, Festschr. f. Bartholomeyczik (1973) 75 und GmbH-Rdsch. 1975 73; Heinrichs Nochmals: Pflichtteilsanspruch und Buchwertabfindung, DB 1973 1003; Hueck Der Geschäftsanteil der GmbH als Gegenstand eines Vermächtnisses, DB 1956 735; Wiedemann GmbHAnteile in der Erbengemeinschaft, GmbH-Rdsch. 1969 247. 1. Allgemeines Der Geschäftsanteil ist vererblich. Zu der Frage, ob der Gesellschaftsvertrag 99 die Vererblichkeit ausschließen kann, siehe § 15, 5 ff. Er ist insofern Gegenstand gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge. Der Alleinerbe wird mit dem Erbfall ohne weiteres Eigentümer des Geschäftsanteils und Gesellschafter. Eine Mitwirkung der Gesellschaft oder eine Anmeldung des Rechtsübergangs gemäß § 16 ist nicht erforderlich (§ 16, 4). Nicht anders verhält es sich bei einer Mehrheit von Erben. Die Erbengemeinschaft wird als solche mit dem Erbfall Gesellschafterin (im einzelnen s. die Erl. zu § 18). Zu gesellschaftsvertraglichen Nachfolgebestimmungen s. unten Rdn. 104. Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, so ist er niemals Gesellschafter geworden. Er haftet dann in keiner Weise, auch nicht nach § 16 Abs. 3 oder § 22 (Töteberg 36). Für Maßnahmen, die der Erbe vor der Ausschlagung — ohne Annahmewillen — getroffen hat, oder die dem Erben gegenüber vor der Ausschlagung getroffen worden sind, gelten die §§ 1959 ff. BGB. Daraus können für die Gesellschaft Probleme entstehen. Das gleiche gilt, wenn eine Annahmeerklärung später angefochten wird. Jedenfalls ist anzuraten, im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, daß die Rechte aus der Mitgliedschaft bis zur Annahme der Erbschaft ruhen ("Töteberg aaO. will dies auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung als gewollt annehmen). Der Erbe hat sich im Zweifel durch Vorlage eines Erbscheins als Gesellschafter zu legitimieren. Bei Beschlüssen, an denen ein durch Erbschein ausgewiesener Scheinerbe mitwirkt, ist § 2367 BGB analog anzuwenden {Däubler GmbHRdsch. 1963 181). Sie sind also nicht deshalb fehlerhaft, weil ein Nichtgesellschafter mitgewirkt hat und der wahre Erbe nicht eingeladen war. (81)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
2. Mehrheit von Erben 100
Fällt der Geschäftsanteil mehreren Erben zu, so gilt § 18. Hierüber und über die Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Erbengemeinschaft vgl. die Erläuterungen zu § 18. Über seinen Anteil am Nachlaß insgesamt kann jeder Miterbe verfügen. Die Verfügung über den Erbteil ist keine Abtretung des im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteils. Die Form hierfür ist allein in § 2033 BGB bestimmt. § 15 Abs. 3 findet keine Anwendung. Die Form des zugrundeliegenden obligatorischen Vertrags richtet sich nach den einschlägigen allgemeinen Vorschriften, §§ 518, 2371 BGB etc. Eine Heilung des formungültigen Kausalvertrags durch die formgerechte Verfügung (entsprechend § 15 Abs. 4 Satz 2) tritt hier nicht ein. Hingegen gelten auch für Verfügungen nach § 2033 BGB statutarische Abtretungserschwernisse gemäß § 15 Abs. 5. 101 Erben mehrere Miterben einen Geschäftsanteil, so kann jeder von ihnen die Auseinandersetzung gemäß §2042 BGB verlangen. Die Auseinandersetzung erfolgt nach § § 752, 753 BGB. Grundsätzlich erfolgt die Teilung des Geschäftsanteils in Natur; die Teilung in Natur ist ausgeschlossen, wenn durch die Teilung eine Verminderung des Werts eintreten würde (§ 752 BGB); dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn es sich um die Teilung eines Geschäftsanteils handelt, der eine Stimmenmehrheit oder eine qualifizierte Minderheit verkörpert. Ebenso ist die Teilung in Natur ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft die notwendige Zustimmung nach § 17 nicht erteilt oder die Übertragung von Teilanteilen auf die Miterben an satzungsmäßigen Beschränkungen (§ 15 Abs. 5) scheitert. In diesen Fällen findet die Teilungsversteigerung nach § 753 BGB statt. Auf sie sind wiederum die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags gemäß § 15 Abs. 5 anwendbar. Vgl. dazu Haegele GmbH-Rdsch. 1972 220. 102 Wird zur Durchführung der Auseinandersetzung über einen zum Nachlaß gehörigen Geschäftsanteil verfügt, so liegt darin eine Abtretung sowohl dann, wenn der Anteil unter den Erben ideell oder real geteilt wird, als auch dann, wenn einer von ihnen den ererbten Geschäftsanteil ganz übernimmt. In diesem Falle gilt das gleiche wie bei der Auseinandersetzung unter Gesellschaftern. Es bedarf daher der Form der Abs. 3, 4 und der Zustimmung nach Abs. 5 (vgl. § 15, 23, 77; Schol^ 19; Sudhoff S. 387; Pet^oldt GmbH-Rdsch. 1976 83). Wenn der Gesellschaftsvertrag die Teilung eines Geschäftsanteils unter mehreren Erben von dem gesetzlichen Zustimmungserfordernis ausnimmt (§17 Abs. 3), so ist darin im Zweifel auch eine Ausnahme von der Vorschrift des Gesellschaftsvertrags zu sehen, welche für jede Veräußerung eine Zustimmung fordert (BGHZ 32 35; § 17,19 f.). Legen die Miterben den ererbten Geschäftsanteil aus der Miterbengemeinschaft in eine von ihnen gebildete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder des Handelsrechts ein, so handelt es sich bei diesem Wechsel des Gesamthandsverhältnisses um einen der Form des § 15 unterliegenden Übertragungsakt (§ 15, 21). Über die Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolgerin des Einmann-Gesellschafters vgl. § 13 Anh. I, 14 und § 18,34. 3. Häftling 103
Der Erbe haftet für die beim Erbfall bestehenden NachlaßVerbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt. Das allgemeine Erbrecht (§§ 1967, 1975ff. BGB) gibt dem Erben die Möglichkeit, diese Haftung auf den Nachlaß zu beschränken. Geht jedoch im Erbgang ein Geschäftsanteil auf den Erben über, so vollzieht sich mit dem Erbfall zugleich ein Gesellschafterwechsel, ein Eintritt des Erben in die Gesell(82)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
schaft. Als Gesellschafter kann er sich nicht den mit der Gesellschafterstellung verbundenen mitgliedschaftlichen Verpflichtungen entziehen. Dies führt dazu, daß der Erbe-Gesellschafter nicht nur für die nach dem Erbfall entstehenden Verpflichtungen unbeschränkt haftet, sondern auch für die vor dem Erbfall begründeten Mitgliedschaftspflichten, soweit diese zwingend den Rechtsnachfolger treffen, insbesondere also für die Verpflichtungen zur Zahlung rückständiger Einlagen (§§ 16 Abs. 3, 19, 22, 24, 31) und für Nachschußpflichten (§ 26). Dieser von Wiedmann (Übertragung und Vererbung S. 234ff.) und Töteberg 45 ff. vertretenen Ansicht ist recht zu geben. Die Vorauflage (§15, 78; § 18, 22) bejahte die unbeschränkte Haftung des Erben nur dann, wenn der Erbe entweder die erbrechtlichen Beschränkungsmöglichkeiten verloren hat oder aber, wenn er „sich der Gesellschaft gegenüber nicht mehr als Erbe, sondern als Gesellschafter aus eigenem Recht geriert". Doch kann nicht die bloße Erklärung oder gar die Mentalreservation, Mitgliedschaftsrechte nur „als Erbe" auszuüben, die gesellschaftsrechtliche Stellung des Erben als Gesellschafter beeinflussen. Die herrschende Meinung {Feine 337, 400; Brodmann § 18, 3; Schol^ § 18, 9; Vogel § 18, 3; Baumbach-Hueck § 18, 3) verweist nur allgemein auf die erbrechtlichen Bestimmungen über die Beschränkbarkeit der Haftung, ohne die gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten genügend zu beachten. Eine gewisse Parallele findet sich in der Rechtsnachfolge eines Kommanditisten: Auch hier trifft den Erben nach richtiger Meinung für diejenigen Verbindlichkeiten, für die der Erblasser unbeschränkt haftete, eine ebenfalls unbeschränkte und unbeschränkbare Haftung (Schilling GroßkommHGB § 177, 13; Wiedemann aaO. S. 234b. Note 1). Wegen der Haftung für Leistungen gemäß § 3 Abs. 2 vgl. § 3,89. Für die Haftung mehrerer Mitetben gilt nichts anderes. Sie haften gesamtschuldnerisch für alle auf den Anteil zu bewirkende Leistungen, § 18 Abs. 2. Eine Beschränkung der Haftung gemäß §§ 2059—2061 BGB entfällt aus den oben genannten Gründen, und zwar unabhängig davon, ob die Auseinandersetzung schon erfolgt ist (a. A. offenbar Wiedemann S. 239; vgl. auch die Erl. zu § 18).
4. Nachfolgeregelungen in der Satzung a) Allgemeines Satzungsbestimmungen, welche die Nachfolge in die Gesellschafterstellung für 104 den Fall des Todes eines Gesellschafters regeln, entsprechen einem berechtigten Bedürfnis im Bereich der GmbH. Der personalistische Charakter der Gesellschaft, aber auch Besonderheiten des Gesellschaftszwecks, machen es vielfach erforderlich, den Kreis möglicher Gesellschafter nicht nur für den Fall der Veräußerung (§15 Abs. 5), sondern auch für den Todesfall zu beschränken. Freilich kann die Satzung den Geschäftsanteil weder im Rechtsinn unvererblich machen, noch durch eine „Einziehung kraft Statuts" mit dem Tod des Gesellschafters ohne weiteres untergehen lassen (§ 15, 5). Gleichwohl kann die Satzung auf verschiedenen Wegen Einfluß auf die Nachfolge beim Tod eines Gesellschafters nehmen. Probleme können sich dabei aus der Kollision gesellschaftsrechtlicher und erbrechtlicher Vorschriften ergeben. b) Keine „Sondererbfolge" Aus der Rechtsnatur des Geschäftsanteils als Verkörperung der Mitgliedschaft 105 und zugleich der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen (§ 14, 3 ff.) und aus seiner (83)
§ 15 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Vererblichkeit (§ 15, 4) folgt, daß der Geschäftsanteil mit dem Tod des Gesellschafters auf dessen Erben übergeht, also in den Nachlaß des Erblassers fällt. Für eine Sondererbfolge kraft einer sog. „qualifizierten Nachfolgeklausel", wie sie im Bereich der Personengesellschaften möglich ist, besteht hier keine rechtliche Grundlage (Schilling GmbH-Rdsch. 1962 206; Däubler S. 26,106; a. A. Schefer DB 1961 57; Finger GmbH-Rdsch. 1975 102f.). Sieht die Satzung vor, daß der Geschäftsanteil beim Tod eines Gesellschafters auf einen bestimmten, in der Satzung bezeichneten anderen Gesellschafter oder Dritten übergeht (z. B.: „Beim Tod des Gesellschafters A geht sein Anteil auf den Gesellschafter B über", oder: „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Stiftung X seine Nachfolgerin"), so kann dies einen unmittelbaren Übergang des Anteils auf den Nachfolger, „am Nachlaß vorbei", nur dann bewirken, wenn eine formgerechte Abtretung (§15 Abs. 3) vorliegt, die aufschiebend bedingt auf den Todesfall des verfügenden Gesellschafters und zugleich unter der auflösenden Bedingung, daß der Nachfolger den Gesellschafter überlebt, vereinbart worden ist. Eine solche Abtretung setzt die Mitwirkung des Nachfolgers bei der Abtretung, also bei der Vereinbarung der fraglichen Satzungsbestimmung voraus. Denn eine Abtretung zugunsten eines (am Vertrag nicht beteiligten) Dritten scheitert daran, daß es dingliche Verträge zugunsten Dritter nicht gibt, daß außerdem die Übertragung eines Geschäftsanteils nicht nur zugunsten, sondern im Hinblick auf die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Pflichten auch zu Lasten des Berechtigten wirkt (Scholz § 15>i2> fiebert NJW 1955 811; Schefer DB 1961 57; unklar insoweit RGZ 80 175, 179; dazu Wiedemann Übertragung S. 94). Aber auch in den Fällen, in denen der designierte Nachfolger an der Vereinbarung der Satzungsbestimmung mitwirkt (z. B. wenn die Satzung den Übergang des Anteils beim Tod des Gesellschafters auf die übrigen Gesellschafter vorsieht), wird eine solche Nachfolgeklausel in der Regel nicht als bedingte Abtretung anzusehen sein. Denn sie würde jede nachfolgende Zwischenverfügung des Anteilseigners unter Lebenden unmöglich machen (§ 161 BGB). Eine solche Wirkung wird in aller Regel nicht dem Willen der Vertragschließenden entsprechen.
106
c) Eintrittsrecht Sieht die Satzung für den Todesfall eines Gesellschafters einen (oder mehrere) bestimmte Nachfolger vor, so wird eine solche Regelung nach dem soeben Gesagten im allgemeinen also als „Eintrittsklausel" zu verstehen sein. Diese Klausel hindert den Übergang des Anteils auf die Erben des verstorbenen Gesellschafters nicht. Der Begünstigte erhält jedoch einen (obligatorischen) Anspruch gegen die Erben auf Übertragung des Anteils. Erbrechtliche Bedenken stehen nicht entgegen. Der Anspruch des zum Nachfolger Bestimmten ist diesem bereits unter Lebenden auf den Todesfall zugewendet, § 2301 BGB (Däubler S. 110). Ist der Begünstigte an der Vereinbarung der Satzungsklausel nicht beteiligt, so handelt es sich um einen Vertrag zwischen den Gesellschaftern zugunsten eines Dritten (Schuldner ist der übertragende Gesellschafter, Versprechensempfänger sind die übrigen), durch den der Dritte das Übernahmerecht für den Todesfall des Gesellschafters erwirbt. Der Begünstigte übt dieses Übernahmerecht durch formlose Erklärung gegenüber den Erben aus. Einer notariell beurkundeten Erklärung bedarf es nicht. Das Übernahmerecht ist im Gesellschaftsvertrag bereits formwirksam begründet (§ 15, 29). Wird das Übernahmerecht (innerhalb der festgesetzten oder einer angemessenen Frist) nicht ausgeübt, so verbleibt der Anteil den Erben, wenn der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall keine weitere Regelung vorsieht. (84)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
d) Abtretungsverpflichtung Die Satzung kann aber auch die Erben des verstorbenen Gesellschafters ver- 107 pflichten, den Anteil auf einen für die Nachfolge Bestimmten zu übertragen, ohne diesem Begünstigten selbst einen Übertragungsanspruch zu gewähren {„Abtretungsklausel"). Dabei kann das Recht, den Nachfolger zu bestimmen, der Gesellschaft, aber auch anderen Personen (einem oder allen Gesellschaftern, dem Erblasser oder den Erben) zugesprochen sein. Zu denken ist an Vorschriften wie z. B. „Beim Tod eines Gesellschafters ist sein Anteil auf A (oder: auf einen von der Gesellschaft zu benennenden Miterben) zu übertragen". Die Erfüllung dieser Abtretungsverpflichtung kann, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, von der Gesellschaft verlangt werden. Ebenso werden Satzungsbestimmungen auszulegen sein, die den Kreis möglicher Nachfolger durch die Festlegung besonderer Qualifikationen beschränken („Gesellschafter können nur Zahnärzte sein"; „Anteile dürfen Personen, die nicht der Familie X angehören, nicht zufallen"). Hier sind, mangels anderer Bestimmungen, die Erben auf Verlangen der Gesellschaft verpflichtet, den Anteil an eine hiernach qualifizierte Person ihrer Wahl abzutreten. Geraten die Miterben mit der Abtretung in Verzug, so kann die Gesellschaft (auch wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt) auf Erfüllung der Abgabepflicht klagen. e) Ermächtigung zur Einziehung Für den Fall, daß ein nach der Satzung Berechtigter das Ubernahmerecht nicht 108 ausübt oder die Erben einer statutarischen Abtretungsverpflichtung nicht nachkommen, kann die Gesellschaft in der Satzung zur Einziehung des Geschäftsanteils ermächtigt werden. Eine solche „Eimyehungsklausel" kann auch ohne Verbindung mit einer Nachfolgebestimmung vereinbart werden, als Ersatz für die nicht zulässige (vgl. § 15, 5) „automatische" Einziehung auf den Todesfall. Die Einziehung ist auch hier nur möglich, wenn die allgemeinen Einziehungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. Erl. zu § 34). f ) Beschränkung der Abfindung? Von besonderer Bedeutung ist für alle Nachfolgeregelungen, ob der Gesell- 109 schaftsvertrag auch das Entgelt festlegen kann, welches den Erben des verstorbenen Gesellschafters zukommt, sofern der Anteil — entweder unmittelbar oder aufgrund einer Abtretungsverpflichtung — einem Dritten oder auch einem Miterben zufällt, oder wenn der Anteil, nach dem Tod des Gesellschafters oder wegen Verstoßes der Erben gegen Nachfolgebestimmungen, eingezogen wird, dem Wert nach also den übrigen Gesellschaftern zuwächst. Die gegen die Zulässigkeit einer solchen Satzungsbestimmung vorgebrachten 110 Bedenken aus § 2301 Abs. 1 BGB sind unbegründet. In einer Einziehungsklausel (Rdn. 108), welche ein hinter dem vollen Anteilswert zurückbleibendes Entgelt vorsieht, liegt weder eine Schenkung noch ein Schenkungsversprechen. Es wird lediglich die Gesellschafterversammlung ermächtigt, den Einziehungsbeschluß ohne Zustimmung der Erben (§ 34 Abs. 2) zu fassen. Eine unentgeltliche Zuwendung zugunsten der übrigen Gesellschafter liegt darin ebensowenig wie bei sonstigen gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, welche mögliche Rechtspositionen des einzelnen Gesellschafters im Hinblick auf eine Stärkung des Gesellschafterverbandes aufgeben oder einschränken (Veräußerungserschwerungen, Abfindungsbeschränkungen für den Fall des Ausscheidens, des Ausschlusses etc.). (85)
§ 15 Anh. \\\
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Werden allerdings durch Eintrittsrechte (Rdn. 106) oder Abtretungsklauseln (Rdn. 107), die eine Beschränkung oder den Ausschluß einer Abfindung vorsehen, einzelne Erben oder Dritte begünstigt, so wird man eine unentgeltliche Zuwendung annehmen müssen. Desgleichen bei der (seltenen) Nachfolgeklausel, die den Geschäftsanteil — bedingt auf den Todesfall — dem Nachfolger überträgt (oben Rdn. 105). Auch solche Regelungen sind wirksam. Die unentgeltlichen Zuwendungen sind in diesen Fällen unter Lebenden erfolgt (§ 2301 Abs. 2 BGB). Der Wert der Zuwendung besteht in der Differenz zwischen dem vollen Wert des Anteils und dem festgesetzten Entgelt, bei einer unentgeltlichen Übernahmemöglichkeit also in dem vollen Anteilswert. In diesen Fällen können den Erben gegenüber dem Begünstigten gegebenenfalls Ansprüche nach §§ 2050ff., §§ 2325 ff. BGB zustehen (Flume, wie vor Rdn. 99, S. 64; a. A. Däubler Vererbung, wie vor Rdn. 6, S. 84, 111; er will die den Begünstigten zufallende Rechtstellung wie ein Vermächtnis (§ 2174 BGB) behandeln und auch §§ 2311, 2318 BGB analog anwenden: „Vermächtnis kraft Gesellschaftsvertrags"; weitere Nachweise bei Schilling aaO. S. 207, FN 17—20; Ulmer Anhang zu § 34, 40 nimmt eine unentgeltliche Zuwendung an den Begünstigten regelmäßig nur bei einem Ausscheiden der Erben ohne Abfindung an, nicht aber, wenn die Abfindung (z. B. auf den Buchwert) beschränkt ist.
5. Vermächtnis 112
Ist ein Geschäftsanteil jemandem durch ein Vermächnis zugewendet, so erwirbt der Vermächtnisnehmer gegen den Erben einen Anspruch auf Abtretung des Geschäftsanteils. Die Verpflichtung zur Abtretung entsteht durch die letztwillige Verfügung (§ 2174 BGB). Sie bedarf nicht etwa der Form des § 15 Abs. 4 (vgl. § 15, 11). Dagegen erfordert die Erfüllung des Vermächtnisses, die Abtretung des Anteils an den Vermächtnisnehmer der Form des § 15 Abs. 3. Die Zustimmung der Gesellschaft, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, sowie die sonstigen statutarisch vorgesehenen Voraussetzungen für eine Übertragung müssen vorliegen. Der beschwerte Erbe ist verpflichtet, alles in seiner Kraft stehende zu tun, um die Erfüllung des Vermächtnisses zu ermöglichen. Er muß also insbesondere eine vorgesehene Zustimmung der Gesellschaft oder anderer Organe beantragen und gegebenenfalls sein Stimmrecht in diesem Sinne ausüben. Verletzt er diese Verpflichtung, so kann er sich dem Vermächtnisnehmer gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Die Rechtslage ist insoweit nicht anders als bei einem Vertragsverhältnis unter Lebenden gemäß § 15 Abs. 4 (vgl. dazu § 15, 118; ebenso Hueck DB 1956 735). Scheitert die Erfüllung des Vermächtnisses an gesetzlichen oder satzungsgemäßen Hindernissen (§§ 17, 15 Abs. 5), ohne daß der beschwerte Erbe dies zu vertreten hat, so liegt an sich ein Fall des § 2171 BGB vor. Allerdings ist dann zu prüfen, ob nicht eine dem Erblasserwillen gemäße Auslegung des Vermächtnisses dazu führt, daß der Erbe verpflichtet ist, dem Vermächtnisnehmer einen entsprechenden Wertersatz zu geben oder ihm aber die vermögensrechtlichen Ansprüche aus der Beteiligung (Anspruch auf Gewinn und Liquidationsguthaben) abzutreten (so Hueck aaO. 736f.). Soweit es dem Willen des Erblassers nicht widerspricht, wird der Vermächtnisnehmer in einem solchen Fall aber auch den Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses an einen Dritten abtreten dürfen, der die satzungsgemäßen Anforderungen für eine Übertragung des Geschäftsanteils erfüllt oder dem gegenüber eine statutarische Genehmigung erteilt würde (BGHZ 32 35; Hueck aaO.). (86)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
6. Vorerbschaft Der Vorerbe ist bis zum Eintritt der Nacherbfolge Erbe. Einen im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteil erwirbt der Vorerbe daher nicht anders als der Vollerbe mit allen aus der Mitgliedschaft fließenden Rechten und Pflichten. Für die mit der Mitgliedschaft verbundenen Nachlaßverbindlichkeiten (Erblasserschulden) haftet er ohne die Möglichkeit der erbrechtlichen Beschränkung (bestr., vgl. Rdn. 103; a. A. auch Feiler, wie vor Rdn. 99, S. 40fF.), desgleichen für die während der Dauer der Vorerbschaft entstehenden Verbindlichkeiten. In Verfügungen über den Geschäftsanteil ist der Vorerbe nur durch §2113 Abs. 2 BGB beschränkt, also hinsichtlich unentgeltlicher Verfügungen. Die übrigen nach §§ 2113fF. BGB für den Vorerben geltenden Beschränkungen betreffen den Geschäftsanteil nicht. Verschenkt der Vorerbe seinen Anteil (wenn nicht der hier wohl seltene Fall der Anstandsschenkung vorliegt), so ist die Schenkung bei Eintritt des Nacherbfalls unwirksam, und zwar nicht nur relativ, sondern absolut (BGHZ 52 269, 270). Die weitere Voraussetzung für die Unwirksamkeit einer unentgeltlichen Verfügung (Beeinträchtigung des Nacherbenrechts) ist in der Regel anzunehmen. Ebenso sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Geschäftsanteil bei Eintritt des Nacherbfalls unwirksam, wenn nicht einer der in § 2115 Satz 2 BGB genannten Fälle vorliegt. Keine unentgeltliche Verfügung des Vorerben (zugunsten der übrigen Gesellschafter) liegt in der satzungsgemäßen ganz oder teilweise unentgeltlichen Einziehung des Anteils gemäß § 34 Abs. 2 vor Eintritt des Nacherbfalls. Sie ist dem Nacherben gegenüber wirksam. Fraglich kann sein, ob dies auch dann gilt, wenn die Einziehung deshalb erfolgt, weil der Vorerbe die Qualifikation für eine Gesellschafternachfolge nicht erfüllt, während beim Nacherben diese Voraussetzungen vorliegen (z. B. sieht der Gesellschaftsvertrag vor, daß der Anteil eingezogen werden kann, wenn er im Erbfall an andere als Abkömmlinge der Gesellschafter fällt. Der verstorbene Gesellschafter hat seine Frau zur Vorerbin, seine Kinder zu Nacherben eingesetzt). Doch muß die Einziehung auch in diesem Fall wirksam sein und bleiben, wenn der Beschluß nicht — wegen sittenwidriger Schädigung der Nacherben — nichtig oder anfechtbar ist (dazu vgl. Anh. § 47). Problematisch ist die Frage, ob in der Ausübung von Verwaltungsrechten (Stimmrechten, Zustimmungsbefugnissen) durch den Vorerben eine Verfügung und gegebenenfalls eine unentgeltliche Verfügung zu sehen ist. Dies ist gewiß dann nicht der Fall, wenn es sich um die Mitwirkung an Beschlüssen handelt, die keine unmittelbaren rechtsändernden Konsequenzen für die Beteiligung des Vorerben haben (z. B. Bestellung von Geschäftsführern, Feststellung von Bilanzen, aber auch Vermehrung gesellschaftsrechtlicher Pflichten, und ebenso eine Verringerung der Gewinn- und Stimmrechtsquote beispielsweise durch Kapitalerhöhung; a. A. für den Fall der Kapitalerhöhung Feller aaO.). Dabei spielt die Tatsache, daß derartige Handlungen wirtschaftlich für die Beteiligung nachteilig sind, keine ausschlaggebende Rolle. Sie mögen Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vorerben auslösen; durch das Verbot des § 2113 Abs. 2 BGB werden sie nicht berührt. Anderes gilt nur dann, wenn der Vorerbe Sonderrechte aufgibt oder wenn er z. B. der Einziehung des Geschäftsanteils zustimmt, ohne daß ein Fall des § 34 Abs. 2 vorliegt oder die Einziehung gegen angemessenes Entgelt erfolgt. Solche Maßnahmen sind — als unentgeltliche Verfügungen — beim Eintritt des Nacherbfalls unwirksam. Eine Verfügung, die nach §§2113, 2115 BGB das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt, bleibt bis zum Eintritt des Nacherbfalls wirksam. (87)
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§ 15 Anh.
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Wirksam bleiben also auch alle Handlungen, die der unentgeltliche Erwerber des Anteils bis zum Eintritt des Nacherbfalls gegenüber der Gesellschaft oder die die Gesellschaft ihm gegenüber vorgenommen hat. Das gleiche gilt von Handlungen des Vorerben, die als unentgeltliche Verfügungen gelten (Rdn. 115). Eine rückwirkende Geltendmachung der Unwirksamkeit ist nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft ausgeschlossen (dazu vgl. Rdn. 5—8). 117 Nutzungen während der Zeit der Vorerbschaft stehen dem Vorerben zu (§ 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dazu gehören beim Geschäftsanteil in erster Linie der Gewinnanspruch nach §29. Dem Vorerben gebührt der Gewinnanteil für die Zeit der Vorerbschaft, und zwar unabhängig von dem Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Verteilung des Reingewinns (§ 101 Abs. 2 BGB). Tritt der Nacherbfall nach Ablauf eines Geschäftsjahrs, aber vor der Beschlußfassung gemäß § 29 ein, so entsteht die Forderung zwar in der Person des Nacherben; der Vorerbe hat aber insoweit einen Anspruch auf Erstattung gegen den Nacherben. Der Vorerbe ist verpflichtet, bei der Beschlußfassung über die Verwendung des Reingewinns auf die Interessen des Unternehmens (und damit des Nacherben) Rücksicht zu nehmen, also gegebenenfalls der Bildung von Rücklagen in angemessener Höhe zuzustimmen. Umgekehrt kann der Nacherbe gehalten sein, die Bildung von Rücklagen zu verhindern, wenn sie (vgl. oben) zu Lasten des Vorerben gehen, und weder notwendig noch üblich sind. Vergütungen für Nebenleistungen stehen dem Vorerben zu, soweit er diese Leistungen erbracht hat. Ebenso kann der Vorerbe die Vergütung für seine geschäftsführende Tätigkeit beanspruchen, auch soweit sie erst nach Eintritt des Erbfalls fällig wird (z. B. Tantieme). 118 Andererseits sind das Auseinandersetzungsguthaben, das Einziehungsentgelt, ein Uberschuß nach § 27 Abs. 2 Satz 3, zurückgezahlte Nachschüsse (§ 30 Abs. 3) und zurückgezahlte Stammeinlagen (§ 58 Abs. 2 Satz 2) Surrogate des Geschäftsanteils, die nach § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Nacherbenrecht unterliegen. Ebenso gehört der bei einer Kapitalerhöhung entstehende neue Geschäftsanteil als Surrogat zum Nachlaß. Hat der Vorerbe dabei die Einlage aus eigenen, also nicht aus Nachlaßmitteln geleistet, so kann er Erstattung seiner Aufwendungen gemäß §§2124, 2125 BGB verlangen (Feller S. 157; ebenso BGH GmbH-Rdsch. 1972 215 für den insoweit gleichgelagerten Fall eines Nießbrauchs an einem KGAnteil). 7. Testamentsvollstreckung 119
Der Geschäftsanteil kann unter die Verwaltung eines Testamentsvollstreckers fallen, entweder weil für den gesamten Nachlaß Testamentsvollstreckung angeordnet ist oder weil der Anteil speziell unter Testamentsvollstreckung gestellt wurde. Einer solchen Anordnung stehen gesellschaftsrechtliche Bedenken nicht entgegen (BGH BB 1959 794 = NJW 1959 1820 = GmbH-Rdsch. 1959 256; ScholZ § 15, 98; Barella GmbH-Rdsch. 1959 45; Baumbach-Hueck §47 Anm. 4 A ; Wiedemann 338 m. w. N.). Die Anordnung ist auch dann zulässig, wenn die Gesellschaft personalistisch strukturiert ist (Schilling Festschr. W. Schmidt S. 217). Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings die Verwaltung durch Außenstehende, also auch durch einen Testamentsvollstrecker, einschränken oder völlig ausschließen (BGH aaO.; a. A. Wiedemann aaO.). Jedoch kann in solchen Fällen die Auslegung des Erblasserwillens dazu führen, daß jedenfalls die vermögensrechtlichen Ansprüche aus dem Geschäftsanteil (insbesondere Ansprüche auf Gewinn und Liquidationserlös) der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegen. Dem Testamentsvollstrecker können auch (88)
Der Geschäftsanteil im Rechtsverkehr (Schilling/Zutt)
Anh. § 15
einzelne aus der Mitgliedschaft fließende Rechte, insbesondere das Stimmrecht, zur Ausübung überlassen werden (OLG Hamm DB 1956 511). Sind dem Testamentsvollstrecker die Verwaltungsbefugnisse übertragen, so 120 ist er zu allen Rechtshandlungen und Rechtsgeschäften berechtigt, welche die Gesellschafterstellung des oder der Erben mit sich bringt. Dabei kann er auch an Gesellschafterbeschlüssen mitwirken, die Verbindlichkeiten, insbesondere Nachschußpflichten für den Erben mit sich bringen. Dies folgt schon aus § 2209 in Verbindung mit § 2207 BGB (a. A. Burchard GmbH-Rdsch. 1954 150). Bei der Verwaltung hat der Testamentsvollstrecker dem vom Erblasser zum Ausdruck gebrachten Willen Rechnung zu tragen. Dies gilt insbesondere auch für die Wahrnehmung von Kontrollrechten (BGH NJW 1959 1820). Der Testamentsvollstrecker ist zwar zu unentgeltlichen Verfügungen (mit Ausnahme sogenannter Anstandsschenkungen) nicht befugt, § 2205 Satz 2 BGB. Als unentgeltliche Verfügungen im Sinne dieser Bestimmung ist aber eine Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen grundsätzlich auch dann nicht anzusehen, wenn dadurch eine Verminderung der Rechtsstellung des Erben eintritt (vgl. zu der insoweit gleichen Rechtslage beim Vorerben oben Rdn. 115). Ist mit dem Geschäftsanteil das Recht auf Geschäftsführung verbunden (vgl. 121 Erl. zu § 35), so kann der Testamentsvollstrecker auch dieses Recht ausüben, wenn die Satzung dies nicht ausschließt (vgl. Rdn. 119). Der Grundsatz von der Unvertretbarkeit in der Organstellung spricht nicht dagegen. Denn bei der Ausübung solcher Geschäftsführungsrechte vertritt der Testamentsvollstrecker nicht ein Organ der Gesellschaft, sondern macht von einem aus dem Geschäftsanteil, aus der Mitgliedschaft fließenden Recht Gebrauch. Zum Stimmrecht des Testamentsvollstreckers bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer s. § 47, 71. Zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehört es, den durch letztwillige 122 Verfügung vermachten Geschäftsanteil an den Vermächtnisnehmer abzutreten und, im Fall einer Auseinandersetzung, den im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteil unter den Miterben zu teilen (vgl. oben). Zu der Mitwirkung des Testamentsvollstreckers bei der Gründung einer GmbH siehe § 2, 28.
(89
§16
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter § 16
Der Gesellschaft gegenüber gilt im Falle der Veräußerung des Geschäftsanteils nur derjenige als Erwerber, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Die vor der Anmeldung von der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder von dem letzteren gegenüber der Gesellschaft in bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommenen Rechtshandlungen muß der Erwerber gegen sich gelten lassen. Für die zur Zeit der Anmeldung auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen ist der Erwerber neben dem Veräußerer verhaftet. Übersicht Rdn.
Einleitung . Reform . . I. Veräußerung des Geschäftsanteils 1. Veräußerung 2. Geschäftsanteil II. Anmeldung des Erwerbs 1. Rechtsnatur 2. Form 3. Erklärung 4. Zeitpunkt 5. Zugang 6. Nachweis des Ubergangs 7. Annahme, Zurückweisung . . . . 8. Statutarische Bestimmungen . . . . 9. Kein Anspruch der Gesellschaft auf Anmeldung
Rdn. IV. Wirkung der Anmeldung
Schrifttum 1 2 3 6 7 8 9 12 13 15 17 21 22
III. Folgen der Nichtanmeldung 1. Erwerber gilt nicht als Gesellschafter 23 2. Anderweitige Kenntnis ersetzt Anmeldung nicht 25
1. Allgemeines
26
2. Rechtstellung des Erwerbers a) Mitgliedschaftsrechte b) Verpflichtungen
. . .
28 29 30
3. Rechtstellung des Veräußerers a) Verlust der Legitimation . . . . 33 b) Befreiung von Gesellschafterpflichten 34 c) Haftung für rückständige Leistungen 36 , Die fehlerhafte Anmeldung 1. Allgemeines
40
2. Mängel der Veräußerung a) Auswirkungen auf die Anmeldung 41 b) Widerruf der Anmeldung . . . . 43 3. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Anmeldung selbst 45 VI. Nießbrauch, Verpfändung, Pfändung . 51 VII. Anmeldung der gung
Stimmrechtsübertra53
Schrifttum Knur Fragen der GmbH-Reform, DNotZ 1961 299; Schol^ Die Anmeldung des Erwerbers eines Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1927 43 ff., 127 ff., 181 ff., 242 ff. Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965), insbes. S. 131ff.Vgl. auch die Literatur zu §§ 67, 68 AktG.
Einleitung i
Durch die in § 15 geregelte Veräußerung des Geschäftsanteils tritt ein Gesellschafterwechsel ein. Er kann sich ohne Mitwirkung oder Kenntnis der Gesellschaft (90)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§16
vollziehen. Dies kann zu Unklarheiten über den Gesellschafterbestand führen. § 16 Abs. 1 und 2 bezwecken, solche Unklarheiten und daraus resultierende Nachteile für die Gesellschaft zu vermeiden. Nach diesen Bestimmungen kann die Anteilsübertragung im Verhältnis zur Gesellschaft erst nach einer besonderen Benachrichtigung, der Anmeldung, Wirkungen entfalten, obwohl die Anmeldung kein Teil des Veräußerungsgeschäfts ist; vgl. Rdn. 7. Der durch die Anmeldung geschaffene Rechtschein schützt die Gesellschaft auch bei Mängeln des Veräußerungsgeschäfts (Rdn. 41 ff.). Daneben stellt Abs. 3 sicher, daß ein Gesellschafter sich seiner Haftung für die fälligen, der Gesellschaft geschuldeten Leistungen nicht durch Veräußerung seines Anteils entziehen kann. — Die Regelung ähnelt in vielfacher Beziehung den Bestimmungen in § 67 Abs. 2 und 3, § 68 Abs. 3 und 4 AktG über die Anmeldung des Ubergangs von Namensaktien. — Der Text des § 16 ist seit 1892 unverändert. Reform § 53 RegE übernimmt in seinen Absätzen 1 und 2 die Substanz der geltenden 2 Regelung. Er erweitert die Wirkung der Anmeldung wie auch die Haftung für rückständige Leistungen auf alle, auch nicht rechtsgeschäftliche Anteilsübergänge, läßt die Regelung des jetzigen Abs. 2 als überflüssig fort und stellt in Abs. 3 einen de lege lata streitigen Punkt klar. Zahlreiche andere, mit der Anmeldung zusammenhängende Zweifelsfragen läßt der Entwurf offen.
I. Veräußerung des Geschäftsanteils 1. Veräußerung Die Vorschrift setzt die Veräußerung eines Geschäftsanteils voraus (vgl. aber 3 zur Anmeldung der Stimmrechtsübertragung Rdn. 53). Der Begriff Veräußerung ist hier in weitem Sinn gebraucht. Er meinte jede Einzelrechtsnachfolge in den Geschäftsanteil, umfaßt also alle Fälle des § 15 Abs. 3, geht aber darüber hinaus (Motive 25). Die Anmeldung ist notwendig, ohne Rücksicht auf die der Veräußerung zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen, muß also z. B. auch beim Erwerb eines vermachten Geschäftsanteils (§ 2174 BGB) erfolgen, und insbesondere auch bei treuhänderischer Abtretung und Sicherungsübereignung (RGZ 138 108). Andererseits unterliegt das obligatorische Rechtsgeschäft (§ 15 Abs. 4) naturgemäß nicht dem § 16. Die Anmeldung ist aber auch in den Fällen notwendig, in denen eine „Veräußerung", ein Inhaberwechsel des einzelnen Anteils, vorliegt, die jedoch nicht unter § 15 Abs. 3 fallen. So ist die Veräußerung durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Zwangsvollstreckung (Anh. § 15, 83) gemäß § 16 anzumelden. Ebenso sind anzumelden die Fälle, in denen mehrere Eigentümer zur gesamten Hand (z. B. mehrere Gesellschafter, mehrere Erben) sich dahin auseinandersetzen, daß einem von ihnen der gemeinsame Anteil zufällt (§15, 22, 45), auch wenn sich dort der Inhaberwechsel durch Anwachsung vollzieht. Dagegen ist § 16 Abs. 1 auf den Anteilsübergang kraft Gesetzes, insbesondere 4 auf die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge nicht anzuwenden (Schol% 17; Brodmann 26; teilw. a. A. Vorauf!. Anm. 2). Weder bei der Vererbung (Däubler GmbH-Rdsch. 1963 182), noch bei Vereinbarung einer ehelichen Gütergemeinschaft, weder bei der Fusion zweier Aktiengesellschaften noch bei der übertragenden Umwandlung bedarf es einer Anmeldung. Erst recht findet § 16 keine Anwendung bei der formwechselnden (91)
§ 16
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Umwandlung von Gesellschaften, bei der das Rechtsubjekt nicht wechselt ( § 1 5 , 78ff.). Hierdurch können freilich Schwierigkeiten entstehen (Freymuth GmbHRdsch. 1922 99). Sie müssen durch gesellschaftsvertragliche Bestimmungen ausgeräumt werden (vgl. Rdn. 21). 5 Veräußerungsgeschäfte, an denen die Gesellschaft selbst als Veräußerer oder Erwerber beteiligt ist, unterliegen nicht der Bestimmung des § 16. Der Erwerber, der sein Recht unmittelbar von der Gesellschaft ableitet (in den Fällen der §§ 23, 27, aber auch bei anderen Veräußerungsgeschäften), braucht nicht besonders als Erwerber bei der Gesellschaft angemeldet werden (Schob.\ 18; Brodmann 3). Er gilt von dem Erwerb ab auch der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter. Ebenso gilt bei Veräußerungen an die Gesellschaft (§§ 33, 34) der Veräußerer auch ohne Anmeldung des Rechtsübergangs gegenüber der Gesellschaft nicht mehr als Gesellschafter. 2. Geschäftsanteil 6
Anzumelden ist nur die Veräußerung von Geschäftsanteilen. Die Anmeldung ist erforderlich insbesondere auch bei der Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteils und bei der Übertragung einer Mitberechtigung an einem Geschäftsanteil gemäß § 747 BGB (vgl. Erl. zu § 18). Nicht unter § 16 fällt hingegen die Abtretung einzelner, aus dem Geschäftsanteil fließender Vermögensansprüche, wie der Anspruch auf Gewinnbezug, auf das Liquidationsguthaben, oder Ansprüche, welche dem Gesellschafter als Gegenleistung für seine Leistungen nach § 3 Abs. 2 zustehen. In diesen Fällen gelten für das Verhältnis des Erwerbers zur Gesellschaft die allgemeinen Regeln für die Abtretung von Forderungen (§§ 404ff. BGB). Gleichermaßen findet § 16 keine Anwendung auf die Fälle der Verpfändung und der Pfändung eines Geschäftsanteils sowie auf die Nießbrauchbestellung an einem Geschäftsanteil (Rdn. 53ff.). Dagegen ist § 16 entsprechend auf Stimmrechtsübertragungen anzuwenden (Rdn. 53). II. Anmeldung des Erwerbs 1. Rechtsnatur
7
Die Anmeldung bewirkt nicht den Austritt des alten und den Eintritt des neuen Gesellschafters, ist also kein Teil der Veräußerung. Vielmehr vollzieht sich der Übergang des Anteils auf den Erwerber auch ohne Anmeldung, allein durch die Abtretung gemäß § 15 Abs. 3 (BGH NJW 1960 628 = LM Nr. 1 zu § 16; Schol^ 1; Wiedemann 146; h. M.; die andere Ansicht der Vorauflage Einl. und Anm. 4 sowie § 15 Anm. 66 wird aufgegeben). Daher lassen der Konkurs des Veräußerers oder eine Zweitabtretung an einen Dritten nach Abtretung, aber vor Anmeldung, diesen Übergang unberührt (so zutreffend Fischer JZ 1956 363). Die Anmeldung kann demgemäß weder eine wirksame Abtretung ersetzen noch eine mangelhafte Abtretung heilen. Immerhin bewirkt die Anmeldung aber, daß der angemeldete Anteilserwerber der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter „gilt". Es handelt sich um eine Fiktion (BGH aaO und NJW 1969133 = LM Nr. 3 zu § 16; Wiedemann 137 spricht von „unwiderleglicher Vermutung"), um einen gesetzlich ausgeformten Rechtscheintatbestand (so Lutter in Kölner KommAktG § 67,25). Die Anmeldung ist also Voraussetzung für die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte (Rdn. 29). Ob die Anmeldung des Erwerbs Willenserklärung ist (so Scholz 10, 15) oder Rechtshandlung, Mitteilung (so RGZ 127 236, 240; Scholz-Fischer 4; Brodmann 3 a) ist um(92)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§ 16
stritten. Der Gesellschaft gegenüber wirkt sie rechtsgestaltend insoweit, als sie die Legitimation des Angemeldeten begründet (Lutter § 67,12 gegen RGZ 79 162,163; 86 160,161). Daher sind auf die Anmeldung die Vorschriften über Willenserklärungen jedenfalls entsprechend anzuwenden (ebenso Schol\ aaO; Baumbach-Hueck 2 A; a. A. Brodmann aaO). Gleichwohl folgt aus dem Legitimationszweck der Anmeldung, daß die Geltendmachung von Mängeln der Anmeldung besonderen Regeln unterliegt (Rdn. 41 ff.). 2. Form Eine Form für die Anmeldung ist nicht vorgeschrieben. Sie kann schriftlich 8 oder mündlich, unter Umständen auch durch konkludente Handlung erfolgen (so z. B. im Nachsuchen einer Genehmigung nach § 15 Abs. 5: s. Rdn. 12). Wie bei jeder Erklärung im Rechtsverkehr schaden Schreibfehler und sonstige offenbare Unrichtigkeiten der Anmeldung nicht. Freilich muß im Hinblick auf die weitreichende Bedeutung der Anmeldung darauf geachtet werden, daß der Inhalt der Erklärung deutlich zum Ausdruck kommt. 3. Erklärung Die Anmeldung kann nur durch Veräußerer oder Erwerber, nicht aber durch 9 unbeteiligte Dritte erfolgen. Als anmeldungsberechtigter Veräußerer ist nur derjenige anzusehen, der bis dahin der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter galt, der also entweder als Erwerber eines Geschäftsanteils angemeldet war, oder zu seiner Legitimation der Anmeldung nicht bedurfte, weil er die Gesellschafterstellung z. B. durch Universalsukzession erworben hatte. Dagegen ist derjenige, der, als Erwerber gemäß § 15, nicht durch erfolgte Anmeldung gegenüber der Gesellschaft legitimiert ist, auch nicht zur Anmeldung der (Weiter-)Veräußerung seines Anteils befugt. Andererseits ist die Anmeldung einer Anteilsübertragung solange möglich, als nicht die Weiterübertragung ordnungsgemäß angemeldet ist. Ist also A als Gesellschafter bei der Gesellschaft angemeldet und veräußert er seinen Anteil an B, der ihn seinerseits (ohne angemeldet zu sein) an C überträgt, so sind folgende Anmeldungen denkbar: C kann sich als Erwerber anmelden (unter Nachweis der Übergänge A—B und B—C, darüber unten Rdn. 15 ff.). Sowohl A als auch B können B als Erwerber anmelden, solange der Erwerb C noch nicht angemeldet ist, und B kann in diesem Fall anschließend natürlich auch den folgenden Übergang B—C anmelden. Hingegen kann A nicht C als Erwerber anmelden (da er an diesem Erwerb nicht beteiligt ist); ebenso kann B nicht C als Erwerber anmelden, ohne selbst der Gesellschaft gegenüber durch Anmeldung legitimiert zu sein. — Zur Anmeldung von Mitberechtigten s. § 18, 13. Die Anmeldung kann von den Beteiligten gemeinsam erklärt werden, ebenso 10 aber auch durch den Veräußerer oder den Erwerber ohne Mitwirkung des anderen Vertragspartners {Schol^ 11; a. A. Wiedemann 138f., der die Anmeldung durch den Erwerber nur bei Zustimmung des Veräußerers für zulässig hält, nicht aber umgekehrt die Zustimmung des Erwerbers zur Anmeldung seitens des Veräußerers verlangt). Die Anmeldung kann durch gesetzliche Vertreter (auch Testamentsvollstrecker, Nachlaßpfleger etc.), und ebenso durch Bevollmächtigte (z. B. den beurkundenden Notar, den versteigernden Gerichtsvollzieher) erklärt werden. Die gesetzliche Vertretungsmacht und die Vollmacht sind der Gesellschaft nachzuweisen. Die Anmeldung durch einen Bevollmächtigten ist gemäß § 174 BGB unwirksam, (93)
§ 16
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
wenn eine Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird (und die Gesellschaft nicht von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt war), sofern die Gesellschaft die Anmeldung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Eine durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommene Anmeldung kann genehmigt werden (§180 BGB). 11 Die Anmeldung kann von dem oder den Anmeldenden bis zu ihrer Annahme (Rdn. 17) zurückgenommen werden. Auch über die Widerrufsmöglichkeit gemäß § 130 Abs. 1 BGB hinaus ist kein vernünftiger Grund ersichdich, den Anmeldenden an seiner Erklärung festzuhalten, solange nicht die Gesellschaft sie akzeptiert hat. Der Widerruf kann in Zweifelsfällen der Klarstellung und Vereinfachung dienen. 4. Zeitpunkt 12
Die Anmeldung kann erst nach der Veräußerung erfolgen. Dies ergibt sich ohne weiteres daraus, daß sie „unter Nachweis des Ubergangs" erklärt werden muß (Rdn. 15). Erfolgt sie vorher, ist und bleibt sie wirkungslos. Sie kann nicht unter einer Bedingung oder Befristung erklärt werden. Die Anmeldung einer aufschiebend bedingten oder befristeten Abtretung (§15, 85) ist erst zulässig, wenn die Bedingung eingetreten, die Frist abgelaufen ist. Auch wenn die Veräußerung mit Einwilligung (vorheriger Zustimmung) der Gesellschaft (gemäß § 15 Abs. 5 oder § 17 Abs. 1) erfolgt, muß die spätere Abtretung angemeldet werden. Auch in diesem Falle gilt also, solange die erfolgte Veräußerung nicht angemeldet wird, der Veräußerer der Gesellschaft gegenüber weiterhin als Gesellschafter. Fehlt allerdings zur Wirksamkeit des Übertragungsakts nur noch die Genehmigung (= nachträgliche Zustimmung) der Gesellschaft oder die von ihr zu erklärende Genehmigung anderer Gesellschaftsorgane, so liegt, wenn das Gegenteil nicht ausdrücklich erklärt wird, im Nachsuchen einer solchen Genehmigung regelmäßig zugleich eine wirksame Anmeldung, in der Bekanntgabe der Genehmigung die Annahme der Anmeldung (Rostock OLGR 32 139; Scholz 10; Feine 388; vgl. § 15, 120). — Eine Rückwirkung der Anmeldung kann nicht vereinbart werden. 5. Zugang
13
Die Anmeldung muß der Gesellschaft zugehen, also dem Geschäftsführer (BGH WM 1967 24 = BB 1967 95). Es genügt, daß sie mindestens einem Geschäftsführer der Gesellschaft zugeht (§35 Abs. 2 Satz 3). Die anderweit, also nicht von Veräußerer oder Erwerber erlangte Kenntnis der Gesellschaft vom Anteilsübergang kann die Anmeldung nicht ersetzen. Daß der Geschäftsführer als Veräußerer oder Erwerber an der Anteilsveräußerung beteiligt ist, macht die Anmeldung nicht überflüssig (a. A. offenbar RGZ 127 236, 241 f. = JW 1930 2679; 157 52, 59; Scholz 10 5 Brodmann 3 b). Zwar wird man in diesen Fällen aus der Abtretungsurkunde in der Regel eine konkludente Anmeldungserklärung des anderen Vertragsteils gegenüber dem beteiligten Geschäftsführer entnehmen können (der Geschäftsführer selbst wäre wegen § 181 BGB an einer solchen Erklärung gehindert). Doch kann sich aus den Vereinbarungen auch durchaus der Wille der Vertragspartner ergeben, mit der Anmeldung noch zuzuwarten. Da für die Nichtanmeldung u. U. beachtliche Gründe sprechen können (vgl. BGH LM Nr. 3 zu § 16 = N JW 1969 133), muß diese Möglichkeit auch bestehen, wenn ein Geschäftsführer an der Veräußerung im eigenen Namen beteiligt ist. Die (stillschweigende) Anmeldung wird hier also vermutet, aber nicht fingiert. (94)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§ 16
Der Eintragung in ein Buch, in ein Verzeichnis oder in eine Liste bedarf es 14 nicht, auch wenn dies — schon im Hinblick auf § 40 — in der Regel so gehandhabt werden wird. 6. Nachweis des Übergangs Die Anmeldung muß „unter Nachweis des Übergangs" erfolgen. Dabei genügt 15 es, daß die Gesellschaft von dem Rechtsübergang „überzeugend unterrichtet" wird (BGH N J W 1960 628 = LM Nr. 1 zu § 16). Die Geschäftsführer haben nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob sie den Nachweis als erbracht ansehen. Stellt die Satzung besondere Anforderungen an den Nachweis des Übergangs, so haben die Geschäftsführer auch diese Bestimmungen zu beachten. Maßgeblich ist eine objektive Betrachtungsweise, also nicht die subjektive Ansicht des Geschäftsführers, der den Nachweis entgegennimmt (vgl. Gottschling GmbH-Rdsch. 1961120). Andererseits dürfen die Anforderungen an den Nachweis nicht überspitzt werden. In der Regel ist bei einer Abtretung die Vorlage der Urkunde gemäß § 15 Abs. 3 erforderlich, aber auch genügend. Das Vorliegen statutarischer Voraussetzungen (§15 Abs. 5) ist ebenfalls zu belegen. Wenn der Ersteher in der Zwangsvollstreckung der Erwerber ist, muß eine amtliche Bescheinigung des Gerichtsvollziehers (Versteigerungsprotokoll etc.) vorgelegt werden. Ebenso ein Auseinandersetzungsvertrag, wenn hierauf der Übergang gestützt wird. Wo das Gesetz für die Wirksamkeit der Veräußerung eine Zustimmung erfordert, ist diese ebenfalls nachzuweisen, so z. B. bei der Veräußerung seitens des Erben während bestehender Verwaltung des Testamentsvollstreckers. Der Nachweis muß bei der Anmeldung vorliegen, sofern nicht die Gesellschaft das Nachbringen des Nachweises gestattet. In die Prüfung des Übergangsnachweises hat die Gesellschaft auch Bedenken einzubeziehen, die ihr gegenüber von dritter Seite, insbesondere von einem Partner des Veräußerungsgeschäfts gegen die Wirksamkeit des Anteilsübergangs (oder der Anmeldung selbst) erhoben werden. Übergeht sie solche Bedenken ohne zureichenden Grund, so macht sie sich dem Gesellschafter gegenüber u. U. schadensersatzpflichtig. Das gleiche gilt aber auch dann, wenn sie ersichtlich abwegigen Bedenken folgt und deshalb die Anmeldung zurückweist. War der Veräußerer nicht angemeldet (Rdn. 9), so sind alle gültigen Rechts- 16 Übergänge bis zurück zum letzten angemeldeten Anteilseigner zu belegen {Schölt^ 7,12; Feine 390; Baumbach-Hueck 2 C). Die Zwischenerwerber haben dann der Gesellschaft gegenüber nie als Gesellschafter gegolten. 7. Annahme, Zurückweisung Die Anmeldung bedarf, um ihre Wirkung zu entfalten, der Annahme durch 17 die Gesellschaft (so zutr. Wiedemann 140). Das folgt daraus, daß der Gesellschafterwechsel „nachgewiesen" werden muß. Die Gesellschaft muß dabei zum Ausdruck bringen, ob sie diese Voraussetzung für gegeben erachtet. Dies verkennt die abweichende Ansicht (Baumbach-Hueck 2 C ; Schol£ 2; Scholz-Fischer 4; Vorauflage 6; offenbar auch Brodmann 3 c). Akzeptiert die Gesellschaft die Anmeldung zu Unrecht nicht, so setzt sie sich möglicherweise Schadensersatzansprüchen aus. Dies ändert aber nichts daran, daß ohne das Einverständnis der Gesellschaft die Anmeldung nicht wirksam erfolgen kann. Die Fiktion des § 16, die Legitimationswirkung der Anmeldung, soll der Rechtsicherheit dienen. Sie soll die Nachteile mildern, die dem Gesellschafterverband (und den beteiligten Gesellschaftern) durch die Mobilität der (95)
§ 16
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Anteile und den fehlenden Gutglaubensschutz entstehen können. Dieser Zweck würde aber vielfach nicht erreicht, wenn nicht von vorneherein (durch Annahme oder Ablehnung seitens der Gesellschaft) feststünde, ob eine legitimierende Anmeldung vorliegt oder nicht. 18 Die Annahme kann ausdrücklich oder stillschweigend erklärt werden. Eine Bescheinigung über die erfolgte und akzeptierte Anmeldung ist nicht vorgesehen. Einer ausdrücklichen Annahmeerklärung bedarf es nicht, wenn die Beteiligten nach den Umständen des Falles und der Übung der Gesellschaft damit nicht rechnen (vgl. § 151 BGB). Doch können die Beteiligten verlangen, daß sich die Gesellschaft klar äußert, ob — und von welchem Zeitpunkt an — sie die Anmeldung gelten läßt. 19 Die Gesellschaft kann die Anmeldung zurückweisen, wenn die Übertragung nicht ausreichend belegt ist. In diesem Falle ist die Anmeldung unwirksam. Sie muß ordnungsgemäß nochmals vorgenommen werden. Die so wiederholte Anmeldung wirkt dann nicht auf die beanstandete zurück. Die Gesellschaft kann die Anmeldung aber auch vorbehaltlich des Nachweises annehmen (Rdn. 15). Dieser Fall liegt vor, wenn sie den Empfang bestätigt, aber noch um Vorlage der notariellen Abtretungsurkunde bittet. Kommt diese Urkunde innerhalb gesetzter oder angemessener Frist nicht ein, so ist die Gesellschaft berechtigt, die Anmeldung abzulehnen; sie gilt dann als nicht geschehen. Wird der Nachweis gemäß der Anforderung nachgebracht, so wirkt in diesem Fall die Anmeldung von ihrem Zugang ab. 20 Die Gesellschaft kann aber auch auf den Nachweis des Übergangs ganz oder zum Teil verzichten (BGH WM 1967 24 = BB 1967 95; Schol^ 12; Feine 390; Baumbach-Hueck 2 C; a. A. Brodmann 3c; Rospatt LZ 1930 481, 486). Nimmt die Gesellschaft die Anmeldung ohne den erforderlichen Nachweis des Überganges an, so ist ihr die nachträgliche Beanstandung der Anmeldung verwehrt. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftsführer sich eines Verzichts nicht bewußt sind oder wenn sie damit gegen ihre Verpflichtungen verstoßen. Zwar kann die Gesellschaft auch nach Annahme der Anmeldung die Gesellschaftereigenschaft des Erwerbers bestreiten. Sie kann sich dabei aber nicht darauf berufen, daß die Anmeldung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Die Gesellschaft kann in diesem Falle also dem Erwerber nicht etwa das Stimmrecht mit der Begründung versagen, bei der Anmeldung sei der Ubergang nicht nachgewiesen worden. Wurde die Anmeldung von der Gesellschaft ohne Nachweis akzeptiert, so tritt die gesetzliche Folge der Anmeldung für Gesellschaft, Erwerber und Veräußerer ein; alle sind daran gebunden, bis die streitige Gesellschaftereigenschaft einvernehmlich oder durch rechtskräftiges Urteil zwischen den Beteiligten geklärt ist (vgl. auch Rdn. 43, 50). 8. Statutarische Bestimmungen 21
Der Gesellschaftsvertrag kann die Voraussetzung des Abs. 1 nicht abschwächen. Insbesondere kann die Anmeldung nicht abbedungen werden (.BaumbachHueck 1 A). Insofern ist die Vorschrift zwingend. Die Satzung kann aber erhöhte Anforderungen an die Form der Anmeldung wie an den Nachweis des Übergangs stellen und kann die Wirkung der Anmeldung erweitern. So kann beispielsweise vereinbart werden, daß kraft Gesetzes erfolgte Anteilsübergänge, die § 16 an sich nicht unterliegen (Rdn. 4 ff.), anzumelden sind, weiter daß die Anmeldung wirksam nur durch Veräußerer und Erwerber gemeinsam, oder daß sie nur mit eingeschriebenem Brief erfolgen kann, oder daß sie, um wirksam zu werden, in ein von der Gesellschaft geführtes Register eingetragen oder sämtlichen übrigen Gesellschaftern angezeigt werden muß (Däubler GmbH-Rdsch. 1963 182 für den Erbfall). Alle (96
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
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Rechtswirkungen, welche das Gesetz an die Anmeldung knüpft, knüpfen sich dann an die Einhaltung jener Satzungserfordernisse. Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, daß die Abtretung des Geschäftsanteils nur wirksam wird, wenn die Anmeldung ordnungsgemäß erfolgt; dies ist nach § 15 Abs. 5 zulässig (ebenso Schölt^ 10). Eine Rückwirkung kann der Anmeldung nicht beigelegt werden. Sie würde den Rechtschein früherer Anmeldungen beeinträchtigen (vgl. BGH BB 1955 490). 9. Kein Anspruch der Gesellschaft auf Anmeldung Die Gesellschaft hat gegen die Partner der Anteilsveräußerung keinen Anspruch 22 auf Anmeldung. Sie kann die Anmeldung nicht erzwingen. Sie kann weder auf Abgabe der Anmeldung noch auf Feststellung des Übergangs des Geschäftsanteils auf den Erwerber klagen (Schol^ 6; Wiedemann 139 bei Note 2 m. w. N.). Dies gilt auch bei vinkulierten Anteilen (a. A. Wiedemann aaO und 368; zu Stimmbindungsverträgen s. § 47, 27). Eine andere Frage ist, ob die Parteien des Veräußerungsgeschäfts gegenseitig die Anmeldung oder die Mitwirkung bei der Anmeldung beanspruchen können. Dies hängt von den zugrunde liegenden Vereinbarungen ab. Eine Verpflichtung zur Anmeldung kann zwischen den Parteien des Veräußerungsgeschäftes ausdrücklich vereinbart sein; sie kann sich auch aus der Art des Veräußerungsgeschäfts ergeben (Scholz 8; Wiedemann 139). Im allgemeinen wird diese Frage bedeutungslos sein, weil jeder Partner des Veräußerungsgeschäfts auch ohne Mitwirkung des anderen anmelden kann, Rdn. 10. Umgekehrt können der Veräußerer und der Erwerber vereinbaren, daß die Anmeldung unterbleibt. Eine solche Abrede ist grundsätzlich zulässig und macht nicht etwa das Veräußerungsgeschäft unwirksam, sofern nicht die Satzung die Wirksamkeit der Abtretung von der Anmeldung abhängig macht (a. A. RG Holdheim 1900 S. 36; Brodmann 3c; wie hier RGZ 145 79 = JW 1934 2906f. mit Anm. Hueek; Scholz 8). In der vereinbarten Unterlassung der Anmeldung liegt nicht etwa eine Legitimationszession (s. dazu Anh. § 15, 28), wie RGZ 145 79 annimmt. Vgl. auch BGH N J W 1969 133 = LM Nr. 3 zu § 16. III. Folgen der Nichtanmeldung 1. Erwerber gilt nicht als Gesellschafter Ohne Anmeldung gilt der Erwerber, bei Veräußerungen gemäß Abs. 1, der 23 Gesellschaft gegenüber nicht als Gesellschafter. Vielmehr gilt gegenüber der Gesellschaft weiterhin der Veräußerer bzw. der letzte ihr gegenüber legitimierte Gesellschafter als Inhaber der Mitgliedschaftsrechte. Dieser ist bis zur Anmeldung zu den Gesellschafterversammlungen zu laden. Er allein ist berechtigt, das Stimmrecht auszuüben. Ihm sind die Dividenden auszuzahlen etc. Den nicht angemeldeten Erwerber als Gesellschafter anzuerkennen und zu behandeln, ist die Gesellschaft weder berechtigt noch verpflichtet. Durch eine Behandlung des nicht angemeldeten Erwerbers als Gesellschafter würde sie die Rechte des angemeldeten Vorgängers verletzen. Dieser könnte sie in Fällen nachträglicher erfolgreicher Anfechtung des Abtretungsaktes für die Folgen solcher Handlungsweise verantwortlich machen. Die Gesellschaft würde aber dadurch auch in die Rechte des Erwerbers eingreifen. Dieser hat die Anmeldung vielleicht absichtlich unterlassen, um ihr gegenüber nicht als Gesellschafter zu gelten. Umgekehrt hat kein Partner des Veräußerungsgeschäfts, weder derVeräußerer noch der Erwerber, vor der Anmeldung einen Anspruch gegen die Gesellschaft, daß der Erwerber als Gesellschafter betrachtet wird. (97)
§ 16 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Der Erwerber muß, wie Abs. 2 ausdrücklich sagt, die vor der Anmeldung von der Gesellschaft gegenüber dem Veräußerer oder von dem letzteren gegenüber der Gesellschaft in bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommenen Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen. Diese Folge ergibt sich bereits aus Abs. 1. Daher verzichtet § 53 RegE konsequenterweise auf die — überflüssige — Bestimmung des Abs. 2. 2. Anderweitige Kenntnis ersetzt Anmeldung nicht
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Die anderweit erlangte Kenntnis der Gesellschaftsorgane von der geschehenen Veräußerung kann die Anmeldung nicht ersetzen. Auch die Tatsache, daß die Gesellschaft aufgrund solcher anderweit erlangten Kenntnis den Erwerber als Gesellschafter behandelt und dieser stillschweigend sich als Gesellschafter behandeln läßt (z. B. Dividendenzahlungen entgegennimmt), kann für sich allein noch nicht die Wirkungen der Anmeldung gemäß § 16 zeitigen. Indessen kann in einem aktiven Verhalten des Erwerbers eine konkludente Anmeldung gesehen werden, z. B. dann, wenn der Erwerber selbst der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter tätig wird, auf Einladung an Gesellschafterversammlungen teilnimmt, dort Gesellschafterrechte ausübt und Dividenden einfordert. Hierin wird regelmäßig eine Anmeldung zu sehen sein. Ihr gegenüber hat die Gesellschaft zu verfahren, wie oben (Rdn. 17 ff.) dargetan (vgl. auch RGZ 157 60). IV. Wirkung der Anmeldung 1. Allgemeines
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Die ordnungsgemäße, von der Gesellschaft angenommene Anmeldung bewirkt, daß der Veräußerer auch der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter ausscheidet und der Erwerber auch der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter gilt. Die Gesellschaft ist berechtigt und verpflichtet, den angemeldeten Erwerber — und nur ihn — als Gesellschafter anzuerkennen und zu behandeln. Es handelt sich nicht nur um eine Vermutung, die durch Gegenbeweise zu widerlegen wäre, sondern um eine Fiktion (s. o. Rdn. 7). Der Nachweis, daß der Erwerber — durch Weiterveräußerung seines Geschäftsanteils — die Gesellschaftereigenschaft wieder verloren habe, ist nicht statthaft. Denn der neue Erwerber gilt wiederum erst von der gehörig erfolgten Anmeldung seines Erwerbs an gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter. Etwas anderes gilt naturgemäß für die Fälle, in denen ein Erwerber auch ohne Anmeldung gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter legitimiert ist, also bei einer eingetretenen Gesamtrechtsnachfolge, oder bei der Verheiratung einer Gesellschafterin unter allgemeiner Gütergemeinschaft etc. (Rdn. 4). 27 Grundsätzlich treten die Wirkungen der Anmeldung in dem Zeitpunkt ein, in dem die Anmeldung ordnungsgemäß erklärt und angenommen (Rdn. 17) worden ist. Aus Abs. 1 folgt die Regel, daß die Rechtstellung des Veräußerers mit diesem Stichtag gegenüber der Gesellschaft endet, die des Erwerbers im gleichen Zeitpunkt beginnt (Brodmann 5 a). 2. Rechtstellung des Erwerbers 28
Mit der ordnungsgemäßen Anmeldung des Erwerbs kann nur der angemeldete Erwerber die aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte gegen die Gesellschaft (98)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
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geltend machen. Der Veräußerer kann es nicht mehr. Soweit allerdings Dritt- oder Gläubigerrechte (§ 14,16) bereits vor diesem Zeitpunkt in der Person des Veräußerers entstanden sind (z. B. auf fällige Dividende) werden sie von dem Übergang der Mitgliedsrechte nicht erfaßt, sondern verbleiben dem Veräußerer als von der Mitgliedschaft losgelöste schuldrechtliche Ansprüche (Scholas 20; Brodmann 5 g; Feine 394; Wiedemann 135; a. A. Baumbach-Hueck 3 C). Abweichende Absprachen über derartige Ansprüche zwischen den Parteien des Veräußerungsgeschäfts sind natürlich möglich. a) Mitgliedschaftsrechte Sie stehen allein dem angemeldeten Erwerber zu. Er allein ist zu Gesellschafter- 29 Versammlungen zu laden, er allein kann das Stimmrecht ausüben. Solange die Anmeldung wirksam ist, können aus der Ausübung der Mitgliedschaftsrechte durch den legitimierten Erwerber von keiner Seite, also auch nicht vom Veräußerer oder anderen Gesellschaftern, Rechtsfolgen hergeleitet werden, durch welche die unter Mitwirkung des Erwerbers zustande gekommenen Rechtsakte selbst in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Gesellschafterbeschlüsse sind nicht anfechtbar, die Dividendenzahlungen an den Erwerber wirksam (und nicht ohne Rechtsgrund geleistet), auch wenn sich die Veräußerung später als unwirksam herausstellt. Schadensersatzansprüche bleiben natürlich unberührt. b) Verpflichtungen Ebenso gehen die Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft auf den Erwerber 30 über, sofern sie aus der Mitgliedschaft fließen (Motive 25). Die Verpflichtungen gehen so über, wie sie zur Zeit der Anmeldung des Erwerbers bestehen. Der Verzug des Veräußerers bleibt Verzug des angemeldeten Erwerbers. Es ist einerlei, ob die Verpflichtung durch die Gründung oder durch spätere Ereignisse (Nachschüsse, Umlage etc.) entstanden ist; ebenso ist es ohne Bedeutung, ob sie in der Person des angemeldeten Veräußerers oder in der Person eines seiner Rechtsvorgänger erwachsen und auf den Veräußerer übergegangen war. In erster Linie trifft den Erwerber die Verpflichtung zur Einzahlung der (eigenen) 3t Stammeinlage (§19) und gegebenenfalls zur Ergänzung der von den anderen Gesellschaftern nicht einziehbaren Einlage (§ 24). Die Haftung des Erwerbers kann nicht abbedungen werden, soweit Verpflichtungen nach §§ 19ff., 31 in Frage stehen. Das folgt aus § 25 und § 31 Abs. 4. Auch eine Garantie der Gesellschaft, daß keine Verpflichtungen aus dem veräußerten Geschäftsanteil vorhanden sind, hilft dem Erwerber insoweit nicht. Denn die Haftung aus einer solchen Garantieerklärung käme einem — nach § 25 nichtigen — Verzicht auf die Einlage gleich. Verbindlichkeiten aus der Verzögerung oder mangelhaften Erfüllung einer Einlage (Geld- oder Sacheinlage) gehen ebenfalls auf den angemeldeten Erwerber über. Die Verpflichtung zu fälligen oder später fällig werdenden Nachschüssen (§ 26) erfaßt in gleicher Weise wie alle anderen auch den Erwerber. Auch Nebenleistungspflichten des Veräußerers gemäß § 3 Abs. 2 hat der Erwerber zu erfüllen, ohne Rücksicht darauf, ob sie rückständig sind oder erst später fällig werden. Solche Nebenleistungspflichten können allerdings auch aufgehoben werden (s. im einzelnen § 3, 90ff.).Zur Haftung des Erwerbers eines Handelsgeschäfts, aus dem der Gesellschafter Nebenleistungen zu erbringen hat, vgl. RGZ 76 7 und § 3, 93. Nur für die Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft gilt § 16, nicht auch 32 für Verpflichtungen der Gesellschafter untereinander. Auch dann nicht, wenn sie auf (99)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
dem Gesellschaftsvertrag oder auf dem Gesetz beruhen. Ist z. B. die rückständige Einlage eines Gesellschafters nach § 24 von seinen Mitgesellschaftern bezahlt worden und veräußert er danach den Geschäftsanteil, so richtet sich der Regreßanspruch der Mitgesellschafter (vgl. dazu § 24, 33) nicht automatisch gegen den Erwerber. Ob eventuelle Verpflichtungen des Veräußerers gegenüber anderen Gesellschaftern zur Veräußerung oder zur Übernahme von Geschäftsanteilen auf den Erwerber übergehen, hängt allein von den getroffenen Vereinbarungen (ggfalls. der Satzung) ab, nicht von der Anmeldung. 3. Rechtstellung des Veräußerers 33
a) Verlust der Legitimation Veräußerer im Sinn des § 16 ist nur derjenige, der bis zur Anmeldung des Erwerbs gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter legitimiert war. Von den Fällen abgesehen, in denen der Anteilserwerb auch ohne Anmeldung gegenüber der Gesellschaft wirkt (insbes. also bei der Universalsukzession; vgl. Rdn. 4), ist also Veräußerer i. S. von § 16 nur der, der bislang seinerseits als Gesellschafter angemeldet war. Nicht angemeldete Zwischenerwerber bleiben außer Betracht. Der Veräußerer hört durch die Anmeldung des Erwerbers auf, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter zu gelten. Er kann von diesem Zeitpunkt an Rechte aus dem Geschäftsanteil gegen die Gesellschaft nicht mehr geltend machen, ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Gründe, die für die Abtretung maßgeblich waren und ohne Rücksicht darauf, ob der Veräußerer den Geschäftsanteil z. B. nur befristet oder auflösend bedingt erworben hat.
b) Befreiung von Gesellschafterpflichten Andererseits wird der Veräußerer mit der Anmeldung aber auch grundsätzlich von den Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft befreit (Schol^ 21; Feine 394). Dies folgt schon aus § 15 und der Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils, der die Summe aller Rechte und Pflichten des Gesellschafters enthält (RG JW 1899 444). Nach der ausdrücklichen Regelung in § 16 Abs. 3 bezieht sich jedoch diese Befreiung des Veräußerers von seinen Verpflichtungen nur auf Leistungen, die nach der ordnungsgemäßen Anmeldung fällig werden (Scholz 21). Für rückständige Leistungen bleibt der Veräußerer neben dem Erwerber verhaftet (Rdn. 36). Für gewisse Leistungen haftet er ohne Rücksicht auf ihre Fälligkeit weiter (Rdn. 39). Die Befreiung des Veräußerers von seinen Verpflichtungen tritt allerdings auch in diesem Umfang nur dann ein, wenn er den ganzen Geschäftsanteil veräußert hat. Die Veräußerung nur eines Teils genügt nicht (§ 17, 39). 35 Die Gesellschaft kann, wenn sie die Anmeldung akzeptiert hat (Rdn. 17), den Eintritt dieser Rechtsfolge, die Befreiung des Veräußerers von künftig fällig werdenden Verpflichtungen, nicht verhindern. Es kann also durch die angemeldete Veräußerung ein zahlungsunfähiger Gesellschafter an die Stelle eines zahlungsfähigen treten. Will die Gesellschaft sich vor dieser Konsequenz schützen, so muß sie die Veräußerung erschweren (§15 Abs. 5).
34
36
c) Haftung für rückständige Leistungen Der Veräußerer haftet für die zur Zeit der Anmeldung rückständigen Leistungen neben dem Erwerber (Abs. 3). Er haftet für alle rückständigen Ansprüche der Gesellschaft gegen seinen Vorgänger, für Kapitaleinzahlungen ebenso wie für son(100)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§ 16
stige Ansprüche, die aus der Mitgliedschaft fließen. „Rückständig" i. S. der Vorschrift ist eine Leistung, die fällig und noch nicht bewirkt ist. Daß auch schon Verzug vorliegt, ist nicht notwendig (RGZ 84 75). Es genügt, daß die Leistung verlangt werden kann. Unter die Haftung fallen auch Leistungen, die zwischen der Veräußerung und der Anmeldung fällig geworden sind; Abs. 3 stellt allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung ab. Ist im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, daß die Stammeinlage an einem bestimmten Tag zu zahlen ist, so wird die Leistung in der Regel schon mit Eintritt dieses Datums fällig, ohne daß es noch einer besonderen „Einforderung" bedarf (§ 20, 5). Die Satzungsbestimmung, daß Einlagen in bar zu leisten sind, führt die Fälligkeit nicht herbei (BGH LM Nr. 2 zu § 16). Häufig ist in der Satzung die Zahlung der Einlagen auf Anforderung durch den Geschäftsführer vorgesehen. Dann tritt die Fälligkeit erst mit dem Eingehen der Zahlungsaufforderung bei dem Gesellschafter ein. Die Satzung kann es auch dem Beschluß der Gesellschafter überlassen, den Zahlungstermin festzusetzen. Dann wird die Leistung mit Eintritt dieses Termins fällig. Einer nochmaligen Zustellung des Beschlusses an die einzelnen Gesellschafter bedarf es nicht. Wandelt sich eine Sacheinlageschuld in eine Entschädigung um, so ist diese ohne Mahnung fällig. Sie ist es in gleicher Weise, wie es die ursprüngliche Verpflichtung war. Für die Einlage eines anderen Gesellschafters (§ 24) haftet der Veräußerer 37 dann weiter, wenn die Verpflichtung dieses anderen Gesellschafters im Zeitpunkt der Anmeldung fällig war (§ 24, 16). Dasselbe gilt im Falle des § 31 Abs. 3; vgl. Erl. zu § 31. In gleicher Weise wird die Haftung des Veräußerers für Nachschüsse und für Verpflichtungen nach § 3 Abs. 2 festzustellen sein. Handelt es sich um Nebenleistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, die sich aber doch als einheitliche unteilbare Leistung darstellen, so ist die Fälligkeit nach dem Zeitpunkt zu bestimmen, an welchem mit der Leistung hätte begonnen werden müssen (RGZ 84 75 für Rübenbau- und -Lieferungsverpflichtungen). Maßgebend ist stets, ob der Anspruch im Zeitpunkt der Anmeldung geltend gemacht werden konnte; nicht erforderlich ist, daß er schon geltend gemacht worden ist. Die Haftung des Veräußerers nach § 16 Abs. 3 für die rückständigen Leistungen 38 ist keine subsidiäre. Der frühere und der neue Gesellschafter haften beide als Gesamtschuldner (RGZ 93 329; Brodmann 5; Schölt^ 23). Daher ist bei rückständigen Stammeinlagen keine vorherige Kaduzierung des Anteils erforderlich, um auf den Veräußerer zurückgreifen zu können; diese wird nur bei den zur Zeit der Anmeldung nicht fälligen Stammeinlagen nötig sein (vgl. § 22, III 5). Für später fällig werdende Leistungen haftet der Veräußerer nach § 16 Abs. 3 39 nicht mehr. Unberührt bleibt allerdings die — subsidiäre — Haftung des Veräußerers nach anderen Bestimmungen des Gesetzes, insbesondere nach § 22 Abs. 2 und 3 und § 28. Vgl. die dortigen Erl. V. Die fehlerhafte Anmeldung 1. Allgemeines In Rechtsprechung und Literatur ist unklar und umstritten, welche Umstände 40 zu einer Fehlerhaftigkeit der Anmeldung führen können, und welche Wirkungen solche Fehler der Anmeldung auf die Legitimation des Erwerbers, also auf die Fiktion des § 16 Abs. 1 haben {Scholz 15; Brodmann 3a; Feine 388; Baumbach-Hueck 3 D; Wiedemann 138f.; vgl. zu dem ähnlich gelagerten Problem bei der Übertragung von Namensaktien die Kommentare zu §§ 67, 68 AktG). Neue Gesichtspunkte er(101)
§ 16
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
geben sich vor allem aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Grundsätze der sog. fehlerhaften Gesellschaft auch auf Mängel des Gesellschafterwechsels bei der GmbH anzuwenden sind (BGH JZ 1975 448 = WM 1975 512). — Zu unterscheiden ist zwischen Auswirkungen von Mängeln der Anteilsübertragung auf die Anmeldung und Mängeln der Anmeldung selbst. 2. Mängel der Anteilsübertragung a) Auswirkungen auf die Anmeldung Die Veräußerung des Geschäftsanteils kann aus den verschiedensten Gründen nichtig oder anfechtbar sein. Ist jedoch aufgrund einer fehlerhaften Abtretung ein Gesellschafterwechsel vollzogen worden, so können Mängel des Abtretungsgeschäfts nur noch in beschränktem Umfang geltend gemacht werden. Nur in denjenigen Fällen, in denen gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen dies erfordern (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten; fehlende Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten etc.), kann die Nichtigkeit der Anteilsübertragung ex tone geltend gemacht werden. Im übrigen kann, nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft, eine Korrektur solcher Mängel nur ex nunc, mit Wirkung für die Zukunft, erfolgen (s. im einzelnen Anhang § 15, 2—8). Naturgemäß muß überall dort, wo hiernach Mängel des Abtretungsgeschäfts nicht geltend gemacht werden können, auch die Anmeldung der Abtretung, wenn sie selbst ordnungsgemäß erfolgt ist, von solchen Mängeln unberührt bleiben. Aber auch in den Fällen, in denen die Beteiligten sich auf die Nichtigkeit der Asit&lsübertragung berufen können, entfällt die Wirkung einer ordnungsgemäßen Anmeldung nicht ohne weiteres. Für die Anmeldung können zwar möglicherweise dieselben Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe gelten wie für das Veräußerungsgeschäft; notwendig ist dies aber keineswegs. Ist z. B. der Anteilsübergang wegen Geschäftsunfähigkeit eines Beteiligten nichtig, so muß doch die Anmeldung als solche nicht unter demselben Mangel leiden; die Anmeldung kann wirksam von dem geschäftsfähigen Partner erklärt worden sein. Die Fehlerhaftigkeit der Anteilsübertragung macht also die Anmeldung, wenn sie selbst wirksam erfolgt ist, in keinem Fall wirkungslos. 42 Vielmehr folgt aus dem Grundgedanken des § 16 Abs. 1 und 2, daß im Verhältnis zur Gesellschaft derjenige, der als Erwerber ordnungsgemäß angemeldet ist, solange als Erwerber gilt, bis der durch die Anmeldung geschaffene Rechtschein unter allen Beteiligten endgültig — durch Übereinkunft oder rechtskräftiges Urteil — beseitigt worden ist (Wiedemann 140ff.; grundsätzlich wohl ebenso Scholz 14; a. A. Baumbach-Hueck 3 E). Auch dann, wenn die Gesellschaft nachträglich (d. h. nach ordnungsgemäßer Anmeldung) Kenntnis von einer Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Anteilsübertragung erhält oder wenn ihre Unkenntnis auf Fahrlässigkeit beruht, entfällt die legitimierende Wirkung der Anmeldung nicht von selbst. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Berufung auf den Rechtschein arglistig wäre, insbesondere also dann, wenn die Gesellschaft beispielsweise im Zusammenwirken mit Veräußerer oder Erwerber den Rechtschein (durch Annahme der Anmeldung) herbeigeführt hat oder aufrecht erhält, um den anderen Beteiligten des Veräußerungsgeschäfts zu schädigen (Wiedemann 133). 41
43
b) Widerruf der Anmeldung In allen Fällen, in denen die Anteilsübertragung nichtig ist oder geworden ist, muß die Anmeldung demnach, wenn sie selbst ordnungsgemäß erfolgt ist, wider(102)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§ 16
rufen werden, um die Legitimationswirkung zu beseitigen. Es bedarf also einer entsprechenden Erklärung gegenüber der Gesellschaft. Das Reichsgericht (RGZ 157 60) spricht auch hier von einer „Anmeldung"; Scholz 14 nennt diesen Widerruf „Abmeldung". Der Widerruf hat demgemäß unter Nachweis der Nichtigkeit bzw. Anfechtung des Veräußerungsgeschäfts zu erfolgen. Dazu befugt ist jeder, der zur Anmeldung des nichtigen Anteilsübergangs berechtigt war (Rdn. 9, 10). Ist die Unwirksamkeit der Anteilsabtretung zwischen Veräußerer und Erwerber streitig, so wird man die Gesellschaft in der Regel für verpflichtet halten müssen, den Widerruf nicht zu akzeptieren, bis dieser Streit rechtskräftig erledigt ist. Andererseits kann die Gesellschaft auch dann, wenn unter den Beteiligten des Veräußerungsgeschäfts Einigkeit über die Nichtigkeit der Anteilsveräußerung besteht, den Nachweis der Nichtigkeit verlangen, sofern ihr nicht jedes schutzwürdige Interesse daran fehlt (Wiedemann 140f.). Notwendig ist also auch hier das Einverständnis der Gesellschaft, die „Annahme" des Widerrufs. Natürlich wird es der Gesellschaft leichter fallen, diesen Nachweis als erbracht anzusehen, wenn beide Partner des nichtigen Geschäfts den Widerruf erklären. Die Gesellschaft ist aber weder berechtigt noch verpflichtet, einen gemeinsamen Widerruf auch ohne Nachweis der Nichtigkeit gelten zu lassen, so wenn dies z. B. nur geschieht, um die Kosten einer Rückabtretung zu vermeiden (so aber Schölt^ 14). Verweigert die Gesellschaft ohne Grund die Annahme des Widerrufs, so macht sie sich möglicherweise schadensersatzpflichtig. Die Legitimationswirkung der Anmeldung entfällt aber auch in diesem Fall erst mit dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zur Gesellschaft, gegebenenfalls durch rechtskräftiges Urteil, die Nichtigkeit des Anteilsübergangs und also die Wirksamkeit des Widerrufs feststeht (vgl. § 13, 10; BGH WM 1964 265; Wiedemann 143f.). Der Widerruf beseitigt die sachlich unrichtige Anmeldung mit Wirkung für 44 die Zukunft. Der vermeintliche Erwerber haftet also vom Zeitpunkt des Widerrufs an auch nicht etwa mehr als „Rechtsvorgänger" des echten Gesellschafters gemäß § 22 (Wiedemann S. 144). Was jedoch in der Vergangenheit aufgrund des Rechtscheins der ordnungsgemäßen Anmeldung geschehen ist, wird vom Widerruf nicht berührt. Die unter Beteiligung des vermeintlichen Erwerbers zustande gekommenen Gesellschafterbeschlüsse bleiben wirksam. Dasselbe gilt für eine Einziehung des Anteils (§ 34) oder eine Ausschließung (§ 22), sofern nur dem Scheingesellschafter gegenüber die gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen beachtet worden sind. Leistungen des vermeintlichen Erwerbers an die Gesellschaft und Leistungen der Gesellschaft an den vermeintlichen Erwerber (Zahlung rückständiger Einlagen; Zahlung von Dividenden) bleiben ebenfalls wirksam, verlieren also ihren Rechtsgrund im Verhältnis zur Gesellschaft nicht. 3. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Anmeldung selbst Andererseits kann die Anmeldung als solche fehlerhaft sein. Da sie den Be- 45 Stimmungen über Willenserklärungen unterliegt (Rdn. 7), kann sie nichtig oder anfechtbar sein (Schol^ 15; Wiedemann 139; a. A. Brodmann 3a; Feine 388). Die Anmeldung kann u. U. an den gleichen Mängeln leiden wie die Anteilsabtretung. Die Mängel können aber auch nur die Anmeldung betreffen. Haben Veräußerer und Erwerber angemeldet, so ist stets zu prüfen, ob die Mängel beide Erklärungen betreffen. Ist die Anmeldung auch nur von einem Beteiligten rechtswirksam erfolgt, so läßt die Nichtigkeit der anderen Erklärung die Anmeldung als solche unberührt. Die Anfechtung der Anmeldung seitens des Veräußerers oder des Erwerbers 46 hat gegenüber der Gesellschaft zu erfolgen. Sie ist nach allgemeinen Regeln (§§119, (103)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
123 BGB) möglich. Bei einer von einem Dritten verübten Täuschung genügt demgemäß die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Gesellschaft (§ 123 Abs. 2 BGB). Haben Veräußerer und Erwerber angemeldet, so kann die Anmeldung nur beseitigt werden, wenn beide sie anfechten können und anfechten; denn jeder konnte die Anmeldung auch einzeln erklären (RG DR 1943 81116; Bar% GroßkommAktG § 68, 21; a. A. Wiedemann 138b. FN 3; Lutter Kölner KommAktG § 67, 18). Irrtum oder Unkenntnis über die Rechtsfolge der Anmeldung — Übergang der Pflichten auf den Erwerber — ist unerheblich (Scholz 21). Denkbar, wenn auch selten, ist eine Anfechtung der Annahmeerklärung (Rdn. 17) und damit der Anmeldung, seitens der Gesellschaft, etwa wegen Täuschung über den Erwerbsvorgang. Sie ist dem Anmelder zu erklären. Erfolgt die Anfechtung der Anmeldung vor ihrer Annahme durch die Gesellschaft (Rdn. 17), so ist die Anmeldung unwirksam. Solange der Rechtschein noch nicht entstanden ist, besteht kein Grund, die Wirkungen einer Anfechtung einzuschränken. Hält man, wie hier, die Anmeldung für zurücknehmbar (Rdn. 11), so liegt in der Anfechtungserklärung zugleich eine Rücknahme, so daß auch dann, wenn die Anfechtung als solche nicht begründet sein sollte, die Anmeldung als nicht erfolgt zu betrachten ist (so zutreffend Lutter Kölner KommAktG § 68, 55). Ist die Anmeldung aber von der Gesellschaft angenommen, so kann die Nichtigkeit der Anmeldungserklärung ihre Legitimationswirkung grundsätzlich nicht mehr ex tunc beseitigen. Eine Berufung auf die Nichtigkeit der Anmeldung ist nur dann möglich, wenn der Rechtschein in einer Weise herbeigeführt worden ist, die dem Anmeldenden nicht zugerechnet werden kann oder die gewichtige Allgemeininteressen verletzt. Es müssen hier die Grundsätze entsprechend gelten, die bei Fehlern der Anteilsübertragung selbst Berücksichtigung finden (vgl. dazu Rdn. 41 und Anhang § 15, 2—8). Die Anmeldung kann daher keine Wirkungen entfalten, wenn sie von einem Geschäftsunfähigen oder einem beschränkt Geschäftsfähigen erklärt worden ist. Das gleiche gilt, wenn ein nichtbefugter Dritter (falsus procurator) die Anmeldung vorgenommen hat, oder wenn sie im Einverständnis mit der Gesellschaft nur zum Schein erfolgt war (§117 BGB). Generell kann sich die Gesellschaft nicht auf eine Anmeldung berufen, die sie in doloser Weise, um den wahren Berechtigten zu schädigen, herbeigeführt hat; dies wäre Rechtsmißbrauch (ebenso Wiedemann 133, 138f.). In diesen Fällen bleibt die fehlerhafte Anmeldung ohne jede Wirkung, der Erwerber hat nie als Gesellschafter gegolten, der Veräußerer gilt nach wie vor als Gesellschafter, und zwar unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Anteilsübertragung. Hingegen hat die Geltendmachung anderer Nichtigkeitsgründe, insbesondere also eine Anfechtung der Anmeldungserklärung wegen Irrtums oder Täuschung, nur die Wirkung, daß der Anmeldende gegen die Beteiligten, also auch gegen die Gesellschaft, einen Anspruch auf Rückgängigmachung der Anmeldung erwirkt. In allen diesen Fällen kann also die einmal eingetretene Wirkung, daß der angemeldete Erwerber gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter gilt, nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben werden. Auch dann, wenn Veräußerer und Erwerber sich darin einig sind, daß die Anmeldung rückgängig gemacht werden soll, ist die Gesellschaft nicht verpflichtet, dem zuzustimmen, sofern sie nicht ihrerseits von der Nichtigkeit der Anmeldung überzeugt ist. Besteht andererseits Streit zwischen Veräußerer und Erwerber über die Wirksamkeit der Anmeldung, so muß die Gesellschaft den Ausgang dieses Streits abwarten, unabhängig davon, wer die streitige Anmeldung vorgenommen hatte. Bis dahin behält die Anmeldung ihre Wirkung (im Ergebnis (104)
Rechtsstellung von Veräußerer und Erwerber (Schilling/Zutt)
§ 16
ebenso Wiedemann 143). Denn die Anmeldung ändert die Rechtstellung des Veräußerers und des Erwerbers. VI. Verpfändung, Pfändung, Nießbrauch Eine Anmeldung der Nießbrauchbestellung oder der Verpfändung gemäß 51 § 16 ist nicht erforderlich. Es handelt sich nicht um eine „Veräußerung". Nicht die Mitgliedschaftsrechte, nur die Vermögensrechte werden übertragen (Anh. § 15, 41). Pfandgläubiger und Nießbraucher werden nicht Gesellschafter (ebenso Schol\ 25; Müller Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, GmbH-Rdsch. 1969 6; Schuler Die Verpfändung von GmbH-Anteilen, N J W 1956 690; a. A. Baumbach-Hueck 1 B; Brodmann 2a und RG JW 1934 977 für den Nießbrauch; Hesselmann GmbH-Rdsch. 1959 21). Auch aus § 1069 bzw. § 1274 BGB ergibt sich nichts anderes, da die Anmeldung gemäß § 16 für die Anteilsübertragung nicht erforderlich ist (oben Rdn. 7), also nicht zu den „für die Übertragung des Rechts geltenden Vorschriften" gehört. Daß der Pfandgläubiger und der Nießbraucher gegenüber der Gesellschaft erst nach Anzeige Ansprüche geltend machen können, folgt aus § 409 BGB, nicht aus § 16 (Schol^ § 15, 88; Baumbach-Hueck 1 B). Selbstverständlich ist die Anmeldung aber dann notwendig, wenn der Geschäftsanteil im Rahmen der Pfandverwertung veräußert wird (Müller aaO). Entsprechendes gilt für die Pfändung. Sie vollzieht sich allein durch Zustellung 52 des Beschlusses an den Gesellschafter (Anh. § 15, 80). Der Gesellschafter verliert seine Mitverwaltungsrechte (Stimmrecht etc.) durch die Pfändung nicht, hört also nicht auf, Gesellschafter zu sein. Eine Anmeldung gemäß § 16 ist also nicht erforderlich. Allerdings kann es trotzdem angezeigt sein, die Gesellschaft über die erfolgte Pfändung in Kenntnis zu setzen (Anh. § 15 aaO). Führt die Verwertung des gepfändeten Anteils zur Veräußerung, so ist der Ersteher gemäß § 16 anzumelden. Der Gesellschaft gegenüber gilt er erst von der Anmeldung an als Gesellschafter. Wird der Geschäftsanteil eines Gesellschafters durch dessen Gläubiger nach der Veräußerung gepfändet, so ist es unerheblich, daß diese Veräußerung gegenüber der Gesellschaft noch nicht gemäß § 16 angemeldet ist. Der Erwerber hat die Widerspruchsklage. Denn die Anmeldung ist kein Teil des Veräußerungsgeschäfts (Rdn. 7). Wird umgekehrt der Geschäftsanteil des Erwerbers durch dessen Gläubiger vor der Anmeldung gepfändet, so hat der Veräußerer aus dem gleichen Grunde kein Widerspruchsrecht. VII. Anmeldung der Stimmrechtsübertragung Nach der hier vertretenen Ansicht (§ 14, 31) ist eine gesonderte Übertragung 53 einzelner Verwaltungsrechte, insbes. des Stimmrechts, zulässig. Die Übertragung soll nur unter denselben Beschränkungen ( § 1 5 Abs. 5) möglich sein, wie sie für die Anteilsübertragung gelten (§ 14, 34), wenn auch die Beachtung der Formvorschriften (§15 Abs. 3) nur für die Abtretung des Anteils selbst, nicht für die Übertragung von Verwaltungsrechten gilt (§ 15, 83; Anhang § 15, 33). Aus den gleichen Gründen, die für die Beachtung statutarischer Beschränkungen sprechen, muß § 16 Abs. 1 analog auch für die Übertragung von Verwaltungsrechten gelten: Die Gesellschaft muß wissen, wer zur Ausübung des Stimmrechts etc. legitimiert ist. Daher „gilt" nur derjenige als stimmberechtigt, dessen Berechtigung — unter Nachweis der Stimmrechtsübertragung — in der Form des § 16 bei der Gesellschaft angemeldet worden ist. (105)
§17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter §
17
Die Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils kann nur mit Genehmigung der Gesellschaft stattfinden. Die Genehmigung bedarf der schriftlichen Form; sie muß die Person des Erwerbers und den Betrag bezeichnen, welcher von der Stammeinlage des ungeteilten Geschäftsanteils auf jeden der durch die Teilung entstehenden Geschäftsanteile entfällt. Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, daß für die Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils an andere Gesellschafter, sowie für die Teilung von Geschäftsanteilen verstorbener Gesellschafter unter deren Erben eine Genehmigung der Gesellschaft nicht erforderlich ist. Die Bestimmungen in § 5 Abs. 1 und 3 über den Betrag der Stammeinlagen finden bei der Teilung von Geschäftsanteilen entsprechende Anwendung. Eine gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters an denselben Erwerber ist unzulässig. Außer dem Fall der Veräußerung und Vererbung findet eine Teilung von Geschäftsanteilen nicht statt. Sie kann im Gesellschaftsvertrag auch für diese Fälle ausgeschlossen werden. Übersicht Rdn. Schrifttum Einleitung
1
Reform
2
I. Teilung von Geschäftsanteilen . .
3
2. Mitberechtigung ist keine Teilung .
1. Realteilung nach Nennbeträgen
5
II. Zulässigkeitsvoraussetzungen 1. Abtretung 2. Verbot gleichzeitiger (Abs. 5)
7 Übertragung 9
3. Teilbarkeit und Mindestnennbetrag (Abs. 4) 12 4. Form der Teilabtretung
13
a) b) c) d) e) f) g)
Schriftform Notwendiger Inhalt Rechtsgeschäft, Zuständigkeit . . Gesellschafterbeschluß Zeitpunkt Bedingungen Kein Anspruch auf Erteilung . .
22 23 25 26 27 28 30
IV. Folgen der Nichtgenehmigung 1. Unwirksamkeit
31
2. Arglisteinwand
32
V. Statutarische Regelungen 1. Ausschluß der Teilung (Abs. 6 S. 2) 33 2. Einschränkungen
34
3. Nachträgliche Satzungsänderung . . 35 VI. Wirkung der Teilveräußerung
III. Insbesondere: Zustimmung der Gesellschaft 1. Allgemeines
14
2. Dispositive Fälle (Abs. 3) a) Veräußerung an andere Gesellschafter b) Teilung unter Miterben c) Auslegungsfragen 3. Keine Zustimmungsfreiheit in anderen Fällen
15
4. Form und Inhalt der Zustimmung (Abs. 2)
Rdn.
16 18 19 21
1. Entstehung eines neuen Geschäftsanteils 36 2. Selbständigkeit des Teilgeschäftsanteils 37 3. Auswirkungen auf bestehende Rechte und Pflichten 38 VII. Verpfändung, Pfändung 1. Verpfändung 40 2. Pfändung 43 3. Verpfändung und Pfändung vermögensrechtlicher Ansprüche . . . 45 (106)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt)
§17
Schrifttum Koob-Seefeldt Die Teilung von Geschäftsanteilen, GmbH-Rdsch. 1961 140; Wtedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten (1965), S. 64,
100.
Einleitung Die Bestimmung dient, wie § 15, dem Zweck, den Handel mit Geschäftsanteilen 1 zu verhindern. Eine Vervielfältigung der Geschäftsanteile soll erschwert werden (BGH NJW 1954 1401; OLG Hamm DB 1976 907, 908). Zwar ist die Teilung, anders als im Aktienrecht, grundsätzlich zulässig. Das ist schon im Hinblick auf die wegen § 5 Abs. 2 bei der Gründung oft großen Anteile und auf die Vererblichkeit notwendig. Während aber die Veräußerung erlaubt ist, wenn sie der Gesellschaftsvertrag nicht von der Zustimmung der Gesellschaft abhängig macht, ist die Teilung kraft Gesetzes an diese gebunden. Nur für bestimmte Fälle kann der Gesellschaftsvertrag davon befreien. — Über die Vereinigung mehrerer Geschäftsanteile, die sich in einer Hand befinden, vgl. § 15, 140 ff. Reform § 55 RegE behält die Regelung im Prinzip bei. Textliche und inhaltliche Un- 2 klarheiten der geltenden Vorschrift will der Entwurf beseitigen; so soll ausdrücklich geregelt werden, daß die Zustimmung der Gesellschaft verbindlich durch die Geschäftsführer erteilt wird. In zwei Punkten weicht die beabsichtigte Regelung vom geltenden Recht ab: Durch Satzung kann die Teilung allgemein von dem Zustimmungserfordernis befreit werden; das Verbot des § 17 Abs. 5 (gleichzeitige Ubertragung mehrerer Teile an denselben Erwerber) ist ersatzlos gestrichen. Beides ist zu begrüßen. I. Teilung von Geschäftsanteilen 1. Realteilung nach Nennbeträgen Teilung ist ein Rechtsakt, durch welchen ein vorhandener Geschäftsanteil in 3 mehrere Geschäftsanteile zerlegt wird, aus einer Mitgliedschaft also mehrere selbständige Mitgliedschaften gebildet werden. Teilung im Sinn der Bestimmung ist Realteilung. Äußerlich stellt sich die Teilung gemäß § 17 als Teilung der Nennbeträge dar: Der Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von DM 1500,— tritt einen Teil dieses Anteils im Betrag von 1000,— DM ab und behält den verbleibenden Teil mit DM 500,—. Mit der Abtretung des Teilanteils gehen die Rechte und Pflichten, die im ganzen Geschäftsanteil verkörpert sind, im Verhältnis der Anteile über (Rdn. 38f.). Eine Realteilung ist nur auf diese Weise, nur als Teilung nach Nennbeträgen, möglich. Ausgeschlossen ist die Realteilung eines Geschäftsanteils in anderer Weise: 4 Der Anteil, auf den die Einlage noch nicht voll geleistet ist, kann nicht in einen bezahlten und einen unbezahlten Teilanteil aufgespalten werden; ebenso ausgeschlossen ist eine Teilung in einen durch Bareinlage und einen durch Sacheinlage gedeckten Teilanteil (Feine 402; Scholz 2). Eine dahingehende Abrede kann allerdings schuldrechtliche Bedeutung haben: Wer nur den Teil, der durch Barzahlung gedeckt würde, (107)
§17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
zu erhalten wünscht, will damit eine Haftung für die Sacheinlage ausschließen. Tritt eine solche Haftung ein, so steht ihm ein Rückgriff gegen den Veräußerer zu. Ebensowenig ist eine qualitative Teilung angängig, wonach also der eine Teil nur das Stimmrecht, der andere die sonstigen Mitgliedschaftsrechte vermitteln soll (RG HRR 33 848; RGZ 145 99). Auch in solchen Fällen kommt jedoch unter Umständen eine Umdeutung in Betracht. 2. Mitberechtigung ist keine Teilung 5
Jede andere Art einer Teilung fällt nicht unter § 17. Eine Teilung im Sinn der Bestimmung liegt nicht vor, wenn der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil im ganzen an mehrere Berechtigte, also an eine Bruchteils- oder eine Gesamthandsgemeinschaft abtritt. Ebensowenig stellt es eine Teilung im Sinn von § 17 dar, wenn der Gesellschafter einen anderen zum ideellen Mitberechtigten seines Geschäftsanteils macht oder mit dem anderen eine Gesamthandsgemeinschaft an dem Geschäftsanteil begründet (RGZ 135 70, 74; 145 99; Feine 400; Schol^ 5; Koob-Seefeldt 141). Hier liegt zwar eine Abtretung im Sinn des § 15 vor. Sie muß, um der Gesellschaft gegenüber wirksam zu sein, gemäß § 16 angemeldet werden. Eine Teilung im Sinne des § 17 ist es jedoch nicht. Es entstehen nicht zwei selbständige Geschäftsanteile. Es werden beide Mitberechtigte aus dem einheitlich gebliebenen Geschäftsanteil berechtigt. Ihre Stellung zur Gesellschaft richtet sich nach § 18 (Brodmann § 18, 1 hält eine solche Einräumung einer Mitberechtigung für nicht zulässig). Eine Teilung im Sinn von § 17 liegt auch dann nicht vor, wenn mehrere Berechtigte zur gesamten Hand sich derart auseinandersetzen, daß jeder eine Mitberechtigung nach Bruchteilen erhält. Erst wenn die Aufteilung eines solchen unter Mitberechtigung stehenden Geschäftsanteils in Stücke stattfindet, kann man von einer Teilung sprechen (Schol% 3). Eine Teilung im Sinn des § 17 ist endlich auch dann nicht gegeben, wenn von mehreren Beteiligten einer den Geschäftsanteil allein behält und die anderen abfindet. Auch hier bleibt der Geschäftsanteil intakt; die alleinige Berechtigung wächst dem Verbleibenden an (§ 15, 31). 6 Erst recht findet § 17 keine Anwendung, wenn ein Mitberechtigter seine Mitberechtigung, den ideellen Bruchteil an einem Geschäftsanteil, veräußert oder wenn aus dem Geschäftsanteil fließende einzelne vermögensrechtliche Ansprüche zum Teil veräußert werden. Denn in diesen Fällen ist der Geschäftsanteil als solcher überhaupt nicht Gegenstand des Geschäfts. — Auf schuldrechtliche Verträge ist § 17 nicht anzuwenden, auch nicht dann, wenn sie den Gesellschafter zu einer Teilabtretung gemäß § 17 verpflichten (vgl. auch Rdn. 33). II. Zulässigkeitsvoraussetzungen 1. Abtretung
7
Nach § 17 Abs. 6 Satz 1 findet eine Teilung von Geschäftsanteilen nur „im Falle der Veräußerung und Vererbung" statt. Soweit das Gesetz davon spricht, daß eine Teilung „im Falle der Vererbung" stattfinde, ist diese Fassung ungenau. Der Erbfall als solcher löst, wenn mehrere Erben vorhanden sind, gerade keine Teilung aus, sondern führt zu einer gesamthänderischen Berechtigung der Miterben. Hier ist vielmehr die Auseinandersetzung unter den Miterben durch Teilung in Natur gemeint (das kommt in Abs. 3 deutlicher zum Ausdruck), in Wahrheit also auch nur eine Verfügung unter Lebenden, eine Veräußerung (BGHZ 32 35, 39). Es gibt also (108)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt)
§ 17
keine Teilung eines Geschäftsanteils ohne Abtretung, keine Teilung auf Vorrat. Aus § 5 Abs. 2, § 55 Abs. 4 folgt, daß die Gesellschaft einem Gesellschafter für seine Kapitaleinlage einen in mehrere Teile zerlegten Geschäftsanteil nicht gewähren kann. Ebensowenig kann ein Gesellschafter seinen Anteil durch einseitigen Akt in seiner Hand teilen (Schol\ 4; Baumbach-Hueck 2 A). Diese Bestimmung ist zwingend. Auch die Satzung kann die Teilungsmöglichkeiten nicht erweitern (KGJ 35 A 175 = R J A 9 165; KG Recht 1927 26). Unzulässig und wirkungslos ist daher auch die Ausstellung mehrerer Teilanteilscheine für einen Geschäftsanteil (§ 14, 7; vgl. auch unten Rdn. 13). — Der Gesellschaf tsvertrag kann die Teilung von Geschäftsanteilen auch vollständig ausschließen (§17 Abs. 6 Satz 2). Vgl. dazu Rdn. 33. Eine Abtretung von Teilen eines Geschäftsanteils gemäß § 17 liegt auch dort vor, wo eine Gemeinschaft an einem Geschäftsanteil durch Realteilung (§ 752 BGB) aufgehoben, auseinandergesetzt wird. Dies ist der Fall, den das Gesetz im Auge hat, wenn es von einer Teilung „im Falle der Vererbung" spricht (siehe Rdn. 7). § 17 gilt aber auch für die Realteilung anderer Gemeinschaften als die der Erbengemeinschaft; jede solche Auseinandersetzung ist Abtretung (Schol^ 6; a. A. Brodmann 1, dazu Hachenburg LZ 1 711). — Zur Einziehung eines Teilanteils s. § 34, 42.
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2. Verbot gleichzeitiger Übertragung (Abs. 5) Eine gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile von Geschäftsanteilen eines Ge- 9 sellschafters an denselben Erwerber ist unzulässig. Die Bestimmung soll den Grundsatz der einheitlichen Beteiligung wahren, die willkürliche Vervielfältigung der Geschäftsanteile verhindern (amtliche Begründung S. 65; vgl. Rdn. 1). Die Auslegung dieser Bestimmung ist umstritten. Eine Ansicht (KG OLG 27 371; Scholl110; Feine 403; Vogel 5) stellt allein auf die äußere „objektive" Gestaltung der Übertragungsakte ab. Gleichzeitigkeit wird bejaht, wenn die Abtretungen in einer Urkunde erfolgen; sie wird verneint, wenn getrennte Urkunden errichtet werden. Die andere Ansicht (Brodmann 5; Baumbach-Hueck 5) hält nur die subjektive Seite für relevant. Sie bejaht die Gleichzeitigkeit, wenn der spätere Erwerb schon beschlossen war, als der erste Erwerb stattfand, wenn beide Erwerber auf einem einzigen Entschluß beruhen. Beide Ansichten befriedigen nicht. Die „objektive Theorie" ist zu formalistisch. Wenn sie nur auf die Anzahl der notariellen Urkunden abhebt, macht sie das Gesetz sinnlos. Die „subjektive Theorie" verkennt, daß mehrere Teilerwerbe durchaus verschiedenen wirtschaftlichen Zwecken dienen können, auch wenn sie auf einem einzigen Willensentschluß beruhen. Nur diejenigen gleichzeitigen Teilabtretungen sind unzulässig, bei denen die Aufteilung des Geschäftsanteils, die Zerlegung einer einheitlichen Beteiligung in mehrere Teile Selbstzweck ist. Die „äußere" Gleichzeitigkeit der Beurkundung und die Einheitlichkeit des Entschlusses sind dann unschädlich, wenn die Aufteilung wirtschaftlich gerechtfertigt ist. Andererseits läßt sich das Verbot auch nicht durch eine urkundliche und/oder zeitliche Trennung der Übertragungsakte umgehen, wenn es den Parteien nur darum geht, die Geschäftsanteile aufzuteüen (BGHZ 11 1241 127 = NJW 1954 146 = LM Nr. 1 zu § 17 mit Anm. R. Fischer; BGHZ 48 141 = NJW 1967 2159). Naturgemäß wird bei äußerlicher Gleichzeitigkeit der Übertragungsakte eher die Vermutung für eine Gesetzesumgehung vorliegen, bei einer äußerlichen Trennung eher die Vermutung für das Gegenteil sprechen. Entscheidend kann weder das eine noch das andere sein. (Im Ergebnis wohl ebenso Schölt^ 10.) Das Verbot des § 17 Abs. 5 trifft nur den Fall der gleichzeitigen Übertragung 10 mehrerer Teile eines Geschäftsanteils desselben Gesellschafters an denselben Erwerber. (109)
§ 17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Zulässig ist also — im Rahmen der übrigen Bestimmungen, und wo es nicht eine Umgehung des Verbots ist — die gleichzeitige Veräußerung verschiedener Geschäftsanteile desselben Gesellschafters an denselben Erwerber, ebenso die gleichzeitige Abtretung je eines Teils verschiedener Anteile eines Gesellschafters an denselben Erwerber und schließlich die gleichzeitige Veräußerung mehrerer Teile desselben Anteils an verschiedene Erwerber (Schol\ 10; Baumbach-Hueck 5). 11 Die gleichzeitige Übertragung mehrerer Teile eines Geschäftsanteils an denselben Erwerber entgegen § 17 Abs. 5 ist insgesamt nichtig. Es läßt sich nicht etwa aus § 139 BGB herleiten, daß die Übertragung eines Teilanteils wirksam bliebe. Notwendigerweise werden alle Teilabtretungen vom Verbot erfaßt. Auch die Genehmigung der Gesellschaft ändert daran nichts (OLG Braunschweig OLGR 16 115, 116).
3. Teilbarkeit und Mindestnennbetrag (Abs. 4) 12
Die Teile müssen einen Mindestnennbetrag von DM 500,— haben ( § 5 Abs. 1). Die durch die Teilung entstehenden Teilanteile müssen in Deutscher Mark durch 100 teilbar sein ( § 5 Abs. 3 Satz 2). Der Gesellschaftsvertrag kann noch weitere erschwerende Bestimmungen treffen (Rdn. 34). Häufig wird der Mindestbetrag erhöht. Der Mindestnennbetrag von DM 500,— und die Teilbarkeit durch 100 gilt auch für Gesellschaften, deren Kapital aufgrund des DM-Bilanzgesetzes neu festgesetzt worden ist; das ist jetzt unstreitig (BGHZ 14 25, 33; Baumbach-Hueck 4; Schol\ 9; Vogel 4). 4. Form der Teilabtretung
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Für den auf Abtretung eines Teilanteils gerichteten Vertrag wie für die Teilveräußerung selbst gelten die Formvorschriften des § 15 (RGZ 43 136; 87 248). Auch bei Teilabtretungen sind die statutarischen Erfordernisse (§15 Abs. 5) zu beachten; die formgültige Abtretung heilt auch hier den formungültigen obligatorischen Vertrag (§ 15 Abs. 4) etc. Die Anteilscheine sind stets nur Beweisurkunden (§ 14, 6). Ist ein Anteilschein nur für den ganzen Anteil ausgestellt, so wird auch dann, wenn die Satzung gemäß § 15 Abs. 5 die Wirksamkeit der Abtretung generell von der Übergabe des Anteilscheins abhängig macht, die Übergabe einer beglaubigten Abschrift des Anteilscheins genügen (analog § 444 BGB; Schol-.z 8). Nur wenn die Satzung ausdrücklich die Teilabtretung an die Übergabe eines besonderen Anteilscheins knüpft, ist die Ausstellung eines besonderen Teilanteilscheines durch die Gesellschaft erforderlich, um die Abtretung wirksam zu machen. Auch der Erwerb eines Teilanteils gilt der Gesellschaft gegenüber erst dann als erfolgt, wenn er gemäß § 16 angemeldet ist. In einem Antrag auf Genehmigung der Teilung gemäß § 17 Abs. 1 wird im allgemeinen eine Anmeldung gemäß § 16 liegen. Es kann aber auch anders liegen (vgl. Erl. zu § 16). — Im Gründungsstadium gelten besondere Bestimmungen, s. § 11, 42f. m . Insbesondere: Zustimmung der Gesellschaft 1. Allgemeines
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Die Übertragung von Teilanteilen kann nur „mit Genehmigung der Gesellschaft" stattfinden (Abs. 1). Für bestimmte Fälle ist das Genehmigungserfordernis (110)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt)
§17
durch die Satzung abdingbar. Abgesehen von dem grundsätzlich zwingenden Charakter dieser Bestimmungen und der vorgeschriebenen Schriftform gilt für die „Genehmigung" (= Zustimmung i. S. der §§ 182 ff. BGB, vgl. Rdn. 27) der Gesellschaft in dem Spezialfall der Veräußerung von Teilanteilen nichts anderes als bei der in § 15 Abs. 5 genannten Zustimmung der Gesellschaft zu sonstigen Veräußerungen. Auf § 15, 107ff.wird verwiesen. 2. Dispositive Fälle (Abs. 3) Abdingbar ist die Zustimmung der Gesellschaft gemäß Abs. 3 bei der Veräuße- 15 rung von Teilen eines Geschäftsanteils an andere Gesellschafter und bei der Teilung von Geschäftsanteilen verstorbener Gesellschafter unter mehrere Erben (die Reform sieht die Möglichkeit vor, die Teilung von Geschäftsanteilen generell von dem Zustimmungserfordernis zu befreien). Die Zustimmungsfreiheit muß im Gesellschaftsvertrag bestimmt sein. Eine entsprechende Satzungsbestimmung kann auch nachträglich gemäß § 53 in Kraft gesetzt werden. Unentziehbare Rechte der Gesellschafter (§ 14,15) werden dadurch nicht berührt; ebensowenig ist die Verletzung eines Sonderrechts (§ 14, 9) denkbar. Auch die spätere Streichung einer solchen Ausnahme von § 17 kann im Wege der Satzungsänderung erfolgen, sofern nicht insoweit Sonderrechte einzelner Gesellschafter bestehen; vgl. § 15, 102f. a) Veräußerung an andere Gesellschafter. Auch sie kann in der Satzung ohne Zustimmung der Gesellschaft gestattet sein. 16 Ein „anderer Gesellschafter" im Sinne von Abs. 3 ist nicht nur derjenige, der einen von dem zu teilenden Geschäftsanteil verschiedenen Geschäftsanteil besitzt (so aber Feine 404). Er ist auch der — nach Bruchteilen oder gesamthänderisch — Mitberechtigte an dem zu teilenden Geschäftsanteil. Denn alle im Sinn von § 18 mitberechtigte Personen sind Gesellschafter (§ 18, 9; vgl. auch § 2, 65 ff.). Sie können ihre Rechte nach § 18 Abs. 1 zwar nur gemeinschaftlich ausüben. Für die Verpflichtungen haftet aber jeder voll (§18 Abs. 2). Man kann ihnen die Gesellschaftereigenschaft nicht absprechen. Hingegen sind Gesellschafter einer oHG oder KG, die einen Geschäftsanteil hält, keine Mitberechtigten gemäß § 18; für sie kann daher die gesetzliche Ausnahme nicht gelten. Hier ist Gesellschafter allein die oHG bzw. die KG (§ 18, 11). Es trifft zu, daß die Satzung nach der hier vertretenen Auffassung praktisch jede Teilung zustimmungsfrei gestalten kann, daß also die Beschränkung der Dispositionsfreiheit auf die in § 17 Abs. 3 genannten Fälle wenig bedeutungsvoll ist. Denn durch die Einräumung einer Mitberechtigung an einem Geschäftsanteil (welche als solche keine nach § 17 genehmigungspflichtige Teilung ist, vgl. oben Rdn. 5), wird der Außenstehende Gesellschafter und fällt so unter das Privileg des § 17 Abs. 3. Indessen ist an dieser Auslegung des Gesetzes nichts Schädliches (die Reform hat daher auch die Befreiung vom Zustimmungserfordernis durch die Satzung allgemein zugelassen). Sinn der Bestimmung ist es, die Teilung unter Personen, die als Mitgesellschafter verbunden sind, zu erleichtern. Dieser Gesetzeszweck trifft auch auf die reale Teilung unter Mitberechtigten an einem Geschäftsanteil zu. Ein unerwünschtes Eindringen Außenstehender in den Gesellschaftsverband kann gleichwohl nicht erfolgen, da Abtretungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 auch für die Einräumung von Mitberechtigten gelten (§15, 23). Als Gesellschafter gilt auch bei § 17 Abs. 3 nur, wer als solcher bei der Gesell- 17 schaft angemeldet ist (§ 16), soweit der Gesellschafterwechsel überhaupt der Anmeldung unterliegt. Ein Gesellschafter, dessen Anteil kaduziert oder eingezogen (inj
§ 17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
ist, hat die Gesellschaftereigenschaft verloren und fällt also nicht mehr unter das Satzungsprivileg. Nur muß die Ausschließung oder die Amortisation schon beendet sein. Ist einer dieser beiden Akte infolge Verstoßes gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag unwirksam, so ist der Betreffende Gesellschafter geblieben und kann als Erwerber eines Teilgeschäftsanteils von dem Satzungsprivileg Gebrauch machen. Der Erwerber des Teilanteils muß wirklich Gesellschafter sein. Wenn er die Gesellschaftereigenschaft (also einen Geschäftsanteil) nur zum Schein erworben hat, um sich dem Genehmigungserfordernis beim Erwerb eines anderen Teilgeschäftsanteils zu entziehen, so kann sich auch die Gesellschaft auf den Scheincharakter jener Abtretung berufen.
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b) Teilung unter Miterben Die Satzung kann auch sie von dem Zustimmungserfordernis ausnehmen. Gemeint ist der Teilungsvertrag, durch den die Erbengemeinschaft an einem Geschäftsanteil aufgehoben und der Anteil in Teilen auf die einzelnen Miterben abgetreten wird. Es handelt sich eigentlich um nichts anderes als um eine Teilveräußerung an andere Gesellschafter, um einen Unterfall dieser Ausnahme (BGHZ 32 35,39). Der Auseinandersetzungsplan ( § 2004 Abs. 2 BGB) oder Auseinandersetzungsverträge gemäß §§ 2042 ff. BGB oder gar eine Teilungsanordnung des Erblassers (§2048 BGB) werden — als schuldrechtliche bzw. erbrechtliche Rechtsgeschäfte, die noch keine Rechtsänderung herbeiführen—ohnehin von § 17 nicht erfaßt. Auch Verfügungen des Testamentsvollstreckers im Rahmen der von ihm durchzuführenden Auseinandersetzung sind nach § 17 privilegiert. Auch eine Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils an einen Vermächtnisnehmer kann nach § 17 Abs. 3 durch die Satzung zustimmungsfrei gestellt werden. Dies gilt nicht nur für den Fall, daß der Vermächtnisnehmer ohnehin schon Gesellschafter ist (dann liegt in der Erfüllung des Vermächtnisses ja nichts anderes als die Veräußerung an einen „anderen Gesellschafter"; so der in BGHZ 32 35 entschiedene Fall), sondern auch dann, wenn er die Gesellschaftereigenschaft bis dahin noch nicht besessen hat (ebenso Winter GmbHRdsch. 1960 88). Die gegenteilige Ansicht der Vorauflage (Anm. 15) wird aufgegeben. Freilich geht die hier vertretene Meinung über den Wortlaut des Gesetzes hinaus; denn danach sind Teilveräußerungen nur an „Gesellschafter" privilegiert (und auch die Teilveräußerung an Miterben ist, wie dargelegt, nur eine solche an Mitgesellschafter). Indessen entspricht die weitergehende Auslegung dem Sinn des Gesetzes: Wenn die Satzung die Teilung unter Erben eines verstorbenen Gesellschafters genehmigungsfrei zulassen kann, so ist nicht einzusehen, warum nicht der Vermächtnisnehmer (dem der verstorbene Gesellschafter den Geschäftsanteil ausdrücklich zugedacht hat), von diesem Privileg nicht auch erfaßt werden sollte, zumal die Unterscheidung zwischen Vermächtnisnehmern und Erben oftmals mehr formaler als praktischer Natur ist. c) Auslegungsfragen Die Bestimmung, daß es zu einer Teilabtretung an Mitgesellschafter der Zustimmung der Gesellschaft nicht bedarf, braucht nicht ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag aufgenommen zu sein. Sie kann im Wege der Auslegung auch aus anderen Bestimmungen abgeleitet werden. Hier ist aber Vorsicht geboten. So ist in einer Satzungsbestimmung, die die Veräußerung von Anteilen an andere Gesellschafter ausdrücklich von bestehenden Veräußerungsbeschränkungen im Sinn von § 15 Abs. 5 befreit, nicht ohne weiteres auch die Befreiung von der Zustimmung (112)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt)
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gemäß § 17 zu sehen. Denn die Gesellschafter und die Gesellschaft können ein begründetes Interesse daran haben, daß die Geschäftsanteile sich auch nicht in der Hand der bisherigen Gesellschafter zersplittern. Ist nach der Satzung nur die Teilveräußerung unter Gesellschaftern ausdrück- 20 lieh zustimmungsfrei gestellt, so fällt darunter im Zweifel auch die Aufteilung eines in einer Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft gemäß § 18 gehaltenen Anteils auf die Gemeinschafter. Der Fall der „Teilung unter Miterben" braucht also nicht ausdrücklich geregelt zu sein (BGHZ 32 35). Ebenso ist bei einer solchen Satzungsbestimmung eine Teilveräußerung ohne Zustimmung der Gesellschaft zulässig, wenn diese Veräußerung zur Erfüllung eines Vermächtnisanspruchs geschieht, den ein außenstehender Vermächtnisnehmer an einen Gesellschafter abgetreten hat (BGH aaO); dabei ist allerdings zu prüfen, ob der Vermächtnisanspruch in einem solchen Falle überhaupt abtretbar ist, oder ob nicht eine solche Abtretung dem Erblasserwillen widerspräche, den Anspruch also inhaltlich verändern würde und deshalb nach § 399 BGB ausgeschlossen ist (vgl. dazu auch BGH JZ 1958 665 und Baumgärtel JZ 1958 654). 3. Keine Zustimmungsfreiheit in anderen Fällen In allen übrigen Fällen einer Teilveräußerung ist § 17 zwingend. Eine Satzungs- 21 bestimmung, welche über die in § 17 Abs. 3 vorgesehenen Ausnahmen hinaus Teilveräußerungen von dem Erfordernis der Genehmigung befreien wollte, wäre nichtig. Sie ist nicht eintragungsfähig. Auch wenn sie eingetragen wird, bleibt sie wirkungslos. Eine Nichtigkeit des ganzen Gesellschaftsvertrags hat diese Ungültigkeit jedoch nicht zur Folge (RG DJZ 1908 594; § 2, 72). Unwirksam ist auch eine Bestimmung des Gesellschaftsvertrags, in welcher alle künftigen Teilveräußerungen ein für allemal genehmigt werden. Eine solche Satzungsbestimmung scheitert schon an den Erfordernissen der Zustimmungserklärung gemäß § 17 Abs. 2 (Hamburg OLGR 37 3). Sie stellt in Wahrheit nichts anderes dar als eine — gemäß § 17 Abs. 3 unzulässige — Befreiung von der Genehmigung. Denn die Zustimmung kann nur aufgrund der Prüfung des konkreten Falles erteilt werden und muß sich auf diesen konkreten Fall beziehen. Auch eine Satzungsbestimmung, die jede künftige Abtretung eines konkret benannten Teilgeschäftsanteils im voraus genehmigt, ist unwirksam; denn die Genehmigung muß sich auch auf die Person des Erwerbers erstrecken (§ 17 Abs. 2; RG JW 1906 777; OLG Dresden GmbH-Rdsch. 1921 932; a. A. Holdheim 22 136). Unwirksam ist schließlich auch die Abtretung eines Teilgeschäftsanteils mit der Abrede, daß die Abtretung der Gesellschaft nicht angezeigt werden soll. Dieser Vertrag ist in sich widersprüchlich (RG JW 1900 161). Doch kann die Auslegung (oder eine Umdeutung) ergeben, daß die Parteien nur eine interne Beteiligung an den Ergebnissen des Geschäftsanteils wollten. — Auch die Veräußerung eines Teilanteils durch den Konkursverwalter des Gesellschafters bedarf der Zustimmung (Anh. § 15, 95). 4. Form und Inhalt der Zustimmung (Abs. 2) a) Schriftform Die Zustimmung der Gesellschaft hat schriftlich zu erfolgen. Diese Vorschrift 22 des Gesetzes ist zwingend. Der Gesellschaftsvertrag kann sie nicht mildern. Demgemäß ist eine stillschweigende Genehmigung ausgeschlossen (RGZ 105 154; vgl. aber Rdn. 32). Darin unterscheidet sich die Teilungsgenehmigung gemäß § 17 von (113)
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der in § 15 Abs. 5 vorgesehenen satzungsmäßigen Genehmigung bei der Veräußerung des ganzen Geschäftsanteils, welche nur bei entsprechenden besonderen Satzungsvorschriften einem Formerfordernis unterliegt (§ 15, 108). Infolgedessen gilt die Einladung zu Gesellschafterversammlungen (RGZ 105 154) oder die Eintragung in die Mitgliederliste (RGZ 164 149; OLG Hamburg GmbH-Rdsch. 1914 383) nicht als wirksame Teilungsgenehmigung, ebensowenig die Abtretung des Anspruchs der GmbH gegen den Erwerber auf Einzahlung der Reststammeinlage (OLG Dresden BauersZ 18133). Die Ansicht des RG (RG JW1910 843), in der Eintragung in die Mitgliederliste könne eine wirksame schriftliche Genehmigung dann gesehen werden, wenn einer der Vertragschließenden sie eingesehen hat oder wenn sie ihm vorgelegt worden ist, ist in der Entscheidung RGZ 105 154 mit Recht aufgegeben worden. Die Mitgliederliste kann nicht als eine dem Gesetz entsprechende schriftliche empfangsbedürftige Willenserklärung angesehen werden. b) Notwendiger Inhalt Die Zustimmungserklärung muß die Person des Erwerbers des abgetretenen Teilanteils bezeichnen. Veräußert ein Gesellschafter einen Teilanteil an den Erwerber A und danach den restlichen Anteil an B, so unterfällt die zweite Veräußerung nicht § 17 Abs. 1 und 2. Es bedarf daher in diesem Fall auch nicht der Bezeichnung des Erwerbers B (zutr. OLG Hamm DB 1976 907 = DNotZ 1976 617; anders wohl bei gleichzeitiger Veräußerung der Teilanteile an verschiedene Erwerber). Die Zustimmungserklärung muß außerdem den Nennbetrag jedes durch die Teilung entstehenden (Teil-) Geschäftsanteils bezeichnen, also die Nennbeträge sowohl der abgetretenen Teilanteile als auch des beim Zedenten verbleibenden Teilanteils. Dabei müssen zwar diese Einzelheiten deutlich erkennbar erklärt sein. Nicht erforderlich ist jedoch ihre ausdrückliche Aufnahme in den Genehmigungstext, wenn die Genehmigungserklärung klar auf eine andere Urkunde Bezug nimmt, welche diese Einzelheiten ausdrücklich anführt. Das gilt vornehmlich dann, wenn die Genehmigungserklärung in der Abtretungsurkunde mit aufgenommen ist, oder auf eine notarielle Abtretungsurkunde ausdrücklich verweist, sofern in der Abtretungsurkunde die Person des Erwerbers und die Nennbeträge der Teilanteile genannt sind (BGHZ 14 25, 32). Es wäre sinnloser Formalismus, in einem solchen Fall den in der Urkunde enthaltenen Text nochmals wiederholen zu lassen. Ebenso muß es dann aber auch genügen, auf ein anderes eindeutig identifizierbares Schriftstück zu verweisen, welches die notwendigen Einzelheiten enthält, z. B. also auf einen obligatorischen Vertrag, einen Auseinandersetzungsplan, ein Testament oder — jedenfalls zur Bezeichnung der Erwerber — auf die Gesellschafterliste (a. A. Vorauflage Anm. 21). Immer müssen die Einzelheiten allerdings aus der Erklärung und dem in Bezug genommenen Schriftstück ohne weiteres entnehmbar sein. 24 Ebenso genügt es zur Bezeichnung des beim Veräußerer verbleibenden Teilgeschäftsanteils, wenn der ursprüngliche Nennbetrag des gesamten Anteils und die Nennbeträge der einzelnen abgetretenen Teile genannt werden. Der Nennbetrag des nach der Teilung beim Veräußerer verbleibenden Anteils muß dann nicht mehr ausdrücklich genannt werden; die Subtraktion kann der Leser ohne weiteres selbst vornehmen (RGZ 85 49; Holdheim 1923 156 und 1924 157; Hamburg OLGR 27 370; BGHZ 14 32; a. A. OLG Hamm Recht 1906 387; OLG Kassel Recht 1907 70). Ist in der Zustimmungserklärung der Nennbetrag des beim Veräußerer verbleibenden Teilanteils nur deshalb unrichtig angegeben, weil eine frühere Teilabtretung unwirksam gewesen ist, so beeinträchtigt dies die Wirksamkeit der Zustimmungs-
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(114)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt)
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erklärung und also die Wirksamkeit der Teilabtretung nicht (BGHZ 14 25, 34; Fritze GmbH-Rdsch. 55 68). c) Rechtsgeschäft; Zuständigkeit Die Zustimmung der Gesellschaft ist ein Rechtsgeschäft. Sie ist von den Ge- 25 schäftsführera zu erklären. Sie kann dem Erwerber oder dem Veräußerer gegenüber erklärt werden. Sie muß also mindestens einem von beiden zugehen (RGZ 105 152; RG Recht 1919 Nr. 581; Scholz 13). Als Rechtsgeschäft unterliegt die Zustimmungserklärung den Bestimmungen des BGB über Willenserklärungen. Sie kann aus den allgemeinen Gründen nichtig oder anfechtbar sein. Auch wenn der Geschäftsführer Veräußerer oder Erwerber des Teilgeschäftsanteils ist, kann und muß die Genehmigung von ihm als Vertreter der Gesellschaft ausgesprochen werden; § 181 BGB steht nicht entgegen, wenn er die Genehmigung dem anderen Vertragsteil erklärt (RGZ 85 46, 51; vgl. auch § 15,107). Der Gesellschaftsvertrag kann auch nicht bestimmen, daß die Genehmigung von einem anderen Organ ausgesprochen wird als von den Geschäftsführern (RGZ 85 46; OLG Hamburg OLGR 28 359; a. A. Ntemejer LZ 1914 1339). Über die Erklärung der Zustimmung im Konkurs der Gesellschaft s. § 15, 107. d) Gesellschafterbeschluß Nach § 46 Nr. 4 unterliegt die Teilung der Bestimmung der Gesellschafter. 26 Diese Bestimmung regelt aber nur das Innenverhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer. Nach außen ist die vom Geschäftsführer gemäß § 17 erteilte Zustimmung zur Teilung ohne Rücksicht darauf wirksam, ob ihr ein entsprechender Gesellschafterbeschluß zugrunde liegt oder nicht (BGHZ 14 25, 31 = JZ 1955 48 m. Anm. Schitling = LM Nr. 2 zu § 17 m. Anm. R. Fischer; OLG Frankfurt GmbHRdsch. 1962 158; RGZ 64 149,153; 104 413,415; 160 225, 231; Schol^ 13; BaumbachHueck 3 D ; a. A. Vorauflage Anm. 19; Brodmann 2c). Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist nach außen hin nicht einschränkbar. Vgl. im einzelnen § 46, 12. e) Zeitpunkt Die Zustimmung der Gesellschaft kann vor oder nach der Veräußerung erteilt 27 werden (RGZ 64149; Hamburg OLGR 3 66; Scbol14). Ebenso wie in § 15 bedeutet das Wort „Genehmigung" hier nicht nur die nachträgliche Zustimmung im Sinn des — später als das GmbH-Gesetz entstandenen — § 184 BGB, sondern umfaßt auch die Einwilligung im Sinn von § 183 BGB (vgl. § 15, 104). Die Zustimmung der Gesellschaft kann auch im Abtretungsakt selbst gesehen werden, wenn der vertretungsberechtigte Geschäftsführer selbst Vertragspartner ist. In diesen Fällen, und ebenso, wenn der Geschäftsführer zu der Abtretung zugezogen wird und die Genehmigung im Rahmen der Abtretungsurkunde erteilt, genügt die ausdrückliche oder stillschweigende, aber jedenfalls deutliche Bezugnahme auf den übrigen Teil der Urkunde (Rdn. 23). Die Schriftform ist durch die Beurkundung gewahrt (§ 126 Abs. 3 BGB). Die Zustimmung kann auch schon im Stadium der Vorgesellschaft erfolgen, wenn sie sich auf eine Teilabtretung bezieht, die nach Eintragung der Gesellschaft wirksam werden soll (vgl. § 15, 30). f) Bedingungen Die Zustimmung der Gesellschaft kann bedingt erteilt werden. Bei Eintritt 28 der Bedingung ist dann die Teilabtretung wirksam. Allerdings braucht sich der Er(115)
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Werber in der Regel gegenüber dem Veräußerer nicht mit einer solchen bedingten Zustimmung zu begnügen; er kann die Beschaffung einer unbedingten Zustimmung fordern. Ein Zusatz „soweit gesetzlich zulässig" ist keine echte Bedingung; er hemmt also die sofortige Wirksamkeit der Zustimmung nicht (RG Recht 19101003). 29 Ebenso kann die Zustimmung erteilt werden, wenn das Veräußerungsgeschäft noch in der Schwebe ist (Schol^ 14). Die Möglichkeit, daß eine der Parteien vom Vertrag zurücktritt, schließt die Erteilung der Zustimmung nicht aus. Die Zustimmung kann auch während eines zwischen Veräußerer und Erwerber über die Wirksamkeit des Verkaufs schwebenden Prozesses erfolgen (RG Recht 1910 1003; OLG München GmbH-Rdsch. 1915 142). Eine vorzeitige Rücktrittserklärung des Erwerbers schließt die Genehmigung und ihre Wirkung einer endgültigen Bindung nicht aus (RGZ 64 149). 30
g) Kein Anspruch auf Erteilung Die Gesellschaft kann die Zustimmung nach freiem Ermessen erteilen oder verweigern (RGZ 88 319, 325; Baumbach-Hueck 3 C). Ein Anspruch des Gesellschafters oder gar des Erwerbers auf Erteilung der Zustimmung (bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen) besteht nicht und kann auch nicht durch eine Satzungsbestimmung geschaffen werden; dies würde eine Einschränkung der Genehmigungsbefugnisse der Gesellschaft bedeuten, also gegen den zwingenden Charakter von § 17 Abs. 2 verstoßen. Wohl aber wird man auch hier dem Gesellschafter (nicht dem Erwerber) einen Anspruch auf — positive oder negative — Entschließung zuerkennen müssen, vgl. § 15, 117. IV. Folgen der Nichtgenehmigung 1. Unwirksamkeit
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Eine Teilveräußerung ohne Zustimmung oder mit formell oder inhaltlich fehlerhafter Zustimmung ist unwirksam. Jeder kann sich auf die Nichtigkeit berufen; eine „Bestätigung" der Zustimmung ist nicht möglich. Sie muß formgerecht wiederholt werden (OLG Hamm OLGR 14 363). Der obligatorische, auf Teilabtretung gerichtete Vertrag wird dadurch nicht berührt (RGZ 88 319; BGH WM 1959 324). Er verpflichtet den Verkäufer, mangels anderer Abreden, sich um die Erteilung einer wirksamen Zustimmung zur Teilung zu bemühen. Es gilt insoweit das gleiche wie bei der statutarisch vorgesehenen Zustimmung gemäß § 15 (vgl. § 15, 118 und Anhang zu § 15,15). Wird die Zustimmung versagt, so löst dies in der Regel keine Schadensersatzansprüche des Erwerbers gegen den Veräußerer aus, denn der Erwerber hat die gesetzliche Lage so gut zu kennen wie der Veräußerer (§ 307 BGB; OLG Dresden BauersZ 21 88). Anderes gilt nur dann, wenn der Veräußerer für die Erteilung ausdrücklich garantiert hat oder wenn die Nichterteilung der Genehmigung auf Verschulden des Veräußerers beruht (weil er z. B. selbst als Geschäftsführer die Genehmigung nicht erklärte, oder den Beschluß gemäß § 46 Nr. 4 vereitelt hat; RG DJZ 1906 760; RGZ 88 319). Zu der Haftung des Schenkers vgl. Anhang § 15, 30. 2. Arglisteinwand
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In besonders gelagerten Fällen kann die Berufung auf das Fehlen einer formgerechten Zustimmungserklärung treuwidrig und deshalb unzulässig sein. So, wenn (116)
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der Einmann-Gesellschafter und Geschäftsführer veräußert (Fritze GmbH-Rdsch. 1955 68); jedoch auch dann, wenn der veräußernde Allein-Gesellschafter zwar nicht Geschäftsführer war, aber jahrelang die Nichtgenehmigung ungerügt ließ (RGZ 142 37). Das gleiche gilt, wenn in einer Zweimann-Gesellschaft die Teilabtretung vom einen auf den anderen Gesellschafter erfolgt (RGZ 130 39, 45). Auch dann, wenn sämtliche Gesellschafter und vertretungsberechtigte Geschäftsführer an der Abtretung mitwirken, bedarf es keiner ausdrücklichen Genehmigungserklärung (BGHZ 15 324, 329 = NJW 1955 220; vgl. auch BGH BB 1968 1053 = WM 1968 1037). V. Statutarische Regelungen 1. Ausschluß der Teilung (Abs. 6 S. 2) Die Teilung von Geschäftsanteilen kann nach § 17 Abs. 6 Satz 2 im Gesell- 33 schaftsvertrag ausgeschlossen werden. Dann ist jede Teilung — auch mit Genehmigung der Gesellschaft — unwirksam. Mehrere Mitberechtigte können ihre Rechte in diesem Fall nur nach § 18 ausüben. Eine auf Teilung gerichtete letztwillige Verfügung, ein auf Teilabtretung gerichteter obligatorischer Vertrag sind dann insoweit unwirksam, weil sie auf eine unmögliche Leistung gerichtet sind (sofern sie nicht umgedeutet werden können). 2. Einschränkungen Die Satzung kann, da die völlige Aufhebung der Teilbarkeit gestattet ist, die 34 Teilung auch erschweren, also an beliebige weitere, über § 17 Abs. 2 hinausgehende Voraussetzungen knüpfen. Möglich ist es z. B., zusätzlich die Zustimmung aller oder bestimmter Gesellschafter zu verlangen (die im Zweifel nicht den Form- und Inhaltserfordernissen des § 17 genügen muß), oder die Teilung nur bei Abtretung von Teilanteilen bestimmter Mindestnennbeträge zu gestatten. 3. Nachtragliche Satzungsänderung Die Unteilbarkeit kann durch nachträgliche Satzungsänderung eingeführt wer- 35 den, und ebenso kann eine Satzungsbestimmung, welche die Teilung ausschließt oder erschwert, nachträglich durch Satzungsänderung wieder aufgehoben werden, sofern dadurch nicht unentziehbare Mitgliedschaftsrechte (§ 14,15) verletzt werden. Ein solches unentziehbares Recht auf Beibehaltung der ursprünglichen Regelung wird jedoch im Zweifel nicht gewollt sein. Ist die Teilbarkeit für einzelne Anteile ausgeschlossen, für andere nicht, so kann dadurch ein Sonderrecht der begünstigten Gesellschafter (§ 14, 9) geschaffen sein. Die Aufhebung dieser Satzungsbestimmung bedarf dann der Zustimmung der bevorzugten Gesellschafter. Die Rechtslage ist die gleiche wie bei der nachträglichen Beschränkung der Abtretbarkeit gemäß § 15 Abs. 5 oder der Aufhebung solcher Beschränkungen. Es gilt daher das Rdn. 15 und § 15, 102 Gesagte. VI. Wirkung der Teilveräußerung 1. Entstehung eines neuen Geschäftsanteils Die Wirksamkeit der Teilveräußerung schafft einen neuen selbständigen Ge- 36 schäftsanteil, eine neue Mitgliedschaft (Feine 404). Der Erwerb des Teilanteils ist (117)
§ 17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
gemäß § 16 bei der Gesellschaft anzumelden. Im Ersuchen um Genehmigung gemäß § 17 liegt, sofern das Ersuchen nach der Abtretung erfolgt, zugleich die Anmeldung (§ 16,12). Ist die Zustimmung schon vorher erteilt worden, so muß die Anmeldung gemäß § 16 gesondert erfolgen. In der nachträglich erteilten Genehmigung liegt die Annahme der Anmeldung. Umgekehrt wird in der Erklärung der Gesellschaft, die Anmeldung anzunehmen, in der Regel auch die Teilungsgenehmigung zu erblicken sein, sofern sie schriftlich erfolgt und inhaltlich den Erfordernissen des § 17 Abs. 2 entspricht. Ist dies nicht der Fall, so behält die Anmeldung gleichwohl ihre legitimierende Wirkung, bis sie widerrufen ist (§ 16, 41 u. 48 f.). 2. Selbständigkeit des Teilgeschäftsanteils 37
Der abgetretene Geschäftsanteil behält seine Selbständigkeit auch dann, wenn ihn der Veräußerer zurückerwirbt {Scholz 22). Wird allerdings die Teilabtretung nachträglich unwirksam, so fällt auch die Selbständigkeit der Teilanteile ex tunc fort. Eine solche Folge tritt beispielsweise dann ein, wenn die Teilveräußerung nachträglich wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung angefochten wird. Der Veräußerer hat dann nach wie vor nur einen Geschäftsanteil. Dagegen hat die Anfechtung der Veräußerung des abgetretenen Teils im Konkurs des Gesellschafters gem. §§ 29 ff. KO oder wegen Benachteiligung des Gläubigers nach dem Anfechtungsgesetz diese Wirkung nicht (Scholz^ 22). Der Konkursverwalter veräußert jeden Teil für sich. Es gibt eine besondere Vollstreckungspfändung in den zurückgebliebenen Teil und in den abgetretenen, dessen Veräußerung angefochten worden ist. 3. Auswirkungen auf bestehende Rechte und Pflichten
38
Von der Anmeldung ab kann der Erwerber die aus dem Geschäftsanteil fließenden Rechte im Verhältnis des von ihm erworbenen Teils gegen die Gesellschaft geltend machen. Dies gilt von den Verwaltungsrechten (insbesondere dem Stimmrecht) wie von den vermögensrechtlichen Ansprüchen. Sind an den Geschäftsanteil weitere Rechte geknüpft, so z. B. das Recht, die Bücher der Gesellschaft einzusehen, Auskunft zu fordern etc., so ist es eine Auslegungsfrage, ob diese Rechte auf jeden Teil des Geschäftsanteils übergehen. Handelt es sich um Rechte, die nicht vervielfacht werden können, ohne daß ihr Inhalt geändert wird (ohne z. B. die Gesellschaft stärker zu belasten), so muß, falls die Satzung nichts darüber sagt, angenommen werden, daß diese Rechte bei dem in der Hand des früheren Gesellschafters bleibenden Teilanteil verbleiben, daß also der Erwerber des abgetretenen Teilanteils diese Rechte nicht besitzt (z. B. das Recht auf den Alleinbezug der Produktion der Gesellschaft). Gehen gleichzeitig alle Teile in andere Hände über, so steht ein solches unteilbares Recht den Erwerbern der Teilanteile gemeinsam zu (arg. § 18). 39 Auch die Verpflichtungen, die an dem Geschäftsanteil haften, gehen anteilig auf den Erwerber über. Es gilt hier grundsätzlich nichts anderes als bei der Veräußerung des gesamten Geschäftsanteils (vgl. Erl. zu § 16). Die Verpflichtungen zu den später fällig werdenden Leistungen gehen pro rata auf den Erwerber über. Für die Rückstände haftet der Veräußerer als Gesamtschuldner neben dem Teilerwerber (§ 16 Abs. 3). Ist z. B. ein Geschäftsanteil von DM 10000,— in Höhe von DM 3000,— noch nicht bezahlt und erwirbt jemand einen Teil dieses Geschäftsanteils in Höhe von DM 8000,—, so geht die Verpflichtung zur Zahlung jener DM 3000,— zu 8/10 auf den Zessionar über. Diese Rechtsfolge kann nicht dadurch umgangen werden, daß „nur der bezahlte" Teil des Geschäftsanteils abgetreten wird (Rdn. 4). (118)
Veräußerung von Teilen eines Geschäftsanteils (Schilling/Zutt) Leistet aber der Erwerber nach der Abtretung des Teilanteils auf seine Stammeinlage eine Zahlung, so wird diese nur auf die Stammeinlage seines Teilanteils angerechnet, nicht auf die Einlage des Veräußerers (RG DJZ 1913 867); denn mit der Abtretung wird der abgetretene Teil ein selbständiger Geschäftsanteil. Verpflichtungen, die auf die Person des Veräußerers zugeschnitten sind, gehen nicht mit über. Anders bei unteilbaren Leistungen; hier tritt eine Gesamtschuld ein (§ 431 BGB). VII. Verpfändung, Pfändung 1. Verpfändung Die Verpfändung eines Teils eines Geschäftsanteils ist zulässig, wenn die 40 Satzung die Teilung von Geschäftsanteilen nicht gänzlich ausgeschlossen hat (ebenso Schöll § 15, 70, 81; Baumbach-Hueck 2 B; Wiedemann 423; Feine 407; Schuler NJW 1956 689, 691; jeweils mit unterschiedlichen Begründungen; vgl. auch Zunft NJW 1955 441; a. A. Brodmann § 15, 2 A; § 17, 1). Zwar kann der Geschäftsanteil nur bei der Veräußerung geteilt werden. Die Verpfändung ist aber keine Veräußerung. § 17 Abs. 6 steht also nicht entgegen. Andererseits zeigt § 17, daß ein Teilanteil übertragbar ist. Bedenken aus § 1274 Abs. 2 BGB können also nicht hergeleitet werden. Von der Teilverpfändung ist die Verpfändung des gesamten Geschäftsanteils für eine bestimmte, hinter seinem Wert oder seinem Nennbetrag zurückbleibende, Summe zu unterscheiden (vgl. Anh. § 15, 39). Desgleichen die Verpfändung des Miteigentumsanteils eines gemäß § 18 an einem Geschäftsanteil Mitberechtigten (§ 1258 BGB). Beides ist ohne Genehmigung gemäß § 17 zulässig. Bei der Bestellung eines Pfandrechts an einem Teilanteil sind alle für die Ver- 41 äußerung geltenden Bestimmungen zu beachten (§ 1274 Abs. 1 BGB; siehe im einzelnen Anhang § 15, 39 ff.). Demgemäß bedarf die Bestellung eines Pfandrechts an einem Teilanteil einer Genehmigung der Gesellschaft, die in Form und Inhalt dem § 17 entspricht, sofern nicht einer der Ausnahmefälle vorliegt, wo die Satzung die Teilungsgenehmigung zulässigerweise (§17 Abs. 3) ausgeschlossen hat (Vogel DB 1954 208, 209). Hat der Gesellschaftsvertrag die Teilveräußerung über § 17 hinaus erschwert, so gelten diese Bestimmungen auch für die Teilverpfändung. Die Verpfändung läßt die Verwaltungsrechte unberührt (Anh. § 15, 42). Die Verpfändung als solche bewirkt noch keine Teilung des Geschäfts- 42 anteils (a. A. Schüler NJW 1956 691, der eine Teilung des Geschäftsanteils in der Hand des Verpfänders annimmt). Wird das Pfandrecht aufgehoben, so bleibt also der Geschäftsanteil in seinem ursprünglichen Umfang bestehen. Erst mit der Verwertung des Pfandes kommt es zu der Veräußerung und damit zur Abspaltung des gepfändeten Teils, zur Teilung. Die Genehmigung zu dieser Teilveräußerung ist mit der Genehmigung zur Teilverpfändung bereits gegeben. 2. Pfändung Auch die Pfändung eines Teilanteils ist zulässig (Scholz § 15, 81; Feine 407; 43 Baumbach-Hueck §15, 6 A ; Schuler NJW 1960 1423, 1425; a.A. Brodmann 1). Die Pfändbarkeit folgt ebenfalls aus der Tatsache, daß ein Teilanteil grundsätzlich übertragbar ist (§§ 851, 857 ZPO). Hat der Gesellschaftsvertrag die Teilung gemäß § 17 Abs. 6 Satz 2 völlig ausgeschlossen, so wirkt dies gegenüber dem Pfändungsgläubiger nicht. Es handelt sich um ein rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot, (119)
§ 17
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
das der Zwangsvollstreckung nicht im Wege stehen kann. Wie die Pfändung bewirkt wird, ist in Anhang § 15, 78 ff. dargestellt. 44 Die Verwertung des Pfändungsrechts erfolgt dadurch, daß der gepfändete Teilanteil im Wege der Versteigerung veräußert wird (Anhang § 15, 82ff.). Durch solche Veräußerung wird eine Teilung des Geschäftsanteils gemäß § 17 bewirkt. Bei dieser Verwertung des gepfändeten Teilanteils ist die Zustimmung der Gesellschaft gemäß § 17 Abs. 1 erforderlich. Hier handelt es sich — anders als im Fall des statutarischen Ausschlusses einer Teilung — um eine gesetzliche Vorschrift, die auch nicht im Wege der Zwangsvollstreckung umgangen werden kann. Wird die Zustimmung der Gesellschaft gemäß § 17 zur Verwertung des Pfändungspfandrechtes nicht erteilt, so ist die Pfändung unmöglich; die exekutorischen Rechtsakte sind unwirksam. Die Pfändung eines Teils eines Geschäftsanteils ist daher unpraktisch. Es ist kaum ein Grund einzusehen, aus dem ein Gläubiger seinen Zugriff auf einen Teil des Geschäftsanteils beschränken sollte. 3. Pfändung und Verpfändung vermögensrechtlicher Ansprüche 45
Die vermögensrechtlichen Ansprüche aus dem Geschäftsanteil (Ansprüche auf Gewinn, auf das Auseinandersetzungsguthaben etc.) können ganz oder zum Teil selbständig verpfändet und gepfändet werden. Hierin liegt keine Verpfändung und keine Pfändung eines Teils des Geschäftsanteils (vgl. Anhang § 15, 49, 93).
(120)
Mitberechtigung am Geschäftsanteil (Schilling/Zutt)
§ 18
§18 Steht ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten ungeteilt zu, so können sie die Rechte aus demselben nur gemeinschaftlich ausüben. Für die auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen haften sie der Gesellschaft solidarisch. Rechtshandlungen, welche die Gesellschaft gegenüber dem Inhaber des Anteils vorzunehmen hat, sind, sofern nicht ein gemeinsamer Vertreter der Mitberechtigten vorhanden ist, wirksam, wenn sie auch nur gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen werden. Gegenüber mehreren Erben eines Gesellschafters findet diese Bestimmung nur in bezug auf Rechtshandlungen Anwendung, welche nach Ablauf eines Monats seit dem Anfalle der Erbschaft vorgenommen werden. Übersiebt Rdn.
Rdn. Einleitung Reform
1
1. Allgemeines
15
2
2. Abs. 1 nicht zwingend
17
I. Die Mitberechtigung 1. Allgemeines 3 2. Bruchteilsgemeinschaften 4 3. Gesamthandsgemeinschaften . . . . 5 a) Gesellschaft bR 6 b) Erbengemeinschaft 7 c) eheliche Gütergemeinschaft . . . 8 4. Gesellschaftereigenschaft der Mitberechtigten 9 5. Juristische Personen und ähnliche Verbände a) Juristische Personen 10 b) Personenhandelsgesellschaften . . 1 1 c) Nichtrechtsfähiger Verein . . . . 12 6. Anmeldung 13 7. Beendigung der Mitberechtigung . . 14 II. Gemeinschaftliche Rechtsausübung (Abs. 1)
3. Rechte „aus dem Geschäftsanteil" . . 18 4. Unmittelbare Rechtsausübung
. . .
5. Gemeinsame Vertretung
19 23
HI. Haftung der Mitberechtigten (Abs. 2) 1. Verpflichtungen 2. Gesamtschuld
25 26
3. Haftung nach Ausscheiden aus der Gemeinschaft 27 IV. Rechtshandlungen der Gesellschaft (Abs. 3) 1. Allgemeines 2. Rechtshandlungen 3. Besonderheiten beim Erbfall . . . .
28 30 33
V. Mehrere Erben des Einmanngesellschafters 34
Schrifttum Hohner Zur Beteiligung von Personengesellschaften an Gesellschaften, NJW 1975 718; Malberg Übernahme einer Stammeinlage durch eine Erbengemeinschaft bei Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH, BB 1975 2419; Schneider Der GmbHAnteil bei der Auseinandersetzung eines Gesamthandsvermögens etc., GmbH-Rdsch. 1964 157; Wiedemann GmbH-Anteile in der Erbengemeinschaft, GmbH-Rdsch. 1969 247. — Vgl. auch das Schrifttum bei § 2, 65 (Beteiligung von Rechtsgemeinschaften bei der Gründung) und Anhang § 15, vor Rdn. 99 (Erbengemeinschaft), sowie die Kommentare zu § 69 AktG. (121)
§ 18
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Einleitung
1
Die Vorschrift bezweckt, der Gesellschaft den Rechtsverkehr mit mehreren an einem Geschäftsanteil Berechtigten zu erleichtern. Sie können ihre Mitgliedsrechte, z. B. das Stimmrecht, nur gemeinschaftlich ausüben (Abs. 1). Andererseits ist jeder von ihnen für Rechtshandlungen der Gesellschaft mit Wirkung gegen alle Mitberechtigten passiv legitimiert (Abs. 3). Für Verbindlichkeiten, die aus der Mitgliedschaft fließen, haben die Mitberechtigten gesamtschuldnerisch einzustehen (Abs. 2). Die Vorschrift entspricht im wesentlichen § 69 AktG. Sie ist seit 1892 unverändert geblieben, berücksichtigt also die Bestimmungen des BGB für die einzelnen Rechtsgemeinschaften noch nicht. Reform
2
Der RegE (§ 56) übernimmt im wesentlichen die geltende Regelung. Von sprachlichen Korrekturen abgesehen, sieht er zwei Änderungen vor: Die Rechte sollen — entsprechend § 69 AktG — nur noch durch einen gemeinschaftlichen Vertreter ausgeübt werden können; eine „schlichte" gemeinschaftliche Rechtsausübung der Berechtigten (Rdn. 21) ist nicht mehr vorgesehen. Klargestellt ist weiter, daß der gemeinschaftliche Vertreter der Gesellschaft gegenüber benannt sein muß, um als solcher zu gelten. I. Die Mitberechtigung 1. Allgemeines
3
Die Vorschrift setzt voraus, daß ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten ungeteilt zusteht. Das Wort „ungeteilt" im Text des Gesetzes ist überflüssig; wird der Anteil geteilt, so handelt es sich nicht mehr um „einen", sondern um mehrere Anteile (§ 17, 37). Nur solche Mitberechtigten unterfallen § 18, bei denen der Geschäftsanteil dem einzelnen Mitberechtigten „zusteht", bei denen also jeder Mitberechtigte als Gesellschafter anzusehen ist (Rdn. 9). Mitberechtigung im Sinn von § 18 kann Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft sein. Miteigentum im Sinn von §§ 1008 ff. BGB kann nur an Sachen bestehen, ist hier also nicht denkbar. Da Bruchteilsgemeinschaften an einem Geschäftsanteil nur durch Rechtsgeschäft entstehen, kann die Satzung, gemäß § 15 Abs. 5, solche Mitberechtigungen verhindern. Anders bezüglich Gesamthandsgemeinschaften, die kraft Gesetzes entstehen können, insbesondere durch Erbfall. Insoweit kann die Entstehung einer Mitberechtigung nicht ausgeschlossen werden (zur Frage der Vererblichkeit von Geschäftsanteilen s. § 15, 5ff.). Die Unterbeteiligung ist keine Mitberechtigung im Sinn von § 18. Denn der Unterbeteiligte erwirbt kein Recht am Geschäftsanteil selbst, tritt nicht in Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft (BGHZ 50 316; Schölt^ 4; zur Unterbeteiligung s. Anhang § 15, 35ff.). Ebenso sind Nießbraucher und Pfandgläubiger keine Mitberechtigten im Sinn der Bestimmung. Stehen derselben Rechtsgemeinschaft mehrere Geschäftsanteile zu, so ist die Bestimmung für jeden Anteil gesondert anzuwenden. Z. B. können für die Anteile verschiedene gemeinsame Vertreter bestellt werden; bei dem einen kann eine Vertretung vorliegen, beim anderen nicht (Lutter Kölner KommAktG § 69, 4 a. E.). Vgl. zur Stimmabgabe § 47, 18ff. — § 18 regelt lediglich die Rechtsbeziehungen der Mitberechtigten zur Gesellschaft, dagegen nicht das Innenverhältnis oder das Verhältnis zu anderen Gesellschaftern und ebensowenig die Entstehung oder Beendigung von Mitberechtigungen. (122)
Mitberechtigung am Geschäftsanteil (Schilüng/Zutt)
§ 18
2. Bruchteilsgemeinschaften Für eine Mitberechtigung, die nicht Gesamthandsgemeinschaft (Rdn. 5ff.)ist, 4 gelten die §§ 741 BGB. Eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht durch Abtretung einer „Quote" (also eines ideellen Anteilsrechts am Geschäftsanteil) oder durch Abtretung eines Geschäftsanteils an mehrere Berechtigte. Daß der einzelne Gemeinschafter über seinen ideellen Anteil verfügen kann (§ 747 BGB), läßt die Gemeinschaft als solche unberührt (zutreffend Scholz 1, 16). Die Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft und die Übertragung eines ideellen Anteils finden in gleicher Weise und unter denselben Voraussetzungen statt wie die Abtretung eines Geschäftsanteils im ganzen (§ 15, 31 und 83; Scholz 1; a. A. Brodmann 1). Die Formvorschriften des § 15 Abs. 3 und 4 sind ebenso zu beachten wie statutarische Abtretungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5 und die Erforderlichkeit der Anmeldung nach § 16 (Rdn. 13). Hingegen findet § 17 keine Anwendung (§ 17, 5 f.). 3. Gesamthandsgemeinschaften Die Mitberechtigung an einem Geschäftsanteil kann die Rechtsform einer Ge- 5 samthand besitzen. Allerdings unterfällt nicht jede Gesamthandsgemeinschaft der Bestimmung des § 18, s. Rdn. 11 f. Gesamthänderische Mitberechtigung im Sinn der Bestimmung sind die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Erbengemeinschaft und die eheliche Gütergemeinschaft. Entgegen der bislang herrschenden Meinung können Gesamthandsgemeinschaften nicht nur einen Geschäftsanteil erwerben, sondern sich auch an der Gründung einer GmbH beteiligen (vgl. im einzelnen § 2, 66—69). Zur Anteilsübernahme bei Kapitalerhöhungen s. Rdn. 7. a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705ff. BGB) macht den Ge- 6 schäftsanteil zu einem Bestandteil des Gesellschaftsvermögens (§718 BGB). Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft nur zum Zweck des gemeinschaftlichen Erwerbs eines Geschäftsanteils begründet wurde. Über die einzelnen, zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände kann der Gesellschafter nicht verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB). Daher kann der Gesellschafter der GbR eine „Mitberechtigung" an einem im Vermögen der Gesellschaft liegenden GmbH-Geschäftsanteil nicht übertragen. Auch eine Zwangsvollstreckung ist insoweit nicht möglich. Pfändbar ist nur der Gesamthandsanteil als solcher. Aufgrund dieser Pfändung kann der Gläubiger die Auseinandersetzung der Gesellschaft betreiben (§ 725 BGB). b) Die Erbengemeinschaft (§§ 2032ff. BGB) ist wohl der häufigste Fall einer 7 Mitberechtigung gemäß § 18 (vgl. auch Anhang § 15,100 und das Schrifttum § 15, vor 6 und Anh. § 15, vor 99). Hinterläßt der Gesellschafter mehrere Erben, so fällt der Anteil mit dem Tod des Gesellschafters kraft Gesetzes an die Erbengemeinschaft; es entsteht also automatisch eine Mitberechtigung. Eine Sondererbfolge kommt nicht in Betracht (Anhang § 15, 105; Wiedemann GmbH-Rdsch. 1969 247 b. N. 1 m. w. N.). Auch bei der Erbengemeinschaft ist die Verfügung des einzelnen Miterben über den Anteil an dem zum Nachlaß gehörenden Geschäftsanteil ausgeschlossen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Ebenso ist die Zwangsvollstreckung durch einen Gläubiger eines Erben in den zum Nachlaß gehörenden Geschäftsanteil unzulässig. — Die Erbengemeinschaft kann einen Geschäftsanteil auch durch Rechtsgeschäft erwerben. Sie kann sich an der Gründung einer GmbH beteiligen (§2, 66ff.)und kann bei einer Kapitalerhöhung eine auf das erhöhte Kapital zu leistende Stammeinlage übernehmen (Hamm OLGZ1975 164 = DB 1975 394 = GmbH-Rdsch. 1975 83). Dies gilt jeden(123)
§ 18
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
falls dann, wenn es sich um einen Surrogationserwerb nach § 2041 BGB handelt (OLG Hamm aaO; vgl. Erl. zu § 55). — Zur Erbfolge nach dem Einmann-Gesellschafter s. Rdn. 34. 8
c) Die eheliche Gütergemeinschaft ist in §§ 1415ff. BGB geregelt (vgl. auch Anhang § 15, 76). Ein GmbH-Geschäftsanteil, der zum Vermögen eines Ehegatten gehört oder von ihm erworben wird, fällt, wenn nicht der Ehevertrag oder die Satzung dies verhindert, in das Gesamtgut. Das Gesamtgut ist gesamthänderisch gebunden (§ 1419 BGB). Gründe, diese Form der Gesamthandsgemeinschaft von § 18 auszunehmen (so Brodmann 1), sind nicht ersichtlich. Wenn die Eheleute sich nicht anders geeinigt haben, wird das Gesamtgut gemeinsam verwaltet (§§ 1415ff. BGB). Dasselbe gilt während der Auseinandersetzung (§ 1472 Abs. 1 BGB). Verwaltet einer der Eheleute das Gesamtgut, so bedarf er in verschiedenen Fällen der Einwilligung des anderen (§§ 1423ff. BGB). Zur Mitwirkung bei Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ist jeder Ehegatte verpflichtet (§§ 1451, 1472 Abs. 3 BGB). Für die Haftung des Gesamtguts gelten besondere Bestimmungen (§§ 1437ff., 1459 ff. BGB). — Zur fortgesetzten Gütergemeinschaft vgl. §§ 1483 BGB. 4. Gesellschaftereigenschaft der Mitberechtigten
9
Jeder Mitberechtigte im Sinn von § 18 ist Gesellschafter der GmbH. Dies ergibt sich unmittelbar aus Wortlaut und Sinn der Vorschrift, die voraussetzt, daß der Geschäftsanteil den Mitberechtigten selbst „zusteht". Die — vor Inkrafttreten des BGB entstandene (Rdn. 1) — Bestimmung betrifft nur solche Rechtsgemeinschaften, bei denen die mehreren Mitberechtigten selbst noch als Träger und Ausübende der aus der Mitgliedschaft fließenden Rechte angesehen werden können. Die gesamthänderische Verbundenheit der Mitberechtigten als solche dagegen ist weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung dafür, daß eine Rechtsgemeinschaft § 18 unterfällt: Einerseits gelten nach allgemeiner Meinung i. S. von § 18 auch Bruchteilsgemeinschaften als Mitberechtigungen (Rdn. 4). Andererseits unterfallen bestimmte Formen der Gesamthand (oHG, KG, nichtrechtsfähiger Verein) der Vorschrift nicht, weil sich die Strukturen dieser Rechtsgemeinschaften weitgehend der juristischen Person angenähert haben, — so weitgehend, daß die Rechtsträgerschaft des einzelnen Mitberechtigten hinter dem nach außen als Einheit erscheinenden Sondervermögen verschwindet. Daß die nach § 18 Mitberechtigten als Gesellschafter der GmbH anzusehen sind, entspricht der herrschenden Ansicht (Voraufl. § 18, Einl.; Schol^ 8; Brodmann 1; Töteberg wie § 15 vor 3, S. 40, FN 10). Von praktischer Bedeutung ist die Frage insbesondere bei der Auseinandersetzung im Hinblick auf § 17 Abs. 3 (§ 17,16). — Da die Mitberechtigten als Gesellschafter gelten, sind sie einzeln in der Gesellschafterliste (§ 40) aufzuführen (Schol^ 8). 5. Juristische Personen und ähnliche Verbände
10
a) Juristische Personen Auf juristische Personen (GmbH, AG, rechtsfähige Vereine, Stiftungen des privaten und öffentlichen Rechts) findet § 18 keine Anwendung. Sie besitzen eigene Rechtspersönlichkeit. Ihre Mitglieder sind an dem Geschäftsanteil, der sich im Vermögen der juristischen Person befindet, nicht mitberechtigt. Gesellschafter ist nur die juristische Person. (124)
Mitberechtigung am Geschäftsanteil (Schilling/Zutt)
§ 18
b) Personenhandelsgesellschaften Aber auch auf die Personengesellschaften des Handelsrechts, oHG und KG, ist 11 § 18 nicht anwendbar. Sie gelten als ein Gesellschafter {Scholz 4; Scholz-Fischer 2; Vogel 1 ; Baumbach-Hueck 1 ; vgl. auch Bar% GroßkommAktG § 69, 2; Lutter Kölner KommAktG § 69, 7). Die Personengesellschaften des Handelsrechts sind gegenüber ihren Mitgliedern weitgehend verselbständigt. Sie sind Zwischenstufen zur juristischen Person (R. Fischer GroßkommHGB § 105, 8). Mögen auch bei oHG und KG, ebenso wie bei der GbR, Träger des Gesellschaftsvermögens die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit sein, so zeigt sich der Unterschied doch gerade in der Tatsache, daß oHG und KG nach § 124 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben können (zur rechtlichen Einordnung von oHG und KG vgl. weiter die bei Fischer aaO und Hohner 715, FN 2 u. 3 zitierten Nachweise). Die Gesellschafter einer oHG oder einer KG sind also nicht „Mitberechtigte" im Sinn von § 18 Abs. 1. Demgemäß gelten sie auch nicht selbst als GmbH-Gesellschafter. Dies ist von Bedeutung, z. B. für Abtretungsbeschränkungen gemäß § 15 Abs. 5, wo in den meisten Fällen Abtretungen an Gesellschafter privilegiert werden, und ebenso für § 17 Abs. 3. — Steuerrechtlich ist die Frage u. U. anders zu beantworten (vgl. zu der Kontroverse über die Auslegung von § 9 Abs. 1 KStG, § 102 Abs. 1 BewG: Schwichtenberg BB 1974 Beilage 4; Schulze-Osterloh DStR 1974 651 m. w. N.). Auf die ^ivilrechtliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögens kann es dabei nicht ankommen (zutr. Schulze-Osterloh aaO 654). c) Nichtrechtsfähige Vereine Ebensowenig ist § 18 auf den nichtrechtsfähigen Verein (§54 BGB) anzuwenden 12 {Lutter GroßkommAktG § 69, 6). Obwohl § 54 BGB auf die Vorschriften über die Gesellschaft verweist, gilt für die Organisation des nichtrechtsfähigen Vereins im wesentlichen Vereinsrecht. Es fehlt zwar die eigene Rechtspersönlichkeit. Doch ist auch der nichtrechtsfähige Verein durch seine körperschaftliche Struktur geprägt. Vom Bestand seiner Mitglieder ist er weitgehend unabhängig (s. die Kommentare zu § 54 BGB). Nach außen handeln nur die Vereinsorgane. 6. Anmeldung Auch die Mitberechtigung gemäß § 18 gilt, soweit sie durch Singularsukzes- 13 sion entsteht, gegenüber der Gesellschaft nur, wenn sie gemäß § 16 angemeldet ist. Auf die Erläuterungen zu § 16 ist zu verweisen. Die Gesamtrechtsnachfolge unterfällt § 16 nicht; daher macht der Erbfall eine Anmeldung durch die Erbengemeinschaft nicht erforderlich, sofern die Satzung nichts anderes vorsieht. Die Anmeldung seitens der Rechtsgemeinschaft hat gemäß Abs. 1 zu erfolgen, also gemeinschaftlich oder durch einen gemeinsamen Vertreter. Die Annahme der Anmeldung (§ 16, 17) seitens der Gesellschaft kann, gemäß Abs. 3, wirksam auch gegenüber einem einzelnen Mitberechtigten erklärt werden, sofern ein gemeinschaftlicher Vertreter nicht vorhanden ist. Wird, zu Unrecht, ein einzelner Mitberechtigter als alleiniger Erwerber angemeldet, so gilt nur er als Gesellschafter; § 18 kann insoweit keine Anwendung finden (§ 16, 42). 7. Beendigung der Mitberechtigung Die Mitberechtigung im Sinn von § 18 besteht solange, wie die Rechtsgemein- 14 schaft am Geschäftsanteil als solche besteht. Sie endet also nicht schon durch die (125)
§18
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Kündigung der Gesellschaft, die Beendigung der Gütergemeinschaft, die Forderung auf Auseinandersetzung, sondern erst mit der Durchführung der Auseinandersetzung (§§ 752ff., 1474ff., 2042ff. BGB). Zur Auseinandersetzung über einen Geschäftsanteil s. Anhang § 15,101 f. Der Gesellschaft gegenüber gilt die Gemeinschaft als fortbestehend, bis ihre Beendigung gemäß § 16 ordnungsgemäß angemeldet ist. Eine Anmeldung ist auch dann notwendig, wenn sich die Beendigung der Gemeinschaft durch Anwachsung vollzieht (§ 16, 3). II. Gemeinschaftliche Rechtsausübung (Abs. 1) 1. Allgemeines 15
Die Mitberechtigten können die Rechte aus dem Geschäftsanteil gegenüber der Gesellschaft nur gemeinschaftlich ausüben, d. h. entweder durch übereinstimmende Mitwirkung aller Mitberechtigter oder durch Handeln eines gemeinsamen Vertreters (BGHZ 49 183,191). § 69 AktG, und ihm folgend § 56 Abs. 1 RegE, sehen nur noch die zweite Alternative — Handeln durch einen gemeinsamen Vertreter — vor. Nach § 18 ist aber das eine oder das andere zulässig, sofern nicht, nach den für die jeweilige Rechtsgemeinschaft geltenden Bestimmungen, überhaupt nur ein Handeln durch einen Vertreter in Betracht kommt (Rdn. 23). — Möglich ist es, die Ausübung von Rechten aus einem Geschäftsanteil, der der Rechtsgemeinschaft (noch) nicht gehört, schuldrechtlich der gemeinschaftlichen Verwaltung zu unterstellen (BGH LM Nr. 3 zu § 18 = LM Nr. 21 zu § 705 BGB = BB 1969 735). 16 § 18 Abs. 1 betrifft nur die Ausübung von Rechten gegenüber der Gesellschaft. Die Vorschrift greift in das Rechtsverhältnis zwischen den Mitberechtigten, in die Rechtsgemeinschaft selbst, nicht ein (Rdn. 3). Sie will nur verhindern, daß die Mitberechtigten ihr Recht in unterschiedlicher Weise ausüben; sie will die Gesellschaft vor Streitigkeiten unter den Mitberechtigten schützen (BGHZ 49 183, 191; Wiedemen GmbH-Rdsch. 1969 247, 249; Scholz 1 1 > Sudhoff 301). Auch für die Rechtsbeziehungen zwischen den Mitberechtigten und anderen Gesellschaftern (z. B. bei der Ausübung von Vorkaufsrechten etc.) gilt die Bestimmung nicht. — Die Gesellschaft muß die Bestimmung ebenso beachten wie die Mitberechtigten. Sie kann also, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht (Rdn. 17), nicht nach Belieben auf ihre Einhaltung verzichten. 2. Abs. 1 nicht zwingend 17
Die Gesellschafter sind in der Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse grundsätzlich frei (§ 45, 3). Soweit sie die Vertretung und die Stimmabgabe einzelner Gesellschafter abweichend vom Gesetz regeln können (§ 47, 10 u. 37), können sie dies auch hinsichtlich der Ktchtsausübung aus Geschäftsanteilen tun, die mehreren Mitberechtigten zustehen. Insbesondere kann der Gesellschaftsvertrag (entsprechend § 69 AktG) die unmittelbare gemeinschaftliche Rechtsausübung völlig ausschließen, also in jedem Fall die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters verlangen, und z. B. bis dahin das Stimmrecht aus dem betreffenden Geschäftsanteil ruhen lassen. Ebenso zulässig ist es, besondere Regelungen für die Person eines gemeinsamen Vertreters zu treffen (z. B. daß gemeinsamer Vertreter nur einer der Mitberechtigten sein kann). Dagegen kann die Satzung nicht in die Willensbildung innerhalb der Rechtsgemeinschaft eingreifen (zutr. Wiedemann GmbH-Rdsch. 1969 250). So wäre eine Satzungs(126)
Mitberechtigung am Geschäftsanteil (Schilling/Zutt)
§ 18
Vorschrift, wonach Beschlüsse der Mitberechtigten stets nur einstimmig gefaßt werden können, unwirksam; desgleichen eine Bestimmung, wonach der jeweilige Vertreter uneingeschränkte Vollmacht besitzt. Zulässig wäre es dagegen, den gemeinsamen Vertreter, sofern er von den Mitberechtigten nur eingeschränkt bevollmächtigt ist, von der Ausübung des Stimmrechts oder sonstiger Gesellschafterrechte ganz auszuschließen. Ist in der Satzung vorgesehen, daß die Vertretung nur durch einen der Mitberechtigten erfolgen kann, so kann zwar ein Testamentsvollstrecker die Rechte aus dem Geschäftsanteil gegenüber der Gesellschaft nicht selbst ausüben. Doch ändert dies nichts an der erbrechtlichen Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers : Der im Statut zugelassene Vertreter bleibt vielmehr im Innenverhältnis von den Weisungen des Testamentvollstreckers abhängig (vgl. Rdn. 23; zur Testamentsvollstreckung s. auch Anh. § 15,119). 3. Rechte „aus dem Geschäftsanteil" Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 betrifft in erster Linie die Ausübung der Mit- 18 verwaltungsrechte, also des Stimmrechts, des Rechtes zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen, der Befugnis zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen und zur Stellung von Anträgen etc. Sie gilt auch für Sonderrechte, die die Satzung gewährt (§ 14,9f.), wie z. B. das Recht auf Bestellung von Geschäftsführern, und für unverzichtbare Rechte des einzelnen Gesellschafters (§ 14, 14), z. B. auf Auskunft, Einsicht in Geschäftsbücher, Austritt. Alle diese Rechte können nur gemeinschaftlich oder durch einen Vertreter ausgeübt werden (zum Teilnahmerecht s. Rdn. 19). In gleicher Weise können aber auch die vermögensrechtlichen Leistungen nur gemeinschaftlich beansprucht werden, wie z. B. Auszahlung des Gewinnanteils oder des Auseinandersetzungsguthabens {Scholz ^ > Baumbach-Hueck 2; wegen der Erbringung solcher Leistungen an einzelne Mitberechtigte vgl. Rdn. 31). Zahlungen, die der Gesellschaft geschuldet werden, kann jeder Mitberechtigte leisten. Das ergibt sich schon aus der Gesamtschuld (Abs. 2). — Abs. 1 gilt, zumindesten entsprechend, auch für Rechtshandlungen und Rechtstatsachen, wie sie in § 425 BGB angeführt sind. § 425 BGB kommt gegenüber der Gesellschaft in keinem Fall in Betracht, da sich aus der Rechtsnatur der Beteiligung „ein anderes ergibt". 4. Unmittelbare Rechtsausübung Die unmittelbare gemeinschaftliche Rechtsausübung sieht nach § 18 Abs. 1 die 19 Mitwirkung aller Mitberechtigter vor. Jeder Mitberechtigte hat das Recht, an Gesellschafterversammlungen und -beschlüssen teilzunehmen; sonst wäre die gemeinschaftliche Rechtsausübung ohne Bestellung eines Vertreters, entgegen § 18 Abs. 1, unmöglich. Zum Stimmrechtsausschluß einzelner Mitberechtigter s. § 47, 50. Können sich die Mitberechtigten nicht einigen, so gilt eine Erklärung der 20 Rechtsgemeinschaft als nicht abgegeben. Die Bestimmungen, wonach Verwaltungsmaßnahmen in den verschiedenen Rechtsgemeinschaften durch die Mehrheit beschlossen werden können (§ § 744—46,2038 BGB), betreffen nur das Innenverhältnis. Es ist umstritten, ob die Mehrheit der Mitberechtigten einen mit ihren Stimmen gefaßten Beschluß stets oder nur in bestimmten Fällen auch selbst in die Tat umsetzen kann (vgl. dazu einerseits BGHZ 49 183ff., andererseits BGHZ 56 47ff.; BGH LM Nr. 1 zu § 2038 BGB und die Kommentare zu §§ 744—46 BGB). Diese Streitfrage ist indessen bei der Ausübung von Rechten gegenüber der Gesellschaft ohne Bedeutung. Auch dort, wo nach allgemeinen Bestimmungen die Mehrheit der Mit(127)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
berechtigten oder auch einzelne Mitberechtigte nach außen mit Wirkung für die Gemeinschaft handeln können, ist dies im Rahmen von § 18 Abs. 1 gegenüber der Gesellschaft nicht möglich. Die Vorschrift geht insoweit als die speziellere Regelung vor. Anders wäre der eigentliche Zweck des § 18 — Rechtsicherheit für die Gesellschaft — verfehlt; die Gesellschaft müßte in jedem Einzelfall nachprüfen, ob die Mehrheit oder der einzelne Mitberechtigte befugtermaßen für die Gemeinschaft auftritt (ebenso Schol^ 6; Brodmann 2; a. A. Wiedemann 249; B G H 2 48 181, wo die von der Mehrheit beschlossene und durchgeführte Beauftragung eines Vertreters aufgrund der konkreten Sachlage als „Not- und Eilfall" auch gegenüber der GmbH für wirksam gehalten wurde). 21 Die Gesellschaft ist also nicht verpflichtet (und nicht berechtigt), einen Mehrheitsbeschluß von Mitberechtigten in einer Gesellschafterversammlung als Stimmabgabe der Rechtsgemeinschaft anzuerkennen, es sei denn, daß alle Mitberechtigte (also auch die Minderheit) den Mehrheitsbeschluß als Votum der Rechtsgemeinschaft akzeptieren; denn in einer solchen Anerkennung des Mehrheitsvotums liegt eine ausreichende Legitimation seitens aller Mitberechtigten. Entsprechendes gilt, wenn ein Mitberechtigter erklärt, gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 oder § 744 Abs. 2 BGB allein handeln zu können. Auch hier geht § 18 Abs. 1 vor: Die Rechtshandlung ist nicht wirksam, wenn nicht das Einverständnis der anderen Mitberechtigten vorliegt (oder durch Urteil ersetzt ist). 22 Die von einem Mitberechtigten allein, ohne Vollmacht oder gesetzliche Befugnis abgegebene Erklärung ist unwirksam. Sie kann aber durch nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirksam werden. Die Genehmigung macht die Erklärung von Anfang an wirksam, § 184 Abs. 1 BGB (Schol% 6; Sudhoff 300). Bei der vollmachtslosen Stimmabgabe gelten §§ 180, 174 BGB; s. § 45, 9. 5. Gemeinsame Vertretung 23
Die Mitberechtigten können, statt ihre Rechte unmittelbar gemeinschaftlich auszuüben, einen gemeinsamen Vertreter bestellen. Er muß nicht selbst ein Mitberechtigter sein, wenn die Satzung dies nicht vorschreibt (Rdn. 17). Einen Anspruch auf Bestellung eines Vertreters hat die Gesellschaft nicht; auch insoweit kann die Satzung aber etwas anderes vorsehen. Die Bestellung erfolgt nach den für die jeweilige Rechtsgemeinschaft geltenden Bestimmungen (Rdn. 16). Sind die Mitberechtigten allgemein von der Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens ausgeschlossen, so gilt dies auch hier. Freilich muß der gemeinsame Vertreter, wenn seine Legitimation sich nicht aus dem Gesetz ergibt, gegenüber der Gesellschaft von sämtlichen Mitberechtigten bevollmächtigt sein. Haben also die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Geschäftsführung und Vertretung im Gesellschaftsvertrag einem Gesellschafter überlassen, so ist dieser ohne weiteres im Sinn von § 18 „gemeinsamer Vertreter" für die Ausübung der Rechte aus einem der Gesellschaft gehörenden Geschäftsanteil. Seine Vollmacht ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag. Ist eine Verwaltungstestamentsvollstreckung oder eine Nachlaßverwaltung angeordnet, so übt der Testamentsvollstrecker oder der Nachlaßverwalter die Rechte aus dem im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteil aus. Das Testamentsvollstreckerzeugnis bzw. die Bestallung legitimieren ausreichend. Die Miterben können in solchen Fällen für den im Nachlaß befindlichen Geschäftsanteil keinen besonderen Vertreter bestellen (Scholz 6; Baumbach-Hueck 3; Lutter Kölner KommAktG, § 69, 7). Stellt die Satzung Voraussetzungen an die Person des Vertreters, die der Testamentsvollstrecker nicht erfüllt, so kann der Vollstrecker einen (128)
Mitberechtigung am Geschäftsanteil (Schilüng/Zutt)
§18
solchen Vertreter bestellen (nicht etwa die Erbengemeinschaft; vgl. auch Rdn. 17). Zur Verwaltung eines im Gesamtgut der ehelichen Gütergemeinschaft befindlichen Geschäftsanteils ist der im Ehevertrag bestimmte Ehegatte berechtigt (§ 1421 BGB); auch daran ändert § 18 Abs. 1 nichts (Scholz 5; Baumbach-Hueck 1; Haegele GmbHRdsch. 1968 98). Bei gemeinschaftlicher Verwaltung durch beide Eheleute dagegen gilt die Bestimmung. Die Bestellung eines gemeinschaftlichen Vertreters durch letztwillige Verfügung ist nur zulässig, soweit es nach erbrechtlichen Vorschriften möglich ist, den Willen der Miterben zu binden. Wird also z. B. die „Vertretung" eines an mehrere Begünstigte vermachten Geschäftsanteils durch Testament einem dieser Begünstigten oder einem Dritten überlassen, so kann darin — sofern nicht die Anordnung einer Testamentsvollstreckung, ein Vermächtnis oder eine Auflage vorliegt — allenfalls eine Vollmacht über den Tod hinaus gesehen werden (die von den Erben jederzeit widerrufen werden kann). Steht ein Geschäftsanteil mehreren Minderjährigen zu, so werden sie selbstverständlich durch ihre gesetzlichen Vertreter (Eltern, Vormund) repräsentiert. Die Form der Bestellung richtet sich nach den für die jeweilige Rechtsgemein- 24 Schaft geltenden Bestimmungen. Grundsätzlich kann die Bevollmächtigung formlos erfolgen (Vogel 2). Eine Generalvollmacht genügt; unnötig ist also eine speziell für die Ausübung der Gesellschafterrechte ausgestellte Vollmacht. Soweit es sich um eine Stimmrechtsvollmacht handelt, ist allerdings § 47 Abs. 3 zu beachten (vgl. § 47, 34ff.). Einer besonderen Anzeige des gemeinsamen Vertreters oder gar einer Anmeldung (analog § 16) bedarf es nicht. Abgesehen von § 47 Abs. 3 gelten vielmehr auch gegenüber der Gesellschaft die allgemeinen Bestimmungen über Vollmachten (Brodmann 4; Vogel 5; Baumbach-Hueck 4; a. A. Vorauf!. 28; Schöltj 14; Sudhoff, GmbH 300; Feine 400; vgl. auch Rdn. 28). Eine zeitliche oder gegenständliche Beschränkung der Vollmacht (etwa für eine Gesellschafterversammlung oder für einen bestimmten Beschluß) ist zulässig, sofern die Satzung nichts anderes bestimmt (Rdn. 17). Unter der gleichen Voraussetzung kann jede (natürliche oder juristische) Person Vertreter sein. Zulässig ist auch eine Gesamtvertretung (Lutter Kölner KommAktG § 69, 16). Für den Widerruf der Befugnis, als gemeinsamer Vertreter zu handeln, und ebenso für die Frage, wann der Gesellschaft gegenüber ein gemeinsamer Vertreter als nicht mehr vertretungsberechtigt gilt, sind ebenfalls die allgemeinen Bestimmungen maßgebend, soweit nicht § 18 Abs. 1 im Verhältnis zur Gesellschaft entgegensteht. Wiedemann aaO 251 ist recht zu geben, daß bei der Erbengemeinschaft auch die Abberufung des gemeinsamen Vertreters nur durch Beschluß der Gemeinschaft (also nach § 2038 BGB), nicht durch jeden einzelnen Miterben, erfolgen kann (a. A. BGHZ 30 391, 396ff.). Der Gesellschaft gegenüber ist der Widerruf durch sämtliche Mitberechtigte zu erklären.
m . Haftung der Mitberechtigten (Abs. 2) 1. Verpflichtungen Für die auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen haften die Mit- 25 berechtigten „solidarisch", also gesamtschuldnerisch im Sinn von § 421 BGB. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören alle Verpflichtungen, die ein Gesellschafter als solcher schuldet (vgl. § 16 Abs. 3). Es zählen hierzu die Verpflichtung zur Leistung der Einlage (§§ 19ff.), Gewährleistungsverpflichtungen aus ungehöriger oder verspäteter Einlage, die Haftung für den Ausfall bei anderen Gesellschaftern (§24, § 31), (129)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
die Verpflichtung zur Zahlung von Nachschüssen (§§ 26ff.). NebenleistungsVerpflichtungen gemäß § 3 Abs. 2 zählen hierzu, es sei denn, daß es sich um persönliche Verpflichtungen des Rechtsvorgängers handelt (vgl. § 3, 89). Für Verpflichtungen, die nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsverhältnis fließen, gilt Abs. 2 nicht. Es bewendet hier bei den allgemeinen Haftungsbestimmungen der betreffenden Rechtsgemeinschaft. 2. Gesamtschuld 26
Die Bestimmung des Abs. 2 geht anderen Haftungsvorschriften der Rechtsgemeinschaften vor. Sie ist zwingend, soweit es sich um die Verpflichtungen zur Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals handelt. Hier kann die Gesamtschuld aller Mitberechtigten auch in der Satzung nicht wirksam abbedungen werden (Seholz 9). Für andere Verpflichtungen ist eine abweichende Regelung zulässig. Bei der GbR entspricht § 18 Abs. 2 der ohnehin geltenden Regelung (§§ 718, 420ff. BGB). Aber auch der innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft zu ideellen Bruchteilen Mitberechtigte haftet für die Schulden, die aus der Mitgliedschaft fließen, in jedem Fall gesamtschuldnerisch (Scholz 9; Baumbach-Hueck 3). § 420 BGB gilt nicht. Bei der Erbengemeinschaft ist die gesamtschuldnerische Haftung ebenfalls bereits nach § 2058 BGB gegeben. Auf die beschränkte Erbenhaftung können sich die Erben nicht berufen; s. Anhang § 15,103; a. A. Vorauf!. 22; ebenso Scholz 9, der allerdings die Verpflichtungen nach §§21, 28 von der Haftungsbeschränkung ausnimmt. Eine anteilsmäßige Haftung gemäß §§ 2060, 2061 BGB kann nicht eintreten. Nach der Teilung des Nachlasses (Rdn. 14) haftet der Erwerber des Geschäftsanteils für später fällig werdende Leistungen allein, für rückständige Leistungen gesamtschuldnerisch mit den Miterben, §§16 Abs. 3, 18 Abs. 2 (ebenso Scholz 9; vgl. Rdn. 27). 3. Haftung nach Ausscheiden aus der Gemeinschaft
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Scheidet ein Mitberechtigter aus der Rechtsgemeinschaft aus, so bleibt seine Haftung im Rahmen des § 16 Abs. 3 für Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft neben den anderen Mitberechtigten bestehen. Er haftet also weiterhin gesamtschuldnerisch für die bei seinem Ausscheiden (d. h. in den Fällen des § 16 Abs. 1 bei der Anmeldung seines Ausscheidens) rückständigen Leistungen. Auf die Erl. zu § 16 (Rdn. 36—39) wird verwiesen. Ob er Ausgleichsansprüche gegen den Erwerber und/oder die übrigen Mitberechtigten besitzt, hängt vom Innenverhältnis ab. Der Erwerber tritt in die Verpflichtungen ein, so wie sie im Zeitpunkt des Erwerbs (bzw. seiner Anmeldung) bestehen (§ 16, 28—32).
IV. Rechtshandlungen der Gesellschaft (Abs. 3) 1. Allgemeines 28
Rechtshandlungen, die die Gesellschaft gegenüber dem Inhaber eines Geschäftsanteils vorzunehmen hat, sind gegenüber einer Rechtsgemeinschaft wirksam, wenn sie auch nur gegenüber einem — durch Anmeldung (§16; vgl. Rdn. 13 u. Scholl£ 12) oder sonst legitimierten — Mitberechtigten vorgenommen werden. Diese Bestimmung soll der Gesellschaft den Rechtsverkehr mit den Mitgliedern der (130)
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§18
Rechtsgemeinschaft erleichtern; sie entspricht einem Grundsatz, der überall angewendet wird, wo mehrere gemeinschaftliche Rechtsträger im Verkehr auftreten (vgl. § 35 Abs. 2 S. 3; § 28 Abs. 2; § 1450 Abs. 2 BGB; §§69 Abs. 3, 78 Abs. 2 S. 2 AktG; § 125 Abs. 2 S. 3 HGB usw.). Die Bestimmung gilt jedoch nur, wenn kein gemeinsamer Vertreter (Rdn. 23) vorhanden ist. Ob das Vorhandensein eines gemeinsamen Vertreters der Gesellschaft gegenüber gilt, richtet sich nach Abs. 1 und den allgemeinen Vorschriften (§§ 164ff.; 2368 BGB etc.). Sobald die Gesellschaft in einer Weise von der Bestellung des Vertreters Kenntnis erhalten hat, daß sie Rechtshandlungen ihm gegenüber vornehmen kann, ist es ihr nicht mehr gestattet, sich auf § 18 Abs. 3 zu berufen. Eine Anmeldung des Vertreters entsprechend § 16 kann also nicht verlangt werden (Rdn. 24). Bei einer Gesamtvertretung (Rdn. 24 a. E.) gilt § 18 Abs. 3 zwar nicht unmittelbar. Auch hier kann sich die Gesellschaft aber auf den allgemeinen Rechtsgedanken berufen, wonach jeder gemeinschaftlich zur Rechtsausübung Befugte für die Entgegennahme von Rechtshandlungen allein legitimiert ist. Sofern dies nach den für die betreffende Vertretung geltenden Bestimmungen 29 zulässig ist, kann die Gesellschaft bei Bestehen einer gemeinsamen Vertretung allerdings stattdessen auch die Rechtshandlung gegenüber allen Mitberechtigten vornehmen. Naturgemäß gilt dies nicht, wenn die Mitberechtigten nur durch ihren Vertreter handeln können, so z. B. wenn es sich um Minderjährige handelt (Schölt^ 14). Bei der Testamentsvollstreckung vgl. §§ 2211, 2213 BGB. — Die Vorschrift des Abs. 3 kann in der Satzung abbedungen werden. 2. Rechtshandlungen Bei den in § 18 Abs. 3 angesprochenen „Rechtshandlungen" handelt es sich um 30 Aufforderungen zur Zahlung, Mahnungen, Einladungen zu Gesellschafterversammlungen, Kündigungen, etc., soweit sie sämtliche Mitberechtigte betreffen. Die Klage gegen einen Mitberechtigten ist zulässig und hat Rechtskraft gegenüber allen. Daraus folgt, daß unter den mehreren Mitberechtigten notwendige Streitgenossenschaft ( § 6 2 ZPO) besteht. Selbstverständlich muß die dem einen Mitberechtigten gegenüber erfolgende Willenserklärung wirksam sein. Ist das nicht der Fall, etwa weil dieser geschäftsunfähig ist, so tritt auch für die anderen keine Wirkung ein. Die Mahnung gegenüber einem Mitberechtigten wegen ausstehender Leistun- 31 gen setzt alle in Verzug. Im Kaduzierungsverfahren (§ 21) kann die Gesellschaft die einzelnen Rechtshandlungen, die der Kaduzierung vorausgehen müssen, gegenüber verschiedenen Mitberechtigten — jeweils mit Wirkung für alle — vornehmen; doch kann dies rechtsmißbräuchlich sein, wenn die Gesellschaft die Adressaten willkürlich wechselt (Schol\ 13; Brodmann 4). Die Unterbrechung der Verjährung gegenüber einem Mitberechtigten wirkt gegenüber allen (Schol^ 14; Baumbach-Hueck 4). § 425 BGB gilt insoweit nicht. — Nach allgemeiner Ansicht unterfallen aber Zahlungen der Gesellschaft nicht der Bestimmung des Abs. 3, können also nur an sämtliche Mitberechtigte geleistet werden (vgl. § 432 BGB; Scholz 13; Scholz-Fischer 4; Baumbach-Hueck 4). Das gleiche gilt für den Abschluß von Verträgen zwischen der Gesellschaft und den Mitberechtigten. Ebenso wirkt Kenntnis oder schlechter Glaube eines Mitberechtigten (z. B. 32 bei § 32) gegen alle Mitberechtigte (Baumbach-Hueck 2; Vogel 6). Gehört jemand zwei Rechtsgemeinschaften an, so muß die Gesellschaft bei Vornahme der Rechtshandlung, wenn sie gegenüber beiden wirken soll, erkennen lassen, daß er in beiden Eigenschaften angesprochen ist (BGHZ 49 189). (131)
§ 18
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter 3. Besonderheiten beim Erbfall
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Hinterläßt ein Gesellschafter mehrere Erben, so gilt Abs. 3 Satz 1 nur für solche Rechtshandlungen der Gesellschaft (Rdn. 30), die „nach Ablauf eines Monats seit dem Anfalle der Erbschaft" vorgenommen werden. Die Monatsfrist beginnt, nach richtiger Ansicht, mit dem Tod des Gesellschafters (Schob.i 15; Scholz-Fischer 4; Vogel 5; offenbar a. A. Brodmann 5). Der Wortlaut des Satzes 2 entspricht § 1942 Abs. 1 BGB. Würde die Monatsfrist dann, wenn der zunächst berufene Erbe ausschlägt, für den dann als Erbe Berufenen erst mit der Ausschlagung beginnen, so könnte dies zu Unklarheiten führen, die dem Zweck der Vorschrift zuwiderlaufen. Insbesondere würde dann die Monatsfrist u. U. für die einzelnen Erben verschieden beginnen. Daß Rechtsgeschäfte dem Erben gegenüber schon vor der Annahme vorgenommen werden können, und von einer danach erklärten Ausschlagung unberührt bleiben, entspricht allgemeinem Erbrecht (§ 1959 Abs. 3 BGB; vgl. allerdings auch § 1958 BGB). Bei Eintritt der Nacherbfolge gilt, gemäß § 2139 BGB, Entsprechendes: Hier beginnt für den Nacherben die Frist mit Eintritt des Nacherbfalles, unbeschadet seines Rechts zur Ausschlagung. Vor Ablauf der Monatsfrist ist eine Rechtshandlung der Gesellschaft, die nicht allen Miterben gegenüber erfolgt, unwirksam. Haben die Erben schon vor der Monatsfrist einen gemeinsamen Vertreter bestellt, so können (oder müssen, vgl. Rdn. 29) die Rechtshandlungen ihm gegenüber abgegeben werden (Lutter Kölner KommAktG, § 69, 27). 4. Mehrere Erben des Einmanngesellschafters
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Zur Einmanngesellschaft allgemein s. § 13 Anh. I. — § 18 gilt auch dann, wenn alle Geschäftsanteile einer GmbH durch den Tod des Einmanngesellschafters auf mehrere Miterben übergehen. Für das Innenverhältnis zwischen den Miterben gelten die §§ 2032ff. BGB. Die andere Ansicht Wiedemanns (GmbH-Rdsch. 1969 247, 252), der unter den Miterben des Einmanngesellschafters weitgehend §§ 45 ff. GmbHG anwenden will (ähnlich für das Handelsunternehmen eines Einzelkaufmanns : BGHZ 17 299), findet im Gesetz keine Stütze und wird auch den Besonderheiten der Erbengemeinschaft nicht gerecht. In der Regel werden für das Verhältnis der Miterben untereinander die Bestimmungen der §§ 744ff., 2038ff.BGB geeignetere Normen sein als die §§45 ff. GmbHG oder eine auf den Einmanngesellschafter zugeschnittene (oder aber obsolete) Satzung. Gegen eine Kollusion zwischen der Geschäftsführung und einem Miterben, die — über § 18 Abs. 3 — dazu führen könnte, die Zusammensetzung der Gesellschafterversammlung zu manipulieren (so die Befürchtung Wiedemanns aaO 253), schützt § 18 Abs. 1: Der Gesellschaft gegenüber müssen sämtliche Mitberechtigte handeln (Rdn. 19). Dadurch kann zwar andererseits die Gefahr entstehen, daß eine Einflußnahme der Erbengemeinschaft auf die Geschicke der Gesellschaft von einem einzelnen Miterben blockiert wird. Diese Gefahr wiegt aber angesichts der Tatsache, daß eine Erbengemeinschaft in aller Regel nur auf Zeit angelegt ist, nicht zu schwer, zumal in Eil- und Notfällen eine gerichtliche Entscheidung die fehlende Außenwirkung eines gemäß § 2038 BGB gefaßten Mehrheitsbeschlusses der Miterben ersetzen kann.
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Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
§19
§19 Die Einzahlungen auf die Stammeinlagen sind nach Verhältnis der letzteren zu leisten. Die Stammeinlagen können den Gesellschaftern außer dem Fall einer Herabsetzung des Stammkapitals weder erlassen noch gestundet werden. Eine Aufrechnung können die Gesellschafter nicht geltend machen; ebensowenig findet an dem Gegenstand einer nicht in Geld zu leistenden Einlage wegen Forderungen, welche sich nicht auf den Gegenstand beziehen, ein Zurückbehaltungsrecht statt. Eine Leistung auf die Stammeinlage, welche nicht in Geld besteht oder welche durch Aufrechnung einer für die Überlassung von Vermögensgegenständen zu gewährenden Vergütung bewirkt wird, befreit den Gesellschafter von seiner Verpflichtung nur, soweit sie in Ausführung einer nach § 5 Abs. 4 getroffenen Bestimmung erfolgt. Übersiebt Rdn.
Rdn.
1 3
b) Aufrechnung durch Gesellschafter 34 c) Aufrechnung durch die Gesellschaft aa) Allgemeines 36 bb) Vollwertige, fällige, liquide Gegenforderung 38 cc) Gefährdung der Einlageforderung 41 dd) Beweislast 42 d) Aufrechnungsvertrag 43 e) Kontokorrent 44 5. Zurückbehaltungsrecht 45
Einleitung Reform I. Das Prinzip der gleichmäßigen Heranziehung (Abs. 1) 1. Sachlicher Anwendungsbereich a) Geldeinlagen b) Gemischte Einlagen c) Kapitalerhöhung d) Sonstige Zahlungspflichten . . 2. Inhalt a) Grund und Höhe b) Leistungszeit c) Zahlungsunfähigkeit, Konkurs eines Gesellschafters 3. Abdingbarkeit von Abs. 1 . . . . 4. Einforderung der Einlagen . . . . II. Das Verbot der Schmälerung der Einlagen (Abs. 2) 1. Allgemeines a) Geld- und Sacheinlagen . . . . b) Geltung im Gründungs- und Liquidationsstadium c) Zwingende Natur 2. Erlaß a) Voraussetzungen, Arten . . . . b) Vergleich c) Kapitalherabsetzung 3. Stundung 4. Aufrechnung (Abs. 2 S. 2) a) Anwendungsbereich und Zweck des Verbots (133)
5 6 7 8 9 11 12 13 15
18 19 21 23 24 26 28 29
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HI. Das Verbot der Umgehung der Sacheinlagevorschriften (Abs. 3) 1. Uberblick über den Regelungsinhalt 47 2. Leistung an Erfüllungs Statt . . . 48 3. Aufrechnungsvoraussetzungen bei Sachübernahmen a) Allgemeines, Regelungszweck . 51 b) Fälle zulässiger Aufrechnung . . 54 c) Aufrechnungs- und Umgehungsverbot 56 d) Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen 61 IV. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Abs. 2 und 3
63
V. Abtretung, Pfändung und Verpfändung der Einlageforderung 1. Abtretung, Verpfändung 2. Pfändung
67 71
§ 19
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Schrifttum Siehe Angaben vor einzelnen Unterabschnitten. Einleitung
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§ 19 regelt die Aufbringung des Stammkapitals der Gesellschaft. Es handelt sich um eine der wichtigsten Vorschriften des Gesetzes, die im Zusammenhang zu sehen ist mit den sonstigen der Schaffung und Erhaltung des Stammkapitals dienenden Regelungen (vgl. namentlich §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1, ferner §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 2, 9, 20 ff., 30 ff.). Die Vorschrift gilt nicht nur für die Einlageverpflichtungen bei Gründung der GmbH, sondern auch für spätere Kapitalerhöhungen (Rdn. 7, 21) sowie im Konkurs und in der Liquidation der GmbH (Rdn. 16, 22, 34f. und 68). 2 Im einzelnen ist zu unterscheiden zwischen Abs. 1, der das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern betrifft, und dem die GmbH-Gläubiger schützenden Abs. 2 und 3. Absatz 1 regelt mit der Pflicht zu gleichmäßiger Heranziehung der Gesellschafter bei der Erbringung der Geldeinlagen das Innenverhältnis. Er ist Ausdruck des Gleichbehandlungsgrundsatzes und wie dieser dispositiv. Absatz 2 enthält den Kern der Regelungen zur Sicherung der Kapitalaufbringung. Er schließt im Interesse der Gläubiger nicht nur den Erlaß oder die Stundung der Einlageforderung aus und schränkt die Geltendmachung von Zurückbehaltüngsrechten an den Sacheinlagegegenständen ein, sondern er steht auch einer Aufrechnungserklärung der Gesellschafter gegenüber der Einlageforderung entgegen. Die Aufrechnung seitens der Gesellschaft ist nur unter eng begrenzten Voraussetzungen zulässig. Entsprechend der Gläubigerschutzfunktion ist die Vorschrift zwingend. Gleiches gilt für Absatz 3, der den Grundsatz der Kapitalaufbringung gegen die Gefahren absichert, die ihm aus einer Umgehung der Sacheinlagevorschriften (§§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1) und ihrer Kontrolle durch das Registergericht (§§ 10, 57) drohen. Reform 3
Die Regelungen der Absätze 1 und 2 sind in § 29 RegE GmbHG inhaltlich im wesentlichen unverändert übernommen. Die Neufassung von Abs. 1 in § 29 Abs. 1 RegE stellt entsprechend der schon heute einhelligen Ansicht (Rdn. 5) klar, daß die Gleichbehandlung bei der Kapitalaufbringung sich auf die Geldeinlagen beschränkt. § 29 Abs. 2 RegE enthält das inhaltlich unveränderte Verbot der Schuldbefreiung und der Aufrechnung durch die Gesellschafter sowie die Einschränkung bei der Geltendmachung von Zurückbehaltüngsrechten. Die Ausnahme für den Fall der Kapitalherabsetzung soll künftig nach dem Vorbild von § 66 Abs. 3 AktG in § 29 Abs. 3 RegE gesetzlich näher konkretisiert werden. 4 Eine deutliche Änderung gegenüber der Umgehungsvorschrift des Absatz 3 sieht der RegE in § 28 vor. Danach soll für das GmbH-Recht künftig das aus dem Aktienrecht (§ 52 AktG) bekannte Institut der Nachgründung übernommen werden. Im Unterschied zu § 52 AktG sollen Rechtsgeschäfte über Anlagen oder andere Vermögensgegenstände in den ersten zwei Jahren seit Eintragung der Gesellschaft freilich nur dann den Sachgründungsvorschriften unterstellt werden, wenn die Gegenleistung der Gesellschaft 25% des Stammkapitals (statt 10% bei der AG) übersteigt. Mit der vorgeschlagenen Neufassung würde namentlich auch die Behandlung der Fälle einer „verschleierten Sachgründung" (§ 5, 126ff.)erleichtert, (134)
Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
§ 19
in denen die Gesellschaft die Gegenleistung nicht durch Aufrechnung gegen die Einlageforderung erfüllt, sondern durch Rückzahlung der vom Gesellschafter zuvor geleisteten Geldeinlage. Fraglich bliebe angesichts des Verzichts des RegE auf ein Aufrechnungsverbot nach Art des § 19 Abs. 3 freilich einerseits die Behandlung der Fälle, in denen die Vergütung für die verschleierte Sacheinlage unter 25% des Stammkapitals bleibt, sowie andererseits diejenige der Umgehung der Vorschriften über die Sachkapitalerhöhung (§ 155 RegE). Die nur für das Gründungsstadium vorgesehene Nachgründungsvorschrift des § 28 RegE greift hier nicht ein. I. Das Prinzip der gleichmäßigen Heranziehung (Abs. 1) 1. Sachlicher Anwendungsbereich a) Geldeinlagen Die Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in § 19 Abs. 1 beschränkt sich 5 nach einhelliger Ansicht auf Geldeinlagen (Baumbach-Hueck 2 A, Scholz 1, Vogel 2, Feine S. 295). Das folgt schon aus der Verwendung des Begriffes „Einzahlungen". Es ergibt sich aber auch aus dem Erfordernis der vollständigen Leistung der Sacheinlagen vor Anmeldung der Gesellschaftsgründung (§ 7, 44), während für Geldeinlagen eine Einzahlung von nur 25% gefordert wird (§ 7 Abs. 2). Bei gemischten Sachgründungen ist zu unterscheiden. Im Verhältnis zwi- 6 sehen Sach- und Bareinlegern gilt die Vorschrift nicht. Aus der Vereinbarung von Sacheinlagen und deren Fälligkeit vor Anmeldung (Rdn. 5) kann nicht gefolgert werden, auch die Bareinleger hätten sich abweichend von § 7 Abs. 2 zu sofortiger Volleinzahlung verpflichtet. Dem unterschiedlichen Ausmaß der Beitragsleistung im Gründungsstadium läßt sich auch auf andere Weise — etwa durch einen modifizierten Gewinnverteilungsschlüssel — Rechnung tragen, wenn an alsbaldiger Volleinzahlung auch der Bareinlagen kein Interesse besteht. Anderes gilt, wenn einzelne Gesellschafter sich zur Erbringung gemischter Einlagen verpflichtet haben. Hier unterfällt der die Barleistung betreffende Einlagenteil der Vorschrift des § 19 Abs. 1, während die Sachleistung sofort zu erbringen ist. Maßstab für die Berechnung der Einzahlungsquote des zur gemischten Einlage verpflichteten Gründers ist dabei nicht die gesamte von ihm gezeichnete Stammeinlage, sondern nur der auf die Geldeinlage entfallende Teil {Baumbach-Hueck 2A, Brodmann lb, Schölt^ 2; zur Bemessung der Mindesteinzahlung bei gemischten Einlagen vgl. demgegenüber § 7, 25); der Einzahlungspflichtige kann sich demgemäß nicht auf die Vorleistung im Rahmen der Sacheinlage berufen. b) Kapitalerhöhung Die Geltung von § 19 Abs. 1 ist nicht auf die Gründung beschränkt. Sie erfaßt ^ alle Einzahlungsverpflichtungen, auch solche aus späteren Kapitalerhöhungen (einhell. Meinung, vgl. RGZ 62 425,426f., RG JW1938 1400, Baumbacb-Hueck 1A, Schol^ 1 und 6). Einer besonderen Verweisung hierauf in § 55 bedarf es wegen des uneingeschränkten Wortlauts in § 19 Abs. 1 nicht. Fraglich ist, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Verhältnis zwischen alten und neugeschaffenen Stammeinlagen gilt (so Brodmann l d , Schol^ 6) oder ob im Grundsatz von der Pflicht zur Voreinzahlung der älteren Stammeinlagen auszugehen ist (Vorauf!. 6, Feine S. 296). Der erstgenannten Ansicht ist zuzustimmen. § 19 Abs. 1 sieht eine Unterscheidung zwischen alten und neuen Einlagen nicht vor. Die gleichmäßige (135)
§ 19
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Heranziehung ist vor allem dann veranlaßt, wenn die aus der Kapitalerhöhung folgenden Stammeinlagen von neu beitretenden Gesellschaftern gezeichnet sind. Werden die neuen Stammeinlagen dagegen von den bisherigen Gesellschaftern übernommen, so liegt jedenfalls bei unverändertem Beteiligungsverhältnis die Auslegung nahe, daß eine über den Mindestbetrag (§ 57 Abs. 2 i. V. m. § 7 Abs. 2) hinausgehende Einzahlung auf die Kapitalerhöhung erst erfolgen soll, wenn die früheren Einlagen voll erbracht sind. Abweichende Vereinbarungen sind freilich auch hier nicht ausgeschlossen (Rdn. 13).
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c) Sonstige Zahlungspflichten Auf sonstige Zahlungspflichten der Gesellschafter ist § 19 Abs. 1 nur insoweit anwendbar, als sie nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag alle Gesellschafter grundsätzlich gleichmäßig treffen sollen. Das ist der Fall bei Nachschußpflichten (§ 26 Abs. 2) und bei der subsidiären Ausfallhaftung des § 24, nicht dagegen bei Zins- und Vertragsstrafezahlungen (§ 20) und regelmäßig auch nicht bei Nebenleistungen im Sinne von § 3 Abs. 2 (Baumbacb-Hueck 1A). Der nach § 21 ausgeschlossene Gesellschafter kann sich im Rahmen der AusfaUhaftung des § 21 Abs. 3 auf das Prinzip der gleichmäßigen Heranziehung berufen. Zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf sonstige Belastungen aus der Gesellschafterstellung vgl. RGZ 88 122, 124f. (Ausgleich der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft). 2. Inhalt
a) Grund und Höhe Das Prinzip der gleichmäßigen Heranziehung ist Ausdruck des für das Innenverhältnis maßgebenden Grundsatzes der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter (§ 14,18fF.). Es bezieht sich in erster Linie auf die Höhe der Einforderungen und besagt, daß jeder zur Geldeinlage verpflichtete Gesellschafter prozentual gleichmäßig zur Finanzierung der Gesellschaft beitragen soll. Der Grundsatz gilt nicht erst nach Eintragung der GmbH, sondern auch schon für die im Gründungsstadium geleisteten Zahlungen. Soweit einzelne Stammeinlagen auf einen geringeren Betrag als DM 1000 lauten, hat er daher wegen der Mindesteinzahlungspflicht von DM 250 in § 7 Abs. 2 zur Folge, daß mangels abweichender Vertragsgestaltung (Rdn. 13) auch die übrigen Gesellschafter eine über 25% hinausgehende Mindesteinlage erbringen müssen (§ 7, 26). Da es sich um eine das Innenverhältnis betreffende Verpflichtung handelt, unterliegt deren Einhaltung nicht der Gründungskontrolle des Registerrichters. 10 Der Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip in § 19 Abs. 1 begründet eine Einwendung der zahlungspflichtigen Gesellschafter. Dies gilt selbst dann, wenn die übrigen EinforderungsVoraussetzungen (dazu Rdn. 15) vorliegen. Die Einwendung kann auch einem Dritten entgegengesetzt werden, dem die Einlageforderung der GmbH abgetreten worden ist (§ 404 BGB; zum Sonderfall der Pfändung vgl. Rdn. 17). Die Gesellschaft ist verpflichtet, über die Beachtung von § 19 Abs. 1 Auskunft zu erteilen. Bis zur Erteilung der Auskunft ist der Verzugseintritt ausgeschlossen (RGZ 65 432, 435; Baumbacb-Hueck 2B; Schol^ 3). Hat ein Gesellschafter freiwillig höhere Einzahlungen erbracht, so steht ihm ein RückZahlungsanspruch nicht zu. Wohl aber sind dem Leistenden die freiwilligen Zahlungen bei weiteren Einforderungen anzurechnen (Scholz 4). 9
(136)
Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
§ 19
b) Leistungszeit Der Grundsatz der gleichmäßigen Heranziehung gilt nicht nur der Höhe, 11 sondern auch der Zeit nach (RGZ 132 392, 396; Baumbach-Hmck 2A, Scholz 2). Maßgebend ist der Zeitpunkt, dem die Zahlung eingefordert wird, unabhängig vom Einforderungsdatum. Zur Frage der Vereinbarkeit unterschiedlicher Zahlungszeiten mit dem Stundungsverbot des § 19 Abs. 2 vgl. Rdn. 14. c) Zahlungsunfähigkeit, Konkurs eines Gesellschafters Seine Grenze findet das Gleichbehandlungsprinzip insoweit, als von einzelnen 12 Gesellschaftern Zahlung nicht zu erlangen ist (RGZ 149 293, 300; OLG München BB 1954 758; Baumbach-Hueck 2B; Scholz 2)- Das ergibt sich bereits aus den Vorschriften der §§ 20—24, folgt aber auch aus dem Vorrang des Gläubigerinteresses an der Aufbringung des Stammkapitals vor dem Interesse der Gesellschafter an gleichmäßiger Heranziehung. Im Konkurs eines Gesellschafters kann der noch ausstehende Einlagenanspruch nur als bedingter (§ 67 KO) angemeldet werden, solange nicht entsprechende Einzahlungen auch von den übrigen Gesellschaftern eingefordert werden. Auch eine Kaduzierung ist insoweit ausgeschlossen. Zur Einforderung im Konkurs der GmbH vgl. Rdn. 16. 3. Abdingbarkeit von Abs. 1 Als Regelung des Innenverhältnisses ist der Grundsatz der gleichmäßigen Her- 13 anziehung dispositiver Natur. Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrag selbst oder bei späteren Einforderungsbeschlüssen (§ 46 Nr. 2) Abweichendes bestimmen (RGZ 149 293, 300f.; Baumbach-Hueck 1A; Schol^ 4; a. A. noch Brodmann lc). Das setzt aber — ebenso wie sonstige Abweichungen vom Gleichbehandlungsprinzip (§ 14, 18 und 21) — die Zustimmung der dadurch benachteiligten Gesellschafter voraus. Eine Abweichung durch Mehrheitsbeschluß ist im Rahmen der Beschlußfassung nach § 46 Nr. 2 nur möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag das ausdrücklich und mit der erforderlichen Bestimmtheit vorsieht. Die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Ermächtigung für die Geschäftsführer, über die Einforderung ausstehender Einlagen zu entscheiden, enthält in aller Regel keine Befreiung von § 19 Abs. 1 (RGZ 65 432, 434). Problematisch ist das Verhältnis zwischen der Vereinbarung unterschiedlicher 14 Zahlungszeiten und dem Stundungsverbot des § 19 Abs. 2. Entsprechend der zwingenden Geltung des Abs. 2 kommt dem Stundungsverbot zwar Vorrang zu. Die Bewilligung unterschiedlicher Zahlungszeiten scheitert hieran aber nur, wenn sie als Stundung zu werten ist. Das ist der Fall bei der Einräumung eines Zahlungsziels gegenüber der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zahlungsfrist, nicht dagegen bei der anfänglichen Festsetzung unterschiedlicher Zahlungsziele (vgl. näher Rdn. 30). 4. Einforderung der Einlagen Die Einforderung der Einlagen richtet sich in erster Linie nach dem Gesell- 15 schaftsvertrag, beim Fehlen entsprechender Regelungen nach der Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 2, vgl. Erläut. daselbst). Die Ausführung des Statuts oder des Gesellschafterbeschlusses ist Sache der Geschäftsführer. Sie haben dabei den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 19 Abs. 1 zu beachten. Verstößt der Gesellschafterbeschluß i. S. von § 46 Nr. 2 gegen § 19 Abs. 1, so begründet das zwar seine Anfechtbarkeit, schließt seine Durchsetzung im übrigen aber nicht aus (vgl. Näheres in § 14, 21 m. Nachw.). Hat der benachteiligte Gesell(137)
§ 19
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
schafter von seinem Anfechtungsrecht keinen Gebrauch gemacht, so kann er der Wirksamkeit des Beschlusses daher nicht die Einwendung des § 19 Abs. 1 (Rdn. 10) entgegenhalten, sondern muß sich so behandeln lassen, als ob er der Ungleichbehandlung zugestimmt hätte. 16 Das in § 46 Nr. 2 enthaltene Erfordernis interner Willensbildung vor Einforderung ausstehender Einlagen entfällt im Konkurs oder der Liquidation der Gesellschaft (st. Rspr., vgl. RGZ 138 106,111, sowie Erläut. zu § 46 Nr. 2). Konkursverwalter und Liquidator sind auch ohne Gesellschafterbeschluß zur Einforderung der Einlagenrückstände befugt, soweit es für die Abwicklungszwecke erforderlich ist. Vorbehaltlich der Zahlungsunfähigkeit einzelner Gesellschafter (Rdn. 12) unterliegen freilich auch sie dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 19 Abs. 1. 17 Auf den Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr. 2 verzichtet die h. M. auch bei Pfändung und Überweisung der Einlageforderung der GmbH (RGZ 76 434, 436—438; 149 293, 301; Baumbach-Hueck § 46, 3A, Scholz 25, Vorauf!. §46, 15b; zu den Voraussetzungen der Pfändung vgl. Rdn. 71). Wohl aber hält sie die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch durch den pfändenden Drittgläubiger für erforderlich und läßt daher die Einwendung aus § 19 Abs. 1 auch ihm gegenüber zu (RGZ 76 434, 437; 133 81, 82; Baumbach-Hueck 2B; a. A. Schol^ 24). Wäre das richtig, so hätte der Drittgläubiger nur Aussicht auf Befriedigung, wenn er sämtliche Einlageforderungen pfänden ließe und gegen alle Gesellschafter gleichmäßig vorginge. Die Ansicht der h. M. steht jedoch im Widerspruch zum Vorrang des Gläubigerinteresses gegenüber dem Gleichbehandlungsprinzip (Rdn. 12). Ihr ist daher nicht zu folgen. Der Drittgläubiger kann die Einlageforderung auch dann einziehen, wenn der betroffene Gesellschafter dadurch ungleich belastet wird (so auch Scholas 24). Der Ausgleich zwischen den Gesellschaftern ist Sache des Innenverhältnisses. II. Das Verbot der Schmälerung der Einlagen (Abs. 2) 1. Allgemeines 18
19
Absatz 2 verbietet für alle Arten von Einlageforderungen (Rdn. 19) während der ganzen Dauer der Gesellschaft (Rdn. 21) eine rechtsgeschäftliche Beeinträchtigung (Erlaß, Stundung, Aufrechnung durch den Gesellschafter) zum Nachteil der Gesellschaft und schränkt die Geltendmachung von Zurückbehaltüngsrechten am Gegenstand der Sacheinlage wesentlich ein. Entsprechend der Bedeutung der Vorschrift, die der Kapitalaufbringung und -erhaltung im Gläubigerinteresse dient, ist ihr Anwendungsbereich weit zu bestimmen. Wie die Grundsätze über die Wirksamkeit fehlerhafter Beitrittserklärungen (§ 2, 78 ff.) soll sie die Vollständigkeit des vertraglich vereinbarten Stammkapitals sicherstellen und hat wie diese zwingende Geltung (Rdn. 23). Abgesehen von den im Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr. 2 vorgesehenen Zahlungsfristen verbleiben den Gesellschaftern Einwendungen gegen die Einforderung von Einlagen im wesentlichen nur im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 19 Abs. 1 (Rdn. 10, 15). Zur Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift auf das Verhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder (Strohmann) vgl. § 2 Rdn. 51ff,55. a) Geld- und Sacheinlagen Im Unterschied zu Abs. 1 (Rdn. 5) gilt das Verbot des Abs. 2 für alle Arten von Einlagen einschließlich der Sacheinlageverpflichtungen (BGHZ 22 300, 305; Baumbach-Hueck 3A, Schols^ 8). Das folgt bereits aus dem letzten Halbsatz von (138)
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Abs. 2. Das Verbot erstreckt sich auch auf die Nebenverpflichtungen von Sacheinlegern im Zusammenhang mit der Erbringung der Sacheinlage (RGZ 79 271, 273f.), darunter auch etwaige Schadensersatz- und Mängelansprüche (vgl. dazu Näheres § 5, 75 ff. [84—86]). Auch die Ausfallhaftung der §§21 Abs. 3, 24 sowie die Haftung des Rechtsvorgängers (§ 22) fallen in den Anwendungsbereich der Vorschrift (RGZ 98 276, 277). Zur Frage der analogen Anwendung von Abs. 2 auf das Verhältnis zwischen Strohmann und Hintermann im Fall der Strohmanngründung vgl. §2, 51 ff., 55. Aus dem Zweck der Vorschrift des Abs. 2 (Rdn. 18) folgt zugleich deren 20 Begrenzung. Ansprüche gegen die Gesellschafter, die nicht der Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals als gesicherter Haftungsfonds für die Gläubiger dienen und deren Begründung daher im Belieben der Gesellschafter steht, bleiben auch in ihrem Fortbestand der Disposition der Gesellschafter unterstellt. Nicht unter § 19 Abs. 2 fallen daher Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2), aber auch Nachschußpflichten (§§26—28) sowie Verzugszinsen und Vertragsstrafen (§20); ganz h. M. (RGZ 79 271, 273; RG JW 1912 760, JW 1931 3653; Baumbacb-Hueck 3A, Scholz 8). — Zweifelhaft mag die Behandlung eines etwa vereinbarten Aufgelds (Agio) sein. Für seine Einbeziehung in den Geltungsbereich des § 19 Abs. 2 könnte die Eigenschaft als Teil der Einlageleistung sprechen. Da das Aufgeld jedoch nicht der Kapitalbindung des § 30 unterliegt (§ 3, 64), ist es wenig sinnvoll, trotzdem seine Aufbringung nach § 19 Abs. 2 sicherzustellen. b) Geltung im Gründungs- und Liquidationsstadium Abs. 2 setzt das Bestehen der Einlageverpflichtung voraus. Er gilt daher 21 nicht erst nach Eintragung der Gründung oder des Kapitalerhöhungsbeschlusses, sondern grundsätzlich schon von dem Zeitpunkt an, in dem die Einlagepflicht durch den Vertragsschluß oder die Ubernahmeerklärung im Rahmen der Kapitalerhöhung begründet ist (Scholz 9). Für das Gründungsstadium ist freilich zu beachten, daß die Gesellschafter in der Kapitalausstattung der GmbH grundsätzlich frei sind. Sowenig sie verpflichtet sind, die Gesellschaft überhaupt zur Entstehung zu bringen, so wenig müssen sie sich vor Eintragung an dem ursprünglich vereinbarten Stammkapital festhalten lassen oder eine etwaige Herabsetzung den Regeln des § 58 unterstellen (§11, 43). Änderungen des Gesellschaftsvertrags werden vor Eintragung der Gesellschaft durch das Verbot des § 19 Abs. 2 daher nicht berührt (RG Recht 1923 Nr. 1257). Eine Kapitalherabsetzung kann freilich nur denjenigen Gläubigern entgegengehalten werden, die Ansprüche gegen die Vorgesellschaft erst nach diesem Zeitpunkt erlangt haben (zur Haftung in der Vorgesellschaft vgl. § 11, 60ff.). Auch während der Liquidation der Gesellschaft besteht das Verbot des Abs. 2 22 grundsätzlich fort (§ 69 Abs. 1). Es wird allerdings durch den Zweck der Liquidation, die Gläubiger zu befriedigen und das Geschäftsvermögen aufzulösen, begrenzt. Dementsprechend ist anerkannt, daß sowohl das Erlaßverbot (RGZ 149 293, 297) als auch das Aufrechnungsverbot (BGH DB 1968 165, 166) gegenstandslos werden, wenn sämtliche außenstehenden Gläubiger befriedigt sind und mit der Entstehung neuer Gesellschaftsschulden wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebs nicht zu rechnen ist. c) Zwingende Natur Als Gläubigerschutzvorschrift hat § 19 Abs. 2 im Unterschied zu Abs. 1 (Rdn. 13) 23 zwingende Geltung (KGJ 47 108; Scholz 10). Auf die Verbotskenntnis der Gesell(139)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
schafter kommt es nicht an. Gesellschafterbeschlüsse, die gegen Abs. 2 verstoßen, sind auch ohne Anfechtung nichtig (Baumbach-Hueck 3A, Schölt,* 10). Sie berühren weder den Bestand noch die Durchsetzbarkeit der Einlageforderung. 2. Erlaß a) Voraussetzungen, Arten Das Erlaßverbot in Abs. 2 Satz 1 erfaßt sowohl den Erlaßvertrag des § 397 BGB als auch sämtliche anderen Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und dem Einlageschuldner, durch die im Ergebnis die Einlageforderung geschmälert wird, so das negative Schuldanerkenntnis (Scholz 10), die Annahme einer anderen Leistung an Erfüllungs Statt (KGJ 47 108; Baumbach-Hueck 3 B ; dazu auch Rdn. 48) oder die Umwandlung der Einlageforderung in einen — weniger strengen Anforderungen unterliegenden — Darlehensanspruch gegen den Gesellschafter (Schol^ Unter das Verbot fällt daher auch die Abdeckung der Einlageschuld der Gesellschafter durch Darlehensaufnahme seitens der Gesellschaft, und zwar unabhängig davon, ob der Gesellschaft ein Regreßanspruch gegen die Gesellschafter zustehen soll oder nicht (BGHZ 28 77, 78; RGZ 47 180, 185; 98 276, 277); der Bestand der Einlageforderungen wird hierdurch nicht berührt. Befriedigt ein Gesellschafter auf Veranlassung der Gesellschaft einen Gesellschaftsgläubiger, so wird er nur dann und insoweit von seiner Einlageschuld befreit, als die Forderung des Gesellschaftsgläubigers vollwertig, fällig und liquide ist (OLG Zweibrücken GmbHRdsch. 1967 29; zu den entsprechenden Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Aufrechnung seitens der Gesellschaft vgl. Rdn. 36). 25 Unvereinbar mit Abs. 2 ist auch die Erbringung einer Sachleistung anstelle der geschuldeten Geldeinlage (hierzu und zum umgekehrten Fall vgl. § 5, 25 und 26). Eine Bedingung oder ein Vorbehalt im Zusammenhang mit der Einlageleistung ist wirkungslos (Scholz 1 0 5 Feine s - 2 9 8 > a - A - Heim N J W 1959 1414); das Rückzahlungsverlangen des Einlegers unter Berufung auf die Bedingung oder den Vorbehalt würde gegen § 30 verstoßen. — Zum Kreis der unter § 19 Abs. 2 fallenden Forderungen der Gesellschaft vgl. Rdn. 19, zum Sonderfall der Kapitalherabsetzung Rdn. 28.
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b) Vergleich Ein Vergleich zwischen Gesellschaft und Gesellschafter über den Bestand oder die Durchsetzbarkeit der Einlageforderung fällt nicht unter das Erlaßverbot, sofern es sich um einen echten Vergleich im Sinne von § 779 BGB handelt, d. h. um die Beseitigung einer bestehenden Rechtsunsicherheit im Wege beiderseitigen Nachgebens. Das entspricht einhelliger Ansicht (RGZ 79 271, 274; RG JW 1912 760; Baumbach-Hueck 3C, Scholz 12, Feine S. 298; im Ergebnis auch Lutter Kölner KommAktG § 66, 9). Es läßt sich auch auf einen Umkehrschluß zum Verbot des Regreßverzichts (§ 9 Abs. 2 S. 1) stützen, in dem ausdrücklich auch der Vergleich ausgeschlossen ist. Der Vergleich mag zwar im Ergebnis zu einem Teilerlaß der Einlageforderung führen. Die Parteien können aber selbst im Rahmen von § 19 Abs. 2 nicht gezwungen werden, ihre Gegensätze im Prozeßwege auszutragen. Aus dem gleichen Grunde ist auch ein Prozeßvergleich zulässig (so BGH NJW 1976 194, 195 für die Rechtmäßigkeit eines Vergleichs im Hinblick auf § 1 GWB). Stets ist freilich Voraussetzung, daß ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlaß für die Anerkennung der gegen die Einlagenforderung geltendgemachten Einwendun(140)
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gen besteht (BGH aaO.; vgl. auch Jauernig in Festschrift für Fr. Weber [1975], S. 307, 320f. zur Vergleichsbefugnis des Konkursverwalters). Derartige Einwendungen mögen etwa in Betracht kommen, soweit es um Nebenforderungen der Gesellschaft im Zusammenhang mit Sacheinlagen, namentlich um Mängelansprüche geht. Dagegen sind relevante Einwendungen gegen die Einlagenforderung als solche angesichts der Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt (§ 2, 78 ff.) und im Hinblick auf das Erlaßverbot des § 19 Abs. 2 nur ausnahmsweise vorstellbar. Auch ein Vergleich mit dem Einlagenschuldner wegen dessen Zahlungs- 27 Unfähigkeit sowie die Erstreckung der Wirkungen eines gerichtlichen Zwangsvergleichs (§§ 173 ff. KO) oder eines Vergleichs zur Abwendung des Konkurses (§ 82 VerglÖ) auf den Bestand der Einlagenforderung werden abweichend von § 19 Abs. 2 S. 1 von der h. M. zugelassen (Voraufl. 9, Scholl^ 12, Barz GroßkommAktG §66,8; für den gerichtlichen Zwangsvergleich auch KG OLGR 32 141). Das erscheint nicht nur deshalb zweifelhaft, weil § 19 Abs. 2 im Unterschied zu § 9 Abs. 2 S. 2 (Regreßverzicht gegenüber den Anmeldern) die Zulässigkeit des Abwendungsvergleichs nicht ausdrücklich erwähnt. Bedenken gegen einen Einlagenverzicht der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ergeben sich vielmehr auch im Hinblick auf die umfangreichen Sicherungen für die Aufbringung der Einlagen, die das GmbHG in Form des Kaduzierungsverfahrens und der Ausfallhaftung der Mitgesellschafter in den §§ 21—24 zur Verfügung stellt. Sie sprechen dafür, daß ein Vergleich mit dem Einlageschuldner bzw. eine Teilnahme der Gesellschaft am Zwangsvergleich nur im Rahmen der Ausfallbaftung des ausgeschlossenen Gesellschafters nach §21 Abs. 3 in Betracht kommt und daß die subsidiäre Haftung der Mitgesellschafter nach § 24 dadurch nicht berührt wird (§§ 82 Abs. 2 VerglO, 193 S. 2 KO; KG OLGR 32 141; ähnlich für das Aktienrecht Lutter Kölner KommAktG, § 63, 29 und § 66,10). Vgl. dazu auch Erläut. zu §§ 21, 24. c) Kapitalherabsetzung Das Verbot des Einlagenerlasses gilt nicht, wenn und soweit der Erlaß in der 28 Form der Herabsetzung des Stammkapitals erfolgt (§ 58). Wirksamkeitsvoraussetzung sind die dreimalige Bekanntmachung des Herabsetzungsbeschlusses (§ 58 Abs. 1 Nr. 1), die Befriedigung oder Sicherstellung der sich meldenden Gläubiger (§ 58 Abs. 1 Nr. 2) sowie der Ablauf des Sperrjahrs (§ 58 Abs. 1 Nr. 3). Sind diese Erfordernisse eingehalten, so steht der Einlagenverzicht der Rückzahlung des eingezahlten Kapitals gleich (KG OLGR 31 287, 289). Er darf freilich den anteiligen Herabsetzungsbetrag nicht überschreiten. Fällt die Gesellschaft in Konkurs, bevor alle Voraussetzungen der Kapitalherabsetzung erfüllt sind, so ist der Konkursverwalter nicht gehindert, die volle Einlage einzuziehen. 3. Stundung Stundung bedeutet das rechtsgeschäftliche Hinausschieben der Fälligkeit 29 der Leistung. Sie ist unter den gleichen Voraussetzungen verboten wie der Erlaß der Einlagenforderungen (Rdn. 24ff.). Eine gleichwohl erteilte Stundungszusage bindet weder die Gläubiger und den Konkursverwalter, noch auch die Gesellschaft selbst. Durch das Stundungsverbot werden die Geschäftsführer allerdings nicht gezwungen, die fälligen Einlagen alsbald einzufordern (Baumbach-Hueck 3B, Schal.\ 11, Feine S. 297). Ebensowenig besteht eine Pflicht der Gesellschafter, bei der Beschlußfassung nach § 46 Nr. 2 der Einforderung zuzustimmen. Die fehlende (141)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Beschlußfassung kann Gläubigern und Konkursverwalter aber nicht entgegengesetzt werden (Rdn. 16, 17). Zur Wirksamkeit eines Zahlungsmoratoriums bei vorübergehender Zahlungsunfähigkeit gelten die Ausführungen Rdn. 27 entsprechend. 30 Keine Stundung liegt vor, wenn die Einforderung der Einlagen bereits im Gesellschaftsvertrag befristet ist. Da die Fälligkeit erst mit dem vertraglichen Zahlungsdatum eintritt, wird sie nicht hinausgeschoben. An die Befristung ist nicht nur die Gesellschaft gebunden, sondern auch Gläubiger und Konkursverwalter. Auch ein wichtiger Grund wie etwa dringender Kapitalbedarf der Gesellschaft führt nicht zu vorzeitiger Fälligkeit (a. A. Schölt^ 11, Brodmann lc, 2e). Er kann aber Anlaß geben zu einer Satzungsänderung. Dabei ist auf etwaige Sondervorteile (§ 5, 149fF.) Rücksicht zu nehmen. Eine Verlängerung der Befristung durch Gesellschafterbeschluß verstößt gegen das Stundungsverbot des Abs. 2 (RGZ138106,111). Demgegenüber ist die nachträgliche Einführung einer Befristung durch Satzungsänderung zwar möglich (RG Holdh. 27 [1918] 154; Baumbach-Hueek 3 B). Sie setzt aber ebenso wie der Erlaß die Einhaltung der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung voraus (Rdn. 28). 4. Aufrechnung (Abs. 2 S. 2) Schrifttum Möhring Erbringung von Stammeinlagen bei einer GmbH durch Aufrechnung, in: Festschrift für Reimer Schmidt, 1976, S. 85ff.; Flume Die Kapitalerhöhung unter Verwendung der Dividende nach Handelsrecht und Kapitalverkehrssteuerrecht, DB 1964 21; Konow Die Aufrechnung von Gehaltsansprüchen eines geschäftsführenden Gesellschafters gegen den Anspruch auf Einzahlung der Stammeinlage, GmbHRdsch. 1971 173; Priester Die Verwendung von Gesellschafterforderungen zur Kapitalerhöhung bei der GmbH, DB 1976 1801.
31
a) Anwendungsbereich und Zweck des Verbots Das Aufrechnungsverbot des Abs. 2 S. 2 statuiert als Teilregelung der Kapitalsicherungsvorschriften (Rdn. 1) den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. So wie die Mindesteinzahlung vor Anmeldung der Gesellschaft geleistet sein und zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen muß (§§ 7 Abs. 2,8 Abs. 2), soll zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger grundsätzlich auch für die restlichen Einlageforderungen der Gesellschaft gewährleistet sein, daß sie in der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Form erfüllt werden. Daher ist die Befugnis der Gesellschafter, mit Gegenforderungen gegen die Gesellschaft aufzurechnen, im Fall von Bareinlagen generell ausgeschlossen (zum Sonderfall der Sachübernahmevereinbarung vgl. Rdn. 54). Für die Gesellschaft enthält § 19 Abs. 2 zwar kein entsprechendes Aufrechnungsverbot. Angesichts des umfassenden Gesetzeszwecks ist jedoch vor einem einfachen Umkehrschluß zu warnen. Das gilt namentlich im Hinblick auf die weitgehenden Einwirkungsmöglichkeiten, die den Gesellschaftern einer GmbH auf die Geschäftsführertätigkeit zustehen. Soweit die Rechtsprechung die Aufrechnung durch die Gesellschaft zugelassen hat, geschah dies daher nicht uneingeschränkt, sondern nur dann, wenn entweder die Kapitalaufbringung dadurch nicht gefährdet, sondern nur ein zweckloses Hin- und Herschieben des Geldes vermieden wurde (RG JW 1926 1153, Rob. Fischer in LM § 19 GmbHG Nr. 1, Lutter Kölner KommAktG § 66, 13, dazu Rdn. 38—40) oder wenn die Einlage(142)
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forderung uneinbringlich war und das Gläubigerinteresse die Aufrechnung aus diesem Grunde ausnahmsweise erforderte (Rdn. 41). Zum Anwendungsbereich und %ur zwingenden Geltung des Aufrechnungs- 32 Verbots vgl. oben Rdn. 18ff.Unzulässig ist die Aufrechnung nur gegenüber Einlageforderungen einschließlich derjenigen im Rahmen der Ausfallhaftung nach §§ 21, 24 (Schelf 13,14), nicht aber gegenüber sonstigen Ansprüchen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter, seien sie auch gesellschaftsrechtlicher Art (§§ 3 Abs. 2, 26—28 u. a.). Ob die Einlageforderungen aus der Gründung oder aus einer Kapitalerhöhung stammen, ist gleichgültig. Schlechthin unzulässig ist die Aufrechnung im Gründungsstadium, hinsichtlich der Mindesteinlagen; das gilt auch für die Aufrechnung durch die Gesellschaft (§ 7, 35). Zur eingeschränkten Geltung von § 19 Abs. 2 S. 2 in der Liquidation vgl. Rdn. 34. Schwierigkeiten bereitet das Verhältnis zu § 19 Abs. 3. Zwar steht im Grund- 33 satz außer Zweifel, daß Abs. 3 als lex specialis dem Aufrechnungsverbot des Abs. 2 S. 2 vorgeht. Das bedeutet einerseits, daß der Gesellschafter die Aufrechnung erklären kann, wenn die Formerfordernisse der §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 im Fall von Sachübernahmen eingehalten sind. Umgekehrt ist über Abs. 2 S. 2 hinausgehend grundsätzlich auch die Gesellschaft gehindert, die Aufrechnung gegen Forderungen eines Gesellschafters zu erklären, soweit diese auf der „Überlassung von Vermögensgegenständen" an die Gesellschaft außerhalb entsprechender Sacheinlagevereinbarungen im Gesellschaftsvertrag beruhen. Schwierigkeiten ergeben sich jedoch bei der genaueren Bestimmung des Anwendungsbereichs des Abs. 3. Das gilt namentlich für die Behandlung von Gesellschafterdarlehen (Rdn. 61 f.). b) Aufrechnung durch Gesellschafter Sie ist gegenüber Einlageforderungen der werbenden GmbH ausnahmslos 34 ausgeschlossen, soweit nicht die Sonderregelung des Abs. 3 eingreift (Rdn. 54). Auf den Rechtsgrund der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung des Gesellschafters kommt es nicht an. Auch eine Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch (RGZ 93 326, 330) oder mit einer dem Gesellschafter von einem Dritten abgetretenen Forderung (BGH NJW1970 469) verletzt den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung (Rdn. 31). Eine Ausnahme läßt die Rechtsprechung nur im Liquidationsstadium der Gesellschaft zu, wenn der Einlageschuldner entweder der einzige noch verbliebene Gläubiger der Gesellschaft ist (RGZ 149 293, 298) oder wenn weitere Gläubiger der im übrigen vermögenslosen Gesellschaft zwar noch vorhanden sind, diese ihre Ansprüche jedoch nicht weiterverfolgen (BGH DB 1968 165,166; vgl. auch BGH BB 1976 852 zur quotenmäßigen Aufrechnungsbefugnis mehrerer Einlageschuldner gegenüber der aufgelösten GmbH, wenn ihnen Ansprüche gegen die GmbH in unterschiedlicher Höhe zustehen). Die Ausnahme erklärt sich aus der eingeschränkten Anwendbarkeit der der Kapitalaufbringung dienenden Vorschriften des § 19 Abs. 2 in der Liquidation (§69; vgl. auch Rdn. 22); ihr ist zuzustimmen. Das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 gilt auch im Konkurs der GmbH 35 (BGHZ 15 52, 56; RGZ 94 61, 63 [für AG], Scholz 14). Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift und dem grundsätzlichen Vorrang des Gläubigerinteresses vor demjenigen der Gesellschafter. Der Vorrang ist selbst dann zu beachten, wenn dem Einlageschuldner eine Masseforderung zusteht (so zutreffend Kuhn GmbH-Rdsch. 1955 165 und Scholz 14 gegen v. Burchard GmbH-Rdsch. 1955 136ff.). Andernfalls würde der Einlageschuldner gegenüber anderen Massegläubigern begünstigt. (143)
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c) Aufrechnung durch die Gesellschaft aa) Allgemeines 36 Die Aufrechnung seitens der Gesellschaft mit der Einlageforderung wird — vom Sonderfall des Abs. 3 abgesehen — unter zwei Voraussetzungen zugelassen: entweder wenn die Gegenforderung vollwertig, fällig und liquide ( = unbestritten) ist (Rdn. 38—40) oder wenn die Einlageforderung uneinbringlich oder gefährdet ist und die Aufrechnung dazu dient, einen Vermögensschaden der GmbH abzuwenden (Rdn. 41). Darüber hinausgehend hat sich neuerdings Möhring (Festschrift für Reimer Schmidt [1976], S. 85,92ff.)für die Zulassung der Aufrechnungauch in sonstigenFällen einer nicht vollwertigen Gegenforderung ausgesprochen, da § 19 Abs. 2 S. 2 diesen Fall nicht regele und das Erlaßverbot in Abs. 2 S. 1 nur dann eingreife, wenn die Einlagenforderung im Einzelfall tatsächlich höherwertig sei als die nicht vollwertige Gegenforderung. Der Gesellschaft (und mittelbar den Gläubigern) verbliebe bei einer das Gesellschaftsvermögen schädigenden Aufrechnung zudem ein Schadensersatzanspruch aus § 43 Abs. 1 gegen die Geschäftsführer. Dem ist angesichts des umfassenden Schutzzwecks des § 19 Abs. 2 (Rdn. 18) und des unbedingten Vorrangs des Gläubigerinteresses nicht zu folgen. Diskutabel wäre allenfalls die Anerkennung einer Aufrechnungswirkung in der Höhe des Wertes der Gegenforderung. Wegen der damit verbundenen erheblichen Rechtsunsicherheit wird aber auch eine derartige Lösung von der ganz h. M. zu Recht nicht in Betracht gezogen. — Zur Aufrechnung der Gesellschaft gegenüber Darlehensansprüchen des Einlageschuldners vgl. Rdn. 61 f. 37 Uber die Ausübung des Aufrechnungsrechts haben die Geschäftsführer nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Scholz 15; zum Sonderfall der vereinbarten Aufrechnung vgl. Rdn. 43). Dem Einlageschuldner ist ein Mitspracherecht nicht nur bei der Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung verwehrt (§ 47 Abs. 4 S. 2). Er darf vielmehr auch sonst keinen Einfluß auf die Entscheidung der Geschäftsführer nehmen; andernfalls würde das Verbot des § 19 Abs. 2 S. 2 umgangen. Generell ausgeschlossen ist die Aufrechnung durch den GesellschafterGeschäftsführer sich selbst gegenüber unabhängig davon, ob er vom Verbot des § 181 BGB befreit ist; sie wäre mit dem Vorrang der Gläubigerinteressen unvereinbar (so zu Recht Konow GmbH-Rdsch. 1971 173, 174 für die Aufrechnung gegenüber Gehaltsansprüchen; a. A. OLG Karlsruhe BB 1971 146; anscheinend auch Plander Die Geschäfte des Gesellschafter-Geschäftsführers der EinmannGmbH mit sich selbst [1969], S. 66, der nur Erlaß und Stundung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer für unzulässig hält).
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bb) Vollwertige, fällige, liquide Gegenforderung Die Zulässigkeit der Aufrechnung der Gesellschaft mit der Einlageforderung gegen eine vollwertige, fällige und liquide (unbestrittene) Gegenforderung entspricht ständiger Rechtsprechung (seit RGZ 41 120, 124, vgl. namentlich RGZ 54 389, 392, 85 351, 354, 133 81, 84, BGHZ 15 52, 57 und 42 89, 93) und ganz h. M. im Schrifttum (statt aller Baumbacb-Hueck 4A, Scholz 15, so auch für das Aktienrecht Barz GroßkommAktG §66, 11 und Lutter Kölner KommAktG §66, 13; weitergehend nur Möhring S. 92 ff., dazu Rdn. 36). Das Erfordernis der Vollwertigkeit, Fälligkeit und Liquidität der Gegenforderung beruht auf dem Schutzzweck des § 19 Abs. 2: auf die reale Aufbringung der Einlage soll nur dann verzichtet werden können, wenn auch der Gegenanspruch des Einlageschuldners so gut wie Bargeld ist und die Aufrechnung daher nur dazu dient, ein nutzloses (144)
Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
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Hin- und Herzählen zu vermeiden (Rdn. 31). Hieran fehlt es bei nicht vollwertigen u. a. Gegenforderungen; daher kommt insoweit auch uicht etwa eine anteilige Tilgung der Einlageforderung in Betracht (a. A. Priester DB 1976 1805. Bewilligt die Gesellschaft dem Einlageschuldner nur deshalb ein Darlehen, um anschließend mit der Einlageforderung gegen den Anspruch auf Darlehensauszahlung aufzurechnen (Bar% GroßkommAktG § 66,11), oder wird mit dem vom Einlageschuldner gezahlten Geld eine ihm gegen die Gesellschaft zustehende, nicht vollwertige Forderung erfüllt (RGZ152 292,300), so handelt es sich um Fälle einer unwirksamen Umgehung des § 19 Abs. 2. Vollwertigkeit, Fälligkeit und Liquidität müssen im Zeitpunkt der Aufrech- 39 nungserklärung vorliegen (RGZ 54 389, 392, RG JW 1938 1400, 1401, Scholz 16, Lutter § 66, 14). Entscheidend ist grundsätzlich die tatsächliche bqv. rechtliche Lage, nicht die irrtümliche Annahme der Vollwertigkeit oder der Fälligkeit (RGZ 134 262, 268). Hinsichtlich der Liquidität reicht es nicht aus, daß die Berechtigung der Gegenforderung von den Geschäftsführern der GmbH tatsächlich nicht bestritten wird. Vielmehr muß die Gegenforderung von den Geschäftsführern geprüft sein (RGZ 85 351, 354) und es dürfen auch keine objektiv begründeten Zweifel an der Durchsetzbarkeit der Gegenforderung bestehen (zur ähnlichen Fragestellung bei Prüfung der Wirksamkeit eines Vergleichs über die Einlageforderung vgl. Rdn. 26). Bei Verjährung der Gegenforderung ist die Aufrechnung ausgeschlossen (OLGBreslau GmbH-Rdsch. 1915 87). Vor allem das Erfordernis der Vollwertigkeit der Gegenforderung kann im 40 Einzelfall zu Auslegungsschwierigkeiten führen. Ist die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig, so ist die mangelnde Vollwertigkeit der Gegenforderung offensichtlich (RGZ 54 391, 392; 72 266, 268; RG JW 1932 718; OLG Nürnberg GmbH-Rdsch. 1970 276, 277; zur Stellung des Einlagenschuldners im Konkurs der GmbH vgl. Rdn. 35). Dagegen ist die Vollwertigkeit regelmäßig zu bejahen, wenn das liquide Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung aller fälligen Gesellschaftsschulden sicher ausreicht (RG JW 1938 1400, 1401; Baumbach-Hueck 4 A; vgl. auch Priester DB 1976 1801, 1803, der besonders den Gesichtspunkt der Liquidität der Gesellschaft hervorhebt); dabei sind auch die bereits geleisteten Einzahlungen der Mitgesellschafter zu berücksichtigen (einschränkend RG JW 19381400 für Zahlungen aufgrund einer noch nicht eingetragenen Kapitalerhöhung; dazu kritisch Boesebeck JW 1938 1401 f.). cc) Gefährdung der Einlageforderung Die Aufrechnungsbeschränkungen auf Seiten der GmbH dienen der Sicherung 41 der Kapitalaufbringung im Gläubigerinteresse. Sie greifen nicht ein, wenn sich daraus Nachteile der GmbH und ihrer Gläubiger ergeben würden. Die Aufrechnung mit einer gefährdeten oder uneinbringlichen Einlageforderung wird daher einhellig zugelassen, auch wenn die Gegenforderung des Einlageschuldners nicht vollwertig ist (RGZ 141204,212; BGHZ15 52.59; Baumbach-Hueck 4A, Lutter §66, 15). Die Zahlungsunfähigkeit des Einlageschuldners reicht hierfür freilich nicht aus. Vielmehr sind auch die Sicherheiten der Gesellschaft für die Durchsetzung der Einlageforderung (§§ 21—24) zu berücksichtigen (Rdn. 27). Nur wenn auch diese ernsthaft gefährdet sind oder von der Gesellschaft die Beitreibung auf diesem Wege nicht erwartet werden kann, ist die Aufrechnung gegen eine nicht vollwertige (bzw. nicht fällige oder bestrittene) Gegenforderung des Einlageschuldners wirksam. (145)
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dd) Beweislast Die Beweislast für das Fehlen der Aufrechnungsvoraussetzungen auf seiten der Gesellschaft ist bisher vor allem im Aktienrecht erörtert worden (für Beweislast der AG Bar^ GroßkommAktG § 66, 13, Baumbach-Hueck AktG § 66, 8, Lutter § 66, 16; a. A. RG JW 1931 2097, 2098). Als Gründe für die Beweislast der AG werden die regelmäßige Gleichwertigkeit der sich fällig gegenüberstehenden, über gleiche Nennbeträge lautenden Geldforderungen sowie die Schwierigkeit der Beweisführung für den außenstehenden Aktionär genannt (Lutter aaO.). Demgegenüber empfiehlt sich für die GmbH aus mehreren Gründen eine abweichende Beurteilung (so im Ergebnis auch RG JW 1938 1400, 1401; a. A. OLG Karlsruhe BB 1971 146). Einerseits ist die Konkursanfälligkeit bei Unternehmen in dieser Rechtsform besonders hoch, so daß die Vollwertigkeit der gegen die GmbH gerichteten Ansprüche nicht allgemein vermutet werden kann. Zum anderen fehlt es bei der GmbH an einer dem Aktienrecht vergleichbaren Unabhängigkeit der Geschäftsführer; eine Einflußnahme der Einlageschuldner auf die Aufrechnungsentscheidung der Geschäftsführer läßt sich trotz Unzulässigkeit (Rdn. 37) nicht schlechthin ausschließen. Und schließlich sind auch die Sicherheiten für die Aufbringung der Einlageleistungen im GmbH-Recht stärker ausgeprägt als im Aktienrecht, so daß eine Aufrechnung wegen Gefährdung der Einlage hier weniger naheliegt. Berücksichtigt man weiter, daß die Zulassung der Aufrechnung durch die Gesellschaft eine Ausnahme vom Grundsatz der realen Kapitalaufbringung darstellt (Rdn. 31), so sprechen die besseren Gründe dafür, die Beweislast im Grundsatz den sich auf die Aufrechnung berufenden Einlageschuldnern aufzuerlegen. Soweit sie hierzu aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage sind, hat die Gesellschaft die nötigen Auskünfte zu erteilen und die Unterlagen zur Verfügung zu stellen. d) Aufrechnungsvertrag Ein Aufrechnungsvertrag, durch den die Gesellschaft sich dem Einlageschuldner gegenüber für einen künftigen Zeitpunkt zur Aufrechnung verpflichtet, ist ebenso unzulässig wie die Aufrechnung durch den Einlageschuldner (BGHZ IS 52, 60, Baumbach-Hueck 4A, Lutter § 66, 17; a. A. Bar^ GroßkommAktG § 66, 18). Die Geschäftsführer müssen im Zeitpunkt der Aufrechnung in der Lage sein, nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen über deren Zweckmäßigkeit im Interesse der Gesellschaft zu entscheiden (Rdn. 37). Davon zu unterscheiden ist die einverständlich vorgenommene Aufrechnung anstelle der einseitigen Aufrechnungserklärung. Sie ist im Hinblick auf § 19 Abs. 2 unter den gleichen Voraussetzungen (Rdn. 36ff.) gestattet wie die Aufrechnung durch die Gesellschaft (ganz h. M., vgl. BGHZ 15 52, 60, 42 89, 93, Baumbach-Hueck 4A, Schol^ 16). Die Frage hat freilich nur in den seltenen Fällen Bedeutung, in denen die Gesellschaft nach §§ 387 ff. BGB an einer einseitigen Aufrechnung gehindert ist {Roh. Fischer in LM Nr. 1 zu § 19 GmbHG), so namentlich bei noch nicht fälliger Einlageschuld oder bei Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des § 19 Abs. 1. e) Kontokorrent Aus den Ausführungen zu Rdn. 43 folgt, daß auch eine Kontokorrentabrede über die Einlageforderung unwirksam ist. Sie würde nicht nur dazu führen, daß die Gesellschaft im Rahmen des mit der Kontokorrentabrede regelmäßig verbundenen antezipierten Verrechnungsvertrags (Canaris GroßkommHGB § 355, 9 und 64) eine vorweggenommene Verfügung über die Einlageschuld ohne konkrete voll(146)
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wertige Gegenforderung trifft, sondern hätte wegen der Kontokorrentfolgen auch die Wirkung einer nach § 19 Abs. 2 S. 1 verbotenen Stundung (so zu Recht Canaris 40). Die Einlageforderung wird daher von der ganz h. M. als nicht kontokorrentfähig angesehen (RG Holdh. 23 269; RG JW 1930 2685, 2687; Baumbacb-Hueck 4A, Scholz 16; Canaris 40, Schlegelberger-Hefermehl HGB § 355, 24; so für das Aktienrecht auch Bar% § 66, 19, Lutter § 66, 18). Das schließt die Wirksamkeit des Verrechnungsvertrags über die gleichwohl in das Kontokorrent „eingestellte" Einlageforderung nicht aus, sofern im Zeitpunkt der Verrechnung auf Seiten der Gesellschaft die Aufrechnungsvoraussetzungen vorliegen, beläßt der Gesellschaft bis dahin aber die Befugnis zur Verfügung über die Einlageforderung und namentlich zu ihrer Geltendmachung unabhängig von der Saldofeststellung (vgl. näher Canaris 40; im Ergebnis auch RG JW 1930 2687; Scholz 16, Schlegelberger-Hefermehl aaO. 24, Lütter 18). 5. Zurückbehaltungsrecht Der letzte Halbsatz von § 19 Abs. 2 S. 2 schränkt bezüglich der Sacheinlagen die 45 Geltendmachung von Zurückbehaltüngsrechten wesentlich ein. Zulässig sind danach nur solche Zurückbehaltüngsrechte, die sich unmittelbar auf den Gegenstand der Sacheinlage beziehen. Das trifft im wesentlichen nur zu auf die Zurückbehaltung wegen Verwendungs- oder Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Einlagegegenstand (§§273 Abs. 2, 1000 BGB). Dagegen reicht die bloße Konnexität des Gegenanspruchs mit der Sacheinlageforderung (§ 273 Abs. 1 BGB) im Rahmen von § 19 Abs. 2 nicht aus. Die Geltendmachung kaufmännischer Zurückbehaltüngsrechte (§§ 369, 370 HGB) ist in jedem Fall ausgeschlossen (BaumbachHueck 5, Scholz l?)- Zur Unanwendbarkeit der Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) auf Einlageforderungen vgl. § 2, 5 und § 5, 75—77. Für Bareinlagen ist die Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts nicht 46 vorgesehen. Ihrer Zurückbehaltung steht bereits das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 entgegen. Es umfaßt sinngemäß auch den Fall der Zurückbehaltung (RGZ 83 266, 268, Scholz 17). m . Das Verbot der Umgehung der Sacheinlagevorschriften (Abs. 3) Schrifttum Geßler Die Umwandlung von Krediten in haftendes Kapital, in Festschrift Möhring 1975 S. 173ff.; Goerdeler Probleme der Sachgründung bei einer Reform des GmbH-Rechts, in Festschrift W. Schmidt 1959 S. 138ff.; Möhring Erbringung von Stammeinlagen bei einer GmbH, in Festschrift Reimer Schmidt 1976 S. 85ff.; Priester Die Verwendung von Gesellschafterforderungen zur Kapitalerhöhung bei der GmbH, DB 1976 1801. 1. Überblick über den Regelungsinhalt § 19 Abs. 3 ist ebenso wie Abs. 2 eine dem Gläubigerschutz dienende, zwin- 47 gende Vorschrift. Nach ihrem Wortlaut enthält sie zwei Regelungen: ein Verbot der Leistung an Erfüllungs Statt auf Geldeinlageforderungen sowie eine Sonderregelung für die Aufrechnung mit Ansprüchen aus der Überlassung von Ver(147)
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mögensgegenständen an die Gesellschaft. Beide Regelungen sind dazu bestimmt, die Einhaltung der Vorschriften über die Sachgründung (§ 5 Abs. 4) bzw. die Sachkapitalerhöhung (§ 56) abzusichern und zu verhindern, daß es ohne gesellschaftsvertragliche Offenlegung und registerrichterliche Kontrolle (§ 10, 15f.) zur Einbringung von Sachleistungen auf die Stammeinlagen kommt. Wenn die Auslegung der Vorschrift gleichwohl — und zu Recht — eine der schwierigsten Aufgaben des GmbH-Rechts genannt worden ist {Hachenburg JW 1926 1153), so liegt das an ihrer unscharfen und zu weiten Fassung, die zum Teil den Inhalt anderer GmbH-Normen wiederholt (Rdn. 48), zum Teil über den Regelungszweck deutlich hinausgeht (Rdn. 52f., 57f.). Diese Mängel mögen sich aus der Schwierigkeit ergeben, der Vorschrift trotz ihres Charakters als Umgehungsverbot einen deutlich faßbaren Inhalt zu geben. Sie machen es erforderlich, für die Auslegung in stärkerem Maße als sonst auf den Regelungszweck (Rdn. 52) zurückzugreifen. 2. Leistung an Erfüllungs Statt 48
Das im 1. Halbsatz von Abs. 3 geregelte Verbot der Leistung an Erfüllungs Statt auf Geldeinlageforderungen enthält eine Wiederholung von Regelungen in anderen Teilen des Gesetzes. So bestimmen § 5 Abs. 4 und § 56 Abs. 1, unter welchen näheren, in den Gesellschaftsvertrag selbst aufzunehmenden Voraussetzungen Einlagen nicht in Geld, sondern durch Leistung von Vermögensgegenständen an die Gesellschaft oder durch Anrechnung der hierfür vereinbarten Vergütung erbracht werden können. Sind diese Voraussetzungen nicht eingehalten, so bewendet es bei dem Grandsatz der Geldeinlage. Und das Erlaßverbot des § 19 Abs. 2 S. 1 steht nicht nur einer Befreiung des Einlageschuldners entgegen, sondern schließt auch sonstige zur Teilbefreiung führende Rechtsgeschäfte einschließlich der Vereinbarung von Leistungen an Erfüllungs Statt aus (Rdn. 24). Dem 1. Halbsatz von § 19 Abs. 3 kommt somit allenfalls klarstellende Bedeutung zu. Seiner Aufnahme in das Gesetz hätte es nicht bedurft. — Zur Frage des Übergangs von der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Sachleistung auf eine Geldeinlage und zur Zulässigkeit eines Wahlrechts der Gesellschaft zwischen Sach- und Geldeinlage oder zwischen mehreren Sacheinlagen vgl. § 5, 25—28. 49 Zu den Anforderungen an die Bewirkung von Geldeinlagen und zur Abgrenzung gegenüber Leistungen an Erfüllungs Statt vgl. schon § 7, 29 ff. Danach stehen die Kontogutschrift und die Hingabe bestätigter Bundesbankschecks der Barzahlung gleich. Sonstige Vermögensgegenstände (Wechsel, Schecks, andere Wertpapiere u. a.) kann die Gesellschaft dagegen nur erfüllungshalber entgegennehmen, indem sie den erzielten Erlös auf die Einlageforderung anrechnet. Gleiches gilt beim Verkauf von Gegenständen, die der Gesellschaft vom Einlageschuldner in Kommission gegeben sind mit der Abrede, den Erlös zur Forderungstilgung zu verwenden. 50 Von der Frage der Leistung an Erfüllungs Statt zu unterscheiden ist die Anschaffung von Vermögensgegenständen aus Mitteln der bewirkten Einlagen vor Eintragung der Gesellschaft. Sie wird zu Unrecht mit den Problemen des § 19 Abs. 3 vermengt (Vorauf!. 20, Scholz 19 u. a.). In Wahrheit handelt es sich um ein Problem der Rechtsverhältnisse in der Vorgesellschaft und der Haftung der Gründer für den Fall, daß sich infolge vorzeitigen Geschäftsbeginns das Gesellschaftsvermögen im Zeitpunkt der Eintragung unter den Betrag des Stammkapitals vermindert hat (vgl. § 7, 42f. und § 11, 28). Dagegen setzt die Einbringung von Vermögensgegenständen, die die Gründer persönlich schon vor Abschluß des Gesell(148)
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schaftsver träges im Hinblick auf die vorgesehene GmbH-Gründung angeschafft haben, die Einhaltung der Form des § 5 Abs. 4 voraus, wenn sie in Anrechnung auf die Einlagen erfolgen soll (RGZ 36 108, 113). 3. Aufrechnungsvoraussetzungen bei Sachübernahmen a) Allgemeines, Regelungszweck Soweit § 19 Abs. 3 sich mit der Aufrechnung bei Einlageforderungen be- 51 faßt, enthält die Vorschrift eine Sonderregelung gegenüber Abs. 2 S. 2, und zwar in zweifacher Hinsicht. Einerseits stellt sie klar, daß das Aufrechnungsverbot des Abs. 2 S. 2 solche Aufrechnungen nicht erfaßt, die ein Gesellschafter aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag (§ 5 Abs. 4) oder im Kapitalerhöhungsbeschluß (§ 56 Abs. 1) enthaltenen Sachübernahmevereinbarung (§ 5, 89—91) mit dem ihm hieraus erwachsenen Vergütungsanspruch gegenüber der Einlageforderung der Gesellschaft erklärt. Gleiches gilt für den Fall einer von der Gesellschaft im Rahmen der Sachübernahmevereinbarung erklärten Aufrechnung, ohne daß es auf die Vollwertigkeit des Vergütungsanspruchs ankommt (Rdn. 54). In beiden Fällen geht es also um eine Einschränkung des Aufrechnungsverbots des Abs. 2 S. 2. Zum anderen statuiert sie ein allgemeines, auch die Gesellschaft treffendes Aufrechnungsverbot für Vergütungsansprüche aus der Einbringung von Vermögensgegenständen in die Gesellschaft, soweit die Aufrechnung nicht in Vollzug einer Vereinbarung im Sinne von §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 erfolgt. Dieser Teil der Vorschrift erweitert das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 und erstreckt es auch auf die Gesellschaft. Er enthält den Kern des mit Abs. 3 verfolgten Umgehungsverbots und führt wegen seiner weiten Fassung zugleich zu den meisten Auslegungsproblemen (Rdn. 56 ff.). Zweck der Vorschrift des § 19 Abs. 3 ist es, die Sacheinlageregelungen der 52 §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 gegen Umgehungen abzusichern und der Gesellschaft den Anspruch auf die Geldeinlagen ungeschmälert zu erhalten, soweit nicht die besonderen, der registerrichterlichen Kontrolle unterliegenden Sacheinlagevorschriften eingehalten sind. Im Unterschied zum Aktienrecht und zu den Änderungsvorschlägen im Zuge der GmbH-Reform (Rdn. 4) hat das GmbH-Gesetz von 1892 hierfür nicht den Weg gewählt, größere Anschaffungen der Gesellschaft während eines bestimmten, auf die Gründung folgenden Zeitraums besonderen Voraussetzungen zu unterstellen (sog. „Nachgründung", vgl. § 52 AktG). Vielmehr sollte ohne zeitliche Beschränkung die Leistung aller Erfüllungssurrogate auf die Stammeinlagen erfaßt werden, auch wenn das im Einzelfall zu Erschwerungen der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft führen könnte. In der Begründung zu § 19 Abs. 3 heißt es dazu wie folgt (Entwurf GmbHG 1891, Begründung S. 67): „Die Bestimmung hat den Zweck, die Beobachtung der Vorschrift des § 5 Abs. 3 [jetzt 4], wonach etwaige Abreden der bezeichneten Art in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden müssen, zu sichern. Der Entwurf geht hierin weiter als das Aktiengesetz. Denn dies erklärt zwar in den Art. 175b und 209b alle bezüglichen Abreden, welche, ohne in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen zu sein, im Gründungsstadium getroffen werden, der Gesellschaft gegenüber für unwirksam; es schließt dagegen nicht aus, daß später bei einer Einziehung von Aktienbeträgen die verantwortlichen Organe der Gesellschaft sich zu einer Annahme an Zahlungs Statt oder zu einer Aufrechnung mit Gegenforderungen eines Gesellschafters verstehen. Bei der Aktiengesellschaft kommen aber zugleich die ergänzenden Bestimmungen über die sog. Nachgründung in Betracht, durch welche einer Umgehung der Vorschriften über die qualifizierte Gründung mittels späterer Transaktionen vorgebeugt werden s o l l . . . Bestimmungen dieses Inhalts sind für die Gesellschaft m. b. H. nicht angängig, und schon aus diesem (149)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Grund erscheint es geboten, die Leistung und Annahme von Erfüllungssurrogaten auf die Stammeinlagen in weiterem Umfange auszuschließen als bei der Aktiengesellschaft. Es läßt sich zwar nicht verkennen, daß hierdurch in einzelnen Fällen auch Transaktionen verhindert oder erschwert werden können, welche eine Schädigung der Gesellschaft und ihrer Gläubiger nicht enthalten, sondern dem Interesse aller Beteiligten entsprechen würden. Gegenüber der Notwendigkeit, die ungeschmälerte Aufbringung des Stammkapitals zu sichern, ist jedoch hierauf kein entscheidendes Gewicht zu legen".
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Die Berücksichtigung dieses Zwecks bei Auslegung der Vorschrift (Rdn. 47) macht es einerseits erforderlich, ihren Anwendungsbereich im Wege teleologischer Restriktion auf diejenigen Vergütungsansprüche zu beschränken, die aus der Einbringung von Erfüllungssurrogaten stammen (Rdn. 57, 58). Zum anderen müssen aber auch diejenigen Vorgänge erfaßt werden, die sich nicht in der Form der Aufrechnung, sondern im Wege des Hin- und Herzahlens der Einlage abwickeln und daher nicht unter den Wortlaut der Umgehungsnorm fallen (Rdn. 59); insoweit ist eine erweiternde Auslegung geboten.
b) Fälle zulässiger Aufrechnung § 19 Abs. 3 läßt die Aufrechnung gegen Einlagenforderungen mit „einer für die Überlassung von Vermögensgegenständen zu gewährenden Vergütung" in den Fällen zu, in denen es um die Ausführung einer Vereinbarung nach § 5 Abs. 4 — bzw. bei Kapitalerhöhungen (§ 56 Abs. 2) einer solchen nach § 56 Abs. 1 — geht. Da bei den eigentlichen Sacheinlagevereinbarungen die Einlageforderung der Gesellschaft sich von vornherein nicht auf Geld, sondern auf die einzubringenden Vermögensgegenstände richtet, kommt eine Aufrechnung insoweit nicht in Betracht. Die Zulassung der Aufrechnung bezieht sich vielmehr nur auf Sachübernahmevereinbarungen (zu Begriff und Arten § 5, 89ff.); sie setzt voraus, daß die Formvorschriften des § 5 Abs. 4 eingehalten sind (Näheres in § 5, 103ff.). Ob die Aufrechnung vom Gesellschafter oder von der Gesellschaft erklärt wird oder ob beide eine Vereinbarung hierüber treffen, ist gleichgültig. Der Aufrechnung der Gesellschaft kann im Unterschied zu Abs. 2 (Rdn. 36, 38) namentlich auch nicht entgegengehalten werden, es fehle an der Vollwertigkeit des Vergütungsanspruchs (so richtig Baumbach-Hueck 6 A, allerdings unter unzutreffender Berufung auf BGHZ 15 52, 58). Diese Frage ist vielmehr vom Registerrichter im Rahmen seiner Kontrollfunktion bei Eintragung der Gründung oder der Kapitalerhöhung zu prüfen (§ 10, 16). Ein hinter dem Nennbetrag der Stammeinlage zurückbleibender Wert der Sachübernahmeleistung kann allerdings zur Differenzhaftung des Einlageschuldners führen (§ 5, 71—73); maßgebender Bewertungsstichtag ist der Zeitpunkt der Einbringung (§ 5, 63). 55 Auch ohne Festsetzung im Gesellschaftsvertrag oder Kapitalerhöhungsbeschluß läßt die h. M. (RGZ 141 204, 212; BGHZ 15 52,59; Baumbach-Hueck 6 A) die Aufrechnung der Gesellschaft gegenüber einem Vergütungsanspruch ausnahmsweise dann zu, wenn die Einlageforderung gefährdet ist und der Regelungszweck des § 19 Abs. 3 aus diesem Grunde nicht eingreift. Dem ist unter den gleichen Voraussetzungen zuzustimmen wie bei der Aufrechnung gegenüber einer nicht vollwertigen Gegenforderung des Einlageschuldners (Rdn. 41). Die Aufrechnung ist freilich nur möglich, wenn der entgeltliche Vertrag zwischen Gründer und Gesellschaft über die Sacheinbringung trotz §§ 5 Abs. 4, 19 Abs. 3 als solcher wirksam und der Vergütungsanspruch auf seiten des Einlageschuldners entstanden ist; das wird unter Berufung auf eine Analogie zu § 27 Abs. 2 AktG teilweise bestritten (BGHZ 45 338, 343, Baumbach-Hueck § 5, 8B; vgl. dagegen oben § 5, 128).
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c) Aufrechnungs- und Umgehungsverbot Sind die Formvorschriften der §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 nicht eingehalten, so ist 56 die Aufrechnung mit oder gegen Vergütungsansprüche aus der Überlassung von Vermögensgegenständen nicht nur dem Gesellschafter, sondern grundsätzlich (Rdn. 55) auch der Gesellschaft verwehrt. Das gilt ohne Begrenzung hinsichtlich des Zeitpunkts der Überlassung der Gegenstände (Rdn. 52) und ohne Rücksicht auf Art und Rechtsnatur des Überlassungsvertrags (Kauf, Miete u. a.) und des daraus resultierenden Vergütungsanspruchs. Auch auf die Umgehungsabsicht der Beteiligten kommt es entgegen der Voraufl. (Anm. 16a, 21) nicht an. Der Schutzzweck des Verbots erfordert sein Eingreifen bereits beim Vorliegen der objektiven Voraussetzungen (ganz h. M., vgl. RGZ 86 291, 293; 141 204, 210; RG LZ 1907 603; RG JW 1935 2890; Baumbach-Hueck 6 A, Schol^ 20, Mehring in Festschrift für Reimer Schmidt S. 97f., Priester DB 1976 1804; a. A. Feine S. 298). Stets ist freilich erforderlich, daß es sich bei der Überlassung der Vermögens- 57 gegenstände um ein Erfüllungssurrogat für die Einlageleistung handelt. Das folgt aus Schutzzweck und Umgehungscharakter der Norm (Rdn. 52). Ihr Eingreifen steht daher jedenfalls in denjenigen Fällen außer Zweifel, in denen die Sacheinbringung die Voraussetzungen einer verschleierten Sacheinlage (§ 5,126, 129fF.) erfüllt, d. h. wenn die Überlassung in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Geldeinlagepflicht des Einlageschuldners steht. Soll die Gesellschaft nach erfolgter Bargründung das Handelsgeschäft des Gründers übernehmen, so ist eine Aufrechnung zwischen Kaufpreisanspruch und Einlageforderung mit § 19 Abs. 3 ebenso unvereinbar wie die Leistung des Geldes und dessen alsbaldige Rückzahlung in Erfüllung des Kaufpreisanspruchs (Rdn. 59). Gleiches gilt für sonstige Umsatzgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, die mit Rücksicht auf dessen Eigenschaft als Einlageschuldner Zustandekommen und im wirtschaftlichen Ergebnis der anderweiten Erfüllung der Einlageschuld dienen (RGZ 86 291, 293). Die h. M. geht über diesen Regelungszweck aber hinaus, wenn sie jedes 58 Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Einlageschuldner dem Anwendungsbereich des § 19 Abs. 3 unterstellt, sofern nur die Leistung Gegenstand einer Sacheinlage sein kann (RGZ 141 204, 210f., Baumbach-Hueck 6A, Möhring S. 99). Angesichts der Vielfalt der als Sacheinlage in Betracht kommenden Gegenstände (§ 5, 29ff.)und der zeitlich unbegrenzten Geltung würde das Verbot dadurch uferlos und hätte eine unverhältnismäßige, durch den Schutzzweck der Norm nicht gebotene Erschwerung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zur Folge. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, diejenigen Rechtsgeschäfte, die mit dem Einlageschuldner wie mit jedem Dritten geschlossen werden und sich aus der Sicht der Gesellschaft als normale Umsatzgeschäfte darstellen, aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen. Das ist auch der zutreffende Kern der einschränkenden Auslegung in der Voraufl. (Anm. 16a, 21), sieht man davon ab, daß dort zusätzlich auf das Kriterium der Umgehungsabsieht abgestellt wird. Der Gesellschaft verbleibt daher in diesem Falle die Möglichkeit der Aufrechnung, sofern nur der Vergütungsanspruch vollwertig, fällig und liquide ist (Rdn. 38 f.). Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Aufrechnung gegeünber Ansprüchen von Gesellschaftern aus Sachleistungen an die GmbH sind um so eher zu bejahen, je größer der zeitliche Abstand ist zwischen der Begründung der Einlageverpflichtung und der Erbringung der Sachleistungen, und je deutlicher die von der Gesellschaft für die Sachleistung zu gewährende Vergütung hinter der Höhe der Einlageforderung zurückbleibt. Da es überdies Sache des sich auf das Nichteingreifen von § 19 Abs. 3 berufenden Einlageschuldners ist, den Nachweis sowohl hierfür als auch für die Vollwertigkeit des durch die Auf(151)
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rechnung betroffenen Vergütungsanspruchs (Rdn. 42) zu führen, erscheint eine Gläubigergefährdung durch die hier vertretene teleologische Restriktion ausgeschlossen. — Zum Sonderfall der Aufrechnung mit oder gegen Darlebensanspräche des Einlageschuldners vgl. Rdn. 61 f. 59 Das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 3 wäre unvollständig, wenn es nicht auch Umgehungen durch Bewirken der Vergütung mit Mitteln der zuvor erbrachten Geldeinlage entgegenstünde. Zu Recht hat die h. M. die Vorschrift des §19 Abs. 3 daher hierauf ausgedehnt (BGHZ 28 314, 319; Baumbach-Hueck 6A, Scbok,i 20). Das hat zur Folge, daß in diesen Fällen die Einlageforderung selbst dann nicht als erfüllt gilt, wenn das Geld sich vorübergehend in der freien Verfügung der Geschäftsführer befunden haben sollte (§7, 38). — Dieser bisher auch für das Aktienrecht h. M. (RGZ 42 1, 4; 157 213, 225; RG DR 1944 772; Wiedemann GroßkommAktG § 183, 1; einschränkend nur RGZ 152 292, 300f. unter — überholtem — Abstellen auf die Umgehungsabsicht der Beteiligten) ist neuerdings Geßler (in Festschrift Möhring 1975 S. 173, 181 ff.) für den Fall entgegengetreten, daß die Bareinlage planmäßig und abredegemäß zur Tilgung von Forderungen des Einzahlers gegen die AG verwendet wird. Zur Begründung beruft er sich darauf, daß im Unterschied zur echten Sacheinlage hier nur eine Umschichtung auf der Passivseite, der Bilanz (haftendes Kapital statt Verbindlichkeit der AG) eintrete und der Nennwert der in Kapital umgewandelten Forderung außer Zweifel stehe (aaO. S. 181 f., 190, 192). Der Schutzzweck der Sacheinlagevorschriften greife daher bei der Umwandlung von Krediten in Haftkapital — bzw. bei der vereinbarten Verwendung der Bareinlage zur Kredittilgung gegenüber dem Gesellschafter — nicht ein. Für das GmbH-Recht kann dieser Meinung schon wegen des uneingeschränkten Umgehungsverbots in § 19 Abs. 3 nicht gefolgt werden. Aber auch abgesehen hiervon vermögen die von Geßler vorgebrachten Gründe nicht zu überzeugen. Darauf, ob Sacheinlagen sich auf der Aktiv- oder der Passivseite der Gesellschaftsbilanz niederschlagen, kommt es für das Eingreifen von § 5 Abs. 4 nicht an — man denke nur an die vereinbarte Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft, für die auch Geßler (S. 196) den Charakter als Sacheinlage nicht bestreitet. Und die Wertkontrolle im Rahmen der Eintragung einer Sachgründung oder Sachkapitalerhöhung (vgl. § 10,16) wird nicht etwa dadurch gegenstandslos, daß die zu tilgende Forderung auf einen bestimmten Nennwert lautet. Gerade bei der Umwandlung von Krediten in Haftkapital im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen wird vielmehr die Vollwertigkeit der Kredite die Ausnahme bilden. Hieran ändert sich entgegen Geßler (aaO S. 192) auch nichts durch eine etwaige Kapitalherabsetzung im Zuge der Sanierung; sie ist auf den Umfang des dem Gläubigerzugriff unterliegenden Gesellschaftsvermögens ohne Einfluß. Nicht unter den Wortlaut von § 19 Abs. 3 fällt die Aufrechnung der Gesell60 schaft gegenüber Ansprüchen des Einlageschuldners auf Gründungsaufwand: es handelt sich nicht um die Vergütung für die Überlassung von Vermögensgegenständen. Einer entsprechenden Anwendung von § 19 Abs. 3 (so BGH NJW 1970 469) bedarf es aber schon deshalb nicht, weil der Erfüllung derartiger Ansprüche durch die Gesellschaft in aller Regel bereits die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 entgegenstehen (§ 5, 162).
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d) Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen Schwierigkeiten bei der Anwendung von § 19 Abs. 3 bereitet namentlich auch die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Darlehensansprüche des Einlage(152)
Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
§19
Schuldners mit der Einlageforderung zur Aufrechnung gebracht werden können (zum Problemstand vgl. Goerdeler in Festschrift für Walter Schmidt [1959], S. 150—153). Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 lassen sich diese Fälle nicht ohne weiteres aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausschließen. Denn auch die Darlehensgewährung stellt eine „Überlassung von Vermögensgegenständen gegen Vergütung" dar, wenn auch die eigentliche Vergütung nicht in der Begründung des Rückzahlungsanspruchs liegt, sondern in der Verzinsung des Darlehens. Die Rechtsprechung hat jedenfalls nicht gezögert, § 19 Abs. 3 auch auf Darlehensforderungen und ähnliche Ansprüche anzuwenden (BGHZ 15 52, 58; BGH WM 1959 1113, 1114 [Aufwendungsersatzanspruch]; dazu Rob. Fischer in LM Nr. 1 zu § 19 GmbHG). Dem ist für diejenigen Fälle zuzustimmen, in denen Darlehensforderungen aus der Zeit vor Begründung der Einlageschuld zur Aufrechnung gestellt werden sollen. Hier handelt es sich der Sache nach um die Einbringung des Darlehens unter Umwandlung in haftendes Kapital. An der Offenlegung derartiger Transaktionen und ihrer registerrichterlichen Kontrolle haben die Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse. Sie kann daher nur in der Form der §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 vereinbart werden (§5, 44a; a. A. für das Aktienrecht neuerdings Geßler in Festschrift für Möhring, 1975, S. 175, 187ff. [dagegen aber Rdn. 59 a. E.] sowie allgemein Priester DB 1976 1804). Anderes gilt dagegen für die Aufrechnung der Gesellschaft gegen Darlehens- 62 anspräche, die erst nach Abschluß des Gesellschaftsvertrags oder nach Beschlußfassung über die Kapitalerhöhung entstanden sind. Ihr steht das Verbot des § 19 Abs. 3 nicht entgegen (so auch Rob. Fischer in LM Nr. 1 zu § 19 GmbHG unter Bezugnahme auf Boesebeck JW 1938 1402, Goerdeler S. 153). Das ergibt sich aus der teleologischen Restriktion des Verbots auf die Erfassung von Erfüllungssurrogaten der Einlageleistung (Rdn. 57). Dieser Normzweck greift bei späterer Darlehensgewährung schon deshalb nicht ein, weil der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehenshingabe Geld zugeflossen ist und nicht etwa eine Sachleistung. Daß die Parteien die Leistung nicht als Erfüllung der Einlageforderung behandelten, schließt die spätere Aufrechnung nicht aus, sofern nur die sonstigen Aufrechnungsvoraussetzungen (Vollwertigkeit, Fälligkeit, Liquidität des Darlehensanspruchs, Rdn. 38 f.) vorliegen. Schließlich ist auch an die Tendenz zu erinnern, Gesellschafterdarlehen im Konkurs der Gesellschaft haftendem Kapital gleichzustellen (Anhang zu § 30,74ff.). Damit wäre es schwer vereinbar, wollte man solche Darlehen, die erst nach Entstehung der Einlageschuld durch Hingabe von Geld an die Gesellschaft begründet worden sind, dem Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 3 unterstellen (für generelle Beurteilung der Aufrechnung gegen Darlehensansprüche der Gesellschafter nach Abs. 2 demgegenüber Priester DB 1976 1804). IV. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Abs. 2 und 3 Die Vorschriften der Absätze 2 und 3 sind zwingend (Rdn. 23, 47) und ent- 63 halten gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB. Daraus folgt die Nichtigkeit entgegenstehender Rechtsgeschäfte einschließlich der hierüber gefaßten Gesellschafterbeschlüsse (Rdn. 23). Im einzelnen ist zu unterscheiden: i. Erlaß, Stundung und sonstige zur (Teil-)Befreiung des Einlageschuldners 64 führende Rechtsgeschäfte (Rdn. 24, 29) sind nichtig. Der Gesellschafter bleibt in vollem Umfang zur Leistung verpflichtet. Eine von der Gesellschaft an Erfüllungs Statt angenommene Leistung befreit ihn nicht, sondern gibt ihm nur einen Bereiche(153)
§19
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
rungsanspruch gegen die Gesellschaft. Das gilt freilich auch dann, wenn der Wert der Leistung an Erfüllungs Statt im Einzelfall den Betrag der Einlage übersteigt (Scholz 19). 65
2. Aufrechnungen, die mit § 19 Abs. 2 S. 2 oder Abs. 3 unvereinbar sind, bringen die sich gegenüberstehenden Forderungen nicht zum Erlöschen. Der aufrechnende Gesellschafter muß damit rechnen, im Konkurs der Gesellschaft auf Leistung der Einlage in Anspruch genommen zu werden und sich seinerseits auf die Anmeldung seines Anspruchs als Konkursforderung beschränken zu müssen (Rdn. 35). Gleiches gilt bei Aufrechnung durch die Gesellschaft, wenn die Aufrechnungserklärung wegen mangelnder Vollwertigkeit des Gegenanspruchs oder wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 3 unwirksam ist, oder bei der Umgehung des Aufrechnungsverbots durch Erfüllung des Gegenanspruchs aus Mitteln der hierfür vom Gesellschafter geleisteten Einlage.
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3. Rechtsgeschäfte über die entgeltliche Überlassung von Vermögensgegenständen an die Gesellschaft sind demgegenüber zwar auch dann gültig, wenn sie nicht im Rahmen einer nach §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 vereinbarten Sachübernahme Zustandekommen (str., vgl. § 5, 128). Der daraus resultierende Vergütungsanspruch unterliegt jedoch dem Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 3. V. Abtretung, Pfändung und Verpfandung der Einlageforderung Schrifttum: Klaus Müller Zur Abtretung der Einlageforderung der GmbH, GmbH-Rdsch. 1970 57, 82. 1. Abtretung, Verpfandung
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Die Abtretung der Einlageforderung durch die werbende Gesellschaft wird von der heute h. M. unter der Voraussetzung zugelassen, daß der Gesellschaft hierfür eine vollwertige Gegenleistung zufließt (RGZ 149 293, 295; 156 23, 25; BGHZ 53 71, 72; Baumbach-Hueck 7, Scholz 22; weitergehend — Abtretbarkeit unabhängig vom Wert der Gegenleistung — Müller GmbH-Rdsch. 1970 58f.). Dem ist abweichend von der Vorauf!. (Anm. 25) zuzustimmen. Die früher verbreiteten grundsätzlichen Bedenken gegen die Abtretbarkeit von Einlageforderungen (vgl. außer der Vorauf!. Brodmann 6 a, Feine S. 300, Rospatt ZB1HR 1932 30, Schumacher JW1936 3156) sind heute überholt. Daß ein wirtschaftliches Bedürfnis für die Abtretung sowohl aus der Sicht der Gesellschaft als auch aus derjenigen ihrer Gläubiger bestehen kann, zeigt die nicht geringe Zahl von Entscheidungen, die sich mit der Abtretbarkeit beschäftigen (weitere Nachweise bei Müller GmbH-Rdsch. 1970 57 FN 3). Auch § 399 BGB steht nicht entgegen (a. A. Vorauf!. 25). Eine Inhaltsänderung hinsichtlich des Forderungsgegenstands und der dem Einlageschuldner dagegen zustehenden Einwendungen und Einreden (dazu Rdn. 69) tritt nicht ein. Auch das Kaduzierungsverfahren der §§ 21—23 wird durch die Abtretung nicht notwendig ausgeschlossen, wenn es auch nicht vom Zessionar eingeleitet werden kann (näher hierzu Müller GmbH-Rdsch. 1970 60ff.). Richtig ist demgegenüber zwar, daß der Zessionar nicht an das Erlaß verbot des § 19 Abs. 2 S. 1 gebunden ist (Müller S. 84); doch ist das kein Grund, hieran die Abtretung scheitern zu lassen. (154)
Einzahlungen auf die Stammeinlage (Ulmer)
§ 19
Über die Abtretung gegen vollwertige Gegenleistung hinaus hat die Recht- ¿8 sprechung Verfügungen über die Einlageforderung (bzw. deren Pfändung, vgl. auch Rdn. 71) im Liquidationsstadium der Gesellschaft auch in bestimmten sonstigen Fällen zugelassen, so wenn die Gesellschaft über kein sonstiges Vermögen mehr verfügt und der Zessionar der einzige Gläubiger ist (RGZ 149 293, 298) oder — beim Vorhandensein mehrerer Gläubiger — wenn das Konkursverfahren mangels Masse eingestellt und die Gesellschaft gelöscht war (RGZ 156 23, 27—29) oder schließlich wenn die Erhaltung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft zugunsten ihrer Gläubiger aus sonstigen Gründen nicht mehr erforderlich war (BGH LM Nr. 4 zu § 19 GmbHG, BGH DB 1968 165, 166, BB 1976 852, LG Osnabrück DB 1976 286). Dem ist zuzustimmen (so auch Baumbach-Hueck 7, Schöltj 23). Anderes gilt dann, wenn die Abtretung an einen Gesellschafter-Gläubiger erfolgt und ihm eine vorrangige Befriedigung seines Anspruchs verschaffen soll (BGHZ 53 71, 74). Die Rechtsstellung des Zessionars entspricht grundsätzlich derjenigen der ¿9 Gesellschaft. Die dem Einlageschuldner zustehenden Einwendungen, darunter namentlich die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 19 Abs. 1) und die fehlende Fälligkeit der Einlageforderung (Rdn. 10, 15), können auch dem Zessionar entgegengesetzt werden (Müller GmbH-Rdsch. 1970 85f.). Das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 besteht auch gegenüber dem Zessionar fort, soweit die Aufrechnung mit Gegenansprüchen gegen die Gesellschaft in Frage steht (RGZ 85 351, 353; BGHZ 53 71, 76; Müller GmbH-Rdsch. 1970 82f.). Dagegen ist der Einlageschuldner durch § 19 Abs. 2 S. 2 nicht gehindert, mit Ansprüchen aufzurechnen, die ihm unmittelbar gegen den Zessionar zustehen (BGHZ 53 71, 76; Müller 83); gleiches gilt für die Geltendmachung von Zurückbehaltüngsrechten über die Grenzen von § 19 Abs. 2 S. 2 hinaus aufgrund von Rechtsbeziehungen gegenüber dem Zessionar (Müller 84). Die der Gesellschaft in § 19 Abs. 2 S. 1 im Interesse der Kapitalaufbringung auferlegten Verfügungsbeschränkungen binden den Zessionar nicht: er ist nicht gehindert, die Forderung zu stunden, zu erlassen oder eine andere Leistung an Erfüllungs Statt anzunehmen (Müller GmbHRdsch. 1970 84f.), sofern sich hieraus keine Rückwirkungen auf die Vermögenslage der Gesellschaft ergeben. Für die Verpfändung der Einlageforderung (§ 1274 BGB) und die Rechtsstellung 70 des Pfandgläubigers gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend, soweit die begrenzte Verfügungsmacht des Pfandgläubigers (§§ 1280fF. BGB) keine Einschränkungen erfordert. 2. Pfändung Die Voraussetzungen für die Abtretung der Einlageforderung (Rdn. 67, 68) gelten entsprechend für den Fall der Pfändung und Überweisung {Baumbach-Hueck 1, Scholz 22). Die Pfändung setzt danach voraus, daß entweder der Anspruch des pfändenden Gläubigers gegen die Gesellschaft vollwertig ist oder daß die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt hat und die Sicherung der Kapitalaufbringung der Gesellschaft zugunsten ihrer Gläubiger wegen der Besonderheiten des Falles nicht mehr veranlaßt ist (vgl. die Rechtsprechungsnachweise in Rdn. 68, die überwiegend nicht die Abtretung, sondern die Pfändung von Einlageforderungen betreffen). Ist der pfändende Gläubiger zugleich der Einlageschuldner, so steht der Pfändung und Überweisung das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 S. 2 entgegen (KG JW 1930 3779, Barz GroßkommAktG § 66, 9). (155)
§ 20 72
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Auch hinsichtlich der Rechtsstellung des Pfändungspfandgläubigers ist grundsätzlich auf die Ausführungen zur Stellung des Zessionars zu verweisen (Rdn. 69). Abweichungen ergeben sich nur daraus, daß dem Pfändungspfandgläubiger nicht entgegengehalten werden kann, die Einziehung der Forderung verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip oder ein Gesellschafterbeschluß über die Einforderung der Einlagen stehe noch aus (str., vgl. Rdn. 17).
§20 Ein Gesellschafter, welcher den auf die Stammeinlage eingeforderten Betrag nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist zur Entrichtung von Verzugszinsen von Rechts wegen verpflichtet. Übersicht Rdn.
Rdn.
1 2
2. Erhöhung durch Gesellschaftsvertrag 10 3. Haftung für Zinsen 11 4. Ausschluß der Zinspflicht . . . . 12 5. Erlaß und Stundung 13 III. Weitergehende Ansprüche 1. Allgemeines 14 2. Vertragsstrafe 15-20 3. Zinsen neben Vertragsstrafe . . . 21 4. Behandlung im Jahresabschluß . . 22
Einleitung Reform I. Voraussetzungen 1. Einforderung 2. Form der Einforderung 3. Regelung im Gesellschaftsvertrag 4. Volleinzahlung bei Gründung . . 5. Einforderung durch Gesellschafterbeschluß 6. Wirkung der Einforderung . . . . II. Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen 1. Höhe der Zinsen
3 4 5 6 7 8 9
Einleitung 1
An die unpünktliche Erfüllung der Stammeinlageverpflichtung ist die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen geknüpft. Die Vorschrift bezieht sich nur auf Geldeinlagen (einhellige Meinung; so Baumbach-Hueck 1, und Scholas 1). Bei Verzögerung der Sacheinlage treten die allgemeinen Folgen des Verzuges ein (vgl. § 5, 83). Bei anderen Leistungen außerhalb der Kapitaleinlage, z. B. bei Nichtzahlung des Agios oder bei Nichterfüllung sonstiger Verpflichtungen gemäß § 3 Abs. 2 oder bei Nichtzahlung der Nachschüsse ist § 20 nicht anwendbar, vielmehr gelten nur die allgemeinen Voraussetzungen und Folgen des Leistungsverzuges (h. M. vgl. Baumbach-Hueck 1); wie bei der Zusage einer Geldleistung auf einen bestimmten Termin wird auch hier der Verzug mit dem Verfalltag eintreten und die Zinspflicht beginnen (§ 284 BGB). § 20 steht im Gang des Kaduzierungsverfahrens an erster Stelle; die Nichteinzahlung hat zunächst die Verzinsungspflicht zur Folge (vgl. Marcus Lutter, Rechtsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft, Probleme der GmbH-Reform [1969] S. 71). Reform
2
Die in § 20 getroffene Regelung wird im Grundsatz beibehalten, nur im einzelnen klarer gefaßt (§ 30 RegE). Dementsprechend wird die Verzinsung ausdrück(156)
§ 20 72
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Auch hinsichtlich der Rechtsstellung des Pfändungspfandgläubigers ist grundsätzlich auf die Ausführungen zur Stellung des Zessionars zu verweisen (Rdn. 69). Abweichungen ergeben sich nur daraus, daß dem Pfändungspfandgläubiger nicht entgegengehalten werden kann, die Einziehung der Forderung verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip oder ein Gesellschafterbeschluß über die Einforderung der Einlagen stehe noch aus (str., vgl. Rdn. 17).
§20 Ein Gesellschafter, welcher den auf die Stammeinlage eingeforderten Betrag nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist zur Entrichtung von Verzugszinsen von Rechts wegen verpflichtet. Übersicht Rdn.
Rdn.
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2. Erhöhung durch Gesellschaftsvertrag 10 3. Haftung für Zinsen 11 4. Ausschluß der Zinspflicht . . . . 12 5. Erlaß und Stundung 13 III. Weitergehende Ansprüche 1. Allgemeines 14 2. Vertragsstrafe 15-20 3. Zinsen neben Vertragsstrafe . . . 21 4. Behandlung im Jahresabschluß . . 22
Einleitung Reform I. Voraussetzungen 1. Einforderung 2. Form der Einforderung 3. Regelung im Gesellschaftsvertrag 4. Volleinzahlung bei Gründung . . 5. Einforderung durch Gesellschafterbeschluß 6. Wirkung der Einforderung . . . . II. Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen 1. Höhe der Zinsen
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Einleitung 1
An die unpünktliche Erfüllung der Stammeinlageverpflichtung ist die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen geknüpft. Die Vorschrift bezieht sich nur auf Geldeinlagen (einhellige Meinung; so Baumbach-Hueck 1, und Scholas 1). Bei Verzögerung der Sacheinlage treten die allgemeinen Folgen des Verzuges ein (vgl. § 5, 83). Bei anderen Leistungen außerhalb der Kapitaleinlage, z. B. bei Nichtzahlung des Agios oder bei Nichterfüllung sonstiger Verpflichtungen gemäß § 3 Abs. 2 oder bei Nichtzahlung der Nachschüsse ist § 20 nicht anwendbar, vielmehr gelten nur die allgemeinen Voraussetzungen und Folgen des Leistungsverzuges (h. M. vgl. Baumbach-Hueck 1); wie bei der Zusage einer Geldleistung auf einen bestimmten Termin wird auch hier der Verzug mit dem Verfalltag eintreten und die Zinspflicht beginnen (§ 284 BGB). § 20 steht im Gang des Kaduzierungsverfahrens an erster Stelle; die Nichteinzahlung hat zunächst die Verzinsungspflicht zur Folge (vgl. Marcus Lutter, Rechtsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft, Probleme der GmbH-Reform [1969] S. 71). Reform
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Die in § 20 getroffene Regelung wird im Grundsatz beibehalten, nur im einzelnen klarer gefaßt (§ 30 RegE). Dementsprechend wird die Verzinsung ausdrück(156)
Verzugszinsen (Goerdeler)
§20
lieh auf Geldeinlagen beschränkt; ferner wird der Gesetzestext dahingehend ergänzt, daß die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen ist. Schließlich wird nicht mehr auf die Zahlung von „Verzugszinsen" abgestellt, vielmehr entsprechend § 63 Abs. 2 AktG der Zinssatz in Höhe von 5% festgelegt; diese Verzinsungspflicht bleibt — wie im geltenden Recht — unabhängig von einem Verschulden des Gesellschafters. I. Voraussetzungen Voraussetzung für die Anwendung des § 20 ist, daß ein Gesellschafter den auf 3 die Stammeinlage eingeforderten Betrag nicht zur rechten Zeit einzahlt. 1. Einforderung Der Betrag muß eingefordert sein. Die Einforderung richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag; schweigt dieser, so ist ein Gesellschafterbeschluß nötig (unten Rdn. 7). Einforderung bedeutet die Erklärung der Gesellschaft, daß die Zahlung erfolgen solle. Sie ist nicht identisch mit Mahnung; diese setzt Fälligkeit schon voraus. Einforderung führt sie erst herbei (vgl. Erl. zu § 16). 2. Form der Einforderung Wie die Einforderung zu erfolgen hat, sagt das Gesetz nicht. Der Gesellschafts- 4 vertrag kann darüber Bestimmungen treffen. Es kann die Einforderung durch öffentliche Bekanntmachung oder durch eingeschriebenen Brief oder durch Zustellung eines Schreibens mittels Gerichtsvollzieher erfolgen. Wenn öffentliche Bekanntmachung für genügend erklärt ist, so liegt die Einforderung vor, wenn die Publikation in der für die Bekanntmachungen der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Zeitung erfolgt ist. Von dem zur Einzahlung bestimmten Augenblick an sind in diesem Falle die „Verzugszinsen" zu zahlen. Schweigt der Gesellschaftsvertrag, so ist die Zahlung von jedem einzelnen Gesellschafter besonders zu verlangen. Öffentliche Bekanntmachung genügt nicht. Die Einforderung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (h. M. vgl. Baumbach-Hueck 2A). Sie muß dem Zahlungspflichtigen zu erkennen geben, daß die Gesellschaft ihr Recht auf Einzahlung geltend macht. Eine Form ist nicht vorgeschrieben. Es genügt daher auch mündliches Ersuchen durch eine hierzu legitimierte Person. Aber auch jeder gewöhnliche Brief. Nur muß die Erklärung dem Zahlungspflichtigen zugehen (§ 130 BGB). 3. Regelung im Gesellschaftsvertrag Ob die Einforderung auch dann nötig ist, wenn der Gesellschaftsvertrag 5 bestimmte Zahlungstermine festsetzt, muß, falls der Wortlaut der entsprechenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrages nicht eindeutig ist, durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags festgestellt werden. Der Sinn der Termine kann der sein, daß hierdurch lediglich die Einforderbarkeit der Einlage eintritt. Vorher darf die Gesellschaft die Zahlung nicht fordern; es ist dann auch in diesem Falle stets die Einforderung nötig. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Satzung vorschreibt, daß die Stammeinlagen in bar zu erbringen sind (BGH LM Nr. 2 zu § 16). Es kann aber (157)
§ 20
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
der Wille der Gesellschafter oder der klare Wortlaut der Satzung dahin gehen, daß der Eintritt des Kalendertages auch die Einforderung ersetzt (vgl. §21, 9). Die Einlageschuld wird an diesem Zeitpunkt bereits fällig. Dann entsteht die Zahlungsund Zinspflicht. Eine besondere Anforderung (Zahlungsaufforderung) ist nicht erforderlich; wie hier: Scholz 4 sowie BGH LM Nr. 2 zu § 16; dagegen verlangen auch bei festgesetztem Termin stets noch eine „Einforderung": Baumbach-Hueck 2; Vogel 5 sowie Schüler GmbH-Rdsch. 1961 98). 4. Volleinzahlung bei Gründung 6
Schreibt der Gesellschaftsvertrag die sofortige Volleinzahlung der Stammeinlagen vor oder enthält er gar den Vermerk, daß die Stammeinlagen voll einbezahlt sind, so bedarf es einer „Einforderung" durch die Gesellschaft nicht. Die Stammeinlage ist dann mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages fällig (RG JW 1915 195). Der Geschäftsführer hat die Beträge vor Eintragung der Gesellschaft zur Einzahlung anzufordern (vgl. § 7 Abs. 2; h. M. Baumbach-Hueck 2A; Scholz 3; § 7 Rdn. 23ff.). 5. Einforderung durch Gesellschaftsbeschluß
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Nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bedarf es bei der Einforderung der Stammeinlagen grundsätzlich eines Beschlusses der Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 2 (RGZ 138 106; BGH LM Nr. 2 zu § 16). Der Gesellschaftsvertrag kann an deren Stelle andere Organe oder Dritte setzen (§ 45 Abs. 2; vgl. RGZ 149 293). Die Einforderung selbst erfolgt durch die Geschäftsführer. Ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts Gegenteiliges, so ist die Einforderung nur gültig, wenn die Gesellschafter sie beschlossen haben. Der Gesellschaftsvertrag kann Abweichendes bestimmen. So bedarf es eines Beschlusses der Gesellschafter auf Einforderung nicht, wenn in der Satzung von vornherein die sofortige Volleinzahlung bedungen (oben Rdn. 6) oder im voraus der Termin für deren Leistung festgelegt und herangekommen (oben Rdn. 5) oder endlich die Einforderung dem Geschäftsführer oder einem anderen Gesellschaftsorgan als der Gesellschafterversammlung überlassen ist (RGZ 138 106). Liegt eine der genannten Voraussetzungen nicht vor, so kann die Zahlung des eingeforderten Betrages ohne Beschluß der Gesellschafter verweigert werden. Bei den Beschlüssen über die Einforderung stimmen alle Gesellschafter (vgl. RG JW 1915 195). Nur dann, wenn die Ausübung des Stimmrechts zum Nachteil der Gesellschaft mißbraucht würde, ist sie unstatthaft (vgl. Erl. zu §§ 46 u. 47). Sind nach dem Gesellschaftsvertrag die restlichen Einzahlungen auf die Stammeinlagen „nach Bedarf" einzufordern und wird ein entsprechender Beschluß durch die Gesellschafter gefaßt, so kann sich der zur Einzahlung aufgeforderte Gesellschafter nicht darauf berufen, daß er den „Bedarf" (Eigenkapitalzuführung) verneine. Wenn die Satzung nichts anderes ergibt, hat die Einforderung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung gleichmäßig gegenüber allen Gesellschaftern zu erfolgen (Baumbach-Hueck 2A; im einzelnen vgl. die Erl. zu § 19). 6. Wirkung der Einforderung
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Unverzüglich nach der Einforderung (oben Rdn. 1—4) ist einzuzahlen (h. M. Baumbach-Hueck 2B); der genaue Zeitpunkt wird sich aus der Satzung oder dem (158)
Verzugszinsen (Goerdeler)
§20
Gesellschafterbeschluß ergeben. Der Gesellschafter, der seiner Einzahlungspflicht nicht zu diesem Zeitpunkt („zur rechten Zeit") nachkommt, unterliegt alsdann der Verzinsungspflicht. Auf ein Verschulden des Gesellschafters kommt es nicht an (Baumbach-Hueck 2B; Schuler GmbH-Rdsch. 1961 98; Scholz-Fischer 3; a. M. Scholz 5)Die Zinsen werden zwar „Verzugszinsen" genannt. Aber es wird, um klarzustellen, daß keine schuldhafte Verzögerung vorausgesetzt ist, sofort hinzugefügt, daß die Zinsen „von Rechts wegen" zu zahlen sind. Im Aktienrecht war in dem analogen § 218 HGB, um das klarzustellen, das Wort „Verzugszinsen", welches im alten HGB gestanden hatte, fortgelassen, es konnten deshalb die Worte „von Rechts wegen" dort entbehrt werden. So auch heute § 63 AktG, dessen Überschrift „Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung" das Nichtverschuldensprinzip klar herausstellt. Auch § 30 RegE folgt der hier vertretenen Auffassung (vgl. oben Rdn. 2). II. Die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen 1. Die Höhe der Zinsen Aus der Bezeichnung als „Verzugszinsen" folgt, daß die Höhe der Zinsen die- 9 selbe ist wie die Höhe der eigentlichen Verzugszinsen. Sie beträgt 4% (§ 288 BGB), wenn nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht. Im Aktienrecht gilt jedoch eine 5%ige Verzinsung (§ 63 Abs. 2 AktG). Die höheren Verzugszinsen des Handelsrechts (§§ 352, 353 HGB) kommen nicht in Betracht, da ein beiderseitiges Handelsgeschäft nicht vorliegt (h. M. Baumbach-Hueck 2B; Scholz *>)• Dies gilt auch dann, wenn für den Gesellschafter die Übernahme der Stammeinlage ein Handelsgeschäft darstellt, denn für die Gesellschaft selbst ist kein solches gegeben. 2. Erhöhung durch Gesellschaftsvertrag Der Zinssatz kann durch den Gesellschaftsvertrag erhöht werden (Schol^ß). 10 Bei einer späteren Erhöhung durch Änderung des Gesellschaftsvertrages ist § 53 Abs. 3 zu beachten. 3. Haftung für die Zinsen Für die Zinsen haftet, wer zur Zeit der Entstehung der Zinspflicht der 11 Gesellschaft als Gesellschafter angemeldet ist. Er haftet für die Zeit, in welcher gegenüber der Gesellschaft seine Gesellschaftereigenschaft besteht, also bis zur Veräußerung seines Geschäftsanteils und deren Anmeldung (§ 16). Außerdem haftet auch jeder Rechtsnachfolger für die Zinsen, die in der Person des Rechtsvorgängers entstanden sind (§16 Abs. 3). Ein Teilerwerber haftet für seinen Anteil (Erl. zu § 17). Mitberechtigte an einem Geschäftsanteil haften für die Zinsen gesamtschuldnerisch (§ 18 Abs. 2). 4. Ausschluß der Zinspflicht Der Gesellschaftsvertrag kann bestimmen, daß die Verzinsungspflicht nicht \2 besteht (ebenso Baumbach-Hueck 2B; Scholz-Fischer 2; Vogel 7; a. M. Scholz 5)- Denn das Verbot des § 19 Abs. 2 betrifft nur die Stammeinlage selbst (vgl. Erl. zu § 19); (159)
§ 20
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
darüber hinaus wird § 20 in § 25 nicht erwähnt. Die Gesellschafter sind daher frei, die Verzinsungspflicht abzubedingen. 5. Erlaß und Stundung 13
Auch der Erlaß und die Stundung der entstandenen Zinspflicht sind zulässig (a. M. Scholz 8). Dies folgt wiederum aus § 19 Abs. 2, der den Erlaß und die Stundung bei den Stammeinlagen verbietet. Den Worten „von Rechtswegen" ist ein zwingender Charakter des § 20 nicht zu entnehmen. In gleicher Weise ist auch die Aufrechnung gegen die entstandene Zinspflicht zulässig. III. Weitergehende Ansprüche 1. Allgemeines
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Über die Zinsen hinaus kann noch ein weiterer Schaden geltend gemacht werden (Baumbach-Hueck 2B; Schollj 9). §288 BGB ist mindestens entsprechend anzuwenden. Der Anspruch auf weiteren Schadensersatz setzt aber schuldhafte Zögerung voraus (hier gilt das Verschuldensprinzip, § 285 BGB). 2. Vertragsstrafe
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a) Der Gesellschaftsvertrag kann auch Vertragsstrafen festsetzen. So auch die h. M. {Schol^ Baumbach-Hueck 3, Vogel 10). Dem entspricht die jetzige Regelung in § 63 Abs. 3 AktG. Im einzelnen gelten für die Vertragsstrafe die Regeln des BGB und des HGB; der Gesellschaftsvertrag kann sie ausgestalten, ist aber an zwingendes Recht (z. B. das Ermäßigungsrecht des § 343 BGB vorbehaltlich §§ 348, 351 HGB) gebunden. Der Gegenstand der Vertragsstrafe bleibt dem Ermessen der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag überlassen. Es wird in den meisten Fällen ein Geldbetrag sein. Er kann auch in dem Verluste oder dem Ruhen von Rechten des säumigen Gesellschafters bestehen. Auch das Stimmrecht kann für die Dauer des Verzuges genommen werden. Eine Einziehung kann als Vertragsstrafe nicht in Betracht kommen, da diese Volleinzahlung der Stammeinlage voraussetzt (offenbar a. M. Baumbach-Hueck 3).
16
b) Die Vertragsstrafe muß im ursprünglichen Gesellschaftsvertrage oder in demjenigen Kapitalerhöhungsbeschluß, durch welchen der betreffende Anteil geschaffen wird, festgesetzt werden. Durch eine spätere Satzungsänderung können Vertragsstrafen gegen einen Gesellschafter nur mit seiner Zustimmung beschlossen werden (§ 53 Abs. 3). Einer allseitigen Zustimmung bedarf es nicht (Scholz 10).
17
c) Die Vertragsstrafe folgt den Regeln der §§ 339ff. BGB (vgl. darüber Näheres in den Kommentaren zum HGB und BGB). Im einzelnen ist aber folgendes hervorzuheben: aa) Die Vertragsstrafe kann für den Fall verzögerter Einzahlung der Stammeinlage vereinbart werden. Dann ist sie auf diesen Fall beschränkt. Sie kann aber im Gesellschaftsvertrage auch auf alle anderen Arten von Pflichtverletzungen (Handlungen wie Unterlassungen) gesetzt werden. Mitunter setzt der Gesellschaftsvertrag allgemein Strafen für den Fall der Nichterfüllung oder die nicht gehörige Erfüllung (160)
Verzugs2insen (Goerdeler)
§20
von Vertragspflichten fest. Dann ist es Auslegungsfrage, welche Vertragspflichten darunter zu verstehen sind. Bei der Nichtleistung positiver Verpflichtungen ist Verzug die Voraussetzung der Verwirkung (vgl. § 339 BGB; Scholz 10). Verzug liegt vor, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die der Gesellschafter zu vertreten hat, unterlassen wird. Es gelten die allgemeinen Voraussetzungen des BGB (§§ 339, 284, 285). bb) § 340 Abs. 1 BGB ist insoweit nicht anwendbar, als seine Bestimmungen 18 im Widerspruche zu § 5 und § 19 GmbH-Gesetz stehen. Die Vertragsstrafe kann damit nicht an die Stelle der Stammeinlageverpflichtung treten, sondern kann neben dieser Verpflichtung geltend gemacht werden {Scholz 10; Scholz-Fischer 4). Dagegen kann § 340 Abs. 1 BGB bei Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2) zur Anwendung kommen. Über die Frage, ob an Stelle einer im Gesellschaftsvertrag festgelegten, noch nicht geleisteten Sacheinlage eine Geldeinlage treten kann und welche Voraussetzungen hierzu erfüllt werden müssen, vgl. § 5, 75 ff.). cc) Das richterliche Ermäßigungsrecht des § 343 BGB findet Anwendung. Es 19 fällt fort, wenn der Gesellschafter zur Zeit der Übernahme der Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft Vollkaufmann ist (§§ 348, 351 HGB) und im Betriebe seines Handelsgeschäfts die Strafe zusagt (Scholz 10). Daraus folgt: war der Inhaber eines Geschäftsanteils Vollkaufmann und ging sein Geschäftsanteil auf einen Nicht-Vollkaufmann über, so kann letzterer das Ermäßigungsrecht für sich geltend machen. Anders, wenn der Vollkaufmann die Strafe bereits verwirkte und danach ein NichtVollkaufmann den Geschäftsanteil erworben hat; die Verpflichtung zur Entrichtung der Vertragsstrafe geht dann als eine bereits fällig gewordene auf den Erwerber über. Er erhält sie mit denjenigen Eigenschaften, die ihr in der Hand des Veräußerers anhaftete (§ 16 Abs. 3, wie hier Scholz 10). dd) Der Anspruch auf die Vertragsstrafe kann gleich dem auf Zinsen erlassen 20 werden (oben Rdn. 13). Ein Erlaß kann in der vorbehaltlosen Annahme der rückständigen Einlage liegen. 3. Zinsen neben Vertragsstrafe Zinsen und Vertragsstrafe nebeneinander können statutarisch festgesetzt sein. 21 Es hängt von dem Wortlaut und ggf. von der Auslegung des Gesellschaftsvertrages ab, ob Zinsen und Vertragsstrafe kumulativ geschuldet werden. Kommt danach eine Kumulierung nicht in Betracht, so können die Zinsen nach § 20 nur verlangt werden, soweit sie die Vertragsstrafe übersteigen; denn letztere gilt als Mindestbetrag i. S. von §§ 340 Abs. 2, 341 Abs. 2 BGB {Scholz 10). Ein weitergehender Schaden kann bei konkretem Nachweis geltend gemacht werden. 4. Behandlung im Jahresabschluß Zinsen und Vertragsstrafe sind, wenn sie eingehen, ein außerordentlicher Er- 22 trag. Soweit diese Erträge nicht dazu verwandt werden, fehlendes Kapital durch Kredite zu finanzieren, kann es sinnvoll sein, einen etwaigen Jahresüberschuß insoweit im Rahmen der Gewinnverwendung nicht auszuschütten, sondern eine Rücklage zu bilden.
(161)
Vor § 21
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Vorbemerkungen zu §§ 21 — 25 (Kaduzierungsverfahren)
Schrifttum Schüler, GmbH-Rdsch. 1961 98; Fichtner BB 1966 146; Spindler, GmbH-Rdsch. 1950 178; Buchwald, GmbH-Rdsch. 1959 108; Häusler, Lastentragung und Gewinnverteilung bei der GmbH, Diss. Bonn 1965; von Halem, Die Kaduzierung von Aktien und Geschäftsanteilen einer GmbH, Diss. Köln 1961; Lütter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, Karlsruhe 1964. 1. Zum geltenden Recht Die Vorschriften der §§ 21—25 dienen neben anderen (§ 5 Abs. 4, 19, 33 und 56) der Sicherung der Forderungen auf Einzahlung der Stammeinlagen (BGH in GmbH-Rdsch. 1963 68 = BB 1963 1391): Der säumige Gesellschafter, der die im Gesellschaftsvertrag ausbedungenen oder nach näherer Maßgabe von Gesellschafterbeschlüssen angeforderten Einzahlungen auf seine Stammeinlage nicht zur rechten Zeit erbringt, kann bei Einhaltung eines bestimmten Verfahrens seines Geschäftsanteils einschließlich der hierauf geleisteten Teilzahlungen für verlustig erklärt werden; die Gesellschaft muß das Kaduzierungsverfahren nicht einleiten. Es handelt sich um eine der möglichen Ausschließungen aus der Gesellschaft (daneben gemäß § 34 oder § 60; vgl. Goerdeler. Das Ausscheiden aus der GmbH nach geltendem und künftigem Recht, in Festschrift für C. H. Barz, Berlin [1974] S. 113); allerdings enthält die Kaduzierung de lege lata insofern ein Strafelement, als der Gesellschafter alle Rechte verwirkt und ihm insbesondere die schon geleisteten Teilzahlungen verlorengehen {Müller, GmbH-Rdsch. 1970 60). Man kann auch mit der Vorauf!. (§ 21 Einleitung) die Kaduzierung als eine besondere Ausgestaltung des Rücktritts vom gegenseitigen Vertrag bei Verzug des Schuldners ansehen. Das hierfür im Gesetz (§§ 21—25) vorgesehene Verfahren nennt man „Kaduzierungsverfahren", das seit dem ADHGB von 1861 dem Aktienrecht bekannt und nunmehr dort — wenn auch mit Abweichungen vom GmbH-Recht — in §§ 64, 65 AktG geregelt ist (hierzu Bar^ Großkomm. AktG § 64 Anm. 1). Im einzelnen ist das Verfahren sehr minuziös geregelt; in der Praxis kommt es selten zum Zuge. Höchstrichterliche Entscheidungen liegen kaum vor (vgl. R. Fischer zu LM Nr. 7 §§ 15, 21 = BGHZ 42 89). 2. Zur Reform Solange das Gesellschaftsrecht nicht auf der Volleinzahlung aller Geldeinlagen besteht (Begr. S. 93) und demgemäß nicht volleingezahlte Anteile zuläßt, bedarf es einer gesetzlichen Regelung im Interesse der Erbringung der Kapitalgrundlage, die im Gesellschaftsvertrag festgelegt und damit Dritten kundgetan ist. Die Forderung nach Volleinzahlung des Stammkapitals vor Eintragung der Gesellschaft ist gerade de lege ferenda erhoben (M. Lutter, Probleme der GmbH-Reform, Köln 1970 69; Fabricius GmbH-Rdsch. 1970 193; in Höhe des Mindestkapitals: Bar^ GmbH' Reform 1970 S. 43). Da auch der RegEntw. die Volleinzahlung nur für das Mindestkapital in Höhe von DM 20000, im übrigen aber nicht verlangt, gibt es auch in Zukunft ein Kaduzierungsverfahren. Es bleibt nach wie vor — trotz der von Gessler (162)
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
§ 21
GmbH-Rdsch. 1966 107 verlangten Vereinfachung — kompliziert, wenn auch das Verfahren im einzelnen neugestaltet und gestrafft wird (Begr. S. 100; vgl. ScholzFischer § 21, 7); wie nach geltendem Recht kann der säumige Gesellschafter nach vergeblicher Nachfristsetzung seines Geschäftsanteils und der darauf geleisteten Teilzahlungen für verlustig erklärt werden; es kann die Kaduzierung aber nach dem RegEntw. auf den Teil seines Geschäftsanteils beschränkt werden, der den noch nicht geleisteten Einlagen entspricht (§§ 31 Abs. 3, 39 RegEntw.). Darüber hinaus soll in Zukunft die unmittelbare gesamtschuldnerische Haftung der Mitgesellschafter schon von dem Augenblick an einsetzen, in dem der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils ganz oder teilweise für verlustig erklärt wird (§ 32 RegEntw.). DieVerwertung des kaduzierten Geschäftsanteils (bzw. eines Teiles) wird zum Teil neu geregelt (z. B. anteiliger Verkauf an die übrigen Gesellschafter). Schließlich wird die Ausfallhaftung des ausgeschlossenen Gesellschafters und seiner Rechtsvorgänger neu gestaltet sowie zusätzlich eine zusammenfassende Regelung über die Beträge getroffen, die durch die Verwertung des Geschäftsanteils und die Ausfallhaftung eingehen (§§ 37, 38 RegEntw.). Im einzelnen vgl. zur Reform das umfangreiche Schrifttum seit Veröffentlichung des Referentenentwurfs 1969 sowie Fabricius aaO.
§21 Im Falle verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrage oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.
Rdn. I. Nachfristsetzung mit Verfallsandrohung nach Abs. 1 1. Verzögerte Einzahlung . . . . 1— 4 2. Voraussetzungen der erneuten Aufforderung 5—10 3. Inhalt der erneuten Aufforderung (Nachfristsetzung, Verfallsandrohung) 11—15 IL Die Kaduzierung nach Abs. 2 1. Allgemeines (163)
16—20
Rdn 2. Form der Kaduzierung . . . . 3. Die Wirkung der Kaduzierung 4. Die Wirkung fehlerhafter Kaduzierung m . Die Ausfallhaftung nach Abs. 3 IV. Konkurs des säumigen Gesellschafters
21—22 23—29 30—32 33—38 39
V. Anwendung des Kaduzierungsverfahrens in anderen Fällen . . . . 40—41 VI. Steuerfragen 42
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
§ 21
GmbH-Rdsch. 1966 107 verlangten Vereinfachung — kompliziert, wenn auch das Verfahren im einzelnen neugestaltet und gestrafft wird (Begr. S. 100; vgl. ScholzFischer § 21, 7); wie nach geltendem Recht kann der säumige Gesellschafter nach vergeblicher Nachfristsetzung seines Geschäftsanteils und der darauf geleisteten Teilzahlungen für verlustig erklärt werden; es kann die Kaduzierung aber nach dem RegEntw. auf den Teil seines Geschäftsanteils beschränkt werden, der den noch nicht geleisteten Einlagen entspricht (§§ 31 Abs. 3, 39 RegEntw.). Darüber hinaus soll in Zukunft die unmittelbare gesamtschuldnerische Haftung der Mitgesellschafter schon von dem Augenblick an einsetzen, in dem der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils ganz oder teilweise für verlustig erklärt wird (§ 32 RegEntw.). DieVerwertung des kaduzierten Geschäftsanteils (bzw. eines Teiles) wird zum Teil neu geregelt (z. B. anteiliger Verkauf an die übrigen Gesellschafter). Schließlich wird die Ausfallhaftung des ausgeschlossenen Gesellschafters und seiner Rechtsvorgänger neu gestaltet sowie zusätzlich eine zusammenfassende Regelung über die Beträge getroffen, die durch die Verwertung des Geschäftsanteils und die Ausfallhaftung eingehen (§§ 37, 38 RegEntw.). Im einzelnen vgl. zur Reform das umfangreiche Schrifttum seit Veröffentlichung des Referentenentwurfs 1969 sowie Fabricius aaO.
§21 Im Falle verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrage oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.
Rdn. I. Nachfristsetzung mit Verfallsandrohung nach Abs. 1 1. Verzögerte Einzahlung . . . . 1— 4 2. Voraussetzungen der erneuten Aufforderung 5—10 3. Inhalt der erneuten Aufforderung (Nachfristsetzung, Verfallsandrohung) 11—15 IL Die Kaduzierung nach Abs. 2 1. Allgemeines (163)
16—20
Rdn 2. Form der Kaduzierung . . . . 3. Die Wirkung der Kaduzierung 4. Die Wirkung fehlerhafter Kaduzierung m . Die Ausfallhaftung nach Abs. 3 IV. Konkurs des säumigen Gesellschafters
21—22 23—29 30—32 33—38 39
V. Anwendung des Kaduzierungsverfahrens in anderen Fällen . . . . 40—41 VI. Steuerfragen 42
§ 21
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
I. Nachfristsetzung mit Verfallsandrohung nach Abs. 1
1
Die Gesellschaft hat den säumigen Gesellschafter 2ur Einzahlung unter Androhung der Kaduzierung erneut aufzufordern (unten Rdn. 9). 1. Voraussetzung ist die „verzögerte Einzahlung" der Einlagen. Wieviel der Gesellschafter an Rückständen schuldet, ist unerheblich (Scholz 4). Die vom Gesellschafter geschuldeten Beträge müssen fällig sein. a) Das Gesetz geht in § 21 davon aus, daß ein Gesellschafter mit seiner Leistung („Einzahlung") auf die Einlage im Rückstände ist. Sacheinlagen sind ohnehin in voller Höhe vor der Anmeldung zum Handelsregister zu leisten (§ 7 Rdn. 44, 45; Buchwald GmbH-Rdsch. 1959 108; BGH GmbH-Rdsch. 1966 139, 140). So ist es denn auf Grund des Wortlauts von § 21 Abs. 1 zweifelsfrei, daß das Kaduzierungsverfahren bei Bareinlagen stattfinden kann (h. M. vgl. Baumbach-Hueck 1). Die h. M. nimmt darüber hinaus, insbes. auf Grund von RGZ 68 271, an, daß das Kaduzierungsverfahren nur bei Geldeinlagen Anwendung finden kann (Baumbach-Hueck, 1; Scholz 4; Vogel 1; Fichtner BB 1966 146; Schuler GmbH-Rdsch. 1961 98); man meint, daß die Geldleistung, die anstelle einer nicht-geleisteten Sacheinlage tritt, immer eine Ersatzleistung bleibe und nicht eine Geldeinlage-Leistung darstelle. Dieser Auffassung kann, wie schon in der Vorauf!., nicht gefolgt werden. Vielmehr ist das Kaduzierungsverfahren auch in all den Fällen abwendbar (wie hier von Halem aaO. S. 6ff.), in denen an die Stelle einer versprochenen, aber nicht erbrachten Sacheinlage die Verpflichtung zur Erbringung der entsprechenden Bareinlage tritt; es handelt sich insbesondere um die verschiedenen Fälle der Mängel der Sacheinlage (vgl. § 5, 75—88; Hohner DB 1975 629; Fischer JZ 1954 428). Der Gesellschafter kann sich in diesen Fällen durch Erfüllung einer entsprechenden Geldeinzahlungspflicht von der Sacheinlageverpflichtung befreien. Wird die Geldeinlagepflicht allerdings nicht erfüllt, so kann kaduziert werden (Lutter Kölner KommAktG § 64, 8 spricht von der wieder zur Geldschuld gewordenen Sacheinlage; a. M. Barz Großkomm. AktG § 66, 2). Wegen Nichtleistung der Sacheinlage kann somit die Kaduzierung unmittelbar nicht stattfinden, zunächst muß die Geldeinlagepflicht seitens der Gesellschaft geltend gemacht werden. b) Unanwendbar ist § 21 aber dort, wo es sich nicht um die Leistung der Einlage handelt, z. B. um die Leistung eines Agio, um sog. Nebenleistungen (§ 3 Abs. 2), oder um Vertragsstrafen (wie hier SchoI%, 4). Allerdings könnte der Gesellschaftsvertrag das Kaduzierungsverfahren in diesen Fällen für entsprechend anwendbar erklären (vgl. unten Rdn. 40).
2
c) Schuldet der Gesellschafter auf seine Stammeinlage eine Sacheinlage in Verbindung mit einer Geldeinlage (sogen. Mischeinlage; zum Begriff vgl. § 5, 98) und verzögert er nach Erfüllung der Sacheinlage die Geldeinzahlung, so ist die Kaduzierung des ganzen Geschäftsanteils wegen Nichtleistung des Geldeinlagerückstandes möglich. Der Geschäftsanteil ist nicht nach Sach- und Bareinlage getrennt zu behandeln; der Gesellschaftsvertrag stellt hinsichtlich der doppelten Verpflichtung (Sach- und Bareinlage) ein einheitliches Rechtsgeschäft dar (Unteilbarkeit der Einlage). So jetzt die h. M. (Baumbach-Hueck 1; Scholz-Fischer 2, Scholz 4; Fichtner BB 1966 146). Die Kaduzierung erstreckt sich auf den ganzen Geschäftsanteil, der Gesellschafter verliert seinen Anteil, auch wenn und soweit er die versprochene Sacheinlage schon erbracht hat (wie hier ausführlich von Halem aaO. S. 9). (164)
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
§21
d) Wegen Leistungen, die der Gesellschafter auf die Geldeinlagen eines anderen 3 Gesellschafters schuldet, kann die Kaduzierung seines Geschäftsanteils nicht begründet und durchgeführt werden. Daher kommt eine Kaduzierung wegen der Mithaftung nach § 24 nicht in Betracht. Veräußert ein Gesellschafter einen Teil seines Geschäftsanteils, so haftet er als Gesellschafter nur noch für einen Teil seiner Einlageverpflichtungen, der dem in seinen Händen verbleibenden Teile des Geschäftsanteils entspricht insoweit kann noch eine Kaduzierung in Betracht kommen. Wegen des Betrages, der als Rückstand auf dem abgetretenen Teile lastet und für den er noch einzustehen hat (vgl. Erl. zu § 16 Abs. 3), kann ihm das Kaduzierungsverfahren für den in seinen Händen verbliebenen Teil seines Geschäftsanteils aber nicht angedroht werden. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 kann das Kaduzierungsverfahren „im Falle verzögerter 4 Einzahlung" in Gang gesetzt werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß Verzug i. S. des BGB nicht Voraussetzung ist (wie hier Baumbach-Hueck 2 A; Fichtner BB 1966 146; a. M. ScboI% 4). Diese Frage kann nicht anders als wie zu § 20 beurteilt werden (vgl. Rdn. 8 zu § 20). Die „verzögerte Einzahlung" beinhaltet noch nicht, daß bereits eine „Aufforderung" erfolgt sein muß; diese Frage wird im Zusammenhang mit der Frage der erneuten Aufforderung behandelt (unten Rdn. 9). 2. Im Falle verzögerter Einzahlung ergibt sich aus § 21 Abs. 1 das Recht der 5 Gesellschaft, eine erneute Aufforderung mit Nachfrist und Verfallsandrohung an den säumigen Gesellschafter zu erlassen. Nach dem Gesetz steht der Gesellschaft das Recht zu, die weiteren Schritte einzuleiten („kann"), verpflichtet ist sie hierzu nicht. Gläubiger der Gesellschaft können das Kaduzierungsverfahren nicht erzwingen (RGZ 86 419; Baumbach-Hueck 1; Scholz 3 ; O L G Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1962 158). Im Einzelfall ist aber zu prüfen, ob den Geschäftsführer nicht die Pflicht trifft, das Verfahren nach § 21 zu betreiben; diese Frage kann sich stellen aus dem Gesellschaftsvertrag oder seiner Auslegung (§ 2 Rdn. 119ff.) oder aus dem Gesellschafterbeschluß, der gemäß § 46 Nr. 2 in der Regel das Verfahren der Einforderung von Einzahlungen einleitet (§ 20 Rdn. 5). Bleiben Zweifel, so wird der Geschäftsführer einen Gesellschafterbeschluß herbeiführen; jedenfalls bedarf der Vorgang der Erfüllung der Geldeinlageverpflichtung besonderer Sorgfalt, da es sich um die Kapitalaufbringung handelt. Andererseits können die Gesellschafter auch durch Beschluß, der die Geschäftsführer bindet, in das Kaduzierungsverfahren eingreifen, soweit nicht gemäß § 46 Nr. 2 ohnehin ein Gesellschafterbeschluß zur Einforderung der Einlagen erforderlich ist (vgl. unten Rdn. 10). Es handelt sich hierbei um einen „Akt des inneren gesellschaftlichen Lebens" der Gesellschaft (vgl. Erl. zu § 45; der Geschäftsführer hat bei solchen Akten den Gesellschaftern gegenüber keine Vertretungsbefugnis, wenn die Gesellschafter ein anderes Vorgehen, insbesondere auch ein unterschiedliches Vorgehen gegen einzelne Gesellschafter beschließen (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1962 158). Statt nach § 21 Abs. 1 vorzugehen, kann die Gesellschaft gegen den Gesellschafter auf Zahlung der Resteinlage klagen und in sein Vermögen zwangsvollstrecken, auch seinen Geschäftsanteil pfänden und versteigern lassen. Sie kann auch im Konkurs des Gesellschafters statt zu kaduzieren ihre Forderung anmelden (RGZ 79 174, 178 betr. die AG); wählt sie diesen Weg, so stehen ihr die Rechte aus § 21 Abs. 3, § 22 und § 24 nicht zu. Wegen Einzelheiten vgl. unten Rdn. 40. (165)
§ 21
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Befindet sich die Gesellschaft selbst in Konkurs, so kann sie ebenfalls das Kaduzierungsverfahren betreiben, nunmehr durch den Konkursverwalter (RGZ 86 419); vgl. Erl. zu § 63 wegen der Einzelheiten). Ist die Gesellschaft in Liquidation, so kann ebenfalls das Kaduzierungsverfahren betrieben werden; jedoch sind die besonderen Gesichtspunkte der Liquidation zu beachten, insbesondere ob die Einziehung der Einlageschuld noch zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (RGZ 149 293; Erl. zu § 70). Auch bei Abtretung der Einlageforderung (vgl. Erl. zu § 19) verbleibt der Gesellschaft das Recht zur Kaduzierung (Müller GmbH-Rdsch. 1970 60). 6 b) Die Aufforderung ist an den säumigen Gesellschafter zu richten. Die Gesellschaft muß im Gegensatz zum Aktienrecht (vgl. oben Vorbemerkungen) nicht etwa an alle säumigen Gesellschafter die erneute Aufforderung erlassen. Der Gleichheitsgrundsatz, der bei der Einforderung der Stammeinlage (§19 Abs. 1) im Interesse der Schaffung und Erhaltung des Gesellschaftskapitals ohnehin nur gilt, wenn alle Gesellschafter leistungsfähig sind (Erl. zu § 14 und zu § 19, vgl. RGZ 149 293; Schilling JZ1953 490), ist bei der Kaduzierung als Mittel zur Beitreibung des Einlagerückstandes nur beschränkt gültig (a. M. offenbar Fabricius GmbH-Rdsch. 1970199). Entscheidend ist, wie die Gesellschaft am schnellsten und wirksamsten das Gesellschaftskapital beschaffen kann; denn das entspricht dem Gesetzeszweck (vgl. Erl. zu § 19). Trotz dieser Einschränkung des Gleichheitsgrundsatzes wird man eine willkürliche, unterschiedliche Behandlung von säumigen Gesellschaftern nicht zulassen können ([Baumbach-Hueck 2 C; Scholas Fischer 3 c). Die Geschäftsführer dürfen daher im Interesse der Aufbringung der Stammeinlage den jeweils Erfolg versprechenden Weg gegen die säumigen Gesellschafter einschlagen; dieses Ziel ist vorrangig (Scholz 6; Baumbach-Hueck 2 C). Wie sie dieses Ziel gegenüber dem einzelnen Gesellschafter erreicht, bleibt ihr überlassen. Die Gesellschaft kann gegen den einen Gesellschafter mit der Klage auf Zahlung vorgehen, gegen den anderen Gesellschafter mit der erneuten Aufforderung und Verfallsandrohung. Beim dritten kann sie auch warten, wenn dies vertretbar erscheint (Feine S. 303; OLG Düsseldorf aaO.). 7
c) Die Aufforderung ergeht an denjenigen Gesellschafter der bei der Gesellschaft angemeldet ist. Denn ihr gegenüber gilt nur dieser als Gesellschafter (§16); auch dann, wenn er den Geschäftsanteil bereits veräußert hatte. Sein nicht angemeldeter Rechtsnachfolger muß die Aufforderung gegen sich gelten lassen (§16 Abs. 2). Wird die Veräußerung nach § 16 angemeldet, so geht das Verfahren im jeweiligen Stande weiter (Scholz Baumbach-Hueck 2 C): wird nach der Einforderung die Veräußerung bei der Gesellschaft angemeldet, so ergeht die Verfallsandrohung an den Erwerber. Erfolgt die Anmeldung nach der Verfallsandrohung (§ 21 Abs. 1), so ist die Kaduzierungserklärung (§ 21 Abs. 2) dem Erwerber gegenüber zu erklären. Eine Frist zur Einleitung des Kaduzierungsverfahrens besteht nicht. Die Gesellschaft hat, solange der Gesellschafter den eingeforderten Betrag nicht gezahlt hat, das Recht zur Kaduzierung (vgl. unten Rdn. 12). 8 d) Eine erneute Aufforderung zur Zahlung kann nur die Gesellschaft erlassen. Voraussetzung ist, daß die Gesellschaft im Zeitpunkt der erneuten Aufforderung besteht, also in das Handelsregister eingetragen ist (RGZ 58 55, 57; Scholz 5; Baumbach-Hueck 2 B). Ein Dritter (etwa ein Gesellschaftsgläubiger) kann weder die Aufforderung noch die Kaduzierung aussprechen. Eine Abtretung dieses Rechts der Gesellschaft kommt nicht in Betracht, da nur sie auffordern und kaduzieren darf (§ 399 BGB; vgl. Erl. zu § 19, Baumbach-Hueck 2 E und Scholz10)-Die Aufforderung geschieht durch die nach der Satzung zur Vertretung der Gesellschaft erforderliche (166)
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
§21
Zahl der Geschäftsführer (Braunschweig OLGR 36 287). Dem Aufsichtsrat oder einem anderen Gremium, dem gemäß §§ 45, 46 Nr. 2 das Recht zur Einforderung der Einlagen durch den Gesellschaftsvertrag zugewiesen ist, steht das Recht zur „erneuten Aufforderung" nicht zu. e) § 21 Abs. 1 Satz 1 spricht von einer „erneuten Aufforderung"; nach dem 9 Wortlaut müßte also bereits eine Aufforderung vorausgegangen sein. Diese Auffassung wird auch weitgehend vom Schrifttum vertreten, da es sich bei der Kaduzierung um eine schwerwiegende Folge handele (Baumbach-Hueck 2 B ; Fichtner B B 1966146); Schuler GmbH-Rdsch. 196198; Scholz-Fischer 3 b ) - D e m kann entsprechend den Ausführungen in § 20 Rdn. 3 nicht zugestimmt werden (wie hier Scholz 5; von Halem aaO. S. 30). Wenn der Gesellschaftsvertrag für die Zahlung der Einlageschuld feste Termine fesdegt, so liegt in dieser Regelung die verlangte erstmalige Aufforderung (für diese Auslegung spricht auch die Begründung in BGH LM Nr. 2 zu § 16; vgl. auch Begr. RegE S. 100). Die Gesellschafter müssen ihren Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag, insbesondere der zur Kapitalaufbringung, nachkommen. Auch von einem Erwerber von Geschäftsanteilen, die nicht voll eingezahlt sind, kann dies verlangt werden. In diesem Falle wird also die „erneute" Aufforderung zur ersten Aufforderung (wie hier Scholz 5). Voraussetzung ist aber auch hier stets (oben Rdn. 8), daß die Gesellschaft bereits in das Handelsregister eingetragen ist. Wenn es mangels Satzungsbestimmung einer ersten Aufforderung bedarf, so kann diese bereits im Gründungsstadium abgegeben werden. Diese erste Aufforderung darf aber nicht schon die Androhung des Ausschlusses enthalten (KG in OLGR 19 370 und 371). Doch erscheint es zulässig, daß mit der ersten Aufforderung die Gesellschafter auf das weitere Verfahren bei Nichtzahlung hingewiesen werden. f) Nach der h. M. (Baumbach-Hueck 2 E ; Scholz-Fischer 4; Scholz 1 0 5 Fichtner B B 10 1966 147) ist kein besonderer GesellschafterbeschluJß erforderlich, der die Geschäftsführung zur Kaduzierung ermächtigt. Dem ist zuzustimmen; die abweichende Auffassung der Vorauf!. 9 wird aufgegeben. Aber es ist doch folgendes zu bemerken: wenn der Gesellschaftsvertrag selbst nicht den Zahlungstermin für die Fälligkeit der Einlageschuld festsetzt (hierzu § 20 Rdn. 3 sowie RGZ 138 106), bedarf es zur Einforderung der Einlagen zunächst eines Gesellschafterbeschlusses nach § 46 Nr. 2 (§ 20 Rdn. 7; gemäß § 45 Abs. 2 ist Übertragung an ein anderes Gremium zulässig, vgl. Erl. zu § 46 sowie Köln OLGR 19 369). Die Gesellschafter können in diesem Beschluß weitere Einzelheiten für das Vorgehen nach §§ 21 ff. festlegen (wegen der einzuhaltenden Fristen vgl. unten Rdn. 12); sie können als oberstes Organ auch bestimmen, daß das Kaduzierungsverfahren im eigentlichen Sinne beginnend mit der „erneuten Aufforderung" ihrer nochmaligen Beschlußfassung unterliegt. Sie können damit Herr des weiteren Verfahrens bleiben (vgl. oben Rdn. 5 sowie OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1962 158). Nur wenn die Gesellschafter die Einforderung der Einlage ohne weitere Zusätze oder Vorbehalte beschlossen haben, sind die Geschäftsführer im weiteren Vorgehen nach §§ 21 ff. frei; das bereits eingeleitete Kaduzierungsverfahren kann sogar abgebrochen werden, wenn dies im Interesse der GmbH zweckmäßig erscheint (Barz Großkomm. AktG § 64 Anm. 5). 3. Der Inhalt und Form der erneuten Aufforderung a) Der Gesellschafter muß zur Zahlung der rückständigen Einlage aufge- 11 fordert werden. Kann nicht sofort mit aller Bestimmtheit ermittelt werden, wieviel (167)
§ 21
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
der Gesellschafter schuldet, so kann ein Mindestbetrag gefordert werden; im Aufforderungsschreiben muß der Gesellschafter entsprechend unterrichtet werden. Jedenfalls macht die Anforderung eines zu hohen oder eines zu niedrigen Betrages das Verfahren nicht unwirksam (wie hier Scholz 7; differenzierend von Halem, aaO. 32). Betreibt die Gesellschaft das weitere Kaduzierungsverfahren, obwohl der Gesellschafter den nach seiner Meinung geschuldeten Rückstand gezahlt hat, so muß er gegen die Gesellschaft klagen. 12 b) Eine Nachfrist muß gestellt werden. Ungenügend ist das Verlangen „prompt" zu bezahlen (Köln OLGR 19 369); damit wäre eine Frist überhaupt nicht gesetzt. Die Frist muß mindestens einen Monat betragen (§ 21 Abs. 1 Satz 3). Eine längere Nachfrist ist gestattet. Eine kürzere ist wirkungslos. Nicht hinreichend ist eine Frist von vier Wochen (so jetzt auch Scholz 8). Die Bemessung nach Monaten ist nicht vorgeschrieben. Die Frist kann auch in Tagen oder Wochen ausgedrückt sein, wenn nur der Mindestzeitraum von einem Monat gewahrt ist. Ebenso kann an Stelle der Frist ein Termin bestimmt sein, immer vorausgesetzt, daß zwischen der Aufforderung und dem Termin mindestens ein Monat liegt. Für die Berechnung der Frist sind die Bestimmungen der §§ 187ff. BGB maßgebend. Gegenüber der hier vertretenen Meinung sind OLG München 22 15 sowie Baumbach-Hueck 2 B und Schüler GmbH-Rdsch. 1961 99 der Auffassung, daß eine in der erneuten Aufforderung zu kurz bemessene Frist (z. B. 2 oder 4 Wochen) als eine solche von 1 Monat anzusehen und daher rechtswirksam sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, da das Gesetz (§ 21 Abs. 1 Satz 3) ausdrücklich eine Einmonatsfrist vorsieht und das Kaduzierungsverfahren wegen der ihm eigenen Straffunktion in seinen Formvoraussetzungen zu erfüllen ist. Während der Abstand zwischen „erneuter" Aufforderung (hierzu oben Rdn. 4) und Ausschlußandrohung durch die Nachfrist nach § 21 Abs. 1 Satz 3 bestimmt ist. gibt es für die etwa vorausgegangene erste Aufforderung keine Fristenbestimmung. Wenn der Gesellschafterbeschluß (oben Rdn. 5) oder der Gesellschaftsvertrag insoweit keine Bestimmungen enthält, können die Geschäftsführer der ersten Aufforderung kurzfristig die „erneute" folgen lassen; es muß allerdings zwischen diesen beiden Aufforderungen den Gesellschaftern eine angemessene Zeit zur Erfüllung bleiben. 13 c) Der Ausschluß mit dem Geschäftsanteil muß angedroht werden, und zwar für den Fall, daß der Gesellschafter nicht in der gesetzten Frist leistet. Das Wort „Ausschluß" braucht nicht verwandt zu werden (Baumbach-Hueck 2 D); es muß nur klar zum Ausdruck kommen, daß das Kaduzierungsverfahren den säumigen Gesellschafter treffen kann. Ist dies der Fall, so braucht nicht auf den möglichen Verlust der geleisteten Teilzahlungen hingewiesen zu werden (vgl. unten Rdn. 22). Fehlt es an der Androhung in der erneuten Aufforderung, so ist das Ausschließungsverfahren unwirksam (Scholz 9)Hat der säumige Gesellschafter mehrere Geschäftsanteile, so muß angegeben werden, für welchen Anteil die Kaduzierung angedroht wird. 14
d) Als Form ist eingeschriebener Brief vorgeschrieben. Das ist die Mindestform. Mündliche Aufforderung, einfacher Brief, öffentliche Bekanntmachung genügen nicht. Der Gesellschaftsvertrag kann an dieser Mindestform nichts verringern. Aber es ist auch nur eine Mindestform. Zustellung gemäß § 132 BGB Abs. 1 (Zustellung durch Gerichtsvollzieher) oder Abs. 2 (öffentliche Zustellung) genügt (vgl. Schol^ 11)- Der Gesellschaftsvertrag kann Erschwerungen anordnen. Sinnvoll ist Einschreibebrief mit Rückschein, um den Zugang nachweisen zu können. (168)
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
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Eine Bekanntmachung in den öffentlichen Blättern, wenn auch unter Angabe des Namens des Gesellschafters genügt im Unterschied zum AktG (§ 64 Abs. 2) nicht. e) Die Aufforderung ist nur wirksam, wenn sie dem Gesellschafter zugegangen 15 ist. Sie ist nach der h. M. (Schol^ 11, Baumbach-Hueck 2 F) eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Für den Zugang eines eingeschriebenen Briefes gelten die allgemeinen Regeln (Palandt 31, Aufl. Anm. 2 zu § 130 BGB). Ist kein empfangsberechtigter Vertreter des Empfängers anwesend, so ist der Brief nicht zugegangen (RAG JW 1932 2563). Es genügt nicht, daß er abgegangen ist. Doch genügt die Gesellschaft ihrer Beweislast, wenn sie die Absendung eines eingeschriebenen Briefes des gesetzlich vorgeschriebenen Inhalts an die Adresse des Gesellschafters dartut. Der Gegenbeweis, daß der Brief nicht angekommen sei, ist dem Gesellschafter jedenfalls gestattet (Schol^ 11). Ist die Aufforderung durch Verschulden des Gesellschafters nicht zugegangen, so gilt sie als zugegangen. Das ist anerkanntes Rechtsprinzip {Schofy 11; BaumbachHueck 2 F; BGH BB 1972 732). Allerdings muß verlangt werden, daß die Geschäftsführer nach einem ersten vergeblichen Zustellungsversuch alles tun, um tatsächliches Zugehen zu erreichen (BGH in BB 1952 732). Getrennt davon ist die Frage zu beurteilen, von wann ab die Frist des Abs. 1 Satz 3 läuft, nach dem der Brief eingetroffen ist. Das RG hat (in JW 1905 443; Holdheim 14 239 und Recht 08 3181) für die Berechnung der Frist den Tag der Aufgabe zur Post für maßgebend erklärt. Die Gründe, welche im wesentlichen auf die Analogie der Einladung zur Gesellschafterversammlung hinweisen, sind nicht überzeugend. Wenn auch dort die Ansicht des RG zu billigen ist, so ist doch ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Einladung zu einer Versammlung und einer Zahlungsaufforderung mit Kaduzierungsandrohung. Nur die letztere ist ein Rechtsgeschäft. Auf diese muß mangels ausdrücklicher abweichender Gründe aus dem Gesetze die Regel des § 130 BGB angewendet werden; es kommt also für den Fristlauf auf den Zugang des Briefes an (wie hier auch Schölt^ 11; Baumbach-Hueck 2 F; Vogel Anm. 6). II. Die Kaduzierung nach Abs. 2 1. Allgemeines a) Nach Ablauf der Frist ist die Kaduzierung auszusprechen (hierüber unten 16 Rdn. 18). Wegen der Zuständigkeit innerhalb der Gesellschaftsorgane vgl. oben Rdn. 10. Jedoch werden die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber die Verpflichtung zum Ausspruch der Kaduzierung haben, wenn ein Gesellschafterbeschluß bzw. eine Satzungsbestimmung über die Durchführung des Verfahrens nach §§ 21 ff. vorliegt (oben Rdn. 5). Im Konkurse spricht der Konkursverwalter, im Liquidationsstadium der Liquidator die Kaduzierung aus (vgl. RGZ 138 106). Die Geschäftsführer verletzen u. U. bei Nichtausspruch ihre gesetzliche Pflicht. Sie können der Gesellschaft auf Schadensersatz haften, insbesondere wenn durch ihr Verhalten auch die Ansprüche nach §§ 22 und 24 gefährdet werden, da deren Geltendmachung die Kaduzierung voraussetzt. Notfalls haben die Geschäftsführer die Kaduzierung im Klagewege durchzusetzen. Aber auch in diesem Stadium (Ablauf der gesetzten Nachfrist) können die Geschäftsführer ihrer Sorgfaltspflicht ggf. auch dadurch nachkommen, daß sie statt (169)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Ausspruch der Verlusterklärung auf Zahlung klagen (oben Rdn. 5); sie müssen den der Gesellschaft vorteilhaften Weg wählen (vgl. Baumbach-Hueck 3 A; Schol% 14; Feine S. 30; RGZ 51 416). Der Ablauf der Frist ist für die Abgabe der Verfallserklärung abzuwarten. Die vorher ausgesprochene Kaduzierung ist wirkungslos, auch dann, wenn eine Zahlung der rückständigen Beträge bis zum Ablauf der Frist nicht mehr erfolgt. Die Kaduzierung muß in diesem Falle nachgeholt werden. 17
b) Der Gesellschaftsvertrag kann die Wirkung des Fristablaufs nicht beseitigen. Ein Verzicht auf die bereits eingetretenen Folgen der Androhung und des Fristablaufs ist ohne Wirkung. Die Kaduzierung kann trotz derselben ausgesprochen werden. Daher kann sich der Geschäftsführer dem Gesellschafter gegenüber auch nicht verpflichten, die Kaduzierung nicht auszusprechen (Celle OLGR 6, 191). Die Beweggründe, aus denen der Geschäftsführer die Kaduzierung ausspricht, sind unerheblich; eine unterschiedliche willkürliche Kaduzierung wird jedoch nicht zulässig sein (oben Rdn. 6).
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c) Mit dem Ablauf der Nachfrist erwerben weder Dritte noch der Gesellschafter selbst einen Anspruch auf Kaduzierung gegen die Gesellschaft. „ I s t . . . zu erklären" bedeutet nicht, daß die Gesellschaft nur den Weg des Ausspruchs der Kaduzierung hat (vgl. oben Rdn. 5 und 16; h. M. Scholz 14; Schüler GmbH-Rdsch. 1961 98; ferner RGZ 51 416). Die Gesellschaft kann zur Kaduzierung nicht gezwungen werden, dies kann nur im Konkurs der Gesellschaft erreicht werden (RGZ 86 419).
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d) Eine Frist für den Ausspruch der Kaduzierung ist nicht vorgeschrieben. Sie muß auch nicht unmittelbar nach Ablauf der dem säumigen Gesellschafter gesetzten Nachfrist ausgesprochen werden. Doch wird man mit Baumbach-Hueck 3 A und Schuler GmbH-Rdsch. 1961 98 verlangen müssen, daß der Geschäftsführer nicht zu lange zögert. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Verwirkung, andernfalls wäre der Geschäftsverkehr gefährdet. Im übrigen ist darauf zu achten, ob die sich etwa aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Fristen für die „erste Aufforderung" eingehalten sind (KG OLGR 19 370).
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e) Bis zum Ausspruch der Kaduzierung hat der Gesellschafter das Recht, die rückständigen Beträge zu zahlen und dadurch den Ausspruch abzuwenden. Auch dann, wenn die gestellte Frist inzwischen abgelaufen ist (Scholz 13). Es genügt aber nicht die Absendung des Betrags. Er muß vor dem Ausspruch der Kaduzierung eingegangen sein. Auch die Zahlung durch einen Dritten ist möglich (§ 267 BGB). Erfolgen Empfang der Zahlung und Zugang des Kaduzierungsschreibens gleichzeitig, so geht die Zahlung vor. In dem kritischen Moment wird die Voraussetzung der Ausschließung zerstört. Sobald aber die Kaduzierung ausgesprochen ist, kann der Gesellschafter weder Zahlung anbieten noch die Wiederübertragung seines Geschäftsanteils verlangen {Baumbach-Hueck 3 B). Die Gesellschaft hat nicht das Recht, vom Gesellschafter Zahlung anzunehmen und ihm dafür das Anteilsrecht wieder zu gewähren. Die Gesellschaft kann, nachdem der Gesellschafter ausgeschlossen ist, nicht nach ihrem Belieben über den Geschäftsanteil verfügen. Sie begibt sich sonst ihrer Rechte aus §§ 22 und 24. 2. Die Form der Kaduzierung
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a) Diese ist nach Abs. 2 Satz 2 der eingeschriebene Brief. Auch hier ist das die Mindestform. Mündliche Erklärungen, einfacher Brief, öffentliche Bekanntmachun(170)
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gen genügen nicht. Der Gesellschaftsvertrag kann diese Mindestform nicht verringern. Im einzelnen gilt das gleiche wie für die Aufforderung nach Abs. 1 (oben Rdn. 14). Adressat ist stets der bei der Gesellschaft angemeldete Gesellschafter (§ 16). Eine nicht gemeldete Veräußerung bleibt stets außer Betracht (vgl. Scholz 15). Ist ein Gesellschafter gestorben, so ist § 18 anwendbar. Auch die Ausschließung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit dem Zugang wirksam wird (Hamburg OLGR 37 3). Es gilt das oben in Rdn. 15 Gesagte. Die Verfallserklärung gilt als zugegangen, wenn sie durch Verschulden des Gesellschafters nicht eintrifft. b) Die Erklärung (Kaduzierung) muß ihrem Inhalt nach zum Ausdruck bringen, 22 daß der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen (bei Mischeinlagen — oben Rdn. 2 — auch der erbrachten Sachleistungen) für verlustig erklärt wird. Auf den Wortlaut im einzelnen kommt es nicht an {Scholz 16; Baumbach-Hmck 3 B), jedoch reicht als Inhalt ein Verweis auf die gesetzlichen Folgen der Kaduzierung nicht aus (von Halem aaO. 37; Köln OLGR 19 369). 3. Wirkung der Kaduzierung a) Die Wirkung ist der Ausschluß aus der Gesellschaft. Der Gesellschafter 23 wird seines Anteils und damit der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt. Er hört auf, Gesellschafter zu sein. Er verliert dadurch für die Zukunft alle Rechte auf Verwaltung und am Vermögen der Gesellschaft (Vogel 9). Seine Gesellschafterrechte gehen unter. Er verliert das Stimmrecht und den Anspruch auf den Gewinn des laufenden Geschäftsjahres. Für die Vergangenheit bleibt aber er Gesellschafter; die Kaduzierung hat keine Rückwirkung (Scholz-Fischer 5). Der Ausgeschlossene behält daher die aus dem Geschäftsanteil herrührenden Rechte, soweit sie bereits Gläubigerrechte geworden sind; so z. B. der Anspruch auf die bereits festgestellten, aber noch nicht ausbezahlten Gewinne (BaumbachHueck 3 C; Scholz 19; Feine S. 305; vgl. RGZ 98 318). Der Kaduzierte behält ebenso alle bereits vor der Kaduzierung fällig gewordenen Ansprüche gegen die Gesellschaft, aber auch noch nicht fällige Ansprüche für vor der Kaduzierung an die Gesellschaft erbrachte Leistungen; denn hier ist der Kaduzierte bereits vor der Ausschließung — wie bei dem oben behandelten Dividendenanspruch — zum Gläubiger geworden; so bleibt ihm der Anspruch auf Vergütung für die besonderen neben der Stammeinlage erbrachten Leistungen. Die Darlehen, welche der Gesellschafter kraft Gesellschafterpflicht der Gesellschaft gab, muß sie zurückzahlen. Es entstehen andererseits keine gesellschaftlichen Verpflichtungen des Ausgeschlossenen mehr. Insbesondere hören seine Verpflichtungen zu Sonderleistungen gemäß § 3 Abs. 2 auf. Für solche Leistungen jedoch, die zur Zeit der Kaduzierung fällig waren, haftet er weiter (Scholz 19; Scholz-Fischer 5; Baumbach-Hueck 3 C). Trotz dieser Wirkungen der Kaduzierung ist jedoch zu beachten, daß der Ausgeschlossene nach § 21 Abs. 3 mit der Ausfallhaftung für rückständige und künftige Beträge auf die Stammeinlage belastet bleibt (vgl. unten Rdn. 33); insoweit wirkt die frühere Gesellschafterstellung fort. b) Die Rechte Dritter am Geschäftsanteil gehen mit der Kaduzierung unter; 24 anderenfalls würde die Gesellschaft nicht über unbelastete Geschäftsanteile zur Durchführung der Maßnahmen nach §§ 22, 23 verfügen können. Das Recht der Gesell(171)
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schaft auf Volleinzahlung der Stammeinlage (Grundsatz der Aufbringung des Stammkapitals §§ 7, 13, 19) ist älter als die Rechte der Dritten und geht diesen vor {Feine S. 306; Scholz 24; Baumbach-Hueck 3C; Spindler GmbH-Rdsch. 1950 178). Sonst würde bei Berücksichtigung dieses Dritten nicht die Gesellschaft die Einlage erhalten, sondern der Pfandgläubiger den Erlös wegnehmen oder schmälern. Das Vertragspfand, das Pfändungspfandrecht und der Nießbrauch an dem kaduzierten Geschäftsanteil werden also hinfällig; eine bereits eingeleitete Zwangsvollstreckung ist aufzuheben (u. U. muß die Gesellschaft Klage nach § 771 ZPO erheben; denn ihr steht der Geschäftsanteil aus der Kaduzierung zu). Der Dritte kann sich vor diesen Folgen der Kaduzierung nur schützen indem er an Stelle des Gesellschafters vor der Kaduzierung die restliche Einlage aufbringt (§ 267 vgl. oben Rdn. 20; ferner Feine S. 306; Schöltj 24). Die Folgen der Kaduzierung für die Rechte Dritter sind im Schrifttum im wesentlichen unbestritten (Baumbach-Hueck 3 C; Vogel 9; Schuler GmbH-Rdsch. 1961 98). 25
c) Sehr umstritten ist (vgl. Angaben bei Scholz 23; von Halem aaO. S. 41 ff. sowie G. Hohner, Subjektlose Rechte, Bielefeld, 1969, S. 113ff.) die Frage nach der rechtlichen Konstruktion der Kaduzierung bzw. der Beurteilung des rechtlichen Schicksals des kaduzierten Geschäftsanteils. Es ist heute nach der h. M. davon auszugehen, daß der Kaduzierte den Geschäftsanteil verliert (§ 21 Abs. 2 spricht von „verlustig"), andererseits aber die Gesellschaft einen anderen an dessen Stelle setzen kann (.Baumbach-Hueck 3 D; Scholz 23; Vogel 9; Niedersächs. Finanzgericht BB 1953 1052). Hieraus folgt zunächst zwingend, daß der Geschäftsanteil bei der Kaduzierung nicht untergeht (anders bei §34; vgl. Scholz-Fischer 5; mißverständlich vielleicht RGZ 98 276, das vom Verlust des Rechtsträgers spricht). Die Gesellschaft erwirbt den Geschäftsanteil nicht zu Eigentum (Feine S. 307; Baumbach-Hueck 3 D ; a. M. Fichtner BB 1966 146 und M. Lutter, Kapital, Sicherung . . . (1964) S. 147 FN 179: die Gesellschaft wird zur (vorläufigen) Inhaberin des Geschäftsanteils); die Gesellschaft darf den kaduzierten Anteil in ihrer Bilanz nicht aktivieren, das Grundkapital bleibt unverändert {Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 170; Beuch GmbH-Rdsch. 1961 125). Da die Ausschließung „zugunsten der Gesellschaft" erfolgt, hat sie in dem Schwebezustand die rechtliche Verfügungsbefugnis, nach §§ 22 oder 23 zu verfahren (BGHZ 42 92). Der Erwerber wird wieder Rechtsträger und vollberechtigter und verpflichteter Gesellschafter. Für die Zeit zwischen Kaduzierung und dem Eintritt des neuen Rechtsträgers wird man der Auffassung von einem trägerlosen, subjektlosen Recht folgen können, so wie dies Hohner aaO. unter Abwägung aller bisher vertretenen Meinungen ausführlich begründet hat. Damit ist auch widerlegt von einem Rechtsverhältnis nach Art einer Eigentümergrundschuld zu sprechen (so Vorauf!. Feine S. 307 und Baumbach-Hueck 3 D). Ob man die Gesellschaft in diesem Zwischenstadium als Treuhänder des kaduzierten Anteils ansieht (so Scholz 23; Scholz-Fischer 5; Grothus GmbH-Rdsch. 1958 18; Schuler GmbH-Rdsch. 1961 101; Hohner aaO. S. 126; von Halem aaO. 43; Feine S. 308; a. M. die Vorauf!.), kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind sie und ihre Organe verpflichtet, das weitere Verfahren gemäß §§ 22, 23 zu betreiben. Das Recht auf Gewinn ruht nicht; vielmehr erfolgt die Verfügung über den Geschäftsanteil gemäß §§ 22 und 23 einschließlich des auf die Dauer der Kaduzierung entfallenden Dividendenanspruchs zugunsten des späteren Erwerbers {BaumbachHueck 3 D; Vogel 9; Scholz 3). Für die Ausübung des Stimmrechts fehlt es an einem Berechtigten, es ruht (h. M.). (172)
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Sind die Dividendenscheine ausgegeben, so gilt das Gleiche; denn die Leistung hierauf ist nur nach Maßgabe des Hauptrechts zu erbringen (§ 29 Anhang). d) Die Kaduzierung unterscheidet sich wesentlich von anderen gesellschaftsrechtlichen Vorgängen, die den Geschäftsanteil betreffen (vgl. Spindler GmbH-Rdsch. 1950 177; Ficbtner BB 1966 146). Die Kaduzierung steht zunächst im Gegensatz zu dem Anfall des nicht verkäuflichen, abandonierten Geschäftsanteils bei der Einforderung von Nachschüssen (§ 27 Abs. 3) und zu dem freiwilligen Erwerb seitens der Gesellschaft aus ihren Überschüssen (§ 33). In diesen beiden Fällen erwirbt die Gesellschaft den Geschäftsanteil des Gesellschafters zu Eigentum. Dann bildet er ein Aktivum, das sie in ihre Bilanz aufzunehmen hat. Sie übt die Rechte aus dem Geschäftsanteil aus, soweit dies bei der Vereinigung von Gesellschaft und Gesellschafter möglich ist (Erl. zu § 27 und § 33). Bei der Einziehung eines Geschäftsanteils nach §34 (sog. Amortisation) ist es wiederum anders: Der eingezogene Geschäftsanteil geht unter (Erl. zu § 34). Bei der Kaduzierung des säumigen Gesellschafters (§ 21) verwirkt dieser sein Recht am Geschäftsanteil. Der Geschäftsanteil steht in der Zeit vor dem Rückfall an den Vormann (§ 22) bzw. der öffentlichen Versteigerung (§ 23) der Gesellschaft nicht etwa in der Weise zu, daß sie Rechtsnachfolgerin des ausgeschlossenen Gesellschafters wäre und dessen Rechte ausübte. Bis zum Wiedereintritt eines Gesellschafters (nach § 22 oder § 23), ist kein Vollberechtigter an dem Geschäftsanteil vorhanden (vgl. oben Rdn. 25); jedoch bleibt der Geschäftsanteil als solcher bestehen. e) Aus den Bestimmungen der §§22, 23 ergibt sich, daß die Gesellschaft andere Verfügungen über den Geschäftsanteil des Kaduzierten als die in den genannten Bestimmungen vorgesehenen nicht treffen darf {Feine S. 307; BaumbachHueck 3D). Sie kann insbesondere nicht den Geschäftsanteil auch ohne die Form des § 23 veräußern, weil sie die Regreßrechte aus §§ 21 Abs. 3, 22 und 24 verlieren würde. Sie darf dies schon deshalb nicht, weil sie auf diese Rechte gar nicht verzichten kann (§ 25) und eine Veräußerung, die den Verlust des Regresses zur Folge hätte, einen solchen Verzicht enthielte. Auch § 23 Satz 2 bestätigt dies. Ein anderer Verkauf als der in öffentlicher Versteigerung ist nur mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters zulässig. Auch das ist zwingendes Recht. Es kann davon nicht abgewichen werden. f) Ebensowenig ist eine Vollstreckung in den kaduzierten Geschäftsanteil durch einen Gläubiger der Gesellschaft möglich. Gerade weil dies wieder den Verlust der Regresse zur Folge haben müßte, ist die Vollstreckung nicht zulässig. Wegen der Unpfändbarkeit der Einlageforderung siehe Erl. zu § 19. g) Sind Urkunden über den Geschäftsanteil ausgestellt, so verlieren sie ihre Bedeutung. Das Gesetz kennt zwar nicht wie das Aktienrecht die Vorschrift, daß eine Aktie oder ein neuer Interimsschein auszustellen ist, der außer der früheren Zahlung auch den eingeforderten Betrag enthält (§ 64 Abs. 4 AktG). Aber auch die nur durch die Praxis eingeführten Scheine über Geschäftsanteile sind entsprechend zu behandeln. Wenn auch kein Neudruck zu verlangen ist (a. M. Baumbach-Hueck 3D), so muß auf denselben die Kaduzierung des Letztberechtigten und der Neuerwerb des Jetztberechtigten gemäß §§ 22 und 23 ersichtlich sein.
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4. Die Wirkung fehlerhafter Kaduzierung a) Sind Form und Fristen nicht gewahrt oder bestand keine Einzahlungspflicht, 30 so ist das Kaduzierungsverfahren ungültig. Sowohl der Gesellschafter als auch die (173
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Gesellschaft können diese Ungültigkeit geltend machen (vgl. unten). Handelt es sich um einen Formfehler, so kann das Verfahren von neuem beginnen. Doch muß nur bei dem fehlerhaften Teil des Verfahrens begonnen werden. War die wiederholte Androhung in Ordnung, ist nur die Kaduzierung zu früh geschehen, so muß nur diese nochmals erfolgen (vgl. OLG Naumburg GmbH-Rdsch. 1915 295). Wenn der Geschäftsanteil nach einer vorgelegten notarischen Urkunde im Kaduzierungsverfahren versteigert ist, der Kaduzierte seit Jahren nicht mehr auf der Liste gemäß § 40 aufgeführt wird und auch als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht ist, so spricht eine Vermutung für ordnungsgemäße Kaduzierung (RG in DR 1943 811). 31
b) Ist aufgrund eines fehlerhaften Kadiuierungsverfahrens der Geschäftsanteil gemäß § 23 veräußert, so ist auch die Veräußerung ungültig (vgl. § 23, 20). Es wird heute allgemein angenommen, daß der gutgläubige Erwerber nicht geschützt sei (so Schol^ 28; Baumbach-Hueck 3D; Vogel 10 und München OLGR 22,15). Die Gegenmeinung bezieht sich auf die Entscheidung in RGZ 27 54. Allein diese für das Aktienrecht ergangene Entscheidung ist auch für dieses bekämpft worden (vgl. Baumbach-Hueck Rdn. 7 zu § 64 AktG). Das RG stützt seine Ansicht darauf, daß nach den Vorschriften über den Schutz gutgläubigen Erwerbes der gutgläubige Erwerber in seinem Vertrauen auf die aufgrund des Kaduzierungsverfahrens ausgegebene neue Aktie geschützt werden müsse. Derartige Vorschriften über gutgläubigen Erwerb stehen aber hier nicht in Frage. Die in Betracht kommenden Vorschriften (§§ 932ff. BGB, § 366 HGB, § 365 Abs. 1 HGB, § 68 AktG, § 16 Abs. 2 WG) betreffen nur den gutgläubigen Erwerb von beweglichen Sachen, Inhaber- und indossablen Namenspapieren. Der Geschäftsanteil ist aber keine bewegliche Sache und auch nicht in Wertpapieren verbrieft. Der gutgläubige Erwerber eines Geschäftsanteils, den die Gesellschaft aufgrund eines ordnungswidrigen Kaduzierungsverfahrens veräußert hat, hat also ein Nichts erworben. Auch wenn der Erwerber seinerseits den Geschäftsanteil wieder weiterveräußert hat, ist der neue Erwerber nicht geschützt. Die Gründe sind die gleichen. Dem gutgläubigen Erwerber haftet sein Rechtsvorgänger, demjenigen, der von der Gesellschaft den Geschäftsanteil erworben hat, diese nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 320ff. BGB.
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c) Ein besonderer Rechtsbehelf, etwa eine gesellschaftsrechtliche Anfechtungsklage gegen das Kaduzierungsverfahren, gegen die Androhung und Verfallserklärung ist im Gesetz nicht gegeben und auch in der Rechtsprechung nicht entwickelt (vgl. Scholz 27). Die von der Rechtsprechung in Anlehnung an das Aktienrecht entwickelte und allgemein anerkannte Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (vgl. Erl. zu § 45) kommt hier allenfalls dann zur Anwendung, wenn das fehlerhafte Kaduzierungsverfahren — ausnahmsweise — auf einem besonderen Gesellschafterbeschluß beruht (oben Rdn. 10). Im übrigen kommen die üblichen Rechtsbehelfe in Betracht. Der Kaduzierte kann eine Feststellungsklage auf Fortbestehen der Mitgliedschaft sowohl gegen die Gesellschaft wie auch den neuen Gesellschafter erheben (Scholz 25; Scholz-Fischer 6). Der materielle Inhalt der Klage geht dahin, daß der Kläger Gesellschafter geblieben ist und seine Rechte ihm nicht entzogen wurden. Auch schon während des Schwebens des Kaduzierungsverfahrens wird man dem Ausgeschlossenen Klage und einstweilige Verfügung zu seinem Schutz gewähren müssen. An Stelle der Feststellungsklage ist ggf. die Leistungsklage gegeben, die den Fortbestand der Gesellschaftereigenschaft des zu Unrecht Kaduzierten voraussetzt {Scholz-Fischer 6). Die Leistungsklage könnte z. B. gegen die Gesellschaft auf (174)
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Zahlung des (u. U. inzwischen an den Erwerber) ausgezahlten Gewinnes gerichtet sein (vgl. Baumbach-Hueck 3E). m. Die Ausfallhaftung nach Abs. 3 1. Der ausgeschlossene Gesellschafter bleibt für den Ausfall an den Rück- 33 ständen und an den später fallig werdenden Raten verhaftet (§ 21 Abs. 3). Das, was nachträglich an Einzahlung auf die Stammeinlage fällig wird, sollte eigentlich, da er ausgeschlossen ist, von ihm nicht mehr eingefordert werden können. Hier greift aber das Grundprinzip der Aufbringung und Erhaltung deä Stammkapitals ein, dem § 21 Abs. 3 gesetzlichen Ausdruck verleiht; für (zur Zeit der Kaduzierung) rückständige und später (nach der Kaduzierung) eingeforderte Beträge der Stammeinlage bleibt der Kaduzierte allerdings nur in Höhe des Ausfalls verhaftet (vgl. unten Rdn. 34). Den Ausfall und seine Höhe muß die Gesellschaft dartun, indem sie die Deckungsversuche nach §§ 22 und 23 beweist. Abgesehen von dieser in § 21 Abs. 3 getroffenen Ausnahmeregelung, haftet der Kaduzierte weiter für die vor der Kaduzierung fällig gewordenen sonstigen Verbindlichkeiten (oben Rdn. 23). 2. Der Ausfall wegen des rückständigen Betrags Ein Ausfall liegt vor, wenn der Regreß gegen die Rechtsvorgänger gemäß § 22 34 fruchtlos gewesen ist oder solche nicht vorhanden sind. Ferner darf der Verkauf des Geschäftsanteils gemäß § 23 nicht zur vollen Deckung geführt haben; dabei erhöhen die Kosten der Versteigerung den Ausfall. Ohne diese Voraussetzungen, also Erschöpfung der Deckungsmöglichkeiten nach § 22 und 23 hat die Gesellschaft die Ansprüche wegen des Rückstandes und der später fällig werdenden Beträge gegen den ausgeschlossenen Gesellschafter nicht (h. M. Schoi^ 20, Baumbach-Hueck 4). Nur dann, wenn die Deckung des Ausfalls an Rückständen durch einen nach § 23 erfolgenden Verkauf als aussichtslos betrachtet werden muß, entsteht die Ausfallhaftung auch ohne Verkauf (vgl. Rdn. 9 zu § 24; auch Rdn. 6 zu § 23; Schol^ 20). Nicht erforderlich zur Geltendmachung dieser Haftung des Ausgeschlossenen ist aber, daß die anderen Gesellschafter nach § 24 ohne Erfolg zur Deckung herangezogen sind (h. M. Scholz-Fischer 5; Baumbach-Hueck 4). Eine Haftung nach § 24 tritt erst ein, wenn alle anderen Deckungsmöglichkeiten (§§ 22, 23 sowie 21 Abs. 3) vergebens versucht worden sind. Eine Aufteilung des Verlustes unter die Mitgesellschafter tilgt dann die Einlagepflicht und beseitigt den Ausfall. Gegenüber der Inanspruchnahme auf den Ausfall kann der Kaduzierte einwenden, daß seine Rechtsvorgänger zahlungsfähig sind. Er kann die Vermutung des § 22 Abs. 2 widerlegen und nachweisen, daß ein Regreß gegen seine Rechtsvorgänger, auch wenn sie vergeblich zur Zahlung aufgefordert waren, nicht fruchtlos sei. Der Nachweis ist ihm in jeder Lage des gegen ihn angestrengten Prozesses gestattet (Hamburg OLGR 37 3). Hat ein Verkauf des Anteils gemäß § 23 stattgefunden, so kommt für den Kaduzierten eine Berufung auf die Zahlungsfähigkeit der Rechtsvorgänger nicht mehr in Betracht. Diese sind mit dem Verkauf von jeder Regreßhaftung befreit, da ihnen nach der Versteigerung die Möglichkeit des Erwerbs der Geschäftsanteile nach § 22 Abs. 4 nicht mehr offensteht (RGZ 85 241; h. M. Scholz 2 c); die Haftung des Ausgeschlossenen bleibt aber bestehen. War der Verkauf ungültig, z. B. wegen Verstoßes gegen § 23, so kann sich der Kaduzierte hierauf nur berufen, wenn ihm dadurch ein Nachteil erwachsen ist (RGZ 98 276). (175)
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3. Die Haftung für später eingeforderte Beträge setzt die Kaduzierung des an Stelle des zuerst Kaduzierten (gemäß § 22 Abs. 4 oder § 23) getretenen Gesellschafters voraus (Baumbacb-Hueck 4; a. M. Scholz 20 a. E.; Schüler GmbH-Rdsch. 1961 103; der RegEntw §37 schließt sich der hier vertretenen Auffassung an). Nur dann sind die weiteren Bedingungen des Ausfalls, die Versteigerung des Geschäftsanteils oder die Vergeblichkeit derselben möglich. Der Gesellschaft haften die beiden früheren Gesellschafter auf dasselbe. Voraussetzung der Inanspruchnahme des Erstkaduzierten ist nicht die vergebliche Ausklagung des Letztkaduzierten. Die Gesellschaft kann die beiden Kaduzierten belangen. Jeder haftet aus selbständigen Rechtsgründen. Die Ausfallhaftung des Kaduzierten ist keine Bürgschaft für den an seine Stelle tretenden Gesellschafter. Sie ist ein Rest der eigenen Schuld als Gesellschafter.
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4. Aus der Inanspruchnahme des Ausgeschlossenen für den Ausfall erwachsen diesem keine Rechte gegen die Gesellschaft. Auch die nachträgliche zwangsweise Eintreibung des Ausfalls, wie groß er sein mag, hebt die Kaduzierung nicht wieder auf. Diese Haftung bleibt auch dann, wenn der Erlös aus der Versteigerung nicht die ganze Schuld deckte (vgl. Scholz 20). Es mag dies also auch für den Fall gelten, daß der Geschäftsanteil nicht verkäuflich war. Erscheint es billig, dem Ausgeschlossenen seinen Geschäftsanteil wiederzugeben, so muß man gemäß § 23 den Geschäftsanteil an ihn verkaufen. Er wird als Dritter behandelt, der an Stelle des Kaduzierten eintritt; ein Recht hierauf hat er nicht (ähnlich Scholz 21, der allerdings unentgeltliche Übertragung für angemessen hält). 5. Die Ausfallhafitung
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Der Ausfall bezieht sich nur auf die Stammeinlage. Von jeder anderen Haftung, soweit sie nicht aus vor der Kaduzierung fällig gewordenen Verpflichtungen herrührt (oben Rdn. 23 a. E.), sind die Ausgeschlossenen frei, also von der subsidiären Haftung für die Stammeinlagen anderer Gesellschafter (§ 24) und von der Zahlungspflicht für Nachschüsse, seien sie schon eingerufen oder noch einzurufen. Es kann also unter Umständen, wenn die Einlage selbst klein, die beschränkte Nachschußpflicht, die keine Preisgabe kennt, sehr groß ist, die Kaduzierung des mit dem Einlagerest säumigen Gesellschafters zu einer Wohltat für ihn werden, da sie ihn von der Nachschußpflicht befreit. Die Haftung des Ausgeschlossenen kann aber auf die Nachschüsse im Gesellschaftsvertrag erweitert werden. Da der Haftungsanspruch ein Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis ist, so ist der Gerichtsstand des § 22 ZPO gegeben (h. M. Scholz 20).
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6. Auf die Haftung des Ausgeschlossenen findet § 19 Abs. 2 im vollen Umfange Anwendung (vgl. Erl. zu § 19); denn die Ausfallhaftung betrifft noch die Einlageforderung (heute h. M.; RGZ 98 276; Scholz 2 0 u n d Baumbach-Hueck 4). Eine Verschärfung der Haftung durch den Gesellschaftsvertrag ist zulässig. Es ist also eine statutenmäßige Bestimmung dahin möglich, daß der Kaduzierte für die Zahlungen schlechthin, nicht nur für den Ausfall haftet. Ein Recht auf den Wiedererwerb seines Geschäftsanteils erhält er hierdurch nicht. Ebenso kann die Haftung für Nachschüsse fortdauern (vgl. oben Rdn. 37). Zulässig ist — als nicht unter § 25 fallend — der Vergleich, soweit es ein echter Vergleich ist und dadurch ein Verlust von der Gesellschaft abgewendet wird (vgl. Erl. zu § 19). Ebenso auch der Nachlaß im außergerichtlichen Vergleich. Der Zwangsvergleich umfaßt die Ausfallforderung (17«
Haftung der Rechtsvorgänger (Goerdeler)
§21
kraft Gesetzes, auch wenn beim Ausschluß derselben das Kaduzierungsverfahren erst im Lauf war. IV. Konkurs des säumigen Gesellschafters Ist der säumige Gesellschafter im Konkurs, so bleibt die Ausschließung oder 39 die Fortsetzung des bereits eingeleiteten Kaduzierungsverfahrens möglich (RGZ 79 178; Baumbach-Hueck 2A). Das Kaduzierungsverfahren richtet sich dann gegen den Konkursverwalter. Ihm sind die Aufforderung und sonstigen Erklärungen zuzustellen. War die Kaduzierung schon ausgesprochen, so gilt die Anmeldung der Ausfallforderung (§ 21 Abs. 3) an den Konkursverwalter als eine vom Ausgang des Regreßverfahrens bedingt angemeldete Forderung. Ein Recht, gegen Zahlung der Konkursquote sich den Geschäftsanteil zu erhalten, hat er nicht (Scholz 30). Er muß die volle Einlage begleichen, wenn er dies will. Kommt es zu einem Zwangsvergleich, so erlischt — aus dem Grundgedanken der Abwendung eines Verlustes (oben Rdn. 38) — die Forderung der Gesellschaft auf den eingeforderten Betrag wie hier Scholz 30. War die Kaduzierung (während oder vor Konkursfall) bereits ausgesprochen, so wird diese durch den Vergleich nicht beseitigt; dieser umfaßt vielmehr die Ausfallforderung nach §21 Abs. 3. Ist die GmbH ihrerseits im Konkurs, so kann der Konkursverwalter das Kaduzierungsverfahren betreiben (oben Rdn. 5; Scholz 20). V. Anwendung des Kaduzierungsverfahrens in anderen Fällen Das Kaduzierungsverfahren kann für den Fall der Nichterfüllung anderer Ver- 40 pflichtungen als die Leistung der Kapitaleinlagen durch den Gesellschaftsvertrag eingeführt werden (KGJ 35A, 178; Schol^ 4; Baumbach-Hueck 2A). Daraus, daß die Vorschriften des Gesetzes für die Kaduzierung wegen Nichtleistung der Stammeinlage zwingendes Recht enthalten, folgt nicht, daß sie nicht als dispositives Recht für die Verletzung anderer Verpflichtungen eingeführt werden können. Das Kaduzierungsverfahren kann insbesondere auf Nachschüsse durch den Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (vgl. § 28 Abs. 2; Buchwald GmbH-Rdsch. 1961 109). Eine solche satzungsmäßige Bestimmung darf aber nicht dazu führen, daß die Aufbringung des Stammkapitals gefährdet wird (KG OLGR 42 220). Tritt der satzungsmäßig vorgesehene Tatbestand ein, so ergeben sich dann die Folgen aus §§ 21 ff. Der Gesellschaftsvertrag kann aber, sofern es sich nicht um die Einforderung der Stammeinlage handelt (hier ist § 21 zwingend, s. u. Rdn. 41), die gesetzliche Regelung der §§ 21—24 beliebig abändern (vgl. Scholz 32 und sehr ausführlich: KGJ 35 A 178). Auch die Zahlung eines Entgelts an den Kaduzierten aus dem Reinvermögen der Gesellschaft kann vorgesehen werden, soweit § 30 nicht verletzt wird. Die Verwirkungsvorschrift des Gesellschaftsvertrages kann aber auch eine andere Bedeutung als die Kaduzierung haben. Sie kann als Einziehung des Geschäftsanteils (§ 34) gewollt sein. Die statutarische Regelung kann aber auch die Verpflichtung des Gesellschafters bedeuten, seinen Geschäftsanteil unter bestimmten Voraussetzungen an die Gesellschaft zu übertragen. Es ist bei zweifelhaften Formulierungen im Wege der Auslegung (Erl. zu § 2) zu ermitteln, was dem Willen der Gesellschafter entspricht, insbesondere ob der Geschäftsanteil fortbestehen oder untergehen soll. (177)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Eine Kaduzierung als Vertragsstrafe wegen Verletzung einer anderen Verpflichtung als der Zahlung der Stammeinlage ist so lange unzulässig, als nicht die Stammeinlage vollbezahlt ist (Scboh^ 32). Andernfalls führt sie zu einer unstatthaften Befreiung der Rechtsvorgänger und der Mitgesellschafter (§§ 22 und 24; vgl. KG OLGR 42 220). 41 Das Kaduzierungsverfahren bezüglich der Einforderung der Stammeinlage (§§21 ff.) ist gemäß §25 zwingender Natur; eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ist entbehrlich (Buchwald GmbH-Rdsch. 1959 108). Der Gesellschaf tsvertrag kann zwar die Bestimmungen eines Gesetzes verschärfen, nicht aber mildern (h. M. Schölt^ 32; Baumbach-Hueck 1); alle vom Gesetz abweichenden Regelungen, die in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, müssen diesen Grundsatz beachten. Wegen Einzelheiten vgl. die Erl. zu § 25. VL Steuerfragen 42
Die Kaduzierung löst weder Gesellschaftsteuer noch Börsenumsatzsteuer aus. Erstere nicht, weil keiner der Tatbestände des § 2 KVStG erfüllt ist; letztere nicht, da kein Anschaffungsgeschäft (§ 18 KVStG) vorliegt (vgl. Rdn. 27 zu § 23).
§22 Wegen des von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht bezahlten Betrages der Stammeinlage ist der Gesellschaft der letzte und jeder frühere, bei der Gesellschaft angemeldete Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen verhaftet. Ein früherer Rechtsvorgänger haftet nur, soweit die Zahlung von dessen Rechtsnachfolger nicht zu erlangen ist; dies ist bis zum Beweise des Gegenteils anzunehmen, wenn der letztere die Zahlung nicht bis zum Ablauf eines Monats geleistet hat, nachdem an ihn die Zahlungsaufforderung und an den Rechtsvorgänger die Benachrichtigung von derselben erfolgt ist. Die Haftpflicht des Rechtsvorgängers ist auf die innerhalb der Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlage eingeforderten Einzahlungen beschränkt. Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem der Übergang des Geschäftsanteils auf den Rechtsnachfolger ordnungsmäßig angemeldet ist. Der Rechtsvorgänger erwirbt gegen Zahlung des rückständigen Betrages den Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters. Übersicht
Einleitung Reform I. Grundsätzliches II. Besonderheiten der Haftung . . . HI. Art und Umfang der Haftung . .
Rdn.
Rdn.
1 2 3
IV. Zeitliche Beschränkung der Haftung 15—16 V. Der Erwerb nach Abs. A . . . . 17—22
4— 7 8—14
. . . .
23
VII. Zwingende Natur des § 22 . . . .
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VI. Unwirksame Kaduzierung
(178)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Eine Kaduzierung als Vertragsstrafe wegen Verletzung einer anderen Verpflichtung als der Zahlung der Stammeinlage ist so lange unzulässig, als nicht die Stammeinlage vollbezahlt ist (Scboh^ 32). Andernfalls führt sie zu einer unstatthaften Befreiung der Rechtsvorgänger und der Mitgesellschafter (§§ 22 und 24; vgl. KG OLGR 42 220). 41 Das Kaduzierungsverfahren bezüglich der Einforderung der Stammeinlage (§§21 ff.) ist gemäß §25 zwingender Natur; eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ist entbehrlich (Buchwald GmbH-Rdsch. 1959 108). Der Gesellschaf tsvertrag kann zwar die Bestimmungen eines Gesetzes verschärfen, nicht aber mildern (h. M. Schölt^ 32; Baumbach-Hueck 1); alle vom Gesetz abweichenden Regelungen, die in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, müssen diesen Grundsatz beachten. Wegen Einzelheiten vgl. die Erl. zu § 25. VL Steuerfragen 42
Die Kaduzierung löst weder Gesellschaftsteuer noch Börsenumsatzsteuer aus. Erstere nicht, weil keiner der Tatbestände des § 2 KVStG erfüllt ist; letztere nicht, da kein Anschaffungsgeschäft (§ 18 KVStG) vorliegt (vgl. Rdn. 27 zu § 23).
§22 Wegen des von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht bezahlten Betrages der Stammeinlage ist der Gesellschaft der letzte und jeder frühere, bei der Gesellschaft angemeldete Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen verhaftet. Ein früherer Rechtsvorgänger haftet nur, soweit die Zahlung von dessen Rechtsnachfolger nicht zu erlangen ist; dies ist bis zum Beweise des Gegenteils anzunehmen, wenn der letztere die Zahlung nicht bis zum Ablauf eines Monats geleistet hat, nachdem an ihn die Zahlungsaufforderung und an den Rechtsvorgänger die Benachrichtigung von derselben erfolgt ist. Die Haftpflicht des Rechtsvorgängers ist auf die innerhalb der Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlage eingeforderten Einzahlungen beschränkt. Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem der Übergang des Geschäftsanteils auf den Rechtsnachfolger ordnungsmäßig angemeldet ist. Der Rechtsvorgänger erwirbt gegen Zahlung des rückständigen Betrages den Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters. Übersicht
Einleitung Reform I. Grundsätzliches II. Besonderheiten der Haftung . . . HI. Art und Umfang der Haftung . .
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IV. Zeitliche Beschränkung der Haftung 15—16 V. Der Erwerb nach Abs. A . . . . 17—22
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VII. Zwingende Natur des § 22 . . . .
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VI. Unwirksame Kaduzierung
(178)
Kaduzierung (Goerdeler)
§22
Einleitung Das GmbH-Gesetz geht in § 22 wie das Aktienrecht (jetzt § 65 AktG) von der 1 Haftung der Rechtsvorgänger (Vormänner) des kaduzierenden Gesellschafters aus. Tragender Gedanke der Vorschrift ist, der Gesellschaft eine möglichst weite Rückgriffsmöglichkeit gegen möglichst viele Personen im Interesse der Kapitalaufbringung zu verschaffen. Während die Rückgriffsmöglichkeiten nach § 22 die wirksame Kaduzierung gemäß § 21 voraussetzen, ist das Verfahren nach § 22 — soweit der kaduzierte Gesellschafter überhaupt Vormänner hatte — wiederum Wirksamkeitsvoraussetzung für das weitere Vorgehen nach §§ 23 und 24 (vgl. § 23, 1 und 3). Die Regelung des § 22 beinhaltet einen sogen. Staffelregreß, d. h. es haftet zunächst der unmittelbare Vormann des Kaduzierten, danach ein früherer Vormann, soweit der erste (unmittelbare) Vormann nachweisbar nicht zahlungsfähig war usw. (§ 22 Abs. 1 und 2). Die Haftpflicht der Rechtsvorgänger ist auf fünf Jahre beschränkt (Abs. 3). Derjenige Rechtsvorgänger, der den rückständigen Betrag zahlt, erwirbt den Geschäftsanteil (Abs. 4), er wird also wieder Gesellschafter. Der in § 22 Abs. 4 vorgesehenen Regelung, wonach der in Anspruch genommene Vormann den Geschäftsanteil wiedererwerben kann, kommt in der Rechtsprechung für andere Fragen besondere Bedeutung zu: bei der Zusammenlegung von Geschäftsanteilen (BGHZ 42 89) und bei der Kapitalerhöhung durch bloße Erhöhung des Geschäftsanteils (BGH NJW 1975 118). Reform Die Haftung der Rechtsvorgänger wird in § 37 RegE neu gestaltet, ohne daß 2 das Grundprinzip des Staffelregresses aufgegeben wird. Nach dem RegE sollen aber die Rechtsvorgänger erst nach der Verwertung des Geschäftsanteils durch die Gesellschaft (§ 33 RegE) haften, und zwar nur für den Teil des rückständigen Betrages, der durch den Verwertungserlös nicht gedeckt ist. Die beabsichtigte Gesetzesregelung sieht folgerichtig auch nicht mehr den Wiedererwerb des Geschäftsanteils durch den zahlenden Rechtsvorgänger vor (Begr. S. 105). Im übrigen entspricht der RegE im wesentlichen dem geltenden Recht. I. Grundsätzliches Voraussetzung ist, daß ein Gesellschafter wegen nicht gezahlter Geldein- 3 lagen seines Geschäftsanteils nach § 21 für verlustig erklärt (kaduziert) worden ist (RGZ 86 420). Dabei muß es sich um eine wirksame Kaduzierung handeln; jeder in Anspruch genommene Rechtsvorgänger des Kaduzierten (Vormann) kann der Gesellschaft den Einwand der unwirksamen Kaduzierung entgegenhalten (vgl. § 21, 30ff.; dort auch über die Rechtsbehelfe des Kaduzierten selbst). Dem Vormann wird man auch die Möglichkeit einer Feststellungsklage geben müssen, wenn seine Inanspruchnahme droht (ßchol^ 2). Ohne eine wirksame Kaduzierung des Nachmannes kann der Vormann (ursprünglicher Veräußerer) den betroffenen Geschäftsanteil über § 22 nicht wirksam (wieder-)erwerben. Da es bei unwirksamer Kaduzierung keinen gutgläubigen Erwerb gibt (§ 21, 31), so muß jeder (Baumbach-Hueck 2 A) Vormann, der nach § 22 in Anspruch genommen ist und zunächst Gesellschafter geworden ist, den Geschäftsanteil dem Ausgeschlossenen wieder zur Verfügung stellen, wenn sich nachträglich die Unwirksamkeit der Kaduzierung herausstellt; der Vormann behält aber nach §§ 812 ff. BGB einen Anspruch auf das von ihm (179)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
gegen die Gesellschaft (Scholz 2)- Da § 21 zwingenden Rechts ist, können die beteiligten Gesellschafter und die Gesellschaft keine abweichenden Vereinbarungen treffen; wiederholt aber die Gesellschaft die unwirksame Kaduzierung nicht, so kann der ursprünglich Ausgeschlossene seinen Anteil nach § 15 an den (gezahlt habenden) Vormann übertragen, solange nur die Gesellschaft den auf die Stammeinlage eingeforderten Betrag erhalten hat. Voraussetzung für das Vorgehen nach § 22 ist ferner, daß der ausgeschlossene Gesellschafter nicht etwa nach der Kaduzierung den rückständigen Betrag auf die Stammeinlage gezahlt hat (BaumbachHueck 2A). Bei reinen Sacheinlagen kommt eine Haftung der Vormänner dann in Betracht, wenn an deren Stelle die gesetzliche Geldleistungspflicht getreten ist (§ 21,1); insoweit kann der lapidaren Feststellung der h. M. (Scholz 4, Baumbach-Hueck 2B), daß bei reinen Sacheinlagen eine Kaduzierung nicht zulässig sei und eine Haftung nach § 22 nicht in Betracht komme, nicht gefolgt werden. Wegen der sogen. Mischeinlage vgl. unten Rdn. 14. Ge2ahlte
II. Besonderheiten der Haftung
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Die Haftung der Rechtsvorgänger ist die Folge einer ausgesprochenen Kaduzierung, d. h. frühere Inhaber des Geschäftsanteils müssen für die restliche Stammeinlage aufkommen. Diese subsidiäre Haftung ist nach § 25 zwingend (unten Rdn. 22) und kann auch vertraglich nicht abbedungen werden. 1. Jeder Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen, der vor der Kaduzierungserklärung der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter zu betrachten war, bleibt haftbar. Das Gesetz spricht von jedem „bei der Gesellschaft angemeldeten" Rechtsvorgänger. Es geht davon aus, daß nur derjenige Anteilserwerber der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter gilt, dessen Erwerb bei der Gesellschaft angemeldet worden ist (§ 16 Abs. 1). Eine Anmeldung bei der Gesellschaft ist aber nur bei der Singularsukzession in die Rechte eines Gesellschafters erforderlich, nicht aber bei der Universalsukzession (Erbschaft usw.) auch nicht in dem Falle der Veräußerung durch die Gesellschaft (vgl. Erl. zu § 16). Wenn der Rechtsnachfolger eines solchen Anteilerwerbers ausgeschlossen wird, so ist er nach der h. M. als Rechtsvorgänger wie ein angemeldeter zu betrachten (Scholz 3; Baumbach-Hueck 2A). Diese h. M. wird jedoch insoweit zu modifizieren sein, als der Rechtsvorgänger, der im Wege der Erbschaft erworben hat, u. U. noch nach den Regeln des Erbrechts (§§ 1975ff. BGB) seine Haftungsbeschränkung herbeiführen kann; dann haftet er nur beschränkt als Vormann. Wird ein Miterbe, der bei der Erbteilung einen dem Erblasser gehörenden Geschäftsanteil erhielt — ohne daß er nach § 16 angemeldet ist — oder einer seiner Rechtsnachfolger ausgeschlossen, so haften die übrigen Miterben als Rechtsvorgänger, weil sie an die Stelle des Rechtsvorgängers des Kaduzierten, nämlich des Erblassers, treten. Voraussetzung ist jedoch, daß der Erblasser nach § 16 angemeldet war (Baumbach-Hueck 2A), falls er seinerseits im Wege der Einzelrechtsnachfolge erworben hatte. Die Miterben haften gemäß § 18 Abs. 2 gesamtschuldnerisch. • 5 2. Zwischenbesitzer, welche durch eine Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 den Geschäftsanteil erworben hatten, gelten der Gesellschaft gegenüber nur durch die Anmeldung als Gesellschafter. Wenn sie als Gesellschafter nicht angemeldet wurden, so haften sie der Gesellschaft nicht (Erl. Rdn. 5 zu § 16). Beim Ausschluß ihres Rechtsnachfolgers kann eine Haftung nicht wieder eintreten. Wer das Risiko (180)
Kaduzierung (Goerdeler)
§22
des Unterlassens der Anmeldung tragen will (über die durch die Anmeldung erreichbare Schutzwirkung vgl. die Erl. zu § 16), hält sich andererseits von einer Haftung nach § 22 frei. Es wird dies namentlich dann geschehen, wenn der Erwerber nur zum Zwecke der alsbaldigen Weiterveräußerung oder zum Zwecke der Sicherheit (Erl. Rdn. 5 zu § 15 und in Anhang I zu § 15) den Geschäftsanteil erhalten hatte. Fand jedoch auch in den letztgenannten Fällen eine Anmeldung statt, so wird nach § 22 gehaftet (Scholz Ebenso haftet ein Rechtsvorgänger, der nur treuhänderisch Gesellschafter war, aber angemeldet wurde; der Treuhänder wird sich aber bei seinem Treugeber schadlos halten können. 3. Rechtsvorgänger i. S. von § 22 ist auch ein Gesellschafter, der seinerzeit £ Kauf und Abtretung des Geschäftsanteils wieder rückgängig gemacht hatte, Anmeldung nach § 16 vorausgesetzt {Schol^ 3; Baumbach-Hueck 2A; RGZ 127 236 = JW 1930 2679 mit Anm. Hachenburg; a. M. 5. Aufl.). Auch hier wirkt sich der zwingende Charakter des Kaduzierungsverfahrens (§ 25) aus, die Aufbringung der Kapitalgrundlage ist vorrangig. War jedoch der Erwerb des Geschäftsanteils wegen Verstoßes gegen § 15 oder nach den Regeln des BGB unwirksam oder mit Erfolg angefochten (z. B. wegen Irrtums nach § 119 BGB), so ist trotz Anmeldung der seinerzeitige Erwerber nicht als Rechtsvorgänger i. S. von § 22 anzusehen (Baumbach-Hueck 2A). Sollte zu den Rechtsvorgängern auch die Gesellschaft selbst gehören, so wäre zu berücksichtigen, daß diese einen nicht volleingezahlten Geschäftsanteil nach § 33 Abs. 1 nicht hätte erwerben dürfen; dieses Rechtsgeschäft wäre dinglich und obligatorisch nichtig (§33 Rdn. 6); in einem solchen Fall wäre also zu klären, ob wegen der Nichtigkeit dieses Geschäfts die folgenden Abtretungen bis hin zu dem kaduzierten Gesellschafter rechtswirksam sind (Baumbach-Hueck 2A übersieht diese Frage); es stellt sich ferner die Frage, ob die Kaduzierung überhaupt rechtswirksam erfolgt ist. War der Geschäftsanteil von einem der Rechtsvorgänger im Wege der Zwangsvollstreckung erworben, so ist dessen Rechtsvorgänger der seinerzeitige Vollstreckungs-Schuldner (Schal£ 3). 4. Mehrere frühere Gesellschafter, die gemeinsam einen Geschäftsanteil be- 7 saßen und veräußerten, haften als Gesamtschuldner (§ 18 Abs. 2), da in der Inanspruchnahme nach § 22 eine „auf den Geschäftsanteil zu bewirkende Leistung" liegt. m . Art und Umfang der Haftung Die Art der Haftung (nach § 22 Abs. 2) ist hinsichtlich des unmittelbaren 8 Rechtsvorgängers des ausgeschlossenen Gesellschafters eine unmittelbare, hinsichtlich jedes früheren Rechtsvorgängers eine subsidiäre (Staffelregreß). Eine gesamtschuldnerische Haftung liegt nicht vor. 1. Daß die Haftung des unmittelbaren Rechtsvorgängers eine unmittelbare ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Vorschriften (vgl. Schelf 6 und 7; Baumbach-Hueck 2A). Unmittelbarer Rechtsvorgänger ist der vor dem Kaduzierten Angemeldete oder der Nichtangemeldete, der nach den Rdn. 4—6 dem Angemeldeten gleichzustellen ist. Durch die Kaduzierung tritt ohne weiteres die Verpflichtung des unmittelbaren Rechtsvorgängers des Ausgeschlossenen ein, den von diesem nicht bezahlten fälligen Betrag der Einlage zu entrichten (RG Warneyer 7, 168). Die Zahlungsunfähigkeit des Kaduzierten braucht die Gesellschaft nicht nachzuweisen (Schol^ 6). (181)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Hat der kaduzierte Gesellschafter keine Rechtsvorgänger, so entfällt das Verfahren nach § 22, und es kann der Anteil nach § 23 versteigert werden (RGZ 86 421; vgl. §23, 3). 9 2. Die früheren Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen Gesellschafters haften nur subsidiär, und zwar, vom kaduzierten Gesellschafter rückwärts gerechnet, in der Reihenfolge ihres Erwerbs. Ihre Haftung ist nicht nur von dem rechtmäßigen Ausschluß ihres letzten Rechtsnachfolgers abhängig; es muß auch von ihren übrigen Rechtsnachfolgern die Zahlung nicht zu erlangen sein. Durch seine Zahlungsunfähigkeit scheidet der insolvente Vormann aus. Für die Klage gegen die früheren Vorgänger ist die Zahlungsunfähigkeit seiner Rechtsnachfolger eine notwendige Voraussetzung. Aus dieser Regelung folgt auch, daß die Gesellschaft nur in dieser vorgesehenen Reihenfolge die früheren Gesellschafter in Anspruch nehmen kann und nicht beliebig einen zahlungskräftigen Vormann herausgreifen kann (BaumbachHueck 2B; v. Halem aaO. 83). 10
3. Der Beweis der Zahlungsunfähigkeit eines Rechtsvorgängers kann von der Gesellschaft auf jede beliebige Weise geführt werden. Klage und Zwangsvollstreckung sind dazu nicht nötig. Vielmehr wird durch die widerlegbare gesetzliche Vermutung in § 22 Abs. 2 2. Halbsatz die Beweisführung für die Gesellschaft erleichtert, wenn nämlich die Gesellschaft den Zwischengesellschafter zur Zahlung aufgefordert, den Rechtsvorgänger hiervon benachrichtigt und Zahlung gleichwohl innerhalb eines Monats nach der letzten dieser beiden Erklärungen nicht erhalten hat. Die Frist läuft erst von dem Eingange des zuletzt zugehenden Schreibens, auch wenn dies die Benachrichtigung ist (zust. Brodmann 3; Baumbach-Hueck 3B und Scholz Zur sicheren Feststellung, welche der beiden Erklärungen zuletzt zugegangen ist, wäre Einschreiben mit Rückschein oder Zustellung nach ZPO erforderlich. Bei mehreren, die früher gemeinschaftlich einen Geschäftsanteil besaßen, genügt mangels Bestellung eines gemeinsamen Vertreters die Aufforderung bzw. die Nachricht an einen einzelnen Mitberechtigten (§18 Abs. 3 ist zumindest analog anwendbar; so auch Scholz 7). Wenn auch in § 18 Abs. 3 vom „Inhaber" eines Geschäftsanteils gesprochen wird, so ist dies kein Grund, die Anwendung der Bestimmung auf die Aufforderung und Benachrichtigung abzulehnen. Denn wenn schon nach § 18 Abs. 3 die Androhung der Kaduzierung zu einem Mitberechtigten genügt und die Klage gegen einen mit Rechtskraftwirkung für alle ausgestattet ist (Erl. zu § 18), so kann hier, wo es um ein minus geht, nichts anderes gelten. Besondere Formen für diese Aufforderung und für diese Benachrichtigung sind nicht vorgeschrieben (Schal£ 7). Mündliche Aufforderungen werden daher genügen. Öffentliche Aufforderungen genügen nicht, denn die Aufforderung ist jedenfalls eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Bei Personen mit unbekannter Adresse hilft auch hier die öffentliche Zustellung (§ 132 BGB). Führt die Gesellschaft den Beweis der Zahlungsunfähigkeit anderweit, so braucht sie die Aufforderung und Benachrichtigung nicht zu erlassen, sondern kann sofort den Rechtsvorgänger in Anspruch nehmen. In jedem Fall ist dem in Anspruch genommenen Rechtsvorgänger der Gegenbeweis gestattet, daß der Nachmann zahlungsfähig ist (Scholas Fischer 3). Nur muß er gegenüber der gesetzlichen Vermutung bestimmte Tatsachen behaupten und Beweise antreten. Das RG (RGZ 85 241) will die Vermutung des § 22 Abs. 2 nicht gegen den letzten (frühesten) Rechtsvorgänger gelten lassen. Eine rein wörtliche Auslegung (182)
Kaduzierung (Goerdeler)
§22
scheint die Ansicht stützen zu können. Denn § 22 Abs. 2 2. Halbsatz begründet die widerlegbare Vermutung, dem Wortlaut nach nur für die Zahlungsunfähigkeit eines Vormannes dem noch ein zu benachrichtigender Rechtsvorgänger des Kaduzierten vorausgeht. Bei sinngemäßer Auslegung kann man aber zu einer unterschiedlichen Behandlung des letzten (frühesten) Rechtsvorgängers und der übrigen Rechtsvorgänger nicht gelangen. Sonst würde auch der Verkauf des Anteils (§ 23) ohne ersichtlichen Grund erschwert werden, weil andernfalls gegen den letzten (frühesten) Rechtsvorgänger der Nachweis der Zahlungsunfähigkeit in besonderer Weise (ohne die gesetzliche Vermutung) geführt werden müßte. Die hier vertretene Auffassung entspricht der heute h. M. (Feine S. 309; Schüler GmbH-Rdsch. 1961100; jetzt auch Baumbach-Hueck 3B; a. M. Scholz 7). Es genügt demgemäß für den Verkauf nach § 23, wenn der früheste Inhaber des betroffenen Geschäftsanteils (früheste Rechtsvorgänger des Kaduzierten) auf die Zahlungsaufforderung hin binnen eines Monats nicht gezahlt hat; von dieser Zahlungsaufforderung braucht die Gesellschaft niemand zu benachrichtigen (für das Aktienrecht Bar^ Großkomm. AktG § 65 Anm. 6; RGZ 86 420 nimmt zu dieser Streitfrage nicht Stellung). 4. Mehrere Rechtsvorgänger haften nicht gesamtschuldnerisch, es sei denn, daß 11 einigen gemäß § 18 der Geschäftsanteil gemeinsam zustand (oben Rdn. 7). Die Gesellschaft kann nicht nach erfolgter Aufforderung und Benachrichtigung aller Rechtsvorgänger diese sämtlich verklagen. Die Haftung ist stets nur eine der Reihe nach eintretende, also ein „Staffelregreß" (vgl. Einleitung) oder „Reihenregreß" (v. Halem aaO., 83), nur kann auf Grund der in Abs. 2 gegebenen Vermutung auf Klage und Zwangsvollstreckung gegen einzelne Zwischenmänner verzichtet werden. Bei mehreren Rechtsvorgängern kann die Vermutung des § 22 Abs. 2 nicht dadurch hergestellt werden, daß der erste Rechtsvorgänger des Kaduzierten eine Zahlungsaufforderung erhält und gleichzeitig alle weiteren Rechtsvorgänger hiervon benachrichtigt werden. Das Verfahren kann daher sehr langwierig sein, wenn nicht die Gesellschaft in der Lage ist, die Zahlungsunfähigkeit von Rechtsvorgängern auf andere Weise zu führen, (oben Rdn. 10). 5. Das Verhältnis der Haftung nach §22 zu der nach §16 Abs. 3 bedarf 12 einer kurzen Betrachtung. Nach heute h. M. (Scholz 5; Baumbach-Hueck 1; Scholz^ Fischer 3; v. Halem aaO. S. 74; LG Köln GmbH-Rdsch. 1913 94) bestehen beide Haftungstatbestände nebeneinander, und zwar in dem unterschiedlichen Umfang und Voraussetzungen beider Vorschriften. Nach § 16 Abs. 3 haften Veräußerer und Erwerber (gesamtschuldnerisch) beim Übergang eines Geschäftsanteils „für die zur Zeit der Anmeldung auf den Geschäftsanteil rückständigen Leistungen". Was im einzelnen zu den „rückständigen Leistungen" gehört, ergibt sich aus den Erl. zu §16 (insbesondere Rdn. 12); die noch nicht bezahlten Beträge auf die Stammeinlage gehören dazu, soweit sie rückständig (fällig) waren (hierzu BGH Urt. v. 29. 6.1961 BB 1961 953 = LM Nr. 2 zu § 16); nach § 16 Abs. 3 wird u. a. auch für Verzugszinsen und Vertragstrafen gehaftet (alle Leistungen). Wegen des Umfangs der Haftung nach § 22 s. unten Rdn. 14. Sind in der Kette der Rechtsvorgänger des Kaduzierten solche vorhanden, auf die die Haftung nach § 22 und nach §16 Abs. 3 zutrifft, so kann die Gesellschaft — auch nach bereits ausgesprochener Kaduzierung — noch die Entscheidung treffen, nach welcher Vorschrift und gegen wen sie vorgehen will. Sie kann sogar die Kaduzierung zurückstellen und zunächst den Rechtsvorgänger, wenn die Voraussetzungen vorliegen, nach § 16 Abs. 3 in Anspruch nehmen ('Schol£ 5). Häufig wird i. S. von § 16 Abs. 3 „Veräußerer" der unmittelbare Rechtsvorgänger des säumigen Gesellschafters (Erwerber) sein. Zu (183)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
beachten ist, daß der nach § 16 Abs. 3 in Anspruch Genommene den Geschäftsanteil nicht erwirbt (anders nach § 22 Abs. 4). Ist die Kaduzierung bereits ausgesprochen, so werden die Geschäftsführer prüfen müssen, ob sie nicht doch nach §22 vorgehen, damit der Geschäftsanteil wieder einen Rechtsträger erhält (vgl. § 21, 25; sowie v. Halem aaO. S. 76). Ist § 16 Abs. 3 auf Rechtsvorgänger nicht anwendbar, so greift nur die Haftung gemäß § 22 ein. 13 6. Die Ausgleichung mehrerer Vormänner untereinander richtet sich nach den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen, mit denen der kaduzierte Anteil übertragen wurde, oder nach den Bestimmungen des BGB (Scholz 8). Hat der Erwerber z. B. die Tilgung der Resteinlage anstelle des Veräußerers übernommen, so hat der in Anspruch genommene Veräußerer einen entsprechenden Ersatzanspruch gegen den seinerzeitigen Erwerber. Bestehen zwischen den Beteiligten keine vertraglichen Vereinbarungen, so kommt ggf. die Pfändung der Ansprüche, die einer der Vormänner gegen den anderen hat, in Betracht. 14
7. Der Umfang der Haftung nach § 22 erstreckt sich auf den „von dem ausgeschlossenen Gesellschafter nicht gezahlten Betrag der Stammeinlage". Hierunter sind nach h. M. nicht nur die bei der Ausschließung rückständigen Beträge, sondern auch später fällig gewordene zu verstehen (so auch Baumbach-Hueck 2B; Scholz 4; v. Halem aaO. S. 84). Andererseits ergreift die Haftung weder die Zinsen, noch Vertragsstrafen wegen verzögerter Einzahlung, noch das etwa geforderte Agio, noch die sonstigen Verpflichtungen auf Grund des § 3 Abs. 2 (Baumbach-Hueck 2B; Vogel 4). Ist der letzte Inhaber insolvent, so gehen diese Beträge der Gesellschaft verloren, es sei denn, daß einer der Vormänner nach § 16 Abs. 3 in Anspruch genommen wird (oben Rdn. 12), denn die Haftung nach § 16 Abs. 3 geht weiter und umfaßt auch diese rückständigen Leistungen. Ist die Kaduzierung bei einem Geschäftsanteil mit sogenannter Mischeinlage erfolgt (§ 5, 98 und § 21, 2), stellt sich die Frage, ob der im Regreß die rückständige Bareinlage zahlende Vorgänger nunmehr die etwa noch nicht erfüllte Sacheinlagepflicht erfüllen muß. Die Frage ist mit der h. M. zu bejahen (Scholz 4; BaumbachHueck 2B; Scholz-Fischer 2) und zwar als Folge des Erwerbs des Geschäftsanteils nach § 22 Abs. 4; der Erwerber hat die etwa noch offene Sacheinlagepflicht als nunmehriger Inhaber zu erfüllen; ob er sie überhaupt erfüllen kann, steht dahin (vgl. Scholz-Fischer 2). Das spricht für Sofortleistung der Sacheinlagen vor der Anmeldung zum Handelsregister (§ 7 Rdn. 46). Ist das nicht erfolgt, so müssen die Rechtsfolgen nach den Erl. zu § 5 gelöst werden (dort Rdn. 75 ff.). Wenn der nach Abs. 4 erwerbende Rechtsvorgänger die noch offene Sacheinlage nicht erbringen kann (z. B. Einbringung eines bestimmten Patents), so ist zu prüfen, ob nicht die gesetzliche Geldeinzahlungsverpflichtung an die Stelle der Sacheinlagepflicht tritt. IV. Die zeitliche Beschränkung der Haftung nach Abs. 3
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1. Die Haftung ist auf die innerhalb der Frist von fünf Jahren auf die Stammeinlagen eingeforderten Einzahlungen beschränkt. Wenn innerhalb der Fünfjahresfrist Einzahlungen auf die Stammeinlage eingefordert werden und ein Kaduzierungsverfahren in Gang kommt, so wirkt die ehemalige Gesellschaftereigenschaft haftungsbegründend. In dieser Fünfjahresfrist müssen die Beträge auf die Stammeinlage (bei den Kaduzierten) eingefordert sein. Unter Einforderung ist die Erklärung (Aufforderung) an die Gesellschafter zu verstehen, die Zahlung auf (184)
Kaduzierung (Goerdeler)
§22
die Stammeinlage zu leisten (§20, 3); der Beschluß der Gesellschafter nach §46 Nr. 2 ist in diesem Sinne noch keine Aufforderung, es bedarf des Beschlusses der Ausführung durch die Geschäftsführer. War die Zahlung der Stammeinlage kalendermäßig festgelegt (§20, 5; §21, 9), so daß es einer Aufforderung zur Zahlung nicht bedarf, so ist der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Zeitpunkt maßgeblich für die Berechnung der Frist nach § 22 Abs. 3 (wie hier v. Halem aaO. S. 87; a. M. Vorauf!.; Scholz 11; Baumbach-Hueck 4). Die fünf Jahre beginnen mit dem Tag (§ 22 Abs. 3 S. 2), an welchem der Übergang des Geschäftsanteils auf den Rechtsnachfolger ordnungsmäßig bei der Gesellschaft angemeldet worden ist. War der Erwerb nicht anmeldebedürftig (oben Rdn. 4), so gilt für die beiden Hauptfälle folgendes: hat die Gesellschaft den Geschäftsanteil veräußert, so beginnt die Frist im Zeitpunkt der Veräußerung (so auch Baumbach-Hueck 4). Handelt es sich um einen Erbfall, so ist jedoch die Anmeldung des Erblassers maßgeblich (so auch Baumbach-Hueck 4). Diese unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, da der Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt. Sind zwischenzeitliche Veräußerungen an einen oder mehrere Rechtsvorgänger nicht angemeldet, sondern ist erst eine spätere Veräußerung angemeldet, so entscheidet der Tag der letzteren Anmeldung. Nicht angemeldete Zwischenbesitzer haften nicht. Es hat hiernach jeder Gesellschafter, der seinen Anteil weiterveräußert, ein erhebliches Interesse daran, daß die Veräußerung angemeldet wird (Scholz 12, Baumbach-Hueck 4). 2. Für die innerhalb dieser Frist eingeforderten Beträge haftet der Gesell- 16 schafter in der ordentlichen Verjährungszeit von 30 Jahren. Diese sehr lange Verjährungsfrist ist eine Belastung für die Rechtsvorgänger, die allerdings dadurch entschärft wird, daß die Kaduzierung selbst nicht allzulange hinausgeschoben werden kann (§ 21, 19). Ggf. kann der Gesichtspunkt der Verwirkung des Anspruchs aus § 22 geltend gemacht werden, wenn die Gesellschaft übertrieben lang die Geltendmachung hinausgeschoben hat (Scholz 13; v. Halem aaO. S. 87). Die Haftung der Rechtsvorgänger nach § 22 erlischt jedoch, wenn der Geschäftsanteil nach § 23 versteigert wird, da sie dann durch Zahlung der Rückstände den Geschäftsanteil nicht mehr erwerben können (§ 22 Abs. 4). Das ist h. M. (RGZ 85 241; Scholz H Baumbach-Hueck 4, Vogel 5; Schuler GmbH-Rdsch. 1961 100). V. Erwerb nach Abs. 4 Der in Anspruch genommene Rechtsvorgänger erwirbt durch die Zahlung 17 den Geschäftsanteil an Stelle des Ausgeschlossenen. Er ist aber nicht sein Rechtsnachfolger, er ist auch nicht Rechtsnachfolger der Gesellschaft (Baumbach-Hueck 5C, Scholz 1 8 ; BGHZ 42 92). Sein früherer Geschäftsanteil fällt infolge der Kaduzierung und seiner Zahlung an ihn zurück. Diese in § 22 Abs. 4 getroffene Regelung dient der Aufbringung des Stammkapitals; der BGH mißt dieser Regelung grundsätzlich Bedeutung bei und zieht hieraus für die Fälle volleingezahlter Anteile — in der neueren Rechtsprechung bestimmte Folgerungen (BGH NJW 1975 118; oben Rdn. 1). Der Erwerb durch den Rechtsvorgänger nach § 22 Abs. 4 ist nicht anmeldepflichtig, eine nach dem Gesellschaftsvertrag etwa gemäß § 15 Abs. 5 für die Abtretung erforderliche Genehmigung braucht nicht eingeholt zu werden (Baumbach(185)
§ 22
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Hueck 5A). Statutarische Vorkaufsrechte greifen nicht ein. Im einzelnen gilt folgendes: j8 a) Der Geschäftsanteil geht auf den zahlenden Rechtsvorgänger über, auch wenn er dies nicht will. Es ist ausgeschlossen, daß dieser die Einlageschuld bezahlt, aber auf den Erwerb des Geschäftsanteils verzichtet. Das Gesetz will nicht nur für die Aufbringung der Kapitaleinlage sorgen. Dann hätte es genügt, den Veräußerer „wie einen Bürgen" (vgl. § 571 Abs. 2 BGB) auch für die künftig fällig werdenden Einlagen haftbar zu machen. Das Gesetz will den früheren Gesellschafter zwingen, wieder Gesellschafter zu werden, sobald sein Nachfolger die innerhalb der gesetzlichen Frist eingeforderten Beträge nicht bezahlt (anders der RegE, vgl. oben Rdn. 2). Daher tritt der Ubergang auch ein, wenn die Zahlung in der Zwangsvollstreckung beigetrieben wird; ebenso tritt diese Wirkung ein, wenn die Zahlung durch einen Dritten erfolgt {Baumbach-Hueck 5A). Der Erwerb des Geschäftsanteils durch den in Anspruch genommenen Rechtsvorgänger tritt ferner ein, wenn ein entfernterer Rechtsvorgänger des Kaduzierten, der im Rahmen des Staffelregresses nach § 22 Abs. 2 noch nicht in Anspruch genommen wurde, für den schon in Anspruch genommenen Rechtsvorgänger zahlt. Hier muß jedoch in Übereinstimmung mit Schofy 17 eine Einschränkung gelten: Der Rechtsvorgänger (A), für den ein entfernterer Vorgänger (B) zahlt, erwirbt den Geschäftsanteil nur, wenn A im Rahmen des Kaduzierungsverfahrens überhaupt haftet, d. h. solvent ist. Macht man diese Einschränkung nicht, so wäre die Folge, daß B dem insolventen A den Erwerb des Geschäftsanteils aufzwingt. Die seit der Vorauflage vertretene Auffassung erscheint geboten, da sonst der insolvente A schlechter gestellt ist, als das Gesetz (§ 22 Abs. 2: „ . . . haftet nur, . . . " ) es befiehlt (vgl. oben Rdn. 9). Dem gesetzlichen Zweck des § 22 (Beschaffung des Stammkapitals) wird Genüge getan. Der zahlende B erwirbt — falls kein weiterer haftender Rechtsvorgänger zwischen ihm und A vorhanden — den Geschäftsanteil selbst; A braucht den — vielleicht sehr lästigen — Anteil nicht zu übernehmen; im Streitfalle bleibt es B unbenommen, nachzuweisen, daß A zahlungsfähig war, somit haftet und den Geschäftsanteil durch B's Zahlung erwarb. B seinerseits riskiert, daß ihm gegen A ein Ersatzanspruch (aus Geschäftsführung ohne Auftrag, § 683 BGB) nicht zuerkannt wird. 19
b) Nach der Kaduzierung hat der Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen ein Recht auf den Geschäftsanteil das die früheren Rechtsvorgänger bis zum Eintritt der Vermutung seiner Zahlungsunfähigkeit (nach Abs. 2) nicht beeinträchtigen dürfen (Baumbach-Hueck 5A). Die Gesellschaft muß seine Zahlung annehmen; er kann den Wiedererwerb seines Geschäftsanteils durch Hinterlegung herbeiführen. Der Anfall des Geschäftsanteils ist unwiderruflich. Dieses Recht des Vormanns auf den Geschäftsanteil kann durch seine Gläubiger gepfändet werden. Durch Zahlung des Einlagebetrages fällt der Geschäftsanteil an ihren Schuldner, belastet mit ihrem Pfändungsrecht. 20 c) Der Geschäftsanteil geht nur auf den Vorgänger über, der die ganze Einlageschuld entrichtet (Baumbach-Hueck 5 A). Wird nur ein Teil gezahlt, der Rest aber von einem weiteren haftbar gemachten Rechtsvorgänger bezahlt, so erhält letzterer den Geschäftsanteil (es wird aber zu prüfen sein, ob letzterer nicht für seinen solventen Nachfolger zahlt und somit ein Fall oben Rdn. 18 vorliegt). Die beiden haften nicht gemeinschaftlich, sondern jeder für sich. Ein Rückforderungsrecht gegenüber der Gesellschaft steht dem zunächst in Anspruch genommenen, der die Teilzahlung leistete, nicht zu. Was er bezahlte, hat er geschuldet. Ebensowenig kann er es mit (186)
Kaduzierung (Goerdeler)
§22
der Bereicherungsklage von dem den Geschäftsanteil erwerbenden Rechtsvorgänger fordern. Dieser ist nicht ohne Rechtsgrund aus dem Vermögen jenes bereichert (Scholz 8 u n d 15 )d) Der zahlende Rechtsvorgänger erhält den Geschäftsanteil mit allen statu- 21 tarischen Rechten und Pflichten, die im Zeitpunkt der Zahlung bestehen. Dies gilt auch, soweit diese Rechte und Pflichten, z. B. durch die Satzungsänderung, erst nach der Kaduzierung begründet wurden {Scholz 18). Soweit der Kaduzierte bereits früher Änderungen zugestimmt hatte, muß der Erwerber sie ebenfalls gegen sich gelten lassen. Der Erwerber erhält auch seit der Kaduzierung auf den Geschäftsanteil angefallene Gewinnanteile (§21, 25; Scholz 1 8 5 Fichtner BB 1966 147). Der zahlende Rechtsvorgänger (und Erwerber des Geschäftsanteils nach Abs. 4) übernimmt andererseits nicht die zur Zeit der Kaduzierung fällig gewesenen übrigen gesellschaftlichen Leistungen wie Zinsen, Vertragsstrafen, Sonderleistungen nach § 3 Abs. 2 {Schuler GmbH-Rdsch. 1961 100); diese Ansprüche gehen der Gesellschaft verloren (oben Rdn. 14, § 21, 23), es sei denn, daß der Ausgeschlossene nach § 21 Abs. 3 oder nach § 16 Abs. 3 zur Zahlung herangezogen werden kann. Soweit Ansprüche der Gesellschaft erst nach der Kaduzierung entstanden sind, treffen sie den Erwerber, desgleichen alle künftig entstehenden (Baumbach-Hueck 5B). Rechte Dritter, die mit der Kaduzierung erloschen waren (§ 21, 24), leben nicht wieder auf. Soweit der Kaduzierte fällige Ansprüche gegen die Gesellschaft hatte, die durch die Kaduzierung nicht untergehen (§ 21, 23), bleiben diese bestehen. e) Der Rechtsvorgänger, der den Geschäftsanteil durch seine Zahlung wieder 22 erwirbt, bleibt der Nachfolger seiner Rechtsvorgänger. Andererseits werden die Nachmänner des Erwerbenden frei. Der frühere Rechtszustand in bezug auf die Rechtsvorgänger wird durch den Erwerb nach Abs. 4 wieder hergestellt. Das ist heute h. M. (Baumbach-Hueck 5C; Scholz 19; Scholz-Fischer 4; Vogel 6; a. M. Schuler GmbH-Rdsch. 1961 101). Diese Auffassung bedeutet: wird der Erwerber wegen einer später fällig werdenden, weiteren Stammeinlagerate kaduziert, so haften nur seine Vorgänger im Rahmen des § 22, seine früheren Rechtsnachfolger (Nachmänner) jedoch nicht. Diese Rechtslage ergibt sich auch daraus, daß der Erwerber gemäß Abs. 4 nicht Rechtsnachfolger des Kaduzierten ist (oben Rdn. 17). Allerdings bleibt eine Haftung nach § 16 Abs. 3 durch den Erwerb (nach Abs. 4) bestehen. VI. Unwirksame Kaduzierung Waren die Voraussetzungen der Kaduzierung nicht gegeben, so tritt trotz der 23 Zahlung kein Rechtserwerb durch den Rechtsvorgänger ein; ein gutgläubiger Erwerb kommt auch hier nicht in Betracht (vgl. § 21, 31). Gegen die Gesellschaft hat er nur Anspruch auf Rückerstattung seiner Zahlung nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (Baumbach-Hueck 5D). VII. Die Vorschriften des § 22 sind zwingender Natur. Weder durch den 24 Gesellschaftsvertrag, noch durch die Gesellschafterversammlung, noch durch die Geschäftsführer können die Rechtsvorgänger von dieser Haftung befreit werden. Dies ergibt sich aus § 25. Eine Verschärfung der in § 22 bezeichneten Haftung im Gesellschaf tsvertrag ist zulässig (§ 25 Rdn. 4; Scholz 20). Für die Ansprüche der (187)
§23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gesellschaft nach § 22 Abs. 1—3 gilt § 19 Abs. 2: Erlaß, Stundung, Aufrechnung sind nicht statthaft (RGZ 92 366). Verstöße gegen das in § 22 vorgesehene Verfahren machen ihrerseits den Erwerb im Rahmen der Versteigerung (des Verkaufs) gemäß §23 unwirksam (§23,22).
§23 Ist die Zahlung des rückständigen Betrages von Rechtsvorgängern nicht zu erlangen, so kann die Gesellschaft den Geschäftsanteil im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen lassen. Eine andere Art des Verkaufs ist nur mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters zulässig. Übersiebt Rdn. Einleitung
1
Reform
2
I. Voraussetzung des Verkaufs . . II. Verkauf im Wege öffentlicher Ver Steigerung III. Freihändiger Verkauf nach Satz 2 . IV. Rechtswirkungen des Verkaufs . .
3
4 12 15
Rdn. V. Mängel der Vorbedingung und des Verkaufs VI. Unverkäuflichkeit des Geschäftsanteils VII. Zwingender Charakter VIII. Steuer- und Bilanzfragen (zu § 22 Abs. 4 und § 23) 1. Steuerfragen 2. Bilanzfragen
20 25 26
27 28
Einleitung 1
Der Bestimmung des § 23, die den Verkauf des kaduzierten Geschäftsanteils regelt, kommt im Rahmen des Kaduzierungsverfahrens besondere Bedeutung zu. Einerseits ist der Verkauf erst möglich, wenn die Inanspruchnahme der Rechtsvorgänger (§22) erfolglos war oder kein Rechtsvorgänger vorhanden war oder deren Haftung durch Ablauf der Fünfjahresfrist (§ 22 Abs. 3) erloschen war, andererseits ist der Verkauf nach § 23 (soweit der Verkauf nicht von vornherein als aussichtslos zu betrachten war, vgl. § 21, 34) Voraussetzung für die Inanspruchnahme des ausgeschlossenen Gesellschafters nach § 21 Abs. 3 und für die Haftung der übrigen Gesellschafter nach § 24 (vgl. § 24, 6). Da die Gesellschaft den nach § 21 kaduzierten Geschäftsanteil nicht zu Eigentum erwirbt (§ 21, 25), verfügt sie bei dem Verkauf nicht etwa über einen eigenen Geschäftsanteil, sondern sie macht von der ihr durch das Gesetz gegebenen Befugnis Gebrauch, zur Deckung des Einlagerückstandes den Anteil, der dem Kaduzierten gehörte, zu verwerten. Sie verkauft „den Geschäftsanteil" des Kaduzierten in dem Sinne, daß der Käufer die gleichen Rechte erhält, wie sie der Geschäftsanteil jenes enthielt und durch welche er charakterisiert wurde. War dieser also mit besonderen Vorrechten ausgestattet, besonderem Stimmrecht, Bezugsrecht bei neuen Geschäftsanteilen usw., so stehen alle diese Rechte dem Käufer (Ersteigerer) zu. In anderen Worten: Verwertungsgegenstand ist der kaduzierte Geschäftsanteil mit allen Rechten und Pflichten, jedoch frei von allen mit der Kaduzierung erloschenen Belastungen (Spindler GmbH(188)
§23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gesellschaft nach § 22 Abs. 1—3 gilt § 19 Abs. 2: Erlaß, Stundung, Aufrechnung sind nicht statthaft (RGZ 92 366). Verstöße gegen das in § 22 vorgesehene Verfahren machen ihrerseits den Erwerb im Rahmen der Versteigerung (des Verkaufs) gemäß §23 unwirksam (§23,22).
§23 Ist die Zahlung des rückständigen Betrages von Rechtsvorgängern nicht zu erlangen, so kann die Gesellschaft den Geschäftsanteil im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen lassen. Eine andere Art des Verkaufs ist nur mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters zulässig. Übersiebt Rdn. Einleitung
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I. Voraussetzung des Verkaufs . . II. Verkauf im Wege öffentlicher Ver Steigerung III. Freihändiger Verkauf nach Satz 2 . IV. Rechtswirkungen des Verkaufs . .
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Rdn. V. Mängel der Vorbedingung und des Verkaufs VI. Unverkäuflichkeit des Geschäftsanteils VII. Zwingender Charakter VIII. Steuer- und Bilanzfragen (zu § 22 Abs. 4 und § 23) 1. Steuerfragen 2. Bilanzfragen
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Einleitung 1
Der Bestimmung des § 23, die den Verkauf des kaduzierten Geschäftsanteils regelt, kommt im Rahmen des Kaduzierungsverfahrens besondere Bedeutung zu. Einerseits ist der Verkauf erst möglich, wenn die Inanspruchnahme der Rechtsvorgänger (§22) erfolglos war oder kein Rechtsvorgänger vorhanden war oder deren Haftung durch Ablauf der Fünfjahresfrist (§ 22 Abs. 3) erloschen war, andererseits ist der Verkauf nach § 23 (soweit der Verkauf nicht von vornherein als aussichtslos zu betrachten war, vgl. § 21, 34) Voraussetzung für die Inanspruchnahme des ausgeschlossenen Gesellschafters nach § 21 Abs. 3 und für die Haftung der übrigen Gesellschafter nach § 24 (vgl. § 24, 6). Da die Gesellschaft den nach § 21 kaduzierten Geschäftsanteil nicht zu Eigentum erwirbt (§ 21, 25), verfügt sie bei dem Verkauf nicht etwa über einen eigenen Geschäftsanteil, sondern sie macht von der ihr durch das Gesetz gegebenen Befugnis Gebrauch, zur Deckung des Einlagerückstandes den Anteil, der dem Kaduzierten gehörte, zu verwerten. Sie verkauft „den Geschäftsanteil" des Kaduzierten in dem Sinne, daß der Käufer die gleichen Rechte erhält, wie sie der Geschäftsanteil jenes enthielt und durch welche er charakterisiert wurde. War dieser also mit besonderen Vorrechten ausgestattet, besonderem Stimmrecht, Bezugsrecht bei neuen Geschäftsanteilen usw., so stehen alle diese Rechte dem Käufer (Ersteigerer) zu. In anderen Worten: Verwertungsgegenstand ist der kaduzierte Geschäftsanteil mit allen Rechten und Pflichten, jedoch frei von allen mit der Kaduzierung erloschenen Belastungen (Spindler GmbH(188)
Versteigerung des Geschäftsanteils (Goerdeler)
§23
Rdsch. 1950 178). Andererseits ist der von der Gesellschaft veräußerte Geschäftsanteil nicht der des Ausgeschlossenen, da er nicht durch diesen als Inhaber charakterisiert ist. Der Käufer wird weder Rechtsnachfolger der Gesellschaft noch des Kaduzierten (§ 22, 17). Die Gesellschaft kann gemäß § 23 Satz 2 mit Zustimmung des Kaduzierten den Geschäftsanteil in anderer Weise verwerten. Zu beachten ist, daß das Verfahren nach § 23 nur in Betracht kommt, wenn der Geschäftsanteil wegen des Einlagerückstandes kaduziert ist; die Gesellschaft kann statt der Kaduzierung auch den Gesellschafter auf Zahlung verklagen (vgl. § 21, 5) und dann den Geschäftsanteil im Wege der Zwangsvollstreckung pfänden und versteigern lassen (hierzu Spindler GmbH-Rdsch. 1950 178). Reform Es kann im wesentlichen auf die Vorbemerkungen zu §§ 21—25 verwiesen 2 werden. Die jetzt in §23 geregelte Verwertung des kaduzierten Geschäftsanteils wird in verschiedenen Richtungen geändert werden. Der Normalfall der Verwertung bleibt der Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung (§ 23 Abs. 1 RegE). Im übrigen können die Gesellschafter unter mehreren Verwertungsarten wählen (§§ 33 bis 36, 39 RegE); die Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters wird nur noch dann verlangt, wenn seine finanziellen Interessen berührt werden. Für den Verkauf an die Gesellschafter gelten besondere Regelungen. Die Bestimmungen über die Verwertung gelten sinngemäß, wenn nur ein Teil eines Geschäftsanteils kaduziert wird (§§ 31 Abs. 3, 39 RegE). I. Voraussetzung des Verkaufs ist, daß der Geschäftsanteil wirksam kadu- 3 ziert und daß, falls der ausgeschlossene Gesellschafter Rechtsvorgänger hat, die Zahlung des rückständigen Betrages von denselben nicht zu erlangen ist. Erst wenn von keinem der Rechtsvorgänger der Betrag zu erlangen ist, ist der Verkauf zulässig. Dabei gelten auch hier die Vermutungen des § 22 Abs. 2 (Scholz 3, BaumbachHueck 1). Ein Rechtsvorgänger gilt als zahlungsunfähig, wenn er nach § 22 Abs. 2 zur Zahlung aufgefordert und der Vormann desselben davon benachrichtigt worden ist. Im einzelnen sind die Erl. zu § 22, 4—11 heranzuziehen. II. Verkauf des Geschäftsanteils im Wege öffentlicher Versteigerung 1. Die Gesellschaft kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen (oben 1 und 3), 4 den Geschäftsanteil im Wege öffentlicher Versteigerung veräußern lassen; sie hat die rechtliche Möglichkeit zum Verkauf (Baumbach-Hueck 2A). Sie muß verkaufen, wenn sie die Ausfallhaftung nach § 21 Abs. 3 oder die Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 24 in Anspruch nehmen will. Sie kann für den Verkauf den ihr günstigsten Zeitpunkt wählen (KG OLGR 19 371). Aus der gesetzlichen Regelung folgt, daß weder der ausgeschlossene Gesellschafter noch seine Rechtsvorgänger noch die übrigen Gesellschafter von der Gesellschaft verlangen können, den Verkauf durchzuführen (Schol¡5; 5). Der ausgeschlossene Gesellschafter kann daher nicht einen Käufer, der einen günstigen Preis anbietet, benennen und beanspruchen, daß der Verkauf an diesen erfolge. Er kann, wenn die Gesellschaft bei einem anderweitigen Verkauf einen Ausfall erleidet, nicht etwa einwenden, daß (189)
§ 23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
die Gesellschaft diesen durch ihre Ablehnung selbst verschuldet habe. Nur Arglist könnte hier gemäß § 826 BGB eine Verpflichtung der Gesellschaft (§ 31 BGB) und der Geschäftsführer begründen {Scholz 5, Vogel 2). Auch die Rechtsvorgänger des Ausgeschlossenen können, obwohl sie durch den Verkauf befreit werden (vgl. unten), nicht beanspruchen, daß eine günstige Kaufgelegenheit benutzt werde. Und endlich haben die übrigen Gesellschafter ein solches Einzelrecht nicht, obwohl sie wegen der Haftung gemäß § 24 an einem günstigen Verkauf interessiert sind. Nur im Innenverhältnis können die Gesellschafter ihren Einfluß auf die Geschäftsführer wegen der Durchführung des Verkaufs geltend machen und den Geschäftsführern Anweisungen für die Verwertung nach §23 geben, soweit den Geschäftsführern nicht schon anläßlich des Beschlusses der Gesellschafter zur Einforderung der Einlagen ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben wurde (vgl. § 46 Nr. 2; vgl. § 21, 5 und 10; wie hier Scbol^ 5). 5 2. Soweit der Gesellschaftsvertrag oder ein Gesellschafterbeschluß keine Weisungen enthält, haben die Geschäftsführer nach ihrem pflichtgemäßem Ermessen mit der ihnen nach § 43 obliegenden Sorgfalt zu entscheiden, ob und wann sie den Verkauf nach § 23 Satz 1 oder 2 bewirken (v. Halem aaO., S. 113; Spindler GmbHRdsch. 1950 178). Hierbei haben sie sowohl die Verwertbarkeit des Anteils (insbesondere im Verhältnis zum Stammeinlagerest) zu berücksichtigen als auch, ob der Verkauf deshalb geboten sein könne, um damit die Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 24 oder die Ausfallhaftung des Ausgeschlossenen nach § 21 Abs. 3 überhaupt zu ermöglichen. Bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht haften sie im Rahmen von § 43. Der Verkauf nach § 23 Satz 1 unterliegt nicht etwaigen Zustimmungserfordernissen der Satzung § 15 (unten 11). 6 3. Ist die Versteigerung oder der Verkauf überhaupt aussichtslos oder ein entsprechender Versuch erfolglos gewesen, so können die Geschäftsführer es hierbei bewenden lassen, wobei der Geschäftsanteil endgültig in das Eigentum der Gesellschaft fällt (vgl. unten Rdn. 25). Es verbleibt auch dann bei der Ausfallhaftung nach § 21 Abs. 3 und der Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 24. Dies ist die h. M. der Literatur (Baumbacb-Hueck 2 A und § 24, 2; Scholz 5 5 Feine S. 312; Vogel'S). Soweit ersichtlich, ist diese Frage bisher höchstrichterlich nicht entschieden (in RGZ 86 419 ist die Frage jedenfalls offengelassen). Der h. M. ist zuzustimmen, da sie im Interesse der Aufbringung des Stammeinlagerestes liegt (vgl. § 24,9 und § 21,34). Bei der Frage der Verkaufsaussichten sind die Kosten der Versteigerung durch die Geschäftsführer zu berücksichtigen. Die Gründe der Aussichtslosigkeit eines Verkaufs — wenn nicht ein Versuch als solcher erfolglos war — müssen die Geschäftsführer bei einem weiteren Vorgehen nach §§ 21 Abs. 3 und 24 dartun. 7
4. Der Verkauf nach § 23 geschieht regelmäßig im Wege der öffentlichen Versteigerung (Satz 1). Es sind §§ 383 Abs. 3 und 156 BGB zu befolgen; dabei ist insbesondere zu beachten: einmal muß der Verkauf so erfolgen, daß eine unbegrenzte Zahl von Bietern zugelassen ist. Jede Beschränkung darin ist unstatthaft (vgl. unten Rdn. 26). Dabei sind Ort und Zeit der Versteigerung unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich bekanntzumachen. Denn das gehört zum Begriffe der öffentlichen Versteigerung (§ 383 Abs. 3 BGB). Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt in derjenigen Weise, welche für Versteigerungen solcher Art angemessen ist. Die Blätter, welche das Statut für Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmt, sind hier nicht maßgebend. Es handelt sich ja nicht um eine Bekanntmachung für die Gesellschafter, sondern für das Publikum. Zum anderen muß eine mit öffentlichem Vertrauen ausgestattete Person bei der Versteigerung mitwirken. Sie muß durch einen für den (190)
Versteigerung des Geschäftsanteils (Goerdeler)
§23
Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder durch einen nach Landesrecht zur Versteigerung befugten anderen Beamten oder einen öffentlich angestellten Versteigerer oder einen Notar erfolgen. Die Gesellschaft ist frei, wen sie unter diesen befugten Personen auswählt. Beauftragt die Gesellschaft andere Personen, so liegt keine öffentliche Versteigerung i. S. von § 23 vor, der Versteigerungsakt wäre unwirksam (Spindler GmbH-Rdsch. 1950 179; v. Halem aaO. 129). Weitere Vorschriften lassen sich aus der Anordnung der öffentlichen Versteige- 8 rung nicht ableiten. Es sind insbesondere die Regeln des BGB über den Verkauf einer verpfändeten Sache und des HGB über den Selbsthilfeverkauf nicht anwendbar. Daher ist z. B. eine besondere Benachrichtigung des früheren Inhabers des Geschäftsanteils oder sonstiger Interessenten wie der anderen Gesellschafter oder der Rechtsvorgänger des Ausgeschiedenen nicht erforderlich (§ 384 BGB). Eine Ausnahme gilt jedoch: der Erwerber in der Versteigerung muß bar zahlen (§1238 BGB; Vogel4; Scholz 6). Man wird an dieser Auffassung auch nach dem Ergehen des BGH-Urteils in BGHZ 42 89 festhalten müssen. Die Entscheidung betraf nur einen „freihändigen" Verkauf, bezog sich also nicht auf § 23 Satz 1 und hat im übrigen auf die Kaufpreisschuld § 19 Abs. 2 für anwendbar erklärt. Das Verlangen nach Barzahlung im Rahmen der Versteigerung erscheint daher nach wie vor berechtigt, um so mehr als es sich um die Aufbringung der restlichen Stammeinlage handelt, die mit dem Verkauf nach § 23 erreicht werden soll (so auch R. Fischer in Anm. zu LM Nr. 7 zu §§ 15, 21). Über den Ort der Versteigerung ist in § 23 nichts gesagt. § 383 Abs. 1 BGB, der die Versteigerung am Leistungsort anordnet, ist nicht analog anzuwenden. Mithin kann die Versteigerung überall erfolgen, wo sich ein angemessener Erfolg der Versteigerung erwarten läßt; Spindler (GmbH-Rdsch. 1950 179) und v. Halem (aaO. S. 114) nehmen gemäß § 269 Abs. 2 BGB grundsätzlich den Sitz der GmbH als Versteigerungsort an, ohne dies näher zu begründen. 5. Als Bieter kann auch der ausgeschlossene Gesellschafter auftreten (Scholz 6; 9 Baumbach-Hueck 2 C), ebenso dessen Rechtsvorgänger. Als Bieter kommen ferner die übrigen Gesellschafter wie auch die Geschäftsführer in Frage. Dagegen kann die Gesellschaft selbst nicht bieten, auch nicht, wenn die Rate, welche die Kaduzierung herbeiführte, die letzte ist. Immer handelt es sich bei der Versteigerung um einen Geschäftsanteil, auf den die Stammeinlage noch nicht völlig einbezahlt ist; der Erwerb desselben ist nach § 33 Abs. 1 verboten (RGZ 98 276; v. Halem aaO. S. 113; Baumbach-Hueck 2C, Scholz 6). Das Gebot ist nichtig. Es kommt ihm daher auch nicht die Wirkung zu, das vorhergehende Angebot freizumachen (Scholz *>)• 6. Der Ersteigerer erwirbt den Geschäftsanteil durch den Zuschlag. Wer formell 10 den Zuschlag ausspricht, bestimmt das für das Versteigerungsverfahren maßgebende Recht. Zulässig ist aber, daß die Gesellschaft sich die Genehmigung des durch den Versteigerungsbeamten erfolgten Zuschlags an den Meistbietenden vorbehält (Scholz 6; Feine S. 312), um dadurch den Eintritt unerwünschter Dritter verhindern zu können; ein Genehmigungsvorbehalt i. S. von § 15 ist hierin nicht zu sehen; er wäre hier unbeachtlich (unten Rdn. 11). 7. Unerheblich ist die statutarisch vorgeschriebene Genehmigung der Gesell- 11 schaft zur Veräußerung; eine Abtretung im Sinne des § 15 liegt hier nicht vor. Es liegt vielmehr eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme vor. Somit findet § 15 Abs. 5 (191)
§ 23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
keine Anwendung; d. h. ein statutarischer Genehmigungszwang des Verkaufs durch die Gesellschaft oder die Gesellschafter oder sonstige statutarische Voraussetzungen greifen hier nicht ein (Scholz 5; Vogel 1; Feine S. 312). Aus demselben Grunde ist ein für den Fall der Veräußerung festgesetztes Vorkaufsrecht unanwendbar. Ebensowenig bedarf es zur Wirksamkeit der Versteigerung der Aushändigung der Anteilscheine, selbst wenn die Übertragung der Geschäftsanteile von der Übergabe der Anteilscheine abhängig gemacht ist (RGZ 98, 276; Scholz 5). Ebenso bedarf es keiner Anmeldung des Ersteigerers nach §16 (Baumbach-Hueck 2 D ; Vogel 6; Scholz § 16, 5). III. Freihändiger Verkauf nach Satz 2 12
1. Mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters ist auch eine andere Art des Verkaufs zulässig, insbesondere kommt ein sogen, freihändiger Verkauf des Geschäftsanteils (so BGHZ 42 89) in Betracht. Diesem Verfahren braucht nur der ausgeschlossene Gesellschafter zuzustimmen, nicht etwa die übrigen Gesellschafter, obwohl sie wegen ihrer Haftung aus § 24 an einem möglichst günstigen Verkauf interessiert sind. Ein freihändiger Verkauf kann nach den Umständen sich eher anbieten als eine Versteigerung (Spindler GmbH-Rdsch. 1950 179), vor allem, wenn nur bestimmte Bieter in Betracht kommen. Die Geschäftsführer werden jedoch pflichtgemäß (§ 43) zu prüfen haben, ob durch einen freihändigen Verkauf etwa die Verkaufsaussichten verringert werden und dadurch die Haftung der Mitgesellschafter nach § 24 eintritt. Bei einem freihändigen Verkauf kann der Kaufpreis ggf. gestundet werden (R. Fischer Anm. zu LM Nr. 7 zu §§ 15, 21; vgl. aber oben Rdn. 8); wird er trotz Fälligkeit nicht gezahlt, so ist eine nochmalige Kaduzierung zulässig (BGHZ 42 89).
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2. Die Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters kann formlos erfolgen. Sie kann vorher oder auch nachher erteilt werden. Auch im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt sein, daß der Verkauf kaduzierter Geschäftsanteile freihändig geschehen darf. Solche Satzungsbestimmungen können im Gründungsstatut enthalten sein, aber auch durch Satzungsänderungen eingeführt werden; § 53 Abs. 3 ist zu beachten. Die Satzungsbestimmung kann dahin gehen, daß die Gesellschafter von vornhherein die Zustimmung zu einem freihändigen Verkauf nach § 23 Satz 2 geben. Sie kann auch dahin gehen, daß nur ein freihändiger Verkauf (und keine Versteigerung) in Betracht kommen (Schob.£ 5; wohl auch Baumbach-Hueck 2C; a. M. Schuler GmbH-Rdsch. 1961 99; Spindler GmbH-Rdsch. 1950 179). Der Gesellschaftsvertrag kann dadurch z. B. sicherstellen, daß nur Gesellschafter und nicht jeder bietende Dritte als Erwerber in Betracht kommen. Eine Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters ist im übrigen immer dann erforderlich, wenn von den Modalitäten der öffentlichen Versteigerung (oben Rdn. 4—11) abgewichen wird (Spindler GmbH-Rdsch. 1950 179).
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3. Ein freihändiger Verkauf (oben Rdn. 12—13) unterliegt jedoch den Formvorschriften des § 15; insbesondere bedarf die Abtretung der Form des § 15 Abs. 3 (Feine S. 312; Baumbach-Hueck 2C; Scholz 7; v.Halem aaO. S. 117). Dabei ist Abtretender des kaduzierten Anteils die Gesellschaft, die insoweit von der ihr zustehenden Verfügungsbefugnis (§21 Abs. 2; vgl. BGHZ 42 92) Gebrauch macht. Einer Anmeldung nach § 16 Abs. 1 jedoch bedarf es nicht. (192)
Versteigerung des Geschäftsanteils (Goerdeler)
§23
IV. Rechtswirkungen des Verkaufs 1. Deckt der Versteigerungserlös (abzüglich der Kosten) den Rückstand auf 15 die Stammeinlage, so wird der Kaduzierte frei. Wird der Rückstand nicht gedeckt, so steht für den Kaduzierten der Ausfall fest. Unter „Rückstand" ist dabei der rückständige Betrag auf die Einlage zu verstehen, wegen dessen kaduziert und verkauft wurde. Für den Ausfall haftet der Kaduzierte gemäß § 21 Abs. 3 ebenso wie für Ausfälle auf etwaige spätere Einlageforderungen, die auf den betreffenden Geschäftsanteil noch entfallen sollten (§ 21, 35). Die Mitgesellschafter haften für den Ausfall nach § 24. 2. Die Rechtsvorgänger des ausgeschlossenen Gesellschafters werden von ihrer 16 in § 22 vorgesehenen Haftung für die Rückstände, wegen deren die Kaduzierung erfolgte, frei (§22, 16; RGZ 85 237; BGHZ 42 92; Vogel 6; Scholz 10; BaumbachHueck 2D; Feine S. 313). Eine der Ausfallhaftung der Kaduzierten entsprechende Bestimmung des § 21 Abs. 3 besteht gegen die Rechtsvorgänger nicht. Für die später fällig werdenden Beträge haften sie deshalb nicht, weil sie nicht Vormänner des nunmehrigen Käufers sind (unten Rdn. 18). 3. Der Erwerber des Geschäftsanteils ist Gesellschafter geworden. Alle mit 17 dem betreffenden Geschäftsanteil verknüpften Rechte und Pflichten (oben Rdn. 1) gehen auf ihn über: z. B. später fällig werdende Sonderleistungen nach § 3 Abs. 2; auch die nach der Kaduzierung angefallenen Gewinne vgl. § 21, 25. Diejenige Rate auf die Stammeinlage aber, wegen welcher der Verkauf erfolgt ist, gilt dabei dem Erwerber gegenüber als bezahlt. Für diese haftet er in keiner Weise weder unmittelbar noch nach § 24 (vgl. 24, 18 und 27). Ein etwaiger bei der Versteigerung verbliebener Rückstand auf die Stammeinlage (infolge eines Mindererlöses) kann von ihm dabei nicht mehr verlangt werden. Das ist hier im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt (wie hier Scholz 9; Baumbach-Hueck 2D; Feine S. 313; RG in JW 1937 2284). Die Motive erwähnen diese Tatsache gelegentlich bei der Besprechung der Natur des Geschäftsanteils als selbstverständlich. Sie folgt aus dem Wesen der Kaduzierung und der Versteigerung, aus der Aufnahme des Ersteigerers als neuen Gesellschafter und der subsidiären Haftung des Kaduzierten und der anderen Gesellschafter. Der Geschäftsanteil des Ersteigerers bleibt in seiner Größe, mit seinem Nominalbetrag, unverändert. Für später fällige Einlagebeträge haftet der Erwerber jedoch als Gesellschafter. Wenn er hierbei in Verzug gerät, so kann die Kaduzierung in seiner Hand wiederum erfolgen. Es kann dann gegen ihn aufgrund des § 21 Abs. 3 der dann etwa eintretende Rückstand geltend gemacht werden. Für den Rückstand haftet auch der erst ausgeschlossene Gesellschafter (oben Rdn. 15). Der BGH hat darüber hinaus in BGHZ 42 93 entschieden, daß der Erwerber (eines allerdings freihändig verkauften) Anteils kaduziert werden kann, wenn er den Kaufpreis nicht rechtzeitig zahlt; der Käufer wird hiernach also schon aufgrund des Erwerbs nach § 23 wie ein Gesellschafter behandelt; wegen ein und desselben Einlagerückstandes kann somit mehrmals kaduziert werden (R. Fischer, Anm. zu LM Nr. 7 zu § 15). Der Erwerber erhält den Geschäftsanteil frei von allen Pfandrechten und anderen dinglichen Rechten (analog § 1242 Abs. 2 BGB; Scholz 8; Scholz-Fischer 2; BaumbachHueck 2D). Diese Rechte sind bereits mit der Kaduzierung untergegangen (§ 21, 24). 4. Die Gesellschaft hat an Stelle des Kaduzierten einen neuen Gesellschafter. 18 Sie ist aber nicht seine Rechtsvorgängerin i. S. von § 22 {Scholz Baumbach-Hueck 2D). (193)
§ 23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Der Ersteigerer (Käufer) hat keinen Rechtsvorgänger im Sinne des § 22 (so ausdrücklich BGHZ 42 (89) 92). Er ist also weder Rechtsnachfolger der Gesellschaft noch des Kaduzierten. Die Ausfallhaftung des letzteren nach § 21 Abs. 3 bleibt jedoch bestehen. War der Geschäftsanteil des Kaduzierten infolge einer fehlerhaften Beitrittserklärung unwirksam (§ 2, 78 ff., insbesondere 87), so wirkt dies auch für den Ersteigerer. Denn die Basis seines Geschäftsanteils bildet der Gründungsakt. Der Zuschlag bei der Versteigerung ist weder eine Neugründung noch eine Bestätigung des mangelhaften Geschäftes. Für den rechtlichen Bestand des Geschäftsanteils haftet die Gesellschaft nicht; § 437 BGB findet keine Anwendung (Scholz 1; Vogel 1); dies ist auch schon deshalb gerechtfertigt, weil nicht einmal die Mitgründer einer GmbH für den durch den nichtigen Beitritt eines Gründers entstehenden Ausfall haften (§ 2, 90). Die Haftung der Gesellschaft regelt sich nach §§ 320ff., insbesondere § 323 Abs. 3 BGB; kannte sie die Ungültigkeit des Geschäftsanteils, so haftet sie nach § 397 BGB (Scholz 19
5. Der Erlös aus der Versteigerung (Verkauf) steht der Gesellschaft zu, auch wenn sich für sie — verglichen mit dem Einlagerückstand, wegen dessen kaduziert wurde — ein Mehrerlös ergibt (Schoh* 9; Baumbach-Hueck 2 B; Vogel 6). Im einzelnen: zunächst sind aus dem erzielten Erlös die Kosten der Versteigerung (Verkaufs) zu decken (Scholz-Fischer 2). Verbleibt dann noch ein Mehrerlös im eben bezeichneten Sinne, so behält ihn die Gesellschaft; sie kann ihn bilanzmäßig einer offenen (freien) Rücklage zuführen — dies entspräche der Behandlung des Agio (§ 3, 64). Wichtig ist ferner, daß der Mehrerlös nicht auf andere Einlagerückstände verrechnet werden kann (z. B. anderer Gesellschafter); auch kann der Mehrerlös nicht auf noch nicht eingeforderte Einzahlungen, die etwa noch den Geschäftsanteil betreffen, verrechnet werden. Dieser Behandlung des Mehrerlöses steht § 27 Abs. 2 Satz 3 nicht entgegen, der insoweit für den Abandon eine besondere Regelung bringt. Ferner folgt aus dem Wesen der Kaduzierung, daß der Kaduzierte auf den Mehrerlös keinen Anspruch haben kann. Ein etwa erzielter Mindererlös hat zur Folge, daß die Einlageforderung auf das Stammkapital insoweit noch bestehen bleibt, mag sie auch bilanzmäßig abgeschrieben sein. Der Mindererlös stellt den Ausfall dar, für den die Ausfallhaftung (§ 21 Abs. 3) und die Mithaftung nach § 24 besteht (oben 15). V. Mängel der Vorbedingungen des Verkaufs und Nichtbeobachtung der Formen des Verkaufs
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1. Die Kaduzierung war nicht ordnungsgemäß erfolgt und daher ungültig (§ 21, 30). Es fehlt an den materiellen und formellen Voraussetzungen; dann ist der angeblich Kaduzierte nach wie vor Gesellschafter. Er kann sein Recht jederzeit geltend machen. Auch der gutgläubige Ersteigerer ist nicht geschützt. Er hat keinen Geschäftsanteil erhalten, ein gutgläubiger Erwerb ist ausgeschlossen. Der Ersteigerer hat gegen die Gesellschaft Ansprüche aus §§ 320 ff., also auf Rückforderung des bezahlten Preises. Dies alles ist h. M. (Vogel7; Schol^ 1; Baumbach-Hueck 1 und 2B; München OLGR 22 15; vgl. oben Rdn. 18).
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2. Wird die Versteigerung vorgenommen, ohne daß die Kaduzierung vorausging, treten die gleichen Rechtsfolgen ein wie bei ungültiger Kaduzierung (oben 20; RGZ 86 417). Die Kaduzierung kann aber nachgeholt werden. Dadurch wird nachträglich die Verfügungsberechtigung der Gesellschaft zur Versteigerung begründet (194)
Versteigerung des Geschäftsanteils (Goerdeler)
§ 23
(§185 Abs. 2 BGB), und die Versteigerung selbst wirksam (vgl. RGZ 85 239; Scholz Anm. 12; Baumbach-Hueck 1; Vogel! \ Feine S. 313; v. Halem aaO. S. 129). 3. Die Kaduzierung war zu Recht erfolgt. Die Aufforderung und Anzeige nach 22 § 22 an die Vormänner ist aber unterblieben. Es fragt sich, ob hier — wie in den Fällen der fehlerhaften (oben 20) oder unterbliebenen Kaduzierung (oben 21) — die Versteigerung unwirksam ist. Das RG hat diese Frage in RGZ 86 419 dahingestellt sein lassen, wohl aber ausgesprochen, daß eine ordnungsgemäße Kaduzierung nach § 21 Voraussetzung der Wirksamkeit der weiteren Maßnahmen ist; in dem damals zur Entscheidung des RG gelangten Fall war auch ein Rechtsvorgänger nicht vorhanden. Auch in diesem Fall, nämlich nicht ordnungsgemäße Aufforderung und unterbliebene Anzeige an die Vormänner nach § 22, ist die Versteigerung als unwirksam zu betrachten. Diese Rechtsfolge war umstritten (vgl. die Darstellung in der Voraufl. 20 und bei Scholz 12). Wie hier und in der Vorauflage jetzt Schol^ 12 und wohl auch Baumbach-Hueck 1, während Schuler GmbH-Rdsch. 1961 100 annimmt, daß nur wesentliche Verstöße gegen § 22 die Unwirksamkeit der Versteigerung (des Verkaufs) gemäß § 23 zur Folge haben. Für die hier vertretene Auffassung spricht schon der Wortlaut der §§ 23, 24. Außerdem würde ein Verzicht auf die Erfordernisse des § 22 eine Einengung des vom Gesetzgeber gerade weit gezogenen Kreises der Haftenden bedeuten. Die Vornahme der in § 22 vorgesehenen Aufforderung und Anzeige an die Rechtsvorgänger als Wirksamkeitsvoraussetzung der Versteigerung bzw. des Verkaufs nach § 23 anzusehen, ist um so mehr geboten, als mit dem Verkauf bzw. mit der Versteigerung die Haftung der Vormänner erlischt (oben 16). Auch ist zu bedenken, daß den Vormännern nach § 22 Abs. 4 die gesetzliche Möglichkeit geboten ist, bei Zahlung des Rückstandes den Anteil zu erwerben. Hieran können sie durchaus interessiert sein. Andererseits tritt an die Mitgesellschafter bei Unterlassung von Aufforderung und Anzeige an die Vormänner die Mithaftung nach § 24 sehr viel schneller heran, so daß deren Interessen durchaus auf die Einhaltung der Vorschriften von § 22 gerichtet ist. Schließlich bringt die Einhaltung der Vorschriften des § 22 vielleicht eine zeitliche Verzögerung in das gesamte Kaduzierungsverfahren, jedoch hilft die dort aufgestellte gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Aus alledem ergibt sich, daß der Regreß in der in § 22 vorgeschriebenen Weise versucht werden muß. Einklagung und Pfändung der Vorgänger ist jedoch nicht zu verlangen (§ 24 Rdn. 8). Mit der bloßen Zahlungsverweigerung eines Vorgängers können sich die Geschäftsführer jedoch nicht begnügen (RGZ 85 237). Nur wenn kein Rechtsvorgänger des Kaduzierten vorhanden ist, kann die Vorschrift des § 22 unbeachtet bleiben (so der Fall in RGZ 86 419). Gleiches gilt, wenn die Haftung der Rechtsvorgänger wegen Ablauf der Fünfjahresfrist (§ 22 Abs. 3) erloschen ist. Eine weitere Ausnahme wird dann zu machen sein, wenn die Zahlungsunfähigkeit der Vormänner auch ohne das Verfahren nach § 22 feststeht, da § 22 andere Beweisführung für die Zahlungsunfähigkeit nicht ausschließt (vgl. § 22, 8). Allerdings wird der Geschäftsführer vor einem Verkauf nach § 23 diese Frage sehr sorgfältig prüfen müssen, da er andernfalls mit Einwendungen der später nach § 24 in Anspruch genommenen Mitgesellschafter oder Klagen übergangener Vorgänger rechnen muß. 4. Die Voraussetzungen der Versteigerung sind gegeben. Diese selbst hat aber 23 nicht ordnungsgemäß stattgefunden. Es ist z. B. die Bekanntgabe unterblieben oder es hat keine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person mitgewirkt. Dann liegt lediglich ein ohne Zustimmung des Kaduzierten erfolgter privater Verkauf vor. Dieser ist für alle Beteiligten wirkungslos (Scholz *! Vogel 7). Denn der (195)
§ 23
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Verkauf kann nur gültig in der Form der öffentlichen Versteigerung erfolgen. Fehlte diese, so wird der Ersteigerer nicht Gesellschafter. Durch spätere Zustimmung des Kadu2ierten kann dieser Mangel geheilt werden (Scholz * > v- Halem aaO. S. 129). 24 5. Der Verkauf kann auch unwirksam sein, wenn Anfechtung nach § 119 BGB erfolgt oder die Nichtigkeit sich aus anderen Vorschriften ableitet oder aber die Gesellschaft selbst den Anteil (entgegen § 23 Abs. 1) erworben hat (RGZ 98 278). Auch in diesen Fällen ist der Käufer (Ersteigerer) nicht Gesellschafter geworden. Die Gesellschaft kann den Geschäftsanteil erneut versteigern lassen oder mit Zustimmung des Kaduzierten verkaufen. VI. Unverkäuflichkeit des Geschäftsanteils 25 Ist der Geschäftsanteil unverkäuflich, so fällt er der Gesellschaft zu Eigentum zu (Baumbach-Hmck 2D; Scholz 13; RGZ 86, 419; v. Halem aaO. S. 121). Der Eigentumerwerb vollzieht sich analog § 27 Abs. 3 (Scholz 13; vgl. § 27, 30). Gegen diese Auffassung könnten sich Bedenken aus der Vorschrift des § 33 Abs. 1 ergeben, wonach die Gesellschaft nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile nicht erwerben darf (so Buchwald GmbH-Rdsch. 1959 109). Da aber ein Eigentumerwerb am kaduzierten Anteil nach § 21 Abs. 3 und § 24 (selbst wenn die Inanspruchgenommenen zahlen) nicht vorgesehen ist, so bleibt bei Unverkäuflichkeit nur das Anheimfallen des Anteils an die Gesellschaft übrig; allerdings geht dann die Resteinlageforderung durch Konfusion unter (Marcus Lutter, aaO. S. 148 FN 179). Die Eigenübernahme des Anteils ist die sich aus dem Gesetz ergebende Lösung; die Resteinlageforderung ist auszubuchen, der Geschäftsanteil zu aktivieren, wobei der Wertansatz ggf. mit einem Merkposten zu erfolgen hat. Die Haftung des Kaduzierten nach § 21 Abs. 3 und der Mitgesellschafter nach § 24 für den Ausfall bleibt jedoch bestehen (oben Rdn. 15). Der Geschäftsanteil bleibt erhalten, die Ziffer des Stammkapitals bleibt unverändert. Die Unverkäuflichkeit des kaduzierten Anteils ist anzunehmen (Scholz 13), wenn entweder mehrere Verkaufsversuche vergeblich waren oder aber von vornherein die Unverwertbarkeit feststand (wegen der Haftung nach § 21 Abs. 3 und § 24 hat die Gesellschaft die Beweislast). Steht die Unverwertbarkeit bereits vor dem Ausspruch der Kaduzierung fest, so entfällt der in § 21,25 geschilderte rechtliche Schwebezustand bezüglich der Trägerschaft des kaduzierten Geschäftsanteils. Um den Zeitpunkt des Anheimfallens an die Gesellschaft genau zu bestimmen, sollten die Geschäftsführer einen Gesellschafterbeschluß (oberstes Organ) herbeiführen. VII. Die Vorschrift des § 23 ist zwingend (§ 25) 26 Daher kann der Gesellschaftsvertrag die Anwendung des § 23 nicht ausschließen. Zulässig ist — entsprechend den Erläuterungen oben Rdn. 13 — die Modalitäten eines freihändigen Verkaufs gemäß § 23 Satz 2 durch den Gesellschaftsvertrag zu regeln; jedwede Satzungsregelung darf die Ansprüche der Gesellschaft nach § 21 Abs. 3 und § 24 nicht beeinträchtigen. V m . Steuer- und Bilanzfragen (zu § 22 Abs. 4 und § 23) 27 1. a) Es fragt sich, ob der Erwerbsvorgang nach § 22 Abs. 4 der Gesellschaftsteuer nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz (KVStG 1972) unterliegt. Nach §2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG ist der Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den Ersterwerber (196)
Versteigerung des Geschäftsanteils (Goerdeler)
§23
steuerpflichtig; desgleichen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG weitere Leistungen „aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung". Grundsätzlich ist der steuerpflichtige Ersterwerb mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister vollzogen; wird auf das zunächst mit 25% eingezahlte Kapital eine weitere Einlage gemacht, so ist diese grundsätzlich ebenso gesellschaftsteuerpflichtig wie die erste Einzahlung (vgl. Glöggler, Gesellschaftsteuer, 1950 S. 27, 84). Die Anwendung dieser steuerlichen Vorschriften auf einen Erwerb eines kaduzierten Anteils (§§ 22 Abs. 4, 23) führt dazu, daß es sich nicht um einen steuerpflichtigen Ersterwerb handelt. So hat denn auch das Niedersächsische Finanzgericht im Urteil vom 13. 9.1953 (BB 1953 1052) entschieden, daß in dem Weiterverkauf eines kaduzierten, nicht voll eingezahlten Geschäftsanteils nach § 22 Abs. 4 kein gesellschaftsteuerpflichtiger Ersterwerb liegt. Das Finanzgericht hat ferner auch eine Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG abgelehnt, da der Erwerber lediglich eine Kaufpreisverpflichtung erfülle, nicht aber aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung leiste (aus § 22 GmbHG folgt offensichtlich eine solche Verpflichtung nicht). Ferner hat auch das Gericht den Anfall von Gesellschaftsteuer nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVStG abgelehnt, da es sich nicht um die Veräußerung eines eigenen Geschäftsanteils handele. Die steuerlichen Kommentare haben sich einhellig dieser Auffassung angeschlossen (Brönner-Kamprad, Komm, zum KVStG, 2. Aufl.; Köln 1973 § 2 Anm. 31; Egly, Gesellschaftsteuer-Kommentar, 3. Aufl. 1974 § 2 Anm. 40; Kinnebrock, KVStG, 4. Aufl. 1974, § 21, 1 mit Hinweis auf das — für die Kaduzierung nicht einschlägige — BFH-Urteil vom 17. 3.1970 BStBl. 1970 II 498). b) Es fällt jedoch bei dem Weiterverkauf eines kaduzierten Anteils Börsenumsatzsteuer an, da es sich um ein Anschaffungsgeschäft i. S. §§ 18, 19 Abs. 2 KVStG (vgl. Nieders. Finanzgericht, BB 1953 S. 1053). c) Die gleichen Grundsätze wie zu a) und b) gelten auch für die Versteigerung eines Geschäftsanteils nach § 23. d) Ertragsteuerlich ist die Frage zu klären, wie ein bei der Veräußerung nach § 22 Abs. 4 bzw. § 23 erzielter Erlös bei der Gesellschaft zu behandeln ist. Aus dem Kaduzierungsvorgang (§ 21) hat die Gesellschaft selbst keine Anschaffungskosten. Es handelt sich bei der Zahlung des Einlagerestes durch den Erwerber nach §§ 22,23 um eine gesellschaftsrechtliche Einlage; gleiches wird man für den der Gesellschaft zufliessenden, die ausstehende Einlage übersteigenden Mehrerlös (oben Rdn. 19) annehmen müssen. Solchen Einlage sind nach unserem geltenden Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht bei der Gesellschaft keine unter den Einkommensbegriff fallende Einnahmen (so früher ausdrücklich §6 Nr. 9 KStG 1920/22; vgl. Herrmann-Heuer Komm, zur Einkommen- und Körperschaftsteuer 16. Aufl. Anm. 41 und 42 zu § 6 KStG). Sie sind somit nicht körperschaftsteuerpflichtig. Gleiches gilt für das Agio und überhaupt für alle aufgrund gesellschaftlicher Verpflichtung erbrachten Einlagen. Da die Zahlung des Einlagerestes selbst auf zwingender gesellschaftsrechtlicher Vorschrift beruht (§§ 21 ff.), muß ein bei diesem vorgeschriebenen Verfahren auch über den Einlagerest nach § 22 oder § 23 hinaus erzielter Betrag als gesellschaftliche Einlage betrachtet werden. Dieser Überschuß ist somit bei der Gesellschaft nicht als Einkommen steuerpflichtig. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß in dem Verkauf des Geschäftsanteils nach § 22 Abs. 4 in keinem Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 19 Ziff. 7 KStDV gesehen werden kann, da es sich hier nicht etwa um den Verkauf eines eigenen Geschäftsanteils der Gesellschaft zu einem niedrigeren Preis als dem eigentlichen Wert, sondern um einen gesetzlich vorgeschrie(197)
§ 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
benen Vorgang handelt und auch keine Vermögenswerte der Gesellschaft auf einen Gesellschafter übertragen werden {Herrmann-Heuer aaO., Anm. 88 zu § 6 KStG). 28
2. Bilanzmäßig wird der Anspruch auf ausstehende Einlagen entsprechend der aktienrechtlichen Gliederung (§ 151 AktG) als erster Posten auf die Aktiv-Seite eingestellt; bereits eingeforderte außenstehende Einlagen sind gesondert zu vermerken. Ohne Rücksicht auf Einlagereste wird auf der Passiv-Seite das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene volle Stammkapital eingestellt (vgl. § 42 Nr. 4). Wird eine ausstehende Einlage voll gezahlt, so wird das Konto „ausstehende Einlagen" insoweit ausgeglichen. Wird die Einlageforderung nicht oder nicht voll erfüllt, so bleibt der dann noch verbleibende Einlagerest aktiviert (als Forderung nach § 21 Abs. 3 bzw. § 24). Erscheint die Restforderung auf ausstehende Einlagen, ist sie wie jede andere Forderung mit dem ihr am Bilanzstichtag beizumessenden Wert zu bewerten; es kommt auf die Bonität der schuldenden Gesellschafter an (vgl. AdlerDiiring-Schmalt£ 4. Aufl. § 151 Tz. 44; im einzelnen vgl. die Erl. zu § 42). Ergibt sich bei dem Verkauf nach §§ 22 Abs. 4, 23 ein Überschuß über den eingeforderten Einlagerest, so kann dieser, mangels abweichender Satzungsbestimmung, in eine offene Rücklage gestellt werden (oben Rdn. 19). Ist der Geschäftsanteil unverkäuflich und fällt er dann der Gesellschaft zu Eigentum zu (oben Rdn. 25), so ist er als Aktivum zu bilanzieren und erst von diesem Zeitpunkt ab zählt er zum Vermögen der GmbH nicht etwa vom Zeitpunkt der Kaduzierung an (vgl. § 21, 25). Da die Gesellschaft aber in der Regel keine Anschaffungskosten hat, kommt der Ansatz mit einem Merkposten in Betracht.
§24 Soweit eine Stammeinlage weder von den Zahlungspflichtigen eingezogen, noch durch Verkauf des Geschäftsanteils gedeckt werden kann, haben die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile aufzubringen. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt. Übersieht Rdn. Einleitung Reform I. Voraussetzungen der Ausfallhaftung 1. Allgemeines 2. Die Voraussetzungen im einzelnen II. Die Haftung der übrigen Gesellschafter 1. Gesellschaftereigenschaft . . . . 2. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . 3. Haftung von Rechtsvorgängen . . 4. Haftung von Ersteigerern . . . . 5. Eigene Anteile 6. Der Ausgeschlossene III. Die Mithaftung der Gesellschafter bei Kapitalerhöhungen
1 2 3 5
13 16 17 18 19 20
Rdn. IV. Art und Geltendmachung der Haftung V. Die Haftung nach Satz 2 VI. Gesellschafterhaftung VII. Wirkung der Zahlung VHI. Ausgleichsanspruch IX. Regreßanspruch gegen die Geschäftsführer X. § 24 ist zwingendes Recht XI. Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 . . . XII. Abtretung, Verpfändung, Pfändung
21 (198)
25 30 31 32 33 34 35 36 37
§ 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
benen Vorgang handelt und auch keine Vermögenswerte der Gesellschaft auf einen Gesellschafter übertragen werden {Herrmann-Heuer aaO., Anm. 88 zu § 6 KStG). 28
2. Bilanzmäßig wird der Anspruch auf ausstehende Einlagen entsprechend der aktienrechtlichen Gliederung (§ 151 AktG) als erster Posten auf die Aktiv-Seite eingestellt; bereits eingeforderte außenstehende Einlagen sind gesondert zu vermerken. Ohne Rücksicht auf Einlagereste wird auf der Passiv-Seite das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene volle Stammkapital eingestellt (vgl. § 42 Nr. 4). Wird eine ausstehende Einlage voll gezahlt, so wird das Konto „ausstehende Einlagen" insoweit ausgeglichen. Wird die Einlageforderung nicht oder nicht voll erfüllt, so bleibt der dann noch verbleibende Einlagerest aktiviert (als Forderung nach § 21 Abs. 3 bzw. § 24). Erscheint die Restforderung auf ausstehende Einlagen, ist sie wie jede andere Forderung mit dem ihr am Bilanzstichtag beizumessenden Wert zu bewerten; es kommt auf die Bonität der schuldenden Gesellschafter an (vgl. AdlerDiiring-Schmalt£ 4. Aufl. § 151 Tz. 44; im einzelnen vgl. die Erl. zu § 42). Ergibt sich bei dem Verkauf nach §§ 22 Abs. 4, 23 ein Überschuß über den eingeforderten Einlagerest, so kann dieser, mangels abweichender Satzungsbestimmung, in eine offene Rücklage gestellt werden (oben Rdn. 19). Ist der Geschäftsanteil unverkäuflich und fällt er dann der Gesellschaft zu Eigentum zu (oben Rdn. 25), so ist er als Aktivum zu bilanzieren und erst von diesem Zeitpunkt ab zählt er zum Vermögen der GmbH nicht etwa vom Zeitpunkt der Kaduzierung an (vgl. § 21, 25). Da die Gesellschaft aber in der Regel keine Anschaffungskosten hat, kommt der Ansatz mit einem Merkposten in Betracht.
§24 Soweit eine Stammeinlage weder von den Zahlungspflichtigen eingezogen, noch durch Verkauf des Geschäftsanteils gedeckt werden kann, haben die übrigen Gesellschafter den Fehlbetrag nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile aufzubringen. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt. Übersieht Rdn. Einleitung Reform I. Voraussetzungen der Ausfallhaftung 1. Allgemeines 2. Die Voraussetzungen im einzelnen II. Die Haftung der übrigen Gesellschafter 1. Gesellschaftereigenschaft . . . . 2. Maßgeblicher Zeitpunkt . . . . 3. Haftung von Rechtsvorgängen . . 4. Haftung von Ersteigerern . . . . 5. Eigene Anteile 6. Der Ausgeschlossene III. Die Mithaftung der Gesellschafter bei Kapitalerhöhungen
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Rdn. IV. Art und Geltendmachung der Haftung V. Die Haftung nach Satz 2 VI. Gesellschafterhaftung VII. Wirkung der Zahlung VHI. Ausgleichsanspruch IX. Regreßanspruch gegen die Geschäftsführer X. § 24 ist zwingendes Recht XI. Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 . . . XII. Abtretung, Verpfändung, Pfändung
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Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§ 24
Einleitung Die Ausfallhaftung der Gesellschafter nach § 24 für die Einzahlungen auf die 1 Stammeinlage ist das letzte der Gesellschaft zur Verfügung stehende Mittel zur Beschaffung der Stammeinlage. Die Gründer der GmbH und auch spätere Erwerber sind sich nur selten über diese Ausfallhaftung jedes Gesellschafters für die Einlageverpflichtungen der anderen Gesellschafter klar. Die Notare sollten bei Beurkundungen, wie Vogel 1 und Baumbach-Hueck 1A sowie Robrecht DB 1972 1469 betonen, auf die Bedeutung des § 24 hinweisen. Die Haftung nach § 24 kann äußerstenfalls sogar dazu führen, daß ein einziger Gesellschafter das ganze Gesellschaftskapital, nicht nur den von ihm gezeichneten Anteil, aufbringen muß; und zwar dann, wenn die anderen Gesellschafter entgegen der Versicherung der Geschäftsführer auch die bei der Eintragung erforderlichen 25% der Geldeinlage nicht erbracht haben oder die Geschäftsführer dieselbe zurückerstatten (§ 31 Abs. 3). In § 24 kommt das Prinzip zum Ausdruck, daß die Haftung eines Gesellschafters sich nicht auf seine Einlage beschränkt, sondern das gesamte Stammkapital umfaßt. Der Zweck dieser Bestimmung ist wiederum die Sicherung des gezeichneten Stammkapitals. § 24 soll den Gläubigern der Gesellschaft die Garantie dafür bieten, daß in der Tat die zugesagte Einlage in das Vermögen der Gesellschaft kommt und in demselben bleibt (§ 31 Abs. 3); denn auch für das zu Unrecht zurückgewährte Kapital haften die Gesellschafter. Das Aktienrecht kennt dagegen die kollektive Ausfallhaftung der Aktionäre bei nicht volleingezahlten Aktien nicht; dort ist trotz Regreß und Verkauf der Aktie der Ausfall auf die Einlageforderung endgültig (vgl. §§ 64 und 65 AktG); auf die Garantie der übrigen Gesellschafter für die Aufbringung des Kapitals, die § 24 zusätzlich gewährt, ist im Aktienrecht verzichtet. Ob diese Regelung im GmbH-Recht als ein Gegengewicht gegen die erleichterte Gründung angesehen werden sollte, kann dahingestellt bleiben (f. Halem S. 134; Häußler aaO. S. 28). Die Haftung aus § 24 ist subsidiär. Sie kann nur beansprucht werden, wenn alle anderen Hilfsmittel erschöpft sind (hierzu RGZ 86 419). Sie lastet auf jedem Geschäftsanteil und geht mit diesem auf den neuen Erwerber über. Die Haftung besteht nur gegenüber der Gesellschaft, nicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern (unten Rdn. 26). Bei der Auslegung des § 24 ist der Zweck des Gesetzes, das Stammkapital zu sichern, und dessen Einzahlung — bei Ausfall eines Gesellschafters und seiner Rechtsvorgänger — durch die anderen Gesellschafter zu erreichen, als Ausgangspunkt zu nehmen. Die Vorschrift des § 24 spielt auch bei der Lösung sonstiger Streitfragen eine Rolle; z. B. bei der Frage, ob eine Erbengemeinschaft sich an der Gründung einer GmbH (ggf. durch einen Testamentsvollstrecker) beteiligen kann (§ 2,28 und 66—69). Auf andere Fälle als den Ausfall der Zahlung der Stammeinlage ist die Kollektivhaftung der Gesellschafter nicht anwendbar. Bei Ungültigkeit der Übernahme einer Stammeinlage liegt kein Fehlbetrag im Sinne des § 24 vor (Hachenburg DJZ 12, 685, Baumbach-Hueck 1B; vgl. § 2, 90). Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß für die Gesellschafter, die sich an einer GmbH mit nicht volleingezahlten Geschäftsanteilen beteiligen, ein Haftungsverhältnis besteht; dieses muß nicht nur wirtschaftlich beachtet werden (insbesondere wegen § 24 Satz 2), sondern führt auch bei Gesellschaftern ggf. zu besonderen Berichtspflichten (so im Geschäftsbericht einer AG gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 7 AktG). (199)
§ 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Reform
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Im RegE (§ 32) wird die Ausfallhaftung gegenüber dem geltenden Recht wesentlich verändert; darüber hinaus werden in Abs. 2 Streitfragen zum geltenden Recht (Haftung bei verschiedenen Emissionen) geklärt. Da nach der Begr. zum RegE (S. 101) die Haftung nach § 24 von zu vielen Voraussetzungen abhängt und zu spät eingreift, sollen in Zukunft die Mitgesellschafter schon von dem Zeitpunkt an zur Zahlung des rückständigen Betrages verpflichtet sein, in dem der säumige Gesellschafter (mit dem ganzen oder einem Teil des Geschäftsanteils) kaduziert ist; die nach geltendem Recht notwendigen Voraussetzungen (nämlich die Beitreibungsmaßnahmen nach §§ 21, 22 und 23) entfallen. Dafür erhalten die zahlenden Mitgesellschafter bei einem späteren ausreichendem Erlös aus der Verwertung des Geschäftsanteils Rückzahlungen (§ 38 RegE). Der Gesellschaft gegenüber sollen die Mitgesellschafter im übrigen — im Unterschied zum geltenden Recht — als Gesamtschuldner haften (§ 32 RegE; vgl. Gessler GmbH-Rdsch. 1966 106). Von besonderer Bedeutung ist die Neuregelung, wonach die Mithaftung der übrigen Gesellschafter auch dann eingreift, wenn die Sacheinlage oder -Übernahme eines Gesellschafters nicht den Nennbetrag des übernommenen Geschäftsanteils deckt, weil in Höhe des Fehlbetrages eine Einlage in Geld zu leisten ist, für die die allgemeinen Kaduzierungsvorschriften gelten sollen (§ 24 in Verb, mit § 32 RegE; Begr. S. 97; gegen diese schon im RefE vorgesehene Lösung Bar%, GmbH-Reform, 1970 S. 45). Darüber hinaus soll nicht nur im Falle der Überbewertung, sondern auch der Unwirksamkeit der Sacheinlage aus anderen Gründen die Geldeinlagepflicht treten (§11 Abs. 2 Satz 3) — auch hier gilt die Ausfallhaftung (Zahlungspflicht) der übrigen Gesellschafter (§ 32 RegE). Vgl. zu der unterschiedlichen Behandlung von Geld- und Sacheinlage de lege ferenda Klausing JW 1937 2288. I. Voraussetzungen der Ausfallhaftung 1. Allgemeines
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Zunächst ist Voraussetzung, daß eine Stammeinlage nicht eingezahlt werden kann. Es handelt sich, wie der Zusammenhang der gesetzlichen Vorschriften und das Wort „Zahlungspflichtigen" ergibt, lediglich um die Verpflichtung zur Leistung von Stammeinlagen. Die Haftung tritt also auch hier nicht ein für Nebenverpflichtungen wie Zinsen, Vertragsstrafen, aufgewendete Prozeßkosten (Scholz-Fischer 1) und nicht für Verpflichtungen aus § 3 Abs. 2. § 24 betrifft somit nur die Geldeinlage und ferner den Geldeinlageteil einer sogen. Mischeinlage (Geld- und Sachwerte), derentwegen der Geschäftsanteil kaduziert wurde (h. M. Baumbach-Hueck 1B; Scholz-Fischer 2; Schol^ 2; vgl. § 21, lund 2; Gonella GmbH-Rdsch. 1965 31). 4 Da im übrigen die Kaduzierungsvorschriften (vgl. § 21,1) immer dann eingreifen, wenn bei Mängeln der Sacheinlage die Geldeinzahlungspflicht des Gesellschafters tritt (im einzelnen § 5, 75—88), gilt auch in diesen Fällen der Haftung der Mitgesellschafter nach § 24; mit der hier vertretenen Auffassung wird schon nach geltendem Recht die Mithaftung der übrigen Gesellschafter bei fehlender Sacheinlage angenommen, die das künftige Recht ausdrücklich einführen will (oben Rdn. 2; vgl. auch § 5, 76). Da auch in den Fällen der Überbewertung der Sacheinlage nach der in dieser Aufl. vertretenen Meinung für den Differenzbetrag die Bareinlagepflicht des betreffenden Gesellschafters tritt (§ 5, 72), ist ebenfalls das Kadu(200)
Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§24
Zierungsverfahren möglich mit der Folge der Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 24. Ist die Sacheinlage eines Gesellschafters weder überbewertet noch mit Mängeln behaftet, noch aus sonstigen Gründen unwirksam und kommt die subsidiäre Geldeinlagepflicht des Inferenten (§ 5, 77) nicht zum Zuge, so ist die Kaduzierung nicht möglich; eine Mithaftung nach §24 der Mitgesellschafter auf die Sacheinlage als solche (etwa ein Patent) kommt schon der Natur der Sache nach nicht in Betracht ('Baumbach-Hueck 1B). Befindet sich der Gesellschafter im Verzug und greift die Gesellschaft auf die subsidiäre Geldeinlagepflicht zurück (§ 5, 83), kann jedoch eine Kaduzierung in Frage kommen. Andererseits haftet der Sacheinlagepflichtige Gesellschafter, auch wenn er seine Sacheinlage erbracht hat, für die ausstehenden Bareinlagen des oder der übrigen Gesellschafter im Rahmen des § 24. 2. Die Voraussetzungen im einzelnen Da § 24 außerdem voraussetzt, daß der Einlagerückstand nicht durch den Ver- 5 kauf des Geschäftsanteils gedeckt ist, so müssen insgesamt folgende Bedingungen erfüllt sein, ehe die Haftung nach § 24 für die Mitgesellschafter einsetzt: 1) ein Gesellschafter hat zur Zeit, als die betreffenden Stammeinlagen eingefordert wurden, die Zahlung nicht bewirkt (unten Rdn. 6); 2) gegen ihn ist die Kaduzierung gemäß §21 ausgesprochen (unten Rdn. 7); 3) der Anspruch gegen seine etwaigen Rechtsvorgänger gemäß § 22 ist vergeblich geltend gemacht worden oder war als aussichtslos zu betrachten (unten Rdn. 8); 4) der Verkauf gemäß § 23 ist erfolgt und war erfolglos bzw. es reichte der Erlös nicht zur Deckung des Einlagerückstandes oder schließlich es erschien der Verkauf aussichtslos (unten Rdn. 9); 5) der Ausgeschlossene war gemäß § 21 Abs. 3 für den Ausfall vergeblich in Anspruch genommen oder diese Inanspruchnahme war als aussichtslos zu betrachten (unten Rdn. 10). Das Vorliegen aller dieser Bedingungen muß die Gesellschaft beweisen (vgl. Robrecht DB 1972 1471; v.Halem aaO. S. 137; OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1971 7). a) Bei der ersten Voraussetzung ist nur darzutun, daß der für die Einzahlung 6 haftende Gesellschafter trotz der in der Form des § 21 erfolgten Aufforderung nicht zahlte. Daß er nicht zahlen konnte, braucht nicht bewiesen zu werden, da es nach § 21 nur auf die Nichtzahlung ankommt. Seine Solvenz kommt erst bei 5) (unten Rdn. 10) zur Geltung. Der Beweis, den ein Gesellschafter anbietet, daß bei einer Einklagung des für die Stammeinlage als Gesellschafter Haftenden zur Zeit der Einforderung der Einlagebetrag beibringüch war,1 ist unerheblich. b) Die Zweite Voraussetzung verlangt eine ordnungsmäßige Kaduzierung. 7 Auch den übrigen Gesellschaftern ist es gestattet, das Fehlen wesentlicher Momente bei derselben zu rügen. Die Bestimmungen des § 21 sind auch zugunsten der anderen Gesellschafter zwingendes Recht. Diese können, wenn sie erst in dritter Reihe haften sollen, nicht schlechter gestellt sein als die vor ihnen gemäß § 22 haftenden (201)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Rechtsvorgänger des Zahlungspflichtigen (so RGZ 86 419; RGZ 123 9; JW 1936 805). Daß ordnungsgemäße Kaduzierung vorliegen muß, ist herrsch. Meinung (vgl. § 23, 3; Baumbach-Hueck 2; Scholz 3; Vogel 2). Hieraus folgt, da die Gesellschaft nicht zur Kaduzierung gezwungen werden kann (§ 21, 5), daß die Gesellschaftsgläubiger nicht ohne weiteres in die Ansprüche der Gesellschaft aus § 24 vollstrecken können. 8
c) Bei der dritten Voraussetzung tritt die Vermutung des § 22 Abs. 2 in Wirksamkeit. Das Verfahren nach § 22 muß eingehalten sein (vgl. § 23, 3) es sei denn, daß ein Rechtsvorgänger nicht vorhanden ist oder die Aussichtslosigkeit des Regresses nach § 22 anderweit feststeht. Hierbei ist Einklagung oder Auspfändung der früheren Gesellschafter nicht zu verlangen. Solange der Geschäftsanteil der Gesellschaft nicht wegen Unverkäuflichkeit zugefallen ist (§ 23, 25), können die Gesellschafter die vorherige Inanspruchnahme solcher Rechtsvorgänger, die sie für solvent halten, fordern. Ist jedoch der Geschäftsanteil der Gesellschaft zugefallen, so kann aus der behaupteten Solvenz der Vorgänger höchstens ein Anspruch an den Geschäftsführer folgen (unten Rdn. 34). Da infolge der Versteigerung die Rechtsvorgänger frei werden {Baumbach-Hueck 2; vgl. § 23, 16) so kann von diesen, selbst wenn sie solvent wären, die Einlage nicht mehr eingezogen werden. Dies gilt auch deshalb, weil ein Vorgänger den Anteil nicht mehr erwerben kann (RGZ 85 237); vgl. unten Rdn. 12).
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d) Die vierte Voraussetzung, daß die Stammeinlage auch durch den Verkauf des Geschäftsanteils nicht gedeckt werden kann, liegt vor, wenn die Versteigerung gemäß § 23 bewirkt und zu einer Deckung nicht geführt hat (§ 23 Rdn. 17). Einerlei ist, ob der Erlös zu gering, oder ob ein Bieter sich nicht gemeldet hat, oder ob die Deckungsmöglichkeit auf dem Wege der Versteigerung als aussichtslos zu betrachten ist. Diese Auffassung geht aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Vorschriften hervor (Köln OLGR13 25). Die gewöhnliche Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil ohne Kaduzierung und der Mangel an Deckung hieraus genügen aber nicht. Der § 24 schließt sich eng an die §§ 21—23 an; hieraus und aus dem Gebrauch der gleichen Worte in den §§ 21—23 und in § 24 folgt, daß im § 24 die hier vorgesehenen Maßnahmen gemeint sind, die erschöpft sein müssen. Die Auslegung, daß der Erschöpfung der Maßnahmen ihre Aussichtslosigkeit gleichsteht, wird auch von den Motiven (S. 28) ausgesprochen (vgl. § 23,25; Köln OLGR 13 25; Baumbach-Hueck 2). Es wäre zwecklos, wenn eine in Konkurs geratene Gesellschaft die Kosten der Versteigerung riskiert, um eine ausstehende Einlage einzuziehen (KG OLGR 19 369). Mehrere Versuche, den Gesellschaftsanteil zu versteigern, braucht die Gesellschaft nicht zu machen. Wohl aber muß sie den Zuschlag erteilen, wenn ihr das Gebot auch zu niedrig erscheint, andernfalls steht den Gesellschaftern die Einrede zu, daß es an einer rechtlichen Voraussetzung der Haftung fehle. Es genügt im Sinne dieser Voraussetzung auch, wenn die Gesellschaft gemäß § 23 Satz 2 den Geschäftsanteil mit Zustimmung des ausgeschlossenen Gesellschafters freihändig zum Verkauf angeboten hat. Der Verkauf nach § 23 muß jedenfalls rechtswirksam gewesen sein (Scholz 5)-
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e) Die fünfte Voraussetzimg verlangt den Versuch, den Ausfall von dem Kaduzierten beizutreiben (§ 21 Abs. 3). Die Insolvenz muß seitens der Gesellschaft bewiesen werden. Hierzu ist fruchtlose Pfändung des Kaduzierten nicht unerläßlich, andererseits ist zu beachten, daß die Voraussetzung des § 22 Abs. 2 hier nicht gilt (Baumbach-Hueck 2; Scholz-Fischer 3). Mit dem OLG Hamburg (OLGR 37 5) ist davon auszugehen, daß es Sache freier richterlicher Beweiswürdigung ist, ob nach (202)
Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§ 24
dem gegebenen Sachverhalt vom Kadu2ierten die Zahlung zu erlangen war. Dadurch, daß die Gesellschaft einem Zwangsvergleich im Konkurse des Kaduzierten zustimmt und ihre Forderung gegen den Kaduzierten mit Zahlung der Vergleichsquote getilgt wird, bleibt die Haftung der übrigen Gesellschafter für den Restbetrag der Stammeinlage unberührt (KG OLGR 32 141). f) Dagegen ist nicht Voraussetzung, daß der eingeforderte Betrag zur Deckung 11 der Schulden der Gesellschaft erforderlich ist (Baumbacb-Hueck 2; Spindler GmbHRdsch. 1950 180). Auch wenn die Gesellschaft keinen Liquiditätsbedarf hat und über hinreichende Mittel zur Fortführung des Unternehmens verfügt, kann sie die Volleinzahlung ihres Stammkapitals durch Einforderung der restlichen Stammeinlagen betreiben. Wirtschaftlich gesehen fällt die Entscheidung mit der Einforderung der Einlagen, die — soweit nicht der Gesellschaftsvertrag Vorschriften enthält — nach § 46 von den Gesellschaftern beschlossen wird (§ 21, 5 und 10). In der für die Kaduzierung getroffenen Regelung liegt ein beachtlicher Gegensatz zur Haftung der Gesellschafter für den Fall der unzulässigen Rückzahlung des Stammkapitals (§ 30 Abs. 1, § 31). Dort findet die Haftung nur statt, soweit es zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Im Falle der Liquidation der Gesellschaft jedoch darf der Liquidator nach den zu § 70 entwickelten Grundsätzen nur die Einlagerückstände einziehen, die erforderlich sind, um die Liquidation sachgemäß (volle Gläubigerbefriedigung) durchzuführen. Werden daher die Mitgesellschafter von ihm nach § 24 in Anspruch genommen, so können sie einwenden, daß die von ihnen geforderten Beträge zur Abwicklung der Liquidationsgeschäfte nicht erforderlich sind (Köln OLGR 13 25; Schol^ 7; Baumbach-Hueck 3B). Die gleichen Grundsätze gelten für den Konkursverfall (vgl. unten Rdn. 37). 3. Schwierig ist die Beurteilung, inwieweit die in Anspruch genommenen 12 Mitgesellschafter Einwendungen gegenüber der nach § 24 geltend gemachten Haftung erheben können. Mit dieser Frage hat sich ein großer Teil der bisher zu § 24 zitierten Rechtsprechung befaßt. Es wird unter Bezugnahme auf die Motive (S. 28) die Meinung vertreten, daß es gegenüber den Mitgesellschaftern nicht des Nachweises der erfolglosen Durchführung der der Gesellschaft in §§ 21—23 an Hand gegebenen Rechtsmittel bedürfe (so Köln OLGR 13 25). Das ist nur beschränkt richtig. Denn zunächst muß die Gesellschaft bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche die Voraussetzungen (oben Rdn. 5—11) beweisen (Baumbacb-Hueck 2; Scholz Demgegenüber ist den Mitgesellschaftern der Einwand gestattet, daß das Verfahren nach §§ 21—23 an wesentlichen formellen Mängeln leide (vgl. § 23, 20—24); so muß ein etwa gegen die Mitgesellschafter schwebender Prozeß ggf. bis zur Nachholung des fehlerhaften Kaduzierungsaktes ausgesetzt werden. Liegen solche Mängel nicht vor, so können die Mitgesellschafter auch dann in Anspruch genommen werden, wenn die einzelnen Verfahrensmaßnahmen nach §§ 21—23 wegen Aussichtslosigkeit (vgl. die Erl. zu §§ 21—23) nicht ergriffen wurden. Hierbei spielt insbesondere die Frage eine Rolle, ob die Mitgesellschafter, die nach § 22 Abs. 2 gegebene Vermutung durch die Behauptung widerlegen können, daß ein Vormann zahlungsfähig war; dieser Einwand ist nach erfolgtem Verkauf des Gesellschaftsanteils durch den die Vormänner von ihrer Haftung frei werden, nicht mehr zulässig (oben Rdn. 8; Scholz Unter Anwendung dieser Grundsätze wird gewährleistet, daß der Stammeinlagerest nicht verlorengeht und daß die gesetzlich gegebenen Haftungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. (203)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter II. Die Haftung der „übrigen Gesellschafter" 1. Gesellschaftereigenschaft
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Das ist jeder, der als Gesellschafter im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder der Gründungsurkunde (vgl. § 2 Rdn. 10) erscheint oder als Erwerber eines Geschäftsanteils bei der Gesellschaft angemeldet ist, oder den Geschäftsanteil in Fällen erwarb, in denen es einer Anmeldung nicht bedarf (vgl. Erl. zu § 16). a) Gesellschafter laut Gesellschaftsvertrag Dabei ist einerlei, ob der Gesellschafter eine Geld- oder Sacheinlage machte (Vogel 4; Scholz 12; Baumbacb-Hueck 3A). Zu der Frage, ob der bei der Gründung aufgetretene Strohmann oder Treuhänder ebenfalls nach § 24 haftet vgl. die Erl. zu § 2, insb. Rdn. 49—58; dort wird die Frage in Übereinstimmung mit der Vorauf!, bejaht. Zur Frage der Haftung des Hintermannes nach § 24 vgl. § 2, 51 ff.
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b) Gesellschafter laut angemeldetem Erwerbsgeschäft Wird die vertragsmäßige Veräußerung nicht angemeldet, so haftet der bisherige Gesellschafter trotz der Veräußerung (Rostock OLGR 32 139; Scholz 8; vgl. Erl. zu § 16). Ob ihm ein Regreß gegen den nicht angemeldeten Erwerber zusteht, richtet sich nach dem besonderen Rechtsverhältnis, insbesondere dem Kaufvertrag zwischen beiden. War die Anmeldung nur aus Versehen unterblieben, so wird im Zweifel dem Regreß stattzugeben sein. Die Absicht der Parteien dürfte es in der Regel sein, daß der Erwerber in die Verpflichtungen des Veräußerers eintritt. Unterließ man die Anmeldung, um die Haftung zu vermeiden, so ist der Regreß wohl zu verneinen. Wenn nicht aus den Umständen dargetan wird, daß unter den Parteien der Erwerber das Risiko der Haftung zu tragen habe.
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c) Es haften auch Gesellschafter, bei denen der Erwerb des Geschäftsanteils nicht der Anmeldung nach § 16 bedurfte, z. B. beim Erbgang (vgl. Erl. zu § 16; Baumbacb-Hueck 3H).
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2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Gesellschaftereigenschaft Hierzu wurde bisher (vgl. Darstellungen in Vorauf!. Anm. 12, sowie bei Schol^ 9) die Meinung vertreten, daß maßgebender Zeitpunkt der Gesellschaftereigenschaft derjenige sei, in dem nach Erschöpfung der Rechtsmittel aus §§ 21—23 die Haftung aus § 24 geltend gemacht werden kann, erst dann würde die Forderung nach § 24 fällig (so heute noch v. Halem aaO. S. 141, Scholz-Fischer 4). Demgegenüber wurde schon in der Vorauf!, geltend gemacht, daß dieser Zeitpunkt zu unbestimmt sei und von einer Reihe von Zufälligkeiten abhänge, nämlich endgültiger Ausspruch der Ausschließung, Aufforderung an die Vormänner, Festsetzung der Versteigerung. Fraglich ist ferner der Zeitpunkt, in dem feststeht, daß der Kaduzierte selbst insolvent ist (§ 21 Abs. 3; oben Rdn. 10). Es besteht in einem solchen langen Zeitraum die Gefahr, daß die übrigen Gesellschafter ihren Anteil verkaufen, um der zusätzlichen Haftung nach § 24 zu entgehen (Scholz 9 spricht von „Fahnenflucht"). Die heute h. M. vertritt aus diesen Gründen den Standpunkt, daß der für die Haftung maßgebliche Zeitpunkt derjenige ist, in dem bei dem kaduzierten Gesellschafter die Fälligkeit seiner Verpflichtung eintrat, das ist der Zeitpunkt der Einforderung der Stammeinlagereste (Baumbacb-Hueck 3A; Scholz 9 mit zwingender Begründung; Feine S. 334; Brodmann 3); aus der Einforderung der Stammeinlage, die sich nach den Erl. zu §§20 und 21 richtet, ergibt sich deren Fälligkeit; (204)
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ggf. ist hierfür der Gesellschaftsvertrag zu beachten (§ 20, 5, vgl. hierzu BGH LM Nr. 2 zu § 16). Die Fälligkeit der Geldeinlageverpflichtung hat im Kaduzierungsverfahren für alle Gesellschafter Bedeutung, sowohl für den, der sie unmittelbar schuldet, als auch für den, der bei Uneinbringlichkeit in zweiter Linie für sie aufkommt. Damit ist ein sicheres Datum für die Feststellung der nach § 24 mithaftenden „übrigen Gesellschafter" gewonnen. Diese Verpflichtung geht auf zwischenzeitlich angemeldete Erwerber eines Geschäftsanteils unter Weiterhaftung des Veräußerers (im Rahmen von § 16 Abs. 3) über; dabei ist (entgegen Schol^ 9) zu beachten, daß die „rückständige Leistung" die Haftung nach § 24 ist, die nach der hier vertretenen Meinung mit der Fälligkeit der Stammeinlage bei dem später kaduzierten Gesellschafter eintritt, also nicht der Zeitpunkt, in dem die Haftung nach § 24 geltend gemacht wird. 3. Haftung von Rechtsvorgängern Der Rechtsvorgänger, der nach § 22 Abs. 4 den Geschäftsanteil erworben hat, 17 haftet nach § 24 nur für die Ausfälle bei der Kaduzierung anderer Geschäftsanteile als „übriger Gesellschafter" {Scholz 8). Eine Haftung für den Ausfall auf die Rate des Geschäftsanteils, derentwegen der Vorgänger erworben hat, kommt nicht in Betracht, da er nur gegen Vollzahlung der Rate erwerben konnte. Für später fällig werdende Raten auf den wiedererworbenen Geschäftsanteil haftet er nach §§ 21, 23 (§ 22 Rdn. 20). 4. Haftung des Ersteigerers Der Erwerber eines kaduzierten Geschäftsanteils (§ 23) haftet für den Ausfall, 18 der bei dem ersteigerten Anteil in bezug auf die eingeforderte Rate entstanden ist, nicht. Denn er hat mit der Zahlung des Kaufpreises seine Verpflichtungen erfüllt (vgl. §23, 17; Baumbach-Hueck 3A; RG in JW 1937 2285 a. E., wonach dies Ergebnis aus dem Wortlaut des § 24 S. 1 folgt). Für später fällige Raten auf den ersteigerten Anteil haftet er jedoch. Der Erwerber aus § 23 (wie aus § 22 Abs. 4) haftet ferner nach § 24 — gemäß dem zu Rdn. 24 Gesagten — für Ausfälle bei Kaduzierungen anderer Geschäftsanteile, soweit deren Fälligkeit nach dem Erwerb aus § 23 oder § 22 Abs. 4 liegt (für die Frage der Fälligkeit s. oben Rdn. 16. Zeitpunkt ist der der Einforderung der Stammeinlage). Der Erwerber aus § 23 oder § 22 Abs. 4 haftet u. U. sogar für den Ausfall des von ihm erworbenen Geschäftsanteils über § 24, aber nur dann, wenn er später durch Rechtsgeschäft oder im Wege der Versteigerung einen mit diesem Ausfall belasteten weiteren Geschäftsanteil erwirbt (so RG in JW 1937 2286 mit Anm. Klausing). Für die Haftung des Wiedererwerbers (§ 22 Abs. 4) und Ersteigerers (§ 23) als „übriger Gesellschafter" im Sinne von § 24 kommt es stets darauf an, ob diese Haftung nach oder vor dem Erwerb nach § 22 Abs. 4 bzw. § 23 eintritt. Nur im letzteren Falle greift § 24 ein. 5. Eigene Anteile Wenn die Gesellschaft eigene Geschäftsanteile besitzt (insbesondere infolge 19 Erwerbs im Rahmen des § 33), so stellt sich die Frage, ob sie für Ausfälle auf andere Geschäftsanteile nach § 24 mithaftet. Die Frage ist in der Literatur umstritten (vgl. (205)
§ 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Vorauf!. Anm. 15); sie hängt mit dem Problem zusammen, ob man eigenen Anteilen den Charakter eines Vermögenswertes (Wirtschaftsgutes) beimißt oder die eigenen Anteile nur als Korrekturposten zum Stammkapital betrachtet (vgl. Erl. zu § 33). Im letzteren Falle würden die eigenen Anteile nicht zu den „übrigen Gesellschaftern" i. S. des §24 zählen (so wohl Scholz-Fischer 4); dies würde bedeuten, daß alle anderen Gesellschafter die Haftung nach § 24 zu tragen haben, wobei der auf den eigenen Geschäftsanteil entfallende Haftungsanteil auf die anderen Gesellschafter mitumzulegen wäre. Stellt man sich dagegen auf den Standpunkt, daß die Gesellschaft mit den eigenen Anteilen einen Vermögenswert besitzt, der rechtlich den anderen Geschäftsanteilen gleichzustellen ist, so ist der eigene Anteil im Rahmen des § 24 mitzuzählen. Die Geltendmachung der Haftung aus § 24 muß dann dazu führen, daß insoweit Konfusion eintritt, mit der weiteren Folge, daß der auf die GmbH entfallende Anteil am Ausfall nicht auf die übrigen Gesellschafter umgelegt wird (so die 5. Aufl.; Vogel 3). Auch wenn der Gesellschaft dadurch ein Teil der ausstehenden Einlage eines säumigen Gesellschafters verloren geht, so verdient doch diese Auffassung den Vorzug. Daher ist die in der Vorauf!, sowie danach von Scholz 8, BaumbachHueck 3A und auch von Feine S. 334 vertretene Meinung abzulehnen, wonach die Gesellschaft, soweit Rücklagen vorhanden sind, ihren Ausfallanteil selbst aufzubringen und im übrigen eine Umlegung auf die sonstigen Gesellschafter zu erfolgen hätte. Die jetzt hier vertretene Auffassung geht von dem Grundsatz der Erwerbsmöglichkeit eigener Anteile (§ 33) aus und zieht die sich aus dieser Rechtslage ergebende Folgerung (vgl. auch dasselbe Problem bezüglich der Nachschußpflicht § 26, 26 sowie Scholz § 33 Anm. 13 und Feine S. 417). Der eigentliche Unterschied zur Gegenmeinung liegt auch nur darin, daß keine anteilige Umlegung auf die anderen Gesellschafter erfolgt, die vermeintliche Deckung aus Rücklagen steht wirtschaftlich der Konfusion gleich. Nach neuem Recht (RegE § 32) würde die gesamtschuldnerische Haftung diese Problematik klar lösen (vgl. oben Rdn. 2). 6. Der Ausgeschlossene 20
Der Kaduzierte selbst gehört nicht zu den übrigen Gesellschaftern i. S. von § 24. Denn mit der Ausschließung hat er seine Stellung als Gesellschafter verloren (h. M. Baumbach-Hueck 3A; Scholz-Fischer 4; vgl. § 21, 23). Wegen der Ausgleichsansprüche vgl. unten Rdn. 33. m . Die Mithaftung von Gesellschaftern bei Kapitalerhöhungen
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1. Es handelt sich hier um zwei Fallgruppen. Einmal stellt sich die Frage, ob im Falle der Kapitalerhöhung die Übernehmer der neuen Stammeinlagen auch die Fehlbeträge (außenstehende Beträge) an bereits vorhandenen Stammeinlagen haften (bejaht durch RGZ 82 116 und 132 392). Zum anderen stellt sich die Frage, ob die ursprünglichen Gesellschafter für Einlagerückstände späterer Kapitalerhöhungen haften müssen (bejaht durch RGZ 93 251). Diese Probleme stellen eine der großen Streitfragen zum GmbH-Recht dar. Die Vorauflagen haben jeweils sehr ausführlich hierzu Stellung genommen. Der Streitstand (einschließlich der älteren Literatur und Rechtsprechung) ist in der 6. Aufl. in Anm. 16—19 c dargestellt.
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2. Bisher sind folgende drei Meinungen vertreten worden (vgl. v. Halem aaO. S. 147 f.): (206)
Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§24
(1) Es wird die Haftung aller Gesellschafter nach § 24 für alle Ausfälle an den Einlageforderungen der Gesellschaft bejaht, gleichgültig, ob die Geschäftsanteile aus derselben oder aus verschiedenen Emissionen stammen und ob der Ausfall bei dem Geschäftsanteil der einen oder anderen Emission herrührt. Diese Auffassung vertritt das RG (RGZ 82 116; 93 251; 132 392) sowie Scholz 10; Scholz-Fischer 4; v. Halem aaO. S. 154; im Ergebnis ebenso Baumbach-Hueck § 55, 2C, allerdings mit der Möglichkeit zum Austritt für die der Kapitalerhöhung widersprechenden Gesellschafter, wenn im Einzelfall die Haftung aus § 24 unzumutbar ist. (2) Es wird eine getrennte Deckungspflicht der Gesellschafter für die einzelnen Emissionen angenommen; danach haftet jeder Gesellschafter nur für Ausfälle der Emissionen, an der er sich beteiligt hat (so die Vorauf!., die Ausnahmen nur bei ausdrücklicher Übernahme der Verpflichtungen aus Einlagerückständen zuläßt, sowie Feine S. 336 und Schuler GmbH-Rdsch. 1956 65 ff.). (3) Es haften zwar die Übernehmer einer Kapitalerhöhung für Rückstände auf das bisherige Kapital; die Alt-Gesellschafter haften aber für Ausfälle auf die durch die Kapitalerhöhung entstandenen neuen Stammeinlagen nur, wenn sie der Kapitalerhöhung zugestimmt haben (Haupt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. S. 162). Schließlich ist zu bemerken, daß § 32 Abs. 2 RegE (vgl. oben Rdn. 2) eine 23 ausdrückliche Regelung dieser Streitfrage vorsieht; sie liegt auf der Linie der jetzt von Baumbach-Hueck vertretenen Auffassung. Während letztere dahin geht, dem gegen die Kapitalerhöhung stimmenden Alt-Gesellschafter ggf. eine Austrittsmöglichkeit (unverzüglich nach der Kapitalerhöhung) zu gewähren (zum Austritt vgl. Anhang zu § 34), sieht der RegE nunmehr vor (vgl. Begr. A 102), daß sich bisherige Gesellschafter dadurch von der Kollektivhaftung für Ausfälle auf Einlagerückstände der durch die Kapitalerhöhung geschaffenen neuen Geschäftsanteile befreien können, daß sie ihren Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Verfügung stellen (Abandon). Die vorgesehene Regelung läßt offen, ob diese Gesellschafter der Kapitalerhöhung widersprochen haben müssen; allerdings müssen sie ihre eigenen Einlageverpflichtungen voll erfüllt haben (offenbar auch solche, die sie etwa bei der Kapitalerhöhung selbst übernommen haben). Durch diese Lösung wird das Interesse der Gläubiger an der vollständigen Aufbringung des Stammkapitals dem Interesse der Gesellschafter an einer Beschränkung der Haftung vorangestellt. Nach dem RegE können sich allerdings die neu hinzutretenden Gesellschafter von Einlagerückständen auf die bisherigen Geschäftsanteile nicht befreien; sie können sich vor dem Beitritt zur Gesellschaft anläßlich der Kapitalerhöhung hinreichend über solche Rückstände informieren. 4. Stellungnahme Unter Abwägung des Meinungsstandes und der beabsichtigten Reform ver- 24 dient — mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung — die jetzt von BaumbachHueck vertretene Meinung den Vorzug. Danach haften alle Gesellschafter für Ausfälle aller Emissionen; der der Kapitalerhöhung widersprechende (Alt-) Gesellschafter hat allerdings ein -unmittelbar nach der Beschlußfassung über die Kapitalerhöhung auszuübendes — Austrittsrecht aus der GmbH (vgl. Anhang zu § 34). Dieses Austrittsrecht kann allerdings nicht uneingeschränkt gewährt werden; es kann vielmehr dem (der Kapitalerhöhung widersprechenden) Gesellschafter nur dann gestattet werden, aus der Gesellschaft auszutreten, wenn ihm nicht zugemutet werden kann, (207)
§ 24
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
für die etwaigen Ausfälle auf die neu ausgegebenen Anteile miteinzutreten; dann ist der Austritt aus der Gesellschaft für ihn das let2te Hilfsmittel. Die hier vertretene Meinung trägt insbesondere dem in § 53 Abs. 3 zum Ausdruck kommenden Prinzip Rechnung, daß eine Vermehrung von Leistungen der Zustimmung des beteiligten Gesellschafters bedarf. Die wesentliche Folge der hier vertretenen Meinung ist, daß die neu hinzutretenden Gesellschafter für Rückstände auf bisherige Stammeinlagen haften; dies ist aber nicht unbillig, da sie sich vor ihrem Beitritt entsprechend informieren können (so RGZ 132 392 sowie zum RegE Begr. S. 102). Das Austrittsrecht der der Kapitalerhöhung widersprechenden Gesellschafter ermöglicht die ggf. durch Zutritt Dritter dringend gebotenen Kapitalzuführung, ohne daß die in der Minderheit befindlichen Alt-Gesellschafter zu vermehrten Leistungen gezwungen werden. Das Gläubigerinteresse ist aber gegenüber der in der Vorauf!, vertretenen Meinung stärker gewahrt.
IV. Art und Geltendmachung der Haftung 25
1. Die Haftung ist keine gesamtschuldnerische (h. M. Scholz-Fischer 4; Baumbach-Hueck 3 B ; Scholz 12; Vogel 4). Denn die Gesellschafter haften nicht in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet ist (BGB § 421). Vielmehr haftet zunächst jeder für so viel, als der Höhe seines Anteils im Verhältnis zur Höhe der übrigen Anteile entspricht. Nur für etwaige Ausfälle bei dieser Einziehungsart haften die übrigen Gesellschafter subsidiär (§ 24 Satz 2).
26
2. Die Haftung besteht der Gesellschaft, nicht den Gläubigern gegenüber. Daher ist der Anspruch durch die Geschäftsführer geltend zu machen, in der Liquidation der Gesellschaft durch den Liquidator, im Konkurs durch den Konkursverwalter. Nur im Konkurs und der Liquidation kann der in Anspruch genommene Gesellschafter den Einwand erheben, die eingeforderten Beträge seien zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlich (oben Rdn. 11); sonst nicht, da § 24 im Unterschied zu § 31 Abs. 3 keine Einschränkung („soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist") enthält.
27
3. Zunächst haben die Gesellschafter den Fehlbetrag nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile aufzubringen. a) Das Verhältnis der Geschäftsanteile bedeutet in der Regel, daß die Ziffer des Stammkapitals abzüglich des Nennbetrages des kaduzierten Anteils 100% gleichzusetzen ist und die übrigen Gesellschaftsanteile hierzu prozentual in Beziehung zu bringen sind; dabei ist der Nennbetrag der übrigen Geschäftsanteile maßgeblich. Wieviel darauf eingezahlt ist, ist gleichgültig [Scholz 12; Baumbach-Hueck 3 B ; Feine S. 337). Auch solche Geschäftsanteile, welche sich im Besitz der Gesellschaft befinden, werden bei dieser Berechnung mit berücksichtigt (vgl. im einzelnen oben Rdn. 19). In diesem Sinne gehören zu den eigenen Geschäftsanteilen auch solche, die der Gesellschaft wegen Unverkäuflichkeit nach § 23 (§ 23, 25) und solche, die ihr nach § 27 Abs. 3 zugefallen sind (Scholz 8); im ersteren Falle haftet die Gesellschaft im Rahmen des § 24 anteilsmäßig jedoch dann nicht, wenn es sich um denselben Einlagerest handelt, derentwegen ihr nach § 23 der Geschäftsanteil zufiel. Der neben einem Gesellschafter haftende Rechtsvorgänger (§16 Abs. 3) wird selbstverständlich nicht in die Berechnung der Haftungsanteile einbezogen, haftet (208)
Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§ 24
aber solidarisch mit dem Gesellschafter, und zwar vor der in § 24 S. 2 vorgesehenen subsidiären Haftung der Mitgesellschafter untereinander (Scholz 13). Für Gesellschafter, die kaduzierte Geschäftsanteile besitzen, gilt folgendes: hat der Rechtsvorgänger gemäß § 22 erworben, so konnte er dies nur durch Vollzahlung des eingeforderten Betrages (§ 22, 18, sowie oben Rdn. 17); hier gibt es keinen Einlagerest mehr, wegen dessen das Kaduzierungsverfahren eingeleitet wurde — nur wenn es später wegen etwaiger weiterer Einlagereste bei einem anderen Gesellschafter zur Kaduzierung kommt, haftet der Gesellschafter, der in einem früheren Verfahren gemäß § 22 erworben hatte, aufgrund der Vorschrift des § 24. Der Ersteigerer (Käufer) gemäß § 23 haftet für etwaige Ausfälle bei dem nämlichen Kaduzierungsverfahren nicht mehr, da er mit der Kaufpreiszahlung seine Verpflichtungen erfüllt hat (vgl. §23 17, oben Rdn. 18); er haftet nach §24 nur für später eingeforderte Einlagereste. Bei der Berechnung des Verhältnisses der Gesellschaftsanteile spielt es keine Rolle, ob auf diese Anteile Sach- oder Bareinlagen erbracht wurden {Schol^ 12); es ist auch unerheblich, ob ein Gesellschafter ein Agio erbracht hat. b) Die Gesellschafter haben den Fehlbetrag aufzubringen. Die Geschäftsführer 28 haben unter Nachweis der Voraussetzungen (oben Rdn. 5) die Gesellschafter aufzufordern, ihrer Haftung nach § 24 Satz 1 nachzukommen. Für die gerichtliche Geltendmachung gelten die allgemeinen Vorschriften der ZPO (Gerichtsstand nach §22 ZPO); im Rahmen der Zwangsvollstreckung können die Geschäftsanteile der Mitgesellschafter gepfändet werden (Baumbach-Hueck 3B); es handelt sich dabei nicht um eine Kaduzierung. c) Es ist Sache der Geschäftsführer, wie sie im einzelnen vorgehen. Sie 29 brauchen nicht alle Mitgesellschafter gleichzeitig in Anspruch nehmen (Schol\ 13). Ihr Vorgehen muß der ihnen nach § 43 obliegenden Sorgfaltspflicht entsprechen (vgl. unten Rdn. 34). Kann ein Gesellschafter seiner Haftung nicht nachkommen, so erhöht sein Ausfall als Fehlbetrag nach § 24 Satz 2 die Haftung der übrigen Gesellschafter; hierzu genügt aber, wenn die Aussichtslosigkeit feststeht, daß ein Gesellschafter nicht leistungsfähig ist (Baumbach-Hueck 3B). Die Aussichtslosigkeit müssen die Geschäftsführer den übrigen Gesellschaftern gegenüber dartun. Dabei können sie, nach ihrem pflichtmäßigen Ermessen, die anteilmäßige Haftung nach Satz 1 mit der weiteren nach Satz 2 kumulativ geltend machen, wenn der Ausfall bei bestimmten Mitgesellschaftern feststeht. Die Geschäftsführer können von sich aus einzelne Gesellschafter von der Haftung nach § 24 nicht ausnehmen (vgl. die in RGZ 87 183 dargelegten Grundsätze zu § 28). V. Die Haftung nach Satz 2 Soweit die „Beiträge" von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, 30 werden diese ebenfalls nach der Höhe ihrer Geschäftsanteile auf die übrigen Gesellschafter verteilt (§ 24 Satz 2). „Beiträge" im Sinne von Satz 2 sind die auf den einzelnen Gesellschafter nach Satz 1 entfallenden „Fehlbeträge". Ein nicht erlangter Beitrag eines Gesellschafters liegt vor, wenn die prozessualen Mittel erschöpft sind oder die Aussichtslosigkeit gerichtlicher Schritte nachgewiesen werden kann (oben Rdn. 28). Für die Berechnung des Verhältnisses auf die übrigen Gesellschafter gelten die oben Rdn. 27 dargestellten rechnerischen Grundsätze entsprechend; es tritt nunmehr eine ungleichmäßige Verteilung der Lasten ein (vgl. G. Haussier, aaO. S. 29 ff.). Für die Haftung von Mitgesellschaftern entscheidet auch hier der Zeitpunkt der Einforderung (oben Rdn. 16; Baumbach-Hueck 3B). (209)
§ 2A
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
VI. Gesellschafterhaftung 31
Die sonstigen Modalitäten der Kollektiwerpflichtung aus §24 richten sich danach, daß es eine Gesellschafterhaftung ist, wenn auch nicht die Haftung für die eigene Einlageverpflichtung (vgl. Ballerstedt aaO. S. 182ff.). Die Verjährung ist die 30jährige. Für den Gerichtsstand gilt § 22 ZPO. VII. Wirkung der Zahlung
32
Der bzw. die im Rahmen des § 24 zahlenden Gesellschafter erwerben den Geschäftsanteil nicht (h. M. RGZ 86 419; Scholz 16; Baumbach-Hueck 3B). Das Eigentum am Geschäftsanteil steht dem Erwerber gemäß § 23 (§ 23, 17) oder, falls der Anteil unverkäuflich war, der Gesellschaft zu (§ 23, 25). Die zahlenden Mitgesellschafter haben auch kein Recht, gegen Einlösung ihrer Haftungsverbindlichkeit die gänzliche oder die anteilweise Abtretung des Geschäftsanteils zu verlangen. Wenn der Gesellschaft der Geschäftsanteil zu Eigentum zugefallen ist (bei Aussichts- oder Erfolglosigkeit des Verkaufs), so kann sie eine Versteigerung oder einen Verkauf jederzeit wieder versuchen; allerdings hat sie den dabei sich ergebenden Erlös den Mitgesellschaftern, soweit sie nach § 24 gezahlt haben, nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu erstatten; entscheidend ist dabei aber, daß der ursprüngliche Stammeinlagerest voll der Gesellschaft verbleibt. Viil. Ausgleichsanspruch
33
Ein Gesellschafter, der den ihn treffenden Teil des Ausfalls gedeckt hat, kann den Ersatz dieses Betrages von dem ausgeschlossenen Gesellschafter in voller Höhe fordern. Ein Gesellschafter, der den einen anderen Mitgesellschafter treffenden Ausfall gemäß § 24 Satz 2 gedeckt hat, kann insoweit gegen diesen Regreß nehmen. Gesetzlich sind diese Ausgleichsansprüche nicht geregelt. Die Motive erwähnen nur den Rückgriff im letzten Falle. Er muß ebenso für den ersten angenommen werden (das ist h. M. Baumbach-Hueck 3C; Scholz 17; Feine S. 338). Die h. M. nimmt an, es handele sich um einen Vorgang wie bei der Bürgschaft (§ 774 BGB). Demgegenüber hat Ballerstedt (S. 182 ff.) als Begründung für diesen Regreß angeführt, daß diese in dem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis zu suchen sei, „das zwischen den Gesellschaftern untereinander mit dem Beitritt zum Gesellschaftsvertrag und der Übernahme der Verpflichtung zu gemeinsamer Aufbringung des Stammkapitals pro rata der übernommenen Stammeinlagen begründet wird"; hierin liege die „andere Bestimmung" i. S. von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Begründung kann dahingestellt bleiben; jedenfalls wird der Ausgleichsanspruch der zahlenden Mitgesellschafter gegen den Kaduzierten und die zahlungsfähigen Mitgesellschafter heute allgemein bejaht. Veräußert ein Gesellschafter, der seinen Anteil an dem Ausfall nicht begleichen konnte, seinen Geschäftsanteil, so geht die Ersatzpflicht auf den Erwerber über. Denn der Erwerber erwirbt einen mit der Ausfallhaftung belasteten Geschäftsanteil (§16 Abs. 3); dabei ist es gleichgültig, ob der Erwerb durch Kauf oder in der Zwangsvollstreckung erfolgt (RG JW 1937 2284; Baumbach-Hueck 3A; jetzt auch Scholz 17). Entscheidend ist, ob im Veräußerungsfalle die Ausfallhaftung nach § 24 bereits bestand (hierzu vgl. oben Rdn. 16). (210)
Aufbringung von Fehlbeträgen (Goerdeler)
§24
IX. Regreßanspruch gegen die Geschäftsführer Wenn die Geschäftsführer bei der Einziehung der Stammeinlage nicht mit der 34 im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verfahren (§ 43), so haften sie der Gesellschaft wie für jede Pflichtverletzung (vgl. oben Rdn. 29). Streitig ist, ob die Geschäftsführer in diesem Fall auch unmittelbar gegenüber den zahlenden Gesellschaftern haften. Man wird dies unter entsprechender Anwendung des in § 31 Abs. 6 enthaltenen Prinzips bejahen müssen (so auch Scholz 18; Feine S. 338). Baumbacb-Hueck 3C und Brodmann 4 wollen dagegen nur im Rahmen der §§ 823ff. BGB einen Anspruch gewähren. Für die hier vertretene Meinung spricht die dem § 31 ähnliche Ausgangslage. Ob letztlich der Anspruch durch die Gesellschaft oder die Gesellschafter selbst geltend gemacht wird, spielt keine entscheidende Rolle. X. § 24 ist zwingendes Recht Die Vorschriften des vorliegenden Paragraphen sind zwingenden Rechts (Scholz- 35 Fischer 4; Schol^ 19). Das ergibt sich aus § 23. Es kann daher kein Gesellschafter, weder im Gesellschaftsvertrage noch durch die Geschäftsführer, noch durch einen Gesellschafterbeschluß, noch durch Vereinbarung zwischen Geschäftsführern und Dritten (RG in JW 1937 284 mit Anm. Klausing), weder im voraus noch nachträglich, von der Mithaftung des § 24 befreit werden. Auch kann das Beteiligungsverhältnis durch Vertrag nicht geändert werden. Nur im Wege der Herabsetzung des Stammkapitals kann auf diese Haftung der anderen Gesellschafter aus §24 verzichtet werden, wenn nicht im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung (§ 58) die Haftung nach § 24 bereits eingetreten ist (oben Rdn. 16). Verschärfungen des § 24 sind zulässig. So kann z. B. die gesamtschuldnerische Haftung für alle Einlagen durch den Gesellschaftsvertrag vereinbart werden (Scholz 19). XI. Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 Auch im Rahmen des § 24 gilt das Aufrechnungs-, Zurückbehaltungs-, Kündi- 36 gungs- und Erlaßverbot des § 19 Abs. 2 gegenüber der Forderung der Gesellschaft. Da § 19 Abs. 2 sicherstellen will, daß in den Fällen der Bareinlage diese „in Gestalt wirklich bereiter Mittel" der Gesellschaft zufließen soll (RGZ 98 276), muß die Bestimmung auch bei der subsidiären Kollektivbehaftung nach § 24, dem letzten Mittel der Beschaffung des Stammkapitals eingreifen. Dies ist auch die h. M. in Literatur (Scholz 15; Baumbach-Hueck 3B; Scholz-Fischer 4) und in der Rechtsprechung (RGZ 92 365; 98 276; 122 8 = JW 1929 650; JW 1936 805; JW 1937 2286). In den Entscheidungen des RG ist die früher in der Literatur teilweise vertretene abweichende Meinung, nach der nur der Erlaß unzulässig sein sollte (vgl. Feine S. 337), abgelehnt. Das RG spricht mit Recht davon, daß die Verbote des §19 Abs. 2 „Wesenseigentümlichkeiten des Anspruchs auf Einzahlung der Gesellschaftseinlage" seien (RGZ 123 8). Vgl. auch die Erl. zu § 19 sowie die beabsichtigte Regelung in § 32 Abs. 1 Satz 2 RegE (Begr. S. 102). XII. Abtretung, Verpfändung und Pfändung Abtretung, Verpfändung und Pfändung der Forderung aus § 24 ist entgegen 37 der h. M. (Baumbach-Hueck 3C; Scholz 14; Vogel 7) als unzulässig anzusehen. Die (211)
§ 25
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Vorauflage (Anm. 33) hatte diese Meinung in Übereinstimmung mit der gleichen Frage bei der Einlageforderung (§ 19) erstmals vertreten. Im einzelnen: Wenn das RG (in RGZ 123 8) das Aufrechnungs-, Stundungs- und Erlaßverbot des § 19 als „Wesenseigentümlichkeit" der Forderung nach § 24 bezeichnet hat (ähnlich Ballerstedt S. 182, der den Anspruch nach § 24 als einen gesellschaftsrechtlichen anspricht), so folgt daraus, daß § 399 BGB eingreift. Die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger kann nicht ohne Veränderung ihres Inhaltes erfolgen; für den neuen Gläubiger gelten die Verbote des § 19 nicht. Man kommt daher zu der Unzulässigkeit der Abtretung, Verpfändung und Pfändung der Forderung gegen die Mitgesellschafter nach § 24. Eine Ausnahme ergibt sich auch hier dann, wenn der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft dauernd eingestellt ist und sonstiges Vermögen nicht vorhanden ist; dann kann der Gläubiger die Ausfallforderungen gegen die Mitgesellschafter pfänden (vgl. Erl. zu § 19). Die Ausfallforderungen nach § 24 fallen in die Konkursmasse. Die Rechte der Gläubiger werden hiermit gewahrt; notfalls kommen sie aus dem Konkurs der Gesellschaft, in deren Masse die Forderungen gegen die Mitgesellschafter nach § 24 fallen, zu einer Befriedigung. Der Konkursverwalter kann dann die Forderungen nach § 24 geltend machen; hier mit der Einschränkung, daß die eingeklagten Beträge zur Schuldendeckung erforderlich sind (Robrecht DB 1972 1471; vgl. oben Rdn. 11 und 26).
§25 Von den in den §§ 21—24 bezeichneten Rechtsfolgen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Übersiebt Rdn. Einleitung und Reform 1. Keine Befreiung
1 2
Rdn. 2. Verschärfung der Rechtsfolgen 3. Verweisungen
4 5
Einleitung und Reform 1
Da der Aufbringung des Stammkapitals entscheidende Bedeutung zukommt, sichert § 25 diesen Grundsatz in weitgefaßter Formulierung ab, beschränkt ihn also nicht nur auf den Gesellschaf tsvertrag: Im RegE findet sich eine dem § 25 entsprechende Regelung nicht, vielmehr wird das Verbot der Befreiung von der Pflicht, die Einlagen zu leisten, für die Gesellschafter in § 29 Abs. 2 RegE ausgesprochen und in § 32 Abs. 1 RegE — für den Fall der Kaduzierung — auf die Pflichten der übrigen Gesellschafter sinngemäß für anwendbar erklärt; diese Regelung entspricht § 66 AktG 1965.
l.^Keine Befreiung von den §§ 21—24 2 a) Daraus, daß die Gesellschafter von den in den §§ 21—24 bezeichneten Rechtsfolgen nicht befreit werden können, folgt, daß jede vor oder nach Eintritt des Haftungsfalls getroffene Vereinbarung, welche auf eine solche Befreiung hinausläuft, nichtig ist. Ist etwa eine diesbezügliche Abrede zwischen Gesellschaft und (212)
§ 25
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Vorauflage (Anm. 33) hatte diese Meinung in Übereinstimmung mit der gleichen Frage bei der Einlageforderung (§ 19) erstmals vertreten. Im einzelnen: Wenn das RG (in RGZ 123 8) das Aufrechnungs-, Stundungs- und Erlaßverbot des § 19 als „Wesenseigentümlichkeit" der Forderung nach § 24 bezeichnet hat (ähnlich Ballerstedt S. 182, der den Anspruch nach § 24 als einen gesellschaftsrechtlichen anspricht), so folgt daraus, daß § 399 BGB eingreift. Die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger kann nicht ohne Veränderung ihres Inhaltes erfolgen; für den neuen Gläubiger gelten die Verbote des § 19 nicht. Man kommt daher zu der Unzulässigkeit der Abtretung, Verpfändung und Pfändung der Forderung gegen die Mitgesellschafter nach § 24. Eine Ausnahme ergibt sich auch hier dann, wenn der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft dauernd eingestellt ist und sonstiges Vermögen nicht vorhanden ist; dann kann der Gläubiger die Ausfallforderungen gegen die Mitgesellschafter pfänden (vgl. Erl. zu § 19). Die Ausfallforderungen nach § 24 fallen in die Konkursmasse. Die Rechte der Gläubiger werden hiermit gewahrt; notfalls kommen sie aus dem Konkurs der Gesellschaft, in deren Masse die Forderungen gegen die Mitgesellschafter nach § 24 fallen, zu einer Befriedigung. Der Konkursverwalter kann dann die Forderungen nach § 24 geltend machen; hier mit der Einschränkung, daß die eingeklagten Beträge zur Schuldendeckung erforderlich sind (Robrecht DB 1972 1471; vgl. oben Rdn. 11 und 26).
§25 Von den in den §§ 21—24 bezeichneten Rechtsfolgen können die Gesellschafter nicht befreit werden. Übersiebt Rdn. Einleitung und Reform 1. Keine Befreiung
1 2
Rdn. 2. Verschärfung der Rechtsfolgen 3. Verweisungen
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Einleitung und Reform 1
Da der Aufbringung des Stammkapitals entscheidende Bedeutung zukommt, sichert § 25 diesen Grundsatz in weitgefaßter Formulierung ab, beschränkt ihn also nicht nur auf den Gesellschaf tsvertrag: Im RegE findet sich eine dem § 25 entsprechende Regelung nicht, vielmehr wird das Verbot der Befreiung von der Pflicht, die Einlagen zu leisten, für die Gesellschafter in § 29 Abs. 2 RegE ausgesprochen und in § 32 Abs. 1 RegE — für den Fall der Kaduzierung — auf die Pflichten der übrigen Gesellschafter sinngemäß für anwendbar erklärt; diese Regelung entspricht § 66 AktG 1965.
l.^Keine Befreiung von den §§ 21—24 2 a) Daraus, daß die Gesellschafter von den in den §§ 21—24 bezeichneten Rechtsfolgen nicht befreit werden können, folgt, daß jede vor oder nach Eintritt des Haftungsfalls getroffene Vereinbarung, welche auf eine solche Befreiung hinausläuft, nichtig ist. Ist etwa eine diesbezügliche Abrede zwischen Gesellschaft und (212)
Vorbemerkungen
Vor § 26
Gesellschafter getroffen, so ist der Geschäftsführer nicht daran gebunden. Das RG hält die Berücksichtigung einer solchen Abmachung wohl nicht für ganz ausgeschlossen (JW 1937 2287 mit kritischer Anmerkung von Klau sing). b) Auch der Gesellschaftsvertrag darf keine Befreiung von den §§ 21—24, und 3 sei es auch nur in der Form einer Milderung, enthalten. Der Registerrichter muß nach dem FGG eine solche Bestimmung beanstanden und die Eintragung ablehnen. Ist eine § 25 widersprechende Bestimmung eingetragen und Bestandteil des sonst gültigen Gesellschaftsvertrages, so ist die Gesellschaft nicht etwa nichtig (weder nach der früheren noch nach der jetzigen Fassung des § 75; vgl. Baumbacb-Hmck § 75 1A). Die nach § 25 zu beanstandende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages darf aber nicht angewandt werden, keiner kann sich etwa auf ihre Gültigkeit berufen. 2. Verschärfung der Rechtsfolgen Verschärfungen der in den §§ 21—24 bezeichneten Rechtsfolgen sind zulässig. 4 Die GmbH soll nach der ganzen Tendenz des Gesetzes ihre Angelegenheiten mit möglichster Freiheit regeln. Es kann daher z. B. die Frist des § 22 Abs. 2 verkürzt, die des § 22 Abs. 3 verlängert werden. Es kann die Haftung aus § 24 als eine rein solidarische (gesamtschuldnerische) gestaltet werden (so auch Baumbach-Hueck 1; Scholz § 24, 19). Ist zweifelhaft, ob eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung oder sonstige Vereinbarung eine zulässige Verschärfung oder eine unzulässige Milderung bedeutet, so müssen sich die Gesellschafter und die Geschäftsführer auf den vorsichtigeren Standpunkt stellen. 3. Über die Anwendung des Prinzips des § 25 auf die einzelnen Fälle vgl. § 21, 5 38; §22, 24; §23, 26; §24, 35.
Vorbemerkungen §§ 26—28 Übersiebt Rdn.
Rdn.
A. Nachschüsse als Mittel zusätzliche! Kapitalbeschaffung 1
C. Drei Arten von Nachschußpflichten, Vorund Nachteile 3
B. Vergleich mit der bergrechtlichen Gewerkschaft 2
D- D i e
Nachschußpflicht in der Praxis . . . E. Reform
4 5
A. Die in §§ 26—28 getroffenen Regelungen betreffen die Nachschußpflicht. 1 Diese Form zusätzlicher (über das Stammkapital hinausgehender) Kapitalbeschaffung ist eine Besonderheit des GmbH-Gesetzes; dem Aktienrecht ist sie unbekannt. Im Aktienrecht gibt es zwar in der Form des genehmigten Kapitals (§§ 202ff. AktG) — die ihrerseits im GmbH-Gesetz nicht zu finden ist — auch eine Möglichkeit, die Beschaffung von Eigenkapital kurzfristig ohne nochmalige Befragung der Gesellschafter zu erreichen, aber die einmal bei einer GmbH begründete Nachschußpflicht geht in einem entscheidenden Punkt weiter: hier sind die Gesellschafter (213)
Vor § 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
verpflichtet, die Nachschüsse, also zusätzliches Kapital aufzubringen, sobald der im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zeitpunkt gekommen bzw. das sonstige Erfordernis (z. B. Anforderung durch die Geschäftsführer) gegeben ist; beim genehmigten Kapital des Aktienrechts gibt es eine Bezugspflicht der neu auszugebenden Aktien seitens der bisherigen Gesellschafter nicht. Lediglich bei der unbeschränkten Nachschußpflicht i. S. von § 27 GmbH-Gesetz kann der Gesellschafter sich durch die Preisgabe (Abandon) seines Anteils der übernommenen Verpflichtung entziehen. 2
B. Gesellschaftsrechtlich steht die Nachschußpflicht der Regelung über die Zubußen bei der bergrechtlichen Gewerkschaft am nächsten (Preuss. Allgem. Berggesetz von 1865 § 102); Zubußen sind auf Beschluß der Gewerkenversammlung zu leisten, wenn der Betrieb es erfordert; den Gewerken steht das Recht zu, sich hiervon durch Preisgabe ihres Kuxes zu befreien (vgl. Reinhardt, Gesellschaftsrecht, 1973 Tübingen S. 342). Aber im Unterschied zur bergrechtlichen Gewerkschaft hat die GmbH zwingend ein festes Stammkapital, neben das ggf. fakultativ das Nachschußkapital tritt (vgl. auch Feine S. 315 f.).
3
C. Das Gesetz kennt drei Arten von Nachschußpflichten, die jedoch nur durch Aufnahme entsprechender Bestimmungen in den Gesellschaftsvertrag begründet werden können: a) die unbeschränkte Nachschußpflicht mit unbeschränktem Preisgaberecht (sogen. Abandon; § 27 Abs. 1 Satz 1); b) die beschränkte Nachschußpflicht unter Ausschluß des Preisgaberechts (§§ 26 Abs. 3, 28 Abs. 1); c) die unbeschränkte Nachschußpflicht mit durch den Gesellschaftsvertrag beschränktem Preisgaberecht (§§ 27 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 2). Jede dieser drei Arten bietet ihre Vor- und Nachteile für die Gesellschaft. Die erste hat für sich, daß sie jeden Spielraum für zusätzliches Nachschußkapital offen läßt, jedoch verbunden mit dem Nachteil, daß die Gesellschafter sich durch Hingabe ihres Geschäftsanteils von jedweder Nachschußpflicht befreien können. Die zweite Art hat den Vorteil, daß die Gesellschaft in Höhe des beschränkten Nachschusses auf einen bestimmten Kapitalbetrag rechnen kann, den sie auch im Grundsatz wie eine Stammeinlage einfordern kann; es fehlt aber eine beliebige Ausdehnbarkeit des Kapitals. Die dritte Art schließlich kombiniert die beiden ersten Möglichkeiten derart miteinander, daß die Gesellschaft auf einen bestimmten Zusatzbedarf an Kapital fest rechnen kann, darüber hinaus Kapitalanforderungen aber mit dem Risiko des Preisgaberechts belastet sind. Für die Gesellschafter stellen sich Vor- und Nachteile im Verhältnis zur Gesellschaft umgekehrt dar. Da die Gesellschafter (bei der Gründung der Gesellschaft oder im Falle späterer Satzungsänderung) die Entscheidung über die Gestaltung haben, werden sie — wenn sie sich überhaupt für eine Nachschußpflicht entscheiden, die für ihre Verhältnisse passende Art entscheiden und diese, soweit nach §§ 26—28 zulässig, im Gesellschaftsvertrag ausgestalten. Überhaupt ist die Einführung der einen oder anderen Form der Nachschußpflicht dann sinnvoll, wenn die Gesellschafter für eine künftige Kapitalbeschaffung mit bindender Wirkung Vorsorge treffen wollen; das Gesetz läßt ihnen dabei durch die Regelungen in §§ 26—28 genügend Gestaltungsfreiheit. Den Gesellschaftern steht es — insoweit über eine Nachschußpflicht hinausgehend — frei, die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung für bestimmte oder alle Schulden der Gesellschaft zu übernehmen; eine solche Verpflichtung kann auch auf die Fälle der Zahlungsunfähigkeit und/oder (214)
Vorbemerkungen
Vor §26
Überschuldung beschränkt werden. Bestimmungen dieser Art können in die Satzung aufgenommen werden (vgl. § 3, 63). D. Die Praxis macht von der Möglichkeit, eine Nachschußpflicht einzuführen, 4 nur in mäßigem Umfang Gebrauch. Eine Umfrage der Centrale für GmbH im Jahre 1967 über die rechtstatsächlichen Verhältnisse der GmbH hat diesbezüglich ergeben (vgl. Winter GmbH-Rdsch. 1969 146): Von 975 die Umfrage beantwortenden Gesellschaften m. b. H. hatten 157 = 15,9% eine Nachschußpflicht vorgesehen; dabei bestand eine Nachschußpflicht in unbeschränkter Höhe bei 130 GmbH = 13,2% und in beschränkter Höhe bei 27 GmbH = 2,7%. Eingefordert waren Nachschüsse nur von 25 GmbH = 2,5% (für die Verhältnisse vor 50 Jahren vgl. Feine S. 316). Besonders zu erwähnen wäre die 1974 gegründete Liquiditäts-Konsortialbank GmbH, deren Gegenstand die Sicherung der Liquidität der Kreditinstitute ist; nach ihrer Satzung besteht eine beschränkte Nachschußpflicht mit der Besonderheit, daß jeder Gesellschafter selbstschuldnerischer Bürge für die Nachschußverbindlichkeiten bestimmter säumiger Gesellschafter ist. E. Auch in der Reform des GmbH-Rechts bleibt die Möglichkeit der Ein- 5 führung von Nachschußpflichten im Gesellschaftsvertrag erhalten. Der RegE trifft die entsprechenden Regelungen in §§ 42—44 und schließt sich dabei eng an das geltende Recht an (vgl. Begr. S. 107f.). Schrifttum Feine S. 315ff.; Günter Häusler, Lastentragung und Gewinnverteilung bei der GmbH, Diss. Bonn 1965; Becker GmbH-Rdsch. 1925 213.
(215)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter §26
Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß die Gesellschafter über den Betrag der Stammeinlagen hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen) beschließen können. Die Einzahlung der Nachschüsse hat nach Verhältnis der Geschäftsanteile zu erfolgen. Die Nachschußpflicht kann im Gesellschaftsvertrage auf einen bestimmten, nach Verhältnis der Geschäftsanteile festzusetzende Betrag beschränkt werden. Übersiebt Rdn.
Rdn. Einleitung Reform I. Begriff und Wesen der Nachschüsse 1. Legaldefinition 2. Nachschußkapital im Verhältnis zum Stammkapital Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der Gesellschafter a) Allgemeines b) Stammeinlagepflichten c) Darlehen der Gesellschafter . . . d) Nebenleistungen nach § 3 Abs. 2 c) freiwillige Leistungen II. Die formellen Bestimmungen über die Nachschußpflicht (Abs. 1) 1. Regelung im Gesellschaftsvertrag . . 2. Zusätzlicher Gesellschafterbeschluß 3. Durchführung des Beschlusses . . .
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4. vorherige Einforderung des Stammkapitals 21 DI. Das Verhältnis der Nachschußpflicht zu den Geschäftsanteilen (Abs. 2) 1. Dispositive Vorschrift 22 2. Gleichmäßige Behandlung der Gesellschafter 23 IV. Beschränkung der Nachschußpflicht im Gesellschaftsvertrag 24 V. Einzelfragen 1. Die haftenden Gesellschafter . . . 26 2. Unmittelbare Haftung 27 3. Keine Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 28 4. Folgen der Zahlung und Rückzahlung 29 VI. Steuerfragen 31 VH. Bilanzierungsfragen 33
Einleitung 1
§ 26 gibt gewissermaßen die Grundregelung für die Möglichkeit, Nachschußpflichten der Gesellschafter durch Aufnahme entsprechender Bestimmungen in den Gesellschaftsvertrag zu begründen. Ohne eine solche gesellschaftsvertragliche Regelung können Nachschüsse im Sinne des Gesetzes von den Gesellschaftern nicht verlangt werden. Im übrigen vgl. die Vorbemerkungen. Reform
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§ 42 RegE enthält die dem § 26 entsprechende Regelung, jedoch dürfen die Nachschußbeträge auch nach einem anderen Verhältnis als den der Geschäftsanteile festgesetzt werden. Es bleibt wie nach geltendem Recht dabei, daß die Einforderung von Nachschüssen erst nach vollständiger Einforderung der Einlagen zulässig ist; hiervon darf der Gesellschaftsvertrag nur bei der beschränkten Nachschußpflicht abweichen. (216)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
I. Begriff und Wesen der „Nachschüsse" 1. Legaldefinition § 26 Abs. 1 beinhaltet die Grundregelung und zugleich die Definition der 3 „Nachschüsse", nämlich die gesellschaftsvertragliche Bestimmung, daß die Gesellschafter über den Betrag der Stammeinlagen hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen beschließen können; die einmal im Gesellschaftsvertrag festgelegte Verpflichtung wird in den weiteren gesetzlichen Bestimmungen der § 26—28 dann als „Nachschußpflicht" bezeichnet (so auch der RegE). 2. Nachschußkapital im Verhältnis zum Stammkapital a) Nach der Legaldefinition handelt es sich bei den Nachschüssen um weitere, 4 über den Betrag der Stammeinlagen (§5, 11 ff.) hinausgehende Einzahlungen; es sind demnach keine Einzahlungen, die auf die Stammeinlagen anzurechnen wären; es handelt sich ferner auch nicht um Einzahlungen, die auf das Stammkapital vorgenommen werden. Nachschußeinzahlungen berühren damit auch nicht die durch den Geschäftsanteil vermittelte Mitgliedschaft bei der Gesellschaft (§ 14 Rdn. 4). Nachschüsse sind Leistungen der Gesellschafter auf gesellschaftsrechtlicher Ebene (wegen der steuerlichen Folgen vgl. unten Rdn. 32) und bilden im weiteren Sinne einen Teil der Einlage der Gesellschafter, ohne Stammeinlage zu sein. Die Nachschußpflicht belastet die Geschäftsanteile und damit die jeweiligen Gesellschafter (unten Rdn. 26). Die Einzahlungen gemäß statutarischer Nachschußpflicht erhöhen das Vermögen der Gesellschaft und kommen dem „Nachschußkapital" zugute, das, wie sich aus § 42 Nr. 3 ergibt, als besonderer Passivposten in der Bilanz auszuweisen. Auf die Rückzahlung der Nachschüsse haben die Gesellschafter keinen Anspruch (unten Rdn. 30); es kann nur unter Beachtung von § 30 Abs. 2 durch Beschluß der Gesellschafter nach § 46 Nr. 3 wieder zurückgezahlt werden, ohne daß es dabei seiner Kapitalherabsetzung nach § 58 bedürfte (wegen der Rückzahlung bzw. Rückgewähr von Vermögen an die Gesellschafter darüber hinaus vgl. § 30, 3ff.). b) Das Stammkapital und das Nachschußkapital — obwohl beide nur erschwert 5 an die Gesellschafter zurückfließen können — sind wesensverschieden und werden auch bilanzmäßig getrennt ausgewiesen. Das Nachschußkapital wird nicht zum Stammkapital (vgl. Reinhardt, Gesellschaftsrecht, Tübingen 1973 S. 304). Das Nachschußkapital hat rücklageähnlichen Charakter und ist — da auf Einzahlungen der Gesellschafter beruhend — dem Agio vergleichbar (§ 3, 64). Ob das Nachschußkapital damit auch als „Rücklage" zur Umwandlung in Nennkapital entsprechend § 2 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vom 23. Dezember 1959 (BGBl. I S. 789) — geändert durch EG zum AktG vom 6. 9.1965 (BGBl. I S. 1185) — verwendet werden kann, erscheint angesichts des Wortlauts der Gesetzesbestimmung nicht zweifelsfrei; es bliebe dann nur Rückzahlung der Nachschüsse und Einzahlung der Beträge auf eine Kapitalerhöhung möglich — ein im wirtschaftlichen Effekt (und in der ertragsteuerlichen Behandlung) gleichgearteter Vorgang. c) Darüber hinaus läßt sich das Verhältnis von Stamm- und Nachschußkapital 6 wie folgt kennzeichnen: beide bestehen in Leistungen aus dem Vermögen der Gesellschafter in das der Gesellschaft zu Zwecken der Gesellschaft. Ihr Gegensatz liegt in der Art der Einzahlung, der Art der Verfügung, der Art der Erhaltung und auch darin, daß die Höhe des Stammkapitals in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht wird und somit dauernd den Gesellschaftsgläubigern zur Sicherheit erhalten bleiben muß (hierzu RGZ 87 179). (217)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Über den Zusammenhang von Nachschußkapital zu der Frage der Zusammenlegung von Geschäftsanteilen vgl. BGH Urt. vom 19. 7.1964 = LM Nr. 7 zu § 15 mit Anm. R. Fischer. Das Stammkapital ist in formeller Hinsicht stärker geschützt: ist mehr als die Hälfte verloren, so ist die Gesellschafterversammlung zu berufen (§ 49 Abs. 2). Ein Erlaß der Einlagepflicht ist ebenso verboten wie die Rückzahlung (vgl. § 19 Abs. 2 und §§ 30,31). Das Nachschußkapital dagegen ist der bewegliche Teil des Gesellschaftsvermögens. Es kann vorhanden sein, muß es aber nicht. Seine Existenz ist doppelt fakultativ. Es ist nur vorhanden, wenn das Statut die Einforderung von Nachschüssen vorsieht und die Gesellschafter sie beschließen. Eine Verwendung des Nachschußkapitals — sei es durch Rückzahlung, sei es zur Deckung eines Verlustes nach § 30 Abs. 2 Satz 1 — zieht eine einfache Minderung seines Nennbetrages in der Bilanz nach sich. Einziehung und Rückzahlung unterstehen dem freien Ermessen. Erlaß und Rückgewähr sind gestattet (§ 46 Nr. 3); die Kautelen bei der Rückzahlung der Nachschüsse (§ 30 Abs. 2) entspringen Rücksichten auf das Stammkapital. Vgl. unten Rdn. 30. 7
d) Der Zweck der Nachschüsse ist die Herbeiführung einer freieren Beweglichkeit des Gesellschaftskapitals, als das Aktienrecht sie gewährt (vgl. die Vorbemerkungen zu §§ 26—28). Das Nachschußkapital soll einer Gesellschaft die Möglichkeit geben, sich die weiter erforderlichen Mittel für den Bedürfnisfall zu verschaffen und andererseits sich von Überschüssen zu erleichtern, ohne den umständlichen Weg der Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals einschlagen zu müssen. Schließlich kann die Einforderung von Nachschüssen auch dazu dienen, eine Unterbilanz ohne Kapitalherabsetzung zu beseitigen (RFH 2 47, 49).
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e) Die Rückzahlung der Nachschüsse erfolgt aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses (§ 46 Nr. 3) oder der gemäß § 45 Abs. 2 abweichenden Regelung des Gesellschaftsvertrages; hierbei ist zwingend § 30 Abs. 2 zu beachten (vgl. § 30, 57 ff.). Die eingezahlten Nachschüsse sind keine Darlehen, die von den Gesellschaftern gekündigt werden könnten. Diese haben keinen Anspruch auf Rückzahlung, auch wenn die Gesellschaft die Mittel nicht mehr braucht (vgl. unten Rdn. 30). Daher können die Gesellschafter im Konkurs der Gesellschaft eine Forderung zur Rückzahlung der Nachschüsse wie ein Gläubiger nicht anmelden {Scholz 1). Hier zeigt sich, daß die Nachschüsse, zusammen mit den Stammeinlagen, Einlagen der Gesellschafter bilden und wie Eigenkapital zu behandeln sind. 9 f) Auf die Stammeinlagen beziehen sich die strengen Vorschriften der §§ 19—25. Die Vorschriften über die Nachschüsse sind im wesentlichen dispositiven Rechts (vgl. unten Rdn. 15, 22 und 24); lediglich § 26 Abs. 1 ist zwingenden Rechts insoweit als die Nachschußpflicht im Gesellschaftsvertrag festgelegt und durch die Gesellschafterversammlung beschlossen werden muß (RGZ 70 326; Schölt^ 3; Baumbach-Hueck 1). 3. Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der Gesellschafter
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a) Allgemeines Im einzelnen sind zu unterscheiden: 1. Nachschußpflicht a) unbeschränkte mit Preisgaberecht § 27 Abs. 1; b) beschränkte ohne Preisgaberecht § 26 Abs. 3, § 28 Abs. 1; c) unbeschränkte mit beschränktem Preisgaberecht (§ 27 Abs. 4, § 28 Abs. 1 S. 2) (hierzu Vorbemerk. Rdn. 3); (218)
Nachschußpflicht (Goerdeler) 2. 3. 4. 5.
§26
Zahlung auf die Stammeinlage; Darlehen der Gesellschafter; Leistungen nach § 3 Abs. 2 (Nebenleistungen); Freiwillige gesellschaftliche Beiträge (z. B. Zuschüsse zur Sanierung).
Was im Einzelfall vorliegt, muß an Hand der Satzung und sonstiger Verträge durch Auslegung festgestellt werden. Hierbei ist zu beachten, daß es auf die Bezeichnung allein nicht ankommt (RGZ 81 368; RFH 12 217; Feine S. 319); für gesellschaftsvertragliche Bestimmungen sind hierbei die in § 2, 119ff. dargestellten Auslegungsgrundsätze heranzuziehen. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit dem Unterschied zwischen Nachschüssen, Darlehen, freiwilligen Zuschüssen und Sonderleistungen nach § 3 Abs. 2 (vgl. Schofy 1; Sudhoff GmbH, S. 148). Die ggf. durch Auslegung zu treffende Entscheidung, ob eine Nachschußpflicht i. S. der §§ 26ff. vorliegt, ist von großer Bedeutung; denn nur bejahendenfalls finden die strengen Vorschriften der §§ 26ff. Anwendung und zwar je nachdem, ob eine beschränkte oder unbeschränkte Pflicht zu Nachschüssen anzunehmen ist. b) Stammeinlagepflichten Das Vorliegen von Zahlungen auf die Stammeinlage wird in der Regel klar n bestimmbar sein, so daß Überschneidungen selten sein werden; das gilt insbesondere, wenn die Zahlungen den noch ausstehenden Einlagen entsprechen und entsprechend dem Gesellschaftsvertrag oder nach einem Gesellschafterbeschluß (§ 46 Nr. 2) erfolgen (vgl. § 3, 55). c) Darlehen der Gesellschafter Für den Charakter eines Darlehens spricht zunächst — mangels gesellschafts- 12 rechtlicher Regelung — das Vorliegen eines Darlehensvertrages zwischen der Gesellschaft und dem (oder den) Gesellschaftern. Je eindeutiger solche Darlehensverträge (auch hinsichtlich Verzinsung und Rückzahlung) sind, desto klarer ist die Rechtslage. Der Nachweis spielt besonders im Falle des Konkurses der GmbH eine Rolle; allerdings kann auch die Geltendmachung von Gesellschafterdarlehen im Konkurs beschränkt sein (§ 5, 10 sowie Anh. zu § 30). Grundlage eines (echten) Darlehensvertrages kann u. U. ein in den Gesellschaftsvertrag aufgenommener Darlehnsvorvertrag sein, durch den sich alle Gesellschafter verpflichten, nach Maßgabe einer durch Gesellschafterbeschluß ergehenden Aufforderung der Gesellschaft Darlehen zu gewähren. Fehlt es an der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag oder an der Einforderung durch Gesellschafterbeschluß, so scheidet gemäß § 26 Abs. 1 ein „Nachschuß" ohnehin aus. Ergibt die Auslegung des Gesellschaftsvertrages, des Beschlusses der Gesellschafterversammlung oder anderer Unterlagen, daß die Gesellschafter sich zur Leistung eines Darlehens verpflichten wollten, so ist ein Nachschuß i. S. von §§ 26 ff. gleichfalls nicht gegeben. Haben die Gesellschafter sich außerhalb des Gesellschaftsvertrages zur Darlehensgewährung an die Gesellschaft verpflichtet (§ 3, 102), so kann ebenfalls eine Nachschußpflicht i. S. von § 26 nicht gegeben sein. Die den Gesellschaftern zugesagte Rückzahlbarkeit oder die Vereinbarung der Kündbarkeit oder der Verzinsung ist ein Indiz für das Vorliegen eines Darlehens (219)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
(RFH 1 69). Die RückZahlungsverpflichtung hat die Gesellschaft als Verbindlichkeit zu passivieren. Jedoch kann aus der Passivierung einer Verbindlichkeit nicht unbedingt der Schluß gezogen werden, daß ein Darlehen vorliegt (so RGZ 105 299). Im einzelnen kann die Abgrenzung von Darlehen zur Leistung eines freiwilligen Zuschusses und zur Zahlung eines Nachschusses (§§ 26 ff.) ggf. schwierig sein. In der Satzungsbestimmung, daß die Gesellschafter „durch Gesellschafterbeschluß verpflichtet werden könnten, ihre Stammeinlage zu verdoppeln", kann z. B. durchaus eine echte Nachschußpflicht i. S. von §§ 26ff. liegen. Für das Vorliegen eines Darlehens und der daraus sich ergebenden freien Rückzahlbarkeit werden andererseits besonders eindeutige Tatsachen sprechen müssen (Düsseldorf OLGR 41 210). Die Rückzahlung des Darlehens ist den Beschränkungen des § 30 Abs. 2 nicht unterworfen (RGZ 105 299).
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d) Nebenleistungen nach § 3 Abs. 2 Unter welchen Voraussetzungen eine Nebenleistung gemäß einer nach § 3 Abs. 2 im Statut übernommenen gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung gegeben ist, ist ausführlich in § 3, 52ff. dargestellt; hinzuweisen ist insbesondere darauf, daß die Erfüllung der vom Gesellschafter übernommenen Nebenleistungen sich in gesonderten Ausführungsverträgen (auch Darlehnsverträgen) niederschlagen kann (so § 3, 62; folgt man dieser Meinung, so ist also der gesonderte Darlehnsvertrag für sich noch kein Anhalt dafür, daß es sich nicht auch um die Erfüllung einer Nebenleistungsverpflichtung handelt). Für das Vorliegen einer Nebenleistungspflicht ist entscheidend, daß sie im ursprünglichen oder formgerecht geänderten (§ 53 Abs. 3) Gesellschaftsvertrag enthalten ist (§ 3, 57). Im Unterschied zu den „Nachschüssen" handelt es sich bei den besonderen Verpflichtungen i. S. von § 3 Abs. 2 nicht um Gesellschaftseinlagen (vgl. § 3, 55). Im übrigen unterscheidet sich die Nebenleistungspflicht von der Nachschußpflicht nach den in § 3 Rdn. 56 dargestellten zwei Merkmalen: Notwendigkeit eines Gesellschafterbeschlusses (§ 26 Abs. 1) und Zuführung von Mitteln zur Stärkung der (Eigen-) -Kapitalstruktur der Gesellschaft, die auch zum Ausweis vom Nachschußkapital in der Bilanz (§ 42 Nr. 4) führt. Hiernach ist auch im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Nachschußpflicht oder eine Sonderleistung gemäß § 3 Abs. 2 vorliegt. Das Wort „Nachschuß" allein ist hierbei nicht entscheidend (Scholz 1; vgl. auch RGZ 81 368). Es kommt für die Feststellung, ob im Gesellschaftsvertrag eine Nachschußpflicht gewollt war, auf den Zusammenhang der Satzungsbestimmungen an (so z. B. der in RFH 12 217 behandelte Fall). Aus der Zuweisung der Einforderung an ein anderes Organ als die Gesellschafterversammlung wird man nicht ohne weiteres auf die Nichtigkeit der Nachschußpflicht überhaupt schließen (vgl. unten Rdn. 18). Es kann sich aber aus diesem Moment in Verbindung mit dem übrigen Inhalt des Gesellschaftsvertrages ergeben, daß es sich nicht um einen Nachschuß, sondern um eine Nebenleistung aus § 3 Abs. 2 handelt. So z. B. wenn die Gesellschafter zusagen, etwaige Verluste innerhalb der ersten fünf Geschäftsjahre auf Beschluß des Aufsichtsrats durch Nachschüsse zu decken. Dabei ist wieder Auslegungsfrage, ob die Verpflichtung von dem freien Ermessen des Aufsichtsrats derart abhängt, daß sie nur entsteht, wenn dieser will oder ob hierdurch bereits ein durch die Gläubiger (und den Konkursverwalter) ausübbares Recht gegeben ist. In einem solchen Falle wird bei erfolgter Zahlung auch bilanzmäßig kein Nachschußkapital ausgewiesen werden dürfen. Ebenso zu beurteilen ist der Fall, daß die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag die Haftung für alle Schulden der Gesellschaft übernehmen (vgl. Vorbemerkungen Rdn. 3). (220)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
e) Freiwillige Leistungen In gleicher Weise liegt kein „Nachschuß" vor, wenn die Gesellschafter frei- 14 willig und ohne Verpflichtung aus dem Gesellschaftsvertrage Leistungen erbringen (Zuschüsse, Zubußen); oft geschieht dies in der Form des Forderungserlasses. Solche Zuschüsse werden entweder zur Sanierung oder auch zur Vermeidung der formellen Überschuldung der Gesellschaft gegeben; sie werden endgültig hingegeben (verlorene Zuschüsse) oder werden mit einem sogen. Besserungsschein verbunden (vgl. Erl. zu §§ 63 und 64). Solche freiwilligen Leistungen, die nicht Nachschüsse sind, können auch nicht als Nachschußkapital passiviert werden (§ 42 Nr. 4). Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages ist zur Leistung solcher Zuschüsse nicht erforderlich. Noch weniger liegt ein Nachschuß vor, wenn die Zuzahlung auf einen Geschäftsanteil erfolgt, um ihn in einen Vorzugsgeschäftsanteil umzuwandeln (§ 5, 141; RFH 1 71, 73; dazu Hachenburg JW 1919, 848; RGZ 81 368). Es ist bei echten Zuschüssen 2ulässig, später wieder durch Mehrheitsbeschluß die Rückzahlung dieser Beträge zu beschließen, wobei nicht § 30 Abs. 2, sondern § 30 Abs. 1 Anwendung findet (§ 30, 59; Sudhoff GmbH S. 148; Scholas 1; mißverständlich RG LZ 1917 927, wonach § 30 auf solche Rückzahlungen keine Anwendung finden soll). II. Die formellen Bestimmungen über die Nachschußpflicht (Abs. 1) 1. Regelung im Gesellschaftsvertrag Die Nachschußpflicht besteht nur, wenn sie im Gesellschaftsvertrag vorge- 15 sehen ist (§ 26 Abs. 1). Insofern ist § 26 Abs. 1 zwingender Natur (Baumbach-Hueek 1; oben Rdn. 9). Es genügt, wenn die Nachschußpflicht später durch Satzungsänderung (§ 53) eingeführt wird, sofern der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag sie nicht vorsah. Da die Nachschußpflicht eine Vermehrung der den Gesellschaftern obliegenden Leistung darstellt, ist auch die Zustimmung aller beteiligten Gesellschafter nach §53 Abs. 3 erforderlich {Baumbach-Hueck 2A; Scholz-Fischer 3; vgl. RGZ 81 368; RFH 1 71, 73; § 3, 56; Erl. zu § 53). Hieraus folgt: die Satzungsänderung als solche muß nicht einstimmig beschlossen werden, wohl aber muß die Zustimmung aller mit der Nachschußpflicht belasteten Gesellschafter vorhanden sein; diese kann auch nachträglich erklärt werden (Schol^ 2). Der Registerrichter darf den Beschluß, der im Wege der Änderung des Gesellschaftsvertrages die Nachschußpflicht einführt, nur zurückweisen, wenn nicht alle nachschußpflichtigen Gesellschafter zustimmen. Daß alle den Beschluß faßten, kann er nicht verlangen. Über die Unwirksamkeit des Beschlusses mangels der Zustimmung vgl. § 14, 21. Über die Voraussetzungen zur Umwandlung einer beschränkten Nachschußpflicht in die unbeschränkte oder umgekehrt siehe unten Rdn. 24. Zulässig ist es, wenn der Gesellschaftsvertrag über die Beschlußfassung durch die Gesellschafter hinaus (hierzu Rdn. 16) noch weitere Erfordernisse für die Einforderung der Nachschüsse vorsieht. Solche gesellschaftsvertraglichen Regeln sind den fakultativen Bestandteilen des Gesellschaftsvertrages zuzurechnen (§ 23, 41). Es kann z. B. vorgesehen werden, daß Nachschüsse nur eingefordert werden sollen, wenn die Gesellschaft eine Unterbilanz hat oder wenn die Gesellschaft eine bestimmte weitere Investition vornimmt; zweckmäßigerweise werden solche Satzungsbestimmungen mit dem weiteren Erfordernis einer qualifizierten Stimmenmehrheit (unten Rdn. 17) verknüpft. Schließlich können auch rein formale Bestimmungen betreffend die Einforderung von Nachschüssen getroffen werden: z. B. Einforderung nur durch (221)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
eingeschriebenen Brief oder Einhaltung bestimmter Fristen zwischen Einforderung und Einzahlung. Schließlich kann der Gesellschaftsvertrag auch — abgesehen von den gesetzlichen Regeln der §§ 26—28 — vorsehen, daß sich an die Nichdeistung eingeforderter Nachschüsse bestimmte Rechtsfolgen knüpfen (Verzugszinsen, Vertragsstrafe, Ausschließung aus der Gesellschaft, Einziehung des Geschäftsanteils). 2. Zusätzlicher Gesellschafterbeschluß 16
a) Neben der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung ist ein Gesellschafterbeschluß erforderlich. Diese Beschlußfassung soll, wie sich aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 ergibt, zunächst im Gesellschaftsvertrage zugelassen sein (vgl. Rdn. 15); doch ist nichts dagegen einzuwenden, wenn die Gesellschafter ad hoc die Satzung ändern und gleichzeitig die Einforderung der Nachschüsse beschließen (so der Fall in RGZ 81 368). Es genügt ferner, wenn die Satzung nur bestimmt: „Nachschüsse bis zu einer Höhe von DM 1 Mio. sind zulässig"; ein Gesellschafterbeschluß ist auch dann erforderlich. Ist die Nachschußpflicht begründet (oben Rdn. 15), so können die Gesellschafter die Einforderung auch dann beschließen, wenn die Gesellschaft die Nachschüsse nicht benötigt; jedenfalls hat der einzelne Gesellschafter (insbesondere der überstimmte) deswegen keine Anfechtungsmöglichkeit des Beschlusses (Baumbach-Hueck 2B; Scholz 3). Vor der Fassung des Gesellschafterbeschlusses besteht der Anspruch auf Zahlung der Nachschüsse nicht. Er kann also auch von einem Gläubiger weder erzwungen noch gepfändet werden noch ist er bis dahin übertragbar (Scholz 3-, Vogel 3; Baumbach-Hueck 2B). Im Konkurse kann der Konkursverwalter einen Anspruch auf Nachschüsse gegen die Gesellschafter nicht geltend machen, ehe die Gesellschafter die Einforderung beschlossen haben (so auch Scholz 3). Mit dem Beschluß der Gesellschafterversammlung entsteht die Forderung auf die Nachschüsse (RGZ 70 326 (330)). Bestimmt der Beschluß keinen anderen Zeitpunkt, so ist der Nachschuß sofort fällig (Baumbach-Hueck 2B). Von der Beschlußfassung ab gehört der Anspruch zu den Aktiven der Gesellschaft, soweit nicht ein Abandonrecht besteht (§ 42 Nr. 3). Die Gläubiger können diesen Anspruch pfänden. Im Konkurse kann ihn der Konkursverwalter einziehen, im Liquidationsstadium der Liquidator. Ihnen gegenüber können die auf Zahlung in Anspruch genommenen Gesellschafter allerdings einwenden, daß die Geltendmachung zur Abwicklung nicht erforderlich sei (Scholz 3; vgl. Erl. zu §§ 63 und 70).
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b) Für den Beschluß genügt — mangels abweichender Satzungsbestimmung — einfache Stimmenmehrheit (§§ 45, 47ff.). Die Beschlußfassung selbst aber kann einem anderen Organ nicht übertragen werden (dies ist h. M. im Anschluß an RGZ 70 331, Vogel 3; Baumbach-Hueck 2B, Scholz 3). Denn nach h. M. gehört § 26 — neben §§ 53, 60 Nr. 2, 66 — zu den zwingend durch das Gesetz den Gesellschaftern übertragenen (vorbehaltenen) Aufgaben (Baumbach-Hueck §46, l a ; Scholz3» ScholzFischer § 46, 2; Feine S. 509). Dies ergibt sich nicht nur aus § 26 Abs. 1, sondern auch aus der Tatsache, daß in § 46 Nr. 2 und 3 nicht die Einforderung von Nachschüssen — mit der Folge der Möglichkeit abweichender Satzungsbestimmung — geregelt ist. Die Nachschußpflicht ist in den Willen der Gesellschafter gestellt. Der Beschluß über die Einforderung von Nachschüssen ist nach den allgemeinen Regeln anfechtbar (Anhang zu § 47). Streitigkeiten über Bestehen, Inhalt und Um(222)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
fang von Nachschußpflichten eignen sich besonders für schiedsvertragliche Vereinbarungen, da die Nachschußpflicht ohnehin vom Willen der Gesellschafter abhängig ist. c) Ist jedoch in einem Gesellschaftsvertrag die Beschlußfassung einem anderen 18 Organ als den Gesellschaftern übertragen, so bewirkt dies noch nicht ohne weiteres die Unwirksamkeit der Bestimmungen über die Nachschußpflicht. Vielmehr ist der Gesellschaftsvertrag entsprechend den in § 2, 119ff.aufgestellten Grundsätzen auszulegen, wobei hier die Grundsätze für die Auslegung körperschaftlicher Bestimmungen in Betracht kommen (vgl. § 2,123), da die Nachschußpflicht von den Gesellschaftern nur im Gesellschaftsvertrag und nicht außerhalb desselben geregelt werden kann. Die Auslegung kann im hier vorliegenden Fall (Uberweisung an ein anderes Organ) ergeben, daß die Gesellschafter trotz Verwendung des Wortes „Nachschuß" eine nach § 3 Abs. 2 zu beurteilende Leistungspflicht beabsichtigen (vgl. oben Rdn. 13 und 14). Wollten sie eine echte Nachschußpflicht, so ist zu prüfen, ob die Überweisung der Beschlußfassung an Aufsichtsrat oder Geschäftsführer, ein wesentliches Moment bildet, ohne das die Nachschußpflicht nicht übernommen werden sollte. Ist dies nicht der Fall, so bleibt die statutarische Bestimmung über die Nachschußpflicht als solche in Kraft. Es bleibt aber bei der dem Gesetze entsprechenden Einforderung durch die Gesellschafter. Das RG (RGZ 70 326 = JW 1900 232) hat die Nichtigkeit der ganzen Bestimmung über die Nachschußpflicht bei Übertragung des Beschlusses der Einforderung an den Aufsichtsrat ausgesprochen. Die Gründe befassen sich hauptsächlich mit dem Nachweise, daß eine Übertragung der Einrufung an den Aufsichtsrat unzulässig sei und daß § 26 Abs. 1 zwingendes Recht enthalte. Die strittige Frage, ob die ganze Bestimmung oder nur die Bestimmung eines ungesetzlichen Organs ungültig sei, müsse im ersten Sinne beantwortet werden. Es lasse sich die Nachschußpflicht von dem Organ, welches die Pflicht allein zum Entstehen bringen könne, nicht trennen. Wenn hierbei das RG sagen wollte, daß stets aus der Überweisung der Einforderung an den Auf sichtsrat die Ungültigkeit der ganzen Bestimmung über die Nachschüsse folgt, so wäre dem nicht beizustimmen. Die Regel des § 139 BGB muß auch hier gelten (so auch Schol% 3, BaumbachHueck 2 B; zu weitgehend Brodmann'S). Es will aber auch offenbar das RG diese nicht ausschließen; dies ergibt sich auch aus dem Hinweis des RG, daß Gründungsverträge der Auslegung nach §§ 133, 137 BGB zugänglich sind (vgl. § 2,119). d) Der Inhalt des Gesellschafterbeschlusses kann die Einzahlungen der Nach- 19 schüsse im Einzelnen regeln, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag solche Regelungen enthält. Er sollte insbesondere die Fälligkeit der Nachschüsse, kann aber auch weitere Modalitäten der Einziehung enthalten. Es kann der Nachschuß nach den Bedürfnissen der Gesellschaft oder wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, eingefordert werden. Es können auch über die Art der Einforderung (durch Brief, öffentliche Bekanntmachung) Bestimmungen getroffen werden. Für die Folgen des Verzuges, insbesondere die Höhe der Zinsen, Konventionalstrafe usw. ist dies nur dann statthaft, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht (oben Rdn. 15). Im Beschluß über die Einforderung der Nachschüsse können zugleich Bestimmungen über deren Rückzahlung getroffen werden. Dann liegt in diesem Beschluß auch ein solcher nach § 46 Abs. 3. Allerdings muß der Beschluß insoweit die gesetzliche Regelung des § 30 Abs. 2 berücksichtigen. 3. Die Durchführung des Gesellschafterbeschlusses über die Einziehung der 20 Nachschüsse obliegt den Geschäftsführern. Sie haben hierbei den Gesellschafts(223)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
vertrag, den Einziehungsbeschluß und sonstige Weisungen (hierzu Erl. zu § 45) zu beachten. 21
4. In der Regel muß das gesamte Stammkapital bereits eingefordert sein. Zwar bezeichnet das Gesetz in § 26 Abs. 1 die „Nachschüsse" als „weitere Einzahlungen". Von solchen könnte logischerweise nur gesprochen werden, wenn die Stammeinlagen bereits voll bezahlt sind. Die richtige Auslegung gewinnt man aber aus § 28 Abs. 2. Danach kann im Gesellschaftsvertrag eine Einforderung von Nachschüssen unter bestimmten Voraussetzungen schon vor vollständiger Einforderung der Stammeinlagen gestattet werden. Das Gesetz will also die Einforderung von Nachschüssen grundsätzlich nur vor der Einforderung der gesamten Stammeinlagen verbieten, nicht aber deren vollständige Einzahlung verlangen. Das RG (RGZ 87 179) betont die Zweckmäßigkeitsgründe, welche für diese Auslegung des Gesetzes sprechen; die h. M. hat sich dieser Gesetzesauslegung angeschlossen (Hachenburg JW 1916 124; Baumbach-Hueck 2B; Schol^ 3; Sudhoff GmbH S. 149; Scholz-Fischer 3). Danach gilt: sowohl bei der beschränkten als auch bei der unbeschränkten Nachschußpflicht ist die Einforderung von Nachschüssen nur zulässig, wenn die Stammeinlagen vollständig eingefordert sind, also nicht erst dann, wenn die Einziehung (Einzahlung) der Stammeinlagebeträge durchgeführt ist. Eine Ausnahme (§ 26 Abs. 3) gilt nur für die beschränkte Nachschußpflicht, wenn die Zahlung nach §§ 21 bis 23 erzwungen werden kann (diese Voraussetzung fehlt im RegE für das neue GmbH-Gesetz, §§ 42 Abs. 2 und 43) und der Gesellschaftsvertrag eine noch frühere (vor der vollständigen Einforderung der Stammeinlagen liegende) Einforderung der Nachschüsse zuläßt. Bei unbeschränkter Nachschußpflicht gibt es wegen des Preisgaberechts nach § 27 keine solche Ausnahme (hierzu vgl. auch für die Reform Begr. S. 107). III. Das Verhältnis der Nachschußpflichten zu den Geschäftsanteilen (Abs. 2) 1. Dispositive Vorschrift
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Der Wordaut des § 26 Abs. 2 wie auch Ausführungen in den Motiven (S. 58) könnten dazu führen, anzunehmen, daß Nachschußpflichten gesellschaftsvertraglich nur im Verhältnis der Geschäftsanteile festgelegt werden dürfen. Die h. M. geht aber mit Recht davon aus, daß der Gesellschaftsvertrag von der gesetzlichen Regelung der anteilsmäßigen (im Verhältnis der Geschäftsanteile) Heranziehung zur Nachschußpflicht abweichen darf {Scholas 1; Baumbach-Hueck 3A; Scholz-Fischer 3; Vogel 5; Sudhoff GmbH S. 149). Diese Auslegung rechtfertigt sich schon allein deshalb:, weil die Einführung der Nachschußpflicht überhaupt fakultativ ist (oben Rdn. 6) und Verzicht, Stundung, Nachlaß, die gemäß § 19 zwingend bei Stammeinlagen verboten sind, bei Nachschüssen zulässig sind (RGZ 133 298; unten Rdn. 28). Schon deshalb sind keine Gründe ersichtlich, § 26 Abs. 2 zwingenden Charakter beizulegen (der RegE § 42 Abs. 3 stellt dies klar, indem er ausdrücklich abweichende Satzungsbestimmungen zuläßt). Von der Praxis her gesehen, kann eine unterschiedliche Nachschuß-Verteilung unter die Gesellschafter durchaus sinnvoll sein. Enthält der Gesellschaftsvertrag allerdings keine Bestimmungen darüber, nach welchem Verhältnis die Nachschüsse aufzubringen sind, so bleibt es bei der gesetzlichen Regelung, wonach diese im Verhältnis der Geschäftsanteile einzufordern und einzuzahlen sind. (224)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
Die vom Verhältnis der Geschäftsanteile abweichende Nachschußpflicht-Aufteilung unter die Gesellschafter kann im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden und wirft dann keine weiteren Probleme auf; wegen der Einführung durch Satzungsänderung vgl. unten Rdn. 23. 2. Gleichmäßige Behandlung Trotz des dispositiven Charakters der Vorschrift des § 26 Abs. 2, ist der Grund- 23 satz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter (hierzu § 14, 18—21) zu beachten. Dies ist ebenfalls h. M. (Baumbach-Hueck 3A; Scholz-Fischer 3; Scholz 7; G. Häusler, Lastentragung und Gewinnverteilung bei der GmbH, Diss. Bonn 1965 42). Dieser Gleichheitsgrundsatz wirkt sich in der hier zu behandelnden Frage wie folgt aus: der Einforderungsbeschluß auf die gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Nachschußverpflichtungen muß — entsprechend dem dort vorgesehenen Verhältnis (oben Rdn. 22) — alle Gesellschafter gleichmäßig heranziehen, z. B. es sind 50% der insgesamt vorgesehenen Nachschußpflicht einzufordern; bei jedem Gesellschafter sind alsdann 50% seiner Nachschußpflicht anzufordern. Wird in einem anderen Verhältnis eingefordert, so kann der so in Anspruch genommene Gesellschafter die Zahlung insoweit verweigern {Baumbach-Hueck 3A; Schols^ 11), es sei denn, die Gesellschafter hätten einstimming den Einforderungsbeschluß gefaßt. Ferner spielt der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter eine Rolle, wenn der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag keine oder eine gleichmäßige Nachschußpflicht enthält und eine ungleichmäßige Nachschußverpflichtung durch Satzungsänderung eingeführt werden soll. Neben der Zustimmung des durch die Nachschußpflicht betroffenen Gesellschafters (oben Rdn. 15) ist auch die Zustimmung zur ungleichmäßigen Behandlung erforderlich; beide Zustimmungen werden in der Regel zusammenfallen. Sieht aber die Satzungsänderung vor, daß nur einzelne Gesellschafter überhaupt nachschußpflichtig werden sollen, so ist neben den allgemeinen Voraussetzungen für eine solche Satzungsänderung (§ 53 Abs. 1 und 2) die Zustimmung aller nachschußpflichtigen Gesellschafter gemäß § 53 Abs. 3 notwendig. Gesellschafter, die nicht zur Nachschußpflicht zugelassen werden, können ggf. den satzungsändernden Beschluß anfechten (Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, vgl. § 14, 21). Die hier dargestellten Grundsätze gelten auch, wenn bei Neueinführung der Nachschußpflicht bestimmte Rechtsfolgen die Gesellschafter ungleichmäßig treffen, z. B. wenn alle Gesellschafter bei Nichteinzahlung der Nachschüsse seitens einiger eine Ausfallhaftung (Bürgschaft) übernehmen und sie daher von den Nachschüssen insgesamt mehr trifft, als ihrem Geschäftsanteil entspricht. IV. Beschränkung der Nachschußpflicht im Gesellschaftsvertrag (Abs. 3) 1. §26 Abs. 3 begründet die Möglichkeit, im Gesellschafitsvertrag nur eine 24 beschränkte Nachschußpflicht vorzusehen. Die Beschränkung kann im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag enthalten sein. Es kann aber auch eine unbeschränkte Nachschußpflicht durch Abänderung des Gesellschaftsvertrages beschränkt werden. Darin liegt zwar keine Vermehrung der den Gesellschaftern obliegenden Leistungen im Sinne von § 53 Abs. 3; da aber die Gesellschafter als Folge der beschränkten Nachschußpflicht ihr in § 27 eingeräumtes Preisgaberecht verlieren, ist die Zustimmung der betroffenen Gesellschafter doch erforderlich [Baumbach-Hueck 4; Brodmann (225)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
3; Scholz § 53, 24; Feine S. 321). Für den Übergang von der beschränkten zur unbeschränkten Nachschußpflicht muß desgleichen die Vorschrift des § 53 Abs. 3 beachtet werden; hier handelt es sich um eine echte Vermehrung von Leistungen. Ist die beschränkte Nachschußpflicht im Gesellschaftsvertrag eingeführt, so gilt im übrigen § 28 (s. die Erl. zu § 28); es herrscht weitgehende Gestaltungsfreiheit. Zu der Frage, ob sich die Gesellschafter für die Einführung einer beschränkten Nachschußpflicht entscheiden sollten, vgl. Vorbem. Rdn. 3. 25
2. Der Gesellschaftsvertrag muß die Beschränkung auf einen bestimmten Betrag vorsehen. Das kann geschehen durch Festsetzung eines festen Betrages pro Gesellschafter oder pro Stammeinlage oder durch Fixierung eines Höchstbetrages der gesamten Nachschüsse. Statt eines festen Betrages kann auch ein fester Prozentsatz der Stammeinlage gewählt werden. Auch eine rechnerische Anknüpfung an das Stammkapital ist zulässig; da jede Kapitalveränderung hier die Nachschußpflicht berührt, ist § 53 Abs. 3 zu beachten. Ist ein Höchstbetrag der Nachschußpflicht in einem Betrag festgesetzt, so wird der Gesellschaftsvertrag in der Regel die Aufteilung unter die Gesellschafter (meist entsprechend § 26 Abs. 2) nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile vorsehen. Fehlt es an einer solchen Regelung, so gilt das Verhältnis nach § 26 Abs. 2. Hierzu ein Beispiel: Beträgt der Geschäftsanteil A 10000 DM, der Geschäftsanteil B 30000 DM, und beträgt die statutarische Nachschußpflicht insgesamt DM 20000, so hat A also 5000 DM und B % also 15000 DM nachzuschießen. Entsprechend dem dispositiven Charakter der Vorschrift des Abs. 2 (oben Rdn. 22 und 23) kann bei der beschränkten Nachschußpflicht die Belastung auf die Gesellschafter ungleichmäßig verteilt werden; nur muß sich dies aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben. Eine Satzungsregelung, insbesondere, wenn sie vom § 26 Abs. 2 abweicht, sollte so klar sein, daß jeder Gesellschafter seinen Nachschußanteil berechnen kann (Scholz 8; Brodmann § 28,1). V. Einzelfragen 1. Die haftenden Gesellschafter
26
Für die beschlossenen Nachschüsse haften diejenigen Personen, welche zur Zeit des Eintritts der Fälligkeit der Nachschußforderung (vgl. oben Rdn. 16 u. 19) der Gesellschaft gegenüber Gesellschafter sind. Das sind die ersten Gesellschafter oder diejenigen Rechtsnachfolger, welche gemäß des § 16 der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter zu betrachten sind. Wer zu dieser Zeit der Gesellschaft gegenüber Gesellschafter ist, haftet für den Nachschuß. Wer nach dieser Zeit aufhört, als Gesellschafter zu gelten, haftet noch für den beschlossenen und zur Zeit der Anmeldung fälligen Nachschuß. Dies ist dann eine rückständige Pflicht (§16 Abs. 3). Neben ihm haftet, wer nunmehr der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter gilt. Für später beschlossene oder beschlossene, aber später fällig gewordene Nachschüsse haftet ein früherer Gesellschafter nicht, wenn die Veräußerung vor dem Nachschußbeschlusse oder vor Fälligkeit angemeldet wurde (wie hier Schol^ 6; BaumbachHueck 3B; Vogel4). Die Nachschußpflicht belastet auch eigene Geschäftsantiele der GmbH; nur kommt sie hier infolge Konfusion nicht zum Tragen (GmbH-Rdsch. 1960 175). Wirtschaftlich gesehen, könnte der GmbH auch von außen her kein Nachschuß(226)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
kapital zufließen. Ob die übrigen Gesellschafter etwa die auf die eigenen Anteile entfallende Quote der Nachschußpflicht zusätzlich zu ihrer eigenen Verpflichtung zu tragen haben, hängt vom Wortlaut oder der Auslegung des Gesellschaftsvertraees ab (vgl. unten Rdn. 27). 2. Unmittelbare Haftung Die Haftung ist eine unmittelbare. Sie setzt nicht voraus, daß der Geschäftsanteil 27 des in Anspruch genommenen Gesellschafters vorher kaduziert •wird. Der Gesellschafter haftet mit seinem ganzen Vermögen (Baumbach-Hueck 3B; Schol^ 9; Vogel5). Er hat in der Regel (vgl. § 28 Abs. 1) zwar nicht zu gewärtigen, daß sein Geschäftsanteil wegen Nichtzahlung des Nachschusses kaduziert wird. Aber er muß die Zwangsvollstreckung in sein ganzes Vermögen hinnehmen, und demgemäß auch in den Geschäftsanteil. Jeder Gesellschafter haftet allein für den auf ihn entfallenden Anteil an dem beschlossenen Nachschußbetrage. Eine Kollektivhaftung gemäß § 24 findet hier nicht statt (Baumbach-Hueck 1; Scholz 7). Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Anteil des beschlossenen Nachschußbetrages nicht beigetrieben werden, so fällt dieser Betrag aus. Eine Verteilung auf die übrigen Gesellschafter tritt nicht ein, jedoch kann der Gesellschaftsvertrag hier abweichende Regelungen vorsehen (vgl. oben Rdn. 15 sowie die Erl. zu §§ 27 und 28). Insbesondere kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, daß alle übrigen Gesellschafter oder bestimmte Gruppen von Gesellschaftern für Ausfälle von Nachschüssen anderer Gesellschafter wie Bürgen oder entsprechend § 24 einzustehen haben. 3. Keine Anwendbarkeit des § 19 Abs. 2 Die von der Stammeinlagepflicht unterschiedliche Rechtsnatur der Nachschuß- 28 pflicht (oben Rdn. 5—7) führt dazu, daß die Bestimmungen des § 19 Abs. 2 auf Nachschüsse keine Anwendung findet. Die Nachschußbeträge können daher den Gesellschaftern gestundet und erlassen werden (so auch Feine S. 322; Scholz 9; BaumbachHueck 3A; RGZ 133 298). Nur wenn der Erlaß der Nachschußforderung gegen § 30 Abs. 1 verstößt, also wenn hierdurch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen wieder vermindert wird, ist er unzulässig. Dies ist dann der Fall, wenn die Einrufung der Nachschüsse zur Beseitigung einer Unterbilanz erfolgt und der Verzicht auf die als Aktivum erscheinende Nachschußforderung diese Unterbilanz wieder herbeiführte. Das ist derselbe Gedanke, der auch zu dem gesetzlichen Verbote der Rückzahlung der Nachschüsse bei andernfalls vorhandener Unterbilanz führte (§ 30 Abs. 2, vgl. § 30, 57ff.). Stundung und Erlaß dürfen andererseits auch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verstoßen (s. oben Rdn. 23; Feine S. 322). Die Gesellschafter können gegen den Anspruch aus der Nachschußpflicht aufrechnen und einen Aufrechnungsvertrag schließen. Sie können sich durch eine Hingabe an Zahlungs Statt befreien. Hierbei haben die Geschäftsführer unter Beobachtung der ihnen obliegenden Sorgfalt zu handeln. Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Nachschüsse ist die dreißigjährige; die Zuständigkeit richtet sich nach § 22 ZPO. 4. Die Folgen der Zahlung und Rückzahlung a) Für den Gesellschafter erhöht sich durch Zahlung des Nachschusses weder sein 29 Geschäftsanteil noch erwächst ihm dadurch ein sonstiges Recht neben diesem (oben (227)
§ 26
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Rdn. 5ff.).Er ist aber am Nachschußkapital in Höhe seiner Einzahlung rechtlich und wirtschaftlich beteiligt; daher ist — mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung — seine Beteiligung (im Verhältnis zum genannten Nachschußkapital) nur eine nominelle; die Nachschußkapitalbeteiligung erstreckt sich — im Unterschied zu seiner Beteiligung am Stammkapital — nicht etwa auch auf das über das Stammkapital hinaus vorhandene Vermögen. 30
b) Nach erfolgte Einzahlung hat der Gesellschafter keinen Anspruch auf Rückzahlung. Diese ist gemäß § 46 Nr. 3 durch die Gesellschafter zu beschließen (dispositives Recht gemäß § 45 Abs. 2). Die Rückzahlung unterliegt der Vorschrift des § 30 Abs. 2 (oben Rdn. 4—8). Eine etwa bei der Einforderung beschlossene Rückzahlungsabrede, wie auch die von den Gesellschaftern beschlossene Rückzahlung, unterliegen ebenfalls der letztgenannten Beschränkung (Schol^ 11). Die Beschränkung der Rückzahlung eingezahlter Nachschüsse beruht auf dem Grundgedanken des § 30 Abs. 1 der Erhaltung des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens; §30 Abs. 2 hat diesen Grundgedanken für die Rückzahlung von Nachschüssen im einzelnen geregelt (vgl. § 30 Rdn. 57—69). Wegen der Auswirkung der Verpfändung eines Geschäftsanteils auf rückgezahlte Nachschüsse vgl. Müller GmbH-Rdsch. 1969 37. VI. Steuerfragen 1. Verkehrsteuern
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Das Kapitalverkehrsteuergesetz 1972 (KVStG 1972) in der Fassung des Gesetzes vom 17. November 1972 (BStBl. I, S. 2129) (vgl. zur Entwicklung der Gesetzgebung Vorauf!. Anm. 1 a sowie Egly, Gesellschaftsteuerkommentar, 3. Auflage 1974, Tz. 1—5) unterwirft in seinem § 2 die Zuführung von Gesellschaftskapital durch die Gesellschafter der Gesellschaftsteuer. Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft, die aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden, werden durch den sog. Nebentatbestand des § 2 Abs. 1 Ziffer 2 KVStG erfaßt. Darunter fallen z. B. Einzahlungen auf ausstehende Stammeinlagen, Nachschüsse, Sonderleistungen nach § 3 Abs. 2 GmbHG (vgl. auch Egly, aaO., Tz. 79, 80). Diesen Leistungen wesentlich ist, daß sie auf dem gesellschaftlichen Verhältnis beruhen. Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft im Rahmen handelsüblicher Austauschverträge unterliegen dagegen nicht der Gesellschaft-, sondern der Umsatzsteuer (Kinnebrock, Kapitalverkehrsteuergesetz, 4. Auflage 1974, Anm. Illb zu § 2). Umgekehrt stellt die Gesellschaftsteuerpflichtigkeit eines Rechtsvorganges einen Grund für die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht dar (§ 4 Ziffer 9 a UStG). Die Leistung muß durch den Gesellschafter in Ausübung seiner Gesellschafterstellung erfolgen. Wird die Leistung erbracht, nachdem die Anteile übertragen worden sind, so ist zu prüfen, ob der Leistungsgrund noch im Gesellschaftsverhältnis Hegt (vgl. BFHE 110, S. 305; Egly aaO. Tz. 79). Wird die Verpflichtung des Gesellschafters zu weiteren Einzahlungen, Nachschüssen usw. aus Mitteln der Gesellschaft selbst abgedeckt, so schließt dies die Gesellschaftsteuerpflicht nicht aus (§ 2 Abs. 1 Ziffer 2 Satz 2 KVStG). Die Abgrenzung zwischen gesellschaftlichen Leistungen und normalen Umsatzgeschäften gewinnt besondere Bedeutung im Rahmen der Besteuerung freiwilliger Leistungen der Gesellschafter nach § 2 Abs. 1 Ziffer 3 und 4 KVStG. Diese frei(228)
Nachschußpflicht (Goerdeler)
§26
willigen Leistungen sind gesellschaftsteuerpflichtig, wenn entweder das Entgelt in der Gewährung erhöhter Gesellschaftsrechte besteht (z. B. Zuzahlung bei Umwandlung in Vorzugsgeschäftsanteile), oder wenn sie geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Die letztere Gruppe von freiwilligen Leistungen ist in § 2 Abs. 1 Ziffer 4 Buchst, a bis d abschließend aufgezählt (vgl. Egly aaO., Tz. 116). Gesellschafterdarlehen sind heute in keinem Fall mehr steuerpflichtig. Der Steuersatz beträgt nach § 9 Abs. 1 Ziffer 2 KVStG ab 1. Januar 1974 1%; die Steuer ermäßigt sich nach § 9 Abs. 2 Ziffer 1 KVStG um 50% bei Kapitalzuführungen zur Deckung einer Uberschuldung oder eines Verlustes am Stammkapital (Sanierungszuschüsse). Die der Gesellschaftsteuer unterliegenden Rechtsvorgänge sind binnen zwei Wochen nach Stattfinden des Rechtsvorganges, die Leistungen i. S. des § 2 Abs. 1 Ziffer 2 KVStG (z. B. Nachschüsse) binnen zwei Wochen nach ihrer Einforderung zur Versteuerung anzumelden (§ 4 KVStDV). Die Entstehung der Steuerschuld regelt § 3 Abs. 1 StAnpG. Zwei Wochen nach ihrer Entstehung wird die Steuerschuld fällig (§ 27 KVStG). 2. Ertragsteuern Gesellschaftliche Einlagen sind, wie schon in § 23, 27 ausgeführt, keine Steuer- 32 Pflichtigen Einnahmen der GmbH; sie sind steuerfreie Kapitaleinzahlungen. Dabei umfaßt der Begriff der gesellschaftlichen Einlage alle durch das Gesellschaftsverhältnis verursachten Kapitalzuwendungen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft (vgl. Herrmann-Heuer Anm. 41 zu § 6 KStG). Von den in Rdn. lOff. bezeichneten Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft sind die Zahlungen auf die Stammeinlage sowie die Nachschüsse gemäß §§ 26ff.ohne weiteres in diesem Sinne gesellschaftliche, und zwar gesellschaftsrechtliche, Einlagen (vgl. Herrmann-Heuer An. 41 zu § 6 KStG). Die übrigen Leistungen (Nebenleistungen nach § 3 Abs. 2, freiwillige gesellschaftliche Beiträge) sind, da sie auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen (vgl. § 3, 54), steuerlich ebenfalls erfolgsneutral zu behandeln; sie stellen im allgemeinen verdeckte Einlagen dar (vgl. Herrmann-Heuer Anm. 53 zu § 6 KStG). Erfolgen die Leistungen der Gesellschafter zur Sanierung der Gesellschaft, so können diese Leistungen als (gesellschaftliche) verdeckte Einlage, sie können aber auch als (betriebliche) Sanierungsmaßnahme anzusehen sein. Entsteht danach im letzteren Fall ein (betrieblicher) Sanierungsgewinn, so ist dieser nach § 11 Nr. 4 KStG ebenfalls körperschaftsteuerfrei. Entgegen der früheren Rechtsprechung des RFH und BFH ist ein solcher Sanierungsgewinn weder mit einem laufenden Verlust noch mit einem Verlustabzug zu verrechnen (so BFH GRS vom 15. Juli 1968, BStBl. 1968 II, 606; hierzu Offerhaus BB 1968, 1113). Werden die Nebenleistungen entgeltlich erbracht (hierzu § 3, 68), so handelt es sich um betriebliche Vorgänge, die das ertragsteuerliche Ergebnis berühren. VII. Bilanzierungsfragen Vgl. hierzu die Erl. zu § 42. Wegen der Probleme, die sich aus der DM-Um- 33 Stellung ergaben, vgl. Voraufl. Anm. 27.
(229)
§ 27
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter §27
Ist die Nachschußpflicht nicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt, so hat jeder Gesellschafter, falls er die Stammeinlage vollständig eingezahlt hat, das Recht, sich von der Zahlung des auf den Geschäftsanteil eingeforderten Nachschusses dadurch zu befreien, daß er innerhalb eines Monats nach der Aufforderung zur Einzahlung den Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Befriedigung aus demselben zur Verfügung stellt. Ebenso kann die Gesellschaft, wenn der Gesellschafter binnen der angegebenen Frist weder von der bezeichneten Befugnis Gebrauch macht noch die Einzahlung leistet, demselben mittels eingeschriebenen Briefes erklären, daß sie den Geschäftsanteil als zur Verfügung gestellt betrachte. Die Gesellschaft hat den Geschäftsanteil innerhalb eines Monats nach der Erklärung des Gesellschafters oder der Gesellschaft im Wege öffentlicher Versteigerung verkaufen zu lassen. Eine andere Art des Verkaufes ist nur mit Zustimmung des Gesellschafters zulässig. Ein nach Deckung der Verkaufskosten und des rückständigen Nachschusses verbleibender Überschuß gebührt dem Gesellschafter. Ist die Befriedigung der Gesellschaft durch den Verkauf nicht zu erlangen, so fällt der Geschäftsanteil der Gesellschaft zu. Dieselbe ist befugt, den Anteil für eigene Rechnung zu veräußern. Im Gesellschaftsvertrage kann die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen auf den Fall beschränkt werden, daß die auf den Geschäftsanteil eingeforderten Nachschüsse einen bestimmten Betrag überschreiten. Übersiebt Rdn.
Rdn. Einleitung Reform I. Voraussetzungen für das Preisgaberecht (Abandon) Abs. 1 1. Allgemeines 2. Volleinzahlung der Stammeinlage 3. Aufforderung zur Nachschußzahlung 4. Leistungsfähigkeit nicht Voraussetzung II. Die Ausübung des Preisgaberechts (Abandonrechts) 1. Allgemeines 2. Regelung im einzelnen
1 2
3 4 6 7
m . Der fingierte Abandon (Abs. 1 Satz 2) 15 IV. Wirkungen der Preisgabe 1. Allgemeines 2. Rechtslage bis zum Verkauf oder Verkaufsversuch 3. Der Verkauf des Geschäftsanteils nach Abs. 2 4. Die Folgen des Verkaufs 5. Erfolgloser Verkauf (Abs. 3) . . . V. Zwingende Natur des § 27
8 9
18 19 21 26 29 35
VI. Preisgabe aller Geschäftsanteile . . . .
36
VII. Die Vorschrift des § 27 Abs. 4 . . . .
37
Einleitung \
Die Nachschußpflicht lastet auf dem Geschäftsanteil; sie verpflichtet den Gesellschafter zur Zahlung aus seinem Vermögen (§ 26, 26 und 27). Er kann sich von dieser weiteren Verpflichtung dadurch befreien, daß er seinen Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Verfügung stellt (Preisgabe oder Abandon). Diese Möglichkeit, die Haftung zu beschränken, hat das Gesetz nur bei unbeschränkter Nachschußpflicht eingeräumt (vgl. Vorbem. zu §§ 26—28, 3). (230)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§27
Diesem Grundkonzept des Gesetzes, das den Gesellschafter von einer unüberschaubaren Inanspruchnahme seines sonstigen Vermögens für Zwecke der Gesellschaft schützt, hat seine Parallele im Bergrecht (preuss. Allgem. Berggesetz § 130). Aus dem zur Verfügung gestellten Geschäftsanteil kann die Gesellschaft durch öffentliche Versteigerung Befriedigung für den angeforderten Nachschuß suchen. Der Gesellschafter verliert einerseits seinen Geschäftsanteil (allerdings noch nicht mit der Preisgabeerklärung, sondern erst mit der Verwertung des abandonnierten Geschäftsanteils), andererseits beschränkt er seine Haftung für die Nachschußpflicht auf den Geschäftsanteil als alleiniges Vollstreckungsobjekt. Dieser in § 27 zum Ausdruck kommende Grundgedanke ist von Rechtsprechung und Literatur fortentwickelt. RGZ 128 1 sieht es z. B. als eine folgerichtige Weiterführung der Bestimmungen des § 27 (und des § 61) an, wenn den Gesellschaftern einer Nebenleistungs-GmbH ein Recht auf Kündigung der Gesellschaft zur Befreiung von einem Dauerschuldverhältnis, das den Gesellschafter ernsthaft belastet, gewährt; aus der Literatur ist vor allem zu erwähnen: Scholz^ Ausschließung und Austritt aus der GmbH, 2. Aufl., Köln 1947 sowie Baumbach-Hueck, 1A). Im einzelnen vgl. Anhang zu § 34. Reform Auch der RegE hält an dem Preisgaberecht bei unbeschränkter Nachschuß- 2 pflicht fest (§ 44 RegE). Dabei soll jedoch zur sinnvollen Verwertung des Geschäftsanteils eine größere Flexibilität durch Gewährung eines gegenüber dem geltenden Recht (§ 27 Abs. 2 Satz 1) weiteren Zeitrahmens geschaffen werden. Im übrigen erfolgen Klarstellungen zu Streitfragen des geltenden Rechts (Begr. S. 108). II. Voraussetzungen für das Preisgaberecht (Abandon) — Abs. 1 1. Allgemeines Die Befreiung von der persönlichen Haftung setzt unbeschränkte Nachschuß- 3 pflicht im Gesellschaftsvertrag voraus (RGZ 81 386 (372). Bei beschränkter Nachschußpflicht ist sie ausgeschlossen, mag die Haftung auch noch so hoch bemessen sein (Baumbach-Hueck 2A). Auch bei unbeschränkter Nachschußpflicht kann die Preisgabe im Gesellschaftsvertrage beschränkt werden; sie tritt nur ein, wenn die eingeforderten Nachschüsse einen bestimmten Betrag überschreiten (Abs. 4). Dann finden auf die Beträge, die den festgesetzten Betrag nicht überschreiten, die Vorschriften der §§ 21—23 Anwendung (§ 28, 4). Für die Frage, ob eine unbeschränkte oder etwa eine beschränkte Nachschußpflicht vorliegt, kommt es auf den Wortlaut des Gesellschaftsvertrages an (hierzu § 26, 24, 25); ggf. ist dessen Bedeutung durch Auslegung zu ermitteln (§ 2, 119). 2. Volleinzahlung der Stammeinlage Weitere Voraussetzung ist, daß der Gesellschafter seine Stammeinlage voll ein- 4 gezahlt hat. Die vollständige Einforderung der Stammeinlagen, die für die Einforderung von Nachschüssen nach dem Gesellschaftsvertrag genügend sein kann (RGZ 87 179; § 26,21), reicht nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut in § 27 Abs. 1 für die Geltendmachung des Preisgaberechts nicht aus. Deshalb ist das (231)
§ 27
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Preisgaberecht in den Fällen ausgeschlossen, in denen nach erfolgter Einforderung des Stammkapitals, aber vor geleisteter Zahlung, die Nachschüsse eingerufen werden. D e r Gesellschafter, der Stammeinlage und Nachschuß bezahlen soll, kann kaduziert werden, bleibt aber zur Zahlung eines fälligen Nachschusses verpflichtet (§ 26, 26); von einer künftigen Nachschußpflicht wird er jedoch befreit (Baumbach-Hueck 2 A ; Scholz 3). Abandonnieren von sich aus kann er nicht. Die Gesellschaft kann statt zu kaduzieren sowohl Einlage als auch Nachschuß einklagen. Erfolgt eine Zahlung ohne Angabe der Schuld, die getilgt werden soll, so ist, als den Absichten des Schuldners und des Gesetzes entsprechend, die Tilgung der Stammeinlagepflicht als gewollt anzusehen. Rückstände von Zinsen oder Vertragsstrafen oder des Agios stehen der Ausübung des Abandonrechts nicht entgegegen (Vogel 3; Scholz 3 ; Baumbach-Hueck 2 A). Ebenso nicht die Nichterfüllung sonstiger Gesellschaftsverbindlichkeiten, z. B . etwaiger Verbindlichkeiten zur Deckung des Fehlbetrages an Einlagen anderer Gesellschafter gemäß § 16 Abs. 3 und § 24 oder an eigenen Einlagen auf einen weiteren Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters. Auch die Volleinzahlung der Stammeinlagen anderer Gesellschafter ist keine Voraussetzung für das Preisgaberecht (Scholz 3)Ein Gesellschafter kann, wenn er auf zwei Geschäftsanteile den Nachschuß schuldig ist, auf den einen den Nachschuß zahlen und den anderen abandonnieren (Scholz 1 ; Baumbach-Hueck 1 B und 2 B ; Feine S. 324). Die Preisgabeerklärung des Gesellschafters muß deutlich erkennen lassen, auf welchen Geschäftsanteil sie sich bezieht; ist sie unklar, so kann sie sich im Zweifel auf alle Anteile des Gesellschafters beziehen. Hat ein Gesellschafter nur einen Geschäftsanteil, so kann er diesen wegen § 17 Abs. 6 nicht teilen, um dann den einen Teil zu abandonnieren und den anderen zu behalten. Insoweit als er die Nachschußpflicht nicht erfüllen kann, muß er im Rahmen des § 17 nach vollzogener Teilung einen Teil seines Geschäftsanteils, auf den dann ein entsprechender Teil der Nachschußpflicht lastet (vgl. Erl. zu § 17), veräußern. § 27 Abs. 1 spricht v o n der vollständigen „Einzahlung" der Stammeinlagen und geht damit von noch offenstehenden Bareinlagen aus. Sacheinlagen sind nämlich v o r der Anmeldung der Gesellschaft zu bewirken (§ 5, 22), so daß diese nicht mehr ausstehend sein können. Bei einer Mischeinlage aus Sach- und Geldwerten kann die Bareinlage noch teilweise offen sein (§ 5, 98, § 7, 25 und 46). 5 Maßgebend ist der Zeitpunkt der Preisgabeerklärung. Die Abandonnierung ist nur wirksam, wenn spätestens gleichzeitig mit ihr die Zahlung der rückständigen Stammeinlage erfolgt. Nachholen derselben macht die Abandonerklärung nur wirksam, falls sie innerhalb der Frist erfolgt (Scholz Baumbach-Hueck 2 A ) . Eine Preisgabe vor Volleinzahlung der Stammeinlage ist der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Die Haftung des Gesellschafters beschränkt sich dann nicht auf den Geschäftsanteil. Wird dieser, wenn auch in der irrigen Meinung, es liege ein vollbezahlter Geschäftsanteil vor, versteigert, so ist zwar die Versteigerung gültig (Scholz 3)- Aber die Haftung des Gesellschafters für die Stammeinlage dauert fort. Ob von einer Haftung für den Nachschuß die Rede sein kann, hängt davon ab, ob der Zuschlag auch erfolgen darf, wenn weniger als der Nachschußbetrag geboten ist (vgl. unten Rdn. 29). 3. A u f f o r d e r u n g zur N a c h s c h u ß z a h l u n g 6
Schließlich ist Voraussetzung, daß der Gesellschafter zur Zahlung des Nachschusses aufgefordert worden ist. Dieser „Aufforderung zur Zahlung" muß, wie (232)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdelet)
§27
sich aus § 26 Abs. 1 ergibt, immer ein Gesellschafterbeschluß vorausgegangen sein (§ 26, 16), während die Durchführung des Beschlusses den Geschäftsführern obliegt (§ 26, 20). Es bestehen keine Bedenken, daß ein Gesellschafter bereits nach diesem Gesellschafterbeschluß (§ 26 Abs. 1) und vor der Zahlungsaufforderung (§ 27 Abs. 1) die Preisgabe erklärt (Scholz 4). Die Interessen der Gesellschaft werden hierdurch nicht berührt; vielleicht mag ihr sogar die schnelle Gewißheit für ihre finanziellen Dispositionen erwünscht sein. Die Aufforderung bedarf keiner Form; sie ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Zugang gemäß § 130 BGB). Verhindert der Gesellschafter den Empfang in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise, so gilt sie als zugegangen. Ist der Aufenthalt des zahlungspflichtigen Gesellschafters unbekannt, so kann öffentliche Zustellung nach § 132 Abs. 2 BGB erfolgen. Mit einer Fristbestimmung braucht die Aufforderung zur Zahlung des Nachschusses nicht versehen zu sein (Scholz 4; Baumbach-Hueck 2A). Das Gesetz verlangt in der Aufforderung keinen Hinweis auf das Abandonrecht; in besonders gelagerten Einzelfällen kann es jedoch aus dem Gesichtspunkt der dem Gesellschafter geschuldeten Treuepflicht geboten sein, in die Aufforderung einen entsprechenden Hinweis aufzunehmen (§ 14, 24). 4. Leistungsfähigkeit nicht Voraussetzung Keine Voraussetzung ist die geldliche Leistungsfähigkeit (bzw. Zahlungsun- 7 fähigkeit) des Gesellschafters. Das Preisgaberecht besteht unabhängig hiervon (RGZ 128 1, 17, Baumbach-Hueck 2 C; Vogel 4). II. Die Ausübung des Preisgaberechts (Abandonrechts) 1. Allgemeines Der Gesellschafter kann innerhalb eines Monats nach der Aufforderung zur 8 Einzahlung des Nachschusses den Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Befriedigung aus demselben zur Verfügung stellen. Weitere Voraussetzungen kennt das Gesetz nicht. Es schadet auch nichts, daß der Gesellschafter auf Zahlung des Nachschusses bereits rechtskräftig verurteilt ist. Stellt er nach Rechtskraft der Gesellschaft den Geschäftsanteil zur Verfügung, so steht ihm die Klage nach § 767 ZPO bei dem Prozeßgerichte erster Instanz zu. Nur durch die freiwillige Zahlung erlischt das Abandonrecht. 2. Regelung im einzelnen a) Innerhalb eines Monats ist die Preisgabe zu erklären, nachdem die Auf- 9 forderung zur Einzahlung des Nachschusses durch die Geschäftsführer dem Gesellschafter zugegangen ist (hierzu oben Rdn. 6). Es kommt nicht darauf an, ob die Aufforderung zur Zahlung des Nachschusses eine Frist enthält oder nicht. Immer muß dem Gesellschafter zur Ausübung des Abandonrechts eine einmonatige Frist verbleiben; eine satzungsmäßige Abkürzung dieser Abandonfrist ist nach h. M. unzulässig, eine Verlängerung aber zulässig {Schol^ 4; Baumbach-Hueck 2C). Eine solche Verlängerung kann wohl auch durch satzungsdurchbrechenden Beschluß, der im Gesellschafterbeschluß zur Einforderung des Nachschusses liegen kann (§ 26, 16), ausgesprochen werden. Ob auch in der durch die Geschäftsführer auszusprechenden Aufforderung, den Nachschuß binnen einer länger als auf einen Monat (233)
§ 27
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
berechneten Frist zu zahlen, eine Verlängerung der Abandonfrist liegt, ist eine Auslegungsfrage. In der Regel wird eine solche Verlängerung zu bejahen sein; denn es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter gegenüber einwenden würde, daß die Abandonfrist — trotz der länger laufenden Frist für Zahlung des Nachschusses — nur einen Monat betrage (Schol£ 7). Andererseits kann das Anforderungsschreiben der Geschäftsführer sich auch bezüglich der Frist nicht über den nach § 26 zu fassenden Beschluß der Gesellschafter (§ 26, 16) hinwegsetzen. Wie bei der Kaduzierung bleiben auch hier die Gesellschafter Herr des Verfahrens; jedoch, im Unterschied zur Kaduzierung bedarf es hier keiner „erneuten Aufforderung" i. S. von § 21 (vgl. Erl. zu § 21; wie hier Scholz 4). Wenn die Frist nicht eingehalten wird, so verliert der Gesellschafter das Recht zur Preisgabe. Aber die Gesellschaft kann noch nachträglich darauf eingehen {Becker GmbH-Rdsch. 1925 212; Schol^ 7; Baumbach-Hueck 2C). Sie kann ja auch auf den ganzen Nachschuß verzichten (§ 26, 28). Eine nachträgliche Annahme der Preisgabe durch die Gesellschaft liegt darin, daß die Gesellschaft trotz Versäumnis der Frist die Versteigerung des Geschäftsanteils herbeiführt (Scholz 7). 10 b) Der Gesellschafter muß den Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Befriedigung aus demselben zur Verfügung stellen. Der Inhalt der Erklärung muß diesen Willen deutlich erkennen lassen. Allgemeine Redewendungen wie, daß der Gesellschafter, wenn man solche Ansprüche an ihn stelle, lieber mit der ganzen Sache nichts zu tun haben möchte, und ähnliche Ausdrücke des Unwillens genügen nicht. Eine Form für diese Erklärung ist nicht vorgeschrieben, sie ist an die Gesellschaft — vertreten durch die Geschäftsführer (§ 35) — zu richten. Eingeschriebener Brief wird zweckmäßig sein (vgl. Scholz 8). Hat die Gesellschaft Anteilscheine ausgestellt, so sind diese ihr zurückzugeben (vgl. Anhang zu § 15). 11
c) Die Erklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie ist als solche nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts (§§ 119ff. BGB; Schol^ 8; Baumbach-Hueck 2 C) anfechtbar. Stellt sich heraus, daß eine gültige Nachschußpflicht nicht bestand, so liegt eine ungerechtfertigte Bereicherung der Gesellschaft vor. Der Geschäftsanteil ist zurückzugeben (§ 812 BGB). Ist die Versteigerung des zur Verfügung gestellten Geschäftsanteils jedoch erfolgt, so kann der Geschäftsanteil von dem dritten Ansteigerer nicht zurückverlangt werden {Scholz 8). Denn das mit diesem abgeschlossene Rechtsgeschäft ist der Anfechtung oder Rückforderung nicht unterworfen. Die Erklärung ist im übrigen nicht widerruflich, auch wenn sie vor Ablauf der einmonatigen Frist abgegeben ist. Das ist jetzt h. M. (Vogel 4; Scholz 13; BaumbachHueck 2 C). Das Gesetz verlangt keine Annahmeerklärung der Gesellschaft, sondern knüpft die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 allein an die Preisgabeerklärung.
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d) Der Gesellschafter ist jedoch berechtigt, noch nachträglich vor dem erfolgten Verkauf des Anteils den eingeforderten Nachschuß voll zu zahlen und dadurch den Geschäftsanteil aus der Haftung zu befreien. Denn er ist immer noch Gesellschafter und bezahlt seine Schuld. Einer Rückübertragung des Geschäftsanteils auf den Gesellschafter bedarf es nicht; er ist und bleibt Gesellschafter (Baumbach-Hueck 4 A ; Scholz Feine S. 325). Andererseits braucht auch die Gesellschaft, nachdem der Gesellschafter einmal der Gesellschaft den Geschäftsanteil zur Verfügung gestellt hat, den etwaigen weiteren Teil der einmonatigen Frist nicht abzuwarten, sondern kann sofort zum Verkauf schreiten. Durch die Abandonerklärung wird die Nachschußschuld nicht getilgt, vielmehr „befreit" die Erklärung den Gesellschafter (234)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§27
nur von seiner persönlichen Verpflichtung zur Nachschußzahlung. Es liegt keine Hingabe an Erfüllungs Statt vor. Die Gesellschaft ist nur berechtigt, aus dem Geschäftsanteil Befriedigung zu suchen (vgl. oben Rdn. 1). e) Berechtigt, die Erklärung abzugeben, ist der, der im Zeitpunkt der Abgabe 13 der Abandonerklärung gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter gilt (§ 16), also derjenige, den die Nachschußpflicht trifft (§ 26, 26). War der Erwerber bereits angemeldet, so kann nur er abandonnieren, obwohl u. U. der Veräußerer gem. § 16 Abs. 3 für die zur Zeit der Veräußerung rückständige Nachschußforderung weiter haftet (Schoi^ 6; Baumbach-Hueck 2C). War ein Geschäftsanteil nach Einforderung der Nachschüsse verkauft, aber der Übergang des Geschäftsanteils noch nicht gemäß § 16 gemeldet, so kann nur der Abtretende die Preisgabeerklärung abgeben; seine Rechtsbeziehungen zu seinem Rechtsnachfolger richten sich nach den getroffenen Vereinbarungen. Berechtigt, den Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, ist nur der Gesellschafter, nicht aber ein sonst am Geschäftsanteil berechtigter Nießbraucher, Pfandgläubiger usw. Diese können nur den Abandon durch Zahlung des Nachschusses abwenden. Der Inhaber der elterlichen Gewalt oder der Vormund eines minderjährigen Gesellschafters bedarf keiner Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes zum Abandon (es liegt keiner der Fälle des § 1822 BGB vor). Im Konkurse wird die Verfügung allerdings durch den Konkursverwalter ausgeübt. Steht ein Geschäftsanteil mehreren Personen zu, so haften sie im Rahmen des § 18 solidarisch für den Nachschuß. Sie können nur gemeinschaftlich die Preisgabeerklärung abgeben, dabei müssen sie die Frist des § 27 Abs. 1 wahren (vgl. die Erl. zu § 18). f) Das Abandonrecht kann von der Gesellschaft nicht dadurch vereitelt werden, 14 daß sie mit ihrer Nachschußforderung gegen Ansprüche des Gesellschafters aufrechnet. § 27 gibt dem Gesellschafter das unentziehbare Recht, sich von der Nachschußverpflichtung durch Hingabe seines Geschäftsanteils zu befreien (vgl. unten Rdn. 35). III. Der fingierte Abandon (Abs. 1 Satz 2) Die Gesellschaft erklärt ihrerseits den Geschäftsanteil als zur Verfügung ge- 15 stellt. Man spricht am besten von einem „fingierten Abandon" (so Scholz 9); der Ausdruck „Konfiskation" u. dgl. (so Vorauf!.) wäre unzutreffend, da weder eine Enteignung noch eine Einziehung oder Ausschließung vorliegt. Es gelten für den fingierten Abandon im einzelnen folgende Voraussetzungen: 1. Es muß sich um einen voll einbezahlten Geschäftsanteil handeln (vgl. oben 1£ Rdn. 4). Der Gesellschafter muß zur Einzahlung des Nachschusses aufgefordert worden sein (vgl. oben Rdn. 6). Hinzu kommen muß ferner, daß der Gesellschafter innerhalb der einmonatigen Frist nach der Aufforderung zur Einzahlung des Nachschusses weder von dem Abandonrecht Gebrauch machte noch den Nachschuß zahlte (Scholz 10)2. Die Gesellschaft kann den fingierten Abandon nach ihrem Ermessen er- 17 klären; da die unbeschränkte Haftung des Gesellschafters für den Nachschuß auch mit dieser Preisgabe verloren geht und auch das Risiko besteht, den Geschäftsanteil nicht erfolgreich verwerten zu können, ist die fingierte Preisgabe (nach Abs. 1 Satz 2) besonders sorgfältig zu erwägen. Die Gesellschaft wird sich daher nur dann (235)
§ 27
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
zu diesem Schritt entschließen, wenn sie die Deckung des Nachschusses durch den Erlös aus dem Geschäftsanteil als zweifelsfrei ansieht oder wenn dieser das einzige Zugriffsobjekt bildet. Das Gesetz hat (laut den Motiven) diese Möglichkeit geschaffen, damit die Gesellschaft sich ohne Zustimmung des säumigen Gesellschafters auf kürzestem Weg aus dem Geschäftsanteil befriedigen kann; der Klageweg mit anschließender Zwangsvollstreckung braucht dann nicht beschritten zu werden {Feine S. 324; Scholz 9). Auch die fingierte Preisgabe ist unwiderruflich {Scholz 11 und 13; Baumbacb-Hueck 3; vgl. oben Rdn. 11). Die Geschäftsführer sind zum Ausspruch des fingierten Abandon nicht verpflichtet; ein Gesellschafterbeschluß ist nicht erforderlich, den Gesellschaftern steht aber auch hier ein Weisungsrecht an die Geschäftsführer zu. Eine zeitliche Grenze, den Abandon auszusprechen, besteht für die Gesellschaft nicht. Solange der eingeforderte Nachschuß nicht bezahlt und der Geschäftsanteil nicht seitens des Gesellschafters nach Abs. 1 Satz 1 preisgegeben ist, hat die Gesellschaft ihrerseits das Recht zum fingierten Abandon nach Satz 2. Die Erklärung des Abandon erfolgt durch eingeschriebenen Brief; dies ist das gesetzliche Mindestfordernis. Zugang an den Gesellschafter ist für die Wirksamkeit dieser Erklärung nötig (Baumbach-Hueck 3). Die von den Geschäftsführern abzugebende Erklärung muß in ihrem Inhalt deutlich zu erkennen geben, daß die Gesellschaft abandonniert, am besten im Gesetzeswortlaut: „daß sie den Geschäftsanteil als zur Verfügung gestellt betrachtet". IV. Die Wirkungen der Preisgabe 1. Allgemeines 18
Die Wirkungen der Preisgabe nach § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 unterscheiden sich nicht. In beiden Fällen steht der Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Verfügung, um mit ihm nach Abs. 2 und 3 zu verfahren. Im einzelnen sind die nachfolgenden Verfahrensabschnitte zu unterscheiden. 2. Rechtslage bis zum Verkauf oder Verkaufsversuch
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a) Der Geschäftsanteil gehört zwar noch dem Gesellschafter, steht aber zur Verfügung der Gesellschaft zu ihrer Befriedigung (h. M. Baumbach-Hueck 4A; Scholz 18; Feine S. 324). Die Rechtslage unterscheidet sich von der, die nach der Kaduzierung eintritt (vgl. Erl. zu § 21). Hieraus folgt, daß bei dem Verfahren nach Abs. 2 der Geschäftsanteil des abandonnierten Gesellschafters veräußert wird. Bis zum Verkauf nach Abs. 2 (bzw. Anfall an die Gesellschaft nach Abs. 3) bleibt der Abandonnierte voll berechtigter und -verpflichteter Gesellschafter; er behält das Gewinn- und Stimmrecht (Scholz 13). Er haftet für alle ihm obliegenden Gesellschafterverbindlichkeiten, für etwaige Verpflichtungen gemäß § 16 Abs. 3 oder §24, für etwaige Verpflichtungen aus §3 Abs. 2 (Baumbach-Hueck 4A; Schol^ 13). Die Frage, ob und wieweit der Gesellschafter für die Nachschußpflicht weiter haftet oder ob diese erloschen ist, bedarf besonderer Betrachtung. Das Gesetz (§ 27 Abs. 1 Satz 1) spricht vom „Recht, sich von der Zahlung des auf den Geschäftsanteil eingeforderten Nachschusses dadurch zu befreien, daß . . D a r a u s folgern wohl Baumbach-Hueck 4D, daß die Nachschußpflicht mit der Preisgabe erlischt. Das ist zu weitgehend; die Preisgabe bewirkt nur, daß der Gesellschafter (236)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§ 27
seine Haftung für den eingeforderten Nachschußbetrag auf den preisgegebenen Geschäftsanteil in Höhe dessen Wertes beschränkt, mit seinem etwaigen übrigen Vermögen haftet er nicht (so Feine S. 325; Scholz 12; Scholz-Fischer 3); in Höhe des Wertes des Geschäftsanteils bleibt also die Nachschußpflicht bestehen, sie kann daher mit der Preisgabe nicht erlöschen. Die h. M. {Feine S. 325; Scholz 12 und auch Baumhach-Hueck 4A), nehmen aus dieser Gesetzesauslegung heraus weiter an, daß der Gesellschafter auch nach erfolgter Preisgabe (nach Satz 1 und 2) noch durch nachträgliche Zahlung des Nachschusses des Geschäftsanteil wieder auslösen kann; der Abandon gilt dann als nicht erfolgt. Ein Erlöschen der Nachschußpflicht tritt erst dann ein, wenn der Anteil nach § 27 Abs. 2 oder 3 verwertet ist (unten Rdn. 27 und 33). Gerät der Gesellschafter nach vollzogener Abandonerklärung in Konkurs, so kann sich die Gesellschaft wegen ihrer Nachschußforderung aus dem preisgegebenen Anteil — im Wege der Absonderung — befriedigen. Pfandrechte Dritter am Geschäftsanteil bleiben trotz Preisgabe bestehen; sie gehen erst mit der Verwertung nach Abs. 2 oder 3 unter (Baumbach-Hueck 5; Scholz 19; vgl. unten Rdn. 26). Wenn Dritte als Bürgen sich für die Nachschußpflicht verbürgt haben, so kommt es für die Frage, ob mit der Preisgabe deren Verpflichtung erlischt, auf den Wortlaut oder die Auslegung ihrer Bürgschaftserklärung an (abw. Vorauf!.). b) Der Geschäftsanteil steht zur Verfügung der Gesellschaft, aamit sie sich aus 20 diesem befriedige. Wie bei der Kaduzierung nach § 21 (vgl. Erl. zu § 21) handelt es sich auch hier um eine Zurverfügungstellung für eine bestimmte Zweckverwendung; die Gesellschaft darf mit dem Geschäftsanteil nur gemäß § 27 Abs. 2 und 3 verfahren (Scholz 13; Vogel 5). Der Gesellschafter begibt sich damit seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil. Daher kann er ihn nicht mehr wirksam veräußern oder belasten. Ebensowenig kann eine wirksame Vollstreckungspfändung erfolgen {Scholz )• Nur durch nachfolgende Zahlung des Nachschusses werden diese Verfügungen und Zugriffe wirksam. 3. Der Verkauf des Geschäftsanteils nach Abs. 2 a) Die Gesellschaft hat das Recht und die Pflicht, den abandonnierten Geschäfts- 21 anteil innerhalb Monatsfrist zu verkaufen {Scholz 14; Feine S. 325). Bei einer Verzögerung haftet die Gesellschaft auf Schadensersatz. Der verzögerte Verkauf bleibt aber gültig. b) Innerhalb eines Monats nach der Erklärung des Gesellschafters oder der 22 Gesellschaft, also nach der Abandonerklärung gemäß Abs. 1 Satz 1 oder 2, muß der Verkauf erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Erklärung zugegangen ist, und zwar beim Abandon seitens des Gesellschafters der Gesellschaft, beim fingierten Abandon (vgl. Rdn. 15) seitens der Gesellschaft dem Gesellschafter; das ist jetzt h. M. {Baumbach-Hueck 4C; Scholz 16; Feine S. 325). Diese Frist, deren wirtschaftliche Zweckmäßigkeit fraglich erscheint, kann durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Vereinbarung mit dem abandonnierten Gesellschafter verlängert werden. Andererseits ist jeder Verkauf innerhalb der Monatsfrist wirksam, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Beim fingierten Abandon (Abs. 1 Satz 2) kann dies für die Gesellschaft dann wertvoll sein, wenn sie einen am Erwerb interessierten Dritten gefunden hat und schnell handeln will. c) Der Verkauf erfolgt im Wege der öffentlichen Versteigerung oder nach 23 Abs. 2 Satz 2 mit Zustimmung des Gesellschafters, der freiwilligen anderweitigen (237)
§ 27
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Verwertung. Die Zustimmung des Gesellschafters 2u einer anderen Art des Verkaufs bedarf keiner Form. Sie kann auch im Gesellschaftsvertrage im voraus erteilt werden. Eine Abänderung der Bestimmung des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrages über Art und Bedingungen des Verkaufs wirkt nur gegen diejenigen, welche ihr zugestimmt haben; dies folgt aus § 53 Abs. 3. Da Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift des § 23 Satz 2 entspricht, kann auf § 23,12fF. verwiesen werden; Gleiches gilt im übrigen für die Durchführung der auch in § 23 Satz 1 angeordneten öffentlichen Versteigerung. 24
d) Jeder, den der Gesellschaftsvertrag nicht ausschließt, kann als Bieter auftreten. Also auch der Gesellschafter selbst und die Gesellschaft, letztere deshalb, weil hier im Unterschied zu §23 die Stammeinlage voll eingezahlt ist (Scholz 15; vgl. hierzu RGZ 98 276). An letztere fällt zwar, falls der Nachschuß nicht erzielt wird, der Geschäftsanteil kraft Gesetzes. Sie kann aber auch sonst ein Interesse daran haben, ihn nicht in fremde Hände kommen zu lassen.
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e) Der Verkauf erfolgt im Namen der Gesellschaft für Rechnung des Gesellschafters (Schol^ 15; Vogel 6; Baumbach-Hueck 4B). Der Geschäftsanteil gehört ihm zur Zeit des Verkaufs (oben Rdn. 19). Daher ist ihm auch der nach Deckung der Verkaufsspesen und des rückständigen Nachschusses verbleibende Überschuß auszuzahlen (Abs. 2 Satz 3). Die Gesellschaft kann dabei sonstige Forderungen an den Gesellschafter zur Aufrechnung stellen. Da der Verkauf im Namen der Gesellschaft erfolgt, haftet sie als Verkäuferin für etwaige Mängel {Schol^ 15). 4. Die Folgen des Verkaufs
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a) Durch die Versteigerung erlöschen die Pfandrechte an dem Geschäftsanteil. Dies ist heute h. M. (Baumbach-Hueck 4C; Scholz 19; Scholz-Fischer 3; Feine S. 325). Wie sich der ausführlichen Darstellung der Vorauf!. (Anm. 20—21) entnehmen läßt, war in der früheren Literatur streitig, ob sich das Pfandrecht Dritter am gesamten Verkaufserlös oder nur am Überschuß (nach Abzug des Nachschußbetrages an die Gesellschaft), der gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 dem Gesellschafter zusteht, fortsetzen würde. Diese Streifrage wird heute von der h. M. in entsprechender Anwendung von §§ 1273, 1247 BGB im letzteren Sinne entschieden (Baumbach-Hueck 4C; ScholzFischer 3; abw. Scholz 19; Brodmann 7). Der h. M. ist zuzustimmen; jedoch ist (wie in der Vorauf!.) eine gewichtige Einschränkung angebracht; bestand das Pfandrecht des Dritten bereits, ehe die Nachschußpflicht bei der Gesellschaft im Wege der Satzungsänderung eingeführt wurde (§ 26, 15), so gebührt nach dem Prinzip der Priorität zunächst dem Dritten das Pfandrecht am gesamten Versteigerungserlös und nicht nur am Überschuß; der Dritte konnte bei Begründung seines Pfandrechts nicht mit den Folgen der Nachschußpflicht rechnen. Ist das Pfandrecht allerdings erst nach der Einführung der Nachschußpflicht begründet, so ist er auf den Uberschuß angewiesen; die Gesellschaft kann sich wegen der Nachschußforderung und ihrer Kosten aus dem Versteigerungserlös dann als erste befriedigen; allerdings darf sie nicht mit anderweitigen Forderungen gegen den Gesellschafter aufrechnen, dies wäre dem Pfandgläubiger gegenüber unwirksam (wie hier Baumbach-Hueck 4C).
27
b) Mit dem Verkaufe hört die Mitgliedschaft des Gesellschafters auf; die Rechtsstellung als Gesellschafter, die trotz der Preisgabe weiterbestand (oben Rdn. 19), wird durch den Verkauf beendet. Der Gesellschafter behält aber die (238)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§ 27
Rechte, die bereits zu selbständigen Forderungen erwachsen sind; so den Anspruch auf fällig gewordene Gewinnansprüche {Feine S. 325; Baumbach-Hueck 4D; Scholz 18). Welche Gewinnansprüche fällig sind, richtet sich nach den Grundsätzen des § 29 (§ 29, 74). Ob dem Gesellschafter ein Gewinnanspruch für das laufende Geschäftsjahr bis zu seinem Ausscheiden als Gesellschafter zusteht, richtet sich ebenfalls nach § 29 und dem Gesellschaftsvertrag (in der Regel entsteht der Gewinnanspruch erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluß). Von den auf dem Geschäftsanteil ruhenden Lasten wird der Gesellschafter frei; er haftet nur im Rahmen des § 16 Abs. 3 weiter. Die nach dem Gesellschaftsvertrag bestehenden Pflichten gehen auf den Erwerber über (unten Rdn. 28). Der bisherige Gesellschafter wird aber von der Nachschußpflicht frei, wegen der sein Geschäftsanteil abandonniert wurde, auch wenn der Verwertungserlös diese Verpflichtung nicht voll deckte (Scholz 18). Seine Nachschußpflicht ist erloschen; das ist der Zweck des Abandons. c) Der Erwerber wird Gesellschafter. Einer Anmeldung seines Erwerbs nach 28 § 16 bedarf es nicht (h. M. Scholz 18). Der Erwerber erhält den Anteil mit allen auf ihm ruhenden Verpflichtungen (wie hier Feine S. 325; Schölt£ 18; Baumbach-Hueck 4D). Für rückständige Leistungen haftet der Erwerber im Rahmen des § 16 Abs. 3. Nur die Nachschußforderung, wegen der abandonniert wurde, geht unter; sie kann als getilgt betrachtet werden; dies ist die Wirkung des Abandons (h. M. Schol^ 18). Die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachschußpflicht als solche bleibt bestehen und betrifft für künftige Einforderungen nunmehr auch den neuen Gesellschafter. Für den Erwerb nach § 27 Abs. 2 gelten nicht etwaige statutarische Erwerbsvorschriften (z. B. Zustimmungserfordernis nach § 15 Abs. 5). 5. Erfolgloser Verkauf (Abs. 3) a) Aus dem Gesetzeswortlaut „Ist die Befriedigung der Gesellschaft durch 29 den Verkauf nicht zu erlangen" hatte eine früher vorherrschende Meinung (vgl. Feine S. 326) geschlossen, daß der Verkauf in der Versteigerung nur vorgenommen werden dürfte, wenn der zu erzielende Erlös den Nachschußbetrag und die Kosten deckt. Nach der heute h. M. (Scholz Baumbach-Hueck 4B; Brodmann 8 und Vorauf!. Anm. 25) kann der Verkauf zu jedem annehmbaren Erlös erfolgen, da die Gesellschaft bei erfolglosem Verkauf ohnehin den Geschäftsanteil erwirbt und dann in der Veräußerung frei wäre. Aber die Gesellschaft braucht andererseits nicht in der Versteigerung den Zuschlag zu erteilen, wenn sie keine volle Deckung erhält. Dann erweist sich schon der erste Verkaufsversuch als erfolglos, und der Gesellschaft fällt der Geschäftsanteil nach Abs. 3 zu (vgl. unten Rdn. 30). Die Geschäftsführer müssen also abwägen, ob sie im Interesse der Gesellschaft besser handeln, wenn sie einem nicht vollbefriedigenden Angebot in der Versteigerung den Vorzug geben oder wenn sie den Anfall des Geschäftsanteils nach § 27 Abs. 3 hinnehmen mit der Chance, später diesen (nunmehr eigenen) Geschäftsanteil günstiger zu verkaufen. b) Der Geschäftsanteil fällt der Gesellschaft zu, sobald die Ergebnislosigkeit 30 eines Verkaufs in diesem Sinne feststeht (§ 27 Abs. 3). Es genügt ein einmaliger Versteigerungsversuch; hierbei kann der Zuschlag auch dann erteilt werden, wenn der Erlös den offenen Nachschußbetrag und die Kosten nicht deckt (oben Rdn. 29). Nach der h. M. kann aber mit Zustimmung des Gesellschafters (§ 27 Abs. 2 Satz 2) auch der Verkaufsversuch unterbleiben, wenn der Versuch aussichtslos erscheint (Baumbach-Hueck 4B; Scholz 15). (239)
§ 27
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Sowohl im Falle der Erfolglosigkeit des Verkaufs als auch der Aussichtslosigkeit eines solchen (mit Zustimmung des Gesellschafters) fällt der Geschäftsanteil in das Eigentum der Gesellschaft. Bei der Aktivierung dieses Anteils in der Bilanz der Gesellschaft ist zu berücksichtigen, daß er — im Gegensatz zu kaduzierten Anteilen — voll einbezahlt ist. Eine Vollstreckung seitens eines Gläubigers der Gesellschaft in den Geschäftsanteil ist möglich. Der Anfall des Geschäftsanteils an die Gesellschaft erfolgt kraft Gesetzes. Eines besonderen Übertragungsaktes und der Anmeldung nach § 16 bedarf es nicht. Es liegt hier einer der Fälle des gesetzlich erlaubten Erwerbes eines eigenen Geschäftsanteils vor. Erfolgte eine Versteigerung, die erfolglos blieb, so tritt der Anfall an die Gesellschaft mit dem Schluß der Versteigerung (Protokollunterzeichnung) ein. Unterblieb die Versteigerung wegen Aussichtslosigkeit, so tritt der Anfall mit Eingang der Zustimmung des Gesellschafters ein (Scholz 15). Mit dem Anfall an die Gesellschaft kann der Gesellschafter nicht mehr durch Zahlung des Nachschußbetrages den schon abandonnierten Geschäftsanteil auslösen (oben Rdn. 19): er müßte von jetzt an den Geschäftsanteil von der Gesellschaft unter Beachtung des § 15 erwerben. c) Mit dem Anfall des Geschäftsanteils an die Gesellschaft nach § 27 Abs. 3 erlöschen etwa auf ihm ruhende Pfandrechte (Feine S. 326; Scholz 20). Die Rechtslage unterscheidet sich nicht von der nach erfolgter Versteigerung an einen Dritten (oben Rdn. 26). Das Pfandrecht Dritter setzt sich auch nicht an einem Erlös fort, den die Gesellschaft etwa bei Weiterverkauf des ihr zugefallenen Anteils (unten Rdn. 32) erzielt. d) Ist der Geschäftsanteil der Gesellschaft zugefallen, so wird er zum eigenen Anteil. Es gelten die allgemeinen Regeln für eigene Geschäftsanteile (vgl. Erl. zu §33). e) Die Wirkung des Anfallens des Geschäftsanteils an die Gesellschaft ist dieselbe wie die der Versteigerung (vgl. oben Rdn. 27). Die Mitgliedschaft des Gesellschafters hört auf. Er verliert alle Rechte an die Gesellschaft mit Ausnahme schuldrechtlicher Ansprüche. Von künftig fällig werdenden Verpflichtungen wird der Gesellschafter frei, für die rückständigen bleibt er haftbar (§16 Abs. 3). Die Nachschußforderung, wegen derer abandonniert wurde, geht unter (oben Rdn. 19 und 27). f) Da die Gesellschaft mit dem Anfall gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 eigene Anteile besitzt, kann sie über diese auch im allgemeinen Rahmen verfügen. Das Gesetz hebt in § 28 Abs. 3 Satz 2 — überflüssigerweise (Scholz 20) — hervor, daß sie befugt sei, die Geschäftsanteile für eigene Rechnung zu veräußern. Im einzelnen gilt: Verkauft die Gesellschaft den Geschäftsanteil, so wird der Erwerber Gesellschafter, auch ohne Anmeldung (Erl. zu § 16; Schob.j 20). Auf den Erwerber gehen die Rechte und Pflichten über, die an dem Geschäftsanteil haften. Insbesondere die Verpflichtung zur Zahlung weiterer Nachschüsse; die Nachschußpflicht, wegen derer abandonniert wurde, bleibt erloschen (oben Rdn. 33). Der Erwerber ist nicht Rechtsnachfolger des früheren Gesellschafters, sondern der Gesellschaft ('BaumbachHueck 5; Scholvj 20); diese Feststellung ist gerade für den Übergang der mit dem Geschäftsanteil verknüpften Verpflichtungen wichtig. V. Zwingende Natur des § 27
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Die Bestimmungen des § 27 über das Abandonrecht sind zwingendes Recht, wenn die Nachschußpflicht eine unbeschränkte ist (vgl. die Klarstellung im neuen (240)
Unbeschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§27
Recht Begr. S. 108). Unzulässig ist nicht nur der unbedingte Ausschluß der Befreiung von der Nachschußpflicht durch Preisgabe des Geschäftsanteils, sondern jede Erschwerung derselben. Ungültig ist also eine Kürzung der Erklärungsfrist und der Verzicht auf die besondere Aufforderung (vgl. oben Rdn. 9). Unzulässig ist, daß die Satzung bei der unbeschränkten Nachschußpflicht ein Kaduzierungsverfahren vorsieht. Die Gesellschaft darf nicht mit dem Nachschußanspruch gegen Ansprüche des Gesellschafters aufrechnen (oben Rdn. 14). Zulässig sind nur die Beschränkungen nach § 27 Abs. 4 (Baumbach-Hueck 1B; Vogel 2; Schölt^ 1; Feine S. 323). Zulässig sind jedoch Satzungsbestimmungen im Rahmen von § 27 Abs. 4, wenn die Folgen der unbeschränkten Nachschußpflicht auf den Fall beschränkt werden soll, daß die eingeforderten Nachschüsse einen bestimmten Betrag überschreiten (hierzu Rdn. 37). VI. Preisgabe aller Geschäftsanteile Das Gesetz trifft keine Bestimmung für den Fall, daß sämtliche Gesellschafter 36 von dem Recht des Abandons Gebrauch machen. Die Frage wird sich wohl selten stellen (vgl. die parallele Problematik für bergrechtliche Gewerkschaften nach dem Preuss. Allgem. Berggesetz von 1865). Es läßt sich hier folgendes sagen: das Recht, seine Haftung auf den Geschäftsanteil zu beschränken, steht jedem Gesellschafter zu. Geben alle Gesellschafter ihre Geschäftsanteile auf, so muß die Gesellschaft, falls es ihr nicht gelingt, neue Mitglieder durch den Verkauf ihrer Geschäftsanteile zu erhalten, liquidiert werden (Scholz 1 > vgl- auch Erl. zu § 33). Die Frage, wer den Überschuß bekommt, wird kaum je praktisch werden. Denn Gesellschaften, bei denen die Verwertung der Anteile noch einen Überschuß erbringt, werden wohl nicht ohne einen Gesellschafter bleiben. VII. Die Vorschrift des § 27 Abs. 4 1. Die Vorschrift regelt die sogen, unbeschränkte Nachschußpflicht mit be- 37 schränktem Preisgaberecht (vgl. Vorbem. Rdn. 3); sie setzt entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag voraus. Wird eine entsprechende Regelung erst im Wege der Satzungsänderung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, so ist § 53 Abs. 3 zu beachten, weil das unbeschränkte Preisgaberecht entfällt (Baumbach-Hueck § 53 3E). 2. § 27 Abs. 4 steht in engem Zusammenhang mit § 28 Abs. 1 Satz 2. Danach finden, soweit die eingeforderten Nachschüsse den bestimmten Betrag nicht überschreiten, die auf die Einzahlung der Stammeinlagen bezüglichen Vorschriften der §§ 21—23 Anwendung, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag ein anderes festsetzt. Der RegE hat beide Regelungen in § 44 Abs. 4 zusammengefaßt. Im übrigen siehe Erl. zu § 28.
(241)
§ 28
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter §28
Ist die Nachschußpflicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt, so finden, wenn im Gesellschaftsvertrage nicht ein anderes festgesetzt ist, im Falle verzögerter Einzahlung von Nachschüssen die auf die Einzahlung der Stammeinlagen bezüglichen Vorschriften der §§ 21 bis 23 entsprechende Anwendung. Das gleiche gilt im Falle des § 27 Absatz 4 auch bei unbeschränkter Nachschußpflicht, soweit die Nachschüsse den im Gesellschaftsvertrage festgesetzten Betrag nicht überschreiten. Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, daß die Einforderung von Nachschüssen, auf deren Zahlung die Vorschriften der §§ 21 bis 23 Anwendung finden, schon vor vollständiger Einforderung der Stammeinlagen zulässig ist. Übersicht Rdn. Einleitung Reform I. Die beschränkte Nachschußpflicht (Abs. 1) 1. Allgemeines 2. §§21 bis 23 entsprechend anwendbar
1 2
3 4
Rdn. 3. Abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag
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4. § 19 Abs. 2 nicht anwendbar . . . .
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II. Die Bestimmung des Abs. 2
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III. Die Bestimmung des Abs. 1 Satz 2 . . 12
Einleitung 1
1. In § 27 ist die unbeschränkte Nachschußpflicht behandelt. Ihr entspricht das Abandonrecht. Den Gegensatz bildet die beschränkte Nachschußpflicht und die unbeschränkte mit beschränktem Abandon (§§ 28, 27 Abs. 4). Vgl. Vorbem. sowie §27,37. 2. Die strenge Durchführung der unbeschränkten Nachschußpflicht kann zu großen Härten führen. Die Gesellschaftermehrheit könnte Nachschüsse in unbeschränktem Betrage beschließen und dadurch unbegrenzte vermögensrechtliche Belastungen der Gesellschafter herbeiführen. Gegen diesen Zustand mußte das Gesetz den Gesellschaftern einen Schutz in der Form des Abandonrechts des § 27 gewähren. Bei der beschränkten Nachschußpflicht liegt dieses Bedürfnis nicht vor. Hier kennt der Gesellschafter von vornherein die Grenzen seiner Verpflichtung, und man kann erwarten, daß er vermögensmäßig entsprechend disponiert. Hier kann ohne unbillige Härten auch beim Nachschuß die gleiche Haftung wie für die Stammeinlage durchgeführt werden (§§ 21—23), d. h. bei Nichtzahlung des Nachschusses können die säumigen Gesellschafter ausgeschlossen werden; doch gibt es hier keine Kollektivhaftung der Gesellschafter (§ 24). Andererseits liegt kein Grund vor, den Gesellschaftern zu verwehren, im Gesellschaftsvertrag die Haftung des § 28 zu beseitigen. Sie können statt dieser eine andere Haftung oder die Rechtsfolgen gemäß § 27 anordnen. Reform
2
Auch der RegE hält an der Möglichkeit der beschränkten Nachschußpflicht sowie der unbeschränkten mit beschränktem Preisgaberecht fest. Infolge der der (242)
Beschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§28
Klarstellung dienenden Übersichtlichkeit wird im RegE die Reihenfolge geändert; dort wird zunächst in § 43 RegE die beschränkte Nachschußpflicht behandelt. Inhaltlich deckt sich das neue mit dem alten Recht. I. Die beschränkte Nachschußpflicht (Abs. 1) 1. Allgemeines Die beschränkte Nachschußpflicht kann im Gesellschaftsvertrag in zwei- 3 facher Form vorgesehen sein; entweder ist die Nachschußpflicht nur auf einen bestimmten Betrag beschränkt oder es ist die beschränkte Nachschußpflicht einer unbeschränkten vorgeschaltet. (Zur gesellschaftsvertraglichen Formulierung der beschränkten Nachschußpflicht: Sudhoff, GmbH S. 497; vgl. § 26, 24 und 25 sowie §27, 3). Eine der beiden Formen der beschränkten Nachschußpflicht muß vorliegen, damit § 28 überhaupt anwendbar ist. 2. §§ 21 bis 23 entsprechend anwendbar Bei beschränkter Nachschußpflicht finden — vorbehaltlich abweichender Rege- 4 lung im Gesellschaftsvertrag — die §§ 21 bis 23, also fast alle Vorschriften über die Kaduzierung, entsprechende Anwendung. Diese Vorschriften gelten nur, soweit und solange eine Nachschußpflicht besteht; ist die im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Grenze erreicht, so hört die Nachschußpflicht und damit die Kaduzierungsmöglichkeit auf. Im einzelnen: a) Der säumige Gesellschafter kann nach vorheriger fruchtloser Aufforderung seines Geschäftsanteils für verlustig erklärt werden (§ 21 Abs. 1 u. 2). Für den unbezahlt gebliebenen Nachschuß haften die Rechtsvorgänger des säumigen Gesellschafters (§ 22). Die Rechtsvorgänger haften aber nur bis zu der Grenze, die galt, als sie ihren Anteil veräußerten, also nicht für eine spätere Erhöhung der Grenze oder für eine erst nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft eingeführte Nachschußpflicht (Scholz 3; Feine S. 326; ferner: ausdrücklich österr. Ges. § 73 Abs. 2). Blieb der Zugriff auf die Rechtsvorgänger ohne Erfolg, so kann der Geschäftsanteil wegen des rückständigen Nachschußbetrages verkauft werden (§23). Für den Ausfall bleibt der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet (§ 21 Abs. 3). Die entsprechende Anwendbarkeit des § 21 Abs. 3 bedeutet, daß der Ausgeschlossene sowohl für den Ausfall an jetzigen und künftigen Nachschußbeträgen als auch für rückständige und zukünftige Stammeinlageraten haftet (Baumbacb-Hueck I B ; SchokoFischer 4; jetzt auch Scholz 3). Im übrigen gelten die Erl. zu §§ 21—23, bezogen auf den Nachschuß entsprechend. b) § 28 Abs. 1 erwähnt die Bestimmungen der §§ 24 und 25 nicht; sie sind 5 nach h. M. (Scholz-Fischer 4; Scholz 3 und 4) hier nicht anzuwenden. Daher sind Vereinbarungen mit dem ausgeschlossenen Gesellschafter zulässig. Die fehlende Anwendbarkeit des § 25 deckt sich mit der Vorschrift des Gesetzes, daß der Gesellschaftsvertrag „ein anderes festsetzen" darf (hierzu unten Rdn. 6). Aber selbst wenn der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vorsieht, ergibt sich aus der Nichtanwendbarkeit des § 25 z. B.: die verbliebene Schuld kann dem Gesellschafter erlassen werden. Die Gesellschaft kann die Kaduzierung unterlassen. Sie kann trotz des Ausschlusses die Vorgänger des Kaduzierten verschonen. Sie kann trotz des Ausfalles den Ausgeschlossenen aus seiner Haftung hierfür entlassen. (243)
§28
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter 3. Abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag
6
Der Gesellschaftsvertrag kann von § 28 Abs. 1 und den dort angeführten Paragraphen abweichende Bestimmungen treffen (hierzu Feine S. 327; Schol^ 4; BaumbachHueck IC). Er kann die strenge Haftung aufheben. Er kann die Möglichkeit der Kaduzierung oder den Rückgriff auf die Rechtsvorgänger oder das Recht des Verkaufs oder die Haftung des ausgeschlossenen Gesellschafters für den Ausfall, er kann sogar alle diese Vorschriften abbedingen. Er kann stattdessen bestimmen, daß gegen den säumigen Gesellschafter nur Klage und Zwangsvollstreckung stattfinden. Er kann an Stelle der Haftung aus § 28 die des § 27, also die Befreiungsmöglichkeit durch Abandon oder fingierten Abandon oder eines der beiden Rechte (hier ist allerdings Volleinzahlung der Stammeinlage Voraussetzung) vorsehen (§ 27, 4; Schofy 4). Er kann umgekehrt auch die Kollektivhaftung nach § 24, sogar die volle gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die Nachschüsse anordnen. Schließlich kann der Gesellschaftsvertrag im Falle der Nichtzahlung von Nachschüssen einzelnen Gesellschaftern gegenüber auf die Kaduzierung verzichten (dies folgt ebenfalls aus § 28 Abs. 1 Satz 1); bei Satzungsänderung nur mit Zustimmung der beteiligten Gesellschafter (§ 53 Abs. 3). Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, daß bei Nichtzahlung der Nachschüsse die übrigen Gesellschafter als Bürgen haften. Für den Gesellschaftsvertrag besteht weitgehende Gestaltungsfreiheit. Es stellen sich nur aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang zwei Grenzen: einmal darf die Haftung für den unbeschränkten Nachschuß nicht völlig beseitigt werden; es läge dann keine Nachschußpflicht mehr vor, vielmehr würde es sich dann ggf. um gesellschaftsvertraglich geregelte freiwillige Leistungen der Gesellschafter handeln (§ 26, 14). Zum anderen: die statutarische Regelung darf nicht zu einer Gefährdung der Aufbringung rückständiger Stammeinlagen oder der Erhaltung des Stammkapitals führen; so muß die Haftung des (wegen Nichtzahlung des Nachschusses) kaduzierten Gesellschafters für die noch ausstehenden Stammeinlagen (§ 21 Abs. 3) erhalten bleiben. 4. § 19 Abs. 2 nicht anwendbar
7
§ 19 Abs. 2 findet auf den Nachschuß keine Anwendung (Scholz 6; BaumbachHueck 1C; § 26, 28; vgl. hierzu auch die Nichtanwendbarkeit des § 25, oben Rdn. 5). Eine Stundung des Nachschusses oder ein Verzicht auf die Einziehung des Nachschusses sind möglich. Dasselbe wird auch gelten, wenn der Ausschluß bereits ausgesprochen ist. Die Gesellschaft hat stets noch das Recht, auf die Leistung zu verzichten. Jedoch dürfen die Geschäftsführer nicht gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter verstoßen, (Schal^ 6; Baumbach-Hueck IC); wird gegen den Grundsatz verstoßen, so haben die in Anspruch genommenen Gesellschafter die allgemeinen Rechtsbehelfe (§ 14, 18—22; §26, 23). II. Die Bestimmung des Abs. 2
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1. Besteht die Haftung der Gesellschafter für ihre Nachschußpflicht in vollem Umfang nach §§ 21—23, so darf der Gesellschaftsvertrag anordnen, daß die Einforderung von Nachschußzahlungen schon vor vollständiger Einforderung der Stammeinlagen zulässig ist (§ 28 Abs. 2). Aus dieser Bestimmung folgt, daß Voraussetzung für die Einforderung von (beschränkten und unbeschränkten) Nach(244)
Beschränkte Nachschußpflicht (Goerdeler)
§28
schüssen nicht etwa die vollständige Einzahlung des Stammkapitals ist; eine solche Voraussetzung läßt sich auch nicht aus der Systematik des Gesetzes ableiten (hierzu ausführlich § 26, 21; RGZ 87 179; Scholz Baumbach-Hueck 3). Andererseits ergibt sich mittelbar aus § 28 Abs. 2, daß das Stammkapital grundsätzlich vollständig eingefordert sein muß, ehe Nachschüsse eingefordert werden können (vgl. § 26, 21). Eine Ausnahme besteht nach § 28 Abs. 2 für Nachschüsse, wenn mit ihnen das Abandonrecht nicht verbunden ist, also die §§ 21—23 Anwendung finden, und wenn der Gesellschaftsvertrag dies bestimmt. 2. Zwei Voraussetzungen müssen vorliegen a) Der Gesellschaftsvertrag (der ursprüngliche oder der abgeänderte) muß die 9 Zulässigkeit der Einforderung von Nachschüssen vor der vollständigen Einforderung der Stammeinlagen ausdrücklich bestimmen, und b) auf die Zahlung der Nachschüsse muß die Anwendung der Kaduzierungsvorschriften (§§ 21—23) gesichert sein, und zwar im vollen Umfang; wird die Anwendung der Kaduzierungsvorschriften abgeschwächt oder beseitigt, so findet § 28 Abs. 2 keine Anwendung, die Nachschüsse können erst eingefordert werden, wenn die Stammeinlagen voll eingefordert sind (Scholz 5; Baumbach-Hueck 3). Zu den von § 28 Abs. 2 erfaßten Nachschüssen gehören sowohl die auf einen bestimmten Betrag beschränkten (§ 28 Abs. 1 Satz 1) als auch diejenigen, die einer unbeschränkten Nachschußpflicht vorgeschaltet (§28 Abs. 1 Satz 2) sind (vgl. oben Rdn. 3; Scholz 5). 3. Beim Vorliegen der beiden in Rdn. 9 genannten Voraussetzungen ist die 10 Einforderung von Nachschüssen vor Einforderung des Stammkapitals möglich. Diese gesetzliche Bestimmung kann im Einzelfall durchaus zweckmäßig sein (vgl. Motive S. 17). In der Praxis wird aber — nicht zuletzt im Interesse der Drittgläubiger — mindestens die volle Einforderung der Stammeinlagen, wenn nicht deren volle Einzahlung die Regel sein (vgl. aber die Ausführungen in RGZ 87 179). Andererseits setzt das Preisgaberecht des Gesellschafters bei der unbeschränkten Nachschußpflicht die Volleinzahlung der Stammeinlage voraus (§ 27, 4). 4. Nachschüsse, die vor der Einforderung des vollen Stammkapitals eingezogen \ 1 sind, können vor dessen vollständiger Einzahlung nicht zurückgezahlt werden (§ 30 Abs. 2 Satz 3). Diese Beschränkung der Rückzahlung gilt auch für die Nachschüsse, die nach der vollständigen Einforderung einer Stammeinlage eingezogen sind (RGZ 87 179). Die Rückzahlungsbeschränkung für die Nachschüsse gilt ferner, wenn diese entgegen § 28 Abs. 2 vor der vollständigen Einforderung der Stammeinlagen eingezogen werden {Scholz 5). III. Die Bestimmung des Abs. 1 Satz 2 Auch bei unbeschränkter Nachschußpflicht gelten die Vorschriften des § 28, \2 wenn das Abandonrecht und das fingierte Abandonrecht des § 27 auf den Fall beschränkt sind, daß die Nachschüsse einen bestimmten Betrag überschreiten (§ 28 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 4); die Nachschußpflicht bis zu diesem Betrag gilt als beschränkte (oben Rdn. 3; §27, 37; Scholz 2)- Das richtige Verständnis dieser Verbindung von § 27 Abs. 4 und § 28 Abs. 1 Satz 2 gewinnt man erst, wenn man beide Vorschriften nacheinandersetzt (so in § 27, 37); soweit die (245)
§ 28
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Nachschußpflicht eine unbeschränkte ist, gilt § 27, insbesondere das dort geregelte Preisgaberecht. Die Gesellschafter und Rechtsvorgänger haften gemäß §§ 21—23 für den rückständigen Nachschußbetrag. Der Gesellschaftsvertrag kann ein anderes bestimmen (vgl. oben Rdn. 6). Sind die §§ 21—23 durch Gesellschaftsvertrag jedoch nicht ausgeschlossen, so kann dieser die Zulässigkeit der Einforderung von Nachschüssen vor vollständiger Einforderung der Stammeinlagen anordnen (vgl. oben Rdn. 8—10). Sobald die Nachschüsse den festgesetzten Betrag der Nachschußpflicht überschreiten, ist der § 28 anwendbar und das Abandonrecht des § 27 greift ein (Baumbach-Hueck 2). Bestimmungen eines Gesellschaftsvertrages, die zur Umgehung des Gesetzes und zu Ausschließung des Abandonrechts auch bei unbeschränkter Nachschußpflicht nur eine scheinbare Grenze durch Setzung einer in Wirklichkeit nie zu erreichenden Ziffer, z. B. des Hunderttausendfachen, einführen, sind unwirksam. Solche Nachschußpflicht muß als eine unbeschränkte angesehen werden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß für den Teil der Nachschußpflicht, die auf einen bestimmten Betrag beschränkt ist, auch § 28 Abs. 2 gilt; es gelten also insoweit die Erl. oben Rdn. 8—11.
(24«)
Verteilung des Reingewinns
§29
§ 29 Die Gesellschafter haben Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. Die Verteilung erfolgt nach Verhältnis der Geschäftsanteile. Im Gesellschaftsvertrage kann ein anderer Maßstab der Verteilung festgesetzt werden. Übersicht Rdn.
Rdn. 1. Ausschluß aller vom Gewinn
Einleitung Reform. . I. Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn
7
II. Rechtsnatur des Anspruchs
Gesellschafter 46
2. Ausschluß einzelner Gesellschafter vom Gewinn 47 3. Besondere statutarische Gewinnverwendungsbestimmungen . . 48 V. Gewinnbeteiligung Dritter
1. Mitgliedsrecht und bedingter Anspruch
8
2. Bedingter Anspruch bis zum Eintritt der Voraussetzungen der Dividendenauszahlung
1. Gewinnbeteiligung von Geschäftsführern, Aufsichtsrat (Beirat) und Arbeitnehmern . . . . 52
9
a) Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer 53 b) Gewinnbeteiligung der Geschäftsführer 54 c) Gewinnbeteiligung von Aufsichts- und Beiratsgremien . . 55
3. Unbedingter Anspruch nach Eintritt der Voraussetzungen der Dividendenauszahlung 12 III. Die gesetzlichen Voraussetzungen 1. Allgemeines
. . . .
2. Jährliche B i l a n z . . . a) Bilanz des Geschäftsjahres b) Aufstellung der Bilanz . c) Feststellung der Bilanz d) Rechtsbeständigkeit der jähr liehen Bilanz aa) Nichtigkeit . . . . bb) Anfechtbarkeit . . cc) Durch Gesellschafterbeschluß aufhebbare Bilanz 3. Reingewinn
14 15 16
21
3. Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen 57
24
4. Gewinnabführungsverträge . . .
32 33 34 35 36
4. Gewinnverteilungsbeschluß a) Notwendigkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses 40 b) Zurückbehaltung von Gewinn aufgrund des Gewinnverteilungsbeschlusses 42 IV. Die statutarischen Voraussetzungen 45 (247)
2. Genußrechte, Besserungsrechte, Gewinnschuldverschreibungen . 56
a) Meinungsstand b) Eigene Auffassung aa) Zustimmung der Gesellschafterversammlung . . . bb) Abschluß des Vertrages. . cc) Ausgleichszahlungen . . . dd) Weitere Voraussetzungen . 5. Teilgewinnabführungsverträge, Gewinngemeinschaften VI. Auszahlung des Gewinns VII. Fälligkeit des Gewinnanspruchs . .
58 60 61 62 63 64 68 69 71 74
V m . Vorabausschüttungen, Zwischenausschüttungen 75
§ 29
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Rdn. 1. Zulässigkeit
76
2. Voraussetzungen a) Satzungsermächtigung, Gesellschafterbeschluß b) Zwischenbilanz c) Vorhandensein eines Reingewinns
77 78 79
3. Bilanzierung
80
4. Steuerfragen
81
IX. Verzinsung der Stammeinlagen, Bauzinsen 82 X. Maßstab der Gewinnverteilung (Abs. 2)
84
XI. Anspruchsberechtigte 1. Gesellschafter und vom Gesellschafter abgeleiteter Erwerb . .
87
Rdn. 91
2. Dritte XII. Verjährung des Gewinnanspruchs .
92
XIII. Gewinnanspruch in der Liquidation
93
XIV. Dividendengarantie, Dividende
Verzicht
auf
1. Begriff und Ausgestaltung der Dividendengarantie
94
2. Anspruchsgegner und Anspruchsinhaber
95
3. Verzicht auf Dividende
96
X V . Verdeckte Gewinnausschüttungen .
97
XVI. Nutzungsansprüche anderer Art . .
98
XVH. Begrenzung von Gewinnausschüttungen
99
Schrifttum Adler lDüring ¡Schmält^ Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft (1968/1971/1972); Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949); ders. Handels- und gesellschaftsrechtliche Probleme der Organschaft DB 1956 813, %?>7 \ Besgenberger „Dividendenverzicht" des Großaktionärs; Das Wertpapier 1967 291; Dollerer Fragen der verdeckten Gewinnausschüttung der Aktiengesellschaft BB 1967 1437ff.; Duden Aktienrechtliche Fragen zur „Organschaft" mit einem Großaktionär BB 1957 49; Eder Die Zwischendividende bei der GmbH GmbH-Rdsch. 1969 285; ders. Gesellschaftsrecht — Gelten die neuen aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften auch für die Jahresabschlüsse der GmbH? — B Schlußwort — GbmH-Rdsch. 1965 194; Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften (1967); Flurne Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht DB 1956 455; Gansmüller Zur Errechnung der Tantieme für GmbH-Geschäftsführer GmbH-Rdsch. 1965 92; A. Hueck Zur Frage der Rechtswirksamkeit der Organschaftsverträge DB 1959 223; G. Hueck Gewinnvorschuß bei der GmbH ZGR 1975 133; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970); Konow Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der GmbH-Gesellschafter bei der Gewinnverteilung GmbH-Rdsch. 1973 121; Laule Bauzinsen nach dem GmbH-Gesetz GmbH-Rdsch. 1966 32; Luebj Wertner Zum Gewinnanspruch der Gesellschafter einer GmbH GmbH-Rdsch. 1964 49; Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen GmbH (1970); Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre (1958); K. Müller Der Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages bei der GmbH GmbH-Rdsch. 1973 97; Priester Vorabausschüttungen bei der GmbH DB 1973 2382; Rosinj Zum Anspruch des GmbH-Gesellschafters auf Ausschüttung des Reingewinns GmbH-Rdsch. 1959 148; Röhrkasten Die Rückzahlung des Stammkapitals GmbH-Rdsch. 1974 36; Schäfer Aktuelle Probleme des neuen (248)
Verteilung des Reingewinns (Goerdeler/Müller)
§29
Aktienrechts BB 1966 231; Skibbe Gesellschaftsrechtliche Aspekte des Ergebnisabführungsvertrages bei einer GmbH GmbH-Rdsch. 1968 245; Sudhoff Gewinnanspruch und Gesellschaftsvertrag GmbH-Rdsch. 1961 118; Schulde %ur Wiesche Gewinnverteilungsvereinbarungen bei Körperschaften DB 1973 2363, 2420, 2479; Ulmer Urteilsanmerkung BB 1976 950; Voss Aktuelle Information — Zur steuerlichen Behandlung sogenannter Vorwegdividenden GmbH-Rdsch. 1963 93; v. Wallis Die Verzinsung eingezahlter Gesellschaftsanteile und nicht ausgeschütteter Gewinne einer GmbH GmbH-Rdsch. 1958 52; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964); Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht (1963). Einleitung Die Vorschrift regelt den Anspruch der Gesellschafter auf Gewinn in zweierlei 1 Hinsicht: Zum einen gibt sie den Gesellschaftern Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn (Abs. 1), zum anderen bestimmt sie die Verteilung dieses Reingewinns nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile (Abs. 2). Beide Vorschriften können durch den Gesellschaftsvertrag abgeändert werden. Die Bestimmung knüpft an den Begriff des Reingewinns an und bedient sich damit einer etwas antiquierten Ausdrucks weise; im heutigen Sprachgebrauch wird allgemein von Bilanzgewinn gesprochen, ohne daß damit ein sachlicher Unterschied begründet würde (Rdn. 36ff.). Das GmbHG kennt im Gegensatz zum AktG, keine Ausschüttungsbegrenzung auf den Reingewinn. Während § 58 Abs. 5 AktG anordnet, daß vor Auflösung der Gesellschaft unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden darf, fehlt eine solche Bestimmung im GmbHG. Die Gesellschafter haben zwar nur Anspruch auf den aus der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn. Es steht aber nichts entgegen, daß die Gesellschafter über den Reingewinn hinaus oder ohne Erwirtschaftung eines Reingewinns, die Verteilung von Gesellschaftsvermögen beschließen, solange nur das Stammkapital nicht angegriffen wird (§30; vgl. dort Rdn. 4; Ballerstedt S. 90). Das Gebot der Erhaltung des Stammkapitals nach § 30 bildet aber auch die Grenze für eine bereits beschlossene Ausschüttung (§ 30, 23). Das GmbHG äußert sich nicht zur Beteiligung der Gesellschafter an einem 2 Verlust der Gesellschaft. Dies entspricht der Konstruktion der GmbH als selbständiger juristischer Person, die einen Verlust stets als eigenen zu tragen hat. Die Gesellschafter berührt ein Verlust nur mittelbar durch die Nichterzielung ausschüttungsfähiger Reingewinne oder durch die Schmälerung der Liquidationsmasse (Scholz 1)Eine Pflicht der Gesellschafter, Verluste zu tragen, kommt grundsätzlich nicht in Betracht (Ausnahmen: Nachschußpflicht, §§26—28; Sonderleistungen gemäß § 3 Abs. 2; Unternehmensverträge mit Verlustübernahmeverpflichtung, Rdn. 68; Durchgriffshaftung § 13 Anh. I 37ff.). Reform Der RegE GmbHG schlägt in § 45 gegenüber § 29 eine grundlegende Neu- 3 regelung vor, die sich eng an die entsprechenden aktienrechtlichen Bestimmungen ( § 5 8 AktG) anlehnt. Danach haben die Gesellschafter Anspruch auf den Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag, durch Beschluß der Gesellschafter oder als zusätzlicher Aufwand auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Verteilung unter die Gesellschafter ausgeschlossen ist. Im Be(249)
§ 29
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Schluß über die Verwendung des Bilanzgewinns können die Gesellschafter, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, Beträge in offene Rücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen. Die Anteile der Gesellschafter am Gewinn bestimmen sich, wenn der Gesellschaftsvertrag kein anderes Verhältnis bestimmt, wie bisher nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Im Gegensatz zum geltenden Recht kann der Anspruch auf den Gewinn nicht nur durch den Gesellschaftsvertrag, sondern auch — und zwar ohne gesellschaftsvertragliche Ermächtigung — durch Beschluß der Gesellschafter eingeschränkt werden, z. B. durch Zuweisung zu offenen Rücklagen oder zu einem Gewinnvortrag. Nach zukünftigem Recht wäre damit klargestellt, daß ein Anspruch auf Gewinn nur im Rahmen des von der Gesellschafterversammlung — in der Regel mit einfacher Mehrheit ( § 8 2 Abs. 1 RegE) — zu fassenden Gewinnverwendungsbeschlusses besteht. Darüberhinaus stellt der Entwurf in Anlehnung an das Aktienrecht (§58 Abs. 4) klar, daß ein Anspruch auf Gewinnausschüttung nicht besteht, soweit die Verteilung des Bilanzgewinns durch Gesetz ausgeschlossen ist. Ausdrücklich bestehen z. Zt. solche gesetzlichen Ausschlußgründe nicht, da das geltende GmbHG und auch der RegE die Bildung einer gesetzlichen Rücklage nicht vorsehen. Die Regierungsbegründung (S. 108) sieht es aber z. B. als gesetzlichen Ausschlußgrund an, wenn der Bilanzgewinn durch eine gesetzwidrige Überbewertung verursacht worden ist. Wie schon bisher kann der Gesellschaftsvertrag eine Ausschüttung ganz oder teilweise ausschließen. Ferner besteht nach dem Entwurf kein Anspruch auf Ausschüttung des Teils des Bilanzgewinns, der als zusätzlicher Aufwand für Steuern aufgrund der Beschlußfassung der Gesellschafter benötigt wird. Diese Vorschrift entspricht ebenfalls der aktienrechtlichen Regelung (§58 Abs. 4 AktG) und erklärt sich aus dem gespaltenen Körperschaftsteuertarif (Adler-Düring-SchmaltRechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft § 156, 47ff. und Begründung RegE S. 108). 4 Da § 45 RegE nach Auffassung seiner Verfasser eine vom bisherigen Recht abweichende Konzeption der Gewinnverwendung enthält, wird für bereits bestehende Gesellschaften in § 7 RegE eines Einführungsgesetzes eine Übergangsregelung geschaffen. Danach haben die Gesellschafter einer GmbH, die beim Inkrafttreten der Reform in das Handelsregister eingetragen ist, Anspruch auf den nach der Jahresbilanz sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Damit soll verhindert werden, daß sich durch Inkrafttreten der Reform die Rechtsstellung von GmbH-Gesellschaftern, die der bisherigen gesetzlichen Regelung des § 29 Abs. 1 unterliegen, verschlechtert. Für Altgesellschaften soll es also auch ohne gesellschaftsvertragliche Bestimmung zunächst dabei bleiben, daß jeder Gesellschafter Anspruch auf den nach der Jahresbilanz sich ergebenden Bilanzgewinn hat, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht schon bisher etwas anderes bestimmt. Um jedoch auf Dauer die Anwendung des § 45 Abs. 1 und 2 RegE auch auf solche Gesellschaften sicherzustellen, soll die erste Änderung des Gesellschaftsvertrags nach Inkrafttreten der Reform nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn zugleich auch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags vorgenommen und zur Eintragung angemeldet wird, durch die der Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird ( § 7 Abs. 2 Entwurf EG GmbHG). Ist das geschehen, finden die § 45 Abs. 1 und 2 RegE auch für diese Altgesellschaften uneingeschränkt Anwendung. t«*;- Ob es sich bei Einführung dieser Satzungsbestimmung um eine echte Satzungsänderung oder nur um eine Klarstellung oder redaktionelle Anpassung der Satzung (250)
Verteilung des Reingewinns (Goerdeler/Müller)
§29
handelt, für die die qualifizierten Erfordernisse einer Satzungsänderung nicht gelten, kann zunächst unbeantwortet bleiben. Jedenfalls kann mit den qualifizierten Erfordernissen einer Satzungsänderung auch eine andere Gewinnverwendung satzungsgemäß festgelegt werden. Ergänzt wird § 45 RegE durch § 205 RegE, der im geltenden Recht keine Ent- 5 sprechung hat. Nach dieser Bestimmung kann der Gewinnverwendungsbeschluß ( § 4 5 Abs. 2 RegE) angefochten werden, wenn durch Rücklagenbildung, die nicht durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben ist, die Ausschüttung eines Gewinns von mindestens 4% des Stammkapitals — abzüglich von noch nicht eingeforderten Einlagen — verhindert wird. Wie die Begründung ausführt, soll die Vorschrift den einzelnen Gesellschafter vor einem „Aushungern" schützen, wenn die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit über die Gewinnverwendung beschließen. Allerdings greift diese Bestimmung nicht ein, wenn die Rücklagenbildung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten übersehbaren Zeitraum zu sichern. Der Entwurf schließt sich damit, wie schon das AktG 1965 in § 254 Abs. 1, an eine Formulierung des RG (RGZ 116 119, 133) an. § 205 RegE ist wörtlich dem § 254 AktG nachgebildet. Der Entwurf trägt jedoch auch der Gefahr Rechnung, die für einzelne Gesell- 6 schafter dadurch entstehen kann, daß durch Abschreibungen oder Wertberichtigungen in der Gesellschaft stille Reserven gelegt werden. Im Gegensatz zum geltenden Recht schreiben die §§ 131—135 RegE für die Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens — entsprechend der aktienrechtlichen Regelung — bestimmte Werte vor, die weder über- noch unterschritten werden dürfen. Die Legung stiller Reserven wird somit erheblich eingeengt (vgl. dazu Erläuterungen zu § 42). § 132 Abs. 3 RegE für das Anlagevermögen und § 133 Abs. 5 RegE für das Umlaufvermögen lassen jedoch die Bildung von stillen Reserven durch Abschreibungen oder Wertberichtigungen bzw. niedrigere Wertansätze zu, soweit der Gesellschaftsvertrag sie vorschreibt oder zuläßt. Läßt der Gesellschaftsvertrag die Bildung stiller Reserven zu, so liegt es im Ermessen der Geschäftsführung von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen. Dieses Ermessen wird jedoch durch § 132 Abs. 3 Satz 2 und § 133 Abs. 5 Satz 2 RegE eingeschränkt, sofern durch diese Maßnahme verhindert wird, daß ein Bilanzgewinn in Höhe von mindestens vier vom Hundert des Stammkapitals abzüglich noch nicht eingeforderter Einlagen ausgewiesen werden kann (kritisch zu dieser Regelung Forster in GmbH-Reform 1970 S. 100). Diese Bestimmungen flankieren § 205 RegE. Sie verhindern, daß diese Bestimmung dadurch gegenstandslos gemacht werden kann, „daß auf Grund der gesellschaftsvertraglichen Ermächtigung die stillen Rücklagen schon bei der Aufstellung und Feststellung der Jahresbilanz gebildet werden, so daß gar nicht erst ein Bilanzgewinn erscheint" (Begründung RegE zu § 132). Es soll also sichergestellt werden, daß mindestens ein Bilanzgewinn von 4 % des Stammkapitals abzüglich noch nicht eingeforderter Einlagen ausgewiesen werden kann — vorausgesetzt natürlich, daß ein solcher Gewinn erwirtschaftet wurde. Hinsichtlich der Gewinnverwendung unterliegt ein so ausgewiesener Bilanzgewinn den allgemeinen Vorschriften. Seine Ausschüttung kann ggf. über § 205 RegE GmbHG erzwungen werden. Die Absicht des RegE, einzelne Gesellschafter vor einer Majorisierung bei der Gewinnverwendung und damit vor einer „Aushungerung" zu schützen, ist zu begrüßen. Dies gilt auch für die Einschränkung der Bildung stiller Reser(251)
§ 29
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
ven durch die §§ 132 Abs. 3 und 133 Abs. 5 RegE. Eine Nachprüfbarkeit der Einhaltung der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages wird in ausreichendem Maße durch das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters mit der Möglichkeit der Sonderprüfung gewährleistet (§85 und § 87 RegE). Kritisch 2ur Bestimmung einer Mindestausschüttung von 4% (§ 205 RegE) äußert sich Immenga (Die personalistische Kapitalgesellschaft 1970, S. 211 f.). Zu den Vorschlägen einer Zusammenfassung von Feststellungs- und Gewinnverwendungsbeschluß vgl. Gemeinsame Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkammer und des Instituts der Wirtschaftsprüfer zum RegE GmbHG (WPG 1970 154, 161). I. Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn 7
Die Gesellschafter haben Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. Das Gesetz trifft nur Bestimmungen über die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter, nicht aber über die Verlusttragung. Aus der Natur der GmbH als selbständiger juristische Person ergibt sich aber, daß ein Verlust grundsätzlich von der GmbH selbst zu tragen ist, insbesondere sind die Gesellschafter nicht zu einem Ausgleich durch Einlagen oder Nachschüsse verpflichtet. Eine Ausgleichspflicht der Gesellschafter als solche kann sich nur aus einer besonderen statutarischen Bestimmung ergeben ( § 3 Abs. 2; §§ 26—28). Sie kann in Frage kommen bei sogenannten gewinn- (und verlust-) losen Gesellschaften, wie z. B. Ein- oder Verkaufsgesellschaften. Darüber hinaus können schuldrechtliche Verpflichtungen bestehen, den Verlust der Gesellschaft auszugleichen oder zu übernehmen, wie dies z. B. bei Ergebnisabführungsverträgen (Organschaftsverträgen) der Fall ist (vgl. Rdn. 68). Von diesen Sonderfällen abgesehen, wirkt sich ein Verlust nur bei der Gesellschaft selbst aus; er wird als Verlustvortrag in das nächste Geschäftsjahr vorgetragen und mindert damit die Gewinne künftiger Jahre oder den Liquidationsüberschuß (§ 72). Wegen der steuerlichen Behandlung eines Verlustvortrages vgl. § 10 d EStG. Eine Abrede unter den Gesellschaftern, wonach ein Gesellschafter eine Garantie für die Erhaltung der Stammeinlage übernimmt, ist zulässig, bindet aber nur die Beteiligten persönlich, selbst wenn sie im Statut enthalten ist (Scholz 1; RGZ 101 161). Auch mit Dritten können solche Vereinbarungen rein schuldrechtlicher Natur getroffen werden (Baumbach-Hueck 1 c). Sie können z. B. Gegenstand sogenannter Patronatserklärungen sein (vgl. hierzu Obermüller ZGR 1975 lff.; Rümher WM 1974 990ff.; Schraepeler Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 1975 7ff.; vgl. auch WPg 1976 209ff.). Die Gesellschaft selbst wird in der Regel aus solchen Vereinbarungen Ansprüche gegen den Garanten nicht herleiten können, es sei denn, daß dies ausdrücklich vereinbart ist oder die Vertragsauslegung eine Berechtigung der Gesellschaft ergibt. II. Rechtsnatur des Anspruchs 1. Mitgliedsrecht und bedingter Anspruch
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Das Recht auf Auszahlung des Reingewinns (Dividendenbezugsrecht) ist neben dem Anspruch auf den Liquidationserlös (§ 72) das bedeutsamste Mitgliedsrecht vermögensrechtlicher Natur. Wenn das Recht auf den Liquidationserlös die Beteiligung des Gesellschafters am Gesamtgewinn der Gesellschaft während ihrer Lebensdauer sicherstellt, so ermöglicht die Auszahlung des aus der jährlichen Bilanz sich ergeben(252)
Verteilung des Reingewinns (Goerdeler/Müller)
§29
den Reingewinns eine Beteiligung des Gesellschafters an dem bis zum Ablauf einer bestimmten Periode erwirtschafteten Teil des Gesamtgewinns der Unternehmung ('Ballerstedt S. 46). Mit der Beteiligung am Jahresgewinn und am Liquidationserlös wird gewährleistet, daß der gesamte Vermögenszuwachs während der Lebensdauer der Gesellschaft grundsätzlich an die Gesellschafter verteilt wird. Dieses allgemeine Recht auf Beteiligung am Vermögenszuwachs ist zunächst ein reines Mitgliedsrecht und untrennbar mit dem Geschäftsanteil verbunden. Darin eingebettet ist aber bereits der in § 29 Abs. 1 vorgesehene periodisch entstehende Einzelanspruch auf den aus der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn. Zu einem schuldrechtlichen, vom allgemeinen Mitgliedsrecht gelösten Anspruch verdichtet er sich aber erst nach Eintritt bestimmter gesetzlicher und ggf. statutarischer Voraussetzungen. Vor Eintritt dieser Voraussetzungen kann — neben dem allgemeinen und fortdauernden vermögensrechtlichen Mitgliedschaftsrecht — nur von einem jeweils wiederkehrenden bedingten oder zukünftigen Anspruch auf den Reingewinn die Rede sein. Baumbach-Hueck 2 B; Feine 361; Scholz 2 i BGHZ 23 150, 154 zum insoweit gleichlautenden § 52 AktG 1937). Die wichtigsten Bedingungen sind Ablauf eines Geschäftsjahres, Vorhandensein eines Reingewinns, Bilanzaufstellung, Bilanzfeststellung und Gewinnverteilungsbeschluß. Ein bedingter Anspruch oder auch Anwartschaftsrecht ist, auch schon vor dem Abschluß eines Geschäftsjahres, vorhanden (anders Scholz 1 und ihm folgend Sudhoff GmbH-Rdsch. 1961 118). Nach Eintritt aller Bedingungen ist ein vom Mitgliedschaftsrecht losgelöster Anspruch entstanden, ein Gläubigerrecht, das durch spätere Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nicht mehr berührt werden kann (vgl. Rdn. 12£f.). 2. Bedingter Anspruch bis zum Eintritt der Voraussetzungen der Dividendenauszahlung a) Bis zum Eintritt der Bedingungen, die den Gewinnanspruch als unbedingten 9 entstehen lassen, kann dieser — wie das Mitgliedschaftsrecht, dessen Bestandteil er noch ist — im Rahmen der Gesetze und des Gesellschaftsvertrags geändert und modifiziert werden. Er steht insoweit zur Disposition der Gesellschafterversammlung. So kann z. B., wenn bisher eine anderweitige Verwendung des Reingewinns im Gesellschaftsvertrag (Statut) nicht vorgesehen ist, eine solche Verwendung durch Satzimgsänderung angeordnet werden (Rdn. 48ff.). Die Zustimmung aller Gesellschafter ist dazu nicht erforderlich (für das Aktienrecht siehe RGZ 22 144 und 40 35; Baumbach-Hueck 2 A ; Scholz 11). Ferner ist es gestattet, sonstige Bedingungen der Gewinnauszahlung durch Statutenänderung zu regeln. Es kann festgesetzt werden, daß die Gesellschafterversammlung nach ihrem Gutdünken über den Reingewinn zu bestimmen hat (Rdn. 49). Es kann bestimmt werden, daß der Reingewinn nicht in Geld, sondern in anderen Gegenständen ausgefolgt werden soll (so auch Baumbach-Hueck 2 D, der mit Recht die Sachdividende nicht dem ad-hoc-Beschluß der Gesellschafterversammlung überlassen will; Rdn. 71). Auch ein Beschluß, der eine Sachdividende sratt einer Gelddividende vorsieht, greift nicht in ein Sonderrecht ein (vgl. auch § 14, 22). Es darf jedoch bei Beschlüssen solcher Art nicht das Prinzip der Gleichbehandlung verletzt werden (Rdn. 47 und § 14, 18ff.). Hier wäre die Folge eines Verstoßes nicht Nichtigkeit, sondern Anfechtbarkeit (§ 14,21). Somit dürfen auch nicht einem Teil der Gesellschafter das Gewinnbezugsrecht geschmälert oder etwa ganz entzogen werden, oder umgekehrt, einem anderen Teil Vorzugsdividenden eingeräumt werden. Jedoch ist eine solche Satzungsänderung unter Zustimmung aller betroffenen (253)
§ 29
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gesellschafter zulässig ( § 5 3 Abs. 3; RGZ 76 155; Baumbach-Hueck 3; Vogel 5; § 5, 140; § 14, 18). Anders ist jedoch die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Mehrheit der Gesellschafter beschließt, daß alle Anteile durch Zuzahlung in Vorzugsanteile umgewandelt werden können — ohne oder gleichzeitig mit einer Kapitalerhöhung (Scholz 11 5 R G Z 7 6 155; § 5, 141). Hier ist der Mehrheitsbeschluß ausreichend. Bei der Beurteilung der Frage, ob bei Umwandlung in Vorzugsgeschäftsanteile § 53 Abs. 3 eingreift, wird es nach dem Gesagten auf den Einzelfall ankommen. Eine Abänderung des Dividendenrechts ist dann ungültig, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. So wenn die Mehrheit, um die Minderheit gefügig zu machen und zur Aufhebung von Sonderrechten zu zwingen, den Dividendenbezug aufhebt. Zur Aufhebung des einem Gesellschafter zustehenden Sonderrechts auf einen erhöhten Gewinnanteil bedarf es seiner Zustimmung ( § 53 Abs. 3). 10
b) Der Anspruch auf die künftige Dividende kann selbständig abgetreten werden (RGZ 98 318; Feine S. 361; Baumbach-Hueck 2 B; Schol^ 2, Vogel 3); dieser Anspruch ist demgemäß auch pfändbar und verpfändbar. Das gilt für alle Gesellschaften. Auch die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts kennt die Übertragung künftiger Gewinnansprüche (§ 717 BGB). Daß der Geschäftsanteil selbst nur mit Zustimmung der Gesellschaft oder unter sonstigen Beschränkungen abgetreten werden kann (§15 Abs. 5), schließt die Abtretung des Gewinnanspruchs nicht aus. Die Übertragbarkeit kann durch Orderpapiere oder Inhaberpapiere über die Gewinnansprüche (Dividendencoupons) erleichtert werden (vgl. Baumbach-Hueck 4; Feine S. 561; Scholz 3; Vogel 3). Die Abtretung kann formlos erfolgen. Das Statut kann jedoch besondere Regelungen vorsehen, die Abtretung auch ganz ausschließen (§ 399 BGB). Der Ausschluß der Abtretbarkeit ist auch hinsichtlich zukünftiger Forderungenzulässig (RG97 78; BGH LM § 399 BGB Nr. 8). Die Abtretung zukünftiger Gewinnansprüche kann z. B. in einem Gewinnbeteiligungsvertrag oder in der Vereinbarung einer Unterbeteiligung liegen (Scholz § 15, 7). Vor seiner Abspaltung vom Mitgliedschaftsrecht unterliegt der künftige Anspruch auch in der Hand von Zessionaren, Pfandgläubigern und Nießbrauchern den gleichen Einschränkungen wie in der Hand des Gesellschafters selbst, d. h. Beeinträchtigungen durch Statutenänderungen muß auch dieser Personenkreis gegen sich gelten lassen. Er erlangt nicht mehr Rechte als der Gesellschafter selbst hatte (Baumbach-Hueck 2 B). Da der Zessionar keine Gesellschaftsrechte erwirbt, stehen ihm auch gesellschaftsrechtliche Rechtsbehelfe nicht zu, insbesondere kann er einen späteren Gewinnverteilungsbeschluß nicht anfechten (RGZ 98 319; Schol^ 2). 11 Ein besonderes Problem kann sich bei Verkauf und Abtretung von Geschäftsanteilen bezüglich der Gewinnanteile für abgelaufene Perioden ergeben, sofern ein Gewinnverwendungsbeschluß für diesen Zeitraum noch nicht gefaßt wurde. Wird eine besondere Vereinbarung im Kaufvertrag nicht getroffen, so gilt im Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer des Geschäftsanteils § 101 Nr. 2 zweiter Halbsatz BGB. Danach wird der Gewinn im Verhältnis der Dauer der Berechtigung — also der Dauer der Gesellschaftereigenschaft — verteilt. § 101 Nr. 2 BGB regelt allerdings ausschließlich das schuldrechtliche Verhältnis zwischen Erwerber und Veräußerer. Im Verhältnis zur Gesellschaft ist derjenige gewinnbezugsberechtigt, der im Zeitpunkt der Entstehung des schuldrechtlichen Anspruchs auf den Reingewinn Gesellschafter ist, also der Erwerber (Müller DB 1974 268), sofern er bei der Gesellschaft gemäß § 16 Abs. 1 angemeldet ist. § 101 Nr. 2 BGB ist dispositives Recht. Zweckmäßigerweise wird die Gewinnbezugsberechtigung im Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile ausdrücklich ge(254)
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regelt. Soll der noch nicht ausgeschüttete Gewinn dem Erwerber zustehen, wird sich dies in der Preisvereinbarung niederschlagen. Wird das noch bedingte Gewinnbezugsrecht für die gesamte abgelaufene Periode vom Käufer miterworben, so kann dieses Recht als selbständiger Vermögensgegenstand angesehen werden, der nicht notwendiger Bestandteil des erworbenen Gesellschaftsanteils ist. Demzufolge kann der Erwerber den auf das Gewinnbezugsrecht entfallenden Teil des Kaufpreises gesondert aktivieren und die nachfolgende Gewinnausschüttung erfolgsneutral vereinnahmen, wenn er bilanzierender Kaufmann ist. Dies gilt auch für die steuerliche Behandlung (BFH DB 1974 268). Häufig wird auch durch Auslegung ermittelt werden müssen, was hinsichtlich der Gewinnbeteiligung von den Parteien gewollt ist. Ein wesentliches Indiz kann dabei die von den Parteien getroffene Preisvereinbarung sein, aus der oft entnommen werden kann, ob ein Gewinn bis zum Übergabestichtag in den Kaufpreis miteinbezogen wurde oder nicht. Wird ein Gesellschafter mit dem Geschäftsanteil kaduziert (§ 21), hat er Anspruch auf den Reingewinn nur dann und nur insoweit, als der Gewinnverteilungsbeschluß vor dem Zugang der Ausschlußerklärung ergangen ist (§ 21, 23; Schol^ 3). 3. Unbedingter Anspruch nach Eintritt der Voraussetzungen der Dividendenauszahlung Mit dem Eintritt der gesetzlichen und statutarischen Bedingungen entsteht der 12 Dividendenanspruch als unbedingtes Recht. Die zuletzt eintretende Bedingung ist in der Regel der Gewinnverteilungsbeschluß (Rdn. 40 ff.). Der Anspruch ist dann Forderungsrecht geworden (h. M. RGZ 167 65). Dieses hat seinen Rechtsgrund in dem Gesellschaftsrecht des Mitglieds. Es ist aber losgelöst von diesem (RGZ 22 113; 37 62; 167 65). Der Anspruch ist nicht etwa ein Sonderrecht. Er ist überhaupt kein Mitgliedschaftsrecht mehr. Anderer Auffassung ist Ballerstedt (S. 90), der bis zur Auszahlung ein gesellschaftliches Recht annimmt, weil § 30 eingreife. Der Vorbehalt des § 30 ist nicht zu bestreiten (§ 30, 23); aber dies ist für die rechtliche Beurteilung des Dividendenanspruchs als Forderungsrecht nicht entscheidend. Der Anspruch ist jetzt unentziehbar (Baumbach-Hueck 2 B; Schölt^ 3; Feine 362; zur Frage der Unentziehbarkeit § 14, 17). Er bildet ein selbständiges Forderungsrecht, das in seiner Entstehung unabhängig von der Mitteilung an die einzelnen Gesellschafter ist (Baumbach-Hueck 2 B ; Scholz 3). Den Beschlüssen oder sonstigen Eingriffen der Gesellschaftsorgane ist er unzugänglich (RGZ 22 113; 37 62; 87 383, 387). Abändernde Beschlüsse braucht der Gesellschafter nicht gegen sich gelten zu lassen, er braucht sie nicht einmal anzufechten (RG JW 1916 409; Baumbach-Hueck 2 B). Später auftretende Verluste der Gesellschaft können den einmal entstandenen selbständigen Dividendenanspruch nicht mehr berühren, noch weniger die bloße Möglichkeit künftiger Verluste (RGZ 40 30). Auch durch eine Bilanzänderung und, als Folge davon, durch eine Änderung des ausgewiesenen Reingewinns, kann der entstandene Gewinnanspruch nicht mehr vermindert (wohl aber erhöht) werden (Rdn. 35). Die bestehenden Gewinnansprüche bilden damit eine Beschränkung sonst möglicher Bilanzänderungen. Ein Erlaß i. S. des § 397 BGB ist natürlich möglich. Eine Besonderheit weist der Gewinnanspruch gegenüber anderen schuldrecht- |3 liehen Forderungen gegen die Gesellschaft aus: er unterliegt dem Auszahlungsverbot des § 30 (§ 30, 23). Wie ausgeführt, hat das selbständige Forderungsrecht des Gesellschafters seinen Rechtsgrund im Gesellschaftsverhältnis. Anders als im Aktienrecht ist hierdurch jede Auszahlung an Gesellschafter, durch welche das zur (255)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, unzulässig. Auch der festgestellte Dividendenanspruch darf nicht erfüllt werden, wenn seine Zahlung eine Unterbilanz zur Folge hat (§ 30, 23; Ballerstedt S. 90, 91; Feine S. 362; Scholz jetzt auch Baumbach-Hueck 2 D ; a. A. anscheinend Vogel 3). Damit löst sich auch die Frage, wie Gewinnansprüche im Konkurs der Gesellschaft zu behandeln sind. Zwar handelt es sich grundsätzlich um Konkursforderungen im Sinne von § 3 Abs. 1 KO. Liegt jedoch der Konkursgrund der Überschuldung vor, so darf der Konkursverwalter die Gewinnansprüche erst nach allen anderen Konkursforderungen befriedigen; das folgt unmittelbar aus der Anwendung des § 30 (Baumbach-Hueck 2 B; wohl auch Schol^ § 63, 13). Liegt dagegen allein der Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit vor und ist auch das Stammkapital noch voll gedeckt, was in der Praxis allerdings kaum vorkommen dürfte, so können Gewinnansprüche grundsätzlich auch im Konkurs gleichrangig mit den anderen einfachen Konkursgläubigern vom Konkursverwalter bedient werden. Zur Frage, wann der Gesellschafter den Gewinnanspruch in seiner eigenen Bilanz aktivieren kann, insbesondere bei gleichem Bilanzstichtag, vgl. Anmerkungen zu § 42 und BGH DB 1976 38. III. Die gesetzlichen Voraussetzungen 1. Allgemeines 14
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung des schuldrechtlichen Anspruchs auf den Reingewinn ergeben sich ausschließlich aus dem GmbHG. Es sind dies folgende: Es muß ein den Vorschriften des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrages entsprechender Reingewinn (Rdn. 36 ff.) vorhanden sein. Dieser muß durch eine von den Geschäftsführern aufgestellte Jahresbilanz nachgewiesen werden (§ 41). Die Bilanz muß die Genehmigung der Gesellschafter oder des sonst durch den Gesellschaftsvertrag eingesetzten Organs gefunden haben, also festgestellt sein (§§45 Abs. 2, 46 Nr. 1). Wesentlich ist das Vorhandensein eines Reingewinns; von diesem soll der Gesellschafter seinen Anteil erhalten. Dies setzt wiederum grundsätzlich den Ablauf der Rechnungsperiode, also des Geschäftsjahres, voraus. In diesem betreffenden Geschäftsjahr muß sich ein Reingewinn ergeben. Ob zur Entstehung des Anspruchs auch ein Gewinnverteilungsbeschluß (§46 Nr. 1) erforderlich ist, wird unterschiedlich beantwortet (Rdn. 40). Bei den genannten Voraussetzungen handelt es sich nicht um echte rechtsgeschäftliche Bedingungen i. S. der §§ 158ff.BGB, sondern um Rechtsbedingungen. Die Entstehung des schuldrechtlichen Gewinnanspruchs hängt von Rechts wegen und nicht infolge Parteiwillkür vom Vorliegen der geannnten Voraussetzungen ab (Soergel-Knopp BGB, 10. Aufl. vor § 158, 7IT.). 2. Jährliche Bilanz
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§ 29 gibt den Gesellschaftern „Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz" sich ergebenden Reingewinn. Der Reingewinn muß durch die von den Geschäftsführern aufzustellende Bilanz nachgewiesen werden. Diese Voraussetzung bedarf zunächst der Erörterung: a) Bilanz des Geschäftsjahres aa) Der vom Gesetz verwendete Begriff „jährliche Bilanz" bezieht sich auf das Geschäftsjahr der GmbH. Dieses kann, muß aber nicht mit dem Kalenderjahr über(256)
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einstimmen. Es kann z. B. vom 1. 7. bis 30. 6. oder vom 1.10. bis 30. 9. laufen (zum Geschäftsjahr vgl. Anmerkungen zu § 41). Das Geschäftsjahr darf — von Ausnahmen bei einer Währungsumstellung abgesehen (dazu 6. Aufl. § 29 Anm. 15 c) — nicht länger als 12 Monate, wohl aber kürzer sein (§39 Abs. 2 HGB). Aus § 29 darf nicht der Schluß gezogen werden, daß die Abrechnungsperiode einer GmbH immer 12 Monate betragen müsse. Die „jährliche" Bilanz ist vielmehr als „geschäftsjährliche" Bilanz zu verstehen, die auch in einem kürzeren Turnus erstellt werden kann. Allerdings muß ein solcher kürzerer Turnus in der Satzung festgelegt sein, und es muß zu den jeweiligen Stichtagen auch wirklich ein Jahresabschluß nach den Vorschriften der §§ 41 f. erstellt werden. Es läßt sich auch weder aus dem Recht der GmbH noch dem der Aktiengesellschaft ein Prinzip ableiten, daß eine Gewinnverteilungsperiode stets nur ein volles Kalenderjahr umfassen dürfe. Die Interessen der Gläubiger sind dadurch nicht berührt, wenn in sogenannten Übergangsbilanzen einmalige kürzere Perioden eingeführt sind, oder wenn der Gesellschaftsvertrag Semestrai- oder Quartalbilanzen vorsieht (Feine S. 363). Die letzteren werden zwar schon deswegen selten vorkommen, weil sie kaufmännisch unpraktisch sind. Es wird keine Gesellschaft sich jedes Vierteljahr oder gar allmonatlich die Arbeit einer Inventur oder Bilanz aufbürden. Es würde aber rechtlich nichts im Wege stehen, kraft des Statuts für solche kürzeren Perioden auch die Gewinnverteilung vorzunehmen. Mit dem Verbot der Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals (§ 30) erforderlichen Vermögens hat die Frage der Bilanz- und Gewinnverteilungsperiode nichts zu tun. Schon aus steuerlichen Gründen wird eine kürzere regelmäßige Gewinnermittlungsperiode als ein Jahr kaum vorkommen, weil das deutsche Steuerrecht für die Gewinnermittlung stets eine Periode von 12 Monaten zugrundelegt ( § 5 KStG). Von der hier behandelten Frage sind Abschlüsse für Zwischenperioden innerhalb eines Geschäftsjahres (Monats-, Quartals- und Halbjahresbilanzen) zu unterscheiden, die aus betrieblichen Gründen oder/und zur Unterrichtung der Gesellschafter erstellt werden. Häufig anzutreffen sind hingengen die Fälle, in denen das Normalgeschäftsjahr 17 zwar 12 Monate umfaßt, aber ausnahmsweise ein Geschäftsjahr nur über eine kürzere Periode läuft. Dies ist z. B. der Fall bei Eröffnung des Geschäftsbetriebs während der Laufzeit des ersten Geschäftsjahres, bei Auflösung der GmbH (vgl. BFH DB 1974 1990), bei Änderung des Geschäftsjahres oder bei Umwandlung der GmbH. Hier kann ein sogenanntes Rumpfgeschäftsjahr mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten entstehen. Auch in diesen Fällen ist ein Anspruch auf den sich aus dem kürzeren Bilanzierungszeitraum ergebenden Reingewinn nach § 29 gegeben. Staub (vgl. Vorauflage, Anm. 14) vertrat die Ansicht, daß Dividenden aus halbjährlichen Bilanzen oder sonstigen kürzeren Perioden unzulässig seien, auch bei Verlegung eines Geschäftsjahres und bei einer im Laufe des Geschäftsjahres eintretenden Auflösung der Gesellschaft. Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen. Geschäftsjahre, die kürzer sind als Kalenderjahre, sind zugelassen. Das ergibt sich schon aus § 39 Abs. 2 HGB. Nur eine längere Dauer als zwölf Monate ist verboten (RG in Recht 09 Nr. 3283; RFH Bd. 2 179; Scholz 5 ; F e i n e s - 3 6 2 )- M a n m u ß aber diese kurzen Geschäftsjahre als Gewinnverteilungsperiode ebensowohl zulassen wie als Rechnungsperiode (so OLG Hamburg in ZHR 37, 551). Gleiches gilt auch für andere Fälle, in denen ein Geschäftsjahr kürzer als 12 Monate ist, z. B. im Falle der Verlegung des Geschäftsjahres (Schöltj 5). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine Gewinnverteilung oder eine Abschlagszahlung auf den Gewinn (Vorabdividenden, Abschlagsdividenden) vor Ablauf des Geschäftsjahres oder nach Ablauf (257)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
des Geschäftsjahres aber vor Aufstellung bzw. Feststellung der Bilanz zulässig sind (Rdn. 75 ff.). 18
bb) Die oben vertretene Auffassung, daß eine Gewinnverteilungsperiode auch kürzer als ein Kalenderjahr sein kann, hat Bedeutung vor allem in folgenden Fällen (Scholz 5): a) Bei Einbringung eines Handelsgeschäfts in eine im Laufe des Geschäftsjahres neu gegründete GmbH wird häufig der Einbringung die letzte Jahresbilanz des Handelsgeschäfts zugrundegelegt und bestimmt, daß die Geschäfte bereits vom Beginn des neuen Geschäftsjahres für Rechnung der GmbH (oder der Vorgesellschaft) geführt gelten (§ 5, 66 und Weif Müller JuS 1975 557). Wird z. B. die GmbH mit Geschäftsjahr gleich Kalenderjahr am 1. 10. gegründet und wird als Sacheinlage ein Handelsgeschäft mit vorgenannter Vereinbarung eingebracht, dessen Geschäftsjahr bereits seit 1.1. läuft, so geht der gesamte Gewinn (oder Verlust) des Handelsgeschäfts in das Ergebnis des Rumpfgeschäftsjahres der GmbH vom 1.10. bis 31.12. ein. Ergibt sich ein Gewinn, so kann dieser bereits für das Rumpfgeschäftsjähr nach § 29 verteilt werden. Nach der abzulehnenden Gegenmeinung müßte ein Gewinn aus dem Rumpfgeschäftsjahr auf das folgende Jahr übertragen werden, um auf eine Gewinnverteilungsperiode zu kommen, die mindestens 12 Monate lang ist. Zur Frage der Auswirkungen einer solchen Vereinbarung auf die Bewertung des Handelsgeschäfts als Sacheinlage vgl. § 5, 66 und Weif Müller JuS 1975 557. 19 ß) Eine Verlegung des Geschäftsjahres durch Änderung des Gesellschafts Vertrages ist mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit zulässig (§53 Abs. 2). Ergibt sich hierdurch ein kürzeres Geschäftsjahr (Rumpfgeschäftsjahr), so ist auch für dieses eine Bilanz aufzustellen und ein Gewinn zu verteilen (Scholz 5). Es fragt sich, bis wann diese Satzungsänderung beschlossen und in das Handelsregister eingetragen sein muß. Für das Aktienrecht verlangt die h. M. Beschlußfassung und Eintragung sowohl vor Ablauf des alten satzungsgemäßen Geschäftsjahres als auch vor Ablauf des Rumpfgeschäftsjahres (KG DR 1942 735). Der RFH verlangt in einer eine GmbH betreffenden Entscheidung (JW 1929 695), daß der Entschluß der Geschäftsjahrverlegung vor dem Ende des Rumpfgeschäftsjahres „verwirklicht" sein muß, läßt aber offen, ob die formelle Beschlußfassung auch danach, aber vor dem Ablauf des bisherigen satzungsmäßigen Geschäftsjahres erfolgen kann (Fuchs in Anm. zu JW 1929 695 will dies bejahen). An der strengen, für das Aktienrecht geltenden Auffassung wird auch für das GmbH-Recht festzuhalten sein (so auch RFH 4 274, der eine nachträgliche Änderung des Geschäftsjahres nicht zuläßt). Die in der KG-Entscheidung angeführten Gründe (Gefährdung der Gläubiger; Ablauf der gesetzlichen und satzungsgemäßen Fristen für die Bilanzaufstellung des Rumpfgeschäftsjahres, Nichtübereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen) gelten auch hier. Demnach bedarf es einer formgerechten Satzungsänderung; Maßnahmen der Geschäftsführer oder formlose Beschlüsse der Gesellschafter reichen nicht aus. Die Satzungsänderung muß vor Ablauf des durch die Geschäftsjahrverlegung entstehenden Rumpfgeschäftsjahres erfolgen. Allerdings wird man in einem Punkte eine weniger strenge Auffassung als das KG vertreten können: es muß genügen, wenn die Anmeldung der formgerechten Satzungsänderung vor Ablauf des Rumpfgeschäftsjahres zum Handelsregister eingereicht ist und die Eintragung alsbald, jedenfalls aber vor Ablauf des alten satzungsgemäßen Geschäftsjahres, erfolgt. Wenn auch die Satzungsänderung erst mit der Eintragung wirksam wird (§54 Abs. 3), so muß man sich doch, um kurzfristige Entscheidungen der Gesellschafter zu ermöglichen, damit begnügen, daß fristgerecht eingereicht ist. Die Eintragung hängt oft — und (258)
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gerade an solchen Stichtagen wie dem 31. Dezember eines Jahres — von Zufälligkeiten ab, die außerhalb des Willensbereiches der Gesellschafter liegen. Daß ein bereits abgelaufenes, satzungsgemäßes Geschäftsjahr (also nicht nur das abgelaufene Rumpfgeschäftsjahr) nicht mehr geändert werden kann, folgt schon aus dem bisher Gesagten. Einer nachträglichen Änderung steht auch die Tatsache entgegen, daß mit dem Ablauf eines satzungsmäßigen Geschäftsjahres der Zeitraum, auf den sich der Gewinnanspruch der Gesellschafter bezieht, bereits festliegt. y ) Eine Bilanzaufstellung ist notwendig und eine Gewinnverteilung ist zulässig 20 auch für das erste Geschäftsjahr der Gesellschaft, das meist kürzer als 12 Monate ist (§ 39 Abs. 2 HGB; vgl. Baumbach-Hueck 2 C und Scholz 5; RFH 2179). Die Praxis trägt dem oft insofern Rechnung, als die Geschäftsjahrbestimmung wie folgt gefaßt wird: „Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr; das erste Geschäftsjahr endet am 31. 12." (des Jahres, in dem die GmbH eingetragen wird). b) Aufstellung der Bilanz Voraussetzung für die Entstehung eines Gewinnanspruches ist das Vorliegen 21 der jährlichen Bilanz. Die Pflicht zur Aufstellung obliegt den Geschäftsführern der Gesellschaft. Das Gesetz sieht hierfür eine Frist von 3 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres vor, die durch Gesellschaftsvertrag bis auf 6 Monate, beim Betrieb von Geschäften in überseeischen Gebieten bis auf 9 Monate erstreckt werden kann (§41 Abs. 2 und Abs. 3). Die Geschäftsführer sind bei der Aufstellung an das Gesetz, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und an den Gesellschaftsvertrag gebunden (zur Einstellung von Rücklagen bei Bilanzaufstellung vgl. Rdn. 48). Zur Bilanzaufstellung durch die Geschäftsführer vgl. Anm. zu § 41. Im Rahmen des § 29 ist diese Pflicht nur insoweit relevant, als sie sicherstellt, daß der Gewinnanspruch nicht wegen Fehlens der Bilanz gar nicht oder bei verspäteter Aufstellung nur mit zeitlicher Verzögerung zur Entstehung kommen kann. Bis zur Bilanzfeststellung (Rdn. 24ff.) kann der von den Geschäftsführern aufgestellte Jahresabschluß auch nach Ablauf der genannten Fristen ohne weiteres geändert werden (vgl. auch AdlerDüring-Schmalt^ § 148, 3 und § 172,13). Zur Änderung nach Bilanzfeststellung vgl. Rdn. 31 und Adler-Düring-Schmaltz § 172, 13ff. Es ergibt sich die Frage, was ein Gesellschafter tun kann, wenn die Geschäfts- 22 führung entgegen der ihr in § 41 Abs. 2 und Abs. 3 auferlegten Verpflichtung die Jahresbilanz nicht innerhalb der gesetzlichen oder statutarischen Frist aufstellt. Die Verpflichtung der Geschäftsführung nach § 41 ist eine öffentlich rechtliche (Baumbach-Duden Handelsgesetzbuch 21. Aufl. § 38, 2 A), sie besteht aber auch gegenüber der Gesellschaft. Die Gesellschafter können bei einer Vernachlässigung dieser Pflicht durch die Geschäftsführung grundsätzlich nur als Gesamtheit vorgehen (Feine S. 364). Sie können die Geschäftsführung auffordern, die Bilanz zu fertigen. Sie können die Geschäftsführung dabei insgesamt oder durch Ausschüsse oder Beauftragte überwachen ( § 4 6 Nr. 6). Besteht ein Aufsichtsrat, so obliegt diesem die Überwachung (§ 52, § 111 AktG, § 77 BVG). Die Gesellschafter können den Geschäftsführer bei Weigerung oder Verschleppung absetzen und einen neuen bestellen. Sie haben aber kein Recht, an seiner Stelle die Bilanz selbst zu machen. Sie müssen auf andere Rechtsbehelfe zurückgreifen. Gesellschafter, die mindestens 10% des Stammkapitals besitzen, werden in solchen Fällen die Gesellschafterversammlung einberufen (§ 50), von der sie die Beschlußfassung über die Bilanzfeststellung, die eine Aufstellung der Bilanz durch den Geschäftsführer voraussetzt, verlangen. Lehnt die Mehrheit der Gesellschafter die Feststellung ab, so hat der überstimmte (259)
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Gesellschafter, wenn die Voraussetzungen des § 61 vorliegen, die Auflösungsklage. Der mit seinem Verlangen nach Bilanzfeststellung abgewiesene Gesellschafter kann aber auch den die Bilanzfeststellung ablehnenden Beschluß anfechten, wenn die Voraussetzungen hierfür, insbesondere wegen eines etwaigen Verstoßes gegen Treu und Glauben, vorliegen (§14, 23ff.). Bei vorsätzlichem Handeln werden auch Ersatzansprüche aus § 826 BGB gegen die Gesellschaft, ggf. auch die Geschäftsführer abgeleitet werden können (vgl. Scholz 6; RGZ 98 318; Hamburg OLGR 30 379). 23 Hat der die Bilanzaufstellung verlangende Gesellschafter nur eine Beteiligung von unter 10% des Stammkapitals, so stehen ihm die Rechte aus §§50 und 61 nicht zur Seite. Der Gesellschafter ist aber nicht schutzlos, wenn die anderen Gesellschafter mit ihrer Weigerung der Bilanzaufstellung und -feststellung gegen die gesellschaftliche Treuepflicht verstoßen (§ 14, 23ff.; vgl. auch BGH NJW 1976 191 ff. = BB 1975 1450ff.). Dies wird zumindest dann anzunehmen sein, wenn die Mehrheit die Minderheit von einer Gewinnbeteiligung ausschließen, sie also „aushungern" will. Hier kann auf den § 162 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken zurückgegriffen werden, daß niemand, der eine Verpflichtung verletzt, daraus Rechte herleiten oder sich einer Verpflichtung entziehen kann, insbesondere nicht aus der treuwidrigen Herbeiführung oder Verhinderung eines Ereignisses (' Palandt-Heinrichs BGB 35. Aufl. § 162, 3; Soergel-Knopp BGB 10. Aufl. § 162, 3). Dies muß auch dann gelten, wenn § 162 BGB selbst weder unmittelbar noch mittelbar Anwendung finden kann, da es sich bei der Bilanzerstellung um eine Rechtsbedingung für die Entstehung des obligatorischen Gewinnanspruches handelt (Rdn. 14). Das Verlangen auf Bilanzerstellung ist in einem solchen Falle gegen die GmbH und nicht gegen deren Geschäftsführer zu richten und ggf. im Klagewege durchzusetzen. Die Zwangsvollstreckung kann nach § 888 ZPO betrieben werden. In schweren Fällen solcher Benachteiligung der Minderheit wird man sogar einen Verstoß gegen die guten Sitten sehen können (§ 14, 29 f. und die für das Aktienrecht ergangene Entscheidung RGZ 112 109). Ob man allerdings in Anlehnung an § 162 Abs. 1 BGB so weit gehen kann, die Entstehung des schuldrechtlichen Gewinnanspruches auf einen Zeitpunkt vor der tatsächlichen Bilanzerstellung zurückzuprojezieren, erscheint zweifelhaft; man wird dies nur tun können, wenn auch der Eintritt aller anderen gesetzlichen Voraussetzungen (Rdn. 14) insbesondere die Bilanzfeststellung treuwidrig verhindert wird. Bedeutung kann einer solchen Rückwirkung nur für eine Verzinsung des Gewinnanspruches zukommen. Wenn somit dem Minderheitsgesellschafter im Einzelfall das Klagerecht gegen die Gesellschaft auf die Erstellung einer Bilanz zustehen kann, so kann ihm jedoch in keinem Fall das Recht gegeben sein, ohne Bilanz seinen Anteil an dem von ihm behaupteten Reingewinn einzuklagen (vgl. die für die Tantiemeberechtigten ergangene Entscheidung des RG in JW 1938, 2413). Dem stehen das Interesse der Gläubiger und der Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals entgegen. 24
c) Feststellung der Bilanz Die jährliche Bilanz der Gesellschaft i. S. des § 29 Abs. 1 ist die festgestellte Bilanz. Erst der Feststellungsbeschluß macht die Bilanz endgültig und für die Gesellschaft verbindlich (vgl. Anmerkungen zu § 46; ferner zum AktG: Brönner in Großkomm. AktG § 172, 2; Kropf in Gessler\Hefermehl\Eckardt\Kropjf AktG § 172, 9). Die von der Geschäftsführung aufgestellte aber noch nicht festgestellte Bilanz kann noch keine Rechte, insbesondere nicht das Recht auf den in der Bilanz ausgewiesenen Reingewinn, zur Entstehung bringen (unzutreffend Baur in Soergel-Siebert, BGB 10. Aufl. § 1068, 8). Das Vorliegen einer festgestellten Bilanz ist auch Voraussetzung (260)
Verteilung des Reingewinns (Goerdeler/Müller)
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für die Beschlußfassung über die Gewinnverteilung, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung vorsieht. Die Feststellung der Bilanz obliegt den Gesellschaftern (§46 Nr. 1), wenn hierfür nicht nach der Satzung ein anderes Organ zuständig ist (§45 Abs. 2). Ähnlich wie bei der Bilanzaufstellung ergibt sich auch hier die Frage, was ein Gesellschafter tun kann, wenn eine Gesellschafterversammlung zur Feststellung der Bilanz, nicht oder nicht in angemessener Zeit, einberufen wird. Nach § 50 können Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, jederzeit die Einberufung einer Gesellschafterversammlung fordern; sie können auch die Aufnahme der Beschlußfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses in die Tagesordnung erzwingen (§50 Abs. 2) und sie haben schließlich das Recht zur Selbsthilfe, wenn die Gesellschaft dem Verlangen nicht nachkommt (§50 Abs. 3). Diese Möglichkeit haben allerdings Gesellschafter nicht, deren Geschäftsanteile zusammen weniger als 10% des Stammkapitals auf sich vereinen. Wird jedoch die Bilanzfeststellung von der Geschäftsführung oder den Mehrheitsgesellschaftern verhindert oder in unangemessener Weise verzögert, so muß man aus den gleichen Erwägungen wie bei der Bilanzaufstellung (vgl. Rdn. 23) den Minderheitsgesellschaftern die Möglichkeit einer Klage gegen die Gesellschaft auf Abhaltung einer Gesellschafterversammlung, in der über die Bilanz Beschluß gefaßt werden soll, geben (so auch Baumbach-Hueck 2 C und Vogel 3). Die Klage auf Abhaltung einer Gesellschafterversammlung kann natürlich mit der Klage auf Bilanzaufstellung verbunden werden. Notwendig ist dies jedoch nicht, insbesondere ist die Bilanzaufstellung nicht nur über eine Klage auf Abhaltung einer Gesellschafterversammlung durchzusetzen (so noch 6. Aufl. Anm. 3). Sie kann vielmehr selbständig verfolgt werden. Dies ist schon deshalb sinnvoll, weil sich aus der Aufstellung der Bilanz z. B. ergeben kann, daß ein Reingewinn gar nicht vorliegt und damit — aus dem Gesichtspunkt des § 29 — ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf Abhaltung einer Gesellschafterversammlung nicht gegeben ist. Eine weitere Frage ergibt sich, wenn zwar eine Gesellschafterversammlung 25 abgehalten und die Bilanz vorgelegt, die Genehmigung der Gesellschafter mit der erforderlichen Mehrheit aber nicht erteilt wird. Es gibt keine Klage des einzelnen Gesellschafters, daß die Versammlung in bestimmter Weise abstimmen müsse, ebensowenig, daß sie die Bilanz zu genehmigen habe. Es gibt keine Pflicht der Gesellschafter, eine Bilanz gutzuheißen (BGZ 49 141,145f.). Nur bei der Genehmigung einer Bilanz, die gegen Gesetz oder Statut verstößt, ist dem verletzten, nicht zustimmenden Gesellschafter die Anfechtung gegeben (vgl. Anhang zu § 47). Ferner wird auch hier, wie bei Weigerung der Geschäftsführung zur Aufstellung der Bilanz, zu prüfen sein, ob in der Ablehnung, eine ordnungsgemäß aufgestellte Bilanz festzustellen, eine gesetz- oder sogar sittenwidrige Vergewaltigung der Minderheit durch die Mehrheit liegt. Es ist heute anerkannt, daß auch die Beziehungen der Gesellschafter untereinander von der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht beherrscht werden (§13, 7; §14, 23f.; grundlegend BGH NJW 1976 191 mit zustimmender Anmerkung von Ulmer und BB 1975 1450 mit zustimmender Anmerkung von Schilling im Anschluß an Ballerstedt S. 181ff.;Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft 1970 S. 270ff. und Wiedemann, Festschrift für Barz 1974 S. 568ff.). Daraus ist jedenfalls abzuleiten, daß die Gesellschafter einander zur Mitwirkung bei der Feststellung des Jahresabschlusses verpflichtet sind (§ 13, 7; Ballerstedt S. 185). Darin ist allerdings nicht ohne weiteres die Verpflichtung zur Zustimmung zu einem Jahresabschluß mit bestimmtem Inhalt enthalten. Ein Gesellschafter ist nicht schlechthin verpflichtet, einen Gesetz und Satzung entsprechenden Jahresabschluß (261)
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festzustellen, jedenfalls dann nicht, wenn im zulässigen Rahmen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte ausgeübt werden können (Rdn. 26). Eine Verpflichtung zur Feststellung kann sich jedoch dann ergeben, wenn jede andere Abstimmungsentscheidung der Rechtspflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft und/oder der Mitgesellschafter widersprechen würde. Dabei sind die Interessen der Gesellschaft (vgl. § 14, 25), aber auch die Interessen der Gesellschafter in wirtschaftlich vertretbarer Weise gegeneinander abzuwägen (vgl. Rdn. 27). Wenn die Feststellung einer Bilanz nicht zu erreichen ist, so bleibt nichts übrig, als die Gesellschaft gemäß § 61 zur Auflösung zu bringen (RGZ 49 141, 146). Bei der Feststellung der Bilanz hat jeder Gesellschafter wie beim Gewinnverteilungsbeschluß das Recht, mitzustimmen, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt (Schol^ 15). Daraus allein, daß dem Gesellschafter kein Anspruch auf den Gewinn zusteht kann kein Ausschluß seines Stimmrechts gefolgert werden, wenn auch Gewinn- und Stimmrecht zugleich durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen sein können (BGHZ 14 264; Rdn. 46/47). Der vom Gewinn ausgeschlossene Gesellschafter übt bei der Bilanzfeststellung und dem Gewinnverteilungsbeschluß nur ein ihm zustehendes Recht aus. 26 Neben dem Gewinnverteilungsbeschluß (Rdn. 40 f.) ist der Bilanzfeststellungsbeschluß die für die Höhe des obligatorischen Gewinnanspruchs entscheidende Voraussetzung. Die Feststellung obliegt bei der GmbH ausschließlich der Gesellschafterversammlung, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag eine andere Regelung vorsieht. Damit steht die Bilanz voll zur Disposition der Gesellschafterversammlung, die auch von dem Bilanzentwurf der Geschäftsführung abweichen kann (vgl. Anmerkungen zu § 46). Insbesondere kann die Gesellschafterversammlung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten anders Gebrauch machen als die Geschäftsführung vorgeschlagen hat (vgl. hierzu die Anmerkungen zu § 42). Allerdings ist die Gesellschafterversammlung bei der Bilanzfeststellung nicht völlig frei: sie ist an die gesetzlichen (insbesondere §§ 39 ff. HGB) und gesellschaftsvertraglichen Vorschriften (wegen Rücklagenbildung vgl. Rdn. 48) gebunden und kann sich im übrigen nur im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung bewegen. Doch lassen diese Grenzen einen immerhin beachtlichen Spielraum, dessen Ausnützung nicht unerhebliche Auswirkungen auf den ausgewiesenen Reingewinn und damit auf den Gewinnanspruch des Gesellschafters haben kann. Sieht der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes vor, erfolgt die Beschlußfassung über die Bilanzfeststellung nach § 46 Nr. 1 mit einfacher Mehrheit (§47 Abs. 1 und BGH DB 1974 716, 717). Der Minderheitsgesellschafter muß sich insoweit grundsätzlich dem Willen der Mehrheit beugen, auch wenn durch zulässige — wenn auch nicht notwendige — Bilanzierungsmaßnahmen sein Gewinnanspruch aus § 29 betragsmäßig herabgesetzt wird. Der Minderheitsgesellschafter ist allerdings nicht in allen Fällen einer Mehrheitsentscheidung schutzlos ausgeliefert. Wie schon erwähnt, ist die Gesellschafterversammlung bei der Bilanzfeststellung, wie die Geschäftsführung bei der Bilanzaufstellung, an das Gesetz, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung, sowie an die Vorschriften des Gesellschaftsvertrages gebunden. Verstößt die Bilanzierung bzw. der Feststellungsbeschluß gegen diese Regeln, kann Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit gegeben sein (vgl. Anmerkungen zu § 42 und zu § 47). Ein Gesellschafter, der sich durch die Bilanzfeststellung in seinen Rechten beeinträchtigt fühlt, kann also mit der Anfechtungsklage oder der Geltendmachung der Nichtigkeit einen Bilanzfeststellungsbeschluß beseitigen. Er kann aber nicht gleichzeitig eine bestimmte Bilanzierung bzw. Bilanzfeststellung einklagen. Ein die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begrün(262)
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dender Mangel liegt nicht schon dann vor, wenn Zweifel an der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit eines Bilanzansatzes bestehen, ohne daß die Grenzen des kaufmännisch Vertretbaren bereits überschritten erscheinen (BGH WM 1970 1165; DB 1974 717). Diese Fragen entscheidet die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit. Es muß sich vielmehr um Verstöße gegen gesetztliche oder satzungsmäßige Bestimmungen oder gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung handeln, insbesondere kommen hier Verstöße gegen die Bewertungsvorschriften (§42 GmbHG und § 40 HGB) in Betracht. Darüberhinaus ist der Bilanzfeststellungsbeschluß auch anfechtbar, wenn er 27 unter Mißbrauch des Stimmrechts oder sonst auf sittenwirdrige Weise zustandegekommen ist (BGH DB 1974 717). Für den Mißbrauch des Stimmrechts ist § 243 Abs. 2 AktG entsprechend heranzuziehen (BGH WM 1970 1165ff.; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 3D; Fischer NJW 1954 779). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn durch den Beschluß absichtlich ein Gesellschafter in seinem Anspruch auf Gewinn benachteiligt wird (RGZ 87 386; Colmar OLRG 10 241; Hamburg OLGR 30 379; Scholz 14). Ob ein Anspruch nach § 826 BGB in diesen Fällen gegen die Gesellschafter, die den Beschluß gefaßt haben, gegeben ist, kann nur eine Prüfung des Einzelfalles ergeben (so die genannten Entscheidungen). Eine Gewinnbenachteiligung liegt z. B. dann vor, wenn die Bewertung der Aktiva oder die Vonahme von Abschreibungen in der Bilanz nicht nach dem pflichtmäßigen, kaufmännischen Grundsätzen entsprechenden Ermessen erfolgte (vgl. RGZ 94 213 über die Unzulässigkeit eines Sonder-Abschreibungskontos). Einen besonders instruktiven Fall behandelt BGH DB 1974 716ff.Dort wurde eine Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer bilanziell durch eine Einmalrückstellung in einer so erheblichen Größenordnung berücksichtigt, daß sich im betreffenden Geschäftsjahr ein Verlust ergab und auch künftige Jahre durch den Verlustvortrag berührt werden konnten. Damit konnte ein Gesellschafter, der seine Anteile nur für eine bestimmte Zeit hielt, ggf. vom Gewinn endgültig ausgeschlossen sein. Der BGH hat sich daran ausgerichtet, ob die Pensionsrückstellung „im Hinblick auf die zu erzielende augenblickliche Steuerersparnis kaufmännisch zu verantworten war, oder ob sich bei vernünftiger wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung eine volle Ausschöpfung der steuerlichen Möglichkeiten von selbst verbot". In einem anderen Falle (BGH NJW 1966 2055; in WM 1966 1133ff.ausführlicher wiedergegeben), hatte die Gesellschafterversammlung im Zuge der Bilanzfeststellung eine Reihe von handelsrechtlich zulässigen Rückstellungen im höchstmöglichen Umfange gebildet und einen erheblichen Gewinnvortrag nicht ausgeschüttet. Da die Mehrheitsgesellschafter ein Ankaufsrecht für die Anteilsrechte der Minderheitsgesellschafter zum halben Wert hatten, konnten sie durch eine Reduzierung (Manipulierung) des bilanziellen Reingewinns die Minderheitsgesellschafter benachteiligen. Zur Würdigung der beanstandeten Bilanzierungsmaßnahmen führt der BGH aus: „Sie sind daher nicht bloß auf ihre handelsrechtliche Zulässigkeit, sondern auch daraufhin nachzuprüfen, ob sie für das Unternehmen notwendig waren und sich nicht im Hinblick auf das Ankaufsrecht zum halben Wert nach Lage der guten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten verboten." Zwar wird man einräumen müssen, daß sich diese vom BGH aufgestellten Kriterien nicht durch besondere Prägnanz auszeichnen. Trotzdem läßt sich daraus entnehmen, daß handelsrechtlich und steuerlich zulässige Bilanzierungsmaßnahmen und Wahlrechte nicht ohne Rücksicht auf die Gesellschafter, insbesondere Minderheitsgesellschafter, und deren Gewinnansprüche ausgeübt werden dürfen. Bei „vernünftiger wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung" darf näm(263)
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lieh nicht nur das Interesse der Gesellschaft an einer Stärkung der Eigenmittel, sondern muß auch das Interesse der Gesellschafter an einer der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft entsprechenden Gewinnausschüttung berücksichtigt werden. Dies entspricht auch der neueren Auffassung zur Treuepflicht der Gesellschafter untereinander (Rdn. 25; § 13, 7; 14, 23, BGH NJW 1976 191). Aus dem Urteil des BGH (DB 1974 716f.) läßt sich auch entnehmen, daß mit der Anfechtungsklage gegen den Bilanzfeststellungsbeschluß eine Nachprüfung dahin erreicht werden kann, ob passivierte Verpflichtungen wirklich bestehen und — wenn ihr Bestand zweifelhaft ist — ob der Rückstellungsbedarf nicht zu hoch angesetzt wurde. Die gerichtliche Nachprüfung ist allerdings nach Auffassung des BGH (WM 1970 1165) darauf beschränkt, ob ein Verstoß gegen Gesetz oder Satzung oder ein Mißbrauch des Stimmrechts vorliegt; die kaufmännische Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit kann nicht nachgeprüft werden. Umgekehrt ist allerdings festzuhalten, daß die Gesellschafterversammlung im Rahmen des Beschlusses über die Bilanzfeststellung an die zwingenden gesetzlichen oder satzungsmäßigen Vorschriften über Gliederung und Bewertung und an die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung gebunden ist (Rdn. 26), und daß die Einhaltung solcher Vorschriften von Minderheitsgesellschaftern — auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs des Stimmrechts — angegriffen werden kann (vgl. im einzelnen Anm. zu § 42). 28 In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob § 29 eine Grenze für die Bildung stiller Reserven im Zuge der Bilanzaufstellung und Bilanzfeststellung enthält. Zu den stillen Reserven vgl. ausführlich Anmerkungen zu § 42. Hier ist nur darauf einzugehen, ob sich aus § 29 Gründe für die Unzulässigkeit der Legung stiller Reserven ergeben. Eine Stellungnahme zu den verschiedenen in der Literatur vertretenen Meinungen (vgl. z. B. Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970 S. 201 ff.; Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften, 1967 S. 54ff., Döllerer BB 1967 1347) setzt zunächst eine zutreffende Abgrenzung voraus (vgl. dazu RegBegr. zum AktG 1965 Ausgabe Kropff S. 238). Stille Reserven können einmal entstehen als Zwangsreserven aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung sowie ausdrücklicher Satzungsbestimmungen. Hier ist insbesondere an die Höchstwertvorschriften zu denken, die einen Wertansatz über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten verbieten. Solche stille Reserven sind notwendige Folge gesetzlicher oder satzungsmäßiger Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften. Wegen ihrer zwangsläufigen Entstehung können sie den Gewinnanspruch des § 29 nicht verletzen. Gleiches gilt für die sogenannten Schätzreserven, die notwendigerweise durch die mit jeder Schätzung von Bilanzansätzen verbundene Unsicherheit entstehen ( K r o p f f aaO). Sie sind ganz einfach die Folge davon, daß es aufgrund der UnvoUkommenheit menschlicher Erkenntnis unmöglich ist, zum Bilanzstichtag alle Vermögensgegenstände und Schulden mengenund wertmäßig exakt zu erfassen. Die Geschäftsführung muß bei der Bilanzaufstellung und die Gesellschafter müssen bei der Bilanzfeststellung nach dem Vorsichtsprinzip verfahren (Adler-Düring-Schmalt£ § 149, 82f.). Stille Reserven, die bei einer diesen Grundsätzen entsprechenden Bilanzaufstellung und -feststellung entstehen, mindern zulässigerweise den Reingewinn und verletzen nicht den Gewinnanspruch des Gesellschafters. Die Legung stiller Reserven (von der Begründung zum RegE AktG 1965, Kropff S. 238, stille Rücklagen genannt), die in einen Interessenwiderstreit mit dem Gewinnanspruch des § 29 kommen können, beginnt erst bei den sogenannten Ermessensreserven (teilweise auch Willkürreserven genannt), also (264)
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Reserven, die nicht zwangsläufig aufgrund Gesetz und Satzung oder aufgrund vorsichtiger Schätzung entstehen. Dies kann etwa bei der Ausübung von Bewertungsund Abschreibungswahlrechten der Fall sein; beispielhaft sei auf die Übernahme steuerlicher Sonderabschreibungen oder Bewertungsabschläge in die Handelsbilanz, auf die verschiedenen Wahlrechte bei der Bewertung des Vorratsvermögens oder auf Bewertungsabschläge, die generell — ohne Rücksicht auf steuerliche Vorschriften — auf das Anlage- und Umlaufvermögen gemacht werden, hingewiesen (vgl. im einzelnen Anmerkungen zu § 42 und Adler-Düring-Schmalt% § 149, 101 ff.). Hier handelt es sich nicht darum, den handelsrechtlich zutreffenden Wertansatz zu finden, sondern um Fragen der Finanzierung (Selbstfinanzierung; vgl. Kropff aaO S. 238) und der Vorsorge für die Zukunft durch die Schaffung finanzieller Polster. Deshalb wird die Bildung solcher Ermessensreserven manchmal auch als verdeckte Gewinnthesaurierung bzw. als Gewinnverwendung qualifiziert (Eder GmbHRdsch. 1965 194; Immenga aaO, S. 202, 204). Die Bildung stiller Reserven durch Unterbewertung von Aktiven führt zu einer Gewinnverlagerung, soweit es sich um abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens oder um Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens handelt. Die Ergebnisse späterer Gewinnermittlungsperioden werden durch geringere Abschreibungen oder durch höhere Veräußerungsgewinne zwangsläufig verbessert. Bei nicht abschreibungsfähigen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (z. B. Grundstücken oder Beteiligungen) erfolgt die Realisierung der stillen Reserven bei späterer Veräußerung ggf. erst bei der Liquidation der Gesellschaft und schlägt sich dort in einer automatischen Ergebnisverbesserung nieder. Eine solche Gewinnverlagerung kann in der Tat als verdeckte Gewinnverwendung qualifiziert werden und es ergibt sich die Frage, ob und inwieweit eine Gewinnverlagerung in andere (spätere) Perioden mit dem Gewinnanspruch des § 29 Abs. 1 vereinbar ist. Die Bildung so verstandener Ermessensreserven verstößt jedenfalls nicht 29 grundsätzlich gegen § 29 Abs. 1. Schon das RG hat in RGZ 156 52, 56 (= RG JW 1936 3188) ausgesprochen, daß es „einem gesunden und durchaus berechtigten kaufmännischen Bedürfnis" entspreche, „das Unternehmen dadurch vor Erschütterungen zu bewahren, daß man gewisse unvermeidliche Konjunkturschwankungen und unvorhersehbare Verluste durch Bildung und Auflösung stiller Rücklagen möglichst unauffällig ausgleicht" und in der grundlegenden Entscheidung RGZ 116 119, 133 festgestellt, daß stille Reserven insoweit aber auch nur insoweit zulässig seien, „als sie nach gewissenhafter, sorgfältiger kaufmännischer Abwägung aller Verhältnisse notwendig sind, um das Unternehmen für die nächste Zukunft, d. h. etwa für die nächsten zwei Jahre, lebens- und widerstandsfähig zu erhalten". An dieser Eingrenzung ist auch heute noch festzuhalten, wenn auch der Zeitraum von zwei Jahren aus heutiger Sicht, insbesondere aus der Sicht einer zumindest mittelfristigen Unternehmensplanung, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, übrigens auch vom RG später nicht mehr erwähnt wird (RGZ 156 52ff.). Eine Gewinnverlagerung innerhalb dieser Grenzen, die dem wohlverstandenen Interesse von Gesellschaft und Gesellschafter entspricht, muß die einfache Mehrheit im Rahmen der Bilanzfeststellung beschließen können, ohne den Gewinnanspruch von widersprechenden Minderheitsgesellschaftern aus § 29 zu verletzen. Dagegen kann nicht eingewandt werden, daß diese Grundsätze des RG, die für das damals geltende Aktienrecht aufgestellt wurden, nicht auf die GmbH übertragen werden dürfen. Die früheren aktienrechtlichen Vorschriften (§213 HGB und §52 AktG 1937) entsprachen in der Formulierung dem § 29 (Reingewinn, der sich aus der Jahresbilanz ergibt). Ballerstedt (aaO S. 94) meint zwar, daß die seit RGZ 116 113 für das Aktien(265)
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recht geltenden, die Bildung stiller Reserven im Rahmen kaufmännischen Ermessens zulassenden Grundsätze nicht auf die GmbH angewandt werden könnten; und er leitet daraus, daß die GmbH „in zahlreichen Fällen" nicht der Errichtung eines Unternehmens diene, sondern in die Erwerbszwecke der Gesellschafter als Verkaufsstelle u. ä. eingegliedert würde, den Satz ab, daß bei einer GmbH die Bildung stiller Reserven immer willkürlich ist, wenn sie nicht nach der Satzung oder ihrer Auslegung zulässig sei. Diese Auffassung ist zu eng, da sie nicht die mindestens ebenso zahlreichen Fälle berücksichtigt, in denen die GmbH ein durchaus selbständiges Unternehmen — wie eine AG — betreibt. Ähnlich wie Ballerstedt auch Immenga (aaO S. 205). Sein Argument, daß die GmbH keine gegenüber den Gesellschaftern streng gesonderte Vermögenssphäre habe, die Voraussetzung für eine von den Gesellschaftern möglichst unabhängige Rücklagenbildung sei, vermag weder für stille noch für offene Reserven zu überzeugen (vgl. auch Wiedemattn Juristische Person und Gesamthand als Sondervermögen, WM, Sonderbeilage Nr. 4/1975 9 ff.). Die Vorschriften des AktG 1965, die die Bildung stiller Reserven durch das System fester Wertansätze erheblich eingeschränkt haben (vgl. dazu Adler-DüringSchmalt\ Vorbem. zu §§153 bis 156, 6 ff.) können auf die GmbH nicht ohne weiteres übertragen werden (zutreffend Falkenhausen aaO, 55; ferner Anmerkungen zu § 42); dies ergibt sich schon daraus, daß die Bilanzfeststellung zwingend in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung oder des satzungsmäßig berufenen anderen Organs fällt und daß das GmbHG, von besonderen Bestimmungen in der Satzung abgesehen, keine Rücklagenbildung durch die Geschäftsleitung (entsprechend § 58 Abs. 2 AktG) kennt. Allerdings wird man verlangen müssen, daß die Gesellschafterversammlung bei dieser „bewußten" Reservenbildung ausreichend informiert wird, um sich über deren Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit ein Bild machen zu können, was besonders bedeutsam ist, wenn eine Mehrheitsgruppe einer Minderheitengruppe gegenübersteht. Dies folgt aus der Treuepflicht und dem Willkürverbot (so zutreffend Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, 1964, S. 205ff.; ferner BGH BB 1975 1450). 30 Der Gewinnanspruch aus § 29 wird jedoch verletzt, wenn stille Reserven willkürlich oder in der Absicht, den Gewinnanspruch zu vermindern oder zu vereiteln, gebildet werden, sofern die in Rdn. 29 geschilderten Grenzen überschritten werden (vgl. auch Rdn. 27 und Ulmer in Anmerkung zu BGH Urteil vom 10. 5.1976 BB 1976 950). Ferner liegt eine Verletzung des § 29 vor, wenn stille Reserven in unzulässigen Formen gebildet werden (vgl. Adler-Düring-Schmalt% § 149, 104), z. B. durch — — — — — —
Weglassen von Aktiven aus der Bilanz, Verbuchung von Anlagezugängen als Aufwand, falsche Verbuchung des Abgangs, falsche Periodenabgrenzung bei schwebenden Geschäften, Einsetzung fiktiver Kreditoren, Einsetzung fiktiver Rückstellungen.
Hieraus ergibt sich, daß beim Fehlen einer zulassenden Bestimmung des Gesellschaftsvertrages der Anspruch des einzelnen Gesellschafters auf den Jahresgewinn nicht durch die willkürliche Minderbewertung von Vermögensgegenständen vereitelt oder geschmälert werden darf (RGZ 94 213, 214). Stille Reserven, die mit der (266)
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Bewertung einzelner Vermögensgegenstände nichts mehr zu tun haben (z. B. nur im Interesse einer konstanten Dividendenpolitik gelegt werden), können den Anspruch des Gesellschafters aus § 29 Abs. 1 verletzen (RGZ 94 213 noch einschränkender als später RGZ 116 119ff. und RGZ 156 52f£). Zur Behandlung der stillen Reserven in der GmbH-Reform vgl. Rdn. 6. Zur Frage, ob und in welchem Umfang offene Rücklagen bereits bei der Bilanzfeststellung gebildet werden dürfen, vgl. Rdn. 48. Mit dem Bilanzfeststellungsbeschluß ist ein weiteres Merkmal für die Umwand- 31 lung des zunächst mitgliedschaftsrechtlichen Gewinnanspruchs in einen obligatorischen Anspruch erfüllt. Es ergibt sich die Frage, ob ein einmal gefaßter Bilanzfeststellungsbeschluß ohne Rücksicht auf § 29 Abs. 1 geändert werden kann. Der BGH scheint dies für den insoweit gleichlautenden § 52 AktG 1937 nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulassen zu wollen, macht aber die Einschränkung, daß eine Gewinnverteilung nicht vorgenommen werden dürfe, wenn ein „Bilanzfehler" vorliege (BGHZ 23 150, 154). Dem wird man für die GmbH nur mit Einschränkungen folgen können. Liegen noch nicht alle Entstehungsvoraussetzungen des obligatorischen Gewinnanspruchs vor (ist z. B. der Gewinnverteilungsbeschluß noch nicht gefaßt), wird man eine Änderung des Bilanzfeststellungsbeschlusses mit der gleichen Mehrheit für zulässig halten müssen, die für die erstmalige Beschlußfassung erforderlich war. Ist der obligatorische Gewinnanspruch dagegen entstanden, kann eine Änderung des Feststellungsbeschlusses den Gewinnanspruch grundsätzlich nicht mehr berühren. Man wird deshalb eine Änderung des Bilanzfeststellungsbeschlusses, die zu einem geringeren Reingewinn führt, nicht mehr zulassen können. Der Ausweis eines niedrigeren Reingewinns kann dann nur noch durch Geltendmachung der Nichtigkeit oder durch Anfechtungsklage gegen den Bilanzfeststellungsbeschluß erreicht werden; vgl. auch Rdn. 35. Die Satzung kann auch bestimmen, daß die von den Geschäftsführern aufgestellte Bilanz für die Gesellschaft maßgeblich und demzufolge ein besonderer Bilanzfeststellungsbeschluß gemäß § 46 Nr. 1 entbehrlich ist. Ein solcher Verzicht auf Bilanzfeststellung wird durch § 45 gedeckt. Im Gegensatz zur Aufstellung (§39 Abs. 2 HGB) ist die Bilanzfeststellung keine allgemein dem Kaufmann obliegende Pflicht, von der naturgemäß auch die Satzung nicht abweichen könnte. Bei einer solchen Ausgestaltung entfällt auch der Bilanzfeststellungsbeschluß als besondere Voraussetzung des Gewinnanspruchs des Gesellschafters. Zu dem ähnlichen Problem für den Gewinnverteilungsbeschluß vgl. Rdn. 40 am Ende. d) Rechtsbeständigkeit der jährlichen Bilanz Ein Anspruch auf den Reingewinn entsteht nur, wenn sich der Reingewinn aus 32 einer gültigen Bilanz ergibt. aa) Nichtigkeit Zu den Nichtigkeitsgründen vgl. Anmerkungen zu § 42 und Anhang zu § 47. 33 Ein sich aus einer nichtigen Bilanz ergebender Reingewinn kann nicht zur Entstehung des obligatorischen Dividendenbezugsrechts führen. Wird trotzdem ein aus einer nichtigen Bilanz sich ergebender Reingewinn an die Gesellschafter verteilt, so brauchen die Gesellschafter Beträge, die sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, nach § 32 nicht zurückzuzahlen. Voraussetzung ist allerdings, daß eine Auszahlung auch tatsächlich erfolgt ist und daß sie das Stammkapital nicht gemindert hat (§ 31). War der Gesellschafter dagegen nicht in gutem Glauben, ist er der Gesellschaft nach § 812 BGB zur Rückzahlung verpflichtet (§ 32, 4ff. und 7fF.). (267)
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Obwohl das GmbHG eine Heilung der Nichtigkeit nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht kennt, muß man doch annehmen, daß die Nichtigkeit von demjenigen, der sich darauf berufen will, mit der ihm „billigerweise zumutbaren Beschleunigung" geltend gemacht werden muß (BGHZ 11 231). Kann die Nichtigkeit von keinem Betroffenen mehr geltend gemacht werden, so wird man auch hier, wie im Aktienrecht, von einer Heilung der Nichtigkeit sprechen können; dann kommt jedoch auch ein Anspruch der Gesellschaft aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung eines aufgrund einer nichtigen Bilanz ausgezahlten Reingewinns nicht mehr in Frage.
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bb) Anfechtbarkeit Eine erfolgreiche Anfechtung des Bilanzfeststellungsbeschlusses (dazu Anhang zu § 47) führt zur Vernichtung des Beschlusses und damit auch zur Vernichtung der diesem Beschluß zugrundeliegenden Bilanz. Die Bilanz muß neu aufgestellt und festgestellt werden. Im Ergebnis hat die erfolgreiche Anfechtung die gleichen Rechtsfolgen wie die Nichtigkeit: Eine Bedingung für die Entstehung des obligatorischen Gewinnanspruches ist nicht eingetreten. In gutem Glauben bezogene Gewinnanteile können, im Rahmen des § 32, bei den Gesellschaftern verbleiben. Im übrigen sind sie der Gesellschaft als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben. Es kann sich jedoch auch aufgrund einer — nun unter Vermeidung des Anfechtungsgrundes — neu aufgestellten und festgestellten Bilanz ein schuldrechdicher Gewinnanspruch ergeben, der dann mit dem Rückforderungsanspruch verrechnet werden kann. cc) Durch Gesellschafterbeschluß aufhebbare Bilanz Ein Gesellschafterbeschluß kann durch einen neuen Beschluß aufgehoben oder abgeändert werden, soweit durch ihn nicht selbständige Rechte der Gesellschafter oder Dritter begründet worden sind. Ob der ursprüngliche Beschluß fehlerhaft ist oder auf einen Irrtum einzelner oder aller Gesellschafter beruht oder ob die Gesellschafter mit der Abänderung oder Aufhebung nur eine andere Ermessensentscheidung treffen wollen, macht keinen Unterschied. Findet sich für eine Abänderung oder Aufhebung eines Gesellschafterbeschlusses die erforderliche Mehrheit, so muß sich die Minderheit dem neuen Beschluß fügen, sofern dieser nicht anfechtbar ist und soweit auf der Grundlage des abgeänderten oder aufgehobenen Beschlusses nicht selbständige Rechte Dritter begründet waren. Dies gilt jedenfalls, sofern und solange die Aufhebung oder Änderung des Feststellungsbeschlusses nicht willkürlich ist (BGHZ 23 150,152; BFH DB 1973 703, 704). Zur steuerlichen Anerkennung der Änderung eines Bilanzfeststellungsbeschlusses vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG und BFH DB 1973 703. Diese Grundsätze auf die Bilanzfeststellung angewandt ergeben: da der Bilanzfeststellungsbeschluß allein keine selbständigen Rechte begründet, kann er von der Gesellschafterversammlung abgeändert oder aufgehoben und durch einen anderen Bilanzfeststellungsbeschluß ersetzt werden. Erst wenn aufgrund der vorangegangenen Bilanzfeststellung ein Gewinnverteilungsbeschluß gefaßt ist, ist eine Aufhebung des Bilanzfeststellungsbeschlusses in ihrer Auswirkung begrenzt. Erfolgt sie nämlich, so kann sie die durch den Gewinnverteilungsbeschluß begründeten Dividendenansprüche nach Vorliegen aller anderen Bedingungen nicht berühren, vorausgesetzt, daß der Gewinnverteilungsbeschluß selbst nicht anfechtbar oder nichtig ist. Die Mehrheit, die die Abänderung der Bilanz beschließt, mag freiwillig (268)
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damit auf die auch für sie begründeten Gewinnansprüche verzichten; die widersprechende Minderheit geht ihrer bereits erworbenen Gewinnansprüche nicht verlustig (vgl. Scholz 15; RGZ 87 385). Eine Bilanzänderung nach Eintritt aller Voraussetzungen für die Entstehung des obligatorischen Gewinnanspruchs wird damit insoweit eingeschränkt, als Gewinnansprüche von Gesellschaftern nicht mehr berührt werden können, es sei denn diese würden einen Erlaß ihrer Forderungen aussprechen. Das bedeutet aber, daß in der geänderten Bilanz kein geringerer Reingewinn als in der ursprünglichen Bilanz ausgewiesen werden darf. Haben einzelne Gesellschafter auf ihren Gewinnanspruch ganz oder teilweise verzichtet, genügt es, wenn in der geänderten Bilanz ein Reingewinn ausgewiesen ist, der zur Befriedigung der noch bestehenden Gewinnansprüche ausreicht (vgl. auch Rdn. 96). 3. Reingewinn § 29 Abs. 1 gewährt den Gesellschaftern einen Anspruch auf den nach der 36 jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn (RGZ 101 160). Was hierunter zu verstehen ist, wird im GmbHG nicht ausdrücklich definiert, wenn auch gesagt wird, daß er in einer besonderen Gewinn- und Verlustrechnung (§41 Abs. 2) dargestellt und in einem besonderen Bilanzposten ausgewiesen werden muß (§42 Nr. 5; vgl. Scholz 4; Ballerstedt S. 90). Materiell ist dem Begriff jedoch nach wie vor der Inhalt beizulegen, den ihm das RG zu den insoweit gleichlautenden §§ 261 a bis 261 c HGB bzw. §§52 und 54 AktG 1937 gegeben hat (Ballerstedt aaO S. 42, etwas abweichend 6. Aufl. 3b). RGZ 156 52, 58 definiert Reingewinn und Reinverlust wie folgt: „Diese Ausdrücke sind nicht gleichbedeutend mit Betriebsgewinn und Betriebsverlust (vgl. RGZ 103 367, 371). Vielmehr ist der Reingewinn nur der Überschuß der Aktivposten über die Passivposten und der Reinverlust nur der Überschuß der Passivposten über die Aktivposten. Der Reingewinn und der Reinverlust sind also nur das rechnerische Ergebnis der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung, das man erhält, wenn man deren beide Seiten einander gegenüberstellt, und zwar bei der Bilanz unter Einbeziehung aller Rücklagen, soweit sie nicht erst aus dem Reingewinn des Jahres entnommen werden sollen, und bei der Gewinn- und Verlustrechnung unter Einbeziehung der für diese Rücklagen etwa einzusetzenden Aufwendungen oder — im Falle der Auflösung der Rücklagen — der dafür einzusetzenden Erträge." Der Begriff „Reingewinn" wird in der modernen Bilanzierungspraxis und Gesetzessprache nicht mehr verwendet. An seine Stelle ist der Begriff „Bilanzgewinn,, (und entsprechend „Bilanzverlust") getreten, wie er durch § 157 Abs. 1 Nr. 32 AktG definiert wird. Auch der RegE GmbHG spricht von Bilanzgewinn (z. B. §§ 45, 129 und 135). Dieser moderne Begriff kann auch in das GmbH Recht übernommen werden und ist inhaltlich mit Reingewinn in der Begriffsbestimmung des RG identisch (so auch Baumbach-Hueck 1 B). Es spielt also für die Anwendung des § 29 Abs. 1 keine Rolle, ob die Bilanz bzw. die Gewinn- und Verlustrechnung mit einem Reingewinn (Reinverlust) oder einem Bilanzgewinn (Bilanzverlust) abschließt, vorausgesetzt, daß die Posten inhaltlich dem in § 157 Abs. 1 Nr. 32 AktG bezeichneten Posten entsprechen. Im Folgenden werden deshalb die Begriffe Reingewinn und Bilanzgewinn synonym behandelt. Zu der Frage, wieweit im Reingewinn schon die Bildung von Rücklagen aus dem Jahresergebnis berücksichtigt werden kann vgl. Rdn. 48. Aus dieser Begriffsbestimmung ergeben sich für den Gewinnanspruch prak- 37 tisch bedeutsame Folgerungen: Ein Gewinnvortrag aus dem Vorjahr ist stets Teil (269)
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des Reingewinns und fällt damit jedes Jahr erneut unter § 29 Abs. 1. Wird die Bildung eines Gewinnvortrages beschlossen, so handelt es sich dabei um eine Gewinnverwendung (vgl. Rdn. 42). Im Gegensatz zur Bildung einer Rücklage wird die Gewinnausschüttung lediglich um ein Jahr aufgeschoben; im folgenden Jahr verliert der Gewinnvortrag seine Selbständigkeit wieder und vermehrt als einer der verschiedenen Rechnungsfaktoren den Ertrag, d. h. erhöht den Gewinn oder mindert den Verlust ( O L G Düsseldorf N J W 1 9 6 3 2080f.; R G Z 9 1 316, 318; Baumbach-Hueck § 42 3 B). Dies ergibt sich auch aus § 157 Abs. 1 Nr. 29 A k t G . Soll ein Gewinnvortrag endgültig in eine freie Rücklage umgewandelt werden, so sind hierfür die Voraussetzungen für die Bildung von Rücklagen zu beachten (vgl. Rdn. 48 ff. und O L G Düsseldorf aaO). Entsprechendes wie für den Gewinnvortrag gilt für den Verlustvortrag; er ist zur Ermittlung des Reingewinns v o m Jahresüberschuß zu kürzen. Selbst wenn im Geschäftsjahr ein Betriebsgewinn erzielt wurde, kann ein Verlustvortrag den Reingewinn aufzehren oder vermindern; eine andere Bilanzdarstellung ist unrichtig ( B F H D B 1973 1977). D e m kommt insbesondere Bedeutung zu, wenn ein handelsbilanzmäßiger Verlustvortrag steuerlich nach Ablauf der 5-Jahresfrist des § 10 d E S t G verfallen ist. Durch diese zeitliche Begrenzung im Steuerrecht kann es zu einer Besteuerung von Gewinnen kommen, obwohl die Gesellschaft in der Handelsbilanz den dort zeitlich unbeschränkt vorzutragenden Verlust abdecken muß. Der umgekehrte Fall kann sich bei einem steuerlichen Verlustrücktrag (BGBl. 1976 I 1054) ergeben. 38
Z u beachten ist, daß im GmbH-Recht der bilanzmäßig ausgewiesene Reingewinn nicht die H ö c h s t g r e n z e des Ausschüttbaren ist und daß nicht nur der Reingewinn — wie in § 58 Abs. 5 A k t G (Bilanzgewinn) — ausgeschüttet werden darf (Rdn. 1; Ballerstedt aaO S. 90; Vogel 4 ; Baumbach-Hueck Anm. 2c). Die Gesellschafter können grundsätzlich auch über den Gewinn hinaus Gesellschaftsvermögen verteilen, solange nicht das Stammkapital angegriffen wird. Praktisch erfolgt dies in der Regel über verdeckte Gewinnausschüttungen (dazu unten Rdn. 97). Bilanzmäßig ist nämlich außerhalb der verdeckten Gewinnausschüttung eine Verteilung von Eigenkapital, das durch offene oder stille Rücklagen repräsentiert wird, nur durch deren Auflösung denkbar, die zwangsläufig zu einer Erhöhung des Reingewinns führt und damit unter § 29 Abs. 1 fällt. Insoweit ergeben sich damit keine Besonderheiten gegenüber der Aktiengesellschaft. 39 A n dieser Stelle sei auch noch auf die Unterschiede hingewiesen, die zwischen dem oben beschriebenen „Reingewinn" und dem „Betriebsgewinn" einerseits und zwischen „Reingewinn" und steuerpflichtigem „ E i n k o m m e n " bzw. „ G e w i n n " andererseits bestehen (vgl. Ballerstedt S. 42). Die Begriffe sind nicht identisch. „Reingewinn" und „Betriebsgewinn" unterscheiden sich z. B. dadurch, daß im „Reingewinn", wie ausgeführt, Gewinn- und Verlustvorträge früherer Jahre berücksichtigt sind. Hieraus folgt, daß der Reingewinn größer oder kleiner als der Betriebsgewinn sein kann. Wegen des Begriffs „Betriebsgewinn", der selbst sehr unterschiedlich definiert wird, kann im einzelnen nur auf die betriebswirtschaftliche Fachliteratur verwiesen werden. D e m steuerpflichtigen Einkommen andererseits wird zwar der handelsbilanzmäßige „Reingewinn" zugrunde gelegt; es werden aber zur Ermitdung des steuerpflichtigen Einkommens Zu- und Abrechnungen vorgenommen, so die nichtabzugsfähigen Ausgaben (§ 12 K S t G z. B. Körperschaftsteuer und Aufsichtsratsvergütungen) hinzugesetzt, andere Positionen, wie schachtelbegünstigte Gewinne ( § 9 K S t G ) und steuerfreie Zinsen ( § 3 EStG), wieder abgesetzt. Wegen der Einzelheiten muß hier der Hinweis auf die steuerrechtliche Fachliteratur genügen. (270)
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4. Gewinnverteilungsbeschluß a) Notwendigkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses Nach Feststellung der Bilanz (Rdn. 24ff.) steht der „Reingewinn" i. S. des § 29 40 Abs. 1 für die Gesellschaft bindend fest (BGHZ 23 150, 152). Es fragt sich deshalb, ob für die Entstehung des obligatorischen Gewinnanspruchs noch der Gewinnverteilungsbeschluß (§ 46 Nr. 1) erforderlich ist, so wie dies im Aktienrecht (§§ 58 Abs. 4, 174 AktG) der Fall ist. Dies ist mit der h. M. zu bejahen (Ballerstedt S. 174; Baumbach-Hueck 2 B und § 46, 2 B; Scholz 3 ; Vo&el 2; RGZ 87 383; 98 320; 143 139; 167 68; RG DR 1941 1950; RG DR 1942 40; RFH 12 121; zum RefE des GmbHG hat allerdings das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland den Vorschlag gemacht, den Bilanzfeststellungs- und Gewinnverteilungsbeschluß zusammenzufassen; vgl. WPg 1970 283ff.). Die gegenteilige Auffassung steht mit dem Gesetz (§§29,46 Nr. 1) nicht in Einklang (so aber noch die 5. Aufl.; der Anmerkung Hachenburgs zu RG JW 1930 S. 3735 könnte man vielleicht schon eine Annäherung an die jetzt vertretene Auffassung entnehmen; Feine S. 364) und übersieht die konstitutive Bedeutung des Beschlusses. Die konstitutive Bedeutung ergibt sich daraus, daß der ausgewiesene Reingewinn keineswegs immer auch der zu verteilende Gewinn zu sein braucht, da bei entsprechender statutarischer Ermächtigung durch den Gewinnverteilungsbeschluß auch eine anderweitige Gewinnverwendung (z. B. Zuweisung zu einer Rücklage oder Gewinnvortrag) beschlossen werden kann {Baumbach-Hueck § 46 2 B). Übrigens geht auch das Steuerrecht (§19 Abs. 3 KStG) von der Notwendigkeit eines Gewinnverteilungsbeschlusses aus. In der Praxis wird meist — wie nach § 174 AktG — die Geschäftsführung mit der Vorlegung der aufgestellten Jahresbilanz einen Vorschlag zur Gewinnverteilung an die Gesellschafterversammlung machen. Ein Gläubigerrecht der Gesellschafter auf den Reingewinn eines Geschäftsjahres entsteht daher nicht bereits mit der Genehmigung der Bilanz, sondern erst mit dem Gewinnverteilungsbeschluß (h. M.; RGZ 98 318). Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn im Gesellschaftsvertrag im Rahmen des § 45 Abs. 1 die Notwendigkeit eines Gewinnverteilungsbeschlusses ausgeschlossen ist oder festgelegt wird, daß der sich aus der von der Geschäftsführung aufgestellten (vgl. Rdn. 21) oder von der Gesellschafterversammlung festgestellten Bilanz sich ergebende Reingewinn (Bilanzgewinn) ohne besonderen Gewinnverteilungsbeschluß an die Gesellschafter zu verteilen ist. Bei dieser Ausgestaltung entfällt der Gewinnverteilungsbeschluß als weitere notwendige Voraussetzung für das Entstehen des Gewinnanspruchs des Gesellschafters. Eines Gewinnverteilungsbeschlusses bedarf es nicht, wenn ein Dritter (auch ein Gesellschafter als Dritter) eine vertraglich eingeräumte, nur vom Vorhandensein eines bilanzmäßig ausgewiesenen Reingewinns abhängige Sondervergütung (z. B. auf Grund eines Besserungsscheines oder eines partiarischen Darlehens) beansprucht (RG JW 1930 3735 mit Anm. Hachenburg-, Heining GmbH-Rdsch. 1950 167). Es kommt hierbei auf den Wortlaut der Satzung und des betreffenden Vertrages an. Wenn auch nicht so deutlich wie im Aktienrecht (insbesondere seit dem AktG 41 1965) liegt auch dem GmbH-Recht die Unterscheidung zwischen Gewinnermittlung und Gewinnverwendung zugrunde. Die Gewinnermittlung ist mit der Feststellung der Jahresbilanz abgeschlossen; hier sind bereits Gewinn- und Verlustvorträge und ggf. die Auflösung von offenen Rücklagen — also die Behandlung der Ergebnisse aus Vorperioden — berücksichtigt. Das Gesetz geht davon aus, daß der so festgestellte Reingewinn (Bilanzgewinn) grundsätzlich auch ausschüttbar ist. Dies entspricht, wenn man von dem Problem der Erhaltung der Leistungsfähig(271)
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keit des Unternehmens bei sinkendem Geldwert einmal absieht, den betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen {Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 1970 S. 63). Die Frage, ob und ggf. in welchem Umfange nach Gesetz, Satzung oder Ermessen Gewinne thesauriert werden, ist keine Frage des Jahresabschlusses, sondern eine Frage der Gewinnverwendung {Leffson aaO). Es geht nicht um die Ermittlung eines Jahresergebnisses, sondern um dispositive unternehmerische Entscheidungen, z. B. ob das Unternehmen expandieren, ob eine gleichmäßige Dividendenpolitik sichergestellt werden, ob die Ertragsfähigkeit des Unternehmens — z. B. durch eine Substanzerhaltungsrücklage (vgl. Anmerkungen zu § 42) — gwährleistet werden soll etc. Hier gibt es schon nach allgemeinen Grundsätzen „kein legitimes Prinzip, dem gemäß die Interessen der Unternehmung denen der Gesellschafter übergeordnet sind; auch die — oft durchaus begründete — Absicht der Gesellschafter, ein Unternehmen stagnieren, schrumpfen oder eingehen zu lassen, ist in der Marktwirtschaft legitim" {Leffson aaO S. 68). Das Gesetz hat in § 29 Abs. 1 einen möglichen Interessengegensatz zwischen Unternehmen und Gesellschaftern im Grundatz zugunsten der Gesellschafter entschieden, indem es ihnen uneingeschränkt den Anspruch auf den Reingewinn gibt, es sei denn im Gesellschaftsvertrag sei etwas anderes bestimmt. Einschränkungen, wie sie das AktG 1965 zugunsten der Verwaltung (§58 Abs. 2) und der Hauptversammlung (§58 Abs. 3) und der RegE GmbHG (§45 Abs. 2) zugunsten der einfachen Gesellschaftermehrheit vorsehen, kennt das geltende GmbHG nicht. Dies wird wohl auch darauf zurückzuführen sein, daß der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß die Interessen der Gesellschaft und der Gesellschafter im Regelfall identisch sein werden, was für die personalistische Kapitalgesellschaft auch weitgehend zutrifft. b) Zurückbehaltung von Gewinn aufgrund des Gewinnverteilungsbeschlusses 42 Der Gesellschaftsvertrag kann die Gesellschafterversammlung verpflichten oder ermächtigen den Reingewinn anders als durch Ausschüttung an die Gesellschafter zu verwenden („soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein anderes bestimmt ist"; dazu unten Rdn. 48 ff.). Unklar ist jedoch die Rechtslage, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmung enthält oder lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt (dazu vgl. Rdn. 50). Kann die Gesellschafterversammlung — und wenn ja, mit welcher Mehrheit — auch ohne statutarische Ermächtigung Reingewinn von der Verteilung ausschließen ? Eine solche Möglichkeit wird wohl allgemein bejaht. Sie wird auch mit der für den Gewinnverteilungsbeschluß normalerweise erforderlichen einfachen Mehrheit ( § 4 7 Abs. 1) zugelassen, soweit es sich lediglich darum handelt, praktisch nicht verteilungsfähige Spitzenbeträge in Rücklage oder Gewinnvortrag zu stellen (BGHZ 23 150, 155; OLG Düsseldorf NJW 1963 2080f.; Schollj 14; Brodmann 5). Darüber hinaus gehen jedoch die Auffassungen über die Mehrheitserfordernisse weit auseinander. Folgende Meinungen lassen sich für den Fall einer fehlenden Regelung in der Satzung feststellen: aa) Eine von der Ausschüttung des gesamten Reingewinns abweichende Gewinnverwendung ist nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich {Rosiny GmbH-Rdsch. 1959 148f.; Sudhoff GmbH-Rdsch. 1961 118ff.; Falkenhausen aaO S. 55; wohl auch 6. Aufl. Anm. 4; RGZ 94 215; BGHZ 23 150,155 für den damals insoweit gleichlautenden § 52 AktG 1937; OLG Düsseldorf NJW 1963 2080; Begründung zu § 45 RegE GmbHG; ferner Fischer in Großkomm. AktG 2. Aufl. zu (272)
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§ 52 AktG 1937 Anm. 26 mit weiteren Hinweisen zu dem damals entsprechenden Problem bei der AG). Dabei kommt es wohl nicht auf die Zustimmung aller in einer Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen (Präsenz), sondern auf die Zustimmung aller möglichen Stimmen an. bb) Eine von der Ausschüttung des gesamten Reingewinns abweichende Gewinnverwendung ist mit Zustimmung einer satzungsändernden (qualifizierten) Mehrheit zulässig (BGH DB 1974 716ff.). Der BGH (aaO) führt — ohne sich mit seiner früheren Rechtsprechung zu § 52 AktG 1937 (BGHZ 23 150ff.)auseinanderzusetzen aus: „Während die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit stets den Jahresabschluß genehmigen und bei voller Ausschüttung auch über die Gewinnverteilung beschließen kann, muß eine qualifizierte Mehrheit vorliegen, wenn der im festgestellten Jahresabschluß ausgewiesene Gewinn ganz oder teilweise nicht ausgeschüttet, sondern z. B. einer Rücklage zugeführt oder auf neue Rechnung vorgetragen werden soll. Das verschärfte Mehrheitserfordernis gilt also nur für Gewinnverwendungsbeschlüsse und auch für diese nur, soweit über den festgestellten Bilanzgewinn anders als durch Verteilung unter die Gesellschafter verfügt werden soll." Auf der gleichen Linie liegt das Urteil des BGH vom 10. 5. 1976 (WM 1976 661 — BB 1976 948 mit Anmerkung von Ulmer). Das Urteil ist zwar für die KG ergangen, hat aber über diese Rechtsform hinausgreifende Bedeutung. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, daß eine Satzungsklausel, wonach eine bestimmte Mehrheit den Gesellschaftsvertrag ändern kann, „— wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt—grundsätzlich dahin zu verstehen sein (wird), daß Mehrheitsbeschlüsse über die Bildung von Rücklagen in diesem Umfange zulässig sein sollen." cc) Eine von der Ausschüttung des gesamten Reingewinns abweichende Gewinnverwendung ist mit Zustimmung einer einfachen Mehrheit zulässig (Wolany aaO, S. 198). Wolany stützt seine Auffassung auf die GmbH-Vertragsgrundlage und darauf, daß andernfalls dem Gewinnverteilungsbeschluß keine materielle, sondern eine bloß formale Bedeutung i. S. einer Klagbarkeitsvoraussetzung für den Gewinnanspruch zukommen würde. Die Palette der Auffassungen reicht also für den Fall des Fehlens einer gesell- ¡Q schaftsvertraglichen Regelung von dem Erfordernis der Einstimmigkeit bis zur Zulässigkeit der einfachen Mehrheitsentscheidung, wobei die Einstimmigkeit praktisch den Gewinnanspruch der Disposition der Gesellschafterversammlung entzieht. Hinzu kommt noch eine zur Grundsatzfrage unentschiedene Auffassung, die das Problem mehr pragmatisch über eine Relativierung der Anfechtungsgründe lösen will. So führt Scholz (Rdn- 14) aus: „ . . . so muß der Gesichtspunkt der Angemessenheit und des das ganze Recht durchziehenden „wichtigen Grundes" dahin führen, daß nicht wegen unterbliebener resdoser Ausschüttung zum Kadi gelaufen werden kann, daß vielmehr ein verhältnismäßig „unerheblicher" Betrag, mindestens zur Abrundung oder zur Rücklage für einen Unterstützungsfonds, der notleidend ist, oder wenn ein Rückgang der Geschäfte für das kommende Jahr zu erwarten ist, von der Gewinnverteilung ausgeschlossen werden darf." (ähnlich auch GmbH-Rdsch. 1959 143; unentschieden Eder Handbuch der GmbH, 3. Aufl., Rdn. 424). Die letztgenannte Auffassung muß zu schwierigen Abgrenzungsfragen und zur Rechtsunsicherheit führen, denn was ist schon ein „unerheblicher Betrag" oder wann und in welcher Höhe ist ein „Rückgang der Geschäfte" zu erwarten ? Der neueren Rechtsprechung des BGH (DB 1974 716ff.) ist zu folgen; eine qualifizierte Mehrheit ist erforderlich aber auch ausreichend. Zwar begründet der (273)
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BGH seine Auffassung nicht und setzt sich nicht mit seiner früheren Rechtsprechung zu § 52 AktG 1937 auseinander. Es lassen sich jedoch durchschlagende Gründe für die Richtigkeit seines Ausgangspunktes finden: Vertraglich kann durch Änderung des Gesellschaftsvertrages eine von § 29 Abs. 1 abweichende Gewinnverwendung vorgesehen werden ( Rdn. 48 ff.). Die Gesellschafterversammlung kann damit vor dem Gewinnverwendungsbeschluß mit satzungsändernder Mehrheit eine entsprechende Satzungsänderung herbeiführen und dann aufgrund Satzungsbestimmung Teile des Reingewinns in der Gesellschaft zurückbehalten. Da aber die Gewinnverwendung jährlich neue und andere Dispositionen erfordert, wäre die Satzungsänderung nach dem Gewinnverteilungsbeschluß sofort wieder aufzuheben. Die formale Durchführung einer Satzungsänderung würde damit zum reinen Selbstzweck und würde jeden Sinn verlieren (Boesebeck NJW 1960 2265, 2267). Es handelt sich um das gleiche Problem wie bei den satzungsdurchbrechenden Beschlüssen, wo für den Einzelfall von einer gesetzlichen oder statutarischen Regel abgewichen werden soll. Man wird deshalb eine von § 29 Abs. 1 abweichende Gewinnverteilung — auch ohne statutarische Ermächtigung — unter den gleichen Voraussetzungen zulassen müssen, wie satzungsdurchbrechende Beschlüsse. Der Beschluß muß damit alle Voraussetzungen einer Satzungsänderung erfüllen, mit alleiniger Ausnahme der für Satzungsänderungen vorgeschriebenen Eintragung im Handelsregister {Boesebeck NJW 1960 2267; auch die Eintragung im Handelsregister fordern Baumbach-Hueck Übersicht § 53, 1 B). Dazu gehören die — hier besonders wichtige — ordnungsmäßige Ankündigung, die durch Gesetz oder Satzung vorgeschriebene Mehrheit und schließlich die notarielle Beurkundung (Boesebeck aaO). Der BGH (DB 1974 716) scheint diese Formerfordernisse, abgesehen von der qualifizierten Mehrheit, nicht zu verlangen. Bei Einstimmigkeit sind diese in jedem Falle entbehrlich. Ist die Gewinnverteilung kraft Gesellschaftsvertrag einem anderen Organ (z. B. Aufsichtsrat oder Beirat) übertragen, so wird dieses Organ allerdings keine Beträge zurückbehalten dürfen, soweit nicht eine statutarische Ermächtigung vorliegt, da diesen Gremien satzungsändernde oder satzungsdurchbrechende Befugnisse nicht zustehen. Auch eine Auslegung des Gesellschaftsvertrages kann beinhalten, daß dem anderen Organ diese Befugnis übertragen worden ist; allerdings ist zur Vermeidung von Auslegungsfragen eine ausdrückliche Regelung zu befürworten. Auch die qualifizierte Mehrheit darf jedoch nicht willkürlich handeln, sie darf „nicht beliebig Teile des Gewinns von der Verteilung ausschließen und den Rücklagen zuführen" (BGH WM 1976 661, 663). Bei einem Ermessensfehlgebrauch ist der Gewinnverteilungsbeschluß anfechtbar. Zur Frage, wann ein Ermessensfehlgebrauch vorliegen kann vgl. Rdn. 49. 44 Ein Gewinnverteilungsbeschluß ist grundsätzlich auch dann zu verlangen, wenn die Satzung nur eine restlose Ausschüttung des bilanzmäßig festgestellten Reingewinns zuläßt (RGZ 87 383, 386). Wenn aber die Mehrheit die Beschlußfassung über die Gewinnverteilung treuwidrig verhindert oder einen gesetz- oder satzungswidrigen Gewinnverwendungsbeschluß herbeiführt, so gilt das in Rdn. 23, 24, 49 Gesagte entsprechend; siehe auch § 46, 7 und Anhang zu § 47. IV. Die statutarischen Voraussetzungen 45
Der Anspruch auf den Reingewinn besteht nur, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein anderes bestimmt ist". Neben den — bisher erörterten — positiven Erfordernissen steht das negative (Feine S. 364). Der Anspruch des Gesellschafters auf (274)
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den Gewinnanteil ist nicht zwingend. Der Gesellschaftsvertrag kann ihn aufheben oder beschränken. Doch muß die Gesellschaft, welche eine solche Beschränkung behauptet, sie beweisen. Nach Scholz (Rdn. 9) kann unter Hinweis auf RGZ 101160 der Gesellschaftsvertrag dagegen nicht wirksam bestimmen, daß eine Verteilung von Gewinn an die Gesellschafter auch ohne einen aus der Jahresbilanz sich ergebenden Reingewinn zulässig ist. Das ist nach dem hier vertretenen Verständnis des Begriffs Reingewinn (Rdn. 36ff.)selbstverständlich. Die Gesellschafter dürfen jedoch auch ohne Vorliegen eines Reingewinns unter Beachtung des § 30 durchaus Vermögen der Gesellschaft verteilen. Die Abänderungen des Statuts können verschiedenster Art sein; im einzelnen seien folgende Fälle behandelt: 1. Ausschluß aller Gesellschafter vom Gewinn Ein solcher genereller Ausschluß ist zulässig und findet sich vor allem bei Ge- 46 sellschaften mit idealen Zwecken. Insbesondere sind hier die Gesellschaften zu erwähnen, die steuerbegünstigte, also gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51ff.Abgabenordnung 1977). Die Steuerbegünstigung wird nur gewährt, wenn die Gesellschafter keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft erhalten (§55 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung 1977) und diese Voraussetzungen auch satzungsmäßig festgelegt sind (§§ 59, 60 Abgabenordnung 1977) vgl. hierzu insbesondere Böttcher-Leibrecht Gemeinnützigkeitsverordnung 2. Aufl. 1971 und Loidl Die GmbH ohne erwerbswirtschaftliche Zielsetzung, 1970. Hier sind aber auch die gewinnlosen Gesellschaften aufzuführen, bei denen satzungsmäßig ein Reingewinn nicht entstehen kann. Dies ist insbesondere der Fall bei den gewinnlosen Ein- und Verkaufsgesellschaften, deren ausschließlicher Zweck der Ein- und Verkauf im Auftrage und für Rechnung ihrer Gesellschafter ist und die lediglich Ersatz ihrer Aufwendungen erhalten, so daß sie stets mit einem ausgeglichenen Ergebnis abschließen. Handelsrechtlich sind Gesellschaften dieser Art ohne weiteres zulässig. Ihre steuerliche Behandlung ist dagegen zweifelhaft; während der RFH die Gewinnlosigkeit auch steuerlich stets anerkannt hat (RFH RStBl. 1929 60; 1932 58; 1935 808) hat der BFH nach anfänglich unentschiedener Haltung (vgl. BFH, BStBl. 1962 III 485) die steuerliche Anerkennung der Gewinnlosigkeit versagt (BFH, BStBl. 1975 II 124). Für bestehende Ein- und Verkaufsgesellschaften hat die Finanzverwaltung eine Ubergangsregelung getroffen (vgl. DB 1975 719). Aus der umfangreichen Literatur vgl. insbesondere: Felix DB 1961 1302 und DB 1964 636; Bergfeld GmbH-Rdsch. 1965 98; Wollny DStZ 1963 364 und 1964 85; Herr mannHeuer § 7 KStG Rdn. 60; Westerfelhaus-Glade Verdeckte Gewinnausschüttung, 2. Aufl., S. 322f.; Weissenborn RWP 14D Ein- und Verkaufsgesellschaften; Lange Verdeckte Gewinnausschüttung, 4. Aufl. 1973 ferner Benisch Kooperationsfibel, 4. Aufl. 1973 S. 170ff. und S. 314ff. mit weiteren Hinweisen insbesondere zum GWB. 2. Ausschluß einzelner Gesellschafter vom Gewinn Es kann auch lediglich ein einzelner Gesellschafter (Geschäftsanteil) vom Ge- 47 winn ausgeschlossen sein (Feine S. 361; Scholz 10; Vogel 5). Es ist dies jedoch nur dann zulässig (BGHZ 14 264 = BB 1954 669 = GmbH-Rdsch. 1954 125 mit Anm. Schneider vgl. auch Baumbach-Hueck 3), wenn die Teilnahme an der Gesellschaft dem Gesellschafter sonstige Vorteile bringt (diese Voraussetzung ist nach dem BGH (275)
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schon mit dem Anspruch auf den Liquidationsanteil nach § 72 gegeben). Brodmann (Anm. 2) lehnte hingegen den Ausschluß eines einzelnen Gesellschafters vom Gewinn als mit dem Wesen der GmbH unvereinbar ab. Die hier vertretene Auffassung folgt aus der dispositiven Natur des § 29. Mit dem BGH wird auch der gleichzeitige Ausschluß vom Stimmrecht als zulässig angesehen, wenn nur der Anteil am Liquidationserlös und gewisse Mitverwaltungsrechte (Teilnahme an Gesellschaftsversammlungen, Recht auf Auskunft und Büchereinsicht) sowie das Anfechtungsrecht von Gesellschafterbeschlüssen den betreffenden Geschäftsanteilen erhalten bleibt. Erst wenn alle diese Rechte fehlen, liegt ein Verstoß gegen das Wesen der GmbH vor. Allerdings kann einem Gesellschafter nicht gegen seinen Willen ein bestehendes Mitgliedschaftsrecht auf Gewinn entzogen oder geschmälert werden. Ein Satzungsbeschluß, der Gesellschafter vom Gewinn ausschließt oder ihren Gewinnanteil mindert bedarf der Zustimmving der Betroffenen. Wird das mitgliedschaftliche Recht auf Gewinnbezug durch satzungsändernde Beschlüsse mittelbar berührt, z. B. bei Kapitalerhöhungen, Einführung von Vorzugsgeschäftsanteilen etc., so sind diese Beschlüsse anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter verstoßen (Immenga aaO., S. 209f.; Baumbach-Hueck 3; Schol\ § 14,12). Zum Abschluß von Gewinnabführungsverträgen vgl. Rdn. 58 ff. Zur Ausgabe von Vorzugsgeschäftsanteilen vgl. § 5, 137 ff. Die Ausgestaltung im einzelnen kann unterschiedlich sein; so ist es z. B. möglich, daß einzelne Gesellschafter auf den Gewinn verzichten, so lange andere Gesellschafter (Vorzugsanteile) nicht einen bestimmten Prozentsatz erhalten haben. Es kann dabei bestimmt werden, daß diese bevorzugten Gesellschafter nicht mehr als diesen Betrag erhalten dürfen. Es kann eine Ergänzung des Ausfalls des einen Jahres aus dem Uberschuß der folgenden angeordnet werden. Die Praxis zeigt hier mannigfache Kombinationen. Das Aktienrecht kann weitgehend herangezogen werden (vgl. §§ 139ff. AktG). Zulässig ist ferner auch ein freiwilliger Verzicht einzelner Gesellschafter auf ihren Anspruch auf den Reingewinn von Fall zu Fall, z. B. um in einem bestimmten Jahr eine nennenswerte Ausschüttung an Minderheitsgesellschafter zu ermöglichen; vgl. dazu Rdn. 96. 3. Gesellschaftsvertragliche (statutarische) Gewinnverwendungsbestimmungen Die Satzung kann beliebige Gewinnverwendungsregelungen vorsehen, vorausgesetzt der Gleichbehandlungsgrundsatz wird beachtet (vgl. § 14,18; Baumbach-Hueck 2 A; Feine S. 365; Scholz 10; Vogel 5; Wolany aaO, S. 207f.). Dies kann auch nachträglich durch Satzungsänderung mit satzungsändernder Mehrheit geschehen (Baumbach-Hueck 2 A; Falkenhausen aaO, S. 54; Immenga aaO S. 208; Schob.j 11). Eine Zustimmung aller Gesellschafter ist hierbei grundsätzlich nicht erforderlich; § 53 Abs. 3 kommt nicht zum Zuge. Allerdings muß sich auch die satzungsändernde Mehrheit bei Einführung von Bestimmungen, die die Gewinnausschüttung beschränken von dem „in der Gesellschaft repräsentierten Gesamtinteresse der Gesellschafter leiten lassen" (Immenga aaO, S. 209). Satzungsänderungen, die in die bisherige Struktur der Gesellschaft besonders tief eingreifen, bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter (so zutreffend Wolany aaO, S. 208). Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gesellschaft Gewinne ganz oder zu erheblichen Teilen Dritten, z. B. gemeinnützigen Institutionen, zuwenden oder wenn sie in größerem Umfang andere freigebige Zuwendungen durchführen soll. (276)
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Der wichtigste praktische Anwendungsfall solcher Bestimmungen ist die Rücklagenbildung. Die statutarischen Regelungen können in verschiedenen Formen erscheinen: So kann z. B. die Satzung die Bildung von Rücklagen zwingend anordnen und dafür auch bestimmte Prozentsätze vorschreiben (z. B. 20% des Reingewinns). In diesem Fall wird man es für zulässig halten müssen, daß schon die Geschäftsführung in ihrem Bilanzentwurf die Beträge in Rücklage einstellt und hierrüber im Rahmen der Bilanzfeststellung beschlossen wird; die Satzung kann dies jedenfalls ausdrücklich anordnen. Die Satzung kann die Bildung von Rücklagen durch die Gesellschafterversammlung zulassen. Die Gesellschafterversammlung beschließt dann hierüber mit einfacher Mehrheit. Durch entsprechende Satzungsbestimmungen kann eine ähnliche oder sogar entsprechende Regelung wie bei der Aktiengesellschaft getroffen werden ( § 5 8 Abs. 1 und 3 AktG). Es kann ferner bestimmt werden, daß für jede Rücklagenzuführung, die eine bestimmte Grenze (z. B. 20% des Reingewinns) übersteigt, eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist; es kann also nach Mehrheiten differenziert und gewichtet werden. Die satzungsmäßige Ermächtigung zur Rücklagenbildung kann sich auch aus anderen gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen ergeben, z. B. daraus, daß die Satzung, soweit Gewinn vorhanden, eine Mindestausschüttung (Mindestdividende) vorsieht. Am weitesten geht eine Satzungsbestimmung, die die Gewinnverwendung 49 ohne Einschränkung der einfachen Gesellschaftermehrheit überläßt. Eine solche Bestimmung ist zulässig, sofern nur das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gesellschafter beachtet wird (vgl. Rdn. 48 und § 14, 18). Damit wird das gesetzliche Recht der Gesellschafter aus § 29 Abs. 1 aufgehoben. Der Anspruch auf Gewinn hängt hier völlig von dem Willen der Mehrheit der Gesellschafter ab. Der in Rdn. 40 ff. als Voraussetzung des Anspruchs auf Reingewinn erläuterte Gewinnverteilungsbeschluß hat hier eine besonders weitgehende Bedeutung. Die Mehrheit der Gesellschafter kann sogar ganz von der Verteilung eines ausgewiesenen Reingewinns absehen und diesen — z. B. zur Selbstfinanzierung — im Unternehmen behalten oder einer Unterstützungseinrichtung zuweisen usw. Auch bei einer so weitgehenden Satzungsklausel ist die Gesellschafterversammlung, genauer die einfache Mehrheit, nicht völlig frei und inhaltlich ungebunden. Vielmehr muß die Mehrheit bei ihrer Entscheidung auf die wirtschaftlichen Belange aller Mitgesellschafter Rücksicht nehmen. Dies folgt aus dem auch für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander zur Anwendung kommenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. dazu vor allem Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 349, 350 und Immenga aaO, S. 209 und S. 270ff., insbesondere S. 274, ferner § 14, 18ff.). Mißbraucht die Mehrheit ihr Ermessen durch Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder den Minderheitsgesellschaftem oder durch Nichtbeachtung des Gebots der guten Sitten, so ist der Gewinnverteilungsbeschluß — trotz der weitgehenden Satzungsermächtigung — anfechtbar (Immenga aaO, S. 209; BGH WM 1966 1132, 1134 und BB 1975 1450). Die erfolgreiche Anfechtungsklage führt zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Im Einzelfall kann mit der Anfechtungsklage die Zahlungsklage verbunden werden, wenn die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse nach Beseitigung der rechtswidrigen Beschlüsse klar und unstreitig sind (RGZ 64 260, 262; 80 335, 337). Allerdings ist es nicht ohne Schwierigkeiten möglich die Grenzen für den zulässigen Ermessensgebrauch durch die Mehrheit zu bestimmen. Zöllner (aaO, S. 350, 351) stellt drei Grundsätze auf, aus denen sich die Unzulässigkeit einer mitgliedschaftliche Interessen beeinträchtigenden Abstimmung ergeben kann: (277)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter — Grundsatz der Gebundenheit an das Verbandsinteresse: d. h. Beschlüsse sind unzulässig, die nicht im Interesse der Gesellschaft erfolgen, wenn z. B. ein Vorteil angestrebt wird, der gesellschaftsfremd ist (so auch RG JW 1933 2904). — Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Die Beeinträchtigung des Anspruchs auf den Reingewinn muß im angemessenen Verhältnis zu dem erstrebten Ziel stehen. — Grundsatz der Erforderlichkeit: Unter mehreren zur Erreichung eines bestimmten Zwecks geeigneten Mitteln darf nur das in Bezug auf den Gewinnanspruch schonenste Mittel gewählt werden.
Diese drei Grundsätze, von denen die zwei letzteren aus dem öffentlichen Rechübernommen sind, können die Entscheidungsfindung erleichtern, eine exakte Eingrenzung wird aber bei der Vielfalt der wirtschaftlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten nicht zu erreichen sein. Zu einer praktischen Lösung wird man kommen, wenn man den in § 254 Abs. 1 AktG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken, der auf der Rechtsprechung des RG (RGZ 116 119ff. und 156 52ff.) beruht, hier entsprechend heranzieht. Dem hat sich auch der RegE GmbHG (§ 205 Abs. 1) angeschlossen, der die aktienrechtliche Regelung vollinhaltlich übernimmt. Danach ist der Gewinnverteilungsbeschluß anfechtbar, wenn die Einstellung in die freie Rücklage bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten übersehbaren Zeitraum zu sichern (so auch Immenga aaO, S. 274). Auch der BGH scheint an die Zulässigkeit der Rücklagenbildung entsprechende Kriterien anlegen zu wollen. In einem zur KG ergangenen Urteil (WM 1976 661, 663) führt er aus, daß die Mehrheit nicht beliebig Teile des Gewinns von der Verteilung ausschließen und den Rücklagen zuführen kann. Der BGH hält die Bildung von Rücklagen jedoch für möglich, „soweit sie erforderlich erscheinen, um das Unternehmen für die Zukunft lebens- und widerstandsfähig zu erhalten. Eine solche Rücklagenbildung liegt im Rahmen gesunder kaufmännischer Übung und entspricht den Forderungen des Wirtschaftslebens, das Unternehmen insbesondere gegen unvorhergesehene Ereignisse und gegen Konjunkturschwankungen zu sichern." Vgl. dazu auch Anmerkung von Ulmer (BB 1976 950). § 254 Abs. 1 AktG stellt noch die weitere Voraussetzung auf, daß hierdurch kein Gewinn von mindestens 4 % des Grundkapitals (Stammkapitals) abzüglich noch nicht eingeforderter Einlagen verteilt werden kann (so auch RegE GmbHG § 205 Abs. 1). Man kann wohl nicht so weit gehen, auch diese Voraussetzung auf das geltende GmbHG zu übertragen, da es sich hier um eine vom Gesetzgeber aufgestellte, mehr oder weniger willkürliche Grenze handelt, die mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten nichts zu tun haben muß. Eine Gewinnthesaurierung durch Mehrheitsbeschluß kann deshalb nach geltendem Recht auch anfechtbar sein, wenn ein Gewinn von mehr als 4% des Stammkapitals zur Verteilung kommt. Auch die Rechtsprechung des RG machte diese Einschränkung nicht (vgl. RGZ 116 119 ff. und 156 52fF.). Der Gesetzgeber sollte auch für die GmbH-Reform bedenken, ob eine Mindestausschüttung von nur 4% für einen Investor noch zeitgemäß ist. 50 Die Ermächtigung der einfachen Mehrheit zur Beschlußfassung über die Gewinnverteilung nach freiem Ermessen muß sich eindeutig aus der Satzung ergeben. Eine Satzungsbestimmung, die lediglich besagt, daß die Gesellschafterversammlung über die Verteilung des Gewinns befinden solle, genügt grundsätzlich nicht, da hiermit nur die gesetzliche Gewinnverteilungsregel des § 46 Nr. 1 wieder(278)
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holt wird (Immenga aaO, S. 209; Scholz 10; Sudhoff GmbH-Rdsch. 1961 119). Es ist damit dem einzelnen Gesellschafter nicht sein Recht auf Gewinn entzogen und der Mehrheit das Verfügungsrecht eingeräumt. Die Ermächtigung sollte deshalb zweckmäßigerweise im Wortlaut zum Ausdruck bringen, daß die Gesellschafterversammlung über § 29 Abs. 1 hinaus nach ihrem Ermessen die Verteilung des jährlichen Reingewinns beschließen, daß sie die Ausschüttung des Gewinns ganz oder teilweise untersagen und das Auszahlungsverfahren — abweichend vom Gesetz — frei regeln kann {Sudhoff GmbH-Rdsch. 1961 119). Zweifelhafte Satzungsklauseln (z. B. solche, die sich auf eine Wiederholung des § 29 beschränken) sind auszulegen (vgl. § 2, 119ff.). Dabei ist auf den Sinngehalt der Gesamtregelung abzustellen. Insbesondere sind weitere Bestimmungen über die Gewinnverteilung in der Satzung mit heranzuziehen (einen instruktiven Fall behandeln Lueb und Wartner in GmbH-Rdsch. 1964 49 f.). Hieraus kann sich — auch unter Hinzunahme der begleitenden Umstände des Falles — ergeben, daß eine Änderung des Gesetzes gewollt ist in der Weise, daß die Gesellschafterversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluß über die Verwendung des Reingewinns nach freiem Ermessen entscheiden kann (Feine S. 365; Scholz 10 )Zulässig ist auch eine Satzungsbestimmung, wonach auf Verlangen eines Ge- 51 seilschafters diesem sein Anteil am Reingewinn ganz oder zum Teil ausbezahlt werden muß. Die Vorauflage (Anm. 4 am Ende) vertrat die Auffassung, daß als Folge hieraus eine verschiedene Beteiligung des Gesellschafters an den durch die teilweise Zurückhaltung des Reingewinns gebildeten Reserven entstehen müsse. Bei Ausschüttung dieser Reserven, sei es während des Bestehens oder nach Auflösung der Gesellschaft, stünden nur den Gesellschaftern Ansprüche auf diese Reserven zu, zu deren Lasten die Reserven einmal gebildet wurden. Ein solcher Anspruch fließe aus dem Gesellschaftsrecht und gehe auf den Rechtsnachfolger über. Im Gegensatz zur Voraufläge wird man diese Rechtsfolgen jedoch nur dann annehmen können, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen oder bei Einräumung des Rechts auf Vollausschüttung ausdrücklich vereinbart wurde. Häufig ist auch die Bestimmung, daß einzelne Gesellschafter bzw. Geschäftsanteile erst von einem bestimmten Zeitpunkt an gewinnberechtigt sein sollen (Schol^ 10; RFH Bd. 46 198), insbesondere bei Kapitalerhöhungen in einem laufenden Geschäftsjahr.
V. Gewinnbeteiligung Dritter 1. Gewinnbeteiligung von Geschäftsführern, Aufsichtsrat (Beirat) und Arbeitnehmern Häufig erhalten die Geschäftsführer oder die Mitglieder eines Aufsichtsrats, 52 Beirats oder ähnlicher Organe eine gewinnabhängige Vergütung, die zu einer festen Vergütung hinzutritt oder auch die einzige Form der Vergütung darstellt (Tantiemen, Abschlußvergütungen etc.). Ähnliche Regelungen können für bestimmte oder alle Arbeitnehmer der Gesellschaft bestehen (Erfolgsbeteiligung). Solche Bestimmungen müssen nicht in die Satzung aufgenommen werden, sie können vielmehr — und dies ist zumindest für Arbeitnehmer und Geschäftsführer die Regel — durch Individualvertrag erfolgen. Die Satzung kann aber z. B. Höchstbeträge für die Tantiemen der Geschäftsführer festsetzen. Das bedeutet, daß ein höherer Betrag bei der Anstellung nicht ohne Zustimmung sämtlicher Gesellschafter gewährt werden darf. Ein Beschluß der Gesellschafter, der sich darüber hinweg(279)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
setzt, ist wegen Verletzung des Gesellschaftsvertrages anfechtbar. Durch Statutenänderung kann die Zusage gültig werden (auch bei Vorliegen eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses, vgl. Rdn. 43). Zulässig ist, daß die Bestellung des Geschäftsführers zu einem niedrigeren Anteil am Gewinn erfolgt. Trifft das Statut keine Vorschrift über Tantiemen, so ist deren Gewährung der Mehrheit der Gesellschafter bei der Bestellung der Geschäftsführer, der Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglieder grundsätzlich in beliebiger Höhe gestattet. Ist jedoch ein Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer bzw. Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglied, so kann in einer unangemessenen Gewinnbeteiligung ein Verstoß gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Gesellschafter liegen (vgl. Rdn. 97 und BGH BB 1972 894f.). Auch die Geschäftsführung kann grundsätzlich für die Arbeitnehmer eine Erfolgsbeteiligung vorsehen. In allen Fällen handelt es sich um Aufwand, der den in § 29 Abs. 1 angesprochenen „Reingewinn" vorab schmälert (Baumbach-Hueck 2 A; Schob.j 7 und 10). Im folgenden soll die Gewinnbeteiligung von Arbeitnehmern, Geschäftsführern und Aufsichts- oder Beratungsorganen getrennt behandelt werden.
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a) Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer Eine Gewinnbeteligung der Arbeitnehmer kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden (Baumbach-Hueck 2 A). Immenga (aaO, S. 209) äußert an der Zulässigkeit einer gesellschaftsvertraglichen Beteiligung der Arbeitnehmer am Gewinn gewisse Zweifel, weil einer solchen Gestaltung das in der Gesellschaft repräsentierte Gesamtinteresse auf eine erfolgreiche Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb entgegenstehen könnte. Es steht aber nichts im Wege, daß die Gesamtheit aller Gesellschafter oder die satzungsändernde Mehrheit unter Berücksichtigung der in Rdn. 49 ff. aufgezeigten Grenzen eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Gewinn vorsehen. Trotz der Festlegung einer solchen Gewinnbeteiligung im Gesellschaftsvertrag sind die erforderlichen Beträge als den Reingewinn mindernder Aufwand zu behandeln. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Arbeitnehmer als Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen werden. Eine Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer kann aber auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung im Wege der einzelvertraglichen Zusage durch die Geschäftsführung gewährt werden, solange sich diese Bezüge im Rahmen einer Leistungsvergütung halten (z. B. Abschlußvergütungen oder gewinnabhängige Gehaltsteile). Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings eine solche Befugnis der Geschäftsführung einschränken. b) Gewinnbeteiligung der Geschäftsführer Den Geschäftsführern kann eine Gewinnbeteiligung in unterschiedlichster Form eingeräumt werden (vgl. auch Anmerkungen zu § 35 und Gansmüller GmbHRdsch. 1965 92ff.). Als Bemessungsgrundlage kommen insbesondere in Betracht: der Jahresüberschuß (wenn nach dem aktienrechtlichen Schema bilanziert wird; vgl. § 157 Abs. 1 Nr. 28 AktG), der Reingewinn (Bilanzgewinn), die Dividendenausschüttung oder das steuerpflichtige Einkommen. Wird an den Jahresüberschuß angeknüpft, d. h. soll sich die Tantieme im wesentlichen an dem im Geschäftsjahr erwirtschafteten Ergebnis ausrichten, kann § 86 Abs. 2 AktG mit Ausnahme des Satz 2, zur Auslegung herangezogen werden (Anmerkungen zu § 35 und BaumbachHueck Anh. § 35, 3 B, einschränkend Gansmüller GmbH-Rdsch. 1965 92 f.). Wird an den Reingewinn angeknüpft, so wird auch die Rücklagenauflösung tantieme(280)
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pflichtig, während Beträge, die schon bei Bilanzfeststellung in Rücklage eingestellt werden, tantiemenfrei bleiben. Die Ansprüche der Geschäftsführer auf gewinnabhängige Tantiemen sind bereits bei Bilanzaufstellung durch Rückstellungen zu berücksichtigen. Die Zuführungen zu diesen Rückstellungen sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, ihrerseits tantiemenpflichtig, da es sich insoweit um Gewinnanteile handelt; sie sind also dem Jahresüberschuß hinzuzurechnen, den sie zunächst als Aufwand vermindert haben (RGZ 91 316; BGH BB 1963 55, 323; Adler-Düring-SchmaltZ § 174, 32; BaumbachHueck AktG 13. Aufl., § 86 Anm. 6; Schäfer BB 1966 231 ff.; WP-Handbuch 1973 S. 1483ff.). Dies gilt jedoch nicht für die Zuführung zur Rückstellung für eine Ergebnisbeteiligung von Arbeitnehmern. Sie mindert die Bemessungsgrundlage der Geschäftsführertantieme oder einer Aufsichtsrats- oder Beiratstantieme. Ist keine ausdrückliche Bestimmung über die Bemessungsgrundlage getroffen, so berechnet sich die Tantieme von dem Reingewinn der sich aus einer nach kaufmännischen Grundsätzen aufgestellten Bilanz ergibt (RG JW 1938 2413). Für eine analoge Anwendung des § 86 Abs. 2 AktG ist dann allerdings kein Raum. Dem Geschäftsführer kann eine Mindesttantieme garantiert werden. Diese Tantieme wird auch fällig, wenn ein Reingewinn nicht erzielt ist; sie ist ein Teil des festen Gehalts; im allgemeinen ist sie auf eine außerdem zugesagte gewinnabhängige Tantieme anzurechnen (Schob.i 7; KG OLGR 27 378). Schließlich kommen auch Zusagen vom Gewinn unabhängiger Tantiemen vor. Sie richten sich nach anderen betriebsbedingten Faktoren wie z. B. dem Umsatz. Die Entscheidung über die Gewährung einer Tantieme und die Festsetzung ihrer Höhe kann auch der Gesellschafterversammlung oder dem Aufsichtsrat je nach Vorliegen bestimmter, im Anstellungsvertrag vorgesehener Umstände überlassen werden. Die Entscheidung muß, wenn die näheren Voraussetzungen nicht vereinbart sind, nach billigem Ermessen erfolgen. § 315 BGB greift Platz. c) Gewinnbeteiligung von Aufsichts- und Beiratsgremien Für die Gewinnbeteiligung eines Aufsichtsrats oder eines ihm gleich zu behan- 55 delnden Organs ergeben sich im Grundsatz entsprechende Möglichkeiten wie für die Geschäftsführung. Ist in der Satzung eine Gewinnbeteiligung des Aufsichtsrats vorgesehen, aber nichts über ihre Ausgestaltung gesagt, so kommt über § 52 Abs. 1 § 113 Abs. 3 AktG zur Anwendung, d. h. Bemessungsgrundlage ist der Bilanzgewinn (Reingewinn) vermindert um 4% der auf den Nennbetrag der Geschäftsanteile geleisteten Einlagen. Die Satzung kann jedoch jede andere Berechnungsart vorsehen (Baumbach-Hueck § 52, 2 M). Auch diese Beiträge sind bereits bei Bilanzaufstellung und Bilanzfeststellung durch Rückstellungen zu berücksichtigen, mindern daher den „Reingewinn" i. S. des § 29 Abs. 1. Wie bei der Geschäftsführung ist jedoch für die Berechnung der Tantieme der Rückstellungsbetrag dem Reingewinn wieder zuzurechnen (Rdn. 54 und Adler-Düring-Schmalt£ § 174, 45). Die zurückgestellte Tantieme für die Geschäftsführung ist der Bemessungsgrundlage für die Aufsichtsratstantieme ebenfalls hinzuzurechnen, wenn die Bemessungsgrundlage z. B. Reingewinn) identisch ist (RGZ 91 316; weitere Nachweise bei Adler-DüringSchmalt% aaO). Wird jedoch die Tantieme der Geschäftsführung beispielsweise vom Jahresüberschuß, die des Aufsichtsrats vom Bilanzgewinn (Reingewinn) berechnet, so muß sich der Aufsichtsrat die Tantiemerückstellung für die Geschäftsführung gewinnmindernd anrechnen lassen; die betreffende Zuführung wird also nicht tantiemepflichtig (zu dem ähnlichen Problem bei der AG ebenso: WP-Handbuch 1973 (281)
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S. 1490 gegen Godin-Wilhelmi AktG, § 113 Anm. 3 und Schäfer BB 1956 229, 231 ff.; unentschieden Adler-Düring-Schmalt% aaO, § 174, 45). 2. Genußrechte, Besserungsrechte, Gewinnschuldverschreibungen 56
Hierbei handelt es sich um vertragliche Ansprüche Dritter gegen die Gesellschaft, die an den Reingewinn oder die an die Gesellschafter auszuschüttenden Gewinnanteile anknüpfen. Zu den Genußrechten vgl. Anhang zu § 29, 14ff.; ferner Schilling in Großkomm. AktG, § 221, 9ff. und Adler-Düring-Schmalt% aaO, § 151, 233f. mit weiteren Nachweisen; zu Gewinnschuldverschreibungen vgl. Schilling in Großkomm. AktG, § 221, lff. mit weiteren Nachweisen. Unabhängig von der Frage, ob die Hauptschuld in der Bilanz der Gesellschaft zu passivieren ist, was bei Genußrechten (Besserungsrechte sind nur ein Unterfall der Genußrechte) die Ausnahme darstellt, ist die aus dem Gewinn des betreffenden Jahres zu leistende Verzinsung oder Tilgung in dem Jahresabschluß, in dem der jeweilige Gewinn entstanden ist, zu passivieren ('Adler-Düring-Schmalt% aaO, § 151, 234; unklar Schilling in Großkomm. AktG, § 221, 5). Die Geschäftsführer haben bei Bilanzaufstellung also zunächst einen vorläufigen Reingewinn festzustellen, aus dem die Verzinsung oder Tilgung der Genußrechte, Besserungsrechte und Gewinnschuldverschreibungen zu errechnen ist; diese Beträge sind sodann erfolgswirksam zu passivieren. Erst der verbleibende Rest ist der „Reingewinn" i. S. von § 29 Abs. 1, über den die Gesellschafter bei der Gewinnverteilung Beschluß fassen können (Adler-Düring-Schmalt% aaO, § 151, 234). Andererseits können die Gesellschafter vertragsmäßig erworbene Rechte Dritter durch ihre Beschlüsse über die Gewinnverteilung nicht berühren. Auch einem Gesellschafter kann durch Vereinbarung mit der Gesellschaft ein solches besonderes Forderungsrecht eingeräumt werden (RFH Bd. 3 59). Der Dritte hat ein Recht auf die Berechnung des Reingewinns nach den vertragsmäßigen und, wenn es daran fehlt, nach den gesetzlichen Grundsätzen (Feine S. 361). Jedoch steht dem Dritten kein Anfechtungsrecht gegen Gesellschafterbeschlüsse zu, da er nur einen Anteil am Reingewinn, aber keine Mitverwaltung zu beanspruchen hat (vgl. RGZ 98 318; Anhang zu § 29, 19; Feine S. 293). Wird durch Gesellschafterbeschluß in sein Recht als solches eingegriffen (z. B. sein Anspruch trotz vorhandenen Gewinns nicht berücksichtigt), dann ist der entsprechende Gesellschafterbeschluß für den Dritten unwirksam (Baumbach-Hueck 5). Wegen der Rechte der Genußscheininhaber vgl. Anhang zu § 29, 19ff.; Baumbach-Hueck 5; Schilling in Großkomm. AktG § 221,12; Scholz 10; Vogel 3. 3. Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen
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Geht die GmbH als Geschäftsinhaber eine stille Gesellschaft i. S. der §§ 335 ff. HGB ein, so wird der stille Gesellschafter am Gewinn und Verlust des Handelsgeschäfts beteiligt (§ 336 HGB). Art und Umfang der Gewinn- und Verlustbeteiligung kann im Vertrag der stillen Gesellschaft beliebig vereinbart werden (vgl. Schilling GroßKomm. HGB, § 336, 3 ff.). Für die GmbH als Geschäftsinhaber und für deren Gesellschafter hat jedoch die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters den Charakter einer Betriebsausgabe. Erst nach Abzug der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ergibt sich der Reingewinn i. S. des § 29 Abs. 1 (Scholz 24). Zur Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters hat die Gesellschaft (282)
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zunächst eine interne Bilanz aufzustellen (Paulick Handbuch der stillen Gesellschaft, 1971, S. 208), deren Grundlage durchaus die Handelsbilanz sein kann, die aber ggf. entsprechend den für die stille Gesellschaft geltenden oder vereinbarten Regeln berichtigt werden muß. Aus dieser internen Bilanz ergibt sich der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters, der dann im eigentlichen Jahresabschluß der Gesellschaft als Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist und damit den Reingewinn mindert (vgl. Schilling in GroßKomm. HGB, § 337, 18). Der Gewinnverteilungsbeschluß der Gesellschafter kann den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters nicht beeinflussen. Zur Rechnungslegung der stillen Gesellschaft vgl. Paulick aaO, S. 205 ff., Schilling aaO, § 337, 3 ff. und Schulze-Osterloh WPg 1974 393 ff., letzterer allerdings mit anfechtbaren Thesen. Wie die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters, ist auch der gewinnabhängige Zins eines partiarischen Darlehens zu behandeln: er mindert den Reingewinn i. S. des § 29 Abs. 1. Entsprechendes gilt für andere partiarische Rechtsverhältnisse (z. B. gewinnabhängige Patentlizenzzahlungen u. ä.). 4. Gewinnabführungsverträge Eine hervorragende Bedeutung der Beteiligung Dritter am Gewinn nehmen 58 die Gewinnabführungsverträge ein, wobei Dritter in diesem Zusammenhang auch ein Gesellschafter, meist der Hauptgesellschafter, sein kann, aber nicht sein muß. So groß die Bedeutung der Gewinnabführungsverträge in der Praxis ist, so umstritten ist ihre Zulässigkeit und rechtliche Konstruktion in der handelsrechtlichen Literatur. Im Gegensatz zum Aktienrecht, das in den § § 291 ff. AktG eine positivrechtliche Regelung gebracht hat, wird die Gewinnabführung als Rechtsinstitut im GmbHG an keiner Stelle erwähnt und schon gar nicht geregelt. Erst der RegE eines GmbHG sieht eine ausdrückliche Regelung vor, die sich in den wesentlichen Grundzügen an das Aktienrecht anlehnt (§§ 230ff. RegE GmbHG). Es gilt somit auch heute noch was Ballerstedt schon 1949 (Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften S. 160) feststellte, daß nämlich die steuerliche Entwicklung zur Organschaft die handelsrechtlichen Fragestellungen in den Hintergrund gedrängt hat. Unter einem Gewinnabführungsvertrag wird in Anlehnung an § 291 Abs. 1 59 AktG und § 7a KStG ein Vertrag verstanden, durch den sich die Gesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen. Häufig ist ein solcher Vertrag, auch aus steuerlichen Gründen, mit einem Beherrschungsvertrag verbunden, wonach die Gesellschaft die Leitung ihres Unternehmens dem anderen Vertragsteil unterstellt. Für eine solche Vertragskombination wird auch die Bezeichnung Organschaftsvertrag verwendet (Rasch Deutsches Konzernrecht, 1974 S. 140). Die Verpflichtung zur Abführung des gesamten Gewinns kann je nach dem Inhalt des Gewinnabführungsvertrages den Jahresüberschuß, so wie er in § 157 Abs. 1 Nr. 28 AktG definiert wird, oder darüberhinausgehend den Bilanzgewinn (Reingewinn) erfassen (vgl. Rdn. 36). § 301 AktG, der den Höchstbetrag der Gewinnabführung auf den Jahresüberschuß, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die Zuführung zu der, bei der GmbH ohnehin nicht existierenden, gesetzlichen Rücklage, limitiert, findet im GmbH-Recht keine Anwendung. Bezieht sich der Gewinnabführungsvertrag auf den gesamten Bilanzgewinn (Reingewinn), so kann es für die Laufzeit des Vertrages zum Ausweis eines Reingewinns i. S. des § 29 nicht mehr kommen. Bezieht sich der Gewinnabführungsvertrag auf den Jahresüberschuß, so kann sich ein Reingewinn höchstens aus der Auf(283)
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lösung von Rücklagen, nicht mehr jedoch aus der laufenden Geschäftstätigkeit des Unternehmens ergeben. Somit ist festzuhalten, daß der Gewinnabführungsvertrag unmittelbar in das mitgliedschaftliche Recht auf den Reingewinn i. S. des § 29 eingreift, indem er dieses Recht auf die Laufzeit des Vertrages suspendiert oder mit der Formulierung des BGH (NJW 1960 721, 722): „Das Anstößige solcher Verträge liegt darin, daß einzelnen Gesellschaftern wider ihren Willen das Mitgliedschaftsrecht äuf Gewinnbeteiligung genommen wird." Aus diesem Grunde ergibt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Gewinnabführungsvertrag mit § 29 vereinbar ist. 60
a) Meinungsstand Bei der Erörterung des Meinungsstandes ist die Literatur zum AktG 1937 mit heranzuziehen, das in der Ausgetaltung des Gewinnanspruchs des Aktionärs (§52 AktG 1937) dem § 29 nahestand. Zunächst ist umstritten, ob es sich beim Gewinnabführungsvertrag um einen schuldrechtlichen Vertrag handelt. Für die schuldrechtliche Natur hat sich Zöllner (Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963 250, 251, insbesondere Fußn. 123) in Anlehnung an die ältere Literatur (Haussmann Festschrift für Heinitz, S. 222ff.; Friedländer Konzernrecht, 2. Aufl., S. 116; Frankenburg, Die konzernmäßige Abhängigkeit, 1937 S. 79) ausgesprochen. Ballerstedt (Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, 1949 S. 162) hat zunächst einen schuldrechtlichen und einen gesellschaftsrechtlichen Teil dieser Verträge unterschieden, später hat er sie jedoch allein dem gesellschaftsrechtlichen Bereich zugewiesen. Die überwiegende Meinung vertritt heute die Auffassung, von der gesellschaftsrechtlichen Natur des Gewinnabführungsvertrages (Flume DB 1956 457ff.; Baller stedt DB 1956 839; Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre 1958 S. 324; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 245 ff.). Dies entspricht der auch für das Aktienrecht (§ 291 AktG) vertretenen Auffassung (Würdinger in GroßKomm. AktG 3. Aufl. § 291 Anm. 39; Biedenkopf-Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG, § 291 Anm. 20, 21, die jedoch auch schuldrechtliche Elemente anerkennen). Vor allem aber ist umstritten, ob Gewinnabführungsverträge überhaupt zulässig sind, ob sie der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen, welche Mehrheiten erforderlich sind und ob sie eine Satzungsänderung beinhalten. Für die generelle Unzulässigkeit von Gewinnabführungsverträgen, jedenfalls mit Gesellschaftern, ist Duden (BB 1957 49 ff.) eingetreten (er behandelt das Problem im Hinblick auf das AktG 1937); nach seiner Auffassung kann die Organschaft nur in der Weise durchgeführt werden, daß die Gesellschafterversammlung Jahr für Jahr beschließt, den Gewinn nicht zu verteilen, sondern an den Gesellschafter, der Vertragspartner ist, abzuführen. Eine weniger weit gehende Auffassung läßt Gewinnabführungsverträge zwar zu, verlangt dafür aber die Zustimmung aller Gesellschafter {Bar^ § 13, Anh. II, 36; Fischer GroßKomm. AktG 2. Aufl. § 52, 18 und § 54 7; Müller GmbH-Rdsch. 1973 99). Müller begründet seine Auffassung einmal mit § 53 Abs. 3 GmbHG, der auch zur Anwendung komme, wenn durch eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages eine Verkürzung der Rechte eines Gesellschafters eintrete; dies sei auch der Fall, wenn den Gesellschaftern durch Gewinnabführungsvertrag das Recht auf Gewinn entzogen werde. Zum anderen sei bei einer GmbH, die als Erwerbsgesellschaft gegründet wurde, das Recht auf den Gewinnanteil als unentziehbares Recht ausgestaltet, das nach allgemeinen Grundsätzen nur mit Zustimmung des Gesellschafters entzogen werden könne. Schließlich wird die Auffassung vertreten, daß eine satzungsändernde Mehrheit nach § 53 von 3/4 (284)
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der abgegebenen Stimmen erforderlich aber auch ausreichend sei {Ballerstedt DB 1956 839; Flume DB 1956 457; Hueck DB 1959 226, Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 246; wohl auch Mestmäcker aaO, S. 337ff.). Die Mehi2ahl dieser Autoren verlangt nicht nur satzungsändernde Mehrheit, sondern auch alle anderen Voraussetzungen eines satzungsändernden Beschlusses: nämlich notarielle Beurkundung und Eintragung in das Handelsregister (§54). Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung wird damit in jeder Hinsicht wie eine Satzungsänderung behandelt (vgl. Ballerstedt aaO; Skibbe aaO; wohl auch Müller aaO). Der Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages aufgrund einer geringeren Mehrheit oder überhaupt ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung wird wohl allgemein — wenigstens im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter — für unzulässig gehalten. Etwas anderes kann nur dort gelten, wo die Gewinnabführung bereits im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist (Müller GmbH-Rdsch. 1973 99). Die hier genannten Autoren verlangen ferner, daß die Minderheitsgesellschafter für den Ausschluß ihres Gewinnrechts angemessen abgefunden werden (Flume aaO, 457; Hueck aaO, 226; Skibbe aaO, 248 und ausführlich Mestmäcker aaO, S. 331 £f.). Schließlich ist umstritten, ob der Abschluß von Gewinnabführungsverträgen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung fällt, die sich nur im Innenverhältnis schadensersatzpflichtig macht, wenn die Zustimmung der Gesellschafterversammlung fehlt (so Ballerstedt DB 1956 839; Falkenhausen aaO, S. 62; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 246; Schmidt GmbH-Rdsch. 1971 10; wohl auch Hueck DB 1959 224) oder ob die fehlende Zustimmung auch dem anderen Vertragspartner entgegengehalten werden kann (so Müller GmbH-Rdsch. 1973 98, 99; wohl auch Zöllner aaO, S. 250 Fußn. 121, unter der Voraussetzung, daß man den Gewinnabführungsvertrag als gesellschaftsrechtlichen Tatbestand einstuft). Der BGH hat die Frage der Zulässigkeit von Gewinnabführungsverträgen und deren notwendige Voraussetzungen bisher nicht entschieden; in einer zum AktG 1937 ergangenen Entscheidung hat er aber gewisse Bedenken zum Ausdruck gebracht (NJW 1960 722). b) Eigene Auffassung Die Zulässigkeit von Gewinnabführungsverträgen bei der GmbH kann heute 61 im Grundsatz nicht mehr in Frage gestellt werden. Hueck (DB 1959 227) hat mit Recht darauf hingewiesen, daß „infolge der allgemeinen Anerkennung der Organverträge durch die Finanzbehörden und Finanzgerichte, durch fast die gesamte steuerrechtliche, aber auch die gesellschaftsrechtliche und konzernrechtliche Literatur, durch die beteiligten Wirtschaftskreise und durch den Gesetzgeber ein Gewohnheitsrecht entstanden ist, das ihre Zulässigkeit bejaht". aa) Zustimmung der Gesellschafterversammlung: Der Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages beinhaltet zumindest auf Zeit 62 eine Änderung des Mitgliedschaftsrechts auf Reingewinn (vgl. Ballerstedt DB 1956 839), das entweder gänzlich gegenstandslos oder durch einen Ausgleichsanspruch (Abfindung oder Dividendengarantie) ersetzt wird. Der Eingriff in ein Mitgliedschaftsrecht liegt auf gesellschaftsrechtlicher Ebene und muß entweder in der ursprünglichen Satzung vorgesehen sein oder auf einem Beschluß der Gesellschafterversammlung beruhen. Der Beschluß hat satzungsändernden Charakter; das ergibt sich unmittelbar aus § 29 Abs. 1, wonach die Gesellschafter Anspruch auf den Reingewinn haben, „soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein anderes bestimmt ist." (285)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß bei einer Gewinnabführung ein Reingewinn nicht zur Entstehung gelange, weil dieser — sozusagen als Betriebsausgabe — schon vorher abgesetzt sei (vgl. § 157 Abs. 1 Nr. 27 AktG). Eine solche Auffassung würde die gesellschaftsrechtliche Natur des Gewinnabführungsvertrages verneinen, der ja gerade an dem Gewinn anknüpft, der kraft Mitgliedschaft den Gesellschaftern zusteht. Damit muß ein Zustimmungsbeschluß der Gesellschafterversammlung die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 erfüllen, nämlich eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen und notarielle Beurkundung. Den Auffassungen, die einen einstimmigen Beschluß verlangen, ist — jedenfalls im Regelfalle — nicht zu folgen. Der Gewinnanteil des Gesellschafters ist nicht als unentziehbares Recht ausgestaltet, wenn dies nicht ausdrücklich aus der Satzung hervorgeht, dies ergibt sich schon aus den Ausführungen in Rdn. 46 ff. (a. A. Müller aaO; Bar^ § 13 Anh. II, 36). Allerdings ist Einstimmigkeit dann erforderlich, wenn die nachfolgend behandelten Voraussetzungen (Rdn. 63 bis 68) nicht vorliegen (vgl. Rdn. 67 am Ende). Fraglich ist, ob auch die Eintragung im Handelsregister gemäß § 54 erforderlich ist, wie das z. B. von Ballerstedt (DB 1956 839) und Skibbe (GmbH-Rdsch. 1968 246) verlangt wird. Aus den in Rdn. 43 aufgeführten Gründen erscheint dies nicht zwingend notwendig. Ein Zustimmungsbeschluß kann auch als satzungsdurchbrechender Beschluß ohne Eintragung in das Handeslregister wirksam sein. Es ist einzuräumen, daß in der Praxis häufig nicht alle Voraussetzungen (z. B. notarielle Beurkundung) vorliegen werden (darauf hat z. B. Bre^ing GmbH-Rdsch. 1971 61 hingewiesen). Von der erforderlichen Stimmenmehrheit abgesehen, ist aber ein zustimmender Gesellschafterbeschluß wirksam geworden, wenn er von den Gesellschaftern nicht mehr angefochten werden kann (Hueck DB 1959 224). Die hier vertretene Auffassung stimmt mit den steuerlichen Voraussetzungen zur Anerkennung eines GewinnabführungsVertrages überein. § 7a Abs. 5 Nr. 2 KStG verlangt, daß die Gesellschafter dem Vertrag mit einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen zustimmen. Obwohl man dieser Bestimmung keine unmittelbare zivilrechdiche Wirkung beimessen darf, kann aus ihr doch geschlossen werden, daß der Gesetzgeber eine solche Mehrheit für erforderlich, aber auch für ausreichend hält. Eine formale Satzungsänderung mit Eintragung ins Handelsregister wird auch in der steuerrechtlichen Literatur nicht verlangt (Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer; § 7a KStG 61—62; vgl. auch Erl. zu §53).
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bb) Abschluß des Vertrages: Er erfolgt durch den oder die Geschäftsführer der Gesellschaft als deren gesetzliche Vertreter (§ 35). Man wird aber nicht so weit gehen können, einen ohne wirksame Zustimmung der Gesellschafterversammlung abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag im Außenverhältnis für wirksam zu halten (so aber die in Rdn. 60 am Ende genannten, wie hier: Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen GmbH 1970 S. 161 f.). Durch den Eingriff in das mitgliedschaftliche Gewinnrecht ist der Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages ein gesellschaftsrechtlicher Tatbestand; hier kann die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht des § 37 Abs. 2 nicht zum Zuge kommen (vgl. Anmerkungen zu § 37). Jedenfalls würde aber in diesen Fällen stets ein erkennbarer Mißbrauch der Vertretungsmacht vorliegen, die dem Vertragspartner entgegengehalten werden könnte (so auch Müller GmbH-Rdsch. 1973 99). (286)
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cc) Ausgleichszahlungen Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Gewinnabführungsvertrages 64 ist die Zahlung eines Ausgleichs an diejenigen Gesellschafter, die nicht Partner des Gewinnabführungsvertrages sind (außenstehende Gesellschafter, freie Gesellschafter). Dies entspricht heute wohl allgemeiner Auffassung (Ballerstedt DB 1956 840; Flume DB 1956 456f.; Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 248; Mestmäcker aaO, S. 356ff.), wenn auch bezweifelt wird, ob sich die Minderheitsgesellschafter eine solche Ausgleichszahlung aufdrängen lassen müssen (Duden BB 1957 50f. und BGH NJW 1960 721). Eine Ausgleichszahlung entfällt, wenn und solange kein außenstehender Gesellschafter vorhanden ist, also insbesondere bei der Einmanngesellschaft oder bei der Ergebnisabführung zu mehreren herrschenden Unternehmen ggf. unter Zwischenschaltung einer BGB-Gesellschaft (Mehrmütterorganschaft). Das AktG sieht in § § 304 und 305 sowohl einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Gesellschafter in Form wiederkehrender Geldleistungen (Ausgleichszahlungen) wie auch in Form einer einmaligen Abfindung vor. Der RegE GmbHG schlägt für die GmbH lediglich eine Abfindung außenstehender Gesellschafter vor (§ 242 RegE), und zwar mit der Begründung, daß sich das Interesse der Minderheitsgesellschafter bei der GmbH nach Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages darauf richte, aus der GmbH auszuscheiden. Wird ein Gewinnabführungsvertrag mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen, was in der Praxis (insbesondere aus steuerlichen Gründen; vgl. § 7a KStG) kaum vorkommen dürfte, so ergibt sich schon aus allgemeinen Grundsätzen, daß der Gewinnabführung eine angemessene Gegenleistung des Vertragspartners an die Gesellschaft oder an alle Gesellschafter gegenüberstehen muß. Wird der Gewinnabführungsvertrag, wie in aller Regel, mit einem Gesellschafter abgeschlossen, so liegt der Rechtsgrund für die Ausgleichspflicht in dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter. Die Abführung des Reingewinns an einen Gesellschafter würde für sich genommen die Zuwendung eines Sondervorteils bewirken. Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes nur annehmbar, wenn sich der begünstigte Gesellschafter zugleich verpflichtet, den übrigen Gesellschaftern einen angemessenen Ausgleich zu leisten. Wenn einerseits einer qualifizierten Mehrheit das Recht eingeräumt ist, über das mitgliedschaftliche Recht auf den Reingewinn zu verfügen (vgl. Rdn. 62), so entspricht dem andererseits das Recht der ausgeschlossenen Gesellschafter auf eine angemessene Entschädigung (Mestmäcker aaO, S. 352; Schilling Großkomm. AktG 2. Aufl. § 256, 7 und 13). Über die Art des Ausgleichs kennt das GmbH-Recht im Gegensatz zum 65 AktG, mangels spezieller Regelung (wie sie erst der RegE GmbHG § 242 f. vorsieht) keine zwingenden Ausgestaltungen (vgl. Rdn. 64). Es besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit. In Anlehnung an das Aktienrecht kommen insbesondere folgende Gestaltungen in Betracht: — Ausgleichszahlung (Dividendengarantie) ausgerichtet an der bisherigen Ertragslage und den künftigen Ertragsaussichten der Gesellschaft; — Dividendengarantie ausgerichtet an der Dividende des anderen Vertragsteils (herrschendes Unternehmen); — Dividendengarantie ausgerichtet an der durchschnittlichen Dividende der Branche u. ä.; — Abfindung in Geld entsprechend § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG; (287)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
— Abfindung in Geschäftsanteilen oder Aktien des anderen Vertragsteils oder verbundener Unternehmen entsprechend § 305 Abs. 3 Satz 1 AktG. Zur Dividendengarantie im besonderen vgl. Rdn. 94. 66
Den außenstehenden Gesellschaftern muß ein angemessener Ausgleich gewährt werden. Was als angemessen anzusehen ist, kann im Einzelfall schwer zu bestimmen sein. Für die Dividendengarantie werden in der Literatur folgende Auffassungen vertreten: Die Dividendengarantie muß dem „Gewinnpotential" der Gesellschaft entsprechen, mindestens aber dem Betrag, den ein Pächter des Unternehmens als Pacht für die Betriebsüberlassung zahlen würde (Flame DB 1956 456f.); die Dividendengarantie muß der Pacht entsprechen, die bei Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung gezahlt werden müßte (Ballerstedt DB 1956 840); die Dividendengarantie muß einer angemessenen Verzinsung des Reinvermögenswertes der Gesellschaft entsprechen (Mestmäcker aaO, S. 334); die Dividendengarantie muß den außenstehenden Gesellschaftern eine Rente gewähren, die ihrem Anteil an demjenigen Ertrag der Untergesellschaft entspricht, den diese als selbständiges Unternehmen nachhaltig zu erzielen in der Lage gewesen wäre (Mestmäcker aaO, S. 356 allerdings in gewissem Widerspruch zu S. 334); die Dividendengarantie hat mindestens in einer nach den Kapitalmarktverhältnissen angemessenen Verzinsung des Gesellschaftsnennkapitals zu bestehen (Schilling GroßKomm. AktG, 2. Aufl. § 256, 13). § 304 Abs. 2 AktG schließlich bestimmt als Ausgleichszahlung mindestens den Betrag, „der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung freier Rücklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte." Aus heutiger Sicht muß sich die Prüfung der Angemessenheit an § 304 Abs. 2 AktG ausrichten; eine Dividendengarantie, die den dort aufgestellten Erfordernissen entspricht, wird in aller Regel eine angemessene Entschädigung darstellen: Der Gesellschafter soll den Betrag erhalten, mit dem er künftig, wenn der Vertrag nicht bestehen würde, als Gewinnanteil rechnen könnte. Wie bei § 304 Abs. 2 AktG darf auch hier die Zuführung zu freien Rücklagen nicht berücksichtigt werden. Dies folgt einmal daraus, daß bei der GmbH die Bildung freier Rücklagen ohnehin nur mit einer besonderen Satzungsermächtigung zulässig ist (vgl. Rdn. 48). Zum anderen ist nach Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages nicht mehr sichergestellt, daß die nachvertragliche Rücklagenbildung den Wert der Gesellschaft und damit des Gesellschaftsanteils erhöht und damit dem Gesellschafter, wenn auch mittelbar, zugute kommt (vgl. auch Mestmäcker aaO, S. 356 f.). Entsprechend § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG kann die Dividendengarantie auch an die Dividende des anderen Vertragsteils angeknüpft werden (veränderliche Dividendengarantie); dann ist die Dividendengarantie in dem Verhältnis an der Dividende des anderen Vertragsteils auszurichten, in dem bei einer rechtlichen Zusammenfassung der beiden Unternehmen die Geschäftsanteile in Gesellschaftsrechte des anderen Vertragsteils umgetauscht worden wären. Wahlweise kann neben einer Dividendengarantie auch eine Abfindung entsprechend § 305 AktG angeboten werden. Im Gegensatz zum AktG ist das Abfindungsangebot neben der Dividendengarantie grundsätzlich nicht zwingend. Trotzdem wird man annehmen müssen, daß es Fälle gibt, in denen nur die Kombination einer Dividendengarantie mit einem Abfindungsangebot als angemessener Ausgleich für die außenstehenden Gesellschafter erscheint; dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn nach der Ausgestaltung des Gewinnabführungsvertrages (Laufzeit, (288)
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Einflußmöglichkeiten des anderen Vertragsteils etc.) mit einer Umstrukturierung der Gesellschaft gerechnet werden muß. Dabei darf nicht außer Betracht bleiben, daß bei dem im wesentlichen gleich gelagerten Fall der gewinnabführenden Aktiengesellschaft der Gesetzgeber für einen angemessenen Ausgleich stets die Einräumung der Wahlmöglichkeit zwischen Dividendengarantie und Abfindung verlangt. Als Abfindung muß den außenstehenden Gesellschaftern, vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsbestimmung, der wirkliche Wert ihrer Geschäftsanteile ersetzt werden (zur Bewertung der Anteile vgl. u. a. XJlmer Großkomm. HGB § 138, 74ff.; WP-Handbuch 1973 S. 1089ff.; ferner die Literatur zur Unternehmensbewertung z. B. Schmalenbach Die Beteiligungsfinanzierung, 8. Aufl. 1954; Mellerowics^ Der Wert der Unternehmung als Ganzes, 1952; Busse von Cölbe Der Zukunftserfolg, 1957; Münstermann Wert und Bewertung der Unternehmung, 3. Aufl. 1970; Kolbe Theorie und Praxis des Gesamtwertes und des Geschäftswertes der Unternehmung, 3. Aufl. 1967; Sieben Der Substanzwert der Unternehmung, 1963; Jaensch Wert und Preis der ganzen Unternehmung, 1966; Viel\Bredt\Renard Die Bewertung von Unternehmungen und Unternehmungsanteilen, 3. Aufl. 1970; Müller JuS 1973 603ff.; Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 1976). Fraglich kann sein, ob auch eine Abfindung ohne eine wahlweise angebotene 67 Dividendengarantie als angemessener Ausgleich angesehen werden kann. Davon geht § 242 RegE GmbHG aus mit der Begründung, daß nach der Struktur der GmbH nach Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages das Interesse der außenstehenden Gesellschafter darauf gerichtet sei, aus der Gesellschaft auszuscheiden (Begr. RegE, Vorbem. zu § 242). Dem kann in dieser Allgemeinheit weder für das geltende noch für das künftige Recht gefolgt werden (kritisch auch Müller GmbHRdsch. 1973 100). Würde man dem RegE folgen, so führte der Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages in der wirtschaftlichen Konsequenz zum Ausscheiden aller Minderheitsgesellschafter und zur Vereinigung aller Anteile beim anderen Vertragsteil. Es kann nicht angenommen werden, daß diese Folge stets dem Interesse der Minderheitsgesellschafter entspricht. Jedenfalls für das geltende Recht bleibt festzuhalten, daß im Regelfalle ein Abfindungsangebot allein kein angemessener Ausgleich für die außenstehenden Gesellschafter ist. Mit Zustimmung der außenstehenden Gesellschafter kann von der Zahlung eines Ausgleichs abgesehen werden; es kann sogar umgekehrt z. B. die Zahlung eines Beitrages zur Deckung der Verluste, die der andere Vertragsteil übernimmt (vgl. Rdn. 68) vorgesehen werden. dd) Weitere Voraussetzungen Allgemein wird angenommen, daß dem Recht auf Ergebnisabführung zwin- 68 gend eine Verpflichtung des anderen Vertragsteils zum Verlustausgleich gegenübersteht (vgl. z. B. Skibbe GmbH-Rdsch. 1968 248; Ballerstedt DB 1956 815; v. Wallis NJW 1963 1130). Das ist für die GmbH jedoch nicht selbstverständlich. Man wird lediglich annehmen müssen, daß ein Verlustausgleich zwingend oder eine Gewinnabführung unzulässig ist, sofern das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen berührt wird (§ 30). § 7a Abs. 5 Nr. 3 KStG verlangt jedoch, als Voraussetzung der Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft für den außeraktienrechtlichen Gewinnabführungsvertrag die Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG. Damit wird aus steuerlichen Gründen in aller Regel eine Verlustübernahme entsprechend den aktienrechtlichen Bestimmungen vereinbart werden. Zur Formulierung dieser Verlustübernahme vgl. Schreiben des BMWF vom 30. 12. 1971 (Organschaftserlaß), BStBl. 1972 I (289)
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S. 2 und Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 7a KStG 61—62. 5. Teilgewinnabführungsverträge, Gewinngemeinschaften 69
Teilgewinnabführungsverträge sind Verträge, durch die sich die Gesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG; § 231 Abs. 1 Nr. 2 RegE GmbHG). In der Praxis werden solche Verträge kaum anzutreffen sein, da sie steuerlich als Gewinnabführung nicht anerkannt werden. § 7a Abs. 1 KStG verlangt zur Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft die Abführung des ganzen Gewinns des Unternehmens. Für die Zustimmung der Gesellschafterversammlung und den Abschluß des Vertrages gelten die Ausführungen in Rdn. 62 und 63 entsprechend. Ob Ausgleichszahlungen zu leisten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wird der Teilgewinnabführungsvertrag mit einem Dritten geschlossen, wird in der Regel ohnehin eine angemessene Gegenleistung gegeben sein; wird er dagegen mit einem Gesellschafter geschlossen oder erhält ein Gesellschafter zumindest einen Vorteil aus dem Abschluß des Vertrages, so erfordert der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter eine Ausgleichszahlung an die anderen Gesellschafter; die Ausführungen in Rdn. 64 bis 67 gelten entsprechend. 70 Gewinngemeinschaft liegt vor, wenn die Gesellschaft ihren Gewinn oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil mit dem Gewinn anderer Unternehmen oder einzelner Betriebe anderer Unternehmen zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenlegt (§ 292 Abs. 1 Nr. 1 AktG; § 231 Abs. 1 Nr. 1 RegE GmbHG; Gewinnpoolung). Das Wesen der Gewinngemeinschaft liegt damit nicht nur in der Zusammenlegung, sondern auch in der Wiederaufteilung der Gewinne nach einem bestimmten Schlüssel (vgl. Würdinger in GroßKomm. AktG, § 292, 3; Biedenkopf-Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG § 292, 10). Die Aufteilung muß sich stets auf einen periodisch ermittelten Gewinn beziehen. Die Poolung der Erträge aus einzelnen Geschäften (z. B. Abwicklung eines Bauauftrags durch eine Arbeitsgemeinschaft) reicht nicht aus. Die Gewinngemeinschaft wird regelmäßig in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft abgeschlossen (vgl. dazu Würdinger aaO, 5). Die Berechnung des zu poolenden Gewinns erfolgt entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen in einer besonderen Abrechnung (Würdinger aaO, 6). Der Reingewinn i. S. des § 29 Abs. 1 wird nicht unmittelbar berührt; er ergibt sich vielmehr nach Abrechnung der Gewinngemeinschaft. Eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung ist deshalb, vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung, nicht erforderlich, wenn sich die Geschäftsführung auch regelmäßig des Einverständnisses der Gesellschafter versichern wird (§13 Anh. II, 33). VI. Auszahlung des Gewinns 71
Wenn die Statuten nichts anderes bestimmen, so hat die Auszahlung des Gewinns in Geld zu erfolgen (Baumbach-Hueck 2 D; Schölt^ 7; Vogel 3). Ein Gesellschafterbeschluß, der einen bilanzmäßigen Reingewinn in Gegenständen auskehren wollte, ist als statutenwidrig anfechtbar. Durch Annahme der Sachleistung ist er jedoch genehmigt. Als zulässig wird es anzusehen sein, wenn der Gewinnverteilungsbeschluß den Gesellschaftern ein Wahlrecht einräumt. Hierzu bedarf es nicht einmal (290)
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einer entsprechenden Sat2ungsbestimmung. Der Beschluß muß nur alle Gesellschafter gleich behandeln. Enthält die Satzung eine Ermächtigung der Gesellschafterversammlung, über die Gewinnverteilung frei zu beschließen (Rdn. 48), so kann die Gesellschafterversammlung auch eine Sachausschüttung beschließen. In diesem Falle stellt die Sachausschüttung ein Mehr gegenüber der der Gesellschafterversammlung auch gegebenen Möglichkeit dar, von einer Gewinnausschüttung ganz abzusehen (Fischer in GroßKomm. AktG, 2. Aufl., § 52, 30). Keine Bedingung der Auszahlung des Gewinns dagegen ist, daß der Reingewinn in flüssigen Mitteln vorhanden ist oder bei Ablauf des Geschäftsjahres war (Scbol% 7). Sind keine Barmittel verfügbar, so muß die Gesellschaft gegebenenfalls Kredit aufnehmen, um ihrer Gewinnauszahlungsverpflichtung nachzukommen. Der Gesellschaftsvertrag kann anderweitige Vorschriften enthalten oder anderweitige Beschlüsse zulassen. Ein Auszahlungshindernis kann allerdings § 30 Abs. 1 darstellen, wenn die 72 Auszahlung des Gewinns aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgen müßte bzw. wenn zur Auszahlung des Gewinns aufgenommene Fremdmittel nur aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen zurückgezahlt werden könnten. § 30 Abs. 1 bewirkt auch dann eine Auszahlungssperre, wenn die Gesellschafterversammlung eine Gewinnausschüttung bereits beschlossen hat und damit schuldrechtliche Ansprüche der Gesellschafter zur Entstehung gekommen sind (vgl. Rdn. 13 und § 30, 23; ferner Scholz 16; Baumbach-, Hueck 2 D; Ballerstedi aaO, S. 90; Feine aaO, S. 364; BGH, JZ 1954 634 mit Anmerkung von Schilling). Bei Verletzung des § 30 Abs. 1 darf die Geschäftsführung den Gewinn nicht ausbezahlen. Die Geschäftsführung muß die Auszahlung des Gewinns ferner verweigern, 7} wenn der Bilanzfeststellungs- oder der Gewinnverteilungsbeschluß gegen ein zwingendes Gebot verstößt und nichtig ist (vgl. Anhang zu § 47). Ein nichtiger Beschluß ist auch für die Geschäftsführer nicht bindend. Das gilt auch, wenn sich die Gesellschafter dieses Verstoßes nicht bewußt waren. Die Geschäftsführung braucht zur Verweigerung der Auszahlung nicht erst wieder einen Gesellschafterbeschluß herbeizuführen. Anders bei Verstößen, die nur zur Anfechtung berechtigen. Hier kann der Geschäftsführer sich nicht ohne einen abändernden Beschluß der Gesellschafter oder eine Anfechtung eines derselben über die Gewinnfeststellung hinwegsetzen. Er muß die Gesellschafterversammlung berufen. Lehnt diese die Aufhebung ab, so bleibt es bei der Dividende. Nur wenn sich durch die Auszahlung das Stammkapital mindern würde, muß er diese unterlassen (vgl. oben Rdn. 72). VQ. Fälligkeit des Gewinnanspruchs Wenn die Satzung über die Auszahlung der Dividende keine Vorschriften ent- 74 hält, so wird sie mit dem Gewinnverteilungsbeschluß fällig. Die tatsächliche Auszahlung wird unverzüglich vorzunehmen sein; üblich ist eine Auszahlung binnen zweier Tage nach dem Gewinnverteilungsbeschluß. Eine Hinausschiebung der Zahlung ist unzulässig {Baumbach-Hueck 2 C); anders, wenn durch die Auszahlung das Stammkapital angegriffen würde (§ 30). Außerdem kann die Satzung für die Gewinnabhebung Vorschriften enthalten (Baumbach-Hueck 2 C; Scholz 17), die auch eine spätere Auszahlung zulässig machen. Notfalls hilft ein für den Einzelfall gefaßter satzungsdurchbrechender Beschluß mit qualifizierter Mehrheit; doch ist dann das Anfechtungsrecht der überstimmten Minderheit gegeben. Kann die Gesellschafterversammlung kraft Satzungsermächtigung frei über die Gewinnverwendung be(291)
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schließen (Rdn. 49 ff.), so umfaßt diese Befugnis auch die Festsetzung der Fälligkeit der Dividende; in einem solchen Falle kann das Hinausschieben der Auszahlung — je nach Satzungsbestimmung — ggf. mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Die Gesellschaft hat von den Auszahlungsbeträgen nach näherer Maßgabe des § 43 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 44 EStG und der Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (KapStDV) in der Fassung vom 8. 8. 1966 (BGBl. I S. 472) ggf. Kapitalertragsteuer einzubehalten. Hinzuweisen ist auf § 6 Abs. 2 KapStDV, wonach für Zwecke des Kapitalertragsteuerabzugs Gewinnanteile dem Gläubiger an dem Tag zufließen, der im Beschluß als Tag der Auszahlung bestimmt worden ist. § 6 Abs. 2 Satz 2 KapStDV, der bei mangelnder Bestimmung über den Auszahlungszeitpunkt als Zeitpunkt des Zufließens den Tag nach der Beschlußfassung fingierte, ist nach Auffassung des BFH rechtsungültig (BFH, DB 1972 1145; dazu auch FinMin. NRW, DB 1973 697). Bei der Körperschaftsteuerreform (KStG 1977) ist der Kapitalertragsteuerabzug aufrecht erhalten. Ist nach näherer Ausgestaltung der Satzung ein Gewinnverteilungsbeschluß nicht erforderlich (Rdn. 40 am Ende), so sollte eine solche Satzungsbestimmung zweckmäßigerweise die Fälligkeit des Gewinnanspruchs besonders regeln. Ist dies nicht geschehen, so wird der Gewinnanspruch mit Eintritt der letzten aller übrigen Voraussetzungen fällig, also mit der Bilanzfeststellung oder — wenn auch eine solche nicht erforderlich ist (vgl. Rdn. 31) — ggf. sogar der Bilanzaufstellung. Wegen der Bilanzierung der Gewinne beim empfangenden Gesellschafter vgl. die Erl. zu § 42. VÜI. Vorabausschüttungen, Zwischendividende 75
Vorabausschüttungen (auch als Abschlagszahlung oder -dividende, Dividenden- oder Gewinnvorschuß oder Zwischendividende bezeichnet) sind Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter, die während des laufenden Geschäftsjahres oder nach Ablauf des Geschäftsjahres, aber vor Feststellung der Jahresbilanz, erfolgen. Während das AktG in § 59 Abschlagszahlungen auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn nach Ablauf des Geschäftsjahres zuläßt, wenn ein vorläufiger Abschluß für das vergangene Geschäftsjahr einen Jahresüberschuß ergibt, enthält das GmbHG überhaupt keine Regelung. 1. Zulässigkeit
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Die weitaus überwiegende Meinung läßt Vorabausschüttungen bei der GmbH zu (RGZ 85 43; 92 72; auch BGH DB 1972 1575; Brodmann 7b; Baumbach-Hueck 2 C; Scholz 20; Vogel 4; ferner: Ballerstedt aaO, S. 176, Eder GmbH-Rdsch. 1969 285; AlfredHueck Gesellschaftsrecht, 17. Aufl. S. 252; Götz Hueck ZGR1975 133ff.; Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien und GmbH-Rechten der EWG, S. 430; Priester DB 1973 2382; Röhr kästen GmbH Rdsch. 1974 36; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 3. Aufl. S. 294; Voss GmbH-Rdsch. 1963 93; Wilke-Köhler Handbuch der GmbH, 2. Aufl., I 424, 1; sowie Rechtsprechung der Finanzgerichte: Hessisches Finanzgericht EFG 1963 32; Finanzgericht Baden-Württemberg EFG 1971 2f.; Finanzgericht Düsseldorf EFG 1972 93 f.). Für unzulässig wird eine Vorabausschüttung gehalten vom OLG Hamburg (GmbH-Rdsch. 1973 123 f.) und ihm folgend von Böttcher DB 1973 358 f.). Mit der herrschenden Meinung sind Vorabausschüttungen für zulässig zu halten (so schon die Vorauflage in Abweichung von der 5. Auflage). Entgegen dem Han(292)
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seatischen OLG (aaO) ist § 30 kein allgemeiner Hinderungsgrund für eine Vorabdividende. Allerdings ist eine Zahlung unzulässig, wenn im konkreten Falle durch die Zahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, dies hat die Geschäftsführung bei jeder Auszahlung nachzuprüfen. Diese Nachprüfung kann aber, entgegen dem Hanseatischen OLG, nicht nur bei Aufstellung der Jahresbilanz, sondern auch schon vorher durch geeignete Maßnahmen erfolgen. Die generelle Zulässigkeit einer Vorabausschüttung ergibt sich daraus, daß bei der GmbH — im Gegensatz zur Regelung bei der AG (§58 Abs. 5 AktG) — die Gesellschafter nicht auf den aus der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn beschränkt sind, sondern in den durch § 30 gezogenen Grenzen auch andere Beträge ausschütten können (zur Zulässigkeit ausführlich und überzeugend Göt%_ Hueck ZGR 1975 133ff.; vgl. auch Priester, aaO). 2. Voraussetzungen a) Satzungsermächtigung, Gesellschafterbeschluß 77 Eine Regelung der Vorabausschüttung in der Satzung ist zulässig. Die Bedenken, die das OLG Hamburg (aaO) gegen eine solche Satzungsbestimmung geltend gemacht hat, sind nicht durchschlagend (vgl. Rdn. 76 und mit ausführlicher Begründung Götz Hueck ZGR 1975 133, 149 ff.). Fraglich ist jedoch, ob eine entsprechende Satzungsbestimmung auch Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vorabausschüttung ist. In der Vorauflage wurde eine entsprechende Satzungsermächtigung verlangt (so auch Feine S. 363). Diese Meinung wird aufgegeben. Weder § 29 noch § 30 enthalten ein Verbot der Vorabausschüttung, das durch eine entsprechende Satzungsbestimmung erst aufgehoben werden müßte (Göt^ Hueck aaO, 150ff.; Priester aaO, 2383). Sollen dagegen die Geschäftsführer ermächtigt werden, ohne Beschluß der Gesellschafterversammlung eine Vorabdividende auszahlen zu können, so ist hierfür eine besondere Satzungsbestimmung erforderlich (Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 176). Von einer solchen satzungsmäßigen Ermächtigung der Geschäftsführer abgesehen, unterliegt die Vorabausschüttung der Beschlußfassung durch die GesellschaftterVersammlung. Dies folgt aus § 46 Nr. 1, der die Gewinnverteilung in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafter verweist; dies muß auch für Vorabausschüttungen gelten (Götz Hueck aaO, 151 Priester aaO, 2384; Finanzgericht Düsseldorf EFG 1972 94). b) Zwischenbilanz 78 Fraglich ist, ob die Vorabausschüttung die Aufstellung einer Zwischenbilanz mit einem entsprechenden Gewinnausweis voraussetzt (so Vorauflage Anm. 16; Feine S. 363; Liebmann Saenger 3; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 3. Aufl. S. 294; Röhrkasten GmbH-Rdsch. 1974 36, 38 und Finanzverwaltung vgl. BB 1976 1498). Die Frage ist zu verneinen (so auch Göt% Hueck aaO, 151 ff.; Eder GmbH-Rdsch. 1969 286 und Priester DB 1973 2384). Die Vorabdividende braucht nicht aus schon erwirtschafteten Gewinnen bezahlt zu werden; das kann zwar der Fall sein (z. B. bei Vorhandensein von Rücklagen), es kann aber auch ebensogut ein Vorgriff auf erst zum Geschäftsjahresende zu realisierende Gewinne gemacht werden (z. B. bei langfristiger Auftragsfertigung). Die einzige Grenze für die Vorabausschüttung stellt § 30 dar. Darüberhinaus könnte eine Zwischenbilanz rechtlich weder festgestellt (§46 Nr. 1) noch Grundlage eines Gewinnanspruchs der Gesellschafter (293)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
i. S. des § 29 Abs. 1 sein. Ihr könnte deshalb nur die Bedeutung eines unverbindlichen Informationsmittels zukommen. Dennoch kann die Erstellung einer Zwischenbilanz zweckmäßig sein, da sie den Geschäftsführern eine Kontrolle darüber erlaubt, ob die Ausschüttung gegebenenfalls gegen § 30 verstößt (Priester aaO). Die Zwischenbilanz ist dann nach den Grundsätzen über die Jahresbilanz aufzustellen, allerdings werden an sie in der Regel nicht die gleichen Anforderungen zu stellen sein, wie an den ordentlichen Jahresabschluß. Eine Vorabdividende setzt ihrem Wesen nach voraus, daß bei gewissenhafter Beurteilung der Geschäftslage die begründete Aussicht auf einen Jahresgewinn besteht (Göt% Hueck aaO, 152). Auch für diese Erwägung kann eine Zwischenbilanz eine wertvolle Entscheidungshilfe darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gesellschafter (der Gesellschaftsvertrag) davon ausgehen, daß nur erwirtschaftete Gewinne vorab ausgeschüttet werden sollen.
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c) Vorhandensein eines Reingewinns Vorabausschüttungen oder Zwischendividenden werden auf den sich aus der jährlichen Bilanz ergebenden Reingewinn gemacht. Sie stehen also unter der auflösenden Bedingung, daß mindestens ein entsprechender Reingewinn erwirtschaftet wird (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg EFG 1971 2, 3). Ergibt sich nach Ablauf des Geschäftsjahres, daß kein Reingewinn erwirtschaftet wurde oder daß der Reingewinn geringer ist als die gezahlten Vorschüsse, so sind die Vorschüsse, soweit sie den Reingewinn übersteigen, nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB als ungerechtfertigte Bereicherung von den Gesellschaftern zurückzuzahlen (RGZ 85 43, 45; Baumbach-Hueck 2 C; Brodmann 1 c und 7 b; Eder GmbH Rdsch. 1969 287; Göt^ Hueck aaO 141; Liebmann-Saenger 3; Priester DB 1973 2384; Röhrkasten GmbHRdsch. 1974 38; Schölt^ 20; Sudhoff"aaO 294; Vogel A-, Voss GmbH-Rdsch. 1963 93). Dies bedeutet aber nicht, daß die Vorschüsse von Anfang an ohne Rechtsgrund gezahlt wurden. Ein solcher Rechtsgrund war mit dem Ausschüttungsbeschluß gegeben; er entfällt vielmehr erst mit dem Feststellungs- und Gewinnverteilungsbeschluß. Erst von diesem Zeitpunkt an kann ein Rückforderungsrecht der Gesellschaft gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB entstehen (Eder GmbH-Rdsch. 1969 286, 287; Priester DB 1973 2384). Einem solchen Rückforderungsanspruch kann auch § 32 nicht entgegengehalten werden, weil die Auszahlung unter der erkennbaren Bedingung erfolgt, daß ein entsprechender Reingewinn erwirtschaftet wird (vgl. auch Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH 1964 S. 207). Die Gesellschafter können auch beschließen, daß eine Anrechnung auf den Reingewinn nicht erfolgen soll. Dann kommt eine Rückforderung durch die Gesellschaft nicht in Betracht, sofern § 30 nicht verletzt ist. In einem solchen Falle wird man jedoch von einer Vorabausschüttung nicht mehr sprechen können, es liegt dann eine reine Vermögensausschüttung vor. 3. Bilanzierung
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Die herrschende Meinung geht davon aus, daß Vorab- und Zwischendividenden wie echte Gewinnauszahlungen zu verbuchen und auf der Passivseite gegen den Bilanzgewinn zu verrechnen sind. Die Gesellschaft hat somit bis zur endgültigen Bilanzfeststellung keine Forderungen gegen die Gesellschafter einzubuchen (Hessisches Finanzgericht EFG 1963 32; Finanzgericht Baden-Württemberg EFG 1971 2f.; Finanzgericht Düsseldorf EFG 1972 93f.; Eder GmbH-Rdsch. 1969 287; (294)
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Priester DB 1973 2384; a. A. DB 1958 1314; Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 19 KStG 19). Dieser Auffassung ist zu folgen. Ist bei Ausschüttung der Vorabdividende ein Gewinnvortrag nicht vorhanden, so ist die Ausschüttung zunächst auf einem Verlustkonto zu verbuchen, das zum Jahresende mit dem Reingewinn zu verrechnen ist (Eder aaO). 4. Steuerfragen Da Vorabausschüttungen keine Forderungen gegen die Gesellschafter begrün- 81 den (es sei denn vom Zeitpunkt des Bilanzfeststellungsbeschlusses an, wenn ein entsprechender Reingewinn nicht vorhanden ist; Rdn. 79), kann in einer mangelnden Verzinsung dieser „Forderungen" auch keine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen werden (Finanzgericht Düsseldorf EFG 1972 93). Vorabausschüttungen gelten als berücksichtigungsfähige Ausschüttungen i. S. des § 19 Abs. 3 KStG, wenn sie später in den Jahresgewinnverteilungsbeschluß aufgenommen und auf den zur Verteilung stehenden Jahresgewinn (unter Einschluß der Vorabausschüttung) angerechnet werden (Hessisches Finanzgericht EFG 1963 32). Entsprechend ist auf die Vorabausschüttungen Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Für die Vermögensteuer ist zu beachten, daß Vorabausschüttungen aus dem Vermögen der Gesellschaft ausscheiden und damit dessen Bestand zum Feststellungszeitpunkt vermindern. Etwas anderes kann nur gelten, wenn Rückforderungsansprüche nach § 812 BGB oder nach § 31 bestehen (RFH, RStBl. 1929 506f.; RStBl. 1930 52; Finanzgericht Baden-Württemberg EFG 1971 2). IX. Verzinsung der Stammeinlagen, Bauzinsen Das GmbHG kennt im Gegensatz zum AktG ( § 5 7 Abs. 2) keine Vorschrift, 82 wonach den Gesellschaftern Zinsen weder zugesagt noch ausbezahlt werden dürfen. Auch der RegE GmbHG sieht keine dem AktG entsprechende Regelung vor. Die überwiegende Meinung hat jedoch auch für die GmbH ein Verbot der Vereinbarung fester Zinsen auf die Stammeinlagen angenommen (RG DR 1942 40; PrOVG Bd. 77 238; Vorauflage Anm. 11; Baumbach-Hueck 2 E ; Feine S. 365; Vogel 4). Als Begründung werden § 30 Abs. 1 und § 29 herangezogen. Feste Zinsen müßten den Gesellschaftern gezahlt werden, auch wenn die Gesellschaft nichts verdient hätte. Das könnte dazu führen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen auszuzahlen. Neben der Vorschrift des § 30 sei eine besondere Bestimmung, welche die Vereinbarung fester Zinsen untersage, nicht erforderlich. Nach Scholz (18) dürfen den Gesellschaftern feste Zinsen nur insoweit nicht zugesichert werden, als dies dem § 30 Abs. 1 widersprechen würde. Im Ergebnis ist der Meinung von Scholz zu folgen. § 29 steht der Vereinbarung von festen Zinsen nicht entgegen, da er nur den Anspruch auf Reingewinn regelt; er besagt aber nicht, daß andere Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter als die Auskehrung des Reingewinns untersagt seien (vgl. Rdn. 1 und Laule GmbH-Rdsch. 1966 32). Damit ist die einzige Begrenzung fester Zinsen im GmbH-Recht die Bestimmung des § 30. Sie verbietet aber nicht die Vereinbarung, sondern nur die Auszahlung fester Zinsen, wenn diese aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgt. Die Vereinbarung fester Zinsen auf die Stammeinlagen ist damit bei der GmbH im Gegensatz zur Aktiengesellschaft zulässig. Die Auszahlung steht allerdings — wie jede Leistung an die Gesellschafter in dieser ihrer Eigenschaft — unter dem Vor(295)
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behalt des § 30, der in die Zinsvereinbarung jedoch nicht ausdrücklich aufgenommen werden muß. Zur Gültigkeit der Zinsvereinbarung ist es deshalb nicht erforderlich, sie in eine Vorableistung auf den Gewinn, ähnlich einer Vorab- oder Zwischenausschüttung (vgl. Rdn. 75 ff.), umzudeuten (so aber Vorauflage Anm. 11 und v. Wallis GmbH-Rdsch. 1958 52f.). Eine solche Gestaltung ist zwar möglich, sie ist aber nicht die ausschließlich zulässige: Zinszahlungen können nicht nur aus dem Reingewinn, sondern auch zu Lasten des durch § 30 nicht gebundenen Vermögens erfolgen. Eine Zinsvereinbarung muß in der Satzung getroffen werden. Ist sie nicht als reine Gewinnverteilungsregelung zu sehen — was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Zinsen unter Vorbehalt des § 30 auch zu zahlen sind, wenn kein Reingewinn vorhanden ist —, so sind die Zinsen buchhalterisch als Aufwand zu behandeln, also vor Tantiemeberechnungen, Rücklagezuführungen u. ä. zu berücksichtigen. Die Geschäftsführer müssen sich bei jeder Zinszahlung vergewissern, daß die Zahlung nicht gegen § 30 Abs. 1 verstößt. 83 Nach den Ausführungen in Rdn. 82 sind bei der GmbH auch sogenannte Bauzinsen zulässig {Laule GmbH-Rdsch. 1966 32ff.; Scholz 18; wohl auch Berg in Handbuch der GmbH II 71; a. A. Vorauflage Anm. 12; Baumbach-Hueck 2 E). In Anlehnung an § 57 Abs. 3 AktG versteht man unter Bauzinsen Zinsen von bestimmter Höhe, die den Gesellschaftern für den Zeitraum, den die Vorbereitung des Unternehmens bis zum Anfang des vollen Betriebes erfordert, zugesagt werden. Sie kommen insbesondere in Betracht, wenn die GmbH erst nach längerer Anlaufzeit und nach erheblichen Investitionen ihren eigentlichen Geschäftsbetrieb aufnehmen kann (z. B. Verkehrsunternehmen; anlageintensive Produktion etc.). Ohne die Vereinbarung von Bauzinsen würde ggf. keine Bereitschaft der Gesellschafter bestehen, Kapital zur Verfügung zu stellen (näheres vgl. z. B. Würdinger in Großkomm. AktG zu § 57, 27 ff.). Auch Bauzinsen stehen unter dem Vorbehalt des § 30 Abs. 1. Bauzinsen müssen nicht unbedingt über Aufwand verbucht werden; soweit ihre Höhe den üblichen Zinssatz für Fremdkapital nicht übersteigt, können sie im Rahmen der Herstellungskosten der zur Vorbereitung des Unternehmens errichteten Anlagen aktiviert werden (Adler-Düring-Schmalt^ aaO, § 153, 46; Berg Handbuch der GmbH II 71; Laule GmbH-Rdsch. 1966 32ff.). In diesem Rahmen kann die Entstehung einer Unterbilanz vermieden werden. Müssen allerdings die Bauzinsen mit Fremdkapital finanziert werden, so ist zu beachten, daß die Fremdkapitalzinsen zur Entstehung einer Unterbilanz beitragen können. X. Maßstab der Gewinnverteilung (Abs. 2) 84
Die Verteilung des Gewinns erfolgt nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Der Gesellschaftsvertrag kann aber einen anderen Maßstab festsetzen. In der Regel entscheidet das Verhältnis der Geschäftsanteile, und zwar der Nennbetrag, nicht der Betrag der geleisteten Einzahlung (Baumbach-Hueck 3; Schol^ 21; Vogel 5; Feine S. 366 spricht ungenau auch von den Stammeinlagebeträgen). Auch ist es gleichgültig, ob Sacheinlagen oder Geldeinlagen auf die Geschäftsanteile gemacht wurden. Ebenso ist es gleichgültig, ob die Einzahlungen auf alle Geschäftsanteile gleichmäßig geleistet sind oder nicht (KG OLGR 34 358; eine dem § 60 Abs. 2 AktG analoge Bestimmung fehlt hier). 85 Der Gesellschaftsvertrag kann einen anderen Maßstab festsetzen (vgl. RG JW 1915 335 Ziff. 11; Baumbach-Hueck 3; Schol^ 21; Vogel 5; Feine S. 367). Die Verträge (296)
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machen davon häufig Gebrauch. So kann die Verteilung nach Köpfen bestimmt sein. Es kann eine Grunddividende nach Geschäftsanteilen und der Rest nach Köpfen verteilt werden. Die Satzung kann auch bestimmen, daß nur volleingezahlte Geschäftsanteile am Gewinn teilnehmen sollen (Baumbach-Hueck 3) oder daß die Gewinnverteilung im Verhältnis der geleisteten Einlagen erfolgt. Auch eine dem § 60 Abs. 2 AktG entsprechende Gewinnverteilung kann vereinbart werden. Der völlige Ausschluß eines Gesellschafters vom Gewinn ist zulässig (vgl. Rdn. 47). Oft wird denjenigen, welche das Fundament der Gesellschaft schaffen, z. B. ein Patent einbringen, ein größerer Anteil am Jahresgewinn zugebilligt als den Geldeinlegern. Wird den Gesellschaftern eine Darlehenspflicht auferlegt, so kann der Darlehensbetrag bei der Gewinnverteilung nach Kapitalien dem Einlagekapital zugerechnet werden (Feine S. 366). Es kann der Gewinnanteil veränderbar sein, so kann er sich bei Verkaufs- oder Einkaufsgesellschaften nach der Höhe der gelieferten oder bezogenen Warenmengen richten (so auch der in R G Z 104 349 entschiedene Fall, wo ein Teil des Jahresgewinnes im Verhältnis zu der von dem einzelnen Gesellschafter gelieferten Rohspiritusmenge satzungsgemäß ausgeschüttet werden sollte; BaumbachHueck 3). Es kann für einen privilegierten Geschäftsanteil, etwa den des Einbringers der Erfindung, bestimmt werden, daß auch bei der Erhöhung des Stammkapitals ihm stets dieselbe Quote am gesamten Gewinn bleiben soll. Es wird so angesehen, als habe er gleichfalls im gleichen Verhältnisse mit den anderen Gesellschaftern an der Erhöhung teilgenommen. Es können daher auf diese Art verschiedene Gattungen von Geschäftsanteilen, Vorzugsanteile, geschaffen werden (vgl. § 5, 137 ff.). Inwieweit dies durch Statutenänderungsbeschluß möglich ist, sowie ob solche Vorzugsrechte auch wieder genommen werden können, vgl. § 5, 140. 86 Auch eine formlose, mündliche Abrede der Gesellschafter über die Gewinnverteilung untereinander ist zulässig. Eine solche Abrede begründet kein Recht gegen die Gesellschaft, sondern nur der Gesellschafter untereinander ( K G O L G R 24 153).
XI. Anspruchsberechtigte 1. Gesellschafter und v o m Gesellschafter abgeleiteter Erwerb Der Anspruch steht als Ausfluß des Mitgliedschaftsrechts dem Gesellschafter 87 zu. Es ist jedoch möglich, daß das schuldrechtliche Dividendenbezugsrecht auch in der Person eines Dritten entsteht. Dies ist z. B. der Fall bei Abtretung oder Verpfändung der künftigen Gewinnansprüche. Eine solche Abtretung ist zulässig (Rdn. 10; R G Z 98 320). Fraglich kann jedoch sein, ob das obligatorische Gewinnbezugsrecht unmittelbar in der Person des Zessionars entsteht (Direkterwerb) oder ob es zumindest eine „logische Sekunde" zum Vermögen des Zedenten gehört (Durchgangserwerb). Diese Frage gewinnt insbesondere im Konkurs des Gesellschafters Bedeu- 88 tung. Findet ein Durchgangserwerb des Gesellschafters statt, so fällt in seinem Konkurs der Gewinnanspruch in die Konkursmasse ( § 1 5 Satz 1 K O ) ; andernfalls ist die Abtretung an den Zessionar der Masse und den Konkursgläubigern gegenüber wirksam. Im Falle der Abtretung künftiger Gewinnansprüche nach § 29 durch den Gesellschafter liegt bereits bei Abtretung der Rechtsgrund für die erst später entstehende schuldrechtliche Forderung auf einen Periodengewinn vor; der Rechtsgrund ist nämlich im Mitgliedschaftsrecht und in der Vorschrift des § 29 selbst zu (297)
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sehen. Der Umstand, daß noch weitere gesetzliche oder statutarische Bedingungen gegeben sein müssen, kann nicht verhindern, daß bei Eintritt dieser Bedingungen der Erwerb unmittelbar in der Person des Anwartschaftsberechtigten eintritt. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß der Zedent oder — im Konkursfall — der Konkursverwalter bei Feststellung der Jahresbilanz und der Gewinnverteilung gemäß § 46 Nr. 1 mitzuwirken haben. Hier könnte ein Rechtserwerb durch den Zessionar höchstens über § 7 KO gehindert werden (GroßKomm. KO § 15,13), da die Ausübung des Stimmrechts den Wert der GmbH-Anteile und damit auch mittelbar die Konkursmasse berühren kann. Jedoch dürfte diese Überlegung auch nur Platz greifen, wenn der Zedent über die für die Gewinnverteilung notwendige Stimmenmehrheit verfügt. Die Tatbestände der Konkursanfechtung bleiben unberührt. 89 Auch der Nießbraucher am Geschäftsanteil erwirbt bei Eintritt der Voraussetzungen unmittelbar und ohne Durchgangserwerb des Gesellschafters den jeweiligen Anspruch auf den Periodengewinn. Dagegen führt die Einräumung einer Unterbeteiligung am Geschäftsanteil regelmäßig, nicht zu einer (teilweisen) Abtretung entstandener oder künftiger Gewinnanteile, da der Unterbeteiligte nur in Rechtsbeziehungen zum Hauptbeteiligten, nicht dagegen zur Gesellschaft selbst tritt, und zwar auch hinsichtlich des schuldrechtlichen Anspruchs auf den Reingewinn (Paulick Handbuch der stillen Gesellschaft 1971 S. 109f.; Böttcher-Zartmann Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung 1968 S. 72). 90 Zur Erleichterung der Abtretung können Urkunden (Dividendenscheine) als Order- oder Inhaberpapiere gebildet werden (vgl. § 29 Anhang, 1 ff.; Feine S. 361). Zulässig ist auch die Übertragung des Geschäftsanteils ohne das Dividendenrecht. Dann behält sich der Veräußerer eines Geschäftsanteils das Gewinnbezugsrecht vor (Hamburg OLGR 30 379; Vogel 3). Das RG (RGZ 98 320) nimmt zutreffend an, daß mit der Übertragung des Geschäftsanteils in diesem Falle gleichzeitig eine Rückübertragung des künftigen Dividendenrechts auf den Veräußerer stattfindet (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1914 377 läßt die Frage offen). Zum Ubergang des Gewinnrechts bei der Abtretung von Geschäftsanteilen vgl. Rdn. 11. In allen Fällen gesonderter Übertragung des Dividendenrechts ist der Erwerber des Dividendenrechts derjenige, der von der Gesellschaft die Dividenden verlangen kann. Ist die Abtretung der Gesellschaft jedoch nicht angezeigt, kann diese mit befreiender Wirkung an den Gesellschafter zahlen (§ 407 BGB). Bei erfolgter Anzeige gilt § 409 BGB. Das Recht des Zessionars ist ein bedingtes, bis die Bedingungen der Auszahlung eingetreten sind; ein unbedingtes, sobald die Bedingungen eingetreten sind. In allen diesen Punkten unterscheidet es sich nicht von dem Dividendenrecht vor seiner Lostrennung vom Geschäftsanteil. Allein die gesellschaftliche Einwirkung auf die Gestaltung und Entstehimg des Dividendenrechts, insbesondere die Anfechtung des Bilanzfeststellungsbeschlusses, steht weder dem Zessionar noch dem Dividendenscheininhaber, sondern dem Gesellschafter als solchem zu (RGZ 98 318; Feine S. 292). Solange der Anspruch auf die Dividende nicht imbedingt wurde, teilt er auch in dritter Hand alle Schicksale des Geschäftsanteils. Dies gilt auch bei Ausgabe von Dividendenscheinen. Jede Änderung des Gesellschaftsvertrages berührt auch den abgetretenen Anspruch. Eine Statutenänderung, welche die Auszahlung der Dividende befristet (z. B. zahlbar vier Monate nach Feststellung), muß auch der Couponinhaber gelten lassen, auch wenn er die Scheine vor dem Beschlüsse erworben hat (BauersZ 18 106). Wegen der Einwirkung der Kaduzierung auf den Dividendenschein vgl. Anmerkungen zu § 21. Bei der Abandonnierung muß die Gesellschaft den Geschäftsanteil so nehmen, wie er ist. Sie muß die Zession (298)
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der künftigen Dividende anerkennen. Inwieweit die Gesellschaft gegen den abgetretenen Dividendenanspruch mit anderen Forderungen gegen die Gesellschafter aufrechnen kann, entscheidet sich nach § 406 BGB. Wegen der Fälligkeit des Anspruchs auf den Gewinnanteil siehe oben Rdn. 74. Über die möglichen Einwendungen der Gesellschaft bei Ausgabe von Dividendenscheinen vgl. Anhang zu § 29, 8f. 2. Dritte Der Anspruch des Gesellschafters auf den Jahresgewinn ist nicht zwingend. 91 Der Gesellschaftsvertrag darf den Reingewinn für andere Zwecke bestimmen und insbesondere die Zuweisung an andere Personen als die Gesellschafter vorsehen; so kann z. B. bestimmt werden, daß der Reingewinn ganz oder teilweise einer gemeinnützigen Einrichtung zugewiesen wird. Vgl. im übrigen Rdn. 46 ff. XII. Verjährung des Gewinnanspruchs Diese gestaltet sich verschieden, je nachdem, ob Dividendenscheine auf den 92 Inhaber ausgegeben sind oder nicht. Sind keine Dividendenscheine ausgegeben, so verjährt der Anspruch in 30 Jahren (Scholz 17; Baumbach-Hueck 2 D; Brodmann I e; Vogel 3; Feine S. 362). Die kurze Verjährungsfrist des § 197 BGB ist nicht anwendbar, weil es sich weder um Zinsen noch um andere regelmäßig wiederkehrende Leistungen handelt (RGZ 9 35; 24 305; RG JW 1916 576; vgl. RGZ 88 43 eine Erwerbsgesellschaft i. S. des badischen Landrechts betreffend). Das Statut kann kürzere Fristen einführen (§ 225 BGB; RGZ 9 31; Scbol^ 17). Der Verlust des Dividendenanspruchs infolge einer statutarischen Ausschlußfrist ist im Zweifel nicht von einem Verschulden des Berechtigten abhängig (RG Holdheim 3, III). Ist aber ein Dividendenschein auf den Inhaber ausgegeben, so muß derselbe innerhalb 4 Jahren, gerechnet vom Schlüsse des Fälligkeitsjahres, vorgelegt werden (§ 801 Abs. 2 BGB). Andernfalls erlischt der Anspruch. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch innerhalb 2 Jahren seit dem Ablauf der Vorlegungsfrist. Der Vorlegung steht die berechtigte Geltendmachung des Anspruchs gleich. In der Urkunde kann die Vorlegungsfrist anders bestimmt werden (§ 801 Abs. 3 BGB). Diese Bestimmungen sind auf den Inhaberdividendenschein anzuwenden, auch wenn man denselben als ein echtes Inhaberpapier nicht betrachtet (vgl. Anhang zu § 29, 8). Die Bestimmung in der Urkunde ist nur gültig, wenn sie ordnungsmäßig durch Statutenbestimmung beschlossen ist (Anhang zu § 29, 8). Eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrages bezieht sich nur auf die künftig auszugebenden Gewinnanteilscheine, und auch auf diese nur dann, wenn die Kürzung der Frist in denselben angegeben ist. Der Beschluß über die Kürzung der Frist braucht dies nicht ausdrücklich auszusprechen (OLG Dresden BauersZ 18 127). Xin. Gewinnanspruch in der Liquidation Für die Perioden vom Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft an entfällt ein 93 Anspruch auf den jährlichen Reingewinn i. S. des § 29 Abs. 1. An seine Stelle tritt der Anspruch auf Verteilung des Vermögens der Gesellschaft nach Tilgung oder Sicherstellung aller Verbindlichkeiten (§ 73). Ist vor der Auflösung ein Gewinnverteilungsbeschluß über einen vor der Auflösung entstandenen Reingewinn gefaßt (299)
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worden, so kann die Auszahlung des Gewinns unter Beachtung des § 30 auch nach der Auflösung erfolgen. Die Liquidatoren tilgen insoweit lediglich eine Verbindlichkeit der Gesellschaft. Der Ablauf des Sperrjahres (§ 73) muß für die Verteilung nicht abgewartet werden, da es sich nicht um die Verteilung von Vermögen, sondern um die Tilgung einer Verbindlichkeit handelt (a. A. Schollj § 69, 3). Ebenso kann nach der Auflösung der Gesellschaft noch ein Gewinnverteilungsbeschluß für den bis zur Auflösung entstandenen Reingewinn gefaßt werden (BFH DB 1973 2330f. und DB 1974 1990f.; Brodmann § 69, 2; Scholz § 71, 3; Vogel § 69, 4). Die h. M. will jedoch eine Auszahlung nur unter Beachtung des § 30 und nach Ablauf des Sperrjahres zulassen (so die Obigen und Vorauflage § 69, 8). Es ist jedoch nicht einzusehen, warum im Gegensatz zu einem Gewinnverteilungsbeschluß vor der Auflösung in diesem Falle das Sperrjahr eingehalten werden sollte; es muß auch hier die Beachtung des § 30 genügen. Vgl. im übrigen Anmerkungen zu § 69. XIV. Dividendengarantie, Verzicht auf Dividende 1. Begriff und Ausgestaltung der Dividendengarantie 94
Unter einer Dividendengarantie versteht man die Verpflichtung eines Dritten für einen bestimmten Gewinn oder einen Mindestgewinn der Gesellschaft oder für eine bestimmte Ausschüttung oder eine Mindestausschüttung an die Gesellschafter einzustehen. Die Garantie kann vom Dritten der Gesellschaft oder den Gesellschaftern gegenüber abgegeben werden. Auch die Gesellschaft selbst kann eine Gewinngarantie unter Vorbehalt des § 30 übernehmen (Scholz 19, allerdings mit der Maßgabe, daß alle Gesellschafter zustimmen müssen; a. A. Vorauflage; Baumbach-Hueck 2 E; Vogel 4); für diese Zusage gilt nichts anderes als für die Zusage fester Zinsen (Rdn. 82). Die Dividendengarantie kann als Rentabilitätsgarantie oder als Rentengarantie ausgestaltet sein. Die Rentabilitätsgarantie besteht darin, daß der Gesellschaft ein bestimmter Reingewinn (Mindestgewinn) nach Abdeckung aller Aufwendungen gewährleistet wird. Der Anspruch auf den Reingewinn nach § 29 Abs. 1 erstreckt sich dann auf den so gewährleisteten Gewinn. Bei der Rentengarantie erstreckt sich die Gewährleistung auf die Zahlung einer bestimmten Dividende, diese kann auch als Dividendenergänzungsgarantie ausgestaltet sein, wenn die verteilbare Dividende den zugesagten Gewinnanteil nicht erreicht (Adler-DäringSchmalt^ aaO, § 151, 308; WP-Handbuch 1973 S. 1404). Die Dividendengarantie kann auch in Anlehnung an § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG an die Gewinnausschüttung des Hauptgesellschafters (vorausgesetzt es handelt sich um eine Kapitalgesellschaft), an die durchschnittliche Dividende einer Branche, an die durchschnittliche Dividende bestimmter börsennotierter Aktien etc. anknüpfen. Das GmbHG schreibt im Gegensatz zum AktG keine bestimmte Ausgestaltung einer Dividendengarantie vor. Die Dividendengarantie ist ein selbständiger Garantievertrag und keine Bürgschaft, die eine Hauptschuld voraussetzen würde, an der es hier fehlt. Die Garantie wird vielmehr in Anspruch genommen, wenn ein verteilbarer Reingewinn nicht oder nicht in der gewährleisteten Höhe vorliegt. Garant kann ein Dritter, aber auch ein Gesellschafter (Hauptgesellschafter) sein. Die Beweggründe für eine Dividendengarantie können verschiedenartig sein. Hauptanwendungsfall ist die Gewährung eines Ausgleichs an Minderheitsgesellschafter bei Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages (Rdn. 64fF.). Desgleichen können andere Unternehmensverträge (Teilgewinnabführungsverträge, Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträge, (300)
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Gewinngemeinschaften, Interessengemeinschaften) Dividendengarantien enthalten. Auch bei rein faktischer Beherrschung kann über eine Dividendengarantie ein Ausgleich für ggf. beeinträchtigte Minderheitsgesellschafter herbeigeführt werden. Erfolgt die Einräumung einer Dividendengarantie unentgeltlich, so ist eine Schenkungszusage gegeben, die der notariellen Form bedarf (§518 BGB). Dies dürfte jedoch so gut wie nie vorkommen, da der Gewährleistung in aller Regel irgendwelche Gegenleistungen der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter gegenüberstehen. Es ist Auslegungsfrage, ob der Garant auch eine ggf. schon vorhandene Unterbilanz zu decken hat. Man wird im Zweifel eine einschränkende Auslegung zu vertreten haben (KG OLGR 6 28 und 28 358). Nach dem Wirksamwerden einer Rentabilitätsgarantie kann ein Verlust, abgesehen von schon vorhandenen vorvertraglichen Verlustvorträgen nicht mehr entstehen. Ebenso ist es Auslegungsfrage, ob sich eine Dividendengarantie auf neue Geschäftsanteile aus einer Kapitalerhöhung erstreckt (vgl. zu dem ähnlichen Problem bei der AG Bars^ in Großkomm. AktG § 57, 26 und Wärdinger ebenda § 304, 22; Biedenkopf!Koppensteiner, Kölner Kommentar zum AktG § 304, 24ff.; Geßler AktG § 304, 111 ff.). Zur buchungsmäßigen Behandlung von Dividendengarantien bei Gewinnabführungsverträgen vgl. Adler-Düring-Schmalt^ aaO, § 157, 90 und § 158, 33.
2. Anspruchsgegner und Anspruchsinhaber Schuldner der Dividendengarantie ist der die Gewährleistung abgebende Dritte, 95 der auch ein Gesellschafter sein kann. Bei einer Rentengarantie kann je nach vertraglicher Ausgestaltung auch die Gesellschaft selbst neben dem Dritten für die zugesicherten Dividenden in Anspruch genommen werden, z. B. wenn sie sich verpflichtet hat, die vom Dritten erhaltenen Beträge an die Gesellschafter weiterzuleiten. Diese Beträge sind bei der Gesellschaft dann nur durchlaufende Posten (vgl. Würdinger in GroßKomm. AktG, § 304, 18). Anspruchsinhaber können, je nach vertraglicher Ausgestaltung, die Gesellschaft oder die Gesellschafter oder auch beide sein. Eine allgemeine Auslegungsregel läßt sich nicht aufstellen. Eine Rentengarantie oder eine Dividendenergänzungsgarantie kann z. B. vom Dritten unmittelbar den Gesellschaftern gegeben werden, ohne daß ein Recht der Gesellschaft begründet wird (vgl. KG OLGR 28 358). Die Garantiesumme fließt dann nicht in ihr Vermögen. Eine Rentengarantie kann aber auch der Gesellschaft gegenüber abgegeben sein, und dennoch als Vertrag zugunsten Dritter auch ein Klagerecht der Gesellschafter begründen. Sie kann aber auch nur der Gesellschaft selbst einen Anspruch einräumen. Bei einer Rentabilitätsgarantie sind ebenfalls alle Ausgestaltungen denkbar, wenn auch hier im Zweifel anzunehmen ist, daß sie nur der Gesellschaft gegenüber geleistet ist. Wenn die Dividendengarantie den Gesellschaftern selbst gegeben wurde, kann die Gesellschaft durch Vertrag mit dem Garanten nicht über den Anspruch der Gesellschafter verfügen. Ist die Garantie nur der Gesellschaft geleistet, so darf diese im Zweifel die ihr gezahlten Beträge auch anderweitig verwenden. Auch eine Rücklage kann gebildet werden, falls die Satzung dies zuläßt (Rdn. 48ff.). Ein Verzicht des Geschäftsführers auf eine der Gesellschaft eingeräumte Garantie ist wohl nicht ausreichend, wenn der zugrundeliegende Vertrag der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte (z. B. Gewinnabführungsvertrag). Dies gilt auch dann, wenn (301)
§ 29
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
die Dividendengarantie als besondere Leistung eines Gesellschafters neben seiner Einlage übernommen war ( § 3 Abs. 2). Dann bildet sie einen Teil des materiellen Gesellschaftsvertrages. Es bedarf dessen Abänderung. Wird das Stammkapital erhöht, so kommt die Garantie nicht ohne weiteres den neuen Geschäftsanteilen zugute. Sie muß für diese neu gegeben werden. Anders nur, wenn bei der Erteilung der Garantie bereits die Ausdehnung auf die neue Beteiligung ins Auge gefaßt und vom Garanten mitübernommen war (vgl. auch Würdinger in Großkomm. AktG § 304, 22). Dies ist ggf. durch Auslegung der Garantie festzustellen (vgl. Rdn. 94). 3. Verzicht auf Dividende 96
Ein Gesellschafter (z. B. der Hauptgesellschafter) kann auf seinen Anspruch auf den Reingewinn gemäß § 29 Abs. 1 zugunsten anderer Gesellschafter (z. B. Minderheitsgesellschafter) verzichten. Dies kann etwa der Fall sein, wenn lediglich ein bescheidener Gewinn erwirtschaftet wurde, der die Ausschüttung einer namhaften Dividende an alle Gesellschafter nicht erlaubt und der Hauptgesellschafter diesen Gewinn aus bestimmten Gründen nur den Minderheitsgesellschaftern zukommen lassen will. Ein solcher Verzicht kann zeitlich nach dem Gewinnverteilungsbeschluß der Gesellschafterversammlung ausgesprochen werden. Dann handelt es sich um einen Erlaßvertrag hinsichtlich der schuldrechtlichen Gewinnforderung, die bereits in der Person des verzichtenden Gesellschafters entstanden war. Er kann aber auch zeitlich vor dem Gewinnverteilungsbeschluß ausgesprochen werden. Dann ist davon auszugehen, daß der schuldrechtliche Gewinnanspruch in der Person des verzichtenden Gesellschafters von vornherein gar nicht zur Entstehung kommt. Das mitgliedschafdiche Gewinnrecht verdichtet sich nicht zu einem schuldrechtlichen Anspruch. Aus steuerlichen Gründen wird zweckmäßigerweise der zweite Weg gewählt, der den Anfall von Ertragsteuern auf den zunächst zugeflossenen Gewinn beim verzichtenden Gesellschafter und den Anfall von Gesellschaftsteuer bei dem anschließenden Verzicht ( § 2 Ab.s 1 Nr. 4 KVStG) vermeidet (vgl. Be^enberger Das Wertpapier 1967 291 ff.). XV. Verdeckte Gewinnausschüttungen
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Neben der Verteilung des Reingewinns kann die Gesellschaft ihren Gesellschaftern auch in sonstiger Weise Vorteile zuwenden z. B. durch Lieferung oder Leistung zu ungewöhnlich günstigen oder durch Inanspruchnahmen von Lieferungen und Leistungen zu für die Gesellschaft ungewöhnlich ungünstigen Bedingungen. § 29 Abs. 1 wird dadurch, zumindest formal, nicht verletzt, da der „nach der jährlichen Bilanz sich ergebende Reingewinn" nach wie vor dem Gesetz und der Satzung entsprechend verwendet wird. Mittelbar beeinflussen solche Vorgänge dagegen den ausgewiesenen Gewinn durch höhere Aufwendungen (z. B. Zahlung eines überhöhten Gehalts, Kauf von Ware zu überhöhten Preisen, Zahlung einer Konzernumlage ohne Empfang einer gleichwertigen Gegenleistung BGH BB 1975 1450, u.a.) oder niedrigere Erträge (z.B. Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens, Überlassung einer verbilligten Wohnung, Verkauf von Ware unter Marktpreis u. ä.). Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung wurde insbesondere durch das Steuerrecht entwickelt. Dieses nimmt eine verdeckte Gewinnausschüttung dann an, wenn eine Kapitalgesellschaft zu Lasten des Gewinns ihren Gesellschaftern mit (302)
Verteilung des Reingewinns (Goerdeler/Müller)
§29
Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis Vorteile gewährt, die sie einer gesellschaftsfremden Person nicht gewähren würde (BFH BStBl. 1964 III S. 370). Die steuerliche Konsequenz, nämlich die Hinzurechnung des verdeckt ausgeschütteten Gewinns zum offen ausgewiesenen Gewinn, kann in der Handelsbilanz der GmbH nicht nachvollzogen werden. Handelsrechtlich darf die GmbH grundsätzlich auch neben dem Reingewinn ihren Gesellschaftern Vorteile zuwenden, z. B. durch besonders günstige Ausgestaltung von Rechtsgeschäften. Voraussetzung ist allerdings, daß diese Leistungen der Gesellschaft nicht gegen § 30 verstoßen und das Recht der Gesellschafter auf gleichmäßige Behandlung nicht verletzt wird. Wird ein Gesellschafter von Vorzugsleistungen der Gesellschaft (z. B. Gewährung von Mietvorteilen) ausgeschlossen oder von vornherein in diese Vorteile nicht mit einbezogen, steht ihm gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Ausgleich zu. Ein solcher Ausgleich kann in einer gleichartigen Leistung, wie sie den begünstigten Gesellschaftern zugeflossen ist, aber auch, wenn der Ausgleich anders nicht herbeizuführen ist, in einem Anspruch auf Geldersatz bestehen (BGH BB 1972 894ff.). Zu dem Grundsatz auf Gleichbehandlung im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttungen vgl. ferner Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 112ff. und Zöllner aaO, S. 312ff.
XVI. Nutzungsansprüche anderer Art Auch Nutzungsansprüche anderer Art können den Gesellschaftern nach dem 98 Gesellschaftsvertrage zustehen (Baumbach-Hueck 1; Schofy 23): so z. B. das Recht des freien Zutritts in den der Gesellschaft gehörigen Garten oder in das Theater oder auf ein Freiexemplar der Zeitung, die von der Gesellschaft herausgegeben wird. Solche Rechte können im Zweifel durch Statutenänderung wieder entzogen werden (Schob.j 23), soweit es sich nicht um Vorzugsrechte handelt (vgl. § 14, 9 ff.). Nur muß das Prinzip der gleichen Behandlung gewahrt sein. Gemäß § 3 Abs. 2 können ferner Rechte verschiedener Art als Gegenleistung für die von den Gesellschaftern zu bewirkenden Leistungen statuiert werden, z. B. für Lieferung bestimmter Quantitäten von Zuckerrüben. Dem ähnlich ist das Recht, daß die Gesellschaft bestimmte Produkte den Gesellschaftern abnehmen oder diesen ihre Produkte abgeben muß. Solche nach § 3 Abs. 2 eingeräumte Rechte können ohne Zustimmung der Betroffenen durch Gesellschaftsvertragsänderung nicht gekürzt oder beseitigt werden (Scholz 23). XVII. Begrenzung von Gewinnausschüttungen Zu den verschiedentlichen gesetzlichen Einschränkungen seit 1933 vgl. Vor- 99 auflage Anm. 27. Eine noch geltende Begrenzung findet sich im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29.2.1940 (RGBl. 1438), wo in § 9 nur die Verteilung von 4% der eingezahlten Kapitaleinlagen zulässig ist.
(303)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter ANHANG
Gewinnanteilscheine und Genußrechte Übersicht Rdn. I. Gewinnanteilscheine (DividendenScheine) 1. Zulässigkeit und Ausgestaltung . . 2. Inhabergewinnschein a) Rechtsnatur b) Einwendungen 3. Andere Ausgestaltungen 4. Übertragung von Gewinnanteilscheinen 5. Veräußerung des Geschäftsanteils . 6. Erneuerungsscheine
1 6 8 9 10 12 13
IL Genußrechte Schrifttum 1. Begriff und Rechtsnatur
14
Rdn. 2. Verwendungsmöglichkeiten . . . . 3. Rechte der Genußrechtsgläubiger. . 4. Begründung, Änderung und Aufhebung 5. Beeinträchtigung der Genußrechte oder der Gesellschaftsrechte . . . . 6. Verbriefung und Übertragung . . . 7. Beendigung 8. Regelungen im Gesellschaftsvertrag. 9. Bilanzierung 10. Steuerliche Behandlung a) Verbriefte Genußrechte (Genußscheine) b) Nicht verbriefte Genußrechte . . c) Kapitalverkehrsteuer
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I. Gewinnanteilscheine (Dividendenscheine) 1. Zulässigkeit und Ausgestaltung 1
Der Gewinnanspruch der Gesellschafter kann in besonderen Urkunden, den Gewinn- oder Dividendenscheinen verbrieft werden. Allerdings sind in der Praxis bei der GmbH Gewinnanteilscheine selten anzutreffen, ganz im Gegensatz zur Aktiengesellschaft, wo Gewinnanteilscheine heute so üblich sind, daß der Aktionär sie im Zweifel bei Fehlen entgegenstehender Bestimmungen in der Satzung von der AG verlangen kann (Bar% in Großkomm. AktG § 58, 35). Eine gesetzliche Regelung liegt nicht vor und ist auch im RegE eines GmbHG nicht vorgesehen. Die Zulässigkeit von Gewinnanteilscheinen bei der GmbH steht außer Zweifel (Baumbach-Hueck § 29, 4; Feine S. 291; Schol^ § 14, 19). Das bürgerliche Recht steht nicht entgegen. Die Rechtslage ist im Grundsatz nicht anders als bei den Gewinnanteil- oder Dividendenscheinen bei der Aktiengesellschaft (vgl. dazu Bar% in Großkomm. AktG § 58, 35 ff. und Lutter in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz § 58, 64ff.). Der Umstand, daß der Geschäftsanteil nur in gerichtlicher oder notarieller Form übertragen werden kann, steht nicht entgegen und hindert insbesondere nicht, daß für die Übertragung des Gewinnanteilscheins je nach Ausgestaltung andere Grundsätze gelten. Entsprechend wird bei der Aktiengesellschaft mit Recht angenommen, daß auch bei Namensaktien Dividendenscheine auf den Inhaber zulässig sind. Die formbedürftige Übertragung der Mitgliedschaft schließt nicht aus, daß das aus der Mitgliedschaft fließende Gewinnbezugsrecht selbständig und formlos übertragen werden kann. Deshalb kann es auch selbständig verbrieft und in der dieser Verbriefung entsprechenden Form übertragen werden. Damit ist auch eine Verbriefung als Inhaberpapier zulässig (dazu unten Rdn. 6ff.); selbst wenn die Übertragung des Geschäftsanteils z. B. durch die Notwendigkeit der Genehmigung (304)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
durch die Gesellschaft erschwert ist, ist der Anspruch auf die einzelnen Gewinnbezüge selbständig und ohne Zustimmung der Gesellschaft übertragbar, es sei denn, daß auch diese Übertragung ausdrücklich (z. B. durch den Gesellschaftsvertrag) ausgeschlossen ist (§ 399 BGB). Gewinnanteilscheine können zusammen mit Anteilscheinen über den Geschäftsanteil (dazu § 14, 6 ff.), aber auch unabhängig davon ausgegeben werden. Im Gegensatz zum Anteilsschein, der stets Beweisurkunde ist (§14, 7), kann der Gewinnanteilschein jedoch als Wertpapier ausgestaltet werden. Wie bei der Aktie können Gewinnanteilscheine in Form von „Bogen" ausgegeben werden, von denen die einzelnen Scheine (Coupons) abtrennbar sind, es kann auch ein „Erneuerungsschein" (Rdn. 13) beigegeben werden, der zum Bezug eines neuen Bogens berechtigt. Der Gewinnanteilschein dient dem Gesellschafter zur Legitimation beim Bezug seines Gewinnanteils und erleichtert die Verfügung über den Gewinnanspruch. Der Gewinnanteilschein kann als reine Beweisurkunde (Schuldschein) — ähnlieh dem GmbH-Anteilschein (§ 14, 7) — oder als Wertpapier ausgestaltet werden. Im letzten Falle ist die Vorlegung des Gewinnanteilscheins zur Geltendmachung des Gewinnrechts erforderlich. Die Ausgestaltung kann als Rektapapier, als Orderpapier oder als Inhaberpapier erfolgen. Unterschiedliche Auswirkungen ergeben sich insbesondere bei der Übertragung (vgl. Rdn. 10 f.) und beim Schutz von Dritterwerbern (vgl. Rdn. 6). In der aktienrechtlichen Praxis ist der Dividendenschein in der Ausgestaltung als Inhaberpapier vorherrschend. Für die GmbH könnte, je nach den individuellen Umständen, jedenfalls bei personalistischer Struktur (Einl. 15) auch eine Ausgestaltung etwa als Orderpapier in Betracht kommen. Fraglich ist, ob für einen Geschäftsanteil mehrere Gewinnanteilscheine gebildet werden können. Dies ist im Gegensatz zur Zulässigkeit der Bildung von Teilanteilscheinen (§ 14, 7) zu bejahen. Es ist durchaus zulässig, das Recht auf Gewinnbezug, nach der Ablösung vom allgemeinen Mitgliedschaftsrecht (§ 29, 12), zu teilen, insbesondere auch so, daß darüber mehrere Berechtigungsscheine ausgegeben werden (Schol.£ § 14, 19). Damit wäre es z. B. zulässig, daß das Dividendenrecht quantitativ derart geteilt wird, daß 1/10 des Gewinns auf den einen Schein, ein weiteres 1/10 auf einen anderen Schein usw. entfällt. Der Gewinnanteilschein verkörpert das Gewinnbezugsrecht nach Trennung vom allgemeinen Mitgliedschaftsrecht (§29, 12). Er verkörpert dagegen nicht Gesellschaftsrechte irgendwelcher Art. Nicht der Gewinnanteilscheininhaber, sondern der Gesellschafter, der Eigentümer des Geschäftsanteils, hat bei der Bilanzfeststellung und Gewinnverteilung mitzuwirken, auch wenn er den Gewinnanteilschein bereits veräußert hat (RGZ 98 318). Der Gesellschafter, nicht der Gewinnanteilscheininhaber, hat das Recht Gesellschafterbeschlüsse (z. B. Bilanzfeststellung oder Gewinnverteilung) anzufechten oder sonst Mitgliederrechte wahrzunehmen (RGZ 14 170 für das Aktienrecht; § 29, 90).
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2. Inhabergewinnschein a) Rechtsnatur Der Gewinnanteilschein als Inhaberpapier ist echtes Wertpapier. Es gelten 6 grundsätzlich die Bestimmungen der §§ 793ff.BGB über Schuldverschreibungen auf den Inhaber. Der Gewinnanteilschein wird in den Vorschriften der §§ 799, 801, 804 BGB ausdrücklich genannt. Soergel-Lippisch (BGB § 803, 6) will die §§ 793 ff. BGB nur entsprechend zur Anwendung bringen, da der Gewinnanteilsschein ein Inhaberpapier über eine künftige Forderung und damit keine eigentliche Schuld(305)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
verschreibung sei. Diese Auffassung rechtfertigt sich auch aus weiteren Besonderheiten des Gewinnanteilscheines, insbesondere bei den Einwendungen des Ausstellers (vgl. Rdn. 8). Eine staatliche Genehmigung nach § 795 BGB ist ebenso wie bei den Dividendenscheinen der Aktiengesellschaften nicht erforderlich, da im Gewinnschein nicht die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird. Zur eingeschränkten Anwendung des § 796 BGB vgl. Rdn. 8. Die GmbH als Ausstellerin des Inhaberpapiers kann an jeden Papierinhaber leisten und braucht auch nur an ihn zu leisten, wenn nicht der Ausnahmefall des § 804 BGB vorliegt (Abhandenkommen oder Vernichtung des Gewinnanteilscheins). Leistet die GmbH ohne Vorlage der Urkunde an den wirklichen Gläubiger, so wird sie zwar von ihrer Leistungspflicht befreit, haftet aber einem gutgläubigen Erwerber der Urkunde auf nochmalige Erfüllung ('Lutter Kölner Kommentar zum AktG § 58, 2: Der Anspruch entsteht in der Person des Erwerbers kraft Rechtscheins, den die GmbH veranlaßt hat, erneut). Gleiches gilt, wenn sich die GmbH einen vorgelegten Schein bei Zahlung nicht aushändigen läßt (vgl. § 797 BGB). Die GmbH darf allerdings nicht an einen Inhaber zahlen, dessen Nichtberechtigung ihr bekannt ist. § 793 Abs. 1 Satz 2 BGB soll nur den redlichen Verkehr schützen und darf nicht dazu führen einen offenbar unredlichen Inhaber zu begünstigen (Bar% in Großkomm. AktG § 58, 36; PalandtThomas BGB § 793, 4). Gutgläubiger Erwerb an gestohlenen, verlorengegangenen oder sonst abhanden gekommenen Gewinnanteilscheinen ist möglich (§ 935 Abs. 2 BGB); für Banken ist § 367 Abs. 3 HGB zu beachten. Eine Kraftloserklärung im Aufgebotsverfahren ist ausgeschlossen (§ 799 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Verlust von Gewinnanteilscheinen kann der bisherige Inhaber nur den Weg nach § 804 BGB beschreiten, also den Verlust vor Ablauf der Vorlegungsfrist (§ 801 Abs. 2 BGB) der GmbH anzeigen und nach Ablauf der Vorlegungsfrist den Gewinnanspruch innerhalb der Verjährungsfrist von 4 Jahren (§ 804 Abs. 1 Satz 3 BGB) geltend machen. 7 Für die Ausstellung der Gewinnanteilscheine bestehen keine gesetzlichen Vorschriften. Die Ausgabe ist jedoch nur möglich, wenn sie in der Satzung zugelassen ist und nach Maßgabe der Satzung. Ein dem Aktienrecht entsprechender Grundsatz, daß bei fehlender Satzungsbestimmung von einem Anspruch des Aktionärs auf Erhalt von Dividendenscheinen auszugehen ist (Bar^ in Großkomm. AktG § 58, 35; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 58, 67), ist im GmbH-Recht nicht anzuerkennen. Die Geschäftsführung ist deshalb ohne Satzungsermächtigung nicht zur Ausstellung von Gewinnanteilscheinen befugt. Die Gewinnanteilscheine bedürfen keiner Unterschrift (KG DNotZ 1926 28; Bar% in Großkomm. AktG § 58, 36).
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b) Einwendungen § 796 BGB schränkt die Einwendungen des Ausstellers einer Inhaberschuldverschreibung ein auf Einwendungen gegen die Gültigkeit der Ausstellung, Einwendungen aus dem besonderen Inhalt der Urkunde und Einwendungen unmittlbar gegen den Inhaber. Über diese Einwendungen hinaus kann die GmbH als Aussteller des Gewinnanteilscheins jedoch auch Einwendungen erheben, die sich aus dem Hauptrecht, nämlich der Mitgliedschaft selbst ergeben. Da dem Inhaber der Schutz des § 796 BGB nicht voll zuteil wird, wie dies aber bei einem echten Inhaberpapier der Fall sein müßte, hat man die Gewinnanteilscheine auch als „Inhaberpapiere im weiteren Sinne,, bezeichnet (RGZ 77 333, 335; 82 144, 145; KG DNotZ 1926 28; Baumbach-Hueck AktG § 58, 26; Bariin Großkomm. AktG § 58, 36; Hueck, Recht der Wertpapiere, 9. Aufl. § 25 II; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 58, 71; (306)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
a. A. offenbar Sebo/z § 14, 19). Als Einwendungen aus dem Hauptrecht kommen insbesondere in Betracht: Das Gesellschaftsrecht ist nicht wirksam entstanden oder durch Einziehung (§ 34) untergegangen; der Bilanzfeststellungs- oder Gewinnverteilungsbeschluß ist nichtig; die Gewinnausschüttung würde gegen § 30 verstoßen (Einrede aus § 31). Die GmbH wird auch gegen eine eingeforderte Einlageverpflichtung des Gesellschafters aufrechnen können; Aufrechnungen aus rein persönlichen Forderungen gegen den Gesellschafter sind jedoch gegenüber dem Inhaberpapier ausgeschlossen (Baumbach-Hueck AktG §58, 26; weitergehend Bars^ in Großkomm. AktG § 58, 36 und Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 58, 71). 3. Andere Ausgestaltungen Ist der Gewinnanteilschein als bloßer Schuldschein ausgestaltet (vgl. Rdn. 3), 9 so können gegen den Inhaber Einwendungen wie gegen jeden Zessionar geltend gemacht werden (§ 404 BGB). Gleiches gilt bei der Ausgestaltung als Rektapapier. Bei der Ausgestaltung als Orderpapier kommt an sich nach § 364 Abs. 2 HGB die Beschränkung der Einwendungen wie beim Inhaberpapier (§ 796 BGB) zum Zuge. Auch hier kann die Gesellschaft jedoch, wie beim Inhaberpapier, die Einwendungen geltend machen, die aus dem Geschäftsanteil selbst hinsichtlich des Gewinnbezugsrechts entstehen (vgl. Rdn. 8). Gewinnanteilscheine auf Order sind aufgebotsfähig (§ 365 Abs. 2 HGB), nicht dagegen Gewinnanteilscheine, die nur durch Zession übertragen werden können. 4. Übertragung von Gewinnanteilscheinen Der Gewinnanteilschein kann selbständig übertragen werden. Der Geschäfts- 10 anteil und der Gewinnanteilschein können damit verschiedene Berechtigte haben. Einer Zustimmung der Gesellschaft bedarf diese Übertragung auch dann nicht, wenn die Übertragung des Geschäftsanteils selbst die Zustimmung der Gesellschaft voraussetzt. Ist der Gewinnanteilschein als gewöhnlicher Schuldschein oder als Rektapapier ausgestaltet, so erfolgt die Übertragung des Gewinnrechts durch Zession (§§ 398ff. BGB). Das Eigentum an der Urkunde folgt dem Recht aus der Urkunde (§ 952 BGB). Ist er als Orderpapier ausgestellt (§ 363 HGB), so erfolgt die Übertragung durch Indossament (§§ 364, 365 HGB). Lautet er auf den Inhaber, so erfolgt die Übertragung durch sachenrechtliche Übereignung des Papiers (§§929ff. BGB). Natürlich können auch die Rechte aus Orderpapieren oder aus Inhaberpapieren durch gewöhnliche Zession übertragen werden. Die Verpfändung erfolgt wie die Übertragung (§§ 1274, 1292 BGB). Nur muß bei Gewinnanteilscheinen auf Order oder auf den Inhaber die Übergabe des Papiers dazukommen (§§ 1274, 1292 BGB). Wenn ein gewöhnlicher Schuldschein vorliegt, muß die Anzeige seitens des Gesellschafters an die Gesellschaft hinzutreten (§ 1280 BGB). Ist der Geschäftsanteil mit Anteilschein und Inhabergewinnanteilscheinen formlos verpfändet, so ist die Verpfändung der Gewinnanteilscheine gültig, die des Anteilscheines wegen Formmangels ungültig. Ob das ganze Geschäft hiernach bestehen kann, richtet sich nach § 139 BGB. — Die Pfändung der Gewinnanteilscheine kann selbständig ohne Pfändung des Anteilrechts erfolgen. Die Pfändung erfolgt, wenn der Gewinnanteilschein ein gewöhnlicher Schuldschein ist, nach den Regeln von der Pfändung und Überweisung gewöhnlicher Forderungen (§§ (307)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
828 ff. ZPO), wenn der Gewinnanteilschein ein Orderpapier ist, nach den Regeln der Pfändung von Orderpapieren (§ 831 ZPO), wenn er ein Inhaberpapier ist, nach den Regeln von der Pfändung beweglicher Sachen (§ 808 Abs. 2 ZPO). Über die Verpfändung und die Pfändung vgl. noch Anhang zu § 15). 11 Die Übertragung der Gewinnanteilscheine unterliegt nicht der Börsenumsatzsteuer, da es sich nicht um Wertpapiere i. S. des § 19 KVStG handelt (a. A. Vorauflage § 14 Anhang Anm. 17). 5. Veräußerung des Geschäftsanteils 12
Wird der Geschäftsanteil übertragen, so geht das Eigentum am Gewinnanteilschein nur dann ohne weiteres auf den Erwerber über, wenn er als Schuldschein oder als Rektapapier ausgestaltet ist (§ 952 BGB). Ist er als Order- oder, wie üblich, als Inhaberpapier ausgestaltet, bedarf es eines besonderen Übertragungsaktes; beim Orderpapier also entweder Zession und Übergabe der Urkunde oder Indossament und Eigentumsverschaffung an der Urkunde, beim Inhaberpapier der Eigentumsverschaffung an der Urkunde (§§929ff. BGB). Zur Verpfändung und Pfändung vgl. Rdn. 10; § 1296 BGB gilt bei Pfändung eines Geschäftsanteils nicht, selbst wenn ein Anteilschein ausgestellt ist, da dieser kein Wertpapier ist (§14, 7). Gleiches gilt bei der Nießbrauchsbestellung, § 1081 Abs. 1 Satz 2 BGB ist bei Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils nicht anwendbar (anders bei der Aktie, vgl. Bar% in Großkomm. AktG § 58, 38). Für die Frage, ab wann einem Nießbraucher der Gewinnanspruch zusteht gilt mangels besonderer Vereinbarung § 101 Nr. 2 BGB. 6. Erneuerungsscheine
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Wie im Aktienrecht können auch den Gewinnanteilscheinen sogenannte Erneuerungsscheine („Talons") beigegeben werden, gegen deren Vorlegung ein neuer „Bogen" mit Gewinnanteilscheinen angefordert werden kann. Rechtlich stehen sie den von Aktiengesellschaften ausgegebenen Erneuerungsscheinen gleich (vgl. Baumbach-Hueck AktG, §58, 27; Bars; in Großkomm. AktG §58, 39; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 58, 77f.). Erneuerungsscheine sind keine Wertpapiere, sondern Legitimationspapiere (RG 3 154; 31 147; 74 341). II. Genußrechte Schrifttum Bär Der Kapitalbeschaffungsgenußschein (Partizipationsschein, ZbJV 1965 201ff.und ZSR 1966 II 405ff.; Ernst Der Genußschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht (1963); ders. AG 1967 75ff.; Gottlieb Der Genußschein im Deutschen Recht, 1931; Koehler Der Wirtschaftstreuhänder 1936 265ff.; Wedel Der Partizipationsschein als Kapitalbeschaffungsmittel der Aktiengesellschaften (1969). 1. Begriff und Rechtsnatur
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An der GmbH können wiean der Aktiengesellschaft (vgl. § 221 Abs. 2 und § 160 Abs. 3 Nr. 6 AktG) Genußrechte begründet werden. Darunter sind alle Vermögensrechte gegen die Gesellschaft zu verstehen, wie sie typischerweise auch ein Gesellschafter haben kann, also insbesondere das Recht auf einen Anteil am Gewinn und/oder (308)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
Liquidationserlös der Gesellschaft aber auch z. B. auf die Benutzung gesellschaftseigener Einrichtungen oder auf den Bezug von Lieferungen oder Leistungen. Das Genußrecht kann schließlich auch das Recht auf Bezug von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft, ähnlich den Wandelschuldverschreibungen bei der Aktiengesellschaft, beinhalten. Ein solches Bezugsrecht kann aus eigenen Anteilen der Gesellschaft, aber auch aus erst durch Kapitalerhöhung zu schaffenden Anteilen bedient werden. Die Rechtsnatur der Genußrechte ist nicht abschließend geklärt. Einigkeit 15 besteht darüber, daß es sich bei Genußrechten nicht um Mitgliedschaftsrechte handeln kann, da mit ihnen keinerlei Verwaltungsrechte (insbesondere Stimmrechte) verbunden sind; die Genußberechtigten unterliegen auch nicht der körperschaftlichen Autonomie der Gesellschaftsorgane, insbesondere der Gesellschafterversammlung {Ernst 184, 185; Würdinger Aktien- und Konzernrecht 3. Aufl. S. 78). Die überwiegende Meinung qualifiziert sie als reine Gläubigerrechte schuldrechtlicher Art (RG 83 297; 115 230; 132 206; BGH WM 1959 434; Baumbach-Hueck AktG Vorbem. 7 vor §221; v. Caemmerer Obligationen als Substanzrechte JZ 1951 417; Lutter Kölner Kommentar zum AktG §221, 66; Schilling in Großkomm. AktG §221, 11). Eine andere Auffassung, die insbesondere von Würdinger (aaO S. 78; aber auch Ernst S. 114ff.) vertreten wird, sieht die Genußrechte dagegen als „Beteiligung" an, die beschränkt auf die gewährten Vermögensrechte, dieselbe Rechtsnatur habe, wie die des Gesellschafters. Ein Gläubigerrecht könne schon deshalb nicht vorliegen, weil ein Genußrecht keine Forderung (§ 241 BGB) darstelle und als solches keinen Anspruch auf Zahlung gewähre (Würdinger aaO S. 78). Zutreffend ist die Auffassung von der schuldrechtlichen Natur der Genußrechte (abweichend noch Vorauflage § 14 Anhang Anm. 19). Die Bezeichnung als „Beteiligung" bringt keinen zusätzlichen Erkenntniswert, zumal wenn man diese wiederum obligatorisch sieht (so aber Ernst aaO S. 115). Es ist zwar richtig, daß das Genußrecht als solches noch keine Forderung i. S. des § 241 BGB begründet, solange nicht weitere Voraussetzungen, z. B. die Erwirtschaftung eines Reingewinns oder die Gewinnverteilung durch die Gesellschafterversammlung, eingetreten sind. Das Genußrecht begründet, wenn es auf wiederkehrende Leistungen gerichtet ist, ein Dauerschuldverhältnis, aus dem die einzelnen Leistungsansprüche erwachsen (ebenso Schilling in Großkomm. AktG § 221, 11). Eine Besonderheit liegt höchstens darin, daß die wiederkehrenden Ansprüche nicht gleichmäßig, sondern als gewinnabhängig — wie in der Regel — in unterschiedlicher Höhe anfallen und für eine Rechnungsperiode ggf. auch gänzlich ausfallen können. Der Umstand, daß das Genußrecht selbst keine Forderung ist, rechtfertigt nicht, es als „Beteiligung" anzusehen, jedenfalls nicht i. S. eines subjektiven Rechts sui generis (so aber Ernst S. 115; derselbe AG 1967 78 und ihm folgend wohl auch Wedel S. 74f.). Versteht man „Beteiligung" als ein Wertanteilsrecht (Ernst AG 1967 78), so kann damit allein der schuldrechtliche Charakter nicht verneint werden, wie sich z. B. aus den ebenfalls rein obligatorischen Formen der stillen Gesellschaft oder der Unterbeteiligung ergibt. Es ist außer Zweifel, daß den Genußrechtsinhabern in bestimmter Hinsicht gleiche Vermögenswerte Ansprüche schuldrechtlich zugesagt werden können, wie sie den Gesellschaftern als Ausfluß ihrer Mitgliedschaft zustehen (BGH NJW 1959 31). Eine Beteiligung i. S. von Mitgliedsrechten vermittelt ein Genußrecht nicht. Mitgliedsrechte verkörpern aus ihrer Natur heraus stets ein Bündel von Rechten (§ 14, 8); das Genußrecht hingegen hat stets nur den ihm vertraglich gegebenen Inhalt. Dies schließt jedoch nicht aus, daß gerade aus der Qualifizierung als Dauerschuldverhältnis in verstärktem Maße die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 (309)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
BGB) zur Anwendung kommen. Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Genußrechtsinhabern ist eine gegenseitige Treuepflicht zu bejahen. Insbesondere hat die Gesamtheit der Gesellschafter die Interessen der Genußrechtsinhaber zu wahren und deren Schädigung zu vermeiden. Trotz der schuldrechtlichen Natur der Genußrechte kann der Gesellschaftsvertrag Voraussetzungen und Inhalt für den Fall der Ausgabe von Genußrechten regeln (z. B. das Zustimmungserfordernis der Gesellschafterversammlung festlegen). Zur Bedeutung solcher Satzungsbestimmungen vgl. Rdn. 22 und Rdn. 29). Als reines Gläubigerrecht entsteht das Genußrecht durch Vertrag und hat den durch Vertrag ihm jeweils gegebenen Inhalt. Es stellt jedoch keinen Vertragstyp für sich dar, ihm können vielmehr die verschiedensten kausalen Verpflichtungsgründe zugrundeliegen (Ernst S. 122), z. B. typische oder atypische stille Gesellschaft, partiarisches Darlehen, Kauf- oder Dienstvertragsrecht. Auch die Gewinnschuldverschreibung ist als eine Unterart des Genußrechts anzusehen (Schilling in Großkomm. AktG § 221, 11). Hinsichtlich der Ausgestaltung der Genußrechte besteht Vertragsfreiheit mit der sich aus der Definition der Genußrechte ergebenden Einschränkung, daß es sich um typischerweise auch den Gesellschaftern zustehende Vermögensrechte handeln muß. In diesem Rahmen ist es möglich Genußrechte mit einer garantierten Gewinnbeteiligung oder mit einer Mindestverzinsung auszustatten (vgl. § 29, 82, 83; Ernst AG 1967 75 Fußn. 6, 77). Die Genußberechtigten können gegenüber den Gesellschaftern bevorrechtigt, ihnen gleichgestellt oder ihnen nachgestellt werden. Auch eine Nachzahlungspflicht kann vereinbart werden (Ernst AG 1967 77), ebenso eine Beteiligung am Verlust {Schilling in Großkomm. AktG § 221, 11). Dem Auszahlungsverbot des § 30 unterfallen Genußrechtsinhaber nur, wenn sie gleichzeitig Gesellschafter oder die Auszahlungen einem Gesellschafter zuzurechnen sind (§ 30, 49, 50). 17 Die Ausgabe von Genußrechten kann bei der GmbH ein kollektives Element enthalten (Ausgabe an eine Reihe von Berechtigten in genormter Ausgestaltung), sie kann jedoch durchaus auch auf Individualverträgen beruhen, z. B. auf Anstellungsverträgen, Lizenzverträgen, typischen und atypischen stillen Gesellschaften. Umgekehrt beinhaltet jedoch nicht jeder Vertrag mit Gewinnbeteiligung ein Genußrecht. Beschränkt sich die Gewinnbeteiligung auf einzelne Geschäfte, Betriebe oder Betriebsteile, so liegt kein Genußrecht im hier verstandenem Sinne vor. 2. Verwendungsmöglichkeiten 18
Zu den vielgestaltigen Verwendungsmöglichkeiten vgl. ausführlich Enrst (S. 56 ff.) und Wedel (S. 78 ff.). Genußrechte können einmal Entgeltscharakter haben, z. B. Einräumung von besonderen Vorteilen an die Gründer (§5, 151), Vergütung an Angestellte, Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder, Entgelt für die Überlassung von Gegenständen, insbesondere, wenn deren Bewertung schwierig ist und von der künftigen Entwicklung abhängt (z. B. Konzessionen, Patente, Lizenzen, know how, goodwill; vgl. die Genußscheine der Audi NSU AG bezüglich der Wankel-Motor Lizenz). Sie können der Kapitalbeschaffung dienen (RGZ 49 11) als Gegenleistung für Bar-, insbesondere aber für Sacheinlagen, wenn aus bestimmten Gründen kein Kapital ausgegeben werden soll, z. Bl. um die bestehenden Beteiligungsverhältnisse nicht zu verändern, um eine Sanierung zu ermöglichen (RGZ 54 25), um einer Überfremdung zu begegnen (RFH 36 43, 45; Bär ZGR 1976 79 ff.) oder um Bewertungsprobleme bei Sacheinlagen zu vermeiden (Wedel S. 83, 84, 87 ff.). Sie können auch zusammen mit Geschäftsanteilen ausgegeben werden, so (310)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
daß eine Einlage teils gegen Geschäftsanteile, teils gegen Genußrechte erfolgt. Sie können der Ablösung von Gesellschafter- oder Gläubigerrechten dienen, z. B. als Ablösung von Sonderrechten der Gründer oder einzelner Gesellschaftergruppen, als Entgelt für die Amortisation von Geschäftsanteilen, als Ersatz für die Rückzahlung bei der Kapitalherabsetzung, insbesondere aber in Sanierungsfällen zur Ablösung von Gläubigern, die auf ihre Forderungen verzichten (Besserungsschein), als Gegenleistung für freiwillige Zuzahlungen (RGZ 54 25). Bei Interessengemeinschaften soll es ebenfalls zur engeren Verflechtung durch Austausch von Genußrechten kommen {Ernst S. 64; Schilling in Großkomm. AktG § 221, 10). 3. Rechte der Genußrechtsgläubiger Genußrechte vermitteln zunächst die jeweils vertraglich eingeräumten Rechte, 19 also auf Gewinnanteil, auf den anteiligen Liquidationserlös, auf Benutzung der Einrichtungen der Gesellschaft etc. Da es sich bei den Genußrechten um reine Gläubigerrechte obligatorischer Natur, nicht aber um Mitgliedsrechte handelt (Rdn. 15) stehen den Genußrechtsgläubigern keine mitgliedschaftlichen Rechte zu. Sie sind der körperschaftlichen Autonomie nicht unterworfen, können in sie aber auch nicht eingreifen. Insbesondere haben sie kein Stimmrecht, kein Anfechtungsrecht (RG 105 239) und grundsätzlich auch kein Teilnahmerecht an den Gesellschafterversammlungen. Man wird es aber für zulässig halten dürfen, daß den Genußrechtsgläubigern statutarisch ein Teilnahmerecht an den Gesellschafterversammlungen eingeräumt wird (Ernst S. 179); die Einräumung eines Stimmrechts jedoch ist nichtig (Ernst aaO). Auch Kontrollrechte stehen den Genußrechtsinhabern, wie den übrigen Gläubigern der Gesellschaft, grundsätzlich nicht zu, können aber vertraglich durch die Gesellschaft eingeräumt werden. Ist das Genußrechtsverhältnis als stille Gesellschaft ausgestaltet, so gilt § 338 HGB {Ernst S. 182). Da es sich nicht um Mitgliedschaftsrechte handelt, können Genußrechte um- 20 gekehrt auch nicht durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlung oder Maßnahmen der Geschäftsführung vertragswidrig beeinträchtigt werden. Vertragswidrige Beschlüsse oder Maßnahmen sind den Genußrechtsinhabern gegenüber ohne weiteres unwirksam, ohne daß es einer Anfechtung bedürfte (RGZ 49 16; 117 384; 132 105; RG in Bank Arch. 1911/1912 207; Ernst S. 185 mit weiteren Nachweisen; Schilling in Großkomm. AktG § 221, 12). Die Gesellschaft kann sich allerdings das Recht zur Änderung oder Beeinträchtigung, z. B. durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, vorbehalten. Dies muß aber zumindest konkludent in der Vereinbarung mit dem Genußrechtsinhaber erfolgen, ein Vorbehalt in der Satzung reicht nicht aus (zutreffend Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 69 mit Hinweis auf BGHZ 28 259, 263 a. A. Schilling in Großkomm. AktG § 221, 12). Zu den indirekten Beeinträchtigungen durch nicht vertragswidrige Beschlüsse, z. B. Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung, Auflösung, Umwandlung vgl. Rdn. 25. Gewährt das Genußrecht einen Anteil am Reingewinn, so besteht kein Einfluß 21 der Genußrechtsinhaber auf die Bilanzierung und die Bilanzfeststellung, selbst wenn diese gegen Gesetz oder Statut verstoßen. Allerdings wird bei einer Bilanzierung, die wider Treu und Glauben einen Reingewinn nicht zur Entstehung gelangen läßt, mit dem Rechtsgedanken aus § 162 BGB zu helfen sein (vgl. auch Rdn. 15 am Ende). Genußrechte nehmen am Reingewinn des gesamten Unternehmens teil (RGZ 49 15). Das Gewinnrecht kann auch von der Gewinnverteilung durch die (311)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gesellschafterversammlung abhängig gemacht werden (RGZ 115 230), notwendig ist dies aber nicht (vgl. RG in Bank Arch. 1911/1912 207). Haben die Genußrechte einen Anspruch auch auf das Liquidationsergebnis so darf ohne ihre Zustimmung der Reingewinn nicht zur Amortisation eigener Geschäftsanteile verwendet werden. Er würde dadurch der Verteilung an die Genußscheininhaber bei der Auflösung entzogen (OLG Dresden in ZHR 1935 244). Für die Genußrechtsinhaber kann eine besondere Organisation vorgesehen sein (Versammlung der Inhaber und deren Vertretung durch einen Verwaltungsrat), die auch die Möglichkeit haben kann, Mehrheitsbeschlüsse mit bindender Kraft für alle Genußrechtsinhaber zu fassen (RGZ 132 205). Auch die damit begründeten Befugnisse bilden keine Mitgliedschaftsrechte an der GmbH. Sie sichern und regeln lediglich die Ausübung des in dem Genußscheine verbrieften Rechtes, selbst wenn die Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen der GmbH und weitere Kontrollrechte den Genußscheininhabern eingeräumt sind (RGZ 97 197; OLG Hamburg LZ 1919 1288). Das Gesetz betr. die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen v. 4.12. 1899 (RGBl. S. 691 m. Änd. durch Ges. v. 14. 5.1914, RGBl. S. 121; VO v. 24. 9. 1932, RGBl. S. 447; Ges. v. 20. 7. 1933, RGBl. S. 523) ist auf Genußrechte, soweit sie nicht auf Zahlung eines bestimmten Nennbetrags abgestellt sind (z. B. Gewinnschuldverschreibungen) nicht anwendbar (Schilling in Großkomm. AktG § 221, 12 mit Nachweisen); es kann aber als Anhaltspunkt für die Ausgestaltung einer solchen Organisation dienen. 4. Begründung, Änderung und Aufhebung 22
Die Begründung der Genußrechte erfolgt entsprechend ihrer schuldrechtlichen Natur durch Verträge der Gesellschaft mit den ersten Erwerbern (RGZ 132 199; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 6; Schilling in Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 221, 11). Die Gesellschaft wird hierbei durch die Geschäftsführung vertreten. Eine Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag oder auch nur ein Gesellschaftsbeschluß ist für die wirksame Begründung nicht erforderlich (abweichend noch Vorauflage § 14 Anhang, Anm. 19). Der Gesellschaftsvertrag kann aber entsprechende Bestimmungen enthalten (Rdn. 29). Das GmbHG, wie übrigens auch der RegE, sehen keine dem § 221 Abs. 2 AktG entsprechende Regelung vor. § 29 Abs. 1 steht der Vereinbarung durch die Geschäftsführung nicht entgegen, da er nur einen Anspruch „auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn" gibt, Auszahlungen auf Genußrechte aber vor Ermittlung dieses Reingewinns ergebnismindernd berücksichtigt werden (§ 29, 56). Die Geschäftsführung wird jedoch mit Rücksicht auf ihre Sorgfaltspflicht (§ 43) in aller Regel die Gesellschafterversammlung über die Ausgabe von Genußrechten Beschluß fassen lassen. Ein Bezugsrecht auf Genußrechte für die Gesellschafter besteht, im Gegensatz zur aktienrechtlichen Regelung, nicht. Werden Genußrechte jedoch an Gesellschafter ausgegeben, so ist der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung zu beachten (§ 14, 18 ff.). Eine staatliche Genehmigung gemäß §§ 795 und 808 a BGB ist für die Ausgabe von Genußrechten in der Regel nicht erforderlich, weil nicht die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird. Die Genehmigung ist jedoch dann notwendig, wenn das Genußrecht mit einer Mindestverzinsung oder mit einer garantierten Gewinnbeteiligung (Rdn. 16) ausgestattet wird oder wenn bei Abwicklung der Gesellschaft oder Aufhebung der Genußrechte eine bestimmte Geldsumme zu (312)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
zahlen ist (BGH LM Nr. 2 zu § 795 BGB und Schilling in Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 221, 15). Eine Änderung der Genußrechte kann nur durch Vertrag erfolgen. Durch 23 Beschluß der Gesellschafterversammlung kann in ihren Bestand nicht eingegriffen werden (für die entsprechende Frage im Aktienrecht vgl. RGZ 49 10, 16; 117 379, 384; 132 199, 205f. und Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 69). Bei der vertraglichen Begründung kann jedoch ein Änderungsvorbehalt auch zugunsten der Gesellschafterversammlung vereinbart werden. Eine Bestimmung in der Satzung, sei sie vor oder nach Begründung der Genußrechte aufgenommen, kann keine Grundlage für Eingriffe in die Genußrechte bilden, wenn sie nicht auch ausdrücklich oder konkludent Gegenstand der Abrede mit den Genußrechtsinhabern ist (zutreffend Lutter aaO mit Hinweis auf BGH2 28 259, 263; a. A. Schilling in Großkomm. AktG § 221, 12). Die Voraussetzungen einer Aufhebung der Genußrechte werden in der Regel 24 bei Begründung vertraglich vereinbart. Im übrigen ist eine Aufhebung nur durch Vereinbarung mit den Genußrechtsinhabern möglich. Die Gesellschaft kann sich das Recht vorbehalten, die Genußrechte gegen Zahlung eines bestimmten Betrages abzulösen. 5. Beeinträchtigung der Genußrechte oder der Gesellschaftsrechte Gegen unmittelbare Beeinträchtigungen der Genußrechte sind deren 25 Inhaber nach allgemeinem Vertragsrecht geschützt, so z. B. wenn die Gesellschaft den die Genußrechte begründenden Vertrag einseitig ändert oder aufhebt. Solche Maßnahmen der Gesellschaft sind unwirksam, sofern bei Begründung der Genußrechte kein entsprechender Vorbehalt gemacht wurde (Rdn. 20; RGZ 49 16; 132 205; RG in Bank Arch. 1911/1912 207; Ernst S. 184f. und in AG 1967 80). Auch darf die Gesellschaft durch später begründete Genußrechte in frühere nur eingreifen, wenn sie sich das bei Begründung der früheren vertraglich vorbehalten hat (Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 70). Mittelbare Beeinträchtigungen durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen wie z. B. Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen, Auflösung, Umwandlung und Verschmelzung müssen die Genußrechtsinhaber grundsätzlich gegen sich gelten lassen, da Genußrechte keinen Anspruch auf Unterlassung gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen geben. Werden Genußrechte durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, die die Genußrechtsinhaber nicht verhindern können, jedoch treu- oder sittenwidrig verkürzt, so können diese Schadensersatz geltend machen (RGZ 105 236, 240; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG §221, 70 und Rdn. 15). So können Genußrechtsinhaber eine Kapitalerhöhung nicht hindern, auch wenn diese zu einer Verwässerung ihrer Rechte führt (RGZ 83 298; BGHZ 28 259, 277; Ernst S. 188 ff. und AG 1967 80; Lutter, Kölner Kommentar zum AktG § 221, 70). Sie können auch nicht die Aufteilung des Gewinns in einen solchen, der auf das ursprüngliche Stammkapital entfallen wäre und einen solchen, der auf das erhöhte entfällt, begehren. Die Genußscheine nehmen am Reingewinn des gesamten Unternehmens teil (RGZ 49 50). In der vertraglichen Ausgestaltung kann allerdings vorgesehen werden, daß ein Ausgleich für solche Beeinträchtigungen erfolgt, z. B. durch Einräumung eines Bezugsrechts auf neue Genußscheine unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie für die Kapitalerhöhung festgesetzt werden oder durch Gewährung eines Ausgleichs für die Verwässerung in bar (Ernst AG 1967 80). Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln werden die Genußrechtsgläubiger (313)
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durch § 13 Abs. 3 des Gesetzes über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (KapErhGes) vom 23.12.1959 (BGBl. I S. 789) geschützt. Soweit die Genußrechte von den bisherigen Kapital- oder Gewinnverhältnissen abhängen — was regelmäßig der Fall ist — werden sie nach der Kapitalerhöhung den veränderten Verhältnissen so angepaßt, daß ihr wirtschaftlicher Inhalt unangetastet bleibt. Erhalten z. B. die Genußrechtsgläubiger einen Gewinnanteil von 10% nach einem Vorwegabzug von 5% auf das gewinnberechtigte Kapital, so beläuft sich nach einer Kapitalerhöhung um 100% der Vorwegabzug für das gewinnberechtigte Kapital nur noch auf 2,5%. § 13 Abs. 3 KapErhGes hat rechtsgestaltende Wirkung und führt die Anpassung unmittelbar herbei. Der Berechtigte kann nach Wirksamwerden der Kapitalerhöhung unmittelbar auf Feststellung der ihm nunmehr gegen die Gesellschaft zustehenden Rechte klagen (Gessler WM 1960 Sonderbeilage I, S. 24; Wiedemann in Großkomm. AktG § 216, 8; vgl. ferner Anhang zu § 57). Durch eine Kapitalherabsetzung kann sich umgekehrt eine Beeinträchtigung der Stellung der Gesellschafter ergeben, sofern die Genußrechte nicht angepaßt werden (vgl. Ernst S. 194). Auch hier hilft grundsätzlich nur eine vertragliche Regelung etwa in der Weise, daß eine Herabsetzung des Stammkapitals ohne weiteres eine Herabsetzung der Genußrechte nach sich zieht (vgl. RGZ 115 227 und Ernst aaO). 26 Durch eine form wechselnde Umwandlung (in eine AG: §§376 ff. AktG) werden die Genußrechte nicht berührt. Bei einer Umwandlung unter Vermögensübertragung oder bei einer Verschmelzung (§§ 355ff. AktG) gehen die Genußrechte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zunächst auf die übernehmende Gesellschaft oder den übernehmenden Gesellschafter über. Die Zusammenfassung mehrerer Vermögen in dem aufnehmenden Rechtsträger kann aber zu einer Veränderung des Anspruchsinhaltes der Genußrechte nach § 242 BGB führen (im Ergebnis wohl ebenso KG JW 1926 2701 ff.; Breit ZHR 95, 364; Ernst S. 204 und AG 1967 80; Schilling in Großkomm. AktG § 221, 12). Wie allerdings eine solche Anpassung zu geschehen hat, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Denkbar ist z. B. eine Umstellung der Genußrechte im Verhältnis des Wertes des eingebrachten Unternehmens zum aufnehmendem Unternehmen (so KG JW 1926 2701 ff.) oder eine Beschränkung der Gewinnberechtigung auf die eingebrachten Betriebe. Auch für diese Fälle ist eine vertragliche Regelung bei Begründung der Genußrechte vorzuziehen (Beispiele bei Ernst S. 204f.). Aus der Natur des Genußrechts als Dauerschuldverhältnis (Rdn. 15) kann im Einzelfall auch ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gegeben sein. 6. Verbriefung und Übertragung 27
Genußrechte können verbrieft werden, müssen es aber nicht. Die ausgestellten Urkunden werden in der Regel als Genußscheine bezeichnet. Sie können auf den Inhaber oder auf den Namen ausgestellt werden und im letzteren Falle auch an Order lauten (§ 363 HGB; OLGR 40 193). Genußrechte sind veräußerlich und vererblich. Für ihre Übertragung gelten die Ausführungen in Rdn. 10 entsprechend. Werden Urkunden ausgestellt, so müssen sich aus ihnen die Genußrechte vollständig ergeben, da die Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich haben (RGZ 83 297; 117 382; Schilling in Großkomm. AktG § 221, 14). Sind die Genußrechte nicht verbrieft, richtet sich ihre Übertragung nach den §§ 413, 398ff. BGB. Die Übertragung kann vertraglich erschwert, beschränkt oder ausgeschlossen werden (§§ 413, 399 BGB). Zulässig ist es z. B. die Übertragung an die gleichzeitige (314)
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Übertragung eines Geschäftsanteils zu binden. Für die Abtretung des Geschäftsanteils ist die gesetzlich vorgeschriebene Form (§ 15 Abs. 3 und Abs. 2) zu wahren. Fehlt es daran, so ist auch die Abtretung des Genußrechts unwirksam. Zur Verpfändung gelten die Ausführungen in Rdn. 10 entsprechend. Die Gesellschaft kann eigene Genußrechte erwerben; die Bestimmungen über den Erwerb eigener Geschäftsanteile (§ 33) gelten nicht (Ernst S. 234; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 73). Mit dem Erwerb geht jedoch das Genußrecht durch Konfusion unter (a. A. offenbar Lutter aaO, der nur meint, der Gesellschaft stünden aus eigenen Genußrechten keine Rechte zu). 7. Beendigung Genußrechte können durch Auslaufen der vertraglichen Laufzeit erlöschen; ob 28 eine Abfindung zu zahlen ist, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Vertraglich kann ferner der Gesellschaft das Recht oder die Pflicht einer Ablösung eingeräumt werden. Die Ablösung kann durch Kündigung oder Auslosung erfolgen. In der Regel ist in diesen Fällen ein Ablösungsbetrag zu bezahlen (vgl. Ernst S. 231). Sind die Genußrechtsinhaber gleichzeitig Gesellschafter, ist § 30 zu beachten. Ablösungs- und Kündigungsbestimmungen müssen in den Vereinbarungen mit den Genußberechtigten geregelt sein. Eine Satzungsbestimmung allein ist nicht ausreichend (a. A. Ernst S. 230 und wohl auch Schilling in Großkomm. AktG. § 221, 12). Ist eine Beendigung vertraglich nicht vorgesehen, kann sie nur durch nachträgliche Vereinbarung mit den Genußberechtigten oder durch Rückkauf der Genußrechte (vgl. Rdn. 27) erfolgen. Die Auflösung der Gesellschaft (§§ 60ff.) läßt grundsätzlich die Genußrechte unberührt. Lediglich wenn die Genußrechte ausschließlich einen Anteil am Reingewinn gewähren, werden sie nach der Auflösung gegenstandslos. Im Konkurs der Gesellschaft gewähren Genußrechte keine Konkursforderung. Schon entstandene Gewinnansprüche nehmen allerdings als einfache Konkursforderungen gemäß § 3 Abs. 1, § 61 Nr. 6 KO am Konkurs teil (Bett Der Konkurs der Aktiengesellschaft, 1904, S. 73; Ernst S. 176). Genußrechte können in Geschäftsanteile umgewandelt werden; dies erfolgt im Wege der Kapitalerhöhung durch Einbringung der Genußrechte als Sacheinlage. Auch eine Umwandlung in Obligationen ist denkbar (Ernst S. 236). 8. Regelungen im Gesellschaftsvertrag Unbeschadet der schuldrechtlichen Natur der Genußrechte (Rdn. 15) kann der 29 Gesellschaftsvertrag Regelungen über die Ausgabe und den Inhalt von Genußrechten treffen. Er kann insbesondere die Ausgabe von Genußrechten an die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder einer anderen Stelle (z. B. Aufsichtsrat oder Gesellschafterausschuß) binden. Dabei handelt es sich um fakultative Bestandteile des Gesellschaftsvertrags (§3, 41 ff.). Solche Bestimmungen enthalten eine Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführung, die jedoch nur im Innenverhältnis, nicht aber gegenüber Dritten, Wirksamkeit entfaltet (§ 37). Allerdings kann einem Dritten die Einrede unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden, wenn er den Mißbrauch der Vertretungsbefugnis kannte, kollusiv mit der Geschäftsführung zusammenwirkte oder bei naheliegendem Verdacht nicht nachfragte (vgl. Anmerkungen zu § 37). Diese Fälle können besonders dann naheliegen, wenn Genußrechte an Gesellschafter ausgegeben werden. Jedenfalls macht (315)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
sich die Geschäftsführung ersatzpflichtig, wenn sie Satzungsbestimmungen über Genußrechte nicht einhält. In aller Regel wird jedoch die Geschäftsführung bei der Ausgabe von Genußrechten stets die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen, um ihren Sorgfaltspflichten zu genügen.
9. Bilanzierung 30
In der Bilanz der Gesellschaft kommt eine Passivierung als Verbindlichkeit grundsätzlich nicht in Betracht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn den Genußberechtigten mit Rücksicht auf die für die Genußrechte geleisteten Einzahlungen Forderungen zustehen, die nicht nur aus dem Gewinn oder dem Liquidationsüberschuß zu tilgen sind. In diesen Fällen muß eine entsprechende Verbindlichkeit in die Bilanz eingestellt werden. Als Verbindlichkeit oder als Rückstellung sind ferner die schon entstandenen Ansprüche auf den Gewinnanteil aus dem abgelaufenen oder aus früheren Geschäftsjahren zu passivieren (Adler]Düring\Schmalt% § 151, 234, Ernst S. 211 und AG 1967 79; Knoppe BB 1966 282; Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 221, 74; Schilling in Großkomm. AktG § 221, 13). Hat der Genußberechtigte eine Einlage erbracht, so ist eine Passivierung als Eigenkapital zulässig aber nicht notwendig (Wahlrecht der Gesellschaft). Der Ausweis kann z. B. als Genußkapital oder als besonderer Posten unter den Rücklagen erfolgen. Dies kann sich insbesondere dann empfehlen, wenn Genußrechte zur Kapitalbeschaffung ausgegeben worden sind, sofern das Kapital nicht zur Deckung von Verlusten benötigt wird. Die Passivierung verhindert eine Ausschüttung des einbezahlten Kapitals als Reingewinn (Ausschüttungssperre). Ein entsprechender Bilanzposten hat Eigenkapitalcharakter, ist aber kein Stammkapital i. S. des Gesetzes (vgl. hierzu Adler\Düring\Schmalt^ aaO, 234; Bethmann ZfHF 1935 424; Ernst S. 212; Koehler Der Wirtschaftstreuhänder 1936 268; Schilling in Großkomm. AktG. §221, 13; Schmalenbach Die Beteiligungsfinanzierung, 1954, S. 79ff.; Trumpler Die Bilanz der Aktiengesellschaft 1950 S. 226).
10. Steuerliche Behandlung 31
a) Verbriefte Genußrechte (Genußscheine) Für die Körperschaftsteuer bestimmt § 7 Satz 2 KStG, daß „Ausschüttungen jeder Art auf Genußscheine, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös verbunden ist", das steuerliche Einkommen der Gesellschaft nicht mindern dürfen. Das Abzugsverbot gilt auch dann, wenn die Genußrechte mit einer Mindestverzinsung ausgestattet sind (RFH RStBl. 1940 35; BFH I 85/60 vom 28. 6.1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, KStG § 7 Satz 2 R. 1). Zweifelhaft ist, ob das Abzugsverbot auch zum Zuge kommt, wenn die Genußscheine einen Anteil nur am Gewinn, nicht aber am Liquidationserlös gewähren (gegen die Anwendung des § 7 Satz 2 KStG: Grieger WM 1958 917; Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 7 KStG, 73; Knoppe BB 1966 283; a. A. Thiel Stbjb 1963/64 178ff.). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 7 Satz 2 KStG setzt das Abzugsverbot eine Beteiligung der Genußrechtsinhaber am Gewinn und am Liquidationserlös voraus; eine reine Gewinnbeteiligung berechtigt die Gesellschaft damit auch steuerlich zum Abzug der schuldrechtlichen Gewinnverpflichtung. (316)
Gewinnanteilscheine und Genußrechte (Goerdeler/Müller)
Anh. § 29
Genußscheine, die unter § 7 Satz 2 KStG fallen, werden für das Körperschaftsteuerrecht dem Grund- oder Stammkapital gleichgestellt (RFH RStBl. 1936 770). Damit kommt einem Gesellschafter in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, dessen unmittelbare Beteiligung an Geschäftsanteilen und Genußscheinen mindestens 1/4 des Stammkapitals einschließlich der Genußscheine beträgt, für die Ausschüttungen die Schachtelbegünstigung des § 9 Abs. 1 KStG zugute (Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 7 KStG, 74). Die Gesellschaft selbst kann für Ausschüttungen auf Genußscheine, die unter § 7 Satz 2 KStG fallen, den ermäßigten Steuersatz für berücksichtigungsfähige Ausschüttungen (§19 Abs. 1 Nr. 1 KStG) in Anspruch nehmen (Abschnitt 57 Abs. 3 Körperschaftsteuer Richtlinien 1969). Zahlungen auf Genußscheine sind beim Empfänger Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und unterliegen nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG dem Kapitalertragsteuerabzug. Letzteres wird allerdings nur auf Zahlungen für solche Genußrechte zutreffen, die auch unter § 7 Satz 2 KStG fallen (Knoppe BB 1966 283). Die Ausgabe von Genußscheinen selbst kann bei den Berechtigten ebenfalls zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§20 Abs. 2 Nr. 1 EStG) führen, wenn sie von der Gesellschaft ohne Gegenleistung der Berechtigten gewährt werden und damit den Charakter eines Kapitalertrages haben (Herrmann-Heuer aaO § 20 EStG, 5; Knoppe BB 1966 284; Thiel StBJb 1963/64 178ff.). In diesem Falle ist bei der Ausgabe ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen (§43 Abs. 1 Nr. 1 EStG und § 1 Abs. 4 Satz 2 Kapitalertragsteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung vom 1. April 1975 BGBl. I S. 766). Bei der Veräußerung von Genußscheinen kann eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG in Betracht kommen, da Genußscheine „Anteile an einer Kapitalgesellschaft" i. S. dieser Bestimmung sind. Zur Voraussetzung der wesentlichen Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 EStG vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 17. Aufl., § 17 EStG, 6. Bewertungsrechtlich, insbesondere also für Zwecke der Vermögen- und der Gewerbekapitalsteuer, sind Genußscheine beim Verpflichteten nicht als Verbindlichkeit zu passivieren (Friedlaender DStZ/A 1966 242, 245). Beim Berechtigten sind Genußscheine, die als Wertpapiere ausgestaltet und zum amtlichen Börsenhandel zugelassen sind, mit dem Kurswert zu bewerten (§11 Abs. 1 BewG). Im übrigen werden sie wie stimmrechtslose Vorzugsaktien bewertet (Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 6. Aufl. §11,225 und FM NRW Erlaß vom 14.11.1963 unter 2 k AG 1964 75). b) Nicht verbriefte Genußrechte In den Bestimmungen des Ertragsteuer- und Bewertungsrechts ist stets nur 32 von „Genußscheinen" nicht allgemein von „Genußrechten" die Rede (vgl. § 7 Satz 2 KStG; § 17 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 und § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG; § 1 Abs. 4 KapStDV). Daraus ist zu schließen, daß die unter Rdn. 31 erörterte steuerliche Gleichbehandlung mit Gesellschaftsrechten nur auf die „Genußscheine", also auf die verbrieften Genußrechte zutrifft (dazu grundlegend Friedlaender DStZ A 1966 242, 245). Damit sind die jährlichen Zahlungen der verpflichteten Gesellschaft auf nicht verbriefte Genußrechte abzugsfähige Betriebsausgaben ( § 6 KStG i. Verb, mit § 4 Abs. 4 EStG). Beim Berechtigten liegen Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen i. S. des § 22 EStG vor, die nicht dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen (Friedlaender aaO; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer (317)
§ 29 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
und zur Körperschaftsteuer, 17. Aufl. § 20 EStG, 28). Bewertungsrechtlich sind Genußrechte, die nicht verbrieft sind, mit dem gemeinen Wert i. S. des § 9 BewG zu bewerten. Handelt es sich nur um eine Gewinnbeteiligung, ist diese als ein Recht auf eine wiederkehrende Leistung zu bewerten (Friedlaender aaO; GürschingStenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 6. Aufl. § 11, 225). Dabei handelt es sich nicht um eine bloß formale Betrachtungsweise; die Steuergesetze unterscheiden sehr wohl zwischen Genußrechten und Genußscheinen als verbrieften Genußrechten, wie sich bei einem Blick auf die Kapitalverkehrsteuer zeigt (vgl. Rdn. 33).
33
c) Kapitalverkehrsteuer Genußrechte gelten nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 KVStG als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die Genußrechte verbrieft sind (Genußscheine) oder nicht ( E g l y , Gesellschaftsteuerkommentar, 3. Aufl. Rdn. 327; Kinnebrock, Kapitalverkehrsteuergesetz, 4. Aufl. § 6, II). Der Ersterwerb von Genußrechten unterliegt damit der Gesellschaftsteuer. Zum Steuermaßstab und zum Steuersatz vgl. § § 8 und 9 KVStG. Zu beachten ist, daß auch die GmbH & Co. KG als Kapitalgesellschaft i. S. des KVStG gilt (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG), so daß auch Genußrechte an einer GmbH & Co. KG der Gesellschaftsteuer unterliegen {Egly, aaO, Rdn. 264). Die Gewährung von Genußrechten unterliegt allerdings dann nicht der Gesellschaftssteuer, wenn die Genußrechte ohne Aufbringung einer Kapitaleinzahlung an alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung ausgegeben werden und die Genußrechte einen Anteil am Jahresüberschuß und am Liquidationserlaß verbriefen. In diesem Falle waren die Gesellschafter schon bisher als Gesellschafter an den entsprechenden Vermögenswerten beteiligt; es ändert sich lediglich die rechtliche Qualität der Beteiligung (Finanzgericht Hamburg EFG 1976 247, nicht rechtskräftig). Die Einbringung von Genußrechten in die GmbH im Wege der Sacheinlage gegen Ausgabe von Geschäftsanteilen unterliegt nicht der Gesellschaftsteuer (BFH BStBl. 1976 II 93). Die Abtretung von Genußscheinen (also nur der verbrieften Genußrechte) unterliegt der Börsenumsatzsteuer (§19 Abs. 2 KVStG; Brönner-Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz, 2. Aufl., § 19, 8).
(318)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 30
§ 30 Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß durch die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blätter und in Ermangelung solcher durch die für die Bekanntmachungen aus dem Handelsregister bestimmten öffentlichen Blätter bekanntgemacht ist. Im Falle des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Einzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen. Übersicht Rdn. Einleitung
.
2
Reform. . I. Das Prinzip der Erhaltung des Stammkapitals 1. Grundgedanke der Vorschrift . . . 2. Unterschied Regelung
1
zur
3
aktienrechtlichen 4
3. Rechtsprechungsgrundsätze . . . .
5
4. Rechtsfolgen einer verbotenen Rückzahlung a) GmbH-Recht b) Auswirkungen auf das Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft. . c) Haftung der Geschäftsführer . .
6 7 12
II. Voraussetzungen des Auszahlungsverbots (Abs. 1) 1. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen a) Unterbilanz b) Uberschuldung c) Rückzahlung der Stammeinlage . d) Ausschüttung beschlossener Dividende e) Zeitpunkt für die Beurteilung der Kapitalerhaltung f) Beweislast
bb) Stellungnahme cc) Einzelfragen 4. Auszahlung a) Abgrenzung zu Gegenleistungsgeschäften (Drittgeschäften) aa) Allgemeines bb) Verdeckte Gewinnausschüttung b) Erfüllung fremder Verbindlichkeiten c) Mittelbare Auszahlung d) Gründersonderrechte und Nebenleistungen e) Erwerb eigener Anteile; Einziehung von Geschäftsanteilen... f) Wechselseitige Beteiligungen . . g) Erhaltung des Stammkapitals bei Konzernverhältnissen h) Sonstige Auszahlungen . . . . 5. Gesellschafter
13 14 18 20
HI. Folgen des Auszahlungsverbots
23
2. Auszahlungen der GmbH
24 25
2. Stammkapital
26
3. Verdecktes Stammkapital a) Rangrücktritt b) Kapitalersetzende Darlehen . . . aa) Lösungsweg des BGH . . .
27 30 31 32
(319)
Rdn.
. . .
r v . Die GmbH & Co K G 1. Auszahlungen der Kommanditgesellschaft . . . .
33 34 35
36 38 42 43 44 46 48 51 52 55 57 58 59 61
3. Erwerb von Geschäftsanteilen der GmbH durch die K G
62
4. Verhältnis zu § 172 Abs. 4 HGB. .
63
V. Die Rückzahlung von eingezahlten Nachschüssen (Abs. 2) 1. Eingezahlte Nachschüsse
64
2. Voraussetzungen der Rückzahlung .
66
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse l. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Rdn.
3. Materielle Bedingungen a) Volle Deckung des Stammkapitals b) Volleinzahlung des Stammkapitals 4. Formelle Bedingungen a) Gesellschafterbeschluß b) Publikation c) Sperrfrist
67 68 69 70 71
Rdn. 5. Rückzahlung
72
6. Rückzahlung unter Verletzung des § 30 Abs. 2
73
7. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen (Abs. 2 Satz 4)
75
8. Bilanzielle Behandlung
76
Schrifttum Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949); Eresing Gedanken 2ur internationalen Konzernumlage AG 1976 5; Buchwald Die Bewertung des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der GmbH, GmbH-Rdsch. 1957 33; Buchwald Der eigene Anteil der GmbH, GmbHRdsch. 1958169; Büschgen Zur Eigenkapitalausstattung der GmbH und GmbH & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1974 49; Eltermann Zur Zulässigkeit der Einheits-GmbH & Co. unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, GmbH-Rdsch. 1973 207; Eltermann Der verdeckte Kapitalentzug in der GmbH & Co. KG, Diss. Köln (1972); Erlinghagen Haftungsfragen bei einer unterkapitalisierten GmbH, GmbH-Rdsch. 1962 169; Gessler Probleme der GmbH-Rechtsreform, GmbH-Rdsch. 1966 102, 108; Gonnella Kann die GmbH & Co. KG Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile ihrer allein persönlich haftenden GmbH-Komplementärin sein? DB 1965 1165; Hees Die Sicherheitsleistung einer GmbH für Verbindlichkeiten ihres Gesellschafters DB 1955 962; Hesselmann Neues zur GmbH & Co., GmbH-Rdsch. 1965 13; Hunscha Gläubigerschutz und wechselseitig beteiligte GmbH & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1975 145; Hunscha Die Anwendung der § § 3 0 Abs. 1, 31 GmbHG auf Zahlungen der GmbH & Co. KG an ihre Kommanditisten, GmbH-Rdsch. 1973 257; Ihde Der faktische GmbH-Konzern (1974); Immenga Besprechung der Entscheidung BGHZ 60 324, ZGR 1975 487; Ippen Die GmbH & Co. KG als Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile ihrer allein persönlich haftenden GmbH-Komplementärin, Diss. Münster (1967); Kamprad Gesellschafterdarlehen an die GmbH als verdeckte Stammeinlagen (1968); Kuhn Haftungsprobleme bei der GmbH & Co. in Festgabe für Bruno Heusinger (1968); Kuhn Konkursrechtliche Probleme bei der GmbH & Co. KG in Festschrift für Wolfgang Schilling (1973); Marcus Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG (1964); Mertens Die Einmann-GmbH & Co KG und das Problem der gesellschaftsrechtlichen Grundtypenvermischung; NJW 1966 1049; Pleyer Urteilsanmerkung GmbH-Rdsch. 1960 44; Pley er Zur Haftung eines Gesellschafters einer unterkapitalisierten Strohmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 206; Röhr kästen, Die Rückzahlung des Stammkapitals, GmbH-Rdsch. 1974 36; Schmidt, Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Unterkapitalisierung bei der GmbH & Co., DB 1973 2227; H. P. Westermann GmbH-Konzernrecht kraft richterlicher Rechtsfortbildung ? GmbH-Rdsch. 1976 77; Wiede mann ¡Bär¡Dabin Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH (1968); Winkler Die Haftung des Gesellschafters einer unterkapitalisierten GmbH, BB 1969 1202; Winkler Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, GmbH-Rdsch. 1972 73; Winkler Die Haftungsverfassung der GmbH & Co. (KG), NJW 1969 1009; Winter Die Haftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH (1973); Wüst Gläubigerschutz bei der GmbH (1966). (320)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 30
Einleitung Die Vorschrift des § 30 ist ein „Grundpfeiler" des GmbH-Rechts (Schilling JZ 1 1954 634; RGZ 168 292; RG in HRR 1932 1762 unter Bezugnahme auf Brodmann; über den systematischen Zusammenhang Ballerstedt S. 170,171). Sie sichert die Unverletzlichkeit des Stammkapitals (Grundsatz der Kapitalerhaltung), ohne die die Garantiefunktion des Kapitals nicht erreicht werden könnte. Entscheidend für die Zulässigkeit von Leistungen der Gesellschaft an die Gesellschafter ist immer der Vermögensstand der Gesellschaft, nicht dagegen das einzelne Jahresergebnis {Luiter S. 332). Die Vorschrift ist zwingend; im Gesellschaftsvertrag darf sie nicht abbedungen werden. Auch ist sie streng auszulegen (h. M.: Baumbach-Hueck 1; RGZ 168 292; BGH LM Nr. 3 zu § 30; Vogel 1) dieser Grundsatz tritt auch in der Entwicklung der neueren Rechtsprechung deutlich in Erscheinung. § 30 verbietet aber die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen nicht schlechthin (§ 29, 1). Die Folge eines Verstoßes gegen § 30 ist in § 31 geregelt. Die Rückgewähr von Vermögen, das durch das Stammkapital gebunden wird, darf nur unter Wahrung bestimmter Formen im Wege einer Kapitalherabsetzung (§ 58) erfolgen. In jeder anderen Weise ist sie unzulässig. Reform § 30 Abs. 1 wird vom RegE als § 46 Abs. 1 unverändert übernommen. § 46 2 Abs. 2 RdgE stellt gegenüber § 30 Abs. 2 klar, daß eine Rückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung aller Einlagen nicht nur für den Fall des § 28 Abs. 2, sondern für alle Fälle der Nachschußpflicht verboten sein soll wie dies bisher schon von der h. M. für alle Fälle der Rückzahlung von Nachschüssen angenommen worden ist (vgl. Begr. RegE S. 109). In Erweiterung der geltenden Regelung sieht der RegE vor, daß eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung eingeforderter Nachschüsse nur unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen eine Rückzahlung geleisteter Nachschüsse zulässig wäre, möglich ist. Ferner schließt der RegE die Möglichkeit der Aufrechnung gegen eine Nachschußverpflichtung gänzlich aus.
I. Das Prinzip der Erhaltung des Stammkapitals 1. Grundgedanke der Vorschrift § 30 Abs. 1 verankert den Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals. Von 3 den verschiedenen Funktionen des Stammkapitals (vgl. dazu § 5, 6 ff.) behandelt diese Bestimmung die Garantiefunktion, indem sie einen betrags- und wertmäßig beschränkten aber unausgeschiedenen Teil des Gesellschaftsvermögens besonderen Bindungen unterwirft. § 30 Abs. 1 gewährleistet, daß das durch die Satzung fixierte und damit nicht willkürlich veränderbare Garantievermögen zugunsten potentieller Gläubiger der Gesellschaft erhalten bleibt (vgl. Lütter S. 52ff.). Das Gesetz verlangt nicht eine echte Aussonderung dieses Vermögensteils zur Verwendung für die Gläubiger der Gesellschaft. Das Vermögen steht vielmehr ungeteilt zur Verfügung der Gesellschaft und kann für betriebliche Zwecke eingesetzt werden. Lediglich ein rechnerischer Teil wird besonderen Bindungen unterworfen. Es kann deshalb nur in einem sehr eingeschränkten Sinne von einem „Garantiefonds" für die Gläubiger gesprochen werden. (321)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Die Vorschrift stellt ganz formal auf das in der Satzung festgelegte ( § 3 Abs. 1 Nr. 3) und in der Bilanz auszuweisende (§42 Nr. 1) Stammkapital ab. Eine dem Geschäftsumfang angemessene Kapitalausstattung wird vom Gesetz weder verlangt noch zugunsten der Gläubiger geschützt (vgl. dazu Winter Die Haftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH, 1973, S. 41 ff.). Entsprechenden Vorschlägen, eine Haftung der Gesellschafter für die Differenz zwischen Nominalkapital und bei Gründung angemessener Kapitalausstattung (Differenzhaftung) einzuführen, um wenigstens eine anfängliche Unterkapitalisierung zu vermeiden (so Wiedmann in Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH 1968, S. 20ff.; dagegen Schilling, ebenda S. 145), ist auch der RegE GmbH nicht gefolgt. Eine Unterkapitalisierung kann damit nur unter den besonderen Voraussetzungen der Durchgriffshaftung zu Ansprüchen gegen die Gesellschafter führen (vgl. § 13 Anh. I, 47ff.). Zur Frage, ob der Garantiefonds vollkommen willkürlich bestimmt werden kann, vgl. v. Falkenhausen, Lutter und Rehbinder in Probleme der GmbH-Reform, S. 189, 78, 227. Auch stellt § 30 Abs. 1 keinen Schutz der Gläubiger gegen Verluste und eine damit verbundene Vermögensauszehrung der Gesellschaft dar. Lediglich ein Abfließen des durch das nominelle Stammkapital gebundenen Vermögens an die Gesellschafter wird unterbunden. Insoweit wirkt sich das Stammkapital als Passivposten in der Bilanz wie eine „Stauschleuse" aus, indem es das Abfließen von Vermögen an die Gesellschafter verhindert (IVinter aaO, S. 41). Noch weniger kann § 30 eine Substanzerhaltung i. S. der Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz oder der Ertragskraft des Unternehmens gewährleisten. Aus der inzwischen sehr zahlreichen Literatur zur Substanzerhaltung vgl. z. B. Coenenberg Inflationsbereinigte Rechnungslegung AG 1975, 114ff.; Häver mann Zur Berücksichtigung von Preissteigerungen in der Rechnungslegung der Unternehmen Wpg 1974, 423ff. und 445ff.; Niehus Zur Berücksichtigung der Substanzerhaltung bei der Rechnungslegung Wpg 1974, 649ff.; Feuerbaum Notwendigkeit und Methoden der Substanzerhaltung ZfbF 1967 172ff.; Schneider Aktienrechtlicher Gewinn und ausschüttungsfähiger Betrag Wpg 1971, 607ff.; Wohlgemuth Möglichkeiten der Substanzerhaltung in Zeiten inflationärer Geldentwertung AG 1975, 296. § 30 hat ausschließlich das nominelle Stammkapital und das zu seiner Erhaltung erforderliche Vermögen zum Gegenstand. 2. Unterschied zur aktienrechtlichen Regelung 4
Die Vorschriften des GmbHG unterscheiden sich von denen des Aktienrechts (§§57 und 5 Abs. 4 AktG), die demselben Zweck dienen. Rein formal ist zunächst festzustellen, daß das AktG in § 57 Abs. 1 ein Verbot der Rückgewähr der „Einlagen" enthält. Dabei handelt es sich, wie Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 57, 3 zutreffend feststellt, um eine verfehlte und antiquierte Ausdrucksweise. Auch für das AktG kommt es nicht auf die Erhaltung der von den Aktionären einmal geleisteten „Einlagen", sondern auf die Erhaltung eines der Grundkapitalziffer entsprechenden Vermögenstocks an, ohne daß insoweit etwa Vermögensteile auszusondern wären. Insoweit ist die Formulierung in § 30 Abs. 1 präziser. Sie spricht nicht davon, daß Stammeinlagen nicht zurückbezahlt werden dürfen. Sie stellt vielmehr den Satz an die Spitze, daß das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausbezahlt werden darf. Neben dieser Vorschrift ist, wie die Motive sagen, „eine besondere Bestimmung darüber, daß die Stammeinlagen nicht zurückbezahlt werden dürfen, nicht erforderlich". Daß sich auch dieser Satz, das Verbot der Rückzahlung der Stammeinlagen, aus dem Gesetz (322)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
ergibt, ist richtig (sofern das verbleibende Vermögen die Stammkapitalziffer nicht mehr deckt). Die Vorschriften des AktG sind einerseits umfassender, andererseits aber auch enger, als die des GmbHG. Umfassender sind die Vorschriften des AktG deshalb, weil sie das gesamte Vermögen der Gesellschaft und nicht nur den Teil, der zur Deckung des Grundkapitals erforderlich ist, in die Vermögensbindung einbeziehen. An die Aktionäre darf bis zur Liquidation nur der Bilanzgewinn, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung, durch Hauptversammlungsbeschluß nach § 58 Abs. 3 AktG oder als zusätzlicher Aufwand aufgrund des Gewinnverwendungsbeschlusses nach § 174 Abs. 2 Nr. 5 AktG von der Verteilung ausgeschlossen ist, ausgeschüttet werden. Damit unterliegt bei der AG das gesamte Betriebskapital, solange es noch nicht in Bilanzgewinn transformiert ist, der Vermögensbindung und stellt den „Garantiefonds" dar. Dieser umfaßt damit nicht nur den Gegenwert des nominellen Grundkapitals, sondern auch der gesetzlichen Rücklagen, sowie der freien Rücklagen und stillen Reserven; die beiden letzteren allerdings nur solange, als sie nicht zugunsten des Bilanzgewinns aufgelöst werden. Bei der AG ist nur zu prüfen, ob es sich bei der Leistung an die Aktionäre um die Verteilung eines beschlossenen Bilanzgewinns handelt, alles andere ist Einlagenrückgewähr, tertium non datur (Lutter Kölner Kommentar zum AktG § 57, 3 mit weiteren Nachweisen). Enger sind die Vorschriften des AktG deshalb, weil die Haftung der Aktionäre beim Empfang unzulässiger Leistungen nicht so weitgehend ist wie nach GmbHRecht. Nach § 62 AktG haften die Aktionäre auf Rückgewähr dessen, was sie selbst unzulässigerweise empfangen haben. Sie haften aber nicht solidarisch für eine unzulässige Leistung an andere Gesellschafter, wie dies § 31 Abs. 3 für die GmbH vorsieht. Ferner unterliegt der Anspruch der Aktionäre auf die beschlossene Dividende keiner Ausschüttungssperre aus dem Gesichtspunkt der Erhaltung des Grundkapitals, dagegen unterfällt die Auszahlung des Reingewinns an die Gesellschafter durchaus der Vorschrift des § 30 Abs. 1. Zusammengefaßt ergibt sich, daß in der GmbH nur ein bilanztechnisches Eigenkapital als Garantiefonds für die Gläubiger erhalten werden muß, während in der AG das gesamte Eigenkapital, solange es noch nicht in Bilanzgewinn transformiert ist, der Vermögensbindung unterliegt und den Garantiefonds für die Gläubiger darstellt. Die Haftung der GmbH-Gesellschafter entspricht dagegen weitgehend der Haftung bei Gründung der Gesellschaft und kann als ein Wiederaufleben der Einlageverpflichtung angesehen werden, einschließlich der Ausfallhaftung der anderen Gesellschafter (so Lutter S. 381). 3. Rechtsprechungsgrundsätze Die Rechtsprechung hatte sich mit § 30 relativ häufig zu befassen. Das RG hat 5 in seiner Rechtsprechung (RGZ 133 393; 136 260; 142 286; LZ 1932 1143; JW 1938 1176 und RGZ 146 84 eine AG betreffend) Sinn und Zweck des § 30 näher erläutert. Danach darf eine nicht durch entsprechende Gegenleistung ausgeglichene Leistung der Gesellschaft dann nicht bewirkt werden, wenn sie auf Kosten des Stammkapitals gehen würde, und wenn der Leistungsempfänger bei Begründung der Verpflichtung der Gesellschaft zu den Gesellschaftern gehört. Das Leistungsversprechen der Gesellschaft ist dann nur unter dem Vorbehalt wirksam, daß im Zeitpunkt seiner Erfüllung das Stammkapital hierdurch nicht verkürzt wird, gleichviel ob der Versprechensempfänger dann noch Gesellschafter ist oder nicht (RGZ (323)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
133 395; RG JW19381176). Zusammengefaßt ergeben sich hiernach aus dem Verbot des § 30 drei Grundsätze: a) Im Zeitpunkt der Begründung der Gesellschaftsverpflichtung muß die Gesellschaftereigenschaft gegeben sein. b) Im Zeitpunkt der Zahlung der Gesellschaft muß die Erhaltung des Stammkapitals gefährdet sein. c) § 30 findet keine Anwendung, wenn der Gesellschaft vor, bei oder nach Eingehung der Leistungspflicht eine vollwertige Gegenleistung zugeflossen ist. (RGZ 133 393 = JW 1932 25; RGZ 136 260 = JW 1932 2602; RGZ 150 28; 168 292). Der BGH hat diese Grundsätze des RG in Übereinstimmung mit der Literatur (Baumbach-Hueck 2 D und E; Scholz 5 und 7; Vogel 2 und 8) übernommen (GmbH-Rdsch. 1953 58; sowie unveröff. Urteil vom 20.12. 1952 II ZR 45/52), aber auch weiterentwickelt (BGHZ 13 49 = JZ 1954 634 mit zustimmender Anmerkung von Schilling). Auf diese Voraussetzungen im einzelnen wird in den nachfolgenden Anmerkungen eingegangen. 4. Rechtsfolgen einer verbotenen Rückzahlung 6
7
a) GmbH-Recht Die gesetzliche Sanktion des § 30 findet sich in § 31. Im Grundsatz müssen Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, der Gesellschaft erstattet werden. Der Anspruch nach § 31 ist gesellschaftlicher Art (RGZ 80 148 insbesondere 152; RGZ 92 77; 168 292; BGHZ 31 265). Er ist kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Auch der Umfang des Anspruchs ergibt sich aus § 31. Gleiches gilt für die Verjährung. Der Anspruch aus § 31 braucht auch nicht notwendigerweise auf einer unerlaubten Handlung zu beruhen (RGZ 168 292; vgl. § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG). Unabhängig von dem Anspruch nach §§ 30, 31 kann aber ein Anspruch aus § 812 gegeben sein (RGZ 92 77; 168 293; vgl. § 29, 79 für den Fall gezahlter Vorschüsse auf den Reingewinn). Es können ferner Herausgabeansprüche nach §§ 985ff.BGB wegen Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts gegeben sein (Rdn. 8 ff.). Ein Sachverhalt kann somit die Voraussetzungen für mehrere Klagansprüche schaffen, es können Ansprüche aus § § 30, 31; §§ 812ff. und §§ 985ff. BGB nebeneinander gegeben sein. Jeder dieser Ansprüche folgt den für ihn aufgestellten gesetzlichen Regelungen, z. B. hinsichtlich Verjährung und Umfang (im einzelnen vgl. § 31). Darüber hinaus wird man § 30 als Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB ansehen müssen. § 30 dient in hervorragendem Maße dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft (Rdn. 3). Es gelten deshalb die gleichen Überlegungen, die den BGH veranlaßt haben, § 64 als Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB zu betrachten (BGH NJW 1959 623). Der Schutzbereich des § 30 Abs. 1 umfaßt die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens zur Befriedigung der Gläubiger in Höhe der Stammkapitalziffer. Bedeutung kann § 823 Abs. 2 BGB für die Haftung der Geschäftsführer gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft haben (vgl. Rdn. 12). b) Auswirkungen auf das Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Der Auszahlung an die Gesellschafter kann ein entsprechendes Verpflichtungsgeschäft der Gesellschaft zugrunde liegen. Darüber hinaus stellt die Auszahlung (324)
Rück2ahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
selbst ein dingliches Rechtsgeschäft dar. Ob ein Verstoß gegen das Verbot des § 30 die Nichtigkeit dieser Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB zur Folge hat, ist zweifelhaft. aa) Die herrschende GmbH — rechtliche Literatur einschließlich der Vorauflage (Anm. l c ) und die Rechtsprechung vertreten die Auffassung, daß § 134 BGB nicht notwendig bei jedem Verstoß gegen § 30 eingreife. Der Gesetzgeber habe kein Verbot mit der Wirkung absoluter Nichtigkeit aufstellen wollen. Dies ergebe sich schon aus der Regelung, die § 31 Abs. 2 für den gutgläubigen Empfänger getroffen hat (RGZ 168 292; RG DR 1942 40; BGH GmbH-Rdsch. 1953 58 = LM Nr. 1 zu § 30; Brodmann 1 g; Schöltj 8; Baumbach-Hueck 1). Dies gelte sowohl für das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft (RG JW 1938 1176; BGH GmbHRdsch. 1953 58 mit zustimmender Anmerkung von Schneider; in RG JW 1928 1564 bleibt die Frage der Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts offen). Nur dann, wenn die Vertragsschließenden bewußt den Bestimmungen der §§ 30, 31 zuwider handelten, indem sie ausdrücklich eine Auszahlung auf Kosten des Stammkapitals beschließen, sei eine Vereinbarung nach § 134 BGB nichtig (BGH GmbH-Rdsch. 1953 58 im Anschluß an RGZ 113 241, 244; 133 393, 395; RG JW 1938 1176; RG DR 1942 40; ferner BGH vom 20. 12. 1952; so auch Schol^ 8; Vogel 7; Eder Handbuch der GmbH 1256). bb) Die h. M. kann nicht überzeugen und steht mit der Auslegung der dem 8 gleichen Zweck dienenden Vorschriften des AktG ( § 5 7 Abs. 1) in Widerspruch. Für § 57 Abs. 1 AktG wird ganz allgemein die Auffassung vertreten, daß es sich um ein gesetzliches Verbot handle, bei dessen Verletzung das obligatorische wie das dingliche Rechtsgeschäft nach § 134 BGB nichtig seien (RGZ 107 161,169; 149 400; ferner Bar% in Großkomm. AktG § 57,10; Lütter in Kölner Kommentar zum AktG § 57, 24). Dieser Auffassung ist auch für das GmbH-Recht zu folgen. Es sind keine durchschlagenden Gründe ersichtlich, aus denen sich für das GmbH-Recht etwas Abweichendes ergeben sollte. Die textliche Formulierung ist in beiden Gesetzen nahezu identisch („darf nicht ausgezahlt werden" im GmbHG, „dürfen nicht zurückgewährt werden" im AktG). Die Mißbilligung der angesprochenen Handlungen durch die Rechtsordnung weist keinen auch nur graduellen Unterschied auf. Es ist auch nicht einleuchtend, daß es ausgerechnet für die Anwendung des § 134 BGB darauf ankommen soll, ob die Vertragsschließenden bewußt den Bestimmungen der § § 30, 31 zuwider handeln, wie dies die h. M. annimmt. Subjektiven Erwägungen kann nur im Bereich des § 138 BGB Bedeutung beigemessen werden. Entgegen der h. M. und der Vorauflage ist deshalb davon auszugehen, daß Rechtsgeschäfte, die gegen § 30 Abs. 1 verstoßen, nichtig sind (so im Grundsatz auch Röhrkasten GmbHRdsch. 1974 36, 37). Bei teilweisem Verstoß vgl. Rdn. 11. cc) Stets ist aber sorgfältig zu prüfen, welche Geschäfte von der Nichtigkeits- 9 folge erfaßt werden. § 30 verbietet die Auszahlung von Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, an die Gesellschafter. Das Gesetz spricht damit das dingliche Geschäft oder das Erfüllungsgeschäft an. Nur im jeweiligen Zeitpunkt der Auszahlung ist zu prüfen, ob das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen tangiert wird. Ist dies der Fall, verstößt das Erfüllungsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot und ist damit nichtig. Auch den Auszahlungen an Gesellschafter liegen in der Regel schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte oder gesllschaftsrechtliche Rechtsakte (z. B. Gewinnverteilungsbeschlüsse) zugrunde. Diese Verpflichtungsgeschäfte oder gesellschaftsrechtlichen Akte werden nicht zwangsläufig von der Nichtigkeit erfaßt. Sie sind wirksam, wenn zur Zeit ihrer (325)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Vornahme die festgelegten Auszahlungen nicht erkennbar gegen § 30 verstoßen, oder wenn die Verpflichtung der Gesellschaft unter dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Vorbehalt erfolgt, daß die Erfüllung nicht das Stammkapital vermindert (vgl. Rdn. 10). In Anlehnung an den BGH (GmbH-Rdsch. 1953 58, 59) wird das Verpflichtungsgeschäft nur dann nichtig sein, wenn es zwangsläufig zu einem nichtigen Erfüllungsgeschäft führt (Röhrkasten GmbH-Rdsch. 1974 37). Diese Auffassung führt auch zu sinnvollen Ergebnissen: Liegt ein wirksames Grundgeschäft vor (z. B. schuldrechtlicher Vertrag oder Gewinnverteilungsbeschluß), so hat die Gesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber den Gesellschaftern, wenn und solange die Erfüllung gegen § 30 Abs. 1 verstößt (BGH GmbH-Rdsch. 1953 58; RG JW 1938 1176). Erfüllt die Gesellschaft, ohne daß das Leistungshindernis des § 30 Abs. 1 behoben ist, so ist das Erfüllungsgeschäft nichtig. Das Grundgeschäft bleibt jedoch weiterhin wirksam und kann nach Behebung des Leistungshindernisses noch wirksam erfüllt werden. 10
dd) Darüber hinaus ist zu beachten, daß die Rechtsprechung Auszahlungsversprechen der Gesellschaft, wenn keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, in der Regel dahin interpretiert, daß die Verpflichtung nur mit der Maßgabe erfüllt werden soll, daß das Stammkapital dadurch nicht verkürzt zu werden braucht (RG DR 1942 40; BGHZ 9 157, 169; Röhrkasten GmbH-Rdsch. 1974 37). Diese Auslegungsregel zugunsten eines gesetzmäßigen Verhaltens der Gesellschaft wird dazu führen, daß Verpflichtungeschäfte der Gesellschaft in der Regel aufrechterhalten werden können. Nur wenn die Auslegung ergibt, daß schon beim Leistungsversprechen auch eine verbotene Auszahlung gewollt war, wird das Verpflichtungsgeschäft von der Nichtigkeit des § 134 BGB erfaßt. 11 ee) Verstößt die Auszahlung nur teilweise gegen § 30 Abs. 1, weil ein Teil des Auszahlungsbetrags aus nicht gebundenem Vermögen geleistet werden kann, so ist zunächst festzustellen, ob es sich um teilbare Leistungen handelt. Ist dies der Fall (z. B. bei Geldauszahlungen), so ist nach § 139 BGB zu entscheiden, ob ein Teil des Rechtsgeschäfts als wirksam aufrechterhalten bleiben kann. Bei unteilbaren Leistungen der Gesellschaft (z. B. Übertragung eines Grundstücks) kann nicht festgestellt werden, welcher Teil das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen betrifft. Deshalb ist vollständige Nichtigkeit gegeben. 12
c) Haftung der Geschäftsführer Schließlich ist hier zu erwähnen, daß nach § 43 Abs. 3 auch die Geschäftsführer der Gesellschaft solidarisch zum Ersatz verpflichtet sind, wenn entgegen § 30 Zahlungen an die Gesellschafter erfolgen (im einzelnen vgl. die Anmerkungen zu § 43). Eine weitere Haftung für die Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern ergibt sich aus § 31 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 3 (vgl. § 31, 35ff.). Eine Haftung der Geschäftsführer gegenüber den Gläubigern kann sich aus § 823 Abs. 2 BGB ergeben (vgl. Rdn. 6). II. Voraussetzungen des Auszahlungsverbotes (Abs. 1) 1. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen
13
Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen ist der rechnerische Vermögensteil der Gesellschaft, der sämdiche Verbindlichkeiten einschließlich der durch Rückstellungen zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten und das (326)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
nominelle Stammkapital der Gesellschaft abdeckt, oder, anders ausgedrückt, derjenige Teil des Reinvermögens der Gesellschaft (Aktiva minus echte Passiva) der dem Nominalkapital der Gesellschaft entspricht (Baumbach-Hueck 2 A ; Scholz 2; Vogel 2). Es ist also zunächst das Reinvermögen zu ermitteln und sodann mit dem Nominalbetrag des Stammkapitals zu vergleichen, auch wenn dieses noch nicht vollständig einbezahlt sein sollte. Für die Höhe des Stammkapitals kommt es auf die rechtswirksam festgelegte Stammkapitalziffer an, die aus dem Handelsregister zu entnehmen ist. Bei Kapitalerhöhungen greift § 30 Abs. 1 damit erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung in bezug auf das erhöhte Kapital ein (§54 Abs. 3). Dieses Stammkapital ist nach § 42 Abs. 4 unter die Passiva der Bilanz aufzunehmen; damit wird eine leichtere Kontrolle des § 30 Abs. 1 gewährleistet. Die Stammkapitalziffer ist auch dann maßgebend, wenn das Stammkapital noch nicht voll eingezahlt sein sollte {Scholz 2). Einer Auszahlung steht also § 30 Abs. 1 solange nicht entgegen, als das Reinvermögen nach der Auszahlung den Betrag des Stammkapitals mindestens noch deckt. Im einzelnen ist auf folgendes hinzuweisen: a) Unterbilanz Die Deckung des Stammkapitals ist auf der Grundlage einer dem § 42 und den 14 Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung entsprechenden Bilanz zu ermitteln. Es gelten die gleichen Grundsätze wie für die jährliche Bilanz ('Baumbach-Hueck 2 A; Scholz 2; Buchwald GmbH-Rdsch. 1957 33, 34). Die Regeln, die für die Aufstellung eines Vermögensstatus zur Feststellung der Überschuldung gelten, können hier keine Anwendung finden (vgl. Anmerkungen zu § 63). Die Aktiva dürfen damit nicht mit ihren Verkehrswerten unter Auflösung aller stillen Reserven angesetzt werden (Beierstedt S. 90; Scholz 2 und § 63, 6), sondern nur mit ihren fortgeführten Buchwerten. Stille Reserven können nur insoweit in Betracht gezogen werden, als sie auch in einer normalen Jahresbilanz aufgelöst werden dürfen, z. B. durch zulässige Zuschreibungen im Rahmen des Anschaffungswertprinzips {Adler-Düring-Schmalt^ Rechnungslegung und Prüfung § 149, 72 bis 75). Im einzelnen vgl. Rdn. 17. Deckt das Reinvermögen, bewertet zu fortgeführten Bilanzwerten, nicht mehr das Stammkapital, so spricht man von einer Unterbilanz. Sie ist zu unterscheiden von der Uberschuldung, die dann vorliegt, wenn die Aktiva, bewertet zu Verkehrswerten, unter Auflösung aller stillen Reserven nicht mehr die Verbindlichkeiten decken (vgl. Anmerkungen zu § 63). § 30 Abs. 1 verbietet eine Auszahlung bei Vorliegen einer Unterbilanz oder dann, wenn durch die Auszahlung eine Unterbilanz entsteht. Sind die Stammeinlagen erst teilweise einbezahlt, steht dies einer Auszahlung nicht im Wege. Da die Einlageforderung an die Gesellschafter als Forderung der Gesellschaft unter den Aktiva ausgewiesen wird, führt die Nichteinzahlung für sich allein nicht zu einer Unterbilanz, jedenfalls solange die Einlageforderungen vollwertig sind. Es liegt auch dann noch kein Verstoß gegen § 30 vor, wenn z. B. Rücklagen durch die Auszahlung aufgezehrt werden. Erst wenn das Stammkapital berührt wird, tritt die Sperrwirkung des § 30 ein. Verbindlichkeiten der Gesellschaft hinsichtlich derer bestimmte Gläubiger erklärt haben, hinter die anderen Gläubiger der Gesellschaft zurückzutreten (sogenannte Rangrücktrittserklärungen; vgl. Anmerkungen zu § 64), sind nach wie vor zu passivieren; sei sind deshalb bei Feststellung einer Unterbilanz miteinzurechnen. Weist die Gesellschaft einen Verlust aus, so hindert § 30 Abs. 1 Zahlungen an die Gesellschafter nicht, solange der Verlust, auch nach den Auszahlungen, durch (327)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Rücklagen gedeckt ist. Die Auszahlung ist solange erlaubt, als das bilanzielle Reinvermögen (Aktiva abzüglich echter Schulden und Rückstellungen) die Ziffer des Stammkapitals übersteigt. 15 Fraglich kann sein, wie im Rahmen des § 30 Abs. 1 sogenannte Sonderposten mit Rücklageanteil zu beurteilen sind. Nach der Definition des AktG in § 152 Abs. 5 sind darunter Posten zu verstehen, die aufgrund steuerlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind. Hier ist insbesondere zu erwähnen die Rücklage gemäß § 6b EStG, die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach Abschn. 35 EStR und die Preissteigerungsrücklage nach § 74 EStDV (eine Zusammenstellung der Sonderposten mit Rücklageanteile bei Adler-Düring-Schmalts^ § 152, 73). Das AktG (§152 Abs. 5) verlangt einen gesonderten Ausweis dieser Posten nach den offenen Rücklagen. Entsprechendes sieht § 130 Abs. 6 RegE GmbHG vor. In diesem Ausweis kommt der Mischcharakter dieser Posten zum Ausdruck; sie enthalten Rücklage- und Rückstellungsanteile (Adler-Düring-Schmalts^ § 152, 67). Rückstellungsanteile insoweit, als es sich um bisher unversteuerte Rücklagen handelt, die bei ihrer steuerlichen Auflösung der Ertragsteuerbelastung unterliegen. Eine echte Rücklage liegt also nur hinsichtlich des Restbetrags nach Abzug der latenten Ertragsteuerbelastung vor. Insoweit allerdings ist vom Eigenkapitalcharakter, der im Rahmen des § 30 Abs. 1 nicht zum Abzug als Passivum führt, auszugehen. Bei Herausrechnung des Steueranteils sind insbesondere Körperschaftsteuer und Gewerbeertragsteuer zu berücksichtigen. Bei der Körperschaftsteuer ist vom Tarif für nicht ausgeschüttete Gewinne auszugehen. Auszahlungen verstoßen noch nicht gegen § 30 Abs. 1, wenn sie erst das zur Deckung des Eigenkapitalanteils dieser Rücklagen erforderliche Vermögen aufzehren. Allerdings kann eine solche Auszahlung gegen den Zweck einer solchen Rücklage verstoßen. Dies zieht jedoch nicht die strengen Folgen des § 31 nach sich. Es gilt insoweit nichts anderes, als wenn andere zweckgebundene Rücklagen (z. B. Werkerneuerungsrücklage, Rücklage zur Substanzerhaltung u. ä.) zweckwidrig verwendet werden. 16 Problematisch ist ferner, ob eigene Geschäftsanteile im Rahmen des § 30 Abs. 1 als Aktiva angesetzt werden dürfen. Da die Deckung des Stammkapitals auf der Grundlage einer nach den Grundsätzen der Jahresbilanz zu erstellenden Bilanz ermittelt wird, sind die dort geltenden Regeln anzuwenden. Eigene Aktien sind in die Jahresbilanz als Aktivum aufzunehmen (Baumbach-Hueck § 33, 3 B; Schob.j § 33, 19). Besondere Sorgfalt ist jedoch auf ihre Bewertung zu verwenden. Sollen eigene Anteile alsbald eingezogen werden oder sind sie unveräußerlich, so kann ihnen im Rahmen des § 30 Abs. 1 kein Wert als Aktivposten beigelegt werden (vgl. auch BFH BStBl. 1970 II 658). Es sei darauf hingewiesen, daß die Behandlung eigener Geschäftsanteile als Aktivposten im Rahmen des § 30 Abs. 1 nicht ganz unbedenklich ist. § 33 Abs. 2 geht davon aus, daß eigene Anteile aus Rücklagen erworben werden; dienen sie im Rahmen des § 30 Abs. 1 wiederum zur Abdeckung dieser Rücklagen auf der Aktivseite, so werden eben diese Rücklagen nochmals zur Auszahlung an die Gesellschafter frei. 17 Die Maßgeblichkeit der Grundsätze für die Jahresbilanz im Rahmen des § 30 Abs. 1 beinhaltet auch, daß die Gesellschaft an ihre bisherige Bilanzierungs- und Bewertungspraxis, soweit sie sich im Rahmen der gesetzlichen Schranken hält, gebunden ist. Die Gesellschafter müssen ihre eigene Bilanz gegen sich gelten lassen (Buchwald GmbH-Rdsch. 1957 34). Dies gilt insbesondere für die Ausübung von Bewertungswahlrechten. Änderungen von Bewertungs- und Abschreibungsmethoden gegenüber dem voraufgegangenen Jahresabschluß sind im Rahmen des § 30 Abs. 1 nur beachtlich, wenn sie auch im Hinblick auf die künftigen Jahres(328)
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abschlüsse erfolgen. Bewertungs- und Bilanzierungswahlrechte können im Rahmen des § 30 Abs. 1 jedenfalls nicht anders ausgeübt werden, wie in den Jahresbilanzen (so wäre es z. B. nicht angängig, in den Jahresbilanzen Pensionsrückstellungen zu bilden, diese für § 30 Abs. 1 jedoch unter Berufung auf BGHZ 34 324 wegzulassen); dies gilt insbesondere für Zuschreibungen, die nur im Rahmen des Anschaffungswertprinzips durchgeführt werden können (vgl. Rdn. 14). b) Überschuldung Es ergibt sich die Frage, ob § 30 Abs. 1 noch anwendbar ist, wenn ein das 18 Stammkapital abdeckendes Vermögen nicht mehr vorhanden ist. Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft echt überschuldet i. S. von § 63 Abs. 1 ist (die echten Passiva übersteigen die Aktiva, bewertet zu Verkehrswerten), aber auch bereits wenn eine nur bilanzielle Überschuldung (die buchmäßigen echten Passiva übersteigen die buchmäßigen Aktiva) vorliegt. Im Falle der echten Überschuldung ist ein Reinvermögen nicht mehr gegeben, im Falle der bilanziellen Überschuldung zumindest aus der Bilanz nicht mehr ersichtlich. Der BGH (BGHZ 60 324, 331 = WM 1973 507, 509) nimmt in der Tat an, daß in einem Falle, „in dem die Zahlungen überhaupt nur noch aus Fremdmitteln, also unmittelbar auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger geleistet worden sein können", die Schutzvorschriften der §§30, 31 nicht mehr unmittelbar eingreifen. Durch das Verbot des § 30 werde nur die Erhaltung des noch vorhandenen Stammkapitals garantiert. Der BGH geht also zunächst nicht so weit, § 30 Abs. 1 dahin auszulegen, daß er jede Auszahlung an Gesellschafter erfaßt, sobald kein über die Stammkapitalziffer hinausgehendes Reinvermögen mehr vorhanden ist. Der BGH begründet dies insbesondere aus der Mithaftung der übrigen Gesellschafter gemäß § 31 Abs. 3, die sich in kalkulierbaren Grenzen halten müsse (vgl. § 31, 20). Der BGH hält aber eine entsprechende Anwendung der §§30, 31 Abs. 1, 2 und 4 (nicht aber des § 31 Abs. 3!) für geboten, soweit die Auszahlung nicht nur das Stammkapital aufzehrt, sondern darüber hinaus die Gesellschaft überschuldet oder eine schon bestehende Überschuldung vertieft. Der BGH läßt allerdings offen, ob damit schon die bilanzielle oder erst die echte Überschuldung i. S. von § 63 Abs. 1 gemeint ist. Die Analogie der genannten Bestimmungen rechtfertigt der BGH damit, daß es unausgewogen wäre, den Gesellschafter voll haften zu lassen, soweit noch vorhandenes Stammkapital angegriffen worden ist, darüber hinaus aber nur in den engeren Grenzen z. B. der §§ 826 BGB, 30ff.KO. Der Auffassung des BGH ist zu folgen. Die Analogie führt zu sachgerechten 19 Ergebnissen (für eine unmittelbare Anwendung offenbar Schmidt DB 1973 2227, 2230 und Immenga ZGR 1975 487, 491; diese Auffassung würde dann aber auch die Anwendung des § 31 Abs. 3 unumgänglich machen): Im Falle der Überschuldung — und zwar ganz gleich, ob bilanziell oder echt — findet § 30 Abs. 1 entsprechende Anwendung, d. h. eine Auszahlung an die Gesellschafter darf nicht erfolgen. Dies ist insbesondere von Bedeutung für die Haftung der Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2. Die Haftung des § 31 trifft aber nur den Gesellschafter, an den die Auszahlung erfolgt ist, die Mithaftung der übrigen Gesellschafter nach § 31 Abs. 3 deckt nur den Bereich der bilanziellen Unterbilanz bis zur bilanziellen Überschuldung ab. Die Haftung der übrigen Gesellschafter ist damit höchstens auf die Aufbringung des Stammkapitals beschränkt und damit kalkulierbar (vgl. §31, 20); dies entspricht auch dem ähnlich gestalteten § 24. Zur Veranschaulichung diene folgendes Beispiel: Eine GmbH habe Vermögenswerte von DM 9 Mio. und einen Verlust von DM 1 Mio. (Aktiva = DM 10 Mio.), ein Stammkapital von DM 2 Mio. und Ver(329)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
bindlichkeiten von DM 8 Mio. (Passiva = DM 10 Mio.). Es besteht somit eine Unterbilanz von DM 1 Mio. (vgl. Rdn. 14). An einen Gesellschafter erfolge eine unter § 30 Abs. 1 fallende Auszahlung von DM 2 Mio. Dadurch entsteht eine Unterbilanz von nunmehr DM 3 Mio. (Vermögenswerte DM 7 Mio. + Verlust DM 3 Mio. = Aktiva DM 10 Mio.; Stammkapital DM 2 Mio. + Verbindlichkeiten DM 8 Mio. = Passiva DM 10 Mio.), die gleichzeitig eine bilanzielle Überschuldung von DM 1 Mio. bewirkt (echte Passiva DM 8 Mio. ./. echte Aktiva DM 7 Mio. = Überschuldung DM 1 Mio.). Die Mithaftung der übrigen Gesellschafter beschränkt sich auf DM 1 Mio., also auf den Betrag des vor der gegen § 30 Abs. 1 verstoßenden Auszahlung noch vorhandenen Stammkapitals. Ist vor der unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 erfolgenden Auszahlung das Stammkapital bereits voll verloren, d. h. bewirkt die Auszahlung eine bilanzielle Überschuldung oder erhöht eine schon bestehende bilanzielle Überschuldung, so kommt eine Haftung der übrigen Gesellschafter nach § 31 Abs. 3 nicht mehr in Betracht. c) Rückzahlung der Stammeinlage Nicht jede Rückzahlung der Stammeinlage ist eine Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens. Nicht jede Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens ist Rückgewähr der Stammeinlage. Im Gegensatz zum AktG (§57 Abs. 1) kennt das GmbHG kein ausdrückliches Verbot der Einlagerückgewähr. Aus § 19 Abs. 2 und § 58 Abs. 2 ergibt sich jedoch, daß Stammeinlagen nur im Falle der Herabsetzung des Stammkapitals erlassen oder zurückbezahlt werden dürfen (Schok^ 4). Sofern jedoch unter Verletzung dieser Vorschriften Stammeinlagen zurückbezahlt werden, liegt solange kein Fall des § 30 Abs. 1 vor, als der Gesellschaft auch nach Rückzahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen verbleibt. Für § 30 Abs. 1 genügt die Tatsache, daß an den Gesellschafter in dieser Eigenschaft Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen, einerlei aus welcher rechtlichen Ursache und in welchem rechtlichen Kleid, erfolgen, die eine Verminderung der Aktivseite der Bilanz unter den Betrag des Stammkapitals nach sich ziehen. 21 Die Rückzahlung von Stammeinlagen ist nur ein Fall der Verteilung von Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter. Neben dem Stammkapital stehen, falls dies durch Gesellschaftsvertrag oder Beschluß der Gesellschafter festgelegt wurde, die Rücklagen. Sofern Nachschüsse zulässig sind und eingefordert werden, entspricht diesen das Nachschußkonto. Gewinne werden als solche oder als Gewinnvortrag ausgewiesen. Gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Verteilungen von Vermögen der Gesellschaft sind nur aus einem dieser Posten möglich. Es wird entweder der Jahresgewinn und der Gewinnvortrag ausgeschüttet oder es werden Rücklagen zugunsten des Gewinns aufgelöst (RGZ 96 227 betr. Auszahlung einer über das Stammkapital hinaus vorhandenen, aus einem Agio gebildeten Rücklage; vgl. RG in HRR 1935 Nr. 1403). Je nachdem, ob sie durch den Gesellschaftsvertrag oder einfachen Beschluß der Gesellschafter ins Leben gerufen waren, muß auf demselben Weg ihre Aufhebung herbeigeführt sein. Schließlich können Nachschüsse zurückgezahlt werden. Die Bedingungen hierzu bestimmt § 30 Abs. 2 (vgl. unten Rdn. 64ff.). Oder endlich es wird eine Stammeinlage zurückgegeben. Dazu sind die Vorschriften des § 58 über die Herabsetzung des Stammkapitals oder, falls die Zahlung aus Überschüssen erfolgt, die des § 34 über die Amortisation zu beachten (Scholz 4). Jede Verteilung von Gesellschaftsvermögen ohne Vorliegen der für die einzelnen Posten ausgeführten Bedingungen entbehrt des Rechtsgrunds. Ein Verstoß
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gegen § 30 Abs. 1 liegt aber darin noch nicht. Er ist stets erst dann gegeben, wenn durch die Zahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft angegriffen wird {Feine 248; Vogel4; Baumbach-Hueck 2 B; Schol^ 4) Das kann mit der ohne Rechtsgrund erfolgenden Austeilung zusammenfallen, muß es aber nicht. Die strengen Folgen des § 31 treten aber nur dann ein, wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen ausbezahlt wird (RG Recht 1908 860; RGZ 91 408; RGZ 96 227; RGZ 168 292). Das ist nicht der Fall, wenn zwar kein bilanzmäßiger Gewinn vorlag, wohl aber Nachschüsse oder Rücklagen. Das Stammkapital bleibt intakt (so in RGZ 96 227 betr. Rücklagen). Ebenso deckt bei Rückzahlung von Nachschüssen oder Auflösung von Rücklagen das Vorhandensein von Rücklagen im ersteren und von Nachschüssen im letzteren Fall das Stammkapital, wobei es stets auf den in Rdn. 14 bis 17 beschriebenen Vergleich der Bilanzposten ankommt. Endlich kann auch eine Rückzahlung von Stammeinlagen, die ohne Wahrung der Vorschriften der § § 58 und 34 erfolgt, von den Folgen des § 31 bewahrt bleiben, sobald Gewinn, Rücklagen oder Nachschüsse vorhanden sind. Es tritt nur das einfache Rückforderungsrecht ein, ohne die schweren Folgen des § 31 {Feine 248; Baumbach-Hueck 2 B). Es greifen dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, §§ 812ff. BGB ein (hierzu sehr lehrreich RGZ 168 292; Vogel4; Schol^ 4). Andererseits liegt eine Verletzung des § 30 vor, wenn trotz Wahrung der für die Auflösung des speziellen Bilanzpostens gegebenen Bestimmungen in Wahrheit die Auszahlung auf Kosten des zur Wahrung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens erfolgt (Feine 248). So ist, auch wenn z. B. ein ordnungsgemäßer Beschluß vorliegt, das Stammkapital um 30% herabzusetzen und diesen Betrag den Gesellschaftern zurückzugeben, eine Auszahlung unstatthaft und von den Folgen des § 31 begleitet, insoweit von dem Stammkapital bereits ein Betrag verloren war. Wenn auch die Rückzahlung der Nachschüsse beschlossen ist, so darf sie doch nicht erfolgen, solange das Stammkapital nicht intakt ist {Feine 248; Baumbach-Hueck 3 A). Denn ihre Auszahlung könnte nur auf Kosten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens geschehen. Das ist der Grund des Abs. 2 Satz 1. Er ist eine Konsequenz aus Abs. 1. Eine Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals nötigen Vermögens ist 22 aber auch möglich, ohne daß dies in die Form der Ausschüttung von Stammkapital, Rücklagen, Gewinn oder Nachschußkonten gekleidet ist (vgl. den Fall in RGZ 96 227). Dies ist z. B. gegeben, wenn Vorschüsse auf den Gewinn gewährt werden, ohne daß ein Reingewinn, Rücklagen oder Nachschußkonten vorhanden sind (BauersZ 18 41; § 29, 79). Dem gleich steht der Fall, daß im Gesellschaftsvertrag einzelnen Geschäftsanteilen Vorrechte bestellt sind, der Gesellschaft aber das Recht oder auch die Pflicht obliegt, diese durch Zahlung eines bestimmten Kapitals abzulösen. Sobald hierdurch die zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Aktivsumme gemindert wird, ist die Auszahlung der Abfindungssumme verboten. d) Ausschüttung beschlossener Dividende § 30 Abs. 1 gilt auch für schon entstandene Gewinnansprüche der Gesellschafter 23 gegen die Gesellschaft. Die Auszahlung einer festgesetzten Dividende ist unzulässig, sofern sie — z. B. durch im laufenden Geschäftsjahr eingetretene Verluste — das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angreift (Schol% 4). Die Regelung ist insoweit weitergehend als im AktG (§58 Abs. 4). Dort darf eine einmal festgesetzte Dividende auch ausgeschüttet werden, wenn die Auszahlung nur zu Lasten des Grundkapitals erfolgen kann (Bar% in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 58, (331)
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32). Hier zeigt sich wiederum die unterschiedliche Form der Kapitalerhaltung bei AG und GmbH (vgl. Rdn. 4). Zum Schutz des gutgläubigen Empfängers vgl. § 32, 7 ff. Stellen sich nach dem Gewinnverteilungsbeschluß Verluste des laufenden Geschäftsjahres heraus, so ist die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet, unter Hinweis darauf, daß sie das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angreifen müßte und daß dessen Auszahlung verboten sei, die Auszahlung der Dividende oder deren Weiterzahlung zu verweigern. Das Gesetz zieht die Interessen der Gläubiger denen der Gesellschafter stets dann vor, wenn es sich um die Wahrung des Stammkapitals handelt. Dasselbe gilt von der beschlossenen Auszahlung der Nachschüsse. Verluste nach dem Beschluß hindern diese, sobald und soweit hierdurch eine Unterbilanz entstünde (vgl. Rdn. 67). Zur Auszahlung von Gewinnvorschüssen vgl. § 29, 75 ff. und Göt^ Hueck ZGR 1975 133 ff. 24
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e) Zeitpunkt für die Beurteilung der Kapitalerhaltung Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen berührt wird, ist der Zeitpunkt der Auszahlung (Erfüllung), nicht aber der Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts (RGZ 133 393; 136 260; 142 286; RG JW 1938 1176; BGH GmbH-Rdsch. 1953 58; BGHZ 9 169; Schob.£ 7; ferner oben Rdn. 9). Denn nicht auf die Ursache der Zahlung, sondern auf deren Erfolg kommt es an (Schilling JZ 1954 634). Die letzte Bilanz der Gesellschaft ist nicht maßgeblich (RGZ 91 408; Schob.i 7). Die Geschäftsführer haben vielmehr bei jeder Auszahlung an Gesellschafter zu prüfen, ob das verbleibende Reinvermögen — ggf. unter Berücksichtigung einer Gegenleistung des Gesellschafters (vgl. Rdn. 36 f.) — das Stammkapital noch deckt. Diese Prüfung wird dadurch erleichtert, daß § 30 Abs. 1 auf die fortgeführten Bilanzwerte (vgl. Rdn. 14) und nicht auf eine Bewertung des Vermögens, wie bei § 64 Abs. 1 im Falle der Uberschuldung, abstellt. Zur Haftung der Geschäftsführer vgl. § 31, 34ff. und Anmerkungen zu § 43. f) Beweislast Die Beweislast, daß die Auszahlung auf Kosten des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens erfolgt, trifft die Gesellschaft. Es handelt sich hier um eine Klage- oder Einredebegründung (BGH in GmbH-Rdsch. 1953 58; OLG Hamburg in HRR 1932 Nr. 1762). Die Schwierigkeit ist in der Praxis deshalb nicht so erheblich, weil die Rückforderung in den meisten Fällen dann erfolgt, wenn sie zur Befriedigung der Gläubiger nötig ist, mithin fast immer der Fall des Konkurses oder der fruchtlosen Zwangsvollstreckung vorliegen wird. 2. Stammkapital
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Wie bereits ausgeführt (Rdn. 13) kommt es für die Höhe des Stammkapitals auf die rechtswirksam festgelegte, in das Handelsregister eingetragene Stammkapitalziffer an. Bei Kapitalerhöhungen greift § 30 Abs. 1 erst nach Eintragung der Kapitalerhöhung in bezug auf das erhöhte Kapital ein (§ 54 Abs. 3). Fraglich kann sein, wie auf eine beschlossene Kapitalerhöhung bereits eingezahlte Mittel vor Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister zu behandeln sind. Diese Einzahlungen sind wegen § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 vor Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister erforderlich; bei Geldeinlagen muß mindestens ein (332)
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Viertel, bei Sacheinlagen die gesamte übernommene Stammeinlage geleistet sein (vgl. § 7, 25ff.und 44). Bilanziell werden diese Mittel in der Regel als „zur Durchführung der beschlossenen Kapitalerhöhung geleistete Einlagen" ausgewiesen, und zwar als Bilanzposten entweder unmittelbar nach dem Stammkapital oder nach Stammkapital und Rücklagen {Adler-Däring-Schmalt^ §152, 37 und Anmerkungen zu § 42). Für die Zwecke des § 30 Abs. 1 können diese Beträge nicht als freie Mittel der Gesellschaft (etwa mit Rücklagencharakter) behandelt werden. Im Rahmen des § 30 sind sie entweder bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung als echte Verbindlichkeiten zu betrachten oder bereits der Stammkapitalziffer zuzuschlagen. Beide Betrachtungsweisen haben das gleiche Ergebnis, als sie die bereitgestellten Beträge nicht als freie Mittel der Gesellschaft ausweisen. Richtigerweise dürfte aber bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung — jedenfalls für die Beurteilung im Rahmen des § 30 Abs. 1 — der Verbindlichkeitscharakter überwiegen. 3. Verdecktes Stammkapital Fraglich ist, inwieweit im Rahmen der §§ 30 ff. neben dem im Gesellschafts- 27 vertrag festgesetzten und im Handelsregister eingetragenen Stammkapital ein verdecktes Stammkapital oder „verdeckte Stammeinlagen" zu berücksichtigen sind. Diese Frage ergibt sich insbesondere bei der unterkapitalisierten GmbH, deren Finanzierung durch Gesellschaftermittel, jedoch nicht in Form von Stammeinlagen, sondern insbesondere in Form von Gesellschafterdarlehen bewerkstelligt wird. Vgl. hierzu insbesondere die Anmerkungen zur Durchgriffshaftung (Anhang I zu § 13 Rdn. 37ff.)und die Anmerkungen zum Gesellschafterdarlehen (Anhang zu § 30). Der Begriff der Unterkapitalisierung ist rechtlich nicht eindeutig festgelegt, so daß sich verschiedene Definitionen finden: Der BGH (BGHZ 31 258, 268) stellt auf das Mißverhältnis zwischen Gesellschaftszweck und Stammkapital, das RG (RGZ 166 51, 757) auf das Mißverhältnis zwischen Kapitalgrundlage und Aufgabe der GmbH ab. In der Literatur finden sich Umschreibungen wie Mißverhältnis zwischen Eigenkapital und Geschäftsumfang, Eigenkapital und Fremdkapital oder zwischen Eigenkapital und Risiko (vgl. Winter Die Haftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH 1973 S. 25 ff. mit weiteren Nachweisen). Allen Definitionen ist gemeinsam, daß sie die Fälle treffen wollen, in denen die Gesellschaft eine für ihren Geschäftsumfang unzureichende Eigenkapitalausstattung besitzt. An dieser Stelle können nur die im Zusammenhang mit § 30 stehenden Fragen der Unterkapitalisierung behandelt werden. Im übrigen vgl. Anmerkungen Anhang I zu § 13 und Anhang zu § 30 mit ausführlichen Literaturhinweisen. Für § 30 Abs. 1 stellt sich zunächst die Frage, ob statt des gesellschaftsvertrag- 28 lieh festgelegten Stammkapitals ein dem Geschäftsumfang, dem Gesellschaftszweck, dem Risiko oder ähnlichen Bestimmungsfaktoren angemessenes Stammkapital zugrundegelegt werden kann. Die Rechtsprechung hat diese Frage bisher nicht entschieden (vgl. BGH vom 4. 7. 61 GmbH-Rdsch. 1961 161, 162). Sie ist hier de lege lata bereits verneint worden (Rdn. 3). Eine Bejahung käme letztlich darauf hinaus, den Gesellschaftern die Kapitalausstattung im Rahmen des § 5 Abs. 1 nicht mehr freizustellen, sondern eine angemessene Kapitalausstattung zu verlangen. Dies ist jedoch nicht der Fall und wird auch für die Reform vom RegE nicht vorgesehen. Die Feststellung einer angemessenen betriebsnotwendigen Kapitalausstattung wäre im Rahmen des § 30 Abs. 1 schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht praktikabel und würde die Geschäftsführung der Gesellschaft, die in erster Linie zur (333)
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Prüfung berufen ist, vor beinahe unlösbare Aufgaben stellen (zu den Schwierigkeiten der Ermittlung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals vgl. Büschgen GmbH-Rdsch. 1974 25 ff. und 49 ff. sowie das sehr instruktive Urteil des BFH vom 3. 12. 1969, BFH Bd. 98 59, 70ff.). Das schließt jedoch nicht aus, daß die Gesellschafter, die die Gesellschaft mit unzureichenden Eigenmitteln betreiben, aus anderen Rechtsgründen als § § 3 0 Abs. 1, 31 Abs. 1 zur Haftung herangezogen werden können, wie z. B. aus dem Rechtsinstitut der Durchgriffshaftung (vgl. Anhang I zu § 13), aus § 826 BGB (so die Lösung des RG: RG JW 1938 862; JW 1939 355 und RGZ 166 51; vgl. dazu auch Unger Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen 1959 33, 39; Hoff mann N J W 1966 1941 ff.), aus Organisationsfehler (vgl. Erlinghagen GmbHRdsch. 1962 170; Reinhardt Festschrift für H. Lehmann 1956 Bd. II 591; Kuhn Festschrift für Bruno Heusinger 1968 208 ff.) oder aus Erklärungshaftung (Ermann Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen 1959 129ff.). Zu diesen Fragen vgl. im einzelnen Anhang zu § 30, 36 ff. 29 Anders ist jedoch die Frage zu beurteilen, wenn einer unterkapitalisierten Gesellschaft von dem oder den Gesellschaftern tatsächlich Mittel zugeführt worden sind, jedoch nicht in Form einer nach Sachlage gebotenen Eigenkapitalzuführung, sondern als Fremdkapital insbesondere als Gesellschafterdarlehen (nominelle Unterkapitalisierung; vgl. Anhang zu § 30, 22), das dann etwa im Vergleich oder Konkurs mit anderen Gesellschaftsgläubigern konkurriert (vgl. Gessler GmbHRdsch. 1966 108). Diese Fälle sind in der Regel so gelagert, daß das Stammkapital von vornherein für die Zwecke der Gesellschaft oder deren tatsächlichen Geschäftsumfang unzureichend ist ( so die von der Rechtsprechung behandelten Fälle: BGHZ 31 258ff.; BGH vom 15.11.1962, WM 1963 121f.; BGH vom 29.11.1971 BB 1972 l l l f f . ; vgl. auch Hans. OLG Hamburg vom 15. 2. 1973 Die AG 1973 169 ff.), oder daß das Stammkapital zwar ursprünglich ausreichend war, aber durch Verluste aufgezehrt ist und die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs neue Eigenmittel erfordert. Grundsätzlich sind zwei Fälle zu unterscheiden: (1) Die Gesellschafter stellen Mittel als Fremdkapital zur Verfügung, erklären aber gleichzeitig, daß sie mit ihren Forderungen im Range hinter alle anderen Gläubiger der Gesellschaft zurücktreten (Rangrücktritt). (2) Trotz gebotener Eigenkapitalzuführung werden nur Fremdmittel, und zwar ohne jede Einschränkung, also ohne Rangrücktritt, gewährt (kapitalersetzende Darlehen).
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a) Rangrücktritt Stellen Gesellschafter ihrer Gesellschaft Mittel als Fremdkapital (Darlehen) zur Verfügung mit der Maßgabe, mit ihren Forderungen generell oder bis zum Eintritt einer Bedingung im Range hinter alle übrigen Gesellschaftsgläubiger zurückzutreten, so bleiben diese Mittel zwar formal Fremdkapital, funktionell kommt ihnen jedoch Eigenkapitalcharakter zu (BFH Bd. 98 59, 65 ff). Eine solche Gestaltung wird nicht selten gewählt, um eine an sich konkursreife Gesellschaft am Leben zu erhalten. Durch Darlehen solcher Art kann die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft wenigstens zeitweise gesichert werden; im Überschuldungsstatus sind sie nicht als Verbindlichkeiten anzusetzen (vgl. Anmerkungen zu § 64). Zumeist steht der Rangrücktritt unter der Bedingung, daß er nur gelten soll, soweit und solange dies zur Vermeidung einer Überschuldung gemäß § 64 Abs. 1 erforderlich ist. Solange die Zweckbestimmung des Rangrücktritts, nämlich die Abwendung der Konkursanmeldungspflicht nicht eingetreten ist, fallen Darlehensrückzahlungen unter § 30 (334)
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Abs. 1. Eine Darlehensrückzahlung ist von der Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt nicht geschuldet und erfolgt deshalb auf gesellschaftsrechtlicher, nicht auf schuldrechtlicher Ebene (vgl. BGH Urteil vom 15.11.1962, WM 1963 121,122). Wenn in diesen Fällen vor der Darlehenshingabe, wie in aller Regel, eine Uberschuldung der Gesellschaft vorlag oder ohne Darlehenshingabe mit Rangrücktritt eingetreten wäre, kommen die für § 30 Abs. 1 geltenden Grundsätze bei Uberschuldung zur Anwendung (Rdn. 18—19), d. h. bei einer Rückzahlung haftet der empfangende Gesellschafter in analoger Anwendung der §§30 Abs. 1, 31 Abs. 1; § 31 Abs. 3 kommt jedoch nicht zur Anwendung. Ist die Bedingung des Rangrücktritts weggefallen, d. h. die Überschuldung beseitigt, so widerspricht eine Rückzahlung zumindest nicht mehr den eigenen Erklärungen des Gesellschafters; ob eine Rückzahlung dann unter § 30 Abs. 1 fällt, wenn zwar die Überschuldung beseitigt, nach wie vor aber das Stammkapital angegriffen ist, richtet sich nach den nachfolgend erarbeiteten Kriterien. b) Kapitalersetzende Darlehen Gewähren die Gesellschafter ihrer unterkapitalisierten Gesellschaft ohne die 31 oben zu a) erwähnten Einschränkungen Fremdmittel, so kommt nach der Rechtsprechung des BGH unter bestimmten Voraussetzungen bei Rückzahlung dieser Mittel ebenfalls die Anwendung der § § 30, 31 Abs. 1 in Betracht. (Auf die umfangreiche Rechtsprechung und Literatur zu dem früheren § 3 KVStG, insbesondere BFH-Urteil vom 3. 12. 1969 BFH 98 59ff. sei hingewiesen vgl. auch BFH BB 1976 303). aa) Lösungsweg des BGH Der BGH hat insbesondere in der Entscheidung BGHZ 31 258 ff. ausführlich 32 dargelegt, daß der Gesellschafter einer unterkapitalisierten GmbH, der der Gesellschaft zur Abwendung der Konkursantragspflicht Gelder darlehensweise zur Verfügung gestellt hat, diese Gelder, solange dieser Zweck noch nicht nachhaltig erreicht ist, wie haftendes Kapital behandeln lassen und der Gesellschaft etwaige „Darlehensrückzahlungen", die danach dem § 30 zuwider geleistet sind, nach § 31 Abs. 1 erstatten muß. In den Entscheidungen vom 29.11. 1971 (BB 1972 111 ff.) und vom 27. 9.1976 (WM 1976 1223) hat der BGH diese Auffassung mit ausführlicher Begründung bestätigt. In der Entscheidung vom 29. 11. 1971 hebt der BGH hervor, daß es hier nicht um ein Durchgriffs-Problem geht, „sondern vielmehr darum, daß ein Gesellschafter, der die sonst nicht lebensfähige Gesellschaft anstatt durch eine notwendige Kapitalzufuhr durch Darlehen zu stützen sucht, sich ebenso wie im Falle einer unzulässigen Schmälerung des Stammkapitals behandeln lassen muß, wenn er im Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten den Darlehensbetrag vorzeitig aus dem Unternehmen zieht". Der Zweck der Darlehenshingabe ist in diesen Fällen erst dann erreicht, wenn die Gesellschaft auch unabhängig von der Darlehensvaluta zahlungsfähig ist und ein Vermögensüberschuß in Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals vorhanden ist (BGH WM 1976 1223). Nach der Auffassung des BGH hat das unternehmerische Ermessen hinsichtlich der Eigenkapital- oder Fremdkapitalfinanzierung dort seine Grenze, wo die Gesellschafter ein notleidendes Unternehmen auf eine Weise künstlich am Leben zu halten versuchen, „die allenfalls unter der Voraussetzung zu verantworten ist, daß die als Ersatz für fehlendes Eigenkapital gegebenen Mittel mit Sicherheit solange im Unternehmen bleiben, bis der Zweck (335)
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ihrer Hergabe erreicht ist und die Gesellschaft mit ihrem satzungsmäßigen Stammkapital auf eigenen Füßen stehen kann". Als wichtiges Indiz betrachtet es der BGH, ob ein Dritter nach Vermögensstand und Geschäftslage der Gesellschaft bereit gewesen wäre, ihr zu annehmbaren Bedingungen Kredit zu geben. Der BGH will die Bindung der Gesellschaftermittel offenbar auf alle Fälle der Konkursabwendung, also auch auf die Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit erstrecken („Liquiditätskrise" BB 1972 112). Auch eine Zinszahlung auf solche Darlehen fällt unter § 30 Abs. 1 (BGH WM 19761225). Der BGH hat nicht dazu Stellung genommen, ob im Rahmen der Anwendung der §§ 30ff. auch § 31 Abs. 3 zum Zuge kommt. Zur Rechsprechung des RG und des BGH und zu den Stellungnahmen in der Literatur vgl. ausführlich Anhang zu § 30, 75, 77.
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bb) Stellungnahme Der Auffassung des BGH kann im Grundsatz gefolgt werden. Die Lösung über § 30 Abs. 1 und nicht über die Durchgriffshaftung führt zu sinnvollen Ergebnissen, da Ansprüche der Gesellschaft und nicht unmittelbare Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger begründet werden. Man darf jedoch die BGH-Rechtsprechung nicht dahin verstehen, daß im Rahmen des § 30 die kapitalersetzenden Darlehen zum Stammkapital addiert werden und sich so nunmehr ein „angemessenes Stammkapital" ergibt, das dem Schutz des § 30 Abs. 1 unterliegt. Die kapitalersetzenden Darlehen sind vielmehr, solange ihre Zweckbindung andauert, wie Gesellschafterzuschüsse zu behandeln, die nicht zurückbezahlt werden dürfen, bis das satzungsmäßige Stammkapital wiederhergestellt ist. Die Haftung nach §§30 Abs. 1, 31 Abs. 1 kommt deshalb nur im Bereich von einer ggf. bestehenden Überschuldung bis höchstens zum satzungsmäßigen Stammkapital in Betracht, nicht dagegen darüber hinaus bis zu einem angemessenen Stammkapital. Da es sich hier nicht um ein Problem der Durchgriffshaftung handelt, ist die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze nicht auf die Ein-Mann-Gesellschaft beschränkt (vgl. Hans. OLG Hamburg AG 1973 169, 170). Aus diesen Überlegungen ergibt sich auch der Haftungsumfang: Soweit die Rückzahlung eine Überschuldung bewirkt oder die bereits bestehende Überschuldung vertieft (wobei die Gesellschaftermittel insoweit für den Überschuldungsstatus als Eigenmittel zu behandeln sind) kommt entsprechend den Grundsätzen der Einlagerückgewähr bei Überschuldung nur eine Haftung des empfangenden Gesellschafters in analoger Anwendung der §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 in Betracht (Rdn. 18—19). Eine Haftung der übrigen Gesellschafter gemäß § 31 Abs. 3 kommt unter den in Rdn. 19 geschilderten Voraussetzungen zwar in Betracht. Sie dürfte jedoch kaum je praktisch werden, weil die Tilgung eines kapitalersetzenden Darlehens eine bestehende Unterbilanz unverändert läßt (gleichzeitige Minderung der Aktiva und der Passiva) und damit keine Auswirkungen auf das noch vorhandene nominelle Stammkapital hat. Beispiel: Eine GmbH habe Vermögenswerte von DM 9 Mio. und einen Verlust von DM 1 Mio. (Aktiva = DM 10 Mio.), ein Stammkapital von DM 2 Mio., kapitalersetzende Darlehen von DM 4 Mio. und sonstige Verbindlichkeiten von DM 4 Mio. (Passiva = DM 10 Mio.). Es besteht eine Unterbilanz (vgl. Rdn. 19) von DM 1 Mio. Werden die kapitalersetzenden Darlehen zurückbezahlt, so erscheint wiederum die gleiche Unterbilanz von DM 1 Mio. (Vermögenswerte DM 5 Mio. und Verlust DM 1 Mio. = Aktiva DM 6 Mio.; Stammkapital DM 2 Mio. + sonstige Verbindlichkeiten DM 4 Mio. = Passiva DM 6 Mio.). Würde man die kapitalersetzenden Darlehen zum Kapital rechnen (DM 6 Mio.), so würde zwar eine „wirt(336)
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schaftliche" Unterbilanz von DM 5 Mio. bestehen; dennoch wäre das Stammkapital, wie auch vor der Rückzahlung mit noch DM 1 Mio. gedeckt. Eine Haftung der übrigen Gesellschafter kommt damit nicht in Betracht. Ob § 30 Abs. 1 anwendbar ist, wenn die Darlehensgewährung allein dem Zweck dient, die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, Stammkapital und Verbindlichkeiten durch Aktivwerte also noch gedeckt sind, erscheint zweifelhaft. Der BGH (BGHZ 31 258, 272; Urteil vom 29.11.1971 BB 1972 111, 112) will offenbar auch hier mit § 30 arbeiten. Das ist jedoch nicht möglich. § 30 Abs. 1 stellt auf die Deckung des Stammkapitals durch Aktivvermögen ab. In den Fällen der Zahlungsunfähigkeit bei voller Deckung der Passivseite liegt kein Fall des § 30 Abs. 1 vor. Dies schließt nicht aus, daß die Darlehensrückzahlung aus anderen Gründen (insbesondere der KO oder VerglO) rückgängig gemacht werden kann. cc) Einzelfragen Die Frage, ob die Zuführung von Eigenkapital geboten war, läßt sich nur 34 im Einzelfall beantworten. Die Bereitschaft eines Dritten, Kredit zu annehmbaren Bedingungen zur Verfügung zu stellen (so BGH BB 1972 112), mag ein wichtiges Indiz sein, das aber die Ermittlungsschwierigkeiten nicht beseitigen kann. Letztlich kann es wohl nur darauf ankommen, ob nach der Unternehmens- und insbesondere Finanzierungsplanung ein verantwortungsbewußter und alle Risiken abwägender Kaufmann eine Fremdfinanzierung durchgeführt hätte; entscheidendes Gewicht ist der Kapitalbedarfsrechnung und der Finanzplanung beizumessen (vgl. Albach Z. f. ges. Staatswissenschaft 1962 653; Büschgen GmbH-Rdsch. 1974 49, 51 f.; BFH Bd. 98 59, 78 ff.). Der Fristigkeit des Darlehens kommt bei der Qualifizierung wohl keine entscheidende Bedeutung zu, jedoch werden in der Regel nur mittel- oder langfristige Darlehen kapitalersetzend sein. Bei unmittelbar bevorstehender Zahlungsunfähigkeit könnte jedoch auch ein kurzfristiges Darlehen kapitalersetzend sein (BFH Bd. 98 59, 79 f.). Für die Prüfung, ob ein Darlehen kapitalersetzend ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Darlehensgewährung an (BGH WM 1963 121; Gessler GmbH-Rdsch. 1966 108). War z. B. die Gesellschaft vor Darlehenshingabe konkursreif, so ist der kapitalersetzende Charakter zu bejahen. Ist das Darlehen kapitalersetzend, so sind die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 jedoch im Zeitpunkt der Rückzahlung zu prüfen (Rdn. 24). 4. Auszahlung An die Gesellschafter darf „nicht ausgezahlt werden". Unter Auszahlung in 35 diesem Sinne ist jede Zuwendung zu verstehen, ohne daß es auf deren rechtliches Gewand ankäme. Ähnlich wie bei § 57 AktG ist allein entscheidend, daß dem Gesellschafter im Hinblick auf seine mitgliedschaftliche Position Vermögenswerte der Gesellschaft zufließen oder belassen werden (vgl. Lutter Kölner Kommentar zum AktG § 57, 5). Unter § 30 fallen deshalb Leistungen aller Art, soweit sie auf Kosten des Stammkapitals gehen (BGHZ 31 258, 276) ganz gleich, ob sie offen oder verdeckt vorgenommen werden, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen handelt (RGZ 136 260; RG in HRR 1941 Nr. 132; Baumbach-Hueck 2 C; Feine S. 249; Scho/% 5; Vogel 7). Auch bei Sachleistungen besteht die subsidiäre Mithaftung der anderen Gesellschafter nach § 31 Abs. 3. (337)
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Der Auszahlung gleich steht ein Verzicht auf einen Anspruch an den Gesellschafter (Feine S. 249). Es ist einerlei, ob ihm bares Geld ausbezahlt oder ein geschuldetes Darlehen erlassen wird. Auch der Erlaß einer Nachschußschuld, sobald die Nachschüsse eingerufen sind, kann unter § 30 Abs. 1 fallen, ebenso die Übernahme einer der Gesellschaft an sich fremden Verbindlichkeit. Endlich ist auch jede indirekte Leistung durch die Verwendung von Gesellschaftskapital auf Wertobjekte des Gesellschafters hier einzubeziehen. Dagegen kann einem Gesellschafter, der sein Geschäft mit der Kundschaft als Sacheinlage in die GmbH einbrachte, eine Konkurrenz gegen diese nicht von dem Gesichtspunkt aus verboten werden, daß darin eine teilweise Zurücknahme seiner Einlage liege (RG LZ 11 787). Unter das Verbot des § 30 Abs. 1 können z. B. fallen: Belastungen eines Gesellschaftsgrundstücks mit einer Hypothek zur Sicherung einer Kaufpreisforderung eines Gesellschafters gegen einen anderen, auch wenn die Hypothek ausfällt (RGZ 136 260 = JW 1932 2106; ähnlich RG Recht 1932 576); Bestellung einer Hypothek an einem Gesellschaftsgrundstück zugunsten eines Gesellschafters, selbst wenn die Hypothek nichtig ist (RGZ 168 292); desgleichen bei einer Hypothek zugunsten eines Gläubigers, der Bürgschaft für eine an einen Gesellschafter gegebene Darlehensvaluta geleistet hat (HRR 1935 Nr. 1403); zu den dinglichen Belastungen vgl. auch unten Rdn. 53. Ferner können unter das Verbot des § 30 Abs. 1 fallen: die Zahlung der Gesellschaft als Bürge (RGZ 146 92); die Vereinbarung fester Zinsen auf die Stammeinlagen bzw. Gewinnvorauszahlungen (DR 1942 = HRR 1942 Nr. 259; vgl. § 29, 77 ff. und 82f.); die Zahlung übermäßiger Gehalts- oder Pensionsteile oder unberechtigte Entnahmen von Vorschüssen seitens Geschäftsführer-Gesellschaftern (RG in HRR 1941 Nr. 132); Zahlung der Gesellschaft an einen Dritten für Rechnung eines Gesellschafters, auch wenn der Dritte gegen die Gesellschaft einen Bürgschaftsanspruch hat (OLG Hamburg in HRR 1932 Nr. 1762). § 30 ist auch dann verletzt, wenn die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag übernommenen Verpflichtung gesellschaftlicher Art erfolgt (RGZ 113 241; Feine S. 132; Scholz 4). Durch Festsetzungen im Gesellschaftsvertrag kann nicht die Möglichkeit geschaffen werden, das Vermögen der Gesellschaft unter die Höhe des Stammkapitals herabzubringen (Feine S. 249). Solche Leistungen sind nur aus dem Gewinn, sei es auch aus dem als Rücklage aufgespeicherten oder, falls die Gesellschafter es wollen, aus Nachschüssen möglich. a) Abgrenzung zu Gegenleistungsgeschäften (Drittgeschäften) aa) Allgemeines 36 Im Grundsatz kommt § 30 Abs. 1 zur Anwendung, gleichgültig, ob die Leistung der Gesellschaft auf statutarischen Bestimmungen oder auf einem schuldrechtlichen Rechtsgeschäft beruht {Baumbach-Hueck 2 C; Scholz 6). Tritt der Gesellschafter der Gesellschaft jedoch im Rechtsverkehr wie ein Dritter gegenüber und tätigt mit ihr in diesem Rahmen Leistungsaustausch, ist die Auszahlung von Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter wie an jeden Nichtgesellschafter statthaft (München OLGR 28 361; BGHZ 13 54). Dies wird regelmäßig damit begründet, daß bei solchen rein schuldrechtlichen Vertragsverhältnissen der Gesellschafter der Gesellschaft als Dritter gegenüber trete und § 30 Abs. 1 deshalb nicht eingreife, da es sich dann nicht um die Auszahlung an einen Gesellschafter handle (Baumbach-Hueck 1; Feine S. 249; Scholz Vogel 8). Diese Argumentation trifft insofern zu, als § 30 Abs. 1 nur Auszahlungen an die Gesellschafter erfaßt, die in der Mitgliedschaft ihr Motiv oder ihre (338)
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Ursache haben. Liegt kein Bezug zum mitgliedschaftlichen Bereich vor, so kann § 30 Abs. 1 nicht zur Anwendung kommen. Ausschlaggebend kommt aber bei normalen Umsatzgeschäften mit Gesellschaftern hinzu, daß eine vollwertige Gegenleistung des Gesellschafters erbracht wird, die eine Minderung des Stammkapitals verhindert. Das RG hat in RGZ 150 28 zur Frage der Gegenleistung des Gesellschafters grundsätzlich Stellung genommen und ausgeführt, daß bei gegenseitigen Verträgen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter die der Gesellschaft zufließenden Werte im Hinblick auf § 30 nicht außer Betracht bleiben können. Nach RG sind nicht nur Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistungen der Gesellschafter, sondern auch solche Gegenleistungen der Gesellschafter als genügend anzusehen, die in tauschweise oder an Zahlungs Statt hingegebenen Leistungen bestehen, „die ihrem wirtschaftlichen Wert nach bei gewissenhafter, sorgfältiger, geschäftsüblicher Prüfung zum vereinbarungsgemäß angenommenen Wert anzunehmen sind"; nach dem RG kann eine solche Gegenleistung auch in dem Erwerb einer vollwertigen Forderung gegen den Gesellschafter selbst bestehen (vgl. auch Scholz-Fischer 4). Auch bei Umsatzgeschäften (Drittgeschäften) kann jedoch § 30 Abs. 1 ein- 37 greifen, sobald das Geschäft zu Lasten der Gesellschaft nicht mehr ausgeglichen ist, sobald also die Leistung der Gesellschaft im Verhältnis zur Gegenleistung des Gesellschafters unangemessen hoch oder aber die Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft überhaupt nicht „vergütungsbedürftig" (Scholz 6) ist. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob nicht eine Leistung an die Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter vorliegt und damit der mitgliedschaftliche Bereich berührt wird. Dabei sind Rechtsgeschäfte ggf. aufzuteilen, wobei nur der die normale Vergütung übersteigende Betrag der Vergütung als unter das Verbot des § 30 fallend anzusehen ist (RFH 16 355; zweifelnd offenbar Scholz 6). In dieser Abgrenzung zwischen den Leistungen an Gesellschafter als Gesellschafter und an Gesellschafter als Dritte (Umsatzgeschäfte) liegt eine der schwierigen Abgrenzungsfragen des § 30. Für die Abgrenzung in der Praxis ist entscheidend, ob die Leistung des Gesellschafters tatsächlich vergütungsbedürftig ist und bejahendenfalls, ob die entsprechende Leistung der Gesellschaft angemessen ist. Hier kommt es auf die Abwägung aller Umstände des Falles an; so braucht eine Vertragsbestimmung, wonach ein Gesellschafter der Gesellschaft verspricht, dieser die gesamte Produktion zum Herstellungspreis abzunehmen, durchaus nicht gegen § 30 zu verstoßen, da eine solche Abnahmegarantie für die Gesellschaft die Sicherheit eines Dauerabsatzes ihrer Produktion bieten kann. § 30 Abs. 1 erfordert damit nicht, daß die Gesellschaft bei Geschäften mit Gesellschaftern stets einen angemessenen oder marktüblichen Gewinn erzielt. Insbesondere bei Gemeinschaftsunternehmen (z. B. Ein- und Verkaufsgesellschaften, gemeinsame Verarbeitungsgesellschaften) ist es häufig anzutreffen, daß die Abrechnung auf der Basis der Kostendeckung des Gemeinschaftsunternehmens erfolgt: damit kann die Erhaltung des Stammkapitals gewährleistet sein. Sollten bei solchen Unternehmen aus Umsatzgeschäften jedoch Verluste auftreten, so kann § 30 Abs. 1 die Veränderung der Konditionen im Verhältnis zu den Gesellschaftern erfordern. In Verträgen von Gesellschaften, welche die Bearbeitung von Rohprodukten betreiben, wird mitunter den Gesellschaftern sogar das Recht auf unentgeltliche Bearbeitung eingeräumt. Ergibt sich eine Unterbilanz, so kann erheblich sein, daß ein Teil des Gesellschaftsvermögens zum Aufwand für Arbeitslöhne und Materialien, welcher die Bearbeitung der Rohprodukte der Gesellschafter erforderte, verwendet und damit an die Gesellschafter zurückgeflossen ist. Er ist zurückzuerstatten. Nur wenn die Gesellschaft aus der Bearbeitung für dritte Personen oder aus den ihr ver(339)
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bleibenden Abfallprodukten bei der Bearbeitung für ihre Gesellschafter Nutzen zieht, so daß ihr ein Reingewinn bleibt oder doch ein Verlust vermieden wird, ist eine solche unentgeltliche Bearbeitung für die letzteren durchführbar. Für die Gläubiger, in deren Interesse das Stammkapital zu erhalten ist, muß es einerlei sein, ob dessen Auszahlung an die Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar durch die Verwendung von Vermögen der Gesellschaft auf Werte der Gesellschafter erfolgt. bb) Verdeckte Gewinnausschüttung Es liegt auf der Hand, zur Abgrenzung zwischen Drittgeschäften und Leistung auf mitgliedschaftlicher Ebene das im Steuerrecht entwickelte Institut der verdeckten Gewinnausschüttung heranzuziehen (vgl. § 29, 97; Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer 17. Aufl. KStG § 6, 61 ff.; Lange Verdeckte Gewinnausschüttungen 1973 jeweils mit Nachweisen der sehr umfangreichen Rechtsprechung; ferner auch Balerstedt S. 170ff.). Der BFH definiert die verdeckte Gewinnausschüttung im Steuerrecht im Anschluß an den RFH (RStBl. 1934 1363) wie folgt (BFH BStBl. 1964 III 370): „Gewährt eine Kapitalgesellschaft zu Lasten des Gewinns ihren Gesellschaftern mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis Vorteile, die sie einer gesellschaftsfremden Person nicht gewähren würde, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Derartige Vorteile können durch Leistungen der Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft nur aufgewogen werden, wenn die Beteiligten eindeutige Abmachungen getroffen haben, die die gewährten Vorteile als Gegenleistung der Gesellschafter an die Gesellschaft erkennbar machen, und wenn ein zeitlicher Zusammenhang besteht, der Leistung und Gegenleistung miteinander verbindet". Diese Definition des BFH kann, was den objektiven Tatbestand anbetrifft, vollinhaltlich ins GmbH-Recht übernommen werden. Natürlich gilt die Einschränkung, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des Steuerrechts im Rahmen des § 30 nur relevant sein kann, wenn sie das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen tangiert (zum Problem der Gleichbehandlung bei der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. § 29, 97). Auch die Ausführungen des BFH über die Gegenleistung sind für die GmbH anwendbar. Eine solche ist nur beachtlich, wenn ein Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft besteht und auch aus den Abmachungen zu entnehmen ist, und ferner, wenn ein zeitlicher Zusammenhang zu der Leistung der Gesellschaft besteht; ganz allgemeine Vorteile wie sie sich z. B. aus der Konzernzugehörigkeit ergeben, werden als Gegenleistung nicht ausreichen. Die Fälle der objektiv als verdeckte Gewinnausschüttung in Frage kommenden Tatbestände können hier nicht systematisch dargestellt werden; es wird auf die einschlägige steuerrechtliche Literatur verwiesen (insbesondere Lange aaO S. 204ff; Döllerer BB 1973 5ff.; vgl. auch § 6 Abs. 1 KStG und § 9 KStDV). 39 Fraglich ist jedoch, ob für eine nach § 30 Abs. 1 verbotene verdeckte Gewinnausschüttung das Bewußtsein der für die Gesellschaft handelnden Geschäftsführung und ggf. des empfangenden Gesellschafters erforderlich ist, einen durch die Gegenleistung nicht gerechtfertigten Vorteil zu gewähren bzw. zu erhalten, ob also neben den objektiven Voraussetzungen noch subjektive Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen. Im Steuerrecht ist die Frage nicht eindeutig geklärt (Nachweise bei Lange aaO S. 63ff.).Der BFH verlangt jedoch mit Recht auf Seiten der Gesellschaft, „daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dieses Mißverhältnis erkannt und keinen rechtlichen oder betrieblichen Anlaß gesehen hätte, das Geschäft dennoch abzuschließen" (BFH BStBl. 1973 II 322). Damit müssen subjektive Voraussetzungen vorliegen, wenn auch abgestellt auf einen ordentlichen Geschäftsleiter
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bei ex ante Betrachtung (vgl. auch Döllerer BB 1967 1437,1443). Ebenso umstritten ist die Frage im Aktienrecht bei dem insoweit ähnlich gelagerten § 57 AktG. Bar^ (Großkomm. AktG 3. Aufl. § 57, 4) verlangt (im Anschluß an Düringer-HachenburgFlechtheim § 213, 4) die Berücksichtigung „der subjektiven Seite jedenfalls beim Vorstand der AG"; dagegen will Lutter (Kölner Kommentar zum AktG § 57, 11) im Anschluß an Mestmäcker (Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre 1958 233 ff.) nur auf den objektiven Inhalt des Rechtsgeschäfts und nicht auf den Willen der Parteien abstellen. Stellungnahme: Zu richtigen Ergebnissen führt die Auffassung des BFH (aaO). Danach kann es im Interesse der Erhaltung des Stammkapitals zwar nicht auf die konkreten Vorstellungen der Unternehmensleitung ankommen, die vielleicht einen zu leichtfertigen Maßstab in der Beurteilung anlegen könnte. Andererseits kann auch nicht jede bei objektiver Betrachtung als Vorteil zu qualifizierende Zuwendung unter § 30 fallen. Es kommt vielmehr auf die Vorstellungen eines die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 sorgfältig prüfenden ordentlichen Geschäftsführers an. Für die Beurteilung, ob ein Vorteil auf mitgliedschaftsrechtlicher Ebene ge- 40 währt worden ist, kommt es auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an, spätere Entwicklungen müssen unberücksichtigt bleiben (vgl. BFH BStBl. 1971 II 600; Döllerer BB 1967 1437; Lange aaO S. 51). Wegen des maßgeblichen Zeitpunkts für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 vgl. Rdn. 24. Zusammengefaßt ergibt sich, daß verdeckten Gewinnausschüttungen i. S. des 41 Steuerrechts auch für das GmbH-Recht entscheidende Aufmerksamkeit gewidmet werden muß, sofern eine Unterbilanz oder gar Überschuldung gegeben ist. Das soll zwar nicht bedeuten, daß alle Grundsätze der steuerlichen verdeckten Gewinnausschüttung unbesehen auf das GmbH-Recht übertragen werden können. So gilt z. B. nicht der steuerliche Grundsatz, daß rückwirkende Vereinbarungen nicht anerkannt werden können, das sogenannte Nachzahlungsverbot (vgl. Lange aaO S. 73 ff.). An der Parallelität zwischen den Problemen der Auszahlung an Gesellschafter auf mitgliedschaftlicher Ebene und dem steuerlichen Institut der verdeckten Gewinnausschüttung kann aber nicht vorbeigegangen werden (vgl. dazu auch BGHZ 65 15 = BB 1975 77 mit Anm. von Schilling-, NJW1976 191 mit Anm. von Ulmer und Breyng AG 1976 5ff.; H. P. Westermann GmbH-Rdsch. 1976 77ff. und Rehbinder ZGR 1976 386 ff.: Für die Frage der Ausgeglichenheit zwischen Leistung und Gegenleistung kann ergänzend auch die Literatur zu § 311 AktG herangezogen werden, wo ganz ähnliche Erwägungen anzustellen sind (vgl. Adler-Düring-Schmaltt^ § 311, 38ff.; Biedenkopf-Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG § 311,18ff.; Würdinger in Großkomm. AktG § 311, 8ff.; Emmerich-Sonnenschein Konzernrecht 1973 S. 152ff.; Haesen Der Abhängigkeitsbericht im faktischen Konzern 1970 S. 105ff.; Pöppl Aktienrechtlicher Minderheitenschutz durch den „Abhängigkeitsbericht" 1972 S. 45ff.; Richardt Der aktienrechtliche Abhängigkeitsbericht unter ökonomischen Aspekten 1974 S. 64ff.; Stahl Das Verbot der Benachteiligung Abhängiger, Diss. Freiburg i. Br. 1972 S. 38ff.; WP-Handbuch 1973 S. 722ff.; Ihde Der faktische GmbH-Konzern 1974 S. 63ff.). b) Erfüllung fremder Verbindlichkeiten Eine Auszahlung i. S. des § 30 liegt vor, wenn die Gesellschaft ohne Gegen- 42 leistung die Verbindlichkeiten eines Gesellschafters übernimmt. Es handelt sich hier, wie auch bei den nachfolgend noch erörterten Sachverhalten in der Regel um Anwendungsfälle der verdeckten Gewinnausschüttung. Ein solcher Fall ist auch dann (341)
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gegeben, wenn die Gesellschaft lediglich im Interesse ihres Gesellschafters eine Verbindlichkeit eingeht. Es kommt nicht darauf an, ob formal die Gesellschaft oder der Gesellschafter die Stellung des Schuldners einnehmen (BGH 1968 Urteil vom 3. 4. 68 VIII ZR 38/66; betrifft die Übernahme eine Maklerprovision für den Gesellschafter). Ferner ist dies z. B. der Fall, wenn ein Gesellschafter den Geschäftsanteil eines anderen erwirbt und die Gesellschaft „zugunsten" des Erwerbers dem Veräußerer Teile ihres Vermögens ausfolgt. Auch hier liegt eine Rückerstattung vor, selbst wenn der Veräußerer durch seine Übertragung an den anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden sollte (vgl. Rdn. 55 f.). Eine Vielzahl von Entscheidungen bestätigt die hier vertretene Auffassung (RGZ 80 148; JW 1913 48; RGZ 133 398; 136 260; 146 92; 168 292; BGH in GmbH-Rdsch. 1953 58; ferner Urteil v. 20. Dez. 1952; BGHZ 13 49 = JZ 1954 634 = BB 1954 360). In allen Fällen übernahm die Gesellschaft die Verpflichtung zur Erfüllung einer ihr an sich fremden Verbindlichkeit, nämlich die des Erwerbers der Geschäftsanteile auf Zahlung der Kaufpreisschuld an den Veräußerer. Zur Bestellung einer Sicherheit für die Kaufpreisschuld des Erwerbers vgl. Rdn. 53. Der BGH ist in BGHZ 13 49 (hierzu Anm. Schilling in JZ 1954 634) noch einen Schritt weitergegangen; ein Verstoß gegen § 30 wurde sogar dann angenommen, wenn an einen ausgeschiedenen Gesellschafter ohne Begründung einer Verpflichtung eine Leistung seitens der Gesellschaft erfolgt, sofern beim Ausscheiden von den am Vertrag Beteiligten übereinstimmend vorgesehen wird, daß der Kaufpreis von der Gesellschaft gezahlt wird. Diese Erweiterung der Anwendung des § 30 ist zu billigen. Nicht unstatthaft ist dagegen die Gewährung eines Darlehens an den Erwerber eines Geschäftsanteils (vgl. Vogel 8; Baumbach-Hueck 2 C, die von Darlehen an die Gesellschafter sprechen; da aber der Erwerber Gesellschafter wird, dürfte dasselbe wie hier gemeint sein; RG in HRR 1935 Nr. 1403 will Darlehen an die Gesellschafter zulassen, gibt jedoch zu bedenken, daß die Darlehen mit der ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesellschaftsvermögens in Einklang stehen müssen). Daß der Erwerber mit dem von der Gesellschaft geliehenen Geld den Geschäftsanteil kauft, berührt dann den Veräußerer nicht. Das Darlehen der Gesellschaft ist gültig. Nur muß in der Tat ein solches gewollt sein. 43
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c) Mittelbare Auszahlung § 30 Abs. 1 ist auch anwendbar, wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen mittelbar an den Gesellschafter ausbezahlt wird (BGHZ 60 324, 328f. und BGHZ 65 15f.; Eltermann GmbH-Rdsch. 1973 207, 209; Hunscha GmbH-Rdsch. 1975 145,150; Kuhn Ehrengabe für Heusinger S. 214). Zu praktischen Anwendungsfällen mittelbarer oder indirekter Auszahlungen vgl. Rdn. 50, 51 und 60. d) Gründersonderrechte und Nebenleistungen Besondere Beachtung bedarf im Rahmen der Abgrenzung gesellschaftsrechtlicher und schuldrechtlicher Beziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft die Frage des Gründersondervorteils und die der Gründerentschädigung. Gründersonderrechte (Gründervorteile) sind gesellschaftsrechtlicher Natur (sie bedürfen der Aufnahme in die Satzung, Feine S. 133). Daß bei den Gründersonderrechten § 30 Abs. 1 eingreift, ist anerkannten Rechts (§5,156; RGZ 113 241), wenn die Zahlung nicht nur bei jährlichem Reingewinn erfolgen soll (RG in JW 1930 3736; Vogel 1). Erweist sich ein einem Gesellschafter bei der Gründung eingeräumtes Recht als Gründersondervorteil, so ist es daher gesellschaftsrechtlich nur gültig, wenn es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (§ 3, 100 und § 5, 154) und es ist nur zulässig, (342)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
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insoweit bei der Erfüllung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht angegriffen wird. Auf die Angemessenheit des Gründersonderrechts kommt es hier im Unterschied zu rein schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht an, soweit der Gründervorteil nicht etwa Folge einer Leistung des Gesellschafters ist (vgl. Rdn. 36). Die von den Gründervorteilen zu unterscheidenden Gründerentschädigungen unterliegen ebenfalls der Beschränkung des § 30, soweit Zahlungen über den Ersatz verauslagter Unkosten hinausgehen, also eine wirkliche Belohnung darstellen und das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen mindern. Ersatz verauslagter Unkosten ist z. B. die Erstattung von notariellen Gebühren und Gesellschaftssteuer, die einer der Gesellschafter vorgeschossen hat. Fraglich kann aber z. B. sein, ob der die GmbH-Gründung vorbereitende Anwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, der gleichzeitig als Gründer auftritt, aus dem GmbH-Vermögen — auch ohne Rücksicht auf § 30 — sein Honorar erhalten kann. Auch hier wird die Frage zu bejahen sein, wenn das geforderte Honorar angemessen ist; das ist beispielsweise der Fall, wenn es den Gebührenordnungen entspricht. Für Leistungen der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvermögen an Gesell- 45 schafter, die als Gegenleistung für deren Verpflichtungen gemäß § 3 Abs. 2 erbracht werden, gelten die allgemeinen Grundsätze (oben Rdn. 36 ff.). Es kommt allein darauf an, ob die Gesellschaft eine vollwertige Gegenleistung erhält; ist dies der Fall, so vermindert sich durch die Auszahlung der Vermögensstand der Gesellschaft nicht (RGZ 150 28; Schol^ 6; Vogel 8). Ist die Auszahlung der Gesellschaft in Anbetracht der vom Gesellschafter erbrachten Leistung überhöht, so findet für den Differenzbetrag zu einer angemessenen Vergütung § 30 Abs. 1 Anwendung. Schob.j (§ 30, 2 mit weiteren Hinweisen) bezweifelt dies mit der Begründung, daß auch an einen Drittgläubiger überhöhte Vergütungen gezahlt werden könnten, ohne daß § 30 Abs. 1 eingreife und dies auch gelten müsse, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft als Drittgläubiger gegenübertrete. Die Zweifel sind nicht begründet. Wollte man ihnen folgen, hätten es die Gesellschafter in der Hand, durch Bestimmungen gemäß § 3 Abs. 2 im Gesellschaftsvertrag die Bemühungen des Gesetzes, die als Stammkapital gezeichnete Summe den Gesellschaftsgläubigern zu sichern, zu vereiteln. Jede übermäßige Honorierung dieser Leistungen durch die Gesellschaft würde dann zu einer zulässigen Auszehrung des Stammkapitals führen können; das verstößt gegen den Wortlaut und den Sinn des § 30 Abs. 1. e) Erwerb eigener Anteile, Einziehung von Geschäftsanteilen Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft wird in § 33 ge- 46 regelt. Nach § 33 Abs. 2 soll die Gesellschaft eigene Anteile, auch wenn sie voll eingezahlt sind, nicht erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann. Die h. M. sieht in § 33 Abs. 2 eine Sondervorschrift zu § 30 Abs. 1, der schon deshalb nicht zur Anwendung kommen könne, weil der Gesellschafter der Gesellschaft als Verkäufer, also als Dritter, gegenübertrete (Vorauf!. § 33, 10; Schölt^ § 33, 6). Dies ist nicht zutreffend. Im Zeitpunkt des Verkaufs ist der Verkäufer noch Gesellschafter (vgl. Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 171) und es findet deshalb durchaus die Bestimmung des § 30 Abs. 1 Anwendung. Beide Vorschriften, § 33 Abs. 2 und § 30 Abs. 1 stehen selbständig nebeneinander; § 33 Abs. 2 will § 30 Abs. 1 nicht ausschließen, sondern nur die Voraussetzungen des Erwerbs eigener Anteile verschärfen (zutreffend Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 170f.; Winkler GmbH-Rdsch. 1972 73, 76). (343)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Der entgeltliche Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft ist nach den zu den Gegenleistungsgeschäften entwickelten Grundsätzen zu beurteilen (Rdn. 36 ff.). Ein Geschäftsanteil, der zur Weiterveräußerung bestimmt und geeignet ist, stellt — insoweit ist der h. M. zu folgen — für die Gesellschaft einen Vermögenswert dar, und § 30 Abs. 1 steht einem Ankauf — auch wenn er gegebenenfalls unter Verletzung des § 33 Abs. 2 erfolgt — nicht entgegen (vgl. RG Recht 1913 Nr. 1816; a. M. Brodmann 1). Der Konkursverwalter hat kein Recht, die für den Geschäftsanteil bezahlten Beträge auf die Gesellschafter umzulegen. Daher ist auch die Zusage der GmbH, beim Verkauf eines Geschäftsanteils diesen zurückzukaufen, grundsätzlich gültig (RGZ 76 310; a. M. Brodmann 1), da es sich nicht um die Rückzahlung des Stammkapitals, sondern um die Abwicklung eines Kaufvertrags handelt. Erhält die Gesellschaft jedoch im Vergleich zu ihrer Leistung im Geschäftsanteil keine vollwertige Gegenleistung, ist der Kaufpreis also überhöht, so ist § 30 Abs. 1 verletzt, wenn durch den Ankauf eine Unterbilanz entsteht oder bereits vorher vorhanden war (so zutreffend Buchwald GmbH-Rdsch. 1958171; Wtnkler GmbHRdsch. 1952 77; im Ergebnis ebenso, wenn auch mit anderer Begründung die h. M.: Baumbach-Hueck § 33 3 A; Schol^ § 33 6; BGHStr. DB 1956 709). Zur steuerlichen Behandlung des Erwerbs eigener Anteile vgl. Lange Verdeckte Gewinnausschüttungen 1973 S. 214ff. liJ Bei der Einziehung (Amortisation) ist § 30 Abs. 1 gemäß § 34 Abs. 3 stets zu beachten (vgl. Anmerkungen zu § 34). Wird ein Anteil von der Gesellschaft zur Einziehung erworben, so können wohl die in Rdn. 46 geschilderten Grundsätze keine Anwendung finden, da die Gesellschaft kein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut erwirbt. § 30 Abs. 1 kann in diesem Falle bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen stets verletzt sein, ohne daß es auf die Prüfung der Angemessenheit der Gegenleistung ankäme. Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der GmbH nach erfolgter Kündigung kann gegebenenfalls daran scheitern, daß die Gesellschaft an der Auszahlung des Abfindungsbetrags gemäß § § 3 4 Abs. 3, 30 Abs. 1 gehindert ist (vgl. dazu den lehrreichen Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgericht vom 9. 12. 1974, BB 1975 249f.; Begr. RegE zu § 208 Abs. 3 S. 199f.).
48
f) Wechselseitige Beteiligungen Das GmbHG trifft keine Regelung über wechselseitig beteiligte Unternehmen wie das AktG in § 19. Es enthält insbesondere kein Verbot des Inhalts, daß im GmbH-Konzern ein abhängiges oder in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen Geschäftsanteile der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft nicht erwerben darf, wie dies in § 56 AktG geregelt ist. Erst der RegE schlägt in § 40 Abs. 2 eine entsprechende Bestimmung vor. Es liegt jedoch auf der Hand, daß die Herstellung wechselseitiger Beteiligungen im Wege der originären Übernahme von Geschäftsanteilen (Gründung, Kapitalerhöhung) die Kapitalaufbringung und im Wege des derivativen Erwerbs von Geschäftsanteilen die Kapitalerhaltung der Gesellschaften berühren kann. Es hat deshalb nicht an Versuchen gefehlt, die im AktG kodifizierten Rechtsgedanken (insbesondere in § 56 Abs. 2) auch auf die GmbH anzuwenden (vgl. Kronstein Die abhängige juristische Person 1931 S. 123ff.; Serick Rechtsform und Realität juristischer Personen 1955 S. 106ff. unter Hinweis auf RGZ 108 41 und kritisch Lutter S. 197ff. und 462ff.). Die Herstellung einer wechselseitigen Beteiligung kann jedoch schon aus Gründen des § 30 Abs. 1 unzulässig sein. Zu unterscheiden sind zwei Fälle der Begründung einer wechselseitigen Beteiligung, nämlich der originäre Erwerb von Geschäftsanteilen bei Gründung oder Kapitalen
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
erhöhung durch gegenseitige Zeichnung und Übernahme und der derivative Erwerb durch Kauf, Tausch etc. von den bisherigen Gesellschaftern. Begründung einer wechselseitigen Beteiligung durch originären Erwerb von 49 Geschäftsanteilen (insbesondere Übernahme einer Kapitalerhöhung): Gründet eine Kapitalgesellschaft (A) eine GmbH (B) oder übernimmt sie eine Kapitalerhöhung, so ist dieser Vorgang problemlos. Bei A ergibt sich lediglich eine Vermögensumschichtung von flüssigen Mitteln (bei Bargründung) auf Beteiligungen. Unter dem Gesichtspunkt des § 30 Abs. 1 ergibt sich jedoch dann ein Problem, wenn nunmehr B eine Kapitalerhöhung von A übernimmt. Bei einer Barkapitalerhöhung bedeutet dies, daß flüssige Mittel von B (ggf. die von A vorher eingelegten) im Austausch gegen Beteiligungsrechte (Aktien oder Geschäftsanteile) an den Gesellschafter A fließen. Dieser Vorgang ist nach den zu den Gegenleistungsgeschäften entwickelten Grundsätzen (Rdn. 36 f.) unproblematisch, sofern die von B erworbenen Beteiligungsrechte wertmäßig der geleisteten Bar- oder Sacheinlage entsprechen. Dies braucht aber bei der Begründung wechselseitiger Beteiligungen nicht immer der Fall zu sein. Zur Veranschaulichung diene folgendes Beispiel: Die Gesellschaft A habe die GmbH B mit einer Bareinlage von DM 50000,— gegründet. Die Bilanzen beider Gesellschaften sollen folgendes Bild zeigen: Aktiva
DM Beteiligung B 50000,— Sonstige Aktiva 50000,— 100000,— Aktiva Flüssige Mittel
B DM 50000,— 50000,—
Passiva
DM Kapital 100000,100000,—
Passiva
DM Stamm- 50000,kapital 50000,—
Nunmehr erhöht A sein Kapital um DM 50000,—. Die Kapitalerhöhung wird von B übernommen. Damit fließen die vorher bei B eingelegten Barmittel an A zurück und B hält als einziges Aktivum eine Beteiligung von 3 3 % % an A. Prüft man nunmehr den Wert dieser Beteiligung, so ist die neue Bilanz von A zugrundezulegen, die folgendes Bild zeigt: A Aktiva Passiva DM DM Beteiligung B Kapital 150000,— 50000,— Flüssige Mittel 50000,— Sonstige Aktiva 50000,— 150000,— 150000,— Problematisch ist lediglich die Bewertung der Beteiligung an B. Da einziges Aktivum von B die Beteiligung an A ist, reduziert sich die Frage auf die Bewertung eines eigenen Anteils bei A (dies hat zutreffend Lütter erkannt, wenn er auf S. 462 ausführt, daß „es sich bei gegenseitigen Beteiligungen um das gleiche Grundproblem (345)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
wie beim Erwerb eigener Aktien oder Geschäftsanteile" handelt). Hierfür gelten die in Rdn. 46 dargestellten Grundsätze. Im vorliegenden Beispiel, in dem weder im Beteiligungsansatz bei A noch in der Gesellschaft B selbst offene oder stille Reserven vorhanden sind, kann der Anteil von A an B nur mit DM 0 bewertet werden, da A durch die geschilderte Transaktion nicht wertvoller geworden sein kann (vgl. auch Hunscha GmbH-Rdsch. 1975 145, 147). Beträgt der Gesamtwert von A jedoch nur DM 100000,—, so kann die von B im Zuge der Kapitalerhöhung übernommene Beteiligung von A von nominal DM 50000,— auch nur einen Wert von 33% % von DM 100000,—, also DM 33300,— verkörpern. In Höhe der Differenz zum Übernahmebetrag (DM 16700,—) entsteht bei B eine Unterbilanz (Rdn. 14) mit der Folge, daß die Übernahme der Kapitalerhöhung durch B gegen § 30 Abs. 1 verstößt. Etwas anderes würde z. B. dann gelten, wenn A noch offene oder stille Reserven von mindestens DM 50000,— ausweisen würde. Dann wäre bei wirtschaftlicher Betrachtung, diese ist für die Bewertung maßgeblich, der „eigene Anteil" von A durch Rücklagen gedeckt. In diesem Falle würde in der Übernahme der Kapitalerhöhung durch B de lege lata kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 liegen (§40 Abs. 2 RegE würde allerdings auch in einem solchen Falle die Übernahme verbieten). Sind Reserven nicht vorhanden, so ist die Werteinbuße des Kapitals jeder der beteiligten Gesellschaften gleich dem Produkt der jeweiligen Beteiligungsquotienten (vgl. Lutter S. 189 und 453 und Winter Die wechselseitige Beteiligung von Aktiengesellschaften 1960 S. 45f.), im Beispiel also 3/3 x 1/3 = 1/3. Ist A ebenfalls eine GmbH, so geht zwar die Kapitalerhöhung in Ordnung, durch die anschließend erforderliche Beteiligungsabschreibung auf die Beteiligung an B (Abschreibung = DM 16700,—) entsteht ebenfalls eine Unterbilanz, die aber, sofern keine Auszahlungen hinzukommen, keine Konsequenz nach § 30 Abs. 1 hat. 50
Eine wechselseitige Beteiligung kann auch durch derivativen Erwerb entstehen, dies ist z. B. dann der Fall, wenn in dem in Rdn. 48 herangezogenen Beispiel B eine Beteiligung an A direkt von A oder von einem Gesellschafter von A erwirbt. Bei einem direkten Erwerb von A (B erwirbt also eigene Anteile von A) entsteht die gleiche Situation wie bei einem originären Erwerb (Rdn. 48). Eine Unterbilanz kann bei B entstehen, wenn der erworbene Anteil keine äquivalente Gegenleistung zu der von B erbrachten Leistung (z. B. Kaufpreis) ist, und zwar unter Berücksichtigung des Umstands, daß der erworbene A-Anteil im Rahmen der Beurteilung der Gesamtbeteiligung wie ein eigener Anteil bei A bewertet werden muß. Es gelten die Ausführungen in Rdn. 48 entsprechend. Eine wechselseitige Beteiligung kann jedoch auch dadurch entstehen, daß B eine Beteiligung an A nicht von A, sondern von einem Gesellschafter von A erwirbt. Unter der Voraussetzung, daß bei A Reserven nicht vorhanden sind, kann dieser Vorgang zu einer Unterbilanz bei A und bei B führen. Dies veranschauliche das abgewandelte Beispiel aus Rdn. 49. A sei eine GmbH mit einem Stammkapital von 100000,— DM, an der X und Y mit Geschäftsanteilen von je DM 50000,— beteiligt seien. A ist zu 100% an der TochterGmbH B beteiligt. Die Bilanzen beider Gesellschaften zeigen folgendes Bild: Passiva
Sonstige Aktiva
50000,— 100000,—
DM Stamm- 100000,— kapital 100000,— (34«)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 30
B Aktiva Flüssige Mittel
50000,— 50000,—
Passiva Stamm- 50000 — kapital 50000,—
X verkauft nunmehr seine Beteiligung an A zu DM 50000,— an B. Damit hat B anstelle flüssiger Mittel eine Beteiligung von 50% an A. Da die flüssigen Mittel aber endgültig dem Konzern entzogen und durch eine wechselseitige Beteiligung ersetzt sind, sind sowohl die Beteiligung A an B wie B an A um 50% im Wert geschmälert (Produkt der Beteiligungsquotienten = 2/2 x 1/2 = 1/2; vgl. Rdn. 49). Werden beide Beteiligungen abgewertet, so ergibt sich bei A und bei B eine Unterbilanz. Aktiva Beteiligung B
DM 25000 —
Sonstige Aktiva 50000,— Verlust 25000,—
Passiva
DM Stamm- 100000,kapital
100000 —
Aktiva Beteiligung A Verlust
B DM 25000,— 25000,— 50000,—
100000,— Passiva
DM Stamm- 50000,kapital 50000,-
Der Sachverhalt zeichnet sich dadurch aus, daß B an einen Nichtgesellschafter auszahlt und durch die Auszahlung sowohl bei B als auch bei A, deren Gesellschafter der Auszahlungsempfänger war, eine Unterbilanz entsteht. Nur in Ausnahmefällen kann dieser Sachverhalt unmittelbar unter § 30 Abs. 1 subsumiert werden, z. B. dann, wenn die Auszahlung durch B der Gesellschaft A zuzurechnen ist, etwa weil A von einer Verpflichtung (z. B. dem Erwerb eines eigenen Anteils) freigestellt werden sollte (vgl. Rdn. 42). Da von § 30 Abs. 1 aber auch mittelbare Zuwendungen an Gesellschafter, z. B. durch Konzerngesellschaften erfaßt werden, sofern sie bei der Gesellschaft zu einer Unterbilanz führen (Rdn. 43, 51 und 60), wird § 30 Abs. 1 jedenfalls soweit verletzt, als bei A infolge des Beteiligungserwerbs durch B eine Unterbilanz entsteht. Soweit der Vorgang allerdings lediglich die Deckung des Stammkapitals von B berührt, kann eine unmittelbare Anwendung des § 30 Abs. 1 nicht in Betracht kommen. Man könnte allerdings an eine entsprechende Anwendung in der Weise denken, daß die beiden Gesellschaften A und B als eine wirtschaftliche Einheit gesehen werden, deren beider Stammkapital durch die Auszahlung, sei es auch nur von einer der beiden Gesellschaften, nicht berührt werden darf. Lutter (S. 463) will den Grundgedanken des § 33 entsprechend heranziehen. Danach soll eine GmbH Geschäftsanteile einer Gesellschafterkapitalgesellschaft nur zu Lasten ihres nach § 33 Abs. 2 nicht gebundenen Vermögens erwerben. Die Folgen eines (347)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Verstoßes hingegen können nach Lutter diejenigen des § 33 nicht überschreiten. In Anbetracht der nahe2u gleichgelagerten Problematik bei eigenen Anteilen (vgl. Rdn. 46) wird man dieser Auffassung folgen können. Sie führt zu einem angemessenen Schutz des zur Deckung des Stammkapitals von B erforderlichen Vermögens. Zu der entsprechenden Problematik bei der GmbH & Co. KG vgl. Rdn. 61 ff. 51
52
g) Erhaltung des Stammkapitals bei Konzernverhältnissen § 30 Abs. 1 findet auch Anwendung, wenn die Gesellschaft im Konzernverbund steht, d. h. eine Unternehmens Verbindung der in Anhang II zu § 13 (Rdn. 6ff.)geschilderten Art gegeben ist. Insbesondere gilt § 30 Abs. 1 bei Abschluß und Durchführung von Unternehmensverträgen und hier in Sonderheit bei Gewinnabführungsverträgen. In der Regel wird allerdings hier — schon aus steuerlichen Gründen (vgl. § 7a Abs. 5 Nr. 3 KStG) — eine Verlustübernahme entsprechend § 302 AktG vereinbart, so daß das Stammkapital nicht berührt werden kann. Wenn der RegE GmbHG die Anwendung von § 46 Abs. 1 RegE (der § 30 Abs. 1 entspricht) bei Unternehmensverträgen und bei Eingliederung ausschließt (vgl. § 230 Abs. 3 und § 260 Abs. 2 RegE), so kann dies auf das geltende Recht schon deshalb nicht übertragen werden, weil es entsprechende Gläubigerschutzvorschriften für Konzernverhältnisse, wie sie der RegE vorsieht, nicht enthält. Bei Konzernverhältnissen gewinnt die Frage Bedeutung, ob § 30 Abs. 1 auch durch Auszahlungen Dritter (anderer Konzernglieder) verwirklicht werden kann, sofern durch diese Auszahlungen das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft berührt wird. Hat z. B. eine Muttergesellschaft ihrerseits eine Tochtergesellschaft, mit der sie einen Ergebnisabführungsvertrag mit Verlustübernahme abgeschlossen hat, so kann die Tochtergesellschaft Auszahlungen i. S. der Rdn. 35ff.an die Gesellschafter der Muttergesellschaft vornehmen. Führen diese Auszahlungen zu Verlusten der Tochtergesellschaft, so können diese über den Ergebnisabführungsvertrag auch das zur Erhaltung des Stammkapitals der Muttergesellschaft erforderliche Vermögen vermindern oder aufzehren. Aus dem Zweck der Vorschrift heraus, die Fähigkeit der Gesellschaft zu erhalten, ihre Gläubiger zu befriedigen, wird man auch in diesen Fällen zur Anwendung des § 30 kommen müssen (vgl. zum ähnlichen Problem der Einlagerückgewähr an den Kommanditisten BGHZ 47 149). Damit werden nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Zuwendungen aus dem Vermögen der Gesellschaft erfaßt (vgl. auch Kuhn Festgabe für Bruno Heusinger 1968 S. 203, 216). Zu dem ähnlichen Problem bei der GmbH & Co. KG vgl. Rdn. 59 ff. h) Sonstige Auszahlungen Die Rechtsgeschäfte, die die Gesellschaft mit ihren Gesellschaftern abschließen kann, sind mannigfachster Art (vgl. Rdn. 35). Sie kann nicht nur Umsatzgeschäfte mit ihren Gesellschaftern tätigen (RGZ 87 339; RGZ 146 92). Sie kann ihnen Darlehen gewähren; sie kann sich an deren Geschäft als Kommanditist oder stiller Gesellschafter beteiligen u. ä. Bei allen diesen Geschäften sind die in Rdn. 36 ff. erläuterten Maßstäbe anzulegen. Natürlich ist das Verbot der Rückzahlung der Stammeinlage auch verletzt, wenn zwar ein Vertrag wie mit einem Dritten abgeschlossen wird, dies aber ein Scheinvertrag ist, hinter dem sich eine Rückzahlung verbirgt (vgl. hierzu RGZ 88 428). Als Auszahlung wird man auch werten müssen, wenn die Gesellschaft Kosten trägt, die den Gesellschaftern zuzuordnen sind oder den Gesellschaftern Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt, ohne sich die hierauf entfallenden (348)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
Aufwendungen erstatten zu lassen. Im Gegensatz zur steuerlichen verdeckten Gewinnausschüttung wird man jedoch einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 dann nicht annehmen können, wenn die Gesellschaft bei Leistungen an die Gesellschafter sich zwar ihre Aufwendungen ersetzen läßt, aber auf einen Gewinnaufschlag, den ein Nichtgesellschafter tragen müßte, verzichtet (Leistung zu Selbstkosten). Der Verzicht auf einen möglichen Gewinn kann nicht mit der Auszahlung von Vermögen gleichgesetzt werden, das bei Selbstkostenerstattung nicht berührt wird. Dies wird auch dann gelten müssen, wenn die Gesellschaft durch die Leistung an Gesellschafter gehindert ist, Aufträge für Dritte mit Gewinn durchzuführen. Entsprechendes gilt für unverzinsliche oder niedrigverzinsliche Darlehen, sofern sie die Gesellschaft aus Eigenkapital gewähren kann und sich nicht refinanzieren muß (vgl. Rdn. 37). Dagegen kann § 30 Abs. 1 berührt werden, wenn die Gesellschaft einen verlustbringenden Betrieb ihres Gesellschafters pachtet und damit die Verluste des Gesellschafters übernimmt (vgl. RFH RStBl. 1936 696). Unter § 30 Abs. 1 können aber nicht rein ideelle Vorteile, die keinen Geldwert haben, fallen, die an einen Gesellschafter gewährt werden (vgl. dazu das instruktive Urteil des BFH BStBl. 1970 II 470). Die Bestellung einer Sicherheit für eine Schuld des Gesellschafters wird von 53 der h. M. bereits als eine Auszahlung angesehen, die gegen § 30 Abs. 1 verstoßen kann (vgl. Rdn. 35). Dies wird mit einem Hinweis auf RGZ 136 261 (vgl. auch RGZ 168 293) begründet (Baumbach-Hueck 2 C; Scholz 5; Scholz-Fischer 4). Für den ähnlichen Fall der Einlagerückgewähr an den Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB ist der BGH mit Urteil vom 20.10.1975 (NJW1976 751) ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, daß bereits die Abtretung einer Eigentümergrundschuld an einen Dritten zur Sicherung von Verbindlichkeiten eines Gesellschafters, auch wenn es zu einer Verwertung noch nicht gekommen ist, eine Rückgewähr der Einlage darstellt. Dieses Urteil hat auch im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bedeutung. Der BGH begründet sein Ergebnis mit der Überlegung, daß durch die Sicherheitenbestellung die Zugriffsmöglichkeit der übrigen Gesellschaftsgläubiger auf das Vermögen der Gesellschaft schon derart eingeschränkt sei, daß diese in Höhe der Belastung die Fähigkeit eingebüßt habe, ihre Gläubiger zu befriedigen. Allerdings will der BGH offenbar etwas anderes gelten lassen, sofern etwaige Ansprüche der Gesellschaft auf Rückübertragung der Sicherheit oder auf Aufwendungsersatz sofort und uneingeschränkt durchsetzbar sind (so wohl auch RGZ 168 293, 295). Der h. M. kann nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Die Bestellung einer Sicherheit ist keine „Auszahlung" von Vermögen der Gesellschaft. Das Vermögen bleibt unberührt, wenn es auch im Verwertungsfall nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung der Gläubigergesamtheit steht. Eine Gefährdung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens reicht jedoch für § 30 nicht aus. Sie liegt auch nicht vor, wenn der Gesellschaft ein vollwertiger Freistellungs- oder Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter oder einen Dritten, aus welchem Rechtsgrund auch immer, zusteht. In diesem Fall wird das Vermögen der Gesellschaft in seiner Summe nicht berührt. Es findet lediglich ein Aktivtausch statt, wenn an die Stelle der in Anspruch genommenen Sicherheit ein Rückgriffsanspruch tritt (so auch RGZ 168 293, 295). Auch der BGH (NJW 1976 751,752) läßt offen, ob er in diesem Fall allein in der Bestellung der Sicherheit eine Einlagenrückgewähr sehen will. Zutreffenderweise kann deshalb § 30 grundsätzlich erst bei der Einlösung einer zugunsten eines Gesellschafters bestellten Sicherheit zum Zuge kommen (so richtig für die Bürgschaft: Hees DB 1955 962f.). Auch das RG stellt in RGZ 136 261 am Ende (349)
§ 30
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seiner Ausführungen — wenn auch im Widerspruch zu den vorausgegangenen Äußerungen — fest, daß zu prüfen ist, „ob durch die Erfüllung (d. h. die Versteigerung des Grundstücks oder die Barzahlung) im Augenblick ihrer Vornahme das Stammkapital in unzulässiger Weise verkürzt worden ist". In der ähnlichen Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung im Steuerrecht hat der BFH (DB 1975 1346) entschieden, daß bei Übernahme einer Kreditbürgschaft durch die Gesellschaft für einen ihrer Gesellschafter erst in der späteren Bürgschaftszahlung eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt. Führt die Einlösung der Sicherheit zu einer Verminderung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens, d. h. ist ein Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht gegeben oder nicht vollwertig, so steht der Gesellschaft, solange dieser Zustand andauert, ein Leistungsverweigerungsrecht zu (Rdn. 57). Bei Hypotheken und Grundschulden wird ein Leistungsverweigerungsrecht jedoch nicht gegenüber gutgläubigen Erwerbern des Grundpfandrechts durchgreifen. Trotzdem bleiben auch in diesen Fällen die Gesellschafter gemäß § 31 in der Haftung. 54 Etwas anderes muß allerdings dann gelten, wenn bereits bei Bestellung der Sicherheit damit gerechnet werden muß, daß die Gesellschaft in Anspruch genommen wird und durchsetzbare Rückgriffsansprüche gegen den Gesellschafter nicht bestehen. In diesen Fällen ist die Sicherheitenbestellung der Auszahlung gleichzustellen (die Gesellschaft müßte bei einer derartigen Sachlage in ihrer Bilanz regelmäßig schon eine entsprechende Rückstellung bilden); es muß nicht erst abgewartet werden, bis eine tatsächliche Inanspruchnahme der Sicherheit erfolgt. Wird die Sicherheitenbestellung mit der Auszahlung gleichgesetzt, so tritt als Folge die Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung ein (Rdn. 8). Bei Grundpfandrechten ergeben sich daraus Einwendungen gegen den Bestand des dinglichen Rechts, die allerdings einem gutgläubigen rechtsgeschäftlichen Erwerber des Rechts gemäß § 892 BGB nicht entgegengesetzt werden können. Neben Ansprüchen, die der Gesellschaft aus der Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung zustehen, kommen natürlich die Ansprüche aus § 31 zum Zuge, und zwar auch dann, wenn wegen gutgläubigen Erwerbs Einwendungen gegen das dingliche Recht (Hypothek, Grundschuld) nicht erhoben werden können. 5. Gesellschafter 55
§ 30 Abs. 1 stellt auf Auszahlungen an Gesellschafter ab. Bei Auszahlungen an Dritte bzw. Nichtgesellschafter kommt die Bestimmung nicht zum Zuge. Maßgebender Zeitpunkt für die Eigenschaft als Gesellschafter ist der Zeitpunkt der Begründung der Verpflichtung der Gesellschaft (RG JW 1938 1176; Baumbach-Hueck 2 E; Schob.j 7), also zumeist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts (vgl. Rdn. 7 ff.). Ist das Verpflichtungsgeschäft mit einem Dritten eingegangen und wird dieser vor Auszahlung Gesellschafter, so ist § 30 grundsätzlich nicht anzuwenden. Etwas anderes muß allerdings bei Umgehungstatbeständen gelten. Bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen gilt auch hier § 16 Abs. 1 (Scholz 7). Zum Zeitpunkt der Beurteilung der Kapitalerhaltung vgl. Rdn. 24. Werden Geschäftsanteile von Treuhändern (Strohmännern) im Auftrag und für Rechnung eines Treugebers gehalten, so sind nach Auffassung des BGH (BGHZ 31 258, 266 ff.) die §§ 30, 31 auch auf den Treugeber anwendbar. Werden Auszahlungen von der Gesellschaft an den Treugeber vorgenommen, haftet dieser also wie ein Gesellschafter. Zur Begründung dieses Ergebnisses will der BGH den in § 46 (350)
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Abs. 5 AktG zum Ausdruck gebrachten Grundgedanken ins GmbH-Recht übertragen (kritisch dazu Pleyer GmbH-Rdsch. 1960 45; Schönle GmbH-Rdsch. 1960 63 f.). Auszahlungen an Nichtgesellschafter können dann unter § 30 Abs. 1 fallen, 56 wenn sie einem Gesellschafter als Bezieher zuzurechnen sind, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn die Auszahlungen an dem Gesellschafter nahestehende Personen erfolgen, aber auch wenn die Gesellschaft Verpflichtungen des Gesellschafters gegenüber Dritten erfüllt oder ihn in sonstiger Weise entlastet (vgl. z. B. Rdn. 42). Es dürften insoweit keine Bedenken bestehen, auf die steuerrechtliche Abgrenzung der einem Gesellschafter zuzurechnenden Leistungen an Nichtgesellschafter im Rahmen des Instituts der verdeckten Gewinnausschüttung zurückzugreifen (vgl. Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer § 6 KStG, 80 und 82; Lange Verdeckte Gewinnausschüttungen 4. Aufl. S. 34ff. jeweils mit weiteren Nachweisen). In allen diesen Fällen kommt § 30 Abs. 1 allerdings nur zum Zuge, wenn die Auszahlung der Gesellschaft nur aus der mitgliedschaftlichen Position eines Gesellschafters zu erklären ist (Rdn. 35). Ist dies der Fall, kann es nicht mehr darauf ankommen, ob die Auszahlung unmittelbar an den Gesellschafter oder an einen Dritten erfolgt, dem der Gesellschafter eine Leistung schuldet oder zukommen lassen will. Fraglich kann sein, ob § 30 Abs. 1 auch für Auszahlungen an den Nießbraucher am Geschäftsanteil zur Anwendung kommt (vgl. zum Nießbrauch Anh. I zu § 15). Diese Frage wird man wohl bejahen müssen (vgl. zu der ähnlichen Problematik bei der verdeckten Gewinnausschüttung im Steuerrecht Herrmann-Heuer aaO § 6 KStG, 81 einerseits und Lange aaO S. 61 ff. andererseits). Durch den Nießbrauch wird die vermögensrechtliche Seite der Mitgliedschaft mit dinglicher Wirkung auf den Nießbraucher übertragen; auch § 30 Abs. 1 betrifft die vermögensrechtliche Seite der Mitgliedschaft. Damit wird man annehmen müssen, daß die Einschränkungen und Verbote, die gegenüber dem Gesellschafter bestehen, auch gegenüber dem Nießbraucher Geltung beanspruchen müssen.
III. Folgen des Auszahlungsverbots Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 30 Abs. 1 werden in § 31 geregelt; 57 vgl. dazu Anmerkungen § 31. Hier sei nur auf folgendes hingewiesen: Der Gesellschaft steht gegenüber dem Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht zu, soweit § 30 der Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts entgegensteht (BGH GmbHRdsch. 1953 58). Die Voraussetzungen für das Vorliegen des Leistungsverweigerungsrechts muß die Gesellschaft dartun, gegebenenfalls unter Vorlage der Geschäftsbücher und Bilanzen (RG in JW 1938 1176). Rechte auf Erfüllung einer solchen Verpflichtung kann der Gläubiger, auch wenn er inzwischen aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, nicht geltend machen (im Ergebnis zustimmend RGHoldh. 28 10, das schon in der Schuldübernahme eine unzulässige Auszahlung sieht). Das Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft besteht aber nur solange, als sich die Gesellschaft in der kritischen Lage befindet, daß eine Auszahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen berührt. Liegt diese Situation nicht mehr vor, kann der Gesellschafter Erfüllung eines •— wirksam gebliebenen — Verpflichtungsgeschäfts (vgl. Rdn. 7 ff.) verlangen. Zu der Frage, wie ein Anspruch nach § 31 zu behandeln ist, wenn nach Auszahlung die Unterbilanz, z. B. durch spätere Gewinne oder Wertsteigerungen, beseitigt wurde vgl. § 31, 4. (351)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter IV. Die GmbH & Co. KG
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Die Anwendung des § 30 bei der Rechtsfigur der GmbH & Co. KG hat die Literatur in verstärktem Maße beschäftigt (vgl. Eltermann GmbH-Rdsch. 1973 207f.; Fischer Anmerkung zu LM Nr. 5 zu § 172 HGB; Gonella DB 1965 1165ff.; Hesselmann GmbH-Rdsch. 1965 13ff.; Hunscha GmbH-Rdsch. 1973 257f. und GmbHRdsch. 1975 145f.; Kuhn Festgabe für Bruno Heusinger 1968 S. 203ff. und Festschrift für Wolfgang Schilling 1973 S. 69ff.; Schmidt DB 1973 2227ff.; Simon DB 1963 1209f.; Winkler NJW 1969 1009ff.) und zur grundlegenden Entscheidung BGHZ 60 324ff. geführt. Drei Fälle sind zu unterscheiden. 1. Auszahlungen der Kommanditgesellschaft
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Sind die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG gleichzeitig Gesellschafter der Komplementär-GmbH, so kann § 30 verletzt sein, wenn die GmbH & Co. KG aus ihrem Vermögen Zahlungen an einen Kommanditisten leistet, der GmbHGesellschafter ist, sofern sie keine vollwertige Gegenleistung erhält (BGHZ 60 324 insbes. 328ff.). Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob die GmbH an der Kommanditgesellschaft vermögensmäßig beteiligt ist oder nicht. Ist die GmbH durch eine Einlage vermögensmäßig an der Kommanditgesellschaft beteiligt, steht ihr also das KG-Vermögen anteilig zur gesamten Hand zu, so folgt die unmittelbare Anwendung des § 30, schon aus dem Gesamthandsprinzip (Winkler NJW 1969 1010). Sämtliches Aktivvermögen der KG steht ungeteilt — wenn auch beschränkt durch die Rechte der anderen Gesellschafter — der GmbH zu. Durch eine Auszahlung von KG-Vermögen wird damit unmittelbar über das Vermögen der GmbH verfügt. Eine Anwendung des § 30 kommt jedoch nur in Betracht, wenn solche Auszahlungen das dem Stammkapitalnennwert entsprechende Vermögen der GmbH mindern. Da es auf die Erhaltung des bilanziellen Stammkapitals ankommt (vgl. Rdn. 14ff.),ist das der Fall, wenn die Auszahlung durch die KG, die bei der GmbH aktivierte KGBeteiligung in einer Weise berührt, daß eine Beteiligungsabschreibung erforderlich wird, die das bilanzielle GmbH-Vermögen unter die Stammkapitalziffer absinken läßt. Dies ist ferner dann der Fall, wenn durch die Auszahlungen der KG deren Vermögen nicht mehr die Verbindlichkeiten deckt und der GmbH deshalb für ihre persönliche Haftung keine realisierbaren oder werthaltigen Freistellungsansprüche gegen die KG mehr zukommen (BGHZ 60 324, 329). Die Beeinträchtigung des nominellen Stammkapitals der GmbH ergibt sich daraus, daß die GmbH zumindest in Höhe der Überschuldung der KG einen Passivposten (Rückstellung) ausweisen muß (vgl. Uhlenbruch GmbH-Rdsch. 1971 70, 72; Leyendeckers DB 1971 609f. vgl. auch Kuhn Festschrift für Wolfgang Schilling S. 72), jedenfalls sobald eine Inanspruchnahme nach §§ 161 Abs. 2, 128 HGB droht. Diesem Passivposten steht in diesen Fällen in aller Regel kein vollwertiger Freistellungsanspruch (§ 110 BGB) gegenüber. Hat die GmbH neben ihrer KG-Beteiligung kein sonstiges Vermögen, so kann sich insbesondere im Zusammenwirken mit einer zusätzlich notwendig werdenden Beteiligungsabschreibung sehr schnell »ine Unterbilanz ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die GmbH vermögensmäßig an der KG nicht beteiligt ist, da sie auch hier im Falle der Überschuldung der KG zur Rückstellungsbildung gezwungen ist. ¿0 Die Vornahme der Auszahlung von KG-Vermögen durch die KG kann die Anwendung des § 30 nicht hindern, da er nach Sinn und Zweck auch Auszahlungen an Gesellschafter erfaßt, die indirekt das dem Stammkapitalwert entsprechendeVermögen der GmbH mindern (BGHZ 60 324, 328f,; Kuhn Ehrengabe für Heusinger (352)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
S. 214; vgl. auch Rdn. 43 und 50). Auszahlungen an Kommanditisten, die nicht gleichzeitig GmbH-Gesellschafter sind, können unter den in Rdn. 56 geschilderten Voraussetzungen unter § 30 fallen. Zur analogen Anwendung des § 30 bei Auszahlung an Kommanditisten für den Fall, daß die KG die Anteile der GmbH hält, vgl. Rdn. 62. Hervorzuheben ist, daß die BGH-Rechtsprechung nicht zu einer Anwendung des § 30 auf die GmbH & Co. KG führt. § 30 bleibt auf die GmbH beschränkt (Schmidt DB 1973 2227, 2230). Zur Frage, ob der Ansprüch nach § 31 der GmbH oder der KG zusteht, vgl. § 31, 6. 2. Auszahlungen der GmbH Auch bei der GmbH & Co. KG ist es möglich, daß Auszahlungen nicht von der 61 KG, sondern von der GmbH an ihre Gesellschafter vorgenommen werden. Für die Anwendung des § 30 gelten dann die allgemeinen Grundsätze. Ein besonderes Problem ergibt sich daraus, daß sich die GmbH die Mittel zur Auszahlung an ihre Gesellschafter von der KG, deren persönlich haftender Gesellschafter sie ist, verschaffen und dadurch die KG aushöhlen kann, ohne daß sich deren Gläubiger dagegen schützen könnten. Daraus können sich Konstellationen ergeben, in denen weder die Schutzvorschriften des § 30 noch des § 172 Abs. 4 HGB zur Anwendung kommen. Trotzdem wird man § 30 nicht auf das Rechtsgebilde der GmbH & Co. KG als Einheit anwenden können, auch wenn das im Interesse eines durchgreifenden Gläubigerschutzes vielleicht wünschenswert wäre (a. A. wohl Fischer in Anmerkung zu LM Nr. 5 zu § 172 HGB, wie hier Winkler NJW19691013). Wird die KG durch Entnahmen der persönlich haftenden GmbH, die diese an ihre Gesellschafter weiterleitet, überschuldet, so kommen die in Rdn. 59 erläuterten Grundsätze zum Zuge. Entsprechendes gilt, wenn eine GmbH nicht Komplementär, sondern Kommanditist einer KG ist. Werden der GmbH Einlagen zurückbezahlt und zahlt die GmbH diese Mittel an ihre Gesellschafter aus, so kann wegen der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH berührt werden. 3. Erwerb von Geschäftsanteilen der GmbH durch die KG Ob die GmbH & Co. KG die Anteile ihrer persönlich haftenden GmbH er- 62 werben darf, ist umstritten (vgl. § 13 Anh. I Rdn. 20 f), jedenfalls soweit es sich um sämtliche Geschäftsanteile handelt. Aus § 30 ergibt sich ein solches Verbot jedoch nicht (zutreffend Hunscha GmbH-Rdsch. 1975145 f,; wohl auch Gow//aDB19651165, der die Unzulässigkeit des Erwerbs aus anderen Gründen herleitet; a. A. Eltermann GmbH-Rdsch. 1973 207 f.). Jedoch kann im Einzelfall der Erwerb aller oder auch nur einzelner Geschäftsanteile eine unzulässige Einlagenrückgewähr darstellen (so auch GonellaaaO, 1165; Hunscha GmbH-Rdsch. 1973257f. und GmbH-Rdsch. 1975145f.; Winkler^yX 19691009,1012; SchmidtDB 19732227,2231). Hat z. B. die GmbH ihr gesamtes Stammkapital als Einlage in die KG eingebracht, besteht also ihr Vermögen ausschließlich aus einer Beteiligung an der KG, so kann eine Verletzung des § 30 vorliegen, wenn die KG die Anteile erwirbt und den Kaufpreis aus der Einlage der GmbH in die KG finanziert. Damit erhalten die Gesellschafter auf dem Umweg über die KG ihre Einlage zurück, ohne daß der GmbH oder der KG eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen wäre. Der Wert des GmbH-Anteils wird nämlich ausschließlich repräsentiert durch den Wert des auf die GmbH entfallenden KG-Anteils, der sich mindert, wenn die KG die Einlage der GmbH zur Bezahlung des (353)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Kaufpreises verwendet (vgl. das instruktive Beispiel bei Gonella DB 1965 1165). Es ist aber stets festzustellen, ob durch den entgeltlichen Erwerb der GmbH-Anteile durch die KG, die bei der GmbH aktivierte KG-Beteiligung so viel an Wert eingebüßt hat, daß das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen beeinträchtigt wird. Dies braucht z. B. dann nicht der Fall zu sein, wenn die GmbH vermögensmäßig an der KG nicht beteiligt ist, ihr Vermögen also anderweitig angelegt hat, wenn die GmbH oder KG Rücklagen haben oder wenn bei der KG so viele stille Reserven vorhanden sind, daß der Wertansatz der KG-Beteiligung bei der GmbH auch nach Erwerb der Geschäftsanteile durch die KG nicht korrigiert zu werden braucht. Ist die GmbH vermögensmäßig an der KG beteiligt, so ergeben sich bei der GmbH und KG die entsprechenden Probleme, wie sie unter Rdn. 48 bis 50 für die wechselseitige Beteiligung zwischen Kapital-Gesellschaften behandelt werden. Unter den dort genannten Voraussetzungen können sowohl bei originärem (Rdn. 48 und 49) wie bei derivativem Erwerb (Rdn. 50) von GmbH-Geschäftsanteilen durch die KG Verstöße gegen § 30 Abs. 1 vorliegen. Wird dagegen durch die Herstellung einer wechselseitigen Beteiligung bei der KG das zur Deckung der Kommanditeinlagen erforderliche Vermögen vermindert (vgl. Rdn. 49), so kann darin eine nach § 172 Abs. 4 HGB unzulässige Rückzahlung der Kommanditeinlage liegen (vgl. Rdn. 63). Wird der GmbH-Geschäftsanteil vom Kommanditisten als Leistung auf seine Einlageverpflichtung erbracht, so liegt jedenfalls in Höhe der durch die wechselseitige Beteiligung bedingten Wertminderung des GmbH-Geschäftsanteils (vgl. Rdn. 49) eine haftungsbefreiende Einlage nach § 171 Abs. 1 Halbs. 2 HGB nicht vor (vgl. Hunscha GmbH-Rdsch. 1975 145 ff., der aus anderen Gründen in diesen Fällen eine haftungsbefreiende Einlage verneint). Wird nach Herstellung der wechselseitigen Beteiligung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH dadurch beeinträchtigt, daß GmbH-Vermögen an die KG ausbezahlt und von dieser an die Kommanditisten weitergeleitet wird, so könnte die GmbH nur Ansprüche an die KG geltend machen, die jedoch in einem solchen Falle regelmäßig wegen Vermögenslosigkeit der KG ins Leere gingen, es sei denn, daß in der Auszahlung an die Kommanditisten auch eine Rückzahlung der Einlage nach § 172 Abs. 4 HGB liegen würde. Mit überzeugender Begründung will Hunscha (GmbH-Rdsch. 1973 257, insbes. 260 ff. und GmbH-Rdsch. 1975 145, 153) hier mit einer analogen Anwendung der §§30 Abs. 1, 31 auf die Kommanditisten helfen. Zu der Frage, ob § 33 dem Erwerb von Geschäftsanteilen der GmbH durch die KG entgegensteht, vgl. Anmerkungen zu § 33. 4. Verhältnis zu § 172 Abs. 4 HGB 63
Sind die Gesellschafter der GmbH gleichzeitig Kommanditisten der KG, so ist das Verhältnis zwischen § 30 Abs. 1 und § 172 Abs. 4 HGB zu klären, da — mit Ausnahme der in Rdn. 60 erörterten Fälle — kaum feststellbar ist, ob ein Gesellschafter als Kommanditist oder als GmbH-Gesellschafter begünstigt wurde. Vom Anspruchsberechtigten (dazu § 31, 5ff.)einmal abgesehen, sind auch Art und Umfang der Haftung nach §§ 30, 31 und nach § 172 Abs. 4 HGB verschieden (dazu im einzelnen Winkler NJW 1969 1012f.). Das Konkurrenzproblem stellt sich allerdings erst, wenn das Stammkapital der GmbH angegriffen wird; vorher kann nur § 172 Abs. 4 HGB in Betracht kommen. Mit Winkler wird man, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, §§ 30, 31 den Vorrang geben müssen. Dies folgt auch daraus, daß § 172 Abs. 4 HGB lediglich die Haftung des Privatvermögens wiederherstellt, (354)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
§ § 30, 31 dagegen die Wiederauffüllung des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens verlangen (so auch Schmidt DB 1973 2230). II. Die Rückzahlung von eingezahlten Nachschüssen (Abs. 2) 1. Eingezahlte Nachschüsse Zur Nachschußpflicht vgl. die Anmerkungen zu §§ 26 ff. Die Rückzahlung 64 eingezahlter Nachschüsse unterliegt wie jede Auszahlung an Gesellschafter uneingeschränkt der Regelung des § 30 Abs. 1. Abs. 2 enthält eine zusätzliche, über Abs. 1 hinausgehende Sicherung des Nachschußkapitals, die damit erst zum Zuge kommt, wenn die Auszahlung nicht schon gegen Abs. 1 verstößt; Abs. 1 bleibt damit voll wirksam (Baumbach-Hueck 3 A; Schob.i 9, 10; Rdn. 61). Abs. 2 bezieht sich nur auf die Rückzahlung eingezahlter Nachschüsse. Auf den Erlaß einer Verpflichtung zur Leistung eingeforderter aber noch nicht eingezahlter Nachschüsse kann sie nicht ausgedehnt werden (Scholz 18; Baumbach-Hueck 3 B ; Vogel 10; a. M. Brodmann 3). Ebenso ist die Aufrechnung und die Stundung einer noch ausstehenden Nachschußpflicht mit einer Gegenforderung des Gesellschafters zulässig (Baumbach-Hueck 3 B; Vogel 10; Scholz 18; a. M. Liebmann 8). Denn auch § 19 Abs. 2 findet nach der h. M. auf Nachschüsse keine Anwendung (Anmerkungen zu § 19). Der RegE eines GmbHG (§46 Abs. 2) sieht allerdings vor, daß die Vorschrift entsprechend für die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung eingeforderter Nachschüsse gilt und daß eine Aufrechnung gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Einzahlung von Nachschüssen nicht zulässig ist (Rdn. 2). Die Begründung zum RegE (Drucksache VI/3088 S. 109) betrachtet diese Einfügungen ausdrücklich als „neue Sicherungen gegen eine auf diese Weise mögliche Aushöhlung des Nachschußkapitals" und geht damit zutreffenderweise davon aus, daß im geltenden Recht diese Verbote nicht bestehen. Der Anspruch auf den rückzuzahlenden Nachschuß steht dem jeweiligen Inhaber des Geschäftsanteils zu. Er kann nicht von dem einzahlenden Gesellschafter nach Veräußerung des Geschäftsanteils erhoben und auch nicht der Gesellschaft gegenüber vorbehalten werden. Es kann sich nur der Erwerber dem Veräußerer gegenüber verpflichten, den zurückbezahlten Nachschußbetrag diesem abzuliefern. Es muß sich zur Anwendung des § 30 Abs. 2 um echte Nachschüsse i. S. der 65 §§ 26ff. handeln (vgl. § 26, 10ff.). Freiwillige Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft, die ohne gesellschaftsvertragliche Verpflichtung erbracht werden, unterliegen nicht den besonderen Vorschriften des Abs. 2; für sie gilt auch nicht die für Nachschüsse vorgesehene (§42 Nr. 3 und 4) besondere buch- und bilanzmäßige Behandlung {Schölt^ 18; Vogel 10). Für die Rückzahlung freiwilliger Zuschüsse gilt dagegen uneingeschränkt Abs. 1 (Schol% aaO; RGZ 105 299 behandelt einen solchen Fall freiwilliger Zuschüsse, erwähnt jedoch nicht ausdrücklich, ob das Rückzahlungsverbot aus Abs. 1 oder Abs. 2 folgt; RGZ 81 368 und RGZ 142 286 behandeln diese Frage ebenfalls nicht; Düsseldorf in OLGR 41 210 übersieht demgegenüber das Rückzahlungsverbot freiwilliger Zuschüsse gänzlich). 2. Voraussetzungen der Rückzahlung Die Rückzahlung von eingezahlten Nachschüssen ist an eine Reihe von Bedin- 66 gungen geknüpft. Materieller Art sind die Voraussetzungen, wonach die Nachschüsse nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sein dürfen (355)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
und wonach das Stammkapital voll einbezahlt sein muß. Sie dienen der Wahrung des Stammkapitals. Die anderen Voraussetzungen sind formeller Natur: Sie sind im Hinblick auf die Interessen Dritter, die mit der Gesellschaft kontrahieren oder Geschäftsanteile erwerben wollen, getroffen. Das ist die Vorschrift der Publikation und der Beobachtung einer Frist von drei Monaten. Selbstverständliche allgemeine Voraussetzung ist ein Beschluß der Gesellschafter ( § 4 6 Nr. 3) oder eines anderen nach Gesellschaftsvertrag zuständigen Organs. Als grundsätzliches Erfordernis muß auch verlangt werden, daß die Rückzahlung dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter entspricht (Baumbach-Hueck 3 B ; Scholas 10). Es kann aber beschlossen werden, daß ein Gesellschafter dabei den anderen vorgehe. Doch bedarf dies der Zustimmung aller anderen Gesellschafter. Das Prinzip der Gleichbehandlung ist andernfalls verletzt. Anders, wenn der Gesellschaftsvertrag bereits dieses Vorrecht enthält. 3. Materielle Bedingungen 67
68
a) Volle Deckung des Stammkapitals Die eingezahlten Nachschüsse dürfen nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sein (Abs. 2 Satz 1). Die Rückzahlung darf also nicht erfolgen, wenn nach der Rückzahlung von Nachschüssen die verbleibenden Aktiva der Gesellschaft abzüglich der Schulden den Nennbetrag des Stammkapitals nicht mehr erreichen (Schölt^ 10; Baumbach-Hueck 3 A). Der Betrag anderer Eigenkapitalposten (z. B. Rücklagen oder auch das Nachschußkonto; vgl. § 42 Nr. 4) braucht dabei nicht erreicht zu werden. Beispiel: Bei einem Stammkapital von DM 100000,— und einem Nachschußkapital von DM 40000,— würde, wenn das Bilanzvermögen der Gesellschaft DM 120000,— beträgt, die Rückzahlung des ganzen Nachschußkapitals zu einer Unterbilanz (nämlich DM 20000,—) führen. Deshalb ist nur eine Teilrückzahlung der Nachschüsse bis zu einem Betrag von DM 20000,— zulässig (vgl. Baumbach-Hueck 3 A; Scholz 10). Dieses Ergebnis folgt schon aus dem ohne Einschränkung anwendbaren Abs. 1 (Scholz 10; Feine S. 327). Wie dort ist eine Rückzahlung von Nachschüssen auch dann unzulässig, wenn die Gesellschaft überschuldet ist und die eingezahlten Nachschüsse nicht mehr zur Deckung des Stammkapitals, sondern zur Deckung der Verbindlichkeiten erforderlich sind (vgl. Rdn. 18 f.). Maßgebend ist auch hier der Zeitpunkt der Auszahlung (vgl. Rdn. 24; Baumbach-Hueck 3 A); nicht des Beschlusses. Dieser kann wirksam gefaßt sein ohne Rücksicht auf den Vermögensstand. Aber die Ausführung ist abhängig von diesem. Sowohl Abs. 1 wie Abs. 2 sprechen nur von der Auszahlung. Für die Erhaltung des Stammkapitals ist es gleichgültig, wie dieses bei der Beschlußfassung aussah. Lediglich das Vorliegen einer Unterbilanz bei Auszahlung soll vermieden werden. Dabei ist die Auszahlung an die Gesellschafter als einheitlicher Akt zu betrachten. Wenn durch dieselbe nur teilweise das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, so kann nicht der Gesellschafter, der zufällig zuerst sein Geld erhob, dieses behalten und die Gesellschaft bezüglich der Rückzahlung an die anderen Gesellschafter verweisen (das folgt schon aus dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung vgl. Rdn. 59); die Ausschüttung der Nachschüsse als Ganzes führt die Unterbilanz herbei. b) Volleinzahlung des Stammkapitals Vor Volleinzahlung des Stammkapitals ist eine Rückzahlung von Nachschüssen nicht zulässig. Dies ordnet der RegE eines GmbHG (§46 Abs. 2 Satz 2) ausdrück(356)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§30
lieh an, ist aber nach herrschender und zutreffender Meinung bereits geltendes Recht {Baumbach-Hueck 3 A ; Schol^ 15; Vogel 9 ; Begr. R e g E S. 109). In § 30 Abs. 2 ist dieser Grundsatz so generell allerdings nicht zum Ausdruck gekommen. Nach Abs. 2 Satz 3 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals nur für den Fall des § 28 Abs. 2 unzulässig, nach welcher Vorschrift die Einforderung von Nachschüssen — abweichend von der Regel — schon vor der Volleinforderung des Stammkapitals für zulässig erklärt wird, wenn dies die Satzimg vorsieht und auf die Nachschüsse das Kaduzierungsverfahren der §§ 21—23 anwendbar ist (vgl. § 28, 8 ff. und R G Z 87 179). Dies muß aber, über § 28 Abs. 2 hinaus, für jegliche Rückzahlung v o n Nachschüssen gelten. Mit Ausnahme des § 28 Abs. 2 ist es Voraussetzung für die Einforderung von Nachschüssen, daß die Stammeinlagen zumindest vollständig eingefordert sein müssen (vgl. § 26, 2 1 ; § 28, 8 ff.). Wenn aber schon im Falle des § 28 Abs. 2, also bei noch nicht eingeforderter Stammeinlage, eine Rückzahlung nur nach Volleinzahlung des Stammkapitals zulässig ist, so muß dies erst recht gelten, wenn die Stammeinlage schon eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist. Dies gebietet das Interesse der Gesellschaftsgläubiger, die davon ausgehen dürfen, daß vor Erhebung von Nachschüssen das Stammkapital voll eingezahlt ist, wenn kein Fall des § 28 Abs. 2 vorliegt (abweichend noch Feine S. 328 in Anlehnung an die 5. Aufl. dieses Kommentars). Mit Schofy 15 wird man jedoch annehmen können, daß man die Rückzahlung nicht von der Volleinzahlung des gesamten Stammkapitals wird abhängig machen dürfen, wenn nicht alle Gesellschafter nachschußpflichtig sind. E s kommt dann nur auf die Volleinzahlung des auf die nachschußpflichtigen Gesellschafter entfallenden Stammkapitals an. Allerdings wird man der Gesellschaft die Befugnis zur Aufrechnung mit einer Stammeinlageforderung geben müssen (vgl. Anm. zu § 19), wenn der Gesellschafterbeschluß auf Rückzahlung (vgl. Rdn. 67) so gefaßt ist, daß die Rückzahlung mit dem Zeitpunkt der Volleinzahlung der Stammeinlage fällig wird. Hier wird durch die Aufrechnung nur ein unnützes Hin- und Herzahlen von Geld vermieden.
4. Formelle Bedingungen a) Gesellschafterbeschluß
E s muß ein Gesellschafterbeschluß auf Rückzahlung vorliegen (vgl. auch 69 (Rdn. 64). Staub (1. Aufl., ihm folgend Brodmann 2) nahm an, die Vorschrift des § 46 N r . 3 werde durch § 30 Abs. 2 zwingendes Recht, der § 45 Abs. 2 greife hier nicht Platz. Aber die Gründe, welche bei der Einforderung der Nachschüsse die Beschlußfassung durch die Gesellschafter als zwingendes Recht erscheinen ließen (vgl. § 26, 17) lassen sich hier nicht geltend machen. E s ist möglich, daß der Einforderungsbeschluß bereits festsetzt, unter welchen Bedingungen die Rückzahlung zu erfolgen hat (so auch Feine S. 328). Auch das Statut kann schon eine Bestimmung darüber enthalten, ohne daß dadurch die Nachschußeigenschaft der Leistung der Gesellschafter in Frage gestellt wird. E s muß also auch zulässig sein, die Bestimmung über die Rückzahlung einem anderen Organ, dem Aufsichtsrat, einem Beirat oder den Geschäftsführern, zu übertragen. Diese Übertragung muß im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein (so auch Schot.£ 12; Vogel 9 ; Baumbach-Hueck 4 zu § 46; Feine S. 328). Doch wird eine entsprechende Satzungsänderung ausreichend sein. Erst wenn dieser Beschluß vorliegt, entsteht das Forderungsrecht des Gesellschafters ( Schol\ 12) unabhängig von einer Mitteilung an die Gesellschafter. Allerdings muß der Geschäftsführer die bei der Beschlußfassung nicht anwesenden Gesellschafter unterrichten. (357)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Mit dem Beschluß entsteht ferner die Möglichkeit einer Beschlagnahme seitens der Gläubiger eines Gesellschafters oder einer Aufrechnung gegen einen Anspruch der Gesellschaft. Ist die Rückzahlung im Gesellschaftsvertrag oder in dem Einforderungsbeschluß unter gewissen Voraussetzungen vorgesehen, so entsteht bereits mit der Einzahlung der Rückforderungsanspruch als bedingtes Recht. Einen ausreichenden Schutz, daß der Gesellschafter auch seine Nachschüsse in der bedungenen Weise zurückerhält, gewähren diese Festsetzungen im Statut oder Einforderungsbeschluß nur dann, wenn die Einforderung nur unter gewissen Voraussetzungen zugelassen ist. Andernfalls kann die Gesellschaft durch Wiedereinrufung des zurückzuzahlenden Nachschusses das Recht auf Rückzahlung praktisch lahmlegen. Über die Folgen einer Rückzahlung von Nachschüssen ohne Beschluß des hierzu berufenen Organs oder ohne Vorliegen der durch Gesellschaftsvertrag oder Einforderungsbeschluß festgelegten Bedingungen vgl. unten Rdn. 71 ff.
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b) Publikation Der Rückzahlungsbeschluß muß in den Gesellschaftsblättern veröffentlicht werden. Fehlen solche, so muß er in denjenigen Blättern publiziert werden, die für die Bekanntmachungen des Handelsregisters bestimmt sind (vgl. §§10 und 11 HGB; der Bundesanzeiger und ein anderes vom Gericht bestimmtes Blatt; vgl. § 3, 40; Scholz 13). c) Sperrfrist Seit der ersten Publizierung müssen drei Monate vergangen sein. Es war bisher im Anschluß an den Kommissionsbericht streitig, von welcher ersten Veröffentlichung ab die Frist zu laufen beginne. Mit der h. M. ist davon auszugehen, daß die Frist mit der ersten Veröffentlichung des zuletzt erschienenen Blattes beginnt (Scholz 14; Baumbach-Hueck 3 A; Vogel 9; Feine S. 328 läßt die Frage offen). Ob überhaupt mehrere Veröffentlichungen in den vorgeschriebenen Blättern notwendig sind, ergibt sich aus der Satzung oder einem Gesellschafterbeschluß. Dies mag zur möglichst weitgehenden Verbreitung im Gläubigerinteresse angebracht sein. An die Frist selbst sind keinerlei weitere Bedingungen geknüpft. Es fehlt an einer dem § 58 entsprechenden Bestimmung über eine der Auszahlung vorhergehende Befriedigung der Gläubiger (Scholz 14). Es soll, heißt es im Kommissionsbericht, den Gläubigern überlassen sein, „geeignete Maßregeln" zu ergreifen. Diese können in der Einklagung fälliger Beträge oder in der Erwirkung von Arresten für befristete Ansprüche bestehen. Als Arrestgrund kann aber die Tatsache der bevorstehenden Rückzahlung der Nachschüsse für sich allein nicht angesehen werden.
5. Rückzahlung 72
Der Begriff der Rückzahlung ist wie der der Auszahlung weit zu fassen; es kommt nicht nur eine Barauszahlung, sondern auch jede Sachleistung seitens der Gesellschaft an die Gesellschafter in Betracht, wenn eine solche von der Gesellschafterversammlung beschlossen ist. Es kann insoweit auf die Erläuterungen zum Begriff der Auszahlung im Rahmen des Abs. 1 verwiesen werden (vgl. Rdn. 36 ff. und Scholz Baumbach-Hueck 3 B, der auch von „verdeckter Rückzahlung" spricht). (358)
Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
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6. Rückzahlung unter Verletzung des § 30 Abs. 2 Alle Zahlungen, „welche der Vorschrift des § 30 zuwider geleistet sind", 73 müssen der Gesellschaft erstattet werden (§31 Abs. 1). Darunter fallen auch Rückzahlungen von Nachschüssen; denn die Bestimmung des § 31 Abs. 1 umfaßt auch den Abs. 2 des § 30. Daraus ergibt sich, daß jeder Verstoß gegen eine der Vorschriften des § 30 Abs. 2, mögen sie materieller oder formeller Natur sein, die strengen Folgen des § 31 nach sich zieht (so auch Schöltj 3 zu § 31; Baumbach-Hueck 2 zu § 31; Vogel 2 zu § 31). Anders noch die 5. Auflage dieses Kommentars und Feine (S. 329), die bei Verletzung der formellen Vorschriften § 30 Abs. 2, § 31 nicht zur Anwendung bringen wollten. Diese Auffassung (die schon der der 6. Auflage aufgegeben wurde) ist angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht haltbar. Die strengen Folgen des § 31 können allerdings dann gemildert sein, wenn der Empfänger des zurückgezahlten Nachschusses gutgläubig war und daher nur nach § 31 Abs. 2 haftet. Erfolgt die Auszahlung, obwohl dadurch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, so liegt ein Verstoß auch im Sinne des Abs. 1 vor. Es treten alle Folgen, wie sie § 31 regelt, ein. Der von der Reichstagskommisson eingefügte Abs. 2, Satz 3 muß ebenso be- lk handelt werden. Er verbietet die Zurückzahlung der Nachschüsse vor Einzahlung des Stammkapitals. Sie ist unzulässig. Die Folge ist auch hier die Haftung gemäß § 31. Man dachte bei der Einreihung dieses Satzes 3 wohl kaum an den Riß, den man in das wohlgefügte System des Gegensatzes von Stammeinlage und Nachschuß machte. Bei der Einforderung der Nachschüsse, auch der ausnahmsweise vor der Einberufung des Stammeinlagerestes erfolgenden, gibt es keine Haftung der anderen Gesellschafter. Nur die Rechtsvorgänger haften aus Gründen, die mit der Wahrung des Stammkapitals zusammenhängen (vgl. § 28, 4). Werden aber solchergestalt eingeforderte Nachschüsse zurückgegeben, so müssen, auch wenn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen durch die Auszahlung nicht berührt wurde, bei einer während der nächsten fünf Jahre eintretenden Insolvenz der Gesellschaft die sämtlichen Gesellschafter für die Rückerstattung der Nachschüsse eintreten. Diese werden, weil das Stammkapital noch nicht eingefordert war, gleich dem Stammkapital zu einer den Gläubigern zu erhaltenden Unterlage der Gesellschaft. Das Nachschußkapital ist, sofern das Stammkapital noch nicht völlig eingezogen ist, bezüglich der Rückzahlung dem Stammkapital gleichgestellt. 7. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen (Abs. 2 Satz 4) Zurückgezahlte Nachschüsse gelten gemäß Abs. 2 Satz 4 als nicht eingezogen. 75 Richtiger wäre, „nicht eingefordert" (so auch Feine S. 328). Denn der eingeforderte, aber noch nicht eingezogene Nachschuß ist der Gesellschaft geschuldet und ist in deren Bilanz zu aktivieren. Die Rückzahlung soll aber den Zustand vor der Einforderung herstellen. Diese Wirkung ist erheblich für die Nachschußpflicht, die auf einen bestimmten Betrag beschränkt ist (§26 Abs. 3), und für die, bei der das Abandonrecht erst bei einer bestimmten Höhe eintritt (§ 27 Abs. 4). Es gelten bei dieser Berechnung die zurückgezahlten Nachschüsse als nicht eingefordert (Schölt^ 16; Baumbach-Hueck 3 C; Vogel 11; Feine S. 328). Sie werden also bei der Errechnung der schon geleisteten Nachschüsse nicht mitgerechnet. Nicht aber bedeutet diese Vorschrift, daß ein zurückbezahlter Nachschuß als nicht eingezogen noch einmal eingezahlt werden muß. Denn der Rückzahlungsbeschluß hebt ja den Einforderungs(359)
§ 30
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
beschluß auf. Die Bestimmung des Schlußsatzes des Abs. 2 Satz 4 kann durch den Gesellschaftsvertrag aufgehoben werden. Es kann bestimmt werden, daß trotz der Rückzahlung die Nachschußpflicht für den rückbezahlten Betrag erloschen bleibt (so auch Scholas 16). 8. Bilanzielle Behandlung 76
Zur bilanziellen Behandlung der Nachschüsse vgl. Anmerkungen zu § 42. Bei einer Rückzahlung vermindert sich in der Bilanz das auf der Passivseite einzustellende Nachschußkapital um den Betrag der Rückzahlung ebenso wie bei einer Abschreibung infolge Verbrauchs ( § 4 2 Nr. 4, eine unklare Vorschrift vgl. Schol\ 18 und Baumbach-Hueck 8 B zu § 42). Der Fall ist also der gleiche wie bei einer Herabsetzung des Stammkapitals. Diese erfolgt entweder zur Rückzahlung an die Gesellschafter oder zur Beseitigung einer Unterbilanz. Nur ist dort beides an dieselbe Form geknüpft, während beim Nachschußkapital die Verrechnung mit Verlusten (Beseitigung einer Unterbilanz) durch die Geschäftsführer vorgenommen wird.
(360)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
Anh. § 30
ANHANG
Unterkapitalisierung und Geselischafterdarlehen Übersicht Rdn. Einleitung
1
Reform
3
I. Unterkapitalisierung 1. Übersicht a) Diskussionsstand b) Herkunft aus dem Steuerrecht . c) Rechtstatsachen 2. Rechtliche Bedeutung der Unterkapitalisierung a) Keine Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung b) Schranken aus dem Normzweck der gesetzlichen Haftungsordnung c) Gesellschafterdarlehen 3. Begriff und Maßstab a) Begriffsdefinition b) Feststellung der Unterkapitalisierung 4. Arten der Unterkapitalisierung. . . a) Materielle und nominelle . . . . b) Anfängliche und nachträgliche. . c) Einfache und qualifizierte . . .
5 7 8 9 10 11 12 13 14 18 21 22 23 24
II. Persönliche Haftung der Gesellschafter A. Besondere Haftungsgründe 1. Überblick 2. Rechtsgeschäftliche Haftung . . . 3. Vertrauenshaftung a) Verschulden bei Vertragsschluß . b) Rechtsscheinhaftung c) Sonstige Vertrauenstatbestände . 4. Deliktische Haftung a) Kreditbetrug b) Konkursverschleppung . . . . c) Sittenwidrige Gläubigerschädigung
25 26 27 28 29 31 32 33
B. Haftung wegen Unterkapitalisierung 1. Meinungsstand 35 a) Ansichten in der Literatur a ) Überblick 36 ß) Die subjektive Mißbrauchslehre 38 (361)
Rdn. y ) Die Lehre von der Organisationsfehlerhaftung 6) Die Lehre von der Erklärungshaftung e) Normzwecklehren b) Rechtsprechung zur Unterkapitalisierung et) Überblick ß) Reichsgericht y ) Bundesgerichtshof 6) Sonstige 2. Die Ausfallhaftung der Gesellschafter bei qualifizierter Unterkapitalisierung a) Grundlagen b) Haftungsvoraussetzungen a ) Qualifizierte Unterkapitalisierung ß) Kausalität zwischen Unterkapitalisierung und Konkursreife . y ) Zurechenbarkeit der Unterkapitalisierung S) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft c) Rechtsfolgen a ) Unbeschränkt persönliche Ausfallhaftung ß) Einwendungen bei bewußter Risikoübernahme m . Gesellschafterdarlehen 1. Überblick a) Wesen und Arten b) Gesellschafterdarlehen und Unterkapitalisierung c) Mögliche Rechtsfolgen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen d) Meinungsstand a ) Rechtsprechung ß) Schrifttum 2. Gesellschafterdarlehen zur Beseitigung der Überschuldung 3. Gesellschafterdarlehen in sonstigen Fällen a) Mögliche Rechtsgrundlagen eines Rangrücktritts
40 42 43 49 50 51 53
55 59 62 64 65 66 67
68 71 72 74 75 77 78 81 82
§ 30 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Rdn.
b) Eigenkapitalersatz in Darlehensform als mißbräuchliche Finanzierung c) Die Voraussetzungen des Rangrücktritts d) Der Erstattungsanspruch der GmbH 4. Verwandte Tatbestände a) Mittelbare Gesellschafterdarlehen a) Bürgschaft ß) Sonstige Fälle b) Die Nutzungsüberlassung von Anlagegegenständen an die GmbH 5. Sonstige Rechtsbehelfe a) Deliktische Ansprüche b) Konkursanfechtung
84 86 89 92 93 94 95 96 97
Rdn. IV. GmbH & Co K G 1. Die Haftungsrechtliche Vergleichbarkeit von GmbH und GmbH & Co K G a) Meinungsstand 98 b) Stellungnahme 99 2. Einzelheiten 100 V. Gesellschafterdarlehen im Steuerrecht 1. Die steuerrechtlichen Unterschiede zwischen verdecktem Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen . . . . 1 0 3 2. Körperschaftsteuer 3. Vermögensteuer 4. Gesellschaftsteuer
104 106 107
Schrifttum Arbeitskreis GmbH-Reform Thesen und Vorschläge zur GmbH-Reform Bd. II (1972); Ballerstedt 75 Jahre GmbH-Gesetz, GmbH-Rdsch. 1967 66; Canaris Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht (1971); v. Caemmerer Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen, in: Quo vadis, ius societatum? Festschrift für Pieter Sanders (1972), S. 17; Drobnig Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften (1959); Erlinghagen Haftungsfragen bei einer unterkapitalisierten GmbH, GmbHRdsch. 1962 169; ders. Gesellschafter-Darlehen im Regierungsentwurf eines neuen GmbH-Gesetzes, in: Beiträge zum Wirtschaftsrecht, Festschrift für Heinz Kaufmann (1972), S. 139; Erman Zur Frage der Haftung der Hintermänner überschuldeter Gesellschaften, KTS 1959 129; Geßler Probleme der GmbH-Rechtsreform, GmbH-Rdsch. 1966 102; ders. Grundfragen der GmbH-Reform, BB 1971 665; Hofmann Zum „Durchgriffs"-Problem bei der unterkapitalisierten GmbH, N J W 1966 1941; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970); Kalter Einige Gedanken zur unterkap. GmbH — Ein Fall der Durchgriffshaftung, KTS 1970 267; Kamm Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften, Diss. Düsseldorf 1970; Kamprad Gesellschafterdarlehen an die GmbH als verdeckte Stammeinlagen (1968); ders. Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen im Konkurs und Vergleich der GmbH in der rechtspolitischen Diskussion, GmbH-Rdsch. 1975 54; Kreifels Haftungsfragen bei der Einmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1956 81; Kuhn, G. Haftungsprobleme bei der GmbH & Co., in: Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968), S. 203; Kuhn, O. Strohmanngründung bei Kapitalgesellschaften (1964); Lutter Rechtsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft, in: Probleme der GmbH-Reform (1970), S. 63; Messmer Die durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Recht der Gesellschaftssteuer und in dem Entwurf eines GmbHGesetzes, BB 1970 1057; Müller, K. Zur Haftung des Gesellschafters im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH, ZHR 1975 101; Müller-Freienfels Zur Lehre vom sog. „Durchgriff" bei juristischen Personen im Privatrecht, AcP 156 1957 522; Neflin Schutz des gutgläubigen Verkehrs vor einem schädigenden Verhalten der hinter einer Kapitalgesellschaft stehenden Kräfte, GmbH-Rdsch. 1963 41; Pleyer Zur Haftung bei einer Strohmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1960 43; ders. Zur Haf(362)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
Anh. § 30
tung des Gesellschafters einer unterkapitalisierten Strohmann-GmbH, GmbHRdsch. 1963 206; Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht (1969); Reinhardt Gedanken zum Identitätsproblem bei der Einmanngesellschaft, in: Festschrift für Heinrich Lehmann II. Band (1956), S. 576; Schönle Zur Haftung bei einer Strohmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1960 63; Serick Rechtsform und Realität juristischer Personen (1955); ders. Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen unter Berücksichtigung von Organschafts- und Konzernverhältnissen (1959); Sonnenberger Das Darlehen des GmbH-Gesellschafters als Mittel der Gesellschaftsfinanzierung, NJW 1969 2033; Stauder Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften, GmbHRdsch. 1968 72; Unger Die Inanspruchnahme des verdeckten Kapitalgebers, KTS 1959 33; Westermann, H. P. Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften (1970); Wiedemann Haftungsbeschränkung und Kapitaleinsatz in der GmbH, in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH (1968), S.5; Winter, G. Die Haftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH (1973); Wüst Gläubigerschutz bei der GmbH (1966). Aus dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum zur Frage der Unterkapitalisierung: Albach Zur Finanzierung von Kapitalgesellschaften durch ihre Gesellschafter, ZgesStW 118 1962 653; Büschgen Zur Eigenkapitalausstattung der GmbH und GmbH & Co. KG, GmbH-Rdsch., 1974 25 und 49; Härle Finanzierungsregeln und ihre Problematik (1961); Littmann Zur Frage der Grundgesetzlichkeit des § 3 Abs. 1 KVStG, GmbH-Rdsch. 1959 214; Lohmann Zur Problematik der goldenen Bilanzregel, Wirtschaftsprüfung 1959 141; Strobel Betriebswirtschaftliche Überlegungen zur Reform der Behandlung von GmbH-Gesellschafterdarlehen im Falle des Konkurses oder Vergleichs, DB 1973 1961. Einleitung Die GmbH ist juristische Person mit einem auf ihr Vermögen beschränkten | Haftungsfonds. Die Höhe dieses Vermögens wird bei der Gründung durch das im Gesellschaftsvertrag festzusetzende, mit der Summe der Stammeinlagen übereinstimmende Stammkapital (§ 5 Abs. 1, Abs. 3 S. 3) bestimmt. Seiner Aufbringung und Erhaltung zum Schutze der Gläubiger widmet das Gesetz eine Vielzahl von Vorschriften (§§ 5, 7 Abs. 2, 19—25, 30—33). Dagegen enthält es keine Regelungen, nach denen das Eigenkapital der Gesellschaft in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten oder tatsächlichen Geschäftsumfang stehen muß; die Vorschrift über das Mindeststammkapital von DM 20000 ( § 5 Abs. 1) kann diese Funktion angesichts des geringen Kapitalerfordernisses und der starren Grenze nicht erfüllen. Ebenso ist den Gesellschaftern die Rechtsform für die Finanzierung der GmbH (Kapitaleinlagen, Nachschüsse oder Darlehen) nicht vorgeschrieben; auch gibt es keine Bestimmungen, wonach Gesellschafterdarlehen im Konkurs generell oder unter bestimmten Voraussetzungen hinter sonstigen Forderungen gegen die GmbH zurücktreten. Die Rechtsfragen einer Gesellschafterhaftung bei Unterkapitalisierung sowie 2 der Behandlung von Gesellschafterdarlehen im Konkurs bilden seit längerem den Gegenstand lebhafter Erörterungen im Schrifttum; die Rechtsprechung hat sich bisher im wesentlichen auf die Probleme der Gesellschafterdarlehen beschränkt. Dabei besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß das Schweigen des Gesetzgebers von 1892 nicht als Freibrief für die Gesellschafter zu verstehen ist, eine mit dem Mindestkapital ausgestattete GmbH nach freiem Belieben zu finanzieren oder das (363)
§ 30 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Risiko der Geschäftstätigkeit so weit wie irgend möglich auf die Gläubiger zu verlagern. Einheitliche Lösungsansätze zur Schließung der Gesetzeslücke sind freilich noch nicht in Sicht. Das gilt namentlich für die Probleme der Unterkapitalisierung, d. h. der ungenügenden, zum Zusammenbruch führenden finanziellen Ausstattung der Gesellschaft mit Mitteln der Gesellschafter. Die Ansichten in der Literatur schwanken hier von einer großzügigen Bejahung von Ansprüchen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Gesellschafter nach § 826 BGB über unterschiedliche Durchgriffstheorien bis hin zur Inanspruchnahme der maßgeblichen Gesellschafter aus dem Gedanken eines Organisationsfehlers oder aus einer im Betreiben der GmbH angeblich liegenden Erklärung angemessener Kapitalausstattung, während die Rechtsprechung über obiter dicta mit uneinheitlicher Grundausrichtung nicht hinausgekommen ist. Eine gewisse Konkretisierung zeichnet sich demgegenüber bei der Behandlung von Gesellschafterdarlehen ab. Nach gesicherter Rechtsprechung können sie im Konkurs der Gesellschaft nicht geltend gemacht bzw. müssen im Fall der Rückzahlung vor Konkurseröffnung an die Masse zurückgewährt werden, wenn sie zur Abwendung des Konkurses gegeben worden waren. Darüberhinaus bestehen deutliche Tendenzen, Gesellschafterdarlehen den Gläubigern gegenüber auch in sonstigen Fällen als Haftkapital zu behandeln, soweit sie der Gesellschaft in einem Zeitpunkt gewährt oder belassen wurden, in dem diese mangels Kreditfähigkeit auf weiteres Kapital angewiesen war. Reform 3
Der Regierungsentwurf eines GmbHG beschränkt sich in den §§49, 50 darauf, nähere Bestimmungen für die Behandlung von Gesellschafterdarlehen im Konkurs der GmbH sowie für den Fall ihrer Rückzahlung vor Konkurseröffnung zu treffen (vgl. Rdn. 4). Dagegen verzichtet er auf Vorschriften für den Fall der Unterkapitalisierung. Wie es in der Begründung heißt, könnten solche Regelungen zwar durchaus erwägenswert sein. Sie erwiesen sich jedoch bei näherer Betrachtung als nicht durchführbar, da sich weder bei der Gründung noch auch im Laufe der späteren Geschäftstätigkeit der Gesellschaft der Betrag des dem Geschäftsumfang angemessenen Eigenkapitals mit hinreichender Sicherheit feststellen lasse. Die Anordnung einer Haftung der Gesellschafter für die fehlende Eigenkapitalausstattung sei daher mit dem Gebot der Rechtssicherheit nicht vereinbar (BR-Drucks. 595/71, S. 109f.). An dieser auffallenden, mit den sonstigen Bestrebungen des RegE um einen verbesserten Gläubigerschutz schwer vereinbaren Zurückhaltung ist mehrfach — und zu Recht — Kritik geübt worden (vgl. etwa Winkler BB 1969 1202, 1207; Erlinghagen in Festschrift für Kaufmann [1972], S. 139, 143ff., G. Winter S. 168ff., Arbeitskreis GmbH-Reform Thesen und Vorschläge Bd. 2 [1972], S. 13ff., K. Müller ZRP 1975 101, 102). Eingewandt wurde namentlich, wenn der Gesetzgeber für den Fall der Gesellschafterdarlehen Konsequenzen aus der (nominellen) Unterkapitalisierung ziehe, sei nicht einzusehen, warum er Haftungsfolgen nicht auch an die Unterkapitalisierung als solche knüpfe. Daß derartige Regelungen nicht an dem Gebot der Rechtssicherheit scheitern müssen, zeigt der vom Arbeitskreis GmbH-Reform (S. 13 ff., 21 ff.) vorgelegte Gesetzesvorschlag. Er sieht eine durch den Konkursverwalter geltendzumachende Haftung der maßgebenden Gesellschafter in Höhe von bis zu 50% der nicht bevorrechtigten Forderungen im Konkurs der Gesellschaft vor, die dann eingreifen soll, wenn das Eigenkapital der Gesellschaft bei Gründung oder im späteren Verlauf eindeutig außer Verhältnis zum angestrebten oder tatsächlichen Geschäftsumfang stand und die Gesellschafter grobfahrlässig ihre Pflicht ver(364)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
Anh. § 30
letzt haben, für eine ordnungsmäßige Eigenkapitalausstattung der am Rechtsverkehr teilnehmenden Gesellschaft zu sorgen. Ein weiterer, von der Verpflichtung der Gesellschafter zur Ausstattung der GmbH mit branchenüblichem Eigenkapital ausgehender Gesetzesvorschlag findet sich bei G. Winter S. 122 ff. Für die Kopplung von Konkursausfallhaftung und Konkursantragsrecht der Gesellschafter K. Müller ZRP 1975 101, 103 ff. Die für Gesellschafterdarlehen in §§ 49, 50 RegE vorgesehene Regelung 4 beruht auf dem Grundgedanken, daß im Verhältnis zu den GmbH-Gläubigern Darlehen dann als haftendes Kapital zu behandeln sind, wenn sie der GmbH zu einem Zeitpunkt gewährt oder belassen wurden, „in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten". Als Hauptfall einer solchen Mittelzuführung nennt der RegE ein Darlehen zur Abwendung oder zum Hinausschieben der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft. Die noch im RefE von 1969 enthaltenen Vermutungsregelungen über den kapitalersetzenden Charakter bestimmter Gesellschafterdarlehen sind im RegE fallengelassen worden; die Voraussetzungen des § 49 RegE wären im Streitfall daher vom Konkurs- oder Vergleichsverwalter zu beweisen. Die Rechtsfolge des kapitalersetzenden Charakters eines Gesellschafterdarlehens besteht darin, daß der Gesellschafter seinen Rückzahlungsanspruch im Gesellschaftskonkurs oder im konkursabwendenden Vergleich nicht geltend machen kann ( § 4 9 Abs. 1 S. 1). Ist das Darlehen an den Gesellschafter zurückgezahlt worden, so unterliegt die Rückzahlung der Konkursanfechtung, wenn sie innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung erfolgt ist; das gleiche gilt — ohne Befristung — für Sicherheiten, die die Gesellschaft dem Gläubiger für sein Darlehen gewährt hat (§50 Abs. 1 und 2). In einer Reihe weiterer Vorschriften ist sichergestellt, daß die Grundsätze über Gesellschafterdarlehen auch anzuwenden sind auf Darlehen von Ehegatten und Kindern eines Gesellschafters, soweit sie aus dessen Mitteln gewährt wurden ( § 4 9 Abs. 6), sowie auf gestundete Forderungen Dritter gegen die Gesellschaft, die ein Gesellschafter erworben hat ( § 4 9 Abs. 2). Schließlich sind nach § 49 Abs. 3 auch solche Forderungen Dritter von der Regelung erfaßt, für die ein Gesellschafter Sicherheiten bestellt oder die Bürgschaft übernommen hat; der Gläubiger soll nur mit demjenigen Teil der Darlehensforderung am Konkursverfahren teilnehmen können, mit dem er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist. — Die entgegen verbreiteter Kritik (Erlinghagen in Festschrift für Kaufmann S. 139ff., Kamprad GmbH-Rdsch. 1975 54, K. Müller ZRP 1975 101, G. Winter S. 114ff. u. a.) alles in allem als wohlabgewogen zu bezeichnenden Regelungsvorschläge sind insgesamt dazu bestimmt, verhindern, daß Gesellschafter das mit der an sich erforderlichen Kapital^uführung verbundene Risiko durch Darlehensgewährung auf die Gesellschaftsgläubiger abwälzen (Begründung zu § § 49, 50, BRDrucks. 595/71 S. 110). Diesem aus der Stellung von Gesellschaftern und Gläubigern zur Gesellschaft sowie aus der gesetzlichen Risikoverteilung ableitbaren Grundsatz ist auch schon nach geltendem Recht Rechnung zu tragen (vgl. Rdn. 68ff., 81 ff.).
I. Unterkapitalisierung 1. Übersicht a) Diskussionsstand Probleme der Unterkapitalisierung und ihrer Rechtsfolgen werden in der ge- 5 seilschaftsrechtlichen Diskussion in zweifacher Hinsicht behandelt. Zum einen geht (365)
§ 30 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
es um die Frage, ob die unzureichende Kapitalausstattung einer GmbH zur — beschränkten oder unbeschränkten — persönlichen Ausfallhaftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH führen kann. Eine Reihe entsprechender Vorschläge — überwiegend bereits zum geltenden Recht aufgestellt — findet sich in der Literatur; demgegenüber sind Urteile ordentlicher Gerichte, in denen Gesellschafter zur Zahlung wegen Unterkapitalisierung verpflichtet worden wären, bisher nicht bekannt geworden (Rdn. 49 ff.). Der zweite mit der Unterkapitalisierung zusammenhängende Problemkreis betrifft die Behandlung von Gesellschafterdarlehen mit eigenkapitalersetzendem Charakter. Hier geht die Tendenz von Rechtsprechung und Literatur dahin, solche Mittel unter im einzelnen unterschiedlichen Voraussetzungen im Konkurs der GmbH als Haftkapital zu behandeln mit der Folge, daß die Gesellschaftsgläubiger gegenüber den Drittgläubigern im Rang zurückzutreten bzw. bei Rückzahlung kapitalersetzender Darlehen vor Konkurseröffnung diese entsprechend § 31 GmbHG an die Masse erstatten müssen (Rdn. 86 ff.). 6 Die Erörterung der Rechtsfolgen einer Unterkapitalisierung setzt voraus, daß über den Begriff der Unterkapitalisierung und die Maßstäbe zu ihrer Feststellung Klarheit besteht. Das ist indessen bisher nicht der Fall. Vielmehr wird bereits der Begriff der Unterkapitalisierung mit deutlich unterschiedlichem Inhalt verwendet. So stellt etwa der Bundesgerichtshof (BGHZ 31 258, 268) ab auf das Mißverhältnis zwischen Haftkapital und sat^ungsmäßigem Gesellschafts^weck (ähnlich Reinhardt S. 590f.: Unternehmenszweck). Das Reichsgericht (RGZ 166 51, 57) sah — ohne bereits den Ausdruck „Unterkapitalisierung" zu verwenden — als rechtserheblich für einen etwaigen Mißbrauch der Rechtsform das Verhältnis zwischen Kapitalgrundlage und Aufgaben der GmbH an. In der Literatur wird zur Kennzeichnung der Unterkapitalisierung überwiegend auf das Mißverhältnis zwischen Eigenkapital und Geschäftsumfang abgestellt {Kamprad S. 10, Kalter KTS 1970 267, 269, Arbeitskreis GmbH-Reform S. 13). Daneben findet sich auch der Vergleich des Gesellschaftskapitals mit dem Unternehmensrisiko (Wiedemann S. 18, 23) sowie die Heranziehung der branchenüblichen Eigenkapital /Fremdkapital- bzw. der Eigenkapital/Anlagevermögen-Relation (G. Winter S. 141 ff. in Anlehnung an betriebswirtschaftliche Maßstäbe). Noch größere Schwierigkeiten treten bei der Feststellung des Vorliegens einer Unterkapitalisierung auf (grundsätzlich gegen die normative Anknüpfung an die Unterkapitalisierung daher Ballerstedt ZHR 135 1971 392 f.). Sie hat bisher vor allem das Steuerrecht (Rdn. 7) beschäftigt, ohne daß sich praktikable, allgemein anerkannte Beurteilungsmaßstäbe herausbilden konnten (Messmer BB 1970 1057 [1059, 1063] m. Nachw.). In der Betriebswirtschaftslehre ist bisher zwar eine Reihe von Finanzierungsregeln aufgestellt worden (Nachweise bei Albach ZgesStW 118 1962 653, 656 f. und Büschgen GmbH-Rdsch. 1974 27, 31 f.). Sie haben sich indessen weder allgemein durchgesetzt, noch stimmen sie inhaltlich völlig überein, ganz abgesehen davon, daß sie keinen Raum lassen für branchen- oder unternehmensbedingte Sonderfaktoren. Überdies gibt die Ermitdung des Kapitalbedarfs des Unternehmens nicht stets auch eine Antwort auf die für die Rechtsfolgen einer Unterkapitalisierung interessierende Frage nach dem angemessenen Verhältnis von Eigen- und langfristigem Fremdks^wA (Büschgen S. 32, 52, K. Müller ZRP 1975 101, 102 m. weit. Nachw. in FN 9). Wie Littmann GmbH-Rdsch. 1959 214, 215 und Lohmann WPg 1959 141 ff. im Hinblick auf § 3 Abs. 1 KVStG a. F. nachgewiesen haben, läßt sich vielmehr auch nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben das erforderliche Eigenkapital eines Unternehmens nur im Rahmen gewisser Bandbreiten bestimmen. Abweichend hiervon hält Albach ZgesStW 118 1962 653, 672ff. zwar eine weitgehende Konkretisierung des Eigenkapitalbedarfs unter Einengung des (366)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
Anh. § 30
Beurteilungsrahmens für möglich. Dabei greift er jedoch auf das jeweilige Finanzierungsverhalten und die Risikobereitschaft des betreffenden Unternehmers zurück (S. 674f.) und verwendet damit einen faktischen Maßstab, der als Grundlage normativer Anforderungen für die Kapitalausstattung einer GmbH ungeeignet ist (so auch Wiedemann S. 31 f.). b) Herkunft aus dem Steuerrecht Rechtsprobleme der Unterkapitalisierung sind zunächst und am eingehendsten 7 im Steuerrecht erörtert worden. Dort geht es freilich jeweils nur darum, eine „nominelle", durch Hingabe von Gesellschafterdarlehen statt Haftkapital gekennzeichnete Unterkapitalisierung festzustellen. Zu entscheiden ist, ob und unter welchen Voraussetzungen die der Gesellschaft von Gesellschaftern ^«rgeführten, zivilrechtlich nicht in Form von Haftkapital gewährten Mittel wegen ihres eigenkapitalersetzenden Charakters steuerlich als Kapitaleinlage zu beurteilen sind. Die Frage stellt sich sowohl für das Körperschaftsteuerrecht (Darlehenszinsen als gewinnmindernde Betriebsausgaben?) als auch für das Vermögensteuerrecht (Abzugsfähigkeit der Gesellschafterdarlehen bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens?). Sie wird neuerdings für beide Bereiche nach einheitlichen Grundsätzen unter weitgehender Beachtung der zivilrechtlichen Gestaltung entschieden (vgl. Rdn. 104f.). Die früher im Vordergrund stehende kapitalverkehrsteuerliche Beurteilung von Gesellschafterdarlehen (dazu Näheres bei Messmer BB 1970 1057 ff., Kamprad S. 4ff. und G. Winter S. 135 ff.) knüpfte demgegenüber an die besondere Umgehungsvorschrift des § 3 Abs. 1 KVStG a. F. an, wonach der Gesellschaftsteuer auf Kapitaleinlagen auch Gesellschafterdarlehen unterliegen, wenn hierdurch eine „durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzt" wird. Sie hat sich im wesentlichen dadurch erledigt, daß die Vorschrift des § 3 Abs. 1 im KVStG 1972 ersatzlos gestrichen wurde. Damit bewendet es auch für die kapitalverkehrsteuerliche Beurteilung bei der allgemeinen Umgehungsvorschrift des § 6 Abs. 1 StAnpG. Eine ausdrückliche Erstreckung der Gesellschaftssteuer auf Gesellschafterdarlehen ist heute nur noch in denjenigen Ausnahmefällen vorgesehen, in denen dem Darlehensgeber eine Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationserlös der Gesellschaft gewährt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG). c) Rechtstatsachen Die erhebliche Bedeutung, die den Problemen der Unterkapitalisierung gerade 8 für die Rechtsform der GmbH zukommt und die Suche nach Sanktionen zum Schutz der Gläubiger nahelegt, wird unterstrichen durch die verfügbaren Rechtstatsachen zur Kapitalstruktur und Konkursanfälligkeit von Unternehmen in der Rechtsform der GmbH. So wiesen zum 31. 12. 1974 von den insgesamt 122248 eingetragenen Gesellschaften mbH 75334 oder 61,7% nur das Mindeststammkapital von DM 20000 auf; auch bei dem Großteil der übrigen Gesellschaften (29604 oder 24,2%) lag das Stammkapital noch unter DM 100000. Das gesamte Stammkapital aller 122248 GmbH belief sich auf rd. 64,6 Mrd DM gegenüber rd. 71 Mrd DM Grundkapital der zum 31. 12. 1974 bestehenden 2218 Aktiengesellschaften (Wirtschaft und Statistik 1975 182 ff.). Auch wenn man berücksichtigt, daß an der überdurchschnittlichen Zunahme der Zahl von GmbH mit gesetzlichem Mindeststammkapital (sie stieg von rd. 19000 im Jahr 1962 über rd. 35000 im Jahr 1968 [Zahlen nach Barz, in: GmbH-Reform, 1970, S. 38] auf rd. 75000 im Jahr 1974) die zunehmende Verwendung der GmbH als Komplementär einer GmbH & Co. KG (367)
§ 30 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
wesentlichen Anteil hat, bleibt die Entwicklung beunruhigend. Das bestätigt auch die Konkursstatistik, in der die GmbH unter allen Gesellschaften nach wie vor die mit Abstand führende Position einnimmt. So entfielen im Jahre 1974 1869 Konkursanträge auf Unternehmen in der Rechtsform der GmbH gegenüber 1223 Anträgen bei Personengesellschaften und 13 bei AG und KGaA. Besonders bemerkenswert ist dabei die hohe Zahl von 1000 (53,5%) Ablehnungen von GmbHKonkursen mangels Masse gegenüber nur 435 (35%) bei Personengesellschaften und 4 (30%) bei AG und KGaA (Wirtschaft und Statistik 1975 371). Zum Kapitalmangel als wichtigster Konkursursache von Unternehmen vgl. auch Keiser Betriebswirtschaftliche Analysen von Insolvenzen bei mittelständischen Einzelhandlungen (1966), S. 104ff., 109 ff., Preyer Zur Insolvenzanfälligkeit der Unternehmen, KTS 1966 86, 88f., Schult^ Kreditwürdigkeit und Unternehmensform (1967), S. 43ff., K. Müller ZRP 1975 101,103 m. w. Nachw. 2. Rechtliche Bedeutung der Unterkapitalisierung 9
10
Die Erarbeitung des gesellschaftsrechtlichen Begriffs der Unterkapitalisierung und die Gewinnung der Maßstäbe, nach denen sich ihr Vorliegen bestimmt, machen es erforderlich, zunächst einen Überblick über die Funktionen zu gewinnen, die dem Begriff nach geltendem Recht zukommen können, sowie die in Betracht kommenden Rechtsfolgen kurz zu skizzieren. Im Anschluß an die bisherige Diskussion zur Unterkapitalisierung (Rdn. 35 ff.) lassen sich dabei im einzelnen drei Grundsätze unterscheiden, von denen für die rechtliche Beurteilung der Kapitalausstattung einer GmbH auszugehen ist. a) Keine Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung Der erste dieser Grundsätze betrifft die Höhe des für die einzelne Gesellschaft zwingend erforderlichen Kapitals. Insoweit sollte außer Streit stehen, daß eine Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung oder ein gleitendes Mindestkapital dem GmbH-Gesetz unbekannt ist und auch nicht aus ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen gefolgert werden kann (so zu Recht schon Reinhardt in Festschrift für Lehmann, S. 589—591 sowie G. Winter S. 85, 99, 107 gegen die Haftungskonzepte von Erlinghagen, Erman, Wiedemann und Winkler a. a. O., die mit im einzelnen unterschiedlicher Begründung jeweils von einer derartigen Pflicht ausgehen; vgl. dazu auch Rdn. 41). Das GmbH-Gesetz selbst hat sich mit der Statuierung eines festen Mindestkapitals von DM 20000 begnügt und die Festsetzung eines höheren Stammkapitals der Privatautonomie der Gesellschafter überlassen; im Rahmen der Reformüberlegungen ist eine Aufstockung allenfalls auf DM 50000 im Gespräch (so der Änderungsvorschlag des Bundesrats, BT-Drucks. 7/253, S. 260). Daß eine generelle Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung nicht besteht, zeigt auch abgesehen von den Schwierigkeiten der Ermitdung der angemessenen Kapitalhöhe (Rdn. 6) ein Umkehrschluß zu einer Reihe von Spezialgesetzen ( § 1 0 KWG, § 2 KAGG, § § 8 und 115 VAG); sie schreiben für bestimmte, aus Gründen des Vertrauensschutzes der Öffentlichkeit einer besonderen Aufsicht unterstellte Bereiche (Kreditinstitute, Kapitalanlage- und Versicherungsgesellschaften) ausnahmsweise die Bereitstellung eines angemessenen haftenden Eigenkapitals vor, das sich an dem Umfang des anvertrauten Vermögens einschließlich der übernommenen Risiken zu orientieren hat und im Einzelfall von der Aufsichtsbehörde festgesetzt wird. Schließlich entspricht es auch der Rechtsform der GbmH und ist ihren Gläu(368)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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bigern bekannt, daß ihrem Zugriff grundsätzlich nur das Vermögen der Gesellschaft als beschränkter Haftungsfonds unterliegt und weitergehende Ansprüche gegen die Gesellschafter auch im Konkurs nicht bestehen. b) Schranken aus dem Notmzweck der gesetzlichen Haftungsordnung 11 Eine Einschränkung findet die Privatautonomie der Gesellschafter bei der Eigenkapitalausstattung der GmbH durch einen zweiten Grundsatz für die Beurteilung der Kapitalausstattung, den allgemeinen, im Rahmen der Lehre vom „Durchgriff" speziell auch für die Kapitalgesellschaften betonten Mißbrauchsvorbehalt (§ 242 BGB). Die Rechtsform der GmbH soll den Gesellschaftern zwar die Möglichkeit geben, die Risiken ihrer Geschäftstätigkeit überschaubar zu halten und den Zugriff der Geschäftsgläubiger auf das in der GmbH investierte Vermögen zu begrenzen. Sie wurde dem Rechtsverkehr aber nicht auch deshalb zur Verfügung gestellt, um einseitig auf Kosten der Gläubiger zu spekulieren und Unternehmen mit eindeutig unzureichender Kapitalausstattung in der Erwartung zu betreiben, entweder durch eine überraschende Geschäftsentwicklung hohe Gewinne zu erzielen oder aber bei normalem Verlauf die Gesellschaft in Konkurs gehen zu lassen und einen relativ geringen Kapitalverlust in Kauf zu nehmen. Eine Haftung aus § 826 BGB wird in derartigen Fällen wegen der Nachweisschwierigkeiten im subjektiven Bereich zwar meist ausscheiden (Rdn. 34). Daraus folgt jedoch nicht, daß bis zur Grenze des § 826 BGB jede Art der Gläubigergefährdung erlaubt ist. Eine solche Annahme wäre nicht nur unvereinbar mit der allgemeinen Mißbrauchslehre im Rahmen von § 242 BGB. Vielmehr und vor allem würde sie auch nicht dem Übergang von einer stärker formalen zu wertender Betrachtung Rechnung tragen, wie er in der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht und insbesondere zu der mit der GmbH verwandten Rechtsform der GmbH & Co. KG zu Recht zutage tritt. c) Gesellschafterdarlehen Das dritte Element im Rahmen der Rechtsprobleme der Unterkapitalisierung 12 bildet schließlich die Behandlung von Gesellschafterdarlehen. Insoweit geht es entgegen mehrfach anzutreffender Ansicht (vgl. etwa Erlinghagen in Festschrift für Kaufmann, S. 143ff., Winkler BB 1969 1207) nicht lediglich um einen Unterfall der allgemeinen Kapitalausstattungsproblematik. Denn abweichend vom Grundfall der Unterkapitalisierung führen die Gesellschafter in diesem Fall der GmbH tatsächlich Mittel zu. Sie bringen damit zum Ausdruck, daß nach ihrer eigenen Beurteilung ein Finanzbedarf — wenn auch nicht notwendig ein Bedarf an i?/g«?kapital — bei der Gesellschaft besteht. Soweit es um diese Art der Finanzierung geht, stellt sich die Rechtsfrage also nicht dahin, ob eine persönliche Haftung der Gesellschafter wegen unzureichender Kapitalausstattung in Betracht kommt, sondern ob die Gesellschafter im Verhältnis zu den Gläubigern die zugeführten Mittel trotz deren Hingabe in Form von Darlehen als Haftkapital behandeln lassen müssen, solange und soweit sie einen entsprechenden Eigenkapitalbedarf der Gesellschaft decken. Wie später (Rdn. 84 f.) im einzelnen zu zeigen ist, entspricht eine derartige Einschränkung der Gestaltungsfreiheit bei der Finanzierung der Gesellschaft, wie sie im einzelnen in den §§ 49, 50 RegE vorgesehen ist (Rdn. 4), im Grundsatz auch schon geltendem Recht. Dazu bedarf es keines Rückgriffs auf die nur in Ausnahmefällen eingreifenden Schranken der Privatautonomie bei der Kapitalausstattung der GmbH (Rdn. 11). Vielmehr ergibt sich dieser Rechtssatz bereits aus der demunter(369)
§ 30 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
nehmerischen Eigeninteresse der Gesellschafter und ihrer Nähe zur Gesellschaft Rechnung tragenden gesetzlichen Haftungsordnung im Rahmen der GmbH; sie geht von der Annahme aus, daß das der GmbH von den Gesellschaftern gewidmete Kapital voll dem Haftungszugriff der Gläubiger unterliegt. Eine Durchbrechung dieser Ordnung zu Lasten der Gläubiger durch abweichende zivilrechtliche Gestaltungen steht nicht im Belieben der Gesellschafter. Nach den Grundsätzen über das Verbot mißbräuchlichen Verhaltens müssen sie sich vielmehr am Akt der Mittelzuführung festhalten lassen, wenn sie — trotz objektiv bestehenden Eigenkapitalbedarfs — die Befriedigung dieses Bedarfs formell im Darlehenswege vornehmen und dadurch ihr finanzielles Risiko zum Nachteil der Gläubiger möglichst gering zu halten suchen. 3. Begriff und Maßstab der Unterkapitalisierung 1B
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Die Ausführungen in Rdn. 5 haben gezeigt, daß dem Begriff der Unterkapitalisierung gesellschaftsrechtlich eine doppelte, für die Begriffsdefinition wesentliche Funktion zukommt. Zum einen kennzeichnet er das Stadium, in dem die Verwendung der Rechtsform der GmbH sich wegen eindeutig unzureichender Finanzierung dem allgemeinen Mißbrauchsvorwurf aussetzt mit der Rechtsfolge der persönlichen Ausfallhaftung derjenigen Gesellschafter, denen der Mißbrauch zuzurechnen ist. Zum anderen bildet er die Voraussetzung, bei deren Vorliegen Gesellschafterdarlehen im Verhältnis zu den GmbH-Gläubigern als Haftkapital zu behandeln sind. Insoweit genügt bereits das objektive Bestehen von i?igi»kapitalbedarf zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit; auf eine eindeutig unzureichende Finanzierung kommt es nicht an. Dementsprechend ist auch für den Begriff der Unterkapitalisierung zu unterscheiden zwischen zwei Stufen: der einfachen, zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen als Haftkapital führenden, und der qualifizierten, die persönliche Ausfallhaftung der Gesellschafter begründenden Unterkapitalisierung. a) Begriffsdefinition Von den in der bisherigen Diskussion verwendeten Bedeutungen des Begriffs der Unterkapitalisierung (Rdn. 6) erweist sich die Mehrzahl aufgrund der funktionellen Betrachtung als für die Definition ungeeignet. So scheiden zunächst diejenigen Begriffsinhalte aus, die sich auf allgemeine oder branchenspezifisch konkretisierte Finanzierungsmaßstäbe wie eine bestimmte Relation von Eigen- und Fremdkapital oder von Eigenkapital und Anlagevermögen beziehen. Sie setzen die — nach geltendem Recht gerade fehlende (Rdn. 10) — Verbindlichkeit derartiger Finanzierungsregeln voraus (zu entsprechenden Vorschlägen de lege ferenda vgl. G. Winter S. 121 ff.), eignen sich aber nicht als Anknüpfungskriterien für die Feststellung eines Rechtsmißbrauchs. Darüberhinaus sind sie auch nicht in der Lage, den Unterschieden in der Finanzplanung der einzelnen Gesellschaften (Betriebsaufspaltung, Leasing u. a.) und ihrem entsprechend unterschiedlichen Finanzbedarf Rechnung zu tragen. Ebenso müssen Kriterien außer Betracht bleiben, die sich auf den Konkurseintritt und die Höhe des Gläubigerausfalls beziehen: sie tragen der aus Rechtssicherheitsgründen erforderlichen ex-ante-Betrachtung nicht hinreichend Rechnung und laufen Gefahr, unter weitgehender Durchbrechung des Ausschlusses der persönlichen Haftung zu einer am Konkursausfall orientierten Gefährdungs- oder Risikohaftung der GmbH-Gesellschafter zu kommen; das gilt auch für die Bezugnahme auf die Relation zwischen Eigenkapital und Gläubigerrisiko (Wiedemann S. 18,23). Die Kriterien des Gesellschaftszwecks (BGHZ 31 258, 268) oder der satzungsmäßigen Auf(370)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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gaben der GmbH (RGZ 166 51, 57) schließlich sind zu abstrakt, um sie als Voraussetzung für einschneidende Rechtsfolgen zu Lasten der Gesellschafter zu verwenden. Einen geeigneten, wenn auch ergänzungsbedürftigen Ansatz bietet demgegen- 15 über die in der Literatur (Kamprad, Kalter, Arbeitskreis GmbH-Reform a. a. O.) herausgestellte Relation zwischen Eigenkapital und Geschäftsumfang. Daß der Geschäftsumfang eine der für den Kapitalbedarf der Gesellschaft relevanten Größen ist, bedarf keiner weiteren Begründung; im einzelnen ist dabei freilich je nach dem Alter der Gesellschaft zu unterscheiden zwischen dem im Gründungsstadium angestrebten, nach dem Geschäftsplan alsbald zu realisierenden, sowie demjenigen Umfang, der im späteren Verlauf der Gesellschaftstätigkeit tatsächlich erreicht wird (anfängliche und nachträgliche Unterkapitalisierung, vgl. Rdn. 23). Neben dem Geschäftsumfang kommt es zweitens auf die Geschäftsart der Gesellschaft an, da sie im Hinblick auf Investitionsbedürfnisse, Umschlagsgeschwindigkeit des eingesetzten Kapitals u. a. erheblichen Einfluß auf den Finanzbedarf und damit auch auf die Höhe des erforderlichen Eigenkapitals hat. Einen dritten Faktor bilden schließlich der der Unternehmenstätigkeit zugrundeliegende Finanzplan und die entsprechenden Finanzierungsmethoden der Gesellschaft. So kann eine GmbH bei gleicher Branchenzugehörigkeit mit einer deutlich geringeren Eigenkapitalausstattung auskommen, wenn ihr das Anlagevermögen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von der Besitz-KG verpachtet oder im Leasingverfahren überlassen wird. Geschäftsumfang, Geschäftsart und Finanzierungsmethode gestatten allerdings 16 ebenfalls noch keinen direkten Schluß auf das erforderliche Eigenkapital. Sie geben vielmehr zunächst nur einen Maßstab für den nicht nur vorübergehenden Finanzbedarf der Gesellschaft, lassen aber die Entscheidung darüber offen, ob der Bedarf von dritter Seite, über die Aufnahme mittel- oder langfristigen Fremdkapitals oder durch Eigenkapital der Gesellschafter gedeckt werden soll. Soweit es dabei um die steuerlich oder betriebswirtschaftlich optimale Finanzierung geht, kann die Frage in diesem Zusammenhang offenbleiben. Für die Unterkapitalisierung relevant ist das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital vielmehr nur insoweit, als es Aussagen über die Kreditfähigkeit der Gesellschaft und damit über die Möglichkeit gestattet, den bestehenden Finanzbedarf durch Aufnahme von Fremdmitteln zu decken. Solange die Gesellschaft — sei es wegen diversifizierter Geschäftstätigkeit und dementsprechender Risikostreuung, sei es wegen besonderer Ertragskraft oder aus sonstigen Gründen — in der Lage ist, den bestehenden Finanzbedarf zu marktüblichen Bedingungen mittel- oder langfristig von dritter Seite zu decken, besteht für eine Aufstockung des Eigenkapitals aus gesellschaftsrechtlicher Sicht selbst dann keine Notwendigkeit, wenn entweder das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital für die Gläubiger ungewöhnlich ungünstig ist, oder das Anlagevermögen nur sehr unvollständig durch Eigenkapital gedeckt wird (vgl. auch Rdn. 84f.). Zusammenfassend erweisen sich somit zwei Merkmale als entscheidend für 17 die Definition der Unterkapitalisierung, d. h. des unzureichenden Eigenkapitals einer GmbH: der durch Art und Umfang der Geschäfte der Gesellschaft sowie die gewählte Finanzierungsmethode bedingte, nicht nur vorübergehende Finanzbedarf sowie die Unmöglichkeit seiner Fremdfinanzierung (fehlende Kreditfähigkeit). Daraus ergibt sich die folgende Definition: eine Gesellschaft ist unterkapitalisiert, wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, um den nach Art und Umfang der angestrebten oder tatsächlichen Geschäftstätigkeit unter Berücksichtigung der Finanzierungsmethoden bestehenden, nicht durch Kredite Dritter zu deckenden mittel- oder langfristigen Finanzbedarf zu befriedigen. (371)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
b) Feststellung der Unterkapitalisierung Was die Ausfüllung der Begriffsbestimmung angeht, d. h. ihre Praktikabilität und die Vorausberechenbarkeit der Rechtsfolgen im Interesse der Rechtssicherheit, so dürfte im Regelfall die Feststellung der fehlenden Kreditfähigkeit keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten. Als Kreditgeber kommen in erster Linie Banken und sonstige Finanzierungsinstitute in Betracht; sie treffen ihre Kreditentscheidungen üblicherweise nach feststellbaren Kreditrichtlinien und Beleihungsgrundsätzen und können hierüber gegebenenfalls im Beweiswege aussagen. Anderes gilt dagegen für das Merkmal des nicht nur vorübergehenden Finanzbedarfs einer Gesellschaft. Die rückblickende, auf den inzwischen erfolgten Zusammenbruch gestützte Bejahung eines solchen Bedarfs mag zwar im Einzelfall unschwer möglich sein. Sollen an den Finanzbedarf als Teilaspekt der Unterkapitalisierung aber Rechtsfolgen geknüpft werden, so kann seine Feststellung nicht ex post erfolgen, sondern muß einer Prognoseentscheidung ex ante zugänglich sein. Dabei ist ein erheblicher Beurteilungsspielraum jedenfalls dann unvermeidlich, wenn die Beweisaufnahme nicht an bestimmte, von den maßgebenden Gesellschaftern selbst gesetzte Daten wie namentlich die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anknüpfen kann. Denn über die Frage, ob die Gesellschaft im Interesse ihrer Zahlungs- und Lebensfähigkeit einer finanziellen Stärkung bedarf, werden die Meinungen je nach dem Prognoseoptimismus und den Finanzierungsgewohnheiten der für die Geschäftsführung Verantwortlichen deutlich auseinandergehen, zumal auch die Betriebswirtschaftslehre hierfür keine allgemein anerkannten Maßstäbe anbietet (Rdn. 6). Daher hat sich namentlich auch das Kriterium der „durch die Sachlage gebotenen Kapitalzuführung" in § 3 Abs. 1 KVStG a. F. (Rdn. 7) als unpraktikabel erwiesen, wie die schwankende Praxis von RFH und BFH bei dessen Anwendung gezeigt hat (vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Messmer BB 1970 1057ff. und G. Winter S. 135ff.). Zu Recht hat daher auch der Regierungsentwurf eines GmbHG diesen noch in § 47 RefE verwendeten Maßstab für die Behandlung von Gesellschafterdarlehen aufgrund vielfältiger Kritik fallen lassen. Indessen enthält auch der statt dessen in § 49 RegE gewählte Bezugspunkt des Finanzierungsverhaltens eines ordentlichen Kaufmanns keine deutliche Verbesserung; die bestehenden Beurteilungsunterschiede werden durch das Abstellen auf den „ordentlichen Kaufmann" allenfalls verdeckt, nicht aber beseitigt (Strobel DB 1973 1961, 1962; Kamprad GmbH-Rdsch. 1975 54, 55). Für die Verwendung des Begriffs der Unterkapitalisierung als Voraussetzung für die persönliche Ausfallhaftung (Rdn. 11) können die mit der Ermittlung des für die Lebensfähigkeit der Gesellschaft erforderlichen Finanzbedarfs verbundenen Schwierigkeiten indessen dahinstehen. Denn die Ausfallhaftung soll als außerordentliche, auf der Verfehlung des Normzwecks beruhende Rechtsfolge nur in den Fällen eindeutig unzureichender Eigenkapitalausstattung einer GmbH, d. h. also nur dann eingreifen, wenn unabhängig von den unterschiedlichen Beurteilungsmaßstäben die Kapitalgrundlage unter Einschluß der von den Gesellschaftern als Kapitalersatz gewährten Darlehen (Rdn. 61) aller Voraussicht nach bei weitem nicht ausreicht, um den erforderlichen Finanzbedarf der Gesellschaft unter Berücksichtigung der Möglichkeit von Kreditaufnahmen zu decken (qualifizierte Unterkapitalisierung, vgl. Rdn. 24). So steht die eindeutige qualifizierte Unterkapitalisierung bei einer Zeitschriftengründung mit nur DM 50 000 Stammkapital (OLG Hamburg BB 19731231) ebenso außer Zweifel wie diejenige einer privaten Fernseh-GmbH mit dem gesetzlichen Mindestkapital (Geßler GmbH-Rdsch. 1966 105), und dies unabhängig davon, daß die in beiden Fällen gewährten, das Vielfache des Stammkapitals betragenden Ge(372)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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sellschafterdarlehen Rückschlüsse auf den erheblichen Finanzbedarf gestatten. Für das Kriterium der qualifizierten Unterkapitalisierung sind somit keine entscheidenden, seiner Verwendung entgegenstehenden oder die Rechtssicherheit gefährdenden Schwierigkeiten bei der Anwendung im Einzelfall zu erwarten. Soweit es andererseits um die Beurteilung von Gesellschafterdarlehen geht, 20 soll die Rechtsfolge des Rangrücktritts zwar nicht erst bei qualifizierter, sondern bereits bei einfacher, auf unzureichendem Eigenkapital beruhender Unterkapitalisierung eintreten (Rdn. 12). Hier steht indessen mit der Mittelzuführung im Darlehenswege ein Datum zur Verfügung, das in aller Regel den Schluß zuläßt auf das Bestehen eines Finanzbedarfs der GmbH. Es kann zur Konkretisierung und zum Nachweis herangezogen werden mit der Folge, daß die Feststellung der Unterkapitalisierung sich in diesen Fällen zuspitzt auf das zweite, der Beweisaufnahme wesentlich besser zugängliche (Rdn. 18) Merkmal, die fehlende Kreditfähigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung (vgl. näher Rdn. 86). Damit erledigen sich auch für diesen Fall etwaige Bedenken gegen die Praktikabilität der hier vertretenen Begriffsbestimmung (so im Ergebnis auch schon Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 169, 172ff., ders. in Festschrift für Kaufmann, S. 147 sowie Geßler BB 1971 665, 668, die den Eigenkapitalcharakter von Gesellschafterdarlehen ausschließlich von der fehlenden Kreditfähigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung abhängig machen wollen). 4. Arten der Unterkapitalisierung Wie die Ausführungen zu Funktion und Begriff der Unterkapitalisierung 21 (Rdn. 9ff.) zeigen, handelt es sich bei dieser um ein vielschichtiges Phänomen, das sowohl nach der Erscheinungsform als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen eine Reihe von Differenzierungen erfordert. Die drei wichtigsten dieser Unterscheidungen sollen aus Gründen der Übersicht und zur Vereinheitlichung der Terminologie im folgenden nochmals gesondert herausgestellt werden. a) Materielle und nominelle Unterkapitalisierung Eine erste nicht nur für das Steuerrecht sondern auch für das Zivilrecht zentrale 22 Unterscheidung geht dahin, ob der Gesellschaft über das unzureichende Stammkapital und etwaige Nachschüsse hinaus von den Gesellschaftern überhaupt keine Mittel zur Verfügung gestellt wurden, oder ob die Gesellschafter die erforderlichen Mittel zwar gewährt haben, aber nicht in Form von Einlagen, sondern als Fremdkapitalinsbesondere als Gesellschafterdarlehen. In diesem Fall spricht man von nomineller im Unterschied zur materiellen (tatsächlichen, aktuellen), durch das gänzliche Ausbleiben des erforderlichen Kapitals gekennzeichneten Unterkapitalisierung (Wiedemann S. 25, Winkler BB 1969 1202, 1205; vgl. auch G. Winter S. 42f.: „einfache" und „spezielle" Unterkapitalisierung). Der Unterschied ist deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil bei der „nominellen" Unterkapitalisierung nur die Anerkennung der zivilrechtlich gewählten Finanzierungsform in Frage steht, während bei der „materiellen" Unterkapitalisierung die wesentlich einschneidendere Rechtsfolge der persönlichen Ausfallhaftung der Gesellschafter im Konkurs der GmbH in Betracht kommt (Rdn. 11, 12). b) Anfängliche und nachträgliche Unterkapitalisierung Diese Unterscheidung bezieht sich auf den Zeitpunkt im Leben der Gesellschaft, 23 in dem die Unterkapitalisierung auftritt. Ist das Stammkapital angesichts des ge(373)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
planten Geschäftsumfangs der Gesellschaft schon bei der Gründung unangemessen niedrig, so spricht man von anfänglicher Unterkapitalisierung. Zeigt sich der erhöhte Eigenkapitalbedarf erst im späteren Verlauf der Gesellschaftstätigkeit, sei es wegen erheblicher Erweiterung des Geschäftsumfangs oder wegen starker zwischenzeitlicher Verluste, so liegt nachträgliche Unterkapitalisierung vor. Für den letztgenannten Fall ist allerdings einschränkend hervorzuheben, daß von einer rechtserheblichen Unterkapitalisierung bei unvorhergesehenen, substanzbedrohenden Verlusten nur gesprochen werden kann, wenn die Gesellschaft ihre Geschäfte trotz stark verminderten Eigenkapitalbasis uneingeschränkt und ohne neue Kapitalzuführung fortsetzt (vgl. auch Rdn. 60).
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c) Einfache und qualifizierte Unterkapitalisierung Eine dritte Unterscheidung knüpft, wie oben (Rdn. 11ff.,13) schon festgestellt, an das Ausmaß der Unterkapitalisierung an und kommt zu entsprechend differenzierten Rechtsfolgen. So bestimmt sich die einfache Unterkapitalisierung danach, daß die Gesellschaft einen nicht nur vorübergehenden Finan^bedarf hat, mangels Kreditfähigkeit aber nicht in der Lage ist, ihn bei Dritten als Kreditgebern zu decken (Rdn. 16). Rechtserheblich ist sie nur insoweit, als die Gesellschafter der GmbH bei ihrem Vorliegen finanzielle Mittel zuführen und diese statt als Eigenkapital in der Form von Darlehen gewähren. Die Rechtsfolge besteht im Rangrücktritt der eigenkapitalersetzenden Darlehen gegenüber Drittgläubigerforderungen sowie gegebenenfalls in der Erstattung zurückgezahlter Darlehen an die GmbH (Rdn. 86ff.). Demgegenüber setzt die qualifizierte Unterkapitalisierung voraus, daß die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft unter Einschluß der Gesellschafterdarlehen eindeutig und für Insider klar erkennbar unzureichend ist und einen Mißerfolg zu Lasten der Gläubiger bei normalem Geschäftsverlauf mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten läßt. Liegt diese Voraussetzung vor, so kommt es zur Ausfallhaftung der maßgeblichen Gesellschafter (Rdn. 59 ff.). II. Persönliche Haftung der Gesellschafter A. Besondere Haftungsgründe 1. Überblick
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Eine persönliche Haftung der Gesellschafter für einzelne oder alle Gesellschaftsschulden kann sich unabhängig vom Vorliegen einer Unterkapitalisierung aus einer Reihe besonderer Verpflichtungsgründe ergeben. In Betracht kommen nicht nur rechtsgeschäftliche oder deliktische Ansprüche, sondern auch solche aus hervorgerufenem Vertrauen (vgl. näher Rdn. 26 ff.). Im Zusammenhang mit der Unterkapitalisierung ist auf diese Haftungsgründe aus einem doppelten Grunde hinzuweisen. So besteht einerseits ein Interesse der Gläubiger an der Inanspruchnahme von Gesellschaftern vor allem dann, wenn die Kapitalausstattung der GmbH gering ist und die Gläubiger sich angesichts des drohenden Ausfalls ihrer gegen die GmbH gerichteten Forderungen bei den Gesellschaftern persönlich sichern oder befriedigen wollen; auch kommt eine nach § 826 BGB relevante Gläubigerschädigung namentlich im Falle eindeutig unzureichender Kapitalausstattung der GmbH in Betracht. Zum anderen bedarf es des Rückgriffs auf die aus der Normzwecklehre folgende persönliche Ausfallhaftung der Gesellschafter im Konkurs der GmbH dann (374)
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nicht, wenn diese bereits aufgrund eines besonderen Verpflichtungsgrunds den Gläubigern für Schulden der Gesellschaft einzustehen haben. — Zur Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern gegenüber Dritten wegen sonstiger Gründungsmängel, insbesondere bei Überbewertung von Sacheinlagen, vgl. § 9, 39—43. 2. Rechtsgeschäftliche Haftung Im Vordergrund der rechtsgeschäftlichen Verpflichtungsgründe steht die Haf- 26 tung der Gesellschafter aus einer für Gesellschaftsschulden übernommenen Bürgschaft. Sie ist namentlich bei Bankkrediten verbreitet, bedarf freilich schon mit Rücksicht auf das für Nichtkaufleute als Bürgen geltende Schriftformerfordernis des § 766 BGB und die meist fehlende Kaufmannseigenschaft der GmbH-Gesellschafter einer ausdrücklichen Abrede. Fehlt es hieran, nehmen Gesellschafter aber mit erkennbar eigenem Verpflichtungswillen an Kreditverhandlungen der GmbH mit bestimmten Darlehensgebern teil, so kann je nach Lage des Falles eine Haftung aus einem der sonstigen gesetzlichen bzw. von der Rechtsprechung in Ergänzung zur Bürgschaft entwickelten Rechtsinstitute Kreditauftrag (§ 778 BGB), Schuldbeitritt oder Garantievertrag in Betracht kommen (BGHZ 31258,271 ;BGH WM197773,74; ErmanKTTS 1959129,130; KampradS. 60; UngerKTS195933,38; für Kon^ernsachverhalte namentlich auch E. Rehbinder Konzernaußenrecht, S. 316 f., und Canaris Vertrauenshaftung, S. 367; allgemein zu den genannten Rechtsinstituten und ihrem Verhältnis zur Bürgschaft vgl. Palandt- Thomas BGB Einf. 3 vor § 765, Erman-SeilerBGB § 765 Vorbem. 26—35, jew. mit weit. Nachweisen). Eine stillschweigende Haftungs- oder Garantieübernahme ist, abgesehen jedenfalls von spezifischen Konzernsachverhalten mit Beteiligung der Muttergesellschaft an den Kreditverhandlungen (vgl. Rehbinder und Canaris a. a. O.), mangels besonderer Umstände freilich nicht zu vermuten (BGH WM 1977 73, 74 fordert für das Garantieversprechen eine zQveifeisfreie Erklärung des Inhalts, daß eine von der GmbH-Schuld zu unterscheidende selbständige Verpflichtung übernommen werden solle). Das folgt allein schon aus der Wahl der Rechtsform der GmbH, mit der die Gesellschafter ihr grundsätzliches Interesse am Ausschluß der persönlichen Haftung kundgetan haben. Zum Sonderfall der sog. Patronatserklärung einer Muttergesellschaft gegenüber einem Kreditinstitut, das der Tochtergesellschaft einen Kredit gewährt, und zur Abgrenzung derartiger Fälle von sonstigen rechtsgeschäftlichen Kreditsicherungen durch Gesellschafter vgl. Obermüller ZGR 1975 1 ff. 3. Vertrauenshaftung a) Verschulden bei Vertragsschluß In dem durch das Fehlen rechtsgeschäftlicher Verpflichtungstatbestände ge- 27 kennzeichneten, von Canaris (Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht [1971]) systematisch geordneten Bereich der „Vertrauenshaftung" kommt einerseits eine Haftung von Gesellschaftern gegenüber GmbH-Gläubigern aus Verschulden bei Vertragsschluß in Betracht. Diese Haftung beschränkt sich bekanntlich nicht auf denjenigen, in dessen Namen die Vertragsverhandlungen geführt werden. Vielmehr läßt die Rechtsprechung eine Haftungserstreckung auf Vertreter oder sonstige an den Vertragsverhandlungen beteiligte Personen zu, wenn sie entweder ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluß haben, d. h. wirtschaftlich betrachtet gleichsam in eigener Sache verhandeln, oder in besonderem Maße das persönliche Vertrauen des Vertragsgegners in Anspruch nehmen und dabei die ihnen aufgrund der Vertragsverhandlungen obliegenden Aufklärungs- und Schutzpflichten verletzen (ständ. Rspr., vgl. BGHZ 14 313, 318; 56 81, 84; BGH WM 1977 (375)
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73, 75f., Palandt-Heinrichs BGB § 276, 6b fit., Erman-Battes BGB § 276, 107 und 119). Eine Gesellschafterhaftung aus culpa in contrahendo ist danach namentlich dann denkbar, wenn ein maßgeblich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer die Vertragsverhandlungen für die GmbH führt und dabei die Kreditwürdigkeit der GmbH unrichtig darstellt (Canaris S. 371), oder wenn er es unter Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten unterläßt, auf die schlechte finanzielle Lage der Gesellschaft hinzuweisen. Aber auch für einen nicht an der Geschäftsführung beteiligten Gesellschafter kann sich eine Haftung ausnahmsweise dann ergeben, wenn er unter Ausnutzung des ihm persönlich vom Vertragsgegner entgegengebrachten Vertrauens diesen zum Geschäftsabschluß mit der GmbH veranlaßt.
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b) Rechtsscheinhaftung Einen zweiten je nach Sachlage für die persönliche Gesellschafterhaftung relevanten Unterfall des Vertrauensprinzips bildet die Rechtsscheinhaftung. Sie setzt voraus, daß durch das zurechenbare Verhalten des als Schuldner in Betracht kommenden Gesellschafters eine Diskrepanz zwischen scheinbarer und tatsächlicher Rechtslage entstanden ist, daß die GmbH-Gläubiger sich auf den Anschein verlassen haben und daß sie die Gesellschafter daher hieran festhalten können. Erforderlich ist freilich jeweils das Hervorrufen des Anscheins eines bestimmten, rechtlich relevanten gegenwärtigen Umstands. Der bloße Anschein eines künftigen Verhaltens, wie etwa das Inaussichtstellen einer Kapitalzuführung an die GmbH oder der freiwilligen Erfüllung von GmbH-Verbindlichkeiten, reicht für eine Haftung kraft Rechtsschein nicht aus (Canaris S. 368 f.). Der Anwendungsbereich der Rechtsscheinhaftung im Zusammenhang mit dem Betreiben einer unterkapitalisierten GmbH ist daher eng begrenzt (vgl. auch H. P. Westermann S. 290 f.). Neben den Fällen, in denen die GmbH im Rechtsverkehr in einer den Gesellschaftern zurechenbaren Weise den Anschein einer Personengesellschaft mit unbeschränkt haftenden Gesellschaftern hervorruft (BGHZ 62 216, 222, vgl. § 4, 56 a, sowie RFH J W 1926 1483, Baumbach-Hueck § 34 Anh. 3 a), ist nur noch zu denken an das auf eine Rechtseinheit zwischen GmbH und (Allein-)Gesellschafter hindeutende Auftreten im Rechtsverkehr sowie an die scheinbare Zuordnung von Vermögensgegenständen eines Gesellschafters an die GmbH, etwa durch Aufnahme in die GmbH-Bilanz (Canaris S. 368 f., Rehhinder S. 318 f.). Die von Erman (KTS 1959 129 ff.) aufgestellte, weit darüberhinausgehende Lehre von der persönlichen „Erklärungshaftung" der maßgebenden Gesellschafter (Hintermänner) einer unterkapitalisierten GmbH ist mit diesen Grundsätzen schon deshalb nicht zu vereinbaren und daher zu Recht auf allgemeine Ablehnung gestoßen, weil das Betreiben einer GmbH als solches nicht geeignet ist, den Anschein angemessener Kapitalausstattung hervorzurufen (vgl. dazu auch Rdn. 42). c) Sonstige Vertrauenstatbestände Unter den sonstigen, von Canaris (S. 287ff., 369f.) als Unterfälle der Vertrauenshaftung kraft widersprüchlichen Verhaltens behandelten Vertrauenstatbeständen sind im vorliegenden Zusammenhang namentlich diejenigen hervorzuheben, in denen Gesellschafter beim Vertragsabschluß zwischen GmbH und Gläubiger in rechtlich erheblicher Weise zu erkennen gegeben haben, für die Verbindlichkeiten der GmbH einstehen oder für deren ausreichende Finanzierung besorgt sein zu wollen. Sofern derartige Verhaltensweisen im Einzelfall objektiv als Verpflichtungserklärungen der beteiligten Gesellschafter zu verstehen sind, liegt ein Fall rechts(376)
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geschäftlicher Haftung (Rdn. 26) vor; auf das Vorhandensein eines rechtlichen Verpfüchtungs»v//tf«.f beim Gesellschafter kommt es angesichts des objektiven Erklärungstatbestands nicht an (so zu Recht Canaris S. 367 gegen Kreifels GmbH-Rdsch. 1956 81). Läßt sich das Verhalten des Gesellschafters nicht als rechtsgeschäftliches qualifizieren, so bleibt der Rückgriff auf die Vertrauenshaftung. Diese setzt allerdings nicht nur voraus, daß der Gesellschafter durch sein Verhalten den anderen Teil zur Geschäftsbeziehung mit der GmbH veranlaßt und hieraus Vorteile gezogen hat, sondern erfordert außerdem, daß das Vertrauen des anderen Teils auf das Gesellschafterverhalten schutzwürdig ist und er sich nicht den Einwand des „caveat creditor" entgegenhalten lassen muß. In der Praxis werden hieran z. T. strenge Anforderungen gestellt. So hat der 30 BGH in einem Einzelfall die Vertrauenshaftung des beherrschenden Kommanditisten einer KG sogar trotz des Umstands verneint, daß dieser sich gegenüber dem Lieferanten der KG auf seine eigene Kreditwürdigkeit (I), seine Stellung als Rektor sowie auf seinen guten Ruf bezogen hatte. Zur Begründung verwies er darauf, der Lieferant hätte sich rechtsgeschäftlich absichern müssen, wenn er trotz Kenntnis von den Beteiligungsverhältnissen in der KG auf die Haftung des Kommanditisten Wert legte (BGHZ 45 304, 309f. — Rektorfall; dazu mit Recht kritisch Rehbinder S. 323f., zustimmend aufgrund verkürzter Sachverhaltsdarstellung aber Canaris S. 370 FN 90). Demgegenüber wird in der Literatur die Schutzwürdigkeit des auf die freiwillige Interzession des herrschenden Gesellschafters vertrauenden Gläubigers jedenfalls für die Fälle anerkannt, in denen dieser wegen des bestehenden Ungleichgewichts und fehlender Ausweichmöglichkeiten nicht in der Lage ist, eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Gesellschafters durchzusetzen (so für die Haftung von Konzernobergesellschaften Canaris S. 369f., Rehbinder S. 324; weitergehend ohne hinreichende Differenzierung Kamprad S. 61). Zu weiteren Einzelfällen einer Vertrauenshaftung im Konzern und ihrer Begrenzung vgl. Rehbinder S. 330—334. 4. Deliktische Haftung a) Kreditbetrug Eine deliktische Haftung von Gesellschaftern wegen Gläubigerschädigung im 31 Rahmen einer unterkapitalisierten GmbH kommt einmal unter dem Gesichtspunkt des Kreditbetrugs (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263, 265 b StGB) in Betracht. Die Haftung trifft die für die GmbH handelnden Gesellschafter-Geschäftsführer sowie — über § 830 BGB — diejenigen Gesellschafter, die über das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung oder auf sonstige Weise vorsätzlich zum Kreditbetrug beigetragen haben. Anspruchsberechtigt sind nur diejenigen GmbH-Gläubiger, denen gegenüber eine zum Vermögens schaden durch Forderungsausfall im Konkurs führende Täuschungshandlung begangen wurde. Die Voraussetzungen eines Kreditbetrugs werden sich freilich nur selten nachweisen lassen; praktische Bedeutung hat dieser Anspruch gegenüber GmbH-Gesellschaftern bisher, soweit ersichtlich, nicht erlangt. Ob der neugeschaffene, geringere Voraussetzungen enthaltene Tatbestand des Kreditbetrugs (§ 265 b StGB) hieran etwas ändert, bleibt abzuwarten. b) Konkursverschleppung Eine zweite denkbare Haftungsgrundlage bildet die Verletzung der Konkurs- 32 antragspflicht in Verbindung mit §§ 823 Abs. 2, 830 BGB (vgl. Näheres in Erläut. zu § 64). Darüber, daß die mit einer Straf Sanktion (§ 84) versehene Pflicht der Geschäftsführer nach § 64 Abs. 1, bei Zahlungsunfähigkeit oder Uberschuldung der GmbH Konkursantrag zu stellen, ein Schutzgesetz zugunsten der Gesellschafts(377)
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gläubiger ist, besteht heute im wesentlichen Einigkeit (BGHZ 29 100, 103; RGZ 73 30, 32 u. 35; OLG Düsseldorf BB 1974 712; Vorauf!. § 64, 12 und § 84, 21, Baumbach-Hueck § 64 l c ; Schol^ § 64, 13; Kühn N J W 1970 589ff.; a. A. noch Brodmann §64, l c und 4a; Vogel §64, 4); allerdings scheint der Gesellschaftsrechtssenat des BGH zu der Auffassung zu neigen, daß die in § 64 Abs. 2 für Zahlungen nach Konkursreife vorgesehene Haftung als lex specialis zum Ausschluß weitergehender Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB führt (vgl. BGH N J W 1974 1088, 1089 sowie Fleck GmbH-Rdsch. 1974 224, 234f.; ähnlich schon RGZ 73 30, 32ff.). Aber auch wenn man § 823 Abs. 2 BGB neben § 64 Abs. 2 für anwendbar hält, richtet sich der Erstattungsanspruch der Konkursgläubiger — der Schutzrichtung des § 64 Abs. 1 entsprechend — doch nur auf denjenigen Teil ihres Schadens, der durch den verspäteten Konkursantrag und die damit verbundenen weiteren Verluste der GmbH verursacht worden ist. Darüberhinaus ist zweifelhaft, ob der Anspruch sich über § 830 BGB auch gegen solche Gesellschafter richtet, die, ohne selbst an der Geschäftsführung beteiligt zu sein, die Geschäftsführer von der Antragstellung abgehalten haben. Nach Ansicht des BGH (BGHZ 31 258, 277; BGH GmbH-Rdsch. 1974 7, 9) soll die Haftung aus verzögerter Konkursantragstellung nur die Geschäftsführer sowie diejenigen treffen, die wie ein Geschäftsführer für die GmbH tätig geworden sind, da nur sie nach § 64 Abs. 1 zur Antragstellung verpflichtet seien. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß das Fehlen bestimmter persönlicher Tatbestandsmerkmale bei Teilnehmern weder die Strafbarkeit ausschließt ( § 2 8 StGB) noch auch bisher als Haftungsausschüeßungsgrund im Rahmen von § § 823 Abs. 2, 830 BGB behandelt wurde.
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c) Sittenwidrige Gläubigerschädigung Den theoretischen Hauptanwendungsfall einer deliktischen Haftung von Gesellschaftern wegen Gläubigerschädigung bildet wegen der sich bei den übrigen Anspruchsgrundlagen stellenden Probleme (Rdn. 31, 32) die Generalklausel des § 826 BGB. Dabei ist jedenfalls im Ergebnis allgemein anerkannt, daß die Sittenwidrigkeit der Gläubigerschädigung dann zu bejahen ist, wenn Gesellschafter die GmbH mit eindeutig unzureichendem Kapital ausstatten und dadurch eine einseitige Risikoverlagerung zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger bewirken (RG JW 1938 862, 864; BGHZ 31 258, 270f.; Hofmann N J W 1966 1941,1946; Kamm S. 141,145; Kreifels GmbH-Rdsch. 1956 82; G. Kuhn in Ehrengabe für Heusinger S. 206; Neflin GmbH-Rdsch. 1963 46; Reinhardt in Festschrift für Lehmann S. 591; Schönle GmbHRdsch. 1960 64; G. Winter S. 99; zur rechtstheoretischen Begründung des Sittenverstoßes vgl. namentlich Reinhardt und Hofmann a. a. O.). Abgesehen von den Schwierigkeiten des Kausalitätsnachweises (dazu namentlich Winkler BB 1969 1204, der die Kausalitätsfrage — wohl übersteigert — als „praktisch unlösbar" bezeichnet, vgl. dagegen aber § 342 Abs. 2 HGB) liegt die Problematik der Anwendbarkeit von § 826 BGB im Falle einer eindeutig unterkapitalisierten GmbH somit nicht im objektiven, sondern im subjektiven Bereich, beim Nachweis des Vorsatzes. Insoweit ist zwar anerkannt, daß für § 826 BGB bedingter Vorsatz genügt und es namentlich nicht auf eine Schädigungsa^wV^/ des sittenwidrig Handelnden ankommt (statt aller Palandt-Thomas BGB § 826, 3a; Erman-Drees BGB § 826, 20). Indessen bereitet offensichtlich auch die Feststellung eines bedingten Schädigungsvorsatzes, d. h. des billigenden Inkaufnehmens der Gläubigerschädigung als Folge eines vorausgesehenen Zusammenbruchs der GmbH, den Gerichten nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten (Rdn. 34). (378)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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Höchstrichterliche Entscheidungen, in denen das Eingreifen von § 826 BGB 34 gegenüber Gesellschaftern bejaht worden wäre (offengelassen in RGZ 158 302, 310; bejahend aber OLG Karlsruhe DR 1943 811 für eine in der Absicht der Gläubigerbenachteiligung vorgenommene Vermischung von Gesellschafts- und Privatvermögen), sind bisher mit Ausnahme des zur Nichtanerkennung von Gesellschafterdarlehen im GmbH-Konkurs ergangenen Urteils RG J W 1938 862 nicht bekannt geworden. Demgegenüber wird namentlich in BGHZ 31 258, 271 zutreffend hervorgehoben, daß ein Schädigungsvorsatz der Gesellschafter jedenfalls dann nicht festzustellen ist, wenn diese der GmbH — wie vielfach in derartigen Fällen — in der Hoffnung auf einen guten Ausgang weiteres Geld, sei es auch in Darlehensform, zur Verfügung stellen. Und G. Kuhn (Ehrengabe für Heusinger, S. 206) weist zu Recht darauf hin, daß ein Richter, der über § 826 BGB zu sachgerechten Ergebnissen in Prozessen gegen Gesellschafter einer unterkapitalisierten GmbH kommen wolle, durch das Vorsatzerfordernis veranlaßt werden könne, zu bedenklichen oder unehrlichen Feststellungen zu greifen. Die Stimmen im Schrifttum, die § 826 BGB für eine ausreichende Haftungsgrundlage im Falle eindeutiger Unterkapitalisierung halten, sind denn auch deutlich in der Minderzahl geblieben (Ballerstedt GmbH-Rdsch. 1967 66, 69; Hofmann N J W 1966 1941,1944ff.; Kreifels GmbH-Rdsch. 1956 81, 82f.; Unger KTS 1959 33, 35; Wolany ZHR 129 1967 338, 339). Demgegenüber herrscht verbreitet die Meinung vor, der Gläubigerschutz aus § 826 BGB reiche angesichts der besonderen, durch die Rechtsform ermöglichten Gefahren für den Rechtsverkehr nicht aus (so ausdrücklich Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 169, 173; Erman KTS 1959129,130; Geßler BB 1971 665, i t ä ; I m m e n g a Personalistische Kapitalgesellschaft, S. 407; G. Kuhn in Ehrengabe für Heusinger, S. 206; Wiedemann S. 14; Winkler BB 1969 1202, 1204). Das Bedürfnis nach einem an rein objektiven Kriterien ausgerichteten Gläubigeranspruch bei mißbräuchlicher Verwendung der GmbH-Rechtsform bleibt somit bestehen (vgl. Rdn. 55 ff.).
B. Haftung wegen Unterkapitalisierung 1. Meinungsstand Die Häufigkeit von Zahlungseinstellungen speziell bei Unternehmen in der 35 Rechtsform der GmbH (Rdn. 8) sowie der Umstand, daß besondere Verpflichtungsgründe auf sehen der Gesellschafter (dazu Rdn. 25 ff.) nur in Einzelfällen zugunsten geschädigter GmbH-Gläubiger in Betracht kommen, haben zu umfangreichen Erörterungen über GmbH-spezifische Ansprüche von GmbH-Gläubigern gegen Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH geführt. Dabei ist in der Literatur eine ganze Reihe von Lösungsvorschlägen bereits nach geltendem Recht entwickelt worden; eine einheitliche oder deutlich überwiegende Meinung hat sich freilich noch nicht durchgesetzt (Rdn. 36 ff.). Demgegenüber ist die Rechtsprechung über einige allgemeine Formulierungen bisher nicht hinausgekommen. Sie hat namentlich noch kein geschlossenes Konzept für die Behandlung von Ansprüchen wegen Unterkapitalisierung entwickeln können (Rdn. 49 ff.). Das mag nicht zuletzt daran liegen, daß Fälle qualifizierter materieller Unterkapitalisierung (Rdn. 22, 24) als Voraussetzung einer von der Darlehensgewährung unabhängigen persönlichen Ausfallhaftung nur relativ selten anzutreffen sein dürften, während im Vordergrund meist das rechdiche Schicksal von Gesellschafterdarlehen bei „nomineller" Unterkapitalisierung stehen wird. Gleichwohl empfiehlt es sich, entsprechend (379)
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dem Vorgehen der Literatur mit der Erörterung der durch das Fehlen von Gesellschafterdarlehen gekennzeichneten materiellen Unterkapitalisierung zu beginnen, da es sich insoweit um den Grundfall handelt, von dem aus gegebenenfalls auch Schlüsse auf die Behandlung von Gesellschafterdarlehen möglich sind. a) Ansichten in der Literatur a) Überblick 36 Die in der Literatur vertretenen Ansichten zur persönlichen Haftung der Gesellschafter gegenüber Gläubigern einer unterkapitalisierten GmbH lassen sich — abgesehen vom Sonderproblem der Behandlung von Gesellschafterdarlehen (Rdn. 68 ff.) — hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen in vier Gruppen unterteilen. So soll nach der an die Druchgriffsthesen von Serick (Rechtsform und Realität juristischer Personen [1955]) anknüpfenden subjektiven Mißbrauchslehre {Kamm, Stauder, H. P. Westermann, Caflisch, vgl. Rdn. 38) eine Haftung nur bei zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz der Gesellschafter eintreten. Demgegenüber will die Lehre von der Organisationsfehlerhaftung {Erlinghagen, G. Kuhn, Reinhardt, vgl. Rdn. 40) eine Haftung der maßgeblichen Gesellschafter auch ohne SchädigungsVorsatz schon dann eingreifen lassen, wenn diese es unter Verstoß gegen ungeschriebene Ordnungsgrundsätze unterlassen haben, die Gesellschaft mit angemessenem Kapital auszustatten. Nach der Lehre von der Erklärungshaftung {Erman, vgl. Rdn. 42) soll sich die Einstandspflicht für die Schulden der GmbH daraus ergeben, daß die Gesellschafter durch das Betreiben der GmbH konkludent erklären, sich redlich zu verhalten und im Fall einer Unterkapitalisierung persönlich für die GmbH-Verbindlichkeiten einzustehen. Die Ansichten einer vierten Gruppe von Autoren (O. Kuhn, Wiedemann, Winkler, Immenga u. a., vgl. Rdn. 43 ff.) lassen sich schließlich trotz gewisser Abweichungen im Detail auf eine Lehre vom objektiven Normzweck zurückführen; danach sollen die Funktion des GmbH-Kapitals als Haftungsfonds für die Gläubiger und die ausgeprägten Kapitalsicherungsvorschriften des GmbH-Rechts den Schluß rechtfertigen, daß der Gesetzgeber von einer angemessenen Risikoverteilung zwischen Gesellschaftern und GmbH-Gläubigern ausgegangen ist, während eine unterkapitalisierte GmbH diesem mit der Rechtsform verfolgten Normzweck widerspreche. Entgegen diesen Ansichten wird die Notwendigkeit eines besonderen Haftungstatbestands bei Unterkapitalisierung schließlich abgelehnt von denjenigen Autoren, die die Kapitalsicherungsvorschriften des GmbH-Gesetzes in Verbindung mit der Generalklausel des § 826 BGB als ausreichenden Schutz für die GmbH-Gläubiger ansehen (Ballerstedt, Hofmann, Kreifels, Unger, Wolany, vgl. Rdn. 33). 37 Hinsichtlich der Haftungsfolgen geht die Mehrzahl der Lösungsvorschläge von einer unbeschränkt persönlichen Ausfallhaftung aus, die die maßgeblichen Gesellschafter treffen und beim finanziellen Zusammenbruch der GmbH zum Zuge kommen soll. Demgegenüber überwiegen bei den Vertretern der objektiven Normzwecklehre die Stimmen, die sich für eine auf die Differenz zwischen angemessenem und tatsächlichem Eigenkapital der GmbH beschränkte Gesellschafterhaftung, die sog. Differenzhaftung, aussprechen (Rdn. 44, 46). 38
ß) Die subjektive Mißbrauchslehre Sie ist im Anschluß an die grundlegenden Untersuchungen von Serick (Rechtsform, S. 45f., 205ff.) im einzelnen von Kamm (S. 132ff.) entwickelt worden, während Serick selbst sich noch auf die Behandlung von Gesellschafterdarlehen unter Durch(380)
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griffsgesichtspunkten beschränkt hatte (Rechtsform, S. 45 f., 52 FN 3, 205, 207). Der Mißbrauch der Rechtsform der juristischen Person soll danach darin liegen, daß die maßgeblichen Gesellschafter die GmbH mit ungenügendem Eigenkapital ausstatten und hierbei eine fraudulöse Schädigung Dritter 2umindest in Kauf nehmen {Kamm S. 132ff., 138; so auch Stauder GmbH-Rdsch. 1968 73, 74, H. P. Westermann S. 293ff., 301 sowie — bezogen auf die AG — Caflisch S. 256f.). Grobfahrlässige Schädigung soll nicht genügen (Kamm S. 139). Folge des Rechtsformenmißbrauchs sei im Unterschied zu § 826 BGB nicht die Begründung eines selbständigen Anspruchs gegen die Gesellschafter, sondern die Erstreckung der GmbHHaftung auf die Gesellschafter unter Durchbrechung der Trennung zwischen Korporation und Mitglied. Daher seien vertragliche Nebenansprüche und Sicherheiten der GmbH-Gläubiger auch beim Vorgehen gegen die Gesellschafter durchsetzbar; einem negativen Feststellungsurteil im Erstprozeß gegen die Gesellschaft komme auch Rechtskraft für den Durchgriff im Zweitprozeß gegen die Gesellschafter zu (Serick Durchgriffsprobleme, S. 24f.; Kamm S. 142ff.). Die subjektive Mißbrauchshaftung bei Unterkapitalisierung hat sich nicht 39 durchgesetzt (ablehnend Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 169,176; Er man KTS 1959 129,130; Immenga S. 407; O. Kuhn S. 209; Reinhardt S. 587). Sie setzt sich den gleichen Einwänden aus, die zu Recht gegen das subjektive Mißbrauchskonzept von Serick erhoben worden sind (grundlegend Müller-Freienfels AcP 156 1957 522, 537; vgl. weiter Beit^ke JZ 1956 40, Immenga S. 407, sowie generell zur Problematik einer allgemeinen Systematisierung des „Durchgriffs" § 13 Anh. I Rdn. 41 ff. [Mertens] und E. Rehbinder S. 90 ff., 103 ff. m. w. Nachw.). Dabei geht es im Zusammenhang mit der Unterkapitalisierung nicht um die Frage, ob der objektiv mißbräuchlichen, dem von der Rechtsordnung verfolgten Zweck widerstreitenden Verwendung der Rechtsform der GmbH im Rahmen von § 242 BGB die rechtliche Anerkennung zu versagen ist, sondern allein darum, ob wegen der Unterkapitalisierung die Berufung der Gesellschafter auf den mit der Rechtsform der GmbH als juristische Person nicht notwendig verbundenen (KGaAl) Haftungsausschluß des § 13 Abs. 2 wegen Unterkapitalisierung ausscheidet (so zu Recht schon Müller-Freienfels AcP 156 1957 528; ebenso Wiedemann S. 16). Diese Frage kann letztlich nicht von subjektiven Kriterien wie dem Schädigungsvorsatz abhängig gemacht werden. Vielmehr haben das Abstellen auf den Rechtsformenmißbrauch und die darin zum Ausdruck kommende institutionelle Betrachtung an objektiven, vom Normzweck ausgehenden Kriterien anzusetzen, wie das heute auch für die in vieler Hinsicht ähnliche Umgehungslehre (daz» Müller-Freienfels AcP 156 1957 536) anerkannt ist. Hinzu kommt, daß sich eine auf vorsätzliche Schädigung abstellende Mißbrauchslehre denselben Praktikabilitätseinwänden aussetzt wie der Rückgriff auf § 826 BGB (vgl. Rdn. 34) und daher im Fall der Unterkapitalisierung nicht weiterführt. Nicht zu Unrecht hat etwa Drobnig (Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften [1959], S. 94f.) die Begründung eines Haftungsdurchgriffs entweder mit der subjektiven Mißbrauchslehre oder mit § 826 BGB als eine bloße Frage des juristischen Geschmacks bezeichnet. y) Die Lehre von der Organisationsfehlerhaftung Erste Ansätze für diese auf einer Pflicht der Gesellschafter zu angemessener 40 Kapitalausstattung der GmbH beruhende Lehre finden sich bei Reinhardt (in Festschrift für Lehmann [1956], S. 577, 588ff.). Reinhardt betont zwar grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter über die Kapitalausstattung der GmbH, hält gleichwohl aber ein angemessenes Verhältnis zwischen Eigenkapital und Unternehmensrisiko für ein „Leitprinzip der Verkehrswirtschaft". Es bilde einen Be(381)
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standteil des ordre public mit der Folge, daß die Entscheidung hierüber von den Gesellschaftern nicht willkürlich gehandhabt werden könne (S. 591 f.). Erlinghagen (GmbH-Rdsch. 1962 169, 171 ff.) geht diesen Überlegungen im einzelnen nach und baut sie in Anlehnung an die Organisationsfehlerhaftung des § 31 BGB aus zu einer Gesellschafterhaftung wegen Organisationspflichtverletzung. Sie soll dann eingreifen, wenn die Gesellschaft nicht mit angemessenem Haftkapital ausgestattet ist, und dementsprechend das Unternehmensrisiko einseitig auf die Gläubiger abgewälzt wird (S. 173). Bei der Konkretisierung der Pflicht zu angemessener Eigenkapitalausstattung sei allerdings mit Rücksicht auf das bestehende Finanzierungsermessen der Gesellschafter ein vorsichtiger Maßstab geboten; von einer fehlerhaften Organisation der Gesellschaft könne nur in Fällen offensichtlicher und erheblicher Unterkapitalisierung gesprochen werden (S. 174). Die Begrenzung des als Schuldner in Betracht kommenden Kreises der Gesellschafter ergebe sich aus der Verantwortlichkeit für den Organisationsfehler; diese treffe bei anfänglicher Unterkapitalisierung alle Gründer, bei nachträglicher Unterkapitalisierung nur die unternehmerisch aktiven Gesellschafter (S. 175). Als Rechtsfolge scheint Erlinghagen, ohne das ausdrücklich zu sagen, von einer unbeschränkten Ausfallhaftung der als Schuldner in Betracht kommenden Gesellschafter auszugehen. Demgegenüber hatte sich noch Reinhardt (S. 592) für eine bloße Differenzhaftung bis zur Höhe einer angemessenen Auffüllung des Haftkapitals ausgesprochen. Der These von Reinhardt ¡Erlinghagen haben sich inzwischen G. Kuhn (in Ehrengabe für Heusinger, S. 208 ff.) sowie — jedenfalls im Grundsatz (Anerkennung einer auf die Kapitalausstattung einer GmbH bezogenen Organisationspflicht) — auch Mertens (GmbH-Rdsch. 1967 45, 46f.) und Wüst (S. 19, 32) angeschlossen. Rechtspolitisch tendieren in die gleiche Richtung der Gesetzesvorschlag des Arbeitskreises GmbH-Reform (S. 13ff.) sowie K. Müller ZRP 1975 101, 103 ff. Dagegen scheint ihr Erlinghagen selbst inzwischen distanzierter gegenüberzustehen. Denn in einer neueren Veröffentlichung zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen im RegE GmbHG (in: Festschrift für Kaufmann [1972] S. 139,143) hat er es dahingestellt gelassen, ob de lege lata das Erfordernis angemessener Risikoübernahme in der GmbH als allgemeines Prinzip anerkannt werden könne und welche konkreten Rechtsfolgen sich gegebenenfalls aus ihm ableiten lassen. 41
Mit der Frage nach dem Bestehen einer grundsätzlichen Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung der GmbH ist zugleich ein zentrales Bedenken angesprochen, das gegen den dogmatischen Ansatz der Lehre vom Organisationsverschulden besteht. Ist nach geltendem Recht eine derartige Pflicht nicht zu begründen, so kann die Unterkapitalisierung auch nicht als haftungsauslösender Organisationsfehler der maßgeblichen Gesellschafter angesehen werden. Daß das geltende GmbH-Recht ein gleitendes Mindestkapital nicht kennt, die Gesellschafter vielmehr in der Ausgestaltung der Haftungsgrundlage der GmbH grundsätzlich frei sind, wurde oben (Rdn. 10) schon festgestellt. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn man mit Reinhardt (S. 591) vom Bestehen eines „Leitprinzips der Verkehrswirtschaft" über das rechte Verhältnis von Eigenkapital und Unternehmensrisiko ausgehen wollte. Ein solches Prinzip mag zwar hilfreich sein bei der Ausfüllung von Generalklauseln nach Art der §§ 138, 242, 826 BGB. Es wird aber überfordert und unzulässig in einen bindenden Rechtssatz verwandelt, wenn seine Verletzung zu Haftungsfolgen gegenüber jedem geschädigten Gläubiger führen soll (so auch die im wesentlichen übereinstimmende Kritik am Konzept der Organisationsfehlerhaftung, vgl. namentlich Hofmann N J W 1966 1941, 1944; Kamm S. 107ff, Sonnenberger N J W 1969 2033ff, Stauder GmbH-Rdsch. 1968 72, 73; Winkler BB 1969 1202, 1204; Winter S. 98ff.). (382)
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Auch Erlinghagen selbst scheint diesen Einwand gesehen zu haben. Denn nur so erklärt es sich, daß er trotz Anerkennung einer Rechtspflicht zu angemessener Kapitalausstattung die Haftung nur bei offensichtlicher und erheblicher Unterkapitalisierung eingreifen lassen und überdies auf subjektive Momente wie Verschulden aus Organisationsfehler ganz verzichten will (GmbH-Rdsch. 1962 174, 175). Damit wird indessen der dogmatische Ansatz letztlich verlassen (Winkler BB 1969 1204), ganz abgesehen davon, daß auch die Parallele zur Haftung der Gesellschaft für Organverschulden aus § 31 BGB nicht zu überzeugen vermag (G. Winter S. 98). Die Haftung nähert sich vielmehr in Voraussetzungen und Rechtsfolgen der objektiven Normzwecklehre (Rdn. 43 ff., 45). 8) Die Lehre von der Erklärungshaftung Sie ist schon im Jahre 1959 von Erman (KTS 1959 129ff.) aufgestellt, seither 42 aber nicht erneut vertreten worden und daher heute kaum noch als aktuell zu bezeichnen. Ihre Grundlage wollte Erman in den allgemeinen handelsrechtlichen Publizitätsgrundsätzen in Erweiterung von §§ 5, 15 HGB finden. Dazu mußte er allerdings auf die Fiktion einer Erklärung zurückgreifen: die Unterstellung, die maßgebenden Gesellschafter erklärten mit dem Betreiben der Gesellschaft konkludent, sich redlich verhalten und für den Fall, daß das Risiko Dritter aus der Geschäftstätigkeit mit der GmbH das bei angemessener Kapitalausstattung übliche M a ß . deutlich übersteige, mit ihrem eigenen Vermögen für die Verbindlichkeiten einzustehen. Auch wenn man berücksichtigt, daß Erman bei seinen Überlegungen in erster Linie an die Einmann-GmbH und die Haftung des „Hintermanns" gedacht hat, finden sich doch auch in dessen Verhalten in aller Regel keine Anhaltspunkte, die vom Rechtsverkehr als Erklärung in dem von Erman behaupteten Sinn verstanden werden und eine entsprechende Haftung begründen könnten. Die Lehre von der Erklärungshaftung ist daher zu Recht auf allgemeine Ablehnung gestoßen (Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 169, 172, Kamm S. 114f., Kamprad S. 57, O. Kuhn S. 230f., Stauder GmbH-Rdsch. 1968 72, 73f., H. P. Westermann S. 291 f., Winter S. 84ff. u. a.). e) Normzwecklehren Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich eine Reihe weiterer Lösungsvorschläge 43 zusammenfassen. Unbeschadet der im einzelnen feststellbaren Unterschiede sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen einer Gesellschafterhaftung als auch hinsichtlich des Haftungsumfangs ist ihnen gemeinsam, daß sie auf subjektive Anforderungen wie vorsätzliche oder fahrlässige Gläubigerschädigung bzw. Verletzung bestimmter Organisationsanforderungen sowie auf Rechtsscheingesichtspunkte verzichten und die Haftung allein an das objektive Mißverhältnis zwischen erforderlichem und tatsächlichem Haftkapital der GmbH knüpfen. Im einzelnen sind dabei drei unterschiedliche Konzepte zu unterscheiden. Das erste dieser Konzepte ist unter Bezugnahme auf den Normzweck der Vor- 44 Schriften über Kapitalaufbringung und -erhaltung von O. Kuhn (S. 207ff., 214ff.) entwickelt worden. Er konnte sich dabei auf die grundlegenden Überlegungen von Müller-Freienfels (AcP 156 1957 522, 537f.) zur Objektivierung des von Serick entwickelten Durchgriffskonzepts und seiner Ausrichtung am Normzweck stützen. Einen Institutsmißbrauch sieht O. Kuhn dann als gegeben, wenn die Gesellschafter einer GmbH es versäumen, ihre Gesellschaft mit den für die Geschäftstätigkeit unumgänglich erforderlichen Mindestmitteln auszustatten („extreme" Unterkapitalisierung, S. 215). Hierin liege ein Verstoß gegen den im GmbH-Gesetz durchgängig (383)
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ausgeprägten, bei der Verwendung der Rechtsform zu beachtenden Grundsatz des Verkehrsschutzes (S. 216). Rechtsfolge sei entgegen der herrschenden Durchgriffslehre allerdings nicht die unbeschränkte Haftung, sondern lediglich eine Differenzhaftung der Gesellschafter; denn der nach § 242 BGB angemessene Ausgleich sei durch die Verpflichtung der Gesellschafter zu erreichen, der GmbH das ihr objektiv mißbräuchlich vorenthaltene Kapital zuzuführen (S. 219f.). Eine weitergehende Haftung komme nur nach § 823 Abs. 2 BGB wegen schuldhaften Verstoßes gegen den aus § 242 BGB abgeleiteten, dem Gläubigerschutz dienenden Grundsatz des Verkehrsschutzes in Betracht (S. 220f.). — Aus ähnlichen Gründen plädiert auch E. Rehbinder (S. 122 ff.) für eine vorsichtige, die Haftungsbeschränkung des GmbHRechts nicht übermäßig durchbrechende Rechtsfortbildung im Fall der Unterkapitalisierung. Der Haftungsdurchgriff solle nicht dazu dienen, die Gesellschaftsgläubiger auf Kosten der Privatgläubiger des haftenden Gesellschafters zu bereichern; vielmehr seien nur die mißbrauchsbedingten Nachteile der GmbH-Gläubiger durch eine beschränkte, am Kapitalbedarf orientierte Ausgleichshaftung nach § 242 BGB zu beseitigen (S. 124). 45 Ein zweites, ebenfalls an ausschließlich objektiven Kriterien orientiertes Haftungskonzept vertritt Wiedemann (S. 17f.). Im Ansatzpunkt den Thesen von O. Kuhn weitgehend entsprechend, leitet er aus den bestehenden Kapitalsicherungsvorschriften • des GmbH-Rechts den Grundsatz ab, die Gesellschafter müßten der GmbH ein am voraussichtlichen Geschäftsrisiko orientiertes, angemessenes Eigenkapital zur Verfügung stellen. Der Unterschied zum Konzept von O. Kuhn zeigt sich dann aber darin, daß Wiedemann von der Aufbringung dieses Kapitals die Erlangung des „Privilegs der Haftungsbeschränkung" auf Seiten der Gesellschafter abhängig machen will. Ist die Gesellschaft im Gründungsstadium unterkapitalisiert, so soll es also bei der unbeschränkt persönlichen Gesellschafterhaftung bewenden (de lege ferenda spricht Wiedemann S. 18f. sich freilich für die Einführung einer Differenzhaftung aus); dagegen soll eine nachträgliche Unterkapitalisierung nicht zum Wiederaufleben der Haftung führen (S. 21, 23). — In Voraussetzungen und Rechtsfolgen kommt der Lösung von Wiedemann weitgehend auch die Lehre Erlinghagens von der Organisationsfehlerhaftung gleich (vgl. oben Rdn. 41 a. E.), freilich mit der Besonderheit, daß Erlingpagen für die „unternehmerisch aktiven" Gesellschafter eine Haftung auch bei nachträglicher Unterkapitalisierung bejaht. 46 Als eine Art Synthese zwischen den beiden Konzepten erweist sich schließlich eine dritte, von Winkler aufgestellte Variante der Normzwecklehre. Winkler (BB 1969 1202ff.; ähnlich auch Immenga S. 402ff., 410f.) stimmt mit Wiedemann darin überein, daß die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter nicht schon aus der Existenz der GmbH als juristische Person folge, sondern daß objektive Bedingung für ihr Eingreifen die Ausstattung der GmbH mit angemessenem Eigenkapital sei. Diese Bedingung könne aber nicht nur zu Beginn oder während der werbenden Tätigkeit der GmbH herbeigeführt werden, sondern auch noch nach deren Zusammenbruch. Denn Sinn und Zweck der Kapitalsicherungsvorschriften des GmbHGesetzes richteten sich nicht auf eine unbeschränkte Gesellschafterhaftung, sondern auf die Haftung für eine angemessene Kapitalausstattung (S. 1205). Im Ergebnis deckt sich diese Lösung somit mit dem von O. Kuhn und E. Rehbinder vertretenen, ebenfalls zur Differenzhaftung führenden Konzept (Rdn. 44). 47 Stellungnahme. An den verschiedenen, hier unter dem Stichwort „Normzwecklehren" zusammengefaßten Konzepten überzeugt das Abstellen auf rein objektive, am Normzweck der Kapitalsicherungs- und Haftungsvorschriften des GmbHG orientierte Kriterien als Voraussetzung einer Gesellschafterhaftung. Aus (384)
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den insbesondere von O. Kuhn (S. 214 ff.) angeführten Gründen ist ihm auch in diesem Kommentar zu folgen (vgl. Rdn. 55 ff.). Bedenken begegnet freilich einerseits der in einigen dieser Konzepte (namentlich von Wiedemann und Winkler) verwendete rigorose Maßstab der einfachen Unterkapitalisierung als Voraussetzung einer Gesellschafterhaftung, die bereits dann eingreifen soll, wenn die Kapitalausstattung der GmbH hinter dem angemessenen Umfang zurückbleibt. Damit wird nicht nur die Praktikabilität dieses Maßstabs und die Rechtssicherheit für die auf den Haftungsausschluß vertrauenden Gesellschafter entscheidend in Frage gestellt (vgl. Rdn. 6, 18f.). Vielmehr bleibt vor allem auch der Nachweis einer Pflicht zu angemessener Kapitalausstattung offen (Rdn. 10); sie wäre Voraussetzung dafür, daß nicht erst in krassen Fällen eines Institutsmißbrauchs, sondern bereits bei geringfügiger Unterschreitung des notwendigen Eigenkapitals Haftungsfolgen zu bejahen sind. Das zweite Bedenken betrifft die von den Vertretern einer objektiven Miß- 48 brauchslehre überwiegend befürwortete Differenzhaftung. Sie läßt außer Betracht, daß der im Gläubigerinteresse gebotene Ausgleich für das fehlende Eigenkapital der GmbH in aller Regel nicht allein durch die Verpflichtung der Gesellschafter zu erreichen ist, im Konkurs der GmbH den noch ausstehenden Teil des angemessenen Kapitals aufzubringen. Ganz abgesehen von den auch hier wieder auftretenden Berechnungsproblemen scheitert die Ausgleichswirkung einer auf die Kapitaldifferenz beschränkten Haftung vor allem daran, daß der Ausfall der Gläubiger in dem durch die unzureichende Kapitalausstattung bedingten Konkurs sich regelmäßig auf ein Vielfaches des ursprünglich fehlenden Eigenkapitals belaufen wird. Insoweit hilft auch der Hinweis von O. Kuhn auf die Möglichkeit einer Haftung der Gesellschafter aus § 823 Abs. 2 BGB für den der Gesellschaft und den Gläubigern durch die verspätete Kapitalaufbringung entstandenen Schaden (Rdn. 44) nicht weiter, da auch für diese Haftung das Bestehen einer Pflicht zu angemessener Kapitalaufbringung Voraussetzung wäre. Die Lösung ist vielmehr in einer auf objektive Kriterien gestützten, nur in eindeutigen Mißbrauchsfällen eingreifenden unbeschränkten Gesellschafterhaftung zu suchen. Dabei bedarf neben den sachlichen Haftungsvoraussetzungen vor allem auch die Abgrenzung des als Schuldner in Betracht kommenden Gesellschafterkreises genauer Prüfung (Rdn. 55 ff., 64). b) Rechtsprechung zur Unterkapitalisierung a) Überblick Die höch8trichterliche Zivilrechtsprechung des RG und BGH zur Gesell- 49
schafterhaftung wegen Unterkapitalisierung ist über einige obiter dicta nicht hinausgekommen (zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen vgl. demgegenüber Rdn. 75f.); eine Ausnahme gilt nur für den Sonderfall BGHZ 54 222, 224f., in dem die Zahlungspflicht der Mitglieder eines von Anfang an vermögenslosen eingetragenen Siedlervereins bejaht wurde für Pachtzinsen, die der e. V. dem Verpächter im Interesse der Siedler schuldete. Ebenso wie für die sonstige Rechtsprechung zum „Durchgriff" (vgl. den Uberblick in § 13 Anh. I, 43—45) gilt auch für den Haftungsdurchgriff, daß sich eine einheitliche, dogmatisch abgesicherte Linie bisher nicht herausgebildet hat. In einigen Urteilen (RG JW1938 462,464; BGHZ 31270; BGH GmbH-Rdsch. 1961 161, 162) wurde die Frage einer vom Darlehensschicksal unabhängigen Gesellschafterhaftung wegen Unterkapitalisierung ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich ausgeklammert. Die übrigen Urteile schwanken (385)
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zwischen rein objektiven Haftungsvoraussetzungen und dem zusätzlichen Abstellen auf subjektive Kriterien (Rdn. 50—52). 50
ß) Reichsgericht In RGZ 158 302, 310 ging es um die Frage, ob der Komplementär der Besitz-KG seine Geschäftsführungsbefugnis überschritten habe, als er namens der KG die Bürgschaft für die Bankschulden der mit unzureichendem Kapital ausgerüsteten BetriebsAG übernahm. Hierzu stellte das RG fest, wenn die Konstruktion der Doppelgesellschaft von den Gründern gewählt worden sei, um ihr Haftungsrisiko von vornherein auf die Höhe des offensichtlich völlig unzureichenden Aktienkapitals zu beschränken und ihnen überdies gesicherte dividendenunabhängige Einnahmen aus dem Pachtzins zu verschaffen, so sei schon mit Rücksicht hierauf ihre und der KG Haftung aus § 826 BGB gegenüber den AG-Gläubigern nicht ausgeschlossen. In RGZ 166 51, 57 wurde angesichts des zwischen den Gesellschaftern herrschenden Streits über die Höhe der Kapitalausstattung der GmbH die vom Beklagten behauptete Finanzierung mit 20000 RM Stammkapital und 130000 RM Gesellschafterdarlehen als Mißbrauch der Rechtsform bezeichnet, weil die Kapitalausstattung der GmbH in diesem Fall für deren Aufgabe von vornherein unzureichend gewesen sei. Ob die gleichen oder noch schärfere Grundsätze auch bei fehlendem Gesellschafterdarlehen zu gelten hätten, wird aus dem Urteil freilich nicht deutlich.
Y) Bundesgerichtshof In der BGH- Rechtsprechung hatte erstmals der VIII. Zivilsenat (BGH WM 1958 460) Gelegenheit, sich mit der Zahlungsklage des Gläubigers einer vermögenslosen GmbH gegen den Übernehmer des Vermögens des Alleingesellschafters zu befassen. Die Klage war in erster Linie auf den Vorwurf der Vermögensvermischung zwischen GmbH und Einmann gestützt. In diesem Zusammenhang stellte der BGH fest, für einen Haftungsdurchgriff müsse neben objektiven Umständen grundsätzlich auch ein subjektiver Gesichtspunkt hinzutreten, der das Verhalten des sich auf die Selbständigkeit der GmbH berufenden Gesellschafters als einen Verstoß gegen Treu und Glauben oder gegen die guten Sitten kennzeichne (S. 462). Als Beispiel nannte er eine aus eigener Kraft nicht mehr lebensfähige GmbH, deren rechtliche Selbständigkeit der Alleingesellschafter dazu mißbrauche, weiter unter ihrer Firma geschäftlich tätig zu werden, obwohl die Gesellschaft die hierdurch begründeten Verbindlichkeiten — für den Alleingesellschafter erkennbar — nicht oder nicht voll erfüllen könne. 52 Der Gesellschaftsrechtssenat des BGH hatte sich unter dem Gesichtspunkt der Unterkapitalisierung bisher nur mit der Erstattung von vor dem Zusammenbruch zurückgezahlten Gesellschafterdarlehen zu befassen. In der ersten dieser Entscheidungen (BGHZ 31 258, 268) stellte er — obiter — fest, aus dem gesetzlichen Mindestkapital von DM 20000 folge nicht, daß das haftende Kapital ganz ohne Rücksicht auf das für die satzungsmäßigen Gesellschaftszwecke benötigte Kapital festgesetzt werden dürfe; zugleich verneinte er freilich (S. 269) eine Nachschußpflicht wegen Unterkapitalisierung. Im zweiten Urteil BGH BB 1972 111,112 findet sich (unter III 3) die nicht näher begründete Feststellung, für die Inanspruchnahme eines Gesellschafters durch GmbH-Gläubiger genügten weder die unzureichende Kapitalausstattung der Gesellschaft noch der Versuch, diesen Zustand mit Hilfe von Darlehen zu überwinden. Hinzuweisen ist schließlich auf die in BGH GmbH-Rdsch. 1961 161 getroffene Feststellung, auf die Beherrschung der GmbH durch einen Alleingesellschafter komme es für den Haftungsdurchgriff nicht an; dieser könne vielmehr auch bei anderen als Einmanngesellschaften veranlaßt sein.
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Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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8) Sonstige An sonstigen Urteilen ordentlicher Gerichte ist einerseits eine — nur im 53 Leitsatz veröffentlichte — Entscheidung des LG Stuttgart (GmbH-Rdsch. 1951 187 mit zustimm. Anm. von Sidlo) zu nennen. Sie hält die unzureichende Kapitalausstattung einer GmbH als solche nicht für mißbräuchlich, da die Gläubiger sich durch Einblick in das Handelsregister selbst schützen könnten; für nachteilige Rechtsfolgen gegenüber den Gesellschaftern müßten daher subjektive (nicht näher genannte) Voraussetzungen hinzutreten. Erhöhte Beachtung verdient demgegenüber ein Urteil des OLG Hamburg (BB 1973 1231); es setzt sich als einzige bekanntgewordene Entscheidung mit der Literaturdiskussion der letzten 20 Jahre zur Gesellschafterhaftung wegen Unterkapitalisierung auseinander und schließt sich zumindest im Ergebnis den Normzwecklehren an. Unter Hinweis auf das gesetzliche Mindestkapital stellt das Gericht fest, der Verkehr könne zwar nicht davon ausgehen, daß eine GmbH im Regelfall mit hinreichenden Mitteln ausgestattet sei, um jedes denkbare wirtschaftliche Risiko aufzufangen. Ein Schutzbedürfnis für den redlichen Verkehr mit der Rechtsfolge des Haftungsdurchgriffs sei aber dann zu bejahen, wenn eine GmbH ein wirtschaftliches Projekt in Angriff nehme, das auch bei Berücksichtigung des dem Wirtschaftsleben immanenten und für gewöhnlich hingenommenen Risikos mit den %ur Verfügung stehenden Mitteln keinesfalls bewältigt werden kann. Diese Voraussetzung sah das Gericht im konkreten Fall (Gründung einer Illustrierten) deshalb nicht als erfüllt an, weil die Gründer über das Stammkapital von DM 50000 hinaus der Verlags-GmbH noch mindestens DM 700000 als Gesellschafterdarlehen zur Verfügung gestellt hatten, die im Falle einer erfolgreichen Einführung der Illustrierten als Startkapital ausreichend gewesen wären (so auch die Revisionsentscheidung des I. Zivilsenats BGH WM 1977 73, 75). Soweit sich Gerichte anderer Gerichtszweige mit der Gesellschafterhaftung 54 bei Unterkapitalisierung zu befassen hatten, geschah das jeweils auf der vom VIII. Zivilsenat des BGH (WM 1958 460) abgesteckten Linie: der mißbräuchlichen Verwendung der aus eigener Kraft erkennbar nicht mehr lebensfähigen GmbH durch den Alleingesellschafter für die Fortführung der Geschäftstätigkeit. So verwies das Bundessozialgericht (NJW 1963 1373) einen Rechtsstreit über die Haftung des Alleingesellschafters für Beitragsschulden der zahlungsunfähigen GmbH zur Prüfung der genannten Mißbrauchsvoraussetzungen zurück (vgl. auch LSG Hamburg N J W 1963 2293). Und mit der gleichen Begründung, die rechtliche Selbständigkeit der — für ihn erkennbar — aus eigener Kraft nicht mehr lebensfähigen GmbH durch Fortsetzung der Geschäftstätigkeit mißbraucht zu haben, verurteilte das LAG Bayern (GmbH-Rdsch. 1972 31, 32) den Alleingesellschafter einer überschuldeten Theater-GmbH zur Zahlung der Gage eines Schauspielers. 2. Die Ausfallhaftung der Gesellschafter bei qualifizierter Unterkapitalisierung a) Grundlagen Zur Begründung einer persönlichen Haftung der Gesellschafter einer unter- 55 kapitalisierten GmbH scheiden, wie bereits dargelegt (Rdn. 41), alle diejenigen Theorien aus, die von einer Verpflichtung der Gesellschafter zu angemessener Kapitalausstattung ihrer GmbH ausgehen. Daß eine derartige Pflicht dem geltenden Recht unbekannt ist, zeigen einerseits die Mindestkapitalvorschrift des § 5 Abs. 1, andererseits die Sondervorschriften des KWG, KAGG und VAG über die angemessene Kapitalisierung von Gesellschaften in bestimmten, einer besonderen (387)
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Aufsicht unterstehenden Wirtschaftszweigen (Rdn. 10). Auch rechtspolitisch kann die Einführung einer derartigen, für alle Wirtschaftszweige geltenden Verpflichtung nicht empfohlen werden, da sie angesichts der Schwierigkeiten der Berechnung des angemessenen Eigenkapitalbedarfs zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen und die Privatautonomie der Gesellschafter bei der Festsetzung des Gesellschaftskapitals übermäßig einschränken würde. Aus diesem Grund sind einmal diejenigen Lösungsansätze abzulehnen, die die Gesellschafterhaftung auf einen Organisationsfehler oder einen Schutzgesetzverstoß in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB stützen wollen, da sie die Existenz eines ungeschriebenen Grundsatzes angemessener Kapitalausstattung voraussetzen (Rdn. 41, 48). Ebenso kann der Lehre von der Erklärungshaftung {Erman) nicht gefolgt werden; denn angesichts der bestehenden Finanzierungsautonomie läßt sich das Betreiben einer GmbH vom Verkehr nicht als Erklärung dahin verstehen, für eine angemessene Kapitalausstattung besorgt zu sein (Rdn. 42). 56 Den zutreffenden Ansatzpunkt für eine Gesellschafterhaftung bildet vielmehr die auf rein objektive Kriterien abstellende, an den gesetzgeberischen Zweck der Kapitalaufbringungs- und Kapitalsicherungsvorschriften des GmbH-Gesetzes auf dem Hintergrund des Ausschlusses der Gesellschafterhaftung (§ 13 Abs. 2) anknüpfende Normzwecklehre. Sie kann sich auf neuere Entwicklungen zum „Durchgriff" und zum Institutsmißbrauch sowohl in der Rechtsprechung (BGHZ 20 4, 13f.; 22 226, 231; 25 115, 117; 26 31, 33; 29 385, 392) als auch in der Literatur (.Müller-Freienfels AcP 156 1957 522, 537, Raiser Rechtsschutz und Institutionenschutz im Privatrecht, in: Summum jus summa injuria [1963], S. 145, 152; SoergelSiebert-Knopp BGB § 242, 166 ff. m. w. Nachw.) stützen. Für die Haftung wegen Unterkapitalisierung ist sie eingehend zuerst von O. Kuhn herausgearbeitet und seither von einer Reihe weiterer Autoren (Rehbinder, Wiedemann, Winkler und Immenga) übernommen worden (vgl. oben Rdn. 43ff.).Auch in der Rechtsprechung zur Unterkapitalisierung hat sie erste Anerkennung gefunden (OLG Hamburg BB 1973 1231, 1232, vgl. Rdn. 53). Ihre tragende Begründung findet die Ableitung der Gesellschafterhaftung wegen Unterkapitalisierung aus dem Normzweck in dem im GmbHG zum Ausdruck kommenden Zusammenhang zwischen Kapitalsicherung und Ausschluß der Gesellschafterhaftung. Die Garantiefunktion des Stammkapitals zugunsten der Gesellschaftsgläubiger wird dann verfehlt, wenn die Eigenkapitalausstattung der GmbH so gering ist, daß sie im Krisenfall keine hinreichende Sicherheit bietet; damit verliert aber auch der Ausschluß der Gesellschafterhaftung in § 13 Abs. 2 seine Berechtigung (.Immenga S. 403). Der Sinnzusammenhang zwischen Stammkapital und Haftungsbeschränkung bildet somit die institutionelle Schranke, die der gesetzlich eingeräumten Privatautonomie bei der Bestimmung der Höhe des Stammkapitals gesetzt ist. Wird diese Schranke mißachtet, so entfällt die Rechtfertigung für den gesetzlichen Haftungsausschluß, ohne daß es auf zusätzliche subjektive Kriterien ankommt (Rdn. 39). Die Anerkennung der GmbH als juristische Person wird hierdurch zwar nicht in Frage gestellt; deren Selbständigkeit als Zuordnungsobjekt von Rechten und Pflichten richtet sich schon aus Rechtssicherheitsgründen nicht nach der Höhe des Stammkapitals, sondern hängt ausschließlich von der Registereintragung ab. Wohl aber betrifft der nach dem Normzweck entscheidende Mißbrauchseinwand den in § 13 Abs. 2 vorgesehenen Ausschluß der Gesellschafterhaftung; dieser ist nicht etwa notwendig mit der Anerkennung der GmbH als selbständiger juristischer Person verbunden (so zu Recht schon Müller-Freienfels AcP 156 1957 522, 528 unter Hinweis auf Genossenschaft und KGaA, ferner Wiedemann S. 16, Winkler BB 1969 1204, Immenga S. 404; vgl. auch § 13, 25). Damit führt (388)
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die Normzwecklehre zu einer Erstreckung der Haftung der unterkapitalisierten GmbH auf ihre Gesellschafter, ohne daß es eines besonderen Verpflichtungsgrundes bedarf. Die Normzweckbetrachtung bestimmt auch die nähere Ausgestaltung der 57 Gesellschafterhaftung (vgl. im einzelnen Rdn. 59ff.). Sie setzt die Überschreitung der Privatautonomie bei der Kapitalausstattung der GmbH voraus und greift daher nur ein in Fällen eindeutiger, qualifizierter Unterkapitalisierung (Rdn. 59). Dagegen ist die Zahl der Gesellschafter im Grundsatz ohne Einfluß auf die Ausfallhaftung. Diese beschränkt sich namentlich nicht auf den Alleingesellschafter, wenn sie auch eine Eingrenzung auf die maßgeblichen Gesellschafter aufgrund des Kriteriums der Zurechenbarkeit der Normzweckverfehlung erfährt (Rdn. 64). Ihre Rechtsgrundlage findet die Haftung in der Verpflichtung der GmbH und ihrer Erstreckung auf die Gesellschafter. Schon deshalb scheidet auch die Beschränkung der Haftung auf die Differenz zwischen angemessenem und tatsächlich eingebrachtem Kapital aus (Rdn. 66). Abweichend von § 826 BGB kommt es auch nicht zur Entstehung neuer, in Bestand und Durchsetzbarkeit von den Ansprüchen gegen die GmbH unabhängiger Forderungen. Das Verhältnis zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung läßt sich vielmehr mit der Haftungslage in einer OHG (§§ 124,128 HGB) vergleichen, ohne daß dabei die abweichende Haftungsstruktur der GmbH und der außerordentliche Charakter der auf die Normzwecklehre gestützten Gesellschafterhaftung übersehen werden darf. Dementsprechend empfiehlt es sich auch, die Haftung als subsidiäre Ausfallhaftung auszugestalten und erst bei Konkursreife der GmbH eingreifen zu lassen (Rdn. 65 f.). Was schließlich die verschiedentlich geäußerten Bedenken gegen eine per- 58 sönliche Ausfallhaftung der Gesellschafter außerhalb besonderer schuldrechtlicher Verpflichtungsgründe angeht, so sind die auf die mangelnde Praktikabilität gestützten, die Feststellung der Unterkapitalisierung betreffenden Einwände wegen der Anknüpfung an die eindeutigen Fälle qualifizierter Unterkapitalisierung gegenstandslos (Rdn. 19, 59ff.). Das gleiche gilt für die Befürchtung, die Ausfallhaftung könne zu erheblicher Rechtsunsicherheit zu Lasten der Gesellschafter oder gar zum „Ende der Haftungsbeschränkung" im Rahmen der GmbH führen (vgl. etwa H. P. Westermann S. 288 ff.); sie entbehren angesichts der klar definierbaren Haftungsvoraussetzungen der Grundlage. Zu bedenken bleibt der Hinweis auf das Prinzip des „caveat creditor" und — in Verbindung damit — die Frage nach dem Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs im Rahmen der Normzwecklehre. Letzteres mag in der Tat zweifelhaft sein, soweit es um die Rechte großer, über die finanzielle Situation der GmbH gewöhnlich gut informierter und daher zu eigener Vorsorge fähiger Kreditgeber (Banken und Warenlieferanten) geht. Indessen schützen diese Kreise sich ohnedies meist selbst durch entsprechende Sicherheiten. Sie werden daher durch die Ausfallhaftung, soweit sie sich hierauf überhaupt berufen können (Rdn. 67), nicht entscheidend besser gestellt. Anderes gilt dagegen für die Masse der kleinen Waren- und Diensdeistungsgläubiger, die weder die erforderliche Geschäftserfahrung noch das wirtschaftliche Gewicht besitzen, um ihren Schuldner aussuchen oder sich gegen die Gefahren eines Forderungsausfalles absichern zu können, sowie für die Deliktsgläubiger, insbesondere im Zeichen der Produzentenhaftung (Wiedemann S. IL, G. Winter S. 46). Ihnen gegenüber reicht auch der Hinweis auf die Registerpublizität über das Stammkapital der GmbH nicht aus, um das unverkennbare, durch die Rechtstatsachen zur Konkursanfälligkeit der GmbH (Rdn. 8) unterstrichene Schutzbedürfnis in Frage zu stellen. Fehlt es allerdings im Einzelfall an der Schutzbedürftigkeit eines Gläubigers, weil dieser in voller Kenntnis der finanziellen (389)
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Lage der GmbH in Spekulationsabsicht oder aus ähnlichen Gründen bewußt das Risiko der Geschäftsverbindung eingegangen ist, so ist dem durch einen Haftungsausschluß zugunsten der Gesellschafter Rechnung zu tragen (Rdn. 67). b) Haftungsvoraussetzungen a) Qualifizierte Unterkapitalisierung 59 Erste und nach der Normzwecklehre wichtigste Haftungsvoraussetzung (Rdn. 56) ist das Bestehen einer qualifizierten Unterkapitalisierung, d. h. einer eindeutig und für Insider klar erkennbar unzureichenden Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft, die einen Mißerfolg zu Lasten der Gläubiger bei normalem Geschäftsverlauf mit hoher, das gewöhnliche Geschäftsrisiko deutlich übersteigender Wahrscheinlichkeit erwarten läßt (Rdn. 19; so auch OLG Hamburg BB 1973 1231, 1232, Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 174, G. Kuhn in Ehrengabe für Heusinger, S. 209, O. Kuhn S. 215f., Wüst S. 13, wohl auch Reinhardt S. 590f. sowie die Anhänger der subjektiven Mißbrauchslehre, oben Rdn. 38; für Haftung schon bei einfacher Unterkapitalisierung aber Wiedemann S. 20f., Winkler BB 1969 1207, Immenga S. 403, 416f.). Im Ergebnis entspricht das Kriterium der qualifizierten Unterkapitalisierung auch dem in BGH WM 1958 460, 462 verwendeten oder kommt ihm zumindest nahe, wenn dort darauf abgestellt wird, daß die GmbH aus eigener Kraft nicht mehr lebensfähig und dies dem (Allein-)Gesellschafter erkennbar ist. Das gilt trotz des Hinweises des BGH auf die Notwendigkeit eines subjektiven Gesichtspunkts, den er in der Erkennbarkeit der Unterkapitalisierung durch den Gesellschafter sehen will. Er kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß angesichts der im Zivilrecht geltenden objektivierten Verantwortungsmaßstäbe der Unterschied zu der hier vertretenen, rein objektiven Normzwecklehre allenfalls geringfügig ist. 60 Die Haftung greift sowohl bei anfänglicher als auch bei nachträglicher Unterkapitalisierung ein. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf den Fall anfänglicher, bereits bei der Gründung bestehender Unterkapitalisierung, wie sie namentlich von Wiedemann (S. 21 f.) vertreten wird, ist nicht veranlaßt. Der Normzweck der Kapitalsicherungs- und Haftungsvorschriften des GmbHG und das Schutzbedürfnis der Gläubiger stehen vielmehr auch dann in Frage, wenn erst im späteren Verlauf der Gesellschaftstätigkeit das Eigenkapital eindeutig unzureichend wird für die inzwischen entfaltete Geschäftstätigkeit (nachträgliche Unterkapitalisierung, vgl. Rdn. 23; für ihre Einbeziehung in die Gesellschafterhaftung auch die ganz h. M., vgl. Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 174, Erman KTS 1959 132, G. Kuhn S. 211, O. Kuhn S. 218, Rehbinder S. 123, Winkler BB 1969 1206 sowie aus der Rechtsprechung BGH WM 1958 460, 462 und LAG Bayern GmbH-Rdsch. 1972 31, 32). Mag es auch richtig sein, daß die „Säuglingssterblichkeit" bei der GmbH besonders hoch ist (Wiedemann S. 21 berichtet, daß nach amerikanischen Statistiken aus den Jahren 1945—1965 zwischen 55 und 77% aller Zusammenbrüche auf Firmen mit einem Lebensalter von bis zu 5 Jahren entfielen), so bedeutet das doch keinen Freibrief für das spätere Finanzgebaren der Gesellschafter, ganz abgesehen von möglichen Umgehungsproblemen. Die notwendige Ausnahme von der Haftung für Fälle eines nicht vorhersehbaren Kapitalverlusts mit anschließender Konkursfolge (BGH GmbH-Rdsch. 1961 161, 162) ergibt sich bereits aus den Erfordernissen der Kausalität und der Zurechenbarkeit (Rdn. 62—64). Sie steht der grundsätzlichen Einbeziehung nachträglicher Unterkapitalisierung in die Gesellschafterhaftung nicht entgegen (so zu Recht G. Kuhn in Ehrengabe für Heusinger, S. 211 gegen die Urteilskritik von Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 174). (390)
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Die Gewährung von Gesellschafterdarlehen bildet keine Voraussetzung für 61 den Tatbestand der qualifizierten Unterkapitalisierung; dieser liegt vielmehr um so eher vor, je weniger Mittel die Gesellschafter der GmbH zur Verfügung stellen. Andererseits sind tatsächlich gewährte und im Unternehmen belassene Gesellschafterdarlehen bei der Feststellung einer Unterkapitalisierung als Eigenkapital zu behandeln, soweit es nicht um ganz kurzfristige, für die Finanzierung der Geschäftstätigkeit der GmbH ungeeignete Mittel geht. Der Ansatz als Eigenkapital und die entsprechende Verminderung der den Gesellschaftern bei qualifizierter Unterkapitalisierung drohenden Gefahr, unbeschränkt persönlich für die GmbH-Schulden zu haften, rechtfertigen sich daraus, daß es sich trotz der Darlehensform um Mittel handelt, die der unterkapitalisierten GmbH nicht von dritter Seite zur Verfügung gestellt worden wären und ihr zur Deckung des Kapitalbedarfs dienen. Ihm entspricht andererseits der Rangrücktritt dieser Gesellschafterdarlehen im Konkurs der GmbH sowie die Pflicht zur Rückgewähr der Mittel an die Konkursmasse im Falle einer vor Konkurseröffnung erfolgten Rückzahlung (Rdn. 86 ff.). ß) Kausalität zwischen Unterkapitalisierung und Konkursreife Die Normzwecklehre dient dem Schutz des Rechtsverkehrs gegen die spezi- 62 fischen Risiken einer unzureichenden, die institutionellen Schranken der Privatautonomie durchbrechenden Kapitalausstattung. Eine Ausfallhaftung ist daher nur insoweit gerechtfertigt, als dieser Schutzzweck reicht. Beruht die Konkursreife der GmbH nicht auf der Unterkapitalisierung, sondern auf sonstigen Umständen inneroder außerhalb des Unternehmens, so bewendet es bei dem gesetzlichen Haftungsausschluß des § 13 Abs. 2, da für die Begründung der Ausfallhaftung nicht die Höhe der Konkursquote maßgebend ist, sondern die voraussichtliche Lebensfähigkeit der Gesellschaft und die ihr infolge des Kapitalmangels drohenden Gefahren (Rdn. 56). Bedeutung erlangt das Kausalitätserfordernis vor allem für die Fälle nachträg- 63 licher Unterkapitalisierung. So besteht für eine persönliche Ausfallhaftung der Gesellschafter dann kein Anlaß, wenn Konkurs der GmbH und in diesem Zeitpunkt feststellbarer Kapitalmangel nicht auf unzureichende Kapitalzuführung durch die Gesellschafter zurückgehen, sondern auf anhaltende, das normale Geschäftsrisiko deutlich übersteigende Verluste. Anderes gilt dann, wenn die GmbH ihren Geschäftsbetrieb unverändert fortsetzt, obwohl sie erhebliche, zu weitgehender Aufzehrung des Kapitals führende Verluste erlitten hat, und die Fortsetzung sich daher als eine den Normzweck verletzende Spekulation zum Nachteil der GmbH-Gläubiger erweist. Im Einzelfall mag die Grenzziehung zwischen Konkursen aufgrund unvorhergesehener Verluste und solchen aufgrund nachträglicher Unterkapitalisierung allerdings schwierig sein oder keine eindeutige Aussage über das Gewicht verschiedener, sich überlagernder Konkursursachen gestatten (zur entsprechenden Fragestellung bei Rückzahlung der stillen Einlage vgl. § 342 Abs. 2 HGB; die Kausalitätsprobleme zu stark betonend aber Wiedemann S. 14 und Winkler BB 1969 1206). Gelingt es den Gläubigern nicht, den Kausalitätsnachweis zu führen, und können sie sich nach Lage des Falles auch nicht im Wege des Anscheinsbeweises auf die eindeutige Unterkapitalisierung als Konkursursache berufen, so hat das die Verneinung einer Ausfallhaftung zur Folge; entsprechendes gilt für das Kriterium der Zurechenbarkeit (Rdn. 64). Dieses Ergebnis ist aber kein Einwand gegen das Kausalitätsmerkmal, sondern entpricht dem Anliegen der Normzwecklehre, nur in Fällen eindeutigen Mißbrauchs zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter zu kommen, ohne die vor allem im Konkurs bedeutsame Risikobegrenzung auf seiten der Gesellschafter grundsätzlich in Frage zu stellen. Auf den (391)
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Nachweis, daß ausschließlich die Unterkapitalisierung zum Konkurs geführt hat, kommt es freilich nicht an. Denn die Anfälligkeit eines Unternehmens auch für Risiken eines normalen Geschäftsverlaufs erhöht sich in dem Maße, in dem infolge unzureichender Kapitalausstattung ein Rückgriff auf die zum Ausgleich solcher erkennbaren Risiken erforderlichen Reserven ausscheidet. 64
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Y) Zurechenbarkeit der Unterkapitalisierung Die Ausfallhaftung bei qualifizierter Unterkapitalisierung hängt nicht von der Gesellschafterzahl (Einmann-GmbH) ab und ist daher auch nicht auf Alleingesellschafter beschränkt (ganz h. M., vgl. etwa RG JW 1938 862, 864; BGH GmbHRdsch. 1961 161; Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 175, G. Kuhn S. 211, O. Kuhn S. 218, Immenga S. 411). Andererseits ginge es ^u weit, sämtliche Gesellschafter einer GmbH ohne Rücksicht auf ihre Stellung in der Gesellschaft und ihren Einfluß auf die Kapitalausstattung der Ausfallhaftung zu unterwerfen (a. A. nur Winkler BB 1969 1207 für die von ihm vertretene Differenzhaftung). Für die anfängliche Unterkapitalisierung ist die Frage zwar regelmäßig ohne Bedeutung, da die Gründer mit der Beteiligung an dem Einstimmigkeit voraussetzenden Gründungsakt auch die Verantwortung für die Ausgestaltung der Gesellschaft einschließlich der Kapitalausstattung übernehmen. Anderes gilt aber wieder für die nachträgliche, auf einer deutlichen Geschäftsausweitung oder auf unvorhersehbaren Verlusten beruhende Unterkapitalisierung. Haftungsfolgen erscheinen hier nur insoweit veranlaßt, als die Gesellschafter entweder den Zustand der Unterkapitalisierung durch entsprechende Geschäftsführungsmaßnahmen oder -Weisungen mit verursacht oder aber keine Schritte unternommen haben, um der ohne ihr Zutun eingetretenen Unterkapitalisierung durch Kapitalaufstockung oder Geschäftsanpassung Rechnung zu tragen. Subjektive Kriterien zur Bestimmung des von der Haftung betroffenen Personenkreises scheiden entsprechend dem rein objektiven, von Verschuldensgesichtspunkten unabhängigen Charakter der Normzwecklehre zwar aus. Wohl aber ist es möglich, mittels des auch unter Rechtsscheingesichtspunkten erheblichen Kriteriums der Zurechenbarkeit zu einer entsprechenden Differenzierung zu kommen und diejenigen Gesellschafter von der Haftung auszunehmen, denen aufgrund ihrer geringen Beteiligung an der GmbH und der fehlenden internen Mitspracherechte keine Verantwortung für die nachträgliche Unterkapitalisierung zukommt. S) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft Letzte Haftungsvoraussetzung ist schließlich, entsprechend der außerordentlichen Natur der Gesellschafterhaftung und dem damit verfolgten Schutzzweck, die nicht nur vorübergehende Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung der Gesellschaft (ganz h. M., vgl. Erman KTS 1959 134, Kamm S. 147, Immenga S. 411, O. Kuhn S. 218). Die Haftung greift daher nur ein im Konkurs der GmbH, im Vergleich zur Abwendung des Konkurses (§ 173 KO) sowie nach Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse (§ 107 KO). Wollen Gläubiger der GmbH, die von dieser keine Befriedigung erlangen können, ihre Ansprüche gegen Gesellschafter durchsetzen, so haben sie es bei Vorliegen eines der Konkursgründe des § 64 Abs. 1 in der Hand, Konkursantrag zu stellen und damit den Weg frei zu machen für ein Vorgehen gegen die Gesellschafter (zur Anspruchshöhe vgl. Rdn. 66).
c) Rechtsfolgen a) Unbeschränkt persönliche Ausfallhaftung 66 Rechtsfolge der qualifizierten Unterkapitalisierung ist die nicht auf einen Höchstbetrag beschränkte persönliche Haftung der verantwortlichen Gesell(392)
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schafter (Rdn. 64) für den von den GmbH-Gläubigern erlittenen Ausfall (so im Ergebnis auch G. Kuhn S. 209, Wiedemann S. 17, sowie der Tendenz nach Erlinghagen und Erman aaO.). Gegen diese Rechtsfolge scheint zwar der Charakter der GmbH als einer Gesellschaft mit beschränktem Haftungsfonds und entsprechend begrenzten Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger zu sprechen — ein Umstand, der dazu geführt hat, daß in der Literatur überwiegend eine Beschränkung der Gesellschafterhaftung auf die Differenz zwischen tatsächlichem und angenommenem Eigenkapital der GmbH befürwortet wird (Immenga S. 410, O. Kuhn S. 219f., Rehbinder, S. 124, Reinhardt S. 592, Winkler BB 1969 1205). Aus der Sicht der Normzwecklehre hält die These von der Differenzhaftung indessen näherer Prüfung nicht stand. Auch abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Differenzbetrags (Rdn. 18) steht ihr einmal entgegen, daß die im Gläubigerinteresse gebotene Ausgleichsfunktion der persönlichen Haftung mit dieser Rechtsfolge nicht erreicht werden kann. Denn die infolge der Unterkapitalisierung eintretenden Verluste der GmbH machen regelmäßig ein Vielfaches des ursprünglich fehlenden Eigenkapitals aus, so daß dessen nachträgliche Auffüllung für die Gläubiger nur von geringem Interesse ist (Rdn. 48). Vor allem aber ist die Differenzierung unvereinbar mit dem dogmatischen Ansatz der Normzwecklehre. Wie oben (Rdn. 56) gezeigt wurde, besteht er darin, den Gesellschaftern gegenüber den GmbH-Gläubigern die Berufung auf den aus § 13 Abs. 2 folgenden Haftungsausschluß zu verwehren (so zutreffend Wiedemann S. 17f.; a. A. O. Kuhn S. 319f. und Winkler BB 1969 1206, die von einem Anspruch der GmbH (?) aus § 242 BGB ausgehen). Die Haftungseinschränkung auf einen Teilbetrag der Forderungsausfälle — etwa im Sinne einer dem Gläubigerrisiko Rechnung tragenden, auf einen bestimmten Prozentsatz der Ausfälle beschränkten Betrag (so der Gesetzesvorschlag des Arbeitskreises GmbHReform Bd. 2 S. 16,22) — ist im Rahmen der richterlichen Fortbildung des geltenden Rechts nicht möglich (zum Sonderfall bewußter Risikoübernahme durch GmbHGläubiger vgl. Rdn. 67). Der Anspruch aus der Ausfallhaftung steht den GmbH-Gläubigern per- 66a sönlich zu und kann, ähnlich wie eine Bürgschaftsforderung oder der Anspruch aus § 128 HGB, außerhalb des GmbH-Konkurses geltend gemacht werden. Höhenmäßig ist der Anspruch, seiner subsidiären Natur entsprechend, auf den Ausfall beschränkt, den die einzelnen GmbH-Gläubiger infolge der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH erleiden. Die ziffernmäßig nachweisbare Mindesthöhe des Ausfalls kann dabei schon vor Konkursende eingeklagt werden (vgl. zur entsprechenden Lage bei der Ausfallbürgschaft RGZ 75 186,188; Erman-Seiler BGB § 765 Vorbem. 16; Böhle-Stamschräder KO 11 § 68, 3). Die für die Unterkapitalisierung verantwortlichen Gesellschafter haften ihnen als Gesamtschuldner. Der Ausgleich zwischen den Gesellschaften richtet sich entsprechend § 24 nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile (§ 426 Abs. 1 BGB); dabei sind Ausfälle aus kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen zu berücksichtigen. Gesellschafter, denen die Unterkapitalisierung nicht zurechenbar ist und die daher nicht der Ausfallhaftung unterliegen (Rdn. 64), sind auch nicht zum internen Ausgleich verpflichtet. ß) Einwendungen bei bewußter Risikoübernahme Die Ausfallhaftung der Gesellschafter einer unterkapitalisierten GmbH dient 67 nach der Normzwecklehre dem Schutz der GmbH-Gläubiger; sie soll die aus dem unzureichenden Haftungsfonds der Gesellschaft folgenden speziellen Risiken der Unterkapitalisierung ausgleichen. Für einen derartigen Schutz besteht dann keinBedürf(393)
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nis, wenn Dritte in voller Kenntnis der Unterkapitalisierung trotz bestehender Wahlfreiheit Geschäfte mit der GmbH tätigen und das damit verbundene hohe Risiko bewußt auf sich nehmen (so auch BGH WM 1958 460,462 [„redlicher Verkehr"], OLG Hamburg BB 1973 1231, 1232; Erman KTS 1959 134, Rehbinder S. 324). Mit dem Ausgleichsgedanken des § 242 BGB wäre es unvereinbar, ihnen bei Verwirklichung des aus freien Stücken eingegangenen Risikos einen Anspruch gegen die Gesellschafter zu geben. Der Nachweis der freiwilligen Risikoübernahme ist Sache der Gesellschafter. Sie wird insbesondere in den Fällen zu bejahen sein, in denen Dritte der unterkapitalisierten GmbH in Spekulationsabsicht, etwa gegen überhöhte Zinsen, ungenügend gesicherten Kredite einräumen oder belassen.
III. Gesellschafterdarlehen 1. Überblick a) Wesen und Arten Die Finanzierung einer GmbH kann auf vielfache Weise erfolgen. Im Grundsatz sind zu unterscheiden einerseits kurz-, mittel- und langfristige Finanzierung, andererseits Finanzierung durch Eigen- oder Fremdkapital. Typisch für das Gesellschafterdarlehen, d. h. die einer GmbH von einem ihrer Gesellschafter in Darlehensform gewährte Finanzierung, ist, daß sie je nach Sachlage jede der genannten Funktionen übernehmen kann, darunter nicht zuletzt auch die Deckung des Finanzbedarfs der Gesellschaft bei fehlender Kreditfähigkeit, ohne von den strengen, für das Stammkapital geltenden Kapitalbindungsvorschriften des GmbHG erfaßt zu werden. Nicht zuletzt hierauf beruhen einerseits Beliebtheit und Verbreitung des Gesellschafterdarlehens als Instrument zur Innenfinanzierung, andererseits aber auch die damit für die Gläubiger verbundenen Risiken. ¿9 Im einzelnen lassen sich eine Vielzahl von Gründen für die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anführen (vgl. auch Kamm S. 96f., Wiedemann S. 26, Wüst S. 15). Zu nennen sind etwa die Deckung eines nur vorübergehenden (saisonalen) oder eines plötzlich auftretenden Geldbedarfs der GmbH, das Interesse einzelner oder aller Gesellschafter an befristeten Anlagemöglichkeiten im Unternehmen, das Scheitern einer an sich gebotenen Kapitalerhöhung am Widerspruch der Minderheit, die Einräumung günstiger Kreditkonditionen für die GmbH oder das Interesse an den Steuervorteilen einer Darlehensfinanzierung (vgl. dazu Rdn. 103ff.). Einen wesentlichen Anwendungsbereich bildet zwar auch die Finanzierung unterkapitalisierter, mangels Kreditfähigkeit auf Eigenmittel angewiesener Gesellschaften sowie endlich das Hinausschieben oder Abwenden des Konkurses durch Mittelzuführung an eine überschuldete oder zahlungsunfähige GmbH. Gleichwohl zeigt die Vielzahl möglicher Gründe, daß eine rechtliche Einheitsbehandlung von Gesellschafterdarlehen als Eigenkapitalersatz und namentlich ihr generelles Zurücktreten gegenüber Forderungen von Drittgläubigern im GmbH-Konkurs nicht zu überzeugen vermag (hierfür de lege ferenda aber Ballerstedt ZHR 135 1971 393f., Lutter, in: Probleme der GmbHReform [1969], S. 76 f. sowie für die personalistische GmbH bereits nach geltendem Recht Immenga S. 418fF., 423). Auch eine Vermutung für den eigenkapitalerset^enden Charakter von Gesellschafterdarlehen scheidet aus den gleichen Gründen aus. 70 Vielfältig wie die Gründe sind auch Arten und Erscheinungsformen von Gesellschafterdarlehen. Die Darlehen können kurz- oder langfristig, befristet oder unbefristet, mit oder ohne Einräumung von Sicherheiten gewährt sein. Ihre Verzinsung ¿8
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ist die Regel, bildet aber keine notwendige Voraussetzung (vgl. auch § 3, 63 und 68 f.). Sie können hinsichtlich der Rückzahlung ausdrücklich oder konkludent mit einem Rangrücktritt zugunsten anderer Gläubiger ausgestattet sein (Rdn. 82) und nähern sich in diesem Fall funktionell einem Nachschuß. Darlehenscharakter hat auch die Stundung von Forderungen des Gesellschafters gegen die GmbH, sei es aus entgeldichen Verträgen (Kaufpreis, Geschäftsführervergütung) oder aus der Gewinnverteilung. Schließlich sind eine Vielzahl dem Gesellschafterdarlehen vergleichbarer Tatbestände denkbar, so die Verbürgung eines Gesellschafters oder die Bereitstellung dinglicher Sicherheiten für das der GmbH von einem Dritten gewährte Darlehen (Rdn. 93 f.), die Darlehensgewährung durch einen Ehegatten oder nahen Verwandten aus Mitteln des Gesellschafters, die Finanzierung der GmbH durch den nicht selbst als Gesellschafter in Erscheinung tretenden Hintermann sowie endlich die Überlassung anderer Vermögensgegenstände eines Gesellschafters an die GmbH zur vorübergehenden oder dauernden Nutzung ohne Einbringung als Haftkapital (Rdn. 94f.). Auch für diese Fälle ist zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen für sie eine Übernahme der für Gesellschafterdarlehen geltenden Rechtsgrundsätze in Betracht kommt. b) Gesellschafterdarlehen und Unterkapitalisierung Gesellschafterdarlehen können, müssen aber nicht zum Ausgleich einer ohne 71 sie bestehenden Unterkapitalisierung bestimmt sein (Rdn. 69). Haben sie eigenkapitalersetzenden Charakter, so spricht man von „nomineller" im Unterschied zur materiellen, durch die iV/VA/zuführung des erforderlichen Eigenkapitals gekennzeichneten Unterkapitalisierung (Rdn. 22). Der rechtliche Unterschied liegt darin, daß bei bloß nomineller Unterkapitalisierung die möglichen Rechtsfolgen sich auf einen Rangrücktritt der eigenkapitalersetzenden Darlehen bzw. auf einen Erstattungsanspruch zurückgezahlter Darlehen an die GmbH beschränken (Rdn. 81 fF.), während bei qualifizierter materieller Unterkapitalisierung darüberhinaus die maßgebenden Gesellschafter einer unbeschränkten Ausfallhaftung zugunsten der GmbH-Gläubiger unterliegen (Rdn. 55 fF.). Beide Rechtsfolgen können zusammenfallen bzw. sich überlagern, so wenn bei der GmbH trotz Zurechnung der Gesellschafterdarlehen zum Eigenkapital (Rdn. 61) der Fall der qualifizierten Unterkapitalisierung gegeben ist, oder wenn die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen eine qualifizierte materielle Unterkapitalisierung hervorruft, in deren Folge es zum Konkurs der GmbH kommt. c) Mögliche Rechtsfolgen eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen Wie bereits ausgeführt (Rdn. 12, 69) sind Rechtsfolgen zum Schutz der Gläu- 72 biger nicht in sämtlichen Fällen einer Finanzierung der GmbH durch Gesellschafterdarlehen veranlaßt, sondern nur dann, wenn die GmbH unterkapitalisiert ist und die Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter haben. Für die Beurteilung der Unterkapitalisierung maßgebend ist der Umstand, ob der in der Darlehensfinanzierung zum Ausdruck kommende Kapitalbedarf der GmbH auch durch Dritte zu marktüblichen Konditionen hätte befriedigt werden können, ob m. a. W. die GmbH im Zeitpunkt der Gewährung oder Belassung des Gesellschafterdarlehens kreditfähig war (Rdn. 18, 20). Ist die Gesellschaft danach unterkapitalisiert, so ist damit regelmäßig auch der eigenkapitalersetzende Charakter der Gesellschafterdarlehen gegeben, soweit die Mittel nicht ausnahmsweise nur kurzfristig zur Deckung eines vorübergehenden Finanzbedarfs gewährt sind und auch tatsächlich nicht länger belassen (395)
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werden. Indizien für den Eigenkapitalcharakter bilden insbesondere die langfristige oder unbefristete Darlehensgewährung, eine geringe Verzinsung sowie eine das Stammkapital deutlich übersteigende Höhe der Gesellschafterdarlehen (Wiedemann S. 33). Werden Gesellschafterdarlehen zur Konkursabwendung gewährt, so ist ihr Eigenkapitalcharakter in aller Regel zu bejahen. 73 Bei den Rechtsfolgen ist zu unterscheiden zwischen der Durchsetzbarkeit von RückZahlungsansprüchen der Gesellschafter und dem Schicksal der von der GmbH trotz des Eigenkapitalcharakters zurückgezahlten Darlehen. Was den Rückzahlungsanspruch der Gesellschafter bei kapitalersetzenden Darlehen angeht, so steht ihm im Fall der Uberschuldung oder beim Bestehen einer Unterbilanz der zwingende Einwand der Kapitalerhaltung (§ 30) entgegen (vgl. Rdn. 80, 89 und § 30, 33). In den sonstigen Fällen kann sich die GmbH nach § 242 BGB auf den Eigenkapitalcharakter berufen, solange die (nominelle) Unterkapitalisierung besteht; im Konkurs muß der Konkursverwalter die Anmeldung zur Konkurstabelle wegen des Rangrücktritts eigenkapitalersetzender Darlehen gegenüber den sonstigen Konkursforderungen ablehnen (Rdn. 82ff.). Ist die Rückzahlung des Darlehens bereits erfolgt, so stellt sich die Frage nach einem Erstattungsanspruch der GmbH. Entgegen verbreiteter Ansicht läßt er sich nicht etwa generell auf § 31 stützen, sondern nur insoweit, als infolge der Rückzahlung eine Kapitalunterdeckung oder Uberschuldung bei der GmbH besteht (Rdn. 89). Im übrigen kommt ein Anspruch der GmbH nur dann in Betracht, wenn die Darlehensrückzahlung die Voraussetzungen eines der Anfechtungstatbestände der Konkursordnung oder des Anfechtungsgesetzes erfüllt oder wenn die Anfechtung auf eine Analogie zu § 242 BGB gestützt werden kann (Rdn. 90). 74
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d) Meinungsstand Im Unterschied zu den Rechtsfolgen bei materieller Unterkapitalisierung besteht über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen und besonders über ihren Rangrücktritt im Konkurs zumindest in der Grundtendenz weitgehende Einigkeit, wenn auch die Voraussetzungen im einzelnen und die für den Rangrücktritt sprechenden Gründe unterschiedlich beurteilt werden. In der Rechtsprechung zeichnet sich eine einheitliche Linie jedenfalls insoweit ab, als es um Darlehen zur Konkursabwendung geht. Die Ansichten im Schrifttum beschränken sich überwiegend nicht auf diesen Fall; teilweise nähern sie sich schon nach geltendem Recht der im RegE GmbHG vorgesehenen Behandlung von Gesellschafterdarlehen (dazu Rdn. 4). a) Rechtsprechung Das Reichsgericht hatte sich in den beiden ersten einschlägigen Entscheidungen mit der Anmeldung von Gesellschafterdarlehen zur Konkurstabelle im GmbH-Konkurs zu befassen. Während es in RGZ 68 172, 175 ff. ein vom Alleingesellschafter der GmbH gewährtes Darlehen noch als Verstoß gegen § 181 BGB und daher unwirksam ansah, stützte es später den Rangrücktritt auf einen Verstoß gegen § 826 BGB (RG JW 1938 862, 864f.). Die vorsätzlich sittenwidrige Gläubigerschädigung hielt es angesichts einer das Stammkapital um das Doppelte übersteigenden, schon kurz nach der Gründung notwendig gewordenen Finanzierung mit Darlehen, gestundeten Gehalts- und Mietansprüchen sowie der Bürgschaftsübernahme für Fremdkredite deshalb für gegeben, weil der (Allein-)Gesellschafter den Plan verfolgt habe, die „wirklichen Gläubiger der Gesellschaft im Falle des (396)
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Mißlingens des Unternehmens zu schädigen und seinen eigenen Verlust möglichst niedrig zu halten" (S. 865). Mit der gleichen Begründung versagte das Gericht in RG JW 1939 355 der Aufrechnung eines Gesellschafters mit seiner Darlehensforderung gegen die aus einer Kapitalerhöhung resultierende Einlageschuld die Wirksamkeit. Eine Objektivierung gegenüber dieser auf § 826 BGB gestützten Rechtsprechung findet sich schließlich in RGZ 166 51, 57, wenn dort — obiter — festgestellt wird, die Finanzierung einer GmbH mit 130000 RM Darlehen bei einem Stammkapital von nur 20000 RM enthalte einen Mißbrauch der Rechtsform. Der Bundesgerichtshof ist in seinem ersten, grundlegenden Urteil zur Be- 76 handlung von Gesellschafterdarlehen von der auf § 826 BGB gestützten Begründung des RG abgerückt und hat zu Recht festgestellt, von einer Gläubigerschädigung könne solange nicht gesprochen werden, als die Gesellschafter der GmbH — sei es auch im Darlehenswege — weitere Mittel zur Verfügung stellten (BGHZ 31 258, 271). Angesichts einer GmbH, deren Stammkapital von 20000 DM schon zwei Monate nach der Gründung verbraucht war und die in den beiden folgenden Jahren bis zur Konkurseröffnung mit Gesellschafterdarlehen von insgesamt rund DM 56000 finanziert wurde, stellte er den Satz auf, der Gesellschafter müsse die zur Konkursabwendung zur Verfügving gestellten Darlehen solange wie haftendes Kapital behandeln lassen und etwaige Rückzahlungen der GmbH nach § 31 Abs. 1 erstatten, als der Zweck der Konkursabwendung nicht erreicht sei (BGHZ 31 258, 272; so auch die zweite Revisionsentscheidung im gleichen Fall BGH WM 1963 121 sowie BGH NJW 1977 104, 105). In BGH 1972 111, 112 wurde diese Rechtsprechung auf Fälle ausgedehnt, in denen die Darlehensgewährung an eine unterkapitalisierte GmbH ebenfalls der Behebung einer nicht nur vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit diente, ein Konkursverfahren aber mangels Masse nicht eröffnet oder die Gesellschaft ohne Konkurs liquidiert wurde. Die Begründung stützte sich einerseits auf das in der Darlehensrücknahme vor Zweckerreichung liegende widersprüchliche Verhalten, zum an-' deren auf die erhöhte Gefährdung der Gläubiger durch Entzug'der der GmbH als Kapitalgrundlage dienenden Darlehensmittel. Zur Frage, ob die Unterkapitalisierung als solche, auch ohne einen mit dem Darlehen verfolgten Konkursabwendungszweck, der rechtlichen Anerkennung des Darlehens als eines durchsetzbaren Gläubigeranspruchs entgegensteht, brauchte der BGH nicht Stellung zu nehmen. Hinzuweisen ist allerdings auf BGH NJW1969 1719 ( = KTS 1970 201, 202). Dort verneinte der Vni. Zivilsenat die Anwendung von § 30 Abs. 1 auf eine mehr als zwei Jahre vor Konkurseröffnung erfolgte Darlehensrückzahlung, da für eine Unterkapitalisierung der GmbH oder einen mit dem Darlehen verfolgten Konkursabwendungszweck nichts vorgetragen sei. Darüberhinaus schloß er auch eine Anfechtbarkeit der Rückzahlung nach § 31 Nr. 1 KO aus, da diese nicht der Vereitelung der Ansprüche anderer Gläubiger, sondern der Erfüllung des Darlehensanspruchs gedient habe. ß) Schrifttum Im neueren Schrifttum ist die BGH-Rechtsprechung zur Beurteilung von Ge- 77 sellschafterdarlehen zur Konkursabwendung verbreitet auf Zustimmung gestoßen (vgl. etwa Pleyer GmbH-Rdsch. 1960 44 und 1963 207f., Wüst S. 15ff., Lutter, in: Probleme der GmbH-Reform, S. 74f., Neflin GmbH-Rdsch. 1963 ASi./faeger-Weber Konkursordnung, 8. Aufl. 1970, §§ 207/208, 38, Ment^el-Kuhn, Konkursordnung, 7. Aufl. 1962, § 207, 9, Kamprad GmbH-Rdsch. 1975 54, 56; anders — beschränkt auf den Fall der Überschuldung — noch ders. Gesellschafterdarlehen [1968] S. 65, 67). Gegenansichten, die sich für die grundsätzliche Anerkennung von Gesellschafterdarlehen ohne Rücksicht auf die finanzielle Lage der GmbH aussprechen, finden sich nur (397)
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noch vereinzelt (Schönle GmbH-Rdsch. 1960 63,64; Hof mann N J W19661943 ff., Kamm S. 126ff., Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH [1964], S. 66ff.). Uberwiegend wird ein Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen auch in sonstigen Fällen einer unterkapitalisierten GmbH bejaht, in denen ein Konkursabwendungszweck des Darlehens nicht feststellbar ist (a. A. aber Kamprad GmbHRdsch. 1975 54, 56). Dabei werden meist die gleichen Voraussetzungen angeführt, die im Falle einer ohne das Darlehen bestehenden materiellen Unterkapitalisierung zur Begründung von Haftungsfolgen führen sollen (vgl. Näheres oben Rdn. 36 ff.). So stellen etwa die Anhänger der subjektiven Mißbrauchslehre darauf ab, ob die Rechtsform des Darlehens in Kenntnis der Unterkapitalisierung bewußt gewählt wurde, um sich im Fall eines Mißerfolgs die Rolle eines Gläubigers zu verschaffen und das eigene Risiko dementsprechend auf die Drittgläubiger zu verlagern (vgl. etwa Serick, Rechtsform S. 205, 207; Drobnig S. 94f.; Kamprad S. 67f.; faeger-Weber KO §§ 207/208, 38). Aus der Sicht der Lehre von der Organisationsfehlerhaftung behandelt Erlinghagen GmbH-Rdsch. 1962 174, 176 die Finanzierung einer offensichtlich unterkapitalisierten GmbH durch Gesellschafterdarlehen als Unterfall eines zur Gesellschafterhaftung im Konkurs — und entsprechend zum Darlehensrücktritt — führenden Organisationsmangels (so auch Wüst S. 17f.); gleiches gilt für die von Erman KTS 1959 131 vertretene Erklärungshaftung. Und schließlich zeigt sich auch bei den Vertretern der Normzwecklehre die — aus der Sicht der Differenzhaftung folgerichtige — Tendenz, zu einer einheitlichen Beurteilung von materieller und nomineller Unterkapitalisierung zu kommen (O. Kuhn S. 215, Rehbinder S. 123, Winkler BB 1969 1204, 1206f., Immenga S. 412ff., 417); für Winkler und Immenga a. a. O. hat das einen Rangrücktritt der Gesellschafterdarlehen schon bei einfacher nomineller Unterkapitalisierung zur Konsequenz (Rdn. 59; zur grundsätzlichen Problematik der Gleichbehandlung von materieller und nomineller Unterkapitalisierung vgl. aber Rdn. 11, 12). 2. Gesellschafterdarlehen zur Beseitigung der Überschuldung 78
Der Konkursgrund der Überschuldung ( § 6 4 Abs. 1) liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft, bewertet auf der Basis des voraussichtlichen Liquidationserlöses, nicht mehr die Schulden deckt, wenn also die echten Verbindlichkeiten der Gesellschaft, unter Ausklammerung von Passiva mit Kapital- oder Rücklagencharakter, die Summe der Aktiva übersteigen (Einzelheiten vgl. bei faeger-Weber KO §§ 207/208,19—21, sowie in Erläut. zu § 64). Daraus folgt, daß die Gewährung eines Darlehens an die GmbH nur dann geeignet ist, eine bestehende Überschuldung zu beseitigen, wenn das Darlehen während der Dauer der Krise hinter sonstigen Gläubigerforderungen zurücktritt, und die entsprechende Verbindlichkeit daher nicht im Überschuldungsstatus der GmbH zu berücksichtigen ist {Jaeger-Weber KO §§ 207/208, 21). Dem wird im Rahmen der Darlehensbedingungen vielfach durch ausdrückliche Vereinbarung eines Rangrücktritts des Darlehensgebers im Verhältnis zu den Gläubigern der überschuldeten GmbH Rechnung getragen, etwa des Inhalts : „Wir erklären, daß wir mit unserer Forderung solange hinter den übrigen Gläubigern zurücktreten, bis die Überschuldungsgefahr Ihrer Gesellschaft beseitigt ist" (vgl. Kamprad S. 38 FN 150 mit weiteren Formulierungsbeispielen). Auch soweit es zu einer ausdrücklichen Vereinbarung dieser Art nicht kommt, ist bei Gesellschafterdarlehen, die zur Beseitigung einer Überschuldung bestimmt sind, doch regelmäßig ein konkludenter Rangrücktritt anzunehmen, da andernfalls der Zweck der Darlehensgewährung nicht erreicht würde. (398)
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Eine derartige ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung über den Rang- 79 rücktritt macht den RückZahlungsanspruch unabhängig von der Fälligkeit des Darlehens solange undurchsetzbar, wie die Krisensituation andauert. Das folgt allein schon aus den Darlehensbedingungen. Eines Rückgriffs auf den Mißbrauchsvorbehalt oder auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens (so die BGH-Rechtsprechung, vgl. Rdn. 76, sowie Kamprad S. 65 f.) bedarf es in diesen Fällen daher nicht. Haben die Gesellschafter schon vor Eintritt der Überschuldung Darlehen gewährt, und sind diese mit ihrer Kenntnis im Überschuldungsstatus der GmbH außer Ansatz geblieben, so liegt auch hier die Annahme nahe, daß die Beteiligten sich einverständlich auf den Rangrücktritt der Darlehen verständigt haben (so zutreffend Steindorff ZHR 132 1969 281). Auch in diesem Fall scheitert die Geltendmachung der Darlehen unabhängig von § 242 BGB regelmäßig bereits an den getroffenen Vereinbarungen. Sind Gesellschafterdarlehen nach den vorstehend genannten Grundsätzen un- 80 durchsetzbar und leistet die GmbH gleichwohl Rückzahlungen, so führt das zum Entstehen von Erstattungsansprüchen der GmbH nach Maßgabe von § § 30, 31 unabhängig vom Eintritt des Konkurses. Erfolgt die Rückzahlung aus dem bereits überschuldeten GmbH-Vermögen, so finden §§ 30, 31 Abs. 1 lediglich entsprechende Anwendung. Sie begründen zwar ebenfalls einen Erstattungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger; dagegen entfällt in diesem Fall die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter nach § 31 Abs. 3 (BGHZ 60 324, 331; vgl. § 31, 20). 3. Gesellschafterdarlehen in sonstigen Fällen Fehlt es an ausdrücklichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten über den 81 Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen, und lassen diese sich auch nicht aus der mit dem Darlehen bezweckten Beseitigung der Überschuldung folgern, so kommt ein Rangrücktritt der Gesellschafter als Darlehensgläubiger bzw. ein Erstattungsanspruch der GmbH nur nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht. Das gilt auch dann, wenn das Darlehen zur Beseitigung einer Zahlungsunfähigkeit der GmbH gewährt ist. Da diese nur Ausdruck mangelnder Liquidität der GmbH ist, kann sie im Grundsatz auch durch Zuführung von Fremdmitteln beseitigt werden. a) Mögliche Rechtsgrundlagen eines Rangrücktritts Unter den Gründen, die in Rechtsprechung und Literatur für einen Rangrück- 82 tritt von Gesellschafterdarlehen bei Konkursreife der GmbH genannt werden (Rdn. 75—77), scheiden zunächst diejenigen aus, die sich bereits bei Prüfung der Haftung wegen Unterkapitalisierung als unzutreffend erwiesen haben. Das gilt aus den in Rdn. 39, 41 und 42 genannten Gründen für die subjektive Mißbrauchslehre sowie für die Lehren von der Organisationsfehlerhaftung und der Erklärungshaftung. Gesichtspunkte, die für die Berechtigung einer dieser Theorien im Sonderfall der nominellen Unterkapitalisierung abweichend vom Grundfall sprechen könnten, sind nicht ersichtlich. Aber auch die Normzwecklehre in ihrer Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 (Rdn. 56) führt bei der nominellen Unterkapitalisierung regelmäßig nicht weiter, da es hier — zumindest unter Berücksichtigung der Gesellschafterdarlehen als Eigenkapitalersatz (Rdn. 61) — meist an einer qualifizierten Unterkapitalisierung als Haftungsvoraussetzung fehlen wird. Dagegen kann, abgesehen vom möglichen Eingreifen besonderer Rechtsgründe wie deliktische Haftung oder Konkursanfechtung (Rdn. 96 f.), im Einzelfall das Verbot widersprüchlichen Verhaltens zur Undurchsetzbarkeit des Darlehens und zur Begründung eines Erstattungsanspruchs führen. (399)
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Nach den für das venire contra factum proprium geltenden allgemeinen Grundsätzen (statt aller Canaris Vertrauenshaftung, S. 287ff., 530f.) setzt das widersprüchliche Verhalten allerdings voraus, daß der Gesellschafter bei der Darlehensgewährung zurechenbar einen Vertrauenstatbestand für die Behandlung der zugeführten Mittel als Eigenkapitalersatz geschaffen und die GmbH sich hierauf eingerichtet hat. Ein solcher Fall mag zwar regelmäßig dann vorliegen, wenn das Darlehen zur Abwendung der Zahlungsunfähigkeit gewährt worden ist, aber vor erfolgter Sanierung zurückgezogen wird (BGHZ 31 258, 272, BGH BB 1972 111, 112, NJW 1977 104, 106). Ein allgemeiner Satz des Inhalts, durch Zuführung finanzieller Mittel in Darlehensform verhielten sich die Gesellschafter immer dann schon widersprüchlich, wenn die GmbH unterkapitalisiert und infolgedessen auf eine Stärkung ihres Eigenkapitals angewiesen ist, läßt sich nach dem gegenwärtigen Stand der Lehre vom widersprüchlichen Verhalten jedoch nicht vertreten. Hierzu bedarf es vielmehr zusätzlicher, auf die Doppelrolle der Darlehensgläubiger als Gesellschafter und Kreditgeber gestützter Argumente (Rdn. 84f.).
b) Eigenkapitalersatz in Darlehensform als mißbräuchliche Finanzierung Der für die Behandlung von Gesellschafterdarlehen maßgebliche Ansatz erschließt sich vielmehr bei Berücksichtigung der Besonderheiten, die die Gesellschafter kraft ihrer Stellung zum Unternehmen von sonstigen Darlehensgebern unterscheiden. Diese Besonderheiten liegen einerseits in der Teilnahme am Unternehmenserfolg, andererseits in dem gegenüber Dritten wesentlich besseren Einblick in — und häufig auch Einfluß auf — die finanzielle Lage der Gesellschaft. In der gesetzlichen Haftungsordnung kommt diese Nähe zur Gesellschaft dadurch zum Ausdruck, daß die Kapitaleinlagen der Gesellschafter hinter die Forderungen der GmbHGläubiger zurücktreten und für diese die Haftungsgrundlage bilden. Einen ähnlichen Rechtsgedanken enthalten die für die stille Gesellschaft geltenden Vorschriften der §§ 341, 342 HGB; nach ihnen nimmt die Einlage des Stillen im Konkurs des Inhabers bei entsprechender Verlustbeteiligung den Rang hinter den sonstigen Konkursforderungen ein und unterliegt überdies im Falle ihrer Rückzahlung innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung der Anfechtung, letzteres selbst beim Ausschluß des Stillen von der Teilnahme am Verlust (für die entsprechende Anwendung von § 342 HGB auf Gesellschafterdarlehen daher namentlich Immenga S. 415, Sonnenberger NJW 1969 2036f., Steindorff ZHR 132 1969 281). Auf dieses Eigeninteresse der Gesellschafter am Unternehmenserfolg und auf die Gefahren, die sich mit ihrer Doppelrolle als Gesellschafter und Kreditgeber für die übrigen Gläubiger verbinden, ist schon wiederholt zu Recht hingewiesen worden (Ballerstedt ZHR 135 1971 391 f., von Caemmerer, in: Quo vadis, ius societatum? Festschrift für Sanders [1972], S. 17, 22, Immenga S. 422, Sonnenberger NJW 1969 2037, Wiedemann S. 28). Entgegen mehrfachen rechtspolitischen Vorschlägen rechtfertigen sie zwar nicht den generellen Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen unabhängig vom Grund ihrer Gewährung (Rdn. 69). Wohl aber geben sie der GmbH im Rahmen von § 242 ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hat und vom Gesellschafter nicht anstelle eines ebenfalls verfügbaren Fremdkredits, sondern aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Unternehmen und seines Interesses am Unternehmenserfolg gewährt wurde (Rdn. 12). 85 Der in Rdn. 84 umschriebene, im Vorgriff auf § 49 RegE schon nach geltendem Recht anzuerkennende Rechtssatz ist auch nicht etwa unvereinbar mit der Privatautonomie bei Finanzierung der GmbH. Vielmehr bleibt den Gesellschaftern — in den durch den Normzweck gesetzten Grenzen (Rdn. 56) — weiterhin die Ent-
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Scheidung darüber überlassen, ob sie der GmbH weitere Mittel 2uführen wollen. Haben sie sich freilich für die Finanzierung entschieden, so sind sie in deren Ausgestaltung, dem Wie der Mittelzuführung, nicht völlig frei und können namentlich ihre Nähe zum Unternehmen nicht dazu ausnützen, die Risiken der ihrem unternehmerischen Interesse dienenden Eigenfinanzierung durch die Wahl der Darlehensform so weit wie möglich den Gläubigern zuzuschieben. Daher verstößt es gegen Treu und Glauben, wenn die Beteiligten die Darlehensform wählen und ihr Finanzierungsrisiko zu Lasten der Gläubiger möglichst gering zu halten suchen, obwohl die gewährten Mittel funktionell Eigenkapitalcharakter haben und zur Deckung des bestehenden, nicht durch Fremdkredite zu finanzierenden Kapitalbedarfs aufgebracht werden (so im Ergebnis auch Winkler BB 1969 1206f., Immenga S. 412ff.). c) Die Voraussetzungen des Rangrücktritts Wichtigste Voraussetzung des Rangrücktritts ist der Eigenkapitalcharakter der 86 der GmbH in Darlehensform zugeführten Mittel. Von Fällen bloß kurzfristiger Kreditgewährung zur Überbrückung eines vorübergehenden Finanzbedarfs abgesehen (für die Ausnahme auch BGHZ 31 258, 269; BGH NJW 1977 104, 105), ist er regelmäßig dann zu bejahen, wenn die Mittelzuführung durch Gesellschafterdarlehen dazu dient, einen bei der Gesellschaft bestehenden, mangels Kreditfähigkeit nicht durch Fremdkredite zu deckenden Finanzbedarf zu befriedigen (einfache Unterkapitalisierung, vgl. Rdn. 24 und 72). Tritt die Unterkapitalisierung demgegenüber erst während der Laufzeit des Darlehens ein, so reicht dieser Umstand als solcher zur Bejahung des Eigenkapitalcharakters zwar nicht aus (BGH WM 1963 121; Geßler GmbH-Rdsch. 1966 108); anderes gilt aber dann, wenn das ursprünglich als echtes Fremdkapital gewährte Darlehen nach Eintritt der Unterkapitalisierung verlängert oder der RückZahlungsanspruch trotz Fälligkeit nicht geltend gemacht wird. Fällt die Unterkapitalisierung während der Laufzeit des Darlehens weg, so verliert es damit auch seinen Charakter als Eigenkapitalersatz und kann nach Fälligkeit uneingeschränkt zurückgefordert werden. — Auf zusätzliche subjektive Merkmale kommt es im Rahmen von § 242 BGB nicht an. 87 Der Rangrücktritt gilt nicht nur für Darlehen im engeren Sinn, sondern ebenso für sonstige schuldrechtliche Forderungen eines Gesellschafters (Mietzins, Kaufpreis, Geschäftsführervergütung u. a.), die dieser gegenüber der unterkapitalisierten GmbH nicht nur kurzfristig gestundet hat (für die Gleichbehandlung dieser Ansprüche auch BGHZ 31 258). Er erstreckt sich auch auf den Zessionar, dem die Ansprüche aus einem eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen abgetreten sind (§ 404 BGB, so auch Kamprad S. 71). 88 Der Rangrücktritt schließt die Anmeldung der Darlehensforderung zur Konkurstabelle ebenso aus wie die Aufrechnung gegen Forderungen der GmbH (§§ 53, 54 KO). Er kann von der GmbH auch außerhalb des Konkurses geltend gemacht werden, solange die Unterkapitalisierung und damit der Charakter des Darlehens als Eigenkapitalersatz andauern. — Zur Gleichbehandlung von gestundeten Forderungen Dritter gegen die GmbH, die ein Gesellschafter erworben hat, mit den vom Gesellschafter originär gewährten Darlehen vgl. den Vorschlag in § 49 Abs. 2 RegE. Er stellt für den eigenkapitalersetzenden Charakter dieser Forderungen zutreffend auf den Abtretungszeitpunkt ab. d) Der Erstattungsanspruch der GmbH 89 Ist der Darlehensanspruch des Gesellschafters nach § 242 BGB undurchsetzbar, so hat eine gleichwohl erfolgte freiwillige Rückzahlung der GmbH den Charakter einer Einlagenrückgewähr. Entgegen mehrfach vertretener Ansicht (vgl. etwa (401)
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Kamprad S. 66, Wüst S. 19, Jaeger-Weber KO §§ 207/208, 38) reicht die fehlende Rückzahlungspflicht allerdings nicht schon aus, um einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 mit der Erstattungsfolge des § 31 Abs. 1 zu begründen. Da für die Kapitalbindung nach § 30 nicht das erforderliche Eigenkapital, sondern das satzungsmäßige Stammkapital maßgebend ist (§ 30, 13, 26 ff.), greifen die Vorschriften der § § 30, 31 nur ein, soweit die Rückzahlung zu einer Unterbilanv^ oder zur Überschuldung der GmbH führt (BGH N J W 1977 104, 106; vgl. auch Rdn. 73). Im übrigen können Gesellschafter und GmbH trotz des Eigenkapitalcharakters der Darlehen nicht gezwungen werden, die Mittel in der Gesellschaft zu belassen bzw. zu erstatten (so auch Immenga S. 415; zur entsprechenden Lage bei Nachschüssen vgl. § 30). Ein der Pfändung der Gläubiger unterliegender Erstattungsanspruch der GmbH besteht in diesen Fällen nicht. 90 Ist nach dem Vorstehenden ein Erstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 nicht gegeben, so kann die Darlehensrückzahlung doch der Anfechtung (§§ 30ff. KO, § 3 AnfG, § 342 HGB) unterliegen. Von Bedeutung ist dabei namentlich das Anfechtungsrecht im Konkurs der GmbH, darunter die auf Rechtsgeschäfte innerhalb eines Jahres vor Konkurseröffnung beschränkte Absichtsanfechtung nach § 31 Nr. 2 KO (zur Gleichstellung der GmbH-Gesellschafter mit nahen Angehörigen im Sinne dieser Vorschrift vgl. BGHZ 58 20, 24 m. w. Nachw.) sowie die ebenfalls nur den Zeitraum eines Jahres vor Konkurseröffnung erfassende, auf die Freiwilligkeit der Rückzahlung (Rdn. 86—88) zu stützende Schenkungsanfechtung nach § 32 Nr. 1 KO. Wegen der Einzelheiten dieser Anfechtungstatbestände vgl. das konkursrechtliche Schrifttum. Ob daneben noch Raum ist für eine analoge Anwendung des gleichfalls auf ein Jahr vor Konkurseröffnung beschränkten Anfechtungsrechts nach § 342 HGB (so auch K. Schmidt N J W 1977 107 f.), erscheint trotz Gleichheit der Interessenlage (Rdn. 84) zweifelhaft, da angesichts der konkursrechtlichen Anfechtung statbestände eine Regelungslücke in diesen Fällen nicht ohne weiteres ersichtlich ist. 91 Die Ausführungen in Rdn. 89, 90 gelten entsprechend für die Bestellung von Sicherheiten aus dem GmbH-Vermögen für eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen. Auch sie können je nach Sachlage einem Erstattungsanspruch nach § 31 unterliegen (Kamprad S. 73) oder eine Konkursanfechtung begründen. Eine Anfechtungsbefugnis ohne zeitliche Begrenzung, wie sie § 50 Abs. 2 RegE im Hinblick auf die Einräumung von Sicherheiten vorschlägt, kommt mit Ausnahme der Absichtsanfechtung ( § 3 1 Nr. 1 KO) nach geltendem Recht freilich nicht in Betracht. 4. Verwandte Tatbestände a) Mittelbare Gesellschafterdarlehen 92 Den rechtlichen Ansatzpunkt für den Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen bei Unterkapitalisierung der GmbH bildet, wie gezeigt wurde (Rdn. 84 f.), die Doppelrolle der betreffenden Darlehensgläubiger als Gesellschafter und Kreditgeber sowie die auf dem unternehmerischen Eigeninteresse beruhende Mittelzuführung an die unterkapitalisierte und daher aus der Sicht Dritter nicht kreditfähige GmbH. Der gleiche Gedanke greift auch in denjenigen Fällen ein, in denen die Gesellschafter zwar nicht selbst als Darlehensgeber auftreten, der GmbH aber auf andere Weise zum Ausgleich des Kapitalmangels unter Einsatz des eigenen Vermögens Fremdmittel zuführen, die diese aus eigener Kraft nicht erhalten würde. Die Erscheinungsformen solcher mittelbaren Gesellschafterdarlehen sind vielfältig, angefangen von der Gesellschafterbürgschaft bis hin zum Verwandtendarlehen aus Mitteln des Gesellschafters (vgl. Rdn. 93,94). Im Zuge der GmbH-Reform war in §49 Abs. 2,4—6 RegE zu Recht ihre Gleichstellung mit den eigentlichen Gesellschafterdarlehen vor(402)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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gesehen. Dem ist im Rahmen der hier vertretenen Lösung auch schon nach geltendem Recht zu folgen, soweit den verwandten Tatbeständen der gleiche für die Rechtsfolgen nach § 242 BGB maßgebliche Gedanke zugrundeliegt. a) Bürgschaft Einen Hauptanwendungsfall mittelbarer Gesellschafterdarlehen bildet die Ver- 93 bürgung der Gesellschafter für Darlehen, die der GmbH von Dritten gewährt werden. Sie ist ein verbreitetes Sicherungsmittel vor allem der Banken bei GmbHKrediten. Für ihre rechtliche Beurteilung ist danach zu unterscheiden, ob das auf Bürgschaftsübernahme gerichtete Verlangen nur einer Gepflogenheit des betreffenden Kreditgebers entspricht und von den Gesellschaftern wegen des geringen Risikos einer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ohne Widerstand akzeptiert wird, oder ob die Gesellschafterbürgschaft Ausdruck der fehlenden Kreditfähigkeit der GmbH ist und daher (mittelbar) eigenkapitalerset^enden Charakter hat. Nur im letztgenannten Fall ist die Gleichheit der Interessenlage zu bejahen mit der Folge, daß die für eigenkapitalersetzende Darlehen geltenden Grundsätze entsprechende Anwendung finden (für Gleichbehandlung von Bürgschaftsübernahme und Gesellschafterdarlehen auch BGH N J W 1977 104, 106, Immenga S. 414, Kamprad S. 71 f., Wiedemann S. 34, Jaeger-Weber KO §§ 207/208, 38; einschränkend Wüst S. 20f.). Dabei wirkt sich der Rangrücktritt für den Darlehensgläubiger dahin aus, daß er sich in erster Linie an den Bürgen halten muß und am GmbH-Konkurs nur mit seinem etwaigen Ausfall teilnehmen kann; ein gänzlicher Ausschluß des nicht selbst dem Einwand aus § 242 BGB ausgesetzten Dritten vom Konkursverfahren wäre als Schlechterstellung gegenüber anderen GmbH-Gläubigern allerdings nicht vertretbar. Und die Rückzahlung des Kredits führt bei Unterbilanz oder Uberschuldung der GmbH zu einem Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter in Höhe der Bürgschaftssumme (Rdn. 89), sofern die Rückzahlung des Darlehens durch die GmbH vor Konkurseröffnung nicht sogar eine Konkursanfechtung gegenüber dem Darlehensgeber als Drittem und einen entsprechenden Rückgewähranspruch gegen diesen begründet. Dagegen kommt eine auf die Beziehungen zwischen GmbH und Bürge gestützte Konkursanfechtung nicht in Betracht; die als bloße Folge der Darlehensrückzahlung eintretende Befreiung des Gesellschafters von der Bürgschaftsschuld enthält keine anfechtbare Rechtshandlung (BGH GmbH-Rdsch. 1974 7). Hat der Gesellschafter freilich Einfluß auf die Rückzahlung genommen und insoweit namentlich auch mit zur Konkursverschleppung beigetragen, so kann sich hieraus ein deliktischer Anspruch gegen ihn aus § 826 BGB ergeben (Rd. 33, 96). ß) Sonstige Fälle Die gleichen Grundsätze wie für die Verbürgung eines Gesellschafters gelten 94 auch dann, wenn der Gesellschafter dem dritten Kreditgeber aus seinem persönlichen Vermögen dingliche Sicherheiten einräumt (so auch Immenga S. 414, Kamprad S. 71). Auch hier führt der eigenkapitalersetzende Charakter der Sicherheiten zum Rangrücktritt des Darlehensgläubigers bzw. zu einem Erstattungsanspruch gegen den Sicherungsgeber. Unter die mittelbaren Gesellschafterdarlehen sind ferner diejenigen Kredite zu rechnen, die der GmbH von Dritten aus Mitteln eines Gesellschafters gewährt werden. Zu denken ist namentlich an Darlehen von Ehegatten, nahen Verwandten oder sonstigen vorgeschobenen Personen. Eine Vermutung für die Finanzierung dieser Kredite aus Gesellschaftermitteln, wie sie § 49 Abs. 6 RegE für Ehegatten und minderjährige Kinder eines Gesellschafters als Darlehensgeber vorsieht, scheidet mangels gesetzlicher Vorschrift allerdings aus. Die (403)
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Grundsätze über Gesellschafterdarlehen gelten schließlich auch für Kredite von Hintermännern, die die GmbH-Anteile nicht selbst halten, sondern auf Treuhänder übertragen haben (BGHZ 31 258, 264f.). 95
b) Die Nutzungsüberlassung von Anlagegegenständen an die GmbH Aus der Sicht der GmbH mag sich die Überlassung eines im Gesellschaftereigentum verbleibenden Grundstücks, einer Maschine oder eines sonstigen Anlagegegenstandes ähnlich darstellen wie die Darlehensfinanzierung. Der Gesellschaft werden jeweils Werte aus dem Vermögen eines Gesellschafters ohne Einbringung als Kapitalanlage und dementsprechend dauerhafte Widmung für das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen zugeführt. Es überrascht daher nicht, daß auch für diese Fälle bereits die Gleichbehandlung mit Gesellschafterdarlehen bejaht worden ist (Jmmenga S. 416). Nach dem hier vertretenen, an den eigenkapitalersetzenden Charakter von Gesellschafterdarlehen anknüpfenden Ansatz ist dem für den Regelfall freilich nicht zu folgen. Denn das für die Sonderbeurteilung von Gesellschafterdarlehen maßgebende Kriterium, das unternehmerische Eigeninteresse des Gesellschafters bei der Mittelzuführung an die nicht selbst kreditfähige GmbH (Rdn. 84), hat bei der Nutzungsüberlassung von Anlagegegenständen regelmäßig schon deshalb keine Bedeutung, weil dem Eigentümer der zur Nutzung überlassenen Gegenstände im Konkurs der GmbH ein Aussonderungsrecht zusteht. Auch Dritte werden daher trotz fehlender Kreditfähigkeit der GmbH zur Nutzungsüberlassung bereit sein, solange nur die Zahlung des laufenden Nutzungsentgelts nicht ernsthaft gefährdet erscheint. Dem Gesellschafter als Eigentümer der Vermögensgegenstände ist die Geltendmachung seiner Rechte gegenüber der GmbH somit nicht verwehrt. Anderes gilt dann, wenn im Einzelfall besondere Gründe wie Rechtsscheinhaftung wegen Vermögensvermischung oder Gläubigerschädigung entgegenstehen (Rdn. 28, 33). Mittelbar kann die Nutzungsüberlassung von Anlagegegenständen an die GmbH für Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen freilich deshalb von Bedeutung sein, weil die Grenze sowohl der einfachen als auch der qualifizierten Unterkapitalisierung häufig früher erreicht sein wird, wenn die Gesellschaft über kein erhebliches eigenes, als Kreditgrundlage in Betracht kommendes Anlagevermögen verfügt. 5. Sonstige Rechtsbehelfe
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a) Deliktische Ansprüche Auch im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen kommen je nach Sachlage deliktische Ansprüche geschädigter GmbH-Gläubiger in Betracht. Zwar scheidet, wie der BGH entgegen der Rechtsprechung des RG mit Recht betont hat, eine sittenwidrige Gläubigerschädigung nach § 826 BGB aufgrund der Gewährung oder Belassung eines Gesellschafterdarlehens in aller Regel aus (BGHZ 31 258, 271, vgl. Rdn. 76). Wohl aber sind Ansprüche wegen Kreditbetrugs und vor allem wegen Konkursverschleppung im Zusammenhang mit solchen Darlehen denkbar, die die GmbH zwar nicht sanieren, aber zum Hinausschieben des Konkurses in die Lage versetzen sollen (vgl. Näheres in Rdn. 31 ff.). b) Konkursanfechtung Auf die Ausführungen zur Anfechtung der Rückzahlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen wird verwiesen (Rdn. 90). Aber auch wenn die Darlehen im Einzelfall keine eigenkapitalersetzende Funktion haben und den Gesellschaftern als Gläubiger daher ein durchsetzbarer RückZahlungsanspruch bei Fälligkeit zusteht, (404)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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kann die Rückzahlung gleichwohl einen der Anfechtungstatbestände erfüllen. Neben den nur auf Zahlungen nach Konkursreife anwendbaren Anfechtungsgründen des § 31 Nr. 1 KO kommt dabei vor allem der Anfechtungstatbestand des § 31 Nr. 2 KO in Betracht. Er betrifft nach h. M. auch Rechtsgeschäfte zwischen der GmbH und ihren Gesellschaftern (BGHZ 58 20, 24 m. w. Nachw.) und greift schon dann ein, wenn die Rückzahlung objektiv die anderen GmbH-Gläubiger benachteiligt und der Zahlungsempfänger nicht nachweisen kann, daß ihm eine Benachteiligungsabsicht der GmbH unbekannt war. Allerdings ist nach Ansicht des BGH das Merkmal der Benachteiligungsabsicht bei Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen nur gegeben, wenn die GmbH damit weniger die Erfüllung einer Vertragspflicht als die Schädigung der übrigen Gläubiger erreichen wollte (so das zu § 31 Nr. 1 KO ergangene Urteil BGH KTS 1970 201, 203); hieran wird es meist fehlen. Das legt die Frage nahe, ob für Gesellschafterdarlehen ohne Eigenkapitalcharakter angesichts der einem stillen Gesellschafter vergleichbaren Einflußmöglichkeiten des darlehensgewährenden Gesellschafters nicht über § § 30ff.KO hinaus eine analoge Anwendung des Anfechtungstatbestands des § 342 HGB geboten ist (in diesem Sinne etwa Immenga S. 415, Sonnenberger NJW 1969 2036f., Steindorff ZHR 132 1969 2813; zurückhaltend Wiedemann S. 29). IV. GmbH & Co. KG Schrifttum G. Kuhn Haftungsprobleme bei der GmbH & Co., in: Ehrengabe für Bruno Heusinger (1968), S. 203; K. Schmidt Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Unterkapitalisierung bei der GmbH & Co., DB 1973 2227; H. P. Westermann Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften (1970), S. 284ff.; Winkler Die Haftungsverfassung der GmbH & Co. (KG) NJW 1969 1009; Deutler Reformfragen der GmbH & Co., DB 1970 381 und 429; Eltermann Der verdeckte Kapitalentzug in der GmbH & Co. KG, Diss. Köln 1972, S. 32ff., vgl. auch die Angaben vor Rdn. 1. 1. Die haftungsrechtliche Vergleichbarkeit von GmbH und GmbH&Co. KG a) Meiaungsstand Probleme der Unterkapitalisierung und der Finanzierung durch Gesellschafter- 98 darlehen treten nicht nur bei der GmbH auf, sondern auch bei der GmbH & Co. KG. Diese ist zwar der Form nach Personengesellschaft. Haftungsrechtlich steht sie einer Kapitalgesellschaft aber in denjenigen Fällen weitgehend gleich, in denen als Komplementäre ausschließlich Gesellschaften mit beschränktem Haftungsfonds beteiligt sind. Insoweit fehlt es — ebenso wie bei der GmbH — trotz der KG-Rechtsform an der persönlichen Haftung natürlicher Personen als wesentlichem gläubigerschützendem Element. Die Gefährdung der Gläubiger ist bei der GmbH & Co. KG sogar noch größer als bei der GmbH, weil das Recht der Personengesellschaften keine besonderen, der Erhaltung des KG-Vermögens dienenden Gläubigerschutzbestimmungen nach Art des GmbH- oder Aktienrechts kennt. Mit Rücksicht hierauf hat sich der Bundesgerichtshof für die entsprechende Anwendung einerseits der Kapitalerhaltungsvorschriften der § § 30, 31 Abs. 1 GmbHG, andererseits der besonderen Firmenpublizität des § 4 Abs. 2 GmbHG auf die GmbH & Co. KG ausgesprochen (BGHZ 60 324, 329ff.; 62 216, 227; vgl. auch § 30, 58ff.). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat er neuerdings auch die Grundsätze über die Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen auf die GmbH & Co. KG übertragen (405)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
(BGB N J W 1977 104). Auch im Schrifttum zu Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen besteht, soweit es auf die entsprechende Fragestellung bei der GmbH & Co. KG eingeht, weitgehende Einigkeit, die für die GmbH vertretenen Lösungen für die GmbH & Co. KG zu übernehmen (G. Kuhn S. 210ff.; K. Schmidt DB 1973 2227, 2229; ders. N J W 1977 157; H. Westermann Personengesellschaftsrecht Rdn. I 909; Wiedemann S. 60f.; Jaeger-Weber KO §§ 209/210, 10; Eltermann S. 33f.; vorsichtig und unter Beschränkung auf den Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen H. P. Westermann S. 284ff., 301 f., 303f.; a. A. nur Winkler unter Berufung auf BGHZ 45 204 [Rektorfall]). Demgemäß war auch im Zuge der GmbHReform vorgesehen, durch Einfügung eines § 172 a HGB die Vorschriften der §§ 49, 50 RegE zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen entsprechend für die GmbH & Co. KG ohne unbeschränkt haftende natürliche Personen Anwendung finden zu lassen (§ 26 Nr. 4 RegE EGmbHG, vgl. dazu auch Deutler DB 1970 383, 430f., Schilling in Festschrift für Kunze, S. 189, 204, kritisch Hesselmann Handbuch der GmbH & Co., 13. Aufl., S. 208). 99
b) Stellungnahme Der Gleichbehandlung von GmbH und GmbH & Co. KG bei der Beurteilung von Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen ist grundsätzlich zuzustimmen. Sie rechtfertigt sich aus der in beiden Fällen gegebenen Beschränkung des Gläubigerzugriffs auf das von den Gesellschaftern in die GmbH — bzw. in GmbH und KG — eingebrachte Vermögen und der damit verbundenen, unter bestimmten Voraussetzungen mißbräuchlichen Erhöhung des Gläubigerrisikos im Falle materieller oder nomineller Unterkapitalisierung. Daß die KG als Personengesellschaft mit zumindest einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter im Unterschied zur GmbH nicht selbst „kapitalisiert" ist und das Problem der Unterkapitalisierung sich somit ihrer Struktur nach nicht stellt (H. P. Westermann S. 284, K. Schmidt DB 1972 2229), steht einer analogen Anwendung GmbH-rechtlicher Haftungsgrundsätze auf den Sonderfall der GmbH & Co. KG mit beschränktem Haftungsfonds nicht entgegen. Das Fehlen einer unbeschränkten Haftung natürlicher Personen bei dieser Art GmbH & Co. KG gestattet auch eine Differenzierung gegenüber dem „Rektorfall" BGHZ 45 204, wenn man an ihm für Kommanditgesellschaften mit (mittellosen) natürlichen Personen als Komplementäre festhalten will. Winkler N J W 1969 1009, 1010 ist zwar zuzugeben, daß dieser Unterschied aus Gläubigersicht zumindest dann nicht überzeugt, wenn es sich bei dem mittellosen Komplementär um einen Strohmann handelt; dabei geht es jedoch nicht um ein Problem der Haftung in der GmbH & Co. KG, sondern um den etwaigen Mißbrauch der Rechtsform der KG durch den beherrschenden Kommanditisten. Ungeeignet ist allerdings der Differenzierungsversuch von G. Kuhn S. 205, 212, der im Hinblick auf BGHZ 45 204 die Rechtsfolgen einer Unterkapitalisierung der GmbH & Co. KG den Gesellschaftern nicht in ihrer Eigenschaft als Kommanditisten, sondern als GmbH-Gesellschafter auferlegen will. Dieser Ansatz muß notwendig dann leerlaufen, wenn die GmbH-Anteile in das Gesamthandsvermögen der KG eingebracht und die Kommanditisten somit nicht mehr selbst GmbH-Gesellschafter sind, ohne daß eine unterschiedliche Behandlung dieser nur für das Innenverhältnis der Gesellschafter erheblichen Gestaltung sachlich zu überzeugen vermöchte. 2. Einzelheiten
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Im einzelnen sind bei der Übernahme der für die GmbH erarbeiteten Grundsätze auf die GmbH & Co. KG gewisse Modifikationen zu berücksichtigen. So (406)
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kommt es für das Vorliegen der Unterkapitalisierung nicht auf das Eigenkapital der GmbH an, sondern auf dasjenige der Kommanditgesellschaft unter Einschluß der Kommanditeinlagen {Jaeger-Weber KO §§ 209/210,10; Eltermann S. 34). Pflichteinlagen, die die für die Außenhaftung der Kommanditisten maßgebenden Hafteinlagen (§ 172 Abs. 1 HGB) überschreiten, werden nur insoweit eingerechnet, als sie der KG tatsächlich zur Verfügung stehen. Der Anspruch auf Rückgewähr des zurückgezahlten Darlehensbetrags steht nicht der GmbH, sondern der KG zu (BGH NJW 1977 104). Eine Haftung wegen qualifizierter Unterkapitalisierung (Rdn. 59 ff.) kommt 101 in erster Linie bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KG in Betracht, bei der GmbHAnteile und Kommanditbeteiligungen von den gleichen Gesellschaftern unmittelbar oder mittelbar (durch Einbringung der GmbH-Anteile in das KG-Vermögen) gehalten werden. Die Haftung erstreckt sich auf die für die Unterkapitalisierung verantwortlichen Kommanditisten in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der KG, nicht der GmbH. Fallen dagegen GmbH-Anteile und Kommanditbeteiligungen auseinander — so insbesondere bei der sog. Publikums-KG mit einer Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Kommanditisten —, so wird es vielfach an der Zurechenbarkeit der Unterkapitalisierung gegenüber den Kommanditisten (Rdn. 64) fehlen (vgl. auch BGH NJW 1973 1604, 1605); demgegenüber sind die eigentlichen Hintermänner meist nur Gesellschafter der — als Komplementärin ohne eigenen Geschäftsbetrieb nicht selbst unterkapitalisierten — GmbH. In derartigen Fällen bleibt im Zweifel nur der Rückgriff auf besondere Verpflichtungsgründe, darunter namentlich eine etwaige deliktische Haftung der GmbH-Gesellschafter gegenüber den Gläubigern. Auch der Rangrücktritt eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen 102 (Rdn. 84fF.) wird im Regelfall nur die Finanzierung der Einheits-GmbH & Co. KG betreffen. Dies schon deshalb, weil gewöhnlich nur hier ein unternehmerisches Eigeninteresse der Gesellschafter vorliegt, das zur Kreditgewährung an die wegen Unterkapitalisierung nicht kreditfähige KG Anlaß gibt. Ob der KG der Kredit unmittelbar oder aber unter Zwischenschaltung der Komplementär-GmbH gewährt wird, macht für den Rangrücktritt keinen Unterschied. Wegen der Erstattung eigenkapitalersetzender, den Darlehensgebern zurückgezahlter Kredite nach § 31 Abs. 1 bzw. den Vorschriften über die Konkursanfechtung vgl. Rdn. 89 f. sowie die Erörterungen zur unmittelbaren oder analogen Anwendung von §§ 30,31 auf Zahlungen einer GmbH & Co. KG an ihre Gesellschafter (§ 31, 6, 39). V. Gesellschafterdarlehen im Steuerrecht Schrifttum Brönner-Kamprad Kommentar zum KVStG, 2. Aufl. (1973); Kamprad Gesellschafterdarlehen an die GmbH als verdeckte Stammeinlagen (1968); Messmer Die durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung im Recht der Gesellschaftssteuer und in dem Entwurf des GmbH-Gesetzes, BB 1970 1057; Winter Die Haftung der Gesellschafter im Konkurs der unterkapitalisierten GmbH (1973). 1. Die steuerrechtlichen Unterschiede zwischen verdecktem Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen Durch die Körperschaftsteuer wird das Einkommen der Kapitalgesellschaft 103 besteuert ( § 5 KStG). Stellen daher die Gesellschafter ihrer GmbH die benötigten (407)
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Betriebsmittel nicht im Wege der Kapitalerhöhung, sondern als Darlehen zur Verfügung, so mindern die gezahlten Darlehenszinsen als Betriebsausgaben das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen der Gesellschaft ( § 6 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 4 EStG). Wird das Gesellschafterdarlehen dagegen als verdecktes Eigenkapital behandelt, unterliegen die gezahlten Darlehenszinsen als Gewinnausschüttungen auf die verdeckte Stammeinlage der Körperschaftsteuer. Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2a i. V. mit § 4 VStG unterliegt das Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft der Vermögensteuerpflicht. Bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens sind Darlehen nach § 103 Abs. 1 BewG vom Rohvermögen abzuziehen; stellen sie dagegen verdecktes Stammkapital dar, werden sie von der Vermögensteuer erfaßt. Wegen dieser bedeutsamen Unterschiede mußte sich die Rechtsprechung sehr häufig mit der Beurteilung von Gesellschafterdarlehen befassen (vgl. auch Rdn. 7). 2. Körperschaftsteuer 104
Nach der Rechtsprechung des BFH, der die Entscheidungspraxis des RFH fortführt (vgl. dazu Kamprad S. 21 f.), richten sich die ertragsteuerrechtlichen Folgen einer Kapitalzuführung (zu den verschiedenen wirtschaftlichen Formen vgl. oben Rdn. 68 f. und § 3 Rdn. 63 ff.) grundsätzlich nach der gewählten bürgerlichrechtlichen Gestaltung. Dementsprechend werden auch Gesellschafterdarlehen nur ausnahmsweise als verdecktes Stammkapital behandelt, wenn besondere Umstände ergeben, daß im Einzelfall aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Zuführung von Gesellschaftskapital zwingend gewesen ist (BFHE 68 1959 515, 522; BFHE 81 1964 329; BFHE 84 1966 539, 541; BFHE 93 1968 44, 48), die Darlehensbedingungen nach steuerlicher Beurteilung Mitunternehmerschaft zur Folge haben (BFHE 68 1959 515, 522) oder sich die schuldrechtliche Vertragsgestaltung aus sonstigen Gründen als so ungewöhnlich erweist, daß sie als Gestaltungsmißbrauch i. S. von § 6 StAnpG angesehen werden muß (vgl. etwa BFHE 105 1972 160). 105 Ein Gesellschafterdarlehen stellt daher nicht schon dann verdecktes Stammkapital dar, wenn es am Kapitalmarkt zu gleich günstigen Bedingungen nicht zu beschaffen gewesen wäre (BFHE 62 1956 482, 484) oder wenn der Gesellschafter auf einen Teil der ihm nach der Marktlage zustehenden Zinsen verzichtete (BFHE 68 1969 515, 521). Ebensowenig kann aus einer Abrede, derzufolge die Darlehensschulden zur Vermeidung der Überschuldung nur aus Bilanzgewinnen oder einem entsprechenden Liquidationsguthaben zu tilgen sind, schon auf eine verdeckte Zuführung von Stammkapital geschlossen werden (BFHE 93 1968 44, 48); das gilt selbst dann, wenn das Darlehen einer bereits überschuldeten, konkursreifen Gesellschaft gewährt wird und nach der Rechtsprechung des BGH daher, wenn auch zeitlich begrenzt, dem Stammkapital gleichzustellen ist (BFH NJW 1976 696 in Abgrenzung zu BGHZ 31 258, BGH WM 1963 121 und BGH BB 1972 111; dazu Rdn. 76). Auch ein Mißverhältnis von Darlehen und Gesellschaftskapital führt noch nicht zur Annahme verdeckten Stammkapitals (BFHE 81 1964 329 für partiarische Darlehen zu Stammkapital im Verhältnis 6:1). Verdecktes Stammkapital soll vielmehr nur dann vorliegen, wenn dem zugeführten Kapital in jeder Beziehung uneingeschränkt die Funktion von Eigenkapital zukommt, so etwa wenn der Gesellschafter nicht nur im Rang zurücktritt, sondern auf die Geltendmachung der Darlehensforderung ganz verzichtet (BFH NJW 1976 696). (408)
Unterkapitalisierung und Gesellschafterdarlehen (Ulmer)
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3. Vermögensteuer Der Bewertungssenat des BFH erkannte früher die grundsätzliche Bindung der 106 Steuerbehörden an die von dem Steuerpflichtigen gewählte Rechtsform bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens zwar ebenfalls an (BFHE 57 1954 541, 546). Im Unterschied zum Körperschaftsteuersenat behandelte er ein Gesellschafterdarlehen jedoch schon dann als verdeckte Stammeinlage, wenn ein Dritter das erforderliche Kapital als Darlehen zu gleichen Bedingungen nicht gegeben hätte, die Zuführung weiterer Mittel also objektiv notwendig und das Einspringen eines Gesellschafters deshalb zwingend war, weil das erforderliche Kapital durch Aufnahme von Fremdmitteln nicht hätte beschafft werden können (BFHE 71 1960 404, 405). Die objektiv notwendige Zuführung weiterer Kapitalmittel sollte dabei insbesondere anhand des Verhältnisses von Eigenkapital den Fremdmitteln und s^ur Höhe des Anlagevermögens im Rahmen des Gesamtbetriebs zu beurteilen sein (BFHE 95 1969 404, 406). Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, ob das Einspringen eines Gesellschafters zwingend gewesen sei, sollten sich aus den Darlehensbedingungen, wie z. B. Verzinsung, Kündigung und Sicherstellung, sowie aus dem Verhältnis von Darlehen und Kapitalgrundlage ergeben (BFHE 71 1960 403, 405: verdecktes Stammkapital bejaht für Darlehen in Höhe von 1 Million DM im Verhältnis zu Eigenkapital von 22500 DM). Neuerdings hat der Bewertungssenat diese Rechtsprechung jedoch ausdrücklich aufgegeben und sich den vom Körperschaftsteuersenat entwickelten, strengeren Grundsätzen angeschlossen, so daß Gesellschafterdarlehen ertragsteuerund bewertungsrechtlich nunmehr einheitlich beurteilt werden (BFHE 105 1972 160, 162; bestätigt durch BFHE 111 1974 534). 4. Gesellschaftsteuer Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1972 unterliegen nur noch bestimmte Formen der Darlehensgewährung der Gesellschaftsteuer. Die früher in § 3 Abs. 1 KVStG 1959 vorgeschriebene Steuerpflicht von Gesellschafterdarlehen, die eine „durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzen", ist durch die ersatzlose Streichung dieser Umgehungsvorschrift anläßlich der Änderung des KVStG im Jahre 1972 weggefallen (Rdn. 7). Die umfangreiche, wenn auch schwankende und z. T. widerspruchsvolle Rechtsprechung des BFH zu § 3 Abs. 1 KVStG 1959 (dazu Winter S. 135ff. und Messmer BB 1970 1057) hat ihre Bedeutung allerdings noch nicht völlig verloren, da § 3 Abs. 1 eine lex specialis zu § 6 StAnpG darstellte (Kamprad S. 9; vgl. auch § 13 Anh. I Rdn. 66). Demgegenüber unterwirft § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1972 nur solche Forderungen der Gesellschaftsteuer, die eine Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren. Zu solchen gewinnabhängigen Forderungen gehören vor allem die stille Beteiligung und das partiarische Darlehen (BrönnerKamprad § 6 Rdn. 9, 12), aber auch Pachtzinsforderungen für das von einer Kapitalgesellschaft gepachtete Betriebsvermögen, wenn als Pachtzins ein Anteil am Gewinn vereinbart ist (BFH BB 1972 742). Nicht zu den gewinnabhängigen Rechten i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG zählen dagegen Forderungen, bei denen die Verpflichtung zur Zinszahlung oder die Fälligkeit von der Geschäftslage abhängig ist (.Brönner-Kamprad § 6 Rdn. 10). Andererseits muß der stille Gesellschafter oder der Gläubiger des partiarischen Darlehens nicht zugleich Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sein. Es genügt auch, daß er das Kapital einer GmbH & Co. KG zuführt, weil diese Gesellschaften seit der Neufassung des § 5 KVStG 1972 ebenfalls als Kapitalgesellschaften gelten. (409)
§ 31
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
§31 Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt. Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden. Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. Fällt dem Verpflichteten eine bösliche Handlungsweise zur Last, so findet die Bestimmung keine Anwendung. Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersätze verpflichtet.
Rdn.
Rdn.
Einleitung
1
Reform
2
1. Allgemeine Beschränkung der Haftung 20 2. Besondere Voraussetzungen der Haftung 21
I. Erstattungsanspruch (Abs. 1) 1. Zahlungen 2. Verstoß gegen § 30 3. Erstattungsberechtigter 4. Erstattungsverpflichteter 5. Inhalt des Anspruchs
3 4 5 8 12
II. Gutgläubiger Empfang von Leistungen (Abs. 2) 13 1. Guter Glaube des Empfängers . . 1 4 2. Beweislast 16 3. Gesellschaftsgläubiger 18 4. Leistungen an mehrere Empfänger. 19 III. Subsidiäre Haftung der übrigen Gesellschafter (Abs. 3)
3. Die übrigen Gesellschafter . . . . IV. Erlaß (Abs. 4)
24 31
V. Verjährung (Abs. 5)
32
VI. Haftung der Geschäftsführer 1. Haftung gegenüber der Gesellschaft (§ 43 Abs. 3) 34 2. Haftung gegenüber den Gesellschaftern (Abs. 6) 35 VH. Konkurrenzen
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VW. Ungerechtfertigte Auszahlungen, die nicht gegen § 30 verstoßen 38 IX. GmbH & Co. K G
39
Einleitung 1
§ 31 regelt die Folgen einer nach § 30 un2ulässigen Rückzahlung und gibt der Gesellschaft einen besonderen gesellschaftsrechtlichen Rückgewähranspruch. Die Gesellschaft hat zunächst ein Leistungsverweigerungsrecht, falls eine anstehende (410)
Erstattung von verbotenen Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 31
Auszahlung z. B. auf Grund eines wirksamen Verpflichtungsgeschäfts, gegen § 30 verstoßen sollte ( § 3 0 Rdn. 51). Erst wenn die Gesellschaft entgegen § 30 die Auszahlung tatsächlich vornimmt, werden die Regelungen des § 31 wirksam. Der Rückgewähranspruch ist kein Kondiktionsanspruch, so daß die Billigkeitsregeln der ungerechtfertigten Bereicherung (insbesondere die §§ 814 und 818 BGB) nicht zur Anwendung kommen (Baumbach-Hueck 1; Lutter S. 380). Dies schließt nicht aus, daß neben § 31 für die Gesellschaft auch andere Anspruchsgrundlagen gegeben sein können (vgl. Rdn. 37). In der Ausgestaltung geht der Anspruch auf Wiederherstellung des angegriffenen Stammkapitals und wird vom Gesetz in unmittelbare Nähe zur Aufbringung der Stammeinlagen gestellt. In gewisser Weise kann man von einem Wiederaufleben der Einlagepflicht in der Person des die unzulässige Leistung empfangenden Gesellschafters sprechen (.Lutter S. 381). Dem entspricht auch die Mithaftung der übrigen Gesellschafter unter den Voraussetzungen des Abs. 3, die im Grundsatz mit der Kollektivhaftung der Gesellschafter nach § 24 korrespondiert. Die Kollektivhaftung nach Abs. 3 besteht auch nach Gründung der Gesellschaft und Volleinzahlung der Einlagen fort, und zwar für die gesamte Lebensdauer der Gesellschaft. Hier liegt ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur Aktiengesellschaft. Die Kollektivhaftung des Abs. 3 ist ein personengesellschaftliches Element und damit eine Ausnahme zum Grundsatz der beschränkten Haftung in der GmbH (vgl. Kühn Die Minderheitsrechte in der GmbH und ihre Reform, 1964, S. 24f.; Winter Der Konkurs der unterkapitalisierten GmbH, 1973, S. 52). Da die Möglichkeit der Auszahlung an Gesellschafter und damit die Entstehung etwaiger Erstattungsansprüche stets gegeben ist, soll die Haftungsfolge des Abs. 3 jeden Gesellschafter veranlassen, im eigensten Interesse Gesellschaft und Geschäftsführung zu überwachen (Baumbach-Hueck 1). Das Risiko aus einer Haftung nach Abs. 3 ist jedoch für die Mitgesellschafter nicht völlig unkalkulierbar, sondern höchstens auf den Betrag des Stammkapitals beschränkt (vgl. Rdn. 20; abweichend wohl Wiedemann in Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, 1968, S. 48 und Winter, aaO S. 52). Dagegen tritt die Haftung ein, ohne daß der betroffene Mitgesellschafter von dieser Belastung unterrichtet zu sein braucht, was insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Minderheitsgesellschaftern problematisch sein kann (Wiedemann aaO). Die Bestimmung des § 31 ist zwingenden Rechts und weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch sonstige vertragliche Vereinbarung abdingbar. Im einzelnen regeln Abs. 1 und 2 das Rückforderungsrecht der Gesellschaft gegen den Empfänger, Abs. 3 die Kollektivhaftung der Mitgesellschafter, Abs. 4 den Erlaß von Rückforderungsansprüchen, Abs. 5 die Verjährung und Abs. 6 die Rückgriffshaftung der Geschäftsführer. Reform Der RegE (§ 47) bringt sprachliche und materielle Änderungen, hält aber im 2 Prinzip an der bisherigen Regelung des § 31 fest. In Abs. 1 wird das Wort „Zahlungen" durch das Wort „Leistungen" ersetzt und damit klargestellt, daß § 31 — wie auch § 30 — für Leistungen jeder Art in Frage kommt. In Abs. 2 wird eine gesetzliche Definition der im geltenden Recht umstrittenen Voraussetzungen des „guten Glauben" gegeben. Der Empfänger ist nach dem RegE nicht gutgläubig, wenn er beim Empfang der Leistung wußte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußte, daß die Leistung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen erfolgt ist oder die Voraussetzungen einer Nachschußrückzahlung nicht vorgelegen haben. Ferner bringt der RegE eine Beweislastregelung indem er der Gesellschaft (411)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
den Nachweis dafür auferlegt, daß der Empfänger den Verstoß kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Diese Beweislastverteilung rechtfertigt der RegE damit, daß zwar nicht der Gesellschafter, wohl aber die Gesellschaft laufend über ihren Vermögensstand orientiert sein muß. Abs. 3 erhält im RegE nur eine geringfügige sprachliche Veränderung. Abs. 4 geht dagegen über die bisherige Formulierung hinaus, indem nicht nur der Erlaß von Ansprüchen nach § 31, sondern auch — in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Einlageverpflichtung — die Stundung oder die Aufrechnung ausgeschlossen werden, wie dies teilweise auch schon für das geltende Recht angenommen wird (vgl. Rdn. 4, 31). Die Abs. 5 und 6 bringen lediglich sprachliche Änderungen. I. Erstattungsanspruch (Abs. 1) 1. Zahlungen 3
Wie § 30 Abs. 1 spricht auch § 31 Abs. 1 von Zahlungen. Ebenso wie in § 30 ist der Begriff „Zahlung" nicht wörtlich auszulegen; er umfaßt vielmehr jede Leistung der Gesellschaft an die Gesellschafter i. S. des § 30 Abs. 1 (vgl.'§ 30 Rdn. 35 ff. und Schölt^ 2), also insbesondere auch Sachleistungen. 2. Verstoß gegen § 30
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Voraussetzung des Erstattungsanspruchs ist eine dem § 30 zuwiderlaufende Leistung der Gesellschaft (RGZ 85 43). Es müssen damit sämtliche Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 oder 2 vorliegen, d. h. die Verteilung von Gesellschaftsvermögen muß das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen haben oder es muß die Rückzahlving von Nachschüssen unter Verletzung einer der — auch nur formellen — Vorschriften des § 30 Abs. 2 erfolgt sein. Hinsichtlich dieser Anspruchsvoraussetzungen kann auf die Erläuterungen zu § 30 verwiesen werden. Insbesondere muß es sich, obwohl § 31 dies nicht ausdrücklich wiederholt, um Auszahlungen an die Gesellschafter i. S. des § 30 handeln (vgl. § 30 Rdn. 49f.). Die Rückzahlung freiwilliger Nachschüsse oder Zuschüsse kann, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, unter § 30 Abs. 1 fallen und damit auch einen Anspruch nach § 31 begründen (vgl. § 30 Rdn. 58; Scholz 3; Vogel 2). Der Anspruch entsteht mit dem Empfang der gegen § 30 verstoßenden Auszahlung. In den Fällen des § 30 Abs. 1 kann fraglich sein, welches Schicksal der Anspruch nimmt, wenn nach der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen, z. B. durch spätere Gewinne oder Wertsteigerungen wieder aufgefüllt wird. Man wird davon ausgehen müssen, daß der Erstattungsanspruch der Gesellschaft durch solche späteren Vermögensänderungen grundsätzlich nicht mehr berührt wird. Es liegt kein Erlöschensgrund für den einmal entstandenen Anspruch vor, auch nicht der der Zweckerreichung. Beruht die Auszahlung jedoch auf einem nach wie vor gültigen schuldrechtlichen Rechtsgeschäft zwischen Gesellschaft und Gesellschafter (vgl. § 30 Rdn. 7 ff.), so hat der Gesellschafter nach Deckung des Stammkapitals nunmehr ggf. einen durchsetzbaren Leistungsanspruch gegen die Gesellschaft, dem die Gesellschaft auch nicht mehr das Zurückbehaltungsrecht aus § 30 entgegenhalten kann. Jedenfalls bei dieser besonderen Sachlage wird man eine Aufrechnung (vertragliche, aber auch einseitige) des Anspruchs der Gesellschaft nach § 31 und des Leistungsanspruchs des Gesellschafters zulassen müssen (vgl. auch Rdn. 31, um ein unnötiges Hin- und Herschieben der Leistungen zu vermeiden. (412)
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3. Erstattungsberechtigter Das Rückforderungsrecht steht der Gesellschaft zu. Auch wenn bei gutem Glau- 5 ben des Empfängers die Rückforderung nur insoweit statthaft ist, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, ist doch nur die Gesellschaft die Rückforderungsberechtigte (Baumbach-Hueck 2; Schofy 5; Vogel 1; LG Hamburg in GmbH-Rdsch. 1951 94), nicht die Gesellschaftsgläubiger; die Gesellschaft wird durch ihre Geschäftsführer bzw. Liquidatoren vertreten. Im Konkurse ist der Konkursverwalter der Einziehungsberechtigte (RGZ 92 77, 81 und RG in JW1918 266). Ein Dritter kann den Anspruch durch Abtretung erwerben, die die Gesellschaft aber nur gegen volle Gegenleistung vornehmen darf, dies folgt aus Abs. 4 (RG HRR 30 1825; Baumbach-Hueck 1; Scholz 5). Ein Gesellschaftsgläubiger kann sich den Betrag im Wege der Pfändung überweisen lassen. Einen Bereicherungsanspruch (§§ 812ff. BGB) gegen den Empfänger der Leistung wird ein Dritter in der Regel nicht geltend machen können, da der Empfänger höchstens indirekt auf Kosten des Dritten (Gesellschaftsgläubiger) bereichert sein kann (RGZ 92 77, 82; Schol.£ 5). Eine unmittelbare Geltendmachung des Erstattungsanspruches der Gesellschaft durch deren Gläubiger kennt das GmbH-Recht im Gegensatz zum AktG (§62 Abs. 2) nicht. Wird gegen § 30 durch Auszahlung von Gesellschaftsvermögen an den Kom- 6 manditisten einer GmbH & Co. KG verstoßen, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist (§ 30 Rdn. 52 ff.), so will der BGH im Anschluß an Kuhn (Ehrengabe für Bruno Heusinger, 1968, S. 203, 215) den Anspruch aus § 31 Abs. 1 unmittelbar der Kommanditgesellschaft einräumen (BGHZ 60 324, 329ff.).Dazu führen den BGH zwei Überlegungen: Einmal trage die Kommanditgesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Gründen gegenüber der GmbH und den übrigen Gesellschaftern die Verantwortung dafür, daß nach GmbH-Recht unzulässige Zuwendungen aus ihrem Kapital ihrem Vermögen wieder zugeführt würden. Zum anderen habe die GmbH aus einer ihr zuzuordnenden Aktivlegitimation keinen Vorteil, da sie wegen ihrer gesellschaftsrechtlichen Bindung an die GmbH & Co. KG von dem begünstigten Gesellschafter nicht Leistung an sich, sondern nur Rückzahlung ins KG-Vermögen und damit die Wiederherstellung des Stammkapitals in der Weise verlangen könne, wie es dem früheren Zustand entsprach. Aus beiden Gründen hält es der BGH für sachgerecht, den Erstattungsanspruch unmittelbar der GmbH & Co. KG zuzuordnen (ähnlich wohl auch Fischer Anmerkung zu LM Nr. 5 zu § 172 HGB). So beachtlich die Überlegungen des BGH sind, rechtfertigen sie doch nicht ein Abweichen von dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, wonach der Anspruch nach Abs. 1 ausschließlich der GmbH zusteht. Auch systematisch erscheint es nicht richtig, diesen Anspruch der Kommanditgesellschaft zuzuordnen: § 31 ist ein Ausfluß des Prinzips der Kapitalerhaltung, das in dieser Ausprägung auf Kapitalgesellschaften beschränkt ist. Die GmbH & Co. KG kann auch nicht — noch nicht jedenfalls — als Einheit einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt werden (in dieser Richtung wohl aber Fischer, aaO). Dieser Schritt ist bisher vom Gesetzgeber nur partiell, nämlich bei der Kapitalverkehrsteuer getan worden (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KVStG). Entgegen BGH steht deshalb auch bei der GmbH & Co. KG der Erstattungsanspruch ausschließlich der GmbH zu (ebenso Winkler NJW 1969 1009, 1011; Schmidt DB 1973 2227, 2230). Da bei Auszahlungen aus dem KG-Vermögen nicht die Allein-, sondern die Gesamthandberechtigung der GmbH beeinträchtigt worden ist, kann die GmbH — insoweit ist dem BGH zu folgen — mit dem Erstattungsanspruch nur die Wiederherstellung des früheren Zustandes, nämlich des Gesamthandeigentums, fordern. Die GmbH kann deshalb nicht Leistung an sich, sondern nur an alle Gesamthänder (413)
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zusammen, also an die Kommanditgesellschaft verlangen {Winkler N J W 1969 1011 und auch BGHZ 60 324, 330). 7 Der Erstattungsanspruch ist ein gesetzlicher Anspruch gesellschaftsrechtlicher Art, der im Gesellschaftsvertrag begründet ist (RGZ 80 152; 92, 77; HRR 1935 Nr. 1406). Das Rückforderungsrecht entsteht mit Empfang der dem § 30 zuwiderlaufenden Zahlung (Baumbach-Hueck 2); die Verjährung läuft ab diesem Zeitpunkt (vgl. Rdn. 30). 4. Erstattungsverpflichteter 8
Abs. 1 beschränkt sich auf die Regelung, daß Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, „der Gesellschaft erstattet werden" müssen, ohne zu regeln, wer Schuldner des Anspruchs sein kann. Daraus hat sich die Streitfrage entwickelt, ob als Schuldner des Anspruchs nur ein Gesellschafter oder auch ein Dritter, nämlich jeder „Empfänger" der Leistung in Betracht kommen kann. Diese Frage ist vor allem dann von Bedeutung, wenn der Gesellschafter seine Ansprüche bzw. künftigen Ansprüche gegen die Gesellschaft an einen Dritten abgetreten hat oder diese Ansprüche durch Pfändung und Uberweisung auf einen Dritten übergegangen sind. Die h. M. folgert insbesondere aus Abs. 2 und 3, daß Schuldner des Erstattungsanspruchs stets der „Empfänger" ist, der nicht notwendig auch Gesellschafter sein muß (Baumbach-Hueck 2; Feine S. 250; Scholz 6 im Gegensatz zu 3. Auflage, in der noch die Gegenmeinung vertreten wurde; Schoko-Fischer 2; a. A. Brodmann 1 c; Vogel 2). Zu § 62 AktG, der die entsprechende Sanktion bei der Aktiengesellschaft beinhaltet, wird demgegenüber von der h. M. die Auffassung vertreten, daß die Haftung Ausfluß der mitgliedschaftlichen Stellung des Aktionärs sei und nur seine Mitgliedschaft den inneren Rechtsgrund für den besonderen aktienrechtlichen Rückgewähranspruch abgebe (vgl. Bar% in Großkomm. AktG § 62, 2; Lütter in Kölner Kommentar zum AktG, § 62, 7). Allerdings erwähnt § 62 Abs. 1 AktG im Gegensatz zu § 31 Abs. 1 ausdrücklich die „Aktionäre". Man wird einräumen müssen, daß auch § 31 — wie § 30 — Ausfluß der mitgliedschaftlichen Stellung der Gesellschafter ist und sich seinem Sinngehalt nach deshalb gegen die Gesellschafter richtet; darin liegt auch die innere Rechtfertigung der Gemeinhaftung des Abs. 3. Der Umstand, daß Abs. 2 und Abs. 3 ausdrücklich vom „Empfänger" sprechen, dürfte dagegen für die Klärung des Anspruchsgegners nicht entscheidend sein, da damit durchaus nur ein „Gesellschafter — Empfänger" gemeint sein könnte. 9 Trotzdem verdient die Auslegung durch die h. M., wonach als Schuldner auch ein Nichtgesellschafter in Betracht kommt, den Vorzug. Sie wird durch den Wortlaut des Abs. 1 voll gedeckt. Danach müssen Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, der Gesellschaft erstattet werden, und zwar von jedwedem Empfänger. Voraussetzung ist lediglich die Verletzung des § 30. Hierfür kommt es jedoch auf die Gesellschaftereigenschaft nur im Zeitpunkt der Begründung der Verpflichtung der Gesellschaft, nicht aber auf die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Auszahlung an (vgl. § 30, 49; Baumbach-Hueck 2). Der Zeitpunkt der Auszahlung ist lediglich für die Beurteilung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens von Bedeutung (§ 30, 24). Der Zessionar, Dividendenscheininhaber oder Vollstreckungsgläubiger erwirbt vom Gesellschafter damit stets eine Forderung oder künftige Forderung, die mit einer Haftung nach § 31 behaftet sein kann. Auch die Tendenz der BGH-Rechtsprechung, § 30 weit auszulegen, stützt die hier vertretene Auffassung (BGHZ 13 49 = JZ 1954 634 mit zustimmender An(414)
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merkung von Schilling, wenn auch die Entscheidung nicht die hier behandelte Frage betrifft). Fallen Empfänger und Gesellschafter auseinander, so kann die Gesellschaft nur den Empfänger und nicht daneben den Gesellschafter haftbar machen (RGZ 136 260; a. A. Crüger-Crecelius 2; Liebmann-Saenger 5, die sowohl den Gesellschafter wie den Empfänger haften lassen; wie hier wohl Baumbach-Hueck 2 und Scholz 6). Eine Haftung des Gesellschafters kommt dann nur nach Abs. 3 in Betracht (Rdn. 20ff.). Hat allerdings ein Dritter als Vertreter des Gesellschafters oder für dessen Rechnung (Strohmann) die Leistung empfangen, dann ist „Empfänger" der Gesellschafter; der Erstattungsanspruch richtet sich gegen ihn (Baumbach-Hueck 2; Scholz 6). Ist Empfänger ein Treugeber, in dessen Auftrag und für dessen Rechnung ein anderer Gesellschafter ist, so ist im Rahmen der §§ 30, 31 der Treugeber unmittelbar als Gesellschafter zu behandeln (§§ 30, 49; BGHZ 31 259, 266f.). Folgt man der hier vertretenen Auffassung nicht und beschränkt die Haftung nach § 31 auf Gesellschafter, so bedeutet dies jedoch nicht, daß Empfänger, die nicht gleichzeitig Gesellschafter sind, zur Rückerstattung nicht verpflichtet wären. Sofern ein Verstoß gegen § 30 vorliegt, ist das Erfüllungsgeschäft auch im Verhältnis zu einem Dritten wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam (§ 30, 7ff.). Hieraus ergeben sich Vindikations- und Kondiktionsansprüche gegen den Empfänger. Ebenso wie sich der Anspruch des § 31 gegen einen Dritten richten kann, steht 10 der Gesellschaft auch das sich aus § 30 ergebende Leistungsverweigerungsrecht (§ 30, 51) einem Dritten (Zessionar) gegenüber zu. Dies ergibt sich regelmäßig schon aus § 404 BGB. Das Leistungsverweigerungsrecht ist seinem Rechtsgrunde nach stets schon bei Begründung der Verbindlichkeit dem Gesellschafter gegenüber gegeben, wenn auch der das Zurückbehaltungsrecht wirksam machende Umstand (Unterbilanz) erst später eintreten mag. Steht ein Geschäftsanteil mehreren zu, so haftet jeder für den Betrag, den er 11 persönlich empfing (Brodmann I a. E.; Baumbach-Hueck 2; Scholz^ 6), es sei denn, daß er in Vertretung der Mitberechtigten handelte. Der § 18 Abs. 2 spricht nur von den auf den Geschäftsanteil zu bewirkenden Leistungen. Das sind solche Verpflichtungen, welche die Mitgesellschafter durch den gemeinsamen Erwerb übernehmen. Auf diejenigen, welche durch rechtswidrigen Empfang von Gesellschaftsvermögen durch den einen, auf den die anderen keinen Einfluß haben, erwachsen, ist die erwähnte Bestimmung aber nicht ausdehnbar. Die Mitgesellschafter haften lediglich subsidiär gleich allen übrigen nach § 31 Abs. 3. Eine spätere Veräußerung des Geschäftsanteils bewirkt nicht den Übergang der RückZahlungsverpflichtung nach § 16 Abs. 3. Denn letztere ist eine persönliche Pflicht des Gesellschafters, die nicht am Geschäftsanteil haftet (Brodmann I a. E.; Baumbach-Hueck 2; Scholz^ 6). 5. Inhalt des Anspruchs Der Anspruch geht auf Rückgewähr des § 30 zuwider Geleisteten. Bei Geld- 12 leistungen ist der zu Unrecht erhaltene Betrag zurückzuzahlen; sind Sachwerte übertragen, so sind diese zurückzuerstatten. Der Schuldner kann sich durch den Nachweis, daß er das Empfangene nicht mehr besitzt, nicht befreien (RGZ 80 148; 92 78; 168 292). Es handelt sich nicht um einen Bereicherungsanspruch (Rdn. 1 und BGHZ 31 258, 265). Ist die Rückgewähr dem Schuldner unmöglich, so sind die §§ 270, 285 ff. BGB anzuwenden. Bestand die Leistung der Gesellschaft in Diensten oder Nutzungs(415)
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Überlassungen, so ist in analoger Anwendung des § 346 BGB ihr Wert zu erstatten (Barz in Großkomm. AktG, § 62, 5). II. Gutgläubiger Empfang von Leistungen (Abs. 2) 13
Eine Einschränkung der strengen Haftung nach Abs. 1 bringt Abs. 2: Die Gesellschaft kann Erstattung nur insoweit verlangen, als dies zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, wenn der Empfänger in gutem Glauben war. Diese Vorschrift ist in ihren einzelnen Voraussetzungen sehr umstritten. 1. Guter Glaube des Empfängers
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Das Gesetz regelt nicht, was unter gutem Glauben zu verstehen ist und worauf er sich beziehen muß. Zur Frage, wann der gute Glaube ausgeschlossen ist, werden in der Literatur drei Auffassungen vertreten. Ausschluß des guten Glaubens nur bei Kenntnis des Empfängers (Brodmann 2), Ausschluß des guten Glaubens bei Kenntnis und grober Fahrlässigkeit (Baumbach-Hueck 3; wohl auch, aber unklar Schol^ 7; Vogel 3) Ausschluß des guten Glaubens bei jeder Fahrlässigkeit (Vorauflage, 4a; Feine S. 250). Mit Baumbach-Hueck (3) ist auch für § 31, Abs. 2 von dem in § 932 Abs. 2 BGB definierten Begriff des guten Glaubens auszugehen, so daß es nur auf Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit ankommt. Die Bestimmung des § 31 ist zwar seit 1892 unverändert. Das GmbHG insgesamt wurde jedoch 1898 dem BGB angepaßt (RGBl. 1898 892) und man hätte hierbei eine Regelung erwarten müssen, wenn für das GmbH-Recht ein eigener rechtstechnischer Begriff des guten Glaubens hätte gelten sollen. Bei leichter Fahrlässigkeit spricht das BGB (z. B. § 122 Abs. 2) stets von kennen oder kennen müssen (Baumbach-Hueck 3). Diese Auslegung entspricht auch der aktienrechtlichen Regelung (§62 Abs. 1, Satz 2 AktG) und der für das GmbH-Recht vorgesehenen Neuregelung im RegE ( § 4 7 Abs. 2 Satz 3). An der weitergehenden Auffassung der Vorauflage wird nicht festgehalten. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Empfänger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (BGH WM 1963 1186; 1956 884). Allgemein gültige Maßstäbe lassen sich nicht aufstellen, es kommt stets auf den Einzelfall an. Jedoch dürfen die Anforderungen an die Gesellschafter auch nicht überspannt werden. So gibt es jedenfalls keine allgemeine Nachprüfungspflicht des Gesellschafters dahingehend, ob im Leistungsverkehr mit der Gesellschaft von dieser stets die Voraussetzungen des § 30 eingehalten werden (so wohl auch Scholz 7). Dabei kommt es jedoch auf die Beziehungen des Gesellschafters zur Gesellschaft und auf seine tatsächliche Einflußnahme an. Die Information und die Informationsmöglichkeit eines Mehrheitsgesellschafters wird häufig anders sein als die eines Minderheitsgesellschafters. Auf die Unkenntnis des gesetzlichen Verbots des § 30 kann Gutgläubigkeit nicht gestützt werden, reine Unkenntnis des Gesetzes schützt nicht (BaumbachHueck 3; Scholz 7). Allerdings wird man im Rahmen des § 30 Abs. 2 Gutgläubigkeit nicht schon ausschließen dürfen, wenn der Gesellschafter die formalen Vorschriften über die Rückzahlung von Nachschüssen nicht kannte; auch dürfte ihn keine Nachprüfungspflicht treffen, ob alle formalen Bedingungen erfüllt sind (Scholz übrigen ist auch ein Rechtsirrtum durchaus beachtlich (so auch Lütter in Kölner Kommentar zum AktG, § 62, 21), so z. B. wenn der Gesellschafter davon ausgeht, daß bei unbeschränkter Nachschußpflicht eine Rückzahlung des Nachschusses vor Volleinzahlung der Stammeinlage zulässig ist (so auch Scholz 7; vgl. § 30, 61). (416)
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Der gute Glaube bezieht sich nicht auf das Recht zum Bezug der Leistung durch 15 die Gesellschaft, sondern auf die Unkenntnis der Anwendungstatbestände des § 30, also insbesondere auf die Unkenntnis von dem Stande des Gesellschaftsvermögens (Ballerstedt S. 172; Baumbach-Hueck 3; Schol^ 7). Ist die Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen an mehrere Miteigentümer eines Geschäftsanteils erfolgt, so schadet der böse Glaube des einen dem anderen nicht (vgl. Rdn. 11). Die Gesellschaft hat nur gegen den bösgläubigen Gesellschafter den uneingeschränkten Anspruch. Entscheidend ist der gute Glaube in der Person des Empfängers. Dies ergibt sich unmittelbar aus Abs. 2 (Baumbach-Hueck 2, 3; Schol^ 7). Fallen Empfänger und Gesellschafter auseinander, so kann dem Empfänger die Bösgläubigkeit des Gesellschafters von dem er seinen Leistungsanspruch abgeleitet hat, nicht entgegengehalten werden. Dies würde zu einer Ausweitung der Haftung Dritter führen, die mit der gesellschaftsrechtlichen Anspruchsgrundlage des § 31 nicht mehr im Einklang stünde (vgl. auch Rdn. 8). Tritt der bösgläubige Gesellschafter z. B. seinen Anspruch gegen die Gesellschaft an einen gutgläubigen Dritten ab, so ergibt sich folgendes: Ist die Leistung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht erforderlich, haften weder der Dritte (Abs. 2) noch die Gesellschafter (Abs. 3). Ist die Leistung dagegen zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich und kann sie von dem Dritten nicht mehr erlangt werden, so haften die Gesellschafter (Abs. 3) nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile, so daß der bösgläubige Gesellschafter nur anteilig zur Aufbringung herangezogen werden kann. Hat ein Dritter jedoch die Leistung der Gesellschaft im Namen oder für Rechnung eines Gesellschafters empfangen, so kommt es für die Gutgläubigkeit auf die Person des Gesellschafters und nicht auf die Person des Dritten (Strohmann, Treuhänder) an (vgl. Rdn. 9 a. E.). 2. Beweislast Den Beweis des guten Glaubens hat der Empfänger der Leistung zu führen. 16 Dies ist heute wohl allgemeine Meinung ('Brodmann 2c; Schol£ 8; Vogel 3). Auch Baumbach-Hueck 3 haben sich nunmehr dieser Auffassung angeschlossen, nachdem § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG für den entsprechenden Fall die Beweislast ausdrücklich den Aktionären auferlegt hat (anders noch Baumbach-Hueck 12. Auflage, 3 mit der Begründung, daß böser Glaube nicht vermutet werde; auch Feine S. 368 hält die Gesellschaft für beweispflichtig). Dagegen will der RegE die Beweislast der Gesellschaft auferlegen (§ 47 Abs. 2 S. 4 RegE; vgl. auch Rdn. 2). Im Gegensatz zu BaumbachHueck wird man aus § 62 Abs. 1 Satz 3 AktG keine Schlüsse für die Beweislastregelung bei § 31 ziehen können, zumal die aktienrechtliche Regelung, die einen Negativbeweis verlangt, nicht unproblematisch ist (vgl. Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 62, 22). Die Richtigkeit der h. M. folgt aber aus der allgemeinen Beweislastregel, daß jede Partei die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der ihr günstigen Normen trägt. Der Anspruch der Gesellschaft geht zunächst nach Abs. 1 auf uneingeschränkte Erstattung; die Entstehung dieses Anspruchs kann aber gemäß Abs. 2 durch die Tatsache der Gutgläubigkeit gehindert oder auf das zur Gläubigerbefriedigung erforderliche Maß beschränkt werden. Es handelt sich deshalb um eine rechtshindernde Tatsache, deren Vorliegen der Empfänger zu beweisen hat. Diese Beweislastregel kann nur durch eine andere gesetzliche Bestimmung, wie im RegE vorgesehen, beseitigt werden. Weist der Gesellschafter den guten Glauben nach, so ist es Sache der Gesell- 17 schaft, darzutun, daß und wieviel erforderlich ist, um die Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen (Baumbach-Hueck 3; Brodmann 1 C; Scholz 8; Vogel 3). Dabei ist der Ver(417)
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mögensstand der Gesellschaft im Moment der letzten mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits maßgebend (vgl. Baumbach-Lauterbach 3 A zu § 300 ZPO; Scholz 8). Es muß kein Konkursgrund (§ 63) bei der Gesellschaft vorliegen; es genügt jede nicht nur vorübergehende Zahlungsstockung (Baumbach-Hmck 3; Schol^ 8). Der Gesellschafter kann auch noch in der Berufungsinstanz nachweisen, daß seit dem erstinstanzlichen Urteil die Gesellschaft aus anderen Mitteln, z. B. Einziehung von Außenständen gegen wieder solvent gewordene Schuldner oder Verkauf im Preise gestiegener Grundstücke, ihre Schulden decken könnte. Der häufigste Fall der Haftung wird der des Konkurses sein. Dann geht sie bis zur Höhe des voraussichtlichen Ausfalls (Scbol% 8), begrenzt allerdings durch die Höhe des Empfangenen. Wird die Klage abgewiesen, weil im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Erstattung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger nicht erforderlich ist, so kann sie, wenn die Erstattung später erforderlich wird, erneut erhoben werden ( S c h o f y 8). Der Empfänger ist zur Rückerstattung bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Verjährung (Abs. 5) verpflichtet. Zinsen auf den rechtswidrig ausgezahlten Betrag werden erst von dem Zeitpunkt geschuldet, in welchem der Empfänger in Verzug gesetzt ist (RGZ 80 148; Scbol^ 4). 3. Gesellschaftsgläubiger 18
Die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger umfaßt nicht etwa nur die Befriedigung der zur Zeit des Empfanges der rechtswidrigen Zahlung vorhandenen, sondern auch der später hinzukommenden Gläubiger. Es kann auch, nachdem ein Teil des rechtswidrig Empfangenen beigetrieben ist, um die Gesellschaftsgläubiger zu befriedigen, beim Auftauchen neuer Gläubiger der Rest des rechtswidrig Gezahlten eingefordert werden (zust. KGB1. 25 102). 4. Leistungen an mehrere Empfänger
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Ist aus einem einheitlichen Rechtsgrunde, z. B. Ausschüttung der Dividende oder Rückzahlung von Nachschüssen usw. Leistung an mehrere Gesellschafter erfolgt, die Summe aller Zahlungen aber größer als der zur Befriedigung der Gläubiger nötige Betrag, so steht es nicht in der freien Wahl der Geschäftsführer oder Gesellschafter, gegen wen sie den Anspruch auf Rückerstattung geltend machen. Die Rückforderung hat analog der Einforderung ( § 1 9 Abs. 1) nach Verhältnis der Geschäftsanteile, oder, falls die empfangenen Beträge nicht gleichheitlich ausgefolgt waren, nach deren Verhältnis zu erfolgen (a. M. Brodmann lb). Dies folgt aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gesellschafter (vgl. § 14, 18ff.). Kann allerdings die Rückforderung von einem Gesellschafter nicht erlangt werden, so haben die übrigen Empfänger, wiederum anteilig, dafür aufzukommen.
III. Subsidiäre Haftung der übrigen Gesellschafter (Abs. 3) 1. Allgemeine Beschränkung der Haftung 20
Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, nach Abs. 3 die übrigen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Nach dem Gesetzeswortlaut geht die Haftung in ihrem Umfang auf das, was der Empfän(418)
Erstattung von verbotenen Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
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ger nach Abs. 1 der Gesellschaft schuldet, also auf den vollen Betrag dessen, was § 30 zuwider geleistet wurde. Die Bestimmung des Abs. 3 kann zu einer der Höhe nach wesentlich weitergehenden Haftung der Mitgesellschafter als nach § 24 führen. Die Haftung nach § 24 ist auf die Stammeinlageverpflichtung eines finanziell notleidend gewordenen Gesellschafters beschränkt; die Haftung nach Abs. 3 erstreckt sich auf das gesamte Stammkapital, dem ohne Rücksicht auf die Stammeinlage durch Auszahlung an einen einzigen Gesellschafter die vermögensmäßige Deckung entzogen werden kann. In dem satzungsmäßigen Stammkapital findet jedoch die Haftung der übrigen Gesellschafter ihre Begrenzung (vgl. Rdn. 1). Die Hauptschuld des Empfängers nach Abs. 1 und die Haftung der übrigen Gesellschafter nach Abs. 3 decken sich damit nicht in allen Fällen. Zu § 30 Rdn. 18f. wurde ausgeführt, daß §§ 30, 31 Abs. 1 entsprechend zur Anwendung kommen, sofern die Auszahlung nach Verlust des gesamten Stammkapitals zur Entstehung oder zum Anwachsen einer Überschuldung der Gesellschaft führten. Mit dem BGH (BGHZ 60 324, 331) ist jedoch die entsprechende Anwendung auf die Abs. 1, 2 und 4 zu beschränken. Eine entsprechende Anwendung des Abs. 3 in den Fällen der Überschuldung würde zu einer nicht mehr kalkulierbaren (BGHZ, aaO) Ausweitung der Haftung der Mitgesellschafter führen. Das bedeutet, daß die Haftung der Mitgesellschafter in jedem Fall auf die Höhe des — verlorenen — Stammkapitals beschränkt ist. Eine Haftung für weitere Auszahlungen, auch wenn sie unter § § 30, 31 Abs. 1 fallen, besteht nicht (a. M. wohl das bisherige Schrifttum vgl. z. B. Scholz 8; Wiedemann in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, 1968, S. 48 und Winter Der Konkurs der unterkapitalisierten GmbH, 1973, S. 52, allerdings noch nicht unter Berücksichtigung von BGHZ 60 324 ferner Immenga ZGR 1975 491; Schmidt DB 1973 2230). 2. Besondere Voraussetzungen der Haftung a) Die Haftung nach Abs. 3 tritt nur ein, sofern die Erstattung vom Empfän- 21 ger nicht zu erlangen ist. Den Beweis hierfür hat die Gesellschaft zu führen. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn z. B. ein Vollstreckungsversuch gegen den Empfänger fruchtlos verlaufen ist oder die Konkurseröffnung mangels Masse abgelehnt wurde. Der Beweis für die Uneinbringlichkeit kann jedoch auch anders geführt werden. Eine vorherige Klageerhebung oder die Anbringung eines Konkurs- oder Vergleichantrages ist nicht erforderlich. Es genügt, daß die Klage aussichtslos ist. Es ist auch nicht erforderlich, daß die Vollstreckung vergeblich versucht wurde {Baumbach-Hueck 4; Scholz 10; Vogel 4). Notwendig ist jedoch der Nachweis, daß der Empfänger nicht in der Lage ist, die Erstattung vollständig zu leisten. Wird über das Vermögen des Empfängers der Vergleich oder Konkurs eröffnet, so tritt die Haftung der übrigen Gesellschafter nicht nur für den voraussichtlichen Ausfall, sondern für den gesamten Erstattungsanspruch — mit der in Rdn. 20 erläuterten Einschränkung — ein. Die Gesellschaft kann zur Wiederherstellung ihres Stammkapitals nicht auf ein oft recht langwieriges Vergleichs-oder Konkursverfahren verwiesen werden. Die Erstattung ist vom Empfänger auch dann „nicht zu erlangen", wenn dieser bei Fälligkeit des Anspruchs die Erstattung nicht leisten kann. Die Fälligkeit des Anspruchs aus Abs. 1 tritt mit der unzulässigen Auszahlung ein (§ 271 Abs. 1 BGB). Auf den guten oder schlechten Glauben kommt es auf Seiten der Gesellschafter 22 nicht an (Baumbach-Hueck 4; Scholz 11; Vogel 5). Dies folgt schon daraus, daß selbst der gutgläubige Empfänger für die zur Befriedigung der Gläubiger notwendigen Beträge haftet (Abs. 2). Die Haftung erstreckt sich auf jede Art von Leistung. (419)
§ 31
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gleiches gilt für zu Unrecht zurückbezahlte Nachschüsse, obwohl eine Haftung für die Einzahlung derselben nicht besteht. Das Gesetz bewertet hier die Erhaltung des Kapitals höher als dessen Beschaffung. 23
b) Die Haftung für den zu erstattenden Betrag besteht, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsglaubiger erforderlich ist. Zum Kreis der Gesellschaftsgläubiger vgl. Rdn. 18. Den Nachweis für die Erforderlichkeit hat die Gesellschaft zu führen. Dazu wird nicht ein Vermögensstatus der Gesellschaft ausreichen, aus dem sich ergibt, daß die Aktiven nicht mehr die echten Verbindlichkeiten decken (Überschuldung). Erforderlich ist weiterhin, daß die Gläubiger zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs auch Befriedigung verlangen können, insbesondere, daß ihre Forderungen fällig sind (vgl. zu der ähnlichen Frage bei § 62 AktG: Lutter in Kölner Kommentar zum AktG § 62, 27). Eine Haftung nach Abs. 3 setzt damit praktisch voraus, daß die Gesellschaft ohne Geltendmachung der Erstattungsansprüche zahlungsunfähig sein würde. Für die Frage, welche Beträge zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sind, kommt es im Prozeßfall auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an (Scholz 11). 3. Die übrigen Gesellschafter
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Die übrigen Gesellschafter sind alle Gesellschafter mit Ausnahme des Empfängers der Gesellschaftsleistung und damit des Hauptschuldners nach Abs. 1 oder 2 (so wohl auch Schokg 9). Sie bilden also den Gegensatz zu demjenigen, an den die rechtswidrige Zahlung erfolgt ist (RGZ 93 251; KG Recht 1912, 3150). Ist der Empfänger nicht gleichzeitig Gesellschafter, wurde ihm z. B. der Anspruch gegen die Gesellschaft von einem Gesellschafter zediert, so können die übrigen Gesellschafter auch sämtliche Gesellschafter sein. Die in der Vorauflage (Anm. 8) vertretene Auffassung, daß ein Gesellschafter, der seinen Anspruch an einen Dritten zediert hat und damit nicht Empfänger ist, nicht zu den „übrigen Gesellschaftern" gehöre, wird aufgegeben. Zwar kann der Zedent gegenüber seinem Zessionar in Höhe des Betrages, den die Gesellschaft von diesem als rechtswidrige Auszahlung zurückfordert, haften; dies ist jedoch nicht zwangsläufig und hängt von den Vereinbarungen zwischen Zedent und Zessionar ab. Eine solche Verpflichtung kann den Gesellschafter jedenfalls nicht von seiner Haftung nach Abs. 3 befreien. Da die Haftung nach Abs. 3 erst einsetzt, wenn eine Erstattung vom Empfänger nicht zu erlangen ist, würden bei Richtigkeit der Gegenauffassung den Ausfall alle Gesellschafter mit Ausnahme des durch die Leistung der Gesellschaft begünstigten Gesellschafters tragen. Dies kann aber nicht Sinn der Vorschrift sein. 25 Streitig ist, welcher Zeitpunkt für die Gesellschaftereigenschaft maßgeblich ist. Die heute wohl überwiegende Meinung stellt im Anschluß an die Vorauflage (Anm. 8) auf die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der rechtswidrigen Auszahlung ab (Baumbach-Hueck 4; Brodmann 3b; Liebmann 7; Scholz-Fischer 2). Die Gegenmeinung läßt die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt des Ausfalls des „Empfängers" maßgeblich sein. Erst in diesem Zeitpunkt entstehe die Verpflichtung der Mitgesellschafter auf Ausfallhaftung, jedenfalls werde sie erst in diesem Zeitpunkt fällig (Scholz der allerdings keine klare Unterscheidung zwischen Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs trifft und Vogel 4). Die erstere Meinung hat zur Folge, daß zur Haftung nur diejenigen Gesellschafter herangezogen werden können, denen im Verhältnis zur Gesellschaft (§ 16 Abs. 1) im Zeitpunkt der rechtswidrigen Auszahlung Gesellschaftereigenschaft zukommt. Bei einem späteren Übergang des Ge(420
Erstattung von verbotenen Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 31
schäftsanteils kann die Gesellschaft — vom Ausnahmefall des § 16 Abs. 3 einmal abgesehen — Haftungsansprüche nur gegen den früheren Gesellschafter geltend machen; zieht man eine mögliche Geltendmachung innerhalb der normalen Verjährungsfrist von 5 Jahren (vgl. Rdn. 32) in Betracht, so kann für die Gesellschaft eine Erschwernis schon darin liegen, sich nur an frühere Gesellschafter wenden zu können. Dies ist ebenso zu bedenken, wie die umgekehrte Sorge, daß sich ein Gesellschafter nicht durch Abtretung des Geschäftsanteils seiner Haftung solle entziehen können. Dies hat Scholz (9) zutreffend erkannt, wenn er ausführt, daß es nur darum gehe, ob neben denjenigen, die Gesellschafter im Zeitpunkt des Ausfalles sind, auch deren Rechtsvorgänger bis hin zu denen, die Gesellschafter im Zeitpunkt der Auszahlung waren, haften. Nun kann man aber aus Abs. 3 nicht eine gesamtschuldnerische Haftung aller derjenigen herauslesen, die in irgendeinem Zeitraum zwischen rechtswidriger Auszahlung und Ausfall Gesellschafter waren. Bei Entscheidung der Frage wird man sich wohl von folgenden Überlegungen 26 leiten lassen müssen: Der Gesetzgeber ist offenbar in Abs. 3 von der Vorstellung ausgegangen, daß zwischen rechtswidriger Auszahlung und Inanspruchnahme aus der Ausfallhaftung ein Gesellschafterwechsel nicht vorliegt; darüber hinaus ist er wohl davon ausgegangen, daß „Empfänger" immer ein Gesellschafter ist. Nur so läßt sich der Ausdruck „übrige Gesellschafter" verstehen. Deshalb hat er so formuliert — und anders ist die Vorschrift bei unbefangener Betrachtung nicht zu lesen — daß die Gesellschaft ihre Gesellschafter, und zwar die jeweiligen Gesellschafter bei Geltendmachung des Anspruchs, für die Ausfallhaftung in Anspruch nehmen kann. Daraus ergibt sich, daß die Haftung des Abs. 3 in jedem Falle immer diejenigen trifft, die Gesellschafter im Zeitpunkt des Ausfalls sind (abweichend Vorauflage Anm. 8). Die Frage, was bei einer zwischenzeitlichen Abtretung zu gelten hat, ist im Gesetz nicht geregelt; insoweit liegt eine Lücke vor. Sie ist nach allgemeinen Grundsätzen zu schließen: Da Haftung i. S. des Abs. 3 nur als Einstehenmüssen für die Schuld des „Empfängers" verstanden werden kann, erwächst gleichzeitig mit der rechtswidrigen Auszahlung die Haftung der „übrigen Gesellschafter". Der Anspruch auf Ausfallhaftung steht aber unter der Rechtsbedingung, daß die Erstattung vom Empfänger nicht zu erlangen ist. Erst wenn diese Wirksamkeitsvoraussetzung eingetreten ist, ist der Anspruch unbedingt und damit grundsätzlich auch sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Wird der Geschäftsanteil veräußert, bevor diese Wirksamkeitsvoraussetzung eingetreten ist, so hat sich die Haftung noch nicht in der Person des Veräußerers konkretisiert, sie haftet vielmehr am Geschäftsanteil und verwirklicht sich in der Person desjenigen, der bei Eintritt der Wirksamkeitsvoraussetzungen Gesellschafter ist. Es gilt insoweit nichts anderes, wie auch sonst bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen: Für künftig fällig werdende gesellschaftliche Leistungen haftet der Erwerber; der Veräußerer haftet für sie grundsätzlich nicht mehr (vgl. Anmerkungen zu § 16; Baumbacb-Hueck § 16, 4 A). War dagegen der Anspruch nach Abs. 3 im Zeitpunkt der Veräußerung bzw. im Zeitpunkt der Anmeldung der Veräußerung bei der Gesellschaft bereits fällig, so haftet neben dem Veräußerer auch der Erwerber gemäß § 16 Abs. 3. Diese Auffassung verkennt nicht, daß sich ein Gesellschafter durch Übertragung seines Geschäftsanteils vor dem Ausfall der Haftung entziehen kann. Diese Folge wiegt aber weniger schwer, als wenn sich die Gesellschaft an Personen halten muß, die ggf. schon längere Zeit gar nicht mehr Gesellschafter sind. Darüber hinaus wird bei einer Übertragung zum Zwecke des Ausscheidens aus dem Haftungsverband zu prüfen sein, ob der Ausfall nicht schon vor der Übertragung oder deren Anmeldung bei der Gesellschaft gemäß § 16 Abs. 3 eingetreten ist. Dazu genügt der Nachweis, (421)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
daß der Empfänger zur Erstattung nicht in der Lage ist oder die Erstattung aus anderen Gründen nicht durchzusetzen ist (vgl. Rdn. 21). Ob zwischen alten und neuen Geschäftsanteilen (also verschiedener Emissionen) zu unterscheiden ist, kann auch hier wie bei § 24 (vgl. § 24, 21 ff.) streitig sein. Das RG in RGZ 93 251 und ihm folgend die h. M. machen einen Unterschied nicht (Baumbach-Hueck 4; Brodmann 3c; Scholz 9; Vogel 5). Das ist richtig. Es soll zur Befriedigung der Gläubiger von allen Mitgesellschaftern dazu beigetragen werden, den durch verbotene Auszahlung an einen Gesellschafter entstandenen Schaden wiedergutzumachen. (So jetzt auch § 24, 24; vgl. auch Wiedemann in: Die Haftung des Gesellschafters in der GmbH, 1968, S. 47, 48.) Hält die Gesellschaft eigene Geschäftsanteile, so ergibt sich die Frage, ob sie zu den „übrigen Gesellschaftern" gehört. Diese Frage ist an sich ebenso zu beantworten wie bei § 24 (vgl. § 24, 19; Schölt^ 9), d. h. die Gesellschaft ist mit einzubeziehen. Sie haftet aber nur, soweit sie den Ausfall aus Rücklagen decken kann. Im Rahmen des Abs. 3 dürfte die Frage deshalb kaum praktisch werden, weil die Haftung erst zum Zuge kommt, soweit der zu erstattende Betrag zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. In diesen Fällen wird aber regelmäßig eine Rücklage nicht mehr vorhanden bzw. durch Vermögen nicht mehr gedeckt sein (vgl. Rdn. 23). Damit ist aber der auf die Gesellschaft entfallende Teil in aller Regel nach Abs. 3 Satz 2 auf die dann noch verbleibenden „übrigen Gesellschafter" umzulegen (vgl. § 24, 30 Scholz § 24, 8). Die übrigen Gesellschafter haften im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Die Bestimmung entspricht der des § 24 (vgl. § 24, 25ff.; so auch Baumbach-Hueck 4; Scholz 12; Vogel 5). Ebenso bei der weiteren Verteilung von Beträgen nach Abs. 3 Satz 2, welche bei einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind (vgl. darüber § 24, 25; es liegt auch hier keine gesamtschuldnerische Haftung vor: Den zahlenden anderen Gesellschaftern steht ein Regreß gegen den insolventen Empfänger zu. Praktischen Wert hat er selten. Die Rechtsnachfolger des Empfängers, die seinen Geschäftsanteil nach der Auszahlung erworben haben, haften weder der Gesellschaft noch den anderen Gesellschaftern. Es handelt sich nicht um eine auf dem Geschäftsanteil ruhende Verpflichtung. Über den Rückgriff gegen die Geschäftsführer vgl. unten Rdn. 34 ff. Die übrigen Gesellschafter haften aber nur auf das, was zur Befriedigung der Gläubiger notwendig ist. Dies beurteilt sich nach dem Stande der letzten mündlichen Verhandlung im Regreßprozeß (vgl. oben Rdn. 23; Scbol^ H)Steht ein Geschäftsanteil mehreren Mitberechtigten zu (§ 18), so haften diese für den auf den Geschäftsanteil entfallenden Betrag solidarisch (§18 Abs. 2). Ist der Hauptschuldner nach Abs. 1 ein Mitberechtigter am Geschäftsanteil, so haften die anderen Mitberechtigten nach dem Verhältnis ihres Anteils am Geschäftsanteil, falls sie nicht schon als Empfänger haften (Brodmann 3; Scholz 9). Gemäß Abs. 3 Satz 2 werden Beträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die übrigen Gesellschafter verteilt. Die Vorschrift entspricht § 24 Satz 2, vgl. dazu § 24, 30. IV. Erlaß (Abs. 4)
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Ein Erlaß der Ansprüche der Gesellschaft nach Abs. 1—3 kann weder durch Gesellschafterbeschluß noch durch den Geschäftsführer erfolgen. Er ist unwirksam und nichtig (§ 134 BGB). Dagegen sind Hingaben an Zahlungs Statt, Aufrechnungen und Stundung statthaft (Baumbach-Hueck 5; Brodmann 4; Vogel 6 bejahen ebenfalls (422)
Erstattung von verbotenen Rück2ahlungen (Goerdeler/Müller)
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die Zulässigkeit von Stundung und Aufrechnung; Schol\ 13, auch die der Hingabe an Zahlungs Statt; a. A. Lutter S. 381 Fußn. 205). Wenn auch die Vorschrift des § 31 Abs. 4 nicht so streng wie die des § 19 Abs. 2 ist, so muß doch verlangt werden, daß die hingegebenen Tilgungswerte vollwertig sind (Schol\ 13). Auch ein Vergleich ist statthaft (Brodmann 4; Schols^ 13). Nur darf kein Scheinmanöver vorliegen. Ein Gesellschafter, der eine Ein2ahlung in bar leistet, sie am nächsten Tag zurückerhält, und sobald die Gesellschaft ihr Rückforderungsrecht geltend macht, sich durch Aufrechnung oder Hingabe von Sachen befriedigt, haftet für die zugesagte bare Einlage gemäß § 19 Abs. 3. Seine Einlage war nur zum Schein erfolgt.
V. Verjährung (Abs. 5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in 5 Jahren. Die Verjährung beginnt 32 mit dem Ablauf des Tages, an welchem die rechtswidrige Zahlung erfolgt ist (Baumbach-Hueck 6; Schol^ 14; Vogel 7). Nach RGZ 168 292 liegt eine Zahlung i. S. von § 31 Abs. 5 dann vor, wenn ein Tatbestand geschaffen ist, auf Grund dessen ein Anspruch nach § 31 Abs. 1 geltend gemacht werden kann. Soweit das RG allerdings in der genannten Entscheidung bei einer Hypothekenbestellung auf den Bestellungsakt abhebt, ist dies nicht unbedenklich (vgl. § 30, 48). Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn dem Verpflichteten eine bösliche Handlungsweise zur Last fällt. Dazu ist erforderlich und genügend, daß der Empfänger den Verstoß gegen die Bestimmung des § 30 kennt. Eine Absicht der Schädigung der Gesellschaft oder gar ein Handeln gegen die guten Sitten ist nicht erforderlich. Einer Ausdehnung auf grobe Fahrlässigkeit ist diese Bestimmung nicht fähig. Die Bedeutung der Worte „bösliche Handlungsweise" ist streitig, Baumbach-Hueck 6; Scholz-Fischer 2; Vogel 7, verlangen das Bewußtsein, die Gesellschaft oder die Gläubiger zu schädigen; sie begnügen sich nicht mit der bloßen Kenntnis der Widerrechtlichkeit der Zahlung. Brodmann (6) geht wohl nicht so weit. Schol£ (15) verlangt „Arglist (Vorsatz) und Mutwillen, der zwar nicht Schädigung beabsichtigt, aber über rechtliche Bedenken sich rücksichtslos hinwegsetzt". Die hier vertretene Auffassung wird gestützt durch den RegE § 47 Abs. 5, wonach die Verjährung von 5 Jahren nicht zum Zuge kommt, „wenn der Verpflichtete die Leistung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit angenommen oder gebilligt hat". Die Begr. RegE (Drucksache VI/3088 S. 109) bezeichnet dies im Vergleich zu § 31 Abs. 5 lediglich als „sprachliche Änderung". Wann das Wissen des Unrechts vorliegt, ist im Einzelfall festzustellen. Es mag eine auch ungenaue Kenntnis genügen. Dies kann zu einem Ergebnis führen, das dem frevelhaften Mutwillen, der nichts von der wahren Sachlage wissen will, sehr ähnlich wird (vgl. auch RGZ 1 22 und RG in JW 1913, 48, 49: „Unter böslicher Handlungsweise ist nicht allgemein eine selbst grobe Fahrlässigkeit, sondern nur derjenige Frevelmut, derjenige Leichtsinn und Mutwillen zu begreifen, der sich der rechtswidrigen Folgen seines Verhaltens bewußt ist." Er beabsichtigt zwar die Schädigung nicht, aber er kennt die Gefahr derselben und ändert dennoch sein Handeln nicht). Bei Böswilligkeit tritt die dreißigjährige ordentliche Verjährung nach § 195 BGB ein (Vogel 7) Die Verjährung des subsidiären Anspruchs an die Gesellschafter richtet sich 33 nach der Verjährung des Hauptanspruchs (Baumbach-Hueck 6). Sie beginnt zugleich mit der gegen den Empfänger. Streitig ist aber, ob sich die Subsidiärhaftung der (423)
§ 31
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Mitgesellschafter ebenfalls verlängert, wenn der Hauptschuldner böswillig gehandelt hat. Da schon die Haftung der Mitgesellschafter nach Abs. 3 unabhängig vom guten oder bösen Glauben des Hauptschuldners ist (oben Rdn. 22), muß Gleiches hier gelten; die Verjährungsfrist verlängert sich für den Mitgesellschafter nur, wenn auch ihm böswillige Handlungsweise bei der Auszahlung zur Last fällt (so BaumbacbHueck 6; Schol^ 15). Werden Ansprüche der Gesellschaft gemäß Abs. 3 nach Ablauf der 5-jährigen Verjährungsfrist geltend gemacht, so wird die Regreßsumme anteilsmäßig, aber in ihrer vollen Höhe, auf die dann noch Haftenden umgelegt (Schöll^ 15). Hinsichtlich der Hemmung der Verjährung gilt folgendes: § 202 BGB ist nicht anwendbar. Die Verjährung ist nicht gehemmt, weil die Gesellschaft erst klagen kann, wenn sie die Erstattung vom Empfänger nicht erhalten kann. Das Gesetz umfaßt in Abs. 5 alle Ansprüche. Eine Streitverkündung unterbricht die Verjährung ebenfalls nicht. Sie steht der Erhebung der Klage nur in dem Prozesse gleich, von dessen Ausgange der Anspruch abhängt. Gemeint ist aber eine Streitverkündung im Sinne des § 72 ZPO. Diese wieder ist nur zugelassen für den Fall, daß eine Partei bei ungünstigem Ausgange des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt. Die Klage der Gesellschaft gegen die anderen Gesellschafter setzt aber einen der Gesellschaft günstigen Ausfall des Prozesses, aber einen ungünstigen in der Vollstreckung voraus. Für die sich hieran anschließende Haftung ist die Streitverkündung nicht vorgesehen. Es wird daher, wenn die Klage gegen den Empfänger erst kurz vor dem Ablaufe der fünf Jahre erfolgt, sofort durch einen Zahlungsbefehl oder eine Klage auch die Verjährung gegen die anderen Gesellschafter zu unterbrechen sein. Eine Unterbrechung der Verjährung des Hauptanspruchs bewirkt keine Unterbrechung gegenüber dem subsidiär Haftenden. Im übrigen finden die Bestimmungen des BGB über die Verjährung, insbesondere über die Unterbrechung und Hemmung der Verjährung, Anwendung.
VI. Haftung der Geschäftsführer 1. Haftung gegenüber der Gesellschaft (§ 43 Abs. 3) 34
Außer dem Empfänger und den Gesellschaftern haften auch noch die Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 3 der Gesellschaft für den Schaden, der ihr durch eine gegen § 30 verstoßende Zahlung erwachsen ist. Diese Haftung tritt nur ein, wenn die Geschäftsführer ein Verschulden trifft. Im Gegensatz zur Rückerstattungspflicht nach Abs. 1 und 2 handelt es sich hier um eine Schadensersatzverpflichtung. Die Haftung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Zuwendung aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses oder einer Weisung der Gesellschafter erfolgt (vgl. BGHZ 31 259, 278). Liegt ein Gesellschafterbeschluß auf Auszahlung vor, der gegen § 30 verstößt, so ist der Beschluß nichtig (die aktienrechtlichen Nichtigkeitsregeln, hier § 241 Nr. 3 AktG, sind auf die GmbH entsprechend anzuwenden, vgl. BGHZ 11 231). Ein nichtiger Beschluß darf aber von den Geschäftsführern nicht ausgeführt werden und entlastet sie damit nicht. Ergibt sich erst bei der Auszahlung ein Verstoß gegen § 30, so endastet der Gesellschafterbeschluß ebenfalls nicht, da die Geschäftsführer gerade bei der Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen die jeweilige Vereinbarkeit mit § 30 prüfen müssen. (424)
Erstattung von verbotenen Rückzahlungen (Goerdeler/Müller)
§ 31
Die Geschäftsführer haften als Gesamtschuldner neben den sonstigen Ersatzpflichtigen (KGB125 102; Schol^ 16). Werden die Geschäftsführer in Anspruch genommen, so gelten im Verhältnis zu den übrigen Erstattungsschuldnern §§ 421 ff. BGB. Eine Ausgleichung nach § 426 BGB gegenüber den übrigen Gesellschaftern, die nach Abs. 3 haften, kommt nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus Abs. 6: Im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern trifft die Geschäftsführer die Haftung voll. Eine Ausgleichung nach § 426 BGB kann aber im Verhältnis zum Empfänger in Frage kommen. Für den Verteilungsmaßstab gelten die allgemeinen Regeln; die Geschäftsführer können z. B. vollen Ausgleich fordern, wenn sie sich durch Rechtsgeschäft vom Empfänger von Schadensersatzverpflichtungen haben freistellen lassen. Im übrigen sind auch hier die insbesondere zu § 254 BGB entwickelten Gedanken der Schadensteilung zu beachten (vgl. Soergel-Schmidt BGB, § 254, 2, 13), die wohl in der Regel dazu führen werden, daß die Geschäftsführer bis zur Höhe der unzulässigen Auszahlung sich beim Empfänger erholen können und der Empfänger, wenn er die Rückerstattung geleistet hat, keinen Anspruch aus § 426 BGB gegen die Geschäftsführer hat. Andernfalls würde sich der Empfänger auf Kosten der Geschäftsführer bereichern (Schol^ 17). Hat die Gesellschaft jedoch keine Ansprüche gegen den Empfänger (z. B. weil er die Leistung in gutem Glauben empfangen hat), so ist eine Ausgleichung, jedenfalls nach § 426 BGB, nicht möglich (abweichend Vorauflage Anm. 12). Auch ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger ist nicht gegeben, weil dieser nicht unmittelbar auf Kosten der Geschäftsführer bereichert ist (RGZ 73 177; 154 375; Schol.z 17). Die Geschäftsführer haben unter sich natürlich den Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB. Sind die Geschäftsführer selbst Gesellschafter, so haften sie der Gesellschaft gegenüber auch nach Abs. 3, also ohne Verschulden, aber nur zur Befriedigung der Gläubiger ([Scholz 16; Vogel 8). Sind die Geschäftsführer selbst Empfänger, so haften sie nach Abs. 1 und 2. Im übrigen vgl. Anmerkungen zu § 43. 2. Haftung gegenüber den Gesellschaftern (Abs. 6) Nach Abs. 6 haften die Geschäftsführer den übrigen Gesellschaftern, die auf- 35 grund des Abs. 3 in Anspruch genommen wurden, jedoch nur diejenigen Geschäftsführer, welchen in Bezug auf die Zuwendung ein Verschulden zur Last fällt. Diese Geschäftsführer haften als Gesamtschuldner (§ 421 BGB). Ein Verschulden kann auch in der Duldung der verbotenen Zahlung liegen (Baumbach-Hueck 7; Brodmann 7a; im Ergebnis auch Scholz 16). Weitere Voraussetzung ist, daß ein Gesellschafter auf Grund der Kollektivhaftung (Abs. 3) eine Zahlung geleistet hat; der Empfänger selbst hat keinen Regreßanspruch gegen den Geschäftsführer. Möglich ist der Einwand, daß die Anforderung seitens der Gesellschaft zu Unrecht erfolgt war. War dem Geschäftsführer der Streit verkündet gewesen, so ist dieser Einwand ausgeschlossen. Liegt der Zuwendung ein Gesellschafterbeschluß zugrunde, so können die oben geschilderten Grundsätze nicht uneingeschränkt gelten, vielmehr sind Regreßansprüche der Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium (§ 242 BGB) zu überprüfen. Haben die Geschäftsführer bei der Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung auf den Verstoß gegen § 30 hingewiesen oder waren sich die Gesellschafter eines Verstoßes bewußt, verstößt die Geltendmachung von Regreßansprüchen nach Abs. 6 gegen Treu und Glauben (so wohl auch Scholz 16; teilweise weitergehend Baumbach-Hueck 7). Entsprechendes gilt für Regreßansprüche von Gesellschaftern, die bewußt für die verbotswidrige Auszahlung bei der Beschlußfassung gestimmt haben (Brodmann 7a; Scholz 16; Vogel 8) oder (425)
§ 31
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
wenn die Geschäftsführer nach Hinweis auf den Verstoß gegen § 30 erst auf ausdrückliche Anweisung der Gesellschafter gehandelt haben oder eine Anweisung bewußt unter Verstoß gegen § 30 gegeben worden ist. In all diesen Fällen liegt in dem Verhalten der Gesellschafter ein Verzicht auf die Geltendmachung von Regreßansprüchen gegen die Geschäftsführer. 36 Streitig ist die Verjährung der Ansprüche nach Abs. 6. Während Scbofy (16) und Vogel (9) ebenso wie bei Abs. 5 eine fünfjährige Verjährung annehmen, haben sich im Anschluß an die Vorauflagen Baumbach-Hueck (7) für die normale Verjährungsfrist von dreißig Jahren entschieden (so auch Brodmann 7b). Scholz will die fünfjährige Frist aus einem allgemeinen handelsrechtlichen Grundsatz der fünfjährigen Verjährung ableiten. Wirtschaftlich spricht vieles für eine Abkürzung der normalen Verjährungsfrist von 30 Jahren auf fünf Jahre, insbesondere, da auch die Ansprüche der Gesellschaft nach § 43 Abs. 4 in fünf Jahren verjähren. Dies gilt um so mehr, als diese Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt mit Geltendmachung des Anspruchs nach Abs. 3 gegen den Gesellschafter (dies verkennen Baumbach-Hueck 7, wenn sie annehmen, daß dem gegen Ende der Verjährungsfrist in Anspruch genommenen Gesellschafter keine oder nur geringe Zeit zur Geltendmachung seines Regreßanspruchs verbleibe). Trotzdem verdient die gesetzestreue Auslegung den Vorzug, da ein allgemeiner Grundsatz, wonach im GmbHG eine Verjährungsfrist von mehr als fünf Jahren nicht vorgesehen sei (Schob«j 16), nicht festgestellt werden kann. Allerdings wird bei Geltendmachung nach einer längeren Zeitspanne als 5 Jahren die Verwirkung besonders zu prüfen sein. VII. Konkurrenzen 37
Neben dem Anspruch aus § 31 können der Gesellschaft auch aus anderen Rechtsgründen Ansprüche auf Rückerstattung oder auf Schadenersatz zustehen. In § 30 Rdn. 6—11 wurde ausgeführt, daß ein Verstoß gegen § 30 regelmäßig die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts, unter besonderen Voraussetzungen auch des Verpflichtungsgeschäfts, nach sich zieht (§ 134 BGB). Damit ergeben sich in aller Regel gegen den Empfänger oder sogar dessen Rechtsnachfolger Ansprüche z. B. aus §§ 985 ff., §§ 946ff.oder §§ 812ff.BGB. Die Ansprüche stehen selbständig neben dem Anspruch der Gesellschaft aus § 31. Der Anspruch aus § 31 geht weiter, als z. B. ein Anspruch aus §§ 812ff.BGB, da sich der Empfänger bei § 31 nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (vgl. Rdn. 12). Darüber hinaus werden Ansprüche aus § 31 nicht, wie Ansprüche mit anderen Rechtsgrundlagen, durch § 32 verdrängt. Andererseits kann ein Anspruch der Gesellschaft z. B. aus § 985 BGB weiter gehen, als ein Anspruch aus § 31, weil er sich gegen jeden Besitzer richtet und nicht nur gegen den Empfänger i. S. des Abs. 2. Eine Rangfolge in der Inanspruchnahme der Verpflichteten (Empfänger, Gesellschafter, Geschäftsführer) schreibt das Gesetz nicht vor; dies steht im Ermessen der Gesellschaft. Die Leistung durch einen Verpflichteten wirkt jedoch auch für die übrigen Schuldner (§ 422 BGB), so daß es zu einer mehrfachen Inanspruchnahme für dieselbe Leistung nicht kommen kann. VIII. Ungerechtfertigte Auszahlungen, die nicht gegen § 30 verstoßen
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Sind Auszahlungen ungerechtfertigt, ohne daß ein Verstoß gegen § 30 vorliegt, so gelten die allgemeinen Regeln des BGB (Scholz 17). Eine Ausnahme besteht aller(426)
Rückzahlung von Gewinn (Goerdeler/Müller)
§32
dings, wenn es sich um Auszahlung von Gewinnanteilen handelt; hier enthält § 32 eine Sonderregelung (vgl. § 32 Rdn. 1). Auch für Auszahlungen, die auf strafbaren Handlungen beruhen (Untreue, Unterschlagung); greift § 31 nicht ein, sofern nicht die Voraussetzungen des § 30 erfüllt sind (Brodmann 3a; Scholz 11). Die Haftung des Empfängers jedoch geht auf vollen Schadenersatz (§§ 823 Abs. 2, 826 BGB). IX. GmbH & Co. KG Hinsichtlich der Probleme bei der GmbH & Co. KG wird auf die Ausführungen 39 in Rdn. 6 und in § 30 Rdn. 52 ff. verwiesen.
§ 32 Liegt die im § 31 Absatz 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Falle verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen. Übersiebt Rdn. Einleitung
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Reform
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I. Unterscheidung der Fallgestaltungen. . II. Der Rückforderungsanspruch
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Rdn. III. Gesellschafter
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IV. Guter Glaube
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V. Bezug als Gewinnanteile
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Einleitung § 32 enthält ein Privileg für den gutgläubigen Empfang von Gewinnanteilen. Diese sind, aus welchen Rechtsgründen auch immer, an die Gesellschaft nicht zurückzuzahlen, sofern nicht die in § 31 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 31 geht nicht so weit wie § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG, der den Aktionär bei gutgläubigem Dividendenbezug stets und in allen Fällen von einer Haftung freistellt. Das GmbHG schützt den gutgläubigen Gesellschafter nur, wenn durch die Gewinnausschüttung nicht das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen, durch die Ausschüttung also nicht § 30 verletzt wird. In diesem Fall kann dem gutgläubigen Empfänger lediglich § 31 Abs. 2 helfen. Die Haftung nach § 31 wird also durch § 32 in keiner Weise berührt (Baumbach-Hueck 1; Schölt^ 1). Verstößt nur ein Teil der Gewinnausschüttung gegen § 30, so ist nur für diesen § 31 anwendbar, für den Rest gilt § 32 (Scholz 1). § 32 überlagert sämtliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter auf Rückerstattung von Gewinnanteilen (z. B. aus §§ 812ff. oder 985ff. BGB), mit Ausnahme der Ansprüche aus § 31. Auch hieraus wird ersichtlich, welchen Stellenwert das GmbHG der Erhaltung des Stammkapitals beimißt: Während das AktG dem Schutz des gutgläubigen Anlegers selbst die Erhaltung des 'Grundkapitals hintansetzt, muß sich der GmbH-Gesellschafter die Erhaltung des Garantiefonds (Stammkapital) stets vorgehen lassen. (427)
Rückzahlung von Gewinn (Goerdeler/Müller)
§32
dings, wenn es sich um Auszahlung von Gewinnanteilen handelt; hier enthält § 32 eine Sonderregelung (vgl. § 32 Rdn. 1). Auch für Auszahlungen, die auf strafbaren Handlungen beruhen (Untreue, Unterschlagung); greift § 31 nicht ein, sofern nicht die Voraussetzungen des § 30 erfüllt sind (Brodmann 3a; Scholz 11). Die Haftung des Empfängers jedoch geht auf vollen Schadenersatz (§§ 823 Abs. 2, 826 BGB). IX. GmbH & Co. KG Hinsichtlich der Probleme bei der GmbH & Co. KG wird auf die Ausführungen 39 in Rdn. 6 und in § 30 Rdn. 52 ff. verwiesen.
§ 32 Liegt die im § 31 Absatz 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Falle verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen. Übersiebt Rdn. Einleitung
1
Reform
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I. Unterscheidung der Fallgestaltungen. . II. Der Rückforderungsanspruch
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Rdn. III. Gesellschafter
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IV. Guter Glaube
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V. Bezug als Gewinnanteile
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Einleitung § 32 enthält ein Privileg für den gutgläubigen Empfang von Gewinnanteilen. Diese sind, aus welchen Rechtsgründen auch immer, an die Gesellschaft nicht zurückzuzahlen, sofern nicht die in § 31 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 31 geht nicht so weit wie § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG, der den Aktionär bei gutgläubigem Dividendenbezug stets und in allen Fällen von einer Haftung freistellt. Das GmbHG schützt den gutgläubigen Gesellschafter nur, wenn durch die Gewinnausschüttung nicht das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen, durch die Ausschüttung also nicht § 30 verletzt wird. In diesem Fall kann dem gutgläubigen Empfänger lediglich § 31 Abs. 2 helfen. Die Haftung nach § 31 wird also durch § 32 in keiner Weise berührt (Baumbach-Hueck 1; Schölt^ 1). Verstößt nur ein Teil der Gewinnausschüttung gegen § 30, so ist nur für diesen § 31 anwendbar, für den Rest gilt § 32 (Scholz 1). § 32 überlagert sämtliche Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter auf Rückerstattung von Gewinnanteilen (z. B. aus §§ 812ff. oder 985ff. BGB), mit Ausnahme der Ansprüche aus § 31. Auch hieraus wird ersichtlich, welchen Stellenwert das GmbHG der Erhaltung des Stammkapitals beimißt: Während das AktG dem Schutz des gutgläubigen Anlegers selbst die Erhaltung des 'Grundkapitals hintansetzt, muß sich der GmbH-Gesellschafter die Erhaltung des Garantiefonds (Stammkapital) stets vorgehen lassen. (427)
§ 32
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter Reform
2
§ 48 RegE-GmbHG bringt keine wesentlichen materiellen Änderungen zum geltenden Recht. Satz 1 sieht eine sprachliche Neufassung des geltenden § 32 vor. Ebenso wie § 47 Abs. 2 RegE enthalten auch § 48 Satz 2 und 3 eine Definition des guten Glaubens und eine Beweislastregelung. Nach Satz 2 ist Gutgläubigkeit ausgeschlossen, wenn der Empfänger beim Empfang der Leistung wußte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wußte, daß er zum Empfang der Leistung nicht berechtigt war. Satz 3 überträgt die Beweislast für die Bösgläubigkeit der Gesellschaft. Dies korrespondiert mit den Vorschlägen zu § 47 Abs. 2 RegE (vgl. § 31 Rdn. 2). I. Unterscheidung der Fallgestaltungen
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Wie bereits erwähnt (Rdn. 1) findet § 32 nicht bei jeglicher Gewinnauszahlung Anwendung: Folgende Fälle sind zu unterscheiden: (1) Ein Gesellschafter hat bösgläubig Gewinn bezogen unter Verletzung des Verbots des § 30 (Rechtsfolge: Empfänger haftet nach § 31 Abs. 1 und ggf. nach §§ 812ff., 819; oder 985ff. BGB); (2) ein Gesellschafter hat bösgläubig Gewinn bezogen, wobei jedoch § 30 nicht verletzt wurde (Rechtsfolge: Empfänger haftet nach §§ 812ff., 819 oder 985ff. BGB); (3) ein Gesellschafter hat gutgläubig zu Unrecht ausgezahlten Gewinn bezogen, jedoch unter Verletzung des § 30 (Rechtsfolge: § 31 Abs. 2 und ggf. §§ 812ff. oder 985ff. BGB); (4) ein Gesellschafter hat gutgläubig — ohne Verletzung der §§ 30, 31 — zu Unrecht festgestellte Gewinne bezogen (Rechtsfolge: § 32). Danach ist also der Gesellschafter (zu anderen Empfängern vgl. Rdn. 6) vor der Rückforderung geschützt unter den folgenden Voraussetzungen: 1. daß der Tatbestand des § 31 Abs. 1 nicht vorliegt (also § 30 nicht verletzt ist); 2. daß er beim Empfang in gutem Glauben war; 3. daß die Beträge als Gewinnanteile bezogen wurden. Wurde das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen als Gewinn verteilt, so muß — im Gegensatz zu § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG — der Gesellschafter die Gewinnanteile, auch im Falle seines guten Glaubens, herausbezahlen, sofern dies zur Befriedigung der Gläubiger nötig ist. Die erste Voraussetzung des § 32 ist nämlich, daß der Bezug als Gewinnanteil „das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen" nicht angegriffen hat (§32 bezieht sich auf § 31 Abs. 1; § 31 Abs. 1 verlangt wiederum eine Zahlung, die „den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet" ist; hierzu Scholz 1). § 32 kann somit nur zur Anwendung kommen, wenn die Gewinnauszahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht berührt. § 32 kann auch dann keine Anwendung finden, wenn nach Aufzehrung des Stammkapitals eine bilanzielle Uberschuldung vorliegt, dies folgt aus BGHZ 60 324 (vgl. § 30,18 f.). II. Der Rückforderungsanspruch
4
Die Bestimmung des § 32 setzt einen Anspruch auf Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Gewinnanteile voraus (so zutreffend Schölt^ 7) und gibt dem Gesellschafter eine rechtshindernde Einwendung für den Fall der Geltendmachung eines solchen Anspruchs. (428)
Rückzahlung von Gewinn (Goerdeler/Müller)
§32
Grundlage für Ansprüche der Gesellschaft werden in der Regel die Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812ff. BGB) oder auch die §§ 985ff. BGB sein (vgl. § 30, 7ff.und § 31, 37). Bei Ansprüchen aus § 812 BGB kann der Gesellschafter, unbeschadet des § 32, dem Anspruch auch entgegenhalten, daß die Gesellschaft wußte, daß sie zur Leistung nicht verpflichtet ist (§ 814 BGB) oder daß er selbst nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB); so auch Schol^ (7). Solche Ansprüche können sich ergeben, wenn der Gewinnverteilungsbeschluß mangelhaft ist. Ist der Gewinnverteilungsbeschluß anfechtbar, entsteht ein Rückforderungsanspruch erst mit Aufhebung des Beschlusses aufgrund erfolgreicher Anfechtung; ist er nichtig, kann die Gesellschaft sofort zurückfordern (vgl. RGZ 49 145; Baumbach-Hueck 2 B ; Brodmann 126; Crüger-Creeelius 3; Neukamp-Becker 2; Scholz 7). Wird ein nicht mangelhafter Gewinnverteilungsbeschluß von der Gesellschafterversammlung durch einen neuen — abweichenden — Verteilungsbeschluß ersetzt, so kann dies nicht zu einem Rückforderungsrecht der Gesellschaft gegen die Gesellschafter führen (vgl. § 29, 35). Entsprechendes gilt für einen anfechtbaren Gesellschafterbeschluß, sofern eine Anfechtungsklage tatsächlich nicht erhoben wird; der Beschluß wird durch Nichtanfechtung innerhalb der Anfechtungsfrist (vgl. Anmerkungen zu § 46) wirksam. Ein Beschluß kann von den Gesellschaftern in Kenntnis der Verletzung der statutarischen Vorschriften gefaßt werden, z. B. wenn sie auf die Beobachtung der statutarischen Bestimmung verzichten. Man denke an den Fall, daß eine nur aus drei Gesellschaftern bestehende Gesellschaft beschließt, entgegen dem Statut den ganzen Reingewinn zu verteilen, statt ein Drittel in Reserve zu stellen. Der überstimmte Gesellschafter erhebt seine Dividende. Damit verwirkt er die Anfechtungsmöglichkeit. Er behält den ihm bezahlten Gewinnbetrag (Scholz 7; Feine S. 268). Der Umstand allein, daß der Beschluß nur mit Majorität gefaßt wurde, begründet gegen den Gesellschafter, der die Statutenverletzung kennt, nicht den Vorwurf des bösen Glaubens. Auch wenn ein anderer Gesellschafter erklärt hatte, er erhebe Widerspruch gegen den statutenwidrigen Beschluß, ändert dies hieran nichts. Erst die durchgeführte Anfechtung schafft für die Rückforderungsklage Raum. Sind die Bilanz oder der Bilanzfeststellungsbeschluß nichtig, so kann die Gesellschaft sofort zurückfordern (Baumbach-Hueck 2 B ; Feine S. 368; Scholz 7; Vogel 3). Bestehende Rückforderungsansprüche verjähren in 30 Jahren. Wenn die Ge- 5 winnauszahlung gegen § 30 verstößt, so besteht gegen den gutgläubigen Empfänger eine fünfjährige Verjährung (§31 Abs. 5). Gegen den bösgläubigen läuft eine solche von 30 Jahren {Baumbach-Hueck 2 B; Scholz 1> Vo&el 4 i vgl. RGZ 168 292). Liegt kein Verstoß gegen § 30, also kein Fall des § 31 Abs. 1 vor, ist aber aus anderen Gründen ein Rückforderungsrecht gegen den bösgläubigen Empfänger entstanden, so tritt, da eine kürzere Verjährungsfrist in diesem Falle nicht eingeführt ist, ebenfalls die ordentliche Verjährung von 30 Jahren ein. Enthält die Auszahlung einer Dividende einen Verstoß sowohl gegen § 30 als gegen die Vorschriften über die Verteilung des Reingewinns, so ist gegen die bösgläubigen Empfänger die Haftung aus beiden Gesichtspunkten begründet. Eine Rückforderungsklage der Gesellschaftsgläubiger, wie z. B. § 62 Abs. 2 AktG, kennt das GmbHG nicht. m . Gesellschafter § 32 schützt, wie im Wortlaut klar zum Ausdruck kommt, den Gesellschafter. 6 Es ist nicht, wie in § 31 Abs. 2 von dem „Empfänger" die Rede, sondern von den Gesellschaftern. Trotzdem geht die h. M. zu Recht davon aus, daß den Gesellschaf(429)
§ 32
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
tern deren Rechtsnachfolger bei Abtretung des Gewinnanspruchs (also Dividendenzessionar und Dividendenscheininhaber) gleichstehen (vgl. Baumbach-Hueck 2 A ; Brodmann l d ; Schöltj 3; Vogel 3). Dies gilt im Positiven wie im Negativen: Ist der Gesellschafter gutgläubig (dazu Rdn. 7 ff.), so kommt dies auch dem Rechtsnachfolger zugute; ist er bösgläubig, so hat auch der Rechtsnachfolger die Auszahlung zurückzuerstatten. Der Schutz des § 32 kommt dem früheren Gesellschafter zugute, der zwischen Gewinnfeststellungsbeschluß und Auszahlung seinen Geschäftsanteil ex dividende abgetreten hat (Scholz 3). Die h. M. bleibt allerdings eine Rechtfertigung dafür schuldig, warum § 32 auch für den Rechtsnachfolger gilt. Die Begründung kann jedoch in folgendem gefunden werden: § 32 ist ein Abwehrrecht, das den Verbleib des einmal ausgezahlten Gewinns beim Gesellschafter sicherstellen soll. So gesehen handelt es sich um ein unselbständiges Hilfsrecht, das mit dem schuldrechtlichen Anspruch auf Gewinn, nach dessen Entstehung (vgl. § 29, 12fF.), verbunden ist und damit zwangsläufig mit der Forderung auf den neuen Gläubiger übergeht bzw. bei Abtretung des Geschäftsanteils ohne Gewinnanspruch beim Forderungsgläubiger verbleibt (vgl. Soergel-Schmidt BGB, § 401, 2; § 413, 3; auch BGH, N J W 1973 1793). Auch den Nießbraucher am Gewinnrecht wird man dem Gesellschafter gleichstellen müssen (§ 29, 89). Das Abwehrrecht aus § 32 steht, wie das Gewinnbezugsrecht nach Bestellung des Nießbrauchs originär dem Nießbraucher zu (vgl. § 15 Anh. I). Auf § 32 können sich jedoch nicht Dritte berufen, deren Anspruch auf Gewinnbeteiligung sich nicht aus der Gewinnberechtigung eines Gesellschafters ableitet. Hier ist insbesondere zu denken an vertragliche (arbeitsvertragliche) Gewinnbeteiligungsabreden, wie z. B. Tantiemen an Geschäftsführer und Angestellte, Erfolgsbeteiügungssysteme für Arbeitnehmer, soweit diese nicht Gesellschafter werden, Aufsichtsrats- oder Beiratsvergütungen, die am Gewinn anknüpfen. Die Gesellschafter können trotz schlechter Ergebnisse der Gesellschaft diesem Personenkreis Erfolgsvergütungen bezahlen. Sie können dies auch in Form einer wissentlich unrichtig aufgemachten Bilanz tun. Nur soweit der Empfänger zugleich Gesellschafter ist und das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen ihm ausbezahlt wird, ist er zur Rückgabe verpflichtet ( § 3 1 Abs. 1). Nicht unter § 32 fallen aber auch Ansprüche von Genußschein-, Genußrechts- oder Besserungsscheininhabern, obwohl auch sie einen Anspruch auf einen Anteil am Reingewinn gewähren (Brodmann l f . ; Scholz 6). Etwas anderes gilt für nur scheinbare Genußrechte und Genußscheine, die untrennbar mit dem Geschäftsanteil verbunden sind und die letztlich eine Teildividende (Vorzugsdividende) verkörpern (so wohl auch Scholz 6). Im übrigen kann § 32 auch nicht zur Anwendung kommen, wenn Leistungen dieser Art (Tantiemen, Aufsichtsratsvergütungen etc.) an Gesellschafter bezahlt werden. Wie Schol% (6) zutreffend ausführt, darf kein Unterschied gemacht werden zwischen Geschäftsführern, die keine Gesellschafter sind und solchen, die Gesellschafter sind. Ist die Abtretung eines Geschäftsanteils nichtig und hat die Gesellschaft einen Gewinnanteil an den Zessionar ausgezahlt, so wird dieser durch § 32 nicht geschützt. Der Zedent behält seinen Gewinnanspruch und die Gesellschaft kann vom Zessionar den ausgezahlten Gewinnanteil zurückfordern. Die Gesellschaft wird allerdings gegen Gewinnansprüche des Zedenten durch § 16 und § 409 BGB geschützt (vgl. Brodmann 1 d; Schol% 4). IV. Guter Glaube 7
Zum Begriff des guten Glaubens kann auf § 31,14 verwiesen werden. Auch hier ist auf den in § 932 Abs. 2 BGB definierten Begriff (Kenntnis oder grobe Fahrlässig(430)
Rückzahlung von Gewinn (Goerdeler/Müller)
§32
keit) abzustellen; damit entspricht bereits das geltende Recht der in § 48 Satz 2 RegE vorgesehenen Regelung. Gegenstand des guten Glaubens ist der Bezug als Gewinnanteil. Dazu ist erforderlich, daß zumindest äußerlich ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluß vorliegt, dessen Mangelhaftigkeit der Gesellschafter ohne grobe Fahrlässigkeit nicht kennt (Baumbach-Hueck 2 A; Schol£ 5). Leichte Fahrlässigkeit genügt nicht. Maßgebend für den guten Glauben ist der Zeitpunkt des Empfanges der Gesellschaftsleistung, nicht etwa der Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (vgl. Baumbach-Hueck 2; Scholz* 5; Vogel 3). Er kann z. B. ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt Kenntnis eines Anfechtungsgrundes und der Klageerhebung hatte (Scholz 5). Zweifelhaft kann sein, ob es auf den guten Glauben des Gesellschafters oder des 8 Empfängers oder beider ankommt. Die h. M. stellt, dem eindeutigen Gesetzeswortlaut folgend, auf den guten Glauben des Gesellschafters ab (Baumbach-Hueck 2 A; Brodmann 1 d; Schol^ 3; Vogel 3); a. A. wohl Liebmann (§ 32, 2), der die Rückzahlung nur dann ausschließen will, wenn Gesellschafter und tatsächlicher Empfänger in gutem Glauben waren. Anders als bei § 31 Abs. 2 kommt es bei § 32 allein auf den guten Glauben des Gesellschafters an: Der klare Gesetzesworüaut ist keiner abweichenden Auslegung fähig und bedürftig. Insbesondere kann ein bösgläubiger Gesellschafter ein Rückforderungsrecht der Gesellschaft nicht durch Zession an einen gutgläubigen Dritten vereiteln (Schol^ 3). Ist der Gesellschafter gutgläubig, der Empfänger (Dividendenzessionar) aber bösgläubig, so wird auch der bösgläubige Empfänger zur Rückzahlung nicht verpflichtet sein. Andernfalls würde der Gesellschafter in aller Regel doch zur Erstattung gezwungen sein, da er dem Zessionar aus dem der Abtretung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft zum Ersatz verpflichtet wäre (a. A. wohl Baumbach-Hueck 1). Ist am Geschäftsanteil ein Nießbrauch bestellt, so wird es auch hier auf den guten Glauben des Gesellschafters ankommen, jedenfalls wenn er die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung ausübt und damit am Bilanzfeststellungs- und Gewinnverteilungsbeschluß mitwirkt (vgl. § 15 Anh. I). Die Gesellschaft hat die Unbegründetheit der Zahlung bzw. die Mangelhaftig- 9 keit des Gewinnverteilungsbeschlusses zu beweisen. Der Beweis des guten Glaubens hingegen obliegt dem Gesellschafter oder dem Empfänger, wenn dieser mit dem Gesellschafter nicht identisch ist (vgl. § 31, 16; Baumbach-Hueck 2 A; Schols^ 5; Vogel 3; a. A. Brodmann 1 c; Feine S. 368). Der RegE (§48 Satz 3) bürdet die Beweislast, im Gegensatz zu § 62 Abs. 1 Satz 3 AktG, der Gesellschaft auf. Daraus können aber keine Rückschlüsse auf das geltende Recht gezogen werden (zur Begründung vgl. § 31, 16). V. Bezug als Gewinnanteile Weitere Voraussetzung der Anwendung von § 32 ist, daß die Beträge als Ge- 10 winnanteile bezogen sind. Gemeint ist damit ausschließlich der anteilige nach der jährlichen Bilanz sich ergebende Reingewinn i. S. des § 29 Abs. 1. Damit scheiden, wie bereits ausgeführt (Rdn. 6), Gewinnbeteiligungen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen (insbesondere vertraglicher Natur) aus dem Bereich des § 32 aus (Schol£ 6). Dies gilt insbesondere für Tantiemen und Gewinnbeteiligungen von Geschäftsführern, Äufsichtsräten und von Zahlungen auf Genußscheine, und zwar auch, wenn die Auszahlungsempfänger gleichzeitig Gesellschafter sind. Nicht unter § 32 fallen insbesondere Beträge, die an die Gesellschafter in Form sonstiger Vorteile ausbezahlt (431)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
werden (verdeckte Gewinnausschüttungen: § 29, 97). Ferner fällt nicht unter § 32, was als Gewinnvorschuß (§ 29, 75 ff., § 30, 23) oder Zinsen bezogen ist ('BaumbackHueck 2 B ; Göt^ Hueck ZGR 1975 133, 142; Brodmann If.; Feine S. 369; Scbo/z 6 J Vogel 2). Ebenso fällt nicht unter § 32 versehentliche doppelte Gewinnauszahlung; denn hier liegt kein Bezug eines Betrages als Gewinnanteil mehr vor. Der doppelt vom Gesellschafter erhaltene Betrag unterliegt der Rückforderung nach §§ 812ff. BGB (Baumbach-Hueck 2 A; Scholz 4; Vogel 2; a. A. Brodmann Ia). Sollen Rücklagen der Gesellschaft an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, so erfolgt deren Auflösung in der Regel über die Gewinn- und Verlustrechnung und führt damit zu einer Erhöhung des Reingewinns (vgl. Anmerkungen zu § 42; vgl. auch § 157 Abs. 1 Nr. 30 AktG). Die Rücklagen werden damit als Gewinnanteile ausgeschüttet und genießen den Gutglaubensschutz des § 32 (abweichend Vorauflage Anm. 12). Keinen Schutz des guten Glaubens genießen die Empfänger zu Unrecht rückbezahlter Nachschüsse (Feine S. 369; Scholas 6). Sie sind nach den Grundsätzen der §§ 812ff. BGB zurückzuzahlen, ggf. gemäß § 31 (vgl. § 31, 4).
§33 Die Gesellschaft darf eigene Geschäftsanteile, auf welche die Stammeinlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben. Sie soll auch eigene Geschäftsanteile, aufweiche die Stammeinlage vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann. Übersiebt Rdn.
Rdn.
Einleitung
1
Reform
2
5. Haftung des veräußernden Gesellschafters? 34 6. Form des Erwerbs. Sonstiges . . . . 35
I. Der Erwerb eigener nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile 1. Verbot jeden Erwerbs 3 2. Nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile 7 3. Nichtigkeit des Erwerbs 10 4. Folge der Nichtigkeit 15 5. Zwingender Charakter der Vorschrift 19 II. Der Erwerb eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile 1. Erwerb aus nicht gebundenem Vermögen 2. Erwerb aus gebundenem Vermögen 3. Verhältnis zu § 30 GmbHG . . . . 4. Ersatzpflicht des Geschäftsführers . .
22 26 29 32
III. Rechtliche Behandlung eigener Anteile 1. Dividendenbezugsrecht 2. Sonstige Vermögensrechte 3. Vermögensrechtliche Verpflichtungen 4. Stimm- und sonstige Verwaltungsrechte 5. Befugnis zur Weiterveräußerung . . 6. Aufnahme in die Bilanz 7. Übernahme eigener Geschäftsanteile bei Kapitalerhöhung
38 39 42 44 45 47 50 55
IV. Erwerb sämtlicher Anteile durch die GmbH? 57 V. Der Unterschied zur Kaduzierung und Amortisation 61 VI. Steuerfragen
62 (432;
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
werden (verdeckte Gewinnausschüttungen: § 29, 97). Ferner fällt nicht unter § 32, was als Gewinnvorschuß (§ 29, 75 ff., § 30, 23) oder Zinsen bezogen ist ('BaumbackHueck 2 B ; Göt^ Hueck ZGR 1975 133, 142; Brodmann If.; Feine S. 369; Scbo/z 6 J Vogel 2). Ebenso fällt nicht unter § 32 versehentliche doppelte Gewinnauszahlung; denn hier liegt kein Bezug eines Betrages als Gewinnanteil mehr vor. Der doppelt vom Gesellschafter erhaltene Betrag unterliegt der Rückforderung nach §§ 812ff. BGB (Baumbach-Hueck 2 A; Scholz 4; Vogel 2; a. A. Brodmann Ia). Sollen Rücklagen der Gesellschaft an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, so erfolgt deren Auflösung in der Regel über die Gewinn- und Verlustrechnung und führt damit zu einer Erhöhung des Reingewinns (vgl. Anmerkungen zu § 42; vgl. auch § 157 Abs. 1 Nr. 30 AktG). Die Rücklagen werden damit als Gewinnanteile ausgeschüttet und genießen den Gutglaubensschutz des § 32 (abweichend Vorauflage Anm. 12). Keinen Schutz des guten Glaubens genießen die Empfänger zu Unrecht rückbezahlter Nachschüsse (Feine S. 369; Scholas 6). Sie sind nach den Grundsätzen der §§ 812ff. BGB zurückzuzahlen, ggf. gemäß § 31 (vgl. § 31, 4).
§33 Die Gesellschaft darf eigene Geschäftsanteile, auf welche die Stammeinlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben. Sie soll auch eigene Geschäftsanteile, aufweiche die Stammeinlage vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann. Übersiebt Rdn.
Rdn.
Einleitung
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Reform
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5. Haftung des veräußernden Gesellschafters? 34 6. Form des Erwerbs. Sonstiges . . . . 35
I. Der Erwerb eigener nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile 1. Verbot jeden Erwerbs 3 2. Nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile 7 3. Nichtigkeit des Erwerbs 10 4. Folge der Nichtigkeit 15 5. Zwingender Charakter der Vorschrift 19 II. Der Erwerb eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile 1. Erwerb aus nicht gebundenem Vermögen 2. Erwerb aus gebundenem Vermögen 3. Verhältnis zu § 30 GmbHG . . . . 4. Ersatzpflicht des Geschäftsführers . .
22 26 29 32
III. Rechtliche Behandlung eigener Anteile 1. Dividendenbezugsrecht 2. Sonstige Vermögensrechte 3. Vermögensrechtliche Verpflichtungen 4. Stimm- und sonstige Verwaltungsrechte 5. Befugnis zur Weiterveräußerung . . 6. Aufnahme in die Bilanz 7. Übernahme eigener Geschäftsanteile bei Kapitalerhöhung
38 39 42 44 45 47 50 55
IV. Erwerb sämtlicher Anteile durch die GmbH? 57 V. Der Unterschied zur Kaduzierung und Amortisation 61 VI. Steuerfragen
62 (432;
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
§33
Schrifttum Becker Der Erwerb eigener Geschäftsanteile nach § 33 GmbHG und nach dem Steuerrecht, GmbH-Rdsch. 1924 479; 1925 36; Becker Der Erwerb eigener Geschäftsanteile der GmbH, GmbH-Rdsch. 1938 700; Buchwald Der eigene Anteil der GmbH, GmbH-Rdsch. 1958 167; Hachenburg Zum Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, in Festschrift für Georg Cohn, 1915; Hösel Eigene Geschäftsanteile der GmbH, GmbH-Rdsch. 1958 5; Unger Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, 1925; Winkler Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, GmbH-Rdsch. 1972 73. Einleitung Angesichts der Tatsache, daß § 33 von der Möglichkeit eines Erwerbs eigener 1 Geschäftsanteile durch eine GmbH ebenso wie § 71 AktG von der Möglichkeit eines Erwerbs eigener Aktien durch eine AG ausgeht, lohnt ein Streit über ihre denkgesetzliche Möglichkeit oder den „begrifflichen Unsinn" (Ritter AktG § 65 Anm. 16) nicht. Das positive Gesetz geht von der Möglichkeit eines Erwerbs eigener Anteile aus, ohne den in der Praxis ebenso wie im Leben der AG auch kaum auszukommen ist. Deshalb entspricht die Regelung des § 33 auch in etwa der des AktG im Zeitpunkt des Erlasses des GmbH-Gesetzes, die den Erwerb eigener Aktien durch eine Sollvorschrift und den Erwerb von Interimsscheinen und nicht voll bezahlter Aktien schlechthin verbot. Die Ausnahme in Abs. 2 beruht nur darauf, daß bei der GmbH Rücklagen anders als bei der AG im Sinne der Kapitalerhaltung nicht gebunden sind. Zwischenzeitlich haben sich AktG und GmbHG durch die Weiterentwicklung der aktienrechtlichen Vorschriften über den Erwerb eigener Aktien zunächst in § 65 AktG 37 und dann durch § 71 AktG 65 weiter voneinander entfernt. Das AktG kennt heute 6 Tatbestände, unter denen der Erwerb eigener — auch nicht voll eingezahlter — Aktien zulässig ist, erklärt den verbotswidrigen Erwerb stets als schuldrechtlich nichtig, läßt die Nichtigkeit auf das dingliche Geschäft aber nur durchschlagen, wenn nicht voll eingezahlte Aktien erworben werden. Demgegenüber steht für § 33 im Vordergrund immer noch die Frage der Volleinzahlung, können nicht voll eingezahlte Anteile überhaupt nicht und sollen voll eingezahlte Anteile nicht zu Lasten des Stammkapitals erworben werden. Jedoch werden dingliche und schuldrechtliche Erwerbsgeschäfte gleichbehandelt und gibt es keine Ausnahme vom Erwerbsverbot. Reform § 57 RegE beläßt es im wesentlichen bei der jetzigen Regelung des § 33 und 2 weicht nur insoweit ab, als schuldrechtlich — nicht auch dinglich — der Erwerb voll eingezahlter Geschäftsanteile zu Lasten des Stammkapitals für nichtig erklärt wird. Darüber hinaus soll die Inpfandnahme dem Erwerb gleichgestellt werden. Auch werden abhängige oder in Mehrheitsbesitz befindliche Unternehmen in die Regelung einbezogen, wobei das Erfordernis, daß der Erwerb nicht zu Lasten des Stammkapitals gehen darf, sowohl auf das Stammkapital der Obergesellschaft wie, wenn die Untergesellschaft die Rechtsform einer GmbH hat, auch auf deren Stammkapital bezogen wird. Schließlich wird ähnlich dem § 71 Abs. 6 AktG ausdrücklich gesagt, daß aus eigenen Geschäftsanteilen der Gesellschaft keine Rechte zustehen. (433)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter I. Der Erwerb eigener nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile (Abs. 1) 1. Verbot'des Erwerbs
3
Abs. 1 gebraucht den Ausdruck „darf nicht erwerben". Damit ist die Nichtigkeit eines verbotswidrigen Erwerbs zum Ausdruck gebracht (h. M; im einzelnen Rdn. 10). Nach dem Sprachgebrauch des BGB und HGB würde dazu der Ausdruck „kann nicht" gewählt worden sein (vgl. früher § 226 Abs. 2 HGB; Palandt, 35. Aufl., § 134 2a). Aber das GmbHG ist vor dem BGB entstanden und in seiner Ausdrucksweise aus der Zeit seiner Entstehung auszulegen. 4 Nach der Fassung des Gesetzeswortlauts erfaßt das Verbot jeden Erwerb eigener, nicht vollständig eingezahlter Geschäftsanteile. Ob der Erwerb entgeltlich oder unentgeltlich (z. B. Schenkung, Erbfall, Vermächtnis) erfolgt, ist gleichgültig. Das folgt zwingend aus dem Prinzip der Erhaltung des Stammkapitals; denn durch den Erwerb eines nicht voll eingezahlten Anteils seitens der Gesellschaft würde die restliche EinZahlungsverpflichtung durch Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person erlöschen (vgl. BGHZ 15 392). Gleichgültig ist auch, ob der Erwerb für eigene oder fremde Rechnung geschieht. Das Verbot erfaßt ebenso die Annahme an Zahlungs Statt, die freiwillige Veräußerung ebenso wie den Erwerb in einer Versteigerung anläßlich der Zwangsvollstreckung, so daß das Mitbieten der Gesellschaft nicht erlaubt ist und ein etwaiges Gebot nichtig ist. Das gilt auch für die Ersteigerung eines kaduzierten Anteils gemäß §23 (h. M.; RGZ 98 276; Winkler GmbH-Rdsch. 1972 74; vgl. auch § 23 Rdn. 9). § 33 Abs. 1 macht auch den Erwerb eines nicht vollständig eingezahlten Geschäftsanteils in Verfolg einer Ausschließungsklage (Anh. zu § 34 Rdn. 20) unmöglich (Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 131; Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 93; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 5; a. M. Me^ger GmbH-Rdsch. 1963 64 und 106), ebenso die Einziehung gemäß § 34 (§34 Rdn. 37 ff.). Das braucht aber nicht die Möglichkeit zur Ausschließung eines Gesellschafters hinfällig zu machen, sondern erfordert nur eine Variation, die den Erwerb eines nicht voll eingezahlten Geschäftsanteils durch die Gesellschaft vermeidet (dazu Anh. zu § 34 Rdn. 31). 5 Als Erwerb im Sinne des § 33 gelten nicht Pfandbestellung und Pfändung, ebensowenig Nießbrauchsbestellung (Scholz 2). Denn ein derartiger Erwerb von Teilrechten führt nicht zu einer Vernichtung der Resteinzahlungspflicht durch Vereinigung von Schuld und Forderung in einer Person und führt auch nicht zwingend zu einem eigenen Erwerb der Gesellschaft. Das gleiche gilt für einen Verschaffungsvertrag, in dem eine Gesellschaft sich verpflichtet, einem Interessenten den nicht voll eingezahlten Geschäftsanteil eines anderen Gesellschafters zu verschaffen (RGZ 71 403 ; 76 310; vgl. auch Rdn. 14). 6 Über die Geltung des § 33 Abs. 1 im Konzernverband vgl. Anh. II zu § 13 Rdn. 13ff.und § 30 Rdn. 51. Bei der GmbH'& Co KG gilt § 33 Abs. 1 nicht unmittelbar für den Erwerb nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile der Komplementär-GmbH durch die KG. Denn durch einen derartigen Erwerb erlöschen keine EinZahlungsverpflichtungen aufgrund Konfusion; daß die GmbH als Komplementärin der GmbH & Co KG für die Erfüllung ihrer Einlageverpflichtung selbst haftet, ist für die Frage der Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 ohne Bedeutung, zumal eine derartige Haftung sich aus Besitz eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile aufgrund des § 24 auch sonst ergeben kann. Über die Frage, ob § 33 Abs. 1 analog anwendbar ist bei Erwerb eines teileingezahlten Geschäftsanteils an der Komplementär-GmbH durch die KG oder ob eine persönliche Verpflichtung der Kommanditisten entsteht, vgl. Anhang I zu § 13 Rdn. 19; Schilling Festschr. Barz (1974) S. 75; Hessel(434)
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
§33
mann Handbuch der GmbH & Co, 14. Aufl. (1973), S.219; K.Schmidt DB 1973 2227, 2230; Ippen Die GmbH & Co KG als Inhaberin sämtlicher Geschäftsanteile ihrer allein persönlich haftenden GmbH-Komplementärin (1967), S. 75ff.; Fetsch Beilage z. DNotZ 1969 111, 119. Grundsätzlich ist ein solcher Erwerb teileingezahlter Geschäftsanteile möglich. Bedenken bestehen insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, da die Gläubiger mit einem derartigen Erwerb rechnen müssen. Falls es indes zur Einforderung der restlichen Einzahlung kommt, haften die Kommanditisten der GmbH persönlich und gesamtschuldnerisch, soweit die Einlage nicht aus freiem — die Kommanditeinlagen übersteigenden — Vermögen der KG erbracht werden kann (Schilling aaO). 2. Nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile Nicht voll einbe^ahlt ist jeder Geschäftsanteil, auf den noch ein Teil der Einlage ge- 7 schuldet ist. Die Folge des Erwerbes durch die Gesellschaft wäre, daß diese selbst der Schuldner würde. Dann ginge die Einlagepflicht durch Konfusion unter. Das wäre eine verbotene Befreiung des Gesellschafters von der Stammeinlage. Es ist einerlei, wie groß der Rückstand ist und ob er bereits eingefordert ist. Einerlei auch, ob es sich um Sach- oder Geldeinlagen handelt (h. M. Scholz 3; Vogel 3; Baumbach-Hueck 2 B ; Feine S. 414). Wenn die als Sacheinlage zugesagte Liegenschaft nach Eintragung der Gesellschaft zum Handelsregister dieser nicht aufgelassen werden kann, weil inzwischen zugunsten eines Dritten gegen das Eigentum des Einbringers ein Widerspruch eingetragen wurde, so ist die Stammeinlage nicht geleistet. Nicht voll bezahlt ist auch ein Geschäftsanteil, der, ohne daß es im Gesellschaftsvertrag bedungen war, durch eine Sachleistung oder Aufrechnung gedeckt wurde (§19 Abs. 3). Ebenso ein Geschäftsanteil, der durch Aufrechnung gedeckt wurde, wenn nachträglich die Aufrechnung hinfällig wird (vgl. RG DJZ 1915 423). Die Haftung des Gesellschafters auf die Geldleistung besteht weiter. Unerheblich ist auch die Kenntnis oder Unkenntnis von dem Ausstehen eines Teiles der Stammeinlage. Auch wenn Gesellschaft und Veräußerer der Meinung waren, der Geschäftsanteil sei voll bezahlt, ist das Geschäft nichtig (Schol^ 3; Brodmann l b ) . Durch die Teilung eines Geschäftsanteils vor Volleinzahlung (§ 17) entstehen 8 mehrere selbständige Geschäftsanteile. Jeder wird für sich bezahlt. Wenn auf den einen ein Einlagebetrag rückständig ist, kann der andere vollbezahlt sein und dann von der Gesellschaft erworben werden (RG DJZ 1913 867; Schol^ 3; Vogel 3; Brodmann l b ; Baumbach-Hueck 2B). Dies gilt auch für den Teil, der bei dem ursprünglichen Gesellschafter zurückbleibt. War die Stammeinlage schon zur Zeit der Veräußerung des abgetrennten Teils eingefordert, so haftet jener neben dem Erwerber für den auf diesem Teil ruhenden Betrag der Einlage (§ 16 Abs. 3). Auf die Vollzahlung seines restlichen Geschäftsanteils ist dies ohne Einfluß. Ein Geschäftsanteil ist voll bezahlt, sobald die Einlage selbst geleistet ist. Daß 9 andere Leistungen rückständig sind, Zinsen, Vertragstrafen, Agio oder sonstige Zusagen (§ 3 Abs. 2), ist unerheblich (h. M. Baumbach-Hueck 2 B ; Schol^ 3; Vogel3; Brodmann l b ; Feine S. 414). Ebenso ist unerheblich, daß auf dem Geschäftsanteil die Verpflichtung ruht, den Ausfall bei anderen Geschäftsanteilen zu decken. Die Umlagepflicht gemäß §§24 u. 31 Abs. 3 geht dann auf die Gesellschaft über. Die Geltendmachung einer Haftung aus § 24 entfällt jedoch wegen der eintretenden Konfusion, mit der weiteren Folge, daß der auf die GmbH entfallende Anteil am Ausfall nicht auf die übrigen Gesellschafter umgelegt wird; vgl. im einzelnen zu dieser Problematik § 24 Rdn. 19. Dieses Ergebnis folgt insbesondere daraus, daß 435)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
die eigenen Anteile „echte Anteile" sind und nicht bloße Korrekturposten zum Stammkapital bilden, vgl. dazu unten Rdn. 38 und § 24 Rdn. 19. Als voll eingezahlt gelten auch die Geschäftsanteile, die beim Kaduzierungsverfahren von einem Dritten ersteigert wurden (§ 23, vgl. Rdn. 17 hierzu), wenn auch der Erlös den restierenden Betrag nicht deckt. Schon vor der Aufbringung des Ausfalles durch die anderen Gesellschafter kann ein solcher Geschäftsanteil von der Gesellschaft erworben werden. Endlich gilt ein Geschäftsanteil als voll einbezahlt auch dann, wenn nach Volleinzahlung die Stammeinlage dem Verbot des § 30 zuwider zurückgezahlt worden ist (Vogel 3; Scholz 3)- Ein Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Stammeinlage besteht nicht mehr nur der Rückerstattungsanspruch des §,31 gegen den Empfänger oder die übrigen Gesellschafter. 3. Nichtigkeit des Erwerbs 10
Das dem Verbot zuwider erfolgte Rechtsgeschäft ist nichtig (§ 134 BGB; RGZ 71 403; BGHZ 15 393). Dies gilt für den obligatorischen Vertrag wie für das Erfüllungsgeschäft (Feine S. 414; Baumbach-Hueck 2C; Scholz 4 u n d 5; Vogel4); der Veräußerer bleibt Eigentümer des Geschäftsanteils und haftet nach wie vor für die ausstehende Stammeinlage. Der veräußernde Gesellschafter kann nicht auf Abnahme klagen; die weiteren Rechtsfolgen regeln sich nach §§ 812fF. (vgl. unten Rdn. 17). Ob ein Vertrag auf Erwerb eines nicht vollbezahlten Geschäftsanteils durch die Gesellschaft abzielt, ist eine Auslegungsfrage. Vereinbarungen, die auch nur mittelbar zu solchem Erwerb führen können, sind als nichtig anzusehen (OLG Rostock MecklZ 32 64). Der obligatorische Vertrag kann aber unter der Bedingung vorheriger Vollzahlung des Verkäufers geschlossen sein. Dann wird er mit dem Eintritt der Bedingung wirksam (RG LZ 1913 865; RGZ 93 329; Vogel 4; Scholz 2). Ob solch ein bedingter Vertrag gewollt ist, bleibt wiederum Auslegungsfrage. Das wird auch dann angenommen werden können, wenn die Vollzahlung zwar nicht als Bedingung gesetzt wurde, der Veräußerer sich aber verpflichtet, die bereits eingeforderte Stammeinlage selbst zu entrichten, z. B. unter Verwendung des Kaufpreises, der in Höhe der noch nicht geleisteten Resteinzahlung zur Einlage verwendet wird oder durch eine allerdings nur von der Gesellschaft selbst zu erklärende Aufrechnung, wobei davon ausgegangen wird, daß die gegen sie gerichtete Kaufpreisforderung vollwertig ist (Scholz 2; Brodmann lb, die aber zu Unrecht von einem Aufrechnungsvertrag sprechen; Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 3641; Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 170). Allerdings würde eine Zahlung der Gesellschaft selbst aus nach §§ 30 Abs. 1, 33 Abs. 2 freiem Vermögen eine Umgehung darstellen, es sei denn, daß ordnungsgemäß beschlossene Dividendenausschüttungen oder Liquidationsraten zur restlichen Einzahlung verwendet werden (zweifelnd Buchwald aaO., der sich aber zu Unrecht auf RGZ 93 329 beruft). Ob nun die Leistung der Resteinlage durch Verrechnung mit dem Kaufpreis oder durch Zahlung mit eigenen Mitteln des Gesellschafters erfolgt, immer führt dieser Sachverhalt dazu, daß der Gesellschafter seine Einzahlung als Kaufpreis für seinen Geschäftsanteil bekommt oder wieder bekommt. Eine Nichtigkeit wird man aber nur dann annehmen können, wenn dieser Kauf nur ein Scheingeschäft ist und lediglich ein Verzicht auf die Einlage gewollt ist. 12 Nichtig ist auch der Verkaufeines nicht vollbezahlten Geschäftsanteils durch die Gesellschaft. Sie kann ihn nicht erwerben (Scholz 4» Eder Handbuch der GmbH Rdn. 3641). Also ist sie auch nie in der Lage, ihn zu veräußern. Sie kann den Ver(436)
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kauf dieses von ihr als ihr gehörend veräußerten Anteils nicht dadurch aufrechterhalten, daß sie die Zustimmung ihres Vormanns zur Übertragung an ihren Rechtsnachfolger beibringt. Von jenem wollte er nicht kaufen. Dessen Geschäftsanteil wollte er nicht erwerben. Zulässig ist dagegen der Verkauf des nicht vollbezahlten Geschäftsanteils eines 13 Gesellschafters an einen Dritten durch die Gesellschaft (Scholz 2; Vogel 4; Baumbach-Hueck 2A). Sie kann sich auch verpflichten, dem Dritten diesen Geschäftsanteil zu verschaffen. Nur sie selbst darf ihn nicht erwerben (RGZ 71 403 ; 76 310). Ein kommissionsweiser Verkauf liegt hier nicht vor. Die Lieferung des Kaufgegenstandes kann nur unmittelbar durch den veräußernden Gesellschafter erfolgen, d. h. dieser muß den Geschäftsanteil an den Erwerber abtreten. Wenn ein Dritter einen nicht voll eingezahlten Geschäftsanteil im eigenen 14 Namen, aber für Rechnung der GmbH erwirbt, so wird die interne Vereinbarung zwischen dem Dritten und der Gesellschaft über den Erwerb für deren Rechnung von der Nichtigkeit des § 33 Abs. 1 betroffen, während der Erwerbsvorgang zwischen dem bisherigen Gesellschafter und dem Dritten in der Regel rechtswirksam bleiben wird (Winkler GmbH-Rdsch. 1972 73). 4. Folgen der Nichtigkeit Die Nichtigkeit wird nicht durch die Erfüllung geheilt (RGZ 71 304). Auch nicht dadurch, daß nachträglich die Stammeinlage voll eingezahlt wird (OLG Karlsruhe BadRspr. 1912 63; Brodmann l b ; Scholz*', Vogel4). Die Nichtigkeit aus § 33 Abs. 1 kann von beiden Teilen geltend gemacht werden. Gleichgültig ist es, ob sich der Erwerb als selbständiges Geschäft oder als Bestandteil eines anderen Geschäfts darstellt. Welchen Einfluß jene Nichtigkeit auf das ganze Geschäft hat, hängt von der Bedeutung des Erwerbs im Rahmen des Ganzen ab (§ 139 BGB; vgl. Scholz 4). Für die Rückforderung des Geleisteten ist zu unterscheiden, ob die Zahlung des Kaufpreises aus dem nach § 30 Abs. 1 gebundenen Vermögen erfolgt oder nicht. Wurde aus gebundenem Vermögen bezahlt, so greift § 31 ein (Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung S. 447/48; a. M. Voraufl. Anm. 7 unter Verweisung auf die Rückforderung nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung; Scholz 5; Vogel4; Baumbach-Hueck 2C; indes können der Anspruch aus § 31 und ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung durchaus zusammentreffen, was im Hinblick auf die unterschiedliche Verjährung erhebliche praktische Konsequenzen haben kann, vgl. RGZ 168 292,301). Man wird nicht sagen können, daß die Zahlung des Kaufpreises an den Gesellschafter keine gesellschaftsrechtliche, sondern eine individualrechtliche Zahlung war; denn sie erfolgte an den Gesellschafter deshalb, weil man von ihm als Gesellschafter einen nicht voll eingezahlten Geschäftsanteil erworben hat, so daß der Erwerb notwendig mit der Gesellschafterstellung zusammenhing. Im übrigen ergibt sich für Aktiengesellschaften aus § 57 Abs. 1 S. 2 AktG, daß die Zahlung des Erwerbspreises beim unzulässigen Erwerb eigener Aktien eine Rückgewähr darstellt. Es ist nicht einzusehen, warum diese aktienrechtliche Regelung nicht auch für die GmbH Geltung haben sollte. Wurde dagegen der Kaufpreis aus nicht gebundenem Vermögen bezahlt, so liegt kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 vor, greift deshalb § 31 nicht ein und gelten die Bereicherungsvorschriften des BGB. Ob sich aus einem nach § 33 Abs. 1 verbotenen Geschäft eine Ersatzpflicht der Geschäftsführer ergibt, regelt § 43 (Scholz 5)(437)
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Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 ist zwingenden Rechtes (Baumbach-Hueck 2C; Vogel 5; Scholz 4). Sie kann im Gesellschaftsvertrag nicht beseitigt oder abgeschwächt werden. Dagegen kann der Gesellschaftsvertrag den Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH an weitergehende Beschränkungen knüpfen oder gänzlich ausschließen {Vogel 5; Schol^ 4). Die Veräußerlichkeit und Vererblichkeit eines Geschäftsanteils kann beseitigt werden (vgl. Erl. zu § 15). Daher muß es auch zulässig sein, seine Übertragung auf die Gesellschaft zu verbieten. 20 Das Verbot der Übertragung umfaßt nicht die Kaduzierung des § 21; sie führt nicht zu einem Erwerb des Anteils durch die Gesellschaft (vgl. unten Rdn. 61). Auch nicht den Anfall des voll eingezahlten Anteils an die Gesellschaft gemäß § 27 Abs. 3. Beides sind gesetzliche Rechtsfolgen, die durch den Gesellschaftsvertrag nicht beseitigt werden können (ebenso Schol^ 4; Vogel 5; Becker GmbH-Rdsch. 1925 37). 21 Der absolut zwingende Charakter des ' : ; Abs. 1 läßt auch keine Ausnahme zu, wenn z. B. ein Erwerb notwendig wäre — um einen schweren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. In derartigen Fällen ist die Gesellschaft auf die Hilfe ihrer Gesellschafter oder Geschäftsfreunde angewiesen, ohne diesen aber eine interne Deckung geben zu können, wonach der Erwerb intern auf ihre Rechnung ginge (Rdn. 14). Auch die Satzung kann derartige Ausnahmen vom Erwerbsverbot des Abs. 1 nicht vorsehen.
II. Der Erwerb eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile 22
Erwerb ausglicht gebundenem Vermögen Der Erwerb vollständig eingezahlter Geschäftsanteile, der aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschieht, ist ohne Beschränkung zulässig. Es gilt hier — abgesehen vom Erwerb sämtlicher eigenen Anteile (Rdn. 57 ff.) — keine zahlenmäßige Beschränkung, wie sie § 71 Abs. 1 S. 2 AktG in Höhe von 10% des Grundkapitals enthält; es gibt auch keine Begrenzung auf bestimmte Erwerbszwecke, wie sie § 71 Abs. 1 S. 1 AktG zuläßt. Es ist allerdings möglich, daß die Geschäftsführer durch einen Erwerb Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder ihres Anstellungsvertrags verletzen und sich damit schadensersatzpflichtig machen. Die Gültigkeit des schuldrechtlichen und dinglichen Erwerbsgeschäfts wird davon aber in keiner Weise betroffen. Allerdings kann die Satzung den Erwerb eigener Anteile an Beschränkungen knüpfen und auch ganz 23 ausschließen (Rdn. 19). Fraglich ist sogar, ob sich nicht aus der Natur der Sache stets das Erfordernis ergibt, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen, und zwar wegen des Eingriffs in den internen Lebensbereich der Gesellschaft, z. B. durch Änderung der Mehrheitsverhältnisse sowie wegen Bevorzugung des veräußernden Gesellschafters, der vor den übrigen Gesellschaftern aus dem gesellschaftlichen Risiko entlassen wird (so Winkler GmbH-Rdsch. 1972 78; ähnl. Lutter Probleme der GmbHReform S. 79/80). Mag dem Geschäftsführer zur eigenen Rückdeckung auch anzuempfehlen sein, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen, so geht doch die Annahme eines gesetzlichen Erfordernisses der Zustimmung der 24 Gesellschafterversammlung zum Erwerb eigener Anteile zu weit. Wenn die Satzung den Erwerb eigener Geschäftsanteile von der Zustimmung der Gesellschafterversammlung abhängig macht, hat das Zustimmungserfordernis (438)
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Außenwirkung, wenn eine Ausgestaltung im Sinne des § 15 Abs. 4 — Beschränkung der Abtretbarkeit — infrage steht; anders ist es, wenn das Zustimmungserfordernis etwa im Katalog der Maßnahmen aufgeführt ist, zu denen der Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, wodurch nicht in die unbeschränkte Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers nach außen eingegriffen werden kann. Der Begriff des über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen 25 Vermögens ist der gleiche wie der des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens (vgl. Erl. zu § 30). Auch hier ist der buch- und bilanzmäßige Ansatz der Aktiva abzüglich echter Schulden und Rückstellungen maßgebend, so daß stille Rücklagen nicht zum Erwerb eigener Anteile verwendet werden können. Fraglich ist, welcher Zeitpunkt maßgebend ist. Für § 30 Abs. 1, der auf Auszahlungen abstellt, ist diese Frage eindeutig aus dem Gesetz heraus für den Zeitpunkt der Zahlung zu beantworten. In § 33 Abs. 2 wird auf den Erwerb abgestellt; das kann der Zeitpunkt des obligatorischen oder dinglichen Vertragsschlusses sein, kann aber auch den Vorgang der Zahlung des Erwerbspreises bedeuten. Aus der Tatsache heraus, daß § 33 Abs. 2 eine Sollvorschrift ist, und die einzige Rechtsfolge eines Verstoßes eine etwaige Schadensersatzpflicht des handelnden Geschäftsführers ist, kann man wohl nur auf den Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Geschäfts abstellen, weil das der letzte Zeitpunkt ist, in dem die Geschäftsführer in ihrer Entscheidung noch frei sind, während sie in der Folgezeit den wirksam abgeschlossenen Vertrag, ob sie wollen oder nicht, erfüllen müssen. 2 Erwerb aus gebundenem Vermögen Für den Fall, daß der Erwerb nicht oder nicht voll aus dem über den Betrag 26 des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann, soll die Gesellschaft eigene voll eingezahlte Geschäftsanteile nicht erwerben. Der gleichwohl erfolgte Erwerb ist aber sowohl schuldrechtlich wie dinglich vollrechtswirksam (allgem. Meinung; vgl. RG Holdh. 22 248; RG WarnR 16 Nr. 131; Winkler GmbHRdsch. 1972 77) und kann demnach nur eine Schadenersatzpflicht der Geschäftsführer zur Folge haben (allgem. Meinung; vgl. RGZ 80 148; RG JW 1928 1563), muß dies aber nicht immer und in allen Fällen (Rdn. 32). In Kollusionsfällen, in denen der Geschäftsführer und der Gesellschafter bewußt ein Geschäft schließen, von dem sie wissen, daß es gegen § 33 Abs. 2 verstößt, kann allerdings ein Erfüllungsverweigerungsrecht bestehen (Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 170; Winkler aaO.). Daß ein Verstoß gegen die Sollvorschrift des § 33 Abs. 2 den Erwerb eines voll 27 eingezahlten Geschäftsanteils im Wege der Ausschlußklage unzulässig macht (so Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 131; a. M. Hart mann GmbH-Rdsch. 1962 9), ist nicht anzunehmen, da nicht einzusehen ist, daß in einem derartigen Fall strengere Voraussetzungen für den Erwerb eines Geschäftsanteils gelten sollten. Wegen des etwaigen satzungsmäßigen Erfordernisses der Zustimmung der Gesellschafterversammlung vgl. Rdn. 22 ff. Im Konzernverbund gilt § 33 Abs. 2 auch für die abhängige Gesellschaft, und 28 zwar derart, daß es für die Bindung des Vermögens sowohl auf die Untergesellschaft wie auf die Obergesellschaft ankommt (vgl. im einzelnen Anh. II zu § 13 Rdn. 14). Auch auf wechselseitig beteiligte Unternehmen wird man § 33 Abs. 2 anzuwenden haben (Emmerich Festschrift für Westermann (1974) S. 57ff.; Lütter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung S. 462ff.), und zwar um so mehr je höher der Prozentsatz der gegenseitigen Beteiligung und damit die (439)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
in dem Erwerb eines Geschäftsanteils durch die Gesellschaft liegende Kapitalrückgewähr ist; daß aber hier aus Zweckmäßigkeitsgründen die in §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 und 328 AktG genannte Beteiligung von 25% als Grenze anzunehmen ist, liegt nahe. 3. Verhältnis zu § 30 GmbHG 29
RGZ 80 148,151 hat die Frage des Verhältnisses von § 33 Abs. 2 30 aufgeworfen und unter Berufung auf den Kommentar von Förtsch § 33 Anm. 4 einerseits die Anwendung des § 30 in allen Fällen des § 33 Abs. 2 und unter Berufung auf die erste Aufl. dieses Kommentars andererseits die Geltung des § 33 Abs. 2 als Ausnahme von §§ 30, 31 dahingestellt sein lassen. Nachdem § 33 Abs. 2 vom dem Grundsatz ausgeht, daß der voll eingezahlte eigene Anteil im Vermögen der Gesellschaft den gleichen Wert darstellt wie im Vermögen eines Dritten — anders § 130 Abs. 3 RefE des GmbHG, der den Ansatz eines Aktivpostens für eigene Geschäftsanteile verbieten wollte —, kann der Erwerb eines eigenen voll eingezahlten Geschäftsanteils grundsätzlich keinen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 darstellen; denn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der GmbH bleibt durch den Erwerb des Geschäftsanteils unverändert, da an die Stelle des Kaufpreises der GmbH-Anteil tritt und deshalb Vermögen nicht ausgezahlt wird {Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 3651; Winkler GmbH-Rdsch. 1972 76). Die für die gleiche Auffassung von RGZ 68 312, Vorauf!. Anm. 10 und Scholz 6 angeführte Begründung, der Veräußerer stehe hier der Gesellschaft als verkaufender Dritter und nicht als Gesellschafter gegenüber, ist allerdings nicht zutreffend, da man einen Geschäftsanteil nur von einem Gesellschafter erwerben kann {Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 171). Jedenfalls ist aber § 33 Abs. 2 keine Sondervorschrift gegenüber § 30 Abs. 1 (so Hösel DNotZ 1958 5; Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung S. 449 Fn. 90; Treeck Der Austritt aus der Doppelgesellschaft S. 57), sondern § 33 Abs. 2 trifft einen grundsätzlich anders geregelten Tatbestand als § 30 Abs. 1 (Feine S. 415; Buchwald aaO.; Winkler aaO.). 30 § 30 Abs. 1 kann bei Erwerb eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile nur dann eingreifen, wenn für den Anteil ein Preis bezahlt wird, der unter Zugrundelegung eines ordnungsgemäßen kaufmännischen Ermessens den Wert des Geschäftsanteils im Zeitpunkt des Erwerbs übersteigt (RG WarnR 1923/1924 Nr. 131; RG JW 1928 1564; Scholz 6; Baumbach-Hueck 3A; Winkler GmbH-Rdsch. 1972 77). Denn dann kann der erworbene Geschäftsanteil nicht mit dem Erwerbspreis in der Bilanz aktiviert werden, wodurch ersichtlich wird, daß die Zahlung des Gegenwerts, soweit er über den Wert des Anteils hinausgeht, das Vermögen der Gesellschaft schmälert; sofern diese Schmälerung das Stammkapital der Gesellschaft ganz oder teilweise trifft, tritt Nichtigkeit des Erwerbs gemäß § 30 Abs. 1 in vollem Umfange ein (Hachenburg Festschrift Georg Cohn (1915), S. 87; Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 365 I). Die Rückforderung unterliegt in diesem Falle der Regelung des § 31. 31 Verpflichtet sich eine GmbH, sei es in ihrem Gesellschaftsvertrag, sei es in einem gesonderten Abkommen, einen voll eingezahlten Geschäftsanteil eines Gesellschafters ohne Rücksicht auf dessen Wert zu einem festbestimmten Preis abzunehmen, so ist auch die Übernahmeverpflichtung stets von Anfang an nichtig, selbst wenn mit ihr nicht bewußt ein Verstoß gegen § 30 beabsichtigt war (vgl. § 30 Rdn. 8 im Gegensatz zur Vorauf!. 10 a zu § 33 und 1 c zu § 30). Ein solcher Vertrag braucht auch dann nicht erfüllt zu werden, wenn durch die Entwicklung der Verhältnisse der festbestimmte Preis über den im Rahmen eines vernünftigen kaufmännischen (440)
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Ermessens auszuhandelnden Wert des Anteils nicht hinausgeht und ohne Belastung des das Stammkapital deckenden Vermögens bezahlt werden kann (Hachenburg Festschrift Georg Cohn (1915) S. 87). 4. Ersatzpflicht des Geschäftsführers Die als Sanktion eines Verstoßes gegen § 33 Abs. 2 eintretende Schadens- 32 ersatzpflicht des Geschäftsführers ist keine unbedingte. § 71 AktG macht für die gegenüber dem GmbH-Recht wesentlich strengere Vorschrift des Erwerbs eigener Aktien eine Ausnahme bis zur Höhe von 10% des Grundkapitals, wenn der Erwerb notwendig ist, um einen schweren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Diese Regelung wird — allerdings ohne die zahlenmäßige Grenze — auf das GmbH-Recht insoweit übertragbar sein, als sie einen Schuldausschließungsgrund für die Ersatzpflicht des Geschäftsführers sein kann, allerdings nicht in allen Fällen sein muß (BGHSt. 9 201, 214; Baumbach-Hueck Anm. 3A; Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 365 I; Treeck Der Austritt aus der Doppelgesellschaft S. 57). Ein solcher Entschuldigungsgrund wird z. B. vorliegen, wenn die Voraussetzungen einer Ausschlußklage gegeben waren, weil dann der Erwerb ja nur das Ergebnis eines Ausschlußurteils vorweg nimmt (vgl. Rdn. 27). Liegen derartige Entschuldigungsgründe nicht vor und entsteht der Gesellschaft durch den Erwerb eines Anteils ein Schaden, so haftet der Geschäftsführer. Daß er das Beste für die Gesellschaft im Auge hatte, ja auch wenn er annehmen durfte, daß dies zuträfe, entschuldigt ihn nicht. Wesentlich für seine Haftung ist sein Wissen oder Wissenmüssen, daß der 33 Erwerb, wenn auch teilweise, nur aus Mitteln des Stammkapitals möglich ist. Er ist durch die entschuldbare Annahme, es handele sich um Zahlung aus nicht gebundenem Vermögen, entlastet. Die Annahme darf aber nicht auf Fahrlässigkeit beruhen, so daß sich der Geschäftsführer vor jedem Erwerb von der Höhe des buch- und bilanzmäßigen Vermögens (Rdn. 25) überzeugen muß. Wenn dazu auch nicht in jedem Fall eine Bilanz erstellt werden muß, so muß die Prüfung doch unter Einsetzung der dem Geschäftsführer zur Verfügung stehenden Mittel erfolgen. Die rein gefühlsmäßige Erwartung, daß er den Kaufpreis aus freiem Vermögen decke, genügt nicht. Handelt der Geschäftsführer bei dem Erwerb der voll eingezahlten Geschäftsanteile auf Weisung der Gesellschafterversammlung, oder hat er, sei es aufgrund besonderer Satzungsbestimmungen, sei es aus Vorsicht, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung %um Erwerb eingeholt, und war der Gesellschafterversammlung die Tatsache bekannt, daß die Anteile mindestens zum Teil aus gebundenem Vermögen bezahlt wurden, so entfällt die Haftung den Gesellschaftern gegenüber und besteht sie nur insoweit, als der Ersatz zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist (§ 43 Abs. 3 S. 3). 5. Haftung des veräußernden Gesellschafters? Der Veräußerer haftet grundsätzlich nicht, weil § 33 Abs. 2 eine Vorschrift ist, 34 die sich nicht an den Gesellschafter, sondern an die Gesellschaft und damit an den Geschäftsführer wendet. Der Veräußerer kann nur dann haften, wenn er an einer unerlaubten Handlung teilnimmt, so wenn auf Seiten des Geschäftsführers eine absichtliche Benachteiligung der Gesellschaft und auf Seiten des Veräußerers der Tatbestand der bewußten Teilnahme vorliegt (§§ 826, 830, 840 BGB). Eine Haftung des Veräußerers kann sich aber auch ergeben, wenn gegen § 30 Abs. 1 verstoßen, also ein bewußt überhöhter Kaufpreis gezahlt wird (Rdn. 30). Dann regelt sich die Haf(441)
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tung nach § 31 und die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Veräußerers als Empfängers einer gegen § 30 verstoßenden Leistung ist nur im Rahmen des § 31 Abs. 2 erheblich (vgl. § 31 Rdn. 14). 6. Form des Erwerbs. Sonstiges 35
Für die Form des Erwerbs eigener voll eingezahlter Geschäftsanteile durch die GmbH gelten keine Besonderheiten. Sie regelt sich nach § 15. Soweit nach der Satzung gemäß § 15 Abs. 5 eine Genehmigung der Gesellschaft erforderlich und diese Genehmigung durch die Geschäftsführer zu erteilen ist, liegt sie im Erwerbsvorgang selbst. Darüber, ob nicht überhaupt die Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei Erwerb eigener Anteile erforderlich ist, vgl. Rdn. 23. Einer Anmeldung nach § 16 bedarf es nicht. 36 Die in den GmbH-Satzungen häufig vorgesehenen Regelungen über Vor- und Ankaufsrechte auf Geschäftsanteile zugunsten der Gesellschaft (vgl. Erl. zu § 15 und Anh. II zu § 15) fallen in der rechtlichen Beurteilung ihrer Zulässigkeit auch unter § 33. Während die Vor- und Ankaufsrechte nicht eingreifen können, solange die Geschäftsanteile noch nicht voll eingezahlt sind, wird bei voll eingezahlten Geschäftsanteilen die Ausübung des Vor- oder Ankaufsrechts nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Zahlung des Kaufpreises ganz oder teilweise aus gebundenem Vermögen erfolgen muß. Denn auch gegenüber satzungsmäßig begründeten Rechten hat § 33 Abs. 2 keinen höheren Rang und weitergehende Verbotswirkung als bei einem kaufvertraglichen Erwerb (vgl. Rdn. 27 für den Erwerb aufgrund einer drohenden Ausschlußklage). Die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers bleibt aber auch in derartigen Fällen. Deshalb ist es in den Satzungen durchaus üblich, Vor- und Ankaufsrechte den Gesellschaftern subsidiär hinter der Gesellschaft (oder umgekehrt) zu geben oder der Gesellschaft die Befugnis zuzusprechen, den dem Voroder Ankaufsrecht unterliegenden Geschäftsanteil durch einen von ihr zu benennenden Dritten erwerben zu lassen. Eine derartige Bennung fällt nicht unter § 33, und zwar weder unter Abs. 1 noch unter Abs. 2. 37 Die Inpfandnahme durch die sowie die Nießbrauchsbestellung zugunsten der Gesellschaft fällt nicht unter das Erwerbsverbot des § 33 Abs. 2. Die Begründung eines Pfandrechts sowie eines Nutzungsrechts zugunsten der Gesellschaft selbst tangiert die Erhaltung des Stammkapitals nicht, deren Schutz § 33 dient. Infolgedessen kann die Gesellschaft den Geschäftsanteil eines Gesellschafters, der ihr Schuldner ist, auch ohne jede Beschränkung pfänden und versteigern lassen. § 33 greift erst ein, wenn die Gesellschaft selbst den Anteil ersteigern will. IQ. Rechtliche Behandlung eigener Anteile 38
Der der Gesellschaft selbst gehörende eigene Anteil, der wegen der Bestimmung des Abs. 1 stets nur ein voll eingezahlter sein kann, geht durch den Erwerb nicht unter, obwohl gewissermaßen Berechtigter und Verpflichteter jetzt eine Person sind; er behält seine Selbständigkeit und Veräußerlichkeit. Die Eigenanteile sind deshalb grundsätzlich echte Anteile. Sie verkörpern mehr als eine bloße Chance, sie sind auch mehr als ein „rechtstechnisches Vehikel für den Beitritt neuer Gesellschafter" (so Loos DB 1964 310), mehr als „ein Positionsrecht", mehr als eine „Leerstelle im Kapitalgefüge" und auch nicht mit der Eigentümergrundschuld vergleichbar (so aber Skibbe GmbH-Rdsch. 1971 62ff.; wie hier BFH 107 390, 393). Das Erlöschen (442)
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
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durch Konfusion gilt zwar zwingend für mit dem Geschäftsanteil zusammenhängende Forderungen und Verbindlichkeiten, nicht aber für das Beteiligungsrecht selbst (Rein. 1). Der eigene Anteil bildet ein echtes Aktivum der Gesellschaft, anders als der kaduzierte (§ 23) und der eingezogene (§ 34) Anteil. Der Anteil gehört deshalb in die Bilanz der Gesellschaft und kann jederzeit weiter veräußert werden. Für die Dauer seiner Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen ergeben sich aber, auch wenn das GmbHG im Gegensatz zum AktG (vgl. z. B. dessen §§71 Abs. 5^136 Abs. 2) schweigt, aus der Natur der Sache Besonderheiten. 1. Dividendenbezugsrecht Soweit beim Erwerb Dividendenansprüche bereits begründet und damit 39 selbständige Forderungen waren, verbleiben sie je nach der vertraglichen Vereinbarung entweder beim Erwerber und können dann unbeschränkt geltend gemacht werden oder sie fallen der Gesellschaft zu, wo sie durch Vereinbarung der Forderung mit der Verbindlichkeit in einer Person notwendig erlöschen. Soweit Dividendenansprüche erst während der Dauer der Besitzzeit der 40 Gesellschaft entstehen, sind die Meinungen geteilt. Voraufl. Anm. 15; Brodmann 2c; Feine S. 419; Grothus GmbH-Rdsch. 1958 19 sind der Auffassung, daß der Gesellschaft auch auf eigene Anteile die Dividende anfällt und als Ertrag des Jahres der Dividendenzahlung den Gesellschaftern im nächsten Jahr durch erhöhten Jahresüberschuß zugute kommt. Liebmann-Saenger 1; Schoh^Yl und Vogel 1 bejahen zwar die Entstehung des Gewinnanspruchs aus dem eigenen Geschäftsanteil, so daß dieser Anspruch bei der rechnerischen Verteilung des Gewinns mit zu berücksichtigen sei, wollen aber den auf den eigenen Anteil entfallenden Gewinn bei der Ausschüttung sofort und nicht erst bei der Gewinnausschüttung des nächsten Jahres den übrigen Gesellschaftern zufließen lassen. Becker LZ 1925 840; Baumbach-Hueck 3B; ScholzFischer 4; Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 3671; Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 172; Hösel DNotZ 1958 8 und Winkler GmbH-Rdsch. 1972 78 betrachten das Gewinnbezugsrecht ähnlich der Regelung des § 71 Abs. 6 AktG als ruhend und verteilen den Jahresgewinn so, als ob die eigenen Geschäftsanteile nicht gewinnbezugsberechtigt wären. Der letzteren Auffassung ist als der systematisch klarsten und wirtschaftlich 41 vernünftigsten zuzustimmen. Wenn Forderung und Schuld durch Vereinigung in einer Person erlöschen, so können sie auch nicht erst in einer Person entstehen. Und warum der auf die eigenen Anteile rechnerisch entfallende Gewinn gar erst noch in den Gewinn des Jahres des Dividendenbeschlusses einfließen und im nächsten Jahr verteilt werden soll, ist nicht einzusehen (vgl. auch § 29 Rdn. 8). Schwierigkeiten hat hier der Fall gemacht, daß der eigene Geschäftsanteil mit einem Gewinnvorzug ausgestattet ist; hier kann, wenn der Gesamtheit der Vorzugsanteile ein zahlenmäßig bestimmter Gewinnbetrag zusteht, sich ausschließlich für die übrigen Vorzugsanteile ein höherer Gewinnbetrag ergeben und, wenn die Bevorzugung prozentual den einzelnen Vorzugsanteilen zusteht, für die nicht bevorzugten Anteile ein höherer Gewinnbetrag entstehen. Die Möglichkeit derartiger Verschiebungen in der Gewinnausschüttung muß hingenommen werden {Hösel DNotZ 1958 8 FN 12) und ergibt sich im übrigen ja auch bei Einziehung und Kaduzierung; sie zeigt, daß der Erwerb eigener Anteile — auch wenn sie oben als echte Anteile qualifiziert wurden — in Wirklichkeit Kapitalrückzahlung ist und findet einen gewissen Ausgleich darin, daß der Gesellschaft der für den Geschäftsanteil aufgewandte Betrag als „gewinnbringendes Eigenkapital" fehlt. (443)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter 2. Sonstige Vermögensrechte
42
Das zu Rdn. 39ff.Ausgeführte gilt auch für Ansprüche auf Rückzahlung von Nachschüssen und für den Anspruch auf Liquidationserlös. Gerade im letzteren Fall erweist sich, daß die in der Vorauf!. Anm. 15 vertretene Auffassung unhaltbar ist; denn bei jeder Liquidationsquotenausschüttung müßte der eigene Anteil der Gesellschaft mit berücksichtigt werden, so daß auch nach der „letzten Quotenausschüttung" immer noch Vermögen der Gesellschaft in Form ihrer Beteiligung an der letzten Quote vorhanden wäre, das in einer unendlichen Kette weiterer Ausschüttungen an die übrigen Gesellschafter mit Verzögerung ausgeschüttet werden müßte. Auch für den Fall der Rückzahlung von Nachschüssen gibt die hier vertretene Meinung ein richtigeres Ergebnis. Würde man hier den Anspruch auf Rückzahlung den übrigen Gesellschaftern zufließen lassen, so könnte ihnen mehr an Rückzahlung zufließen, als sie nachgeschossen haben. Die Gesellschaft aber hat im Erwerbspreis für den eigenen Anteil den möglichen RückZahlungsanspruch mitbezahlt, so daß er auch ihrem Vermögen verbleiben muß (a. M. Schobj 13). 43 Auch ein Bezugsrecht auf im Wege einer echten Kapitalerhöhung neu zu schaffende Anteile — soweit ein derartiges Recht z. B. satzungsmäßig geschaffen ist oder sich aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergibt — muß für die Gesellschaft ruhen (Schol^ 17; Baumbach-Hueck 3B), und zwar schon deshalb, weil sie sich an der eigenen Kapitalerhöhung nicht beteiligen kann (BGHZ 15 391 und unten Rdn. 56). Fraglich ist, ob das Bezugsrecht, sofern es abtretbar ist, durch Übertragung an einen Dritten verwertet werden kann (so Uebmann-Saenger 6; Scholz 17; Scholz-Fischer 4; Feine S. 419; Baumbach-Hueck 3B; Hösel DNotZ 1958 10; anders wird diese Frage allgemein im Aktienrecht entschieden vgl. Lutter Kölner Komm. AktG §71 Anm. 92; Barz Großkomm. AktG §71 Rdn. 42). Jedoch kann ein Bezugsrecht ebensowenig wie ein Dividendenanspruch für die Gesellschaft entstehen; das Bezugsrecht würde sich als Anspruch gegen die Gesellschaft verwirklichen, die gleichzeitig Schuldner wäre. Entsteht der Anspruch aber nicht, so kann er auch nicht abgetreten werden. Vielmehr entsteht das Bezugsrecht der übrigen Gesellschafter entsprechend höher. Dieses Ergebnis scheint auch aus Sinn und Zweck des Bezugsrechts heraus zweckmäßiger und sinnvoller (a. A. ausführlich Voraufl. und Goerdeler BB 1953 1026) Für den Fall der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln bestimmt § 12 Abs. 1 des Gesetzes vom 23. 12. 1959 die Beteiligung eigener Anteile an der Erhöhung des Nennkapitals; hieraus können aber keine Rückschlüsse für die Entstehung eines Bezugsrechts bei einer echten Kapitalerhöhung gezogen werden, weil diese Regelung mit der Eigenart der Kapitalberichtigung und dem Splitting der vorhandenen Beteiligung zusammenhängt. 3. Vermögensrechtliche Verpflichtungen 44
Verpflichtungen aus den Geschäftsanteilen kann die Gesellschaft nicht erfüllen. Sie erlöschen notwendigerweise durch Konfusion (dies ist, wie oben in Rdn. 7 gesagt, der gesetzgeberische Grund für § 33 Abs. 1; wie hier Baumbach-Hueck 3B; Schol^ ; Vogel 7; Feine S. 421). Das gilt auch von solchen, die beim Erwerb rückständig waren. So die Nachschußpflicht. Der Veräußerer haftet für die Verpflichtung trotz des Übergangs auf die Gesellschaft (§16 Abs. 3; so auch Baumbach-Hueck 3B; Vogel 7; Feine S. 423; Scholz 14; Hösel DNotZ 1958 9). Bei Verpflichtungen, die für alle Geschäftsanteile nach Verhältnis zu verteilen sind, zählt auch die Gesellschaft (444)
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
§33
selbst mit. Auch diese ihre Schuld erlischt durch Vermischung, und eine weitere Umlage auf die anderen Gesellschafter findet — außer in den Fällen der §§ 24 und 31 Abs. 3 — nicht statt. Dadurch wird die Volleinziehung des Stammkapitals nicht in Frage gestellt. Das Gesetz hat als Voraussetzung für den Erwerb eigener Geschäftsanteile deren Volleinzahlung vorgesehen. Es ging dabei davon aus, daß ohne das Verbot des § 33 Abs. 1 die Einlageschuld auf einen Geschäftsanteil bei dem Erwerb seitens der Gesellschaft durch Konfusion untergehen würde. Das sollte ausgeschlossen sein (BGHZ 15 391 f.). Ein Untergang der Einlageschuld findet nicht statt. Der Übergang eines nicht voll bezahlten Anteils ist nichtig. Nicht aber ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des Erwerb eigener Geschäftsanteile, daß auch sonstige Verbindlichkeiten aus ihnen nicht bestehen (vgl. oben Rdn. 9). 4. Stimm- und sonstige Verwaltungsrechte Unter den Verwaltungsrechten kommt in erster Linie das Stimmrecht in Frage. 45 Nach heutiger fast ganz allgemeiner Auffassung ruht es bei eigenen Anteilen (RGZ 103 64; sämtliche Kommentare und Feine S. 420; außerdem Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 173; Hösel DNotZ 1958 9; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht S. 142; Winkler GmbH-Rdsch. 1972 79; a. M. heute wohl nur noch Unger Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, S. 48 und Grothus GmbH-Rdsch. 1958 19). Der Grund für das Ruhen liegt außer in der Parallele zu § 136 Abs. 2 AktG darin, daß andernfalls die Geschäftsführung, die die Stimmrechte ja auszuüben hätte, einen Machtzuwachs erführe, die Stimmausübung ihr einen Einfluß auf die Gesellschafterversammlung gewähren und ihr die Teilnahme an der eigenen Willensbildung ermöglichen würde. Das hat zur Folge, daß, wenn neben der Gesellschaft nur noch ein Gesellschafter Geschäftsanteile besitzt, eine EinmannGesellschaft vorliegt; denn nur der einzig verbliebene Gesellschafter übt das Stimmrecht aus, das der Gesellschaft ruht. Die hier vertretene Auffassung entspricht auch der Behandlung des Stimmrechts im Stadium der Kaduzierung. Der Stimmrechtsausschluß gilt auch für Anteile, die sich im Besitz eines abhängigen Unternehmens befinden (§ 13 Anh. II Rdn. 19). Wie die vom Stimmrecht ausgeschlossenen Anteile bei der Auszählung der 46 abgegebenen Stimmen zu behandeln sind, vgl. Erl. zu § 47. Was für das Ruhen der Stimmrechte gilt, gilt auch für sonstige Mitwirkungsrechte des Gesellschafters bei der Verwaltung der Gesellschaft. So kann die GmbH aus einem ihr gehörenden Geschäftsanteil keine Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluß erheben, sie kann keine Minderheitsrechte aus § 50 geltend machen und dgl. mehr. 5. Befugnis zur Weiterveräußerung Die Gesellschaft kann jederzeit, soweit nicht satzungsmäßig Verbote oder 47 Einschränkungen bestehen, den eigenen Geschäftsanteil veräußern. Vom Erwerber können dann alle Vermögens- und Verwaltungsrechte, auch soweit sie in der Person der Gesellschaft selbst geruht haben oder nicht entstanden sind, ohne jede Einschränkung geltend gemacht werden, soweit sie nach dem Erwerb %ur Entstehung gelangen, nicht aber die, deren Entstehungszeitpunkt in die Besitzzeit der Gesellschaft fallen. Sie sind nicht entstanden oder durch Konfusion erloschen. Dabei kommt es für den Dividendenanspruch auf den Zeitpunkt des Dividendenheschlusses und nicht etwa auf das Ende des Jahres an, für das die Dividende zur Auszahlung gelangt. (445)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
48
Ebenso durch Konfusion untergegangen sind Rechte und Verpflichtungen aus der Zeit vor dem Erwerb durch die Gesellschaft; sie können nicht wieder aufleben und können deshalb auch nicht auf den Rechtsnachfolger übergehen ('Schol£ 15; Vogel 1). Das gilt auch insoweit, als eine Mithaft von Rechtsvorgängern, z. B. nach § 31 Abs. 3, bestanden hat. Denn diese Mithaft ist infolge des Erwerbs der Gesellschaft ebenfalls erloschen und bleibt für alle Zeit erloschen. Der Erwerber kann also nur für Pflichten in Anspruch genommen werden, die nach seinem Erwerb entstanden sind {Brodmann 2; Schol\ 15; a. M. Liebmann-Saenger 6). Nur bei kaduzierten Anteilen gehen die während der Verfügungszeit der Gesellschaft entstandenen Gewinnansprüche nicht unter, weil die Gesellschaft nicht Inhaberin des Geschäftsanteils ist. Sie können deshalb auf den Erwerber übertragen werden (Erl. zu § 21). 49 Für die Form der Übertragung gilt § 15; soweit die Satzung eine von den Geschäftsführern zu erteilende Genehmigung zur Veräußerung vorsieht, liegt sie notwendig im Veräußerungsakt, der zugleich auch die nach § 16 erforderliche Anmeldung enthält. 6. Aufnahme in die Bilanz 50
In die Bilanzen sind die eigenen Geschäftsanteile wie alle anderen Aktiven einzusetzen (Scholz 19; Baumbach-Hueck 3 B ; Vogel 7; Feine S. 422; BuchwaldGmbHRdsch. 1958 172; Hösel DNotZ 1958 9; vgl. auch § 151 Abs. 1 Aktivseite III B 8 AktG). Denn sie sind selbständige und jederzeit realisierbare Vermögenswerte. Sie sind mit den sonstigen Aktiven des Gesellschaftsvermögens nicht identisch, wenn sie sich auch in ihrem Wert nach dem Stand des Gesellschaftsvermögens bestimmen. Aus der Verkennung dieses Umstands erklärt sich die gegenteilige Meinung von Brodmann 2h und Becker LZ 1925 836. Allerdings hatte RefE § 130 Abs. 3 die Aktivierung verboten; aber nicht deshalb, weil der Anteil kein selbständiger Vermögenswert sei, sondern um bilanzmäßig die Einhaltung der Vorschrift des § 33 Abs. 2 zu sichern und in den Bilanzen klar kenntlich zu machen (RefE S. 291). Entsprechend der hier vertretenen Auffassung dürfen eigene Anteile auch in den Überschuldungsstatus der Gesellschaft als Aktivwerte eingesetzt werden (vgl. die Nachweise bei Dahl GmbH-Rdsch. 1964 115 Fn. 28 sowie Erl. zu § 63), soweit ihnen ein Verkehrswert zukommt. 51 Für die Bewertung eigener Anteile gelten keine Besonderheiten; insbesondere ist es unrichtig, wenn im Schrifttum immer wieder die Auffassung vertreten wird, sie seien mit ihrem Verkaufswert zu bewerten (Scholz 19; Vogel 7; Baumbach-Hueck 3B; //¿w/DNotZ 1958 9). Auch für die eigenen GmbH-Anteile gelten in dem Jahresabschluß die allgemeinen Bewertungsgrundsätze; sie sind in der Regel Gegenstand des Umlaufvermögens und grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten, unterliegen aber dem Niederstwertprinzip und sind deshalb, wenn ihr Verkehrswert sinkt — nicht auch, wenn er steigt —, mit diesem gegenüber den Anschaffungskosten niederen Wert anzusetzen. Der eigene Anteil kann also in der Bilanz niemals höher als mit dem Verkehrs- = Veräußerungswert im Zeitpunkt des Jahresabschlusses eingesetzt werden. 52 Das entspricht auch seiner steuerlichen Handhabung; insbesondere wird der eigene Geschäftsanteil der Vermögensteuer unterworfen (VermStR 1974 Abschn. 87 Abs. 2 und BFH 107 390 — Ausnahme: wenn er zur Einziehung bestimmt oder nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag unveräußerlich ist; a. A. zum Teil Skibbe GmbH-Rdsch. 1971 62; J. Thiel Die steuerliche Behandlung eigener Anteile von Kapitalgesellschaften (1967)) und nicht etwa als reiner Korrekturposten des (446)
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
§33
eigenen Vermögens der Gesellschaft behandelt. Die besondere Gefährlichkeit gerade der eigenen Anteile erweist sich darin, daß, wenn eine Gesellschaft Verluste erleidet, auch der Wert ihrer Anteile betroffen wird und damit nach dem Niederstwertprinzip automatisch auch die eigenen Anteile abgewertet werden müssen, so daß sich der Verlust entsprechend vergrößert, und zwar um so mehr, je höher der Besitz an eigenen Anteilen ist. Wird ein Geschäftsanteil von der Gesellschaft unentgeltlich, z. B. durch Sehen- 53 kung oder Vermächtnis erworben, so sind Anschaffungskosten nicht entstanden, so daß eigentlich eine Bewertung nicht zulässig ist. Daraus folgt zwar, daß keine Aktivierungspflicht besteht, wohl aber eine Aktivierungsbefugiis zu bejahen ist, die meist auch mit Zweck und Bestimmung der Zuwendung in Einklang stehen wird (AdlerDüring-Schmalt£ § 153 Rdn. 52 und die dort angegebene Literatur). Als Höchstwert des Ansatzes kommt, da es an effektiven Anschaffungskosten fehlt, nur der vorsichtig zu schätzende sonst übliche Anschaffungswert in Frage und gilt dann für die Zukunft als Anschaffungskosten. Das gilt insbesondere auch, wenn zu Sanierungszwecken der Gesellschaft eigene Anteile zur Verfügung gestellt werden. In die Liquidationsbilanzen sind eigene Anteile dagegen nicht aufzunehmen 54 {Feine S. 423; Scholz 19; Baumhach-Hueck 3 B ; Hösel DNotZ 1958 9). Denn diese sollen das zur Verteilung unter die Gesellschafter zur Verfügung stehende Vermögen nachweisen; zu ihm gehört der eigene Anteil nicht, zumal mit ihm kein Anspruch auf Teilnahme an der Liquidation zusammenhängt (Rdn. 42). 7. Übernahme eigener Geschäftsanteile bei Kapitalerhöhung Bei der Frage, ob eine GmbH neue eigene Geschäftsanteile, die bei einer 55 echten Kapitalerhöhung geschaffen werden, übernehmen kann, ist stets auch aus § 33 heraus argumentiert worden. Diese Frage ist sehr streitig. Für die Zulassung der Übernahme neuer Stammeinlagen durch die Gesellschaft selbst haben sich ausgesprochen KG OLGR 42 225; OLG Celle BB 1955 899; Schreiber GmbH-Rdsch. 1955 17; Rasch BB 1956 151; Gottschling GmbH-Rdsch. 1956 188; Schilling BB 1957 378; Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 171; Grothus GmbH-Rdsch. 1959 130, Winkler GmbH-Rdsch. 1972 75 und Vorauf!. 20, mit weiteren Nachweisen, während BGHZ 15 391; OLG Celle in GmbH-Rdsch. 1956 187; ScholK 17; Hösel DNotZ 1958 7; Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung S. 187 FN 58 sich dagegen ausgesprochen haben. Diese Frage hat an sich mit § 33 nichts zu tun. Diese Vorschrift betrifft nicht den Fall der originären Übernahme neu geschaffener Anteile anläßlich der Kapitalerhöhung, sondern den derivativen Erwerb von einem Dritten. Es kann also nur um die Frage gehen, ob aus § 33 Argumente für die Entscheidung der Streitfrage entnehmen sind. Hier aber kommt einmal Abs. 1 in Betracht, der den Erwerb nicht voll eingezahlter Geschäftsanteile vollständig und auch dann verbietet, wenn die noch fehlende Einzahlung aus über dem zur Deckung des Stammkapitals hinaus vorhandenem Vermögen erbracht werden könnte; dabei geht diese Regelung davon aus, daß der Einzahlungsbetrag echt aus von Dritten erbrachten Mitteln gedeckt werden muß. § 33 Abs. 2 besagt nichts anderes, als daß aus dem zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen Kapital in Form des Erwerbs von eigenen Anteilen nicht zurückgezahlt werden soll, stellt aber den Verstoß nicht unter Nichtigkeitsdrohung, sondern kennt als Sanktion nur die Haftung des Geschäftsführers. Wenn aus dieser Gesamtregelung auch der Schluß möglich ist, daß zur Kapitalerhaltung immer nur das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen gebunden ist, so ginge (447)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
es doch wohl zu weit, daraus den Schluß zu ziehen, § 33 gestatte die Heranziehung des Vermögens, das über das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen hinausgehe, auch zur Kapitalbildung. Allenfalls kann man sagen, daß § 33 in dieser Richtung indifferent ist und kein Argument pro, aber auch keines contra liefert. 56 Die Frage der Zulässigkeit der Übernahme eigener Anteile durch die GmbH muß sich also aus anderen Gesichtspunkten entscheiden. Heute ist sie wohl dadurch entschieden, daß das Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vom 23.12.1959 einen besonderen, aber auch exklusiven Weg für die direkte Umwandlung von Rücklagen in Stammkapital zur Verfügung stellt. Zwar können Rücklagen als Gewinn ausgeschüttet und dann auch heute noch als Einzahlung auf neues Kapital verwendet werden; aber eine Übernahme neuer, im Wege echter Kapitalerhöhung geschaffener Anteile durch die Gesellschaft selbst kann heute nicht mehr zugelassen werden (im einzelnen vgl. Erl. zu § 55). IV. Erwerb sämtlicher Anteile durch die GmbH ? 57
Die 5. Aufl. hatte dies für zulässig erachtet und sich dabei insbesondere auf einen Aufsatz von Hachenburg Festschrift Georg Cohn (1975), S. 11 bezogen. Dort war ausgeführt worden, daß ein Erwerb aller eigenen Geschäftsanteile durch die Gesellschaft möglich sei und daß die Satzung die Bestellung der Geschäftsführer und eines Aufsichtsrats auch für die Zukunft regeln könne. Hachenburg vertrat hierbei die Auffassung, daß die GmbH dadurch zu einem Zweckvermögen würde und wirtschaftlich einen Stiftungszweck erfülle; sie stelle eine Stiftung ohne die im BGB vorgesehene Staatsaufsicht (§§ 80 ff.) dar. Wenn auch Hachenburg in einer solchen Konstruktion eine gewisse Überspannung des Prinzips der juristischen Person sah, so wollte er sie trotzdem als zulässig erachten. Demgegenüber vertreten Feine S. 424; Baumbach-Hueck 3A; Brodmann 2g; Eder Handbuch der GmbH, Rdn. 3621; Buchwald GmbH-Rdsch. 1958 171; Hösel DNotZ 1958 7FN10 und Winkler GmbH-Rdsch. 1972 77 die Auffassung, daß der Erwerb des letzten eigenen Geschäftsanteils durch die Gesellschaft unwirksam und damit schuldrechtlich und dinglich nichtig sei. Schoki Anm. 64 zu § 15 vertritt demgegenüber die Auffassung, daß der Erwerb des letzten Geschäftsanteils nicht nichtig sei, sondern in den Fällen, in denen die Gesellschaft nicht in der Lage sei, ihre eigenen Geschäftsanteile wieder zu veräußern, einen Auflösungsgrund der Gesellschaft darstelle; in anderen Worten, nach Schol% soll der vorübergehende Erwerb aller eigenen Geschäftsanteile zulässig sein, während der Dauerzustand zur Auflösung der Gesellschaft führt (so auch Friedlaender Konzernrecht 2. Aufl. S. 71; Schuler GmbH-Rdsch. 1962 116; Simon DB 1963 1210; Sudhoff GmbH S. 305 und — etwas abgewandelt — Mertens NJW 1966 1054). 58 Das Problem hat weniger praktische, wohl aber theoretische Bedeutung. Es ist die Frage nach der Zulässigkeit der Keinmann-Gesellschaft. Die richtige Lösung dürfte die von Scholz sein (so auch bereits Vorauf!. 21). Er weist mit Recht darauf hin, daß bei einer GmbH durchaus zwangsläufig als Folge der § § 21 und 27 der Fall eintreten kann, wonach der Gesellschaft alle Anteile zufallen (insbesondere im Falle der Unverkäuflichkeit von kaduzierten Geschäftsanteilen). Schon hieraus folgt, daß der Erwerb des letzten Geschäftsanteils nicht nichtig sein kann, wie Baumbach-Hueck, Feine und Brodmann dies annehmen. Den letzteren ist allerdings zuzugeben, daß eine Gesellschaft, die selbst alle ihre eigenen Anteile besitzt, gegen den Sinn und Zweck (448)
Erwerb eigener Geschäftsanteile (Hohner)
§33
der Körperschaft verstößt und daher mit dem körperschaftlichen Wesen der GmbH nicht vereinbar ist. Feine spricht mit Recht vom Erlöschen des korporativen Lebens; es ist niemand mehr da, der stimmen kann, da das Stimmrecht der eigenen Geschäftsanteile ruht; ein neuer Geschäftsführer könnte bei Wegfall aller bisherigen nur noch von Amts wegen bestellt werden, wenn nicht satzungsgemäß anderweit Rechnung getragen ist. Aber auch diesem Einwand der genannten Kommentatoren wird die Lösung von Schöltj gerecht. Wird der Besitz aller eigenen Geschäftsanteile zum Dauerzustand, so ist ein Auflösungsgrund gegeben; die Gesellschaft ist abzuwickeln und der Vermögensüberschuß fällt mangels anderer Satzungsbestimmung in analoger Anwendung der §§ 45 und 45 BGB an den Fiskus. Handelt es sich jedoch bei dem Erwerb aller eigenen Geschäftsanteile lediglich um ein Zwischenstadium und gelingt es der Gesellschaft, in angemessener Frist neue Gesellschafter zu finden, die die Anteile übernehmen, so besteht kein Grund, die Gesellschaft aufzulösen und dann zur Gründung einer neuen Gesellschaft zu schreiten. Diese Lösung kann ihren praktischen Vorteil bei den Gesellschaften erweisen, 59 in denen satzungsgemäß jeder Gesellschafter nur auf die Dauer einer von ihm ausgeübten Funktion, z. B. als Schrifdeiter einer Zeitung, einen Geschäftsanteil besitzen darf. Scheiden hier aus irgendwelchen Gründen plötzlich alle Schrifdeiter aus und müssen ihre Anteile satzungsgemäß an die Gesellschaft abtreten, so kann das Interesse insbesondere zur Erhaltung des Firmennamens durchaus dahingehen, die Gesellschaft über dieses Zwischenstadium am Leben zu erhalten und bis zum Eintritt neuer Schrifdeiter und damit Gesellschafter fortzuführen. Andererseits bleibt es in den Fällen, in denen außer der Gesellschaft nur noch ein Gesellschafter vorhanden ist, dem letzteren zur Entscheidung vorbehalten, ob er seine Geschäftsanteile der Gesellschaft abtreten will — und damit u. U. einen Auflösungsgrund für die Gesellschaft mit der Folge des Vermögensanfalls an den Fiskus schafft — oder ob er selbst die Auflösung der Gesellschaft mit der Möglichkeit, den Vermögensüberschuß gemäß § 72 GmbHG selbst zu beanspruchen, beschließen will. Alles dies zeigt, daß die Lösung von Scholz sowohl rechtlich vertretbar als auch wirtschaftlich elastisch genug ist, um allen Möglichkeiten wirtschaftlichen Lebens (auch in den Fällen der §§ 21 und 27) Rechnung zu tragen. Allerdings wird man eine Keinmann-Gesellschaft nicht annehmen können, 60 wenn bei einer GmbH & Co. KG sämtliche GmbH-Anteile von der KG gehalten werden. Mit der Begründung, bei einer derartigen Gestaltung wirke die GmbH an ihrer eigenen Willensbildung mit, vertreten Gonnella DB 1965 1165 und wohl auch Winkler GmbH-Rdsch. 1972 80 den Tatbestand der Keinmann-GmbH und damit der Auflösungsreife. Aber die Komplementär-GmbH und die KG sind nicht ein und dieselbe, sondern verschiedene Personen, so daß eine KeinmannGmbH begrifflich nicht vorliegen kann. Im einzelnen vgl. Anh. zu § 13 I Rdn. 16 ff.
V. Der Unterschied zur Kaduzierung und Amortisation Der Erwerb des eigenen Geschäftsanteils steht im Gegensatz zur Kaduzierung ¿1 und zur Einziehung (vgl. §21 Vorbem.). Bei jener wird der säumige Gesellschafter ausgeschlossen. Sein Gesellschaftsrecht wird vernichtet, geht aber nicht unter, sondern steht — wenn auch als trägerloses Recht — der Gesellschaft zur bestimmten Zweckverwendung zur Verfügung (§ 21 Rdn. 25 und Hohner Subjektlose Rechte (1969) S. 113 ff.). Der neue Gesellschafter ist nicht ihr Rechtsnachfolger (§ 22 Rdn. 4; § 23 Rdn. 1). Bei dem Erwerb des Geschäftsanteils hingegen bleibt (449)
§ 33
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
dieser nach Aktiv- und Passivseite bestehen. Er ist ein Aktivum der Gesellschaft. Veräußert sie ihn, so ist sie Rechtsvorgänger des Erwerbers. Bei der Einziehung wird nicht nur die Aktivseite, sondern der ganze Geschäftsanteil vernichtet. Die Veräußerung zum Zwecke der Amortisation überträgt nicht den Geschäftsanteil auf die Gesellschaft. Sie ist die Zustimmung zu seiner Vernichtung (vgl. § 34 Rdn. 3). VI. Steuerfragen 62
1. Die eigenen Geschäftsanteile der Gesellschaft unterliegen der VermögenSteuer, es sei denn sie sind zur Einziehung bestimmt oder nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag unveräußerlich (vgl. BFH 107 390 und oben Rdn. 52 sowie Rdn. 72 zu § 34).
63
2. Für den entgeltlichen Erwerb eigener Geschäftsanteile ist die Börsenumsatzsteuer nach § 18 Abs. 1 KVStG zu entrichten. Erfolgt der Erwerb unentgeltlich, so fällt Börsenumsatzsteuer nicht an; wegen der Problematik von Schenkungsteuer vgl. Rdn. 52 zu § 34. Veräußert die Gesellschaft solche unentgeltlich erworbenen Geschäftsanteile, so ist dieses Geschäft gesellschafts- und börsenumsatzsteuerpflichtig (§§ 2 Ziff. 4; 8 Ziff. 3; 18 Abs. 1; 35 KVStG).
(450)
Ein2iehung [Amortisation] (Hohner)
§34
§34 Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren. Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt. Übersicht Rdn.
Rdn.
Einleitung
1
Reform
2
b) Zahlung des Einziehungsentgelts zu Lasten des Stammkapitals . . 39
I. Begriff und Wesen der Einziehung
3
II. Die Arten der Einziehung 1. Die Einziehung zu Lasten des Stammkapitals oder aus überschießendem Vermögen
4
2. Die Einziehung ohne oder unter Mitwirkung des Gesellschafters . . 6 3. Einziehung bei Mitberechtigung mehrerer Personen 9 4. Einziehung mit oder ohne Entgelt 12 5. Einziehung eigener Geschäftsanteile 22 6. Einziehung zwecks Ausschließung und Austritt eines Gesellschafters 23 III. Voraussetzungen der Einziehung 1. Zulassung in der Satzung 2. Zustimmung des Anteilsberechtigten 3. Ausnahme vom Zustimmungserfordernis (Zwangseinziehung) . . . . 4. Verbindung mit einer Kapitalherabsetzung nach § 58 a) nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile
24 29 30
5. Einziehung des Teils eines Geschäftsanteils 42 IV. Durchführung der Einziehung 1. Zeitpunkt der Einziehung . . . . 2. Einziehungsbeschluß und-erklärung 3. Keine automatische Einziehung . . 4. Form der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters 5. Keine Anmeldung zum Handelsregister V. Wirkungen der Einziehung 1. Vernichtung des Geschäftsanteils 2. Untergang der Rechte Dritter . . . 3. Unverändertes Stammkapital . . . 4. Auswirkung auf verbleibende Gesellschafter 5. Bilanzierung 6. Schaffung eines neuen Geschäftsanteils statt des eingezogenen . . . .
46 47 50 51 53 54 55 56 58 59 60
VI. Folge eines Verstoßes gegen § 34 . . 6 4 37 38
VII. Recht auf Einziehung VIII. Steuerfragen
65 67
Schrifttum Bokelmann Die Einziehung von GmbH-Anteilen im Falle der Pfändung und des Konkurses, BB 1970 1235; Buchwald Die Einziehung eines Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1959 68; Fichtner Kaduzierung, Einziehung und Ausschließung bei der GmbH, BB 1966 146; Finger Einziehung des Geschäftsanteils beim Tode eines Gesellschafters und Nachfolgeregelung, GmbH-Rdsch. 1975 97; Fischer Die Pfändung und Verwertung eines GmbH-Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1961 21; Gonnella Neubildung eines Anteils ohne Kapitalerhöhung anstelle eines eingezogenen (451)
§ 34
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Geschäftsanteils, GmbH-Rdsch. 1962 253; Hueck Die Bedeutung der Zwangsamortisation von Geschäftsanteilen für die Sicherung einer Finanzierungs-GmbH, DB 1957 37; Obermüller Zur Einziehung von Geschäftsanteilen der GmbH, DB 1961 598; Pleyer Einziehung von GmbH-Anteilen durch Satzungsbestimmung, GmbH-Rdsch. 1960 124; Priester Grundsatzregelung, Weltmaßstäbe und Zahlungsmodalitäten des Einziehungsentgelts für GmbH-Anteile bei Pfändung oder Konkurs, GmbH-Rdsch. 1976 5; Raabe Unentgeltliche Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils bei Pfändung und im Konkurs, BB 1956 708; Reuter Einziehung von GmbHGeschäftsanteilen gegen wirtschaftlich nicht vollwertiges Entgelt, NJW 1973 22; Sachs Zur Einziehung von Geschäftsanteilen wegen Pfändung, GmbH-Rdsch. 1974 84; Schuler Einziehung gepfändeter GmbH-Anteile, NJW 1961 2281; Simon Einziehung eines gepfändeten Geschäftsanteils nur gegen vollwertiges Entgelt? GmbHRdsch. 1961 137; Weber Einziehung von GmbH-Anteilen unter Wert bei Pfändung und Konkurs, BB 1969 425; Winter Die Einziehung gepfändeter Geschäftsanteile -».ufgrund statutarischer Ermächtigung, GmbH-Rdsch. 1967 201. Einleitung 1
Die Einziehung — auch Amortisation genannt, ein Ausdruck, der heute stark in den Hintergrund tritt — dient verschiedenen Zwecken. Sie ermöglicht die Trennung von einem Gesellschafter gegen dessen Willen. Sie gibt das Mittel für das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ohne Übertragung des Geschäftsanteils an andere Personen. Sie ermäßigt den Betrag der Geschäftsanteile unter gleichzeitiger Erhöhung des Werts und der Rentabilität der verbleibenden Anteile. Sie führt ohne Beeinträchtigung der Garantiefunktion des unveränderten Stammkapitals zu einer de facto Kapitalherabsetzung und sie vernichtet schließlich — im Vermögensteuerinteresse — eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft. Die Einziehung gibt auch die historische Grundlage ab für die Entwicklung der zwischenzeitlich selbständig gewordenen Rechtsinstitute, der Ausschließung und des Austritts von Gesellschaftern (vgl. Anhang). Rechtlich ist § 34 eine der am schwierigsten auszulegenden Bestimmungen. Von der Einziehung zu unterscheiden sind die Kaduzierung (§§ 21 ff.) und die satzungsmäßig vorgesehene Kündigung (Erl. zu § 60 Abs. 2). Reform
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Während Ausschluß und Austritt von Gesellschaftern im ersten Abschnitt des 8. Teils (§§ 207—215) erstmals gesetzlich als selbständige Rechtsinstitute geregelt werden sollen, übernimmt § 58 EGmbHG in seinen beiden ersten Abschnitten mit geringen sprachlichen Abänderungen § 34 Abs. 1 und 2. Die in § 34 Abs. 3 enthaltene Verweisung auf § 30 Abs. 1 soll durch eine selbständige, inhaltlich aber übereinstimmende Regelung ersetzt und dahin ergänzt werden, daß keine Einlagerückstände bestehen dürfen. In einem neuen Abs. 4 erfordert der Entwurf dann im Einklang mit der für das geltende Recht herrschenden Meinung für die Einziehung einen Beschluß der Gesellschafterversammlung, der die Voraussetzungen für die Einziehung festzustellen hat, und eine auf die Einziehung gerichtete Erklärung gegenüber dem betroffenen Gesellschafter. In einem ebenfalls neuen Abs. 5 stellt der Entwurf für den Fall, daß die Einziehung nicht mit einer entsprechenden Kapitalherabsetzung verbunden wird, sicher, daß die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile mit dem Nennbetrag des Stammkapitals übereinstimmt. Das soll (452)
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durch eine entsprechende Erhöhung der übrigen Geschäftsanteile erfolgen, die durch Gesellschafterbeschluß festzustellen ist; außerdem ist eine berichtigte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. Schließlich sieht ein Abs. 6 vor, daß statt der Einziehung auch die Übernahme des Geschäftsanteils durch die Gesellschaft zulässig ist, um ihr die Möglichkeit zu geben, den Geschäftsanteil an einen Dritten zu veräußern. Mit dieser Neuregelung soll gleichzeitig auch die Streitfrage des geltenden Rechts verneinend erledigt werden, ob anstelle des eingezogenen Geschäftsanteils ohne Kapitalerhöhung ein neuer Geschäftsanteil ausgegeben werden kann (Rdn. 62). In § 59 Abs. 4 und 5 EGmbHG soll übrigens für den ebenfalls eine Streitfrage des geltenden Rechts bildenden Fall, daß der Gesellchaftsvertrag bei Pfändung oder Konkurs die Einziehung des betroffenen Anteils vorsieht, bestimmt werden, daß die Einziehung nur gegen ein angemessenes Entgelt erfolgen darf. Als angemessen gilt nach der Entwurfsbegründung der Verkehrswert. Diese Lösung ist weniger befriedigend als die Rechtslage nach geltendem Recht (Rdn. 15).
I.^J)as WeseflTdet Einziehung Die Einziehung eines Geschäftsanteils ist seine Vernichtung durch Rechts- 3 geschäft. Anders als bei einem Erwerb gemäß § 33 geht der Geschäftsanteil also nicht auf die Gesellschaft über, sondern mit der Vernichtung erlöschen Rechte und Pflichten aus dem Geschäftsanteil (vgl. Feine S. 455). Diese Vernichtung vollzieht sich niemals in einem Akt — vgl. unten Rdn. 47—50 —, sondern in mehreren Akten, deren notwendige Teile der Gesellschafterbeschluß und die Mitteilung des Beschlusses an den Betroffenen, also eine durch den Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung der Gesellschaft, sind. Dogmatisch ist — was vielfach nicht hinreichend klar zum Ausdruck kommt — festzuhalten: die Einziehung ist ein einseitiger Rechtsakt der Gesellschaft, der das Rechtsverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter betrifft. Er ist ein Gestaltungsrecht der Gesellschaft. Als solches fällt er in die Kompetenz des Geschäftsführers, der — wenn er auch keinerlei Entscheidungsmacht über das „ob" und „wie" der Einziehung hat — wie stets für die Abgabe einer Willenserklärung der Gesellschaft zuständig ist, also nicht bloße Übermittlungsfunktion hat (vgl. für das Aktienrecht Kölner Kommentar AktG Lutter Rdn. 8 zu § 238). Dies ändert freilich nichts daran, daß die ohne einen wirksamen Gesellschafterbeschluß vorgenommene Einziehungshandlung unwirksam ist, da jede Einziehungshandlung auf einer gerade sie tragenden wirksamen Ermächtigung beruhen muß (vgl. RGZ 142 286 = JW 1934 977; vgl. auch insoweit für das Aktienrecht KölnerKomm AktG Lütter 10 zu § 238 und 14 zu § 237). Die Beschränkung der Geschäftsführer, nur bei einem wirksamen Einziehungsbeschluß die Einziehung zu erklären, hat also nicht nur Innenwirkung (wie z. B. im Falle der nicht durch einen Zustimmungsbeschluß der Gesellschafter erklärten Teilungsgenehmigung der Geschäftsführer, vgl. dazu § 46 Rdn. 12 und RGZ 104 413, BGHZ 14 25, 31), sondern auch Außenwirkung. Es kommt hier — im Interesse des geschäftlichen Verkehrs nach außen — nicht nur darauf an, was die Geschäftsführer tun und erklären. Dies rechtfertigt sich auch daraus, daß die Einziehungserklärung immer nur gegenüber dem betroffenen Gesellschafter, nicht jedoch gegenüber einem außenstehenden Dritten erklärt wird. Von dieser dogmatischen Grundlage aus — Einziehung als Erklärung (Gestaltungsrecht) der Gesellschaft — kann auf die Abgabe der Erklärung durch das zuständige Organ keinesfalls verzichtet werden. Nicht zugestimmt werden kann daher (453)
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auch RGZ 142 286 = JW 1934 977, wenn dort — übrigens unter Berufung auf die früher in diesem Kommentar vertretene Auffassung — eine Mitteilung der Einziehung ( = Abgabe der Einziehungserklärung durch die Geschäftsführer) für entbehrlich gehalten wird, falls der Einziehungsbeschluß in Anwesenheit des betroffenen Gesellschafters selbst gefaßt worden ist. Ist der Geschäftsführer der Gesellschaft freilich bei der Beschlußfassung zugegen, so liegt es nahe, eine Mitteilung unter Anwesenden schlüssig für erklärt zu halten, wenn der Geschäftsführer nicht ausdrücklich erklärt, er denke nicht daran, den Einziehungsbeschluß für die Gesellschaft mitzuteilen. Die Einziehung ist unter den nachstehenden, allgemeinen Voraussetzungen auch im Stadium der Liquidation der Gesellschaft zulässig (RGZ 93 323; RGZ 125 114; BGHZ 9 157, 179; Scholz 8; Vogel 1; a. M. Feine S. 360). Uber den Gegensatz zum Erwerb eigener Geschäftsanteile und zur Kaduzierung vgl. § 33 Rdn. 61 und § 21 Rdn. Vorbem. II. Die Arten der Einziehung
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1. Die Einziehung zu Lasten des Stammkapitals oder aus überschießendem Vermögen
Eine Einziehung kann einmal zu Lasten des Stammkapitals gehen und erfordert dann eine Kapitalherabsetzung, so daß die Vorschrift des § 58 zu beachten ist, und kann zum anderen auch aus dem das Stammkapital überschießenden Vermögen erfolgen; letzteres ist der Tatbestand des § 34. Begrifflich ist es für das in Rdn. 3 dargelegte Wesen der Amortisation unerheblich, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt und im ersteren Falle, woher das zur Auszahlung erforderliche Kapital genommen wird. Für die gesetzliche Regelung ist dieser Unterschied aber von größter Bedeutung. § 34 behandelt nur die Einziehung, durch die das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht ausbezahlt wird. Das ist die Bedeutung des Abs. 3, wonach die Bestimmung des § 30 Abs. 1 unberührt bleibt. Die Einziehung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen fällt unter § 58 und setzt eine Herabsetzung des Stammkapitals voraus; denn dann wird der herabgesetzte Betrag des Kapitals der Gesellschaft frei und ist nicht mehr zur Erhaltung des Stammkapitals gebunden. 5 Auch § 34 ist wiederum ein Anwendungsfall des § 30 und ein Beweis für die Richtigkeit der für diesen (§ 30 Rdn. 3) gegebenen Auslegung. Mag die Einziehungserklärung rechtlich völlig in Ordnung gehen und der Rechtsgrund für die Auszahlung der für den Verzicht auf das Gesellschaftsrecht zugesagten Gegenleistung gegeben sein: sobald das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, ist die Auszahlung verboten (Feine S. 457; BaumbachHueck 3A; unten Rdn. 39) und kann die Einziehung nur vollzogen werden, wenn gleichzeitig das Stammkapital gemäß § 58 herabgesetzt wird, es sei denn, daß die Gesellschafter freiwillige Zuzahlungen in Höhe der durch die Auszahlung des Einziehungsentgelts entstehenden Unterbilanz leisten (RGZ 93 329; Schol^ 6; vgl. auch RGZ 150 135). 2. Die Einziehung ohne oder unter Mitwirkung des Gesellschafters 6
Eine Amortisation ohne Zustimmung des Gesellschafters ist nur möglich, wenn diese im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist (Abs. 2; hierzu unten Rdn. 30 ff.). Der (454)
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Geschäftsanteil entsteht dann mit diesem Todeskeim. Wer einen solchen Geschäftsanteil erwirbt, muß ihn so nehmen, wie er ist. Seine Fortexistenz ist von dem Willen der Gesellschaft abhängig. Die Vernichtung kann durch eine einfache Erklärung der Gesellschaft erfolgen. Sie kann von einer Reihe anderer Momente, die im Gesellschaftsvertrag niedergelegt sind, abhängig sein (Feine S. 459). So wenn bestimmt ist, daß die Gesellschaft alljährlich einen Geschäftsanteil, den sie durch das Los bestimmt, aus ihrem Reingewinn amortisiert. Oder daß nach dem Tode eines Gesellschafters dessen Geschäftsanteil, dem im Hinblick auf die Person des Gesellschafters besondere Rechte eingeräumt waren, amortisiert werden kann. Oder wenn an die durch Verschulden des Geschäftsführers, der Gesellschafter ist, veranlaßte Entlassung aus dem Dienste der Gesellschaft das Recht der Amortisation seines Geschäftsanteils geknüpft ist. Oder wenn bei Zwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil das Recht der Amortisation festgesetzt ist (§15 Anh. Rdn. 89); es darf nur keine auf diesen Fall beschränkte unentgeltliche Einziehung vorgesehen sein; vgl. auch RGZ 142 373; unten Rdn. 13ff.Oder wenn bei der Gründung der Gesellschaft eine bestimmte Eigenschaft (bestimmte Berufszugehörigkeit, bestimmte Religion oder Staatszugehörigkeit usw.) Bedingung war und deren Aufhören die Befugnis, den Geschäftsanteil zu amortisieren, herbeiführen soll. Endlich kann auch generell an jede Verletzung einer gesellschaftlichen Pflicht der Verlust des Gesellschaftsrechts im Wege der Amortisation geknüpft werden. Die in der Praxis häufigsten Fälle, für die die Satzung eine Einziehung ohne 7 Zustimmung des betroffenen Gesellschafters vorsieht, sind: Konkurs oder gerichtliches Vergleichsverfahren über das Vermögen eines Gesellschafters, Pfändung in den Geschäftsanteil (wegen des Entgelts in diesen Fällen vgl. Rdn. 13 ff.), Absicht zur Veräußerung oder sonstige Verfügungen, Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen usw. Bei Familiengesellschaften findet man auch noch die Beendigung der Familienbindung durch Scheidung oder Erwerb eines Geschäftsanteils im Wege des Erbfalls durch eine nicht zur Familie gehörende Person. Fehlt eine Festsetzung der Voraussetzungen für die Amortisation im Gesell- 8 schaftsvertrag, so kann sie nur mit Zustimmung, d. h. unter Mitwirkung des Gesellschafters im konkreten Falle erfolgen. In diesem Falle findet eine Vereinbarung der Gesellschaft mit dem Gesellschafter statt. Es werden die Voraussetzungen seiner Zustimmung festgesetzt. Sie können der verschiedensten Art sein. Es kann dem Gesellschafter seine Einlage oder ein Agio auf diese oder ein Minderbetrag bezahlt werden. Es kann die Gegenleistung in Sachen oder in einem Verzicht auf Rechte der Gesellschaft bestehen, es kann, wenn dadurch das Stammkapital nicht beeinträchtigt wird, ein Vergleich geschlossen werden, wonach die Gesellschaft gegen Übernahme des Geschäftsanteils zur Amortisation auf den Anspruch gegen einen Gründer auf Gewährleistung für eine Sacheinlage verzichtet usw., soweit dem nicht das Verbot des § 19 Abs. 2 entgegensteht. 3. Einziehung bei Mitberechtigung mehrerer Personen Soweit bei einer Mitberechtigung an einem einzuziehenden Geschäftsanteil die 9 Zustimmung des Gesellschafters erforderlich ist, kann über die Zustimmung, wenn vertraglich nichts anderes vereinbart ist, nur die Gesamtheit der Mitberechtigten entscheiden. Denn diese Zustimmung ist kein dem § 745 Abs. 1 BGB unterfallender Verwaltungsakt, sondern eine Verfügung über die Substanz (so für eine Erbengemeinschaft Wiedemann GmbH-Rdsch. 1969 249). Im übrigen ist durch Auslegung der Satzung festzustellen, ob die Voraussetzungen der Einziehung bei allen gegeben (455)
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sein müssen oder ob deren Vorliegen bei einem der Mitgesellschafter genügt. Bei Amortisationen, welche den Ausschluß eines gegen seine Pflichten verstoßenden Gesellschafters bezwecken, wird man die Einziehung im Zweifel zulassen, wenn dieser Verstoß auch nur einem der Mitgesellschafter %ur Last fällt (Scholz 4; Brodmann 3e; a. M. Vogel 6). Doch geht der Wortlaut des Statuts oder seine Auslegung (so Baumbach-Hueck 2B) vor. Ist die Zwangsvollstreckung Voraussetzung der Amortisation, so genügt eine solche in die Quote eines Mitberechtigten. Die anderen leiden dann freilich durch das von ihnen nicht verschuldete Verhalten eines Genossen. Aber andernfalls müßte sich die Gesellschaft einen Gesellschafter gefallen lassen, der das Recht auf die Mitgliedschaft verwirkte. 10 Die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters, sei es ein einzelner, seien es mehrere, genügt für sich allein nicht, wenn an dem Geschäftsanteil Rechte zugunsten Dritter bestellt sind. Es geht hier nicht um den Fall, daß die Existenz solcher Rechte satzungsgemäß zur Einziehung berechtigt, sondern nur um den Fall, in dem die Zustimmung des Gesellschafters zur Einziehung erforderlich ist. Erklärt also die Satzung die Begründung des Drittrechts, z. B. eines Pfändungspfandrechts, nicht als Einziehungsfall oder ist der Einziehungsfall erst nach Erwerb des Geschäftsanteils durch den Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag festgelegt worden, bedarf es dann grundsätzlich auch der Mitwirkung dieser Drittberechtigten, und zwar des Pfandgläubigers in Analogie zu § 1276 BGB, § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO, und des Nießbrauchers in Analogie zu § 1071 BGB (Buchwald GmbH-Rdsch. 1960 6; Knur DNotZ 1961 311; Schuler NJW 1956 690; 1960 1426; 1961 2282; Wiedemann Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten S. 418 und 439; Winter GmbHRdsch. 1967 204; Scholz 13; Brodmann 3; Baumbach-Hueck 3B; a. M. Fischer GmbHRdsch. 1961 21 ff".; Müller GmbH-Rdsch. 1969 8; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen S. 236; Wolany Rechte und Pflichten eines Gesellschafters S. 92/93). Die Gegenmeinung, die darauf abstellen will, daß die Einziehung deshalb nicht in die geschützte Rechtssphäre des Pfandgläubigers eingreife, weil sie eine sachgerechte Umsetzung des Anteils in Geld bewirke, übersieht, daß es Sache des Pfandgläubigers ist, die Sachgemäßheit seiner Maßnahmen zu entscheiden. Der Hinweis, die Entscheidung der Gesellschaft dürfe nicht von einer gesellschaftsfremden Person abhängig sein, geht fehl, weil es um die Zustimmung eines Gesellschafters als Voraussetzung einer Gesellschaftsentscheidung geht und der Gesellschafter durch Begründung der Drittrechte einen Teil seiner gesellschaftsrechtlichen Befugnisse auf den Dritten übertragen hat, die Entscheidung über die Zustimmung ähnlich wie bei der vollen Mitberechtigung (Rdn. 9) somit auf den Gesellschafter und den dinglich Berechtigten aufgeteilt ist. Die für das Erfordernis der Zustimmung des Nießbrauchers und Pfandgläubigers häufig geforderte Anmeldung gemäß § 16 Abs. 1 (so Vorauf!. Anm. 5 a) entfällt schon deshalb, weil sie weder für die Nießbrauchsbestellung noch für die Verpfändung nach § 16 erforderlich ist, auch nicht analog (vgl. § 16 Rdn. 6; Bar% GroßkommAktG § 68 Anm. 26). Infolgedessen ist es Sache der Gesellschaft, sich in den Fällen, in denen eine Verpfändung und/oder Nießbrauchsbestellung ohne Zustimmung der Gesellschaft und/oder ihrer Organe zulässig ist, im Interesse der Rechtswirksamkeit der Einziehung davon zu überzeugen, ob Pfand- oder Nießbrauchsrechte bestehen. 11 Streitig ist, ob bei bereits vorgenommener Abtretung zukünftiger Dividendenansprüche die Zustimmung des Zessionars erforderlich ist (bejahend: 5. Aufl. Anm. 5a; Brodmann 3; a. M. Schol\ 13, während Baumbach-Hueck und Vogel zu dieser Frage keine Stellung nehmen). Die Frage ist zu verneinen, und zwar deshalb, weil der Dividendenanspruch, bevor er zu einem unbedingten geworden ist, das Schicksal des (456)
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Geschäftsanteils teilt (vgl. § 29 Rdn. 9). Dem Zessionar sind keine Gesellschaftsrechte übertragen; er darf z. B. den Bilanzfeststellungsbeschluß nicht anfechten (RGZ98318); so kann es auch auf seine Zustimmung nicht ankommen. Er muß schon bei der Zession jederzeit mit der Amortisation rechnen. War die Dividende bei der Einziehung jedoch bereits beschlossen, so gebührt sie noch dem Drittberechtigten {Scholz 13a) bzw. dem Gesellschafter selbst. Über den Untergang der Rechte Dritter infolge der Einziehung vgl. unten Rdn. 55. Über die Form bei unentgeltlicher Einziehung vgl. unten Rdn. 51. 4. Einziehung mit oder ohne Entgelt Da nirgends vorgeschrieben ist, daß die Gesellschaft bei der Einziehung ein Entgelt für den in der Person des bisherigen Inhabers des einzuziehenden Geschäfts- 12 anteils entstehenden Verlust zu leisten hat, kann die Einziehung sowohl mit wie ohne Entgelt erfolgen, und zwar grundsätzlich auch im Todesfall des Gesellschafters ohne Rücksicht auf Pflichtteilsansprüche von Erben des verstorbenen Gesellschafters. Zwar wird man heute den gegenseitigen Ausschluß von Entschädigungsforderungen im Gesellschaftsvertrag nicht mehr als entgeltliches, „aleatorisches" Risikogeschäft ansehen können, bei dem ein Konflikt mit dem Erbrecht gar nicht entsteht (so noch Schilling GmbH-Rdsch. 1962 205, 206 und die Nachweise bei P. Ulmer Großkomm. HGB §138, 120; dagegen Finger GmbH-Rdsch. 1975 97, 99). Die heute h. M. erblickt in einer Satzungsklausel, in der das Ausscheiden ohne Abfindung vorgesehen ist, eine unentgeltliche Zuwendung an die durch das Ausscheiden Begünstigten, bei der Einziehung mithin grundsätzlich die Mitgesellschafter aufgrund des bei ihnen eintretenden Wertzuwachses (vgl. Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 45ff., 77ff.; Flume, Festschrift Schilling (1973), S. 65f. und die Nachweise in Anhang § 34 Rdn. 40). Diese unentgeltliche Zuwendung (Schenkung zugunsten der Mitgesellschafter) ist aber bereits aufschiebend bedingt vollzogen, so daß sich die Frage der Einhaltung der Formvorschriften der §§ 518, 2301 BGB nicht stellt, von der Tatsache der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags einmal ganz abgesehen (vgl. Heckelmann aaO., S. 87—89 und Anhang § 34 Rdn. 40). Soweit die Einziehung der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedarf, ist die Frage des Entgelts Gegenstand der zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu treffenden Abmachung anläßlich der Zustimmung zur Einziehung. Bei einer ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters möglichen Einziehung regelt sich die Frage des Entgelts und seiner Höhe nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags. Das Entgelt kann in jeder Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter bestehen. Dadurch kann sich das Rechtsgeschäft zwischen beiden in nach der Verschiedenheit dieser Leistung verschiedenartige rechtliche Form kleiden. Die häufigste wird Kauf oder Tausch sein (vgl. den Fall in RGZ 150 28). Es muß aber immer wieder betont werden, daß die Gesellschaft damit nicht den Geschäftsanteil erwirbt, sondern den Verzicht des Gesellschafters auf sein Gesellschaftsrecht (vgl. Scholz !)• Die Amortisation ohne Entgelt (im einzelnen unten Rdn. 51) kann sich als unentgeltliche Zustimmung zu der Vernichtung des Geschäftsanteils (Schenkung) darstellen. Sie kann aber auch als Verwirkung der Gesellschafterposition erscheinen, wenn schon im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft das Recht gegeben ist, in bestimmten Fällen (Vertragsbruch, gesellschaftsschädliches Verhalten usw.) den Geschäftsanteil ohne Vergütung einzuziehen. Zu den meistbehandelten Fragen der Einziehung gehört es, wie weit die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter für gesellschaftsvertragliche Abfindungsrege- 13 lungen geht. Zu beachten sind dabei zwei Ebenen: die des Gesellschafterschutzes (457)
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und die des Gläubigerschutzes. Beide werden durch Regelungen, die kein oder jedenfalls kein vollwertiges Abfindungsentgelt vorsehen, nachhaltig tangiert. Die Problematik ist indes nicht allein auf die Gestaltung des Entgelts im Falle der Einziehung beschränkt. Sie stellt sich grundsätzlich allgemein bei allen Fällen des Ausscheidens aus der Gesellschaft. Auf die allgemeine Darstellung der Problematik in Anhang § 34, Rdn. 36—42, sei daher vorab verwiesen (vgl. ferner BGH WM 1977 193; OLG Frankfurt BB19761148: Zulässigkeit der Regelung entschädigmgsloser Einziehung im Todesfall und bei Erwerb durch „Familienfremde"). Für die Erörterung innerhalb der Einziehungsregelung kann daher die Frage im Vordergrund stehen, ob unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes Beschränkungen der Abfindung hingenommen werden können. Raabe BB 1956 709; Simon GmbH-Rdsch. 1961 137 und Müller GmbH-Rdsch. 1969 34 sehen den an sich für den Gläubiger pfändbaren Wert des Geschäftsanteils durch die satzungsmäßige Einziehungsermächtigung von vornherein als beeinträchtigt an. Sie halten daher eine Satzungsbestimmung, die für den Fall der Pfändung und des Konkurses die Einziehung ohne vollwertiges Entgelt vorsieht, für zulässig und verweisen Gläubiger auf den Schutz der Anfechtungsbestimmungen. Demgegenüber halten RGZ 142 373 und BGHZ 32 151 eine derartige Satzungsbestimmung für nichtig, weil sie für den Fall der Pfändung und des Konkurses entgegen der Ermächtigung des § 15 Abs. 5 die Übertragbarkeit erschwere oder unmöglich mache. Dies verstoße gegen §§ 137 BGB, 857 und 851 Abs. 2 ZPO und führe gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit der Satzungsbestimmung (so wohl — wenn auch mit zum Teil abweichenden Begründungen — die bis unlängst h. M., vgl. OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1974 41; Scholz § 15 84; Baumbacb-Hueck § 15 6B; Hueck DB 1957 37; Schilling JZ 1960 746; Pleyer GmbH-Rdsch. 1960 164; Fischer GmbHRdsch. 1961 21; Obermüller BB 1961 598; Knur DNotZ 1961 309; Sudhoff DB 1962 1595; Tiedau DNotZ 1964 94; Wiedemann Übertragung und Vererbung von Gesellschaftsrechten S. 434ff.; Winter GmbH-Rdsch. 1967 201; gegen die genannte Begründung insbesondere Wolany Festschrift für Nipperdey 1,1965, S. 978ff.;OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1967 214, zum Teil auch die vorstehend aufgeführten Autoren). 14 Mit Recht hat sich gegen die in RGZ 142 373 und BGHZ 32 151 vertretene Argumentation nunmehr auch BGHZ 65 22 = NJW 1975 1835 (dazu Priester GmbH-Rdsch. 1976 5; v. Mettenheim BB 1975 1178) gewandt. Danach sind die Vernichtung des Pfandgegenstandes und die Verweisung auf das Einziehungsentgelt nicht die Folge einer im Gesellschaftsvertrag vorweggenommenen unzulässigen Verfügung des Vollstreckungsschuldners über den Pfandgegenstand, sondern die Auswirkung einer für alle Gesellschafter geltenden gemeinsamen Vertragsordnung, die für den einzelnen Gesellschafter — und damit auch für den Pfandgläubiger — Inhalt und Grenzen seiner Rechtsstellung bestimmt. (Das dürfte freilich nicht ausschließen, daß unterschiedliche Regelungen für die einzelnen Gesellschafter vorgesehen sind, wenn diese Regelungen dann nur für alle Fälle der Einziehung gelten). Die Begründung des Einziehungsrechts in der Satzung läßt den Geschäftsanteil eben von vornherein nur mit dieser Belastung entstehen (vgl. auch O. Schmidt JW 1934 550; Raabe BB 1956 708, 709; Knur DNotZ 1961 299, 309). Nach der Grundsatzentscheidung von BGHZ 65 22 ist demnach eine Satzungsbestimmung, die ein geringeres als das vollwertige Abfindungsentgelt bei der Einziehung nach Pfändung eines Geschäftsanteils wirksam, wenn dieselbe Entschädigungsregelung auch für den vergleichbaren Fall der Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund gilt. Die Ermächtigung zur Einziehung ohne oder ohne vollwertiges Entgelt darf also nicht auf die Fälle der Pfändung oder des Konkurses beschränkt (458)
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sein, da eine solche allein zu Lasten der Gläubiger gehende Unentgeltlichkeit ihnen gegenüber nicht wirken darf. Es ist also im Einklang mit der zutreffenden Entscheidung von BGHZ 65 22 — 15 unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes — eine grundlegende Unterscheidung für die Gestaltung von Einziehungsfällen vorzunehmen: einer die Vollstreckungs- oder Konkursgläubiger diskriminierenden Klausel dergestalt, daß allein im Vollstreckungs- oder Konkursfall eine Einziehung ohne oder ohne vollwertiges Entgelt zulässig ist, muß stets die Wirksamkeit versagt bleiben. Eine Klausel hingegen, die für die Einziehung im Pfändungs- oder Konkursfall vergleichbaren Fälle — wie dem der Ausschließung aus wichtigem Grund (nicht vergleichbar und daher abweichend regelbar sind hingegen z. B. die Fälle der freiwilligen Anteilsveräußerung oder des Austritts) — ein Abfindungsentgelt vorsieht, das nicht dem vollen Wert des GmbH-Anteils entspricht (insbesondere z. B. den Goodwill nicht berücksichtigt), ist grundsätzlich möglich. Dabei ist auch zu bedenken, daß in diesen besonderen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters ihm häufig der hierzu führende Grund zuzurechnen sein wird und der Gesellschaft das Ausscheiden des Gesellschafters zu dem besonderen Zeitpunkt schon wegen der durch die Abfindungszahlung verlorengehenden Liquidität häufig unwillkommen sein wird. Wie hoch das für solche — nicht auf den Pfändungs- oder Konkursfall beschränkte — Einziehungsklauseln zu leistende Mindestentgelt sein muß oder ob die Satzung in der Gestaltung völlig frei ist, ist kein spezielles Problem der Einziehung, sondern der allgemeinen Gestaltung von Abfindungsregelungen, welches insbesondere unter dem Aspekt des Schutzes des betroffenen Gesellschafters selbst steht. Dazu vgl. Priester GmbH-Rdsch. 1976 5 (speziell im Rahmen von Einziehungsbestimmungen abgehandelt) und insbesondere Anhang § 34 Rein. 36 ff. Der Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes gebietet insoweit nicht mehr als der Gesellschafterschutz gibt. Soweit die Wirkung einer Satzungsbestimmung gegenüber dem Gläubiger nun 16 aber ausgeschlossen ist, erfordert dies nicht ihre Nichtigkeit. Dem Gläubigerinteresse ist vielmehr Genüge getan, wenn die Gesellschaft sich auf eine hinter dem vollwertigen Entgelt zurückbleibende Leistungsverpflichtung insoweit nicht berufen kann, als dadurch die Befriedigung des oder der Gläubiger beeinträchtigt wird (vgl. Hueck aaO. S. 38; Schilling aaO.; Winter GmbH-Rdsch. 1967 201; Sachs GmbHRdsch. 1974 87ff.).Dogmatisch ist dies nicht ganz einfach zu begründen, läßt sich aber wohl aus §§138, 139 BGB, vor allem aber aus §242 BGB rechtfertigen (vgl. Erman Festschrift Westermann (1974), S. 75, 77f.). Das bedeutet, daß die Gesellschaft den Geschäftsanteil mit Wirkung gegen den Pfand- oder Konkursschuldner zwar einziehen kann, aber unabhängig von der gesellschaftsvertraglichen Entgeltregelung bis zur Höhe des vollwertigen Entgelts an den Pfandgläubiger oder Konkursverwalter so viel zu zahlen hat wie zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Dieses Ergebnis erscheint auch aus dem Grundsatz einer gesetzeskonformen Auslegung der Satzung heraus geboten, versagt allerdings, wenn ein vollwertiges Entgelt durch die Gesellschaft wegen der Schranke des § 30 Abs. 1 nicht darstellbar ist. Der Begriff der Vollwertigkeit der Gegenleistung — auf ihn kommt es an, 17 wenn die Einziehungsmöglichkeit nur an den Pfändungs- oder Konkursfall geknüpft ist — bestimmt sich nach dem Verkehrswert und kann satzungsmäßig weder der Höhe nach — Buchwert, Steuerkurs, Nichtberücksichtigung von stillen Reserven und Firmenwert (Hueck DB 1957 37; Schilling JZ 1960 745; Fischer GmbH-Rdsch. 1961 25) — noch der Art seiner Feststellung nach — z. B. schiedsgutachterliche (459)
§ 34
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
oder schiedsrichterliche Feststellung (OLG Hamburg NJW 1960 872; LG Mannheim GmbH-Rdsch. 1967 214; Winter GmbH-Rdsch. 1967 209; a. M. Schuler NJW 1961 2283; Sudhoff DB 1962 1597; Fichtner BB 1966 148) — noch der Auszahlung nach — in Raten oder aus Gewinnen (BGHZ 32 158; LG Mannheim aaO.; Schüler aaO.; Wiedemann Übertragung und Vererbung von Gesellschaftsrechten S. 435) — durch die Satzung geregelt werden. Bei der Feststellung der Vollwertigkeit spielt aber die Beschränkung der freien Anteilsübertragung durch Genehmigungsvorbehalte, Vorkaufsrechte oder Ankaufsrechte und Einziehungsbefugnisse zu unter dem Verkehrswert liegenden Preisen eine mitunter sehr wichtige Rolle. Schon deshalb wird man annehmen müssen, daß der für derartige Fälle satzungsmäßig vorgesehene Preis — wenn er die Grenzen des Gesellschafterschutzes (vgl. Anhang § 34 Rdn. 36 ff.) einhält — auch für den Fall der Pfändung oder des Konkurses maßgeblich sein muß, zumal dann ja die satzungsmäßige Ankaufs- oder Einziehungsermächtigung zu einem nicht vollwertigen Gegenwert, z. B. wegen gesellschaftswidrigen Verhaltens, Verkaufsabsichten, Veräußerung außerhalb der Familie und dgl., keine speziell gegen den Gläubigerzugriff gerichtete Gestaltung dargestellt und damit das Odium der Gläubigerbenachteiligung verliert (OLG Hamburg GmbH-Rdsch. 1970 202; LG Hamburg DNotZ 1964 110; LG Braunschweig GmbH-Rdsch. 1972 32; Schilling aaO.; Knur DNotZ 1961 309; Sudhoff DB 1962 1597; Tiedau DNotZ 1964 94; Sachs GmbH-Rdsch. 1974 87; a. M. BGHZ 32 157; OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1974 41; Fichtner BB 1966 147; Fischer aaO., es sei denn, daß ein anderer Einziehungstatbestand bereits vor der Pfändung oder der Konkurseröffnung erfüllt war). 18 Fraglich ist die Zulässigkeit einer Satzungsbestimmung, die der Gesellschaft oder einem anderen Gesellschafter analog § 268 BGB ein Befriedigungsrecht dem Gläubiger gegenüber gewährt, mit der anschließenden Einziehungsbefugnis ohne oder gegen nicht vollwertiges Entgelt. Man könnte diese mit der Begründung bejahen, daß bei einer derartigen Regelung eine Gläubigerbenachteiligung ausscheidet, so daß dann auch Pfandgläubiger oder Konkursverwalter kein Widerspruchsrecht hätten (Hueck aaO. S. 38; Schuler NJW 1960 1293 und NJW 1961 2282; Fischer GmbH-Rdsch. 1961 25; Sudhoff DB 1962 1596; Wiedemann Übertragung und Vererbung von Gesellschaftsrechten, S. 439; a. M. Obermüller DB 1961 599, der ein Ablehnungsrecht des Gläubigers bei Schuldnerwiderspruch annimmt). Dieser Weg ist übrigens die Lösung, die § 59 EGmbHG geht, die außerdem der Gesellschaft die Gelegenheit gibt, einen Erwerb für den Geschäftsanteil zu einem angemessenen Entgelt zu suchen (Rdn. 3). 19 Zweifelhaft ist auch eine satzungsmäßige Einziehungsermächtigung ohne oder mit nicht vollwertigem Entgelt für den Fall der Erhebung einer Auflösungsklage. Hier liegt zwar keine Gläubigerbenachteiligung vor, jedoch kann eine berechtigte Auflösungsklage, die dem klagenden Gesellschafter mindestens den Liquidationswert seines Geschäftsanteils verschafft, nicht unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden (Hueck DB 1961 38; a. M. Sudhoff DB 1962 1596). Letztlich wird sich die Beurteilung einer solchen Klausel aber wiederum danach richten, wie weit oder eng man die Gestaltung von Abfindungsregelungen unter dem Gesichtspunkt des Gesellschafterschutzes zuläßt; dazu vgl. Anhang § 34 Rdn. 36ff. Da eine wesentliche Beschränkung oder der Ausschluß der Abfindung eine Art Vertragsstrafe enthielte, deren Eingreifen Verschulden voraussetzt und deren Kontrolle sich nach §§ 336ff. BGB richtet, müssen die hier und in Rdn. 18 beschriebenen Klauseln im Falle der ganzen oder teilweisen Unentgeltlichkeit grundsätzlich als unzulässig angesehen werden (vgl. Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 403ff. und die Nachweise in Anhang § 34 Rdn. 41). (460)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
§34
Die entgeltliche Einziehung steht nur dann der Gesellschaft frei, wenn das 20 Entgelt nicht das Stammkapital angreift, andernfalls bedarf es vorher der Herabsetzung des Stammkapitals (oben Rdn. 5). Bei der entgeltlichen Einziehung kommt es hinsichtlich des Werts des einzuziehenden Geschäftsanteils und des dafür zu gewährenden Entgelts grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Einziehung (unten Rdn. 46) an (RGZ 125 114; im Falle des Ausschlusses kommt der Zeitpunkt der Klageerhebung in Betracht, BGH JZ 1955 330). Die unentgeltliche Einziehung kann nie die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens nach sich ziehen. Sie bedarf daher nie der Form der Herabsetzung des Stammkapitals (KG Recht 1912 2994; GmbH-Rdsch. 1912 418; vgl. unten Rdn. 37; Vogel 8; Scholz 6)Staub (1. Aufl. Anm. 18) machte hiervon eine Ausnahme für den Fall, daß durch die Einziehung ein verteilbarer Überschuß der Aktiven über die Passiven hergestellt würde. Das beruhte auf der irrigen Annahme, daß durch die Einziehung sich die Stammkapitalziffer vermindere (vgl. unten Rdn. 57). Nur wenn gerade dieses der Zweck der Einziehung ist, muß gemäß § 58 verfahren und das Stammkapital herabgesetzt werden. Wenn ein Gesellschafter zur Beseitigung einer Unterbilanz der Gesellschaft seinen Geschäftsanteil zur Amortisation überläßt, so ist mit der einfachen Vernichtung desselben nichts getan. Die Unterbilanz besteht weiter. Erst wenn das Stammkapital herabgesetzt, diese Herabsetzung aber nicht durch gleichmäßige Minderung aller Geschäftsanteile, sondern durch Einziehung des einen Geschäftsanteils erfolgt, ist das Ziel erreicht (Rdn. 37; Feine S. 460). Will aber ein Gesellschafter auf seinen Geschäftsanteil verzichten, um die Rendite aus den anderen zu erhöhen, so berührt dieser Akt die Gläubiger nicht. Die Einziehung wird durch die Gesellschaft ohne Rücksicht auf die zur Sicherung der Gläubiger in § 58 getroffenen Bestimmungen vollzogen. Anstelle der eingezogenen Geschäftsanteile können den Gesellschaftern Genuß- 21 scheine gegeben werden (Feine S. 465; Scholz 12). Die Herausgabe von Genußscheinen für den Verzicht auf den Geschäftsanteil kann nie einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 darstellen, denn das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen wird hier nicht beeinträchtigt. Die Genußscheininhaber haben nur Anspruch auf Beteiligung am Reingewinn; anders nur bei einer Verpflichtung der Gesellschaft, die Genußscheine gegen Geld abzulösen; hier darf die Auszahlung nur aus Überschüssen über das Stammkapital erfolgen. 5/ Einziehung eigener Geschäftsanteile Die Gesellschaft kann Geschäftsanteile, die sie selbst erworben hat (§ 27 Abs. 3; 22 § 33 Abs. 2), zur Einziehung verwenden. Diese unterscheidet sich nur dadurch von der Einziehung der Geschäftsanteile der Gesellschafter, daß eine besondere Zustimmung nicht erforderlich ist {Baumbach-Hueck 2 D; Scholz 9; Feine S. 461). Alle anderen Voraussetzungen müssen vorliegen, also auch die Zulassung der Einziehung im Gesellschaftsvertrag (Feine S. 461; Brodmann 2e; a. M. Hösel DNotZ 1958 12ff., der die satzungsmäßige Zulassung als eine reine Formalie ansieht, was sie bei eigenen Anteilen wohl auch ist und auf die Parallele des Ausschlusses eines Gesellschafters verweist, die durch eine satzungsmäßig nicht zugelassene Einziehung erfolgen kann — Anh. Rdn. 13 —, was aber nur die Folge davon ist, daß die Rechtsprechung die Lösung eines Gesellschafters von der Gesellschaft aus wichtigem Grunde historisch an § 34 angehängt hat). Ferner darf auch hier das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht durch die Amortisation vermindert werden (Scholz 9)Andernfalls könnte die Gesellschaft durch vorherigen Ankauf eines Geschäftsanteils,
§ 34
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
der, wenn auch aus dem Stammkapital bezahlt, doch gültig ist (vgl. Rdn. 11 zu § 33), das Verbot des § 34 Abs. 3 und § 30 Abs. 1 umgehen. Die Einziehungserklärung der Gesellschaft auch bezüglich eines ihr gehörenden Geschäftsanteils ist nichtig, wenn diese Vernichtung des Geschäftsanteils deshalb eine Unterbilanz nach sich zieht, weil der auf der Aktivseite bilanzierte Geschäftsanteil gestrichen wird (BaumbachHrnck 2D; Vogel 9; Scholz 9; Feine S.461;a.M. Brodmann 2e). Wenn bei einem Stammkapital von DM 100000,—, dem ebensoviel Vermögen gegenübersteht, sich in diesem Vermögen ein eigener Geschäftsanteil von DM 20000,— befindet, so vermindert dessen Einziehung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen um den Betrag von DM 20000,—. Nur in Verbindung mit der Herabsetzung des Stammkapitals läßt sich daher eine solche Einziehung durchführen. Das gilt auch dann, wenn der eigene Anteil aus freiem Vermögen oder aus Reserven angeschafft oder der Gesellschaft geschenkt war und sich zwischenzeitlich der Vermögensstand der Gesellschaft so verschlechtert hat, daß die Deckung des Stammkapitals ohne den aktivierten eigenen Geschäftsanteil nicht mehr gegeben ist {Scholas 9; Hösel aaO. S. 14). 6. Einziehung zwecks Ausschließung und Austritt eines Gesellschafters 23
Die Einziehung kann auch als Mittel zum Zwecke der Ausschließung und des Austritts eines Gesellschafters verwendet werden. Hierüber vgl. Erl. im Anh. zu §34. III. Voraussetzungen der Einziehung 1. Zulassung in der Satzung
24
Die erste Voraussetzung ist, daß die Einziehung in der Satzung zugelassen ist (§ 34 Abs. 1). Es genügt die Klausel: „Die Einziehung der Geschäftsanteile ist zulässig". Die Bedingungen der Einziehung brauchen nicht im einzelnen festgelegt zu sein (BaumbachHueck 2A; Scholz 2; Vogel4; Feine S. 458). In den Fällen jedoch, in denen gemäß § 34 Abs. 2 die Einziehung des Anteils ohne die Zustimmung des betroffenen Gesellschafters erfolgen kann, bedarf es wiederum der Festlegung der Einzelheiten im Statut (Rdn. 20; OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1960 126; Scholz 2; Feine S. 458; Fichtner BB 1966 147). Abgesehen von dem letztgenannten Fall kann sich die Zulässigkeit der Einziehung auch durch eine Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergeben (vgl. Scholz 2; Vogel 4). Die übliche Formel, daß die Einziehung von Geschäftsanteilen zugelassen wird, zwingt keinen Gesellschafter, die Amortisation seines Anteils zu gestatten (Feine S. 458). Sie raubt nur dem einzelnen Gesellschafter das Recht, dem Mehrheitsbeschluß, der einen anderen Geschäftsanteil vernichtet, zu widersprechen (Vogel 4; Scholz 2). Auf welchem Weg die Zustimmung des anderen Gesellschafters eingeholt wird, ob mit oder ohne Entgelt, in welcher Weise die Gegenleistung erfolgt, ob gegen eine einmalige Zahlung oder Gewährung von fortlaufenden Gewinnbezügen, worin die feste Vergütung besteht, in barem Geld oder der Leistung einer bestimmten, von dem Gesellschafter selbst eingebrachten Sache, ist für die Zulässigkeit der Amortisation gegenüber den anderen Gesellschaftern unerheblich. 25 In dem Gesellschaftsvertrag, in dem die Amortisation zugelassen ist, darf der Rechtsweg zur Prüfung der Einziehungsvoraussetzungen für die Gesellschafter nicht aus(462)
Ein2iehung [Amortisation] (Hohner)
§ 34
geschlossen werden, da die Gesellschafterversammlung nicht Richter in eigener Sache sein kann (RGZ 55 326; RGZ 57 156; Fichtner BB 1966 146,148). Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts ist nach h. M. ausreichend und zulässig (Baumbach-Hueck 2B; Scholz 4; Vogel4; Fichtner aaO.). Dies ist dann inkonsequent, wenn man entgegen den Ausführungen in Rdn. 3 die Einziehung nicht als Akt der Gesellschaft ansieht, sondern nur auf den Gesellschafterbeschluß abstellt, hinsichtlich dessen der Geschäftsführer nur Übermittlungsfunktion hat. Da es gegen den Gesellschafterbeschluß nur Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage gibt, für die wie im Aktienrecht auch bei der GmbH eine schiedsgerichtliche Zuständigkeit ausscheidet (vgl. Erl. Anhang zu § 47), wäre bei solcher dogmatischer Betrachtung die Vereinbarung eines Schiedsgerichts nicht zu rechtfertigen. Folgt man dagegen der hier in Rdn. 3 dargelegten Konstruktion der Einziehung als eines Gestaltungsrechts der Gesellschaft, so muß auch die Vereinbarung eines Schiedsgerichts möglich sein. Die Bestimmung über die Einziehung gemäß § 34 Abs. 1 kann sowohl im 26 ursprünglichen als auch im abgeänderten Gesellschaftsvertrag enthalten sein (Schol^ 2; Vogel4; Baumbach-Hueck 2A; Feine S. 459). Ein die Satzung abändernder Beschluß unterliegt, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, den gewöhnlichen Vorschriften über die Statutenänderung (§§ 53 ff.). Es ist also zu der Satzungsänderung kein einstimmiger Beschluß und auch keine Mitwirkung des Inhabers der von der Einziehung betroffenen Geschäftsanteile erforderlich; wohl aber ist bei den Einziehungsfällen des § 34 Abs. 2 die Zustimmung zur Einziehung erforderlich, was nicht mit der Zustimmung zur Satzungsänderung gleichgesetzt werden kann. Der allgemeinen Schlußfolgerung aus § 53 Abs. 3 oder aus dem grundsätzlichen Verbot der Wegnahme oder Verkürzung unentziehbarer Gesellschaftsrechte, dem Beschluß über die nachträgliche Einführung der Einziehung in die Satzung müßten alle von der Einziehung möglicherweise betroffenen Gesellschafter, in der Regel also alle vorhandenen Gesellschafter, zustimmen ( s o BGHZ 9 160; KGJ 25 A 258; Voraufl. Anm. 11; Hueck DB 1957 40; Brodmann 2b; Scholz 2; Vogel 4), muß widersprochen werden. Einmal geht eine derartige Auslegung angesichts des Schutzes, den § 34 dem von der Einziehung betroffenen Gesellschafter gewährt, viel zu weit. Nach der Regelung des Abs. 2 braucht kein Gesellschafter, der mit der Einziehung seines Geschäftsanteils nicht einverstanden ist, die Einziehung zu dulden, es sei denn, daß die Voraussetzungen für die Einziehung vor seinem Eintritt als Gesellschafter bereits in der Satzung festgelegt waren. In seine Rechte wird also nur eingegriffen, wenn er einverstanden ist, oder er den Geschäftsanteil unter Geltung der Eingriffsvoraussetzungen erworben hat. Die Einziehung bedeutet auch weder für den von der konkreten Einziehung betroffenen noch für die übrigen Gesellschafter eine Leistungsvermehrung im Sinne des § 53 Abs. 3. Der Hinweis der Gegenmeinung, aus §§ 24 und 31 Abs. 3 ergebe sich mindestens subsidiär eine Haftungserhöhung der übrigen Gesellschafter, geht fehl. Selbst wenn man eine derartige subsidiäre Haftung als Leistungsvermehrung im Sinne des § 53 Abs. 3 ansehen will, wird übersehen, daß § 24 schon deshalb ausscheidet, weil nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile sowieso nicht eingezogen werden können (Rdn. 38) und daß gemäß § 31 Abs. 3 der Gesellschafter, der eine dem § 30 zuwider geleistete Zahlung empfangen hat, durch spätere Einziehung seines Anteils von der Haftung nicht frei wird, weil es für die Haftung aus § 30 auf die Zeit der Auszahlung ankommt (§ 30 Rdn. 24); der Kreis der Haftpflichtigen ändert sich also durch die Einziehung nicht, so daß auch keine Leistungsvermehrung der übrigen Gesellschafter zu sehen ist. Darüber hinaus wird man die Einfügung einer Einziehungsermächtigung, die zu ihrer Durchführung stets der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedarf, also keine echte Belastung oder Pflicht darstellt, nicht als Vermehrung der dem (463)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Gesellschafter obliegenden Leistungen ansehen können, weil er zur Duldung der Einziehung seines Geschäftsanteils nicht gezwungen werden kann. Daß die Einführung der Einziehungsmöglichkeit indirekt eine Beschränkung der Veräußerlichkeit bedeutet — der Nachfolger in den Geschäftsanteil kann sich, weil bei seinem Erwerb die Einziehungsmöglichkeit bereits Satzungsbestandteil ist, nicht mehr auf § 34 Abs. 2 berufen —, ist nur eine Wertminderung im wirtschaftlichen Sinne, ändert aber rechtlich die Befugnis zur Veräußerung nicht und kann deshalb keine andere Bedeutung haben als ein sonstiger Beschluß der Gesellschafter, der z. B. durch übermäßige Gewinnausschüttung den Wert der Beteiligung mindert oder als Kapitalerhöhung das Haftungsrisiko der Gesellschafter aus § 24 erhöht. Allerdings kann im Einzelfall die Einfügung der Einziehungsermächtigung — ein derartiger Fall lag bei OLG Hamm in OLGZ 32 136 vor — ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bedeuten und deshalb ohne Zustimmung des Betroffenen unzulässig sein. Es kann schließlich auch nicht damit argumentiert werden, daß das Gesetz auch für die freiwillige Einziehung eine Satzungsbestimmung verlange und damit zum Ausdruck bringe, daß sie die Rechtsposition auch der übrigen Gesellschafter berühre (so Voraufl. Anm. 11); denn die Rechtsposition der übrigen Gesellschafter wird durch jeden mit einfacher oder % Mehrheit zulässigen Gesellschafterbeschluß berührt, ohne daß der Beschluß deshalb die Zustimmung aller Gesellschafter erforderte. Zum andern rechtfertigt sich die Regelung des § 34 Abs. 1 als reine Änderungsvorschrift angesichts der bei der GmbH bestehenden Freiheit der Satzungsgestaltung, die jedenfalls für den Regelfall auch sicherstellt, daß die Voraussetzungen, unter denen die Einziehung erfolgen soll, festgelegt werden und damit der Willkür der Gesellschaftermehrheit entzogen sind (vgl. hierzu auch Rdn. 31). 27 Geht man von der h. M. aus, daß alle Gesellschafter der durch Satzungsänderung einzuführenden Satzungsermächtigung zustimmen müßten, die möglicherweise von ihr betroffen werden, so ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Einziehung z. B. nur für Geschäftsanteile einer bestimmten Emission eingeführt wird mit der Maßgabe, daß dann auch nur diejenigen Gesellschafter der Einführung zustimmen müssen, die Anteile aus dieser Emission besitzen oder bei Kapitalerhöhung übernehmen. Auch wird man dann eine Beschlußfassung dahin zulassen müssen, daß die Einziehung nur für die Gesellschafter gilt, die der Satzungsänderung zustimmen. Da es aber nicht selbstverständlich ist, daß ein Gesellschafter, der der Einfügung einer Einziehungsmöglichkeit für bestimmte Fälle zustimmt, sie auch dann gelten lassen will, wenn sie nicht gleichmäßig für alle Gesellschafter eingeführt wird, muß die Beschränkung auf die der Satzungsänderung zustimmenden Gesellschafter deutlich im Beschluß zum Ausdruck kommen (Hueck DB 1957 40; zum Teil a. M. Scholz § 53, 31). 28 Eine nicht im Gesellschaftsvertrag — dem ursprünglichen oder abgeänderten — zugelassene Einziehung ist wirkungslos (Rdn. 66). Auch mit Zustimmung des Anteilsberechtigten und durch satzungsändernden Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter ist sie nicht möglich, auch nicht als ein bewußtes Hinweggehen über das Erfordernis einer vorherigen Eintragung der Einziehungsermächtigung im Handelsregister, also als eine Art Satzungsdurchbrechung. Die für die Zustimmung des Gesellschafters zur Einziehung gezahlte Summe kann zurückgefordert werden. Falls erst durch satzungsändernden Beschluß die Einziehung zugelassen wird, ist die Eintragung dieses Beschlusses im Handelsregister erforderlich, bevor der Einziehungsbeschluß wirksam werden kann. Es dürfte aber zulässig sein, die Einziehung für den Fall der Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister und mit Wirksamwerden zu diesem Zeitpunkt zu beschließen. (464)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
§34
2. Zustimmung des Anteilsberechtigten
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Grundsätzlich ist auch eine in der Satzung zugelassene Einziehung nur durchführbar, wenn der betroffene Anteilseigner zustimmt. Diese Zustimmung ist nicht formgebunden', auch wenn sie zusammen mit der Vereinbarung über das für die Einziehung zu zahlende Entgelt erfolgt, fällt sie nicht unter § 15 Abs. 3 (vgl. auch unten Rdn. 51). Sie enthält nur die Einwilligung %ur Vernichtung des Anteils durch die Gesellschaft, aber keine Übertragung oder Abtretung des Anteils (RG Recht 1913 Nr. 2640; Feine S. 463; zu Unrecht spricht deshalb RGZ 150 28 von einem Abschichtungsvertrag). Die Zustimmung erfolgt durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung gegenüber der Gesellschaft, also gegenüber mindestens einem Geschäftsführer (§ 35 Abs. 2 S. 3), kann aber auch der Gesellschafterversammlung gegenüber als dem für die Einziehung zuständigen Organ (§ 46 Ziff. 4) erklärt werden. Sie kann vor, bei oder nach dem Gesellschafterbeschluß erfolgen, der die Einziehung ausspricht. Deshalb liegt die Zustimmung des Gesellschafters zu dem seinen Geschäftsanteil betreffenden Einziehungsbeschluß der Gesellschafterversammlung. Dagegen wird man in der Mitwirkung zu einem Satzungsänderungsbeschluß, der nachträglich die Einziehungsermächtigung in die Satzung einfügt, grundsätzlich jedenfalls ebensowenig eine Zustimmung sehen können wie in der Mitwirkung bei der Satzungsgestaltung anläßlich der Gründung (Brodmann 3; Feine S. 459/60; a. M. Hueck DB 1957 40). Bei einer derartigen Mitwirkung geht es nur um die grundsätzliche Zulassung der Einziehungsmöglichkeit, die aber in der Regel nicht bedeutet, daß der Gesellschafter sich ohne weiteres dem späteren Mehrheitsbeschluß über die Einziehung seines Geschäftsanteils unterwirft. Das wird allerdings im Einzelfall anders liegen können, z. B. dann, wenn die Einführung der Einziehungsermächtigung durch Satzungsänderung gerade im Hinblick auf eine aktuelle Situation erfolgt, von der der Geschäftsanteil des Gesellschafters betroffen wird; dann kann in der Mitwirkung bei der Satzungsänderung auch die stillschweigende Zustimmung zur Einziehung des eigenen Geschäftsanteils liegen. 3. Ausnahme von Zustimmungserfordernis (Zwangseinziehung) Die Zustimmung des Anteilberechtigten zur Einziehung ist nicht erforderlich, 30 wenn die Bedingungen der' Amortisation vor dem Erwerb des von der Einziehung betroffenen Geschäftsanteils durch seinen derzeitigen Inhaber statutarisch festgelegt sind. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt und auf diese Weise einer GmbH beitritt, kann nur mit seinem Willen seine Mitgliedschaft verlieren, sofern er seine Einlageverpflichtungen erfüllt. Wenn der Gesellschaftsvertrag die Bedingungen des Ausschlusses nicht festgelegt hat, ehe der Gesellschafter der Gesellschaft beitritt, gibt es — grundsätzlich zumindest — keinen Ausschluß eines Gesellschafters. Ist jedoch ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit Statuten, die die Bedingungen der Amortisation festgelegt haben, beigetreten, so hat er sich diesen Bedingungen unterworfen. Es bedarf dann seiner besonderen Zustimmung nicht, wenn diese Bedingungen eintreten. Seine Zustimmung gilt dann für die Einziehung als erteilt (Scholz 4; Vogel 6). Das ist die Bedeutung des § 34 Abs. 2. Geht man von diesem Sinngehalt des § 34 Abs. 2 aus, so muß es der gesell- 31 schaftsvertraglichen Festlegung der Einziehungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Erwerbs des Geschäftsanteils gleichstehen, wenn nach dessen Erwerb die Voraussetzungen mit Zustimmung des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag im Wege der Satzungsänderung aufgenommen worden sind (Hueck DB 1957 40; Baumbach-Hueck 2B; a. M. Brodmann 2; (465)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Feine S. 459; Vorauf!. Anm. 13). Denn der Schutzeffekt, auf den es dem § 34 Abs. 2 ankommt, ist für den betroffenen Gesellschafter der gleiche, ganz abgesehen davon, daß es mit Treu und Glauben nicht vereinbar wäre, wenn ein Gesellschafter für die Einführung der Zwangseinziehung stimmt, sie nachträglich aber mit der Begründung, sie sei erst nach seinem Anteilserwerb eingeführt worden, als ihn nicht betreffend ablehnt. Darüber, daß die Satzungsänderung, die die Einziehung, auch die Zwangseinziehung, einführt, nicht einstimmig beschlossen werden muß, vgl. Rdn. 26/27. Daß in diesem Fall die Einziehungsermächtigung gegenüber dem Gesellschafter, der dem seinerzeitigen Beschluß nicht zugestimmt hat, nicht durchsetzbar ist und damit zu einer ungleichartigen Behandlung der Gesellschafter führen kann, begründet nur die Notwendigkeit, diese Ungleichheit zum Beschlußgegenstand zu machen (Rdn. 26), ist aber kein Einwand gegen die Durchsetzbarkeit der Zwangseinziehung gegenüber den ihrer Einführung zustimmenden Gesellschaftern. Wenn in Rdn. 28 der Standpunkt vertreten wird, daß die Mitwirkung bei einer die Einziehungsermächtigung einführenden Satzungsänderung zu einer nur mit Zustimmung des Gesellschafters zulässigen Einziehung die spätere Zustimmung nicht ersetze, ist das kein Widerspruch. Denn in diesem Fall ist die spätere Zustimmung ebenso Tatbestandsmerkmal einer zulässigen Einziehung wie für die Zwangsamortisation das Vorliegen der für sie maßgebenden Voraussetzungen; die Mitwirkung bei der Einführung der Zwangsamortisation ersetzt diese Voraussetzungen nicht, sondern nur das weitere Erfordernis des § 34 Abs. 2, daß die Zwangsamortisation bereits bei Anteilserwerb satzungsmäßig vorgesehen war. 32 Sieht die ursprüngliche Satzung eine Zwangsamortisation vor, so gilt sie selbstverständlich auch gegenüber den Gründungsgesellschaftern. Sie haben zwar ihre Geschäftsanteile erst mit der Entstehung der Gesellschaft und damit gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der gesellschaftsvertraglichen Bestimmung über die Zwangsamortisation erworben. Das reicht aber nach dem Zweck, dem § 34 Abs. 2 dient, aus, ganz abgesehen davon, daß sie als Gründer mit der Einführung der Zwangsamortisation einverstanden waren. Das gleiche gilt, wenn im Falle einer Kapitalerhöhung für die neuen Anteile eine Zwangsamortisation vorgesehen wird. Im Falle einer Mitberechtigung gemäß § 18 muß die Festlegung der Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung zeitlich vor dem Erwerb eines jeden Mitberechtigten liegen, weil durch die Einziehung des Anteils jeder Mitberechtigte seine Beteiligung an dem Geschäftsanteil verliert, was nach § 34 Abs. 2 nur zulässig ist, wenn vor seinem Erwerb der Mitberechtigung die Voraussetzungen Satzungsbestandteil waren. Allerdings genügt es, wenn der Mitberechtigte, bei dem diese Voraussetzungen nicht vorliegen, seine Zustimmung zur Einziehung des gemeinsamen Anteils erklärt. 33 Unter den „Voraussetzungen" der Einziehung, die vor dem Erwerb des Geschäftsanteils durch den Betroffenen statutarisch festgelegt sein müssen, sind einmal die Tatbestände verstanden, die vorliegen müssen, um die Einziehung zu beschließen, und zum andern die Bedingungen, zu denen die Einziehung erfolgen hat, die also den Abschluß einer Vereinbarung mit dem Gesellschafter über die Einziehung (Rdn. 6) überflüssig machen. Aus dem Erfordernis, daß die „Voraussetzungen" im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein müssen, soll nach allgemeiner Meinung (z. B. OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1960 126 mit Anm. Pley er \ Baumbach-Hueck 2B; Feine S. 458) gefolgert werden, daß hinreichende konkrete Gründe in der Satzung genannt sind. Eine Satzungsbestimmung, wonach jederzeit die Zwangseinziehung jedes Geschäftsanteils zulässig ist, soll diesem Erfordernis nicht genügen und eine Zwangsamortisation gegen den Willen des Betroffenen nicht rechtfertigen können; der Gesellschafter wäre bei einer derartigen Abstimmung der Willkür der Gesell(466)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
§34
schaftermehrheit ausgesetzt, was die durch die Reichstag-Kommission erst eingeführte Vorschrift des § 34 Abs. 2 wohl verhindern soll. Hinreichend konkret sind die Voraussetzungen festgelegt, wenn z. B. die Zwangsamortisation in der Satzung abhängig gemacht wird von der Eröffnung des Konkurs- oder gerichtlichen Vergleichsverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, von der Pfändung des Geschäftsanteils, von der Entmündigung des Gesellschafters, vom Tod des Gesellschafters — die satzungsmäßig vorgesehene Unvererblichkeit dürfte in der Regel als Einziehungsermächtigung für den Fall des Todes angesehen werden (vgl. Erl. zu § 15) —, vom Vorliegen oder Fehlen bestimmter Eigenschaften in der Person des Gesellschafters, von der Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter (RGZ 53 327), von Zuwiderhandlungen gegen gesellschaftsvertragliche Verpflichtungen, von der Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, von der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit oder dgl.. Genügen müssen aber auch Bestimmungen, wonach z. B. zu Lasten gewisser Teile des Bilan2gewinns alljährlich Geschäftsanteile nach einem von der Gesellschafterversammlung festzusetzenden Auslosungsplan einzuziehen sind, während eine Bestimmung, daß das Stammkapital aus anzusammelndem Reingewinn in bestimmten Jahresbeträgen zu amortisieren ist, wohl mehr als generelle Zulassung der Einziehung gemäß Abs. 1 denn als Voraussetzung einer Zwangseinziehung gemäß Abs. 2 gewollt ist. Fraglich erscheint aber, ob § 34 Abs. 2 wirklich zwingend konkrete Voraus- 34 Setzungen für die Einziehung erfordert, und ob nicht ganz allgemein auch ein bloßer Beschluß der Gesellschafterversammlung, der mit einer bestimmten Mehrheit die Einziehung eines Geschäftsanteils beinhaltet, als Voraussetzung der satzungsmäßigen Einziehungsermächtigung ausreichen müßte. Der Einwand, der Gesellschafter sei alsdann der Willkür der Gesellschafterversammlung unterworfen, ist nicht allzu überzeugend, da die satzungsmäßige Einziehungsermächtigung dem Gesellschafter gegenüber nur wirken kann, wenn sie vor seinem Eintritt oder mit seiner Zustimmung (Rd. 29/31) geschaffen worden ist. Da außerdem das Vorliegen konkreter Einziehungsvoraussetzungen wie Zuwiderhandlungen gegen gesellschaftsrechtliche Pflichten keine Pflicht der Gesellschafterversammlung zur Einziehung und erst recht keine automatische Einziehung (Rdn. 50) bedeuten kann, spielt auch hier das Wollen der Gesellschafterversammlung eine wesentliche Rolle. Nimmt man noch hinzu, daß die Aufnahme von konkreten Einziehungstatbeständen in die Satzung ebenfalls nur vom Willen der Gesellschafter abhängt, so verflüchtigt sich die Abhängigkeit von der Willkür der Mehrheit noch mehr. Außerdem bringt ein Einziehungsbeschluß doch immerhin zum Ausdruck, daß ein bestimmter Gesellschafter der Mehrheit der übrigen Gesellschafter nicht mehr genehm ist. Was steht entgegen, daß dieser Tatbestand als konkreter Ausschließungsgrund bestimmt und wegen seiner schweren Faßbarkeit auf einen Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter reduziert wird? Bei Mitberechtigung mehrerer an einem Geschäftsanteil genügt es im Zweifel, 35 daß die Voraussetzungen in der Person eines Mitberechtigten gegeben sind, es sei denn, daß die Auslegung des Gesellschaftsvertrags etwas anderes ergibt (Rdn. 9). Der Gesellschaftsvertrag muß, um die Zwangseinziehung zulässig und die Zu- 36 Stimmung des betroffenen Gesellschafters überflüssig zu machen, auch die Bedingungen festlegen, zu denen die Einziehung erfolgt (OLG Hamburg GmbHRdsch. 1958 43 mit Anm. Scholz Hueck DB 1957 37; Pley er GmbH-Rdsch. 1960 126). Er muß also sagen, ob die Einziehung unentgeltlich erfolgt — das ist bei auf den Fall des Gläubigerzugriffs beschränkter Einziehung nicht zulässig (Rdn. 15) —, oder ob ein Entgelt zu zahlen ist, und wie dieses Entgelt zu bestimmen ist. Denn (467)
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nur wenn die Satzung derartige Bestimmungen enthält, ist eine Vereinbarung mit dem Gesellschafter über die Folgen der Einziehung überflüssig und damit eine Zwangseinziehung gegen oder ohne den Willen des Gesellschafters erst möglich. In der Bestimmung des Entgelts und seiner Berechnung ist der Gesellschaftsvertrag grundsätzlich frei und kann die Berechnung auch für die einzelnen Fälle der Zwangseinziehung verschieden gestalten (vgl. aber für den Fall des Gläubigerzugriffs Rdn. 15). Die in der Praxis vorkommenden Regelungen schwanken zwischen dem Nominalbetrag des Geschäftsanteils auf der einen Seite und seinem vollen Verkehrswert auf der anderen Seite; meist sind Zwischenwerte vorgesehen, wie z. B. Anteil am offen ausgewiesenen Eigenkapital der Gesellschaft (Stammkapital zuzüglich offener Rücklagen und Gewinnvortrag sowie abzüglich Verlustvortrag), Anteil an dem aufgrund einer besonderen Bilanz festzustellenden Unternehmenswert, bei dem dann oft stille Reserven nur teilweise, z. B. im Grundstücksvermögen, aufzulösen sind und ein Firmenwert nicht zu berücksichtigen ist, Anteil am Einheitswert des Unternehmens oder Steuerkurswert des Geschäftsanteils. Es empfiehlt sich auch, die Frage der Auszahlung des Einziehungsentgelts satzungsmäßig zu regeln. Unbedingt erforderlich ist dies aber nicht, da im Falle des Fehlens einer Regelung die Fälligkeit mit dem Wirksamwerden des Einziehungsbeschlusses eintritt. Die Satzungen sehen meist Zahlungsziele in Raten bis zu 5 Jahren unter mäßigen Zinssätzen mit Verfallklausel, gelegentlich auch die Verpflichtung zur Sicherung auf dem Gesellschaftsgrundbesitz vor. 4. Verbindungmit einer Kapitalherabsetzung nach § 58 37
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Die Einziehung muß mit einer Kapitalherabsetzung nach § 58 verbunden werden, wenn die Eapitalerhaltungsvorschrifiten der §§19 Abs. 2 S. 1, 30 Abs. 1 und 33 Abs. 1 durch die Einziehung berührt werden. Das ist in § 34 Abs. 3 zwar für § 30 Abs. 1 gesagt, muß aber für die Vorschriften der §§19 und 33 in gleicher Weise gelten, weil § 34 nicht als Ausnahmevorschrift für diese Bestimmungen gedacht ist. § 58 Abs. 3 EGmbHG besagt deshalb zusammenfassend auch, daß die Einziehung nur erfolgen kann, wenn die auf den einzuziehenden Anteil zu leistenden Einlagen voll erbracht sind und ein Einziehungsentgelt aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinausgehenden Vermögen gezahlt werden kann. Die hier zum Ausdruck gebrachte Auffassung entspricht aber auch dem geltenden Recht (RGZ 93 329; BGHZ 9 168; KG OLGR 42 220; Baumbach-Hueck 2c; Vogel 7, 8; Scholz 7; Brodmann 2c; Fichtner BB 1966 148). a) Nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile In der Einziehung eines nicht voll eingezahlten Geschäftsanteils läge, da durch die Amortisation Rechte und Pflichten untergehen (Rdn. 55), der Erlaß der rückständigen Einlage und damit ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 (Rdn. 37). Dies ist aber nur im Wege der Kapitalherabsetzung statthaft. Auch daß ein etwaiger früherer Veräußerer des Anteils nach § 16 Abs. 3 für die rückständigen Einlagen haftet, oder daß vereinbart wird, der betroffene Gesellschafter solle für die noch nicht erbrachten Leistungen weiter haften, ändert nichts. Eine solche Haftung schafft keine echte Einlageschuld mit ihren eigentümlichen Folgen (Kaduzierung des Anteils usw.). Daran ändert auch nichts, daß die Gesellschaft die Amortisation aus vorhandenen Überschüssen vornimmt. Damit wird nur die Auszahlung gedeckt; der Verzicht auf die noch offenen Einlagen bleibt ungültig, auch wenn die Gesellschaft etwa (468)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
§34
freie Rücklagen als Gegenposten für die Ausbuchung der Einlageforderung verwendet. Die Einziehung kann deshalb hier nur durch Verbindung mit einer Kapitalherabsetzung gemäß § 58 wirksam werden. Solange diese nicht rechtswirksam geworden ist, ist die Auszahlung des einbezahlten Einlagebetrags oder des Entgelts für die Einziehung aus den Rücklagen nicht zulässig. Bei nicht voll eingezahlten Geschäftsanteilen läßt sich auch nicht mit einer an sich zulässigen Einziehung eines Teilgeschäftsanteils (Rdn. 42) helfen. Denn der nicht voll eingezahlte Geschäftsanteil ist %ur Hälfte teileingezahlt und zerfällt nicht etwa in einen — einziehbaren — voll eingezahlten und einen überhaupt noch nicht eingezahlten Teilanteil. b) Zahlung des Einziehungsentgelts zu Lasten des Stammkapitals Das Reinvermögen der Gesellschaft, und zwar so wie es buch- und bilanzmäßig 39 ausgewiesen ist — d. h. ohne Berechnung etwa vorhandener stiller Reserven —, darf durch die Zahlung des für die Einziehung zu gewährenden Äquivalents nicht unter die Ziffer des Stammkapitals herabsinken. Die Einziehung gegen Entgelt ist also nur möglich, wenn nach Bezahlung des Entgelts so viel ausgewiesenes Reinvermögen der Gesellschaft vorhanden bleibt, daß die zur Zeit der Einziehung bestehende Ziffer des Stammkapitals gedeckt ist. Nur aus einem Überschuß darf die Amortisation erfolgen. Nur ausgewiesene und nicht etwa stille Reserven können zu den Kosten der Amortisation herangezogen werden. Dieser Überschuß des Reinvermögens über das Stammkapital muß im Augenblick der Zahlung des Einziehungsentgelts vorhanden sein (BGHZ 9 157, 169: nicht die Zeit der Entstehung der Zahlungsverpflichtung, sondern die der Erfüllung ist maßgebend, RGZ 133 395; 136 264, 142 290; 168 301; JW 1938 1176; Baumbach-Hueck 2c; Scholz 6; Vogel 8; Brodmann 5; Fichtner BB 1966 148). Man wird daher annehmen müssen, daß der Beschluß über die entgeltliche Einziehung nur unter der gesetzlichen Bedingung rechtswirksam gefaßt werden kann, daß im Augenblick der Zahlung nicht das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird (RGZ 142 286; RGZ 168 301; Scholz 6 )- Wegen des Wirksamwerdens der Einziehung s. Rdn. 46. Es ist aber auch denkbar, daß der Einziehungsbeschluß von vornherein unwirksam ist; so, wenn schon bei der Beschlußfassung feststeht, daß die Vermögenslage der Gesellschaft auf absehbare Zeit die Zahlung des Entgelts aus überschüssigem Vermögen nicht gestatten wird {Brodmann 5a; ähnlich RGZ 142 286; Feine S. 461). Bei einer Amortisation durch Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens muß der an den Gesellschafter bezahlte Betrag von ihm zurückgezahlt werden (Feine S. 461; Scholz vgl. RGZ 150 28). War das zur Erhaltung des Stammkapitals notwendige Vermögen nur zum Teil für die Auszahlung des amortisierten Anteils verwendet, so ist doch der ganze Vorgang unwirksam. Es bedarf des Nachweises aus den besonderen Umständen, daß die Gesellschaft und der Gesellschafter auch eine Teilamortisation wollten (Feine S. 461; unten Rdn. 42). Die Zulassung der letzteren im Gesellschaftsvertrag genügt allein noch nicht. Für die unentgeltliche Einziehung kommt § 34 Abs. 3 nicht in Betracht (oben Rdn. 20; Vogel 8; Scholz 6; Feine S. 460). Nicht notwendig ist, daß „Gelder" in Höhe jenes Überschusses vorhanden sind. 40 Es genügt das Vermögen in dieser Höhe. Die Auszahlung des Gesellschafters kann aus Krediten erfolgen. Das Einziehungsentgelt braucht aber überhaupt nicht in einer Barabfindung zu bestehen. Es kann z. B. in Grundstücken gewährt werden (so der Fall in RGZ 150 28; dort ist auch ausgeführt, daß §§ 30 und 34 Abs. 3 dann nicht verletzt (469)
§ 34
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
sind, wenn zwar die Gesellschaft über das Einziehungsentgelt hinaus Leistungen an die ausscheidenden Gesellschafter erbringt, letztere aber gleichzeitig vollwertige Gegenleistungen übernehmen). 41 Nicht nur bei einer Einziehung gegen Entgelt unter Heranziehung des Stammkapitals ist die Kapitalherabsetzung erforderlich, sondern auch, wenn ohne Einziehungsentgelt eingezogen wird, die Einziehung aber der Berichtigung einer Unterbilanz dient. Das erweist sich deshalb als erforderlich, weil die Einziehung als solche das Stammkapital unberührt läßt und erst eine damit verbundene Kapitalherabsetzung Bilanzbeträge frei macht, die zur Beseitigung einer Unterbilanz verwendet werden können (Rdn. 20). 5. Einziehung des Teils eines Geschäftsanteils 42
Die teilweise Einziehung eines Geschäftsanteils ist zulässig (BGHZ 9 157, 169; Baumbach-Hueck 2c; Brodmann 3; Scholz 14; Vogel 1). Vorausgesetzt ist, daß dieser nicht unter den gesetzlichen Mindestbetrag des § 5 heruntergeht (so auch Baumbach-Hueck 2c; Scholz 14; Brodmann 3e). Sonst wäre das Gebot des Gesetzes, das keine geringeren Geschäftsanteile zuläßt, leicht zu umgehen. Ebenso muß der Geschäftsanteil stets durch die in § 5 festgesetzte Zahl und, wenn der Gesellschaftsvertrag eine höhere Ziffer festsetzt, durch diese teilbar sein. Das Gesetz spricht zwar nur von der Einziehung von Geschäftsanteilen. Allein, da diese in der Vernichtung derselben besteht, so folgt daraus, daß auch eine nur teilweise Aufhebung möglich ist. Es kann ein Gesellschafter, dem man für eine Erfindung einen Geschäftsanteil von DM 25 000,— zubilligt, bei Nichteinschlagen derselben diesen Anteil auf DM 10 000,— reduzieren lassen. Das Stammkapital braucht hierbei nicht herabgesetzt zu werden. 43 Denkbar und zulässig ist jedoch eine Verbindung von teilweiser Einziehung mit einer Kapitalherabset^mg (BGHZ 9 157, 169). Sie wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Rücklagen das für die Einziehung des vollen Geschäftsanteils zu zahlende Einziehungsentgelt nicht decken und deshalb der nicht gedeckte Teil durch eine Kapitalherabsetzung aus der Kapitalbindung freigemacht werden muß. Hier wird man die Einziehung in zwei Stationen durchführen: nämlich einmal den Teil des Geschäftsanteils, dessen Einziehungsentgelt aus den offenen Rücklagen gedeckt werden kann, und dann in Verbindung mit einer Kapitalherabsetzung nach §¡58 — und damit notwendigermaßen mit der sich aus § 58 Abs. 1 Ziff. 3 ergebenden Verzögerung von einem Jahr — den Restteil des Geschäftsanteils einziehen. 44 Die Teilung eines Geschäftsanteils hält § 17 zwar für den Fall der Veräußerung für zulässig, jedoch ist gemäß § 17 Abs. 6 eine Teilung außer dem Fall der Veräußerung und Vererbung unzulässig. Jedoch bestehen gegen eine Teileinziehung deshalb keine Bedenken, weil durch sie einmal die Zahl der Geschäftsanteile nicht vergrößert wird, und zum anderen bei der Kapitalherabsetzung auch die Nominalbeträge der Geschäftsanteile ebenso wie bei der Teileinziehung herabgesetzt werden können. 45 Ist ein Geschäftsanteil nicht voll eingezahlt, so kann er ohne Kapitalherabsetzung gemäß § 58 auch nicht in Teilen eingezogen werden. Das würde voraussetzen, daß er in einen voll eingezahlten und in einen überhaupt noch nicht eingezahlten Teil zu trennen wäre, und der eingezahlte Teil ohne Verletzung der §§19 Abs. 2, 33 Abs. 1 eingezogen werden könnte. Diese Voraussetzung trifft aber nicht zu (Rdn. 38). Deshalb kann auch der Auffassung der Vorauf!. Anm. 26, daß von einem mit 50% eingezahlten Geschäftsanteil bis zu 25% durch Einziehung ver(470)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
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nichtet und aus dem über das Stammkapital hinausgehenden Vermögen bezahlt werden kann, nur mit der Maßgabe zugestimmt werden, daß hier die Einziehung wegen § 19 Abs. 5 mit einer Kapitalherabsetzung gemäß § 58 verbunden werden muß. IV. Durchführung der Einziehung 1. Zeitpunkt der Einziehung Die Wirkungen der Amortisation treten ein, wenn die auf Vernichtung 46 des Geschäftsanteils gerichtete Erklärung der Gesellschaft vollendet ist und alle Voraussetzungen zu derselben vorhanden sind. Es ist grundsätzlich unerheblich, in welcher Reihenfolge die Erklärung der Einziehung (Rdn. 47) und der Eintritt der Voraussetzungen (vgl. über diese oben Rdn. 24ff.) sich abspielen, ob diese oder jene zuerst vorhanden sind (Schol^ 8). Allerdings muß im Augenblick der Zahlung des Einziehungsentgelts so viel ausgewiesenes Reinvermögen der Gesellschaft vorhanden sein, daß die bestehende Ziffer des Stammkapitals gedeckt ist (vgl. Rdn. 39). Es ist möglich, daß der Anteilsberechtigte zuerst seinen Geschäftsanteil der Gesellschaft zur Einziehung überläßt, daß dann die Gesellschafter formlos schriftlich die Amortisation beschließen und daß dann erst die Statutenänderung, welche die Amortisation zuläßt, erfolgt. Dann ist die Einziehung des Geschäftsanteils erst mit dem Eintrag der Statutenänderung im Handelsregister vollendet. Ist die Amortisation im Gesellschaftsvertrag für bestimmte Fälle auch ohne Mitwirkung des Anteilsberechtigten vorgesehen, so ist dessen Geschäftsanteil noch nicht notwendig mit dem Moment vernichtet, in dem ihm die Einziehungserklärung der Gesellschaft zugegangen ist. Denn in diesem Zeitpunkt steht — wenn die Zahlung des Einziehungsentgelts erst später erfolgen soll — noch nicht fest, ob die Zahlung ohne Beeinträchtigung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens möglich sein wird. Dementsprechend wird die Einziehung erst im Augenblick der Zahlung ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals voll wirksam. Während der Dauer des möglicherweise länger andauernden Schwebezustandes nach Zugang der Einziehungserklärung bis zur Entgeltszahlung ruhen alle mit dem für eingezogen erklärten Geschäftsanteil verbundenen Rechte. Bestreitet der Betroffene die Berechtigung der Einziehung, so ist ihm gegen den Einziehungsbeschluß der Gesellschafterversammlung die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage möglich, er kann aber auch die Feststellung der Nichtigkeit der Einziehungserklärung begehren (z. B. wenn der Geschäftsführer ohne ermächtigenden Gesellschafterbeschluß gehandelt hat); die Gesellschaft hat ihrerseits die Möglichkeit der Feststellungsklage. 2. Einziehungsbeschluß und -erklärung Zur Wirksamkeit der Einziehung ist ein Einziehungsbeschluß und sein 47 Zugang an den betroffenen Gesellschafter erforderlich. Der Einziehungsbeschluß gehört vorbehaltlich anderweitiger Satzungsbestimmung zur Zuständigkeit der Gesellscbafterversammlung (§§ 46 Ziff. 4, 45). Die Einziehung selbst ist eine einseitige Erklärung der Gesellschaft (Scholz 8; Vogel 2; Baumbach-Hueck 3A; Feine S. 465 und oben 3). Sie ist es auch in dem Falle, in welchem die Zustimmung des Anteilsberechtigten erkauft oder sonstwie durch Vereinbarung erlangt wird. Der Fall liegt dem der Vernichtung einer eingetragenen Hypothek analog. Diese erfolgt auf einseitige Löschungserklärung des Eigentümers. Es bedarf hierzu der Zustimmung des (471)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
Hypothekengläubigers. Diese Löschung der Hypothek ist kein Vertrag zwischen Eigentümer und Gläubiger, auch wenn die Zustimmung des letzteren nicht ohne Entgelt erfolgt (§1183 BGB). Demgegenüber steht der Übergang der Hypothek auf den Eigentümer als Eigentümerhypothek, wie bei der GmbH der Erwerb des eigenen Geschäftsanteils sich vor der Amortisierung unterscheidet. Die Einziehungserklärung ist — wie bereits im einzelnen in Rdn. 3 dargelegt — eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie muß dem Gesellschafter gegenüber erklärt sein (Schoki 8; Vogel 2; Baumbach-Hueck 3A; a. M. Feine S. 463 ohne ersichtlichen Grund). Sie bedarf keiner Form. Sie kann sich mit der Vereinbarung über die Zustimmung verbinden. Sie wird dies meist dann, wenn der Gesellschafterbeschluß, diejenigen Geschäftsanteile zu amortisieren, mit deren Inhabern eine Verständigung gelingt, schon vorliegt. Dann ist die Einziehung — von der Zahlung des Einziehungsentgelts, vgl. Rdn. 46, abgesehen — erst mit Zugang der Zustimmungserklärung des betroffenen Gesellschafters bei der Gesellschaft perfekt (so auch Scholz 8). 48 Ist die Verständigung mit dem Anteilsberechtigten vorausgegangen, so bedarf es der Mitteilung über den Einziehungsbeschluß an denselben. Solange dies nicht geschehen ist, kann dieser Beschluß von den Gesellschaftern wieder aufgehoben werden. Zur Fassung des Einziehungsbeschlusses ist die Gesellschafterversammlung berufen. Ist der Einziehungsbeschluß gefaßt, teilt ihn der Geschäftsführer als Erklärung der Gesellschaft dem Gesellschafter, um dessen Anteil es sich handelt, mit (vgl. oben Rdn. 3). Ohne Vorliegen des hiernach notwendigen Beschlusses der Gesellschafterversammlung kann der Geschäftsführer die Einziehung dem betroffenen Gesellschafter nicht rechtswirksam mitteilen {Schol^ 8; Vogel 2). Die Mitteilung des Geschäftsführers ist auch dann wirkungslos, wenn der Beschluß der Gesellschafterversammlung nichtig ist RGZ 142 286 = JW 1934 977). 49 Die Befugnis zur Amortisierung kann einem anderen Organ, Aufsichtsrat oder Geschäftsführer, übertragen sein (§ 45 Abs. 2; so auch Schol^ 8; Vogel 2; BaumbachHueck 3A). Die Zulassung im Gesellschaftsvertrag nach § 34 Abs. 1 kann aber stets nur durch die Gesellschafter selbst erfolgen. Sind dieselben für beides, also auch für den Einziehungsbeschluß zuständig, so kann die Zulassung und der Beschluß in demselben Akt erfolgen. Es ist nicht nötig, zwei Versammlungen abzuhalten. Nur die Wirksamkeit der Einziehung ist abhängig von der Eintragung der Statutenänderung im Handelsregister (vgl. oben Rdn. 28). Ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Einziehung einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen, so entfällt die Möglichkeit einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage gegen den Gesellschafterbeschluß und bleibt statt dessen nur die Klage des Gesellschafters auf Nichtigkeit der Einziehungserklärung gegen die Gesellschaft. 3. Keine automatische Einziehung 50
Für die Einziehung des § 34 ist ein Einziehungsbeschluß mit entsprechender Erklärung an den betroffenen Gesellschafter erforderlich. Es ist aber bestritten, ob dieses Erfordernis unabdingbar ist, oder ob es auch eine Einziehung kraft Satzung geben kann (so LG Frankfurt a. M. GmbH-Rdsch. 1962 118; Feine S. 378; Vorauf!. § 15 Anm. 3; Schuler GmbH-Rdsch. 1962 114 und 152; Däubler Die Vererbung des Geschäftsanteils bei der GmbH, 1965, S. 117ff.; Haegele GmbH-Rdsch. 1972 219, 221; Finger GmbH-Rdsch. 1975 97, 99; a. M. Baumbach-Hueck §15 Anm. 1A; Scholz 8 ; Becker GmbH-Rdsch. 1941 243; Hueck DNotZ 1952 556 N. 14; Barella GmbH-Rdsch. 1959 45; Knur Familiengesellschaft S. 108/109; Wiedemann Über(472)
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tragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, S. 93/94; Eder\Berg\Gottschling\ Gaul Handbuch der GmbH, Rdn. 1123; vgl. weiter die Literaturnachweise bei § 15 Rdn. 5). Das Wesen der Einziehung, so wie es in § 34 geregelt ist, widerspricht einer Automatik; auch wenn man sie als durch die Satzung im voraus beschlossene und anerkannte Einziehung (so Voraufl. aaO.; Schuler aaO.) ansieht, ändert das nichts daran, daß ohne Prüfung, Entscheidung und Erklärung eines Gesellschaftsorgans der Verlust des Geschäftsanteils eintritt, den §§ 34, 46 von Entscheidungen abhängig macht. Auch sieht § 34 Abs. 1 nur die satzungsmäßige Festlegung der Einziehungsmöglichkeit, nicht aber bereits die Ein^iehungsfolge vor. Schließlich hängt die Rechtswirksamkeit der Einziehung, wenn sie ohne Verbindung mit der nur durch Gesellschafterbeschluß möglichen Kapitalherabsetzung erfolgt, auch davon ab, daß die Einlage auf den Geschäftsanteil voll geleistet ist und die Zahlung des Einziehungsentgelts nicht zu Lasten des Stammkapitals geht. Das sind Voraussetzungen, die im vorhinein nicht bestimmt, sondern erst geprüft werden können, wenn eine Einziehungsentscheidung ansteht. Eine Einziehung kraft Satzung könnte also immer nur unter Voraussetzungen wirksam werden, die eine generelle Regelung, z. B. die statutarische Anordnung einer Unvererblichkeit, unmöglich machen. Wenn danach auch ein Einziehungsbeschluß unverzichtbar ist, so muß dieser nicht unbedingt von der Gesellschafterversammlung gefaßt werden. Der Gesellschaftsvertrag kann auch die Zuständigkeit eines anderen Organs begründen (vgl. § 46 Rdn. 13). 4. Form der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters Da die Zustimmung zur Einziehung (Rdn. 29) keinen Anteilserwerb darstellt, 51 unterliegt sie nicht der Formvorschrift des § 15, ist vielmehr formlos wirksam. Jedoch liegt in der Zustimmung zur Einziehung ohne Vergütung eine unentgeltliche Zuwendung (vgl. im einzelnen Rdn. 12 und Anhang § 34 Rdn. 40). Zwar nicht in dem Sinne, daß der Geschäftsanteil als Aktivum übertragen wird. Wohl aber wird ohne Entgelt auf ein Recht verzichtet. Die Zustimmung zu unentgeltlicher Einziehung bedeutet aber keine Schenkung an die Gesellschaft, da es an der Bereicherung der Gesellschaft fehlt (vgl. die Nachweise bei Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 86, der selbst allerdings sowohl eine Schenkung an Gesellschaft wie verbleibende Gesellschafter annehmen will), wohl aber eine solche an die Mitgesellschafter (vgl. oben Rdn. 12 und Anhang § 34 Rdn. 40). Es bedarf aber nicht der Form des § 518 Abs. 1 BGB (so auch im Ergebnis Schofy 17; Brodmann 4; a. M. noch die 5. Aufl.). Denn die Zustimmung ist als ein aufschiebend bedingter „Verzicht" des betroffenen Gesellschafters auf seinen Anteil (Schaffung der seitens seiner Person zur Vernichtung des Anteils erforderlichen Voraussetzungen) anzusehen, was für den Vollzug der Zuwendung ausreicht. Liegt nicht nur ein Versprechen künftigen Verzichts, sondern dieser selbst vor, so ist 52 der Gesellschafter gebunden, auch wenn alle Voraussetzungen der Einziehung erst beschafft werden müssen, Zulassung im Gesellschaftsvertrag, Beschluß der Herabsetzung des Stammkapitals und der Einziehung und Ablauf des Sperrjahrs usw. Der Wille der Kontrahenten kann nur aus den Umständen des Falles geschöpft werden. Einen sofortigen Verzicht wird man z. B. annehmen, wenn der Gesellschafter eine von der Gesellschaft ausgestellte Urkunde über den Geschäftsanteil dieser ausfolgt und ihr schreibt, er überlasse ihr denselben zur Einziehung. Dagegen wäre in einer Besprechung im Aufsichtsrat, bei der ein Gesellschafter erklärt, wenn sich eine Mehrheit der Gesellschafter für ein der Versammlung zu unterbreitendes Projekt finde, einen Teil seines Geschäftsanteils amortisieren zu lassen, nur eine Zusage künf(473)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
tigen Verzichts zu erblicken. Zu beachten ist, daß bei unentgeltlicher Überlassung des Geschäftsanteils es sich oft um die Tilgung einer Unterbilanz handelt, und der Gesellschafterversammlung, welche die Herabsetzung des Stammkapitals zu beschließen hat, eine feste Zusage vorgelegt werden soll. Man wird daher, sobald die Erklärung der Gesellschafterversammlung gemacht ist, meist annehmen dürfen, daß es sich um den Verzicht selbst handelt, so daß es dann nur der Einziehung selbst und der Mitteilung durch den Geschäftsführer bedarf, um den Geschäftsanteil zu vernichten. 5. Keine Anmeldung zum Handelsregister 53
Die Einziehung ist zum Handelsregister nicht anzumelden (KG OLGR 27 372; Baumbach-Hueck 3B; Vogel 3; Scholl^ 4; Feine S. 463). Soweit die Einziehung eine Kapitalherabsetzung erfordert und mit einer solchen verbunden ist, bedarf sie selbstverständlich der ordnungsgemäßen Anmeldung. Auch ändert die Einziehung die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises und erscheint deshalb in der nächsten gemäß § 40 dem Handelsregister anzumeldenden Gesellschafterliste. Die nachträgliche Zulassung der Einziehungsmöglichkeit im Wege der Satzungsänderung bedarf natürlich als solche zu ihrer Wirksamkeit der Anmeldung zum und der Eintragung im Handelsregister. Sie ist aber mit der Einziehung nicht identisch, sondern nur eine Voraussetzung der Einziehung eines Geschäftsanteils. V. Wirkungen der Einziehung 1. Vernichtung des Geschäftsanteils
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Der Geschäftsanteil wird durch die Amortisation vernichtet. Es gibt künftig weder Rechte noch Pflichten aus demselben (KG OLGR 42 220), soweit solche nicht bereits fällig geworden waren {Baumbach-Hueck 3B; Vogel 3; Feine S. 464). Es tritt keine Rechtsvermiscbung ein, bei der alle Rechte und Pflichten sich in einer Person vereinigen. Daher hat der Gesellschafter den bei Wirksamwerden der Einziehung geschuldeten Anteil am Verlust der Gesellschaft bei der Einlage eines anderen Gesellschafters (nach § 24) noch zu entrichten (Baumbach-Hueck 3B; Feine S. 464). Andererseits hat er Anspruch auf Gewinn für die zurückliegende Zeit nur, wenn dessen Ausschüttung vor der Einziehung bereits beschlossen war, da nur dann ein Gläubigerrecht gegeben ist (Scholz 12; Baumbach-Hueck 3B). Auch der Anspruch auf beschlossene Nachschußrückzahlung ist nur gegeben, wenn alle Voraussetzungen nach § 30 Abs. 2 gegeben sind, also u. a. die dreimonatige Frist des § 30 Abs. 2 Satz 2 vor der Einziehung abgelaufen war (Scholz 12). Er hat den eingerufenen Nachschuß noch zu leisten. Im Gesellschaftsvertrag oder bei der Vereinbarung mit dem Gesellschafter kann Abweichendes bedungen sein. Der Verzicht der Gesellschaft auf eine bereits verfallene Verpflichtung des Anteilsberechtigten macht die Einziehung stets zu einer entgeltlichen (vgl. oben Rdn. 12; Schol^ 12; KGJ 43 A. 110). Für die Frage, ob hierdurch § 30 Abs. 1 verletzt wird, ist aber nicht maßgebend, welcher Art diese Verpflichtung ist, also ob Nachschußleistung oder Haftung für den Ausfall bei einem anderen Gesellschafter, sondern stets nur der Vermögensstand der Gesellschaft. War bei Einrufung der Nachschüsse bereits eine Unterbilanz vorhanden, so mindert der Nachlaß dieser Nachschußleistung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen. Denn die Nachschußforderung bildet nach Einrufung einen (474)
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echten Aktivposten. Umgekehrt kann, wenn die Gesellschaft schon große Reserven besitzt, der Verzicht auf die Haftung für den Ausfall gegen Einziehung des Geschäftsanteils unter § 34 fallen, sobald eben hierdurch das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht angegriffen ist. 2. Untergang der Rechte Dritter Mit der durch die wirksame Einziehung eintretenden Vernichtung des Geschäfts- 55 anteils werden auch alle Rechte Dritter an dem Geschäftsanteil vernichtet (Baumbach-Hueck 3B; Schol^ 13; Vogel 3; Brodmann 3; Feine S. 464; Fichtner BB 1966 148). Die Pfändungsgläubiger erhalten ihr Pfandrecht nur an einem mit diesem Todeskeim behafteten Geschäftsanteil. Nicht als solches Recht eines Dritten am Geschäftsanteil ist der Erwerb desselben durch den Dritten zu betrachten. Wird der Geschäftsanteil veräußert, ehe die Einziehung ausgesprochen ist, und setzt die Einziehung das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Momente in der Person des Gesellschafters voraus (oben Rdn. 33), so ist die Einziehung undurchführbar. In solchem Fall bietet nur die statutarisch vorgeschriebene Genehmigung zur Veräußerung der Gesellschaft Schutz. Der Untergang der Rechte Dritter durch die Einziehung ist der Grund, warum die Zustimmung der Drittberechtigten zur Einziehung des Geschäftsanteils außer den Fällen der Zwangsamortisation erforderlich ist (Rdn. 10). 3. Unverändertes Stammkapital Auf das Stammkapital hat die Einziehung eines Geschäftsanteils als solche 56 keinen Einfluß, es sei denn, daß sie mit einer Kapitalherabsetzung verbunden wird und diese sich auf das Stammkapital auswirkt. Staub (1. Aufl. Anm. 4 S. 109) hatte die Ansicht vertreten, daß jede Amortisation eines Geschäftsanteils eine Herabsetzung des Stammkapitals bedeute; denn unter den Passiven mindere sich der Betrag des Stammkapitals um den Betrag des eingezogenen Geschäftsanteils und der Betrag des Stammkapitals sei gleich der Summe der Geschäftsanteile (§ 5 Abs. 3). Dieses Argument kann nicht durchgreifen. Das Gesetz verlangt nur, daß bei der Gründung die Summe der Stammeinlagen dem Stammkapital gleichkomme. Von den Geschäftsanteilen ist nicht die Rede. Wenn sich diese auch nach der Einlage richten (§ 14), so ist doch nirgends verlangt, daß stets so viel Geschäftsanteile vorhanden sein müssen, daß deren Summe dem Stammkapital entspricht (BaumbachHueck 3B; Schofy 11; Vogel 3). Jedenfalls müßte dieser Grundsatz des Gesetzes, selbst wenn er bestände, vor dem wichtigeren Satze desselben zurücktreten, daß eine Herabsetzung des Stammkapitals nur unter Wahrung der Vorschriften des § 58 erfolgen darf und daß jede Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft verboten ist (§ 30 Abs. 1). Beiden Sätzen würde es aber widersprechen, wollte man die Einziehung eines Geschäftsanteils aus den das Stammkapital überschreitenden Vermögensbeträgen an die Herabsetzung des Stammkapitals knüpfen. Solange also nicht ein durchgeführter Herabsetzungsbeschluß (§ 58) vorliegt, bleibt das Stammkapital in seiner alten Höhe (jetzt allgemeine Meinung, vgl. BaumbachHueck 3B; Scholz 11; Vogel 3; Brodmann 1; Feine S. 464; RFH 39 27; KG OLGR 27 372; KG DR 1943 12308; im AktG von 1965 ist ein anderer Weg beschritten, §§ 237—239 AktG: die Einziehung von Aktien ist eine Maßnahme zur Herabsetzung des Grundkapitals, während früher § 227 HGB noch eine dem GmbHG ähnliche (475)
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Regelung hatte. § 58 Abs. 5 RegE will den Gleichklang zwischen Stammkapital und Summe der Geschäftsanteile durch Erhöhung der Nennbeträge der übrigen Geschäftsanteile sichern (Rdn. 2)). 57 Stammkapital ist ja der Betrag, den die Gesellschafter im Hinblick auf die Sicherheit der Gläubiger als unantastbar zu betrachten haben. Es wird nur durch die Stammeinlagen gebildet. Daher muß, da für jede Stammeinlage ein Geschäftsanteil gegeben wird, der Nominalbetrag aller Anteile bei der Gründung mit dem Stammkapital übereinstimmen. Aber daß diese Ubereinstimmung stets vorliegen müsse, ist unrichtig. Der Nennwert der Geschäftsanteile bedeutet ja nur die Größe der Beteiligung. Sind bei einer Gesellschaft mit einem Stammkapital von DM 200 000,— 20 Anteile zu je DM 10 000,— vorhanden, ist jeder zu einem Zwanzigstel beteiligt. Dies bleibt, wenn auch jeder Anteil von DM 10 000,— bis auf DM 1000,— eingezogen wird. Umgekehrt aber, wenn von diesen Anteilen nur einzelne verschwinden, erhöht sich, wenn auch der Nominalbetrag bleibt, die Beteiligungsquote; es ändert sich dann das Beteiligungsverhältnis der verbleibenden Geschäftsanteile an der Gesellschaft (Schol^ 11; Feine S. 465). Das Beteiligungsverhältnis der verbleibenden Gesellschafter untereinander bleibt unberührt; ihnen wächst aber bruchteilmäßig ein höherer Anteil an der Gesellschaft zu (KG DR 1943 1230; Heim DR 1944 320). Mit der Einziehung ist die Summe der Geschäftsanteil-Nennbeträge nicht mehr gleich der Ziffer des Stammkapitals (Baumbach-Hueck 3B). Man beseitige z. B. von den genannten 20 Anteilen 10. Dann bleibt das Stammkapital mit DM 200 000,—. An diesem sind noch 10 Geschäftsanteile beteiligt, also jetzt jeder zu einem Zehntel. Nur wenn mit der Einziehung eine Herabsetzung des Stammkapitals verbunden wird, und die Vorschriften des § 58 gewahrt sind, kann sich dieses, d. h. der für die Gläubiger zu reservierende Betrag vermindern. Dann wird die Beteiligungsquote der restierenden Gesellschafter sich zwar ebenfalls erhöhen, aber sie wird sich auch nominell wieder in einem Geschäftsanteil ausdrücken, der der Beteiligungsziffer als Teil des Stammkapitals entspricht. Wenn also das Stammkapital um obige DM 100 000,— reduziert wird, so bleiben 10 Geschäftsanteile zu je DM 10 000,—. Jeder ist also wieder ein Zehntel des Stammkapitals von DM 100 000,—. 4. Auswirkung auf verbleibende Gesellschafter 58
Die Folge der in Rdn. 57 f. dargestellten Änderung der BeteiligungsVerhältnisse zur Gesellschaft kann sich für die verbleibenden Gesellschafter positiv und negativ darstellen: Gewinnanteil und Liquidationsquote erhöhen sich, andererseits vermehren sich auch die Lasten wie Nachschußzahlungen und die Haftung aus §§ 24 und 31 {Baumbach-Hueck 3B; Schal£ 11; Vogel 3). Daß auch die Sonderleistungspflichten (§ 3 Abs. 2) anteilig auf die verbleibenden Gesellschafter entfallen (so Vogel 3), trifft im Grundsatz nicht zu (verneinend auch Scholz 11); es ist jedoch denkbar, daß im Einzelfall dem Gesellschaftsvertrag oder seiner Auslegung eine solche anteilige Verteilung der Sonderleistungen zu entnehmen ist. 5. Bilanzierung
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Der Betrag, um den die Summe der verbleibenden Geschäftsanteile geringer wird als das Stammkapital, bildet keinen Reservefonds. Denn dieser setzt einen Überschuß über das Stammkapital voraus. Nur soweit eine Herabsetzung des Stammkapitals unter Beobachtung der Vorschriften des § 58 gleichzeitig stattfindet, (476)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
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kann der freiwerdende Betrag ein Reservekonto bilden. Die frühere Ansicht, die mit jeder Einziehung eines Geschäftsanteils die Herabsetzung des Stammkapitals verbindet (oben Rdn. 57), mußte zur Ausfüllung der Lücke auf der Passivseite zu dem Reservekonto greifen. Auch in der Bilanz wird trotz der Einziehung, soweit nicht gleichzeitig eine Kapitalherabsetzung beschlossen wird, das Stammkapital in alter Höhe ausgewiesen. Die Buchung bzw. Zahlung des Einziehungsentgelts wird zu Lasten der Rücklagen oder des Gewinnvortrags erfolgen; dies schon wegen § 30, d. h. erfolgt mit der Einziehung nicht gleichzeitig eine Kapitalherabsetzung und stehen auch keine (offenen oder stillen) Reserven zur Verfügung, so muß die Zahlung des Einziehungsentgelts unterbleiben. 6. Schaffung eines neuen Geschäftsanteils statt des eingezogenen Sehr umstritten ist, ob im Rahmen des bestehenden Stammkapitals anstelle des 60 eingezogenen Geschäftsanteils ohne Kapitalerhöhung ein neuer Geschäftsanteil (ggf. zur Verwaltung durch die Gesellschaft) gebildet werden kann (dafür: KG DR 1943 1230; v. Godin DJ 1943 141; Heim DR 1944 320; Becker GmbH-Rdsch. 1943 278; Gonnella GmbH-Rdsch. 1962 253; dagegen: BFH 95 537, 540; Brodmann 1; Mangold DJ 1943 179 und 44, 20; Scholz 165 Vo&el 35 Baumbach-Hueck 3D; Hösel DNotZ 1958 14; Fichtner BB 1966 148; Hohner Festschrift Barz (1974), S. 165). § 58 Abs. 5 EGmbHG will zwar (vgl. Rdn. 2) der Gesellschaft nicht die Möglichkeit geben, einen neuen Geschäftsanteil zu bilden, erhöht aber kraft Gesetzes die Nennbeträge der übrigen Geschäftsanteile entsprechend dem unter ihnen bestehenden Verhältnis. Für das geltende Recht ist die Möglichkeit anzuerkennen, anstelle des eingebogenen Geschäftsanteils ohne Kapitalerhöhung einen neuen bilden (vgl. auch § 2 Rdn. 92; lOOff.; § 5 Rdn. 18). Wenn die Ablehnung der hier vertretenen Auffassung damit begründet wird, daß das Gesetz die Schaffung neuer Geschäftsanteile nur bei der Gründung oder bei einer Kapitalerhöhung kennt, so ist dies zu eng. Geht man nämlich davon aus, daß durch die Neubildung eines Geschäftsanteils im Rahmen des bereits bestehenden Stammkapitals nur das alte Verhältnis (d. h. Stammkapital = Summe der Geschäftsanteile) wieder hergestellt wird, so ist die vom KG ausführlich begründete und hier anerkannte Auffassung richtig. Wie oben in Rdn. 56 f. ausgeführt, wächst mit der Einziehung bruchteilmäßig den 61 verbleibenden Gesellschaftern ein höherer Anteil am Gesellschaftsvermögen v>u, ohne daß sich der Nennbetrag der Geschäftsanteile verändert. Es steht aber nichts im Wege, diesen bruchteilmäßigen Zuwachs bei den Geschäftsanteilen der übrigen Gesellschafter auch nennbetragsmäßig zum Ausdruck zu bringen. So ist es — heute wohl nicht mehr bestritten — zulässig, daß — ohne Angabe neuer Geschäftsanteile — durch Satzungsänderungen lediglich die Nennwerte der verbliebenen Geschäftsanteile dem Betrag des unverändert gebliebenen Stammkapitals angeriehen werden. Eine solche Angleichung stellt lediglich einen rein formellen Vorgang in Gestaltung der Beseitigung eines „juristischen Schönheitsfehlers" dar (BFH 85 90, 92; FG RheinlandPfalz EFG 1965 282; Thiel GmbH-Rdsch. 1961 49, 50; Kohlenbach DB 1961 180; Hohner Festschrift Barz (1974) S. 165). Da eine solche nennbetragsmäßige Erhöhung der Geschäftsanteile der verbleibenden Gesellschafter aber meist mit der Stückelungsvorschrift des § 5 nicht in Einklang zu bringen sein wird, ist statt dessen die Bildung eines neuen Geschäftsanteils in Höhe des eingezogenen und untergegangenen Geschäftsanteils als zulässig zu erachten. Anzunehmen, daß dieser neue Geschäftsanteil in Bruchteilsgemeinschaft den bisherigen Gesellschaftern zustehe (Heim (477)
§ 34
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
DR 1944 320), erscheint zweifelhaft. Der neugebildete Geschäftsanteil steht vielmehr richtigerweise der Gesellschaft zu und kann von dieser auch verwertet werden. 62 Für die Zulässigkeit der Neubildung spricht ferner, daß die Gläubiger durch die Neubildung eines Geschäftsanteils nicht geschädigt werden, da sich die Haftungsgrundlage der GmbH nicht zu deren Ungunsten verändert. Die Zulassung der Neubildung eines Geschäftsanteils ohne Kapitalerhöhung entspricht auch einem wirtschaftlichen Bedürfnis; es mag durchaus sinnvoll sein, einen einmal eingezogenen und damit vernichteten Geschäftsanteil in einem späteren Zeitpunkt neu zu bilden, z. B. weil sich erst in einem späteren Zeitpunkt ein Dritter findet, der sich an dem von der GmbH betriebenen Unternehmen anstelle des ausgeschiedenen Gesellschafters beteiligen will. Wenn auch für diese Fälle § 33 die Möglichkeit eröffnet, daß die Gesellschaft anstatt der Einziehung den Erwerb eines Geschäftsanteils vornimmt, so kann dies nicht als Argument gegen die Zulässigkeit der Neubildung eines Geschäftsanteils angeführt werden. 63 Die Neubildung eines Geschäftsanteils erfolgt ohne Kapitalerhöhung durch Beschluß der Gesellschafterversammlung (in entsprechender Anwendung des § 46 Nr. 4); die Frage, welche Mehrheit in der Gesellschafterversammlung erforderlich ist, bleibt in KG DR 1943 1230 offen. Erforderlich ist, wie Gonnella GmbH-Rdsch. 1962 254 überzeugend nachweist, vorbehaltlich einer anderweiten Regelung des Gesellschaftsvertrags, Einstimmigkeit; die Vorauf!. Anm. 30 ließ einfache Mehrheit genügen, verlangte aber gemäß § 53 Abs. 3 Zustimmung aller Gesellschafter, was im Ergebnis auf das gleiche hinausläuft. Nur bei Einhaltung des Einstimmigkeitserfordernisses ist der einzelne Gesellschafter hinreichend davor geschützt, daß seine rechnerisch größere unmittelbare Beteiligung an der Gesellschaft durch den neuen, der Gesellschaft zugewiesenen Anteil geringer wird, wenn auch der gesamte Wert seiner unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung sich nicht ändert. Durch eine mögliche Verfügung der Gesellschaft über den ihr zugewiesenen Anteil könnte sich indes in der Folgezeit die Beteiligung der einzelnen Gesellschafter verändern. Dies kann nur hingenommen werden, wenn die Gesellschafter eine solche Möglichkeit durch ihre frühere Zustimmung zum Erwerb der Gesellschaft hingenommen haben. Sowohl der Gesellschaftsvertrag wie auch ein einstimmiger Gesellschafterbeschluß kann die Geschäftsführer zur Neubildung des Geschäftsanteils ermächtigen (KG DR 1943 1230). Einer Anmeldung zum Handelsregister bedarf es nicht; lediglich in der nächsten nach § 40 einzureichenden Liste erscheint der Inhaber des neu ausgegebenen Geschäftsanteils als Gesellschafter. VI. Folge eines Verstoßes gegen § 34 64
Ein Verstoß gegen § 34 ist nach den allgemeinen, dem AktG zu entnehmenden Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen (vgl. BGHZ 11 231; BGH BB 1954 698 und Anhang zu § 47) zu beurteilen. Danach wird im allgemeinen bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 34 Nichtigkeit der Einziehung eintreten, meist deshalb, weil Gläubigerschutzvorschriften i. S. von § 241 Ziff. 3 AktG verletzt sind (Scholz 15; Baumbach-Hueck 3C; RGZ 142 286; BGHZ 9 157, 173). Nicht ordnungsgemäße Beschlußfassung (oben Rdn. 47) wird dagegen nur Anfechtbarkeit nach sich ziehen (Scholz 15). Bei Nichtigkeit oder nach erfolgreicher Anfechtung bleibt der Ausgeschlossene Gesellschafter wie bisher. Ist durch die Einziehung auch § 30 verletzt, so greift § 31 ein. (478)
Einziehung [Amortisation] (Hohner)
§34
VII. Recht auf Einziehung Ein Recht des einzelnen Gesellschafters auf Einziehung seines Geschäfts- 65 anteils kennt das Gesetz nicht. Wirtschaftlich würde ein derartiges Recht bedeuten, daß der Gesellschafter aus der weiter bestehenden Gesellschaft ausscheiden kann, wenn die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts gegeben sind. Das läßt sich im Ergebnis auch erreichen durch eine statutarisch vorgesehene Kündigung, die entweder Übernahmeverpflichtungen der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter hinsichtlich des Geschäftsanteils auslöst, oder die Auflösung zwar eintreten läßt, den übrigen Gesellschaftern aber die Möglichkeit der Fortsetzung der Gesellschaft gibt (im einzelnen vgl. Erl. zu § 60). Jedoch dürfte es auch zulässig sein, im Gesellschaftsvertrag einen Rechts- 66 ansprach eines Gesellschafters vorzusehen, daß der Gesellschafter jederzeit oder bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Einziehung seines Geschäftsanteils verlangen kann. Das ist eine Gestaltung, die insbesondere bei der GmbH & Co. KG häufiger ist, wo dem aus der KG austretenden Gesellschafter — ebenso in der Regel auch der KG — das Recht eingeräumt wird, die Einziehung oder die Übernahme seines Anteils an der Komplementär-GmbH zu verlangen. Auch bei der Doppelgesellschaft wird meist vorgesehen, daß die Beteiligung an der Organ-GmbH von der Mitgliedschaft in der Grundgesellschaft derart abhängig ist, daß der Anteil des aus der Grundgesellschaft Ausscheidenden von der Organ-GmbH einzuziehen ist (Treeck Der Austritt aus der Doppelgesellschaft, 1968, S. 60). In derartigen Fällen kann die Gesellschaft auf Einziehung oder Übernahme des Geschäftsanteils verklagt werden ("Treeck aaO. S. 54/55). Zulässig ist auch ein im Gesellschaftsvertrag festgesetzter Anspruch der Gesellschafter, daß diese aus dem Reingewinn die Geschäftsanteile amortisieren, entweder in bestimmter Reihenfolge oder nach dem Los. Dies wird dann vorkommen, wenn es sich um ein Wohltätigkeits- und Geselligkeitsinstitut handelt, bei dem die Gesellschafter auf Dividenden verzichten, aber ihr Kapital aus den etwaigen Überschüssen zurückerhalten sollen. Das Interesse geht hier nicht auf die Fortdauer der gesellschaftlichen Beteiligung, sondern auf deren Aufhebung. Aber auch in Fällen der Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen, bei dem infolge einer Vorzugsbeteiligung sowohl die Gesellschaft ein Recht der Wiederbeseitigung der Vorzugsanteile hat, als auch den Gesellschaftern dieser Art eine Sicherung der Rückzahlung ihres Geldes gegeben werden soll. Stets liegt hier nur eine zulässige Vereinbarung über die Verwendung des Reingewinns vor. Es ist jeweils Auslegungsfrage, ob die Bestimmung des Gesellschaftsvertrags über die Verwendung des Reingewinns zu Amortisationen ein Recht der Gesellschafter oder nur der Gesellschaft erzeugt. VUU. Steuerfragen Von erheblicher Bedeutung war die Frage, inwieweit aufgrund unentgeltlicher 67 Einziehung eine Schenkungsteuerpflicht ausgelöst wird. Dagegen wurde insbesondere vorgebracht, es fehle an einer Bereicherung der Gesellschaft, da deren Vermögen sich nicht vermehre, aber auch an einer Bereicherung der Gesellschafter fehle es, da diese zugleich mit etwaiger Verpflichtung zur Nachschußzahlung und der Haftungsquote aus §§ 24,31 Abs. 3 belastet würden (vgl. Scholz 17» Voß GmbHRdsch. 1970 314, 317), während hier grundsätzlich die Schenkung zugunsten der Mitgesellschafter bejaht wurde (oben Rdn. 51). Die Streitfrage hat sich durch den neugeschaffenen Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schen(479)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
kungsteuergesetzes vom 17. 4.1974 (BGBl. I, 933) dadurch teilweise erledigt, daß das Gesetz nunmehr den auf einem Gesellschaftsvertrag beruhenden Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter über die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für einen Anteil zur Zeit seines Todes nach § 12 ergibt, Abfindungsansprüche Dritter übersteigt, als Schenkung auf den Todesfall fingiert. Eine entsprechende Steuerlast wird im Falle des auf der gesellschaftsvertraglichen Regelung beruhenden ganzen oder teilweisen Ausscheidens eines Gesellschafters nach § 7 Abs. 7 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ausgelöst. Soweit eine Schenkungsteuer anfällt, ist stets der Wertzuwachs (Differenz zwischen Steuerwert des Anteils und Abfindung) den übrigen Gesellschaftern zuzurechnen und nach deren Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser entsprechend zu versteuern, was wegen der regelmäßig günstigeren Steuerklasse von nicht unerheblicher praktischer Auswirkung sein kann {Tillmann GmbH-Rdsch. 1974 262, 266; a. A. Michel GmbH-Rdsch. 1974 133, 136). Beim Ausscheiden eines Gesellschafters aufgrund Einziehung gegen ein schenkungsteuerliche Fragen nicht aufwerfendes Entgelt dürfte die Zahlung desselben bei der Gesellschaft grundsätzlich keine steuerlichen Folgen auslösen, da das Entgelt ohnehin aus Vermögen, das über das Stammkapital hinaus vorhanden ist, also meist einer bereits versteuerten Rücklage, zu entnehmen ist. Bei dem Gesellschafter, dessen Anteil eingezogen wird, kommt es darauf an, ob er die Anteile im Betriebsoder Privatvermögen hatte. Hatte er sie im Betriebsvermögen, so entsteht ein steuerpflichtiger Gewinn insoweit, als das Entgelt den Buchwert des Anteils übersteigt. Befand sich der Geschäftsanteil im Privatvermögen, so kann eine Versteuerung unter dem Gesichtspunkt der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung (§ 17 EStG) in Betracht kommen. Selbst wenn der eingezogene Geschäftsanteil weder zu einem Betriebsvermögen gehörte noch als wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 EStG anzusehen ist, besteht die Gefahr einer Steuerpflicht im Hinblick auf eine verdeckte Gewinnausschüttung für den Gesellschafter dann, wenn er ein objektiv überhöhtes Einziehungsentgelt erhält {Voß GmbH-Rdsch. 1970 314, 318; vgl. auch BFH 95 537). Der Erwerb eines eigenen Anteils durch die GmbH und die spätere Amortisation dieses Anteils gemäß § 34 stellt keinen einkommensteuerlichen Vorteil für die anderen Gesellschafter dar. Auch eine Erhöhung der verbleibenden Geschäftsanteile zur Anpassung an das Stammkapital bringt keine steuerlich nachteilhaften Folgen für diesen Gesellschafter mit sich (BGH 85 90; Thiel GmbH-Rdsch. 1961 49; Voß GmbH-Rdsch. 1970 314, 318; vgl. auch oben Rdn. 63). Zur Einziehung bestimmte eigene Geschäftsanteile sind — ebenso wie mit der Einziehung untergegangene Anteile — nicht mehr zu bewerten (RFH RStBl. 1942 610; BFH 81 109; 99 389; 107 390). Allerdings muß diese Absicht offensichtlich sein, wobei jeweils auf die Behandlung der Eigenanteile in der Handels- und Steuerbilanz abgestellt wird (vgl. BFH aaO. und RösslerjTrollfLangner Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 10. Aufl. (1975) Rdn. 40 zu § 113 BewG). Die Einziehung von Geschäftsanteilen unterliegt nicht der Börsenumsatzsteuer, da das Kapitalverkehrsteuergesetz einen entsprechenden Tatbestand nicht enthält und auch von Seiten der Gesellschaft kein Eigentumserwerb im Sinne von § 18 KVG beabsichtigt ist, vielmehr der Anteil getilgt werden und untergehen soll (vgl. Kinnebrock, Kapitalverkehrsteuergesetz (4. Aufl.), 1974 Anm. 5 zu § 18 KVG). Nach dem Erlaß Niedersachsen vom 30. 6. 1966 (StEK § 1 Nr. 7) ist es nicht als Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG anzusehen, wenn GmbHAnteile eingezogen werden und dies dadurch bewirkt wird, daß alle verbleibenden (480)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
Anh. § 34
Kapitalanteile einem der bisherigen Mitgesellschafter ausschließlich gehören; eine Grunderwerbsteuer wird also grundsätzlich nicht ausgelöst. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn eine Gesellschaft die restlichen Kapitalanteile zum Zwecke der Einziehung erwirbt und anschließend die erworbenen eigenen Anteile einzieht (-hgGmbH-Rdsch. 1975 287), es sei denn, der Einziehungsvorgang wird nur im Zuge der Durchführung einer Bereinigung fehlerhafter Geschäftsanteile durchgeführt, stellt also nur ein Zwischenstadium dar (dazu vgl. Hohner Festschrift Barz (1974) S. 164).
ANHANG Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern Vorbemerkung Das GmbH-Gesetz enthält keine Vorschriften über Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern. Diese Institute sind vielmehr in der Rechtsprechung entwickelt worden. Von Interesse sind aber die im Regierungsentwurf eines GmbH-Gesetzes vorgeschlagenen Regelungen. Sie enthalten den Versuch einer Kodifizierung und partiellen Fortbildung der bisherigen Praxis und verdienen daher schon nach geltendem Recht Beachtung, obwohl ihnen rechtliche Verbindlichkeit fehlt. Im einzelnen lauten die vorgeschlagenen Regelungen wie folgt: §207 Voraussetzungen des Ausschlusses (1) Ein Gesellschafter kann auf Antrag der Gesellschaft durch gerichdiches Urteil aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Gesellschafter durch seine Person oder durch sein Verhalten die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder wenn sonst die Person des Gesellschafters oder sein Verhalten sein Verbleiben in der Gesellschaft untragbar erscheinen läßt. Der Ausschluß ist nicht zulässig, wenn die der Gesellschaft drohenden Nachteile durch andere zumutbare Mittel abgewendet werden können. (2) Die Ausschlußklage kann nur aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafter erhoben werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Zur Führung des Rechtsstreits können die Gesellschafter besondere Vertreter bestellen. §208 Ausschlußurteil. Durchführung des Ausschlusses (1) Gibt das Gericht der Ausschlußklage statt, so hat es, wenn der ausgeschlossene Gesellschafter dies beantragt hatte, im Urteil zugleich die Durchführung des Ausschlusses davon abhängig zu machen, daß die Gesellschaft binnen sechs Monaten (481)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
nach der Rechtskraft des Urteils eine vorläufige Abfindung an den Gesellschafter zahlt. Der Betrag der vorläufigen Abfindung ist im Urteil festzusetzen. Dem Gesellschafter stehen aus seinem Geschäftsanteil keine Rechte zu, sobald das Urteil, das der Ausschlußklage stattgibt, rechtskräftig geworden ist. (2) Bei der Festsetzung der vorläufigen Abfindung hat das Gericht von dem letzten für einen vor der Klageerhebung liegenden Zeitpunkt rechtskräftig festgestellten Einheitswert des Betriebsvermögens der Gesellschaft auszugehen. Es hat als vorläufige Abfindung einen Betrag in Höhe des Teils des Einheitswerts festzusetzen, der dem Verhältnis des Nennbetrags des Geschäftsanteils des Gesellschafters zum Nennbetrag des Stammkapitals entspricht. Macht eine Partei glaubhaft, daß sich die Verhältnisse, die der Feststellung des Einheitswerts (Satz 1) zugrunde gelegt worden sind, bis zur Klageerhebung wesentlich geändert haben, so soll das Gericht dies bei der Festsetzung der vorläufigen Abfindung angemessen berücksichtigen. Ist ein Einheitswert (Satz 1) noch nicht rechtskräftig festgestellt, so hat das Gericht die vorläufige Abfindung unter Berücksichtigung der letzten gegenüber dem Finanzamt für einen vor der Klageerhebung liegenden Zeitpunkt abgegebenen Vermögenssteuererklärung der Gesellschaft nach freiem Ermessen festzusetzen. Sind sich die Parteien über den Betrag der vorläufigen Abfindung einig, so hat das Gericht diesen Betrag festzusetzen. (3) Auf die Zahlung der vorläufigen Abfindung ist § 46 Abs. 1*) anzuwenden. (4) Hat die Gesellschaft die vom Gericht festgesetzte vorläufige Abfindung innerhalb der Frist des Absatzes 1 ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) an den Gesellschafter gezahlt, so kann sie den Geschäftsanteil des Gesellschafters nach ihrer Wahl an einen anderen Gesellschafter, an einen Dritten oder an sich selbst abtreten oder ihn einziehen. Eine Verfügung des Gesellschafters, die nach der Zahlung vorgenommen wird, ist unwirksam. (5) Nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 stehen dem Gesellschafter die Rechte aus seinem Geschäftsanteil wieder zu, wenn die Gesellschaft die vorläufige Abfindung innerhalb der Frist nicht oder unter Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) an den Gesellschafter gezahlt hat. Vor Ablauf der Frist des Absatzes 1 kann über die Verwendung des Bilanzgewinns nur beschlossen werden, wenn die Gesellschaft die vorläufige Abfindung ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) an den Gesellschafter gezahlt hat. §209 Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters (1) Der Gesellschafter kann von der Gesellschaft als Abfindung den Betrag verlangen, den ein Dritter für den Geschäftsanteil aufwenden würde (Verkehrswert). Der Verkehrswert des Geschäftsanteils bemißt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Erhebung der Ausschlußklage. Die endgültige und die vorläufige Abfindung sind gegeneinander zu verrechnen. (2) Ein zugunsten des Gesellschafters verbleibender Restbetrag der Abfindung ist zu zahlen, sobald die Gesellschaft aufgrund des § 208 Abs. 4 über den Geschäftsanteil verfügt hat. Hat die Gesellschaft ihr aufgrund dieser Vorschrift erlangtes Verfügungsrecht nicht innerhalb der Frist des § 208 Abs. 1 ausgeübt, so ist der Restbetrag der Abfindung beim Ablauf der Frist zu zahlen. Ist der Verkehrswert des Geschäftsanteils geringer als die vorläufige Abfindung, so hat der ausgeschlossene *) § 46 RegE entspricht wörtlich der Vorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG. (482)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
Anh. § 34
Gesellschafter den Unterschiedsbetrag zurückzuzahlen, sobald die Gesellschaft über seinen Geschäftsanteil verfügt hat. (3) Für die Zahlung eines Restbetrags der Abfindung gilt § 46 Abs. 1*), auch wenn die Gesellschaft über den Geschäftsanteil des ausgeschlossenen Gesellschafters bereits verfügt hat. (4) Steht der Zahlung des Restbetrags der Abfindung § 46 Abs. 1*) entgegen, so ist die Gesellschaft auf Antrag des ausgeschlossenen Gesellschafters durch gerichtliches Urteil aufzulösen. (5) Bei der Abwicklung der Gesellschaft ist der Anspruch des ausgeschlossenen Gesellschafters auf Zahlung des Restbetrags der Abfindung erst zu befriedigen, nachdem die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den übrigen Gläubigern berichtigt worden sind. §210 Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags über den Ausschluß Der Gesellschaftsvertrag kann, wenn er den Ausschluß eines Gesellschafters abweichend von den §§ 207 bis 209 regelt, nicht vorsehen, daß Zahlungen an den Gesellschafter entgegen § 46 Abs. 1*) geleistet werden dürfen. §211
Austritt (1) Ist einem Gesellschafter aus wichtigem Grund das Verbleiben in der Gesellschaft nicht zuzumuten, so kann er nach Maßgabe der folgenden Vorschriften aus der Gesellschaft austreten. Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn die Gesellschaft Maßnahmen trifft, durch die sich ihre rechtlichen und wirtschafdichen Verhältnisse in einer für den Gesellschafter nicht zumutbaren Weise ändern. Der Gesellschafter ist zum Austritt nicht berechtigt, wenn er die ihm drohenden Nachteile durch andere zumutbare Mittel abwenden kann. (2) Der zum Austritt berechtigte Gesellschafter kann von der Gesellschaft als Abfindung den Verkehrswert seines Geschäftsanteils verlangen. Maßgebend ist der Verkehrswert in dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter der Gesellschaft seine Austrittsabsicht erklärt oder den Abfindungsanspruch geltend macht. Der Gesellschafter kann die Abfindung nur verlangen, wenn die Gesellschaft sie ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) zahlen kann. Kann die Gesellschaft die Abfindung nicht ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) zahlen, ist sie auf Antrag des zum Austritt berechtigten Gesellschafters durch gerichdiches Urteil aufzulösen. (3) Sobald die Gesellschaft die Abfindung ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) gezahlt hat, stehen dem Gesellschafter aus seinem Geschäftsanteil keine Rechte mehr zu. Nach der Zahlung kann die Gesellschaft den Geschäftsanteil des Gesellschafters nach ihrer Wahl an einen anderen Gesellschafter, an einen Dritten oder an sich selbst abtreten oder ihn einziehen. Ein Verfügung des Gesellschafters, die nach der Zahlung vorgenommen wird, ist unwirksam. *) § 46 Abs. 1 RegE entspricht wörtlich der Vorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG. (483)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
(4) Der zum Austritt berechtigte Gesellschafter kann, auch wenn er zunächst die Abfindung nach Absatz 2 verlangt hat, beantragen, durch gerichtliches Urteil einen Betrag festzusetzen, den die Gesellschaft als vorläufige Abfindung zu zahlen hat. Für die Festsetzung der vorläufigen Abfindung gilt § 208 Abs. 2. In dem Urteil ist zugleich zu bestimmen, daß die Gesellschaft aufgelöst ist, wenn sie die vorläufige Abfindung nicht binnen sechs Monaten nach der Rechtskraft des Urteils ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*) an den Gesellschafter zahlt. Zahlt die Gesellschaft die vorläufige Abfindung innerhalb dieser Frist ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1*), gilt Absatz 3 sinngemäß. Für die endgültige Abfindung gilt Absatz 2 sowie § 209 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 5 sinngemäß. (5) Für abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags über das Ausscheiden eines Gesellschafters gilt § 210 sinngemäß. Übersicht Rdn. Einleitung: Entwicklung der Rechtsinstitute
1
Reform
2
I. Der Ausschluß 1. Materiellrechtliche Voraussetzungen a) Grundsatz b) Wichtiger Grund c) Kapitalistisch strukturierte Gesellschaft d) Zweimann-Gesellschaft e) Gesellschafterwechsel f) Ultima ratio g) Satzungsmäßige Regelung . . . . 2. Durchführung des Ausschlusses a) Problemübersicht b) Verfahrensmäßige Voraussetzungen c) Gesellschafterbeschluß d) Ausschlußklage e) Inhalt und Vollzug des Ausschlußurteils a) Meinungsstand ß) Stellungnahme f) Satzungsmäßige Gestaltungsmöglichkeiten
4 6 8 9 10 11 13 14 15 16 20 23 26 31
Rdn. 3. Die Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters a) Allgemeines b) Abfindung zum V e r k e h r s w e r t . . . c) Stichtag für die Wertfestsetzung . . d) Satzungsmäßige Abfindungsregelungen
32 34 35 36
II. Der Austritt 1. Allgemeines a) Austritt aus wichtigem Grund . . . 43 b) Ordentliches Austrittsrecht bei unbefristeten Gesellschaften? . . . . 46 c) Austritt und Gläubigerschutz . . . 47 2. Materiellrechtliche Austrittsvoraussetzungen a) Wichtiger Grund 48 b) Unmöglichkeit anderweitiger Trennung 49 c) Verhältnis zur Auflösungsklage . . 50 3. Durchführung des Austritts
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4. Die Abfindung des Austrittsberechtigten
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Schrifttum Monografien: DreissjEitel-Dreiss Unfreiwilliges Ausscheiden aus Gesellschaften, 1971; Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, 1973; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970; Reuter Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; Scholz Ausschließung und Austritt aus der GmbH, 3. Aufl. 1950; Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1965; Wolanj Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, 1964. *) § 46 Abs. 1 RegE entspricht wördich der Vorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG. (484)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
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Aufsätze: Buchwald Die Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters aus der Gesellschaft, BB 1953 457; ders. Die Einziehung eines Geschäftsanteils, GmbHRdsch. 1959 68; Fichtner Kaduzierung, Einziehung und Ausschließung bei der GmbH, BB 1966 146; ders. Austritt und Kündigung bei der GmbH, BB 1967 18; Rob. Fischer Die personalistische GmbH als rechtspolitisches Problem, in Festschrift für Walter Schmidt (1959), S. 117; Ganssmüller Gesellschafter-Ausschließung und Wiederaufnahmeverfahren, GmbH-Rdsch. 1956 129, 145; ders. Ausschließung eines Gesellschafters aus einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 65; Gonnella Die zukünftige Regelung des Gesellschafterausschlusses in der GmbH, GmbH-Rdsch. 1967 89; Hartmann Der Ausschluß eines GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1962 5; A. Hueck Ausschluß eines Gesellschafters aus einer GmbH, DB 1953 776; ders. Die Bedeutung der Zwangsamortisation von Geschäftsanteilen für die Sicherung einer Finanzierungs-GmbH, DB 1957 37; Kirchner Klagebefugnis des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1961 160; Masur Zum Ausschluß eines Gesellschafters einer GmbH aus wichtigem Grunde, NJW 1949 407; Me^jger Ausschließung eines Gesellschafters aus einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1963 64 und 106; Priester Grundsatzregelung, Wertmaßstäbe und Zahlungsmodalitäten des Einziehungsentgelts für GmbH-Anteile bei Pfändung oder Konkurs, GmbH-Rdsch. 1976 5; Raabe Unentgeltliche Einziehung eines GmbH-Geschäftsanteils bei Pfändung und im Konkurs des Gesellschafters, BB 1956 708; Scholz Die Rechte eines Minderheitsgesellschafters in der GmbH, GmbH-Rdsch. 1955 36; Schmrdtner Das Kündigungsrecht des GmbHGesellschafters, GmbH-Rdsch. 1976 101; Sudhoff Anteilsbewertung und GmbHStatut, DB 1962 1595; H. Vogel Die Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters aus der Gesellschaft, BB 1953 460; W. Vogel Die Kündigung der GmbH, in Festschrift für A. Knur (1972), S. 259; Winkler Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die GmbH, GmbH-Rdsch. 1972 73. Einleitung: Entwicklung der Rechtsinstitute Das GmbH-Gesetz kennt außer den eng umschriebenen Instituten des Aus- 1 schlusses säumiger Gesellschafter (§§ 21, 28 Abs. 1), der fingierten Preisgabe bei Nichterfüllung unbeschränkter Nachschußpflichten (§ 27 Abs. 1 S. 2) sowie der nach Grund und Voraussetzungen in der Satzung geregelten Einziehung (§ 34) keine Möglichkeit für die Gesellschaft, sich von einem Gesellschafter gegen dessen Willen zu trennen. Entsprechendes gilt für einen Gesellschafter, der sich aus der Gesellschaft gegen deren Willen lösen will, wenn eine Abtretung seines Geschäftsanteils, sei es wegen Nichterteilung der satzungsmäßig erforderlichen Genehmigung durch die übrigen Gesellschafter (§15 Abs. 5), sei es mangels eines Erwerbsinteressenten, nicht möglich ist, und auch ein Preisgaberecht nach § 27 Abs. 1 S. 1 nicht in Betracht kommt. Dabei gibt es in der Praxis immer wieder Fälle, in denen ein weiteres Verbleiben eines Gesellschafters in der Gesellschaft für die eine oder andere Seite unzumutbar ist, und damit eine Lösungsmöglichkeit aus wichtigem Grunde unabweisbar wird. Da der Gesetzgeber die GmbH als kapitalistische Vereinigung konzipierte und dabei nicht nur von der freien Veräußerlichkeit der GmbH-Anteile ausging, sondern einer 10%-igen Minderheit auch die Befugnis einräumte, aus wichtigem Grunde die Auflösung einer GmbH gerichtlich durchzusetzen, glaubte er, vorbehaltlich weitergehender Satzungsbestimmungen die erforderlichen Lösungsmöglichkeiten bereitgestellt zu haben. Es blieb der Rechtsentwicklung durch Lehre und Rechtsprechung vorbehalten, über die in Satzungen, wenn überhaupt, meist höchst stiefmütterlich behandelten weiteren Lösungsmöglichkeiten hinaus Abhilfe (485)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
zu schaffen. Nachdem Brodmann (Ehrenberg Hdb. IV 2 S. 192) und R. Fischer (Ehrenberg Hdb. III S. 384) ein Kündigungs- oder Austrittsrecht namentlich für den Fall drückender kartellrechtlicher Pflichten einer Nebenleistungs-GmbH empfohlen hatten, gab das den Kartellmitgliedern eingeräumte Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde gemäß § 8 der KartVO vom 2. 11.1923 (jetzt § 13 GWB) dem Reichsgericht wiederholt (RGZ 114 212, 218; 125 114,118) Gelegenheit, auch der Kartell-GmbH ohne satzungsmäßige Einziehungsbefugnis eine Lösungsmöglichkeit gegenüber dem kündigenden Gesellschafter durch Einziehung entsprechend § 34 zuzuerkennen. Diese Rechtsprechung setzte sich dann in der Weise fort, daß das RG ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund im Rahmen einer Nebenleistungs-GmbH auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen von § 8 KartVO anerkannte (RGZ 128 1, 15). Schließlich hat das RG (RGZ 169 330, 333) auch einer gewöhnlichen GmbH ein Ausschlußrecht aus wichtigem Grund eingeräumt, wenn die weitere Zugehörigkeit eines Gesellschafters zur GmbH für diese untragbar geworden war, und der BGH ist ihm darin gefolgt (BGHZ 9 157, 159; 16 317, 322; 32 17, 22). Großen Anteil an der Anerkennung außerordentlicher Lösungsmöglichkeiten im GmbH-Recht hat namentlich auch das Schrifttum. Als Vorkämpfer ist insbesondere Scholz zu nennen, der verschiedentlich, vor allem in seiner in drei Auflagen (1942—1950) erschienenen Monografie „Ausschließung und Austritt aus der GmbH", sich stark hierfür engagierte. Heute sind Ausschluß und Austritt aus wichtigem Grund einhellig anerkannt. Die letzten Gegenstimmen finden sich, nachdem Schilling in JZ 1955 331 und in Vorauf!. § 34 Anm. 18 seine frühere Meinung aufgegeben hat, bei Buchwald BB 1953 457 und GmbH-Rdsch. 1959 69 sowie Masur NJW 1949 407. In den Einzelheiten ist freilich noch vieles umstritten (vgl. Rdn. 4ff.). Reform 2
Aus der Durchsetzung von Ausschluß und Austritt zieht der RegE im 8. Teil 1. Abschn. §§ 207 bis 211 die Konsequenz und behandelt die beiden Rechtsinsütute in Zusammenhang mit der Auflösung, der Abwicklung und der Nichtigerklärung der Gesellschaft. Der Entwurf lehnt sich weitgehend an die BGH-Rechtsprechung an, sucht aber insbesondere in der Verbindung von Ausschluß und Abfindung Lösungen, die darüber hinausgehen. Der Ausschluß soll gemäß § 207 aus wichtigem Grunde zulässig sein und einen mit % Mehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschluß, bei dem der Auszuschließende nach § 82 Abs. 2 Ziff. 3 RegE kein Stimmrecht hat, sowie eine Ausschlußklage erfordern. Um einerseits den Ausschlußprozeß nicht mit der zeitaufwendigen Entscheidung über die Abfindungshöhe zu belasten, andererseits dem Ausgeschlossenen aber so schnell wie möglich den Gegenwert seiner Beteiligung zukommen zu lassen, macht § 208 auf Antrag des betroffenen Gesellschafters die Durchführung des Ausschlusses von der Zahlung einer vorläufigen, auf der Basis des Einheitswerts des Betriebsvermögens der Gesellschaft errechneten Abfindung abhängig. Nur wenn binnen 6 Monaten nach Urteilsrechtskraft die vorläufige Abfindung ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1 — er entspricht dem § 30 Abs. 1 des geltenden GmbH-Gesetzes — gezahlt ist, kann die Gesellschaft über den Anteil des Ausgeschlossenen verfügen, ihn auch einziehen ; andernfalls stehen dem ausgeschlossenen Gesellschafter die Rechte aus seinem Geschäftsanteil wieder zu. Die endgültige Abfindung bemißt sich gemäß § 209 nach dem Verkehrswert des Anteils. Sie ist mit der vorläufigen Abfindung zu verrechnen. Kann der Restbetrag nicht ohne Verletzung des § 46 Abs. 1 gezahlt werden, so steht dem ausgeschlossenen Gesellschafter die Auflösungsklage zu. § 210 läßt eine abweichende Regelung des Aus(486)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
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schlusses im Gesellschaftsvertrag zu; das Kapitalauskehrungsverbot des § 46 Abs. 1 bleibt freilich auch in diesem Fall zu beachten. In § 211 gewährt der RegE einem Gesellschafter, dem aus wichtigem Grunde 3 das Verbleiben in der Gesellschaft nicht mehr zuzumuten ist, das Recht zum jederzeitigen Austritt, wenn die ihm aus der weiteren Mitgliedschaft drohenden Nachteile nicht durch andere zumutbare Mittel abgewendet werden können. Die Abfindung entspricht dem Verkehrswert, kann aber nur im Rahmen des § 46 Abs. 1 geltend gemacht werden. Ist der Abfindungsanspruch wegen der Vermögenslage der Gesellschaft nicht durchsetzbar, so kann der Gesellschafter die Gesellschaft zur Auflösung bringen. Mit der Zahlung erlöschen die Rechte aus dem Geschäftsanteil für den austretenden Gesellschafter; auch kann die Gesellschaft von da an über den Anteil — auch durch Einziehung—verfügen. Es kann auch eine vorläufige Abfindung durch Urteil zugesprochen werden, und zwar mit der Maßgabe, daß die Gesellschaft aufgelöst ist, wenn sie nicht binnen 6 Monaten nach Rechtskraft des Urteils ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 1 gezahlt hat.
I. Der Ausschluß 1. Materiellrechtliche Voraussetzungen a) Grundsatz Ein Gesellschafter kann aus einer GmbH ausgeschlossen werden, wenn in 4 seiner Person ein wichtiger Grund gegeben ist. Das entspricht auch ohne die im RegE vorgesehene Gesetzesänderung (Rdn. 2) heute einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, vgl. BGHZ 9 157, 159ff.; 16 317, 322; RGZ 169 330, 333; RG DR 1943 812; Baumbach-Hueck Einf. 2 zu § 34; Schol^ § 15, 65; Roh. Fischer in Festschrift für W. Schmidt (1959), S. 126; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 5 ; Fichtner BB 1966148; Sudhoff Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 372ff. ; die letzten Gegenstimmen (vgl. Rdn. 1) liegen schon mehr als 20 Jahre zurück. Damit wird die GmbH der Personengesellschaft insoweit angenähert. — Der Ausschluß ist auch im Liquidationsstadium möglich (BGHZ 9157,179); freilich wird man hier angesichts der bevorstehenden Auseinandersetzung besonders sorgfältig das Vorliegen eines wichtigen Grundes prüfen müssen. Den Rechtsgrund für die Zulässigkeit der Ausschließung bildet die gesell- 5 schaftliche Treupflicht und das einer Auflösung grundsätzlich vorgehende Interesse der Mitgesellschafter an der Fortführung der Gesellschaft ohne den störenden Gesellschafter. Sie gebieten, daß der Gesellschafter, in dessen Person oder Verhalten ein wichtiger, das weitere Zusammenwirken in der Gesellschaft unzumutbar erschwerender Grund eingetreten ist, gegen Abfindungszahlung aus der Gesellschaft auszuscheiden hat. Es handelt sich um den gleichen Grundgedanken, wie er für OHG und KG in § 140 HGB seine gesetzliche Konkretisierung gefunden hat. Entsprechend sind die Wertungen von § 140 HGB unter Berücksichtigung der aus der körperschaftlichen Struktur der GmbH folgenden Besonderheiten auf die Ausschließung aus der GmbH zu übertragen (so grundsätzlich auch Roh. Fischer in Festschrift für W. Schmidt, S. 131 f.). b) Wichtiger Grund Der Rechtsbegriff des wichtigen Grundes ist in § 207 Abs. 1 S. 2 RegE 6 GmbHG wie folgt umschrieben: (487)
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„Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Gesellschafter durch seine Person oder durch sein Verhalten die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmöglich macht oder erheblich gefährdet oder wenn sonst die Person des Gesellschafters oder sein Verhalten sein Verbleiben in der Gesellschaft untragbar erscheinen läßt".
Die Definition enthält eine Kodifizierung der ungeschriebenen Grundsätze zur Ausfüllung des „wichtigen Grundes" und verdient daher schon nach geltendem Recht Beachtung (so auch Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, 1970, S. 307). Auch sind die Anklänge an den Ausschlußgrund in § 140 HGB (hierzu vgl. näher P. Ulmer GroßkommHGB § 140, 6ff.) unübersehbar. Wie dort kommt es auch bei der Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters nicht auf die schuldhafte Herbeiführung des wichtigen Grundes an; der Ausschluß hat keinen Strafcharakter (zum Sonderfall einer von mehreren oder allen Gesellschaftern verursachten Störung des Vertrauensverhältnisses vgl. Rdn. 7 a. E.). Im Vergleich zum Ausschluß eines persönlich haftenden Gesellschafters wird man an den Ausschluß aus der GmbH freilich schon deshalb regelmäßig höhere Anforderungen stellen müssen, weil die GmbH, anders als die typische OHG, meist weniger auf unmittelbares persönliches Zusammenwirken der Beteiligten angelegt ist (zur entsprechenden Differenzierung zwischen Komplementär und Kommanditist vgl. P. Ulmer § 140,14. m. w. Nachw. sowie OLG Hamm DB 1976 860). 7 Ob im Einzelfall ein zum Ausschluß berechtigender wichtiger Grund gegeben ist, richtet sich nach der Gesamtschau aller Umstände (BGHZ 16 317, 322f.). Maßgeblich ist, ob die in der Person des Gesellschafters liegenden Gründe den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit ihm unzumutbar machen. Durch sein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft muß deren Fortbestand unmöglich werden, zumindest aber ernstlich gefährdet sein (Baumhach-Hueck Einf. 2A zu § 34). Als wichtiger Grund kommen insbesondere in Betracht: schwere Verletzung der Gesellschafterpflichten, darunter namentlich gravierender Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treupflicht; Verschweigen von erheblichen Vorstrafen (OLG Ffm. NJW1948 429); schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses (BGHZ 32 17; BGH GmbH-Rdsch. 1973 44); unangenehm auffallendes, der Stellung der Gesellschaft abträgliches Benehmen in der Öffentlichkeit; Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft durch Unerreichbarkeit des Gesellschafters (Beckmann DNotZ 1971 132, 139; Schmitt GmbH-Rdsch. 1971 226). Verschulden des Gesellschafters ist nicht Voraussetzung für seine Ausschließung (BGHZ 9 157, 164). Andererseits kann eine Ausschließung sogar dann gerechtfertigt sein, wenn auch die übrigen verbleibenden Gesellschafter ein gewisses Verschulden trifft (RGZ 164 257). Es kommt dann, wie BGHZ 16 317, 322 zutreffend ausführt, auf eine umfassende Prüfung aller Umstände an; ist auch den übrigen Gesellschaftern gegenüber die Ausschließung gerechtfertigt, so ist die Ausschlußklage gegen den einen Gesellschafter abzuweisen. Den Beteiligten steht in diesem Fall nur der Weg der Auflösung offen. — Beim Ausschluß aus einer GmbH & Co. KG ist, sofern der Auszuschließende auch an der Komplementär-GmbH beteiligt ist, regelmäßig ein Grund zum Ausschluß auch aus dieser Gesellschaft zu bejahen.
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c) Kapitalistisch strukturierte Gesellschaft Die Rechtsprechung hat den Ausschluß für die personalistisch strukturierte GmbH entwickelt. Das führt im Schrifttum häufig zu der Annahme, bei der kapitalistisch strukturierten GmbH komme ein Ausschluß aus wichtigem Grunde im Regelfall nicht in Betracht (Roh. Fischer S. 132 FN 29; Fichtner BB 196718; Hartmann (488)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
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GmbH-Rdsch. 1962 8; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH 1964, S. 93). Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden (so auch Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 92, Beckmann DNotZ 1971 139; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft 1970, S. 305). Abgesehen davon, daß die Grenzlinien zwischen personalistisch und kapitalistisch strukturierten Gesellschaften fließend sind (zur Unterscheidung der beiden Typen vgl. Allg. Einl. 15 f.), kann es in Wahrheit nur um die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes gehen. Je personalistischer eine GmbH ausgestaltet ist, desto eher führen Störungen in der Person eines Gesellschafters zur Unzumutbarkeit der unveränderten Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses. Demgegenüber wird bei der kapitalistischen GmbH die Störung des Vertrauensverhältnisses zwar nicht die gleiche schwerwiegende Rolle spielen; Nichterfüllung gesellschaftsrechtlicher Leistungspflichten, Vereitelung oder Gefährdung des Gesellschaftszwecks, Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft und dgl. können aber auch hier wichtige Gründe abgeben. Die personalistische oder kapitalistische Struktur der Gesellschaft ist also nur für die Beurteilung der Frage wesentlich, ob ein bestimmtes Verhalten die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses begründet. Die Zulässigkeit des Ausschlusses als solche wird durch die Struktur aber nicht in Frage gestellt. d) Zweimann-Gesellschaft Bei einer Zweimann-GmbH ist die Ausschließung ebenfalls zulässig (BGHZ 9 16 317, 322; 32 17, 22; vgl. auch RGZ 164 257 sowie Baumbach-Hueck Einf. 2B zu § 34). In derartigen Fällen ist freilich eine besonders eingehende Prüfung des Verhaltens und der Persönlichkeit desjenigen Gesellschafters erforderlich, der nach der Ausschließung die Gesellschaft allein fortführt (BGHZ 16 317, 323 unter Hinweis auf das für die OHG ergangene Urteil in BGHZ 4 108,111; ebenso Ficbtner BB 1966 148, Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 8, Immenga S. 307, sowie zum wichtigen Grund im Rahmen der Übernahmeklage nach § 142 HGB P. Ulmer § 142, 12f.). Zu Recht hat BGHZ 32 17, 35 die Ausschließung eines Gesellschafters aus der GmbH daher für den Fall abgelehnt, in dem auch beim Mitgesellschafter ein wichtiger Grund vorlag. Der Kritik von Wolany S. 148 an dieser Rechtsprechung ist nicht zu folgen. Seine Ansicht, daß der Ausschluß nicht nur als Waffe im Kampf der Gesellschafter unter sich gesehen werden darf, sondern daß bei etwa gleich vorwerfbarem Verhalten beider Gesellschafter auch das Interesse des Unternehmens, seiner Gläubiger, seiner Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit beachtet werden müsse, verkennt, daß die Auflösung der Gesellschaft in aller Regel nicht zur Zerschlagung des an sich lebensfähigen Unternehmens führt, sondern zu dessen Gesamtveräußerung im Zuge der Liquidation. e) Gesellschafterwechsel Die Ausschlußklage kann nur auf Gründe in der Person des auszuschließen- 10 den Gesellschafters gestützt werden. Daß sein Rechtsvorgänger einen Ausschließungsgrund abgegeben hat, reicht zur Ausschließung des jetzigen Gesellschafters nicht aus. Wenn ein von der Ausschließung bedrohter Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an einen Dritten überträgt, entfällt damit die Ausschließungsmöglichkeit, soweit nicht ausnahmsweise der Ausschließungsgrund über die Person des Betroffenen hinaus auf den Rechtsnachfolger fortwirkt oder dieser den Geschäftsanteil des vom Ausschluß Bedrohten nur als dessen Strohmann übernimmt. Soweit es freilich um die Abwägung des Verhaltens des Auszuschließenden gegenüber (489)
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2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
demjenigen der in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter geht, ist das nicht ohne Rücksicht auf das Verhalten des inzwischen ausgeschiedenen Gesellschafters möglich. Denn Vorgänge, die im Hinblick auf das Verhalten des ausgeschiedenen Gesellschafters nicht zur Ausschließung des in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafters ausreichen würden, können diese Wertung nicht durch einen Mitgliederwechsel verlieren (BGHZ 32 17, 31). f) Ultima ratio Die letzte entscheidende Voraussetzung für die Ausschliessung ohne Satzungsbestimmung bildet der Grundsatz, daß die Ausschließung nur das äußerste Mittel sein darf, um den in der Gesellschaft eingetretenen Mißstand zu beseitigen. Sind also andere Wege vorhanden (freiwillige Abtretung, Einigung usw.), so sind diese zunächst zu versuchen (RGZ 169 330, 334; BGHZ 16 317, 322). Dementsprechend soll auch nach § 207 Abs. 1 S. 3 RegE GmbHG der Ausschluß unzulässig sein, „wenn die der Gesellschaft drohenden Nachteile durch andere zumutbare Mittel abgewendet werden können". Als ein solches Mittel kommt, wenn der wichtige Grund im Fortfall des Vertrauensverhältnisses zu einem Gesellschafter liegt, die Übertragung von dessen Geschäftsanteil an einen Treuhänder in Betracht. Voraussetzung hierfür ist freilich, daß der vom Ausschluß Bedrohte zu einem derartigen Vorgehen bereit ist, da die Zwischenschaltung eines Treuhänders nicht erzwungen werden kann (so zu Recht Groscbuff'DK 1940, 2012 und Scholz Ausschließung und Austritt eines Gesellschafters aus der GmbH S. 17, 30 gegen RGZ 164 257, 262 für den Fall einer vom überwiegend schuldigen Gesellschafter beantragten Auflösung). Wird allerdings das Bestehen eines Ausschließungsgrundes einredeweise gegenüber dem Anspruch auf Anteilsübertragung geltend gemacht, so wenn sich nach dem Verkauf eines Teils der Geschäftsanteile an einen Dritten, aber vor Erfüllung Ausschlußgründe gegen den Erwerber herausstellen, so kommt es auf den Nachweis des äußersten Mittels nicht an. Ein Abstellen hierauf ist in diesem Fall schon deshalb nicht veranlaßt, weil der den wichtigen Grund setzende Dritte mangels Gesellschafterstellung keinen Anspruch auf die weitgehenden damit verbundenen Rechtsgarantien hat (BGHZ 35 272, 280f.). 12 Im Rahmen der ultima ratio-Überlegung kommt ggf. auch ein Ausschluß nur mit einem Teil eines Geschäftsanteils in Frage (Wolany S. 96). Das wäre denkbar, wenn eine Sperrminorität rein querulatorisch zum Schaden der Gesellschaft ausgenutzt wird. Hier reicht es zur Abwendung der der Gesellschaft drohenden Nachteile aus, wenn die Beteiligung unter die Sperrminorität herabgemindert wird.
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g) Satzungsmäßige Regelung Gelegentlich enthalten gut ausgearbeitete Satzungen Bestimmungen über den Ausschluß von Gesellschaftern oder über die Einziehung ihres Geschäftsanteils bei Vorliegen bestimmter, meist näher umschriebener wichtiger Gründe (Konkurs, Anteilspfändung, Pflichtverletzung und dgl.; vgl. dazu auch § 34, 24ff.). Derartige Regelungen lassen darauf schließen, daß in anderen als den satzungsmäßig genannten Fällen ein Ausschluß nicht vorgesehen ist. Denn wenn eine regelungsbedürftige Frage von den Gründern bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages gesehen und in einem bestimmten Sinn geregelt wurde, ist damit meist eine abschließende und endgültige Regelung beabsichtigt, die gegenüber den allgemeinen Grundsätzen Vorrang haben soll (Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 150). Im Fall der Ausschließung gilt das freilich nur mit Einschränkungen, da die Lösung von Dauerrechtsverhältnissen (490)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
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bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Grundsatz zwingender Natur ist. Die Ausschließung wegen wichtigen Grundes muß daher auch außerhalb der in der Satzung geregelten Fälle zumindest dann möglich bleiben, wenn auch eine Auflösung der Gesellschaft insoweit ausgeschlossen ist. Innerhalb dieses Rahmens können die Parteien allerdings Vereinbarungen darüber treffen, ob an das Vorliegen eines wichtigen Grundes geringere oder aber besonders hohe Anforderungen zu stellen sind und welchen Grad die Unzumutbarkeit der unveränderten Fortsetzung der Gesellschaft erreicht haben muß, wenn die Ausschlußklage Erfolg haben soll. Aus dieser Sicht sind auch satzungsmäßige Ausschlußgründe zu interpretieren (zur satzungsmäßigen Ausgestaltung des Ausschlußverfahrens vgl. Rdn. 31). 2. Durchführung des Ausschlusses a) Problemübersicht Die verfahrensmäßige Durchführung des Ausschlusses aus einer GmbH wirft 14 eine Reihe schwieriger Probleme auf. Sie muß einerseits die berechtigten Interessen beider Seiten an einer schnellen, der Rechtssicherheit dienenden Lösung berücksichtigen. Andererseits soll sie dem von der Ausschließung Betroffenen aber auch hinreichende Sicherheit verschaffen, die Abfindung von der GmbH zu erhalten, ohne daß deren Gläubiger dadurch gefährdet werden. Eine Orientierung am Modell des § 140 HGB ist für die Ausgestaltung des GmbH-Ausschlusses — mit den durch die körperschaftliche Struktur der GmbH gebotenen Einschränkungen — insoweit möglich, als die Verfahrensvoraussetzungen des Ausschlusses (Willensbildung der Gesellschafter und Ausschlußklage) in Frage stehen (vgl. Rdn. 15 ff.). Anderes gilt dagegen für das Anteilsschicksal. Denn im Unterschied zur Personengesellschaft tritt durch die Ausschließung keine Anwachsung bei den übrigen Gesellschaftern ein. Vielmehr muß über den — nicht automatisch entfallenden — Geschäftsanteil des Ausgeschlossenen disponiert werden, sei es im Wege der Einziehung (§ 34), sei es im Wege des Erwerbs durch die Gesellschaft (§ 33) oder durch einen Mitgesellschafter oder Dritten. Schwierigkeiten ergeben sich schließlich auch bei der Abfindungszahlung. Denn der Anspruch hierauf richtet sich, anders als bei §140 HGB, grundsätzlich nur gegen die Gesellschaft als die den Ausschluß betreibende Partei und nicht etwa gegen die nicht unmittelbar beteiligten, für die GmbHSchulden nicht persönlich haftenden Mitgesellschafter. Er kann zudem nur in den Grenzen des § 30 realisiert werden. Das macht besondere Vorkehrungen erforderlich, um den Auszuschließenden gegen die Gefahr zu sichern, seinen Anteil ohne Aussicht auf die Durchsetzung des Abfindungsanspruchs zu verlieren (Rdn. 23 ff.). b) Verfahrensmäßige Voraussetzungen Im Unterschied zum Reichsgericht, das den Ausschluß ursprünglich als Einzie- 15 hung aus wichtigem Grund kraft stillschweigend vereinbarter Satzungsermächtigung (§ 34) behandelt und sich dementsprechend mit einem Gesellschafterbeschluß als Voraussetzung begnügt hatte (RGZ 169 330, 333), fordert der Bundesgerichtshof (BGHZ 9 157, 166; 16 317, 322; so auch OLG Nürnberg BB 1970 1371) in Übereinstimmung mit der ganz h. M. im Schrifttum (Baumbach-Hueck Einf. 2B zu § 34, Rob. Fischer in Festschrift für W. Schmidt, S. 126 ff., Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 92, Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 8, Immenga S. 307, Schilling JZ1955 331; a. A. noch Scholl Ausschließung und Austritt, S. 26 ff., 31, ders. GmbH-Rdsch. 1953 75 und 1955 39 sowie Vogel BB 1953 461) zusätzlich den Erlaß eines Ausschlußurteils. Dem ist im Grundsatz schon deshalb zuzustimmen, weil der einseitige Ausschluß sich (491)
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in aller Regel mit Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes und über die Modalitäten des Ausschlusses verbindet. Die Rechtssicherheit läßt daher die Zwischenschaltung eines Urteils geboten erscheinen, wenn die Satzung über die Durchführung des Ausschlusses keine abweichenden Regelungen trifft (Rdn. 31). Zu Art und Inhalt des Ausschlußurteils vgl. Rdn. 23 ff., 27. c) Gesellschafterbeschluß Das Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses als Voraussetzung für die Erhebung einer Ausschlußklage ist im Grundsatz einhellig anerkannt (vgl. statt aller BGHZ 9 157, 177, Baumbach-Hueck Einf. 2B zu § 34, Schol^ § 15, 65). Die Geschäftsführer sind zwar als Vertretungsorgan der GmbH für die Führung des Ausschlußprozesses zuständig, soweit die Gesellschafterversammlung keine besonderen Vertreter bestellt hat (Rdn. 21). Die Entscheidung darüber, ob von der Ausschlußklage als dem äußersten Mittel gegenüber dem störenden Gesellschafter Gebrauch gemacht werden soll, muß aber ebenso wie im Fall des § 34 bei der Gesellschafterversammlung als dem obersten Organ der GmbH liegen. Auf Formulierung und Inhalt des Beschlusses kommt es nicht entscheidend an, solange daraus nur der Wille der Gesellschaftermehrheit deutlich wird, einen Ausschlußprozeß gegen den betroffenen Gesellschafter zu führen. Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit, bei Durchführung des Ausschlusses auch über das künftige Anteilsschicksal zu befinden (Rdn. 27), wird es sich häufig empfehlen, bei der Beschlußfassung zugleich darüber zu entscheiden, ob der Ausschluß durch Einziehung des Anteils oder aber durch Übertragung an die Gesellschaft oder einen Dritten erfolgen soll (vgl. auch Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 130); diese Entscheidung kann aber auch im weiteren Lauf des Ausschließungsverfahrens, ja sogar nach Erlaß des Urteils getroffen oder modifiziert werden (Rdn. 29). 17 Über die Mehrheitserfordernisse für den Ausschließungsbeschluß herrscht Streit. Nach BGHZ 9 157, 177 bedarf es hierfür der gleichen Mehrheit wie für den Auflösungsbeschluß (§ 60 Abs. 1 Nr. 2), d. h. im Regelfall der Zustimmung von drei Vierteln des bei der Beschlußfassung vertretenen Kapitals (so auch § 207 Abs. 2 RegE sowie aus dem Schrifttum Ganssmiiller GmbH-Rdsch. 1963 65, Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 92; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 9; Immenga S. 308). Demgegenüber will sich die überwiegende Ansicht im Schrifttum wegen des nachgeschalteten Gerichtsverfahrens mit der einfachen Mehrheit begnügen (Voraufl. § 34, 18 a; Baumbach-Hueck Einf. 2 B zu § 34; Scholz § 15, 65; Me^ger GmbH-Rdsch. 1963 64 und 106; Sudhoff Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 374, Wolany S. 99, 150). Der erstgenannten, auf die qualifizierte Mehrheit abstellenden Meinung ist abweichend von der Vorauflage (§ 34, 18 a) zu folgen. Die Entscheidung über die Erhebung der Ausschlußklage greift grundlegend nicht nur in den Mitgliederbestand, sondern auch in die Vermögensstruktur der Gesellschaft ein, da sie zum Abfluß von Gesellschaftsvermögen führt, soweit der Anteil nicht von einem Mitgesellschafter oder Dritten übernommen werden soll, und überdies die Gefahr der Auflösung der Gesellschaft begründet (Rdn. 30). Die nachgeschaltete Ausschulßklage kann die qualifizierte Mehrheit nicht ersetzen. Anders als der Gesellschafterbeschluß dient sie nicht der Entscheidung darüber, ob vom Ausschlußrecht Gebrauch gemacht werden soll, sondern der Kontrolle des wichtigen Grundes als materieller Ausschlußvoraussetzung. Richtig ist demgegenüber zwar, daß das Gesetz für den Einziehungsbeschluß (§ 46 Nr. 4) nur einfache Mehrheit vorsieht. Indessen erfordert die Einziehung eine entsprechende statutarische Grundlage (§ 34 Abs. 1), die beim Ausschluß aus wich-
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tigern Grund gerade fehlt. Zum Ausgleich ist daher die qualifizierte Mehrheit zu fordern. Können die den Ausschluß betreibenden Gesellschafter die erforderliche Mehrheit nicht erreichen, so bleibt es ihnen je nach Art des wichtigen Grundes unbenommen, auf Auflösung der Gesellschaft zu klagen (§ 61) oder ihrerseits den Austritt zu erklären (Rdn. 43ff.; vgl. auch Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 8f.). Der vom Ausschluß betroffene Gesellschafter wirkt bei der Beschlußfassung nicht mit (einhellige Meinung, vgl. BGHZ 9 157, 177; Baumbach-Hueck Einf. 2 B zu § 34; Schol^ § 15, 65; Fichtner BB 1966 149; Hart mann GmbH-Rdsch. 1962 8; Vogel in Festschrift für Knur [1972], S. 277; Wolany S. 98; Zöllner Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht 1963, S. 242f.). Das folgt aus dem Stimmrechtsverbot des § 47 Abs. 4. Formal gesehen geht es bei dem Beschluß um die Einleitung eines Rechtsstreits gegen den Betroffenen im Sinn von § 47 Abs. 4 S. 2. Vor allem aber beruht der Stimmrechtsausschluß auf dem in § 47 Abs. 4 verkörperten allgemeinen Grundsatz, daß niemand Richter in eigener Sache sein kann. Als Folge des Stimmrechtsausschlusses hat auch die Minderheit die Möglichkeit, eine Ausschlußklage gegen den Mehrheitsgesellschafter zu beschließen. Bei der Zweimanngesellschaft liegt es nahe, auf eine Beschlußfassung ganz zu verzichten und sich stattdessen mit dem durch die Klageerhebung dokumentierten Willen des Mitgesellschafters, den Ausschluß herbeizuführen, zu begnügen (zur Klagebefugnis der Gesellschafter einer Zweimanngesellschaft vgl. auch Rdn. 22). Der ansonsten einsetzende „Wettlauf" um die erste Abstimmung (Schilling JZ 1955 331) führt sachlich nicht weiter, und eine echte Willensbildung im Beschlußwege scheidet hier ohnedies aus. Der Ausschließungsbeschluß unterliegt wie jeder Beschluß der GesellschafterVersammlung der gerichtlichen Kontrolle im Rahmen der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage (vgl. Näheres in Anhang zu § 47). Gegenstand der Klage können insbesondere Mängel im ordnungsmäßigen Zustandekommen des Beschlusses sein, etwa wegen unvollständiger oder nicht fristgemäßer Ladung zur Gesellschafterversammlung (OLG Nürnberg BB 1970 1371). Nichtigkeit oder Anfechtung des Beschlusses können auch im Wege der Widerklage gegen die Ausschlußklage geltend gemacht werden. Dagegen ist für eine Anfechtungsklage wegen Fehlens der materiellen Ausschlußvoraussetzungen kein Raum (zum Sonderfall des auf entsprechender Satzungsregelung beruhenden Ausschlusses kraft Gesellschafterbeschluß vgl. Rdn. 31). Das Vorliegen eines Ausschlußgrundes ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des auf Klageerhebung gerichteten Gesellschafterbeschlusses, sondern Gegenstand des sich anschließenden Ausschlußprozesses; es gilt nicht etwa als durch den Ausschließungsbeschluß festgestellt. Und die Frage, ob die Gesellschaft ohne Verletzung von § 30 zur Abfindung des auszuschließenden Gesellschafters in der Lage ist, betrifft nicht die Voraussetzungen des Beschlusses, sondern die Durchführung der Ausschließung (Rdn. 29,33). d) Ausschlußklage Zur Notwendigkeit, beim Fehlen satzungsmäßiger Vereinbarungen den Aus- 20 Schluß im Interesse der Rechtssicherheit im Klageweg durchzusetzen, vgl. Rdn. 15. Der Nachteil des Urteilserfordernisses liegt darin, daß der vom Ausschluß bedrohte Gesellschafter noch während der ganzen Prozeßdauer uneingeschränkt Gesellschafter ist, seine Gesellschaftsrechte ausüben kann und seine Gesellschaftspflichten erfüllen muß (zur Lage nach Rechtskraft des Ausschlußurteils vgl. Rdn. 23 ff.). Erscheint der Gesellschaft während der Dauer des Prozeßverfahrens das Fortbestehen (493)
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der vollen Rechte des auszuschließenden Gesellschafters unzumutbar, so muß sie im Wege einer einstweiligen Verfügung eine Beschränkung oder auch das Ruhen dieser Rechte zu erreichen suchen. 21 Die Klage ist von der Gesellschaft und nicht von der Gesamtheit der übrigen Gesellschafter zu erheben (BGHZ 9 157, 177; Baumbach-Hueck Einf. 2 B zu § 34; Rob. Fischer S. 126ff.; Schol£ § 15, 65; zur Lage bei der Zweimann-Gesellschaft vgl. Rdn. 22). Die Abweichung von § 140 I HGB ergibt sich aus dem Charakter der GmbH als Körperschaft. Im Ausschlußverfahren wird die Gesellschaft durch ihre Geschäftsführer vertreten. Sofern der Gesellschafterversammlung die Geschäftsführer zur Prozeßführung nicht geeignet erscheinen, z. B. wegen divergierender Auffassungen über den Ausschluß oder wegen zu enger früherer Zusammenarbeit mit dem Beklagten, wird man ihr in Analogie zu § 46 Z. 8 die Befugnis zuerkennen müssen, besondere Prozeßvertreter zu bestellen (so auch § 207 Abs. 2 S. 3 RegE). Die Klage durch die Gesellschaft ermöglicht es den am Ausschluß interessierten Gesellschaftern, als Zeugen aufzutreten, während der auszuschließende Gesellschafter nur als Partei im Prozeß gehört werden kann. Die GmbH und nicht die Gesellschafter sind demgemäß auch Kostenschuldner. Das bedeutet, daß bei einem Mißerfolg der Ausschlußklage der obsiegende Beklagte wirtschaftlich mit der seinem Geschäftsanteil entsprechenden Beteiligungsquote an der Kostenlast der Gesellschaft teilnimmt. Ein Ausgleich ist hier in der Weise zu schaffen, daß diejenigen Gesellschafter, die willkürlich oder ohne die gebotene Abwägung den Ausschließungsbeschluß herbeigeführt und die Gesellschaft zur Klageerhebung veranlaßt haben, dieser den durch ihre treuwidrige Stimmabgabe entstandenen Schaden ersetzen müssen (vgl. auch § 14, 24 ff.). 22 Für den Ausschluß aus einer Zweimann-Gesellschaft hat Rob. Fischer S. 133 (ihm folgend DreissjEitel-Dreiss Unfreiwilliges Ausscheiden 1971, S. 127; a. A. A. Hueck DB 1953 776, Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 148 und Kirchner GmbHRdsch. 1961 160) aus praktischen Erwägungen heraus vorgeschlagen, die Klagebefugnis nicht wie im Regelfall (Rdn. 21) der Gesellschaft, sondern jedem Gesellschafter zu geben. Dem ist zuzustimmen. Nach der Lebenserfahrung werden hier in aller Regel gegenseitige Vorwürfe erhoben und zwei Ausschließungsklagen geführt, die als Klage und Widerklage zu verbinden und einheitlich zu entscheiden sind, womit auch Unzuträglichkeiten wegen der Vertretung der Gesellschaft vermieden werden. Bei gegenseitigen Vorwürfen der beiden alleinigen Gesellschafter, bei denen die Erhebung einer Ausschlußklage unvermeidlich die zweite im Gefolge hat, erfordern nicht nur die von Rob. Fischer herangezogenen praktischen Erwägungen, sondern insbesondere die Tatsache, daß hier die Gesellschaft keine eigenständige Rolle mehr spielt, die wirklichen Gegner vielmehr die beiden Gesellschafter sind, die Anerkennung einer der actio pro socio vergleichbaren Prozeßstandschaft der Gesellschafter (vgl. dazu auch § 13, 8f. sowie Immenga S. 286ff.). Eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses bedarf es in diesem Fall nicht (Rdn. 18). Für die Klageanträge, die in den beiderseitigen Ausschlußklagen zu stellen sind, ergeben sich keine Besonderheiten; das Urteil hat aufgrund der Prozeßstandschaft unmittelbare Wirksamkeit für die Gesellschaft. e) Inhalt und Vollzug des Ausschlußurteils 23
o) Meinungsstand Problematisch und umstritten sind das Ziel der Ausschlußklage sowie der Inhalt und die Wirkungen des Ausschlußurteils. Der Bundesgerichtshof geht (4M)
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entsprechend § 140 HGB im Grundsatz von einem zum Ausschluß führenden Gestaltungsurteil aus, will die Ausschluß Wirkung aber im Interesse der Sicherung des Abfindungsanspruchs des Betroffenen von der aufschiebenden Bedingung abhängig machen, daß die Gesellschaft die —• auf Antrag im Urteil festzusetzende —• Abfindungssumme ohne Verstoß gegen § 30 zahlt (BGHZ 9 157, 170ff.). Bis zur Abfindungszahlung soll sich die Rechtskraft des Urteils darauf beschränken, die Feststellungen über den wichtigen Grund unanfechtbar zu machen und den Beklagten an der Mitsprache bei Maßnahmen zu hindern, die seinem Ausschluß dienen. Das Urteil hat im Schrifttum nahezu einhelligen Widerspruch erfahren, weil es den Ausschlußprozeß mit dem Streit um die Abfindungshöhe belaste, den Ausschluß unnötig in die Länge ziehe und insgesamt die Interessen des betroffenen Gesellschafters gegenüber denjenigen der Gesellschaft über Gebühr in den Vordergrund stelle (vgl. namentlich A. Hueck DB 1953 776 ff. sowie die Zusammenstellung und Analyse der kritischen Stimmen bei Rob. Fischer in Festschrift für W. Schmidt, S. 126ff.). Unter dem Eindruck dieser Kritik hat der BGH die Aufnahme der abschließenden Entgeltfestsetzung in den Urteilstenor in einem späteren Urteil (BGHZ 16 317, 325) davon abhängig gemacht, daß der Beklagte alles in seiner Macht Stehende tut, um die Wertermitdung ohne nennenswerte Verzögerung zu ermöglichen. Andernfalls sollte eine vorläufige Schätzung des Gerichts auf der Basis substantiierter Ansätze der klagenden GmbH ausreichen und der Beklagte im übrigen auf die Führung eines Abfindungsprozesses verwiesen werden. Die Kritik im Schrifttum richtete sich weniger gegen die verfahrensrechtlich 24 problematische Figur des aufschiebend bedingten Gestaltungsurteils als gegen die Koppelung von Ausschluß und Abfindung im Aus schlußprozeß und die damit verbundene Verzögerung der Ausschließung. Allerdings wird auch im Schrifttum anerkannt, daß dem betroffenen Gesellschafter der Ausschluß nur dann zugemutet werden kann, wenn er Aussicht auf Durchsetzung seines Abfindungsanspruchs ohne Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG hat. Zu diesem Zweck will A. Hueck (DB 1953 776, 778) die Wirkungen des Ausschlußurteils auf den Entzug der Mitgliedschaftsrechte des Beklagten beschränken, während ihm der Geschäftsanteil als solcher bis zur Abfindung durch die Gesellschaft verbleiben und er das Recht haben soll, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen, wenn sein Anspruch auf Abfindung nicht innerhalb angemessener Frist erfüllt wird. Robert Fischer (Festschrift f. Walter Schmidt, S. 129ff., 132f.; ähnlich Gonnella GmbHRdsch. 1967 93) befürwortet demgegenüber nach dem Muster von § 140 HGB einerseits die sofortige Wirksamkeit des Ausschlusses mit Rechtskraft des Urteils, andererseits die persönliche Haftung der Mitgesellschafter — einschließlich derjenigen, die beim Ausschließungsbeschluß überstimmt wurden — für den Abfindungsanspruch des Auszuschließenden. Dadurch soll diesem eine über die Haftung der GmbH hinausgehende Sicherheit verschafft, zugleich aber die für beide Seiten unerwünschte Schwebezeit zwischen Ausschlußurteil und Abfindungszahlung vermieden werden. Ein rechtspolitisch gelungenes, in wesendichen Zügen dem Konzept von 25 A. Hueck nachgebildetes Modell für die Lösung des Interessenkonflikts zwischen Gesellschaft und auszuschließendem Gesellschafter bietet neuerdings die im Regierungsentwurf eines GmbHG vorgeschlagene Ausschließungsregelung (abgedruckt vor Rdn. 1). Wie oben (Rdn. 2) schon kurz skizziert, geht der Vorschlag dahin, den Ausschluß davon abhängig zu machen, daß innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Ausschlußurteils eine im Urteil festzusetzende vorläufige Abfindung an den Auszuschließenden gezahlt wird, und der Gesellschaft im Fall der Zahlung die Verfügungsbefugnis über den Geschäftsanteil zu geben (§ 208 Abs. 1 und 4 (495)
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RegE). Die vorläufige Abfindung richtet sich dabei grundsätzlich nach dem anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens (§ 208 Abs. 2); eine Belastung des Ausschlußprozesses mit dem Streit um die endgültige Abfindung wird vermieden. Wird die Zahlungsfrist versäumt, so leben die Mitgliedschaftsrechte des Auszuschließenden in vollem Umfang wieder auf (§ 208 Abs. 5). Der restliche, gegebenenfalls in einem gesonderten Prozeß zu klärende Abfindungsbetrag wird fällig, wenn die Gesellschaft nach Zahlung der vorläufigen Abfindung über den Anteil verfügt hat oder wenn die Sechsmonatsfrist nach Rechtskraft des Ausschlußurteils verstrichen — und, wie mit Rücksicht auf § 208 Abs. 5 zu ergänzen sein dürfte, die vorläufige Abfindung gezahlt — ist (§ 209 Abs. 2). Ist die Gesellschaft zur Zahlung nicht ohne Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften des § 46 Abs. 1 RegE ( = § 30 Abs. 1 GmbHG) in der Lage, so kann der Ausgeschiedene in diesen Fällen Auflösung der Gesellschaft verlangen und seinen Anspruch auf die restliche Abfindung, wenn auch nachrangig gegenüber den übrigen GmbH-Gläubigern, aus dem Liquidationserlös befriedigen (§ 209 Abs. 4 und 5). ß) Stellungnahme Von den verschiedenen Lösungsvorschlägen vermag die bisherige Praxis des Bundesgerichtshofs (Rdn. 23) nicht voll zu überzeugen, da sie einerseits mit der problematischen Rechtsfigur eines teilweise aufschiebend bedingten Gestaltungsurteils arbeitet und andererseits die Gefahr begründet, den Ausschlußprozeß durch Belastung mit der Abfindungsproblematik unerwünscht zu verzögern. Nicht zu folgen ist aber auch dem Vorschlag Robert Fischers (Festschrift f. Walter Schmidt, S. 132 f.; ihm zustimmend Immenga S. 311 sowie — bezüglich der für den Ausschluß stimmenden Gesellschafter — Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 93), die übrigen Gesellschafter persönlich für den Abfindungsanspruch des Auszuschließenden haften zu lassen: er verträgt sich nicht mit der Haftungsstruktur der GmbH und würde zumal dann, wenn die Haftung sich auch auf die beim Ausschließungsbeschluß überstimmten Gesellschafter erstrecken sollte, zu unübersehbaren, über die Regelung der §§ 24, 31 Abs. 3 deutlich hinausgehenden Haftungsrisiken für die Gesellschafter führen. Gegen diesen Vorschlag spricht auch, daß selbst für die Kommanditisten das Recht anerkannt ist, sich dem Abfindungsanspruch des Ausgeschiedenen gegenüber auf die Haftungsbeschränkung aus §§ 171, 172 HGB zu berufen (BGH WM 1971 1451; Ulmer GroßkommHGB § 138, 33), obwohl ihnen das Ausscheiden des Mitgesellschafters durch Anwachsung unmittelbar zugute kommt. Den Vorzug verdient vielmehr das im Anschluß an A. Hueck konzipierte Modell des Regierungsentwurfs. Soweit seine Berücksichtigung nicht entsprechende gesetzliche Regelungen voraussetzt, sollte es daher schon nach geltendem Recht der Gestaltung des Ausschließungsverfahrens zugrundegelegt werden (vgl. Rdn. 27 ff.). 27 Besondere Sorgfalt ist auf den Inhalt des Ausschlußurteils als Grundlage für den Vollzug des Ausschlusses zu legen. Er sollte regelmäßig drei Komplexe umfassen. Erstens ist darin das Vorliegen eines Ausschlußgrunds festzustellen und die Gesellschaft unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung einer vorläufigen Abfindung innerhalb einer bestimmten (regelmäßig einer Sechsmonats-) Frist für befugt zu erklären, durch einseitige Erklärung den betroffenen Gesellschafter auszuschließen, indem sie nach ihrer Wahl die Einziehung oder die Abtretung des Geschäftsanteils an sich, einen Mitgesellschafter oder einen Dritten herbeiführt (vgl. Rdn. 29). Zweitens ist im Urteil die vorläufige Abfindung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO im Schätzungsweg festzusetzen. Dabei empfiehlt es sich in
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Übereinstimmung mit § 208 Abs. 2 S. 2 RegE, der Schätzung nicht den — zwischenzeitlich möglicherweise überhöhten — letzten festgestellten Vermögenssteuerwert des Geschäftsanteils zugrundezulegen, sondern den meist darunterliegenden anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens der GmbH (vgl. auch Begründung zu § 208 RegE, BR-Drucks. 595/71 S. 199). Zum Sonderfall vertraglicher Abfindungsvereinbarungen und der damit je nach Sachlage verbundenen Möglichkeit, in das Urteil bereits die endgültige Abfindungszahlung aufzunehmen, vgl. Rdn. 37. Und drittens muß das Urteil für die Schwebezeit zwischen Rechtskraft und Ablauf der Zahlungsfrist das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte des Beklagten sowie ein befristetes Veräußerungsverbot (§ 136 BGB) hinsichtlich des Geschäftsanteils aussprechen. Läßt man mit der heute einhelligen Meinung (Rdn. 4) den Ausschluß eines Gesellschafters durch Urteil im Wege der Rechtsfortbildung zu, so können auch keine Bedenken dagegen bestehen, den Gerichten die Befugnis zur inhaldichen Ausgestaltung des Ausschlußurteils entsprechend den vorstehenden Kriterien zuzuerkennen. Die Durchführung des Ausschlusses innerhalb der Zahlungsfrist ist Sache 28 der GmbH. Sie kann sich im Fall der Zahlung an den Auszuschließenden eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils entsprechend §§ 894 Abs. 1, 726 Abs. 2 ZPO erteilen lassen, um den Eintritt der Bedingung für die Ausübung ihres Gestaltungsrechts (Rdn. 27) nachzuweisen. Der Mitwirkung des Auszuschließenden bei der Verfügung über den Geschäftsanteil bedarf es nicht. — Hat die Gesellschaft während der Schwebezeit die vorläufige Abfindung nicht gezahlt, so entfallen die in Rdn. 27 genannten Gestaltungswirkungen des Urteils. Ein einseitiger Ausschluß des beklagten Gesellschafters ist nicht mehr möglich, seine vollen Anteilsrechte leben wieder auf. Das Wahlrecht zwischen Einziehung und Abtretung und die Bestimmung 29 des etwaigen Erwerbers muß die Gesellschaft nicht schon im Ausschlußprozeß ausüben; es ist vielmehr Teil der ihr durch das Urteil eingeräumten Gestaltungsbefugnis (so im Ergebnis auch BGHZ 9 157, 169). Dabei sind freilich bestimmte gesetzliche Schranken zu beachten. So setzen Abtretung an die Gesellschaft oder Einziehung voraus, daß es sich um einen voll eingezahlten Geschäftsanteil handelt (§§ 19 Abs. 2, 33 Abs. 1; vgl. auch BGHZ 9 157, 168; Ganssmüller GmbHRdsch. 1963 67 und Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 9; a. A. Mezger GmbH-Rdsch. 1963 65). Darüberhinaus bedarf es bei der Einziehung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses (§ 46 Nr. 4), während es auf die Zustimmung des Auszuschließenden wegen des Ausschlußurteils nicht ankommen kann. Ferner steht die Wirksamkeit der Einziehung oder des Erwerbs durch die Gesellschaft unter dem Vorbehalt des § 30 Abs. 1 (vgl. Rdn. 33) und schränkt das Wahlrecht daher mit Rücksicht auf die Vermögenslage der Gesellschaft ein. Wird die Abtretung schließlich an einen Mitgesellschafter oder einen Dritten verlangt, so müssen die erforderliche Zustimmung des Erwerbers in der Form des § 15 Abs. 3 und die satzungsmäßig etwa geforderte Genehmigung nach § 15 Abs. 5 vorliegen (so im Grundsatz auch Roh. Fischer in Festschrift für W. Schmidt, S. 131 f.). Die endgültige Abfindung wird entsprechend § 209 RegE erst fällig, wenn 30 die Gesellschaft von dem ihr im Urteil verliehenen Ausschlußrecht Gebrauch gemacht hat. Die Abfindungshöhe (dazu vgl. Rdn. 34f.) ist gegebenenfalls im Prozeßweg zu klären. Richtig erscheint auch der Gedanke, dem Ausgeschlossenen ein außerordentliches Auflösungsrecht zu gewähren, wenn die GmbH ihm den Anteil zwar wirksam entzogen hat, wegen § 30 Abs. 1 zur Erfüllung des Restanspruchs aber nicht imstande ist (so im Grundsatz auch A. Hueck DB 1953 777; (497)
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a. A. Immenga S. 311, der insoweit der von Rob. Fischer empfohlenen persönlichen Haftung der Mitgesellschafter den Vorzug gibt). Daß der Ausgeschlossene in diesem Zeitpunkt nicht mehr Gesellschafter ist und daher nicht unmittelbar nach § 61 vorgehen kann, steht nicht entgegen. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 135 HGB muß ihm das Auflösungsrecht schon deshalb gewährt werden, weil er nur auf diesem Wege die Schranke des § 30 durchbrechen und seinen Anspruch durchsetzen kann. Wollen die verbleibenden Gesellschafter das Auflösungsrisiko abwenden, so steht es ihnen frei, den Ausgeschlossenen aus eigenen Mitteln zu befriedigen. Eine Ausfallhaftung der verbleibenden Gesellschafter bei mangelnder Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, wie sie von Rob. Fischer (Festschrift für W. Schmidt, S. 132 f.) vorgeschlagen worden ist, scheidet dagegen aus den oben (Rdn. 26) genannten Gründen aus. Abweichendes gilt nur für den Fall, daß die GmbH im Rahmen ihres Wahlrechts den Anteil an einen Mitgesellschafter oder einen Dritten übertragen hat: hier bietet sich eine gesamtschuldnerische Haftung des Erwerbers für den an den Anteilsverlust geknüpften Abfindungsanspruch entsprechend § 16 Abs. 3 an. f ) Satzungsmäßige Gestaltungsmöglichkeiten Das im Klageweg durchzusetzende Ausschlußrecht aus wichtigem Grund ist in Rechtsprechung und Literatur als außerordendicher Rechtsbehelf ohne entsprechende Satzungsermächtigung entwickelt worden (Rdn. 1). Das schließt nicht aus, daß bereits im Gesellschaftsvertrag Vorsorge für derartige Fälle getroffen werden kann (BGHZ 9 157, 160). Eine dieser satzungsmäßigen Möglichkeiten ist — in der Rechtsfigur der „Einziehung" — im Gesetz selbst vorgesehen (§ 34). Die Satzung kann aber auch andere Gestaltungen enthalten, insbesondere statt der Einziehung die Abtretung des Anteils an bestimmte oder von der Gesellschafterversammlung zu benennende Personen vorsehen oder die Modalitäten der Durchführung des Ausschlusses abweichend von den oben genannten Grundsätzen regeln (vgl. Näheres bei § 34, 24ff.). Auch die Einschaltung des Gerichts in den Vollzug des Ausschlusses bildet kein zwingendes Erfordernis, wenn das Festhalten am Ausschlußurteil im Interesse der Rechtssicherheit auch naheliegt (Rdn. 15). Ebenso wie im Rahmen von § 140 HGB (dazu Ulmer GroßkommHGB § 140, 51) sind die Gesellschafter vielmehr frei, satzungsmäßig auf das Urteilserfordernis zu verzichten und das Ausschlußrecht der Gesellschafterversammlung als Gestaltungsrecht zu übertragen (BGHZ 32 17, 22). Der betroffene Gesellschafter hat in diesem Fall die Möglichkeit, das Fehlen des Ausschlußgrundes durch Anfechtungsklage gegen den Gesellschafterbeschluß geltend zu machen. Zur vertraglichen Abfindungsgestaltung vgl. Rdn. 36 ff. 3. Die Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters a) Allgemeines Eine Reihe von Abfindungsproblemen sind wegen ihres unmittelbaren Zusammenhangs mit der Durchführung des Ausschlusses bereits im vorigen Abschnitt behandelt worden. Das gilt für die Unterscheidung zwischen vorläufiger und endgültiger Abfindung (Rdn. 27, 30), für die Festsetzung der vorläufigen Abfindung im Tenor des Ausschlußurteils (Rdn. 27), für die Abhängigkeit der Ausübung des der Gesellschaft im Urteil verliehenen Ausschlußrechts von der Zahlung der vorläufigen Abfindung innerhalb der im Urteil bestimmten Frist und für die Folgen (498)
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nicht rechtzeitiger Zahlung (Rdn. 27 f.) sowie endlich für die Fragen der Fälligkeit und der Durchsetzung des restlichen Abfindungsanspruchs des Ausgeschlossenen (Rdn. 30). Hierauf wird verwiesen. Ebenso wurde bereits festgestellt, daß die Gesellschaft bei Zahlung der Ab- 33 findungssumme die Schranken des § 30 Abs. 1 zu beachten hat (Rdn. 29f.). Das folgt daraus, daß die Abfindungszahlung an den Auszuschließenden ihre Grundlage in dem (aufgelösten) Gesellschaftsverhältnis hat und sich als teilweise Rückzahlung des Stammkapitals auswirkt. Für den Fall der satzungsmäßigen Einziehung hat das Gesetz in § 34 Abs. 3 denn auch ausdrücklich auf die Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften verwiesen; das gilt entsprechend, sofern die Gesellschaft sich im Rahmen der Ausübung ihres Ausschlußrechts für die Einziehung entscheidet (Rdn. 29). Fraglich ist dagegen die Behandlung der Abtretung des Anteils an die Gesellschaft. Denn für die diesem Fall entsprechende Vorschrift des § 33 Abs. 2 über den Erwerb eigener Anteile ist im Ergebnis einhellig anerkannt, daß das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 insoweit nicht eingreift. Vielmehr kann die Gesellschaft ohne Auslösung von RückZahlungsansprüchen eigene Anteile zumindest dann erwerben, wenn die Zahlung des Kaufpreises durch den der Gesellschaft zufließenden Gegenwert des Geschäftsanteils gedeckt ist (vgl. § 33, 29f. m. w. Nachw. sowie Wtnkler GmbH-Rdsch. 1972 76f.). Dementsprechend läßt die h. M. auch die Aktivierung des eigenen Anteils in der Bilanz der GmbH zu. Das hat zur Folge, daß im Regelfall schon rein rechnerisch die Schranken des § 30 Abs. 1 nicht zum Zuge kommen können, da die auf der Kaufpreiszahlung beruhende Verminderung der Aktiva buchmäßig durch Ansatz des Geschäftsanteils in entsprechender Höhe ausgeglichen wird. Anderes gilt nur dann, wenn wegen der Vermögenslage der Gesellschaft eine Abschreibung des Geschäftsanteils unter den Betrag der Anschaffungskosten veranlaßt ist (zum Wertansatz von eigenen Anteilen vgl. § 33, 50ff.). Folgt man diesen zu § 33 entwickelten Grundsätzen auch für den Fall des auf dem Ausschluß beruhenden Anteilserwerbs, so hat die Gesellschaft es weitgehend in der Hand, durch Wahl der Abtretung an Stelle der Einziehung die Schwierigkeiten auszuschalten, die sich für den Vollzug des Ausschlusses aus der Vorschrift des § 30 Abs. 1 ergeben. b) Abfindung zum Verkehrswert Übereinstimmung besteht darüber, daß mangels anderweitiger satzungsmäßiger 34 Vorschriften der ausgeschlossene Gesellschafter Anspruch auf den vollen Gegenwert seines Anteils hat (so BGHZ 9 157,164; 16 317, 322; Baumbach-Hueck Einf. 2C zu § 34; Scholz § 15> 65; Fichtner BB 1966 149; Ganssmüller GmbH-Rdsch. 1956 129; Gonnella GmbH-Rdsch. 1967 93; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 8; Wolany S. 152). Dabei ist unter dem „vollen Gegenwert" der Verkehrswert des Anteils zu verstehen, also der Wert, den ein Dritter im allgemeinen Verkehr zu zahlen bereit wäre. Er kann aus vorliegenden unbeeinflußten Kaufangeboten anderer Gesellschafter oder von Dritten abgeleitet werden. Fehlt es daran, so ist er nach anerkannten Grundsätzen der Betriebswirtschaftslehre zu errechnen, wozu eine große Anzahl von Methoden mit vielen Varianten zur Verfügung steht. Der Vermögensteuerwert des Geschäftsanteils oder der anteilige steuerliche Einheitswert des Betriebsvermögens bilden nicht mehr als eine vorläufige Berechnungsziffer (vgl. auch Rdn. 27). Grundsätzlich schließt der Verkehrswert den sogenannten Firmenwert ein, löst die stillen Reserven unter Beachtung der darauf ruhenden künftigen Steuerbelastungen auf und berücksichtigt nach moderner Auffassung namentlich (499)
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auch den Ertragswert. Zur Problematik der Anteilsbewertung vgl. auch Sudhoff Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 374ff., 405 ff. sowie Berg GmbH-Rdsch. 1954 4ff., 116ff., 165ff, Sachs GmbH-Rdsch. 1974 86f. und Priester GmbH-Rdsch. 1976 8f.).
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c) Stichtag für die Wettfestsetzung Stichtag für die Berechnung der Abfindungshöhe ist entsprechend § 140 Abs. 2 HGB der Tag der Erhebung der Ausschlußklage (ganz h. M., vgl. BGHZ 9 157, 176; 16 317,322; OLG Nürnberg BB 1970 1372; A. Hueck DB 1953 777; Hartmann GmbH-Rdsch. 1962 8). Abweichendes kommt nur dann in Betracht, wenn die Ausschlußvoraussetzungen, insbesondere der Beschluß der Gesellschafterversammlung, erst später vorliegen (BGH NJW1972 1320). In der Konsequenz dieses Abfindungsstichtages liegt es, daß dem Beklagten unter der Voraussetzung des späteren Ausschlusses von der Klageerhebung an auch kein Dividendenanspruch mehr zusteht. Andernfalls würde der Gesellschafter, wenn nach Klageerhebung die Gesellschaft vor dem Stichtag bereits erwirtschaftete Vermögensausschüttungen vornimmt, doppelt beteiligt sein. Der Ausgleich zwischen Wegfall der Dividendenberechtigung und noch nicht fälliger Abfindung ist vielmehr durch ertragsunabhängige Verzinsung des noch im Gesellschaftsunternehmen genutzten Kapitals des Auszuschließenden herzustellen. Da das künftige Schicksal der Beteiligung während des Ausschlußprozesses noch nicht absehbar ist, kann der Beklagte laufende Zahlungen der Gesellschaft jedenfalls in der Höhe verlangen, in der die an sich auf seinen Anteil entfallende Dividende und die voraussichtlichen Zinsansprüche sich decken.
d) Satzungsmäßige Abfindungsregelungen Enthält die Satzung eine wirksame (Rdn. 38 ff.) Abfindungsregelung für den Fall eines Ausschlusses aus wichtigem Grund, so geht diese Regelung den in Rdn. 32, 34 und 35 entwickelten Grundsätzen vor und ist für den Gesellschafter verbindlich. Das gleiche gilt, wenn die Satzungsregelung nicht für den Ausschluß als solchen, sondern für eine Einziehung des Geschäftsanteils aus wichtigem Grunde getroffen ist, und diese Regelung den auszuschließenden Gesellschafter gemäß § 34 Abs. 2 bindet. Ist sie für Einzelfälle wie Pfändung, Tod oder dgl. getroffen, so ist es eine Frage der Auslegung, ob sie auf sonstige Fälle des Ausschlusses erstreckt werden kann. 37 Für die Aufnahme von Abfindungsregelungen in die Satzung sprechen namentlich zwei Gründe, deren Berechtigung in Rechtsprechung und Literatur im Grundsatz außer Streit steht (vgl. nur BGHZ 65 22, 27, Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen 1973, S. 38 u. a.; einschränkend neuerdings Reuter Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen 1973, S. 403ff, für nicht frei ausgehandelte Klauseln in sog. „Satzungsgesellschaften"). Einerseits geht es darum, die meist schwierigen und zu langwierigen Auseinandersetzungen führenden Probleme der Anteilsbewertung im Abfindungsfall durch einfache und klare vertragliche Wertmaßstäbe auszuschließen. Insoweit entfallen je nach Sachlage zugleich die Bewertungsschwierigkeiten im Rahmen des Ausschlußverfahrens, und es kann im Urteil sogleich die endgültige Abfindung abweichend vom Regelfall (Rdn. 27) festgesetzt werden. Und zum zweiten verbindet sich mit den meist schon bei der Gesellschaftsgründung und unabhängig von konkreten Konflikten vereinbarten satzungsmäßigen Abfindungsregelungen im Regelfall das Bestreben, zum Schutz des Gesellschaftsbestands und zur Vermeidung überraschender bzw.
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existenzgefährdender Liquiditätsabflüsse das Abfindungsentgelt höhenmäßig zu beschränken oder seine Zahlung über einen längeren Zeitraum zu erstrecken. Nachdem allerdings der Steuergeset^geber im Jahre 1974 dazu übergegangen ist, im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters mit beschränkter Abfindung den bei der GmbH oder den begünstigten Mitgesellschaftern eingetretenen Wertzuwachs der Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuer zu unterwerfen (§ 34, 67), und nachdem dadurch der Bestandsschutzzweck wesentlich verwässert wurde, dürfte es sich empfehlen, die satzungsmäßigen Abfindungsvereinbarungen zu überprüfen und das Abfindungsentgelt künftig mindestens nach dem Vermögensteuerwert des Geschäftsanteils zu bemessen. Für die Frage nach privatrechtlichen Schranken der Gestaltungsfreiheit bei 38 Abfindungsklauseln ist zu unterscheiden zwischen Gesellschafter- und Gläubigerschutz (zum Gesellschafterschutz vgl. Rdn. 39 ff.). Der Gläubigerschutz steht dann in Frage, wenn die Satzung für den Fall der Anteilspfändung und des Gesellschafterkonkurses den Ausschluß des betroffenen Gesellschafters und dessen Abfindung unter dem Verkehrswert des Anteils vorsieht. Der BGH hat allerdings unlängst in einer Grundsatzentscheidung (BGHZ 65 22, 24ff.) zu Recht klargestellt, daß solche Einschränkungen des Abfindungsanspruchs (im Streitfall: die Ausklammerung des Firmenwerts bei der Berechnung der Abfindung) zulässig sind, solange sie in grundsätzlich gleicher Weise für alle Fälle des zwangsweisen Ausscheidens eines Gesellschafters gelten und daher keine spezielle Benachteiligung der Gläubiger enthalten. Die Gläubiger eines Gesellschafters haben also entgegen einer vor diesem Grundsatzbeschluß verbreiteten Ansicht (vgl. den zur BGH-Entscheidung führenden Vorlagebeschluß des OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1974 41 f., aber auch BGHZ 32 151, 156 und die Schrifttumsnachweise bei Priester GmbH-Rdsch. 1976 5f. FN 9, 12 und 14) keinen unabdingbaren Anspruch auf den vollen Gegenwert des Anteils (vgl. Näheres bei § 34, 13ff.). Unbedenklich zulässig ist danach die Abfindung unter Ausklammerung des Firmenwerts oder auf der Grundlage des letzten Vermögensteuerwerts des Anteils, soweit sie sich nicht auf den Fall des Gläubigerzugriffs beschränkt. Ob den Gläubigern auch eine Buchwertklausel entgegengesetzt werden kann (bejahend Priester GmbH-Rdsch. 1976 8f.), läßt sich dem BGH-Beschluß dagegen nicht entnehmen. Der BGH hat insoweit vielmehr einen ausdrücklichen Vorbehalt für den Fall gemacht, daß die Gegenleistung über den Ausschluß einer Vergütung für den Firmenwert hinaus noch weitergehenden wesentlichen Einschränkungen unterworfen oder gänzlich ausgeschlossen sein sollte (BGHZ 65 22, 27 f.). Angesichts der außerordentlich unterschiedlichen, von der jeweiligen Vermögensstruktur der Gesellschaft abhängenden Auswirkungen der Buchwertklausel auf den Abfindungsanspruch bestehen Zweifel, ob eine generelle Aussage hierüber überhaupt möglich ist. — Zur Auslegung der Buchwertklausel, die sich regelmäßig nicht nur auf den Nennwert des Anteils bezieht, sondern auch den Anteil an den offenen Rücklagen sowie einen Gewinn- oder Verlustvortrag umfaßt, vgl. auch Priester GmbH-Rdsch. 1976 8. Soweit es um den Schutz der vom Ausschluß betroffenen Gesellschafter 39 geht, wird dieser vereinzelt für verzichtbar und daher ein Ausschluß aus wichtigem Grund sogar ohne Entgelt für zulässig angesehen (Raabe BB 1956 709f., Sachs GmbH-Rdsch. 1974 86; wohl auch Priester GmbH-Rdsch. 1976 9; a. A. A. Hueck DB 1957 39; W. Schmidt DNotZ 1950 473, 475; differenzierend — zulässig für den Fall schuldhaft grober Vertragsverletzung — RGZ 142 373, 377; Vorauf!. § 34, 6, Reuter S. 406 und Sudhoff Gesellschaf tsvertrag der GmbH, S. 360). Der BGH (Urteil vom 20. 12.1976 — II ZR 115/75) hat kürzlich eine Satzungsbestimmung für wirk(501)
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sam gehalten, die die entschädigungslose Einziehung eines Geschäftsanteils beim Tod des Gesellschafters zuließ. Abgesehen von der Monografie Reuters (Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973) wurde die Frage des Gesellschafterschutzes im Unterschied zu derjenigen des Gläubigerschutzes allerdings meist nur am Rande erörtert. 40 Für die Stellungnahme ist zu differenzieren. Soweit das Ausscheiden ohne Abfindung an bestimmte, regelmäßig eintretende objektive Umstände (Alter, Tod u. a.) geknüpft ist, liegt in der betreffenden Satzungsklausel im Regelfall eine unentgeltliche Zuwendung an die durch das Ausscheiden Begünstigten. Das sind im Falle eines Ausschlusses durch Eingehung die Mitgesellschafter wegen des bei ihnen eintretenden Wertzuwachses, soweit sich die Einziehung nicht mit dem Eintrittsrecht eines Dritten verbindet; im Falle der unentgeltlichen Abtretung ist begünstigt derjenige, dem der Gesellschaftsvertrag den Anspruch auf Abtretung einräumt (vgl. auch Anhang nach § 15,109f.). Eine unentgeltliche Zuwendung liegt regelmäßig auch dann vor, wenn der Abfindungsausschluß für alle Gesellschafter gleichermaßen gilt (so zutreffend Heckelmann Abfindungsklauseln in Gesellschaf tsverträgen 1973, S. 45 ff., 77ff., U. Huber Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts 1970, S. 466f., Flume in Festschrift f. Schilling [1973], S.65f.,und Finger JZ1974 271 gegen die früher h. M., die in der Vereinbarung ein entgeltliches, „aleatorisches" Geschäft gesehen hatte, vgl. Nachw. bei P. Ulmer GroßkommHGB § 138, 120). Auf die Einhaltung der Formvorschriften der §§ 518, 2301 BGB kommt es für die Wirksamkeit des Abfindungsausschlusses in diesen Fällen schon deshalb nicht an, weil die Schenkung durch die im Gesellschaftsvertrag eingegangene, meist durch Anteilsvinkulierung abgesicherte Bindung regelmäßig bereits aufschiebend bedingt vollzogen ist (so zu Recht Heckelmann S. 87—89); im übrigen bildet die Klausel auch einen Teil des notariell beurkundeten Vertrags (§ 2). Zur erbrechtlichen Auseinandersetzung bei Begünstigung nur einzelner Erben vgl. Anhang nach § 15. — Ist demgegenüber der Abfindungsanspruch in Fällen der genannten Art nicht ausgeschlossen, sondern nur beschränkt, so wird es regelmäßig an einem Schenkungswillen des vom Ausschluß betroffenen Gesellschafters fehlen; er will den Mitgesellschaftern oder Dritten keine unentgeltliche Leistung erbringen, sondern nimmt die Beschränkung vielmehr im Interesse der Lebensfähigkeit und Kapitalsicherung der Gesellschaft in Kauf. Das gilt auch im Fall der Buchwertklausel, da sie dem ausscheidenden Gesellschafter oder seinen Erben zumindest die Rückzahlung der noch nicht verbrauchten Einlage einschließlich der offenen Reserven sichert (zutreffend zur Differenzierung zwischen Ausschluß und Beschränkung der Abfindung Flume in Festschrift für Ballerstedt [1975], S. 207ff., 215). Die auch in diesen Fällen von einer Schenkung ausgehende erbschaftsteuerliche Behandlung (§ 34, 67) beruht, zivilrechtlich gesehen, auf einer Fiktion (Flume S. 217). 41 Ist der Ausschluß ohne oder unter stark eingeschränkter Abfindung nicht von konkret vorhersehbaren Umständen wie Alter, Tod o. ä. abhängig gemacht, sondern knüpft er an Verfehlungen des Gesellschafters oder sonstige, seiner weiteren Gesellschaftszugehörigkeit entgegenstehende wichtige Gründe an, so kann von einer unentgeklichen Zuwendung schon deshalb keine Rede sein, weil der hierfür erforderliche Schenkungswille des betroffenen Gesellschafters hier weder bei Vertragsabschluß (bzw. Beitritt) noch im Zeitpunkt des Ausscheidens gegeben war. In diesen Fällen ist eine wesentliche Einschränkung des Abfindungsanspruchs im Gesellschaftsvertrag oder ein Ausschluß ohne Entgelt daher nicht unproblematisch. Ein Verstoß der Abfindungsklausel gegen § 138 BGB wird zwar nur ausnahmsweise in Betracht kommen (so im Grundsatz zutreffend Heckelmann S. 107f. (502)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
Anh. § 34
gegen H. Westermann Handbuch der Personengesellschaften I 449; zum Sonderfall des Abfindungsausschlusses beim Austritt aus wichtigem Grund vgl. aber Rdn. 55). Wie Reuter (Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 403 ff.) mit Recht hervorhebt, enthält die wesentliche Beschränkung oder der Ausschluß der Abfindung in derartigen Fällen aber eine Art Vertragsstrafe, deren Eingreifen Verschulden voraussetzt und deren Kontrolle sich nach den Vorschriften der §§ 336 ff. BGB richtet (im Ergebnis ähnlich Vorauf!. § 34, 6 und Sudhoff Gesellschaftsvertrag der GmbH, S. 360; a. A. — für weitgehende Vertragsfreiheit — auch neuerdings etwa Sachs GmbH-Rdsch. 1974 86). Die vorstehenden Grundsätze (Rdn. 38—41) gelten entsprechend für die Be- 42 urteilung satzungsmäßiger Zahlungsmodalitäten für den Abfindungsanspruch. Eine mittelfristige Streckung der Auszahlungsfrist im Interesse des Bestands und der Liquiditätslage der Gesellschaft müssen Gläubiger und Ausgeschiedener hinnehmen, zumal wenn sie mit einer angemessenen Verzinsung des Abfindungsguthabens verbunden ist. Dagegen wurde die Beschränkung der Auszahlung in Raten von jeweils 20% des festgestellten Jahresgewinns der GmbH ohne zwischenzeitliche Verzinsung vom BGH (BGHZ 32 151, 158) zu Recht als unvereinbar mit dem Gläubigerschutzprinzip angesehen; an dieser Beurteilung dürfte sich auch durch BGHZ 65 22 nichts geändert haben (offengelassen von Priester GmbH-Rdsch. 1976 9). Eine abstrakte Festsetzung bestimmter Zeiträume, die im Gesellschaftsvertrag unbedenklich vereinbart werden können, ist allerdings schon deshalb nicht möglich, weil die mit den Zahlungsfristen verbundenen Belastungen der Rechtsstellung des Ausgeschiedenen nicht unabhängig von den Einschränkungen bei der Abfindungshöhe beurteilt werden können. Wegen der Einzelheiten ist grundsätzlich auf die entsprechende Beurteilung beim Ausscheiden aus einer Personengesellschaft zu verweisen ( P . Ulmer GroßkommHGB § 138, 121). Im Unterschied dazu stellt sich freilich im GmbH-Recht noch schärfer das Problem der Gewährung von Sicherheiten für den Ausgeschiedenen oder dessen Gläubiger. Denn ihnen steht bei Fälligkeit nur der Zugriff auf das GmbH-Vermögen offen, und dieses nur in den Schranken des § 30 Abs. 1 (Rdn. 29, 33).
II. Der Austritt 1. Allgemeines a) Austritt aus wichtigem Grund Neben dem Gesellschafterausschluß als außerordentlichem einseitigem Lösungs- 43 recht der Gesellschaft ist heute auch das Austrittsrecht als entsprechender Rechtsbehelf auf Seiten der Gesellschafter im Grundsatz einhellig anerkannt (vgl. statt aller Baumbach-Hueck Einf. 3 zu § 34, Scholz § 65, Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften 1965, S. 90 sowie Vorauf!. § 34, 18 b). Von den kartellrechtlich bedingten Urteilen RGZ 114 212 und 125 114 abgesehen, hatte die Rechtsprechung bisher zwar nur im Sonderfall einer Nebenleistungs-GmbH mit entsprechenden laufenden Verpflichtungen der Gesellschafter Gelegenheit, über die Berechtigung einer Austritts er klärung zu entscheiden (RGZ 128 1, 15, vgl. dazu Rdn. 1 und § 3, 98). Es besteht aber kein Zweifel, daß auch bei sonstigen, nicht durch laufende Leistungspflichten gekennzeichneten Gesellschaften die einseitige Aufkündigung der Beteiligung zugelassen wird, sofern nur ein wichtiger Grund zum Austritt auf Seiten des Gesellschafters (503)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
gegeben ist, und andere zumutbare Möglichkeiten, sich von der Gesellschaft zu trennen, nicht bestehen. 44 Einzelheiten des Austrittsrechts und namentlich dessen Durchführung sind im Unterschied zum Ausschluß eines Gesellschafters bisher meist nur am Rande erörtert worden. Insgesamt besteht dabei die zutreffende Tendenz, im Grundsatz zu übereinstimmenden Lösungsvorschlägen für beide Rechtsbehelfe zu kommen, soweit nicht die andersartige Interessenlage des Austritts Abweichungen nahelegt und insbesondere Vereinfachungen gegenüber dem schwerfälligen Vollzug des Ausschlusses möglich macht (vgl. Rdn. 51 fF.). Entsprechend hat sich auch der Regierungsentwurf in § 211 mit einem kürzeren und einfacheren Regelungsvorschlag für den Austritt im Vergleich zum Ausschluß begnügt (Rdn. 3). Freilich ist die Regelung immer noch vergleichsweise kompliziert ausgefallen, da dem Austrittswilligen zur Verwirklichung seines Austritts %wei unterschiedliche Wege eröffnet werden: er kann den vollen Abfindungsbetrag in einer Summe verlangen (§211 Abs. 2) oder — gegebenenfalls auch zusätzlich zur Forderung nach Abs. 2 — gerichtlich eine vorläufige Abfindung festsetzen lassen mit der Folge automatischer Auflösung der Gesellschaft für den Fall, daß sie diesen Betrag nicht innerhalb von 6 Monaten nach Rechtskraft des Urteils zahlt (§ 211 Abs. 4). Eine im wesentlichen unveränderte Übernahme dieser doppelten Befugnis bereits für das geltende Recht erscheint nicht veranlaßt. Es genügt das Recht des Austrittswilligen, seinen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft notfalls durch eine Zahlungsklage durchzusetzen (Rdn. 52; zur unterschiedlichen Wertung beim Ausschlußrecht vgl. Rdn. 26£f.). 45 Zu Möglichkeiten und Grenzen vertraglich vereinbarter Austrittsrechte vgl. die Kommentierung zur Ausgestaltung satzungsmäßiger Kündigungsbestimmungen im Sinne von § 60 Abs. 2 (Erl. zu § 60) sowie Fichtner BB 1967 18 und Vogel in Festschrift für Knur, S. 259ff. 46
b) Ordentliches Austrittsrecht bei unbefristeten Gesellschaften? Über die herrschende Meinung hinaus ist in der Literatur vereinzelt auch ein Austrittsrecht ohne wichtigen Grund bei unbefristeten Gesellschaften entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 723, 724 BGB, 132, 134 HGB bejaht worden. So hat Wiedemann (S. 91) sich für ein zwingendes ordentliches Kündigungsrecht in denjenigen Fällen ausgesprochen, in denen Gesellschafter mit persönlichen Nebenverpflichtungen belastet sind. Reuter (S. 390fF.; so im Grundsatz auch schon Teicbmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen 1970, S. 246; a. A. namentlich Schwerdtner GmbH-Rdsch. 1976 101 fF. in eingehender Auseinandersetzung mit Reuter) will das ordentliche Kündigungsrecht jedenfalls dann eingreifen lassen, wenn die Veräußerbarkeit der Geschäftsanteile nach § 15 Abs. 5 satzungsmäßig beschränkt ist. Gegenüber derartigen Tendenzen ist Zurückhaltung geboten. Wer sich an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, weiß, daß das Ausscheiden aus dem Verband nach gesetzlicher Regel nur durch Anteilsveräußerung möglich ist. Das gilt im Grundsatz auch dann, wenn die Satzung die Anteilsveräußerung von besonderen Voraussetzungen im Sinn von § 15 Abs. 5 abhängig macht (Immenga S. 87; Schwerdtner GmbH-Rdsch. 1976 104f.). Der Gesetzgeber hat auch für diesen Fall von einem ordentlichen Kündigungsrecht abgesehen und es den Gesellschaftern überlassen, ihre internen Verhältnisse selbst zu regeln. Mit dieser Wertung wäre es namentlich auch unvereinbar, dem Gesellschafter bereits deshalb ein Austrittsrecht zu gewähren, weil er seinen Anteil veräußern will, in der gegebenen Situation aber keinen Abnehmer findet (so auch Wiedemann S. 91; (504)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
Anh. § 34
Schmrdtner GmbH-Rdsch. 1976 104). Soweit freilich im Einzelfall die rechtliche oder faktische Unmöglichkeit, den Anteil zu veräußern, eine unzumutbare Härte für den an der Aufgabe seiner Beteiligung interessierten Gesellschafter darstellt, ist ein wichtiger Grund in der Person des Gesellschafters gegeben (Rdn. 48), der ihm das Recht zur außerordentlichen Kündigung verschafft (§15, 4; vgl. auch § 211 Abs. 1 RegE GmbHG). — Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Verweigerung der Genehmigung zur Anteilsveräußerung mißbräuchlich sein kann, vgl. § 15, 116. c) Austritt und Gläubigerschutz 47 Unabdingbarer Grundsatz des Austrittsrechts ebenso wie des Ausschlusses ist schließlich, daß dadurch die Interessen der Gesellschaftsgläubiger nicht tangiert werden dürfen. Daher scheidet ein Austrittsrecht aus, wenn der Anteil noch nicht voll eingezahlt ist (RG DR 1943 811; vgl. auch Rdn. 29). Der Austrittswillige hat in diesem Fall nur die Möglichkeit, entweder zuvor auf eine Kapitalherabsetzung hinzuwirken oder aber Auflösungsklage (§ 61) zu erheben. Gleiches gilt, wenn die Vermögenslage der Gesellschaft eine Abfindung des Austrittswilligen nicht ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1 (dazu Rdn. 33) gestattet. Auf eine Übernahme des Anteils durch einen Mitgesellschafter ohne finanzielle Belastung der GmbH hat der Austrittswillige beim Fehlen entsprechender Vereinbarungen selbst dann keinen Anspruch, wenn ihm ein weiteres Verbleiben in der Gesellschaft nicht zugemutet werden kann. 2. Materiellrechtliche Austrittsvoraussetzungen a) Wichtiger Grund Wichtiger Grund im Rahmen des Austrittsrechts ist alles, was dem Gesell- 48 schafter den weiteren Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar macht. Das können insbesondere Leistungspflichten sein, die mit der Gesellschafterstellung in der Kartell-GmbH (vgl. auch § 13 Abs. 1 GWB) oder der Nebenleistungs-GmbH zusammenhängen und so drückend geworden sind, daß ihre weitere Erfüllung durch den Gesellschafter nicht erwartet werden kann. Aber eine Beteiligung mit Sonderoder Nebenleistungspflichten ist keineswegs der einzige oder auch nur der Hauptanwendungsfall für einen Austritt aus wichtigem Grund (wie hier Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 305f.; Wolany S. 100; a. A. aber Fichtner BB 1967 18; zu einschränkend auch Baumbach-Hueck Einf. 3 zu § 34 und Vorauf!. § 34 Anm. 18 b). Auch bei der reinen Kapitalbeteiligung läßt sich nicht generell ausschließen, daß das weitere Verbleiben in der Gesellschaft unzumutbar wird. Zutreffend formuliert §211 Abs. 1 RegE, daß ein wichtiger Grund zum Austritt namentlich dann vorliege, „wenn die Gesellschaft Maßnahmen trifft, durch die sich ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in einer für den Gesellschafter nicht zumutbaren Weise ändern". Das gibt eine gute Umschreibung des wichtigen Grundes auch bei der reinen Kapitalbeteiligung. Zu denken ist an eine Änderung des Gegenstands des Unternehmens, die der Gesellschaft ganz andere Aufgaben als bisher stellt, an eine auf längere Zeit andauernde Weigerung der Mehrheit, Dividenden auszuschütten, an einen Abbau von Gesellschaftsrechten und Befugnissen. Die Kündigungsmöglichkeit wird dadurch zur Notbremse der Minderheit, sich einer zu schrankenlos ausgeübten Macht der Mehrheit zu entziehen (so auch Immenga S. 305). Das gilt auch unter Berücksichtigung möglicher Anfechtungs- oder Schadenersatzrechte der Minderheit, da ihr das ständige Nachsuchen um Rechts(505)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
schütz zur Durchsetzung ihrer Rechte nicht zugemutet werden kann. Wichtige Gründe können aber auch in der Person des Gesellschafters liegen, z. B. dringender, anderweitig nicht zu deckender Geldbedarf, Wohnsitzverlegung in weite Entfernung vom Sitz der Gesellschaft und dergl. mehr. Das gilt namentlich dann, wenn die Veräußerlichkeit der Anteile ausgeschlossen ist oder wenn die Gesellschaft die Genehmigung zu der vom Gesellschafter geplanten Veräußerung nicht erteilt (vgl. auch § 15, 4). Schließlich kommt ein Austrittsgrund auch dann in Betracht, wenn der Austrittswillige nicht in der Lage ist, die erforderliche Mehrheit zur Ausschließung eines unzumutbar störenden Mitgesellschafters zusammenzubringen (Rdn. 17). 49
50
b) Unmöglichkeit anderweitiger Trennung Ebenso wie beim Ausschluß ist auch für den Austritt anerkannt, daß er nur als letztes und äußerstes Mittel in Betracht kommt (vgl. RGZ 128 1,16f.; BaumbachHueck Einf. 3 zu § 34; Immenga S. 304f., sowie die Nachweise bei Fichtner BB 1967 18 FN 6; so auch §211 Abs. 1 S. 3 RegE). Entscheidend ist also, ob dem Austrittswilligen keine anderen Möglichkeiten offenstehen, seinen Willen in %umutbarer Zeit auszuführen. Enthält die Satzung keine Beschränkung der Abtretbarkeit von Geschäftsanteilen, oder sind die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter bereit, die satzungsmäßig zur Abtretung erforderliche Genehmigung zu erteilen, so hängt das Ausscheiden nur davon ab, einen Erwerber des Anteils zu finden. Das ist Aufgabe des Gesellschafters, die er nicht über einen Austritt aus wichtigem Grund auf die Gesellschaft abwälzen kann. Nur wenn aus den Verhältnissen der Gesellschaft heraus, etwa wegen des Bestehens von Nebenleistungspflichten, wegen starker Beschränkung der Verfügungsfähigkeit über Geschäftsanteile, drückender Nachfolgebestimmungen und dgl. ein Verkauf auf dem freien Markt nicht möglich ist, kann von einer nicht allein in die Risikosphäre des Gesellschafters fallenden Unmöglichkeit anderweitiger Trennung gesprochen werden. Aus den gleichen Gründen scheidet ein Austrittsrecht regelmäßig dann aus, wenn die Satzung ein ordentliches Kündigungsrecht (§ 60 Abs. 2) kennt, und die damit sowie mit der anschließenden Liquidation verbundenen Fristen einen Zeitraum in Anspruch nehmen, der dem Austrittswilligen gemessen an der Art und Schwere des wichtigen Grundes noch zugemutet werden kann (vgl. auch Rdn. 50). c) Verhältnis zur Auflösungsklage Das außerordentliche, durch Rechtsfortbildung geschaffene Austrittsrecht greift grundsätzlich nur ein, soweit weder Gesetz noch Gesellschaftsvertrag dem Austrittswilligen anderweitige Lösungsmöglichkeiten geben. Das führt zur Frage nach dem Verhältnis zwischen der gesetzlichen Auflösungsbefugnis nach § 61 und dem außerordentlichen Austrittsrecht. Die beiden Institute unterscheiden sich erstens darin, daß die Auflösungsklage nur von Gesellschaftern erhoben werden kann, deren Geschäftsanteile mindestens 10 °/0 des Stammkapitals erreichen (§ 61 Abs. 2), während für das Austrittsrecht ein entsprechendes Quorum nicht vorausgesetzt wird. Zweitens und vor allem beurteilt § 61 den wichtigen Grund aus der Sicht der Gesellschaft (vgl. Erl. zu § 61), während es für das Austrittsrecht darauf ankommt, daß dem einzelnen Gesellschafter das weitere Verbleiben in der Gesellschaft unzumutbar ist. Immerhin ist eine Reihe von Überschneidungen denkbar, in denen die Voraussetzungen sowohl der Auflösungsklage als auch des Austrittsrechts in Betracht kommen. Angesichts des lückenfüllenden Charakters des Austrittsrechts und seines Eingreifens als äußerstes Mittel (Rdn. 49) steht hier grundsätzlich der (506)
Ausschließung und Austritt von Gesellschaftern (Ulmer)
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Auflösungsklage der Vorrang zu. Da indessen im allgemeinen sowohl die — am eigenen Fortbestand interessierte — Gesellschaft als auch der auf rasches Ausscheiden drängende Gesellschafter den Austritt bevorzugen werden, empfiehlt sich eine flexible Handhabung des Konkurrenzverhältnisses. Die theoretisch gegebene Subsidiarität des Austrittsrechts sollte vom Gericht daher nur dann beachtet werden, wenn die Gesellschaft den Austrittswilligen ausdrücklich auf die Auflösungsklage verweist, und dieser über den für die Klageerhebung erforderlichen Anteil von 10% des Stammkapitals verfügt. 3. Durchführung des Austritts Im Unterschied zum Ausschluß, der neben einem Gesellschafterbeschluß auch 51 ein Ausschlußurteil voraussetzt, läßt die h. M. für den Austritt die einseitige Erklärung des Austrittswilligen genügen (RGZ 128 1, 17; Scholz Ausschließung und Austritt, S. 45ff.; Baumbach-Hueck Einf. 3 zu § 34; Immenga S. 312; Fichtner BB 1967 17f.; so auch § 211 Abs. 1 RegE). Dem ist zuzustimmen. Gründe der Rechtssicherheit, die beim Ausschluß die Zwischenschaltung des Gerichts empfehlen (Rdn. 15), fallen beim Austritt nicht in gleichem Maße ins Gewicht. Denn mit der — regelmäßig fristlosen — Austrittserklärung bringt der Austrittswillige von sich aus zum Ausdruck, nicht länger seine Mitgliedschaftsrechte ausüben und am weiteren Geschehen in der Gesellschaft teilnehmen zu wollen. Auf der anderen Seite verbleibt ihm, auch wenn man den Austritt von einem Gestaltungsurteil abhängig machen wollte, sein Geschäftsanteil doch solange, bis die Gesellschaft ihm die Abfindung gezahlt hat (Rdn. 52). Und schließlich hat auch die Gesellschaft die Möglichkeit, das Vorliegen eines Austrittsgrundes im Rahmen einer vom Austrittswilligen angestrengten Abfindungsklage klären zu lassen, ohne daß hierfür ein besonderer Rechtsstreit über den Austritt erforderlich wäre. Auch für die Zulassung einer besonderen Klage auf Festsetzung einer vorläufigen Abfindung mit automatischer Auflösung im Fall nicht fristgemäßer Zahlung (so § 211 Abs. 4 RegE) besteht nach geltendem Recht kein solches Bedürfnis, daß eine außergesetzliche Rechtsfortbildung zu befürworten wäre. Die Wirkungen der Austrittserklärung bestehen beim Vorliegen der materiell- 52 rechtlichen Voraussetzungen darin, das Verhältnis des Austrittsberechtigten zur Gesellschaft umzugestalten. Die Mitgliedschaftsrechte aus dem Anteil ruhen bis zur Einziehung oder Abtretung (Fichtner BB 1967 18). An ihrer Stelle erwirbt der Austrittsberechtigte einen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft, dessen Höhe im Streitfall vom Gericht festzusetzen ist und den er im Wege der Zahlungsklage durchsetzen kann. Zahlt die Gesellschaft die Abfindung, so kann sie nach ihrer Wahl {Baumbach-Hueck Einf. 3 zu §34, Immenga S. 312f.; vgl. auch §211 Abs. 3 RegE) den Anteil des Austrittsberechtigten einziehen oder dessen Abtretung an sich oder einen von ihr benannten Mitgesellschafter oder Dritten verlangen (vgl. auch Rdn. 29). Ist die Gesellschaft wegen § 30 Abs. 1 zur Abfindungszahlung nicht in der Lage, so steht dem Austrittsberechtigten wie im Fall des Ausschlusses (Rdn. 30) ein außerordentliches, entsprechend § 61 durchzusetzendes Auflösungsrecht zu. — Zum Sonderfall des satr^ungsmäßig vorgesehenen Kündigungsrechts und seiner Wirkungen vgl. Vogel in Festschrift für Knur, S. 269 ff. und Erläut. zu § 60. Die gleichen Grundsätze gelten für die Zweimanngesellschaft. Anders als 53 beim Ausschluß (Rdn. 9) besteht hier auch keine praktische Notwendigkeit, dem Mitgesellschafter Prozeßstandschaft für die GmbH einzuräumen. Denn das Austrittsrecht wird nicht durch Gestaltungsklage, sondern durch einseitige Erklärung (507)
§ 34 Anh.
2. Abschnitt. Rechtsverhältnisse d. Gesellschaft u. d. Gesellschafter
ausgeübt. Und die Zahlungsklage des Austrittsberechtigten muß sich gegen die GmbH als Abfindungsschuldner richten und nicht etwa gegen den Mitgesellschafter. 4. Die Abfindung des Austrittsberechtigten 54
Für die Abfindung des Austrittsberechtigten gelten die Grundsätze über die Abfindung im Fall des Ausschlusses entsprechend. Die Abfindung richtet sich grundsätzlich nach dem Verkehrswert des Anteils (Rein. 34). Maßgebender Berechnungszeitpunkt ist der Zugang der Austrittserklärung bei der Gesellschaft, sofern die Austrittsvoraussetzungen nicht ausnahmsweise erst später gegeben sind (Rdn. 35; anders § 211 Abs. 2 S. 2 RegE: Erklären der Austrittsabsicht oder Geltendmachen des Abfindungsanspruchs — dagegen zutreffend Vogel in Festschrift für Knur, S. 273 f.). An Gewinnausschüttungen nach diesem Zeitpunkt nimmt der Austrittsberechtigte nicht mehr teil. Stattdessen kann er eine angemessene Verzinsung des — grundsätzlich sofort fälligen (§ 271 Abs. 1 BGB) — Abfindungsanspruchs verlangen. Auch ist die Gesellschaft zur Erstellung einer Abfindungsbilanz verpflichtet. 55 Hinsichtlich der vertraglichen Abfindungsvereinbarungen ist zusätzlich zu den oben (Rdn. 38—42) herausgearbeiteten Schranken der Dispositionsfreiheit auch der zwingende Charakter des außerordentlichen Austrittsrechts zu beachten. Es darf auch nicht etwa dadurch beeinträchtigt werden, daß das Abfindungsentgelt im Fall des Austritts ganz ausgeschlossen oder übermäßig eingeschränkt wird (h. M., vgl. namentlich Reuter S. 405; so auch schon A. Hueck DB 1957 39, Sudhoff DB 1962 1596; zur entsprechenden Lage bei OHG und KG vgl. P. Ulmer GroßkommHGB § 138,122 m. w. Nachw.). Die Grenze läßt sich auch hier nicht schematisch festlegen. Unbedenklich ist regelmäßig eine Bewertung unter Ausklammerung des Firmenwerts oder auf der Grundlage des letzten festgestellten Vermögensteuerwerts des Anteils. Dagegen erweckt eine Abfindung zum Nennwert des Anteils oder zu Buchwerten zumindest in denjenigen Fällen Bedenken, in denen der Verkehrswert wegen unverhältnismäßig hoher stiller Reserven oder ungewöhnlicher Ertragskraft des Unternehmens das Vielfache dieser Werte beträgt. Entsprechende Schranken bestehen für die Wirksamkeit außerordendich restriktiver Zahlungsmodalitäten (vgl. auch Rdn. 42).
(508)
DRITTER ABSCHNITT
Vertretung und Geschäftsführung §35
Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dieselben haben in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Geschäftsführer erfolgen. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt es, wenn dieselbe an einen der Geschäftsführer erfolgt. Die Zeichnung geschieht in der Weise, daß die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Namensunterschrift beifügen. Übersicht Rdn. Einleitung A. Überblick über die gesetzliche Regelung 1 B. Die Organe der GmbH und ihr Verhältnis zueinander 2 1. Die nichtmitbestimmte GmbH 2 2. Die mitbestimmte GmbH . . . . 5 a) Obligatorischer Aufsichtsrat 5 b) Anerkennung des Unternehmensinteresses 6 c) Verhältnis Gesellschafter, Aufsichtsrat, Geschäftsführer 8 aa) In der nach dem BetrVG 1952 mitbestimmten GmbH . . . . 9 bb) In der einem der Mitbestimmungsgesetze unterliegenden GmbH 10 Reform A. Der Regierungsentwurf 1971 eines GmbH-Gesetzes (RegE 1971) 11 B. Der Regierungsentwurf 1977 eines Gesetzes zur Änderung des GmbH-Gesetzes 15 (l)
Rdn. I. Die Geschäftsführer als notwendiges Organ 16 1. Die Bezeichnung Geschäftsführer 16 2. Erforderlichkeit von Geschäftsführern 17 a) Keine Eintragung einer geschäftsführerlosen GmbH 18 b) Wegfall aUer Geschäftsführer nach Eintragung . . . 20 3. Zahl der Geschäftsführer . . . . 22 4. Fehlen der nach Gesetz oder Satzung erforderlichen Anzahl von Geschäftsführern 24 5. Überschreitung der Höchstzahl 27 II. Eignungsvoraussetzungen für Geschäftsführer 29 1. Gesetzliche Eignungsvoraussetzungen 29 2. Rechtsfolgen bei Fehlen oder Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen 34 3. Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen 35 a) In nichtmitbestimmten Gesellschaften 35
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung Rdn. b) In mitbestimmten Gesellschaften 36 aa) Diskussionsstand . . . . 36 bb) Eigene Meinung 38 4. Fehlen oder Wegfall satzungsmäßiger Voraussetzungen.... 40
III. Die Bestellung des Geschäftsführers 1. Rechtsnatur; Bestellung und Anstellungsverhältnis 2. Bestellung der Geschäftsführer in der nichtmitbestimmten und in der eindrittelmitbestimmten GmbH 3. Bestellung der Geschäftsführer in der paritätisch mitbestimmten GmbH a) Bestellungskompetenz des Aufsichtsrats b) Wahlfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder c) Keine Verbindung von Bestellung und Ressortzuweisung; Ausnahme Arbeitsdirektor d) Bestellungsverfahren e) Dauer der Bestellung f) Bestellung eines Vorsitzenden der Geschäftsführung 4. Rechtsfolgen der mangelhaften Bestellung 5. Bestellung eines Notgeschäftsführers a) Voraussetzungen b) Verfahren c) Erlöschen d) Eintragung in das Handelsregister e) Verhältnis des Notgeschäftsführers zur Gesellschaft IV. Das Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer A. Typendifferenzierung unter Geschäftsführern 1. Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer . . . 2. Abhängige Geschäftsführer und Unternehmer-Geschäftsführer a) Sozialversicherungsrecht . . b) Betriebliche Altersversorgung
B.
41 41
42 43 46 47
48 50 56 60 61 63 63 66 69
C.
70 71
72 72 72 73 74 77
D. E. F.
Rdn. c) Steuerrecht 79 d) Schlußfolgerungen für die Typendifferenzierung . . . . 82 Rechtliche Qualifikation der Geschäftsführerstellung 84 1. Schuldrechtliche Einordnung des Anstellungsverhältnisses . . 84 2. Anstellungsvertrag und Organisationsrecht der Gesellschaft 85 a) Vorrang der Satzung 85 b) Integration des Organisationsrechts in den Anstellungsvertrag? 86 aa) Festlegung von Geschäftsführungsbefugnissen im Anstellungsvertrag nach dem Normalstatut der GmbH 88 bb) Keine Befugnis des Aufsichtsrats zur anstellungsvertraglichen Regelung von Geschäftsführungsbefugnissen 89 cc) Verhältnis korporationsrechtlicher Änderungen zu anstellungsvertraglichen Vereinbarungen 91 3. Treu- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft 93 4. Der Geschäftsführer als „konkreter Prinzipal" 94 5. Der Geschäftsführer in der Sozialversicherung 96 Abschluß des Anstellungsvertrages 99 1. In der nichtmitbestimmten GmbH 99 2. In der nach § 77 BetrVG 1952 mitbestimmten GmbH 100 3. In der montanmitbestimmten GmbH 101 4. In der dem Mitbestimmungsgesetz unterfallenden GmbH 102 Form des Anstellungsvertrages . . 107 Mangelhafter Anstellungsvertrag 108 Rechte des Geschäftsführers aus dem Anstellungsvertrag 112 1. Vergütung 112 a) Maßgeblichkeit vertraglicher Vereinbarungen . . . . 113 b) Keine allgemeine Angemessenheitsregel 114 (2)
Stellung des Geschäftsführers (Mertens) Rdn. c) Angemessene Vergütung des gerichtlich bestellten Geschäftsführers 115 d) Verjährung
116
e) Anpassung bei wesentlicher Verschlechterung der Lage der Gesellschaft 117 f) Anpassung im Hinblick auf einen angemessenen Ausgleich zwischen Mitgesellschaftern und unter Gesichtspunkten der Treupflicht 118 g) Wertsicherung h) Verhinderung, Unmöglichkeit i) Die Vergütung in Zwangsvollstreckung und Konkurs j) Streitwert bei Gehalts- und Pensionsklagen k) Tantieme aa) Formen bb) Berechnungsgrundlage cc) Tantieme bei Eintritt oder Ausscheiden während des Geschäftsjahrs dd) Höhe der Tantieme . . . ee) Fälligkeit des Tantiemeanspruchs ff) Zahlung der Tantieme bei Verhinderung des Geschäftsführers als Schaden der Gesellschaft
119 120 124 126 127 127 130
135 136 138
139
1) Gratifikationen
140
m) Versorgungslohn
141
n) Steuerliche Behandlung der Geschäftsführervergütung . 142 aa) Die steuerliche Behandlung des Geschäftsführers 142 bb) Die steuerliche Behandlung der Gesellschaft 143 cc) Besonderheiten bei der GmbH & Co. K G . . . 149 . Ruhegehalt 152 a) Notwendigkeit der Vereinbarung 153 b) Ruhegehaltsvereinbarung und BetrAVG 155
§35
Rdn. c) Ruhegehaltsanspruch und Ruhegehaltsanwartschaft bei UnternehmerGeschäftsführern 157 d) Berechnungsgrundlage . . . 160 e) Anrechnung anderweitigen Einkommens 167 f) Werterhaltung 168 g) Kürzung oder Streichung des Ruhegehalts in besonderen Fällen 173 aa) Vertragswidriges Verhalten 174 bb) Notlage der Gesellschaft 179 cc) Das Ruhegehalt bei Insolvenz 183 h) Steuerliche Behandlung des Ruhegehalts 184 aa) Die Versteuerung des Ruhegehalts durch den Geschäftsführer 184 bb) Die steuerliche Situation der Gesellschaft.. 185 cc) Besonderheiten bei der G m b H & Co. K G . . . 196 dd) Besonderheiten bei der Umwandlung der G m b H in eine Personengesellschaft und umgekehrt 197 3. Auslagenersatz 199 4. Urlaub 200 5. Zeugnis 201 G. Pflichten des Geschäftsführers aus dem Anstellungsverhältnis . . . 1. Pflichtbegründung durch Anstellungsvertrag und Organstellung 2. Spezifisch anstellungsvertragliche Pflichten a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot b) Mögliche weitere anstellungsvertragliche Pflichten
202
202 203 204 206
V. Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft 207 VI. Geschäftsführungsbefugnis
210
VII. Vertretung 211 1. Vertretung und gesellschaftsinterne Maßnahmen 212
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§35
Rdn.
Rdn.
2. Umfang und Grenzen der Vertretungsmacht 216
bb) Mögliche Regelungen und Grenzen der Zulässigkeit 253
a) Begrenzung der Vertretungsmacht durch Vertretungsbefugnisse anderer Organe b) Die Zustimmung des Aufsichtsrats nach § § 1 5 MitbestErgG und 32 MitbestG als Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer c) Keine Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer durch sonstige Zustimmungserfordernisse d) Begrenzung der Vertretungsmacht durch § 181 BGB 3. Geschäftsführer liche Vertreter
als
6. Ausübung der Gesamtvertretungsbefugnis 255
217
a) Uberblick über die verschiedenen Ausübungsformen 255 b) Gesamtvertretung durch gemeinschaftliche Abgabe von Willenserklärungen . . . c) Gesamtvertretung durch externe Teilerklärungen . . . d) Gesamthandeln in Form der Einzelvertretung eines Gesamtvertreters mit Zustimmung der anderen . . . . e) Gesamtvertretung durch Einzelvertretung mit Ermächtigung einzelner Geschäftsführer aa) Erteilung der Ermächtigung bb) Bestimmtheitsgrundsatz cc) Rechtsnatur der Ermächtigung dd) Widerruf der Ermächtigung
225
226
227
gericht231
4. Die Regelung der Vertretungsbefugnis in § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 237 a) Aktiwertretung 238 b) Passiwertretung 240 5. Mögliche abweichende Regelungen der Vertretungsbefugnis 241 a) Zulässige und unzulässige Gestaltungen 243 b) Gesamtvertretung durch einen Teil der Geschäftsführer 248
7. Gewillkürte Vertretung
256 257
258
263 264 267 268 269 270
VIII. Wissens- und Irrtumszurechnung . . . 273 I X . Haftung der Gesellschaft für ihre Geschäftsführer 278 1. Haftung nach § 31 B G B 278 2. Einstehenmüssen der Gesellschaft für Geschäftsführer außerhalb des § 31 B G B 283
c) Einzelvertretung 249 d) Unechte Gesamtvertretung 250 aa) Stellung des Prokuristen 252
Einleitung Schrifttum Ballerstedt 4 7 9 ; ders.
GmbH-Reform,
Mitbestimmung, Unternehmensrecht, Z H R 135
Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und
1971
Unter-
nehmensrecht, Z G R 1 9 7 7 1 3 3 , 1 5 1 ; Duden
Z u r Mitbestimmung in Konzernverhältnissen
nach
141
dem
Mitbestimmungsgesetz,
Satzungsautonomie,
ZHR
Mitbestimmungsgespräch
pflichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen Aufsichtsratsautonomie,
BB
1978
640;
1977 1977
145; 131;
Föhr Hölters
Mitbestimmung Die
im Spannungsfeld zwischen Satzungsders.
Satzungsgestaltung
und
und
zustimmungsund
Organisations-
struktur v o n U n t e r n e h m e n bei Einführung der qualifizierten Mitbestimmung, B B 1 9 7 5 7 9 7 ; Hoffmann-Neumann
Die Mitbestimmung bei G m b H und G m b H & C o . K G nach (t)
Stellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
dem Mitbestimmungsgesetz 1976, GmbH-Rdsch. 1976 149, 183; Hommelhoff Unternehmensführung in der mitbestimmten G m b H , ZGR 1978 119; Jmmenga Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1977 249; Junge Das Unternehmensinteresse, Festschrift f. E. v. Caemmerer (1978) S. 547; Kuhn Die Rechtsprechung des B G H zur G m b H , WM 1978 598; Martens Allgemeine Grundsätze zur Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes, AG 1976 114; ders. Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, Z H R 138 1974 179; Mertens Aufsichtsrat und Arbeitskampf, A G 1977 306; ders. Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1977 270; Naendrup Mitbestimmungsgesetz und Organisationsfreiheit, AuR 1977 225, 268; Overlack Der Einfluß der Gesellschafter auf die Geschäftsführung in der mitbestimmten G m b H , Z H R 141 1977 125; Raisch Zum Begriff und zur Bedeutung des Unternehmensinteresses als Verhaltensmaxime von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, Festschrift f. Hefermehl (1976) S. 347; Th. Raiser Das Unternehmensinteresse, Festschrift f. R. Schmidt (1976) S. 101; ders. Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung in mitbestimmten Aktiengesellschaften, Festschrift f. L. Raiser (1974) S. 355; Reich Die Stellung des Aufsichtsrats in mitbestimmten Unternehmen, BIStSozArbR 1976 176; Reich-Lewerenz Das neue Mitbestimmungsgesetz — Zugleich ein Beitrag zum Verhältnis von Gesellschaftsrecht und Unternehmensverfassung, AuR 1976 261, 353; Reuter-Kömig Mitbestimmung und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit, Z H R 1976 494; Säcker Die Anpassung der Satzung der Aktiengesellschaft an das Mitbestimmungsgesetz, DB 1977 1791, 1845; Schilling Macht und Verantwortung in der Aktiengesellschaft (oder das Prinzip der Interesseneinheit), Festschrift f. Geßler (1971) S. 159; Schneider G m b H und G m b H & Co. KG in der Mitbestimmung, Z G R 1977 335; Steindorff Kommanditgesellschaft auf Aktien und Mitbestimmung, Festschrift f. Ballerstedt (1975) S. 127; Thüsing Das Mitbestimmungsgesetz, Der Arbeitgeber 1976 413; Wiedemann Grundfragen der Unternehmensverfassung, Z G R 1975 385; ders. Das Mitbestimmungsgesetz zwischen Gesellschafts-, Arbeits- und Unternehmensrecht, ZGR 1977 160; ders. Unternehmerische Verantwortlichkeit und formale Unternehmensziele in einer zukünftigen Unternehmensverfassung, Festschrift f. Barz (1974) S. 561; Wlotzke-Wißmann Das neue Mitbestimmungsgesetz, DB 1976 959; Zöllner G m b H und G m b H & Co. KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977 319.
A. Oberblick über die gesetzliche Regelung Der dritte Abschnitt behandelt die Organisation der Gesellschaft. Die Regelung der 1 Rechtsstellung der Geschäftsführer und der Gesellschafter und ihr Verhältnis zueinander hat das Gesetz unter der Uberschrift „Vertretung und Geschäftsführung" zusammengefaßt. Mit Vertretung und Geschäftsführung im engeren Sinne befassen sich die §§ 35—44. Mit dem Ausdruck „Vertretung" kennzeichnet das Gesetz das Handeln nach außen als Teil der Geschäftsführung. Uber die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer sagt es im übrigen nur in § 37 Abs. 1, daß sie durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter beschränkt werden kann. Auch sonst ist die Rechtsstellung der Geschäftsführer im dritten Abschnitt nur lückenhaft geregelt. Die §§ 35, 36, 37 Abs. 2 befassen sich mit ihrer Vertretungsbefugnis. § 38 hat den Widerruf ihrer Bestellung zum Gegenstand. Die §§ 35 a, 39, 40 enthalten Publizitätsvorschriften. Die § § 4 1 , 42 regeln eine zentrale Geschäftsführungspflicht: die Sorge für eine ordnungsmäßige Buchführung. § 43 bestimmt Sorgfaltspflichten und Haftung der Geschäftsführer, § 44 stellt die Geschäftsführerstellvertreter den Geschäftsführern gleich. Ergänzt werden diese Vorschriften durch § 6, der nicht nur für das Gründungsstadium gilt, und durch § 46 N r . 5—8. Die (5)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Kommentierung muß über die Einzelvorschriften der §§ 35—44 hinausgehen und die Aussagen des Gesetzes zu einer Gesamtdarstellung des Rechts der Geschäftsführer ergänzen. Bei § 35 sind daher nicht nur die Vertretung, sondern alle anderen die Geschäftsführer betreffenden Fragen zu erörtern, soweit sie nicht in den weiteren Bestimmungen des dritten Abschnitts erfaßt sind.
B. Die Organe der GmbH und ihr Verhältnis zueinander 1. Die nichtmitbestimmte GmbH 2
Notwendige Organe sind in jeder GmbH die Geschäftsführer und die Gesellschafter. Die Satzung kann weitere Organe vorsehen (vgl. § 37, 19, 21, 26); insbesondere einen Aufsichtsrat, auf den gemäß § 52 eine Reihe aktienrechdicher Vorschriften anwendbar sind, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anders bestimmt (vgl. § 52, 14 ff.). 3 Ein Organ kann dagegen ohne Ermächtigung der Satzung nicht von sich aus weitere Organe begründen. Gremien, die in der Satzung nicht vorgesehen sind, können aber von den Geschäftsführern durch Abschluß entsprechender schuldrechtlicher Verträge im Namen der Gesellschaft ins Leben gerufen werden, und kraft schuldrechtlicher Vereinbarung kann auch solchen Gremien ein — beschränktes — Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern, genauer gegenüber der Gesellschaft und den für sie handelnden Organen, eingeräumt werden (dazu § 37, 27). Anders als die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft haben Geschäftsführer 4 kraft Gesetzes keine eigene Leitungsmacht. Außerhalb gewisser Pflichten, die ihnen als Organ im Interesse der Gläubiger und der Öffentlichkeit obliegen (vgl. § 37, 7, 10), sind sie den Weisungen der Gesellschafter unterworfen, die selbst über die Unternehmenspolitik der Gesellschaft zu befinden haben (§ 37, 8f.). Auch der fakultative Aufsichtsrat und Beiräte können den Weisungen der Gesellschafter unterworfen sein, wenn sie nicht als weisungsunabhängige Organe konstituiert sind (vgl. § 52, 14ff.). Die Gesellschafter sind insofern das übergeordnete Organ und haben nach § 45 Abs. 2 auch eine weitgehende Kompetenz-Kompetenz. Sie können jedoch nach außen für die Gesellschaft grundsätzlich nicht handeln, weil die Vertretung der Gesellschaft kraft zwingenden Rechts — außer in gewissen Fällen (dazu unten Rdn. 217ff.) — bei den Geschäftsführern liegt. 2. Die mitbestimmte GmbH 5
a) Obligatorischer Aufsichtsrat. In den dem BetrVG 1952, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (MontanmitbestG) von 1951, dem Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie (MontanmitbestErgG) von 1956 und dem MitbestG von 1976 unterliegenden Gesellschaften ist ein Aufsichtsrat kraft zwingenden Rechts zu bilden. Seine Befugnisse richten sich nach diesen Gesetzen, die in unterschiedlichem Maße auf die Befugnisse des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft verweisen. Maßgeblich sind insbesondere § 77 BetrVG, §§ 3, 12 MontanmitbestG, § 13 MontanmitbestErgG, §§ 25 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 31 MitbestG (Texte im Anhang zu § 52). 6 b) Anerkennung des Unternehmensinteresses. Die Einrichtung eines Aufsichtsrats unter Beteiligung von Arbeitnehmervertretern besagt zugleich, daß der Gesetzgeber ein den Interessen der Gesellschafter und der Arbeitnehmer übergeordnetes UnternehW
Stellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
mensinteresse als gemeinsamen Bezugsrahmen für alle Aufsichtsratsmitglieder bejaht, denn diese werden in allen Gesetzen unter das Gebot der Interesseneinheit gestellt (BGHZ 64 325; Besprechungsnachw. in § 43, 44; vgl. auch Mertens AG 1977 308 m. w. Nachw.). Versuche zur Präzisierung des Unternehmensinteresses unternehmen Junge, Fest- 7 schrift v. Caemmerer (1978) 547; Mertens ZGR 1977 270; Raisch Festschrift Hefermehl (1976) S. 347; Th. Raiser Festschrift Reimer Schmidt (1976) S. 101. Die Schwierigkeiten seiner inhaltlichen Konkretisierung, auf die etwa Hölters BB 1978 641 und Wiedemann Z G R 1977 165 hinweisen, erscheinen nur solange als unüberwindlich, wie nicht erkannt wird, daß sich das Unternehmensinteresse als Verhaltensnorm für die Organe der Gesellschaft je nach deren Funktion unterschiedlich ausprägt und ihnen insoweit auch einen unterschiedlichen Handlungsspielraum einräumt. Dem Geschäftsführungsorgan obliegt die dauernde Bildung eines konkreten aktuellen Unternehmensinteresses. Wie weit sein unternehmerisches Ermessen normativ gebunden ist, richtet sich im einzelnen nach der Ausgestaltung seiner Pflichten, für die Geschäftsführer also vor allem nach § 43. Soweit die Gesellschafter selbst maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung nehmen, ergeben sich für sie nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung die gleichen Pflichten; doch wird richtigerweise anzunehmen sein (vgl. dazu im einzelnen § 43, 13), daß sie auf das Bestands- und damit auf das Rentabilitätsinteresse der Gesellschaft nicht in dieser Form verpflichtet sind. Bindungen ergeben sich für sie aber aus Art. 14 Abs. 2 G G , aus der Verantwortung des einen Gesellschafters gegenüber dem anderen (dazu § 43, 117) sowie aus der Pflicht zur Beachtung der Gesetze im allgemeinen. Als Bestandsinteresse ist das Unternehmensinteresse für sie angesichts ihrer Liquidationszuständigkeit nicht verbindlich (Wiedemann aaO). Für den auf das Unternehmensinteresse verpflichteten Aufsichtsrat, dem im Geltungsbereich der Mitbestimmungsgesetze nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG Maßnahmen der Geschäftsführung nicht übertragen werden dürfen, erscheint das Unternehmensinteresse in erster Linie als Gebot, durch Kontrolle der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit der Geschäftsführung Gefahren für den Bestand und die Rentabilität des Unternehmens abzuwenden. Uber diesen Rahmen hinaus ist er zu der jeweiligen Definition des aktuellen Unternehmensinteresses in eigener unternehmenspolitischer Initiative weder verpflichtet noch berechtigt. c) Verhältnis Gesellschafter, Aufsichtsrat, Geschäftsführer. Während es nach dem 8 Normalstatut der GmbH die Gesellschafter sind, die das Unternehmensinteresse ihrer Gesellschaft definieren, könnte der zwingende Einbau des Aufsichtsrats in die mitbestimmte GmbH zur Folge haben, daß auch die von ihm zu kontrollierenden Geschäftsführer auf das für den Aufsichtsrat verbindliche Unternehmensinteresse verpflichtet sein könnten und insoweit ihre Weisungsabhängigkeit von den Gesellschaftern durchbrochen würde. In der Tat ist hier der Weisungsspielraum der Gesellschafter insofern enger, als sich aufgrund der Mitbestimmung zwingend spezifische rechtliche Pflichten der Geschäftsführer gegenüber dem Aufsichtsrat oder gegenüber den Arbeitnehmern des Unternehmens ergeben. Dem Aufsichtsrat dürfen z. B. nicht bestimmte Geschäfte auf Weisung der Gesellschafter verschwiegen werden. Auch können Anordnungen der Gesellschafter über die vertrauliche Behandlung von Angelegenheiten, die für die Arbeitnehmer von Bedeutung sind, rechtswidrig sein (vgl. dazu § 43, 44). Grundsätzlich wird dagegen das Weisungsrecht der Gesellschafter auch in der mitbestimmten GmbH nicht aufgehoben (vgl. im einzelnen § 37, 8ff. 11). aa) In der nach dem BetrVG 1952 mitbestimmten GmbH. Dies ist unstreitig für 9 die nach dem BetrVG 1952 mitbestimmte Gesellschaft. Hier ist zwar ein Aufsichtsrat zu bilden, der auch durch Zustimmungsvorbehalte gemäß § 111 Abs. 4 AktG in die Geschäftsführung eingreifen kann. Nach § 77 Abs. 1 BetrVG 1952 bestellt er jedoch nicht die Geschäftsführer und beruft sie auch nicht ab. Die Gesellschafter können sich durch (7)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
eine Weisung mit einfacher Mehrheit über eine Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats hinwegsetzen (§ 52, 9). Daher ist anzunehmen, daß auch hier vorrangig die Gesellschafter zur Definition des Unternehmensinteresses berufen sind und die Geschäftsführer ihnen insoweit Folge zu leisten haben. 10
bb) In der einem der Mitbestimmungsgesetze unterliegenden G m b H . In der montanmitbestimmten und in der dem Mitbestimmungsgesetz unterfallenden GmbH ist die Rechtslage nicht so eindeutig, weil hier der Aufsichtsrat für die Bestellung und die Abberufung der Geschäftsführer zuständig ist. Aber auch hier ist dem Geschäftsführer nicht, wie dem Vorstand der Aktiengesellschaft, eine selbstverantwortlich auszuübende — an das Unternehmenswohl und nicht nur an das gemeinsame Interesse der Gesellschafter gebundene — Leitungsmacht eingeräumt. Auf § 76 AktG, wonach der Vorstand die Aktiengesellschaft in eigener Verantwortung leitet, wird in keiner Mitbestimmungsregelung Bezug genommen (vgl. zum Mitbestimmungsgesetz insbesondere HommelhoffZGK 1978 132, 136). In den Gesellschaften, die einem Mitbestimmungsgesetz unterworfen sind, gebietet daher zwar die Befugnis des Aufsichtsrats zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und die Zustimmungskompetenz des Aufsichtsrats nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG die Folgerung, daß der Geschäftsführer seinerseits das Unternehmensinteresse zu wahren hat; denn ist der Aufsichtsrat als ein auf das Unternehmensinteresse bezogenes Organ konzipiert und hat er das Verhalten der Geschäftsführer unter dem Kriterium des Unternehmensinteresses zu würdigen, so impliziert dies, daß auch die Geschäftsführer eine solche Verantwortung für das Unternehmenswohl trifft, das meist, aber doch keineswegs immer, mit dem gemeinsamen Interesse der Gesellschafter zusammenfällt {Junge aaO 551; Mertens aaO 275; Th. Raiser MitbestG § 25, 82ff. m. w. Nachw.; grundsätzlich abweichend Wiedemann ZGR 1975 401 ff., 422ff.; ders. Z G R 1977 165). Da dieser Verantwortung der Geschäftsführer für das Unternehmensinteresse in der G m b H aber keine eigenverantwortliche Leitungsmacht entspricht, kann sie nur in dem Maße bestehen, als die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer nicht durch die Gesellschafter gebunden ist. Deren Weisungskompetenz wird nicht verdrängt. Im Hinblick auf das Mitbestimmungsgesetz entspricht diese Interpretation einerseits dem Gesichtspunkt, daß dieses eindeutig rechtsformspezifisch konzipiert ist, andererseits dem Postulat, daß seine Verweisungen auf das Aktiengesetz voll zur Geltung zu bringen sind; insoweit — aber auch nur insoweit — ist die Rechtsformspezifität der Mitbestimmung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift aufgehoben. Weitergehende Versuche, die im Mitbestimmungsgesetz undeutlich gebliebene Politik der Mitbestimmung gegen das Gesellschaftsrecht durchzusetzen (vgl. dazu § 3 7 , 11), sind mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage ebenso abzulehnen wie Versuche, die Mitbestimmung auf eine rein organisatorische Regelung zu reduzieren (in diesem Sinne zu weitgehend Martens A G 1976 113) oder gar das Unternehmensinteresse als Bezugspunkt des mitbestimmten Aufsichtsrats mit dem Anteilseignerinteresse gleichzusetzen (so aber Hölters aaO; Wiedemann aaO). Bleibt die Weisungskompetenz der Gesellschafter grundsätzlich auch in einer dem Mitbestimmungsgesetz unterliegenden G m b H erhalten, so kann sich ein Konflikt zwischen der Folgepflicht der Geschäftsführer und ihrer aus dem Mitbestimmungsgesetz herzuleitenden Verantwortlichkeit gegenüber dem Unternehmen ergeben, der sich nicht durch die Regel lösen läßt, daß Geschäftsführer rechtswidrige Weisungen der Gesellschafter nicht zu befolgen brauchen. Denn eine Weisung, mit der die Gesellschafter ihr Interesse verfolgen, kann durchaus auch dann rechtmäßig sein, wenn sie nach pflichtgemäßer Auffassung der Geschäftsführer unternehmenspolitisch zweckwidrig ist. Für diese stellt sich die Bindung an das Unternehmensinteresse anders dar als für jene (vgl. (8)
Stellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
oben Rdn. 7). Wenn ihnen das Gesetz die Leitungsmacht aber nicht überträgt, so kann ihnen auch das Recht nicht zustehen, sich kraft ihrer eigenen Vorstellung vom Unternehmenswohl von einer Weisung der Gesellschafter zu dispensieren. Wohl aber müssen sie im Konfliktfall — jedenfalls wenn Gegenvorstellungen bei den Gesellschaftern fruchtlos bleiben — dem Aufsichtsrat berichten. Diesem wird damit die Möglichkeit zur Entscheidung gegeben, ob er das betreffende Geschäft nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG seiner Zustimmung unterwerfen soll. Die Verweigerung der Zustimmung kann auch hier nur gemäß § 111 Abs. 4 Satz 4 AktG mit einer Dreiviertelmehrheit der Gesellschafter überspielt werden (str.; vgl. § 52, l l f . m. w. Nachw.; Mertens ZGR aaO 282). Setzen sich die Gesellschafter durch, so müssen die Geschäftsführer die Weisung ohne weiteren Aufschub durchführen. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß die Geschäftsführer weder im Namen eines von ihnen selbst definierten Unternehmensinteresses eine eigene Leitungsmacht okkupieren, die ihnen das Gesetz nicht zugesteht, noch daß sie im Konflikt zwischen Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat das Opfer eines Machtkampfes werden.
Reform A. Der Regierungsentwurf 1971 eines GmbH-Gesetzes (RegE 1971) Schrifttum Zum RegE 1971: Barz, Forster, Knur, Limbach, Rehbinder, Teichmann GmbHReform (1970); Wiethölter, Ulmer, Lutter, Mertens, Würdinger, Rittner, Goerdeler Probleme der GmbH-Reform (1970); Zur GmbH-Novelle 1977: Bender GmbH-Rechtsreform vom Standpunkt der Praxis, GmbH-Rdsch. 1978 335; Deutler Novellierung des GmbH-Gesetzes, GmbH-Rdsch. 1977 73; Herber Zum Entwurf einer GmbH-Novelle, GmbH-Rdsch. 1978 25; Immenga Der neue Referentenentwurf zum GmbH-Gesetz, BB 1977 957; Kreuzer Probleme des Gläubigerschutzes in der GmbH-Reform, DB 1978 825; Verhoeven Zur geplanten Novellierung des GmbH-Gesetzes, WM 1977 806. Der RegE 1971 (vgl. dazu Allg. Einl. Rdn. 5 7 - 7 2 ) kodifiziert das Recht der 11 Geschäftsführer in einem eigenen Abschnitt, dem Ersten Abschnitt des Vierten Teils (§§ 60— 76 RegE 1971). Er präzisiert z. T. nur den Gesetzestext in Anlehnung an einen bereits heute nicht mehr umstrittenen oder jedenfalls nach h. M. geltenden Rechtszustand (Rdn. 12), entscheidet aber auch einige nach geltendem Recht noch offene Fragen (Rdn. 13) und vervollständigt darüber hinaus das Geschäftsführungsrecht durch eine Reihe ergänzender Regelungen (Rdn. 14). Im folgenden wird der Inhalt der §§ 60— 76 RegE 1971, unterteilt nach bestätigenden, streitentscheidenden und ergänzenden Regelungen, im Hinblick auf das geltende Recht kurz skizziert. Im übrigen ist bei der Kommentierung der einzelnen Vorschriften jeweils erwähnt, ob und wie sie durch den Entwurf geändert werden sollten. Zu den Vorschriften, deren Zweck im wesentlichen in einer bestätigenden Anpassung 12 des Gesetzestextes an das geltende Recht besteht, gehört E § 60 Abs. 2; die Bestimmung stellt klar, daß nur natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Personen Geschäftsführer sein können. E § 61 enthält eine ausdrückliche Regelung der Geschäftsführungsbefugnis: Soweit die Gesellschafter nichts anderes anordnen, sind die Geschäftsführer nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt. E § 62 Abs. 3 und 4 beschreiben das geltende Recht im Hinblick auf die unechte Gesamtvertretung. E § 65 Abs. 1 bringt zum Ausdruck, daß die Anmeldepflicht zum Handelsregister sich nicht nur auf die Beendigung, sondern auf jede Veränderung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers erstreckt. E § 66
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Abs. 2 Satz 1 verdeutlicht, daß die Geschäftsführer auch an Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis gebunden sind, die zulässigerweise durch den Aufsichtsrat oder durch ein anderes im Gesellschaftsvertrag hierzu ermächtigtes Gesellschaftsorgan erlassen werden. Die Einordnung der Regelung, daß die Geschäftsführer Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zum gesamten Geschäftsbetrieb nur bestellen dürfen, wenn die Gesellschafter sie dazu ermächtigt haben (jetzt § 46 Nr. 7) in E § 66 Abs. 2 Satz 2 soll darauf hinweisen, daß die Bestellung selbst eine Geschäftsführungsmaßnahme und kein Organisationsakt ist, so daß die Ermächtigung durch die Gesellschafter nur im Innenverhältnis Bedeutung hat. E § 74, der die im GmbH-Gesetz verstreuten Bestimmungen über die Pflichten der Geschäftsführer bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zusammenfaßt, präzisiert in Abs. 1, daß die Pflicht der Geschäftsführer zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals nicht voraussetzt, daß sich ein solcher Verlust aus der Jahres- oder Zwischenbilanz ergibt, sondern daß die Geschäftsführer nach pflichtmäßigem Ermessen laufend zu überprüfen haben, ob ein entsprechender Verlust entstanden ist. E § 74 Abs. 2 macht deutlich, daß die Pflicht der Geschäftsführer zur Beantragung des Konkurses nur von der Zahlungsunfähigkeit oder der Uberschuldung der Gesellschaft abhängt, ohne daß zuvor noch eine die Uberschuldung ergebende Bilanz aufgestellt sein müßte. E § 75 Abs. 2 Satz 2 stellt klar, daß die Geschäftsführer die Beweislast haben, wenn streitig ist, ob sie ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft eingehalten haben. E § 75 Abs. 4 schließt ausdrücklich die Ersatzpflicht der Geschäftsführer aus, wenn ihre Handlung in Ubereinstimmung mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag auf einem Beschluß der Gesellschafter oder einer für die Geschäftsführer verbindlichen Weisung beruht. 13
In weiteren Vorschriften entscheidet der Entwurf einige nach geltendem Recht umstrittene Fragen: E § 69 Abs. 2 regelt ausdrücklich, daß die Befugnis zur Abberufung durch den Gesellschaftsvertrag auch einzelnen Gesellschaftern oder dritten Personen eingeräumt werden kann, daß aber in jedem Fall den Gesellschaftern das Abberufungsrecht aus wichtigem Grund verbleibt. Abs. 4 der Vorschrift bestimmt in Anlehnung an § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG, daß die Abberufung eines Geschäftsführers bis zur rechtskräftigen Feststellung ihrer Unwirksamkeit wirksam ist. Ausgenommen von dieser Regelung ist die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der sein Amt aufgrund eines ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Sonderrechts ausübt. Ihm kann gemäß Abs. 5 Satz 1 und 2 die Geschäftsführungsbefugnis nur aus wichtigem Grund und nur durch gerichtliche Entscheidung aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses entzogen werden. Abs. 5 Satz 3 ergänzt diese Regelung für die Zweimann-Gesellschaft, in der den Gesellschaftern die Vertretung und Geschäftsführung als Sonderrecht zusteht. In diesen Fällen soll ein Gesellschafter im Verfahren über die Abberufung des anderen selbst Prozeßpartei sein.
14
Als das bisherige Recht um neue Regelungen ergänzende und sich nicht in der Entscheidung von Streitfragen erschöpfende Bestimmungen sind vor allem die folgenden zu nennen: E § 62 Abs. 5 Satz 1 und 2 enthält neue Vorschriften über die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Geschäftsführern. Die Bestimmung der Vertretungsberechtigten bleibt hiernach grundsätzlich den Gesellschaftern überlassen. Haben diese keine Anordnung getroffen, so kann ein Geschäftsführer eine Willenserklärung gegenüber der Gesellschaft einem anderen Geschäftsführer, ist ein solcher nicht vorhanden, dem Aufsichtsrat und, wenn die Gesellschaft keinen Aufsichtsrat hat, einem Gesellschafter gegenüber abgeben. E § 62 Abs. 5 Satz 3 sieht für Rechtsgeschäfte des Alleingesellschafters und alleinigen Geschäftsführers mit der Gesellschaft die Schriftform vor und schließt die Anwendung von § 181 BGB aus. E § 68 übernimmt die Regelung des § 85 AktG hinsichtlich der gerichtlichen Notbestellung von Geschäftsführern. E § 70 enthält eine be(10)
Der Geschäftsführer als notwendiges Organ (Mertens)
§35
sondere Kündigungsregelung für Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle des Konkurses über das Vermögen der GmbH. E § 71 stellt in Anlehnung an §§ 112, 113 H G B und § 88 AktG ein Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer auf. E § 72 regelt die Kreditgewährung an Geschäftsführer und andere leitende Personen und sieht vor, daß an sie Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden darf. E § 75 ändert und ergänzt das geltende Recht hinsichtlich der Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Geschäftsführer. Abs. 1 Satz 2 normiert ausdrücklich die Verschwiegenheitspflicht. Abs. 3 erweitert den bisherigen Katalog von Verstößen, die zu einer verschärften Ersatzpflicht der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft führen. E § 75 Abs. 6 führt im Hinblick auf die in Abs. 3 genannten Tatbestände der verschärften Geschäftsführerhaftung wegen Beeinträchtigung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft eine unmittelbare Haftung der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ein, sofern diese von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können; damit wird eine dem jetzigen § 64 Abs. 2 entsprechende besondere Sanktionierung eines Verstoßes gegen das Zahlungsverbot nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung überflüssig (vgl. E § 74 Abs. 3). Für die Fälle des E § 75 Abs. 3 erschwert Abs. 5 den Verzicht oder Vergleich im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Geschäftsführern. Stimmt eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, gegen einen Verzicht oder einen Vergleich, so sind diese nach Abs. 5 Satz 2 unzulässig. In E § 75 Abs. 7 wird den Geschäftsführern eine besondere Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Rechnungslegung auferlegt. Die Vorschrift sieht eine Haftung für die vorsätzliche Uberbewertung von Posten im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses vor. Wird die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft in der festgestellten Jahresbilanz unrichtig wiedergegeben oder verschleiert, so sollen die Geschäftsführer bereits wegen grob fahrlässiger Überbewertung haftbar sein.
B. Der Regierungsentwurf 1977 eines Gesetzes zur Änderung des GmbH-Gesetzes Durch den RegE 1977 soll § 6 in der Form geändert werden, daß nach Abs. 1 der 15 folgende Absatz 2 eingefügt wird: Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Wer wegen einer Straftat nach den §§ 283, 283 a, 283 b, 283 c oder 283 d des Strafgesetzbuchs verurteilt worden ist, kann auf die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils nicht Geschäftsführer sein; ist der Täter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, so verlängert sich die Frist um die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Wem durch gerichtliches Urteil oder durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbszweiges untersagt worden ist, kann für die Zeit, für welche das Verbot wirksam ist, bei einer Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt, nicht Geschäftsführer sein.
I. Die Geschäftsführer als notwendiges Organ Schrifttum. Siehe vor Rdn. 1 1. Die Bezeichnung Geschäftsführer Die Bezeichnung „Geschäftsführer" ist im Rahmen des § 35a und für die Ein- 16 tragung in das Handelsregister als zwingend anzusehen. Im übrigen steht es der G m b H im Rahmen des wettbewerbsrechtlich Zulässigen frei, ihren Geschäftsführern einen (ii)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
persönlichen Titel wie Vorstand, Mitglied der Geschäftsleitung, Direktor oder Generaldirektor zu geben (Baumbach-Hueck 1 C; Scholz 4 und § 6, 2). 2. Erforderlichkeit von Geschäftsführern 17
Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 6 Abs. 1); denn dieser ist unverzichtbares Handlungsorgan der Gesellschaft. Eine Übertragung der vollen Geschäftsführungsbefugnis auf einen Dritten, sei es durch die Gesellschafter oder den Aufsichtsrat, sei es durch einen Geschäftsführer, ist mit dem Rechtsprinzip der Organschaft unvereinbar (BGH 13 61, 65; 64 72, 76; BGH WM 1975 790; BGH WM 1976 1246; RGZ 86 262, 265; KG J R 1950 343; Feine S. 490; Kuhn WM 1978 605, der in diesem Zusammenhang mit Recht auf die unabdingbaren öffentlichen Pflichten eines Geschäftsführers hinweist; dazu § 37, 7; Nachw. der älteren Rechtsprechung bei Schilling Voraufl. 7). Insbesondere ist die gesetzliche Vertretungsmacht als solche unübertragbar; auch die gewillkürte Vertretung der Gesellschaft durch einen Dritten kraft einer von der Gesellschaft erteilten Generalvollmacht ist unzulässig; eine solche Generalvollmacht ist selbst dann nichtig, wenn sie zeitlich begrenzt und widerruflich ist (unten Rdn. 270). Auch ein Geschäftsführer kann einem anderen keine Generalvollmacht geben (vgl. unten Rdn. 216). Daß der Geschäftsführer eine Generalvollmacht zur Vertretung der Gesellschaft auch dann nicht erteilen kann, wenn der alleinige oder alle Gesellschafter zustimmen, ergibt sich daraus, daß es mit den Belangen des Rechtsverkehrs unvereinbar wäre, wenn die Gültigkeit einer Generalvollmacht im Einzelfall jeweils davon abhinge, ob ihr alle Gesellschafter zugestimmt haben. Ein solcher gesellschaftsinterner Vorgang darf für die allgemeine Vertretungsmacht nicht maßgeblich sein (BGHZ 34 27, 31; Kuhn aaO).
a) Keine Eintragung einer geschäftsführerlosen GmbH. Eine GmbH ohne Geschäftsführer darf nicht in das Handelsregister eingetragen werden. Nach §§ 7 Abs. 1, 78 haben die Geschäftsführer die Anmeldung zum Handelsregister zu bewirken. Zur Rechtslage, wenn gleichwohl eine GmbH ohne Geschäftsführer eingetragen wird und damit als juristische Person entsteht, vgl. § 6, 4. Die Amtslöschung nach § 142 FGG kommt nur unter bestimmten Voraussetzungen (dazu § 7, 9) in Betracht. Im übrigen gelten für eine solche GmbH die gleichen Regeln wie bei Wegfall der Geschäftsführer nach Eintragung (vgl. unten Rdn. 20). 19 Fallen die Geschäftsführer nach Anmeldung aber vor Eintragung weg oder verlieren sie in diesem Zeitraum die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, so bleibt die Anmeldung in analoger Anwendung von § 130 Abs. 2 BGB wirksam (§ 7, 10); die Eintragung ist jedoch erst nach Bestellung neuer Geschäftsführer zulässig. Diese müssen die Versicherung nach § 8 Abs. 2 wiederholen (§ 8, 20); denn es kommt darauf an, daß sie im Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaft über die Mindesteinlagen frei verfügen können (KG NJW 1972 951). 20 b) Wegfall aller Geschäftsführer nach Eintragung. Fallen die Geschäftsführer nach Eintragung der Gesellschaft weg, so wirkt sich dies auf den Bestand der Gesellschaft nicht aus. Ihre Angestellten können die Geschäfte im Rahmen der ihnen eingeräumten rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht weiterführen (Scholz 5). Doch haben die Gesellschafter unverzüglich für die Ernennung neuer Geschäftsführer zu sorgen. Zeichnet sich ab, daß sie auf Dauer nicht zustande kommen wird, so ist ein wichtiger Auflösungsgrund nach § 61 Abs. 1 gegeben. Dagegen kommt die Auflösung der Gesellschaft im Verwaltungsweg nach § 62 allein wegen der Nichtbestellung von Geschäftsführern nicht in Frage. Gefährden Aktivitäten der geschäftsführerlosen Gesellschaft das Gemeinwohl, so ist zwar anzunehmen, daß das Fehlen eines verantwortlichen Geschäftsführers ein derartiges Tun begünstigt. Auch in diesem Fall ist aber § 62 dem Wortlaut nach nicht ge18
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Der Geschäftsführer als notwendiges Organ (Mertens)
§ 35
geben; ebenso wenig wäre die Vorschrift des § 89 RegE 1971, die § 62 ersetzen sollte, dem Wortlaut nach anwendbar gewesen; denn hier ist — wie in § 396 AktG — darauf abgestellt, daß sich die Verwaltungsträger der Gesellschaft gesetzeswidrig verhalten und nicht abberufen werden. Eine analoge Anwendung von § 62 im Hinblick darauf, daß die Gesellschafter durch das Unterlassen einer Beschlußfassung über die Bestellung eines Geschäftsführers die Gemeinwohlgefährdung zu verantworten haben, dürfte wegen des Eingriffscharakters dieser Vorschrift allenfalls in eindeutigen Umgehungsfällen gerechtfertigt sein. Die Organbefugnisse, die den weggefallenen Geschäftsführern nach Gesetz oder 21 Satzung zugeordnet gewesen sind, gehen nicht auf die Gesellschafterversammlung, gegebenenfalls auch nicht auf den Aufsichtsrat über. Die Ablaufhemmung von Verjährungsfristen bei Mangel gesetzlicher Vertretung nach § 206 Abs. 1 BGB gilt nicht zugunsten einer geschäftsführerlosen G m b H (RGZ 156 291, 300).
3. Zahl der Geschäftsführer Das Gesetz schreibt nicht vor, wieviele Geschäftsführer eine G m b H haben muß. 22 Doch ergibt sich aus § 33 Abs. 1 Satz 1 MitbestG, § 13 MontanmitbestG und § 13 MontanmitbestErgG, daß die diesen Gesetzen unterliegenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung mindestens zwei Geschäftsführer haben müssen (ganz h. M.; vgl. etwa die Nachw. bei Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 33, 22; Th. Raiser MitbestG § 33, 5; abweichend für die Montanmitbestimmung nur Kötter MitbestG § 13, 1; für das MitbestG Overlack Z H R 1977 128). Overlack meint, daß sich die herrschende Ansicht nicht auf die reine Wortinterpretation berufen könne. In § 13 Abs. 2 MontanmitbestG und in § 33 Abs. 2 MitbestG sei von den „übrigen Mitgliedern" des Vertretungsorgans die Rede. Nähme man den Plural wörtlich, so wären neben dem Arbeitsdirektor sogar zwei weitere Mitglieder des Vertretungsorgans erforderlich, was niemand behauptet. Zu Recht legt Overlack weiter dar, daß eine mehrköpfige Geschäftsführung etwa für eine als G m b H organisierte Konzern- oder Teilkonzernspitze vielfach zu einem völlig überflüssigen Verwaltungsaufwand führt. Doch geht aus § 33 MitbestG, vor allem aus Abs. 1, wo der Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Mitglied der Unternehmensleitung bezeichnet wird, aber auch aus Abs. 2, wonach er seine Aufgaben im engsten Einvernehmen mit dem Gesamtorgan auszuüben hat, unbestreitbar hervor, daß ihn der Gesetzgeber als zusätzliches Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung befugten Organs angesehen hat. Auch soll die Institution des Arbeitsdirektors einen Hinweis auf das Gewicht der Personalund Sozialangelegenheiten geben, der durch die Bestellung des Alleingeschäftsführers zum Arbeitsdirektor entscheidend abgeschwächt würde. Die Satzung der G m b H kann eine bestimmte Anzahl von Geschäftsführern vorsehen. 23
4. Fehlen der nach Gesetz oder Satzung erforderlichen Anzahl von Geschäftsführern Sind nicht so viele Geschäftsführer vorhanden wie nach Gesetz oder Satzung vor- 24 gesehen, so bleibt die Gesellschaft in dem Maße gesetzlich vertretbar, als die Vertretungsmacht der noch vorhandenen Geschäftsführer reicht ( H e f e r m e h l Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 76, 30; Mertens Kölner KommAktG § 76, 38). Eine Erstarkung der Vertretungsmacht dieser Geschäftsführer tritt nicht ein, gegebenenfalls auch nicht ihre Befreiung von der Bindung an die Mitwirkung eines Prokuristen (vgl. dazu unten Rdn. 246, 253). (13)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§35 25
Es gibt keine Geschäftsführungs- und Vertretungshandlungen, die nur unter der Voraussetzung vorgenommen werden können, daß alle nach Gesetz oder Satzung erforderlichen Geschäftsführer vorhanden sind; abweichend für das Aktienrecht Hefermehl aaO; Mertens aaO im Anschluß an Möhring NJW 1966, 1, 5f. und Möbring-Tank Handbuch der Aktiengesellschaft Rz. I 195. Im Aktienrecht ist diese Auffassung, die sich m. E. auch dort nicht aufrechterhalten läßt, damit begründet worden, daß solche Handlungen, die dem Vorstand in seiner Gesamtheit obliegen, auch nur von einem Vorstand vorgenommen werden dürfen, der vollzählig ist. Bei der Hervorhebung der Pflichten, die dem Gesamtvorstand obliegen, geht es jedoch nicht darum, die Vollzähligkeit des Vorstands zu erzwingen, sondern allein darum, daß sich alle vorhandenen Vorstandsmitglieder an der Erfüllung beteiligen müssen und eine entsprechende Pflicht — z. B. die Feststellung des Jahresabschlusses oder die Berichterstattung an den Aufsichtsrat — nicht im Wege der Ressortaufteilung abschließend einem unter mehreren Vorstandsmitgliedern zugewiesen werden kann. Zwar bedeutet die im Aktienrecht vertretene Auffassung, daß mittelbar eine Sanktion zur Verfügung steht, die es verhindern würde, daß der Vorstand oder das Geschäftsführungsgremium für längere Zeit unterbesetzt blieben. Doch würde sie auf der anderen Seite eine untragbare Befreiung der verbliebenen Organmitglieder von ihren Pflichten enthalten und überdies mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit des Jahresabschlusses, den ein unvollständiger Vorstand feststellt (so Möhring und Möbring-Tank aaO) weit über das Ziel hinausschießen. 26 Zur Bestellung eines Notgeschäftsführers vgl. unten Rdn. 63ff. 5. Überschreitung der Höchstzahl 27
Bestellt die Gesellschafterversammlung mehr Geschäftsführer als im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, so ist ihr Beschluß anfechtbar. Die wirksame Anfechtung des Bestellungsbeschlusses vernichtet die Bestellung, aber nur mit Wirkung ex nunc. 28 Die überzählige Ernennung eines Geschäftsführers durch den im Geltungsbereich des Mitbestimmungsrechts dafür zwingend zuständigen Aufsichtsrat (vgl. dazu unten Rdn. 43 ff.) ist — anders als ein Wahlbeschluß des Aufsichtsrats, der satzungsmäßige Qualifikationserfordernisse für Geschäftsführer nicht beachtet (dazu unten Rdn. 36ff.), — unwirksam; denn die Festlegung der Zahl der Geschäftsführer ist nicht nur für die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat verbindlich, sondern für diesen als Organ. Vgl. zur mangelhaften Bestellung unten Rdn. 61. II. Eignungsvoraussetzungen für Geschäftsführer Schrifttum Hoffmann Zum Rechtsbegriff Arbeitsdirektor gemäß § 33 MitbestG, BB 1976 1233; Hommelhoff Satzungsmäßige Eignungsvoraussetzungen für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, BB 1977 322; Meyer-Landrut Der Arbeitsdirektor im Rahmen der paritätischen Mitbestimmung, DB 1976 387; Reuter Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen (1973); Thüsing Arbeitsdirektor neuer Art, Der Arbeitgeber 1976 598, 650, 687; Zöllner Zur Problematik der Auswahl und Bestellung des Arbeitsdirektors nach dem Mitbestimmungsgesetz, DB 1976 1766; im übrigen siehe Schrifttum vor Rdn. 1. 1. Gesetzliche Eignungsvoraussetzungen 29
Nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen können Geschäftsführer sein (vgl. auch oben Rdn. 12; § 6, 7; Scholz-Fischer8 § 6, 2; zur früher umstrittenen (14)
Eignungsvoraussetzungen für den Geschäftsführer (Mertens)
§35
Rechtslage Schilling Voraufl. 38). Ein Geschäftsführer braucht weder die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen noch einen Wohnsitz im Inland zu haben, die Geschäftsführung einer GmbH kann sich auch ausschließlich aus Ausländern zusammensetzen (§ 6, 7). Für die Geschäftsfähigkeit von Ausländern ist gemäß Art. 7 EGBGB ihr Heimatrecht maßgeblich. Ein Ausländer kann auch dann zum Geschäftsführer einer inländischen G m b H bestellt werden, wenn er weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Arbeits- oder Gewerbeerlaubnis besitzt (OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1978 110) oder wenn die ihm erteilte Aufenthaltsgenehmigung nur zur Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit berechtigt (OLG Frankfurt DB 1977 817; vgl. auch § 39, 16). Kraft Verfassungsrechts sind der Bundespräsident (Art. 55 Abs. 2 GG), Mitglieder der Bundesregierung (Art. 66 GG) und nach Maßgabe der Länderverfassungen (Art. 53 Abs. 2 Bad.-Württ., Art. 57 Bayern, Art. 25 Abs. 2 Niedersachsen, Art. 64 Abs. 3 Nordrhein-Westfalen) auch die Mitglieder der Landesregierungen als Geschäftsführer ausgeschlossen. Beamte dürfen sich nur mit beamtenrechtlicher Genehmigung zum Geschäftsführer bestellen lassen (§ 65 Abs. 1 Nr. 3 BBG sowie die entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze (§ 77 Abs. 1 Nr. 3 Baden-Württemberg, Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 Bayern, § 79 Abs. 1 Nr. 4 Hessen, § 73 Abs. 1 Nr. 4 Niedersachsen, § 76 Abs. 1 Nr. 3 Nordrhein-Westfalen, § 73 Abs. 1 Nr. 3 Rheinland-Pfalz, § 81 Abs. 1 Nr. 3 SchleswigHolstein). Das Fehlen der beamtenrechdichen Genehmigung verhindert die Wirksamkeit einer Bestellung aber nicht und ist vom Registerrichter nicht zu beanstanden (vgl. für Vorstandsmitglieder Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 20; Mertens Kölner KommAktG § 76, 41; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 76, 15). Mitglieder des kraft zwingenden Rechts erforderlichen Aufsichtsrats einer GmbH können nur unter den Voraussetzungen des durch § 6 Abs. 2 MitbestG in Bezug genommenen § 105 Abs. 2 AktG vorübergehend zu Geschäftsführern bestellt werden. An die Qualifikation des Arbeitsdirektors in den mitbestimmten Gesellschaften stellt das Gesetz keine spezifischen Anforderungen. Insbesondere schließt es die Bestellung eines Gesellschafters zum Arbeitsdirektor nicht aus. Nur kann der Arbeitsdirektor nicht zugleich dem Betriebsrat angehören, da er als Organmitglied in diesen nicht wählbar ist (.Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 33, 41; Th. Raiser MitbestG § 33, 6).
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2. Rechtsfolgen bei Fehlen oder Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben, so ist die Bestellung zum 34 Geschäftsführer nichtig, entfallen sie, so ist der Betreffende nicht länger Geschäftsführer (zur mangelhaften Bestellung vgl. unten Rdn. 61). Die Bestellung des Geschäftsführers zum Mitglied eines kraft zwingenden Rechts erforderlichen Aufsichtsrats führt wegen § 105 Abs. 1 AktG nicht zum Erlöschen der Geschäftsführerstellung, weil sie selbst nichtig ist, wenn der Geschäftsführer im vorgesehenen Zeitpunkt sein Amt nicht niedergelegt hat (Geßler Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 105, 8; Mertens Kölner KommAktG § 105, 7ff.). 3. Gesellschaftsvertragliche Eignungsvoraussetzungen a) In nichtmitbestimmten Gesellschaften. Die Satzung nichtmitbestimmter Ge- 35 sellschaften kann Qualifikationsvoraussetzungen für Geschäftsführer in grundsätzlich beliebigem Umfang festlegen (Baumbach-Hueck § 6, 2 C ; Eder Wilke-Berg-GottschlingGaul Rz. 1 547). Demgegenüber hat Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen (1973) S. 171 unter Hinweis auf die sonderrechtsähnlichen (15)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Wirkungen, die Bestellungskriterien für die Auswahl von Geschäftsführern haben können, die Forderung aufgestellt, daß in den von ihm so bezeichneten Satzungsgesellschaften — Gesellschaften, die ihrem Typ nach auf einen unbestimmten Personenkreis und auf eine die Gesellschafter überdauernde Perpetuierung des Unternehmens angelegt sind, — Wahl und Abberufung der freien Auswahl der Gesellschafter oder des sonst in Betracht kommenden Bestellungsgremiums überlassen sein müßten. Reuter ist entgegenzuhalten, daß das Recht auf Geschäftsführung oder auf Bestellung eines Geschäftsführers als Herrschaftsrecht ausgestaltet und einem GmbH-Gesellschafter in der Satzung als Sondervorteil zugestanden werden kann (§ 5, 149ff., 151ff.). Grundsätzlich steht der von Reuter befürworteten Eingrenzung der Vertragsautonomie der Gesellschafter in Satzungsgesellschaften entgegen, daß das Gesetz die von Reuter zugrunde gelegte Einteilung in Satzungs- und Vertragsgesellschaften nicht kennt. Auch sind die von ihm angegebenen Unterscheidungsmerkmale zwar für eine typologische Differenzierung ausreichend, nicht aber für eine Klassifikation, die deutlich genug wäre, um in einer die Rechtssicherheit stark berührenden Frage eine Rechtsfolgendifferenzierung zu erlauben. Das Gesetz erkennt den Gesellschaftsvertrag als Instrument zur Individualisierung des von den Anteilseignern betriebenen Unternehmens auch dann an, wenn in ihm die körperschaftlichen Satzungsbestandteile vorherrschen (zur Satzungsqualität des Gesellschaftsvertrages im Hinblick auf seine Auslegung vgl. § 2 , 119ff.). Daher ist die Forderung Reuters de lege lata nicht haltbar, so sehr seine Feststellung berechtigt sein mag, daß die satzungsmäßige Statuierung von Qualifikationen für Geschäftsführer eine funktionsfähige Unternehmensleitung in Frage stellen kann.
b) In mitbestimmten Gesellschaften 36
aa) Diskussionsstand. Nach h. M. kann der Gesellschaftsvertrag auch in mitbestimmten Gesellschaften im Rahmen gewisser Grenzen Voraussetzungen für die Bestellung zum Geschäftsführer normieren. Die Literatur zur G m b H verweist hier im allgemeinen auf den von der h. M. im Aktienrecht vertretenen Kompromiß zwischen der Individualisierungskompetenz der Satzung und dem Auswahlrecht des Aufsichtsrats (vgl. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 19; Mertens Kölner KommAktG § 76, 44; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 76, 16). Wie die Grenzen des Regelungsspielraums der Satzung im einzelnen zu ziehen sind, wird jedoch unterschiedlich beantwortet. Einigkeit besteht darüber, daß der Kreis der zum Geschäftsführer wählbaren Personen nicht in einer Weise eingeengt werden darf, die dem Aufsichtsrat praktisch keine freie Wahl mehr läßt {Duden Z H R 141 1977 1 75; Fitting-WlotzkeWißmann MitbestG § 3 0 , 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 3 1 , 25; Immenga ZGR 1977 255; Overlack Z H R 141 1977 130ff.; Th. Raiser MitbestG § 31, 9; Wlotzke-Wißmann DB 1976 968). Während sich Hoffmann/Lehmann/Weinmann, Immenga und Martens sowie im Ergebnis auch Overlack im wesentlichen auf diese Grenzziehung beschränken, halten die anderen Autoren mit gewissen Differenzierungen nur solche Kriterien für unbedenklich, die sachbezogen sind und die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer nicht schmälern. So sehen Fitting-Wlotzke-Wißmann Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der Kandidaten nicht schon dann als zulässig an, wenn sie von einer Reihe von Personen erfüllt werden können, sondern nur dann, wenn sie durch das jeweilige Ressort im gesetzlichen Vertretungsorgan bedingt sind. Sie nennen als Beispiele: inländischer Wohnsitz, Mindest- oder Höchstlebensalter, bestimmter Ausbildungsgang, Absolvierung bestimmter Aufgabenbereiche, Auslandserfahrung, bestimmte Zeiten der Zugehörigkeit zur Konzernzentrale und zu Konzerntochterunternehmen. Demgegenüber meint Raiser, der grundsätzlich nur im Unter(16)
Eignungsvoraussetzungen für den Geschäftsführer (Mertens)
§ 35
nehmensinteresse begründete Kriterien anerkennt, die Satzung konzernabhängiger Gesellschaften könne die Zugehörigkeit des Geschäftsführers zur Konzernzentrale oder ähnliche Bedingungen nicht wirksam vorschreiben; denn das Interesse des herrschenden Unternehmens an einer wirksamen Konzernleitung vermöge eine Einschränkung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer bei der Wahl des Vertretungsorgans nicht zu rechtfertigen. Als sachbezogen wird man in gewissen Fällen wohl auch das Kriterium der Nationalität ansehen können; kaum dagegen das Kriterium der Familienzugehörigkeit, das vielfach auch schon deshalb unzulässig sein wird, weil es die Wahlmöglichkeiten für den Aufsichtsrat zu stark einschränkt. Overlack aaO hält es für zulässig, daß die Satzung vorschreibt, bei gleicher fachlicher und charakterlicher Qualifikation mehrerer Bewerber sei einem Familienmitglied der Vorzug vor einem familienfremden Bewerber oder einem der herrschenden Gesellschaft angehörenden Bewerber der Vorzug vor einem anderen zu geben. Einer solchen Richdinie aber würde praktisch kaum ein justiziabler Gehalt zuzumessen sein, da ein Aufsichtsratsbeschluß, der trotz dieser Richdinie einen anderen Bewerber zum Zuge kommen läßt, deshalb sicherlich nicht für nichtig erklärt werden könnte. Nach Raiser aaO 10 kann ein Anrecht bestimmter Gesellschafter oder Unternehmerfamilien auf die Besetzung von Sitzen im Vertretungsorgan grundsätzlich nicht mehr begründet werden. Eine Satzungsvorschrift, daß der Geschäftsführer Gesellschafter sein müsse, sei nur dann zulässig, wenn ihm der Erwerb der Mitgliedschaft ohne weiteres freistehe. Gegen die h.M. wenden sich Föhr MitbestGespr. 1977 131; Hommelhoff BB 1977 37 322; Säcker DB 1977 1792 f. Sie sprechen der Satzung grundsätzlich das Recht ab, Qualifikationserfordernisse für Mitglieder des gesetzlichen Vertretungsorgans aufzustellen. bb) Eigene Meinung. Die Vorwegnahme personeller und geschäftspolitischer Ent- 38 Scheidungen durch die Satzung gehört nicht zu dem vom Gesetzgeber mit ihr verbundenen unternehmensnotwendigen und unternehmensdienlichen Funktionsbereich (dazu Mertens ZGR 1977 285). Zwar kann der Gesellschaftsvertrag auch Regelungen enthalten, die außerhalb dieses Bereichs liegen. Doch gibt es keine unternehmensrechdiche Legitimation dafür, daß die Vertreter der Arbeitnehmerinteressen sich der Satzungsautonomie der Anteilseigner auch insoweit zu unterwerfen hätten. Entsprechende Qualifikationserfordernisse in der Satzung sind daher zwar nicht unzulässig; sie binden aber nur das Ermessen der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat und brauchen von den Arbeitnehmervertretern — ebenso vom Aufsichtsratsvorsitzenden beim Stichentscheid — nicht beachtet zu werden. Das gilt nicht nur für solche Qualifikationserfordernisse, die sich unmittelbar auf Anteilseignerinteressen beziehen, sondern auch für unternehmensbezogene Eignungsmerkmale. Denn letztlich ist jede Vorwegnahme von personalpolitischen Entscheidungen durch die Satzung unternehmenspolitisch bedenklich (vgl. zur Begründung dieses Standpunkts im einzelnen Mertens ZGR 1977 270, 287f.). Auch die Bindung der Anteilseignervertreter an satzungsmäßige Qualifikationen steht unter dem Vorbehalt, daß sie deren Auswahlermessen nicht gänzlich aufheben darf und daß diese sich aus wichtigen Gründen im Interesse des Unternehmens darüber hinwegsetzen können müssen (vgl. auch Martens AG 1976 120; Mertens Kölner KommAktG § 76, 45 sowie in ZGR aaO 288). Der Satzung ist es auch nicht gestattet, Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignerseite ein Verhalten vorzuschreiben, das als „mitbestimmungsfeindliche" Verletzung berechtigter Belange der Arbeitnehmerseite zu würdigen wäre (Mertens ZGR aaO 287). Daher kann sie dem Aufsichtsrat nicht verbieten, Personen zu Geschäftsführern zu bestellen, die früher dem Betriebsrat angehörten oder die früher Gewerkschaftsmitglieder gewesen sind (so auch Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 26, die aber die Satzungs(17)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
bestimmung, daß ein Geschäftsführer nicht zugleich aktives Gewerkschaftsmitglied sein könne, unter dem Gesichtspunkt für zulässig halten, daß sie dem Gebot der Gegnerunabhängigkeit entspreche). 39 Der Wahlbeschluß des Aufsichtsrats ist auch dann gültig, wenn sich die Anteilseignervertreter bei der Abstimmung über ein satzungsmäßiges Qualifikationserfordernis ungerechtfertigterweise hinwegsetzen. 4. Fehlen oder Wegfall satzungsmäßiger Voraussetzungen 40
Ein Gesellschafterbeschluß, der einen Geschäftsführer trotz Fehlens eines satzungsmäßigen Qualifikationserfordernisses bestellt, ist anfechtbar, ebenso der Beschluß eines anderen von der Satzung eingesetzten Kreationsorgans. Zu prüfen ist allerdings, ob entsprechenden Satzungsbestimmungen nicht nur die Bedeutung einer Sollvorschrift zukommt. In der mitbestimmten Gesellschaft ist die Wahl eines Geschäftsführers, der satzungsmäßige Qualifikationserfordernisse nicht erfüllt (vgl. auch die vorige Rdn.), trotzdem wirksam. Dies wird auch von den meisten Autoren nicht bestritten, die der Meinung sind, daß alle Aufsichtsratsmitglieder entsprechende Satzungsbestimmungen zu beachten haben (vgl. Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 27 m. w. Nachw.; a. A. aber Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 31, 36, die eine gegen die Satzung verstoßende Bestellung für unwirksam halten). Hoffmann/Lehmann/tWeinmann nehmen im Anschluß an die Kommentierungen zum Aktiengesetz (vgl. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 19; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 76, 17; mit gewissen Einschränkungen auch Mertens Kölner KommAktG § 76, 46) an, daß der Aufsichtsrat das Recht und die Pflicht habe, den Geschäftsführer aus wichtigem Grund gemäß § 84 Abs. 3 AktG abzuberufen. Entsprechendes hätte für den späteren Wegfall satzungsmäßiger Eignungsvoraussetzungen zu gelten. Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Fehlen oder der Wegfall satzungsmäßiger Qualifikationserfordernisse für sich genommen noch kein wichtiger Grund zur Abberufung eines Geschäftsführers. Vielmehr bleibt zu prüfen, ob der Gesellschaft die Beibehaltung des Geschäftsführers aus diesem Grund nicht mehr zumutbar ist. Ob der Wegfall einer satzungsmäßigen Voraussetzung rechtfertigt, daß die Gesellschafter dem betreffenden Geschäftsführer ihr Vertrauen entziehen, läßt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden.
III. Die Bestellung des Geschäftsführers Schrifttum Fichtner Voraussetzungen der Bestellung eines Notgeschäftsführers bei der GmbH, BB 1964 868; Freese Probleme der Notgeschäftsführung bei der GmbH, GmbH-Rdsch. 1962 194; Neumann Löschung des sein Amt niederlegenden Vorstands (Geschäftsführers) im Register (§§ 29 BGB, 76 AktGes., 57 ZPO), JheringJb 87 1937/38 199; Th. Raiser Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder? ZGR 1978 391; Tank Stimmrechtsabkommen im Lichte des Mitbestimmungsgesetzes, AG 1977 34; Willemer Die Neubestellung von Vorstandsmitgliedern vor Ablauf der Amtsperiode, AG 1977 130; im übrigen siehe Schrifttum von Rdn. 1. 1. Rechtsnatur; Bestellung und Anstellungsverhältnis 41
Das Recht der Kapitalgesellschaft unterscheidet zwischen dem einseitigen, aber mitwirkungsbedürftigen körperschaftlichen Organisationsakt der Bestellung des Geschäfts(18)
Bestellung des Geschäftsführers (Mertens)
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führers (vgl. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 5f., 13; Mertens Kölner Komm AktG § 84, 3) und der vertraglichen Begründung des schuldrechtlichen Dienstverhältnisses zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft. Mit der Annahme der Bestellung, die bei einer Berufung durch den Gesellschaftsvertrag gegebenenfalls bereits in der Eingehung des Vertrages durch den bestellten Gesellschafter-Geschäftsführer zu sehen ist, wird der Geschäftsführer zum Organ der Gesellschaft. Organstellung und Anstellungsverhältnis werden juristisch als zwar in vieler Hinsicht aufeinander bezogen, grundsätzlich aber als voneinander getrennte Rechtsverhältnisse gedacht, mögen sie auch zeitlich und tatsächlich vielfach zusammenfallen. Der wichtigste Unterschied liegt darin, daß die Organstellung gemäß § 38 grundsätzlich frei widerruflich ist, während sich die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach dem zugrunde liegenden Vertrag richtet. Auch ist der wichtige Grund für die Abberufung der Bestellung im Rahmen des § 38 Abs. 2 nach Kriterien zu bestimmen, die nicht mit denen des § 626 Abs. 2 BGB identisch sind (vgl. § 38, 43). Die Bestellung kann im Anstellungsvertrag enthalten sein, aber ebensogut kann dieser vorangehen oder nachfolgen. Die Trennung von Bestellung und Anstellung wird heute nicht mehr in Zweifel gezogen (vgl. etwa die Nachw. bei Hefermehl aaO 6f., der aber mit Recht die enge innere Beziehung zwischen den beiden Rechtsverhältnissen hervorhebt; Mertens aaO 2; anders noch Schilling Voraufl., 40).
2. Bestellung der Geschäftsführer in der nichtmitbestimmten und in der eindrittelmitbestimmten GmbH Die Bestellung der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag selbst ist in § 6, die Be- 42 Stellung der Geschäftsführer durch die Gesellschafter in § 46 Nr. 5 geregelt (zum Anstellungsvertrag vgl. unten Rdn. 99). Auf die Erläuterungen zu diesen Vorschriften (vgl. insbesondere § 6, 8ff.; § 46, 14ff.) ist zu verweisen. Die Satzung kann die Befugnis zur Bestellung der Geschäftsführer in Abweichung von § 46 Nr. 5 regeln (§ 45 Abs. 2; vgl. dazu im einzelnen § 45, 14). Die Gesellschafter selbst können die Bestellungsbefugnis auf ein anderes in der Satzung vorgesehenes Organ delegieren (vgl. § 37, 26). Zum Abschluß des Anstellungsvertrages vgl. unten Rdn. 100. Eintragung im Handelsregister ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Bestellung (vgl. auch § 39, 9). 3. Bestellung der Geschäftsführer in der paritätisch mitbestimmten GmbH Nach § 12 MontanmitbestG und § 13 MontanmitbestErgG richtet sich die Bestellung 43 der Geschäftsführer nach § 84 Abs. 1, 2 und 4 AktG. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: § 84 AktG Bestellung und Abberufung des Vorstands (1) Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt. (2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen. (19)
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3. Abschnitt: Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g
(3) Der Aufsichtsrat kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, daß das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Dies gilt auch für den vom ersten Aufsichtsrat bestellten Vorstand. Der Widerruf ist wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften. (4) Die Vorschriften über die besonderen Mehrheitserfordernisse für einen Aufsichtsratsbeschluß über die Bestellung eines Arbeitsdirektors oder den Widerruf seiner Bestellung bleiben unberührt. 44
In der unter das M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z fallenden G m b H ist außer § 84 A k t G § 31 A b s . 1—4 M i t b e s t G maßgeblich. D i e Vorschrift lautet: § 31 MitbestG Bestellung und Widerruf (1) Die Bestellung der Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs und der Widerruf der Bestellung bestimmen sich nach den §§ 84 und 85 des Aktiengesetzes, soweit sich nicht aus den Absätzen 2 bis 5 etwas anderes ergibt. Dies gilt nicht für Kommanditgesellschaften auf Aktien. (2) Der Aufsichtsrat bestellt die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs mit einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der Stimmen seiner Mitglieder umfaßt. (3) Kommt eine Bestellung nach Absatz 2 nicht zustande, so hat der in § 27 Abs. 3 bezeichnete Ausschuß des Aufsichtsrats innerhalb eines Monats nach der Abstimmung, in der die in Absatz 2 vorgeschriebene Mehrheit nicht erreicht worden ist, dem Aufsichtsrat einen Vorschlag für die Bestellung zu machen; dieser Vorschlag schließt andere Vorschläge nicht aus. Der Aufsichtsrat bestellt die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder. (4) Kommt eine Bestellung nach Absatz 3 nicht zustande, so hat bei einer erneuten Abstimmung der Aufsichtsratsvorsitzende zwei Stimmen; Absatz 3 Satz 2 ist anzuwenden. Auf die Abgabe der zweiten Stimme ist § 108 Abs. 3 des Aktiengesetzes anzuwenden. Dem Stellvertreter steht die zweite Stimme nicht zu. (5) Die Absätze 2 bis 4 sind für den Widerruf der Bestellung eines Mitglieds des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs entsprechend anzuwenden.
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H i n z u k o m m t § 33 A b s . 1 und 2 M i t b e s t G . D i e Vorschrift lautet: § 33 MitbestG Arbeitsdirektor (1) Als gleichberechtigtes Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs wird ein Arbeitsdirektor bestellt. (2) Der Arbeitsdirektor hat wie die übrigen Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs seine Aufgaben im engsten Einvernehmen mit dem Gesamtorgan auszuüben. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung. (3) Bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist auf den Arbeitsdirektor § 9 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht anzuwenden.
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a ) B e s t e l l u n g s k o m p e t e n z des A u f s i c h t s r a t s . N a c h §§ 31 M i t b e s t G , 84 A k t G ist die B e s t e l l u n g s k o m p e t e n z d e m Aufsichtsrat kraft zwingenden Rechts ausschließlich zugewiesen. D i e Bestellung des G e s c h ä f t s f ü h r e r s im Gesellschaftsvertrag k o m m t hier ebensowenig in Betracht wie satzungsmäßige Sonderrechte eines Gesellschafters auf G e s c h ä f t s (20)
Bestellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
führung oder auf Bestellung eines Geschäftsführers. Wird eine Gesellschaft mitbestimmungspflichtig, so findet eine Bestellung von Geschäftsführern durch den Aufsichtsrat jedoch erst nach Ablauf der Bestellung der vorhandenen Geschäftsführer statt. § 37 Abs. 2 und 3 MitbestG ermöglicht dem Aufsichtsrat in diesem Fall, nach Ablauf einer Frist von 5 Jahren die Bestellung der alten Geschäftsführer zu widerrufen. Die Fünfjahresfrist des § 37 Abs. 3 gilt entsprechend auch für solche Geschäftsführer, die nach dem Zeitpunkt bestellt worden sind, an dem die Gesellschaft die Voraussetzungen des § 1 MitbestG erfüllte, aber vor dem Zeitpunkt, zu dem die Wahl des Aufsichtsrats nach den Vorschriften dieses Gesetzes (§ 37 Abs. 2) abgeschlossen war (Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 37, 67 m. w. Nachw.). Die Frist beginnt mit dem Außerkrafttreten der alten Satzungsbestimmungen nach § 37 Abs. 1 (so auch Fabricius Gemeinschaftskommentar MitbestG § 37, 67f.; abweichend Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 3 7 , 21; Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 68; Tb. Raiser MitbestG § 37, 8, die auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 1—5 MitbestG eintreten; doch ist dieser Zeitpunkt zu unsicher, um den Lauf einer Frist daran zu knüpfen). Zu den offensichtlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 37 Abs. 3 MitbestG vgl. Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 62 m. w. Nachw. b) Wahlfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder. Mit der Zuweisung der Bestellung an 47 den Aufsichtsrat gewährleistet das Gesetz auch die Wahlfreiheit der Aufsichtsratsmitglieder. Diese kann weder durch Verfahrensbestimmungen in der Satzung noch durch Vorschlagsrechte oder durch Stimmbindungen beeinträchtigt werden (77?. Raiser aaO § 3 1 , 7 ; einschränkend Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO § 31, 7f., 28; Schneider ZGR 1977 339; Tank AG 1977 34, 38; vgl. demgegenüber zur Unzulässigkeit von Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder Raiser ZGR 1978 391; Säcker DB 1977 1793). Die Verpflichtung eines Aufsichtsratsmitglieds, von seinem Wahlrecht in bestimmter Weise Gebrauch zu machen, ist nichtig. Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite haben aber Satzungsbestimmungen über Qualifikationserfordernisse für einen Geschäftsführer bei der Wahl in gewissen Grenzen zu beachten (vgl. oben Rdn. 38). c) Keine Verbindung von Bestellung und Ressortzuweisung; Ausnahme Arbeits- 48 direkter. Der Aufsichtsrat kann den sozialrechtlichen Akt der Bestellung des Geschäftsführers nicht mit der Zuweisung eines bestimmten Geschäftsbereichs an den Bestellten verbinden. Entsprechende anstellungsvertragliche Zusagen kann der Aufsichtsrat auch nicht abgeben, es sei denn, er ist dazu von der Satzung oder der Gesellschafterversammlung ermächtigt. Denn er hat keine Vertretungszuständigkeit für solche Zusagen, weil er damit in das Recht der Gesellschafterversammlung eingreift, die Geschäftsordnung des Vertretungsorgans zu regeln (Näheres unter Rdn. 89f.). Möglich ist bei der Bestellung die Differenzierung zwischen ordentlichem und stellvertretendem Geschäftsführer. Besonderheiten gelten für den Arbeitsdirektor, weil diesem ein bestimmter Zu- 49 ständigkeitsbereich gesetzlich gewährleistet wird (vgl. § 37, 13ff.). Der Aufsichtsrat kann zwar nicht von sich aus festlegen, welche Zuständigkeiten im einzelnen zum Geschäftsbereich des Arbeitsdirektors gehören sollen. Er muß aber vor der Wahl eines Geschäftsführers festlegen, daß sie sich auf die Stelle des Arbeitsdirektors bezieht. Die Entscheidung, welcher Geschäftsführer das Amt des Arbeitsdirektors versehen soll, kann nicht den Gesellschaftern oder den Geschäftsführern selbst überlassen werden. Allein der Aufsichtsrat bestimmt, wem die Mindestzuständigkeit zukommt, die das Gesetz zwingend der Institution des Arbeitsdirektors vorbehält (Th. Raiser aaO § 33, 6 m. w. Nachw.; a. A. Meilicke-Meilicke MitbestG § 33, 12f.; Thüsing Arbeitgeber 1976 650; vgl. zur Diskussion auch Hoff mann! Lehmann! Weinmann aaO §33, 35 m. w. Nachw.; das Schrifttum ist vielfach unklar, weil nicht scharf zwischen den beiden Fragen unterschieden wird, ob der Arbeitsdirektor als solcher zu bestellen ist und ob mit der Bestellung eine (21)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
bestimmte Aufgabenzuweisung verbunden werden kann). Sind die Geschäftsführer dem Titel nach in ordendiche und stellvertretende eingeteilt, ohne daß die stellvertretenden in der Geschäftsführungsbefugnis effektiv hinter die ordentlichen zurückgesetzt sind, so kann der Arbeitsdirektor auch zum stellvertretenden Geschäftsführer bestellt werden (vgl. § 44, 9). 50 d) Bestellungsverfahren. Die zwingende Norm des § 31 MitbestG sieht für die Bestellung ein mehrstufiges Wahlverfahren vor (vgl. dazu auch § 52, 111). Sind mehrere Geschäftsführer zu bestellen, so muß jeder für sich gewählt werden. Block- oder Listenwahl ist unzulässig {Th. Raiser aaO § 31, 13; Reich-Lewerenz AuR 1976 270). Das Wahlverfahren gliedert sich in drei Wahlgänge. 51 Im ersten Wahlgang ist für die Wahl eine Mehrheit von zwei Dritteln der vorhandenen {Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO § 31, 12) Mitglieder des Aufsichtsrats erforderlich. Abwesende Aufsichtsratsmitglieder zählen mit, auch wenn sie sich nicht nach Maßgabe von § 108 Abs. 3 und 4 AktG an der Abstimmung beteiligen, nicht dagegen vakante Aufsichtsratssitze. 52 Wird im ersten Wahlgang die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, so hat der nach § 27 Abs. 3 MitbestG zu bildende ständige Vermittlungsausschuß innerhalb eines Monats nach der Abstimmung einen Kandidaten vorzuschlagen. Vorschläge von anderer Seite sind nicht ausgeschlossen. Nach Ablauf der nach §§ 186 ff. B G B zu berechnenden Monatsfrist kann der Aufsichtsrat den zweiten Wahlgang durchführen, vorausgesetzt daß überhaupt ein Wahlvorschlag vorliegt (Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 18; Th. Raiser aaO 15). Zwar kann der Aufsichtsrat nicht im vorhinein auf das Vermittlungsverfahren verzichten (Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 31, 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 17; Th. Raiser aaO; abweichend Meilicke-Meilicke MitbestG §§ 30, 31, 5); doch hängt der zweite Wahlgang weder davon ab, daß dieses Gremium innerhalb der Monatsfrist einen Beschluß faßt, noch davon, daß es überhaupt innerhalb dieser Frist tätig wird. Denn das Gesetz sieht ausdrücklich vor, daß auch Vorschläge von anderer Seite im zweiten Wahlgang zur Abstimmung gestellt werden können. Der Vermittlungsausschuß kann eine solche Abstimmung nicht blockieren (so auch Th. Raiser aaO). Im zweiten Wahlgang genügt die einfache Mehrheit der vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder. 54 Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so hat in einem dritten Wahlgang der Aufsichtsratsvorsitzende bei einer erneuten Abstimmung zwei Stimmen, und zwar unabhängig davon, welches Stimmverhältnis sich im zweiten Wahlgang ergeben hat. Die zweite Stimme zählt auch, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende gegen einen Wahlvorschlag stimmt {Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 23; abweichend, aber ohne im Gesetz ersichtliche Grundlage Fitting-Wlotzke-Wißmann aaO 12; Reich BIStSozArbR 1976 180; Rumpf Gemeinschaftskommentar MitbestG § 31, 30). Es kann im dritten Wahlgang auch über einen Bewerber abgestimmt werden, der nicht bereits im zweiten Wahlgang zur Abstimmung stand (Fitting-Wlotzke-Wißmann aaO 11; Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 20). Es ist nicht ausgeschlossen, daß über mehrere Kandidaten nacheinander abgestimmt wird; das doppelte Stimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden verbraucht sich nicht etwa schon dadurch, daß der zuerst im dritten Wahlgang zur Abstimmung gestellte Bewerber die erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Die Durchführung des dritten Wahlgangs ist nicht zwingend; doch hat jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied das Recht, darauf zu bestehen (vgl. dazu Th. Raiser aaO § 31, 17; § 29, 10). Den Zeitpunkt der Abstimmung setzt der Aufsichtsratsvorsitzende fest; doch kann jedes Aufsichtsratsmitglied wie auch ein Geschäftsführer (vgl. § 110 AktG) verlangen, daß zu diesem Zweck unverzüglich eine Sitzung einberufen wird. Die Sitzung muß dann gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 AktG binnen zwei
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Bestellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
Wochen nach der Einberufung stattfinden. Weder ein Geschäftsführer (anders möglicherweise Th. Raiser aaO) noch die Gesellschafter haben aber ein Recht darauf, daß der Aufsichtsrat die dritte Abstimmung durchführt. Im dritten Wahlgang entscheidet wiederum die einfache Mehrheit sämtlicher vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann bei Verhinderung beide Stimmen nach Maßgabe des § 108 Abs. 3 AktG abgeben. Auch eine Beschlußfassung gemäß § 108 Abs. 4 ist nach allgemeinen Grundsätzen zulässig. Dem Stellvertreter des Aufsichtsrats Vorsitzenden steht die zweite Stimme nicht zu. Das Bestellungsverfahren nach § 3 1 Abs. 1—4 gilt auch für den Arbeitsdirektor. 55 § 13 Abs. 1 Satz 2 MontanmitbestG, wonach der Arbeitsdirektor im Rahmen dieses Gesetzes nicht gegen die Stimmen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat berufen werden kann, ist durch das MitbestG nicht übernommen worden. e) Dauer der Bestellung. Der Aufsichtsrat kann Geschäftsführer auf höchstens fünf 56 Jahre bestellen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Amtsantritts. Der Bestellungsbeschluß kann im Hinblick auf § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG frühestens ein Jahr vor Beginn der Amtszeit gefaßt werden (Fitting-Wlotzke-Wißmann aaO § 31, 14; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 21; die abweichende Ansicht bei Mertens Kölner KommAktG § 84, 17 wird aufgegeben). Eine vom Aufsichtsrat für längere Zeit ausgesprochene Bestellung wird nach Ablauf von fünf Jahren unwirksam (BGHZ 3 90; 10 195; BGH WM 1957 846f.; WM 1962 109). Ist die Bestellung nicht befristet, so ist sie im Zweifel als eine Bestellung auf fünf Jahre anzusehen ( H e f e r m e h l aaO 24; Mertens aaO 11; beide m. w. Nachw.). Eine Mindestdauer ist nicht festgelegt; doch verletzt der Aufsichtsrat seine Pflicht, wenn er die Amtszeit mißbräuchlicherweise zu knapp bemißt (FittingWlotzke-Wißmann aaO 13; Hefermehl aaO 23; Mertens aaO 12; Th. Raiser aaO 20). Eine automatische Verlängerung der Amtszeit über die gesetzliche Höchstdauer hinaus ist unzulässig. Vielmehr muß der Aufsichtsrat darüber stets ausdrücklich neu beschließen. Der Beschluß über die Wiederbestellung oder Verlängerung der Amtszeit kann nach § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG frühestens ein Jahr vor Ablauf der Amtszeit gefaßt werden. Davor ist er nichtig. § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG schließt nicht aus, daß der Aufsichtsrat die Bestellung des Geschäftsführers während seiner Amtszeit erneuert. Damit wird die bisherige Bestellung unter gleichzeitiger Neubestellung aufgehoben; entscheidend ist allein, daß die Gesellschaft zu keiner Zeit für mehr als fünf Jahre an den Geschäftsführer gebunden ist (Hefermehl aaO 28; Willemer AG 1977 130; die bei Mertens aaO 10 vertretene Ansicht wird nicht aufrechterhalten). Im Rahmen der Fünfjahresfrist sind automatisch wirkende Verlängerungsklauseln zulässig. In diesem Rahmen kann der Aufsichtsrat einem Geschäftsführer die Verlängerung auch bindend zusagen ( H e f e r m e h l aaO 30ff.). Wird ein Geschäftsführer nach § 84 Abs. 3 AktG abberufen, führt die gerichdiche 57 Nachprüfung aber zu seiner Wiedereinsetzung, so verlängert sich seine Amtsdauer nicht um den Zeitraum, in dem er abberufen war (dazu im einzelnen Mertens aaO 18). Eine Bestellung unter auflösender Bedingung oder auf jederzeitige Kündbarkeit durch die Gesellschaft ist mit § 84 Abs. 3 AktG unvereinbar (Mertens aaO 13f.). Auch der Anstellungsvertrag kann nur auf höchstens fünf Jahre geschlossen werden, 58 doch kann er vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weiter gilt (§ 84 Abs. 1 Satz 5 AktG). Der Geschäftsführer hat niemals einen Anspruch auf Verlängerung seiner Bestellung über eine Amtsdauer von fünf Jahren hinaus und kann daher aus einer NichtVerlängerung keine Ersatzansprüche herleiten. Die Satzung kann dem Aufsichtsrat nicht vorschreiben, daß die Geschäftsführer auf 59 eine bestimmte Zeit zu bestellen seien oder daß ihre Wiederbestellung ausgeschlossen sei (Hefermehl aaO 24; Mertens aaO 16). (23)
§35 60
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
f) Bestellung eines Vorsitzenden der Geschäftsführung. § 31 Abs. 1 MitbestG erklärt § 84 AktG für alle dem Mitbestimmungsgesetz unterliegenden Gesellschaften mit Ausnahme der KGaA für entsprechend anwendbar. Trotzdem ist nicht anzunehmen, daß der Aufsichtsrat, soweit dies in der Satzung der GmbH nicht vorgesehen ist, einen Geschäftsführer zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellen kann; denn die Regelung der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer steht in der GmbH weiterhin der Gesellschafterversammlung zu (Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO 47; im Ergebnis auch Fitting-Wlotzke-Wißmann aaO § 30, 6; abweichend Rumpf Gemeinschaftskommentar MitbestG § 30, 26). Hat der Aufsichtsrat einen Vorsitzenden zu ernennen, so gilt dafür nicht das Bestellungsverfahren des § 31 MitbestG (Hoffmann/Lehmann/ Weinmann aaO 45; Th. Raiser aaO 26). Doch muß der Aufsichtsrat insgesamt entscheiden (§ 107 Abs. 3 AktG; a. A. Hoffmann/Lehmann!Weinmann aaO, 48, die der Meinung sind, da § 84 Abs. 2 AktG für die mitbestimmte GmbH nicht gelte, sei insoweit auch § 107 Abs. 3 AktG gegenstandslos. Doch ist anzunehmen, daß § 31 Abs. 1 MitbestG auch für die GmbH auf § 84 Abs. 2 AktG verweist, sofern deren Satzung die Ernennung eines Vorsitzenden der Geschäftsleitung vorsieht). Ob die Vorschrift für einen Sprecher der Geschäftsleitung entsprechend anzuwenden ist, hängt davon ab, ob dessen Stellung derjenigen eines Vorsitzenden vergleichbar ist (vgl. Hoffmann!Lehmann/Weinmann aaO).
4. Rechtsfolgen der mangelhaften Bestellung 61
Ein gesetzeswidriger Bestellungsbeschluß ist nichtig, ein satzungswidriger Bestellungsbeschluß in der nichtmitbestimmten GmbH ist anfechtbar (zur mitbestimmten GmbH vgl. oben Rdn. 28, 39). Mit der rechtswirksamen Anfechtung des Beschlusses erlischt auch die Bestellung; denn diese ist unter dem Vorbehalt der Einwilligung durch den Bestellten mit der Erklärung des Bestellungsbeschlusses vollzogen; sie ist keine über den Beschluß hinausgehende zusätzliche Willenserklärung, die noch besonders widerrufen werden müßte. Normalerweise führt die unwirksame Bestellung oder Verlängerung der Bestellung oder ein Tätigwerden des Geschäftsführers nach Ablauf seiner Bestellung zur Anwendung der Grundsätze über das fehlerhafte Dauerverhältnis (vgl. im einzelnen Mertens Kölner KommAktG § 84, 23). Zu Pflichten und Haftung des faktischen Geschäftsführers vgl. unten Rdn. 202; § 43, 15ff.; Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 84, 133). Das Vertrauen Dritter in die Geschäftsführerstellung und in die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers ist nach Maßgabe von § 15 H G B (vgl. auch § 39, 19) und gegebenenfalls darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt zurechenbar veranlaßten Rechtsscheins geschützt (vgl. im einzelnen Hefermehl aaO 129ff.). Doch kommt ein Vertrauensschutz im Hinblick auf nichtige Erklärungen eines als Geschäftsführer tätigen Geschäftsunfähigen nicht in Betracht (BGHZ 53 210, 215; R G Z 145 155, 159; Hefermehl aaO). An das Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben, das Verhandlungen mit einem geschäftsunfähigen Geschäftsführer zum Gegenstand hat, ist eine Gesellschaft aber gebunden, wenn sie noch einen weiteren Geschäftsführer hatte, dessen Amtsfähigkeit gegeben war oder jedenfalls nach Rechtsscheingrundsätzen angenommen werden konnte (vgl. B G H Z 20 149; B G H NJW 1964 1951; B G H NJW 1965 965; Hefermehl aaO). Zur Vergütung des faktischen Geschäftsführers vgl. unten Rdn. 109.
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Handeln eines beschränkt Geschäftsfähigen als Geschäftsführer kann als Handeln eines Bevollmächtigten anzusehen sein, an das die Gesellschaft gebunden ist, wenn er im Rahmen der Vollmacht gehandelt hat, und das sie nach § 177 BGB genehmigen kann, wenn der Rahmen der Vollmacht überschritten wurde ( H e f e r m e h l aaO).
Bestellung des Geschäftsführers (Mertens)
§35
5. Bestellung eines Notgeschäftsführers a) Vorausetzungen. Fehlen die zur Vertretung der Gesellschaft notwendigen Ge- 63 schäftsführer, so kommt die Bestellung eines Notgeschäftsführers in Betracht. Eine dem § 85 AktG entsprechende Norm enthält das GmbH-Gesetz nicht (vgl. aber § 68 RegE 1971, der die Übernahme dieser Regelung in das GmbH-Gesetz vorsah). Doch gilt § 29 BGB unstreitig auch für die GmbH (vgl. § 6, 11; RGZ 138 101; Fichtner DB 1964 868 und die Kommentierungen zu § 29 BGB). Auf mitbestimmte Gesellschaften erklärt § 31 Abs. 1 MitbestG die Vorschrift des § 85 AktG für entsprechend anwendbar. Ein Notgeschäftsführer kann bereits dann bestellt werden, wenn der zu ersetzende 64 Geschäftsführer zwar nicht ausgeschieden, aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführung gehindert ist (Freese GmbH-Rdsch. 1962 194). Hinderungsgrund ist außer Krankheit und Abwesenheit auch die Entziehung der Vertretungsmacht (RGZ 74 297, 301) oder die generelle Verweigerung der Geschäftsführung; die Verweigerung der Geschäftsführung im Einzelfall reicht dagegen nicht aus (KG J W 1937 1730; OLG Frankfurt NJW 1966 504; Steffen RGRK 1 2 § 29, 2). Die Ersatzbestellung kommt nur in einem dringenden Fall in Betracht. Ein solcher 6 5 Fall ist gegeben, wenn ohne Einsetzung eines Notgeschäftsführers einem Beteiligten oder der Gesellschaft ein Schaden entstehen würde oder eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden könnte. Fehlt in der mitbestimmten Gesellschaft der Arbeitsdirektor, so begründet das für sich genommen noch keine Dringlichkeit ( H o f f m a n n / Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 42; a. A. Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 31, 32). Ein Rechtsschutzinteresse für die Bestellung eines Notgeschäftsführers besteht nicht, wenn die GmbH untergegangen ist. Doch muß ein Notgeschäftsführer bestellt werden, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Existenz der Gesellschaft spricht (OLG Celle NJW 1965 504; O L G Frankfurt JZ 1952 565). Die Möglichkeit der Bestellung eines Prozeßpflegers nach § 57 ZPO schließt das Interesse an einer Bestellung eines Notgeschäftsführers geboten (OLG Celle aaO; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff allg. M.). Ist schon ein Prozeßpfleger nach § 57 ZPO bestellt, so begründet jedenfalls der Prozeß selbst kein Interesse mehr an der Bestellung eines Notgeschäftsführers ( S t e f f e n RGRK aaO 2). Werden aber im Zusammenhang mit dem Prozeß Handlungen notwendig, die der Prozeßpfleger als solcher nicht vornehmen kann, so ist die Bestellung eines Notgeschäftsführers geboten (OLG Celle aaO; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 85, 7). Beantragen Dritte die Bestellung, um Ansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen zu können, so hat das Registergericht die Erfolgsaussichten dieser Ansprüche nicht im einzelnen zu prüfen (Hamm OLGZ 1965 329, 331). b) Verfahren. Das Verfahren der Notbestellung richtet sich nach den Bestimmungen 66 des FGG. Es ist dem Rechtspfleger übertragen (§ 3 Abs. 1 Nr. la RechtspflG). Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die GmbH ihren Sitz hat. Die Bestellung erfolgt nur auf Antrag. Antragsberechtigt ist außer den Gesellschaftern und Organmitgliedern der GmbH jeder, der an der Ersatzbestellung ein eigenes Interesse hat. Er muß dieses Interesse glaubhaft machen. Das Gericht soll die Organe der Gesellschaft anhören, soweit dies tunlich erscheint. Sind die Voraussetzungen gegeben, so muß das Gericht einen Notgeschäftsführer bestellen. Die Auswahl der Person steht in seinem Ermessen; doch muß sie für das Amt geeignet sein und nach Möglichkeit auch satzungsmäßige Qualifikationserfordernisse erfüllen. An den Vorschlag des Antragstellers ist das Gericht nicht gebunden. Es kann auch die Art der Vertretung oder der Geschäftsführung nicht ändern. Sieht z. B. die Satzung der GmbH zwei Geschäftsführer vor, die gesamtvertretungsberechtigt sind, so muß das Gericht, wenn kein Geschäftsführer vorhanden ist, für die Vertretung zwei gemeinschaftlich berechtigte Notgeschäftsführer bestellen. Bestellt es nur einen GeschäftsP5)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
führer, so hat dieser jedoch kraft der rechtsgestaltenden Bestellung alleinige Vertretungsmacht (BGHZ 6 232; KG OLGZ 1965 332, 334; 1968 200, 207; RG JW 1918 361). Der Bestellungsbeschluß kann den Wirkungskreis des Notgeschäftsführers nach Inhalt und Umfang eingrenzen; die Ersatzbestellung kann auch auf ein einziges Rechtsgeschäft beschränkt sein. Ergeht ein eingeschränkter Bestellungsbeschluß, so ist der Notgeschäftsführer nur in seiner Geschäftsführungsbefugnis, nicht aber in seiner Vertretungsmacht beschränkt (vgl. Mertens KommAktG § 85, 11; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 85, 5; Soergel-Schultze-v. Lasaulx B G B 1 1 § 29, 22; a. A. Palandt-Heinrichs37 § 29, 3). Wirksam wird die Bestellung spätestens mit der Bekanntgabe an den Antragsteller und den Bestellten und der Annahme durch diesen (BGHZ 6 232, 235). § 16 FGG läßt aber schon die Mitteilung an den Bestellten und dessen Zustimmung genügen. Dagegen reicht die Mitteilung an den Antragsteller allein nicht aus (Hefermehl aaO 24; Mertens aaO 9; a. A. Palandt-Heinrichs37 aaO). Verhinderte Vorstandsmitglieder bleiben trotz der Bestellung im Amt (OLG Schleswig NJW 1960 1862f.). Als rechtsgestaltender Akt der freiwilligen Gerichtsbarkeit bindet die Bestellung das Prozeßgericht. Dieses prüft nur, ob sie nach § 29 BGB formell gültig vorgenommen worden ist (BGHZ 24 47, 51; RGZ 105 403). c) Erlöschen. Die Bestellung erlischt mit dem Wegfall des Bestellungsbedürfnisses, also jedenfalls mit der Bestellung des erforderlichen Geschäftsführers durch die Gesellschaft, im Falle einer eingeschränkten Bestellung schon mit der Erledigung der im Bestellungsbeschluß bezeichneten Rechtshandlung (insoweit abweichend Hefermehl aaO 18; Meyer-Landrut aaO 6). Die Gesellschafter können den gerichtlich bestellten Geschäftsführer nicht abberufen. Doch kann das Gericht die Bestellung von Amts wegen widerrufen (KG WM 1967 83f.). d) Eintragung in das Handelsregister. Die Bestellung ist gemäß § 39 in das Handelsregister einzutragen. Doch kann die Eintragung unterbleiben, wenn der Geschäftsführer nur für einzelne Rechtshandlungen bestellt wird. In diesem Fall genügt es, daß das Gericht dies im Bestellungsbeschluß zum Ausdruck bringt und dem Geschäftsführer zum Ausweis ein Zeugnis über seine Bestellung aushändigt (BayObLG DNotZ 1955 638; so auch die Kommentierungen zu § 85 AktG; abweichend Neumann JheringJb 87 236). e) Verhältnis des Notgeschäftsführers zur Gesellschaft. Zwischen dem Notgeschäftsführer und der Gesellschaft kommt durch die Bestellung ein Schuldverhältnis zustande, aus dem sich ein Vergütungsanspruch des Notgeschäftsführers ergibt (vgl. dazu unten Rdn. 115). Er ist Organ der Gesellschaft mit allen sich daraus ergebenden Folgen. Seine Vertretungsmacht ist unbeschränkbar (vgl. oben Rdn. 67).
IV. Das Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer Schrifttum Ahrend/Förster/Rössler Bilanzielle Probleme bei Pensionszusagen an GesellschafterGeschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1976 43; dies. Direktversicherungsverträge für den Gesellschafter-Geschäftsführer (§§ 4b, 40b EStG), GmbH-Rdsch. 1976 67; dies. Nachträgliche Anpassung von Versorgungsbezügen an Gesellschafter und Geschäftsführer und § 16 BetrAVG, GmbH-Rdsch. 1975 234; dies. Unverfallbarkeitsklauseln für die Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer und die §§ 1 —4 BetrAVG, GmbH-Rdsch. 1975 255; dies. Zur Anpassung betrieblicher Versorgungsleistungen, Beil. 3/1978 des BB; dies. Zur Insolvenzsicherung von Versorgungszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer (§§ 7ff. BetrAVG), GmbH-Rdsch. 1975 275; Bellstedt Vertragliches Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers nach seinem Ausscheiden, GmbH-Rdsch. 1976 236; Beuthien Gesellschaftsrecht und Kartellrecht, ZHR 142 1978 259; Döllerer Verdeckte Gewinnes)
Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
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ausschüttung und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften (1975); Durchlaub Insolvenzsicherung der Ruhegehälter für Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften, BetrAV 1977 242; Felix Zur steuerlichen Qualifizierung der Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern einer typischen GmbH & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1975 279; Figge Die Möglichkeiten eines Gesellschafter-Geschäftsführers in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert zu werden, GmbH-Rdsch. 1974 73; Fleck Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in der Rechtsprechung des BGH, WM Sonderbeilage 3/1968 3; Ganßmüller Zur Errechnung der Tantieme für GmbH-Geschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1965 92; ders. Erwerbsschaden des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH, GmbH-Rdsch. 1971 149; ders. Erwerbsschaden der Gesellschaft und des Gesellschafter-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1977 265; ders. Die Tantieme und andere umzurechnende Vergütungsteile beim Erwerbsschaden des Gesellschafter-Geschäftsführers, VersR 1978 805; Grunsky Der Entzug eines vertraglichen Ruhegeldanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, JuS 1970 16; Hampl Zur Angemessenheit der Vergütung der Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, BB 1974 1297; Haug-Adriort, Zur Direktversicherung beherrschender Gesellschafter nach § 4b EStG, DB 1975 2012; Hengeler Versorgungszusagen in fehlerhaften Vorstands Verträgen, Festschrift Barz (1974) S. 129; Henninger Pensionsvereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern bei GmbH und GmbH & Co. KG, GmbHRdsch. 1970 160; ders. Ungewöhnliche Tätigkeitsvergütungen für Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1971 115; Heubeck/Heitmann Die Altersversorgung der Geschäftsführer bei GmbH und GmbH & Co. (1977); Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/ Weinert Kommentar zum Betriebsrentengesetz (1976); Höfer Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar (1976); Höfer/Kemper Zur Anpassung betrieblicher Versorgungsleistungen, DB 1973 130; Höhne Der arbeitsrechtliche Teil des Gesetzes, in: Heubeck/Höhne/Rau/Weinert Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Beil. 1/1975 des BB; ders. Die Unverfallbarkeit von Anwartschaften aus betrieblichen Versorgungszusagen nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. 3. 1972, BB 1972 1563; ders. Zur Anpassung der Betriebsrenten von Führungskräften aus unmittelbaren Versorgungszusagen nach § 16 BetrAVG, BetrAV 1977 49; Hölters Der Beirat in der GmbH, BB 1977 105; ders. Entzug von Ruhegeld und Ruhegeldanwartschaft nach Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes, DB 1975 2179; Hoffmann Pensionsrückstellungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer, der gleichzeitig Kommanditist ist, DStZ 1973 201; Hoffmann/Neumann Die Mitbestimmung bei GmbH und GmbH & Co. KG nach dem MitbestG 1976, GmbH-Rdsch. 1976 183; Kieschke Betriebliche Altersversorgung zugunsten des mitarbeitenden Ehegatten, DB 1977 837, 878; ders. Die Änderungen des EStG durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, DStZ 1975 98; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (1977); dies. Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung, StuW 1975 61; Krollmann Steuerklippen für den Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1973 155; ders. Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge bei der GmbH und bei der GmbH & Co. KG, DB 1972 692; Kuhn Die Rechtsprechung des BGH zur GmbH, WM 1976 754; Lange Der Anstellungsvertrag zwischen Kapitalgesellschaft und ihrem GesellschafterGeschäftsführer — Hinweise zur Vermeidung von verdeckten Gewinnausschüttungen, NWB Fach 4 S. 841; ders. Verdeckte Gewinnausschüttung 4. Aufl. (1973); Laskowski Betriebliche Altersversorgung und die Versorgung der Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, StB 1976 188; Lieb/Westhoff Voraussetzungen und Grenzen der Anpassung nach § 16 BetrAVG, DB 1976 1958; Lersch/Schaaf Nachträgliche Gehaltsvereinbarungen mit Gesellschafter-Geschäftsführern, GmbH-Rdsch. 1973 70; dies. Verdeckte Gewinnausschüttung einer GmbH an ihren beherrschenden Gesellte
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
schafter-Geschäftsführer, BB 1972 959; Loos Auswirkungen der Mitbestimmungsreform für die GmbH, DB 1976 823; Miller Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, BB 1977 723; Mittelbach Rückdeckungs- und Direktversicherung bei Geschäftsführerpensionen, GmbH-Rdsch. 1973 81; Naumann Zur Besteuerung der Gehaltsbezüge von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern, die gleichzeitig Kommanditisten einer GmbH & Co. sind, DB 1972 882; Neef Die Anwendung des Betriebsrentengesetzes auf Gesellschafter-Geschäftsführer, BB 1978 314; Peltzer Rechtsprobleme beim unfreiwilligen vorzeitigen Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und Geschäftsführern von Gesellschaften mbH, BB 1976 1249; Richardi Anpassung der Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung nach § 16 BetrAVG, DB 1976 1718, 1977 207; Schaub Einschränkung der Wettbewerbstätigkeit eines Ruhegeldberechtigten, BB 1972 223; Schulze zur Wiesche Die steuerliche Behandlung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1976 85; Spitaler/Niemann Die Angemessenheit der Bezüge geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH 4. Aufl. (1975); Steindorff Betriebsrenten für Arbeitnehmer und Organmitglieder auf der Grundlage der bisherigen Rechtsentwicklung, BB 1973 1129; Sudhoff Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH 9. Aufl. (1976); Tillmann Der Geschäftsführervertrag der GmbH und der GmbH & Co. 2. Aufl. (1978); Weißmann Verzicht der Gesellschafter-Geschäftsführer auf ihre Tätigkeitsvergütung (Gesellschaftssteuer), GmbH-Rdsch. 1978 156; Wiedemann/ Moll Der persönliche Geltungsbereich des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, RdA 1977 13.
A. Typendifferenzierung unter Geschäftsführern 1. Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer 72
Das GmbH-Recht kennt den Gesellschafter-Geschäftsführer und den Fremdgeschäftsführer. Es knüpft an diese Differenzierung aber grundsätzlich keine unterschiedlichen Rechtsfolgen an. 2. Abhängige Geschäftsführer und Unternehmer-Geschäftsführer
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Insbesondere im Sozialversicherungsrecht und im Rahmen des Rechts der Altersversorgung hat sich weitgehend die Unterscheidung zwischen dem von den Gesellschaftern oder jedenfalls von einem Mehrheitsgesellschafter abhängigen Geschäftsführer und demjenigen Gesellschafter-Geschäftsführer durchgesetzt, der kraft seiner Beteiligung als Gesellschafter maßgeblichen unternehmerischen Anteil an der Gesellschaft nehmen kann. In beiden Rechtsgebieten beruht diese Differenzierung im Prinzip darauf, daß eine Person, deren Berufsbild eher dem des selbständigen Unternehmers als dem des abhängigen Arbeitnehmers entspricht, nicht in gleichem Ausmaß wie der letztere für sozial schutzbedürftig gehalten wird (vgl. dazu im einzelnen die folgenden Rdn., sowie unten Rdn. 77ff., 96 und Rdn. 155ff.). Das Steuerrecht gelangt unter abweichenden Gesichtspunkten zu vergleichbaren Unterscheidungen (unten Rdn. 79).
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a) Sozialversicherungsrecht. Im Sozialversicherungsrecht wird maßgeblich darauf abgestellt, ob eine gegen Entgelt beschäftigte Person in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Kennzeichen dafür sind vor allem das Fehlen eines wesentlichen eigenen unternehmerischen Risikos und die Dienstleistung gegen laufende Bezüge.
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Generell wird die Abhängigkeit in diesem Sinne sozialversicherungsrechtlich für alle Fremdgeschäftsführer bejaht (vgl. Sudhoff, Rechte und Pflichten S. 90ff.; Tillmann (28)
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S. 102). Das ist in dieser Allgemeinheit bedenklich: Hat der Fremdgeschäftsführer kraft der Ausgestaltung der Geschäftsführungsposition in der Satzung eine dem Vorstand in der Aktiengesellschaft entsprechende — selbstverantwortlich auszuübende — Leitungsmacht und ist ein wesendicher Teil seiner Vergütung erfolgsbezogen, so geht es nicht an, ihn als abhängig zu qualifizieren. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer wird ein abhängiges Beschäftigungsver- 76 hältnis dann angenommen, wenn er gegen eine laufende Vergütung funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozeß des Betriebes teilnimmt und keinen maßgeblichen Einfluß auf die Geschicke der GmbH kraft seines Anteils am Stammkapital geltend machen kann (BSG GmbH-Rdsch. 1972 104; vgl. auch das Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 9. 2. 1968, BB 1968 208). Ein maßgeblicher — zur Verneinung eines Abhängigkeitsverhältnisses führender — Einfluß des Gesellschafter-Geschäftsführers ist jedenfalls immer dann anzunehmen, wenn dieser eine Beteiligung von 50% oder mehr innehat. Jedoch kann auch eine niedrigere Beteiligung genügen; dies insbesondere dann, wenn die Beschlußfassung in der Gesellschaft mit qualifizierter Mehrheit stattfindet und die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers ausreicht, um Beschlüsse blockieren zu können. Im übrigen ist eine klare Untergrenze für die Frage, von welchem Anteil ab ein maßgeblicher Einfluß auf die Entscheidungen der Gesellschaft anzunehmen ist, nicht festgelegt und auch nicht ohne weiteres abstrakt bestimmbar, weil der Einfluß einer Beteiligung je nach der Verteilung der Anteile am Gesellschaftsvermögen insgesamt durchaus unterschiedlich sein kann (BSG aaO). Hat ein Gesellschafter-Geschäftsführer zwar kraft seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen keinen maßgeblichen Einfluß, unterliegt er aber auch nicht einem Direktionsrecht der übrigen Gesellschafter und der Mitgeschäftsführer, hat er also eine weitreichende eigenverantwordiche Leitungsmacht, so ist er sozialversicherungsrechtlich bereits nicht mehr als arbeitnehmerähnlicher, sondern als Unternehmer-Geschäftsführer anzusehen (BSG GmbH-Rdsch. 1975 133). b) Betriebliche Altersversorgung. Im Rahmen der Altersversorgung stellt sich das 77 Problem einer Differenzierung zwischen arbeitnehmerähnlichen und Unternehmer-Geschäftsführern vor allem im Rahmen des § 17 BetrAVG. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG sind Personen, die nicht Arbeitnehmer sind, in den Geltungsbereich der §§ 1 bis 16 BetrAVG einbezogen, wenn ihnen Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlaß ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Gemeint sind hier aber nur arbeitnehmerähnliche Personen (vgl. dazu die Kommentierungen zu § 17 BetrAVG, insbesondere Höfer § 17, 37; Höhne Heubeck/Höhne/ Paulsdorff/Rau/Weinert § 17, 54f„ 88f., sowie OLG Köln DB 1978 1550 m. w. Nachw.). Aus der Begründung zu § 7 Abs. 1 Satz 2 RegE — des späteren § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG — geht hervor, daß das BetrAVG nur Anwendung finden soll auf Vereinbarungen, auf deren Ausgestaltung der Begünstigte von der Unternehmerseite her keinen maßgeblichen Einfluß nehmen konnte (BT-Drucks. 7/1281 S. 30). Damit sind jedenfalls Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH, die aufgrund ihres 78 Kapitalanteils oder ihrer Stimmrechte einen maßgeblichen Einfluß auf die GmbH ausüben können, aus dem Geltungsbereich des BetrAVG ausgeschlossen. Vom Schutzzweck des BetrAVG her kann es im übrigen nicht entscheidend darauf ankommen, ob GmbHGeschäftsführer als Gesellschafter der GmbH auf den Inhalt der Versorgungszusage maßgeblichen Einfluß nehmen können, oder aufgrund ihrer Kommanditistenstellung in der GmbH & Co. KG (LG Köln BB 1977 504) oder aber kraft einer ihnen eingeräumten weitgehend eigenverantwortlich auszuübenden Leitungsmacht (vgl. auch Merkblatt des Pensionssicherungsvereins Tz. 2.1.1. BB 1976 1563; Wiedemann/Moll RdA 1977 13, 21). (29)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Bei Geschäftsführern, die nur unter Hinzurechnung des Kapitalanteils ihrer Ehefrau oder ihrer minderjährigen Kinder maßgeblichen Einfluß ausüben können, wird man nicht schematisch davon ausgehen dürfen, daß sie aus dem Geltungsbereich des BetrAVG herausfallen; man muß vielmehr darauf abstellen, ob ihre Versorgungsvereinbarung durch eine entsprechende Einflußnahme bestimmt ist oder nicht. Überhaupt muß im Zweifel für die Anwendbarkeit des BetrAVG entscheidend sein, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer im Einzelfall tatsächlich auf die Ausgestaltung der Ruhegehaltszusage eingewirkt hat. Dafür kann insbesondere die fehlende Betriebsüblichkeit einer solchen Regelung sprechen. Insofern ist es nicht ganz undenkbar, daß ein Geschäftsführer, der in der Amtsführung so unabhängig ist, daß er im Sinne des Sozialversicherungsrechts bereits als selbständig gilt, infolge seiner Einordnung in die übliche betriebliche Altersversorgung trotzdem unter § 17 BetrAVG fällt. Für die Frage, ob eine Versorgungszusage dem BetrAVG unterliegt, sind grundsätzlich die Verhältnisse im Zusagezeitpunkt maßgebend (OLG Köln DB 1978 1550; Wiedemann-Moll RdA 1977 25). 79
c) Steuerrecht. In der Optik des Steuerrechts geht es weniger darum, arbeitnehmerähnliche Geschäftsführer einerseits und Unternehmer-Geschäftsführer andererseits zu unterscheiden; es gilt vielmehr die Grenze zu bestimmen, von der ab einem Geschäftsführer aus Gründen der Steuerersparnis Umgangsformen mit der Gesellschaft zuzutrauen sind, die zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern im allgemeinen vermieden werden, weil sie nicht im wohlverstandenen Interesse entweder des Geschäftsführers oder der Gesellschaft liegen (dazu grundsätzlich Knobbe-Keuk [1977] § 19 I 1). Von diesem Ausgangspunkt aus müßte es an sich naheliegen, nur solche Gesellschafter-Geschäftsführer als potentielle steuerliche Mißbrauchstäter einzustufen, die allein oder gemeinschaftlich bei weitgehender Interessenidentität zwischen ihren und den Gesellschaftsinteressen ein unumschränktes Bestimmungsrecht in der Gesellschaft ausüben. Grundsätzlich stellt aber die Steuerrechtsprechung nicht darauf ab, ob ein solches unumschränktes Bestimmungsrecht besteht. Sie sieht vielmehr bereits bei einem Geschäftsführer, der als Gesellschafter eine Mehrheit des Kapitals innehat — dem sogenannten beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer —, die Gefahr, daß er die GmbH als Instrument zu steuerlich für ihn günstigen Transaktionen benutzt. Dabei rechnet sie sogar — da normalerweise davon auszugehen sei, daß die Interessen der Ehefrau oder der Kinder mit denen des Gesellschafter-Geschäftsführers gleichlaufen— in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise Gesellschaftsanteile von Ehegatten und Kindern zusammen, ohne im einzelnen darauf abzustellen, ob der Geschäftsführer uneingeschränkt über die entsprechenden Stimmrechte verfügen kann oder nicht (vgl. BFH BStBl. 1969 II 42; BFH BStBl. 1975 II 366; Schulze zur Riesche GmbH-Rdsch. 1976 87; kritisch zur Zurechnung der Anteile von Familienmitgliedern Labus BB 1970 1339; der BFH läßt die Gesellschaftsanteile der Ehefrau allerdings unberücksichtigt, wenn der GesellschafterGeschäftsführer seinerseits an der Gesellschaft nicht oder nur unwesentlich beteiligt ist; BFH BStBl. 1970 II 761). Soweit der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehrheitlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt ist, stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob er als Gesellschafter einen ins Gewicht fallenden Einfluß auf die Gesellschaft ausüben kann (BFH BStBl. 1966 II 73). Zum Nachweis eines solchen Einflusses, der den Gesellschafter-Geschäftsführer einem beherrschenden gleichsetzt, bedarf es der Darlegung besonderer Umstände (BFH BStBl. 1969 II 347).
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Institutionelle Begrenzungen der Mehrheitsmacht können die Gleichsetzung der letzteren mit der Beherrschung allerdings aufheben. So verbietet sich jedenfalls in der (30)
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GmbH mit einem paritätisch besetzten Aufsichtsrat die Annahme, daß der Mehrheitsgesellschafter beherrschenden Einfluß im Sinne des Steuerrechts ausüben kann, und zwar auch dann, wenn man unter Gesichtspunkten des Gläubiger- und Minderheitenschutzes an der in § 17 Abs. 2 AktG ausgesprochenen Vermutung der Abhängigkeit des in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmens festhält. Entscheidend ist, daß der Mehrheitsgesellschafter eine solche Gesellschaft kaum mehr steuerlich im Dienste persönlicher Zwecke instrumentalisieren kann. Bei der nach § 77 BetrVG 1952 mitbestimmten GmbH kann die Frage je nach der Ausgestaltung der Befugnisse des Aufsichtsrats unterschiedlich zu beantworten sein. Ist in der Satzung das Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit für die Beschlußfassung vorgesehen, so kann der Geschäftsführer-Gesellschafter nicht schon deshalb als beherrschend angesehen werden, weil er über mehr als die Hälfte des Kapitals verfügt (vgl. BFH BStBl. 1971 II 463, wo der Geschäftsführer allerdings nur zu einem Drittel am Kapital beteiligt war; siehe auch BFH BStBl. 1959 III 374, wo auf die tatsächliche Ausübung der Anteilsrechte abgehoben wird). Insbesondere achtet die Rechtsprechung bei Geschäftsführer-Gesellschaftern, die 81 rechtlich oder faktisch eine gesicherte Mehrheit haben, darauf, daß ihre Geschäftsführervergütung angemessen ist; sie sanktioniert alle Vergütungen, die nicht auf eindeutigen Abreden beruhen, durch das sogenannte Nachzahlungsverbot (vgl. dazu im einzelnen unten Rdn. 145). Schließlich stellt die spezifische Anforderungen an die Ernstlichkeit von Ruhegehaltszusagen, um die ertrags- und damit steuermindernde Bildung von Rückstellungen für Versorgungsvereinbarungen zu verhindern, wenn die Gefahr naheliegt, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer kraft seiner beherrschenden Stellung diese Beträge ihrem ursprünglichem Zweck doch wieder entzieht (vgl. unten Rdn. 189ff.). d) Schlußfolgerungen für die Typendifferenzierung. Ergeben sich auch aufgrund 82 des unterschiedlichen Zwecks sozialversicherungsrechtlicher, versorgungsrechtlicher und steuerrechtlicher Vorschriften gewisse Nuancierungen, so lassen sich doch grundsätzlich drei Stufen des unternehmerischen Einflusses eines Geschäftsführers herausarbeiten, die für die rechtliche Qualifikation seiner Stellung auch über die genannten Rechtsgebiete hinaus bedeutsam werden können. Zu unterscheiden sind: (1) der Gesellschafter-Geschäftsführer, dessen beherrschende Position ihm bei weitgehender Interessenidentität zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse ein praktisch unumschränktes Bestimmungsrecht über die Geschicke der Gesellschaft gibt (bestimmender Gesellschafter-Geschäftsführer; Extremfall: der EinmanngesellschafterGeschäftsführer) ; (2) der Geschäftsführer, der die rechtlich oder immerhin faktisch eindeutig abgesicherte Möglichkeit hat, die Unternehmenspolitik kraft seines Einflusses auf die Gesellschaft zu bestimmen (im Hinblick auf die eingebürgerte Terminologie im Steuerrecht wird hier vom beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gesprochen); (3) der Geschäftsführer, der die Geschäftsführung weitgehend in eigener Leitungsverantworung wahrnimmt. Dieser wird typischerweise auch als Gesellschafter beteiligt sein; aber auch Fremdgeschäftsführer können eine dem Vorstand der AG vergleichbare Stellung inne haben. Insoweit kann vom unabhängigen Geschäftsführer gesprochen werden. Diesen drei Typen, die sich unter dem Begriff des Unternehmer-Geschäftsführers 83 zusammenfassen lassen, ist der abhängige Geschäftsführer entgegenzusetzen. Normalerweise ist der Fremdgeschäftsführer als abhängiger Geschäftsführer anzusehen. (31)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung B. Rechtliche Qualifikation der Geschäftsführerstellung 1. Schuldrechtliche Einordnung des Anstellungsverhältnisses
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Wird der Geschäftsführer gegen Entgelt tätig, so ist sein Anstellungsvertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 611, 675 BGB); bei Unentgeltlichkeit ist Auftrag (§§ 662ff. BGB) anzunehmen; doch ist nach § 612 BGB die Entgeltlichkeit zu vermuten. Auch bei einer Sonderleistungspflicht zur Geschäftsführung oder bei einem Sonderrecht auf Geschäftsführung wird normalerweise ein schuldrechdicher Ausführungsvertrag, sei es als Dienstvertrag, sei es als Auftrag, anzunehmen sein (vgl. § 3, 62). Auch im letzeren Fall wird es angezeigt erscheinen, statt § 671 Abs. 1 BGB die §§ 712, 626 II BGB anzuwenden. Zur Kündigung des Anstellungsvertrages vgl. § 38, 15 ff. 2. Anstellungsvertrag und Organisationsrecht der Gesellschaft
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a) Vorrang der Satzung. Der Anstellungsvertrag kann die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers, die sich im Abschlußzeitpunkt aus der Satzung ergeben, nicht ändern (Sudhoff Rechte und Pflichten S. 26; Tillmann S. 18f.). Man könnte dem entgegenhalten, daß ein Gesellschafterbeschluß, der sich in der Regelung der Anstellungsbedingungen über die Satzung hinwegsetzt, in der Regel nur anfechtbar sein wird und nach allgemeinen Regeln bei Ausbleiben der Anfechtung Wirksamkeit erlangt. Der Geschäftsführer seinerseits hat auch bei Abschluß des Anstellungsvertrages, bevor er sein Amt als Organ antritt, noch keine spezifische Pflicht, die Satzung zu bewahren. Wird dem Geschäftsführer aber eine Position eingeräumt, die mit dem Gesellschaftsvertrag nicht vereinbar ist, so bedeutet das eine in die Zukunft andauernde ständige Verletzung der Satzung, die zur vertraglichen Verpflichtung zu erheben, den Gesellschaftern nicht gestattet sein kann. Soweit nicht der Anstellungsvertrag zugleich eine nach Form und beschließender Mehrheit gültige Satzungsänderung enthält, kann er daher nicht über die Satzung verfügen, so daß ihr widersprechende Bestimmungen unwirksam bleiben. Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Anstellungsvertrag vom Aufsichtsrat abgeschlossen wird. Dessen Vertretungsmacht gegenüber Geschäftsführern ist nicht wie die der Geschäftsführer im allgemeinen unbeschränkt, sondern besteht nur im Rahmen seiner Kompetenzen.
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b) Integration des Organisationsrechts in den Anstellungsvertrag? Der Geschäftsführer verspricht im Anstellungsvertrag die Einhaltung der Organpflichten. Insofern geht er die Verpflichtung ein, die Satzung der Gesellschaft zu wahren und rechtswirksame Gesellschafterbeschlüsse auszuführen. 87 Wieweit er dagegen aufgrund des Anstellungsvertrages aus der Satzung und aus Gesellschafterbeschlüssen über die Organisation der Geschäftsführung Rechte ableiten kann, bedarf einer differenzierenden Antwort. Zunächst kommt dies nur dann in Betracht, wenn Satzungsbestimmungen und Gesellschafterbeschlüsse über seine Befugnisse Inhalt des Anstellungsvertrages geworden sind. Hier ist zu fragen, wie weit dies zulässig ist; dabei ergeben sich Unterschiede zwischen einer dem Normalstatut folgenden GmbH und einer GmbH, in der für den Abschluß des Anstellungsvertrages der Aufsichtsrat zuständig ist (vgl. unten Rdn. 89). Außerdem ist zu klären, ob Regelungen der Geschäftsführungsbefugnis im Anstellungsvertrag dem Geschäftsführer korporative Rechte innerhalb der Gesellschaft gewähren oder ob Verletzungen des Anstellungsvertrages durch spätere korporationsrechtliche Änderungen nur zu einem Rücktrittsrecht des Geschäftsführers aus wichtigem Grunde, verbunden mit dem Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge und möglicherweise mit weiteren Schadensersatzansprüchen führen (vgl. unten Rdn. 90f.). (32)
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aa) Festlegung von Geschäftsführungsbefugnissen im Anstellungsvertrag nach 88 dem Normalstatut der GmbH. Nach dem Normalstatut der GmbH können die Gesellschafter dem Geschäftsführer im Anstellungsvertrag ein Recht auf eine bestimmte Geschäftsführungsbefugnis einräumen. Dies kann auch in der Form geschehen, daß Satzungsbestimmungen oder Gesellschafterbeschlüsse über die Geschäftsführungsbefugnis zum Inhalt des Anstellungsvertrages gemacht werden. Wieweit Zusagen über die Geschäftsführungsbefugnis im Anstellungsvertrag gehen, muß im Einzelfall durch Auslegung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung festgestellt werden. Wird der Geschäftsführer als alleiniger Vertreter der GmbH angestellt, so folgt daraus z. B. nicht, daß die Gesellschafter ihn nicht zur Bestellung von Prokuristen oder Handlungsgehilfen anweisen dürften. Daraus, daß er zu jeder Handlung auch ohne Befragen der Gesellschafter befugt ist, ist nicht zu entnehmen, daß diese nicht in einzelnen besonderen Fällen ein Verbot aussprechen können. Nur darf das nicht dazu führen, daß die Zusage der Unabhängigkeit insgesamt aufgehoben oder ausgehöhlt wird. Sind dem Geschäftsführer im Anstellungsvertrag Beschränkungen in bestimmten Umfange auferlegt, so wird ihm dadurch nicht das Recht eingeräumt, weitergehenden Beschränkungen nicht unterworfen zu werden (RG Holdheim 11 119). Daß die Gesellschaft dem Geschäftsführer verspricht, sie werde ihre Satzung im Hinblick auf die darin vorgesehenen Befugnisse des Geschäftsführers nicht verändern, ist im Zweifel eher nicht anzunehmen. Es ist nicht erforderlich, im Anstellungsvertrag hervorzuheben, daß der Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafter oder eines an ihre Stelle tretenden Organs zu folgen habe. Dies ergibt sich aus dem Gesetz. Die Ausnahme bedarf der Festsetzung. bb) Keine Befugnis des Aufsichtsrats zur anstellungsvertraglichen Regelung von 89 Geschäftsführungsbefugnissen. Fraglich ist, ob auch der Aufsichtsrat in der mitbestimmten GmbH, der anstelle der Gesellschafter zum Abschluß des Anstellungsvertrages berechtigt ist (vgl. unten Rdn. 102 ff.), vertragliche Regelungen mit dem Geschäftsführer über dessen Geschäftsführungsbefugnis vereinbaren kann. Damit würde er die auch in der mitbestimmten Gesellschaft bei den Gesellschaftern liegende Zuständigkeit zur Regelung der korporationsrechtlichen Stellung des Geschäftsführers präjudizieren; Geschäftsordnung und Verteilung der Geschäftsführungsbereiche einschließlich der Bestimmung einer internen Hierarchie unter Geschäftsführern sowie die Bestimmung des Grades der Weisungsabhängigkeit der Geschäftsführer liegen im Rahmen des gesetzlichen Regelungsspielraums (dazu § 37, 7ff.; § 44, 1) hier nach wie vor — abgesehen von der gesetzlichen Mindestzuständigkeit des Arbeitsdirektors (vgl. § 37, 13ff.) — in der freien Entscheidung der Gesellschafter (vgl. auch § 52, 9; Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 30, 28; Hoffmann-Neumann GmbH-Rdsch. 1976 186f.; Meilicke-Meilicke MitbestG § 33, 13; v. Mettenheim DB 1977 450; Meyer-Landrut DB 1976 388; Overlack ZHR 141 1977 140f.; Th. Raiser MitbestG § 30, 12; § 33, 15; letztlich auch Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 25, 47 und § 31, 5, die aber in § 31, 28 und § 30, 41 trotzdem dem Aufsichtsrat die Möglichkeit zugestehen wollen, den Anstellungsvertrag zur Einschränkung des organschaftlichen Regelungsspielraums der Gesellschafter einzusetzen; grundsätzlich abweichend, aber mit dem Gesichtspunkt der Rechtsformbezogenheit der Mitbestimmung unvereinbar, Naendrup AuR 1977 232f.; Reich-Lewerenz AuR 1976 262). Selbst wenn man annimmt, daß schuldvertragliche Festlegungen der Gesellschaft hinsichüich der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers die Wirksamkeit entgegenstehender korporativer Organisationsmaßnahmen nicht hindern (dazu unten Rdn. 91 f.), so würden sie doch im Hinblick auf die finanziellen Folgen der Verletzung des Anstellungsvertrages durch abweichende korporationsrechtliche Gestaltungen der Geschäftsführungsbefugnis den Regelungsspielraum der Gesellschafter entscheidend verengen. Daher ist anzunehmen, daß der Aufsichtsrat die Geschäftsführungsbefugnis des von ihm zu bestellenden und an(33)
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zustellenden Geschäftsführers nicht verbindlich mit diesem vereinbaren kann. Diese richtet sich allein nach Satzung und satzungsmäßigen Gesellschafterbeschlüssen. Zur Differenzierung zwischen „ordentlichen" und stellvertretenden Geschäftsführern vgl. in diesem Zusammenhang § 44, 1. 90 Jedoch kann die Satzung dem Aufsichtsrat das Recht zur Festlegung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung insgesamt oder auch zur Regelung von Geschäftsführungsbefugnissen eines Geschäftsführers im einzelnen übertragen. Soweit die Satzung dies nicht ausschließt, muß es auch den Gesellschaftern selbst möglich sein, dem Aufsichtsrat eine entsprechende Zuständigkeit durch Beschluß einzuräumen. Dies gilt auch für den kraft zwingenden Rechts einzurichtenden Aufsichtsrat mit obligatorischen Befugnissen; denn das Prinzip der Delegierbarkeit der Gesellschafterbefugnisse auf andere Organe ist insoweit als eine „gesetzliche Vorschrift" im Sinne des § 25 Abs. 2 MitbestG anzusehen, die durch die zwingende Regelung der Kompetenzen des Aufsichtsrats nach § 25 Abs. 1 MitbestG unberührt geblieben ist. Damit ergibt sich auch in der mitbestimmten GmbH die Möglichkeit, die Geschäftsführungsbefugnis des vom Aufsichtsrat anzustellenden Geschäftsführers vertraglich zu regeln. Nur muß sich der Aufsichtsrat, soweit er nicht bereits eine Zuständigkeit kraft Satzung hat, mit den Gesellschaftern ins Benehmen setzen, damit diese ihm eine entsprechende Ermächtigung erteilen. Nach den Grundsätzen des Vertretungsrechts wird auch eine nachträgliche Genehmigung einer entsprechenden Vereinbarung im Anstellungsvertrag in Betracht kommen. 91
cc) Verhältnis korporationsrechtlicher Änderungen zu anstellungsvertraglichen Vereinbarungen. Enthält der Anstellungsvertrag Verpflichtungen der Gesellschaft hinsichtlich der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers, so fragt sich, ob eine Änderung ihres Korporationsrechts entgegen diesen Verpflichtungen dem Geschäftsführer gegenüber wirkungslos bleibt oder ob sie korporationsrechtlich auch gegen den Geschäftsführer wirkt; dann würde für diesen nur der Rücktritt aus wichtigem Grund unter Aufrechterhaltung seines Vergütungsanspruchs — gegebenenfalls verbunden mit finanziellen Schadensersatzansprüchen — in Betracht kommen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß es der Gesellschaft durch schuldvertragliche Bindungen nicht überhaupt verwehrt sein darf, korporationsrechtliche Änderungen wirksam durchzuführen. Die Durchsetzung dieses Prinzips brauchte allerdings in der dem Normalstatut folgenden GmbH nicht unbedingt die Wirksamkeit auch der vertragswidrigen korporationsrechtlichen Organisationsmaßnahmen vorauszusetzen; denn hier könnten die Gesellschafter eine korporative Änderung gegenüber dem Geschäftsführer jedenfalls dadurch durchsetzen, daß sie ihn, was ihnen nach § 38 Abs. 1 freisteht, als Organ abberufen. Doch kann diese Möglichkeit nach § 38 Abs. 2 eingeschränkt sein, und in der den Mitbestimmungsgesetzen unterworfenen G m b H ist sie von vornherein nicht gegeben. Daher enthält § 38 Abs. 1 keine ausreichende Gewährleistung der korporationsrechtlichen Unabhängigkeit der Gesellschaft von schuldvertraglichen Bindungen. Es muß auch ausgeschlossen sein, daß die korporationsrechtliche Gestaltung der Gesellschaft im Hinblick auf verschiedene Geschäftsführer oder Vertragspartner der Gesellschaft unterschiedlich zu beurteilen ist. Eine Relativierung des Korporationsrechts durch den Anstellungsvertrag kann daher nicht in Betracht kommen; es setzt sich als solches diesem gegenüber durch — vorbehaltlich der genannten Reaktionsmöglichkeiten des Geschäftsführers, die sich daraus ergeben, daß die Gesellschaft dadurch anstellungsvertragliche Pflichten verletzt. 92 Bezweifelt werden könnte, ob diese Lösung auch auf Fälle zutrifft, in denen eine organisationsrechtliche Maßnahme der Gesellschafter nicht nur den Anstellungsvertrag, sondern zugleich die Satzung verletzt, aber jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zueinander wirksam wird, weil der entsprechende Gesellschafterbeschluß nicht nichtig, sondern nur anfechtbar ist und die Gesellschafter von ihrem Anfechtungsrecht (34)
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keinen Gebrauch machen. Auch hier sollte es aber bei der Regel verbleiben, daß der Geschäftsführer korporationsrechtlich an wirksame Beschlüsse gebunden ist. Auch kann ihm wohl kaum gegenüber einem Gesellschafterbeschluß, der zugleich die Satzung und seinen Anstellungsvertrag verletzt, entsprechend § 245 Nr. 4 AktG ein eigenes Recht zur Anfechtung des Beschlusses eingeräumt werden (vgl. dazu die Erl. im Anh. zu § 47). Die hier vertretene Auffassung entspricht einem korporationsrechtlichen Abstraktionsprinzip, das bisher in der Literatur nicht scharf herausgearbeitet worden ist. Doch dürfte anzunehmen sein, daß auch die h. L., die sich üblicherweise nur auf das Verhältnis von Satzung und Anstellungsvertrag bezieht und hier der Satzung den Vorrang zuspricht, implizit einem solchen Prinzip folgt; vgl. Schilling Voraufl. § 37, 3 a, der allerdings an der gleichen Stelle im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung einen der Satzung widersprechenden Gesellschafterbeschluß über die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer diesen gegenüber für unwirksam hält; grundsätzlich gegen die These vom Vorrang der Satzung bei nachträglichen Satzungsänderungen Scholz § 37, 4, der davon ausgeht, daß es für die Gesellschaft kein Recht geben könne, sich dadurch von einer Verbindlichkeit zu befreien. Das mag vertragsrechtlich richtig sein, kann aber nicht für die Veränderung der Organbefugnisse selbst gelten. 3. Treu- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft Im Hinblick darauf, daß der Geschäftsführer für einen längeren Zeitraum seine 93 Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft stellt und dieser gegenüber eine weitreichende Verantwortung übernimmt, besteht ihm gegenüber eine Treu- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft. Die Konkretisierung dieser Pflicht hängt wesendich davon ab, in welchem Maße der Geschäftsführer von der Gesellschaft abhängig ist und wieweit er seinerseits als Gesellschafter maßgeblichen Einfluß auf die Führung der Gesellschaft hat. Insofern können sich auf die inhaldiche Bestimmung der dienstvertraglichen Treu- und Fürsorgepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer die Kriterien auswirken, die in einer Reihe von Rechtsgebieten, insbesondere im Recht der Sozialversicherung, der Altersversorgung und im Steuerrecht zu rechtlichen Differenzierungen in der Behandlung von Geschäftsführern geführt haben (vgl. oben Rdn. 73 ff.). Bei abhängigen Geschäftsführern wird es z. B. anders als bei Unternehmer-Geschäftsführern naheliegen, die Rechtsprechung des BAG zum Gleichbehandlungsgrundsatz bei Versorgungszusagen (vgl. etwa BAG BB 1974 1165; BAG BB 1978 558) entsprechend anzuwenden. 4. Der Geschäftsführer als „konkreter Prinzipal" Grundsätzlich ist der Geschäftsführer nicht Arbeitnehmer, er übt vielmehr als Organ 94 der Gesellschaft deren Arbeitgeberfunktion aus (BGHZ 10 187; 12 1, 8; 36 142; 49 30; OLG Frankfurt DB 1973 139; Peltzer BB 1076 1252; vgl. zur entsprechenden Rechtslage für Vorstandsmitglieder der AG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 35; Mertens Kölner KommAktG § 84, 27). Aus dem Geltungsbereich der meisten arbeitsrechtlichen Gesetze sind Geschäftsführer ausdrücklich ausgeschlossen; vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AZO, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, § 1 Abs. 3a 3. VermBG (zur entsprechenden Rechtslage nach dem 2. VermBG vgl. BFH GmbH-Rdsch. 1970 98). Geschäftsführer fallen ohne besondere Vereinbarung auch nicht unter das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (BGH GRUR 1965 302; Sudhoff, Rechte und Pflichten, S. 9). Jedoch ist auf ihre Erfindungen die Verordnung über die steuerliche Behandlung der Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen vom 6. 6. 1951 (BGBl. I 388) anwendbar (Reimers-Schade-Schippel Das Recht der Arbeit(35)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
nehmererfindungen 1975 Anh. Nr. 5 a zu § 12 ANErfG; Sudhoff aaO). Zur Frage der Geltung des Angestelltenkündigungsschutzgesetzes vgl. § 38, 15. 95
Dem Geschäftsführer kommt als solchem keine Kaufmannseigenschaft zu. Doch kann jeder Geschäftsführer — gleich ob Gesellschafter oder nicht und unabhängig vom Grad der Selbständigkeit seiner Position — nach § 109 GVG Handelsrichter sein. Er kann zum Arbeitsrichter aus dem Kreise der Arbeitgeber (§ 22 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 2, § 43 Abs. 3 ArbGG) und zum Sozialrichter auf Arbeitgeberseite (§ 16 Abs. 4 Nr. 2, § 47 Abs. 2 SGG) bestellt werden. 5. Der Geschäftsführer in der Sozialversicherung
Alle Fremdgeschäftsführer und alle arbeitnehmerähnlichen Gesellschafter-Geschäftsführer sind im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenzen renten-, kranken-, unfall- und arbeitslosenversicherungspflichtig (zu letzteren vgl. Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung GmbH-Rdsch. 1969 258; Tillmann 104f.). Sie haben gegenüber der Gesellschaft Anspruch auf einen Zuschuß zur Krankenversicherung gemäß § 405 Abs. 1 RVO. Der Zuschuß ist nach § 3 Nr. 62 1. Halbs. EStG steuerfrei. 97 Die Auffassung des Hess. LSG GmbH-Rdsch. 1972 83 m. zust. Anm. Figge, wonach auch der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer unter die gesetzliche Unfallversicherung fällt, ist von BSG GmbH-Rdsch. 1973 80; BSG GmbH-Rdsch. 1977 131 mit Recht zurückgewiesen worden. Auch der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer kann auf Antrag die Pflichtversicherungsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben (dazu Figge, GmbH-Rdsch. 1974 73; Heubeck/Heitmann S. 17ff.; Tillmann S. 102f.; ebenso die freiwillige Versicherung in der Angestelltenversicherung oder in der Rentenversicherung der Arbeiter (Heubeck/Heitmann S. 19; Tillmann S. 103). Auch der freiwillige Beitritt zur Krankenversicherung muß ihm offenstehen (vgl. § 176 Abs. 1 Nr. 3 RVO); a. A. Tillmann S. 103 unter Hinweis darauf, daß die freien Berufe nicht unter diese Vorschrift fallen. Doch können Geschäftsführer als Betriebsunternehmer im Sinne des § 176 Abs. 1 Nr. 3 RVO angesehen werden.
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Auch der bestimmende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (vgl. dazu oben Rdn. 82) darf nicht als Unternehmer im Sinne von § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO angesehen werden. Er haftet nicht etwa neben der GmbH für die Beiträge zur Unfallversicherung; auch eine Durchgriffshaftung kommt insoweit nicht in Betracht (BSG BB 1978 662).
C. Abschluß des Anstellungsvertrages 1. In der nichtmitbestimmten GmbH 99
Die Bestellung der Geschäftsführer (vgl. oben Rdn. 41 ff. und § 46, 14) ist nach § 46 Abs. 2 Sache der Gesellschafter, soweit nicht die Satzung etwas anderes vorsieht (§ 45 Abs. 2) oder unmittelbar Geschäftsführer beruft (§16 Abs. 2 Satz 2; dazu oben Rdn. 42). Die Bestellungskompetenz der Gesellschafter umfaßt vorbehaltlich abweichender Regelung in der Satzung auch den Abschluß des Anstellungsvertrages. Doch kann das zur Bestellung befugte Organ ein anderes oder einen für die Gesellschaft handelnden Vertreter zur Vereinbarung der Anstellungsbedingungen mit dem Geschäftsführer ermächtigen. Die Satzung oder das Bestellungsorgan können auch vorsehen, daß ein im eigenen Namen handelnder Dritter, etwa eine Obergesellschaft, den Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer als Vertrag zugunsten der GmbH schließt. (36)
Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
§ 35
2. In der nach § 77 BetrVG 1952 mitbestimmten GmbH Für Gesellschaften, die der Eindrittelmitbestimmung nach § 77 BetrVG 1952 unter- 100 liegen, gilt nichts Besonderes. Auffassungen, die anfänglich für eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats zum Abschluß des Anstellungsvertrages eingetreten sind (Ballerstedt GmbH-Rdsch. 1952 179; Bergmann NJW 1953, 83), können als überholt gelten. Mit Recht hat die herrschende Auffassung im Hinblick auf den engen Sachzusammenhang von Bestellung und Anstellung insoweit an der Ansteüungskompetenz der Gesellschafterversammlung festgehalten (vgl. Schmidt in Voraufl. § 52 Anh. I, 38). 3. In der montanmitbestimmten GmbH Im Geltungsbereich der Montanmitbestimmungsgesetze ist auch für die GmbH § 84 101 AktG maßgeblich (§ 12 MontanmitbestG, § 13 MontanmitbestErgG; vgl. oben Rdn. 43). Die Literatur zu den Montanmitbestimmungsgesetzen hat daraus mit Recht die Folgerung gezogen, daß dadurch § 46 Ziff. 5 GmbHG außer Kraft gesetzt worden sei und der Aufsichtsrat die alleinige Zuständigkeit zum Abschluß des Anstellungsvertrages erhalten habe (Overlack ZHR 141 1977 133 m. w. Nach.). 4. In der dem Mitbestimmungsgesetz unterfallenden GmbH Nach § 31 MitbestG gilt § 84 AktG auch für die Bestellung der Geschäftsführer in 102 einer diesem Gesetz unterliegenden GmbH (vgl. oben Rdn. 46ff.). Aus dem Zweck der Vorschrift, der engen Beziehung von Bestellung und Anstellung aufeinander sowie aus der zwingenden Geltung des § 112 AktG für die Vertretung der nach diesem Gesetz mitbestimmten GmbH folgt, daß der Aufsichtsrat unter Verdrängung von § 46 Ziff. 5 GmbH für den Abschluß des Anstellungsvertrages ausschließlich zuständig ist (FittingWlotzke-Wißmann MitbestG § 31, 24; Hoffmann/Lehmann!Weinmann MitbestG § 31, 30ff.; Th. Raiser MitbestG § 31, 23; Overlack aaO 133f.; Zöllner ZGR 1977 321f.; abweichend Meilicke-Meilicke MitbestG §§ 30, 31, 11). Die Satzung kann nichts Abweichendes vorsehen (a. A. Hoffmann-Neumann GmbH-Rdsch. 1976 185), insbesondere kann sie die Wirksamkeit des Vertrages nicht von der Zustimmung der Gesellschafter abhängig machen. Sie kann auch nicht wirksam bestimmen, daß die Geschäftsführer von einem Dritten, also etwa der Obergesellschaft, angestellt werden. Der Aufsichtsrat selbst kann die Vereinbarung der Anstellungsbedingungen aber im gleichen Umfange delegieren wie bei einer nicht mitbestimmten GmbH die Gesellschafterversammlung (vgl. oben Rdn. 99). Allgemeine Richtlinien über die Höhe der Vergütung, über Gewinnbeteiligung und 103 Pensionsberechtigung und ähnliche Fragen der Gestaltung des Dienstverhältnisses darf die Satzung aufstellen. Soweit solche Richtlinien über eine Charakterisierung der Stelle und eine Rahmensetzung der damit für die Gesellschaft verbundenen finanziellen Lasten nicht hinausgehen, im übrigen „mitbestimmungsneutral" bleiben und den Auswahlspielraum des Aufsichtsrats nicht in einer Weise verkürzen, daß sein Recht zur Bestellung und zur Anstellung von Geschäftsführern ausgehöhlt wird, müssen sie als zulässig angesehen werden, weil sie im Bereich der Individualisierungs- und Organisationsfunktion der Satzung liegen (dazu Mertens ZGR 1977 286) und davon ausgegangen werden muß, daß das Mitbestimmungsrecht diese Funktionen der Satzung grundsätzlich unangetastet läßt. So im Ergebnis auch Overlack aaO 134f.; Th. Raiser § 31, 23. Vgl. aber zu persönlichen Qualifikationsvoraussetzungen in der Satzung oben Rdn. 36ff., zur Unzulässigkeit der Festlegung der Amtsdauer oben Rdn. 59. Der Aufsichtsrat kann die Gesellschaft im Anstellungsvertrag nicht dahingehend ver- 104 pflichten, daß die Gesellschafter von einer ihnen nach § 37 Abs. 2 möglichen Regelung (37)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
der Geschäftsführungsbefugnis und der Geschäftsverteilung keinen Gebrauch machen (vgl. oben Rdn. 89). 105 Auf den Abschluß des Anstellungsvertrages durch den Aufsichtsrat findet das qualifizierte Bestellungsverfahren nach § 31 Abs. 2 bis 4 MitbestG keine Anwendung {Th. Raiser MitbestG § 31, 24). 106 Abschluß und Änderung des Anstellungsvertrages können auch einem Aufsichtsratsausschuß überlassen werden (vgl. Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 31, 25; Hoffmann/Lehmann/Weinmann aaO § 31, 32; Th. Raiser MitbestG § 31, 24). Insofern gilt nichts anderes als bei der Anstellung eines Vorstandsmitglieds in der A G (dazu B G H Z 41 285; 65 193 = A G 1976 43 m. Anm. Werner; Mertens Kölner KommAktG § 84, 30; § 107, 131•, Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 39).
D . Form des Anstellungsvertrages 107
Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers bedarf keiner Form; allerdings ist — schon aus steuerlichen Gründen (vgl. unten Rdn. 145ff.) - schriftliche Fixierung besonders im Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers ratsam (Sudhoff, Rechte und Pflichten S. 9; Tillmann S. 18, 40f.). Ein konkludenter Abschluß des Anstellungsvertrages ist anzunehmen, wenn der Geschäftsführer im Rahmen der bei oder vor der Bestellung festgelegten Bedingungen vorbehaltlos tätig wird (Baumbach-Hueck Anh. § 35, 1).
E. Mangelhafter Anstellungsvertrag 108
Mängel des Anstellungsvertrages können sich vor allem daraus ergeben, daß er gesetzlichen Vorschriften widerspricht, daß die Gesellschaft nicht dem Gesetz entsprechend vertreten war oder daß der Geschäftsführer gesetzlich an der Übernahme des Amtes gehindert war (§ 306 BGB). Das Fehlen satzungsmäßiger Eignungsvoraussetzungen beim Geschäftsführer führt dagegen allenfalls zur Möglichkeit der Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grunde nach § 626 BGB (zur Bestellung vgl. oben Rdn. 28, 39, 61). 109 Soweit ein Geschäftsführer sein organschaftliches Amt ausübt, erfordert es sein faktisches Anstellungsverhältnis, ihn auch bei nichtigem Anstellungsvertrag angemessen dafür zu entschädigen, daß er die Organpflichten wahrnimmt; zumal er für deren Erfüllung auch als faktischer Geschäftsführer haftet (vgl. zur Stellung des faktischen Geschäftsführers oben Rdn. 61; zu seiner Haftung § 43, 15ff.). Für die Angemessenheit bilden dabei analog der von der Rechtsprechung zum faktischen Arbeitsverhältnis erarbeiteten Grundsätze die tatsächlich vereinbarten Anstellungsbedingungen die maßgebliche Richtlinie (vgl. B G H Z 41 281, 287 = L M Nr. 16 zu § 75 AktG 1937 mit Anm. Fischer-, B G H Z 47 341, 343; B G H A G 1976 43; sowie jeweils m. w. Nachw. Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 134; Mertens Kölner KommAktG § 84, 23, 54). Die faktische Maßgeblichkeit des Anstellungsvertrages ändert aber nichts an der Fehlerhaftigkeit des Anstellungsverhältnisses. Ist zu einem bestimmten Zeitpunkt allerdings der Nichtigkeitsgrund entfallen und wird das Anstellungsverhältnis fortgesetzt, so kann davon auszugehen sein, daß nunmehr ein wirksamer konkludenter Anstellungsvertrag zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer besteht. Bei fehlerhaftem Anstellungsverhältnis kann die Gesellschaft jederzeit von der weiteren Beschäftigung des faktischen Geschäftsführers Abstand nehmen; er kann jederzeit seine Dienste aufsagen. 110 Je nach Lage des Sachverhalts kann allerdings der Rechtsgedanke des § 671 Abs. 2 B G B oder der Gesichtspunkt der beiderseitigen Treubindung zu einer Pflicht der Parteien führen, an einer angemessenen Ubergangslösung mitzuwirken. Befindet sich der faktische (38)
Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
§ 35
Geschäftsführer schon im Ruhestand, ehe die Fehlerhaftigkeit des Anstellungsvertrages bemerkt wird, so stehen ihm auch außerhalb des Anwendungsbereiches des BetrAVG (vgl. dazu unten Rdn. 154) die Ruhegehaltsbezüge weiterhin zu; er hat sie sich verdient (Hefermehl aaO 135). Auch das Prinzip des § 2 BetrAVG (vgl. unten Rdn. 155) wird durchgehend anzuwenden sein. Soweit die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer Sache des Aufsichtsrats 111 ist, hat dieser auch die ausschließliche Vertretungszuständigkeit gegenüber einem tatsächlichen Geschäftsführer ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84 136; Mertens Kölner KommAktG § 84, 77), und zwar entgegen BGHZ 47 341, 344 auch insoweit, als es gegenüber einem aus dem Amt entfernten Geschäftsführer um die endgültige Auflösung und Abwicklung des Anstellungsverhältnisses geht ( H e f e r m e h l aaO 82).
F. Rechte des Geschäftsführers aus dem Anstellungsvertrag 1. Vergütung Der Geschäftsführer hat Anspruch auf die vereinbarte oder die angemessene Ver- 112 gütung, soweit nicht eindeutig die Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit vereinbart ist. a) Maßgeblichkeit vertraglicher Vereinbarungen. Für die Regelung der Vergütung 113 besteht sowohl der Art als auch der Höhe nach Vertragsfreiheit. Außer dem Anspruch auf Gehalt können dem Geschäftsführer nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen Ansprüche auf Gewinnbeteiligung, Aufwandsentschädigungen, Provisionen, Versicherungsentgelte, private Nutzung eines Kfz usw. zustehen. Für den Arbeitsdirektor ist das Diskriminierungsverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 MitbestG zu beachten, das jedoch sachlich gerechtfertige Differenzierungen in den Bezügen nicht ausschließt (vgl. Hoffmann/Lehmann/Weinmann'MitbestG § 33, 30 m. w. Nachw.). b) Keine allgemeine Angemessenheitsregel. § 87 AktG ist nicht entsprechend im 114 GmbH-Recht anwendbar; weder sah der RegE 1971 die Übernahme dieser Regelung in das GmbH-Recht vor noch ist die in § 87 AktG statuierte Pflicht des Aufsichtsrats, dafür zu sorgen, daß die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen, durch § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG für die mitbestimmte GmbH in Bezug genommen worden. Allerdings gehört es zu den allgemeinen Pflichten des Aufsichtsrats, mit den Geschäftsführern eine Vergütung zu vereinbaren, die im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Die ungerechtfertigte Zahlung nicht marktgerechter Vergütungen kann ihn selbst schadensersatzpflichtig werden lassen. c) Angemessene Vergütung des gerichtlich bestellten Geschäftsführers. Auch der 115 gerichtlich bestellte Geschäftsführer hat gemäß § 612 BGB Anspruch auf angemessene Vergütung. Nach § 85 Abs. 3 AktG kann das Gericht die Auslagen und die Vergütung eines gerichdich bestellten Vorstandsmitglieds festlegen, wenn zwischen Gesellschaft und Vorstandsmitglied darüber eine Einigung nicht erzielt werden kann. Die Entscheidung des Gerichts kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt. § 68 Abs. 3 RegE 1971 sah für den gerichtlich bestellten Geschäftsführer einer GmbH die Übernahme der aktienrechtlichen Lösung vor. Nach Auffassung des BayObLG WM 1976 1226 kann diese Lösung für die GmbH aber nicht schon als geltendes Recht betrachtet werden. Doch sind durchschlagende Gründe, die gegen eine naheliegende analoge Anwendung von § 85 Abs. 3 AktG sprechen würden, nicht ersichdich. (39)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
d) Verjährung. Der Vergütungsanspruch verjährt gemäß § 197 B G B in vier Jahren (BGH WM 1964 675; für Vorstandsmitglieder vgl. BGHZ 36 142; BGH WM 1967 742, 744). Die zweijährige Verjährung nach § 196 Nr. 8 B G B könnte allenfalls bei arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern in Betracht kommen, doch setzt diese Vorschrift eine Gehorsamspflicht des abhängigen Bediensteten voraus, wie sie auch für den abhängigen Geschäftsführer als Organ in dieser Form nicht besteht.
e) Anpassung bei wesentlicher Verschlechterung der Lage der Gesellschaft. Für den Fall, daß nach Festsetzung der Vergütung eine so wesentliche Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft eintritt, daß die Weitergewährung der vereinbarten Bezüge eine schwere Unbilligkeit für die Gesellschaft sein würde, enthält § 87 Abs. 2 AktG ein Recht der Gesellschaft zu einer angemessenen Herabsetzung, dem ein besonderes Kündigungsrecht des Vorstandsmitglieds gegenübersteht. Zwar ist diese Klausel als solche nicht auf die GmbH übertragbar. Jedoch handelt es sich hier nur um eine besondere Ausformung der Anpassung eines Dauerschuldverhältnisses bei Änderung der Geschäftsgrundlage. Eine im Ergebnis § 87 Abs. 2 AktG entsprechende Anpassung der Vergütung kommt daher nach § 242 B G B auch bei der GmbH in Betracht. 118 f) Anpassung im Hinblick auf einen angemessenen Ausgleich zwischen Mitgesellschaftern und unter Gesichtspunkten der Treupflicht. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich eine Anpassungklausel enthält, kann sich bei seiner Auslegung unter Anwendung von § 157 B G B konkludent das Recht eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf Zustimmung der anderen zu einer Erhöhung seiner Vergütung ergeben, nämlich dann, wenn sich nur so ein im Gesellschaftsvertrag vorgesehener angemessener Ausgleich zwischen den Mitgesellschaftern herstellen läßt (vgl. B G H GmbH-Rdsch. 1978 12f.). Dieses Urteil befaßt sich mit der Vergütung eines Gesellschafters, der die Rolle des Komplementärs in einer Kommanditgesellschaft übernimmt; für die GmbH kann es insofern nur bedingt herangezogen werden, als es maßgeblich auf die vom Komplementär übernommene Haftung abstellt. In seiner grundsätzlichen Aussage ist es aber auch für die GmbH von Bedeutung. Ist die Anpassung einer Tätigkeitsvergütung an veränderte Verhältnisse für eine verständige Weiterführung des Gesellschaftszwecks dringend geboten, so können die Gesellschafter unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Treupflicht zumindest in der personalistisch ausgestalteten GmbH gehalten sein, der Erhöhung der Tätigkeitsvergütung zuzustimmen (vgl. B G H aaO unter Hinweis auf B G H Z 44 40, 41 f.; B G H WM 1967 1099; BGH WM 1974 375). 117
119
g) Wertsicherung. Vergütungsregelungen können mit Anpassungsklauseln versehen werden, die eine weitgehende Wertsicherung gewährleisten. Im Gegensatz zu Spannungsklauseln, in denen die Geschäftsführervergütung zu einem bestimmten vergleichbaren Gehalt in Bezug gesetzt wird, bedürfen Wertabsicherungen durch Bezugnahme auf den Lebenshaltungsindex grundsätzlich der Genehmigung der Bundesbank. Ist ein Gehalt oder Ruhegehalt für die Lebenszeit des Berechtigten oder für die Dauer von mindestens zehn Jahren zu entrichten, so wird diese Genehmigung gemäß den Grundsätzen der Bundesbank bei der Entscheidung über Genehmigungsanträge nach $ 3 des Währungsgesetzes vom 26. 8. 1964 in der Fassung vom 9. 6. 1978 (BAnz. Nr. 109 vom 15. 6. 1978) grundsätzlich erteilt. Die Praxis verwendet jedoch ganz überwiegend Spannungsklauseln (vgl. dazu im einzelnen unten Rdn. 168ff.).
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h) Verhinderung, Unmöglichkeit. Im Falle unverschuldeter Verhinderung des Geschäftsführers zur Leistung seiner Dienste, insbesondere also der Erkrankung, gelten die §§ 616, 626, 323 BGB. Für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit der Dienstverhinderung kann der Geschäftsführer Weiterzahlung der Bezüge verlangen. Die Frage, welcher Zeitraum verhältnismäßig nicht erheblich ist, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Einen gewissen Anhaltspunkt bietet (40)
Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
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die Sechs-Wochen-Frist des § 616 Abs. 2 Satz 2 BGB; jedoch wird man bei einem langjährig tätigen Geschäftsführer auch eine sechs Wochen überschreitende Verhinderung noch nicht als erheblich anzusehen haben. Für den Zeitraum, der als unerheblich anzusehen ist, kann der Geschäftsführer Weiterzahlung seiner Bezüge auch dann verlangen, wenn von vornherein feststeht, daß seine Verhinderung darüber hinaus anhalten wird. Bei einem auf Lebenszeit angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer kann nach BGH 121 GmbH-Rdsch. 1953 173 bei dauernder Erkrankung die Fortzahlung einer verkürzten Vergütung über den in § 616 Abs. 1 BGB vorgesehenen Zeitraum hinaus erforderlich sein. Für die Aktiengesellschaft hat BGHZ 10 187, 192 bei langjähriger Tätigkeit des Vorstandsmitglieds aufgrund des Rechtsgedankens der Betriebsgemeinschaft und der Fürsorgepflicht unter Billigkeitsgesichtspunkten einen zumindest teilweisen Fortbestand des Vergütungsanspruchs auch im Falle dauernder Verhinderung des Vorstandsmitglieds angenommen (kritisch Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 50; A. Hueck RdA 1953 478f.; Mertens Kölner KommAktG § 84, 32). Grundsätzlich verdienen Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer unter Fürsorge- und Billigkeitsgesichtspunkten keinen stärkeren Schutz als Arbeitnehmer. Ein teilweiser Fortbestand des Gehaltsanspruchs mag in Ausnahmefällen aus dem Gesellschafts- oder dem Geschäftsführungsvertrag abzuleiten sein; auf den Treue- und Fürsorgegedanken allein läßt sich eine solche Rechtsprechung nicht gründen. Befindet sich die Gesellschaft in Annahmeverzug ( § 6 1 5 BGB) oder hat sie die 122 Unmöglichkeit der Dienstleistung zu vertreten, so ist sie zur Fortzahlung des Gehalts verpflichtet; der Geschäftsführer hat sich nach Maßgabe von §§615 Satz 2, 324 Abs. 1 Satz 2 BGB Ersparnisse und anderweitige Bezüge anrechnen zu lassen. Die Weiterzahlungspflicht der Gesellschaft kann sich unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der Betriebsrisikolehre auch dann ergeben, wenn der Geschäftsführer zur Leistung seiner Dienste bereit ist, die Gesellschaft sich aber ohne ihr Verschulden gehindert sieht, die angebotenen Dienste zu verwenden. Ist die Gesellschaft fortzahlungspflichtig, so kommt eine Kürzung des Gehalts nach § 242 BGB grundsätzlich nicht in Betracht (BGHZ 24 91, 96; BGH WM 1968 611, 613). Bei unberechtigter Kündigung durch die Gesellschaft genügt ein deutlicher Widerspruch des Geschäftsführers gegen die Kündigung, um die Gesellschaft mit der Annahme der Dienste in Verzug zu setzen. Das gleiche gilt im Falle einer Beurlaubung des Geschäftsführers durch die Gesellschaft (BGH WM 1968 611 f.). Ein ausdrückliches Angebot der Dienste nach §§ 294, 295 BGB ist hier nicht erforderlich {Fleck WM 1968, Sonderbeilage Nr. 3, 8). Haftet für die Verhinderung des Geschäftsführers ein Dritter, so kann die GmbH 123 vom Schädiger Ersatz des an den Geschäftsführer gezahlten Bruttoentgelts verlangen. Dies gilt — im Rahmen einer angemessenen Vergütung — auch für den EinmannGesellschafter-Geschäftsführer (BGH GmbH-Rdsch. 1971 137; Ganßmüller GmbHRdsch. 1971 149). Für die Fortzahlung einer Gewinnbeteiligung kommt die Haftung des Schädigers bei Gesellschafter-Geschäftsführern grundsätzlich nur insoweit in Betracht, als diese ein Tätigkeitsentgelt und nicht etwa eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt (BGH BB 1977 1272; Ganßmüller GmbH-Rdsch. 1977 265; ders. VersR 1978 805; Kuckuk BB 1978 283). Bei Fremdgeschäftsführern wird dagegen eine Tantieme durchweg als Tätigkeitsvergütung anzusehen sein (Ganßmüller VersR aaO 807; Kuckuk aaO 284). i) Die Vergütung in Zwangsvollstreckung und Konkurs. Die laufenden Dienst- 124 und Versorgungsbezüge von Fremdgeschäftsführern und arbeitnehmerähnlichen Gesellschafter-Geschäftsführern (vgl. dazu oben Rdn. 73, 82) unterliegen den Pfändungsschutzbestimmungen der §§ 850ff. ZPO (BGH AG 1978 162, 165f. im Hinblick auf die Dienstbezüge der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft). Die gegenteilige Auffassung von BGHZ 41 282, 288 ist damit überholt. Der BGH läßt allerdings in der neueren Ent(41)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§ 35
Scheidung noch offen, ob auch solche Organmitglieder den Pfändungsschutz in Anspruch nehmen können, die an der Gesellschaft maßgeblich beteiligt sind. Nach § 850 ZPO kommt es jedenfalls für die Dienstbezüge eines aktiven Geschäftsführers entscheidend darauf an, ob er fortlaufend Vergütungen für persönliche Dienste erhält, die seine Erwerbstätigkeit ganz oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen und deshalb seine Existenzgrundlage bilden (BGH AG 1978 166); sind diese Voraussetzungen gegeben, so müssen auch die Bezüge des Unternehmer-Geschäftsführers unter § 850 ZPO fallen. Da das Ruhegehalt seinerseits in erster Linie Gegenleistung für die erbrachten Dienste ist, dürfte auch dafür der Pfändungsschutz gegeben sein; nur muß es sich als angemessene Versorgung eines Geschäftsführers im Hinblick auf die der Gesellschaft geleisteten Dienste darstellen. 125 Dem Unternehmer-Geschäftsführer steht für seine Dienstbezüge im Konkurs das Vorrecht nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO nicht zu, da bei ihm die in dieser Vorschrift vorausgesetzte Abhängigkeit zu verneinen ist; dagegen darf dem arbeitnehmerähnlichen GmbHGeschäftsführer das Vorrecht des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO nicht vorenthalten werden (Kalter KTS 1974 143 in Anlehnung an BGH WM 1955 1147 und Mentzel-Kuhn KO 8 § 61, 28 unter Hinweis auf RG J R 1927 Nr. 962; grundsätzlich sprechen sich gegen die Anwendung von § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO auf Geschäftsführer aus: BGHZ 41 282, 288; RGZ 120 300; RGZ 150 99; Jäger/Lent KO § 61, 14; Scholz-Fischer8 § 35, 2, der allerdings auf die Möglichkeit von Ausnahmen hinweist; demgegenüber befürwortet Heilmann NJW 1975 1761 grundsätzlich die Anwendbarkeit der Vorschrift). Zur Insolvenzsicherung von Ruhegehaltsansprüchen vgl. unten Rdn. 183. 126 j) Streitwert bei Gehalts- und Pensionsklagen. Bei der Klage eines UnternehmerGeschäftsführers richtet sich der Streitwert nach § 9 ZPO (so für Vorstandsmitglieder BGH LM § 9 ZPO Nr. 8; vgl. aber auch KG WM 1968 289). Bei arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern ist dagegen § 17 Abs. 3 GKG anzuwenden. k) Tantieme 127
aa) Formen. In der Praxis der Geschäftsführerverträge kommt nicht nur die Gewinn-, sondern auch die Umsatztantieme vor. Umsatztantiemen sind nicht unproblematisch, weil sie einen Geschäftsführer dazu veranlassen können, das Gesamtwohl des Unternehmens nicht gebührend zu berücksichtigen (vgl. für die AG Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 86, 6; Mertens Kölner KommAktG § 86, 4). Doch kann es durchaus sachgerecht sein, Geschäftsführern, insbesondere wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in einem umsatzbezogenen Ressort liegt, statt einer Gewinn- eine Umsatztantieme einzuräumen (vgl. auch Sudhoff Rechte und Pflichten S. 18). Auch zur Erfüllung der allgemeinen Zusage einer noch zu bestimmenden Tantieme kann die Gewährung einer Umsatztantieme in Betracht kommen (vgl. Tillmann S. 38f.).
Von der Tantieme als einer beweglichen der Leistungssteigerung dienenden Geschäftsführervergütung sind Vergütungen zu unterscheiden, die in fester Höhe neben dem Grundgehalt gezahlt werden; sie werden aber oft — irreführend — als „Fixtantiemen" bezeichnet. Eine Fixtantieme ist mangels besonderer Abrede unabhängig von Gewinn oder Umsatz (BGH WM 1975 4); jedoch ist eine „garantierte" Tantieme im Zweifel auf anfallende Gewinntantiemen anzurechnen (Scholz § 29, 7). 129 Die Praxis kennt Tantiemeregelungen auch in der Form, daß sich der Tantiemeanspruch nur auf einen Gewinn oder Umsatz bezieht, der über einen bestimmten Betrag hinausgeht. 130 bb) Berechnungsgrundlage. Grundlage der Tantiemeberechnung ist, wenn nichts anderes vereinbart wurde, nicht die Steuer-, sondern die Handelsbilanz (BGH GmbH-
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Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
§35
Rdsch. 1963 26; Ganßmüller GmbH-Rdsch. 1965 92; Scholz § 3 5 , 11; Sudhoff Rechte und Pflichten S. 18). Bei der Berechnung ist der volle Gewinn des jeweiligen Geschäftsjahres zugrunde zu legen. Zum Jahresgewinn gehört nicht der Gewinnvortrag aus dem Vorjahr. Nicht abzuziehen sind - entgegen § 86 Abs. 2 AktG - die Rücklagen (Ganßmüller aaO 1965 92; Sudhoff aaO S. 20) und ein aus dem Jahresgewinn abgezweigter Gewinnvortrag (Tillmann aaO S. 40). Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn in einem Geschäftsführervertrag § 86 Abs. 2 AktG ausdrücklich für anwendbar erklärt worden ist, ist Auslegungsfrage. Ebenso, ob der Verlustvortrag aus dem Vorjahr vor Berechnung der Tantieme abzuziehen ist (bejahend Sudhoff aaO S. 19 unter Berufung auf RGZ 83 319). Dies wird etwa dann nicht anzunehmen sein, wenn der Geschäftsführer erst nach dem Ende des Jahres, aus dem der Verlustvortrag stammt, bestellt worden ist. Ob außergewöhnliche Gewinne tantiemefähig sind, ist grundsätzlich danach zu entscheiden, ob eine Tantieme insoweit der Funktion des Leistungsansporns gerecht werden kann. Der Gewinn, der sich aus der Veräußerung einer dauernd dem Geschäftsbetrieb gewidmeten Sache ergibt, wird im Zweifel nicht tantiemepflichtig sein. Rückstellungen mindern den tantiemepflichtigen Gewinn. Abzuziehen sind auch die Geschäftsführergehälter selbst; denn es handelt sich dabei um eine den Bilanzgewinn mindernde Geschäftsausgabe. Doch ist es üblich, die Tantieme selbst bei der Berechnung der Gewinntantieme nicht vom Gewinn abzuziehen. Dies gilt aber nur für Tantiemen der Geschäftsführer, und zwar aller Geschäftsführer, gegebenenfalls auch für Gewinnanteile, die auf Aufsichtsratsmitglieder entfallen, nicht dagegen für Angestelltentantiemen (zur Rechtslage im Aktienrecht vgl. Mertens Kölner KommAktG § 86, 15 ff. einerseits und Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 86, 27ff. andererseits). Sieht der Geschäftsführungsvertrag vor, daß der Gewinn laut Steuerbilanz der Tantieme zugrunde gelegt werden soll, so wird im Zweifel anzunehmen sein, daß der Gewinn vor Zahlung der Körperschaftssteuer gemeint ist. Erfährt der steuerlich maßgebliche Gewinn aufgrund einer späteren Betriebsprüfung eine Veränderung, so bedarf es einer entsprechenden Neuberechnung der Tantiemen, es sei denn der Geschäftsführungsvertrag bestimmt, daß für die Tantieme definitiv der zunächst errechnete und erklärte Gewinn zugrunde gelegt werden soll. Empfehlenswert ist es, Art und Weise der Tantiemeberechnung im einzelnen vertraglich festzulegen; vgl. Sudhoff aaO S. 19; Tillmann aaO S. 39, der mit Recht anregt, alle gewinnabhängigen Rückstellungen, insbesondere auch eine Gewerbesteuerrückstellung, vertraglich aus der Berechnungsgrundlage herauszunehmen, da sich bei ihnen stets das Problem der Berücksichtigung der Tantieme bei ihrer Berechnung stellt. cc) Tantieme bei Eintritt oder Ausscheiden während des Geschäftsjahrs. Für den Fall, daß der Geschäftsführer im Laufe des Geschäftsjahres ausscheidet, hat er Anspruch auf einen entsprechenden Teil des Jahresgewinns, nicht etwa auf einen Gewinnanteil des betreffenden Jahresabschnitts (RG Recht 1921 Nr. 865; Dresden OLGRspr. 24 141). Das gilt auch, wenn erst in die Zeit nach dem Austritt besonders gewinnbringende Geschäfte fallen (OLG Hamburg OLGRspr. 19 302). Dasselbe Prinzip ist anwendbar, wenn der Geschäftsführer im Laufe eines Geschäftsjahres eintritt. Bei Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers ohne wirksame Kündigung seines Anstellungsvertrages ist im Zweifel davon auszugehen, daß der Tantiemeanspruch des Geschäftsführers weiterhin besteht. dd) Höhe der Tantieme. Die Höhe der Tantieme richtet sich nach dem vereinbarten Anteilsatz; ist dieser nicht bestimmt, so ist er nach § 315 Abs. 3 BGB zu ermitteln (BGH WM 1975 761).
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Steht eine einheidiche Tantieme mehreren Geschäftsführern gemeinschaftlich zu, so 137 hat die Umlage im Zweifelsfall nach Köpfen zu erfolgen ( S u d h o f f aaO S. 20). (43)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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ee) Fälligkeit des Tantiemeanspruchs. Der Tantiemeanspruch entsteht dem Grunde nach am Ende des Geschäftsjahres (BFH BStBl. II 1970 735). Fällig wird er jedoch erst mit der Bilanzfeststellung (Sudhoff aaO; Gaul Wilke-Berg-Gottschling-Gaul IV 448), und zwar unabhängig davon, ob eine Gewinnausschüttung erfolgt ist oder erfolgen soll.
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ff) Zahlung der Tantieme bei Verhinderung des Geschäftsführers als Schaden der Gesellschaft. In der Zahlung der Tantieme an den Geschäftsführer, der infolge eines von einem Dritten zu verantwortenden Umstands dienstunfähig geworden ist, liegt ein Schaden der Gesellschaft, wenn es sich um eine wirkliche Tätigkeitsvergütung handelt (vgl. im einzelnen oben Rdn. 123).
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1) Gratifikationen. Eine von der Tantieme zu unterscheidende besondere Form der Vergütung ist die Gratifikation. Darunter versteht man eine Sonderleistung ohne vertragliche Abrede, deren Festsetzung sich die Gesellschaft jeweils vorbehält. Doch kann aus mehrfacher Übung ein Anspruch erwachsen, und es kann sich auch aus dem Geschäftsführungsvertrag ergeben, daß unter gewissen Umständen grundsätzlich eine Gratifikation gezahlt werden soll, deren Höhe vom billigen oder jedenfalls nicht willkürlich zu handhabenden Ermessen der Gesellschaft abhängt. Bei Pflichtwidrigkeiten, langer Dienstabwesenheit des Geschäftsführers, bei verschuldeten Mißerfolgen, aber auch bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft kann die Zahlung einer Gratifikation aber auch dann unterbleiben, wenn grundsätzlich ein Anspruch des Geschäftsführers auf eine nach billigem Ermessen festzulegende Gratifikation besteht. Gratifikationen, die nicht vertraglich festgelegt werden, behandelt das Steuerrecht bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern als verdeckte Gewinnausschüttung (vgl. hinsichtlich einer Jahresabschlußgratifikation BFH BStBl. II 1968 482).
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m) Versorgungslohn. Nach § 19 BetrAVG in Verbindung mit § 40 b EStG sind Beiträge, die von der Gesellschaft für eine Lebensversicherung des Geschäftsführers entrichtet werden, bis zu 2.400,— DM jährlich nur einer pauschalen Lohnsteuer von 10% unterworfen. Voraussetzung ist, daß der Erlebensfall nicht früher als auf das 60. Lebensjahr festgelegt wird und daß eine vorzeitige Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Geschäftsführer nicht in Betracht kommt. Zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer kann vereinbart werden, daß er der GmbH die pauschale Lohnsteuer erstattet (Tillmann S. 49). Die Zahlung eines Versorgungslohns in Form von Beiträgen zur Lebensversicherung gewinnt — auch über die steuerlich begünstigten Beträge hinaus — für die Altersversorgung des Geschäftsführers in dem Maße zunehmende Bedeutung als die Auslegung der Anpassungsregelung des BetrAVG zu einer für die Gesellschaften schwer absehbaren Belastung für die Zukunft führt. n) Steuerliche Behandlung der Geschäftsführervergütung
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aa) Die steuerliche Behandlung des Geschäftsführers. Die Lohnsteuerpflicht des Geschäftsführers umfaßt die Gesamtvergütung. Hierunter fallen nicht nur Fixum, Tantieme, Gratifikationen und ähnliche Sonderleistungen, sondern auch alle weiteren Vorteile, die die Gesellschaft dem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Dienstleistung zuwendet. Dazu gehören auch Vorsorgeleistungen (zu deren steuerlicher Behandlung s. unten Rdn. 184ff.). Aufgrund vertraglicher Vereinbarung kann die Gesellschaft die Steuer der Geschäftsführer übernehmen (Nettolohnprinzip). Entlassungsabfindungen sind nach Maßgabe von § 3 Nr. 9 EStG bis zu einer gewissen Höhe steuerfrei (vgl. Peltzer BB 1978 1253). Zur Tarifbegünstigung für Entschädigungszahlungen nach § 24 Nr. 1 a EStG, die nach der Rechtsprechung des BFH ein „unfreiwilliges" Ausscheiden des Geschäftsführers erfordert (BFHE 113 239; 118 17), und nach §24 Nr. l b EStG vgl. Löffler/Gaitzsch BB 1978 851. Hat sich die Gesellschaft im Versorgungsvertrag das Recht (44)
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vorbehalten, laufende Ruhegehaltszahlungen durch eine Kapitalzahlung abzulösen, so ist in einer solchen Kapitalzahlung keine nach § 24 Nr. 1 a EStG steuerbegünstigte Abfindung zu sehen; denn es handelt sich nur um eine Änderung der Zahlungsmodalität (BFH DB 1978 1206). bb) Die steuerliche Behandlung der Gesellschaft. Die Bezüge des Geschäftsführers 143 sind grundsätzlich bei der Gesellschaft als Betriebsausgaben gewinnmindernd abzugsfähig. Jedoch wird die Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, zumindest wenn er mit 25% oder mehr am Unternehmen beteiligt ist (vgl. BFH BB 1963 965), von den Steuerbehörden auf ihre Angemessenheit überprüft. Bei Angemessenheit kann sie als Betriebsausgabe abgezogen werden; andernfalls gilt sie als verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter-Geschäftsführer und unterfällt damit der von der Gesellschaft zu zahlenden Körperschaftsteuer. Angemessen sind Leistungen der Gesellschaft an einen Gesellschafter dann, wenn sie in Erfüllung einer Vereinbarung erfolgen, die von den Geschäftsführern bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen worden wäre (BFH BStBl. 1968 II 20). Allerdings berechtigt nur ein krasses Mißverhältnis zwischen Dienstleistung und Vergütung die Finanzverwaltung zur Feststellung der Unangemessenheit (BFH BB 1963 965). Entscheidend ist für die Angemessenheitsprüfung der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (BFH BStBl. 1971 II 600). Doch kann auch ein später eintretendes Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung zur Annahme der Unangemessenheit führen (vgl. Herrmann/Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, 18. Aufl., § 6 KStG, 139). Den Nachweis des Mißverhältnisses muß die Finanzverwaltung führen. Die Angemessenheit wird von der Steuerrechtsprechung unter Zugrundelegung von 144 zwei unterschiedlichen Kriterien geprüft. Zum einen wird gefragt, ob die Vergütung dem Marktwert der Arbeitsleistung entspricht. Hier kommt ein Vergleich mit anderen Geschäftsführern der GmbH in Betracht oder die Vergütung eines Geschäftsführers in einer vergleichbaren Stellung in einem anderen Betrieb. Freilich ist hier ein Vergleich vielfach nicht ohne weiteres möglich (BFH BStBl. 1958 III 229). Ein Vergleich mit den Gehältern der nächsthöheren Angestellten des Betriebs wird mit Recht für irrelevant gehalten (BFH BStBl. 1967 III 498; Tillmann S. 44). Andererseits muß die Vergütung der Leistungsfähigkeit der Gesellschaft angepaßt sein. Unter diesem Gesichtspunkt sind Vergütungen unangemessen, wenn sie in einem Mißverhältnis zum Gewinn der Gesellschaft stehen. Normalerweise muß den Gesellschaftern eine ausreichende Rendite nach Abzug der Geschäftsführerbezüge verbleiben (HerrmannIHeuer aaO § 6 KStG 100, 137). Da es nach Auffassung des BFH für die Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung insgesamt auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankommen soll, können Formeln und Tabellen, die sich in der Literatur zur Angemessenheit des Geschäftsführergehalts finden, nur eine vorläufige Schätzungshilfe abgeben (vgl. im einzelnen Spitaler-Niemann 4. Aufl. [1975]; Grätz-Mennecke Die Gehaltsfestsetzung bei Geschäftsführern der GmbH und GmbH & Co. [1976], Als verdeckte Gewinnausschüttung werden darüber hinaus von der Steuerrecht- 145 sprechung alle Vergütungen behandelt, die an einen beherrschenden GesellschafterGeschäftsführer ohne eine entsprechende klar und eindeutig abgefaßte Vereinbarung geleistet werden (§ 6a EStG). Bezüge, die nicht vor ihrer Zahlung in dieser Weise vereinbart worden sind, können aufgrund des sogenannten Nachzahlungsverbots nicht mehr mit steuerlicher Wirksamkeit rückwirkend vertraglich begründet werden. Das Fehlen einer im voraus getroffenen vertraglichen Vereinbarung darf jedoch keine unwiderlegliche Vermutung in dem Sinne erzeugen, daß eine Leistung an den Geschäftsführer nicht durch einen betrieblichen Zweck bedingt sei (Knobbe-Keuk § 19 I 2 b). (45)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Das Nachzahlungsverbot wird ausnahmsweise auch auf den Minderheitsgesellschafter zur Anwendung gebracht, wenn dessen Bezüge zugleich mit denen des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers rückwirkend erhöht werden (BFH BStBl. 1966 III 73). Das Nachzahlungsverbot soll nach BFH DB 1977 383 auch für den Aufwendungsersatz gelten, den der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer von der Gesellschaft ohne eine zuvor getroffene schuldrechtliche Abrede erlangt (vgl. unten Rdn. 199). Zum Nachzahlungsverbot bei Versorgungsbezügen vgl. unten Rdn. 188.
Vom Nachzahlungsverbot betroffen sind insbesondere auch Tantiemen, die nicht aufgrund des Anstellungsvertrags nach Grund und Höhe eindeutig feststehen (vgl. BFH BStBl. 1971 II 463). Das Nachzahlungsverbot soll hier nach BFH BStBl. 1974 II 719 zu Lasten des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers selbst dann eingreifen, wenn sämtliche leitenden Angestellten kraft arbeitsvertraglicher Verpflichtung der Gesellschaft Tantiemen der entsprechenden Art erhalten. 148 Das Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit ist bei Vereinbarungen, die ein von § 181 BGB befreiter beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer mit der Gesellschaft schließt, nur dann erfüllt, wenn Inhalt und Abschlußzeitpunkt der Vereinbarung manifest gemacht worden sind; so etwa dadurch, daß der betreffende Geschäftsführer die Buchhalterin über die Vereinbarung unterrichtet und sie anweist, entsprechende Buchungen vorzunehmen (vgl. BFH BStBl. 1968 II 49; BFH BStBl. 1976 II 761).
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cc) Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG. Ist bei einer GmbH Sc Co. der GmbH-Geschäftsführer nicht gleichzeitig Kommanditist der KG, so ist seine Vergütung wie die eines GmbH-Geschäftsführers im allgemeinen lohnsteuerpflichtig. Sie ist Betriebsausgabe der GmbH & Co., wenn diese den Geschäftsführer direkt bezahlt. Erstattet sie der GmbH die von dieser getragenen Gehälter, so ist bei ihr die der GmbH gezahlte Vergütung als Gewinnvorab innerhalb der einheitlichen Gewinnfeststellung zu berücksichtigen. Bei der GmbH & Co. fällt insoweit keine Betriebsausgabe an; dagegen ist das von der GmbH gezahlte Geschäftsführergehalt bei dieser eine Betriebsausgabe, die bei der einheitlichen Gewinnfeststellung als Sonderbetriebsausgabe zu berücksichtigen ist (vgl. Tillmann S. 48; kritisch dazu unter Hinweis auf BFH BStBl. 1975 II 437 Naumann DB 1977 882; vgl. auch Felix GmbH-Rdsch. 1975 279). Ist der Geschäftsführer gleichzeitig Kommanditist, so wird ihm sein Gehalt als Unternehmerlohn zugerechnet; er hat es gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern (BFH BStBl. 1968 II 579). Das Gehalt wird als Entgelt betrachtet, das für die Geschäftsführung der GmbH & Co. KG entrichtet wird. Aufgrund der insoweit nach BFH BStBl. 1960 III 408 anzuwendenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird nicht berücksichtigt, daß der Kommanditist nicht unmittelbar geschäftsführend für die KG, sondern nur für die GmbH tätig wird. Eine abzugsfähige Betriebsausgabe entsteht hier durch das Gehalt nicht (kritisch Hesselmann Handbuch der GmbH & Co., 15. Aufl. [1976] Rz. 299). 150 Nach BFH BStBl. 1968 II 702 ist der Leistungsaustausch zwischen KomplementärGmbH und GmbH & Co. umsatzsteuerpflichtig, soweit nicht bei der GmbH und der KG die gleichen Beteiligungsverhältnisse vorliegen und damit Unternehmereinheit anzunehmen ist. Die Umsatzsteuerpflicht bezieht sich auch auf die Geschäftsführungsauslagen der Komplementär-GmbH für die GmbH & Co. (Tillmann S. 48). 151 Nach BFH BStBl. 1968 II 152 ist der GmbH ein Anspruch gegenüber der GmbH & Co. KG darauf zu gewähren, daß ihr die Auslagen für die Geschäftsführung erstattet werden. Gehaltszahlungen an Geschäftsführer, für die kein Erstattungsanspruch besteht, werden als Erträge der KG angesehen {Herrmann/Heuer aaO §6, 244; Lersch-Schaaf GmbH-Rdsch. 1973 70; vgl. auch FG Nürnberg EFG 1972 126). Überhöhte Gehaltszahlungen oder Gehaltszahlungen, für die nicht von vornherein eine eindeutige und klare
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Vertragsgrundlage besteht, werden als verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Komplementär-GmbH behandelt (vgl. FG Nürnberg aaO; Tillmann S. 47). Zur Frage, ob der Verzicht auf ein vereinbartes Geschäftsführergehalt zur Gesellschaftssteuerpflicht führt, vgl. die problematischen Ausführungen von Weißmann GmbH-Rdsch. 1978 156. 2. Ruhegehalt Vielfach ist Bestandteil des Geschäftsführungsvertrages eine Ruhegehaltszusage, teils mit, teils ohne Witwen- und Waisenrente. Durchweg gilt für letztere das im folgenden zum Ruhegehalt Ausgeführte entsprechend. a) Notwendigkeit der Vereinbarung. Der Ruhegehaltsanspruch entsteht nur auf der Basis einer entsprechenden Vereinbarung, die schon aus steuerlichen Gründen (oben Rdn. 145 und unten Rdn. 199) möglichst eindeutig gefaßt und schrifdich formuliert sein sollte. Eine konkludente Ruhegehaltszusage wird schon deshalb nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein, weil nach § 6a EStG Ruhegehaltszusagen, die aus betrieblicher Übung oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung abgeleitet werden, keine steuerliche Berücksichtigung finden. Aus einer umfassenden betrieblichen Versorgung der Arbeitnehmer des Unternehmens läßt sich nicht konkludent ein Ruhegeldanspruch der Geschäftsführer ableiten (RGZ 169 302). Die Anerkennung einer betrieblichen Übung als Grundlage einer Ruhegehaltsverpflichtung für Geschäftsführer widerspricht der Eigenart des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers; denn bei dessen Ausgestaltung sind vorrangig individuelle Gesichtspunkte bestimmend (BGH WM 1969 686). Im Einzelfall kann allerdings die Vertragsauslegung ergeben, daß ihm eine Vorsorgeverpflichtung immanent ist, so etwa wenn der Geschäftsführer zuvor Arbeitnehmer der Gesellschaft und als solcher ruhegehaltsberechtigt war. Auf mangelhafte Anstellungsverträge gegründete Ruhegehaltsanwartschaften und Ruhegeldansprüche bleiben auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in dem Maße bestehen, wie die Gegenleistung für sie erbracht worden ist (vgl. oben Rdn. 109f. und unten 156f.; Hengeler Festschrift Barz, S. 140). b) Ruhegehaltsvereinbarung und BetrAVG. Ruhegehaltsvereinbarungen mit arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern (vgl. oben Rdn. 77) fallen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG unter die §§ 1 bis 16 BetrAVG. Nach der zwingenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 BetrAVG wird unter den dort genannten Voraussetzungen durch eine Versorgungszusage eine unverfallbare Ruhegehaltsanwartschaft begründet. Diese Anwartschaft erlischt nicht durch ein Ausscheiden des Geschäftsführers aus dem Unternehmen. In diesem Falle besteht der Ruhegeldanspruch vielmehr nach Maßgabe von § 2 BetrAVG mindestens in Höhe des Teiles fort, der als Entgelt für die der Gesellschaft erbrachten Leistungen angesehen werden kann. Im einzelnen muß auf die detaillierten Regelungen des § 2 BetrAVG und die Kommentierungen hierzu verwiesen werden. § 2 BetrAVG stellt grundsätzlich auf das Ausscheiden des Versorgungsberechtigten ab; es kommt nicht darauf an, aus welchem Anlaß; auch wenn der Versorgungsberechtigte selbst einen wichtigen Grund zur Endassung aus dem Dienst gesetzt hat, bleibt er nach Maßgabe von § 2 BetrAVG versorgungsberechtigt. Mit diesem Grundsatz unvereinbare Widerrufsvorbehalte können in Ruhegehaltszusagen nicht wirksam vereinbart werden. Mit der Betonung des Entgeltgedankens durch die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGHZ 55 274, 278; BGHZ 61 31, 34; BAG DB 1972 1486; BAG DB 1975 1274) war bereits die Beschränkung des Widerrufs von Ruhegehaltszusagen einhergegangen. Widerrufsvorbehalte oder Verfallsklauseln in Ruhegehaltsvereinbarungen mit einem arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführer erkannte die Rechtsprechung nur dann noch an, wenn diese den Widerrufsgründen entsprachen, (•7)
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die von ihr selbst als gesetzlich begründet gebilligt wurden (vgl. B A G AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt; B A G D B 1975 1274). Solche gewissermaßen als authentische Interpretation der kraft Gesetzes bestehenden Rechtslage zu wertenden Widerrufsvorbehalte sind auch heute zulässig, obwohl § 1 Abs. 5 RegE BetrAVG (BT-Drucks. 7/1281 S. 24), der die Fortgeltung von Widerrufsmöglichkeiten ausdrücklich sichern sollte, nicht Bestandteil des BetrAVG geworden ist (Höhne Heubeck-Höhne-Paulsdorf-Weinert-Rau BetrAVG § 1, 411, 418; Höfer BetrAVG § 1, 96). Widerrufs vorbehalte, die sich in diesem Rahmen halten, erkennt auch das Steuerrecht als steuerunschädlich an. Ein Katalog solcher steuerunschädlicher Widerrufsvorbehalte findet sich in Abschnitt 41 Abs. 3 EStR vom 14. 4. 1976 (BAnz Nr. 83/1976; vgl. weiter das Einführungsschreiben des BMF zum BetrAVG vom 30. 6. 1975, BStBl. 1975 I 716). Das Steuerrecht unterscheidet jedoch, obwohl es sich an die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung angelehnt hat, nicht zwischen Widerrufsvorbehalten in Ruhegehaltszusagen mit arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern einerseits und Unternehmergeschäftsführern andererseits. 157
c) Ruhegehaltsanspruch und Ruhegehaltsanwartschaft bei Unternehmer-Geschäftsführern. Auch bei dem Kreis der Geschäftsführer, der nicht unter § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG fällt (vgl. zur Abgrenzung im einzelnen oben in Rdn. 77f.), ist bei Ruhegehaltsvereinbarungen, die nach dem Inkrafttreten des BetrAVG zustande gekommen sind, anzunehmen, daß eine nach Maßgabe der Versorgungszusage entstandene Ruhegehaltsanwartschaft durch ein Ausscheiden aus dem Betrieb nicht wieder erlöschen soll. Zwar ist eine vertragliche Vereinbarung, wonach die Ruhegeldzahlung davon abhängig gemacht wird, daß der Geschäftsführer bei Eintritt des Versorgungsfalls noch bei der Gesellschaft beschäftigt ist, außerhalb des Geltungsbereichs des BetrAVG nicht unzulässig; doch ist im Hinblick auf ihre steuerlichen Auswirkungen (vgl. § 6a Abs. 1 Ziff. 2 EStG 1975; s. auch die vorige Rdn.) und im Hinblick darauf, daß der Ruhegehaltszusage heute in erster Linie Entgelt- und nicht mehr Fürsorgecharakter zugesprochen wird, eine solche Vereinbarung nicht zu vermuten. Ist die Ruhegehaltszusage Bestandteil der Vergütung, deren Gegenleistung die Dienste des Geschäftsführers sind, so werden die Parteien typischerweise eine Verpflichtung zur Betriebstreue über die zur Entstehung der Ruhegehaltsanwartschaft erforderliche Wartezeit hinaus nicht statuieren wollen. 158 Für frühere Ruhegehaltszusagen, die aus einer Zeit stammen, in der man das Ruhegehalt in erster Linie unter dem Aspekt der Fürsorge und der Belohnung der Betriebstreue sah, läßt sich allerdings nicht pauschal aufgrund der modernen Interpretation des Ruhegehalts eine Inhaltsänderung annehmen. In erster Linie muß hier maßgeblich sein, was die Parteien bei der Vereinbarung des Ruhegehalts gewollt haben. Andernfalls wird der Gesellschaft möglicherweise eine wesendich höhere Belastung auferlegt, als sie seinerzeit eingehen wollte. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, daß sie seinerzeit darauf vertraut haben mag, einen pflichtwidrig handelnden Geschäftsführer unter Fortfall seines Ruhegehalts abberufen zu können. Oft wird sich früheren Vereinbarungen aber immerhin konkludent entnehmen lassen, daß der Ruhegehaltsberechtigte, jedenfalls solange er keine groben Pflichtwidrigkeiten begeht, nicht schlechter gestellt werden sollte als der Kreis der jetzt unter das BetrAVG fallenden Begünstigten. Vielfach wird z. B. ein Unternehmer-Geschäftsführer diesem Kreis erst im Laufe der Zeit entwachsen sein. Man kann kaum annehmen, daß ihm damit — bei ordnungsmäßiger Geschäftsführung — auch das Risiko auferlegt werden sollte, von sozialen Verbesserungen in der gesetzlichen Regelung des Ruhegehalts für abhängige Geschäftsführer ausgeschlossen zu werden. 159
Zur Frage des Entzuges des Ruhegehalts in schweren Fällen pflichtwidrigen Verhaltens vgl. unten Rdn. 177f. Widerrufsvorbehalte können außerhalb des Geltungs(48)
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bereichs des BetrAVG grundsätzlich einschränkungslos vereinbart werden. Doch führen sie — außerhalb des oben in Rdn. 156 skizzierten Rahmens mehr oder minder deklaratorischer Widerrufsklauseln — dazu, daß Rückstellungen für widerrufliche Ruhegehaltszusagen steuerlich nicht anerkannt werden. Die Steuerpraxis geht damit über die Abwehr der steuerlichen Geltendmachung von nicht „ernstlichen" Ruhegehaltsvereinbarungen hinaus und besorgt faktisch eine weitgehende Angleichung der Rechtslage zwischen Ruhegeldvereinbarungen im Anwendungsbereich und außerhalb des Anwendungsbereichs des BetrAVG. Der steuerlichen Erlaßpraxis (vgl. oben Rdn. 156) kann jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als sie nicht berücksichtigt, daß sich auch in der Widerruflichkeit von Ruhegehaltszusagen kraft Gesetzes gewisse Unterschiede zwischen arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern und Unternehmer-Geschäftsführern ergeben (vgl. dazu unten Rdn. 174ff.). d) Berechnungsgrundlage. Um Zweifel an der Berechnung des Ruhegehalts auszu- 160 schalten, empfiehlt es sich stets, die Berechnungsgrundlage für das Ruhegehalt klar und eindeutig zu bestimmen. Soweit Vereinbarungen ergänzungsbedürftig oder unter den Parteien streitig sind, hat der Wille der Parteien bei der Auslegung Vorrang vor allgemeinen an Billigkeit und Ublichkeit orientierten Versorgungsgrundsätzen (BAG B B 1977 970). Berechnet sich das Ruhegehalt nach dem Endgehalt des Geschäftsführers, so ist, 161 wenn nichts anderes vereinbart ist, die vertraglich vereinbarte Gesamtvergütung Bemessungsgrundlage, d. h. das Festgehalt einschließlich umsatz- und gewinnabhängiger Tantiemen. Nebenbezüge und Zulagen werden demgegenüber nur dann Bestandteil der Bemessungsgrundlage, wenn dies vertraglich — ausdrücklich oder stillschweigend (BGH WM 1960 542, 543) — vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung kann auch in einem Verweis auf beamtenrechtliche Regelungen liegen. Wenn das Ruhegehalt sich an der Beamtenversorgung orientiert, ist anzunehmen, 162 daß Sonderzuwendungen, Zuschläge und Zulagen, die an vergleichbare Beamten gezahlt werden, Bestandteile der Bemessungsgrundlage des Ruhegehalts sind. Dies gilt insbesondere, wenn allgemein auf beamtenrechtliche Versorgungsgrundsätze verwiesen oder wenn auf eine beamtenrechtliche Besoldungsgruppe Bezug genommen wird. Nicht zu berücksichtigen sind Beihilfen sowie solche Sonderzuwendungen, die nicht 163 durchweg an Beamte der entsprechenden Kategorie gezahlt werden. Anrechenbar ist z. B. nicht der Stellenplananpassungszuschlag, der ausschließlich dazu bestimmt ist, diejenigen Versorgungsempfänger, die nicht mehr in den Genuß bestimmter Beförderungsmöglichkeiten gelangt sind, durch die Gewährung eines pauschalierten Erhöhungsbetrages zu entschädigen (BAG B B 1978 714). Wird in der Ruhegehaltsvereinbarung nicht — wie üblich — auf eine Besoldungs- 164 gruppe einer Landesbesoldungsordnung oder des Bundesbesoldungsgesetzes verwiesen, sondern auf Beamte, die eine bestimmte Funktion ausüben (Beispiel: Präsident einer bestimmten Bundesbehörde), so steigt bei einer Höherstufung des in Bezug genommenen Beamten auch die Bemessungsgrundlage entsprechend. Wird explizit auf das Grundgehalt einer bestimmten Beamtenkategorie Bezug ge- 165 nommen, so können weder Zuschläge oder Zulagen noch Sonderzuwendungen für die Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Bei der Berechnung des vergleichbaren Dienstalters des Geschäftsführers müssen im 166 Zweifel dessen frühere Dienstzeiten bei anderen privaten Dienstgebern in sinnentsprechender Anwendung von §§ 4ff. Beamtenversorgungsgesetz berücksichtigt werden. Bei der Berücksichtigung von Zuschlägen zum Grundgehalt ist auf einen dem Geschäftsführer in seiner familiären Situation vergleichbaren Beamten abzustellen. (49)
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e) Anrechnung anderweitigen Einkommens. In der Ruhegehaltsregelung kann die Anrechnung von Zahlungen Dritter, insbesondere auch der Versorgungsleistungen der Sozialversicherungsträger, vorgesehen werden. Eine Anrechnung in Form einer Gesamtversorgungsvereinbarung ist als offene Anrechnung im Rahmen des § 5 Abs. 2 BetrAVG zulässig. Beispiele für Anrechnungsklauseln finden sich bei Heubeck-Heitmann S. 96. Grundsätzlich kommt die Anrechnung anderer Einnahmen des Ruhegehaltsempfängers nur in Betracht, wenn sie vereinbart ist. Bei Versorgungsvereinbarungen, die in den Geltungsbereich des BetrAVG fallen, kann die Annahme einer konkludenten Vereinbarung der Anrechnung anderer Versorgungsleistungen begründet sein, wenn sie bei vergleichbaren Geschäftsführern und leitenden Angestellten betriebsüblich ist. Bei den nicht unter das BetrAVG fallenden Versorgungsvereinbarungen ist zwar die Anrechung kraft stillschweigenden Parteiwillens nicht ausgeschlossen; doch müssen sich entsprechende Umstände aus der individuellen Vereinbarung ergeben (vgl. dazu oben Rdn. 160). 168 f) Werterhaltung. Im allgemeinen vereinbaren die Parteien Klauseln, die das Ruhegehalt wertbeständig erhalten sollen. Zu einer laufenden Anpassung des Ruhegehalts führen Spannungsklauseln, die dessen Höhe in Verhältnis zu dem Gehalt oder dem Ruhegehalt in einer bestimmten Beamtenbesoldungskategorie oder Tarifgruppe setzen. Solche Spannungsklauseln, die sich durchweg bereits aus der Festlegung der Bemessungsgrundlage ergeben, bedürfen im Gegensatz zur Wertabsicherung durch Bezugnahme auf den Lebenshaltungsindex (vgl. oben Rdn. 119) nicht der Genehmigung der Deutschen Bundesbank gemäß § 3 Währungsgesetz (BGH WM 1970 752; BAG AP Nr. 1 zu § 3 WährungsG). Bei der Wahl der Bezugsgrößen sind die Vertragsparteien frei, soweit die in ein Verhältnis zueinander gesetzten Leistungen im wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind (BGHZ 14 306, 310). Die Vergleichbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn es sich bei der Vergleichsgröße für das Ruhegehalt des Geschäftsführers um eine für laufende Dienste gezahlte Vergütung im Rahmen eines Dienstverhältnisses handelt. Das Berufsbild selbst muß nicht unmittelbar vergleichbar sein (BGH BB 1974 101 f.). 169 Für das Anpassungsverfahren kommen vor allem die folgenden Möglichkeiten in Betracht: (1) Die Anpassung erfolgt automatisch; (2) die Anpassung erfolgt erst, wenn eine bestimmte Mindeständerung der Vergleichsgröße eingetreten ist; (3) eine Mindeständerung der Vergleichsgröße ist Anlaß zu Neuverhandlungen, gegebenenfalls unter Einschaltung eines Schiedsgutachters. 170 Besondere Anpassungsprobleme können sich ergeben, wenn in der Bezugsgröße Änderungen eintreten, die sich wesentlich von der allgemeinen Entwicklung der Gehälter unterscheiden. Im allgemeinen wird davon auszugehen sein, daß die Anpassungsklauseln nicht nur die Werterhaltung, sondern darüber hinaus die Angleichung des Ruhegehalts an die allgemeine Entwicklung der Gehälter sicherstellen wollen (BGHZ 61 31, 39). Eine darüber hinausgehende Anhebung liegt dagegen durchweg nicht in der Absicht der Parteien. Außergewöhnliche Änderungen der Bezugsgröße haben daher außer Betracht zu bleiben; möglicherweise bedarf es wegen der Änderung der Geschäftsgrundlage einer zweckentsprechenden Berichtigung der Anpassungsklausel (vgl. dazu für einen Fall, in dem sich die Bezugsgröße um 174,3% erhöhte, während vergleichbare Geschäftsführergehälter nur um 66,7% gestiegen waren, BGH BB 1974 101 f.). Grundsätzlich ist bei Spannungsklauseln, die auf die beamtenrechtliche Versorgung Bezug nehmen, davon auszugehen, daß die Parteien diese Bezugsgröße wählen, weil sie erfahrungsgemäß der Entwicklung des allgemeinen Lebensstandards folgt, daß es ihnen aber nicht darauf ankommt, die Versorgung des Ruhegehaltsempfängers möglichst beamtenähnlich zu gestalten (BAG BB 1978 714). (50)
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Auch ohne Vereinbarung einer Spannungsklausel ist die Wertbeständigkeit des 171 Ruhegehalts infolge der Entwicklung von Gesetz und Rechtsprechung weitgehend gesichert. Seit dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes bestimmt sich die Anpassung für die ihm unterfallenden Versorgungsvereinbarungen (vgl. dazu oben Rdn. 77f.) nach § 16 BetrAVG. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Zu den vielen und bisher nur teilweise geklärten Auslegungsproblemen, die § 16 BetrAVG aufgibt, vgl. BAG BB 1976 1029 und 1129 - zur Frage der Voraussetzungen der Anpassungsprüfung —; BAG BB 1977 96 und 146 — zur Frage des Anpassungsmaßstabs —; BAG BB 1977 1353 und 1550 — zur Frage des Verhältnisses von Sozialversicherungsrenten und betrieblicher Altersversorgung im Hinblick auf die Höhe der Anpassung betrieblicher Leistungen —. Aus der Literatur zu diesen Fragen vgl. m. w. Nachw. Ahrend/Förster/Rössler BB 1978 Beil. 3; Boldt AG 1978 141; Höhne Betriebliche Altersversorgung 1977 49; Lieb /Westhoff DB 1976 1958; Ricbardi DB 1977 207 und DB 1976 1716. Soweit eine Anpassung für Entwicklungen begehrt wird, die vor dem 1 . 1 . 1975, 172 dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BetrAVG erfolgt sind, oder soweit eine Versorgungsvereinbarung diesem Gesetz nicht unterfällt (vgl. oben Rdn. 77, 155), gelten die Grundsätze, die das BAG AP Nr. 4 und 5 zu § 242 BGB und BGHZ 61 31 aufgestellt haben. Diese Entscheidungen gehen davon aus, daß sich aus dem Dienstverhältnis i. V. mit § 242 BGB grundsätzlich ein Anpassungsanspruch ergibt, wobei als Maßstab für den Umfang der Anpassung der in der Versorgungsvereinbarung zum Ausdruck gekommene Entgelt- und Fürsorgezweck des Ruhegehalts heranzuziehen ist. Danach soll der Dienstherr verpflichtet sein, bei einer Verteuerung der Lebenshaltung von mehr als 40% über eine Anpassung der Versorgungsleistung zu verhandeln und sie nach billigem Ermessen neu festzusetzen. Im Falle seiner Weigerung kann das Gericht die Festsetzung nach § 315 BGB vornehmen. An diesen Grundsätzen hält die Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten des BetrAVG fest (vgl. BAG BB 1976 1129f.; BGH DB 1977 1367). g) Kürzung oder Streichung des Ruhegehalts in besonderen Fällen. Ruhegehalts- 173 anspruch und bereits die Ruhegehaltsanwartschaft können in bestimmten Fällen gekürzt werden oder wegfallen. Hier kommen vor allem in Betracht: ein vertragswidriges Verhalten des Geschäftsführers vor dem oder im Ruhestand (vgl. unten Rdn. 174ff.); eine wirtschaftliche Notlage der Gesellschaft (vgl. unten Rdn. 179ff.); die Insolvenz der Gesellschaft (vgl. unten Rdn. 183). Das Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis hebt die Anwartschaft auf eine Altersversorgung nicht auf (vgl. oben Rdn. 155, 157). aa) Vertragswidriges Verhalten. Begeht ein Geschäftsführer nach dem Eintritt in 174 den Ruhestand Verfehlungen gegenüber der Gesellschaft, so darf ihm deshalb das Ruhegehalt grundsätzlich nicht vorenthalten werden; denn es gilt als Teil des Entgelts für die von ihm bereits geleisteten Dienste (BGHZ 61 31). Kürzung und Streichung des Ruhegehalts kommen in diesem Fall höchsten unter Gesichtspunkten des Rechtsmißbrauchs in Betracht (BGH aaO; vgl. auch BAG DB 1970 498), so vor allem dann, wenn der Geschäftsführer die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft ernsthaft gefährdet, etwa dadurch, daß er in Verletzung seiner vertraglichen Verpflichtungen einen ruinösen Wettbewerb treibt. Demgegenüber sah die Rechtsprechung (vgl. BAG DB 1965 1405; BAG DB 1970 175 1359) früher in Vertragsverletzungen des Geschäftsführers während seiner aktiven Tätigkeit einen Grund zum Entzug des Ruhegehalts, sofern dem Geschäftsführer deshalb mit (51)
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Recht aus wichtigem Grund gekündigt worden war oder eine Kündigung nur deshalb nicht mehr in Betracht kam, weil der Geschäftsführer bei Aufdeckung seiner Vertragsverletzung bereits den' Ruhestand angetreten hatte. Nach § 1 BetrAVG kann die Ruhegehaltsanwartschaft jedoch auch dann nicht mehr entfallen, wenn der Begünstigte nach ihrem Erwerb nicht vertragstreu war und sein Verhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Die Höhe des Ruhegeldes richtet sich in diesem Fall nach § 2 BetrAVG (vgl. oben Rdn. 155). 176
Das Prinzip der §§ 1 und 2 BetrAVG, wonach das Ruhegeld, soweit es verdient worden ist, nicht wegen vertraglicher Verfehlungen des Begünstigten entfällt, wird nach Anerkennung des grundsätzlichen Entgeltcharakters von Ruhegehaltszusagen (vgl. oben Rdn. 156) auch für Versorgungsvereinbarungen mit Geschäftsführern, die nicht dem BetrAVG unterliegen, im Zweifel als Interpretationsrichtlinie zu gelten haben.
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Dies kann allerdings nicht ohne weiteres für Ruhegehaltsvereinbarungen gelten, die aus einer Zeit stammen, in der man noch davon ausgehen konnte und mußte, daß vertragswidriges Verhalten zum Entzug des Ruhegehaltsanspruchs führen würde. Daß hier die Parteien im Anschluß an die Rechtsentwicklung, die zum BetrAVG führte, die ursprüngliche Konzeption des vereinbarten Ruhegehaltes in dem Sinne ändern wollten, daß es auch bei grobem Fehlverhalten des Geschäftsführers in Höhe des bis zum Ausscheiden „verdienten" Teils gezahlt werden soll, kann nicht unterstellt werden.
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Auch bei Ruhegehaltszusagen, die Unternehmer-Geschäftsführern nach Anerkennung des Entgeltscharakters des Ruhegehalts durch die Rechtsprechung und nach Inkrafttreten des BetrAVG gemacht worden sind, muß hier ein im Verhältnis zu arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführern erweiterter Spielraum für die Anwendung von § 242 BGB verbleiben. Hier kann es nicht nur bei schweren Verletzungen des Dienstvertrages oder bei Verletzung gerade solcher Pflichten, deren Einhaltung durch das Ruhegehalt in besonderem Maße honoriert werden sollte, unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nach wie vor zu einer Kürzung und in besonderen Fällen zur Streichung des Ruhegehalts trotz erlangter Ruhegehaltsanwartschaft kommen-. Es darf darüber hinaus einer Gesellschaft auch nicht finanziell praktisch unmöglich gemacht werden, sich von einem UnternehmerGeschäftsführer zu trennen, der sie selbst durch schuldhaftes Fehlverhalten an den Rand des finanziellen Ruins geführt hat. Die Bestandsinteressen der Gesellschaft fallen hier stärker ins Gewicht als gegenüber einem arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführer. Sie werden durch die Möglichkeit der Gesellschaft, dem Ruhegehaltsanspruch einen Schadensersatzanspruch entgegenzusetzen oder das Ruhegehalt unter dem Gesichtspunkt der Notlage der Gesellschaft zu kürzen (dazu unten Rdn. 179ff.), nicht immer ausreichend gesichert. Es kann sich z. B. so verhalten, daß der größte Teil des Schadens, den der Geschäftsführer zu verursachen im Begriffe war, durch eine rechtzeitige Sanierung gerade noch verhindert werden kann. Andererseits wird eine solche Sanierung nicht selten davon abhängen, daß das Ruhegehalt des betreffenden Unternehmer-Geschäftsführers definitiv gekürzt oder gestrichen wird. Zumindest wird man daher in solchen Fällen, in denen ein Unternehmer-Geschäftsführer durch grobes Verschulden eine nur durch sein Ausscheiden zu behebende Notlage der Gesellschaft verursacht, die im Hinblick auf die Sanierung erforderliche Kürzung oder Streichung seines Ruhegehalts in der Regel als endgültig betrachen müssen. Im Rahmen von § 242 BGB kommt hier allerdings eine Entscheidung nur nach Lage aller Umstände des Einzelfalls in Betracht. Durchweg wird der Gesellschaft eine Ruhegehaltszahlung nicht zumutbar sein, wenn der Geschäftsführer zu ihrem Schaden vorsätzlich strafbare Handlungen begangen hat. In dem hier erläuterten Umfange müßten Widerrufsvorbehalte nach wie vor auch steuerunschädlich vereinbart werden können. Doch ist anzunehmen, daß sich die Steuer(52)
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behörden so lange an den für sie jetzt maßgeblichen Katalog der steuerunschädlichen Widerrufsvorbehalte (vgl. dazu oben Rdn. 156) halten werden, als die Rechtsprechung zur Frage der Widerrufbarkeit von Ruhegehaltszusagen an Unternehmer-Geschäftsführer sich nicht gefestigt hat. bb) Notlage der Gesellschaft. Die Herabsetzung des Ruhegehalts bzw. der Ruhe- 179 geldanwartschaft kann aufgrund einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft geboten sein. Diese Minderungsmöglichkeit ist vom BetrAVG nicht berührt worden. Für die Pflicht des Geschäftsführers, in eine Herabsetzung einzuwilligen, wird die Rechtsgrundlage in § 242 B G B gesehen. Konstituierend sind die nachwirkenden Treubindungen des Geschäftsführers, der Gesichtspunkt der Gefahrengemeinschaft zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft und nicht zuletzt auch der Gesichtspunkt, daß der Fortbestand der Gesellschaft selbst zumeist Voraussetzung der Ruhegeldzahlung überhaupt ist. Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Herabsetzung kann grundsätzlich auf die Rechtsprechung des B A G zur Herabsetzung des Ruhegehaltes von Arbeitnehmern zurückgegriffen werden (BAG AP Nr. 154, 157, 162 zu § 242 B G B Ruhegehalt); denn die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Geschäftsführern ist zwar nicht ohne weiteres bei der Herabsetzung laufender Bezüge angebracht, weil in diesem Zusammenhang ins Gewicht fällt, daß die Vergütung des Geschäftsführers in anderer Weise am unternehmerischen Risiko der Gesellschaft teilnimmt als die des Arbeitnehmers; das Ruhegehalt ist aber in erster Linie Entgelt für eine bereits abgeschlossene Dienstleistung, und damit auch beim Geschäftsführer weitgehend unabhängig von der Gesamtlage der Gesellschaft, auf die er auch normalerweise keinen Einfluß mehr nehmen kann. Im einzelnen ist die Herabsetzung nur statthaft, wenn und solange das Unter- 180 nehmen — nicht etwa nur ein einzelner Betrieb des Unternehmens — in seiner Existenz bedroht ist, die Kürzung der Ruhegeldzusagen geeignet erscheint, einen tauglichen Beitrag zur Uberwindung der Unternehmenskrise zu leisten und wenn das Unternehmen auch andere angemessene Mittel zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs ergreift. Dabei ist zu fordern, daß das zur Sanierung gebotene Opfer auf alle Beteiligten nach billigem Ermessen verhältnismäßig verteilt wird. Dies schließt auch die Gesellschafter ein, die gegebenenfalls einen Kapitalschnitt ihrer Anteile hinnehmen müssen (RGZ 148 91, 98). Ansprüche von Pensionären sind selbst dann nicht den Interessen der Kapitalgeber nachgeordnet, wenn deren persönliche wirtschaftliche Existenz auf dem Spiele steht (BAG BB 1975 1115). Dagegen ist grundsätzlich nicht von Belang, inwieweit der Ruhegehaltsempfänger auf das Ruhegehalt angewiesen ist. Die Bedingungen, die an die Darlegung der Existenzgefährdung der Gesellschaft gestellt werden müssen, sind höher anzusetzen als wenn nur die Herabsetzung der Vergütung aus laufenden Dienstverträgen angestrebt würde (BAG BB aaO). Doch ist nicht erforderlich, daß die Weiterzahlung der Bezüge zum sofortigen Zusammenbruch des Unternehmens führen müßte (RGZ 148 91, 95). Im Gegenteil — bei einer derartigen Sachlage dürfte es für die Sanierung des Unternehmens in aller Regel zu spät sein. Der Plan zur Sanierung der Gesellschaft muß aber Erfolg versprechen (BAG WM 1977 1287). Ist die Konkurseröffnung unvermeidlich, so ist eine Kürzung nicht mehr gerechtfertigt (BAG AP Nr. 157 zu § 242 B G B Ruhegehalt). Das Prinzip, daß die Kürzung nicht weitergehen darf als zur Bestandserhaltung der 181 Gesellschaft unbedingt erforderlich, muß auch in zeitlicher Hinsicht Geltung beanspruchen. Das bedeutet: Der Berechtigte muß in die Herabsetzung grundsätzlich mit dem Vorbehalt einwilligen können, daß die Gesellschaft bei einer Besserung ihrer Lage wieder das ursprüngliche Ruhegehalt zu zahlen habe ( Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 84, 33; Mertens Kölner KommAktG § 84, 42). Allerdings kann der endgültige Verzicht auf einen Teil des Ruhegehalts notwendige Voraussetzung dafür sein, daß sich überhaupt eine erfolgversprechende Sanierung der Gesellschaft ermöglichen läßt. (53)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Insbesondere in Fällen, in denen der Unternehmer-Geschäftsführer die Notlage der Gesellschaft grob schuldhaft verursacht hat, muß ihm zugemutet werden, durch einen solchen Verzicht zum Gelingen der Sanierung beizutragen (vgl. oben Rdn. 178). 182 Zur Möglichkeit und Bedeutung eines vertraglichen Vorbehalts der Herabsetzung vgl. oben 156, 159. Ist ein solcher Vorbehalt mit einem Unternehmer-Geschäftsführer vereinbart, so ist in erster Linie der Inhalt der entsprechenden Vereinbarung maßgeblich. Hilfsweise können aber auch hier die Gesichtspunkte eingreifen, die für eine Herabsetzung nach § 242 BGB gelten. 183 cc) Das Ruhegehalt bei Insolvenz. Nach Maßgabe von § 7 BetrAVG sind alle laufenden Ruhegehaltsansprüche oder unverfallbaren Anwartschaften aus Versorgungszusagen, Direktversicherungen oder gegen Unterstützungskassen insolvenzgesichert. Diese Sicherung gilt für alle unter § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG fallenden Geschäftsführer (vgl. dazu oben Rdn. 77, 155). Für andere Geschäftsführer ist der Ruhegehaltsanspruch im Konkurs des Dienstherrn eine gewöhnliche Konkursforderung. Auf UnternehmerGeschäftsführer findet auch § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO keine Anwendung (vgl. oben Rdn. 125). Die Insolvenzsicherung von Versorgungsansprüchen und -anwartschaften, die ein Geschäftsführer als abhängiger Geschäftsführer erworben hat, geht nicht verloren, wenn er zum Unternehmer-Geschäftsführer wird (vgl. OLG Köln DB 1978 1550; Wiedemann-Moll RdA 1977, 25). h) Steuerliche Behandlung des Ruhegehalts 184
aa) Die Versteuerung des Ruhegehalts durch den Geschäftsführer. Ruhegelder hat der Geschäftsführer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 LStDV im Zeitpunkt ihrer Auszahlung zu versteuern. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft zur Deckung eine Rückversicherung eingegangen ist. Dagegen sind Prämien, die die Gesellschaft für eine Direktversicherung des Geschäftsführers bezahlt, in der 312 DM übersteigenden Höhe als Zukunftssicherung lohnsteuerpflichtig (§ 2 Abs. 3 Satz 2 LStDV), wobei jedoch nach § 19 BetrAVG i. V. mit § 40b Abs. 1 EStG der Beitrag an die Lebensversicherung bis zu einem Betrag von 2400,— DM jährlich lediglich einer pauschalen Lohnsteuer von 10% unterworfen ist.
bb) Die steuerliche Situation der Gesellschaft. Das Versprechen, aus betrieblichen Gründen Ruhegehalt zu zahlen, berechtigt die Gesellschaft gemäß § 6a EStG zu jährlichen Rückstellungen. Zur Frage einer Passivierungspflicht für solche Rückstellungen vgl. BFH AG 1978 167, 170 m. Anm. Forster. Körperschaftsteuerwirksam sind nur Rückstellungen auf eine schriftliche Vereinbarung hin, aus der sich Grund und Höhe des Ruhegehalts klar ergeben. Einer solchen Vereinbarung steht es gleich, wenn dem Geschäftsführer im Sinne von § 2 Abs. 6 BetrAVG Auskunft darüber erteilt wird, ob für ihn die Voraussetzungen einer unverfallbaren betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind und in welcher Höhe er Versorgungsleistungen bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenzen beanspruchen kann. Rückstellungen für Ruhegehaltszusagen allein aufgrund betrieblicher Übung oder Gleichbehandlung werden steuerrechtlich nicht anerkannt. 186 Die nachträgliche Erweiterung des Leistungsumfanges des Ruhegehalts durch eine Anpassungsregelung ist für die Zukunft in voller Höhe als Betriebsausgabe anzuerkennen, soweit eine betriebliche Veranlassung zur Erhöhung gegeben ist (BFH BStBl. 1972 II 501). Eine an der Entwicklung der Sozialversicherungsleistungen orientierte Anpassung wird durchweg steuerlich ebenso anzuerkennen sein (Herrmann/Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 6 KStG, 150) wie eine Anpassung, die einer Anhebung der Ruhegehaltsleistungen für die Arbeitnehmer des Unternehmens entspricht (Förster/Rössler GmbH-Rdsch. 1975 234; Knobbe-Keuk [1977] § 19 I 2 c). Im
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übrigen ergibt sich aus § 16 BetrAVG die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer Anpassung von Ruhegehaltsbezügen, die auch über den Kreis der von diesem Gesetz erfaßten Geschäftsführer hinaus von den Steuerbehörden zu respektieren ist (vgl. Tillmann S. 60). Eine rückwirkende Erhöhung des Ruhegehalts fällt unter das Nachzahlungsverbot (Schulze zur Wiesche GmbH-Rdsch. 1976 93; vgl. dazu oben Rdn. 145). Widerrufsvorbehalte, die über den Katalog steuerunschädlicher Vorbehalte (vgl. 187 oben Rdn. 156, 159) hinausgehen, führen in der Praxis der Finanzbehörden zur Versagung der steuerlichen Anerkennung entsprechender Rückstellungen (vgl. dazu oben Rdn. 178). Steuerschädlich ist insbesondere auch der Vorbehalt des Widerrufs bei Unternehmerwechsel (Inhaberklausel); EStR 41 Abs. 2. Auch die Ruhegehaltszusage des Geschäftsführers ist Teil der Gesamtvergütung und 188 fällt insofern unter das steuerliche Angemessenheitsgebot und das Nachzahlungsverbot (BFH BStBl. 1968 II 809). Zu dem Kreis der vom Angemessenheitsgebot und vom Nachzahlungsverbot betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer vgl. oben Rdn. 143ff., 146f., 151). Ruhegehaltsvereinbarungen mit beherrschenden Gesellschaftern berechtigen nur dann 189 zu Rückstellungen, wenn den Umständen nach damit zu rechnen ist, daß der Ruhegehaltsberechtigte tatsächlich zum vorgesehenen Zeitpunkt als Geschäftsführer ausscheidet und in den Ruhestand tritt. Andernfalls erkennt die Rechtsprechung die Ernsthaftigkeit des Ruhegeldversprechens grundsätzlich nicht an (BFH BStBl. 1963 III 339). Der BFH hat hier als der Lebenserfahrung entsprechend ein Ausscheiden aus der Geschäftsführung nach Erreichen des 75. Lebensjahres angesehen und Rückstellungen für diesen Pensionierungszeitpunkt zugelassen (BFH BStBl. 1966 III 202). Seine Rechtsprechung ist durch die Änderung des § 6a Abs. 3 Ziff. 1 Satz 3 EStG nicht berührt worden, vgl. EStR Abschnitt 41 Abs. 8. Soweit der Gesellschafter-Geschäftsführer mit Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. vor Vollendung des 75. Lebensjahres in den Ruhestand tritt, hat die Gesellschaft die Wahl zwischen der Berücksichtigung der laufenden Pensionszahlungen als Betriebsausgaben oder einmaliger Rückstellung, bezogen auf den früheren Ruhestandseintritt, vgl. BFH BStBl. 1974 II 694; Sudhoff S. 79. Der Grundsatz, daß Rückstellungen für Einmann- und Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer am fiktiven Pensionierungsalter von 75 Jahren orientiert sein müssen, gilt dann nicht, wenn wegen des Gesundheitszustands des begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführers mit einer weiteren Tätigkeit über den angenommenen Pensionierungszeitpunkt hinaus tatsächlich nicht zu rechnen ist (Heubeck-Heitmann S. 44). Der Grundsatz bezieht sich auch nicht auf einen Gesellschafter, der nur beratend, nicht aber als Geschäftsführer tätig ist (BFH BStBl. 1974 II 363). Die für die Versorgung eines Fremdgeschäftsführers gewinnmindernd gebildete Rücklage muß auch nicht aufgelöst werden, wenn dieser Anteile erwirbt und Mehrheitsgesellschafter wird (BFH BStBl. 1975 II 437; Kieschke DB 1977 1837). Gibt ein Gesellschafter seine Gesellschaftsanteile auf und verbleibt er als Fremdgeschäftsführer mit Pensionszusage in der Gesellschaft, so sind nur die Zahlungen auf den Ruhegehaltsanspruch, den er als Fremdgeschäftsführer erwirbt, nach § 6a EStG passivierungsfähig (Heubeck-Heitmann S. 55). Das fiktive Pensionsalter von 75 Jahren für den Mehrheitsgesellschafter gilt nicht für 190 den Fall, daß die Gesellschaft für ihn eine Direktversicherung abschließt (vgl. dazu oben Rdn. 141). Die Beiträge zu dieser Versicherung bilden als ein vom Geschäftsführer sofort zu versteuernder Arbeitslohn in voller Höhe Betriebsausgaben bei der Gesellschaft (DB 1975 2155; so auch Kieschke DStZ/A 1975 98; a.A. Haug-Adnon DB 1975 2012; zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Direktversicherungen siehe im einzelnen BMF-Schreiben vom 24. 5. 1978, BB 1978 843). (55)
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Die Tatsache, daß der Bundesfinanzhof Rückstellungen für MehrheitsgesellschafterGeschäftsführer nur im Rahmen der Zugrundelegung eines Pensionsalters von 75 Jahren anerkennt, hindert die Gesellschaft nicht, dem Mehrheitsgesellschafter eine Versorgungszusage auf einen früheren Zeitpunkt hin zu machen (vgl. zur zivilrechtlichen Zweckmäßigkeit einer solchen Versorgungszusage Tillmann S. 63). Bei Hinterbliebenenpensionen sind Rückstellungen unter Zugrundelegung versicherungsmathematischer Grundsätze zulässig. Das beim Mehrheitsgesellschafter zugrunde gelegte fiktive Pensionsalter von 75 Jahren ist hier nicht maßgebend, weil der Eintritt des Versorgungsfalls sich einer gesellschaftsrechtlichen Beeinflussung entzieht (BFH BStBl. 1968 II 809; B F H DB 1974 1319; B F H D B 1977 941). Ob Rückstellungen für Hinterbliebenenpensionen steuerlich in voller Höhe anerkannt werden, hängt davon ab, ob sie als betrieblich veranlaßt und üblich gelten können. Als Indiz für die betriebliche Veranlassung wird der Abschluß einer Rückdeckungsversicherung angesehen (BFH D B 1977 892). Als üblich kann die Hinterbliebenenversorgung dann gelten, wenn sie einem in vergleichbarer Lage befindlichen Fremdgeschäftsführer ebenfalls gewährt worden wäre. Arbeitet die Ehefrau eines Geschäftsführers mit, so können Rückstellungen gemäß § 62 EStG dann gebildet werden, wenn die Zusage ernsthaft, klar und eindeutig formuliert, dem Grunde nach üblich und in der Höhe angemessen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 1. 2. 1977, BStBl. 1977 I 56). Falls Vergleichsgrößen zur Ermittlung der Angemessenheit fehlen, sah das vorhergehende BMF-Schreiben vom 21. 3. 1972 (BStBl. 1972 I 173) ein Ruhegeld dann als angemessen an, wenn es 75% des letzten Gehalts der mitarbeitenden Ehefrau nicht überschritt. Diese Grenze ist durch das neue Schreiben nicht aufgehoben worden (Kiescbke D B 1977 880). Eine Pensionszusage, die neben einer Witwenrente für die jetzige Ehefrau auch die Versorgung der geschiedenen Ehefrau des GesellschafterGeschäftsführers vorsieht, wird demgegenüber vom B F H WM 1977 1100 für unüblich und nicht betriebsbedingt gehalten. Geht die Gesellschaft hinsichtlich einer Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung ein, so sind die dafür zu leistenden Prämien abzugsfähige Betriebsausgaben (vgl. im einzelnen Heubeck-Heitmann S. 59). cc) Besonderheiten bei der G m b H & C o . K G . Bei Ruhegehaltsvereinbarungen von Geschäftsführern einer GmbH & Co. ist zu beachten, daß der GmbH-Geschäftsführer, der gleichzeitig Kommanditist der G m b H & Co. ist, steuerlich als Geschäftsführer der G m b H & Co. selbst behandelt wird (BFH BStBl. 1960 III 408). Seine Tätigkeitsvergütung ist damit als Unternehmerlohn gemäß § 15 Nr. 2 EStG Gewinn, der auf seinen Kommanditanteil entfällt (BFH BStBl. 1968 II 579). Da aber Pensionsrückstellungen für Gesellschafter bei Personengesellschaften nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, sondern die Pensionszusage als Gewinnverteilungsabrede unter den Gesellschaftern gilt (BFH BStBl. 1967 III 222; B F H BStBl. 1973 II 298), sind Rückstellungen weder bei der K G noch bei der GmbH zulässig (BFH BStBl. 1970 II 415); vgl. oben Rdn. 149. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die GmbH eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet (BFH BStBl. 1968 II 579). Ist der Geschäftsführer der G m b H dagegen nicht Gesellschafter der GmbH & C o . , so können bei der G m b H Rückstellungen gebildet werden, die als Betriebsausgaben bei der einheitlichen Gewinnfeststellung zu berücksichtigen sind (vgl. Hesselmann Handbuch der G m b H & Co., 15. Aufl. [1976] Rz. 296; Heubeck-Heitmann S. 51). dd) Besonderheiten bei der Umwandlung der G m b H in eine Personalgesellschaft und umgekehrt. Die Umwandlung einer G m b H in eine Kommanditgesellschaft führt nicht zum Erlöschen einer Pensionsverpflichtung der G m b H gegenüber ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, der im Zuge der Umwandlung Gesellschafter der Kommanditist)
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gesellschaft wird. Eine zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers durch die GmbH zulässigerweise gebildete Pensionsrückstellung ist nicht wegen der Umwandlung der GmbH in eine Kommanditgesellschaft von dieser gewinnerhöhend aufzulösen (BFH BStBl. 1978 II 798 = AG 1978 167 m. Anm. Forster aaO 170). Zur Frage, wie Pensionsverpflichtungen im Rahmen von §20 Umwandlungssteuer- 198 gesetz, die eine Personengesellschaft gegenüber ihrem Mitunternehmer eingegangen ist, zu behandeln sind, wenn der Betrieb der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird und die Kapitalgesellschaft die Pensionszusage übernimmt vgl. BMFSchreiben vom 16. 6. 1978, BStBl. 1978 I 235.
3. Auslagenersatz Gemäß § 669 BGB hat der Geschäftsführer Anspruch auf Auslagenersatz. Dazu 199 gehören auch die Kosten eines Rechtsstreites oder einer Strafverteidigung, wenn es um dienstbezogene Vorwürfe geht (BAG 9 243, 249). Nach BGHZ 41 223ff. = JZ 1964 587 mit abl. Anm. Stree stellt die Übernahme von Geldstrafen durch die Gesellschaft jedenfalls dann keine Begünstigung dar, wenn der Geschäftsführer sie zunächst selbst bezahlt hat. Strafbare Begünstigung liegt aber dann vor, wenn die Gesellschaft dem Geschäftsführer den Geldstrafenersatz von vornherein zusagt (BAG aaO). Ein Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz von Geldstrafen gegen die Gesellschaft ist grundsätzlich ausgeschlossen. Steuerrechtlich wird für den Aufwendungsersatz zugunsten eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers eine im voraus getroffene klare und eindeutige Vereinbarung verlangt. Der Nachweis, daß die Gesellschaft in Erfüllung eines gesetzlichen — aber abdingbaren — Ersatzanspruchs zahlt, soll das Steuerrecht nicht hindern, den Aufwendungsersatz in diesem Fall als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen (BFH DB 1977 383). Billigenswert ist diese Auffassung nicht.
4. Urlaub Das Bundesurlaubsgesetz gilt für Geschäftsführer nicht; doch haben sie Anspruch 200 auf angemessenen Urlaub (BGH WM 1975 76). Die für den Urlaubsanspruch leitender Angestellter geltenden Grundsätze können im Zweifel herangezogen werden (BGH LM Nr. 5 zu § 35 GmbHG). Hat der Geschäftsführer den ihm zustehenden Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht genommen, so steht ihm ein Anspruch auf Abgeltung in Geld zu (BGH LM aaO). Ist über den Urlaub im einzelnen keine vertragliche Regelung getroffen, so kann der Geschäftsführer gegebenenfalls nach Abstimmung mit den übrigen Geschäftsführern Urlaubszeitpunkt und Urlaubsdauer im Rahmen des Angemessenen selbst bestimmen. Er muß für eine geeignete Vertretung sorgen ( S u d h o f f Rechte und Pflichten, S. 14).
5. Zeugnis Geschäftsführer haben einen Anspruch auf Zeugniserteilung gegen die Gesellschaft. 201 Dies gilt nicht nur - wie man aus BGHZ 49 30 schließen könnte - für abhängige Geschäftsführer; denn auch Unternehmer-Geschäftsführer müssen, obwohl von ihnen im Falle einer beruflichen Veränderung durchweg nicht die Vorlage eines Zeugnisses erwartet werden wird, gegebenenfalls im Interesse ihres Fortkommens eine Bewertung ihrer Leistung durch die Gesellschaft erlangen können (vgl. dazu auch Peltzer BB 1976 1252). (57)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung G. Pflichten des Geschäftsführers aus dem Anstellungsverhältnis 1. Pflichtbegründung durch Anstellungsvertrag und Organstellung
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Der Anstellungsvertrag kann den haftungsrechtlichen Maßstab, dem der Geschäftsführer nach § 43 aufgrund seiner Organstellung unterliegt, präzisieren (vgl. § 43, 12, 54). Er kann auch für den Fall schuldhafter Verletzung dieser Pflichten — wie für die Verletzung anstellungsvertraglicher Pflichten im allgemeinen — eine Vertragsstrafe vorsehen (RG HRR 1930 Nr. 1602). Der Anstellungsvertrag statuiert - ob ausdrücklich oder konkludent — auch die Pflicht des Geschäftsführers, die mit der Bestellung zum Organ verbundenen Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen; vgl. dazu § 43, 23ff., zum Wettbewerbsverbot während der Bestellung und zu den Grenzen der Kreditgewährung, die in §§ 71 f. RegE 1971 eine ausdrückliche Regelung finden sollten, vgl. § 43, 41. Umgekehrt folgen die Pflichten, die das Gesetz an den Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, also an den üblichen Vertragstyp, der dem Anstellungsverhältnis zugrunde liegt, anknüpft, auch schon aus der Organstellung des Geschäftsführers. Dies gilt etwa für die Pflicht zur Befolgung von Weisungen mit der Möglichkeit der Abweichung nach § 665 BGB, die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach § 666 BGB, die auch nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers weiterwirken kann, die Herausgabepflicht nach § 667 BGB und die Verzinsungspflicht nach § 668 BGB. Alle diese Pflichten treffen jedenfalls auch den faktischen Geschäftsführer. 2. Spezifisch anstellungsvertragliche Pflichten
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Daneben steht es den Parteien frei, im Anstellungsvertrag noch besondere Verpflichtungen des Geschäftsführers zu vereinbaren.
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a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Nicht selten wird dem Geschäftsführer im Anstellungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auferlegt. Grenzen für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ergeben sich aus § 138 BGB, daneben auch aus § 1 GWB (vgl. dazu Beuthien ZHR 142 1978 259, 297). § 1 GWB steht einem solchen Wettbewerbsverbot jedenfalls dann nicht im Wege, wenn es nicht geeignet ist, die Marktverhältnisse zu beeinflussen (BGHZ 68 6, 10ff.). Es ist auch in diesem Falle zulässig, wenn es für den Bestand und die Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. dazu im Hinblick auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu Lasten des Gesellschafters einer Personengesellschaft BGHZ 38 306 einerseits und BGH GmbH-Rdsch. 1978 107 andererseits). 205 Auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für einen Geschäftsführer sind die §§ 74 ff. HGB zwar nicht unmittelbar anwendbar (OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1973 58); jedoch ist der in § 74a Abs. 1 Satz 1 HGB enthaltene Rechtsgedanke grundsätzlich auch für Organmitglieder zu beachten (Bellstedt GmbH-Rdsch. 1976 238f.; Peltzer BB 1976 1252). Ein Wettbewerbsverbot, das nicht den Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses der Gesellschaft zum Ziel hat, verdient keine Anerkennung. Jedenfalls bei einem abhängigen Fremdgeschäftsführer wird auch das Verbot der Karenzentschädigung nach S 74 Abs. 2 HGB und das Verbot einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Gebundenen nach S 74 Abs. 1 Satz 2 HGB entsprechende Berücksichtigung finden müssen, und auch hier wird ein Wettbewerbsverbot oft nur dann angemessen sein, wenn es auf einen gewissen Zeitraum beschränkt ist (vgl. dazu S 74a Abs. 1 Satz 3 HGB). Bei der Frage einer entsprechenden Anwendung der §§ 74 ff. HGB sind die Umstände des Einzelfalls anhand der von der Rechtsprechung für relevant gehaltenen Kriterien zu prüfen, so insbesondere die Dauer des Anstellungsverhältnisses, der Grad der Weisungsabhängigkeit, die Höhe der Vergütung, die dem Geschäftsführer noch offenstehenden (58)
Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers (Mertens)
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Betätigungsmöglichkeiten und die Frage, ob ihm eine Pension gewährt wird (¡Sellstedt aaO 239). Die Parteien können im Anstellungsvertrag die Anwendung der §§ 74 ff. HGB ausdrücklich vereinbaren und somit Zweifelsfragen, wieweit diese Bestimmungen im Einzelfall analog anwendbar sind, von vornherein ausschließen (Bellstedt aaO 239). Eine Typologie der in der Praxis vorzufindenden Wettbewerbsabreden gibt Bellstedt aaO. Unklarheiten der Wettbewerbsklausel gehen zu Lasten der Gesellschaft (OLG Frankfurt GmbH-Rdsch. 1973 58f.). Verweist eine Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die Vorschriften des HGB, insbesondere auf die §§ 74 und 74c HGB, so liegt darin im Zweifel die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgeschriebenen Mindesthöhe (BAG WM 1976 21). Zu den Sanktionen bei Nichteinhaltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vgl. Baumbuch-Duden HGB 2 3 § 74c, 1 G; ein Eintrittsrecht der Gesellschaft (vgl. § 43, 41) ist hier nicht gegeben; auch greifen nicht die spezifischen Verjährungsvorschriften wie nach § 88 Abs. 3 AktG und §§61 Abs. 2, 113 Abs. 3 ein. b) Mögliche weitere anstellungsvertragliche Pflichten. Nicht selten begründen 206 Anstellungsverträge weitere Verpflichtungen des Geschäftsführers, so z. B. eine Residenzpflicht, eine Pflicht zur Mitteilung von Ortsabwesenheit, ein Nebentätigkeitsverbot, die Untersagung bestimmter Geschäfte, eine Pflicht zur Übernahme bestimmter Ämter außerhalb der Gesellschaft usw. Ist statuiert, daß der Geschäftsführer eine Nebenbeschäftigung nur mit Zustimmung der Gesellschaft ausüben darf, so ist damit jede entgeltliche Tätigkeit, auch die während der Freizeit ausgeübte, erfaßt (BGH WM 1956 865).
V. Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft Für Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft sind 207 grundsätzlich die ordentlichen Gerichte zuständig (§ 5 ArbGG). Für Ansprüche der Gesellschaft oder der Gesellschafter gegen einen Geschäftsführer ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gegeben (§ 29 ZPO). Als Organ der Gesellschaft hat der Geschäftsführer seine Pflichten gegenüber der GmbH grundsätzlich an deren Sitz zu erfüllen. Für Klagen aus unerlaubter Handlung gilt der Gerichtsstand des Tatorts nach § 32 ZPO. Rechtsstreitigkeiten zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft sind Handelssachen (§ 95 Abs. 1 Nr. 4 a GVG). Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist grundsätzlich auch dann gegeben, 208 wenn ein früherer Geschäftsführer nach seiner Abberufung Ansprüche aus dem mit Rücksicht auf seine Bestellung zum Geschäftsführer abgeschlossenen Anstellungsvertrag geltend macht (BAG 24 383; BAG AP Nr. 14 zu § 15 ArbGG 1953). Die Arbeitsgerichte sind aber zuständig, wenn der Geschäftsführer nach seiner Abberufung wieder als Angestellter in den Betrieb eingegliedert worden ist (BAG AP Nr. 19 zu § 5 ArbGG m. Anm. Grunsky = SAE 1975 32 m. Anm. Weber; LG Braunschweig NJW 1976 1748). Das gilt auch insoweit, als die Kündigung auf Vorgänge während der Tätigkeit des Klägers als Organmitglied gestützt wird. Entscheidend ist allein, daß es nicht mehr um die Kündigung des der Organstellung zugrunde liegenden Anstellungsvertrages, sondern um die des nach Beendigung des organschaftlichen Amtes neu begründeten Anstellungsverhältnisses geht (BAG AP Nr. 19 aaO). Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitfragen aus dem Anstellungsverhältnis 209 kann dann begründet sein, wenn der Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer zu einer Zeit geschlossen wurde, als dieser noch Angestellter war, und keine — zumindest kon(59)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
kludente — Änderung im Hinblick auf die Begründung der Organstellung erfahren hat; vgl. BAG 24 383 und BAG BB 1961 98. In der letztgenannten Entscheidung war eine Ruhegehaltszusage streitig, die dem Vorstandsmitglied einer Genossenschaft allein im Hinblick auf seine weitere Tätigkeit als Rendant gegeben worden war. Es übte diese Tätigkeit deutlich abgegrenzt neben dem Vorstandsamt aus. Da sich hier der Anspruch des Klägers überhaupt nur aus seinem Arbeitsverhältnis ergab, mußte die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ohne weiteres bejaht werden. In BAG 24 383 handelte es sich darum, daß der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG früher als leitender Angestellter der Kommanditgesellschaft beschäftigt war und dann seine Funktion in der GmbH im Rahmen des bereits bestehenden Anstellungsvertrages mit der Kommanditgesellschaft übernahm. Das BAG entschied, daß für Streitigkeiten aus einem derartigen Anstellungsverhältnis nach dem Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer die Gerichte für Arbeitssachen jedenfalls dann sachlich zuständig sind, wenn der Anstellungsvertrag nicht ausschließlich die Geschäftsführertätigkeit zum Gegenstand hatte. Grundsätzlich liegt allerdings in der Bestellung eines bisherigen Angestellten zum Geschäftsführer zugleich auch eine — jedenfalls konkludente — Neubegründung seines Anstellungsvertrages; denn er soll nunmehr verpflichtet sein, die Organpflichten eines Geschäftsführers auszuüben. Bei dem Wechsel eines leitenden Angestellten einer Kommanditgesellschaft als Geschäftsführer in eine in die Kommanditgesellschaft eintretende GmbH wird überdies vielfach davon auszugehen sein, daß nunmehr die GmbH selbst Vertragspartner ihres Geschäftsführers werden und der Anstellungsvertrag mit ihr den mit der Kommanditgesellschaft ersetzen soll. Ob die Parteien einen einverständlichen Vertragsübergang vollzogen haben, kann allerdings nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Das Bundesarbeitsgericht weist in BAG 24 383 mit Recht darauf hin, daß dem zum Geschäftsführer der GmbH berufenen Angestellten einer Kommanditgesellschaft kein Interesse daran unterstellt werden kann, die Kommanditgesellschaft aus ihren vertraglichen Verpflichtungen zu entlassen, wenn in der GmbH kein entsprechendes Haftungssubstrat bereitsteht. Nach Lage des Falles kann hier anzunehmen sein, daß neben dem fortbestehenden Anstellungsvertrag mit der Kommanditgesellschaft auch ein Anstellungsvertrag mit der GmbH zustande kommt. Es muß dann gefragt werden, auf welchen Vertrag sich der Anspruch des Klägers bezieht.
VI. Geschäftsführungsbefugnis 210
Eine — dem § 77 AktG vergleichbare — die Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter regelnde Bestimmung kennt das GmbH-Recht nicht. Es beschränkt sich insoweit auf die Aussage des § 37, wonach die Geschäftsführer an Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag oder Beschlüsse der Gesellschafter gebunden sind. In § 61 RegE 1971 sollte ausdrücklich statuiert werden, daß mehrere Geschäftsführer, sofern die Gesellschafter nichts anderes bestimmen, nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt sind. Dies ist im Hinblick auf § 35 Abs. 2 Satz 2 auch für das geltende Recht anzunehmen. Genauso wie ein Gesamtvertreter den anderen in bestimmten Fragen zur Alleinvertretung ermächtigen kann (dazu unten Rdn. 263ff.), muß es den Geschäftsführern aber auch ohne entsprechende Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder der Gesellschafter freistehen, bei Wahrung ihrer Gesamtverantwortung bestimmte Geschäftsführungsaufgaben jeweils einem von ihnen zuzuweisen. Zieht man dies in Betracht, so folgt aus der dem Arbeitsdirektor zwingend zugeordneten Kompetenz für den Kernbereich der Personal- und Sozialangelegenheiten nicht, daß dieser im Gegensatz zu anderen Geschäftsführern durch die Gesellschafter mit Einzelgeschäfts(60)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
§35
führungsbefugnis ausgestattet werden müßte. (Vgl. im übrigen zur Geschäftsführung und ihren Beschränkungen § 37, 3ff. und zum Arbeitsdirektor § 37, 13ff.). VII. Vertretung Schrifttum Aigner Die Selbstermächtigungserklärung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Einmann-GmbH, Diss. München (1965); Bayer Mitbestimmung und Konzern, DB 1975 1167; Blomeyer Die teleologische Korrektur des § 181 BGB, AcP 172 1972 1; ders. Zur Problematik des § 181 BGB für die Einmann-GmbH, NJW 1969 127; Buchwald Die Gesamtvertretung bei der GmbH, GmbH-Rdsch. 1960 180; Däubler Die Grenzen der Vertretungsmacht des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1964 223; Eder Generalvollmacht bei der GmbH, GmbH-Rdsch. 1962 225; Eichler Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands durch § 32 MitbestG, BB 1977 1064; Fleck Zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1970 221; Frels Uberweisung von Vertretungsmacht an ein einzelnes Mitglied des Vorstands der AG, ZHR 122 1959 173; Frotz Verkehrsschutz im Vertretungsrecht (1972); Heim Zur Zulässigkeit einer Allgemeinbevollmächtigung von Mitgliedern der Gesamtvertretung einer Kapitalgesellschaft, NJW 1961 1515; Hühner Interessenkonflikt und Vertretungsmacht (1977); Hueck Die Vertretung von Kapitalgesellschaften im Prozeß, Festschrift Bötticher (1969) S. 197; Klamroth Vertretung der Gesellschaft bei Verträgen mit einem geschäftsführenden Gesellschafter, BB 1975 851; Kollhosser Probleme konkurrierender aktienrechtlicher Gerichtsverfahren, AG 1977 117; Kunze Die gesetzliche Regelung der Mitbestimmung in den Montan-Obergesellschaften, AuR 1956 257; Leßmann Teleologische Reduktion des § 181 BGB beim Handeln des Gesellschafter-Geschäftsführers der Einmann-GmbH, BB 1976 1377; Liermann Die Vertretung der Handelsgesellschaften und der Nachweis einer solchen Vertretung, DNotZ 1967 221; Lüdtke-Handjery Die „Ermächtigung" eines gesamtvertretungsberechtigten OHG-Gesellschafters zum Alleinhandeln, DB 1972 565; Müller Gesetzliche Vertretung ohne Vertretungsmacht, AcP 168 1968 114; Plander Die Geschäfte des Gesellschafter-Geschäftsführers der Einmann-GmbH mit sich selbst (1969); ders. Rechtsgeschäfte zwischen Gesamtvertretern, DB 1975 1493; Pleyer Erklärungen eines einzelnen Geschäftsführers bei Gesamtvertretung, GmbH-Rdsch. 1959 161; Reinicke Gesamtvertretung und Insichgeschäft, NJW 1975 1185; Philipp Die Ausübung von Beteiligungsrechten nach § 32 des Mitbestimmungsgesetzes, DB 1976 1622; vom Rath Schwierigkeiten bei der Ausübung der Gesamtvertretung beim Vorstand der Aktiengesellschaft, Diss. Köln (1965); Ripfel Ist Generalvollmacht an GmbH-Gesamtgeschäftsführer oder Dritte zulässig? GmbH-Rdsch. 1953 181; Winter Urteilsanmerkung, GmbH-Rdsch. 1965 195; Winterfeld Zur Vernehmung von Zeugen durch das Bundeskartellamt in Kartellordnungswidrigkeitsverfahren, BB 1976 344. Gemäß Abs. 1 sind die Geschäftsführer — einschließlich der stellvertretenden (§ 44) 211 — das ordentliche ständige Vertretungsorgan der Gesellschaft, dessen Handeln dieser selbst als eigenes Handeln zugerechnet wird. Sie können in dieser Funktion durch keine andere Person und kein anderes Organ ersetzt oder verdrängt werden. Der gesetzliche Umfang ihrer Vertretungsmacht ist unbeschränkbar ( § 3 7 Abs. 2). Praktisch wird der Verkehrsschutz, den die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Geschäftsführer gewährleisten soll, durch die Grundsätze über den Mißbrauch der Vertretungsmacht nicht unerheblich eingeschränkt (vgl. dazu näher § 37, 35ff.). Der RegE 1971 sah in § 62 eine ausführlichere Regelung des Vertretungsrechts vor (vgl. oben Rdn. 12 und 14). (61)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
1. Vertretung und gesellschaftsinterne Maßnahmen Vertretung ist jedes nach außen wirkende rechtsgeschäftliche Handeln im Namen der Gesellschaft, einschließlich der Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen, nicht dagegen die interne Mitwirkung der Organe bei der Konstituierung, Organisation und Willensbildung der Gesellschaft (vgl. auch Feine, S. 489; Eder Wilke-Berg-Gottschling-Gaul Rz. 580. 1), also z. B. nicht die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (BGH BB 1968 560; BGH WM 1969 158f.), wohl aber der Abschluß ihres Anstellungsvertrages und ihre Kündigung. Gesellschaftsintern stehen den Geschäftsführern nur die Rechte zu, die ihnen durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag zugewiesen sind. Diese Rechte üben sie nicht im Namen der Gesellschaft aus. Eine den Geschäftsführern obliegende interne gesellschaftsrechtliche Maßnahme ist die Einladung zur Gesellschaftsversammlung (vgl. § 49, 6). 213 Zur Vertretung gehören auch diejenigen Handlungen, die die Geschäftsführer namens der Gesellschaft im Verhältnis zu anderen Organmitgliedern und zu den Gesellschaftern vornehmen, und zwar auch, soweit mitgliedschaftliche Beziehungen der letzteren betroffen sind (dazu Mertens Kölner KommAktG § 78, 5). 214 Auch die Erteilung von Prokura oder Handlungsvollmacht ist Vertretungshandlung und nicht nur innergesellschaftliche Maßnahme. Die Bestellung eines Prokuristen durch den Geschäftsführer ist also auch dann wirksam, wenn ihr der nach § 46 Nr. 7 erforderliche Gesellschafterbeschluß nicht zugrunde liegt (Baumback-Hueck § 35, 4a; Brodmann § 39, 2 A; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 13; Scholz § 46, 17; RGZ 75 164; RG JW 1911 334; RG JW 1923 121; KGJ 1940 70; OLG Düsseldorf SJZ 1949 779; abweichend Schilling Voraufl. § 37, 6A; vgl. jetzt aber § 46, 29). Der RegE 1971 wollte diese Rechtslage dadurch klarstellen, daß er die Ermächtigung der Gesellschafter zur Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb in § 66 Abs. 2 Satz 2 als Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis formulierte (vgl. § 37, 2). 215 Als Vertreter der Gesellschaft handeln die Geschäftsführer im Verhältnis zu deren Arbeitnehmern, also etwa bei Einstellungen, Kündigungen und im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts. Aber auch im Bereich der Betriebsverfassung und der Mitbestimmung nehmen die Geschäftsführer Rechte und Pflichten der Gesellschaft wahr. Arbeitgeber im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn ist grundsätzlich die Gesellschaft selbst, die durch ihre Geschäftsführer handelt (Galperin/Löwisch Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz [5. Aufl.] 1975 Vorbem. § 1, 31). Ob die Mitwirkungsaufgaben der Geschäftsführer im Rahmen der Wahlen von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer (vgl. § 6 Abs. 2 MitbestG mit der Verweisung auf das Verfahren der §§ 97—99 AktG sowie § 31 Wahlordnung 1953 zur Durchführung des BetrVerfG) von den Geschäftsführern in Vertretung der Gesellschaft vorgenommen werden, ist zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes zweifelhaft, unter systematischen Gesichtspunkten aber zu bejahen (vgl. für das Verfahren nach §§ 9 7 - 9 9 AktG Kollhosser AG 1977 117, 129; Mertens Kölner KommAktG §§ 9 7 - 9 9 , 32; vgl. auch Geßler Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 98, 14). Die Bekanntmachung nach § 97 AktG ist dagegen nur eine interne Maßnahme der Geschäftsführung, an der kraft zwingenden Rechts alle Geschäftsführer zu beteiligen sind (Geßler aaO § 97—99, 9). In den Wahlordnungen zum MitbestG (vgl. jeweils § 2) ist es das Unternehmen als solches, das zur Wahlbekanntmachung verpflichtet wird. 212
2. Umfang und Grenzen der Vertretungsmacht 216
Die Vertretungsmacht erstreckt sich grundsätzlich auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten. Sie bezieht sich auch auf den Behördenverkehr und auf die (62)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
§35
Beziehungen zu Selbstverwaltungsinstitutionen der Wirtschaft (z. B. Handelskammerwahlen). Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer besteht nur im Rahmen rechtlich möglicher Organkompetenzen oder allgemeiner: nur in den Grenzen zulässigen rechtlichen Handelns. Daher kann der Geschäftsführer z. B. keine unwiderrufliche Generalvollmacht erteilen (vgl. oben Rdn. 17 und unten Rdn. 270). a) Begrenzung der Vertretungsmacht durch Vertretungsbefugnisse anderer 217 Organe. Die gesetzliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer wird durch Vertretungsbefugnisse oder Mitvertretungsbefugnisse eingeschränkt, die kraft Gesetzes einem anderen Organ zugewiesen sind. Nach § 52 i. V. mit § 112 AktG vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft im Ver- 218 hältnis zu den Geschäftsführern, soweit der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorsieht; zur Abgrenzung zwischen der Vertretungsmacht der Geschäftsführer und der des Aufsichtsrats können die Kommentierungen zu § 112 AktG herangezogen werden. Für mitbestimmte Gesellschaften gilt § 112 AktG als zwingendes Recht (§ 77 Abs. 1 BetrVG 1952; § 3 Abs. 2 MontanmitbestG; § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG). Die Nichtigkeitsklage nach § 75 ist in entsprechender Anwendung von § 246 AktG 219 gegen die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer und gegebenenfalls durch den Aufsichtsrat, zu richten (Baumbach-Hueck § 75, 2 A; Scholz-Fischer8 4; vgl. im einzelnen die Erl. zu § 75). Dagegen finden die aktienrechtlichen Vorschriften über eine gemeinsame Vertretung 220 der Gesellschaft bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Hauptversammlung oder den festgestellten Jahresabschluß bei der GmbH — anders als bei der Genossenschaft (vgl. BGH BB 1978 629) — keine entsprechende Anwendung (BGH GmbH-Rdsch. 1962 134; Baumbach-Hueck Anh. § 47 C; Scholz § 45, 19). Auch die Satzung kann eine Mitvertretung durch den Aufsichtsrat nicht vorsehen; denn sie kann die Vertretungsmacht der Geschäftsführer nicht einschränken (anders Schmidt Voraufl. § 45, 23). Eine Vertretungskompetenz für die Gesellschafter enthält § 46 Nr. 5; denn aus 221 dieser Vorschrift ist zu entnehmen, daß sie die Geschäftsführer nicht nur bestellen und abberufen, sondern zugleich die GmbH beim Abschluß und bei einer Aufhebung des Anstellungsvertrages vertreten können. Wieweit diese Vertretungsbefugnis davon abhängt, daß der Anstellungsvertrag oder seine Beendigung in einem engen tatsächlichen Zusammenhang mit der Bestellung oder Abberufung stehen, ist streitig; vgl. dazu im einzelnen § 46, 18 ff. Die Gesellschafter können ihre gesetzliche Zuständigkeit zur Vertretung der Gesellschaft bei der Regelung des Anstellungsverhältnisses der Geschäftsführer auf einen Geschäftsführer oder auf den Aufsichtsrat delegieren. Sie bleiben dann aber ersatzweise zuständig, wenn die insoweit vertretungsbefugten Geschäftsführer oder der Aufsichtsrat funktionsunfähig sind (vgl. BGHZ 12 337, 340; Baumbach-Hueck § 46, 6 B). Mit § 46 Nr. 5 ist es unvereinbar, daß ein Geschäftsführer einem Dritten ein Recht 222 auf das Geschäftsführeramt einräumt (Fleck GmbH-Rdsch. 1970 225). Ebensowenig wie bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsbestimmung die Gesellschafter selbst einem Gesellschafter oder einem Dritten das Recht zur Bestellung oder zur Abberufung eines Geschäftsführers überlassen können (vgl. § 37, 26), ist einem Geschäftsführer die Eingehung einer entsprechenden Verbindlichkeit im Namen der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter oder einem Dritten möglich (Fleck aaO). In Gesellschaften, die dem MitbestG unterfallen, steht die Vertretung der Gesell- 223 schaft auch bei der Regelung des Anstellungsverhältnisses mit Geschäftsführern allein dem Aufsichtsrat zu (vgl. § 35, 101 ff.). Hier kommt eine Ersatzzuständigkeit der Gesellschafter nicht in Betracht. (63)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
224
Eine aufgelöste Gesellschaft vertreten die Liquidatoren (OLG Köln DB 1976 1572). Das gilt auch bezüglich der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Auflösungsbeschlusses ( B G H 2 36 207). Vgl. im übrigen die Erl. zu § 68.
225
b) Die Zustimmung des Aufsichtsrats nach §§ 15 MitbestErgG und 32 MitbestG als Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer. §§15 MitbestErgG und 32 MitbestG binden die Vertretungsmacht der Geschäftsführer an einen wirksamen Beschluß des Aufsichtsrats (Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 32, 14; Meilicke-Meilicke MitbestG § 32, 6; Th. Raiser MitbestG § 32, 21; Boldt MitbestErgG § 15, 5; Kötter MitbestErgG § 15, 10; Mertens Kölner KommAktG § 78, 12; Bayer DB 1975 1170, 1173; Philipp DB 1976 1622; Lehmann/Heinsius Aktienrecht und Mitbestimmung [1976] S. 41). Es handelt sich nicht nur um eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis (so aber für § 15 MitbestErgG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 30; Meyer-Landrut § 82 AktG, 14; Kunze AuR 1956 257, 261; für § 32 MitbestG Eichler BB 1977 1064); denn in beiden Vorschriften heißt es, daß das zur gesetzlichen Vertretung berufene Organ insoweit nur aufgrund von Beschlüssen des Aufsichtsrats handeln kann (dazu Philipp aaO 1624). Es muß angenommen werden, daß dem Gesetzgeber daran lag, die Möglichkeit des gesetzlichen Vertretungsorgans, sich mit Hilfe seiner unbeschränkten Vertretungsmacht über die Entscheidungszuständigkeit des Aufsichtsrats hinwegzusetzen, von vornherein auszuschließen. Die demgegenüber von Eichler im Hinblick auf die Organstruktur der Kapitalgesellschaft vorgetragenen Bedenken überzeugen nicht; denn der Grundsatz der Unbeschränktheit der Vertretungsmacht ist für den Gesetzgeber kein Dogma, und die Vorschriften der §§15 MitbestErgG und 32 MitbestG sind ohnehin aus rein gesellschaftsrechtlicher Sicht Fremdkörper. Hat der Aufsichtsrat beschlossen, erweist sich dieser Beschluß aber als unwirksam, so kann allerdings ein Bestandsschutz zugunsten Dritter im Hinblick auf die Vertrauenswirkung des faktischen Beschlusses in Betracht kommen (dazu grundsätzlich Mertens Kölner KommAktG § 108, 76).
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c) Keine Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer durch sonstige Zustimmungserfordernisse. Ist die Zustimmung eines anderen Organs nicht kraft einer zwingenden gesetzlichen Vorschrift erforderlich, so ist davon auszugehen, daß durch ihr Fehlen die Vertretungsmacht der Geschäftsführer nicht beeinträchtigt wird. Denn der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht steht nicht zur Disposition des Satzungsgebers oder eines Organs der Gesellschaft (vgl. im einzelnen § 37, 39ff.).
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d) Begrenzung der Vertretungsmacht durch § 181 BGB. Die Begrenzung der Vertretungsmacht durch § 181 BGB verbietet dem Geschäftsführer die Vertretung der Gesellschaft bei Geschäften mit sich selbst (Verbot des Selbstkontrahierens) und bei Geschäften, die er als Vertreter eines Dritten abschließt (Verbot der Mehrvertretung). Das Verbot des In-sich-Geschäfts greift auch ein, wenn ein Geschäftsführer auf Seiten der Gesellschaft nur als Gesamtvertreter handelt (RGZ 89 367, 373; Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 89). Satzung oder Gesellschafterbeschluß können einem Geschäftsführer die In-sich-Vertretung gestatten (Hefermehl aaO, 91). Das Verbot gilt nicht für Erfüllungsgeschäfte (§ 181 2. Halbs. BGB). Es gilt nicht für die körperschaftliche Willensbildung durch Gesellschafterbeschlüsse (BGHZ 52 316; 15 93; dazu kritisch Hübner [1977] S. 272ff.; zur Stimmabgabe vgl. § 47, 39ff.) und auch nicht für In-sich-Geschäfte des geschäftsführenden Alleingesellschafters (BGHZ 56 97 in Abkehr von BGHZ 33 189; vgl. im einzelnen § 13 Anh. I, 35 m. w. Nachw.; Hübner aaO S. 251 ff., 265; Lehmann BB 1976 1377). Schließlich kann der Geschäftsführer die Gesellschaft ohne Verstoß gegen § 181 BGB vertreten, wenn sie aus dem betreffenden Geschäft lediglich einen rechtlichen Vorteil hat, also etwa im Falle eines Verzichtsvertrages gemäß (64)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
§35
§ 397 BGB ( B G H Z 59 236 = J Z 1973 284 m. Anm. Stürmer). Der RegE 1977 sieht vor, daß § 35 um den folgenden Absatz 4 ergänzt werden soll: Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so bedürfen seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft der Schriftform. Auf die Rechtsgeschäfte ist § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht anzuwenden. Diese Vorschriften gelten auch, wenn sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters und daneben in der Hand der Gesellschaft befinden.
Wie in § 13 Anh. I 35 ausgeführt, wird die Schriftform schon nach geltendem Recht in aller Regel beachtet werden müssen. § 181 B G B steht der Mitwirkung eines gemeinschaftlich vertretungsberechtigten 228 Geschäftsführers an seiner Ermächtigung zur Einzelvertretung (vgl. dazu unten Rdn. 263ff.) nicht entgegen. Nach B G H Z 64 72 soll es auch nicht gegen § 181 B G B verstoßen, wenn ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer mit der Gesellschaft einen Vertrag schließt, nachdem er den anderen Gesamtgeschäftsführer zur Alleinvertretung ermächtigt hat. Der B G H weist darauf hin, daß dieser aus eigenem Recht handele und nicht weisungsgebunden sei. Die Entscheidung des B G H ist problematisch, zumal eine Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis im Rahmen der möglichen Abstufungen der Geschäftsführungsbefugnis durchaus gegeben sein kann (vgl. § 37, 10; kritisch dazu auch Klamroth BB 1975 851; Plander BB 1975 1493; Reinicke NJW 1975 1185). Streitig ist, ob eine verbotene Mehrvertretung auch dann gegeben ist, wenn für die 229 Gesellschaft oder den vom Geschäftsführer vertretenen Dritten ein Unterbevollmächtigter bestellt wird. Die Rechtsprechung hielt § 181 BGB für unanwendbar (RGZ 108 405, 407; vgl. auch B A G FamRZ 1969 535). Dem lag die Interpretation des § 181 BGB als einer formalen Ordnungsvorschrift zugrunde, die in der Rechtsprechung des B G H mit Recht wenn nicht aufgegeben, so doch für eine Reihe von Fallgruppen durchbrochen worden ist (vgl. die vorige Rdn.) und daher auch insoweit überholt erscheint. Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 181 BGB und die Gefahr der Umgehung des Mehrvertretungsverbots erscheint nunmehr eine entsprechende Anwendung der Vorschrift geboten ( O L G Frankfurt O L G Z 1974 347; Blomeyer AcP 172 1972 15; Härder AcP 170 1970 300; SoergelSchultze-v. Lasaulx11 § 181, 28; Staudinger-Coing § 181, 23a). Der Verstoß gegen § 181 B G B führt nicht schlechthin zur Nichtigkeit des Geschäfts. 230 Es kann vielmehr entsprechend § 177 B G B genehmigt werden ( B G H NJW 1956 1434; O L G Frankfurt O L G Z 1974 347). Soweit ein Aufsichtsrat gebildet ist, ist dieser zur Genehmigung berechtigt (Hübner aaO S. 232, 251; für die A G Hefermehl aaO, 94; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 78, 22). Auch ein fakultativer Aufsichtsrat ist für die Erteilung der Genehmigung zuständig, sofern er im wesentlichen die gesetzlichen Funktionen eines Aufsichtsrats hat. Das gleiche muß für einen Beirat gelten, dem eine aufsichtsratsähnliche Kontrolle über die Geschäftsführung zusteht. Ist ein solches Aufsichtsorgan nicht vorhanden, so steht das Genehmigungsrecht den Gesellschaftern zu ( B G H BB 1971 1761; Baumbach-Hueck § 35, 2 B; Hübner aaO S. 239f.). Die Genehmigung kann intern als Billigung gegenüber dem Geschäftsführer erklärt werden; dies kann auch konkludent geschehen ( B G H BB 1971 1761). Als externe Erklärung gegenüber dem Geschäftspartner (§ 182 BGB) kann sie nicht von den Gesellschaftern selbst abgegeben werden, sondern die Geschäftsführer müssen sie nach entsprechender Beschlußfassung der Gesellschafter erklären. Es versteht sich, daß die Geschäftsführer nicht selbst zur Entscheidung über die Genehmigung zuständig sind; denn das würde praktisch auf die Aufhebung des Grundsatzes hinauslaufen, daß das Verbot des In-sich-Geschäfts auch für den Geschäftsführer gilt, der auf Seiten der Gesellschaft nur als Gesamtvertreter mitwirkt; diese Mitwirkung würde nämlich durch das Mithandeln des anderen Gesamtvertreters als genehmigt anzusehen sein. (65)
§ 35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 3. Geschäftsführer ab gerichtliche Vertreter
231
Als gesetzliche Vertreter nehmen die Geschäftsführer grundsätzlich auch die Vertretung der Gesellschaft vor Gericht wahr (vgl. im einzelnen die Kommentierungen zu § 51 ZPO). Die amtierenden Geschäftsführer — einschließlich der stellvertretenden (§ 44) — sind deshalb Partei und können in einem Rechtsstreit mit der GmbH — anders als ausgeschiedene Geschäftsführer — nicht als Zeugen vernommen werden (allg. M.; R G Z 2 407; 46 318 ff.). Dies gilt auch für solche Geschäftsführer, die sich an der Vertretung der G m b H im Prozeß tatsächlich nicht beteiligen (allg. M.; R G Z 45 427f.; Stein-JonasSchumann/Leipold ZPO Vor § 373 I 3). Wird die GmbH in einem Prozeß dagegen überhaupt nicht durch Geschäftsführer vertreten, sondern durch den Aufsichtsrat, durch besondere, von den Gesellschaftern im Rahmen des § 46 Nr. 8 bestellte Vertreter, sofern diese nicht gleichzeitig Geschäftsführer sind, oder durch Konkursverwalter oder besondere Liquidatoren, so entfällt die Parteieigenschaft der Geschäftsführer und sie können als Zeugen vernommen werden. Vertritt in Anwendung des § 112 AktG der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber Geschäftsführern, so sind alle Aufsichtsratsmitglieder als Partei zu behandeln. Über die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen mit ihren Geschäftsführern vgl. im einzelnen § 46, 36 f. Ein Geschäftsführer kann nicht Schiedsrichter in einem Prozeß sein, an dem die GmbH als Partei beteiligt ist (vgl. R G Z 93 228). 232 Zur gerichtlichen Vertretung der Gesellschaft genügt auch die unechte Gesamtvertretung durch einen Geschäftsführer und einen Prokuristen. Denn auch in dieser Form wird die G m b H gesetzlich vertreten. Trotz seiner Mitwirkung wird der Prokurist selbst aber nicht zum gesetzlichen Vertreter (RGZ 66 240, 243f.; 102 328, 331; vgl. auch unten Rdn. 251 f.). Er ist daher im Prozeß der G m b H auch nicht Partei und gegebenenfalls als Zeuge zu vernehmen ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 8). 233
In der Klageschrift sollen die jeweils vertretungsberechtigten Geschäftsführer namentlich aufgeführt werden (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 1 ZPO). Ist dies nicht der Fall und ergibt sich daraus eine Verzögerung der Zustellung, so geht dies im Rahmen von § 217 Abs. 3 ZPO zu Lasten der Gesellschaft ( B G H Z 32 118). 234 Zustellungen und Ladungen können an jeden Geschäftsführer erfolgen, auch wenn er nicht allein vertretungsberechtigt ist (§ 171 Abs. 3 ZPO; § 35 Abs. 2 Satz 2). 235 Die Geschäftsführer haben die eidesstattliche Versicherung über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft (§§ 807, 899ff. ZPO) zu leisten. Erklärungspflichtig sind alle Geschäftsführer, die bei Zustellung der Ladung im Amt sind (so für die Aktiengesellschaft K G JW 1932 3196; a . A . Scholz § 35, 5, der unter Berufung auf O L G München O L G R s p r . 24 153 und O L G Rostock O L G Rspr. 24 157 auf den Zeitpunkt der Erklärung selbst abstellt). Geschäftsführer, die nach dem Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ausgeschieden sind, müssen die eidesstattliche Versicherung noch abgeben, wenn kein Geschäftsführer mehr vorhanden ist (vgl. K G JW 1929 2164; Meyer-Landrut Großkomm AktG § 78, 2). In jedem Fall können ehemalige Geschäftsführer zur eidesstattlichen Versicherung herangezogen werden, wenn sie ausgeschieden sind, um ihr zu entgehen ( O L G Frankfurt JW 1926 2114; 1927 726). Erklärungen über gepfändete Ansprüche eines Gesellschafters oder Geschäftsführers sind von den Geschäftsführern namens der Gesellschaft abzugeben (vgl. BauersZ 15 109), auch wenn der oder die betreffenden Geschäftsführer selbst Vollstreckungsschuldner sind. 236 Im Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Gesellschaft als Nebenbeteiligte (§§ 88 OWiG, 444 StPO) haben die Geschäftsführer als Betroffene (vgl. auch § 29 Abs. 1 Satz 4 OWiG; Winterfeld BB 1976 344) ein Aussageverweigerungsrecht (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 163 a, 136 StPO), aber nur, soweit sie zum Vernehmungszeitpunkt amtieren (so BVerfG BB 1975 1315 für ein Kartellordnungswidrigkeitsverfahren gegen (66)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
§35
eine AG). Ein Zeugnisverweigerungsrecht haben Geschäftsführer im Verfahren der GmbH nicht (vgl. § 43, 53). 4. Die Regelung der Vertretungsbefugnis in § 35 Abs. 2 Satz 2 und 3 Für die Aktiwertretung gilt, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, 237 das Kollegialprinzip; für die Passiwertretung ist in Abs. 2 Satz 2 zwingend Einzelvertretungsbefugnis jedes Geschäftsführers bestimmt. a) Aktivvertretung. Abs. 2 Satz 2 stellt als — dispositive — Regel die gemeinschaft- 238 liehe Vertretungsbefugnis aller Gesellschafter auf. Der Grundsatz der Gesamtvertretung gilt für Willenserklärungen aller Art, auch solche des öffendichen Rechts. Er wird nur durch besondere gesetzliche Vorschriften durchbrochen, die für eine bestimmte Willenserklärung Einzelvertretung genügen lassen, so durch § 123 Abs. 4 Binnenschiffahrtsgesetz, wonach ein Geschäftsführer die Anmeldung zum Schiffsregister vornehmen kann. In der Praxis ist die Gesamtvertretung bei Gesellschaften mit mehr als zwei Geschäfts- 239 führern kaum gebräuchlich. Üblich sind entweder Einzelvertretungsbefugnis oder aber gemeinschafdiche Vertretungsbefugnis zweier Geschäftsführer bzw. eines Geschäftsführers mit einem Prokuristen. Die Gesamtvertretung bietet der Gesellschaft eine Gewähr dafür, daß die Geschäftsführer in gemeinsamer Verantwortung handeln und einander kontrollieren (Pleyer GmbH-Rdsch. 1959 161). Sie wälzt das Risiko der Untreue eines von mehreren Geschäftsführern auf den Kontrahenten ab (Feine S. 492). Andererseits ist sie schwerfällig und kann darüber hinaus eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft überhaupt verhindern, wenn einer der Geschäftsführer ausfällt (zur Ausübung der Gesamtvertretungsbefugnis vgl. unten Rdn. 255ff.). b) Passivvertretung. Für die Passiwertretung ordnet Abs. 2 Satz 3 zwingend die 240 Einzelbefugnis jedes Geschäftsführers an. Die Vorschrift ist auf alle rechdich relevanten Erklärungen gegenüber der Gesellschaft, z.B. auch auf Wechselproteste oder Mängelrügen anwendbar ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 64; Mertens Kölner Komm AktG § 78, 33). In analoger Anwendung von § 78 Abs. 3 Satz 3 AktG und § 125 Abs. 3 Satz 2 HGB hat auch der mit einem Geschäftsführer gemeinschaftlich vertretungsberechtigte Prokurist passive Einzelvertretungsbefugnis. Er ist allerdings insoweit nicht gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft. Vielmehr besagen die genannten Bestimmungen nur, daß die Mitwirkung des Prokuristen bei der unechten Gesamtvertretung (dazu Rdn. 250ff.) seine rechtsgeschäftliche Einzelvertretungsmacht bei der Passiwertretung unberührt läßt. Daher genügt die Erklärung ihm gegenüber nicht, wenn sie wirksam nur unmittelbar gegenüber dem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden kann (vgl. RG WarnJ 1907 245 für einen Wechselprotest). Wissen des Geschäftsführers wird unmittelbar der Gesellschaft zugerechnet (vgl. unten Rdn. 273); Wissen des Prokuristen nur gemäß § 166 BGB (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 76, 18). 5. Mögliche abweichende Regelungen der Vertretungsbefugnis Wie sich aus Abs. 2 Satz 2 ergibt, kann der Gesellschaftsvertrag eine von der 241 Gesamtvertretung aller Geschäftsführer abweichende Regelung der Vertretungsbefugnis vorsehen. Er kann auch der Gesellschafterversammlung oder gegebenenfalls dem Aufsichtsrat das Recht einräumen, die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer abweichend vom Gesetz oder von der nach der Satzung normalerweise geltenden Lösung zu regeln (RGZ 164 177; BGH GmbH-Rdsch. 1975 201). Ist aber eine entsprechende Satzungsgrundlage nicht gegeben, so können diese Organe die gesetzlich oder satzungsmäßige Vertretungsregeln von sich aus nicht ändern. Entsprechende Beschlüsse wären nichtig. (67)
§35 242
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Nach Schilling Voraufl. 20 kann die Satzung auch den Geschäftsführern selbst die Regelung der Vertretungsverhältnisse überlassen; es sei daher eine Satzungsbestimmung zulässig, wonach die Geschäftsführer selbst — oder einer von ihnen — entscheiden, wer einzel- und wer gesamtvertretungsberechtigt sei. Schilling weist darauf hin, daß R G Z 164 177 allgemein davon spricht, daß die Satzung die Regelung der Vertretungsverhältnisse im Einzelfalle einem Organ der Gesellschaft überlassen könne. Ein solches Organ seien auch die Geschäftsführer. Das ist zwar richtig; doch ist damit nicht die Frage beantwortet, ob dem Vertretungsorgan selbst die Regelung seiner Befugnis überlassen werden kann. In der Aktiengesellschaft ist eine solche Gestaltung — wie sich aus § 78 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 AktG in Verbindung mit § 23 Abs. 5 AktG ergibt — ausgeschlossen. In § 62 Abs. 3 Satz 2 RegE 1971 war folgendes vorgesehen: Der Gesellschaftsvertrag kann auch bestimmen, daß einzelne Geschäftsführer allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Dasselbe können die Gesellschafter, der Aufsichtsrat oder ein anderes Gesellschaftsorgan bestimmen, wenn der Gesellschaftsvertrag sie hierzu ermächtigt.
Auch hier deckt der Wortlaut eine entsprechende Ermächtigung an die Geschäftsführer selbst. Zwar betont die Begründung zu § 62 RegE, daß sich diese Vorschrift an das Aktienrecht, nämlich an § 78 Abs. 3 Satz 2 AktG, anlehne; damit ist aber nicht gesagt, daß insoweit auch eine dem Aktienrecht entsprechende Reduktion der Satzungsautonomie vorgenommen werden sollte. Kraft Gesetzes kann ein gesamtvertretungsberechtigtes Mitglied des Vertretungsorgans einem anderen Gesamtvertreter zwar eine Ermächtigung zur Alleinvertretung in bestimmten Einzelfällen, nicht aber eine Generalvollmacht erteilen, weil die Gesamtvertretungsbefugnis dem Schutz der Gesellschaft vor den Geschäftsführern dient und deshalb nicht von den Geschäftsführern selbst generell geändert werden kann (so B G H GmbH-Rdsch. 1975 201 f.). Wenn aber nur der Schutz der Gesellschaft auf dem Spiel steht, so muß die Satzung grundsätzlich auch darauf verzichten können. Keineswegs spricht der Schutz der Gesellschaft dagegen, daß die Satzung einem mit Einzelvertretungsmacht ausgestatteten Geschäftsführer erlaubt, diese zur Gesamtvertretungsbefugnis umzugestalten. Sicherlich betrifft die Regelung der Vertretung die Grundlagen der Gesellschaft und gehört daher nicht in den Bereich der Geschäftsführung. Doch ist es nicht ausgeschlossen, daß die Satzung der GmbH den Geschäftsführern die Entscheidung über Grundlagen der Gesellschaft zuweist (§ 45 Abs. 2). Da nach § 39 jede Änderung der Vertretungsmacht zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist (vgl. § 39, 7), bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes keine Bedenken gegen eine Satzungsbestimmung, die den Geschäftsführern die Regelung ihrer Vertretungsmacht selbst überläßt (unzulässig ist eine entsprechende Regelung durch Gesellschafterbeschluß; vgl. oben Rdn. 17). 243
a) Zulässige und unzulässige Gestaltungen. Folgende vom Gesetz abweichende Regelungen der Vertretung sind zulässig: Die Gesamtvertretung jeweils durch einen Teil der Geschäftsführer, die Einzelvertretung, die Vertretung durch einen — oder mehrere — Geschäftsführer unter Bindung an die Mitwirkung eines Prokuristen (die sogenannte unechte Gesamtvertretung; vgl. zu den Grenzen der Zulässigkeit dieser Art der Vertretung unten Rdn. 253). Es ist möglich, einem Geschäftsführer Einzelvertretungsbefugnis, anderen dagegen nur eine gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis zu erteilen. Dabei kann die gemeinschaftliche Vertretungsmacht eines Geschäftsführers an die Mitberechtigung eines anderen einzelvertretungsbefugten Geschäftsführers gebunden werden (RGZ 90 21 entgegen K G DJZ 1906 1264; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 27; Mertens Kölner KommAktG § 78, 23; Meyer-Landrut § 78, 7; abweichend Brodmann H G B § 232, 2 b ; Ritter AktG 1937 § 71, 4a). (68)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
§35
Unzulässig ist es, einen Geschäftsführer ganz von der Vertretung auszuschließen. Das gilt auch für einen stellvertretenden Geschäftsführer (§ 44). Differenzierungen der Ausgestaltung der Vertretungsmacht hinsichtlich bestimmter Geschäfte oder Sachbereiche sind mit dem Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht nach § 37 Abs. 2 nicht vereinbar (KG RJA 12 32; Baumbach-Hueck § 35 6A; Feine S. 493). Daher ist die Einengung der Einzelvertretungsmacht eines Geschäftsführers auf einen bestimmten Geschäftskreis oder eine Regelung, die das Erfordernis der Kollektiwertretung auf Geschäfte besonderer Bedeutung beschränkt, unzulässig (vgl. auch KG OLGRspr. 27 375). Ebensowenig darf die Vertretungsregelung danach variieren, ob gewisse VorausSetzungen gegeben sind oder nicht. Das Erfordernis, daß sie stets allgemein zu gelten hat, macht sie bedingungsfeindlich. Daher kann nicht bestimmt werden, daß ein Geschäftsführer Einzelvertretungsmacht erhalten soll, falls die anderen verhindert sind (so KG JW 1934 988 gegen ein obiter dictum in RGZ 103 417f.; Hefermehl Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 78, 19 m. w. Nachw.; Mertens Kölner KommAktG § 78, 26; BGHZ 34 27 läßt die Frage dahingestellt). Bei Wegfall oder Verhinderung eines Geschäftsführers tritt eine Erstarkung der Vertretungsbefugnis der anderen auch nicht etwa kraft Gesetzes ein, und zwar auch dann nicht, wenn die Gesellschaft nicht mehr ordnungsgemäß vertreten ist (RGZ 103 417; RGZ 116 116f.; BGHZ 34 27; BGH WM 1975 157; Hefermehl aaO 18; Mertens aaO 26; vgl. für Personengesellschaften BGHZ 41 367). In der den Mitbestimmungsgesetzen unterworfenen GmbH ist eine Vertretungsregelung unzulässig, die den Arbeitsdirektor entgegen § 33 Abs. 1 MitbestG oder § 13 MontanmitbestG nicht als gleichberechtigtes Mitglied der Geschäftsführung behandelt. Das Diskriminierungsverbot, das diese Vorschriften statuieren, besagt nicht, daß der Arbeitsdirektor schon immer dann Einzelvertretungsmacht haben müsse, wenn nur ein anderer Geschäftsführer einzelvertretungsbefugt ist. Steht etwa dem Vorsitzenden oder dem Sprecher des Vertretungsorgans Einzelvertretungsmacht, den anderen Mitgliedern einschließlich des Arbeitsdirektors dagegen nur Gesamtvertretungsmacht zu, so liegt darin noch keine Diskriminierung (Hoffmann BB 1977 21; Hoffmann!Lehmann!Weinmann MitbestG § 33, 25; Meyer-Landrut DB 1976 388; Th. Raiser MitbestG § 33, 23; vgl. zu § 13 MontanmitbestG auch Mertens Kölner KommAktG § 77, 29). Dagegen verstößt es grundsätzlich gegen § 33 Abs. 1 MitbestG, wenn bei zwei Geschäftsführern dem einen Einzel Vertretungsbefugnis, dem Arbeitsdirektor dagegen nur Gesamtvertretungsbefugnis eingeräumt wird ( H o f f m a n n aaO; Mertens aaO; Th. Raiser aaO; a. A. für das MontanmitbestG Kotier MitbestG § 13, 8). Hoffmann/Lehmann!Weinmann aaO und MeilickeMeilicke MitbestG § 33, 6 ist aber zuzugeben, daß eine vorübergehende Ausnahme gemacht werden kann, wenn in einer Gesellschaft ein Geschäftsführer längere Zeit tätig gewesen ist und nun ein Arbeitsdirektor bestellt wird.
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b) Gesamtvertretung durch einen Teil der Geschäftsführer. Üblicherweise wird 248 angeordnet, daß jeweils zwei Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinschaftlich vertreten können. Es können aber auch namentlich bestimmte Vertretungspaare gebildet oder es kann angeordnet werden, daß einzelne Geschäftsführer generell zur gemeinschaftlichen Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind, andere dagegen nur in Verbindung mit einem bestimmten Geschäftsführer. Ist bestimmt, daß die Gesellschaft entweder durch A und B oder durch C, D und E gemeinsam vertreten wird, so sollen nach Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 26; Meyer-Landrut aaO § 78, 6 im Zweifel die Inhaber der „stärkeren" Vertretungsmacht A und B im Zweifel ein Mitglied mit „schwächerer" Vertretungsbefugnis, wie hier C, D und E, ersetzen können. Dem ist nicht zuzustimmen (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 78, 28); denn das Gesetz kennt (69)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
eine solche Unterscheidung zwischen stärkerer und schwächerer Vertretungsmacht nicht, und Vertretungsregelungen sind strikt zu interpretieren. c) Einzelvertretung. Wird nur ein Geschäftsführer bestellt und ergibt sich aus der Satzung nicht, daß die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer haben soll, so hat dieser Alleinvertretungsmacht, auch wenn die Satzung dies nicht ausdrücklich vorsieht. Wird in diesem Falle aber ein weiterer Geschäftsführer bestellt, so greift die gesetzliche Regel der Gesamtvertretungsbefugnis ein. Anders wenn dem ersten Geschäftsführer in der Satzung oder durch Beschluß der Gesellschafterversammlung oder des Aufsichtsrats auf satzungsmäßiger Grundlage (vgl. oben Rdn. 241) Alleinvertretungsmacht zuerkannt ist. In diesem Falle behält er sie, während der neubestellte Geschäftsführer mangels anderweitiger Regelung mit ersterem nur gemeinschaftlich vertretungsberechtigt ist. Besteht Gesamtvertretung, so führt die Verhinderung eines Geschäftsführers nicht von sich aus zur Einzelvertretung (vgl. oben Rdn. 247). d) Unechte Gesamtvertretung. Es kann bestimmt werden, daß einzelne Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind. Dies wird heute mehrheitlich als „unechte Gesamtvertretung" bezeichnet. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG nennt demgegenüber in den Erl. zu § 78 AktG unechte Gesamtvertretung die gemeinschafdiche Vertretung durch mehrere, aber nicht alle Vorstandsmitglieder. Für die Vertretung der Gesellschaft durch ein Vorstandsmitglied mit einem Prokuristen benutzt er den Begriff der gemischten Gesamtvertretung. Vorteile dieser Terminologie sind nicht ersichtlich. Hier wird am Sprachgebrauch, wie er sich eingebürgert hat, festgehalten. Unzulässig ist demgemäß auch eine Regelung, die eine bestimmte Ausgestaltung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers daran knüpft, daß er Gesellschafter ist. Auch die unechte Gesamtvertretung ist eine Form gesetzlicher Vertretung der Gesellschaft (RGZ 134 303ff.). Sie ist auch dort zulässig, wo das Gesetz die Geschäftsführer als solche zu einem Handeln für die Gesellschaft verpflichtet ( H e f e r m e h l aaO § 78, 32). Auch richtet sich der Umfang der Vertretungsbefugnis nicht nach der Rechtsstellung des Prokuristen, sondern nach der des Geschäftsführers (BGHZ 13 61, 64). In unechter Gesamtvertretung können also z. B. auch Anmeldungen zum Handelsregister vorgenommen werden (RGZ 134 303, 307; KG JW 1937 890 m abl. Anm. Groschuff; KG HRR 1938 Nr. 1546; Mertens Kölner KommAktG § 78, 32). Zur gerichtlichen Vertretung vgl. oben Rdn. 232. aa) Stellung des Prokuristen. Der Prokurist selbst wird bei unechter Gesamtvertretung nicht zum gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Es wird nur die gesetzliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers an seine Mitwirkung gebunden. Der Prokurist handelt bei unechter Gesamtvertretung stets in eigener Verantwortung (vgl. dazu § 43, 19). bb) Mögliche Regelungen und Grenzen der Zulässigkeit. Jeder Geschäftsführer muß allein oder mit anderen Geschäftsführern in der Lage sein, die Gesellschaft ohne Mitwirkung eines Prokuristen vertreten zu können (KGJ 20 A30, 35; Hefermehl aaO § 78, 30f.; Sudhoff, Rechte und Pflichten, S. 39); denn die zwingende organschaftliche Verantwortung des Geschäftsführers nach § 43 setzt voraus, daß er von der — von Dritten unabhängigen — Mitwirkung am organschaftlichen Handeln jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann (vgl. § 37, 10). Unzulässig ist daher die Bestimmung, daß ein Geschäftsführer die Gesellschaft nur zusammen mit einem Prokuristen, nicht aber zusammen mit anderen Geschäftsführern vertreten könne. Auch eine nur intern wirkende Bestimmung, wonach ein Geschäftsführer stets an die Mitwirkung eines Prokuristen gebunden sein soll, ist unzulässig ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 31; a. A. Godin-Wilhelmi AktG § 78, 7). Tritt bei einem Wegfall von Geschäftsführern der Zustand ein, daß nur ein gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungs(70)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
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berechtigter Geschäftsführer übrig bleibt, so wird dieser damit aber nicht ohne weiteres von der Bindung an die Mitwirkung des Prokuristen befreit ( H e f e r m e h l aaO 30; vgl. auch oben Rdn. 246). Andererseits ist bei dieser Sachlage die Gesellschaft nicht mehr gesetzlich vertretbar, weil dies voraussetzt, daß ein Geschäftsführer oder mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, die ohne Bindung an die Mitwirkung des Prokuristen die Gesellschaft vertreten können. Der Prokurist kann in diesem Falle die Gesellschaft nur rechtsgeschäftlich vertreten und ist insoweit an die Beschränkungen der Prokura gebunden. Ist vorgesehen, daß er die Gesellschaft nur mit einem Geschäftsführer vertreten kann (vgl. dazu die folgende Anm.), so bedeutet das, daß eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht an die Mitwirkung des noch vorhandenen Geschäftsführers gebunden ist. Demgegenüber hält möglicherweise KG HRR 1934 338f. eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung für zulässig, wonach ein nur zusammen mit einem anderen Geschäftsführer vertretungsbefugter Geschäftsführer die Gesellschaft mit einem Prokuristen — jedenfalls vorübergehend — auch dann vertreten kann, wenn entgegen dem Gesellschaftsvertrag nur ein Geschäftsführer vorhanden ist. Das Kammergericht geht aber nicht ausdrücklich auf die Frage ein, ob in dieser Form eine gesetzliche Vertretung der Gesellschaft möglich ist. Da es die Bestimmung nur im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem damaligen § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB — heute § 78 Abs. 3 Satz 1 AktG — prüfte, setzte es sich nicht mit dem inzwischen unbestrittenen Grundsatz auseinander, daß die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft allein durch den oder die Geschäftsführer gewährleistet sein muß. Ist dies nicht der Fall, weil der einzige vorhandene Geschäftsführer an die Mitwirkung des Prokuristen gebunden ist, so kann die Gesellschaft in dieser Lage nicht gesetzlich, sondern nur rechtsgeschäftlich vertreten sein. In diesem Sinne betont BGHZ 26 331, 332f., daß die unechte Gesamtvertretung nur der Erleichterung einer ohnehin bestehenden Gesamtvertretung mehrerer gesetzlicher Vertreter diene. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes, wie sie im Anschluß an KG aaO verschiedentlich befürwortet worden ist (vgl. Baumbach-Hueck AktG § 78, 11; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 30), um die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft bei Wegfall eines dafür erforderlichen Geschäftsführers zu sichern, kann nicht in Betracht kommen, zumal sie zeitlich nicht beschränkbar wäre. Sie widerspricht dem Schutzzweck der Gesamtvertretung und ist auch nicht durch ein praktisches Bedürfnis geboten; denn die Gesellschaft kann weiterhin rechtsgeschäftlich vertreten werden und hat überdies die Möglichkeit, einen Notgeschäftsführer zu bestellen. Daher hat es bei der strikten Anwendung der vertretungsrechtlichen Prinzipien zu verbleiben, daß die gesetzliche Vertretung der Kapitalgesellschaft dem gesetzlich zur Vertretung berufenen Organ ohne Mitwirkung des Prokuristen möglich sein muß und die Vertretungsbefugnis auch eines von mehreren Geschäftsführern nicht so geregelt werden kann, daß dieser ausschließlich mit einem Prokuristen zusammen handeln darf. Der Schutz Dritter wird durch § 15 Abs. 1 HGB gewährleistet: Fällt ein für die Gesamtvertretung erforderlicher Geschäftsführer weg, ohne daß dies im Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht worden ist, und ist dem Dritten der Wegfall nicht bekannt, so darf dieser davon ausgehen, daß der verbliebene Geschäftsführer die Gesellschaft mit einem Prokuristen gesetzlich vertreten kann, wenn ihre Satzung unechte Gesamtvertretung vorsieht. Eine der Gesamtprokura vergleichbare Sonderform rechtsgeschäftlicher Vertre- 254 tung und nicht ein Fall gesetzlicher unechter Gesamtvertretung ist gegeben, wenn ein Prokurist nur zusammen mit einem Geschäftsführer vertretungsbefugt ist, während letzterer Alleinvertretungsbefugnis hat. Meyer-Landrut § 78, 8 hält mit O L G Frankfurt GmbH-Rdsch. 1973 223 eine solche Regelung für unzulässig. Er beruft sich darauf, daß der Prokurist hier nicht ein anderes Vorstandsmitglied ersetze; außerdem bestehe kein Bedürfnis dafür, einen Prokuristen zu bestellen, der nur gemeinsam mit einer alleinver(71)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
tretungsberechtigten Organperson handeln dürfe. Das erste Argument verkennt, daß es sich hier gerade nicht um gesetzliche Vertretung der Gesellschaft handelt, sondern um die Bindung des Prokuristen bei rechtsgeschäftlicher Vertretung. Das praktische Bedürfnis für eine derartige Regelung ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß der Geschäftsführer dem nur mit ihm zusammen vertretungsberechtigten Prokuristen eine Ermächtigung zur Einzelvertretung erteilen kann (Rdn. 263). Damit eröffnet sich der Weg zu einer mittelbaren gegenständlichen Einschränkung der Prokura, die aus internen Gründen wünschenswert sein kann und den Verkehrsschutz nicht stärker beeinträchtigt als die Ermächtigung zum Alleinhandeln unter Gesamtvertretungsberechtigten im allgemeinen. Daher kann der herrschenden Lehre, die diese Form der Vertretungsregelung für zulässig und mit §§ 48 Abs. 2, 50 HGB für vereinbar hält (vgl. BGHZ 62 166, 171; RGZ 90 21; KG JW 1938 876; OLG Celle OLGRspr. 27 315; OLG Dresden OLGRspr. 28 343; OLG München DNotZ 1942 65 und BB 1972 114; Hefermehl aaO, 31, 82) gefolgt werden. 6. Ausübung der Gesamtvertretungsbefugnis a) Uberblick über die verschiedenen Ausübungsformen. Gesamtvertretung bedeutet nicht, daß sich das gemeinschaftliche Handeln der Vertreter in einem Gesamtakt vollziehen müßte. Vielmehr ist sie nach allg. M. auch möglich in der Form des Zusammenwirkens durch externe Teilerklärungen, die von den Vertretern getrennt gegenüber den Geschäftspartnern als Teil der Gesamterklärung abgegeben werden. Darüber hinaus wird die Ausübung der Gesamtvertretung auch in der Form zugelassen, daß ein Vertreter mit Zustimmung der anderen Gesamtvertreter als Einzelvertreter auftritt (zur Herausarbeitung dieser Formen der Gesamtvertretung durch die Rechtsprechung vgl. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 40ff.). Die Zustimmung kann vor oder nach Vornahme des Geschäfts erklärt werden. Nach §§ 125 Abs. 2 Satz 2 HGB, 78 Abs. 4 AktG können zur Gesamtvertretung befugte Vertreter auch einzelnen von ihnen eine Ermächtigung zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften erteilen. Zwar gibt es eine entsprechende Bestimmung für clie Geschäftsführer der GmbH nicht; doch kommt nach einhelliger Meinung eine solche Ermächtigung auch hier in Betracht. Vertretungsrechtlich besteht zwischen der vorherigen Zustimmung zu einem von einem Mitgeschäftsführer abzuschließenden Geschäft und der Ermächtigung des Mitgeschäftsführers im Sinne der genannten Regelungen des HGB und des AktG kein erheblicher Unterschied, da auf die Ermächtigung trotz dogmatischen Streits über ihre Rechtsnatur jedenfalls sinngemäß Vertretungsrecht Anwendung findet (vgl. im einzelnen unten Rdn. 268). Für die Mithaftung eines Geschäftsführers kann es jedoch von Bedeutung sein, ob er zustimmend an einem Geschäft mitgewirkt oder ob er lediglich den gesamtvertretungsberechtigten Mitgeschäftsführer zum Alleinhandeln ermächtigt hat (vgl. § 43, 63). 256 b) Gesamtvertretung durch gemeinschaftliche Abgabe von Willenserklärungen. Soll die Gesamtvertretung in der Weise ausgeübt werden, daß die Gesamtgeschäftsführer dem Geschäftspartner gegenüber eine gemeinschaftliche Erklärung abgeben, so kommt es darauf an, daß sich ihre Erklärung als Gesamtakt aller Kollektivberechtigten darstellt. Dies ist etwa der Fall, wenn die Gesamtvertreter ein Schriftstück gemeinschaftlich zeichnen. Bei mündlichen Verhandlungen ist es nicht erforderlich, daß sich jeder von ihnen in gleicher Weise äußert; es genügt, wenn ein Geschäftsführer verhandelt und die anderen an der Verhandlung teilnehmen, ohne zu widersprechen. Nur muß die Mitwirkung aller nach außen zumindest konkludent hervortreten. Sie darf nicht ein Internum der Gesamtvertreter bleiben (RGZ 40 19). Bei gemeinschaftlicher Abgabe einer Willenserklärung in einem Gesamtakt müssen gegebenenfalls alle Gesamtvertreter die formalen Erfordernisse 255
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Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
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der Willenserklärung erfüllen. § 139 BGB ist unanwendbar. Genügt das Mitwirkungshandeln auch nur eines Gesamtvertreters den Gültigkeitsvoraussetzungen nicht, so ist der Gesamtakt nichtig (BGHZ 53 210, 215; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 45). Praktisch kommt den Anforderungen an die gemeinschaftliche Abgabe von Willenserklärungen in einem Gesamtakt keine Bedeutung mehr zu, weil auch die Gesamtvertretung durch externe Teilerklärungen oder durch Einzelvertretung mit Zustimmung des Mitberechtigten zugelassen wird. c) Gesamtvertretung durch externe Teilerklärungen. Bei der Ausübung der Ge- 257 samtvertretung in der Weise, daß die Gesamtgeschäftsführer Dritten gegenüber getrennt übereinstimmende Willenserklärungen abgeben, muß zumindest aus den Umständen erkennbar sein, daß die einzelnen Erklärungen als Teil der Gesamterklärung gelten sollen (BGH NJW 1959 1183). Alle Teilerklärungen bedürfen der für das Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form. Bei Nichtigkeit einer Teilerklärung kommt eine Erklärung nicht zustande. § 139 BGB ist ebensowenig anwendbar wie bei der gemeinschaftlichen Vertretung durch einen Gesamtakt. Die Erklärung wird für die Gesellschaft erst wirksam, wenn der letzte zur Vertretung erforderliche Gesamtvertreter seine Teilerklärung abgegeben hat und zu diesem Zeitpunkt die übrigen Gesamtvertreter ihre Erklärungen noch gelten lassen (BGH aaO). Geht aus dem Auftreten eines Gesamtvertreters nicht hervor, daß er lediglich eine Teilerklärung abgeben will, so darf der Geschäftspartner annehmen, daß die Gesamtvertretung in Form der Einzelvertretung mit Zustimmung der anderen Gesamtvertreter (dazu unten Rdn. 258) ausgeübt werden soll ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 44). Geben in einem solchen Fall die anderen Gesamtvertreter Teilerklärungen ab, so liegt hierin zugleich die erforderliche Zustimmung zu einem als Einzelvertretung zu deutenden Handeln. d) Gesamthandeln in Form der Einzelvertretung eines Gesamtvertreters mit Zu- 258 Stimmung der anderen. Die Gesamtvertretung kann in der Form ausgeübt werden, daß ein Gesamtvertreter allein mit vorheriger oder nachträglicher Zustimmung der anderen Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft Erklärungen abgibt (RGZ 106 26; MeyerLandrut GroßkommAktG § 78, 12; Scholz § 35, 19, 24; Eder Wilke-Berg-GottschlingGaul RZ. 575). Es müssen so viele Geschäftsführer zustimmen, daß mit dem handelnden Geschäftsführer zusammen eine zur Vertretung der Gesellschaft ausreichende Zahl erreicht wird. Dieser selbst wird also mitgezählt. Bei unechter Gesamtvertretung genügt auch die Zustimmung des Prokuristen. Gibt es neben den gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern einen einzelvertretungsberechtigten, so genügt stets auch dessen Zustimmung ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 57). Bei einer in dieser Art ausgeübten Gesamtvertretung ist nur die Willenserklärung 259 des nach außen handelnden Geschäftsführers formbedürftig, nicht dagegen die Zustimmung der anderen Geschäftsführer (allg. M.; vgl. etwa Fischer GroßkommHGB § 125, 17; Hefermehl aaO, 41): diese kann sowohl dem handelnden Geschäftsführer als auch dem Geschäftsgegner erklärt werden. Fordert letzterer eine Erklärung über die Genehmigung (§ 177 Abs. 2 Satz 1 BGB), so kann die Genehmigung nur ihm gegenüber erfolgen. Die Zustimmung kann auch schlüssig erteilt werden. Ihre Wirksamkeit hängt nicht davon ab, daß die zustimmenden Geschäftsführer die Einzelheiten des Geschäfts kennen (RGZ 101 343; BGH WM 1959 881, 883; Hefermehl aaO 57). Das Rechtsgeschäft ist schwebend unwirksam, solange die Zustimmung nicht er- 260 teilt ist. Es wird nur wirksam, wenn der handelnde Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Genehmigung mit der von ihm abgegebenen Willenserklärung noch einverstanden ist (RG HRR 1942 Nr. 424; Baumbach-Hueck 5 B; Mertens Kölner KommAktG § 78, 19; Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 § 164, 22; Staudinger-Coing § 167, 21); dagegen ist Hefer(73)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
mehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 58 der Ansicht, daß in der Vornahme des Geschäfts durch den handelnden Geschäftsführer schon dessen ZustimmungsTeilerklärung dazu liege, die er nicht mehr widerrufen könne. Doch ist die schwebend unwirksame Willenserklärung selbst — also das Substrat der Zustimmungserklärungen — auch für den handelnden Geschäftsführer noch nicht verbindlich, ehe diese nicht in der erforderlichen Zahl vorliegen. Die Genehmigung kann aber noch wirksam erteilt werden, nachdem der handelnde Geschäftsführer aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Genehmigen kann auch ein Gesamtvertreter, der erst nach Abschluß des Geschäfts Vertretungsmacht erlangt hat (RG JW 1908 151). 261 Gesellschafterversammlung oder Aufsichtsrat können die erforderliche Zustimmung eines Gesamtvertreters nicht ersetzen. Sie können aber dem handelnden Geschäftsführer, sofern ihnen in der Satzung eine entsprechende Befugnis zur Regelung der Vertretungsmacht eingeräumt ist (vgl. dazu oben Rdn. 241), Einzelvertretungsmacht erteilen (vgl. auch B G H GmbH-Rdsch. 1975 201 f.; R G Z 164 177). Kraft der Einzelvertretungsmacht kann der handelnde Geschäftsführer dann seine Erklärung selbst genehmigen. 262 Gibt ein Gesamtvertreter ohne Einwilligung oder Ermächtigung der anderen (dazu unten Rdn. 263 ff.) eine Erklärung ab, die nicht wirksam genehmigt wird, so wird die Gesellschaft — soweit nicht eine Rechtsscheinhaftung in Betracht kommt — nicht verpflichtet. Der handelnde Geschäftsführer haftet dem Geschäftsgegner als falsus procurator gemäß §§ 179, 180 BGB. Rechtsscheinhaftung kann sich etwa dann ergeben, wenn ein Gesamtvertreter, dessen Zustimmung erforderlich ist, aus dem Verhalten des Geschäftsgegners entnehmen muß, daß dieser eine von einem anderen Gesamtvertreter für die Gesellschaft abgegebene Erklärung fälschlich bereits als ausreichend ansieht. Klärt er den Geschäftsgegner nicht unverzüglich auf, so ist die Erklärung als wirksam zu behandeln, es sei denn, der Geschäftsgegner hätte den Mangel der Vertretungsmacht ohne weiteres erkennen müssen ( B G H WM 1976 658; R G Z 75 419, 426; vgl. auch unten Rdn. 266). 263
e) Gesamtvertretung durch Einzelvertretung mit Ermächtigung einzelner Geschäftsführer. Die zur Gesamtvertretung berechtigten Geschäftsführer können einen von ihnen für bestimmte Geschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften mit EinzelvertreGmbH-Rdsch. 1960 tungsmacht ausstatten (RGZ 81 329; B G H D B 1968 847; Buchwald 180). Der Rechtsgedanke der §§ 125 Abs. 2 Satz 2 H G B und 78 Abs. 4 AktG muß sinngemäß auch für die zwischen O H G und A G stehende Gesellschaftsform der G m b H gelten (allg. M.). Die Begründung zu § 62 Abs. 4 RegE 1971, der dies ausdrücklich vorsah, hebt mit Recht hervor, daß der Inhalt dieser Bestimmung schon im geltenden Recht als allgemeiner Grundsatz des Gesellschaftsrechts auch für die GmbH anerkannt sei. Die Ermächtigung kommt bei unechter Gesamtvertretung auch im Verhältnis von Geschäftsführer und Prokurist in Betracht.
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aa) Erteilung der Ermächtigung. Die Ermächtigung muß, wobei die Mitwirkung des Ermächtigten zulässig ist (vgl. oben Rdn. 228), von einer vertretungsberechtigten Zahl von Geschäftsführern erteilt werden ( Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 46; Mertens Kölner KommAktG § 78, 34). 265 Die Erteilung einer Ermächtigung kann gegebenenfalls an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden (vgl. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Doch hat das Fehlen der Zustimmung nur interne Bedeutung. Auch die Bindung der Ermächtigung an einen Gesellschafterbeschluß muß in der GmbH möglich sein, aber gleichfalls ohne Außenwirkung bleiben. Außenwirkung hat es dagegen, wenn die Satzung einer G m b H die Möglichkeit der Ermächtigung eines Gesamtvertreters durch den anderen ausschließt. 266 Die Ermächtigung ist nicht im Handelsregister einzutragen. Sie kann formlos auch im Hinblick auf solche Geschäfte ergehen, die ihrerseits der Form bedürfen, und sie kann konkludent erklärt werden. Eine konkludente Ermächtigung des einen Gesamtvertreters (74)
Vertretung durch den Geschäftsführer (Mertens)
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ergibt sich aber noch nicht daraus, daß der andere verhindert ist (BGHZ 34 27, 29; BGH WM 1975 157). Auf die Ermächtigung finden die zum Recht der Stellvertretung entwickelten Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht entsprechende Anwendung. Dulden die anderen Geschäftsführer, daß einer von ihnen als Alleinvertreter auftritt, so muß sich die Gesellschaft nach Treu und Glauben so in Anspruch nehmen lassen, als ob der betreffende Geschäftsführer zur Alleinvertretung ermächtigt gewesen wäre (BGHZ 5 112; RGZ 117 165; 123 288). Das gleiche gilt, wenn die übrigen Geschäftsführer zwar keine Kenntnis davon hatten, daß ein dazu nicht ermächtigter Geschäftsführer als Alleinvertretungsberechtigter auftrat, dies bei Anwendung pflichtmäßiger Sorgfalt aber hätten erkennen können, und ihr Verhalten von Dritten nach Treu und Glauben dahin gedeutet werden konnte, sie hätten den handelnden Geschäftsführer ermächtigt (OLG München BB 1972 113). bb) Bestimmtheitsgrundsatz. Die Ermächtigung kann sich nur auf bestimmte 267 Geschäfte oder bestimmte Arten von Geschäften beziehen. Eine generelle Ermächtigung ist ebenso wie die Erteilung einer Generalvollmacht (vgl. unten Rdn. 270) nichtig, da sie auf eine Umgehung der Gesamtvertretung hinauslaufen würde (BGHZ 34 27, 30; BGH GmbH-Rdsch. 1975 201 ff.; BGH WM 1976 1246; Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 78, 50; Mertens Kölner KommAktG § 78, 35). Wird eine „Generalermächtigung" von Geschäftsführern erteilt, die zugleich die alleinigen Gesellschafter der GmbH sind, und drückt sich darin der Wille der Gesellschafter aus, eine Gesellschaftsangelegenheit durch gemeinsame Entscheidung verbindlich zu regeln, so ist sie als Beschlußfassung der Gesellschafter über die Einräumung von Einzelvertretungsmacht an den betreffenden Geschäftsführer anzusehen. Diese ist wirksam, wenn die Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zu einer derartigen Regelung befugt sind (BGH GmbHRdsch. 1975 201 ff.). cc) Rechtsnatur der Ermächtigung. Die Ermächtigung des Geschäftsführers be- 268 deutet eine Erweiterung seiner gesetzlichen Vertretungsmacht zur Einzelvertretungsbefugnis mit beschränktem Umfang (Fischer GroßkommHGB § 125, 19; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 47; Mertens Kölner KommAktG § 78, 35; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 78, 17). Das Reichsgericht (RG HRR 1929 Nr. 1924) hielt sie für eine Handlungsvollmacht im Sinne von § 54 HGB; dem folgte ein Teil der älteren Kommentarliteratur zum AktG 1937 und zum HGB (Nachw. Voraufl. 13; Hefermehl und Mertens aaO). Aber: §§ 78 Abs. 4 Satz 1 AktG und 125 Abs. 2 Satz 2 HGB sprechen ausdrücklich von Ermächtigung und nicht von Vollmacht, es geht um die Vertretungsmacht eines organschaftlichen Vertreters, und die ohnehin gegebene Möglichkeit einer Handlungsvollmacht nach § 54 HGB hätte nicht besonders im Gesetz erwähnt zu werden brauchen. Handelt der ermächtigte Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter, so kann er gemäß § 48 Abs. 1 HGB als solcher auch Prokura erteilen (Hefermehl aaO). § 54 HGB ist aber sinngemäß anwendbar. In Analogie zum Vertretungsrecht kann die Ermächtigung dem Geschäftsführer selbst, dem Dritten gegenüber oder durch Erklärung gegenüber der Öffentlichkeit erteilt werden (vgl. §§ 167, 171 BGB; Hefermehl aaO). Dem Geschäftspartner braucht der ermächtigte Geschäftsführer nicht offenzulegen, daß er kraft Ermächtigung die Gesellschaft allein vertreten kann (RGZ 118 168, 170). Es ist seine Sache, ob er kraft Ermächtigung oder als gemeinschaftlich Berechtigter unter Vorbehalt der Zustimmung der Mitgeschäftsführer handeln will. Jedoch spricht für das erstere eine tatsächliche Vermutung (Mertens aaO). § 174 BGB findet entsprechende Anwendung (Fischer GroßkommHGB § 125, 21). dd) Widerruf der Ermächtigung. Die Ermächtigung kann von den Gesamtvertre- 269 tern, die sie erteilt haben, jederzeit widerrufen werden. Dabei ist die Zustimmung des ermächtigten Geschäftsführers für die Wirksamkeit des Widerrufs nicht erforderlich (75)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
{Baumbach-Hueck AktG § 78, 14; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 54; Mertens Kölner KommAktG § 78, 38). Streitig ist, ob der Widerruf mit dieser Maßgabe von einer vertretungsberechtigten Anzahl von Gesamtvertretern erklärt werden muß oder ob bereits der Widerruf eines einzigen Gesamtvertreters genügt (im ersteren Sinne Hefermehl aaO unter Hinweis darauf, daß der Widerruf kein Akt der internen Geschäftsführung sei, im zweiten Sinne Mertens aaO). Im Hinblick darauf, daß die Ermächtigung vom Vertrauen aller gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer getragen sein sollte und in Fällen der Illoyalität eines Ermächtigten ein erhebliches Interesse der Gesellschaft daran besteht, die Ermächtigung schleunigst widerrufen zu können, sollte davon ausgegangen werden, daß die Ermächtigung stets vom Vertrauen aller ermächtigenden Gesamtvertreter getragen sein muß. Im übrigen ist die Frage im Hinblick darauf, daß in der Praxis durchweg Gesamtvertretung durch zwei Personen üblich ist und die Zustimmung des Ermächtigten selbst nicht Voraussetzung des Widerrufs sein kann, nur theoretischer Natur. Eine im Rahmen gemeinschaftlicher Vertretung erteilte Ermächtigung kann auch durch Geschäftsführer widerrufen werden, die daran nicht mitgewirkt haben; doch müssen diese ihrerseits in vertretungsberechtiger Zahl handeln ( H e f e r m e h l aaO 55). Ermächtigung und Widerruf stehen im Belieben eines gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführers. Eine Nachprüfung der sachlichen Rechtfertigung des Widerrufs findet nicht statt (Fischer GroßkommHGB § 125, 22; Hefermehl aaO 53; Mertens aaO 33). Auf den Widerruf finden die §§ 170, 171 BGB entsprechende Anwendung. 7. Gewillkürte Vertretung 270
Von der organschaftlichen Vertretung ist die rechtsgeschäftliche Vertretung der Gesellschaft kraft Bevollmächtigung, insbesondere kraft Prokura (§§ 48 ff. HGB) oder Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) zu unterscheiden. Eine Bevollmächtigung Dritter in der Weise, daß diese zur Vornahme sämtlicher Rechtsgeschäfte für die Gesellschaft befugt sein sollen, ist mit dem Grundsatz der organschaftlichen Vertretung selbst dann unvereinbar, wenn sie nur widerruflich erteilt wird, und daher unwirksam (BGHZ 34 27, 31; B G H WM 1976 1246; R G Z 86 262, 265; Eder GmbH-Rdsch. 1962 265; Ripfel GmbH-Rdsch. 1953 181; a. A. Brodmann § 35, 2). Vgl. dazu auch oben Rdn. 17. 271 Die Bestellung einer Prokura ist auch dann möglich, wenn die G m b H kein Handelsgewerbe im Sinne der §§ 1 ff. H G B betreibt. Der Prokurist ist in diesem Fall zur Vornahme solcher Geschäfte und Rechtshandlungen befugt, die der Betrieb des Unternehmens mit sich bringt und die zum Unternehmensgegenstand gehören (so die h. M.: s. BaumbachHueck § 35, 4 B; vgl. zum AktG auch Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 78). Die gegenteilige Auffassung von Brodmann § 46, 8, die auf den Wortlaut des § 49 Abs. 1 H G B abstellt, geht daran vorbei, daß die G m b H nach § 6 Abs. 1 H G B stets Vollkaufmann ist. Zur Bestellung eines Prokuristen als Vertretungsakt vgl. oben Rdn. 214, zu seiner Stellung im Prozeß der Gesellschaft oben Rdn. 232. Als solcher ist der Prokurist nicht zur Vornahme derjenigen Handlungen befugt, die kraft Gesetzes oder der Satzung den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft obliegen. 272 So dürfen Prokuristen in Ermangelung einer gegenteiligen Satzungsbestimmung keine Gesellschafterversammlung einberufen (KG OLGRspr. 24 158). Sie sind nicht berechtigt, Änderungen in der Person oder der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer anzuzeigen (§ 39, 8). Die Mitwirkung des Prokuristen bei der unechten Gesamtvertretung (dazu im einzelnen oben Rdn. 250ff.) ist, ohne daß der Prokurist dadurch zum gesetzlichen Vertreter würde, an diese Beschränkungen nicht gebunden.
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Wissens- und Irrtumszurechnung (Mertens)
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VIII. Wissens- und Irrtumszurechnung Kenntnis oder Kennenmüssen auch nur eines Geschäftsführers wird in Angelegen- 273 heiten, für die die Geschäftsführer das zuständige Vertretungsorgan der Gesellschaft sind, dieser selbst zugerechnet (BGHZ 20 149, 153; 41 282, 287; BGH ZGenW 9 1959 320 tn. Anm. Paulick; RG JW 1935 2044; RGZ 53 227, 231; 59 400, 408; Baumbach-Hueck 5 c). Das folgt aus der Organstellung des Geschäftsführers. Auf die Art seiner Vertretungsbefugnis kommt es nicht an (Fischer GroßkommHGB § 126, 23; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 78, 21; vgl. auch Mertens Kölner KommAktG § 76, 12, 17). Daher kann die Gesellschaft schon dann nicht gutgläubig das Eigentum an einem Grundstück erwerben, wenn nur ein Geschäftsführer weiß, daß der Veräußerer nichtberechtigt ist (§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Hinblick auf § 166 BGB, der auf Kenntnis oder Kennenmüssen des handelnden Vertreters abstellt, ist früher auch die Auffassung vertreten worden, nur Kenntnis oder Kennenmüssen der jeweils an einem Geschäft mitwirkenden oder ihm zustimmenden oder zumindest darüber informierten Geschäftsführer sei der Gesellschaft zuzurechnen (Brodmann § 35, 2k; Scholz § 35, 26; wohl auch Godin-Wilhelmi AktG § 78, 6 mit unzutreffender Berufung auf BGHZ 42 81). Diese Auffassung ist abzulehnen: § 166 Abs. 1 BGB ist auf den Fall rechtsgeschäftlicher Vertretung zugeschnitten und paßt in dieser Hinsicht nicht auf Organe juristischer Personen (vgl. Mertens aaO 13; wie hier auch BGHZ 20 149; RG JW 1935 2044; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 69). Sind die Gesellschafter oder der Aufsichtsrat das zuständige Vertretungsorgan der Gesellschaft — wie bei der Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern —, so ist grundsätzlich Kenntnis oder Kennenmüssen aller Mitglieder des entscheidenden Organs erforderlich. Kennenmüssen ist aber auch im Falle mangelhafter Unterrichtung innerhalb dieses Organs anzunehmen; vgl. auch unten Rdn. 277; zur Kenntnis nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB vgl. § 38, 60. Ebenso ist der Gesellschaft arglistiges Verhalten eines Geschäftsführers zuzurechnen. Ob der arglistige Geschäftsführer selbst an dem betreffenden Geschäft mitgewirkt hat, ist unerheblich (RGZ 81 433). Hat die Gesellschaft in der Person eines Geschäftsführers von einem Sachverhalt Kenntnis erlangt, verliert sie diese Kenntnis nicht dadurch, daß der Geschäftsführer ausscheidet (BGH ZGenW 9 1959 320 m. Anm. Paulick). Kenntnis oder Kennenmüssen eines Prokuristen kann der Gesellschaft auch dann nur im Rahmen des § 166 BGB zugerechnet werden, wenn dieser zu unechter Gesamtvertretung mit einem Geschäftsführer befugt ist; denn auch dadurch wird er nicht Organ der Gesellschaft (vgl. oben Rdn. 252). Eine Wissenszurechnung findet im Rahmen aller Vorschriften zugunsten derjenigen statt, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten. Als weitere Beispiele kommen in Betracht: Steuerstrafrechtlich relevantes Wissen (OLG Dresden JW 1926 2117); Kenntnis der Unlauterkeit eines Verhaltens (RGZ 66 181, 185; RG Recht 1916 Nr. 1452); Kenntnis der Umstände, die den Vorwurf der Arglist oder der Sittenwidrigkeit eines Geschäfts begründen (BGH WM 1955 830); Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Kündigung eines Vertrages (RGZ 110 145); Kenntnis von der Einbeziehung einer Forderung in ein Kontokorrentverhältnis (BGH WM 1959 81); Kenntnis von der Tätigkeit eines Arbeitnehmers als Voraussetzung der Begründung eines faktischen Arbeitsverhältnisses (vgl. hierzu BGHZ 41 282, 287); Kenntnis einer Tatsache als Voraussetzung für das Laufen einer Frist (BayObLG DJZ 1908 Sp. 432, wonach ein Strafantrag nicht mehr gestellt werden kann, wenn ein Geschäftsführer die Tat länger als drei Monate kannte; vgl. demgegenüber aber RGSt 47 339); Kenntnis vom Eingang eines Bestätigungsschreibens (BGHZ 20 149, 153). Auch der Irrtum eines Geschäftsführers ist ein Irrtum der Gesellschaft, auf den sie die Anfechtung einer Willenserklärung stützen kann. Geben die handelnden Geschäfts(77)
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führer eine Willenserklärung in Kenntnis der wahren Sachlage ab, so ist der Irrtum eines unbeteiligten Geschäftsführers unerheblich. Irrt dagegen ein beteiligter Geschäftsführer, so kann die Gesellschaft anfechten, auch wenn andere den wahren Sachverhalt kannten; dies gilt auch im Falle der Gesamtvertretung, in dem nur einer der Gesamtvertreter irrt (RGZ 78 347, 354). Allerdings kann der Geschäftsführer, der den wahren Sachverhalt kannte, nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen sein, den mithandelnden irrenden Geschäftsführer aufzuklären. Ist er dieser Pflicht nicht nachgekommen, so ist die Berufung auf den Irrtum rechtsmißbräuchlich. Hat ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer ein Geschäft mit Ermächtigung der übrigen allein im Namen der Gesellschaft abgeschlossen, so berechtigt der Irrtum eines der ermächtigenden Geschäftsführer die Gesellschaft nicht zur Anfechtung des Rechtsgeschäfts. Die Gesellschaft kann jedoch in diesem Fall die Ermächtigung anfechten. Nach Hefermehl aaO 68 ist dann das Geschäft hinfällig, da der alleinhandelnde Geschäftsführer die Gesellschaft infolge des Wegfalls der Ermächtigung (§ 142 BGB) nicht verpflichten konnte. Das kann jedoch nicht für die Fälle gelten, in denen die Ermächtigung dem Geschäftsgegner angezeigt wurde. Hier sind die §§ 170ff. BGB entsprechend anwendbar (RGZ 159 363, 369; RG HRR 1937 548). Daher gilt dem gutgläubigen Geschäftspartner gegenüber der alleinhandelnde Geschäftsführer gemäß §§171, 173 BGB bis zur Anzeige des Entfallens der Ermächtigung als vertretungsbefugt.
IX. Haftung der Gesellschaft für ihre Geschäftsführer Schrifttum Frank Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH und der Geschäftsorgane sonstiger juristischer Personen für Aufsichtsverschulden nach § 831 Abs. 2, BB 1975 588; Frotz Verkehrsschutz im Vertretungsrecht (1972); Martens Die Anzeigepflicht über den Verlust des Garantiekapitals nach dem AktG und dem GmbHG, ZGR 1972 283; Mertens Die Haftung wegen Mißbrauchs der Leitungsmacht nach § 309 AktG aus schadensersatzrechtlicher Sicht, AcP 168 1968 232; Möhring Haftung der juristischen Person für Handlungen ihrer Organe, GmbH-Rdsch. 1959 132; H. Westermann Haftung für fremdes Handeln, JuS 1961 333. 1. Haftung nach § 31 BGB Die Gesellschaft hat für das Handeln der Geschäftsführer als ihr Handlungsorgan einzustehen. Sie haftet für jeden privatrechtlichen Haftungstatbestand, den die Geschäftsführer in Ausübung ihrer Funktion erfüllen, nach § 31 BGB. Dies gilt nicht nur für unerlaubte Handlungen und Vertragsverletzungen, sondern auch für die Tatbestände der Gefährdungshaftung und die Fälle der §§ 228 Satz 2, 231, 904 BGB. Bei Verschuldenstatbeständen genügt es, wenn einer von mehreren Geschäftsführern schuldhaft gehandelt hat (RGZ 110 145; 134 377; 163 30). 279 In Ausübung seiner Verrichtungen handelt ein Geschäftsführer, wenn die Handlung oder die Unterlassung in den dem Geschäftsführer zugewiesenen Wirkungsbereich fällt (BGH LM Nr. 13 zu § 31 BGB; BGB NJW 1952 537; RGZ 162 202, 207; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 99; Mertens Kölner KommAktG § 76, 23; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 78, 24; Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 § 31, 26). Der in § 31 BGB vorausgesetzte Zusammenhang der Handlung mit einer vom Geschäftsführer wahrzunehmenden Funktion wird nicht bereits dadurch unterbrochen, daß dieser seine Geschäftsführungsbefugnis überschreitet. Er ist erst dann zu verneinen, wenn eine Handlung offensichtlich aus dem Rahmen des dem Geschäftsführer im allgemeinen obliegenden
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Haftung für den Geschäftsführer (Mertens)
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Tätigkeitsbereichs herausfällt (vgl. RG DR 1941 1937). Bei vorsätzlichen unerlaubten Handlungen eines Geschäftsführers ist der Zusammenhang immer dann gegeben, wenn er seiner Willensrichtung nach — jedenfalls auch — im Interesse der Gesellschaft gehandelt hat (vgl. dazu RG Recht 1916 Nr. 1452) und wenn ihm die Handlung gerade aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer möglich gewesen ist oder wenn sie eine spezifische Pflicht der Gesellschaft verletzt (RG J W 1913 587; vgl. auch Mertens aaO 24f. m. w. Nachw.). Die Delegation eines Geschäftsführers als Organ in eine andere Gesellschaft unterbricht nicht ohne weiteres den Zusammenhang seiner Handlungen in dieser Gesellschaft mit seinem Wirkungskreis in der delegierenden Gesellschaft. Schädigt er in seiner Tätigkeit als Organ der aufnehmenden Gesellschaft einen Dritten, so ist grundsätzlich allein die aufnehmende Gesellschaft nach § 31 BGB verantwortlich. Eine gesamtschuldnerische Haftung beider Gesellschaften kommt nur dann in Betracht, wenn die haftungsbegründende Handlung konkret im Zusammenhang mit beiden Aufgabenbereichen des Geschäftsführers steht (vgl. im einzelnen Mertens aaO 30). Schädigt der in eine andere Gesellschaft delegierte Geschäftsführer diese oder deren Gesellschafter, so ist seine Handlung der delegierenden Gesellschaft immer dann zuzurechnen, wenn er in deren Interesse gehandelt hat (enger noch für das Aktienrecht Mertens aaO 31 im Hinblick auf das Fehlen einer Entsenderhaftung im Aktiengesetz; wie hier auch Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 § 31, 25; Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre [1958] S. 258ff.; vgl. auch Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht [1969] S. 251 ff.; H. Westermann, JuS 1961 336; abweichend — jedoch für einen besonders gelagerten Fall — BGHZ 36 296, 309; Schilling GroßkommAktG § 93, 7). Eine Vermutung, daß der Geschäftsführer einen Haftungstatbestand im Rahmen 280 seines dienstlichen Tätigkeitsbereichs erfüllt, besteht nicht; sie ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 344 Abs. 1 HGB (RG LZ 1931 Sp. 324). Eine Zurechnung nach § 31 BGB auf die Gesellschaft kommt dann nicht in Betracht, 281 wenn der Geschäftsführer gegen Normen verstößt, die dem Schutz der Gesellschaft selbst dienen (vgl. dazu § 43, 106; Martens ZGR 1972 283ff.; Mertens AcP 168 1968 232 Fn. 12; vgl. auch Mertens Kölner KommAktG § 76, 22); eine Haftung der Gesellschaft für unerlaubte Handlungen der Geschäftsführer vor der Eintragung wird durch diese Regel jedoch nicht ausgeschlossen (vgl. § 11, 65, 91). Die Anwendung des § 31 BGB hat auch insoweit zu unterbleiben, als dadurch der Schutz der Gesellschaft beeinträchtigt wird, der sich aus den Regeln über die Gesamtvertretung ergibt (vgl. BGHZ 6 330, 333; RGZ 162 129, 159; RG HRR 1928 Nr. 1396; RG SeuffA 82 Nr. 57; Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 § 31, 29; Staudinger-Coing § 31, 10a; Westermann JuS 1961 383; a. A. OLG Stuttgart SeuffA 82 Nr. 1; Frotz [1972] S. 246ff.). Es darf nicht über den Umweg der Haftung die Folge eintreten, die durch die Gesamtvertretung vermieden werden soll, nämlich daß die Gesellschaft im Ergebnis doch von einem Gesamtvertreter allein verpflichtet werden kann. Das gleiche gilt, wenn ein Geschäftsführer die gesetzlichen Grenzen seiner Vertretungsmacht überschreitet. Liegt in einer die Vertretungsbefugnis überschreitenden Willenserklärung zugleich ein Handlungsunwert, der sie als unerlaubte Handlung oder als culpa in contrahendo erscheinen läßt, die sich nicht in dem Abschluß ohne Vertretungsmacht erschöpft, so ist die Haftung der Gesellschaft jedoch nicht ausgeschlossen ( H e f e r m e h l aaO 100; Mertens aaO 28; MeyerLandrut aaO § 78, 24; Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 aaO 28f.). Ausnahmsweise kann die Haftung der Gesellschaft auch für eine unerlaubte Handlung des Geschäftsführers ausgeschlossen sein, nämlich wenn diese gerade auf die Herstellung des Anscheins der Vertretungsmacht gerichtet war (BGH BB 1967 856; RGZ 134 3 75 , 377). In dieser Entscheidung hat das Reichsgericht eine Genossenschaft nicht nach § 31 BGB für ihr Vorstandsmitglied haften lassen, das auf einen zur Begleichung einer privaten Schuld hingegebenen (79)
§35
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Wechsel die erforderliche Unterschrift des Mitzeichnungsberechtigten gefälscht hatte. Hier hätte in der Tat eine Haftung dem Sicherungszweck der Gesamtvertretung widersprochen (zustimmend Hefermehl aaO 100; Godin-Wilhelmi AktG § 78, 2; SoergelSchultze-v. Lasaulx11 aaO 29; ablehnend Schilling Voraufl. § 36, 8). Doch bejaht BGH WM 1959 80 die Haftung einer Genossenschaft nach §§ 31, 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB für ein gesamtvertretung.'berechtigtes Vorstandsmitglied, das allein die Einlösung von Wechseln zugesagt und dabei die Zustimmung des Mitvertreters dem Geschäftsgegner vorgetäuscht hatte; mit Recht, denn wenn der Geschäftsgegner nach den Umständen auf das Einverständnis des Mitberechtigten schießen kann, so muß sich die Gesellschaft nach den Grundsätzen über die Anscheinsvollmacht so behandeln lassen, als sei ihre Organperson vertretungsberechtigt gewesen, und muß insoweit deren Handlungen auch nach §31 BGB gegen sich gelten lassen; Kritik an der Entscheidung des BGH übt demgegenüber Möhring GmbH-Rdsch. 1959 132 f. 282 Die Haftung nach § 31 BGB ist gemäß § 40 BGB zwingend. Im Falle der unerlaubten Handlung haften Gesellschaft und Vorstandsmitglied als Gesamtschuldner (§§ 840 Abs. 1, 421 BGB). Im Innenverhältnis greift § 43 ein. Zur Zurechnung einer Haftung aus culpa in contrahendo auf den Vertreter selbst, wenn dieser wirtschaftlich betrachtet „gleichsam in eigener Sache" handelt oder das persönliche Vertrauen des Vertragspartners in besonderem Maße in Anspruch nimmt, vgl. BGHZ 56 81; BAG AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG m. Anm. Mertens. 2. Einstehenmüssen der Gesellschaft für Geschäftsführer außerhalb des § 31 BGB Auch außerhalb des § 31 BGB kann die Gesellschaft für Geschäftsführer einzustehen haben. Die Gesellschaft kann z. B. einen Anspruch auf Zahlung einer Versicherungssumme verlieren, wenn ein Geschäftsführer den Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag nicht nachkommt (RGZ 66 181, 185). Das Ordnungswidrigkeitengesetz enthält in §§ 29f. gegen die Gesellschaft gerichtete Sanktionen für Ordnungswidrigkeiten eines Geschäftsführers (Literaturnachw. bei Göhler Ordnungswidrigkeitengesetz 5. Aufl. [1977] Vorbem. 5 vor § 30). 284 Ausnahmsweise kann der Gesellschaft auch das private Verhalten eines Geschäftsführers zuzurechnen sein, wenn es Auswirkungen im Bereich der Geschäftsführung hat: So ist es beispielsweise für die Frage, ob ein Verhalten der Gesellschaft einem Handelsvertreter Anlaß zu einer Kündigung nach § 89b Abs. 3 Satz 1 HGB gegeben hat, relevant, wenn ein Geschäftsführer mit der Frau des Handelsvertreters ein Verhältnis hat und es dadurch zu Spannungen im Rahmen des Anstellungsverhältnisses kommt (OLG Düsseldorf NJW 1964 1963). Zur Haftung des Geschäftsführers nach § 34 Abs. 1 Abgabenordnung vgl. § 43, 114.
283
(80)
Angaben auf Geschäftsbriefen (Mertens)
§ 35a
§ 35a Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, m ü s s e n die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die N u m m e r , unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Geschäftsführer u n d , sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Falle das Stammkapital sowie, wenn nicht alle in Geld z u leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden. Der Angaben nach A b s a t z 1 Satz 1 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im R a h m e n einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und f ü r die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen. Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht anzuwenden. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 3 I. Vorgeschriebene Angaben 4 1. Unbedingt vorgeschriebene Angaben 4
Rdn. 2. Für den Fall der Erwähnung des Kapitals vorgeschriebene Angaben 5 II. Anwendungsbereich III. Folgen eines Verstoßes
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Schrifttum Eintnahl, Die erste gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und ihre Bedeutung für das deutsche Aktienrecht, A G 1969 131, 167, 210; Kreplin, Erweiterte Angabenpflicht auf Geschäftsbriefen für A G , K G a A und G m b H , B B 1969 1112. Einleitung Die Vorschrift entspricht § 80 A k t G in der Neufassung des Art. 2 N r . 7 des 1 Gesetzes zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 15. 8. 1969 (BGBl. I S. 1146). Während das A k t G 1937 in § 100 und der ursprüngliche § 80 AktG 1965 bereits ähnliche, wenngleich weniger weitgehende Bestimmungen über Angaben auf Geschäftsbriefen enthielten, war dem GmbH-Recht ein solches Erfordernis fremd. Erst durch Art. 3 N r . 4 des Koordinierungsgesetzes ist die Bestimmung in das GmbH-Gesetz eingeführt worden. Von der Ersten Richtlinie ist die in § 35 a Abs. 1 vorgesehene Angabe der leitenden Persönlichkeiten nicht vorgeschrieben; sie war zuvor aber bereits in § 80 A k t G vorgesehen, so daß es nahelag, sie bei der Angleichung des GmbH-Rechts an die Richtlinie auch für diese Gesellschaftsform zu übernehmen. Zweck der zwingenden Vorschrift ist die Sicherstellung eines Mindestmaßes 2 an Publizität bereits aufgrund der geschäftlichen Korrespondenz. Wer geschäftlichen Kontakt mit einer G m b H aufnimmt, soll schon aufgrund der Geschäftsbriefe ein gewisses Maß an Information über sie erhalten. Außerdem wird durch die Angabe des (81)
§ 35a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Registergerichts des Sitzes der Gesellschaft sowie der Eintragungsnummer für den Geschäftsverkehr die Möglichkeit geschaffen, sich ohne langwierige Nachforschungen zusätzliche Informationen zu verschaffen. Dem kommt im zwischenstaatlichen Verkehr besondere Bedeutung zu. Im übrigen besagt der Umstand, daß § 35 a im Rahmen der Koordinierung des europäischen Gesellschaftsrechts zum Zwecke einer Verbesserung des Verkehrsschutzes im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft geschaffen worden ist, keineswegs, daß diese Vorschrift nicht auch im Rahmen der nationalen Korrespondenz oder im Verkehr mit Adressaten, die ihren Sitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft haben, einzuhalten wäre. Reform 3
§ 64 RegE 1971 übernimmt die Vorschrift unverändert. I. Vorgeschriebene Angaben 1. Unbedingt vorgeschriebene Angaben
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Für Geschäftsbriefe sind die folgenden Angaben vorgeschrieben: (1) Die Rechtsform der Gesellschaft, also die Bezeichnung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung". Die Abkürzung GmbH genügt dem gesetzlichen Erfordernis (entsprechend für die Abkürzung „AG" Meyer-Landrut GroßkommAktG § 80, 1; Kreplin BB 1969 1113; dagegen insoweit a.A. Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 80, 1; Mertens KölnerKommAktG § 80, 4). Die Bezeichnung GmbH hat sich so eingebürgert, daß niemand, dem der Begriff der Gesellschaft mit beschränkter Haftung überhaupt etwas sagt, darüber im unklaren sein kann (vgl. entsprechend zur Zulässigkeit des abgekürzten Zusatzes m.b.H. BGHZ 62 230). Das Ziel des Koordinierungsgesetzes, in allen Staaten der Europäischen Gemeinschaft eine klare Erkennbarkeit der Rechtsform der Gesellschaft zu gewährleisten, wird durch die ausschließliche Verwendung der Abkürzung nicht erschwert. (2) Der Sitz der Gesellschaft. Die Angabe des Sitzes ist vor allem deshalb angezeigt, weil dieser den allgemeinen Gerichtsstand der Gesellschaft begründet ( § 1 7 ZPO; BGH WM 1977 1427). Die Angabe des Ortes der Zweigniederlassung genügt auch dann nicht, wenn der Geschäftsbrief von einer Zweigniederlassung abgesandt wird (vgl. Hefermehl aaO 5; Meyer-Landrut aaO 1). Der Sitz muß als solcher angegeben sein, auch wo er mit dem Absendeort zusammenfällt. (3) Das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist. (4) Alle Geschäftsführer; sie müssen mit Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen aufgeführt sein. Das gilt auch für Stellvertreter (§ 44), die als solche bezeichnet werden können, aber nicht müssen ( M e y e r - L a n d r u t aaO § 80, 1). Gegebenenfalls ist auch ein Notgeschäftsführer zu erwähnen; denn gerade die Tatsache der Bestellung eines Notgeschäftsführers und dessen Person ist für den Rechtsverkehr nicht unwichtig. Demgegenüber kann es nicht darauf ankommen, daß er nur vorübergehend für den Fall der Verhinderung eines anderen Geschäftsführers bestellt ist, der namentlich auf den Geschäftsbriefen erwähnt sein muß. Der Arbeitsdirektor braucht nicht als solcher hervorgehoben zu werden (Lehmann-Heinsius Aktienrecht und Mitbestimmung [1976] S. 40). (5) Gegebenenfalls der Vorsitzende des Aufsichtsrats. Auch dieser ist mit Nachnamen und einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben. Es kommt nicht darauf an, (82)
Angaben auf Geschäftsbriefen (Mertens)
§ 35a
ob der Aufsichtsrat für die GmbH obligatorisch ist oder ob er kraft statutarischer Bestimmung fungiert. Ob die Satzung ein Gremium, das in der Sache die Funktionen des Aufsichtsrats erfüllt, als solchen bezeichnet oder z. B. als Beirat, ist unerheblich. Gegebenenfalls muß also auch der Beiratsvorsitzende erwähnt werden. Entscheidend ist, daß er einem Oberwachungsorgan vorsteht, das dem § 52 unterliegt (vgl. dazu im einzelnen § 52, 15). Ein fakultativer Aufsichtsrat braucht keinen Vorsitzenden zu haben, so daß auch keiner genannt werden kann. Im übrigen steht der Nennung weiterer Aufsichtsratsoder Beiratsmitglieder nichts im Wege; denn § 35a legt nur Mindesterfordernisse fest. Da die Vorschrift auf das faktische Bestehen eines Aufsichtsrats abstellt, ist der Aufsichtsratsvorsitzende auch dann anzugeben, wenn die Gesellschafter ohne satzungsmäßige Grundlage einen Aufsichtsrat bestellt haben (vgl. dazu § 52, 14). 2. Für den Fall der Erwähnung des Kapitals vorgeschriebene Angaben Die Gesellschaft wird durch § 35 a nicht gezwungen, in ihren Geschäftsbriefen 5 Angaben über das Kapital zu machen. Geschieht dies aber, so ist gemäß Abs. 1 Satz 2 stets das Stammkapital sowie der Gesamtbetrag der noch ausstehenden Geldeinlagen anzugeben. Daß Sacheinlagen ausstehen, braucht nicht erwähnt zu werden. Hier können jedoch ergänzend §§ 3, 1 UWG eingreifen. Wird etwa ein geringfügiger Gesamtbetrag ausstehender Geldeinlagen angegeben, so liegt für die Geschäftspartner der Gesellschaft die Annahme nahe, es seien die übrigen Einlagen in Geld geleistet. Handelt es sich tatsächlich um ausstehende Sacheinlagen, so muß das zum Schutz des Geschäftsverkehrs durch eine zusätzliche Angabe klargestellt werden. In diesem Zusammenhang fällt entscheidend ins Gewicht, daß das UWG nicht zuletzt den gesellschaftsrechtlich relativ unkundigen Geschäftspartner schützt (wie hier Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 80, 8, im Ansatz auch Baumbach-Hueck § 35a, 2 b). Aus dem UWG läßt sich aber keine Pflicht der Gesellschaft ableiten, klarzustellen, ob und in welchem Maße das eingezahlte Kapital tatsächlich noch vorhanden ist. Daher kommt der Vorschrift nur ein bedingter Wert zu (Einmahl AG 1969 134).
II. Anwendungsbereich § 35 a gilt nur für die GmbH, nicht für die GmbH & Co. KG. Eine entsprechende Anwendung auf die GmbH in der GmbH & CO. KG ist jedoch dann in Betracht zu ziehen, wenn die GmbH der einzige persönlich haftende Gesellschafter der GmbH & Co. K G ist. Jedenfalls würde dies der durch BGHZ 62 216 sowie BGHZ 47 149; BGH GmbH-Rdsch. 1973 163 in die Wege geleiteten Grundlinie der Rechtsfortbildung entsprechen (vgl. dazu § 4, 111; § 13 Anh. 1, 19). § 35 a muß seinem Zweck nach jedenfalls auch auf solche ausländische GesellSchäften angewendet werden, die im Inland eine Zweigniederlassung oder sonstige Betriebsstätte haben, von der sie aus handeln (Einmahl AG 1969 136; Mertens Kölner KommAktG § 80, 5; a.A. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 80, 20; Kreplin BB 1969 1112; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 80, 1). Gerade im Verhältnis zu ausländischen Gesellschaften greift der Schutzzweck der Vorschrift ein und sollte insoweit möglichen Durchsetzungsschwierigkeiten nicht geopfert werden. § 35 a gilt auch für den Geschäftsverkehr mit dem Ausland, vgl. oben Rdn. 2, Baumbach-Hueck 1; Scholz-Fischer3 2. Die in Abs. 1 vorgeschriebenen Angaben müssen auf allen Geschäftsbriefen stehen. Der Begriff ist weit auszulegen. Er umfaßt — wie nach § 38 Abs. 2 HGB der Handels(83)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
brief — jede geschäftliche Mitteilung, die sich an einen bestimmten Empfänger richtet, auch wenn sie formularmäßig abgefaßt ist (Einmahl aaO 134; Hefermehl aaO). Auf die äußere Form der Mitteilung kommt es nicht an; auch Postkarten sind Geschäftsbriefe im Sinne der Vorschrift (Einmahl aaO 135f.; Hefermehl aaO 12; Kreplin aaO 1113). § 35 a gilt nicht für den internen Schriftverkehr zwischen der Gesellschaft und ihren Filialen, wohl aber im Geschäftsverkehr verbundener Unternehmen untereinander (Baumbach-Hueck 3 b; Scholz-Fischers 3; Hefermehl aaO 19). Mit Ausnahme von Bestellscheinen, die gemäß Abs. 3 stets als Geschäftsbriefe im Sinne des Abs. 1 gelten, bedarf es nach Abs. 2 der Angabe nach Abs. 1 Satz 1 nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen. Der Begriff der bestehenden Geschäftsverbindung setzt nicht voraus, daß schon ein oder mehrere Geschäfte mit dem Geschäftspartner abgeschlossen worden sind. Entscheidend muß es vielmehr darauf ankommen, daß in der Korrespondenz mit dem Geschäftspartner die Angaben einmal gemacht worden sind (Einmahl aaO 136). Dagegen widerspricht es dem Normzweck des § 35 a, eine bestehende Geschäftsverbindung schon dann anzunehmen, wenn der Dritte erstmalig an die Gesellschaft wegen eines bestimmten Geschäfts herangetreten ist (so aber Hefermehl aaO 14; SchlegelhergerQuassowski AktG 1937 3. Aufl. § 100, 7). Ein Formular muß die Angaben nach Abs. 1 nur dann nicht enthalten, wenn seine Verwendung und die individuellen Einfügungen der Üblichkeit entsprechen. Es muß daher so angelegt sein, daß sich Einfügungen auf die für den einzelnen Geschäftsvorfall maßgeblichen besonderen Angaben beschränken können. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 der Ersten DVO AktG 1937 sind unbedenklich individuelle Angaben über die Art der Leistung, die Warengattung, die Stückzahl, den Preis oder Gegenwert und die Lieferzeit. Zum Kreis der üblichen Vordrucke gehören etwa Angebote, Auftragsbestätigungen, Versandanzeigen, Lieferscheine, Empfangsbestätigungen, Rechnungen, Reparaturabholbenachrichtigungen, Kontoauszüge sowie durchweg die im Bankverkehr üblichen Formblätter (weitere Beispiele bei Hefermehl aaO 16). Mit Recht nimmt Hefermehl aaO 17 an, daß auch Mitteilungen an Behörden, Industrie- und Handelskammern oder Wirtschaftsverbände, für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, unter Abs. 2 fallen. Das Erfordernis der bestehenden Geschäftsverbindung ist hier sinngemäß stets dann erfüllt, wenn die Berichte aufgrund einer Anordnung des Empfängers oder einer Vereinbarung mit ihm regelmäßig zu erstatten sind ( H e f e r m e h l aaO).
III. Folgen eines Verstoßes 15
§ 35 a ist keine Form-, sondern eine Ordnungsvorschrift, deren Verletzung die Gültigkeit einer Erklärung nicht beeinflußt. Geschäftsführer, die § 35 a nicht befolgen, sind hierzu vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten (vgl. § 79 Abs. 1). Nach Lage des Falls können falsche Angaben zu einem Anspruch des Geschäftspartners aus culpa in contrahendo oder zu einem Anfechtungsrecht führen.
(84)
Wirkung der Vertretung (Mertens)
§36
§36 Die Gesellschaft wird durch die in ihrem Namen von den Geschäftsführern vorgenommenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Gesellschaft vorgenommen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, daß es nach dem Willen der Beteiligten für die Gesellschaft vorgenommen werden sollte. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Voraussetzungen der Vertretungswirkung 3 1. Handeln im Rahmen der Vertretungsbefugnis 3
Rdn. 2. Handeln im Namen der Gesellschaft 4 II. Vertretungswirkung bei widersprüchlichen Erklärungen der Geschäftsführer 5
Schrifttum Grothus Widersprechendes Handeln zweier alleinvertretungsberechtigter GmbHGeschäftsführer, GmbH-Rdsch. 1958 142; Schmidt-Rimpler Zum Problem der Vertretungsmacht des zur Einzelgeschäftsführung befugten Gesellschafters beim Widerspruch eines anderen in der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft, Festschrift Knur (1972) S. 235. Einleitung Die von einem Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft abgegebene oder 1 entgegengenommene Willenserklärung wirkt für und gegen die Gesellschaft. Dies ergibt sich schon aus § 164 BGB im Hinblick darauf, daß die Geschäftsführer die nach außen unbeschränkten gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft sind (§§ 35, 37 Abs. 2 Satz 1). Die Vorschrift des § 36 ist also überflüssig {Baumbach-Hueck A; Scholz-Fischer6 1). Reform Der RegE 1971 sieht deshalb eine dem § 36 entsprechende Bestimmung nicht mehr 2 vor. Zur Regelung der Vertretung im RegE 1971 vgl. § 35, 12ff. I. Voraussetzungen der Vertretungswirkung 1. Handeln im Rahmen der Vertretungsbefugnis Die Vertretungswirkung setzt voraus, daß die Geschäftsführer im Rahmen ihrer 3 Vertretungsbefugnis handeln oder, soweit die Überschreitung der Vertretungsbefugnis genehmigungsfähig ist, daß eine entsprechende Genehmigung erteilt wird. Für die Genehmigung gilt § 177 BGB; sie wirkt nach § 184 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. 2. Handeln im Namen der Gesellschaft Voraussetzung der Vertretungswirkung ist weiter ein Handeln im Namen der 4 Gesellschaft. Handeln für Rechnung der Gesellschaft genügt nicht (RG 35 41). Es reicht (85)
§36
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
aus, wenn sich aus den Umständen ergibt, daß der Geschäftsführer im Namen der GmbH handelt (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei wird im Handelsverkehr der Ausdruck, das Geschäft werde für Rechnung der Gesellschaft geschlossen, üblicherweise dahin zu verstehen sein, daß es im Namen der Gesellschaft getätigt werden soll. Schließt ein Geschäftsführer im Rahmen seiner Vertretungsbefugnis mit einem Dritten ein Geschäft, das zum Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft gehört, so ist im Zweifel davon auszugehen, daß es im Namen der Gesellschaft geschlossen wird (RG 119 64). Wer behauptet, daß ein Geschäft in stiller Vertretung im Namen der Gesellschaft geschlossen worden sei, muß die Umstände, aus denen sich die stille Vertretung ergibt, darlegen und gegebenenfalls beweisen (Palandt 3 7 § 164, 5; vgl. auch BGH NJW 1975 775). Hat ein Geschäftsführer einen Wechsel im Namen der GmbH ausgestellt und das erste Indossament mit seinem Namen gezeichnet, so kann das Indossament nicht als ein solches der GmbH angesehen werden; denn es liegt die Auslegung nahe, daß es sich um ein Indossament des Unterzeichners als eine Erklärung im eigenen Namen handelt, wie sie nicht selten abgegeben wird, um damit den Wechsel wertvoller zu machen (BGH GmbH-Rdsch. 1978 132).
II. Vertretungswirkung bei widersprüchlichen Erklärungen der Geschäftsführer 5
Geben mehrere alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer oder ein alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und eine Gruppe gemeinschaftlich vertretungsberechtigter Geschäftsführer oder mehrere Gruppen gemeinschaftlich vertretungsberechtigter Geschäftsführer widersprüchliche Erklärungen ab, so gelten die allgemeinen Regeln über das Wirksamwerden von Willenserklärungen (vgl. dazu §§ 130—132 BGB). Das bedeutet: Bei nichtempfangsbedürftigen Willenserklärungen kommt es auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung an, bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf deren Zugang beim Empfänger. Gültig ist im ersten Fall die zuerst abgegebene, im zweiten Fall die zuerst zugegangene Erklärung. Bei gleichzeitiger Abgabe bzw. gleichzeitigem Zugang sind einander widersprechende Erklärungen nichtig, da sich daraus kein eindeutiger Wille der Gesellschaft ergibt ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 78, 65). Eine empfangsbedürftige Willenserklärung wird dann nicht wirksam, wenn dem Geschäftspartner vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB); ein nachträglicher Widerruf ist nur dann beachtlich, wenn die Willenserklärung zurücknehmbar ist. Anmeldungen zum Handelsregister können trotz Anmeldepflicht stets wirksam zurückgenommen werden (KG JW 1939 357; Hefermehl aaO 65).
(86)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§37
§37 D i e Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränk u n g e n einzuhalten, welche für den U m f a n g ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. G e g e n dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft z u vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten v o n Geschäften erstrecken oder n u r unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder a n einzelnen O r t e n stattfinden soll, oder daß die Z u s t i m m u n g der Gesellschafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Geschäftsführungsbefugnis und ihre Beschränkbarkeit 3 1. Der Bereich der Geschäftsführung 3 2. Grenzen der Beschränkbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis 7 a) Weisungsfreier Mindestbereich autonomen Geschäftsführungsermessens? 7 aa) Uneinschränkbarer Bereich eigenverantwortlicher Geschäftsführung 7 bb) Kein weitergehendes Verbot der Bindung der Geschäftsführer an Weisungen 8 b) Grenzen der Geschäftsverteilung und der internen Hierarchie unter Geschäftsführern 10 c) Weitergehende Autonomie der Geschäftsführer in der mitbestimmten Gesellschaft? 11 d) Sonderstellung des Arbeitsdirektors? 13 3. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis Hurch die Satzung 17 a) Bestimmung des Untemehmensgegenstandes 17
Rdn. b) Möglichkeit weiterer Einschränkungen 19 c) Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnis durch satzungswidrige, aber wirksame Beschlüsse 22 d) Unerheblichkeit der Kenntnis von satzungsmäßigen Geschäftsführungsbeschränkungen 23 e) Satzung und Anstellungsvertrag 24 4. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch Gesellschafterbeschluß 25 5. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch den Anstellungsvertrag 6. Rechtsfolgen der Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis a) Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführern b) Im Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten II. Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis
30 31 31 35 39
1. Bedeutung, Reichweite und Grenzen des Prinzips der Unbeschränkbarkeit 39 2. Rechtslage bei Überschreitung der Vertretungsbefugnis 47
Schrifttum Fischer D e r Mißbrauch der Vertretungsmacht, auch unter Berücksichtigung der Handelsgesellschaften, Festschrift Schilling (1973) S. 3; Frotz Verkehrsschutz im Vertretungsrecht (1972); Geßler Bedeutung u n d Auslegung des § 23 Abs. 5 A k t G , Festschrift L u t h e r (1976) S. 69; ders. Z u m Mißbrauch organschaftlicher Vertretungsmacht, Festschrift v. C a e m m e r e r (1978) S. 531; Heckelmann Z u m Mitverschulden des Ver(87)
§37
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
tretenen bei Mißbrauch der Vertretungsmacht, JZ 1970 62; Hübner Die Prokura als formalistischer Vertrauensschutz, Festschrift Klingmüller (1974) S. 173; Mertens Die Schranken gesetzlicher Vertretungsmacht im Gesellschaftsrecht (unter besonderer Berücksichtigung von BGHZ 50 112), JurA 1970 466; ders. Politisches Programm in der Satzung der Aktiengesellschaft, NJW 1970 1718; ders. Unternehmensgegenstand und Mitgliedschaftsrecht, AG 1978 309; Schmidt-Rimpler Zum Problem der Vertretungsmacht des zur Einzelgeschäftsführung befugten Gesellschafters beim Widerspruch eines anderen in der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft, Festschrift Knur (1972) S. 235; Schott Der Mißbrauch der Vertretungsmacht, AcP 171 1971 385; Stoll Der Mißbrauch der Vertretungsmacht, Festschrift Lehmann (1937) S. 115; Tank Der Mißbrauch von Vertretungsmacht und Verfügungsbefugnis, NJW 1969 6; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen (1970); 'Winkler Nichtgewerbliche, ideale, insbesondere politische Zielsetzungen als Inhalt von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, NJW 1970 449; Winter Anmerkung zu BGH v. 26. 10. 1964, GmbH-Rdsch. 1965 195. Einleitung 1
§ 37 setzt voraus, daß die Geschäftsführer grundsätzlich das zur Geschäftsführung befugte Organ sind. Diese Befugnis steht jedoch — anders als die gemäß Abs. 2 unbeschränkbare Vertretungsmacht — weitgehend zur Disposition des Gesellschaftsvertrages und der Gesellschafterbeschlüsse (vgl. unten Rdn. 7ff.). Daß — entgegen der angelsächsischen ultra vires-Doktrin — die Vertretungsmacht nur durch das Gesetz selbst eingeschränkt werden kann und im übrigen die Rechtsfähigkeit der juristischen Person nicht durch ihren Zweck begrenzt wird, ist ein allgemeiner Grundsatz des deutschen privaten Korporationsrechts, der auch für öffentliche Unternehmen gilt, die in privatrechtlichen Korporationsformen organisiert sind (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 82, 2). Aus § 37 Abs. 1 ergibt sich, daß das GmbH-Gesetz im Gegensatz zum Aktienrecht (vgl. § 76 AktG) keine unentziehbare unter eigener Verantwortung auszuübende Leitungsmacht der Geschäftsführer kennt. Doch sind ihnen als Organ gewisse Pflichten kraft Gesetzes auferlegt, von denen sie weder die Satzung noch die Gesellschafter befreien können (vgl. unten Rdn. 7). Eine Pflicht zur Wahrnehmung des Unternehmensinteresses ergibt sich in mitbestimmten Gesellschaften aus dem Sinn und Zweck der Mitbestimmung (vgl. § 35, 10). Diese Verantwortlichkeit setzt der Weisungsbefugnis der Gesellschafter und dem Regelungsspielraum der Satzung in solchen Gesellschaften eine gewisse Grenze (vgl. unten Rdn. 11). Reform
2
Der RegE 1971 sah sachliche Änderungen der gegenwärtigen Rechtslage hinsichtlich der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis nicht vor. Er wollte nur schärfer zwischen beiden unterscheiden. So war vorgesehen, in § 61 RegE 1971 ausdrücklich das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung zu statuieren, das sich im geltenden Recht aus § 35 Abs. 2 Satz 2 erschließen läßt. Außerdem trug die Formulierung in § 66 RegE 1971 — der Bestimmung, die § 37 entspricht — dem Gesichtspunkt Rechnung, daß auch der Aufsichtsrat sowie ein im Gesellschaftsvertrag hierzu ermächtigtes Organ und die Geschäftsordnung Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis statuieren können. § 66 Abs. 2 Satz 2 RegE 1971 sah vor, daß die Geschäftsführer Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte zum gesamten Geschäftsbetrieb nur bestellen dürfen, wenn die Gesellschafter sie dazu — durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß — ermächtigt haben. Die Einordnung dieser Regelung, die sich jetzt in § 46 Nr. 7 findet, in (88)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§ 37
das Recht der Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer sollte klarstellen, daß die Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten kein interner Organisationsakt der Gesellschaft, sondern eine Geschäftsführungsmaßnahme ist und dem Zustimmungserfordernis der Gesellschafter daher nur interne Bedeutung zukommt (vgl. dazu § 35, 214). Zugleich sollte in § 107 Abs. 5 Satz 3 RegE 1971 vorgesehen werden, daß der Aufsichtsrat, soweit ihm nicht kraft zwingenden Rechts die Bestellung der Geschäftsführer obliegt, die Bestellung und die Abberufung von Prokuristen ohne besondere Ermächtigung durch den Gesellschaftsvertrag nicht selbst von seiner Zustimmung abhängig machen darf. Hier ging es dem RegE 1971 darum, außerhalb des Bereichs der dem Aufsichtsrat kraft zwingenden Rechts zuzuerkennenden Personalkompetenz dafür zu sorgen, daß die Entscheidung über die Bestellung der die Geschäfte führenden Personen (Geschäftsführer und Prokuristen) grundsätzlich in einer Hand, nämlich der der Gesellschafter verblieb. Auch in Gesellschaften, in denen nach dem RegE 1971 die Geschäftsführer vom Aufsichtsrat zu bestellen waren, sollte aber die Regelung des § 66 Abs. 2 Satz 2 RegE 1971 gelten; hiernach bedurfte die Bestellung von Prokuristen durch die Geschäftsführung der Ermächtigung durch die Gesellschafter. Der Aufsichtsrat sollte aber das Recht haben, die Bestellung von seiner Zustimmung abhängig zu machen (vgl. § 124 Abs. 1, 5 i.V. mit § 107 Abs. 3 RegE 1971 sowie die Begründung zu § 66 RegE 1971). I. Geschäftsführungsbefugnis und ihre Beschränkbarkeit 1. Der Bereich der Geschäftsführung Unter Geschäftsführung ist in der GmbH wie in der Personengesellschaft (vgl. 3 Fischer GroßkommHGB § 116, 2) und abweichend von der Aktiengesellschaft (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 77, 3) die Vornahme aller Handlungen zu verstehen, die im Rahmen des gewöhnlichen Betriebs des Unternehmens der Gesellschaft liegen. Dazu gehören auch gesellschaftsinterne Maßnahmen, die den Ablauf des gesellschaftlichen Lebens organisieren. Gesellschaftsinterne Maßnahmen, die über diesen Rahmen hinausgehen, insbesondere Entscheidungen über die Grundsätze der Unternehmenspolitik, sowie außergewöhnliche Betriebshandlungen fallen nur insoweit in den Bereich der Geschäftsführung als den Geschäftsführern durch Satzung oder Gesellschafterbeschluß dafür die Zuständigkeit eingeräumt ist. Für außergewöhnliche Betriebshandlungen ergibt sich diese Grenze der Geschäfts- 4 führung aus dem ungeschriebenen Rechtssatz, daß die Geschäftsführer Entscheidungen, die den Rahmen des bisherigen Geschäftsbetriebs sprengen, nicht in eigener Verantwortung treffen dürfen, sondern die Gesellschafterversammlung einzuberufen haben (OLG München HRR 1940 1358; Brodmann § 49, 2 b; Hommelhoff ZGR 1978 123). Daß die Entscheidung über die Grundsätze der Unternehmenspolitik den Gesell- 5 schaftern zustehen soll, folgt mittelbar aus dem Katalog der den Gesellschaftern in § 46 vorbehaltenen finanzpolitischen und personalpolitischen Kompetenzen ( H o m m e l h o f f aaO 124ff.). Mit Recht legt Hommelhoff dar, daß die Zuständigkeit für die Feststellung der Jahresbilanz und die Verteilung des Reingewinns nach § 46 Nr. 1 den Gesellschaftern nicht nur die Formulierung der Bilanzpolitik, insbesondere die Bildung der stillen Reserven, sondern auch die Entscheidung über die Bedienung oder Auflösung der offenen Rücklagen ermöglicht. Damit steht den Gesellschaftern die Disposition darüber zu, in welchem Umfang dem Unternehmen Mittel zur Selbstfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Soweit die Leitung des Unternehmens nicht durch die Satzung — entsprechend § 76 AktG für den Vorsund der Aktiengesellschaft — den Geschäfts(89)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
führern zur selbstverantwortlichen Wahrnehmung übertragen ist, haben diese sich überdies an die Regel zu halten, daß sie keine Entscheidungen treffen dürfen, von denen sie annehmen müssen, daß die Gesellschafter sie mißbilligen werden ( Baumbach-Hueck § 49, 3 b; Hommelhoff a a O 125). 6 Es gibt demnach also einen Bereich der Geschäftsführung, der den Geschäftsführern ohne besondere Bestimmung zusteht, und einen möglichen Bereich der Geschäftsführung kraft spezifischer Anordnung durch Satzung oder Gesellschafterbeschluß. Man kann insofern von gesetzlicher G e s c h ä f t s f ü h r u n g s b e f u g n i s einerseits und gegebenenfalls von
einer durch Satzung oder Gesellschafterbeschluß erweiterten Geschäftsführungsbefugnis andererseits sprechen.
2. Grenzen der Beschränkbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis a) Weisungsfreier Mindestbereich autonomen Geschäftsführungsermessens? 7
8
aa) Uneinschränkbarer Bereich eigenverantwortlicher Geschäftsführung. Ein
autonomer Entscheidungsbereich der Geschäftsführer ergibt sich in einem klar begrenzten U m f a n g zwingend aus dem Gesetz selbst: Zum einen steht ihnen im Rahmen des Gesetzes (vgl. § 35, 216) unabdingbar die gesetzliche Vertretung der Gesellschaft zu; die Gesellschafter können sie nicht an sich ziehen. Damit ist den Geschäftsführern zugleich faktisch insoweit ein gewisser Entscheidungsspielraum gesichert als die Gesellschafter kaum alle Entscheidungen, die im Rahmen der Vertretung der Gesellschaft gefällt werden müssen, vorwegnehmen können. Zum anderen obliegen den Geschäftsführern eine Reihe von Amtspflichten, die nicht zur Disposition der Gesellschafter stehen, insbesondere die Pflicht zur Erhaltung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft gemäß den §§ 30, 33, die Pflicht, unter gewissen Voraussetzungen die Eröffnung des Konkurses bzw. des Vergleichsverfahrens zu beantragen (§ 64), die Pflicht, den gesetzlichen Vorschriften über die Publizität der Gesellschaft zu entsprechen, insbesondere die notwendigen Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister vorzunehmen, und die Pflicht zur Sorge für eine ordnungsmäßige Buchführung und Bilanzierung. Hinzu kommen weitere Pflichten, die ihnen im öffentlichen Interesse auferlegt sind, so z. B. nach § 34 Abgabenordnung. Hier haben sie kraft eigener Verantwortung zu entscheiden. Weisungen der Gesellschafter sind in diesem Bereich rechtswidrig und unbeachtlich (vgl. dazu auch § 43, 77).
bb) Kein weitergehendes Verbot der Bindung der Geschäftsführer an Wei-
s u n g e n . Außerhalb des in der vorigen Rdn. gekennzeichneten Bereichs steht den Gesellschaftern oder einem von ihnen eingesetzten weisungsbefugten weiteren Gesellschaftsorgan vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag oder auch im Anstellungsvertrag (vgl. dazu § 35, 85) ein Weisungsrecht zu. Fraglich ist, ob es den Gesellschaftern mit Hilfe dieses Weisungsrechts erlaubt ist, den Geschäftsführer im Innenverhältnis einer durchgehenden Weisungsgebundenheit zu unterwerfen und damit im wesentlichen selbst die Geschäfte zu führen. Nach Baumbach-Hueck § 37, 2 A ; Immenga, D i e personalistische Kapitalgesellschaft (1970) S. 93 geht es nicht an, daß die Geschäftsführer überhaupt keine Geschäftsführungsbefugnis besitzen. Feine S. 496 weist in diesem Sinne darauf hin, daß ihnen zumindest die Vertretungsbefugnis zustehe und auch diese eine Geschäftsführungsbefugnis sei. Offenbar sollen diese Stellungnahmen nicht besagen, daß den Geschäftsführern über den ihnen kraft zwingenden Rechts zugewiesenen Geschäftsführungsbereich hinaus (dazu oben Rdn. 7) ein weiterer nicht durch das Gesetz definierter Mindestbereich autonomen unternehmerischen Ermessens zustehen soll. Unter unzutreffender Würdigung der genannten Autoren nimmt Hommel(90)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§37
hoff aaO 127 ff. einen solchen Mindestbereich im Rahmen des Normalstatuts der GmbH an, läßt aber eine abweichende Regelung durch die Satzung zu. Gegen die These eines — zwingenden oder jedenfalls nur durch entsprechende Satzungsbestimmungen aufhebbaren — weisungsfreien Mindestbereichs für die Geschäftsführer wenden sich Feine S. 467, 504; Scholz § 37, 4; Scholz-Fischer8 § 37, 2; Sudhoff Rechte und Pflichten, S. 40; Eder Wilke-Berg-Gottschling-Gaul Rz. 590; vgl. auch Schmidt Voraufl. § 46, 1). Diesen Autoren ist aus mehreren Gründen zu folgen. Entscheidend spricht gegen die These vom weisungsfreien Mindestbereich, daß 9 sich ein solcher Bereich nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit abgrenzen läßt. Hommelhoff meint, daß sich die Gesellschafterweisungen zur laufenden Geschäftsführung in ihrer Gesamtheit nicht so stark verdichten dürfen, daß sich das unternehmerische Initiativ- und Entscheidungszentrum in vollem Umfang von der Ebene der Geschäftsführer auf die der Gesellschafter verlagere. Es liegt auf der Hand, daß diese Formel keine brauchbare Abgrenzungsleitlinie bildet. Sie könnte im Konfliktsfall zu eben der Gefahr eines dauernden Machtkampfs führen, die Hommelhoff aaO 136 veranlaßt, den Gedanken eines — erweiterten — Freiraums der Geschäftsführer im Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes zurückzuweisen. Aber auch der sachliche Gehalt der Abgrenzungsformel Hommelhoffs trifft nicht zu; denn daß die Gesellschafter selbst das unternehmerische Initiativ- und Entscheidungszentrum bilden können, kennzeichnet gerade den Strukturtypus der GmbH. Die Frage kann nur sein, ob sie ihr Ziel auch auf dem Wege laufender Einflußnahme auf die tägliche Geschäftspolitik verfolgen dürfen. In diesem Bereich kann sicherlich — wie Hommelhoff richtig sieht — nicht das Verbot einzelner Weisungen in Betracht kommen. Eine quantitative Abgrenzung der zulässigen Einflußnahme — wieviel Weisungen am Tag oder im Monat? - ist aber sicherlich ebenso ausgeschlossen. Insofern ist die Lehre von einem durch die Struktur der GmbH bedingten autonomen Entscheidungsspielraum der Geschäftsführer undurchführbar. Sie ist auch mit dem Prinzip, daß in der GmbH die Gesellschafter die Herren der Gesellschaft sind, unvereinbar. Daher ist an der bisher herrschenden Lehre festzuhalten, wonach die Gesellschafter „überall da kontrollierend, anordnend, verbietend, ersetzend eingreifen" können, wo das Gesetz oder die Satzung nichts anderes vorschreibt (so Schmidt Voraufl. § 46, 1). Die Kritik dieser Auffassung durch Hommelhoff, die diesen Autor veranlaßt, eine allgemeine durchgehende Weisungsgebundenheit nur im Falle einer entsprechenden Satzungsbestimmung zuzulassen, überzeugt nicht. Daß der gesetzliche Zuständigkeitskatalog der Gesellschafter nach § 46 — vorbehaltlich einer nach § 45 Abs. 2 zulässigen abweichenden Regelung in der Satzung — für die Abgrenzung der Zuständigkeiten von Gesellschaftern und Geschäftsführern maßgeblich sei, versucht Hommelhoff mit dem Hinweis plausibel zu machen, daß es dieses Zuständigkeitskataloges nicht bedurft hätte, wenn sich die Organkompetenzen der Gesellschafter jeweils danach bestimmten, was diese im Einzelfall an sich ziehen. Zwar sei es möglich, dem Katalog der Gesellschafteraufgaben nur eine formale Ordnungsfunktion zuzusprechen und keine materielle Aussagekraft. Eine gesetzliche Ordnung aber, die schon durch faktisch entgegengesetztes Verhalten in ihrer Regelungswirkung aufgehoben werden könne, sei wenig sinnvoll. Hier übersieht Hommelhoff, daß es nicht darum geht, ob ein rein faktisches Verhalten den Zuständigkeitskatalog verändern kann. Dieser Katalog ist vielmehr durchaus sinnvoll, wenn man ihn als Aufzählung der Zuständigkeiten der Gesellschaft versteht, deren Begründung nicht erst eines besonderen Gesellschafterbeschlusses bedarf. Gibt dieser Katalog an, was gilt, wenn die Gesellschafter nichts Abweichendes beschlossen haben, so macht er damit einen Gesellschafterbeschluß zur Begründung weiterer Zuständigkeiten erforderlich, nicht dagegen läßt er (91)
§37
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
faktische Abweichungen zu. Die These, daß er einen numerus clausus der Gesellschafterrechte begründe, den diese nur im Wege abweichender Satzungsregelung zu erweitern vermögen, ist weder mit der grundsätzlichen Dispositivität dieses Kataloges noch mit der Regel vereinbar, daß die Gesellschafter als das oberste Organ der GmbH nach § 37 Abs. 1 den Beschluß als Regelungsinstrument benutzen dürfen. Auf den Weg der Satzungsregelung können sie nur dort verwiesen werden, wo das Gesetz dies vorschreibt. Hommelhoff nennt als Argument für seine Lösung zusätzlich die Publizität-. Wenn die Gesellschafter die Zuständigkeit für die Tagesgeschäfte in breitem Umfang an sich ziehen, so sollten Interessierte das erkennen können. Daher müsse dies aus dem Gesellschaftsvertrag selbst hervorgehen. — Doch ergibt sich ein ausreichender Verkehrsschutz aus dem Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht. Im übrigen zeichnet sich schwerlich ein Publizitätsgewinn ab, wenn es den Gesellschaftern auch nach dem Normalstatut der GmbH freisteht, im Einzelfall eine Weisung zu erteilen. Was sollte beispielsweise ein Gläubiger mit einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag anfangen, in der es heißt, daß die Gesellschafter auch in Tagesgeschäften Weisungen erteilen können? Damit muß er ohnehin rechnen. Ob gerade die in seinem Fall erteilte Weisung wegen „zu starker Verdichtung" der Gesellschafterweisungen zur laufenden Geschäftsführung insgesamt für die Geschäftsführer unbeachtlich gewesen sein könnte, wird für ihn niemals genau zu beurteilen und sachlich darüber hinaus in aller Regel irrelevant sein. Es geht hier nicht um Gläubigerschutz, sondern um die Machtverteilung zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern, bei der der deutliche Unterschied zwischen der GmbH und der Aktiengesellschaft nicht verwischt werden sollte. 10
b) Grenzen der Geschäftsverteilung und der internen Hierarchie unter Geschäftsführern. Die Geschäftsführungsbefugnis eines Geschäftsführers kann nicht soweit reduziert werden, daß es ihm nicht mehr in angemessener Weise möglich ist, für die Einhaltung der jedem Geschäftsführer zwingend obliegenden Pflichten zu sorgen. Dieser Satz setzt auch einer Geschäftsverteilung und einer internen Abstufung unter Geschäftsführern eine zwingende Grenze. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so muß jeder von ihnen mindestens die Möglichkeit haben, kontrollierend darauf einzuwirken, daß diese Pflichten erfüllt werden. Auch kann kein Geschäftsführer von der Sorge für die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Geschäftsbetriebs im ganzen dispensiert werden. Zwar wird diese Pflicht weitgehend von den konkreten Uberwachungs- und Aktionsmöglichkeiten des Geschäftsführers geprägt, die sich aus der Geschäftsverteilung und der Art seiner Geschäftsführungsbefugnis ergeben. Doch darf die Geschäftsführung auf mehrere Geschäftsführer nicht so verteilt sein, daß dem einen oder anderen von ihnen die angemessene Wahrnehmung seiner Organverantwortung nicht mehr möglich ist. Dies bedeutet, daß jeder Geschäftsführer — auch der stellvertretende (§ 44) — die Möglichkeit haben muß, sich über Geschehnisse in anderen Geschäftsbereichen, durch die die Gesamtverantwortung der Geschäftsführer betroffen sein könnte, zu unterrichten. Von entsprechenden Entscheidungen des Geschäftsführergremiums in seiner Gesamtheit darf kein Geschäftsführer — auch nicht ein stellvertretender — ausgeschlossen werden. Immer muß ein Geschäftsführer die Möglichkeit haben, an Sitzungen des Geschäftsführergremiums teilzunehmen, dort das Wort zu ergreifen und unter dem Aspekt der Gesamtverantwortung bestimmte Angelegenheiten vor das Geschäftsführungsgremium zu bringen. Diese Regeln setzen der grundsätzlich möglichen internen Weisungsbefugnis eines Geschäftsführers gegenüber einem anderen Grenzen. Zum Verbot einer totalen Ausschließung eines Geschäftsführers von der Geschäftsführung vgl. auch Scholz § 37, 4; Sudhoff, Rechte und Pflichten, S. 39, 50. (92)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§ 37
c) Weitergehende Autonomie der Geschäftsführer in der mitbestimmten Gesell- 11 Schaft? Umstritten ist, ob sich in der mitbestimmten GmbH unter mitbestimmungsrechtlichen Gesichtspunkten eine über das Normalstatut der GmbH hinausgehende Geschäftsführungsautonomie der Geschäftsführer ergibt oder ob jedenfalls die Möglichkeit der Satzung oder der Gesellschafter, die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer zu beschränken, hier ausgeschlossen oder reduziert ist; so vor allem eine Mindermeinung, die sich über das mitbestimmungsrechtliche Prinzip der Rechtsformbezogenheit der Mitbestimmung bei der GmbH hinwegzusetzen sucht (vgl. etwa Föbr Das Mitbestimmungsgespräch 1977 132; Naendrup AuR 1977 231 f.; Reich/ Lewerenz AuR 1976 272); dagegen mit Recht Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 25, 49ff.; Th. Raiser MitbestG § 25, 66f.; § 30, 13; Reuter/Körnig ZHR 140 1976 497ff.; Säcker D B 1977 1845f.; Hommelhoff ZGR 1978 130ff., 139, der immerhin Satzungsbestimmungen, wonach die Gesellschafter durchgehend Weisungen — auch in allen „Einzelheiten der Tagesroutine" — erteilen können, im Anschluß an Zöllner ZGR 1977 319, 325 für unzulässig hält; a.A. Martens ZHR 138 1974 179, 221). Nach Säcker DB 1977 1845 Fn. 4 läuft jede Gesellschafterweisung im Bereich der Tagesgeschäfte dem Mindestsinn der Mitbestimmung zuwider, das Geschäftsführungsorgan durch Anteilseigner und Arbeitnehmer zu legitimieren; dagegen mit Recht Hommelhoff aaO 138. Nach Hommelhoff verbietet die vom Mitbestimmungsgesetz erstrebte Doppellegitimation, der Geschäftsführer nur, Gesellschafterweisungen im Bereich der laufenden Tagesgeschäfte derart zu intensivieren, daß sich das unternehmerische Initiativ- und Entscheidungszentrum auch insoweit auf die Gesellschafterebene verlagert. Gegen diese Lösung sprechen aber wiederum (vgl. schon oben Rdn. 9) Erfordernisse der Rechtssicherheit. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß das Mitbestimmungsgesetz das Weisungsrecht der Gesellschafter weder aufhebt noch gegenüber dem Normalstatut der GmbH generell einschränkt (vgl. auch § 35, 10). Dem vom Aufsichtsrat zu bestellenden und gegebenenfalls abzuberufenden Geschäftsführer wird hier jedoch eine eigene Verantwortung gegenüber dem Unternehmen der Gesellschaft auferlegt, die ihm in Fällen, in denen ihm die Weisung mit dem Unternehmensinteresse nicht vereinbar erscheint, zwar nicht das Recht gibt, sich über einen Gesellschafterbeschluß hinwegzusetzen, wohl aber die Verpflichtung auferlegt, Gegenvorstellungen zu erheben und, wenn er sich nicht durchsetzen kann, dem Aufsichtsrat zu berichten. Dieser kann erwägen, die betreffende Maßnahme an seine Zustimmungspflicht nach § 111 Abs. 4 AktG zu binden und damit ihre Durchführung davon abhängig zu machen, daß die Gesellschafter sie mit der nach § 111 Abs. 4 Satz 4 erforderlichen Dreiviertelmehrheit beschließen (vgl. § 35, 10). Bereits diese Rechtslage verhindert eine Aushöhlung der Geschäftsführerstellung in dem Sinne, daß die Geschäftsführer lediglich als „Marionetten der Gesellschafterversammlung" (Zöllner aaO 325) etabliert werden. Darüber hinaus bedarf es keiner weiteren Durchbrechungen des Gesellschaftsrechts. Eine Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnis im Hinblick auf außergewöhnliche 12 Betriebshandlungen und Entscheidungen über unternehmenspolitische Grundsätze sieht das Mitbestimmungsgesetz nicht vor (§ 35, 10). d) Sonderstellung des Arbeitsdirektors? In mitbestimmten Gesellschaften ist als 13 gleichberechtigter Geschäftsführer ein Arbeitsdirektor zu bestellen ( § 1 3 MontanmitbestG; § 33 MitbestG). Das Gesetz nennt seine Aufgaben nicht; es hat insbesondere nicht die Formulierung des § 30 RegE zum MitbestG vom 20. 2. 1974 übernommen, wonach ein Mitglied des Vertretungsorgans „vorwiegend für Personal- und Sozialangelegenheiten zuständig" sein mußte. Aus dem Sinn und Zweck der Institution des (93)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Arbeitsdirektors ergibt sich aber, daß ihm unentziehbar die Zuständigkeit jedenfalls für einen Kernbereich der Personal- und Sozialfragen zukommt (Martens AG 1976 116; Reich-Lewerenz AuR 1976 367; Spieker BB 1968 1090; Säcker DB 1977 1993 ff. m. w. Nachw.; Wlotzke-Wißmann DB 1976 967). 14 Welche Aufgaben und Funktionen zum gesetzlichen Mindestressort des Arbeitsdirektors gehören, läßt sich nicht schematisch festlegen, sondern richtet sich auch nach der Lage und den Bedürfnissen des Unternehmens, dem insoweit ein gewisser Spielraum verbleibt (vgl. Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 33, 10; Th. Raiser MitbestG § 33, 1 ff., 12). Zumeist werden als die Bereiche, die in der Regel zum Mindestressort gehören, Gesundheitsvorsorge, Arbeitsschutz, Unfallverhütung, Altersfürsorge und Pensionswesen sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung genannt (Raiser aaO 12; vgl. auch Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 33, 15; Kötter MitbestG [Montanmitbestimmung] § 13, 8; Hoffmann BB 1977 18£. ; Spieker BB 1968 1090). Die Zuständigkeit für die Unfallverhütung kann aber z. B., soweit diese eine Frage der technischen Konzeption und Organisation der Betriebe ist, durchaus in erster Linie dem dafür verantwortlichen Geschäftsführer übertragen sein. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverhände hat 1977 im Arbeitsbericht Nr. 19 ihres Ausschusses für soziale Betriebsgestaltung als Kernbereich der Zuständigkeiten eines Ressorts für das Personal- und Sozialwesen die folgenden Schwerpunkte bezeichnet: Festlegung der Grundsätze für Personalplanung, -beschaffung, -einsatz, -beurteilung, -förderung (Ausund Fortbildung), für die betriebliche Entgeltfindung, die Sozialleistungen und die Arbeits- und Arbeitsplatzgestaltung; ferner die Mitwirkung bei arbeitsmedizinischer Betreuung, bei der Gewährleistung der Arbeitssicherheit, beim Aufbau der Personalorganisation; die Überwachung der Personalverwaltung, die Gesprächs- und Verhandlungsführung mit Betriebsrat, Wirtschaftsausschuß, Gewerkschaften und Verbänden. Doch gehört die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Arbeitgebers nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1972 nicht zum unentziehbaren Kernbereich des Arbeitsdirektors {Hoffmann/Weinmann/Lehmann aaO 16; Raiser aaO 13; Zöllner DB 1976 1768). Auch die Tarifangelegenheiten und die Vertretung des Unternehmens in Arbeitgeberverbänden und Wirtschaftsvereinigungen gehören nicht zu den unentziehbaren Funktionen (Raiser aaO; Zöllner aaO). Das gesetzliche Mindestressort umfaßt weiter nicht die Personal- und Sozialangelegenheiten der leitenden und außertariflichen Angestellten (Geitner AG 1976 213; Hoffmann BB 1976 1236; Hoffmann-Neumann GmbH-Rdsch. 1976 186; Spieker BB 1968 1090; Wlotzke-Wißmann DB 1976 967; a.A. Reich-Lewerenz AuR 1976 367; Säcker DB 1977 1995f., der es jedoch für zulässig hält, daß die leitenden Angestellten der Geschäftsführung in ihrer Gesamtheit oder einzelne leitende Angestellte unmittelbar dem Vorsitzenden der Geschäftsführung unterstellt werden). Dem Arbeitsdirektor können auch Aufgaben außerhalb des Personal- und Sozialwesens zugewiesen werden; nur muß gesichert sein, daß er diesen Bereich als sein Hauptarbeitsgebiet in angemessener Form wahrnehmen kann (Ballerstedt ZGR 1977 148; Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 33, 18; Geitner AG 1976 213; HoffmannNeumann GmbH-Rdsch. 1976 186; Säcker aaO 1995; Thüsing Arbeitgeber 1976 600). Der Arbeitsdirektor kann nicht der einzige Geschäftsführer einer GmbH sein (vgl. § 35,22). 16 Auch in der Wahrnehmung seiner Kernbereichszuständigkeit ist der Arbeitsdirektor voll in die Rang- und Zuständigkeitsordnung zwischen den Organen der Gesellschaft integriert (vgl. Th. Raiser MitbestG § 33, 19f.). Er kann in gleichem Maße an Weisungen der Gesellschafter gebunden werden wie andere Geschäftsführer auch {Hommelhoff ZGR 1978 139f.; Overlack ZHR 141 1977 140f.). Vor dem Zugriff des Gesamtgeschäftsführungsgremiums ist sein Ressort nicht abgeschirmt (Säcker aaO 1995). Dagegen kann er im Bereich seiner Zuständigkeit nicht den Weisungen eines
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Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
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anderen Geschäftsführers unterworfen werden. An Beschlüssen des Geschäftsführergremiums in Personal- und Sozialangelegenheiten muß er in jedem Falle teilnehmen dürfen; aber auch sonst kommt der Ausschluß seines Stimmrechts in Angelegenheiten, über die das Gremium in seiner Gesamtheit entscheidet, nicht in Betracht; denn der Arbeitsdirektor darf im Vergleich zu anderen ordentlichen Geschäftsführern nicht in seiner Geschäftsführungsbefugnis diskriminiert werden (vgl. auch § 35, 210). Mit diesem Grundsatz ist es zwar nicht unvereinbar, einen Geschäftsführer zum Vorsitzenden des Geschäftsführergremiums zu ernennen und diesem auch einen Stichentscheid für den Fall einzuräumen, daß eine Abstimmung Stimmengleichheit ergibt. Dies gilt jedoch nicht für ein zweigliedriges Geschäftsführergremium, da hier der Grundsatz der Gleichberechtigung des Arbeitsdirektors angetastet wäre. Unvereinbar ist mit § 33 MitbestG auch eine Vorschrift, wonach ein Geschäftsführer bei Meinungsverschiedenheiten gegen die Mehrheit der anderen Geschäftsführer bindend entscheiden kann (Th. Raiser aaO 22). 3. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch die Satzung a) Bestimmung des Unternehmensgegenstandes. Die Satzung begrenzt die Ge- 17 schäftsführungsmacht der Geschäftsführer durch die Bestimmung des Unternehmensgegenstandes nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 (vgl. für die AG Hefermehl Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 82, 27; Mertens Kölner KommAktG § 82, 11). Zur Frage, inwieweit tatsächliche Änderungen der Geschäftstätigkeit als Änderungen des Unternehmensgegenstandes anzusehen und damit den Geschäftsführern untersagt sind, vgl. § 3, 23 sowie Mertens AG 1978 310ff. Die Satzung kann anordnen, daß die Geschäftsführer aufgrund eines — mit einfacher Mehrheit zu fassenden — Gesellschafterbeschlusses auch solche Geschäfte vornehmen können, die außerhalb des Unternehmensgegenstandes liegen. Die im Aktienrecht umstrittene Frage, ob die Satzung im Rahmen der Fesdegung 18 des Unternehmensgegenstandes weitgehende Präzisierungen der Geschäftspolitik vornehmen kann (vgl. dazu bejahend Geßler Festschrift M. Luther 1976 S. 69; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 27; Winkler NJW 1970 449; dagegen Mertens NJW 1970 1718) stellt sich für die GmbH nicht, da es hier keine eigenständige und umfassende Leitungsmacht der Geschäftsführer gibt und eine dem § 23 Abs. 5 AktG entsprechende Vorschrift, die den Regelungsspielraum der Satzung einschränken könnte, nicht existiert. b) Möglichkeit weiterer Einschränkungen. Im übrigen kann die Satzung die 19 Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer im Rahmen der Grenzen der Beschränkbarkeit, der Geschäftsführungsbefugnis überhaupt (dazu oben Rdn. 7) in jeder Weise einschränken. Sie kann beispielsweise bestimmen, daß den Geschäftsführern oder einem Geschäftsführer bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften untersagt oder jedenfalls nur mit Zustimmung der Gesellschafter gestattet sind, wie z. B. der Kauf, der Verkauf oder die Belastung von Grundstücken, die Aufnahme von Darlehen, die eine bestimmte Höhe überschreiten, die Entscheidung über gewisse Investitionen, die Errichtung einer Zweigniederlassung, die Aufnahme neuer Produkte in das Warensortiment usw. Die Satzung kann auch die Gebiete, auf denen der Geschäftsführer zu handeln befugt ist, aufzählen oder ein Gesellschaftsorgan ermächtigen, einen Katalog erlaubter Geschäfte aufzustellen (LG Koblenz BB 1972 113; vgl. auch die Nachw. oben Rdn. Die Satzung kann eine Geschäftsverteilung unter den Geschäftsführern verfügen; 20 sie kann diese nicht nur an die Weisungen der Gesellschafterversammlung, sondern auch an die eines dieser nachgeordneten Organs (vgl. § 45, 15) wie etwa eines Beirats oder (95)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
eines fakultativen Aufskhtsrats, aber auch an Weisungen eines einzelnen Gesellschafters oder Nichtgesellschafters binden (vgl. § 14, 10; § 45, 19). Dem kraft zwingenden Rechts einzurichtenden Aufsichtsrat kann die Satzung jedoch keine Weisungsbefugnis einräumen, da diesem nach § 111 Abs. 4 Satz 1 AktG Geschäftsführungsaufgaben nicht übertragen werden dürfen. 21
Stattet die Satzung ein aus Nichtgesellschaftem bestehendes Gremium oder einen Nichtgesellschafter mit Weisungsbefugnis aus, so begründet sie dessen Organqualität (zu Bestimmungen über die Mitwirkung Dritter an Gesellschafterbeschlüssen vgl. § 45, 19 einerseits, Teichmann [1970] S. 191 ff. andererseits). So kann sie einen Außenstehenden zum Kreationsorgan machen, dem die Bestellung und Anstellung von Geschäftsführern zusteht (vgl. § 45, 15; BGH GmbH-Rdsch. 1965 194; KG JW 1926 598; Feine S. 474; Scholz § 6, 6; a.A. Brodmann § 46, 1 b; Teichmann S. 189ff.; vgl. auch die Bedenken bei Winter GmbH-Rdsch. 1965 195f.). Teichmann aaO S. 197, 199 meint demgegenüber, der Gesellschaftsvertrag könne einem Dritten die Befugnis zu Weisungen nur insoweit erteilen, als diese der Leistungsbestimmung in einem Schuldverhältnis dienten. Er beruft sich dafür auf das seiner Meinung nach außerhalb eines Konzerns nicht abdingbare Prinzip der Selbststeuerung der Gesellschaft. Ein solcher Grundsatz existiert jedoch jenseits zwingender gesetzlicher Kompetenzzuweisungen an die Organe der Gesellschaft nicht. Es liegt mangels entsprechender Einschränkung vielmehr durchaus im Bereich der Satzungsautonomie, Nichtgesellschafter im Rahmen der zwingenden Grenzen des Gesetzes mit Organqualität auszustatten. Es kommt hierbei auch nicht darauf an, ob ein Nichtgesellschafter mit seinem Beruf oder einem wesentlichen Teil seiner Zeit in die Gesellschaft integriert ist (vgl. aber Teichmann S. 189). Fehl geht auch die Auffassung Teichmanns, Weisungen eines Dritten könnten jedenfalls nur mit der Maßgabe zulässig sein, daß sie jederzeit durch eine gegenteilige Weisung eines Gesellschaftsorgans außer Kraft gesetzt werden könnten, weil sie verkennt, daß eine in der Satzung mit Weisungsbefugnissen ausgestattete Person oder ein entsprechendes Gremium von Personen dadurch zum Organ der Gesellschaft wird.
22
c) Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnis durch satzungswidrige, aber wirksame Beschlüsse. Von der Einhaltung der im Gesellschaftsvertrag ausgesprochenen Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis kann ein Geschäftsführer nicht durch einen Gesellschafterbeschluß dispensiert werden. Ein solcher Beschluß ist vielmehr anfechtbar; es sei denn, er ergeht einstimmig; letzterenfalls ist er auch für den Geschäftsführer maßgeblich und bleibt für später eintretende Gesellschafter gültig. Nach Schilling Voraufl. 2 ist ein von der übergroßen Mehrzahl der Gesellschafter gefaßter Beschluß, wonach ein anzustellender Geschäftsführer ohne Änderung des Gesellschaftsvertrages von der Verbindlichkeit befreit wird, eine Geschäftsführungsbeschränkung des Gesellschaftsvertrages einzuhalten, gleichbedeutend mit der Erklärug, daß die Gesellschaft an den Geschäftsführer deswegen keine Ersatzansprüche geltend machen werde. Einer solchen Regel bedarf es indessen nicht; denn auch für Beschlüsse über die Geschäftsführung, die der Satzung widersprechen, müssen die allgemeinen Regeln für die Befolgung anfechtbarer, aber mangels Anfechtung wirksam gewordener Beschlüsse gelten (vgl. dazu § 43, 80ff.; zum Fall der satzungswidrigen Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis vgl. auch § 35, 92): Der Gesellschaft gegenüber haftet der Geschäftsführer bei der Ausführung eines mangels Anfechtung wirksam gewordenen Beschlusses nicht. Soweit sich aber die Verletzung der Satzung zugleich als Beeinträchtigung des Mitgliedschaftsrechts eines Gesellschafters darstellt, der dem Beschluß nicht zugestimmt hat, wird ihm gegenüber die Haftung des Geschäftsführers nicht aufgehoben (§ 43, 106ff.). (96)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§37
d) Unerheblichkeit der Kenntnis von satzungsmäßigen Geschäftsführungs- 23 Beschränkungen. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis in der Satzung binden den Geschäftsführer auch dann, wenn sie nicht zu seiner Kenntnis gelangt sind; denn er muß die Satzung in jedem Falle gegen sich gelten lassen (a.A. Brodmann 2 A , der es nicht für richtig hält, dem Geschäftsführer, sofern er nicht zugleich Gesellschafter ist, „ z u z u m u t e n " , zu wissen, was im Statut steht, und damit die organschaftliche Position des Geschäftsführers verkennt). e) S a t z u n g und Anstellungsvertrag. Zum Verhältnis anstellungsvertraglicher Ge- 2 4 währleistungen der Geschäftsführungsbefugnis zur Satzung und zu nachträglichen Satzungsänderungen sowie zu Beschlüssen der Gesellschafter, die entgegen der Satzung ergehen, vgl. § 35, 8 5 f f „ 88ff. 4. Beschränkungen schluß
der
Geschäftsführungsbefugnis durch
Gesellschafterbe-
Den Gesellschaftern steht als oberstem Organ der Gesellschaft die Willensbildung über 2 5 die Geschäftsführung zu (vgl. § 45, 3; § 46, 27ff.). Die Gesellschafter können deshalb die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer grundsätzlich in gleicher Weise einschränken oder erweitern wie die Satzung selbst. Doch gibt es einen Unterschied z u m Regelungsspielraum der S a t z u n g : Diese 2 6 kann Organe kreieren, die das Gesetz nicht vorsieht, ein Gesellschafterbeschluß dagegen nicht. Rechte, die einem Organ zustehen müssen, kann ein Gesellschafterbeschluß daher jedenfalls nicht auf außenstehende Dritte delegieren (vgl. auch B G H D B 1976 2343 im Anschluß an B G H Z 13 61, 65), während umgekehrt in der Tatsache, daß die Satzung solche Befugnisse Dritten überträgt, deren Erhebung zu einem Gesellschaftsorgan zu sehen ist (vgl. oben Rdn. 21). So ist die Zuweisung der Bestellung und Anstellung von Geschäftsführern an einen Außenstehenden als Kreationsorgan nur durch die Satzung möglich (vgl. auch § 45, 15). Aber auch die Verlagerung von Zuständigkeiten von der Gesellschafterversammlung auf einzelne Gesellschafter oder von Gesellschaftern gebildete Ausschüsse ist, sofern es sich dabei um eine grundsätzliche Zuständigkeitsverschiebung handelt, ohne eine satzungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage als unzulässig anzusehen. Dabei wird allerdings in der Institutionalisierung eines Beirats, Gesellschafterausschusses oder fakultativen Aufsichtsrats zugleich auch eine Ermächtigung für die Gesellschafter zur Verlagerung von Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung auf ein solches Gremium zu sehen sein. In diesem Sinne geht § 77 RegE 1971 davon aus, daß die Gesellschafter die dort vorgesehenen Zuständigkeiten, soweit überhaupt, nur aufgrund einer entsprechenden Bestimmung in der Satzung übertragen können (vgl. insbesondere § 77 Abs. 3 und Abs. 4 und die Begr. zu dieser Vorschrift). Demnach können die Gesellschafter ihre Zuständigkeit zur Erteilung von Weisungen — vorbehaltlich des Geschäftsführungsverbots für den zwingend institutionalisierten Aufsichtsrat — durch den Gesellschaftsvertrag einem anderen gesetzlichen oder satzungsmäßigen Gesellschaftsorgan übertragen, aber weder an einen außenstehenden organfremden Dritten noch an einen Gesellschafter oder an einen erst von der Gesellschafterversammlung konstituierten Gesellschafterausschuß. Von der Verlagerung der Weisungszuständigkeit auf ein anderes Organ ist der Fall 2 7 zu unterscheiden, daß die Gesellschafterversammlung einen oder mehrere Gesellschafter für einen konkret abgrenzbaren Einzelfall mit der Ausübung des Weisungsrechts betraut. Hiergegen sind Bedenken nicht zu erheben. Die Gesellschafterversammlung kann vor allem eine Geschäftsordnung für die 28 Geschäftsführer erlassen. Dies gilt auch für die den Mitbestimmungsgesetzen unterliegende (97)
§37
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
G m b H (vgl. dazu grundsätzlich oben Rdn. 10). Gemäß § 25 Abs. 2 MitbestG kann die Satzung oder auch ein Gesellschafterbeschluß das Recht zum Erlaß einer Geschäftsordnung aber auch hier auf den Aufsichtsrat delegieren. Satzung oder Gesellschafterbeschluß können die Feststellung einer Geschäftsordnung auch den Geschäftsführern selbst zur Pflicht machen. In solchen Fällen können Aufsichtsrat oder Geschäftsführer im Bereich der gesetzlichen Geschäftsführung (vgl. dazu oben Rdn. 6) in gleicher Weise Regelungen treffen wie die Gesellschafter selbst. Jedoch können sich die Geschäftsführer auf diesem Wege keine Zuständigkeiten für Maßnahmen außerhalb des Bereichs der gesetzlichen Geschäftsführung (vgl. oben Rdn. 3—6) verschaffen. 29 Zum Verhältnis von anstellungsvertraglichen Vereinbarungen über die Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers und davon abweichenden Gesellschafterbeschlüssen vgl. § 35, 91 f. 5. Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis durch den Anstellungsvertrag 30
Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsführers können auch Gegenstand des Anstellungsvertrages sein (vgl. dazu im einzelnen § 35, 85ff.). 6. Rechtsfolgen der Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis
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a) Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführern. Als Organe sind die Geschäftsführer an Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis auch dann gebunden, wenn die Gesellschaft damit ihre anstellungsvertraglichen Pflichten verletzt (vgl. § 35, 91 f.). Geschäftsführer haben die Weisungen grundsätzlich auch dann zu befolgen, wenn sie ihnen unzweckmäßig erscheinen. Gegebenenfalls sollen sie, sofern dies ohne Nachteil für die Gesellschaft möglich ist, die Gesellschafter auf ihre Bedenken hinweisen. Konnte ein Geschäftsführer davon ausgehen, daß den Gesellschaftern bei der Beschlußfassung die Sachlage nicht hinreichend bekannt war, daß sie aber bei Kenntnis der vollen Sachlage anders entschieden hätten, so handelt er nicht rechtswidrig, wenn er von der Weisung abweicht. Zur Folgepflicht bei anfechtbaren Weisungen vgl. § 43, 80 ff.
32
Verletzen die Gesellschafter durch Regelungen der Geschäftsführungsbefugnis oder durch Ausübung des Weisungsrechts den Anstellungsvertrag, so erwächst daraus dem Geschäftsführer ein wichtiger Grund für die sofortige Amtsniederlegung. Er verliert in diesem Fall gemäß § 38 Abs. 1 nicht das Recht auf die ihm nach dem Anstellungsvertrag zustehende Vergütung. Binden die Gesellschafter einen Geschäftsführer in außergewöhnlichem Maße an Weisungen oder ordnen sie ihn den Weisungen eines anderen Geschäftsführers unter (vgl. dazu oben Rdn. 10), so kann in einer solchen Maßnahme, auch wenn sie nicht dem Buchstaben des Anstellungsvertrages widerstreitet, eine Kundgebung des Mißtrauens oder der Herabsetzung gegenüber dem Geschäftsführer liegen, die dieser nach Lage des Einzelfalls als Verletzung seines Anstellungsvertrages und als wichtigen Grund zur Amtsniederlegung betrachten darf (RG Recht 11 1534; Frankfurt OLGRspr. 16 118). 33 Weigert sich ein Geschäftsführer, einer Weisung der Gesellschafter zu folgen, die zur Ausführung eines Vertretungsaktes bedarf, so können die Gesellschafter mangels Vertretungsbefugnis die Handlung nicht selbst vollziehen. In Betracht kommt aber eine Klage der Gesellschaft auf Vollzug der Weisung (vgl. § 46 Nr. 8 und dazu § 46, 36ff.), wobei auch eine einstweilige Verfügung zulässig ist, wenn deren spezifische Voraus(98)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§37
Setzungen vorliegen. Die Klage kann auf Abgabe einer Willenserklärung mit den Vollstreckungsfolgen nach § 894 ZPO gerichtet sein; sie kann auch auf Vollzug einer unvertretbaren Handlung gehen; in diesem Fall scheitert die Vollstreckung eines Urteils nicht durchweg an § 888 Abs. 2 ZPO; denn die Klage auf Befolgung einer einzelnen Weisung, zu der ein Geschäftsführer kraft seiner Organstellung verpflichtet ist, ist nicht der Klage auf Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag gleichzusetzen. Eine praktische Bedeutung könnte eine solche Klagemöglichkeit jedoch allenfalls in der mitbestimmten Gesellschaft erlang'en, in der die Möglichkeit der sofortigen Abberufung des Geschäftsführers durch die Gesellschafter nach § 38 Abs. 1 ausgeschlossen ist. Voraussetzung aber wäre, daß auch hier die Gesellschafter zur Entscheidung über die Klage befugt wären und über die Vertretung der Gesellschaft bestimmen könnten. Geht man gemäß § 25 Abs. 1 N r . 2 MitbestG i.V. mit § 112 AktG davon aus, daß der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Geschäftsführern vertritt, so wird auch hier diese Klagemöglichkeit praktisch bedeutungslos sein; denn dann kann sie von den Gesellschaftern nicht als Instrument zur Disziplinierung eines Geschäftsführers benutzt werden, den sie nicht bestellt haben und nicht abberufen können. In der Tat wird man aus dem Fortbestehen des Weisungsrechts der Gesellschafter nicht auf eine entsprechende, die zwingende Vorschrift des §112 AktG durchbrechende, Vertretungszuständigkeit schließen dürfen. Die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis kann nicht nur ein wichtiger 34 Grund zur Abberufung des Geschäftsführers sein, sondern ihn auch nach § 43 zum Schadensersatz verpflichten. Bei adäquatem Kausalzusammenhang zwischen Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis und Schaden ist grundsätzlich auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen. Ist bereits die Nichtbeachtung der Weisung dem Geschäftsführer als Verschulden zuzurechnen, so kommt es auf ein weiteres Verschulden bei der Verursachung des Schadens nicht an. Daß er nur den Vorteil der Gesellschaft wollte, kann ihn gegebenenfalls nicht entlasten. Hat der Geschäftsführer unter Mißachtung der Beschränkung seiner Geschäftsführungsmacht ein Geschäft abgeschlossen, das wegen der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht rechtswirksam ist, so soll die Gesellschaft nach RG BauersZ 40 34 grundsätzlich einen Anspruch auf Freistellung von der Verbindlichkeit haben. Da sich ein solcher Freistellungsanspruch nur als Form des Schadensersatzanspruchs nach § 43 halten läßt, gilt dies jedoch nur insoweit, als in der Belastung mit der Verbindlichkeit auch in Anbetracht der aus dem Geschäft für die Gesellschaft resultierenden Ansprüche ein Schaden zu sehen ist (Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 35; Mertens Kölner KommAktG § 82, 14). b) Im Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten. Im Verhältnis zu Dritten kann sich 35 die Gesellschaft nicht auf die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis berufen, und zwar auch dann nicht, wenn diese sie gekannt haben; denn sie brauchen sich nicht damit zu befassen, ob die Überschreitung im Einzelfall nicht doch von der Gesellschaft gebilligt wird. Das ergibt sich aus § 37 Abs. 2. Die hier statuierte Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht erlaubt dem Rechtsverkehr, sich über die Frage der Innenbefugnis der gesetzlichen Vertreter hinwegzusetzen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein Dritter weiß, oder bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt erkennen mußte, daß der Geschäftsführer mit der Überschreitung seiner Geschäftsführungsbefugnis bewußt die Interessen der Gesellschaft verletzt. In diesem Fall verstößt er gegen Treu und Glauben, wenn er sich auf das Geschäft einläßt; so auch Scholz-Fischer8 § 38, 3 im Anschluß an Fischer Festschrift Schilling (1973) S. 19ff.; zur Begründung dieser Abgrenzung vgl. vor allem Hueck Recht der O H G 4. Aufl. (1971) S. 295ff.; ebenso zum AktG jetzt auch Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 41. Insoweit genügt einfache Fahrlässigkeit des Geschäftsgegners (BGHZ 50 112, 114; BGH DB 1973 (99)
§37
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
2340; BGH WM 1973 1318f.; RGZ 145 311, 315). Dies entspricht auch der Rechtsprechung zur Frage des Vollmachtsmißbrauchs (vgl. dazu BGH WM 1966 491; BGH WM 1968 841; RGZ 83 348, 353; 134 67, 71; 143 196, 201; 159 363, 367; ähnlich auch BAG JZ 1962 758 m. Anm. Isele). Ob sich aus BGH DB 1976 1278 im Anschluß an die Kritik von Hübner Festschrift Klingmüller (1974) eine Abkehr von dieser Rechtsprechung entnehmen läßt, dürfte noch offen sein. Hier erwähnt der BGH die Gefahr, daß eine Rechtsprechung, die für die handelsrechtliche Vertretungsmacht auf dem Wege über § 242 BGB eine Prüfungspflicht einführt, das Risiko des Mißbrauchs der Vertretungsmacht in zu weitgehendem Maße dem Vertretenen abnehmen und stattdessen dem Geschäftspartner anlasten könnte (in diesem Sinne grundsätzlich auch SoergelSchultze-v. Lasaulx11 § 177, 17 ff.). Doch falle die gesetzlich vorausgesetzte Schutzbedürftigkeit des Geschäftspartners jedenfalls dann weg, wenn sich nach den Umständen geradezu aufdrängt, daß der Vertreter bei Geschäftsabschluß unter Mißbrauch seiner Geschäftsführungsbefugnis und mit Schädigungsvorsatz zum Nachteil des Vertretenen handelt. Auf die Offenkundigkeit des Mißbrauchs als maßgebliches Kriterium weist auch Geßler Festschrift v. Caemmerer S. 531 hin; ähnlich schon Flume Allgemeiner Teil des BGB II 1965 § 45 II 3; Larenz Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts 4. Aufl. (1977) 522. Stellt man jedoch nicht auf die Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis selbst, sondern auf die erkennbar bewußt treuwidrige Nachteilszufügung des Vertreters gegenüber der Gesellschaft ab (vgl. dazu Fischer in GroßkommHGB § 126, 19f.; Westermann Handbuch der Personengesellschaften [1967ff.] Rz. I 199f.), so muß dem Geschäftspartner bereits einfache Fahrlässigkeit angelastet werden (so im Ansatz jetzt auch wieder BGH WM 1976 709, eine zu den Möglichkeiten der Beweiswürdigung in diesem Rahmen aufschlußreiche Entscheidung). Richtig ist allerdings, daß dem Geschäftspartner grundsätzlich ohne besonderen Anlaß keine Nachforschungspflicht obliegt. Dies gilt auch für Banken (vgl. BGH WM 1976 474). 36
Organmitglieder der Gesellschaft, die zu ihr in vertragliche Beziehung treten, müssen sich die Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis eines Geschäftsführers stets entgegenhalten lassen; denn sie sind selbst für die Einhaltung solcher Beschränkungen verantwortlich und können sich gegenüber der Gesellschaft nicht auf Rechtspositionen berufen, die sie pflichtwidrig selbst geschaffen haben (vgl. auch RGZ 73 343, 345 f.). Das gilt auch für solche Geschäfte, die mit ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung unmittelbar nichts zu tun haben (vgl. BGHZ 38 26, 32; Fischer GroßkommHGB § 126, 17). Ähnliches gilt für Bedienstete der Gesellschaft, die dieser gegenüber dienstvertraglich verpflichtet sind, Geschäftsführungsbeschränkungen von Organmitgliedern zu kennen und zu respektieren. Auch Gesellschafter müssen Geschäftsführungsbeschränkungen von Organmitgliedern grundsätzlich gegen sich gelten lassen, jedenfalls soweit sie der Struktur der Gesellschaft und ihrer Beteiligung nach nicht reine „Kapitalanleger" ohne gesellschaftlichen Einfluß sind. 37 In den Fällen eines der Gesellschaft nachteiligen Mißbrauchs der Vertretungsmacht, den der Geschäftsgegner erkannt hat oder hätte erkennen müssen, ist dem Geschäftsgegner nach § 242 BGB die Berufung auf die Gültigkeit des Geschäfts ganz oder teilweise (insoweit in entsprechender Anwendung des sich aus § 254 BGB ergebenden Rechtsgedankens) zu versagen (BGHZ 50 112, 114; Mertens JurA 1970 473 ff.; der Sache nach auch Hefermehl aaO 42; demgegenüber für Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo Heckelmann JZ 1970 62; diesem zustimmend Larenz Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts 4. Aufl. [1977] S. 522; vgl. auch Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 aaO 15,19). Bei Kollusion zwischen Geschäftsführer und Geschäftsgegner ist das Geschäft nach § 138 BGB nichtig. Beide haften der Gesellschaft nach §§ 826, 840 BGB (vgl. BGH NJW 1966 1911; Soergel-Schultze-v. Lasaulx11 aaO 21). Die Gesellschaft haftet für ihren (100)
Beschränkung der Vertretungsbefugnis (Mertens)
§ 37
Geschäftsführer in diesem Fall auch dem Geschäftsgegner nicht nach § 31 B G B , so daß dieser sich ihr gegenüber nicht auf § 254 BGB berufen kann (vgl. O L G Celle WM 1966 714). Im Hinblick darauf, daß einem Geschäftspartner der Mangel der Geschäftsführungsbefugnis eines Geschäftsführers von der Gesellschaft unter bestimmten Umständen entgegengehalten werden kann, muß ihm auch das Recht zustehen, Vertretungsakte, mit denen jener seine Geschäftsführungsbefugnis überschreitet, zurückzuweisen, solange ihm die Gesellschaft nicht bestätigt, daß ein Mißbrauch der Vertretungsmacht nicht vorliege. An die Prüfungspflicht des Registergerichts hinsichtlich eines Mißbrauchs der 38 Geschäftsführungsbefugnis sind im Hinblick auf den Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen als an die eines Geschäftsgegners. Die Tatsache einer Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis allein berechtigt es nicht, Eintragungsanträge von Geschäftsführern zurückzuweisen.
II. Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis 1. Bedeutung, Reichweite und Grenzen des Prinzips der Unbeschränkbarkeit Aus § 37 Abs. 2 ergibt sich die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Geschäfts- 39 führer. Abs. 2 gilt nur für den Bereich der Vertretung, nicht für gesellschaftsinterne Maßnahmen (zur Abgrenzung vgl. § 35, 212). Er steht unter dem Vorbehalt der in § 35, 216 ff. dargelegten gesetzlichen Einschränkungen der Vertretungsmacht. Zur beschränkten Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer errichteten, aber noch nicht eingetragenen Gesellschaft vgl. § 11, 53 ff. Auch ein durch einstweilige Verfügung bestellter Geschäftsführer hat unbeschränkte Vertretungsmacht. Prinzipiell ist auch eine kraft Rechtsscheins anzunehmende Vertretungsmacht eines tatsächlich nicht wirksam bestellten Geschäftsführers unbeschränkt (vgl. dazu R G Z 102 197). Die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht bedeutet für die Geschäftsführer 40 keinen Freibrief zur Vornahme gesetzeswidriger oder sittenwidriger Rechtsgeschäfte. Diese sind nach allgemeinen Grundsätzen nichtig (vgl. § 35, 216). Aus § 37 Abs. 2 folgt, daß die Geschäftsführer Geschäfte wirksam abschließen 41 können, auch wenn ihnen die gegebenenfalls nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats nicht erteilt wird. Jedoch können die Geschäftsführer Geschäfte unter der Bedingung abschließen, daß die Gesellschafterversammlung, der Aufsichtsrat oder ein anderes Gesellschaftsorgan zustimmen. In diesem Fall ist die Erteilung der Genehmigung Bedingung der Wirksamkeit des Geschäfts (KG O L G R s p r . 42 221; Baumbach-Hueck 3 D ; Scholz 5). Die §§ 182ff. B G B können, auch wenn es sich hier nicht um die Zustimmung eines Dritten handelt, sinngemäß Anwendung finden. Hat der Geschäftsführer eine Willenserklärung vorbehaltlich der Genehmigung abgegeben, so ist er an seine Erklärung gebunden; er kann sie nicht widerrufen. Es steht ihm aber frei, dem Zustimmungsorgan von der Genehmigung abzuraten; hält er das Geschäft inzwischen für nachteilig, so ist er intern sogar dazu verpflichtet (RGZ 115 302; K G OLGRspr. 42 221; Flechtheim JW 1926 627). Das Zustimmungsorgan ist in seiner Entscheidung frei. Mit der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht ist auch die Statuierung von 42 Formvorschriften für die Handlungen der Geschäftsführer durch Satzung, Gesellschafterbeschluß oder den Beschluß eines sonstigen Organs der Gesellschaft unvereinbar. Der Grundsatz der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht steht einer Verein- 43 barung der Gesellschaft mit einem Dritten nicht im Wege, in der sie ihr Verhalten, und (101)
§37
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
damit zugleich das ihrer Geschäftsführer, an die Zustimmung des Dritten bindet. Handeln die Geschäftsführer einer solchen Vereinbarung zuwider, so überschreiten sie damit nicht ihre Vertretungsmacht. 44 § 37 Abs. 2 Satz 2 nennt einige Beispiele für Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis eines Geschäftsführers, die seine Vertretungsbefugnis nicht einschränken können. Der Katalog kann beliebig ergänzt werden, da alle Bestimmungen über die Beschränkung der Vertretungsmacht unzulässig sind, und ist somit überflüssig. Auch der stellvertretende Geschäftsführer hat unbeschränkbare Vertretungsmacht; es kann nicht bestimmt werden, daß er nur in Fällen der Verhinderung des ordentlichen Geschäftsführers vertretungsbefugt sein soll (KG JW 1934 988). Ebenso hat der für eine Filiale bestellte Geschäftsführer nach außen volle Vertretungsmacht für die GmbH insgesamt (KGJ 53 97). 46 Auf ausländische juristische Personen, die in ihrer Rechts- oder Geschäftsfähigkeit beschränkt sind oder eine Beschränkung der Vertretungsmacht ihrer Organe kennen, ist Art. 7 Abs. 3 Satz 1 EGBGB entsprechend anwendbar (vgl. dazu im einzelnen Einl. 89; Mertens Kölner KommAktG § 82, 7). 45
2. Rechtslage bei Überschreitung der Vertretungsbefugnis 47
Hängt die wirksame Vertretung der Gesellschaft durch einen Geschäftsführer von der Zustimmung eines anderen oder anderer Organe ab, so sind grundsätzlich die §§ 177 ff. BGB entsprechend anwendbar. Das gleiche gilt, wenn ein anderes Organ der Gesellschaft vertretungsbefugt ist, seine Vertretungsmacht aber zulässigerweise auf die Geschäftsführer delegieren kann (vgl. zur Vertretungskompetenz der Gesellschafter nach § 46 Nr. 5 in diesem Sinne § 35, 221). Ist dagegen kraft Gesetzes ein anderes Organ kraft zwingenden Rechts das ausschließliche Vertretungsorgan — so der Aufsichtsrat in mitbestimmten Gesellschaften (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG und § 3 Abs. 2 MontanmitbestG i.V. mit § 112 AktG) im Verhältnis zu den Geschäftsführern — so sind Vertretungsakte der Geschäftsführer als Verstoß gegen eine zwingende gesetzliche Zuständigkeitsregel nichtig (vgl. auch Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 82, 20; Mertens JurA 1970 468; Mertens Kölner KommAktG § 82, 13; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 82, 2).
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Widerruf der Bestellung (Mertens)
§38
§38 D i e Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen. I m Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, daß wichtige Gründe denselben notwendig machen. Als solche G r ü n d e sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsm ä ß i g e n Geschäftsführung anzusehen. Übersicht
Einleitung Reform
Rdn. 1 3
I. Widerruf der Bestellung und Kündigung des Anstellungsvertrages 1. Verhältnis zueinander 2. Widerruf der Bestellung 3. Kündigung des Geschäftsführungsvertrages II. Erklärung von Widerruf und Kündigung 1. Außenwirkung 2. Erklärungszuständigkeit und Verfahren a) In der GmbH außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze b) In der den Mitbestimmungsgesetzen unterfallenden GmbH III. Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Bestellung, Abs. 1 1. Einschränkung durch die Satzung 2. Keine Einschränkung durch schuldrechtliche Vereinbarung ohne Grundlage in der Satzung 3. Vorbehalt der Weitergeltung des Anstellungsvertrages IV. Beschränkung der Abberufung auf wichtige Gründe 1. Anwendungsbereich des § 84 Abs. 3 AktG 2. Gesellschaftsvertragliche Beschränkung, Abs. 2
10 10 11 15 18 18 20 20 25 28 30 31 35 39 39 40
Rdn. V. Keine Ausschließung oder Erschwerung der Kündigung aus wichtigem Grund 42 VI. Begriff des wichtigen Grundes 1. Im Rahmen von Abs. 2 a) Allgemeines b) Fallgruppen und Beispiele 2. Nach § 84 Abs. 3 AktG 3. Nach §626 BGB VII. Zeitliche Grenzen für Abberufung und außerordentliche Kündigung 1. Abberufung 2. Anstellungsvertrag a) Kenntnis der Gesellschaft vom Kündigungsgrund als Voraussetzung für den Fristbeginn b) Hemmung der Frist nach Treu und Glauben
43 43 43 46 53 55 58 58 59 60 63
VIII. Folgen der umstrittenen Abberufung aus wichtigem Grund 66 1. Bei der Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG in mitbestimmten Gesellschaften 66 2. Bei der Abberufung nach Abs. 2 67 IX. Kündigungsrecht der Gesellschaft im Konkurs- und Vergleichsverfahren 73 X. Abberufung des faktischen Geschäftsführers 74 XI. Amtsniederlegung und Kündigung durch den Geschäftsführer 75
Schrifttum Eder D i e A b b e r u f u n g des Gesellschafter-Geschäftsführers, G m b H - R d s c h . 1962 22; Fichtner Schwierigkeiten bei der A b b e r u f u n g eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem G r u n d e , BB 1962 822; Fischer Das Recht der O H G als ergänzende Rechtsquelle z u m G m b H - G e s e t z , G m b H - R d s c h . 1953 131; ders. Die perso(103)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§38
nalistische GmbH als rechtspolitisches Problem, Festschrift W. Schmidt (1959) S. 117; Fleck Das Dienstverhältnis der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften in der Rechtsprechung des BGH, WM 1968 Sonderbeilage Nr. 3; ders. Zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1970 221; Goerdeler Zur Auslegung des § 38 Abs. 2 GmbHG, GmbH-Rdsch. 1959 198; Harde Die Abberufung des Geschäftsführers der GmbH von der Geschäftsführung und Vertretung (1969); Immenga Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1977 249; Immenga/ Wemer Der Stimmrechtsausschluß eines GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1976 53; Konzen Gesellschafterpflicht und Abgeordnetenmandat, AcP 172 1972 317; Limbach Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Rdsch. 1968 181; Miller Der Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers — Rechtliche Einordnung und gesetzliche Mindestkündigungsfrist, BB 1977 723; Pabst Prozessuale Probleme bei Rechtsstreitigkeiten wegen Entziehung von Geschäftsführungsbzw. Vertretungsbefugnis sowie Ausschließung eines Gesellschafters, BB 1978 892;Peltzer Rechtsprobleme beim unfreiwilligen Ausscheiden von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und Geschäftsführern von Gesellschaften mbH, BB 1976 1249; Th. Raiser Der neue Koalitionskompromiß zur Mitbestimmung, BB 1976 145; Reich Die Stellung des Aufsichtsrats in mitbestimmten Unternehmen, BIStSozArbR 1976 176; Reich/ Lewerenz Das neue Mitbestimmungsgesetz, AuR 1976 261; Schönle/Ensslin Zur Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers gemäß § 38 Abs. 1 GmbHG, GmbHRdsch. 1968 23 und 1969 103; Schwerdtner Das Kündigungsrecht des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1976 101; Sudhoff Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH (9. Aufl. 1977); Tillmann Kündigung des Geschäftsführervertrages im Falle des Konkurses, GmbH-Rdsch. 1975 14; Vogel Satzungsmäßige Mehrheiten bei der Abberufung von Geschäftsführern aus wichtigen Gründen, GmbH-Rdsch. 1951 180; Wiedemann Abberufung eines GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grunde, BB 1957 696; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963). Vgl. auch das Schrifttum zu § 35 vor Rdn. 1, 29 und 72.
Einleitung Die Vorschrift regelt den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer im Sinne der Beendigung seiner organschaftlichen Stellung. Die vorzeitige Aufhebung des dienstvertraglichen Verhältnisses zur Gesellschaft richtet sich, soweit nicht ausnahmsweise § 671 BGB zur Anwendung kommt (vgl. § 35, 84), nach § 626 BGB. Nach Abs. 1 ist die Bestellung der Geschäftsführer zu jeder Zeit widerruflich, doch kann nach Abs. 2 der Widerruf an einen wichtigen Grund geknüpft werden. Abberufung und Beendigung des Anstellungsvertrages fallen in die Kompetenz der Gesellschafter (vgl. dazu im einzelnen § 45, 15ff.). Das Abberufungsrecht kann auf andere Organe übertragen werden (vgl. dazu § 45, 21). Für den Streit um die Wirksamkeit einer vorzeitigen Entlassung kann die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart werden. 2 Für mitbestimmte Gesellschaften verweisen § 12 MontanmitbestG, § 13 MontanmitbestErgG und § 31 MitbestG hinsichtlich der Abberufung von Geschäftsführern auf § 84 AktG. Diese Vorschriften (Abdruck von § 84 AktG in § 35, 43, von § 31 MitbestG in § 35, 44) schließen die Anwendung des § 38 aus {Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 50; zweifelnd vor Erlaß des MitbestG noch Th. Raiser BB 1976 150). Zuständig für Abberufung und außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages ist hier kraft zwingenden Rechts ausschließlich der Aufsichtsrat. 1
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Widerruf der Bestellung (Mertens)
§38
Reform § 69 RegE 1971 sieht in Abs. 1 und Abs. 3 sachlich die Übernahme der jetzigen Regelung vor. In § 69 Abs. 2 wird klargestellt, daß — außerhalb des Geltungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze — im Falle eines wichtigen Grundes die Gesellschafter einen Geschäftsführer auch dann abberufen können, wenn der Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Abberufung einem anderen Gesellschaftsorgan, einzelnen Gesellschaftern oder dritten Personen übertragen hat. Dies entspricht dem bereits jetzt geltenden Recht (vgl. unten Rdn. 24). § 69 Abs. 4 übernimmt § 84 Abs. 3 Satz 4-AktG in das GmbH-Recht: Die Abberufung soll wirksam sein, bis ihre Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag verbleibt es dagegen bei den allgemeinen Vorschriften; vgl. insoweit zur Rechtslage nach § 38 unten Rdn. 67ff. § 69 Abs. 5 Satz 1 schränkt die in Abs. 4 normierte Regelung für den Fall ein, daß einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag die Befugnisse zur Vertretung der Gesellschaft und zur Geschäftsführung als besonderes Recht eingeräumt worden sind. In Anlehnung an die §§ 113, 127 HGB wird für diesen Fall vorgeschrieben, daß die Befugnisse — und zwar entweder beide zusammen oder je nach der Lage des Einzelfalls nur eine von ihnen — aus wichtigem Grund nur auf Antrag der Gesellschaft durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden können. Bis zur Rechtskraft des Urteils soll der Geschäftsführer demnach — vorbehaltlich einer einstweiligen Regelung — geschäftsführungs- und vertretungsbefugt bleiben. In Abs. 5 Satz 2 wird die Entscheidung darüber, ob eine Klage erhoben werden soll, einem Gesellschafterbeschluß vorbehalten, bei dem der Abzuberufende gemäß § 82 Abs. 3 RegE 1971 nicht stimmberechtigt ist. Prozeßpartei soll grundsätzlich die GmbH selbst sein; bei einer Zweimann-Gesellschaft, in der den Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag die Befugnisse zur Vertretung der Gesellschaft und zur Geschäftsführung als besonderes Recht eingeräumt worden sind, sollen aber nach § 69 Abs. 5 Satz 3 die Gesellschafter selbst Partei sein. Für diese Anleihe beim Recht der O H G spricht sich die BegrRegE 1971 im Hinblick darauf aus, daß in einer derartigen Gesellschaft Zerwürfnisse oft zu gegenseitigen Abberufungsprozessen führten und das Sonderrecht auf die Geschäftsführung in diesem Fall nicht nur eine besondere Beziehung zur Gesellschaft, sondern zugleich eine besondere Rechtsbeziehung der Gesellschafter untereinander begründe.
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§ 69 Abs. 6 stellt klar, daß die Vorschrift mitbestimmungsrechtliche Regelungen 7 über die Abberufung der Mitglieder des Geschäftsführungs- und Vertretungsorgans der Gesellschaft nicht berührt. Weiter enthält der RegE 1971 in § 70 eine besondere Kündigungsregelung für 8 Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft. Der Konkursverwalter soll nach Abs. 1 berechtigt sein, den Anstellungsvertrag mit einem Geschäftsführer, dem Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von insgesamt mindestens einem Fünftel des Nennbetrages des Stammkapitals der Gesellschaft gehören oder drei Monate vor der Eröffnung des Konkursverfahrens noch gehört haben, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Der Geschäftsführer soll Ersatz für den ihm durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schaden nicht verlangen können; doch verweist § 70 auf die Möglichkeit, ihm nach § 129 Abs. 1 K O und § 132 Abs. 1 K O eine Unterstützung aus der Konkursmasse zu gewähren. Für die Regelung ist die Erwägung maßgebend, daß ein geschäftsführender Gesellschafter mit einer nicht unerheblichen Beteiligung in wirtschaftlicher Sicht nicht als abhängiger Angestellter, sondern als Unternehmer zu behandeln sei. Deshalb dürfe das (105)
§38
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Gesellschaftsvermögen im Konkurs der Gesellschaft zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger nicht durch Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer vermindert werden; der noch vorhandene Rest des dem Unternehmen gewidmeten Vermögens müsse in vollem Umfang zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung stehen. 9 In § 70 Abs. 2 ist zur Verhinderung von Gesetzesumgehungen bestimmt, daß die Sonderregelung für geschäftsführende Gesellschafter auch dann Anwendung findet, wenn zwar der Geschäftsführer nicht selbst, aber ein naher Angehöriger oder ein Dritter für seine oder seines Angehörigen Rechnung der Gesellschaft angehört.
I. Widerruf der Bestellung und Kündigung des Anstellungsvertrages 1. Verhältnis zueinander 10
Der wirksame Widerruf beendet die organschaftliche Bestellung des Geschäftsführers, dagegen nicht dessen Anstellungsvertrag (vgl. § 35, 41 sowie BGH DB 1978 481). Von Ausnahmefällen abgesehen wird aber im Widerruf zugleich auch eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages liegen. Umgekehrt wird durchweg eine außerordentliche Kündigung zugleich als Widerruf der Bestellung aufzufassen sein. Eine Ausnahme von dieser Regel dürfte nur bei einer sogenannten Änderungskündigung in Betracht kommen, doch wird man aus dieser bereits den bedingten Widerruf der Bestellung entnehmen können, falls sich der Geschäftsführer nicht bereit erklärt, zu den veränderten Bedingungen weiterhin tätig zu sein (zur Beendigung des Vertragsverhältnisses in diesem Fall BGH WM 1956 666). Legt der Geschäftsführer ungerechtfertigterweise sein Amt nieder, so setzt er damit einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages. 2. Widerruf der Bestellung
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Der Widerruf der Bestellung ist ein körperschaftlicher Akt, der an keine Frist gebunden ist und mit Zugang der Abberufungserklärung beim Geschäftsführer wirksam wird. Mängel des Abberufungsbeschlusses, die diesen als anfechtbar oder nichtig erscheinen lassen, erfassen auch die Erklärung des Widerrufs. Ist der Abberufungsbeschluß anfechtbar, so muß der Geschäftsführer die Abberufungserklärung gleichwohl solange gegen sich gelten lassen als die Anfechtung nicht rechtswirksam geworden ist. Er hat als solcher auch kein eigenes Recht auf Anfechtung des Abberufungsbeschlusses, sondern gegebenenfalls nur als Gesellschafter. 12 Hat der Geschäftsführer als Gesellschafter ein Sonderrecht auf Geschäftsführung oder ist ihm in Übereinstimmung mit der Satzung (vgl. unten Rdn. 33f.) ein nur aus wichtigem Grund entziehbares Anrecht auf die Geschäftsführung zugestanden worden, so ist dagegen eine Abberufungserklärung als Verletzung seines Rechts auch dann wirkungslos, wenn der zugrundeliegende Gesellschafterbeschluß als solcher nicht der Anfechtung unterliegt. Der Geschäftsführer kann die Unwirksamkeit der Abberufung in diesem Fall im Wege der Feststellungsklage geltend machen (BGH WM 1962 811; WM 1966 614; WM 1968 1350; Baumbach-Hueck 2 B ; Fleck GmbH-Rdsch. 1970 222; ders. WM 1968 Sonderbeilage 3, S. 10). 13 Im Rahmen des Anwendungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze ist eine Abberufung gemäß § 84 Abs. 3 AktG durch den Aufsichtsrat stets sofort wirksam und bleibt es, bis gegebenenfalls die Unwirksamkeit gerichtlich festgestellt ist. Auf das Normalstatut der GmbH ist diese Regel aber nicht generell übertragbar (str.; vgl. im einzelnen unten Rdn. 67ff.). (106)
Widerruf der Bestellung (Mertens)
§38
Mit der wirksamen Abberufung erlischt sofort die Geschäftsführungsbefugnis 14 und die Vertretungsmacht des Geschäftsführers. Der Geschäftsverkehr bleibt durch § 15 Abs. 1 HGB geschützt, solange der Widerruf nicht in das Handelsregister eingetragen (§ 39) und bekanntgemacht worden ist. 3. Kündigung des Geschäftsführungsvertrages Die Kündigung des GeschäftsführungsVertrages richtet sich nach den Vorschriften 15 des BGB. § 627 BGB ist anwendbar, wenn der Geschäftsführer zur Gesellschaft nicht in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen steht. Streitig ist, ob im übrigen § 622 BGB (Kündigungsfrist 6 Wochen zum Quartalsende; als zwingende Grenze der Abdingbarkeit die Monatsfrist zum Schluß des Kalendermonats) anwendbar ist (so Miller BB 1977 723) oder aber § 621 BGB, der je nach Art der Vergütung kürzere Kündigungsfristen vorsieht (so OLG Düsseldorf BB 1976 901). Sudhoff Rechte und Pflichten, S. 28 will auf den weisungsgebundenen Geschäftsführer § 622 BGB anwenden, auf denjenigen, der seine Arbeitszeit und seine Tätigkeit eigenverantwortlich frei gestalten kann, dagegen § 621 BGB. Im Ansatz ist Sudhoff zu folgen. Maßgeblich ist die Differenzierung zwischen Unternehmer-Geschäftsführern und abhängigen Geschäftsführern (dazu § 35, 83). Auf erstere findet § 621 BGB, auf letztere § 622 BGB Anwendung. Für letztere gilt auch das Angestelltenkündigungsschutzgesetz {Miller aaO 725; Schaub Arbeitsrechtshandbuch § 14 II; a.A. Tillmann GmbH-Rdsch. 1975 14, der aus BGHZ 12 1, wonach das Angestelltenkündigungsschutzgesetz auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft keine Anwendung findet, den zu Unrecht verallgemeinernden Schluß zieht, es sei generell auch auf GmbH-Geschäftsführer nicht anwendbar). Die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrages richtet sich nach § 626 BGB. 16 Sie setzt einen wichtigen Grund voraus (dazu im Zusammenhang unten Rdn. 43ff., 55ff.) und ist an die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gebunden (dazu unten Rdn. 59 ff.). Die wirksame Kündigung des Anstellungsvertrages löst diesen mit sofortiger 17 Wirkung auf. Ein Vergütungsanspruch des Geschäftsführers für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs entfällt. Es gilt die Regelung des § 628 BGB entsprechend. Zur Frage der Verfallbarkeit von Ruhegehaltsansprüchen vgl. § 35, 155ff.; zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot § 35, 204f. Bestreitet der Geschäftsführer die Wirksamkeit der Kündigung, so muß er weiterhin seine Dienste anbieten. Macht die Gesellschaft davon keinen Gebrauch, so ist dem abberufenen Geschäftsführer die weitere Einhaltung des ihn aufgrund seiner Treupflicht treffenden Wettbewerbsverbotes nicht mehr zumutbar (vgl. dazu unten Rdn. 36).
II. Erklärung von Widerruf und Kündigung 1. Außenwirkung Widerruf und Kündigung sind zugangsbedürftige Willenserklärungen. Die Ver- 18 hinderung des Zugangs wider Treu und Glauben ist dem Zugang gleichzusetzen (RG DNotZ 1929 343). Wird der Beschluß über die Abberufung und Kündigung dem Geschäftsführer nicht erklärt, sondern erhält er nur zufällig davon Kenntnis, so reicht das nicht aus. Ist der betroffene Geschäftsführer allerdings beim Beschluß des Widerrufs durch die Gesellschaft zugegen, so erübrigt sich eine nochmalige Erklärung (RGZ 68 381, 385; RG LZ 1920 799; Scholz 6). Entsprechendes gilt, wenn ein anderes Gremium (107)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
über den Widerruf beschließt, so etwa wenn im Falle der Zuständigkeit des Aufsichtsrats dessen Beschluß in Gegenwart des Geschäftsführers verkündet wird. 19 Weder Widerruf noch Kündigung bedürfen einer Form (Scholz 6). Der betroffene Geschäftsführer braucht vor seiner Abberufung nicht angehört zu werden (BGH GmbH-Rdsch. 1960 220). Der Widerruf ist nur mit Zustimmung des Geschäftsführers zurücknehmbar. Setzt der Geschäftsführer seine Tätigkeit mit Duldung der Gesellschaft nach dem Widerruf fort, so kann hierhin eine einverständliche Rücknahme des Widerrufs liegen (RGZ 68 381, 385). 2. Erklärungszuständigkeit und Verfahren 20
a) In der GmbH außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze. Hier beschließen über die Abberufung die Gesellschafter (vgl. § 46, 15ff.). Sie sind insoweit auch zur Kündigung des Anstellungsvertrages vertretungsberechtigt (str.; vgl. § 46, 19f.). 21 Soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, entscheiden die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit. Für die Abberufung aus wichtigem Grund ist das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit unzulässig; denn der wichtige Grund setzt voraus, daß der Gesellschaft die Beibehaltung des Geschäftsführers unzumutbar geworden ist (vgl. unten Rdn. 43). Unter diesen Umständen kann es einer Minderheit nicht gestattet sein, ihn gegen den Willen der Mehrheit im Amt zu erhalten (h.L.; RGZ 44 95, 98; KG JW 1937 550; Baumbach-Hueck 2 B; Harde [1969] S. 169; Scholz 16; Wiedemann BB 1957 696; a.A. OLG München BB 1956 938 mit zutreffender Kritik durch Wiedemann aaO; Brodmann 2 A; Fischer GmbH-Rdsch. 1953 134; Scholz-Fischer8 4; Wilke Wilke-BergGottschling-Gaul I 160). Bestimmungen über die Beschlußfähigkeit der Gesellschafterversammlung sind aber beachtlich, solange sie der Beschlußfassung nicht unzumutbare Hindernisse in den Weg legen. Sie sind insbesondere unbedenklich, wenn die Satzung die Möglichkeit einer alsbaldigen zweiten Versammlung vorsieht, die ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Gesellschafter beschlußfähig ist (Wiedemann aaO). 22 Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist bei der Entschließung über seine Abberufung gemäß § 38 Abs. 1 als Gesellschafter stimmberechtigt, nicht aber als rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Vertreter oder kraft Amtes (vg. § 47, 70f.). Dagegen hat er kein Stimmrecht, wenn geltend gemacht wird, daß für seine Abberufung ein wichtiger Grund bestehe (RGZ 124 371, 380; 138 98, 104 = JW 1933 1121 m. Anm. Hachenburg-, vgl. auch BGHZ 34 367, 371; BGH NJW 1969 1483; OLG Hamburg BB 1954 978; LG Frankfurt NJW 1951 719; Baumbach-Hueck 2 B; Brodmann 2 b; Scholz 17; Zöllner [1963] S. 236 m. w. Nachw.). Das gleiche gilt für die Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund (vgl. § 47, 75). Gegebenenfalls kann der Geschäftsführer den Beschluß aber mit der Begründung anfechten, es habe kein wichtiger Grund vorgelegen und sein Stimmrecht sei deshalb zu Unrecht ausgeschlossen worden. Erweist sich dies als richtig, so greift die Anfechtung durch, wenn seine Stimme den Beschluß verhindert hätte (Baumbach-Hueck aaO). Auch in der Zweimanngesellschaft genügt die Behauptung eines wichtigen Grundes durch den einen Geschäftsführer, um den anderen von der Abstimmung auszuschließen {Fleck 227 im Anschluß an BGH LM Nr. 5 zu § 38 GmbHG); vgl. aber auch unten Rdn. 52. 23 Die Satzung kann das Widerrufsrecht einem anderen Organ übertragen (§ 45 Abs. 2). Auch die Gesellschafter selbst können ein in der Satzung vorgesehenes Organ zur Entscheidung über den Widerruf und zur Erklärung des Widerrufs ermächtigen, nicht dagegen ohne entsprechende Bestimmung in der Satzung einen einzelnen Gesellschafter (108)
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oder einen gesellschaftsfremden Dritten (BGH WM 1970 246; Baumbach-Hueck 2 B; Fleck GmbH-Rdsch. 1970 223). Im Zweifel ist zum Widerruf der Bestellung berechtigt, wer zur Bestellung der Geschäftsführer befugt ist (Baumbach-Hueck aaO; Harde [1969] S. 121; vgl. auch § 46, 15). Doch ist nicht ausgeschlossen, daß die Abberufung in der Satzung anders geregelt wird als die Bestellung (KG KGJ 30 A 133, 136; Harde aaO S. 120f.). Bestimmungen, wonach etwa jeder Familienstamm das Recht hat, einen Geschäftsführer zu stellen, der aber jeweils vom anderen Stamm aus einem in seiner Person liegenden wichtigen Grund abgelehnt werden kann, sind im Zweifel nicht so zu verstehen, daß die Ablehnung auch dann noch in Betracht kommen soll, wenn der Anstellungsvertrag abgeschlossen worden ist. Möglich ist aber auch die Statuierung eines dauernden Ablehnungsrechts aus wichtigem Grund mit der Maßgabe, daß der Geschäftsführer durch dessen wirksame Ausübung abberufen werden kann. Die Delegation des Abberufungsrechts auf ein anderes Organ schließt nicht aus, daß die Gesellschafter selbst wirksam die Abberufung aus wichtigem Grund erklären. Dies gilt unbestritten für den Fall, daß das für zuständig erklärte Organ funktionsunfähig ist (vgl. BGHZ 12 337; Baumbach-Hueck § 46, 6a; Scholz, 7). Im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Abberufungsrechts aus wichtigem Grund für das Wohl der Gesellschaft muß die Gesellschafterversammlung aber in jedem Fall statt eines anderen Gremiums die Abberufung beschließen können (vgl. § 46, 15 m. Nachw.; Eder WilkeBerg-Gottschling-Gaul I 552). Auch bei Funktionsunfähigkeit der Gesellschafterversammlung steht dagegen dem einzelnen Gesellschafter das Abberufungsrecht ersatzweise nicht zu (OLG Hamburg BB 1954 978; KG OLGRspr. 24 154f.; Baumbach-Hueck 2 B; Scholz, 7; a.A. - aber überholt - OLG Dresden JW 1924 1185). b) In der den Mitbestimmungsgesetzen unterfallenden GmbH. Im Bereich des MontanmitbestG, des MitbestErgG und des MitbestG gilt für die Abberufung allein § 84 Abs. 3 AktG. Es entscheidet hier der Aufsichtsrat durch Beschluß. Nach § 107 Abs. 3 AktG kann der Beschluß über die Abberufung einem Ausschuß des Aufsichtsrats nicht überlassen werden. Entgegen Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 81 muß dies auch für die Entscheidung über die Kündigung des Anstellungsvertrages gelten, da diese durchweg die Abberufung impliziert und selbst, wenn dies einmal ausnahmsweise nicht der Fall sein sollte, weil nur eine Änderungskündigung angestrebt wird, die Aufhebung des Bestellungsverhältnisses präjudiziert wird. Nach § 13 Abs. 1, Satz 2 und 3 MontanMitbestG kann der Arbeitsdirektor nicht gegen den Willen der Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat abberufen werden. Diese Bestimmung gilt nicht für Arbeitsdirektoren nach dem MontanMitbestErgG (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 85, 82) und auch nicht für Arbeitsdirektoren nach dem MitbestG, das die Regelung des MontanMitbestG bewußt nicht übernommen hat (Hoffmann/Lehmann/'Weinmann § 31, 44). Im Anwendungsbereich des MitbestG ist nach dessen § 31 Abs. 5 für die Abberufung das dreistufige Wahlverfahren für die Bestellung eines Geschäftsführers (dazu § 35, 50ff.) entsprechend anzuwenden. Es muß also zunächst in einem ersten Stimmgang versucht werden, eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, so muß infolge der in § 31 Abs. 5 MitbestG uneingeschränkt angeordneten entsprechenden Anwendung der Absätze 2—4 dieser Vorschrift der Vermittlungsausschuß in Aktion treten. Dieser darf sich aber nicht wie bei der Bestellung einen Monat Zeit lassen. Er muß, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden, unverzüglich zusammentreten. Ergibt sich, daß im Vermittlungsausschuß ein Beschluß über einen Vorschlag nicht Zustandekommen wird, so müssen der zweite und der dritte Stimmgang sofort zulässig sein. Eine sinnvolle (109)
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entsprechende Anwendung der Absätze 2—4 des § 31 MitbestG auf den Widerruf der Bestellung gebietet hier nicht die Übernahme der Einmonatsfrist; grundsätzlich so auch Hoffmann/Lehmann/Weinmann § 31, 59, die dem Aufsichtsrat das Recht einräumen wollen, mit absoluter Mehrheit zu beschließen, daß die Frist für den Ausschuß verkürzt werde. Doch kann es hier nicht erst eines Mehrheitsbeschlusses bedürfen, damit der Aufsichtsrat seiner Pflicht nachkommt, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. § 31 MitbestG hat § 626 Abs. 2 BGB nicht geändert. Die Kündigung des Anstellungsvertrages ist daher auch in den Gesellschaften, die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegen, an die dort statuierte Frist von zwei Wochen gebunden. Das würde bedeuten, daß bei Ausnutzung der Monatsfrist des § 31 Abs. 3 Satz 1 MitbestG zwar noch der Widerruf der Bestellung, aber nicht mehr die Kündigung des Anstellungsvertrages in Betracht käme und die Gesellschaft — mit entsprechenden Schadensersatzfolgen für die Aufsichtsratsmitglieder — verpflichtet wäre, dem Geschäftsführer auch bei wirksamen Widerruf der Bestellung die vereinbarte Vergütung zu entrichten. Das zeigt, daß die Monatsfrist des § 31 Abs. 3 Satz 1 auf das Widerrufsverfahren von vornherein nicht paßt. Im zweiten Stimmgang genügt die einfache Mehrheit der Stimmen aller vorhandenen Aufsichtsratsmitglieder. Ergibt sich für die Abberufung auch in diesem Stimmgang keine Mehrheit, so stimmt im dritten Abstimmungsgang der Aufsichtsratsvorsitzende mit zwei Stimmen ab. Für den langfristig bestellten Geschäftsführer einer GmbH, auf die das MitbestG anwendbar wird, sieht § 37 Abs. 3 MitbestG eine besondere Abberufungsregelung vor (vgl. dazu § 35, 46). Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrages wird dadurch nicht geschaffen, so daß der Geschäftsführer seine Ansprüche daraus behält. Für die Abberufung nach § 37 Abs. 3 MitbestG gelten §§ 84 Abs. 3 und § 107 Abs. 3 AktG entsprechend (vgl. auch unten Rdn. 66). Sie kann durch eine Bestätigung des Geschäftsführers im Amt, die jeweils für längstens fünf Jahre zulässig ist und nur durch den Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit — nicht durch einen Ausschuß — erfolgen kann, ausgeschlossen werden (Einzelheiten in den Kommentierungen des MitbestG; vgl. etwa Hoffmann/Lehmann/ Weinmann aaO § 37, 62ff.).
III. Grundsatz der freien Widerruflichkeit der Bestellung, Abs. 1 Vorbehaltlich anderweitiger Regelung der Satzung ist in der GmbH außerhalb des Geltungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze — hier gilt allein § 84 Abs. 3 AktG (vgl. oben Rdn. 2) — die Abberufung eines Geschäftsführers jederzeit und mit sofortiger Wirkung möglich. Sie bedarf keiner Begründung (Baumbach-Hueck, 2 A; Eder WilkeBerg-Gottschling-Gaul Rz. I 551; Fleck GmbH-Rdsch. 1970 221). Es ist unerheblich, ob der Widerruf von „vernünftigen, sachlichen Gründen" getragen wird (so aber Scholz 5, der verkennt, daß durchweg das Fortbestehen der Vergütungsansprüche des Geschäftsführers aus dem Anstellungsvertrag ausreicht, um einen völlig willkürlichen Widerruf zu verhindern). 29 Der Grundsatz des freien Widerrufs gilt auch für die personalistische GmbH {Fleck GmbH-Rdsch. 1970 221; Schönle/Ensslin GmbH-Rdsch. 1968 23 und 1969 103). Demgegenüber ist von Limbach GmbH-Rdsch. 1968 181 die Auffassung vertreten worden, es könne bei dem Typ der kleinen persönlich geführten GmbH wegen der engen gesellschaftlichen Beziehungen und der persönlichen Verbundenheit mit dem Gesellschaftsunternehmen naheliegen, der Geschäftsführungsbefugnis mitgliedschaftlichen Charakter beizumessen und in Analogie zu §§ 117, 127 HGB den Widerruf der 28
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Bestellung auf das Vorliegen berechtigter Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführer zu beschränken. Mit Recht hat demgegenüber Fleck aaO eingewandt, daß die unterschiedliche Haftungslage, die stärkere Vermögensbindung bei der OHG und die andersartige Ausgestaltung des Verhältnisses von Gesellschafterversammlung und Geschäftsführung eine Analogie zu den §§ 117, 127 BGB ausschließen. Allerdings kann sich auch ohne ausdrückliche Bestimmung aus der besonderen Gestaltung des Gesellschaftsvertrages konkludent eine Beschränkung der freien Abberufungsmöglichkeit nach Abs. 1 ergeben (Fleck aaO; Fischer GmbH-Rdsch. 1953 131 f.; ders. Festschrift W. Schmidt [1959] S. 121). Entgegen OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1967 214f. unter unzutreffender Berufung auf BGH NJW 1960 628; Eder GmbH-Rdsch. 1962 23; Limbach aaO gilt § 38 Abs. 1 mangels gesetzlicher Sonderregelung auch in der Zweimann-GmbH (Fleck aaO; Schönle/ Ensslin aaO). 1. Einschränkung durch die Satzung § 38 Abs. 1 gilt nicht, wenn dem Geschäftsführer in der Satzung als Sonderrecht ein 30 grundsätzlich unentziehbarer Anspruch auf die Geschäftsführung eingeräumt ist; denn in diesem Fall kann er ohne seine Zustimmung nur aus wichtigem Grund abberufen werden (vgl. im allgemeinen zu Sonderrechten § 14, 9ff.). Der Widerruf des Sonderrechts auf Geschäftsführung ist ohne Zustimmung des Berechtigten bei Fehlen eines wichtigen Grundes wirkungslos. Der beeinträchtigte Gesellschafter kann ohne weiteres auf Feststellung dieser Rechtslage klagen. Einer Anfechtung des Abberufungsbeschlusses bedarf es nicht (vgl. oben Rdn. 12). Ein Sonderrecht auf Geschäftsführung ergibt sich noch nicht daraus, daß die Bestellung des Geschäftsführers gemäß § 6 Abs. 2 im Gesellschaftsvertrag erfolgt ist (BGH LM § 35 BGB Nr. 4; Fleck aaO). Einem Gesellschafter kann auch ein Sonderrecht eingeräumt werden, wonach der Geschäftsführer durch ihn oder nur mit seiner Stimme berufen und abberufen wird. Eine Abberufung, die sich als Eingriff in ein derartiges Sonderrecht darstellt, kann gleichfalls nur Wirkung erlangen, wenn der berechtigte Gesellschafter zustimmt oder ein wichtiger Grund für die Abberufung des Geschäftsführers gegeben ist (Battmbach-Hueck § 38, 2 B; Fleck aaO). 2. Keine Einschränkung durch schuldrechtliche Vereinbarung ohne Grundlage in der Satzung Streitig ist, ob der Grundsatz der freien Widerruflichkeit nur nach Maßgabe des § 38 31 Abs. 2 eingeschränkt werden kann — also im Gesellschaftsvertrage selbst — oder ob hierzu auch eine schuldrechtliche Vereinbarung, insbesondere eine entsprechende Bestimmung des Anstellungsvertrags mit dem Geschäftsführer genügt. Für die Möglichkeit einer entsprechenden schuldrechtlichen Bindung der Gesellschaft: Voraufl. 7; Goerdeler GmbH-Rdsch. 1959 198 sowie in ausführlicher Argumentation Fleck aaO 224ff. Fleck gesteht ein, daß der Wortlaut des § 38 Abs. 2 GmbHG eher für das Gegenteil spricht. Er konstatiert aber ein beachtliches wirtschaftliches Bedürfnis, die Widerruflichkeit einer Bestellung vertraglich zu beschränken, ohne diese Abrede in die Satzung aufzunehmen; denn die Gesellschafter könnten es vermeiden wollen, eine solche Bindung satzungsmäßig festzuschreiben und auf diese Weise jedem überstimmten Gesellschafter, auch wenn er nicht unmittelbar betroffen sei, die Möglichkeit zu eröffnen, einen Abberufungsbeschluß wegen angeblichen Satzungsverstoßes anzufechten. Es könne auch triftige Gründe dafür geben, die Rechtsbeziehungen zum Geschäftsführer nicht (in)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
über das Handelsregister (§§ 8 Abs. 1, 54) jedem Außenstehenden zugänglich zu machen. Schließlich könnte auch für eine nur als vorübergehend gedachte Regelung der Weg einer Satzungsänderung zu umständlich sein. Die fehlende Publizität einer entsprechenden Geschäftsführungsvereinbarung falle wegen § 15 H G B und § 10 Abs. 1 Satz 2 nicht entscheidend ins Gewicht; auch die Interessen eines Erwerbers eines Geschäftsanteils seien im allgemeinen dadurch zu wahren, daß man ihm ein Auskunftsrecht gegenüber dem Veräußerer über alle ihn berührenden Rechtsverhältnisse und bei dessen Verletzung einen Schadensersatzanspruch zubilligt. Grundsätzlich verbiete es das Gesetz nicht, Regelungen mit körperschaftlichem Einschlag zum Gegenstand schuldrechtlicher Bindungen außerhalb der Satzung zu machen. Die Zulässigkeit nichtsatzungsmäßiger Geschäftsführungsvereinbarungen kommt allerdings nach Fleck nur im Rahmen des Zusammenhangs und Zwecks der gesetzlichen Organisationsbestimmungen in Betracht: So könne die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern nicht dadurch überspielt werden, daß der derzeitige Geschäftsführer einem Dritten ein Recht auf das Geschäftsführeramt einräume. Bedenklich sei auch ein Vertrag, der die Auswahl des Geschäftsführers einem einzelnen Gesellschafter oder einem Dritten überlasse und so im Ergebnis eine Abberufung durch die Gesellschaft selbst auf wichtige Gründe beschränke. Das Recht auf das Geschäftsführeramt könne durch Vertrag außerhalb der Satzung auch nicht als ein echtes körperschaftliches Recht ausgestaltet, also etwa an den Besitz des Geschäftsanteils gebunden werden. Weiter sei zweifelhaft, ob solche Vereinbarungen nicht angemessenerweise einer zeitlichen Grenze zu unterwerfen seien; wenn nicht, so müßten an die Entlassung eines unbefristet bestellten Fremdgeschäftsführers aus wichtigem Grund jedenfalls erheblich geringere Anforderungen gestellt werden als etwa bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Zweimann-GmbH. 32
Demgegenüber hält die h. M. mit Recht daran fest, daß die Einschränkung der Widerruflichkeit durch § 38 Abs. 2 abschließend geregelt und damit der Satzung vorbehalten ist (Baumbach-Hueck, 2 A; Scholz 10; Scholz-Fischer8 6; SchönleiEnsslin GmbH-Rdsch. 1969 106; Vogel 6, 7). Wenn die Satzung die Widerruflichkeit nicht auf den Fall eines wichtigen Grundes beschränkt, so muß sie dahin verstanden werden, daß sie sich das Prinzip der freien Widerruflichkeit zu eigen macht. Ein Anstellungsvertrag mit einem Geschäftsführer, der die Satzung verletzt, ist insoweit unwirksam (vgl. § 35, 85). Körperschaftliche Organisationsregelungen können allenfalls insoweit zum Gegenstand schuldrechtlicher Vereinbarungen werden, als dies der Satzung nicht widerspricht. Daß die Einschränkung des Widerrufs auf einen wichtigen Grund einen erheblichen Eingriff in die körperschaftliche Struktur der Gesellschaft bedeutet, verkennt auch Fleck nicht. Entgegen seiner Auffassung leuchtet es auch nicht ein, daß eine Regelung, die als körperschaftliche der Einstimmigkeit oder, wenn ein Gesellschaftsvertrag bereits vorliegt, gemäß § 53 Abs. 2 einer Stimmenmehrheit von 3/4 bedürfte, als schuldrechtliche Regelung im Wege eines einfachen Mehrheitsbeschlusses gemäß §§ 46 Nr. 5, 47 Abs. 1 herbeigeführt werden könnte, zumal dieser im Ergebnis auch bei einem späteren Wechsel der Beteiligungs- und Mehrheitsverhältnisse maßgebend bliebe. Daß dadurch — wie Fleck anführt — keine unentziehbaren Rechte der Minderheit betroffen werden, weil immer die Abberufung aus wichtigen Grund in Betracht kommt, ändert nichts daran, daß hier der Sache nach die Satzung umgangen wird. Es ist bezeichnend, daß Fleck selbst eine Reihe von Schranken für diese Gestaltung vorschlägt, die ihrerseits aber wiederum Anlaß zu Abgrenzungszweifeln geben und die Vertragspraxis verunsichern könnten. Bei der weittragenden Bedeutung einer Beschränkung des Widerrufs erscheint es auch zwingend geboten, einem Anteilserwerber Kenntnis davon durch Einsicht in den Gesellschaftsvertrag zu ermöglichen (vgl. auch B G H NJW 1969 131). Ein etwaiger (112)
Widerruf der Bestellung (Mertens)
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Schadensersatzanspruch wegen mangelnder Aufklärung kann ihm diese Möglichkeit nicht ersetzen. Demgegenüber fallen die angeblichen wirtschaftlichen Bedürfnisse für eine solche Regelung kaum ins Gewicht; im Gegenteil, sie sind ihrerseits rechtlich durchaus problematisch; denn im wesentlichen handelt es sich um das Interesse der Mehrheit, satzungsähnliche Bindungen aufzurichten, ohne den durch die Satzung geschützten Belangen der Minderheit und der Öffentlichkeit zu genügen. Es steht der Satzung allerdings frei, den Gesellschaftern die Möglichkeit einzu- 33 räumen, die Abberufung eines Geschäftsführers im Wege der vertraglichen Vereinbarung mit der Gesellschaft auf wichtige Gründe zu beschränken. Läßt die Satzung die Abberufung nur aus wichtigem Grund zu, so kann der 34 Ansteljungsvertrag trotzdem Kündigungsgründe vorsehen, die bei objektiver Betrachtung nicht als wichtig anzusehen wären; denn es ist nicht anzunehmen, daß die Satzung einverständliche Regelungen im Anstellungsvertrag über eine Erleichterung der Kündigung ausschließen will. 3. Vorbehalt der Weitergeltung des AnstellungsVertrages Der Widerruf beendet den Anstellungsvertrag nur, wenn er zugleich dessen 35 fristgemäße oder außerordentliche Kündigung enthält (oben Rdn. 10) und die Gesellschaft ein Recht zur Kündigung hat. Andernfalls behält der Geschäftsführer alle Rechte aus dem Anstellungs vertrag mit Ausnahme derjenigen, die sich auf seine Tätigkeit als Organ beziehen. Er ist aber auch an die daraus folgenden Pflichten mit Ausnahme der Pflicht zur Amtsausübung selbst gebunden. Zu differenzieren ist im Hinblick auf das für den Geschäftsführer geltende Wett- 36 bewerbsverbot: Eine Fortdauer der Bindung des Geschäftsführers ist anzunehmen, wenn die Gesellschaft mit der Abberufung ausdrücklich nicht die Kündigung des Anstellungsvertrages verbindet und sich insbesondere zur Fortzahlung der Bezüge des Geschäftsführers bereit erklärt. Kündigt die Gesellschaft den Anstellungsvertrag, so braucht sich der Geschäftsführer an das Wettbewerbsverbot auch dann nicht mehr zu halten, wenn er die Wirksamkeit der Kündigung bestreitet; denn man kann ihm nicht zumuten, den kaum je mit Sicherheit vorhersehbaren Ausgang eines Prozesses mit gebundenen Händen abzuwarten. Unterliegt der Geschäftsführer einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (dazu grundsätzlich § 35, 204 f.), so ist der Rechtsgedanke des § 75 Abs. 2 HGB entsprechend anwendbar. Der Geschäftsführer muß sich demnach an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bereits dann halten, wenn für die Kündigung immerhin ein erheblicher Anlaß in seiner Person gegeben war. Bei Widerruf ohne — wirksame — Kündigung des Anstellungsvertrages sind dem 37 Geschäftsführer die vereinbarten Bezüge bis zu dem Zeitpunkt fortzuzahlen, zu dem der Anstellungsvertrag abläuft. Ist eine bestimmte Dauer vereinbart oder wird der Endtermin von einem Ereignis bestimmt, so bei Verpflichtung auf Lebensdauer oder auf die Dauer der Gesellschaft, so müssen die Bezüge bis zum Endtermin entrichtet werden. Nach R G J W 1915 653f., Scholz 4, Scholz-Fischer8 10 bleibt dem Geschäftsführer der Vergütungsanspruch als Erfüllungsanspruch voll erhalten, so daß eine Anwendung von § 615 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommen könnte (a.A. Voraufl. 4 in Übereinstimmung mit der aktienrechtlichen Literatur; vgl. etwa Hefermehl Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 84, 97). Bindet man den Geschäftsführer nicht mehr an das Wettbewerbsverbot, so liegt es aber doch nahe, den in Treu und Glauben wurzelnden Rechtsgedanken der §§ 324 Abs. 1 Satz 2, 615 Satz 2 B G B jedenfalls dann entsprechend anzuwenden, wenn der Geschäftsführer eine andere Position übernimmt. (113)
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Verpflichtet dazu ist er aber nicht. Eine bösliche Unterlassung fremden Erwerbs kann ihm nicht vorgeworfen werden, wenn er sich abwartend verhält. 38 Ist der Geschäftsführungsvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, so kommt seine ordentliche Kündigung in Betracht (vgl. oben Rdn. 15). Eine wegen Fehlens eines wichtigen Grundes unzulässige außerordentliche Kündigung kann nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden (BGH WM 1956 631, 633; 1182, 1184). Sie kann als Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichten, wenn sie beispielsweise das weitere Fortkommen des Geschäftsführers behindert (BGH WM 1961 569, 573). Bei der Frage, ob pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers nach einer umstrittenen Kündigung Anlaß zu einer außerordentlichen Kündigung ist, können im Hinblick auf die bereits bestehende Streitsituation mildere Maßstäbe anzulegen sein als gewöhnlich; dies insbesondere, wenn die Gesellschaft durch ihr Verhalten die Spannungen verschärft hat (BGHZ 15 71, 77). IV. Beschränkung der Abberufung auf wichtige Gründe 1. Anwendungsbereich des § 84 Abs. 3 AktG Nach § 84 Abs. 3 AktG, der auf mitbestimmte Gesellschaften anzuwenden ist (vgl. 39 oben Rdn. 2), kommt ein Widerruf nur aus wichtigem Grund in Betracht ( H o f f m a n n / Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 50; Immenga ZGR 1977 257; Raiser MitbestG §31, 30; zweifelnd Reich BIStSozArbR 1976 180). Die Satzung kann nicht für den Aufsichtsrat verbindlich regeln, welche Gründe als wichtig anzusehen sind (BGHZ 8 348, 361; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 68; Hofmann/Lehmann/ Weinmann aaO 58; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 84, 30; Th. Raiser aaO 35). 2. Gesellschaftsvertragliche Beschränkung, Abs. 2 40
Abweichend von Abs. 1 kann die Satzung nach Abs. 2 vorsehen, daß der Geschäftsführer nur aus wichtigem Grund abberufen werden darf. Die Beschränkung des Widerrufs auf wichtige Gründe braucht der Gesellschaftsvertrag zwar nicht ausdrücklich zu regeln. Sie kann aber nicht ohne besondere Anhaltspunkte daraus erschlossen werden; denn sie bildet die Ausnahme von der Regel (vgl. zum Sonderrecht auf Geschäftsführung oben Rdn. 12, 30f.; Fischer GmbH-Rdsch. 1953 133; Fleck GmbH-Rdsch. 1970 221; Scholz-Fischer6 4). 41 Die Satzung darf auch Gründe, die an sich nicht als wichtig zu betrachten wären, als für die Abberufung ausreichend bestimmen (Baumbach-Hueck 3 B; Scholz 12). Dies wird daraus gefolgert, daß das Gesetz ohnehin vom Prinzip der freien Widerruflichkeit ausgeht. Problematisch ist nur, ob ein Geschäftsführer von der Abstimmung über seine Abberufung auch dann auszuschließen ist, wenn ein satzungsmäßiger Abberufungsgrund geltend gemacht wird, der im Sinne der Rechtsprechung etwa zu § 84 Abs. 3 AktG oder § 626 BGB nicht als wichtiger Grund zu werten wäre. Doch sind gegen eine satzungsautonome authentische Interpretation des wichtigen Grundes auch mit Folgen für das Abstimmungsverfahren keine durchschlagenden Bedenken zu erheben. V. Keine Ausschließung oder Erschwerung der Kündigung aus wichtigem Grund
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Der Gesellschaftsvertrag darf die Abberufung aus wichtigem Grund nicht ausschließen oder zusätzlich erschweren (BGH MDR 1969 642; RGZ 124 371 379; Baum(114)
Widerruf der Bestellung (Mertens)
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bach-Hueck 2 A; Scholz-Fischer8 4). Das bedeutet, daß die Satzung wichtige Gründe nicht im einzelnen abschließend normieren kann. Der Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auch nicht auf die in § 38 Abs. 2 Satz 2 beispielhaft erwähnten Fälle der groben Pflichtverletzung oder der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung einschränken. Ebensowenig kann er den Widerruf im Hinblick auf gewisse Umstände wirksam ausschließen, wenn diese objektiv als wichtiger Grund zu werten sind (KG JW 1939 492). Zur Unzulässigkeit des Erfordernisses einer qualifizierten Mehrheit für die Abberufung aus wichtigem Grund vgl. oben Rdn. 21.
VI. Begriff des wichtigen Grundes 1. Im Rahmen von Abs. 2 a) Allgemeines. Ob ein wichtiger Grund für die Abberufung nach § 38 Abs. 2 43 gegeben ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Es kommt grundsätzlich darauf an, ob der Gesellschaft die Beibehaltung des Geschäftsführers bis zum Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr zugemutet werden kann (BAG AP Nr. 4 zu § 626 BGB m. Anm. A. Hueck; OLG Hamburg BB 1954 978; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 69; Mertens Kölner KommAktG § 84, 58; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 84, 31; Übersicht bei Fleck WM Sonderbeilage Nr. 3/1968 3 ff.). Das Verhalten und die Interessen beider Seiten fallen ins Gewicht (BGH WM 1968 1325), möglicherweise auch ein vor der Bestellung liegendes oder ein außerdienstliches Verhalten des Geschäftsführers (BGHZ 15 71, 76; BGH WM 1956 865). Ein Verschulden des Geschäftsführers muß nicht gegeben sein. Der wichtige Grund muß auch nicht — wie bei § 626 BGB — in der Person des Geschäftsführers selbst liegen, sondern kann aus Umständen folgen, die auf einer Bewertung seiner Person und seines Handelns durch Dritte beruhen. Allgemein ist zu beachten, daß zwischen Geschäftsführer und Gesellschaftern ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehen muß, das schon durch verhältnismäßig unbedeutende Vorfälle gestört werden kann, und daß auch das Ansehen der Gesellschaft und ihr Kredit wesentlich durch das Verhalten der Geschäftsführer beeinflußt werden. Grundsätzlich unterliegt ein Geschäftsführer — ähnlich wie das Vorstandsmitglied einer AG — einem strengeren Maßstab als ein Handlungsgehilfe (RG J W 1939 348). Läuft die Bestellung eines Geschäftsführers ohnehin in Kürze aus, so kann es der Gesellschaft eher zuzumuten sein, ihn bis dahin noch im Amt zu belassen (BGH WM 1962 811 f.). Ein vom Geschäftsführer selbst verschuldeter Verdacht eines untreuen Verhaltens kann für die Kündigung aus wichtigem Grund ausreichen (OLG Hamburg LZ 1912 Sp. 860); doch muß ihm in diesem Fall — soweit tunlich — Gelegenheit gegeben werden, sich zu verantworten (RG JW 1930 2701). Besonders strenge Anforderungen sind nach BGH aaO an eine Kündigung zu stellen, die mit diffamierenden Argumenten begründet wird. Ein wichtiger Grund, den die Gesellschaft nicht zur Kündigung benutzt hat, kann unterstützend herangezogen werden, wenn es aus einem anderen Grunde zur Abberufung kommt (Fleck WM aaO 14). Im Prozeß können Gründe berücksichtigt werden, auf die die Abberufung zunächst 44 nicht gestützt worden ist. Gründe, die bei Abberufung bereits bestanden, kann die Gesellschaft ohne weiteres nachschieben. Bei neu eingetretenen Gründen ist dagegen grundsätzlich ein erneuter Beschluß des zuständigen Gesellschaftsorgans und ein erneuter Ausspruch der außerordentlichen Kündigung notwendig (BGH WM 1966 968, 970). Die erneute Kündigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der ersten Kündigung zurück. Eine zweite Kündigung ist aber nicht erforderlich und der Zeitpunkt der ersten (115)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Kündigung bleibt maßgeblich bei innerem Zusammenhang der neuen Gründe mit den alten (BGHZ 27 220), insbesondere wenn sie den Rückschluß auf eine Eigenschaft des Geschäftsführers zulassen, auf die schon die früheren Gründe hingewiesen haben (vgl. Scholz 9). Zum Nachschieben von Gründen vgl. auch Fleck aaO. 45 Im Rechtsstreit prüft das Revisionsgericht nur nach, ob der Tatrichter aus dem festgestellten Sachverhalt ohne Rechtsirrtum schließen konnte, daß ein wichtiger Grund vorhanden oder nicht vorhanden war. Für eine abweichende Würdigung des Sachverhalts durch die Revisionsinstanz ist kein Platz (BGH WM 1956 865f.; WM 1962 201 f.; RG J W 1930 2701; BayObLG NJW 1955 1678). Beruht die Entscheidung des Tatrichters auf einer Vertragsauslegung, so ist diese nachprüfbar (BGH WM 1968 1041 f.). 46 b) Fallgruppen und Beispiele. Mit Recht hat Schilling Voraufl. 13 darauf hingewiesen, daß aus einzelnen Urteilen zur Frage des wichtigen Grundes nicht ohne weiteres verallgemeinernde Richtlinien gewonnen werden können, weil stets alle Nuancen des Einzelfalls von Bedeutung sind. Mit diesem Vorbehalt lassen sich folgende — nicht als abschließend gedachte — Fallgruppen bilden: 47 (1) grobe Pflichtverletzung. In Betracht kommt die Verletzung aller Pflichten, die dem Geschäftsführer obliegen; vgl. dazu im einzelnen § 43, 22ff. Am schwersten fällt ins Gewicht strafbares Verhalten zu Lasten der Gesellschaft sowie die Ausnutzung der Geschäftsführerstellung zur Förderung eigener Interessen auf Kosten der Gesellschaft. Besonders schwer wiegen auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gesellschafter (Voraufl. 11), Eigenmacht und Ungehorsam gegenüber der Satzung und rechtmäßigen Weisungen der Gesellschafter, die Begründung einer unerlaubten Konkurrenz, auch soweit sie nicht auf Ausnutzung der Mittel beruht, die dem Geschäftsführer kraft seiner Stellung zur Verfügung stehen, und vertrauensmißbräuchliche Indiskretionen. Vgl. aus dem Fallmaterial: Beteiligung an strafbaren Handlungen (BGH LM Nr. 8 zu § 626 BGB); Bestechlichkeit (BGH WM 1967 679); unrichtige Bilanzerstellung (BayObLG NJW 1955 1678); mangelnde Offenheit gegenüber einem Kontrollorgan (BGHZ 20 239, 246); der vertragswidrige Versuch, ohne Kenntnis der Gesellschaft ein Konkurrenzunternehmen ins Leben zu rufen (OLGRspr. 27 379 — zulässig sind dagegen die Vorbereitungen für die Übernahme eines sogleich nach fristgemäßer Beendigung des Dienstvertrags zu eröffnenden Konkurrenzbetriebs (OLG Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1914 218). Älteres Fallmaterial, betreffend Vernachlässigung der diensdichen Disziplin, Vertrauensmißbrauch, Indiskretion, in Voraufl. 12 f. Unter gewissen Umständen kann es, auch ohne daß die Gesellschaft unmittelbar einen Schaden erleidet, pflichtwidrig sein, wenn der Geschäftsführer seine Position zu privaten Zwecken ausnutzt (BGH WM 1967 679). Das Versagen des Geschäftsführers in einer Situation, die außergewöhnlichen Takt und besonderes Fingerspitzengefühl erfordert, braucht kein wichtiger Grund für die Kündigung des Anstellungsvertrages zu sein, kann aber die Abberufung rechtfertigen (BGH WM 1966 968 im Hinblick auf die Behandlung bestimmter Verdächtigungen). 48
(2) Ungenügen gegenüber den Anforderungen der Position. Hierzu zählt die im Gesetz genannte Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung, gleich ob sie auf einem Mangel an ausreichender Vorbildung, auf dem Fehlen der notwendigen Autorität, auf mangelndem Arbeitseinsatz, auf langdauernder Krankheit (dazu BAG NJW 1968 1693) oder auf mangelnder Anpassung an eine Steigerung der unternehmensbedingten Anforderungen beruht. Auch eine Betriebsumstellung oder eine Fusion, die das Ressort des Geschäftsführers entfallen lassen, können eine Abberufung aus wichtigem Grund rechtfertigen, wenn ein anderer Geschäftsbereich, den der Geschäftsführer adäquat ausfüllen könnte, nicht vorhanden ist. Weiter sind hier zu nennen der Wegfall satzungsmäßiger Eigenschaften, eine zu starke anderweitige Bindung der Arbeitskraft, soweit diese nicht auf die Übernahme eines Bundestagsmandats zurückzuführen ist (116)
Widerruf der Bestellung (Mertens)
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(eine angemessene Kürzung der Bezüge kommt in diesem Fall aber in Betracht; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 70; Mertens Kölner KommAktG § 84, 61); vgl. Art. 48 Abs. 2 GG und dazu BGHZ 43 384 = NJW 1965 1958 m. zust. Anm. Ganßmüller = SAE 1966 1 m. abl. Anm. E. Wolf; kritisch auch Konzen AcP 172 1972 317. In einer GmbH, die behördlicher Aufsicht unterliegt, kann auch das mangelnde Vertrauen der Aufsichtsbehörde den Geschäftsführer zur Fortführung seines Amtes ungeeignet erscheinen lassen. Ähnliches kann in Betracht kommen, wenn der Geschäftsführer das Vertrauen von maßgeblichen Kreditgebern oder Vertragspartnern der Gesellschaft aus Gründen verliert, die ihm zuzuschreiben sind. Daß er aus Gründen, die nicht in seiner Person liegen, zur Zielscheibe von Attacken etwa der Presse oder von Verbänden und Parteien wird oder daß maßgebliche Vertragspartner, insbesondere Kreditgeber der Gesellschaft, eine Abberufung aus Gründen fordern, die nichts mit ihm zu tun haben, kann normalerweise nicht ausreichen. In einer für die Existenz der Gesellschaft bedrohlichen Notsituation muß deren Überlebensinteresse aber den Vorrang haben und den Widerruf der Bestellung — nicht des Anstellungsvertrages (BGH BB 1961 498, 547) - rechtfertigen können (so zu § 84 AktG für den Fall des rechtswidrigen Streiks mit dem Ziel, eine Organperson, die sich sozialgerecht verhalten hat, aus dem Amte zu entfernen, Hefermehl aaO 70; Mertens aaO 63; Th. Kaiser MitbestG § 31, 37; a.A. Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 31, 55, weil erzwungenes Unrecht nicht sanktioniert werden dürfe). Für die Fälle, in denen die Existenz der Gesellschaft bedroht ist, sind die Kosten der Unnachgiebigkeit gegenüber Unrecht für sie aber nicht mehr tragbar. Immerhin hat sie dem Angreifer gegenüber einen Schadensersatzanspruch in Höhe des dem Geschäftsführer fortzuzahlenden Gehalts, während dieser möglicherweise wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gemäß §§ 823, 847 BGB Schadensersatz geltend machen kann. (3) Handlungen und Verhältnisse des Geschäftsführers, die den Kredit und das Ansehen der Gesellschaft gefährden. Hier sind als Beispiele zu nennen: Der vom Geschäftsführer selbst verschuldete Verdacht strafbaren Handelns (BayObLG NJW 1955 1678); die Begehung strafbarer Handlungen, auch wenn sie nicht gegen die Gesellschaft gerichtet ist, die Teilnahme an Spekulationsgeschäften oder an unsauberen Geschäften (RGZ 53 266f.); desgleichen die Vornahme von verbotenen Insidergeschäften; jedenfalls in Gesellschaften, die am Wertpapiermarkt beteiligt sind, muß auch die Weigerung des Geschäftsführers, sich den Insiderhandels-Richtlinien, Händler- und Beraterregeln (Abdruck bei Schwark Börsengesetz 1976 S. 482ff.) zu unterwerfen, als wichtiger Grund für die Abberufung in Betracht kommen (a.A. Rümker BB 1972 1208, 1210). (4) Störungen der Zusammenarbeit unter den Geschäftsführern und der Geschäftsführer mit den anderen Organen der Gesellschaft. Kein wichtiger Grund ist die anhaltende Erfolglosigkeit der Geschäftsführung; daß sie gegebenenfalls weder konjunkturell noch branchenmäßig noch aus der Struktur des Unternehmens begründet werden kann, weist noch nicht zwingend auf die mangelnde Eignung des Geschäftsführers hin. Lassen sich allerdings in solchen Fällen konkrete Verstöße gegen die Regeln ordnungsmäßiger Geschäftsführung feststellen, so kommt deshalb die Abberufung in Betracht, wobei die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen solchen Verstößen und dem mangelnden Unternehmenserfolg erschwerend ins Gewicht fällt. Als wichtiger Grund reicht nicht aus die Tatsache des Vertrauensentzuges seitens der Gesellschafter; denn dies würde praktisch auf die Zulassung des freien Widerrufs der Bestellung hinauslaufen (BGH NJW 1960 628; Baumhach-Hueck 3 A; Scholz-Fischer8 2). Anders verhält es sich, wenn der Vertrauensentzug zwar nicht durch einen objektiv gegebenen wichtigen Grund ausgelöst worden ist, aber wenn sich doch so tief(117)
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greifende Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Geschäftsführer und den Gesellschaftern ergeben haben, daß ein gedeihliches Zusammenwirken zum Wohle der Gesellschaft bei objektiver Betrachtung nicht mehr gesichert ist (vgl. auch BGH AG 1975 242, 244). In der Zweimanngesellschaft muß der Vertrauensentzug aber stets durch „berechtigte Zweifel gegen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung" gerechtfertigt sein (BGH NJW aaO). 2. Nach § 84 Abs. 3 AktG 53
Im allgemeinen unterscheidet sich der Begriff des wichtigen Grundes in § 84 AktG von dem nach § 38 Abs. 2 GmbHG nicht. Nur ist hier der Vertrauensentzug durch die Anteilseigner, sofern er nicht offenbar unsachlich ist, gemäß § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG ein wichtiger Grund für die Abberufung des Geschäftsführers (a.A. entgegen dem Gesetz Reich-Lewerenz AuR 1976 271; vgl. demgegenüber Fittmg-Wlotzke-Wißmann MitbestG aaO 53; Th. Raiser aaO 36). Den Geschäfts§ 31, 20; Hoffmann/Lehmann/Weinmann führer trifft im Prozeß die Beweislast dafür, daß der Vertrauensentzug aus offenbar unsachlichen Gründen erfolgt ist (BGH AG 1975 242, 244). 54 Der vom Aufsichtsrat selbst abzuschließende Anstellungsvertrag kann die Folgen einer Kündigung aus wichtigem Grund näher regeln; eine Vereinbarung, die den Geschäftsführer nach seiner fristlosen Entlassung wirtschaftlich sichern soll, darf aber einerseits keinen Anreiz für ungetreues oder gesellschaftsschädigendes Verhalten bieten und andererseits die Gesellschaft auch nicht so stark belasten, daß sie in ihrer Entschließungsfreiheit unzumutbar beeinträchtigt wird (BGH WM 1968 1041 sowie BGHZ 8 348, 360, 367). 3. Nach § 626 B G B 55
§ 626 Abs. 1 BGB unterscheidet sich insofern von § 38 Abs. 2, als für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages nur solche wichtigen Gründe in Betracht kommen, die in der Person des Geschäftsführers selbst liegen. Daraus ergibt sich, daß nur die Bestellung widerrufbar, aber nicht der Anstellungsvertrag kündbar ist, wenn der Gesellschaft die Beibehaltung des Geschäftsführers nicht zugemutet werden kann, die Gründe dafür aber nicht in der Person des Geschäftsführers selbst zu suchen sind, sondern in Verhältnissen bei der Gesellschaft oder bei der Einflußnahme Dritter auf die Gesellschaft. Im übrigen werden im allgemeinen wichtige in der Person des Geschäftsführers selbst liegende Gründe für die Abberufung auch wichtige Gründe für die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags darstellen; doch sind Ausnahmen denkbar. Nach Lage des Falls kann etwa ein geringfügiges Verschulden zur Abberufung eines Geschäftsführers führen, ohne schon für eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages zu genügen (BGHZ 15 71, 75). Die Gesellschaft kann auch bewußt — etwa aus sozialen Erwägungen — nur die Bestellung widerrufen und auf eine sofortige Kündigung des Anstellungsvertrages verzichten (BGH BB 1954 455f.). Kündigt die Gesellschaft dem Geschäftsführer nicht zugleich mit der Abberufung, so sind die Abberufungsgründe für eine spätere Kündigung verbraucht. Sie leben auch nicht dadurch wieder auf, daß die Gesellschafter sie zum Anlaß nehmen, dem Geschäftsführer das Vertrauen zu entziehen (BGH DB 1978 481 f.).
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Eine Erweiterung der außerordentlichen Kündigungsgründe ist im Rahmen von § 626 BGB zulässig. Nach § 84 Abs. 3 AktG kann dies bei mitbestimmten Gesellschaften allerdings nicht für solche Sachverhalte gelten, die eine Abberufung aufgrund dieser Vorschrift nicht rechtfertigen. Immerhin kann hier aber der Anstellungsvertrag unter der (118)
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auflösenden Bedingung eines wirksamen Widerrufs der Bestellung geschlossen werden (dazu Mertens Kölner KommAktG § 84, 53, 64). Enthält außerhalb des Geltungsbereichs der Mitbestimmungsgesetze der Anstellungsvertrag Abberufungsgründe, die bei objektiver Betrachtung nicht als wichtig gelten können, so liegt darin die anstellungsvertragliche Abbedingung einer Satzungsregelung, die nur die Kündigung aus wichtigem Grund zuläßt, und zwar auch im Hinblick auf den Widerruf der Bestellung selbst (vgl. dazu oben Rdn. 34). Auch hier kann im übrigen der Anstellungsvertrag unter der auflösenden Bedingung eines wirksamen Widerrufs der Bestellung geschlossen werden. Hat ein Geschäftsführer schuldhaft einen wichtigen Grund für seine Abberufung 57 geboten, reicht dieser aber ausnahmsweise für eine außerordentliche Kündigung nicht aus, so wird der Geschäftsführer normalerweise nicht verlangen können, daß die Gesellschaft ihm zwar das Gehalt fortbezahlt, aber auf seine Dienste völlig verzichtet. Er kann in diesem Falle nach Treu und Glauben verpflichtet sein, sich mit einer seinen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht unangemessenen anderen leitenden Stellung zufriedengeben (BGH DB 1966 1306; Hefermehl aaO 98).
VII. Zeitliche Grenzen für Abberufung und außerordentliche Kündigung 1. Abberufung Die Abberufung ist an keine Frist gebunden; doch kann sie nach allgemeinen 58 Grundsätzen verwirkt sein, wenn sie nicht innerhalb angemessener Frist erfolgt (RG JW 1938 1403; Scholz 18). 2. Anstellungsvertrag Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen 59 erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muß dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Die Frist des § 626 Abs. 2 wirft für die Organpersonen einer Kapitalgesellschaft erhebliche Probleme auf, weil der wichtige Grund hier besonders oft aus einer lang andauernden Entwicklung resultiert, die das Vertrauensverhältnis zur Gesellschaft schrittweise bis zu einem Punkt zerstört, zu dem dann die außerordentliche Kündigung unvermeidlich erscheint. Diesen Problemen der Erosion des Vertrauensverhältnisses muß bei der Auslegung des § 626 Abs. 2 BGB Rechnung getragen werden. Nicht selten kommt es auch vor, daß zwar das Verhalten des Geschäftsführers für die Gesellschaft mehr oder minder untragbar erscheint, die Kündigung im Interesse des Bestandes der Gesellschaft aber nicht riskiert werden kann, ehe nicht die Nachfolge geklärt ist. Dies gilt ganz besonders für Gesellschaften, die dem Ende entgegenzugehen drohen. Hier kann die Unfähigkeit des amtierenden Geschäftsführers, die Gesellschaft zu sanieren, evident sein; doch stirbt sie mit ihm nur langsam, so daß sich noch Sanierungschancen bieten, während mit seiner Abberufung der sofortige Zusammenbruch zu erwarten wäre, wenn nicht den Kreditgebern umgehend ein neuer und fähiger Geschäftsführer präsentiert werden kann. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, daß die Entscheidung über die Abberufung nach dem Normalstatut der GmbH einen Gesellschafterbeschluß voraussetzt und damit zunächst eine Gesellschafterversammlung erforderlich macht. Das zeitliche Problem der Einhaltung der 14-Tage-Frist kann sich noch verschärfen, wenn (119)
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der Geschäftsführer selbst maßgeblich als Gesellschafter beteiligt ist und Einfluß auf Zeitpunkt und Durchführung der Gesellschafterversammlung nehmen kann. Diesen besonderen Problemen wird man bei der Anwendung des § 626 Abs. 2 BGB auf die Kündigung des Geschäftsführers Rechnung zu tragen haben. 60 a) Kenntnis der Gesellschaft vom Kündigungsgrund als Voraussetzung für den Fristbeginn. Die Frist beginnt, wenn die Gesellschaft positive und sichere Kenntnis der Tatsachen hat, die den wichtigen Grund ausmachen. Kennenmüssen genügt nicht. Unerheblich ist, ob die Gesellschaft den Sachverhalt rechtlich zutreffend würdigt (BAG 24 383). Es kommt auf die Kenntnis derjenigen Personen an, die die Entscheidung über die Kündigung zu treffen haben. Das sind im Rahmen des § 46 Nr. 5 alle Gesellschafter. Die Frist beginnt also erst zu laufen, wenn auch der letzte Gesellschafter den Kündigungsgrund erfahren hat. Aus der Angabe eines entsprechenden Punktes der Tagesordnung folgt solche Kenntnis noch nicht. Auch bei einer Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Aufsichtsrat ist Kenntnis aller Aufsichtsratsmitglieder erforderlich (BAG DB 1978 353; a.A. BGHZ 41 282, 287; Hefermehl aaO 89). Denn der Aufsichtsrat kann nur durch Beschluß entscheiden und jedem Mitglied muß Gelegenheit gegeben werden, verantwortlich an dieser Entscheidung mitzuwirken. Man wird jedoch die Geschäftsführer, gegebenenfalls außerdem auch den Aufsichtsratsvorsitzenden für verpflichtet halten müssen, das Gremium, das über die Kündigung zu entscheiden hat, unverzüglich einzuberufen bzw. für dessen Einberufung zu sorgen. Daher ist anzunehmen, daß die Frist an dem Tage beginnt, an dem es angemessenerweise spätestens hätte zusammentreten und entscheiden müssen. Nach diesem Tage bzw. nach dem Tage, an dem tatsächlich eine Abstimmung über die Kündigung stattfand, kommt es auf die Unkenntnis einzelner — etwa verhinderter — Mitglieder des Gremiums nicht mehr an. Eine Abkürzung der in Satzung und Geschäftsordnungen festgelegten Einberufungsfristen ist nicht erforderlich. Andererseits verlängern diese Fristen die ZweiWochen-Frist selbst nicht. 61
Entscheiden ein Beirat oder bestimmte Gesellschafter über die Kündigung, so genügt es, wenn alle Beiratsmitglieder oder alle an der Entscheidung beteiligten Gesellschafter die erforderliche Kenntnis besitzen. Zwar haben auch die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit in diesem Fall ein Abberufungsrecht aus wichtigem Grund (vgl. oben Rdn. 24); doch ist trotzdem nicht auf die Kenntnis aller Gesellschafter abzustellen, wenn diese die Zuständigkeit für die Kündigung einem anderen Organ übertragen haben. Auch den Beiratsvorsitzenden trifft die Pflicht zur unverzüglichen Anberaumung einer Beiratssitzung, wenn er von Tatsachen erfährt, die einen wichtigen Grund zur Kündigung abgeben (vgl. dazu die vorige Rdn.). 62 Nicht schon die Kenntnis von einzelnen Handlungen, die in einem Gesamtzusammenhang die außerordentliche Kündigung rechtfertigen, setzt die Frist in Gang; vielmehr muß das Kündigungsorgan eine volle und umfassende Kenntnis aller einschlägigen Tatsachen erlangt haben, die eine überlegte Entscheidung unter Würdigung aller Umstände ermöglichen. Sind hierzu noch Ermittlungen erforderlich oder muß der Geschäftsführer noch angehört werden, so läuft die Frist nicht (vgl. BAG NJW 1973 214). Bei strafbaren Handlungen kann unter besonderen Umständen bis zur Rechtskraft des Strafurteils abgewartet werden (BAG NJW 1976 1 766). Durchweg wird die Frist aber zu laufen beginnen, wenn der Geschäftsführer ein umfassendes Geständnis abgelegt hat (BGH NJW 1976 797). Die Kündigung aufgrund von Dauerzuständen und aufgrund eines Gesamtverhaltens des Geschäftsführers ist rechtzeitig, wenn ein dazu gehöriger Vorfall in die Zwei-Wochen-Frist fällt (BGH WM 1975 793, BAG 24 383). Hat die Gesellschaft die Frist allerdings zunächst versäumt und deshalb nicht wirksam gekündigt, so kann sie eine spätere Kündigung auf das Gesamtverhalten nur noch stützen, (120)
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wenn zwischen diesem und späteren für die Kündigung relevanten Vorfällen ein Fortsetzungszusammenhang besteht (BGH WM 1976 379). b) Hemmung der Frist nach Treu und Glauben. Dem ungenutzten Ablauf der 63 Zwei-Wochen-Frist zur außerordendichen Kündigung des Dienstverhältnisses kann nach Treu und Glauben die Rechtsfolge der Fristversäumung zu versagen sein (BGH GmbHRdsch. 1975 200 = SAE 1977 27 m. zust. Anm. Weitnauer). Dies gilt nach BGH aaO vorbehaltlich der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere dann, wenn eine GmbH ihrem Geschäftsführer auf dessen Wunsch oder von ihm darin bestärkt eine Bedenkzeit zur Prüfung der einvernehmlichen Beendigung des erkennbar kündigungsgefährdeten Dienstverhältnisses einräumt und nach fruchtlosem Ablauf der Bedenkzeit unverzüglich kündigt. Ebenso kommt eine Hemmung der Zwei-Wochen-Frist in Betracht, wenn der betroffene Geschäftsführer selbst, sei es als solcher, sei es als Gesellschafter, die rechtzeitige Entscheidung durch das zuständige Gremium verhindert oder wesendich erschwert. Problematisch ist, ob auch die Tatsache, daß die Gesellschaft um ihre Existenz 64 fürchten muß, wenn sie sich des Geschäftsführers entledigt, ehe sie einen neuen Geschäftsführer gefunden hat, nach Treu und Glauben die Hemmung der ZweiWochen-Frist rechtfertigen kann. Wägt man das durch § 626 Abs. 2 BGB geschützte Interesse des Geschäftsführers, alsbald Klarheit über die Reaktion des Kündigungsberechtigten eintreten zu lassen, mit dem Interesse der Gesellschaft ab, sich mit der auf längere Sicht unvermeidlichen Kündigung eines Geschäftsführers nicht selbst ein Ende zu setzen, so wird man zwar dem Interesse der Gesellschaft den Vorrang zubilligen müssen. Doch steht der Umstand, daß sie zunächst deshalb nicht kündigt, weil sie den Geschäftsführer immerhin noch braucht, einer Hemmung der Zwei-Wochen-Frist grundsätzlich entgegen. In gewissen Fällen wird man mit dem Grundsatz helfen können, daß bei einem sich länger hinziehenden, immer wieder in Erscheinung tretenden vertragswidrigen Verhalten die Frist auch dann eingehalten ist, wenn während der letzten beiden Wochen vor der Kündigung dem Dienstberechtigten Vorfälle bekannt geworden sind, die ein weiteres und letztes Glied der Ereignisse bildeten, die zum Anlaß der Kündigung genommen wurden (vgl. BGH GmbH-Rdsch. 1975 200, 201; BAG 24 383). Insbesondere kommt es in einer derartigen Situation nicht selten dazu, daß die Kreditgeber der Gesellschaft eine Sanierung gegenüber den Gesellschaftern davon abhängig machen, daß der Geschäftsführer entlassen und ein anderer berufen wird. Beruht dies darauf, daß der Geschäftsführer zuvor grobe Pflichtwidrigkeiten begangen hat oder daß sich seine mangelnde Eignung zur Ausübung des Amtes herausgestellt hat, so liegt in einem entsprechenden Ansinnen der Kreditgeber ein neues Ereignis, das sich der Geschäftsführer selbst zuzuschreiben hat, und das daher als solches im Zusammenhang mit seinem Vorverhalten einen wichtigen Grund zu seiner Entlassung begründen kann. Wird die Rechtzeitigkeit der Kündigung bestritten, so muß die Gesellschaft 65 darlegen und beweisen, daß sie erst innerhalb der Zwei-Wochen-Frist Kenntnis von den Kündigungsgründen erlangt hat (BAG 24 383).
VIII. Folgen der umstrittenen Abberufung aus wichtigem Grund 1. Bei der Abberufung nach § 84 Abs. 3 AktG in mitbestimmten Gesellschaften In mitbestimmten Gesellschaften ist § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG entsprechend anwend- 66 bar: Vorausgesetzt, es liegt überhaupt ein gültiger Aufsichtsratsbeschluß vor (Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 84, 74), ist der Widerruf wirksam, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig festgestellt ist. Das Recht zum Widerruf gibt dem (121)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Aufsichtsrat weder ein Recht zu einer vorläufigen Suspendierung der Bestellung (vgl. im einzelnen Mertens Kölner KommAktG § 84, 75; im Ergebnis ähnlich Hefermehl aaO 62) noch das Recht zur Einschränkung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis. Steht ihm nach der Satzung das Recht zum Erlaß einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer zu, so ist es ihm allerdings unbenommen, geschäftsordnungsmäßige Konsequenzen zu ziehen. Bei rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit der Abberufung ist der Geschäftsführer bis zum Ablauf der Bestellungsdauer, die durch den Prozeß nicht unterbrochen wird, wieder im Amt. Doch erscheint dies schon wegen der üblichen Länge entsprechender Prozesse als eine rein theoretische Konsequenz; im übrigen ist es der Gesellschaft faktisch auch unbenommen, ihn sofort wieder abzuberufen. Der Sache nach erlaubt § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG also dem Aufsichtsrat die jederzeitige Abberufung eines Geschäftsführers mit der Konsequenz, daß bei fehlendem wichtigem Grund die Geschäftsführervergütung bis zum Ende der Bestellungsdauer fortzuzahlen ist (dazu im einzelnen Hefermehl aaO 74ff.; Mertens aaO 73). Der unberechtigte Widerruf wird aber durchweg die verantwortlichen Aufsichtsratsmitglieder zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichten. 2. Bei der Abberufung nach Abs. 2 67
Eine entsprechende Anwendung von § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG wird von Baumhach-Hueck 2 B; Scholz 18 — von diesem aber nur für den Fall, daß dem Abberufenen kein Sonderrecht zusteht, — befürwortet. Die h.M. lehnt sie jedoch ab (Eder GmbHRdsch. 1962 24; Fischer Festschrift Walter Schmidt (1959) S. 121; Peltzer BB 1976 1250; Scholz-Fischer8 8). Sie beruft sich darauf, daß der Widerruf hier typischerweise nicht durch ein Gremium erfolgt, dessen Mitglieder zu sachlicher Entscheidung verpflichtet sind und bei Verletzung dieser Pflicht von der Gesellschaft haftbar gemacht werden können. In diesem Sinne führte etwa Schilling Voraufl. 10 mit Recht aus, die Unabhängigkeit und Sachlichkeit des Aufsichtsrats einer AG könne angesichts der heutigen personalistischen Struktur der GmbH bei der Gesellschafterversammlung nicht vorausgesetzt werden. Hinzu kommt, daß der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer seine Abberufung aus wichtigem Grund durch sein Mitstimmen nicht verhindern dürfe, so daß in vielen Fällen eine verläßliche Entscheidung über den wichtigen Grund erst durch den Richter getroffen werden könne. Da die Beschränkung des Widerrufs auf den wichtigen Grund hauptsächlich bei personalistisch gestalteten Gesellschaften statuiert werde, sei eine Annäherung an die Regelung der Personalgesellschaft, wo die Geschäftsführungsbefugnis nur durch gerichtliche Entscheidung entzogen werden könne, sinnvoller als eine Übernahme der aktienrechtlichen Regelung. Andererseits sind die Vorzüge der aktienrechtlichen Regelung im Hinblick auf Rechtssicherheit und Rechtsklarheit unverkennbar. Daher liegt eine differenzierende Lösung je nach der Struktur der Gesellschaft nahe. Eine solche Lösung hat Fleck GmbH-Rdsch. 1970 226ff. entwickelt. Im Ansatz ist der Betrachtungsweise von Fleck zu folgen. Im einzelnen ergibt sich — zum Teil unter Abweichung von Fleck — folgendes:
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Hat ein Gesellschafter ein nur aus wichtigem Grund entziehbares Sonderrecht auf die Geschäftsführung, so ist die persönliche Verbundenheit des Gesellschafters mit der Gesellschaft und dem Geschäftsführeramt so eng, daß ein Eingriff in diese Rechtsstellung ohne vorherige gerichtliche Wirksamkeitskontrolle nicht in Betracht kommen kann (so auch Fischer aaO; Fleck aaO). Geboten ist eine analoge Anwendung der §§ 117, 127 HGB. Entgegen Fischer aaO kommt diese schon nach geltendem Recht in Betracht (zweifelnd Fleck aaO); denn die Stellung eines solchen Gesellschafters ist mit der eines persönlich haftenden Gesellschafters in einer Personengesellschaft in hohem Maße (122)
Widerruf der Bestellung (Mertens)
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vergleichbar. Bei struktureller Ähnlichkeit zweier Gesellschaftsformen ist eine analoge Übertragung personengesellschaftsrechtlicher Regelungen auf eine Kapitalgesellschaft durchaus möglich und wird in mancher Hinsicht praktiziert. Der RegE 1971 zeigt in seinem § 69 Abs. 5, daß er sowohl in der Methode als in der Sache diese Lösung für angemessen hält. Es handelt sich auch nicht um eine Frage, die unter allgemeineren Gesichtspunkten der Rechtsfortbildungskompetenz der Rechtsprechung entzogen wäre. Verneinte man die analoge Anwendung der §§ 117, 127 HGB, so müßte man einen Schwebezustand annehmen, wie er sich in der O H G ergibt, bei der nach dem Gesellschaftsvertrag die Entziehung der Geschäftsführung durch Gesellschafterbeschluß erfolgt. Der Registerrichter kann die Aufgabe einer definitiven Klärung der Rechtslage nicht bewältigen. Den Beteiligten bleibt in dringenden Fällen nur der Versuch, im Wege der einstweiligen Verfügung eine vorläufige Regelung herbeizuführen. Diese unbefriedigende Situation (dazu im einzelnen Fleck 227) braucht nicht in Kauf genommen zu werden, wenngleich sie immer noch den Vorzug vor der aktienrechtlichen Regelung verdienen würde {Fleck aaO 229). Auch auf die Fälle der Abberufung eines beherrschenden Gesellschafters (zum 69 Begriff vgl. § 35, 82) paßt § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht. Ist ein Mehrheitsgesellschafter zum Geschäftsführer bestellt, so könnte er sich nach wirksamer Abberufung aus einem von der Minderheit behaupteten wichtigen Grund zwar sofort wiederbestellen; denn sein Stimmrecht ist nur für die Abberufung selbst ausgeschlossen (dazu oben Rdn. 22). Die Minderheit könnte ihn aber auch sofort wieder abberufen. Fleck weist aaO 228 darauf hin, daß er sich zweckmäßiger wehren würde, wenn er einen von ihm ausgewählten Fremdgeschäftsführer bestellte. Aber dieser Weg ist nicht immer praktikabel. Letztlich bietet jedenfalls § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG keinen Schlüssel für eine befriedigende Lösung. Völlig unangemessen wäre die Anwendung dieser Vorschrift bei dem zur Hälfte beteiligten Geschäftsführer. Hier könnte der geschäftsführende Gesellschafter mit Hilfe eines formal gültigen Abberufungsbeschlusses von der anderen Seite praktisch auf Dauer ausgeschaltet werden; denn auch nach einer rechtskräftigen Wiedereinsetzung durch das Gericht, die freilich Jahre in Anspruch nehmen kann, wäre die Abberufung aus einem neuen angeblichen Grund wiederholbar. Der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer kann zwar auch den anderen Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund der Behauptung eines wichtigen Grundes abberufen. Das bedeutet aber, daß die Geschäftsführung überhaupt lahmgelegt werden würde, wenn man sich nicht auf einen Dritten einigt, der sie übernimmt. Daß Schadensersatzansprüche wegen unberechtigter Abberufung die Sachlichkeit von Abberufungsbeschlüssen gewährleisten könnten, ist kaum zu erwarten. Würde man das Stimmrecht des abzuberufenden Gesellschafters nur dann als ausgeschlossen ansehen, wenn berechtigte Zweifel an der Ordnungsmäßige« der Geschäftsführung bestünden, so bedeutete das in der Sache bereits einen weitgehenden Verzicht auf die Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG; denn dann müßte doch zunächst ein Gericht klären, ob die Abberufung vorläufig wirksam geworden ist. Auch hier ist daher allein die entsprechende Anwendung der §§ 117, 127 HGB die angemessene Lösung. Dagegen verdient in den Fällen, in denen der Abberufene kein oder nur ein mit 70 Minderheit beteiligter Gesellschafter ist, der kein Sonderrecht auf Geschäftsführung hat, die entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit den Vorzug (Fleck aaO). Hier kann die Gesellschafterversammlung den reibungslosen Fortgang der Geschäftsführung durch Bestellung eines neuen Geschäftsführers gewährleisten. Fleck aaO will § 84 Abs. 3 überdies stets dann anwenden, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers nicht der Gesellschafterversammlung, sondern einem anderen Organ obliegt, da auch dann die Bestellung eines (123)
§38
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
neuen Geschäftsführers gewährleistet sei. Doch kann nicht allein dieser Gesichtspunkt für die entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG maßgeblich sein. Ist in dem über die Abberufung entscheidenden Gremium der abzuberufende beherrschende Gesellschafter von der Abstimmung ausgeschlossen und kann nur deshalb seine erfolgreiche Abberufung Zustandekommen, so stellt die Anwendung des § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG für ihn stets eine untragbare Härte dar. Die Frage, ob sein Stimmrechtsausschluß von entscheidender Bedeutung ist, muß daher als das maßgebliche Abgrenzungskriterium angesehen werden. 71 Im Rahmen der entsprechenden Anwendung von §§ 117, 127 HGB kommen statt der Ausschließung eines Gesellschafters von der Geschäftsführung auch weniger einschneidende Konsequenzen in Betracht wie die Einführung von Gesamtvertretung und Gesamtgeschäftsführung oder die gegenständliche Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis. Vgl. zur Auslegung dieser Vorschriften die Kommentare zum H G B sowie mit umfangr. w. Nachw. Pabst BB 1978 892. 72 Für die Zweimann-Gesellschaft mit Sonderrecht beider Gesellschafter zur Vertretung und zur Geschäftsführung sieht § 69 Abs. 5 RegE 1971 vor, daß den Prozeß nicht die Gesellschaft führt, sondern der Gesellschafter unmittelbar den anderen zu verklagen hat. Diese Regelung ist zwar sachlich wünschenswert, kann aber als Relativierung des Prinzips der juristischen Person nicht durch die Rechtsprechung selbst eingeführt werden. EX. Kündigungsrecht der Gesellschaft im Konkurs- und Vergleichsverfahren 73
Die Konkurs- oder Vergleichseröffnung beendet weder die Anstellungsverträge der Geschäftsführer noch ihre Bestellung. Nur sind ihre Befugnisse ausgeschlossen, soweit die Zuständigkeit des Konkursverwalters reicht. Auf die Anstellungsverträge der Vorstandsmitglieder finden § 22 K O und §§ 50—52 VerglO Anwendung. Der Konkursverwalter (Vergleichsverwalter) und die Geschäftsführer können den Anstellungsvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (vgl. oben Rdn. 15) kündigen. Durch die Kündigung seitens des Verwalters wird die Bestellung der Geschäftsführer nicht berührt. Für ihren Widerruf bleibt das gesellschaftliche Abberufungsorgan zuständig. Durchweg wird aber in der Konkurseröffnung ein wichtiger Grund für die Abberufung zu sehen sein. Der Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz des ihm durch die Aufhebung des Anstellungsvertrages entstandenen Schadens ist eine einfache Konkursforderung. Zu Ruhegehaltsansprüchen des Geschäftsführers im Konkurs der Gesellschaft vgl. § 35, 183.
X . Abberufung des faktischen Geschäftsführers 74
Ein faktischer Geschäftsführer kann jederzeit ohne Kündigung aus seiner tatsächlichen Stellung entfernt werden (vgl. im einzelnen § 35, 61). XI. Amtsniederlegung und Kündigung durch den Geschäftsführer
75
Der Geschäftsführer kann seinerseits aus wichtigem Grund nach Maßgabe des § 626 B G B kündigen und sein Amt niederlegen. Bei Auftragsverhältnissen gilt § 671 BGB. Ein wichtiger Grund nach § 626 B G B kann insbesondere in einer nicht aus seinem Verhalten gerechtfertigten Einengung seiner organschaftlichen Befugnisse oder in einer unwirksamen Kündigung seitens der Gesellschaft liegen. Immer ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn die Gesellschafter oder der Aufsichtsrat von einem Geschäftsführer (124)
Anmeldung der Geschäftsführer (Mertens)
§39
ungesetzliche Handlungen verlangen. Ebenso, wenn die Gesellschafter ohne Benachrichtigung des Geschäftsführers und während seiner Abwesenheit wesentliche Satzungsänderungen oder geschäfdiche Veränderungen vornehmen (RG LZ 1911 301). Mit Auflösung des Anstellungsvertrages endet auch die Organstellung des Geschäftsführers. Legt er sein Amt nieder, ohne zur Kündigung des Anstellungsvertrages berechtigt zu sein, so verletzt er seine Pflicht (Baumbach-Hueck 4; Scholz 20). Die Gesellschaft kann dann ihrerseits den Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Doch ist die Amtsniederlegung — in entsprechender Anwendung des in § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG enthaltenen Rechtsgedankens — selbst stets als wirksam anzusehen (vgl. dazu ausführlich Mertens aaO 80; a.A. die h.L.; vgl. Baumbach-Hueck aaO; Scholz aaO sowie für das Aktienrecht — außer den Nachw. bei Mertens aaO — Hefermehl aaO 103). Auf eine Amtsniederlegung aus wichtigem Grund kann ein Geschäftsführer nicht im 76 voraus verzichten (Baumbach-Hueck aaO). Die Amtsniederlegung kann gegebenenfalls einem anderen Geschäftsführer oder dem besonderen Abberufungsorgan erklärt werden; sonst ist sie gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären (KG JW 1927 1703; Gottschling GmbH-Rdsch. 1957 61). Nach § 62 Abs. 5 RegE soll die Abgabe der Erklärung gegenüber einem Gesellschafter genügen. Diese Vorschrift kann jedoch nicht als Ausdruck der geltenden Rechtslage verstanden werden. Immerhin wird man annehmen können, daß die Erklärung gegenüber einem Gesellschafter genügt, wenn der Geschäftsführer nach Treu und Glauben davon ausgehen kann, daß dieser die anderen Gesellschafter in Kenntnis setzt. Zum Kündigungsrecht des Geschäftsführers im Konkurs- und Vergleichsver- 77 fahren vgl. oben Rdn. 7}. Es ist gegenüber dem Verwalter auszuüben.
§39 Jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift für das Gericht des Sitzes der Gesellschaft beizufügen. Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Gegenstand der Anmeldung 3 1. Änderungen im Personenbestand der Geschäftsführer 3 2. Änderungen in den persönlichen Daten der Geschäftsführer 5 3. Änderungen in der Vertretungsbefugnis 7 (125)
Rdn. II. Pflicht und Befugnis der Geschäftsführer zur Anmeldung 8 III. Anmeldungsverfahren
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IV. Prüfungspflicht des Gerichts
17
V. Wirkung der Eintragung VI. Zeichnung der Unterschrift, Abs. 3
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Anmeldung der Geschäftsführer (Mertens)
§39
ungesetzliche Handlungen verlangen. Ebenso, wenn die Gesellschafter ohne Benachrichtigung des Geschäftsführers und während seiner Abwesenheit wesentliche Satzungsänderungen oder geschäfdiche Veränderungen vornehmen (RG LZ 1911 301). Mit Auflösung des Anstellungsvertrages endet auch die Organstellung des Geschäftsführers. Legt er sein Amt nieder, ohne zur Kündigung des Anstellungsvertrages berechtigt zu sein, so verletzt er seine Pflicht (Baumbach-Hueck 4; Scholz 20). Die Gesellschaft kann dann ihrerseits den Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Doch ist die Amtsniederlegung — in entsprechender Anwendung des in § 84 Abs. 3 Satz 4 AktG enthaltenen Rechtsgedankens — selbst stets als wirksam anzusehen (vgl. dazu ausführlich Mertens aaO 80; a.A. die h.L.; vgl. Baumbach-Hueck aaO; Scholz aaO sowie für das Aktienrecht — außer den Nachw. bei Mertens aaO — Hefermehl aaO 103). Auf eine Amtsniederlegung aus wichtigem Grund kann ein Geschäftsführer nicht im 76 voraus verzichten (Baumbach-Hueck aaO). Die Amtsniederlegung kann gegebenenfalls einem anderen Geschäftsführer oder dem besonderen Abberufungsorgan erklärt werden; sonst ist sie gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären (KG JW 1927 1703; Gottschling GmbH-Rdsch. 1957 61). Nach § 62 Abs. 5 RegE soll die Abgabe der Erklärung gegenüber einem Gesellschafter genügen. Diese Vorschrift kann jedoch nicht als Ausdruck der geltenden Rechtslage verstanden werden. Immerhin wird man annehmen können, daß die Erklärung gegenüber einem Gesellschafter genügt, wenn der Geschäftsführer nach Treu und Glauben davon ausgehen kann, daß dieser die anderen Gesellschafter in Kenntnis setzt. Zum Kündigungsrecht des Geschäftsführers im Konkurs- und Vergleichsver- 77 fahren vgl. oben Rdn. 7}. Es ist gegenüber dem Verwalter auszuüben.
§39 Jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Der Anmeldung sind die Urkunden über die Bestellung der Geschäftsführer oder über die Beendigung der Vertretungsbefugnis in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift für das Gericht des Sitzes der Gesellschaft beizufügen. Die Geschäftsführer haben ihre Unterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Gegenstand der Anmeldung 3 1. Änderungen im Personenbestand der Geschäftsführer 3 2. Änderungen in den persönlichen Daten der Geschäftsführer 5 3. Änderungen in der Vertretungsbefugnis 7 (125)
Rdn. II. Pflicht und Befugnis der Geschäftsführer zur Anmeldung 8 III. Anmeldungsverfahren
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IV. Prüfungspflicht des Gerichts
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V. Wirkung der Eintragung VI. Zeichnung der Unterschrift, Abs. 3
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§39
Schrifttum S. bei § 10; vgl. außerdem Frels, Handelsregisterliche Fragen bei der Vorstandsbestellung, AG 1967 227; Gröger, Die GmbH ohne eingetragenen Geschäftsführer, Rpfl. 1976 286; Kuhn, Die Rechtsprechung des BGH zur GmbH, WM 1976 754, 760. Einleitung 1
§ 39 soll entsprechend § 81 AktG sicherstellen, daß Dritte aus dem Handelsregister über die jeweilig amtierenden Geschäftsführer und ihre Vertretungsbefugnis Aufschluß erhalten können. Im Hinblick auf § 15 HGB ist die Eintragungspflicht auch für die Gesellschaft von Bedeutung. Konstitutive Wirkung hat die Eintragung nicht (vgl. unten Rdn. 19). Die Pflicht zur erstmaligen Anmeldung der Geschäftsführer einer einzutragenden GmbH ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 1. § 39 gilt nur für spätere Änderungen in der Person und der Vertretungsmacht der Geschäftsführer. Zur materiellrechtlichen Bedeutung der Unterzeichnung einer Anmeldung durch einen Mitgesellschafter vgl. BGH WM 1972 1368; BGH WM 1974 177; BGH GmbHRdsch. 1977 103; sie ist für die Mitgesellschafter, soweit die Umstände nichts anderes ergeben, dahin zu verstehen, daß jener das, was er erklärt, auch im Innen Verhältnis billigt; denn er ist nicht verpflichtet, Tatsachen oder deren Veränderungen anzumelden, die mangels seiner Zustimmung nicht eingetreten oder nicht rechtswirksam geworden sind (BGH GmbH-Rdsch. aaO 104). Reform
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Eine Änderung des § 39 ist in der entsprechenden Vorschrift des § 65 RegE 1971 nicht vorgesehen. § 65 Abs. 1 RegE 1971 bestimmt, daß jede Änderung der Vertretung anzumelden und einzutragen ist, nicht nur — wie es in § 39 Abs. 1 heißt — jede Beendigung der Vertretungsmacht. Aber auch § 39 Abs. 1 umfaßt entgegen seinem zu engen Wortlaut nach einhelliger Meinung jede Änderung der Vertretungsmacht (vgl. unten Rdn. 7). § 65 Abs. 2 und 3 RegE 1971 unterscheiden sich vom geltenden Recht der Sache nach nicht. I. Gegenstand der Anmeldung 1. Änderungen im Personenbestand der Geschäftsführer
Jede Änderung des Personenbestandes ist anzumelden. Darunter fällt die Neubestellung eines Geschäftsführers, auch die eines stellvertretenden Geschäftsführers (§44) sowie die eines Notgeschäftsführers (vgl. § 35, 70; Hefermehl Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 85, 15). Fallen Bestellung und Amtsantritt bei einem Geschäftsführer auseinander, so ist der Zeitpunkt des Beginns der Amtszeit anzumelden und einzutragen (Eckardt NJW 1967 369; Frels AG 1967 227; Hefermehl aaO § 84, 21). Die Vertretungsbefugnis ist auch bei einem Alleingesellschafter anzugeben (vgl. § 10, 29; BGHZ 63 261; Kuhn WM 1976 760). Anmeldungspflichtig ist ferner das Ausscheiden eines amtierenden Geschäftsführers, gleich ob infolge Todes, Abberufung, Amtsniederlegung oder Beendigung des Geschäftsführungsvertrages infolge Zeitablaufs. 4 Nicht anzumelden ist, weil es an einer Veränderung des personellen Bestandes fehlt, die Verlängerung des Dienstverhältnisses mit einem amtierenden Geschäftsführer.
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Anmeldung der Geschäftsführer (Mertens)
§39
Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer abberufen wurde, aber vor Anmeldung der Abberufung seine Wiederernennung erfolgt ist (RGZ 68 381, 384; Hefermehl aaO §81, 8; Meyer-Landrut GroßkommAktG § 81, 3). Scheidet ein Geschäftsführer vor seiner Anmeldung wieder aus oder wird die anzumeldende erweiterte Vertretungsmacht eines Geschäftsführers bis zur Anmeldung wieder beschränkt, so besteht insoweit zwar keine Anmeldepflicht der doch sofort wieder zu löschenden Tatsache. Im Hinblick auf § 15 HGB hat die Gesellschaft aber ein Interesse daran, die Bestellung bzw. die Erweiterung der Vertretungsmacht und das Wiederausscheiden bzw. die Rückgängigmachung der Erweiterung eintragen zu lassen {Hefermehl aaO 8; Meyer-Landrut aaO 3). 2. Änderungen in den persönlichen Daten der Geschäftsführer Kraft Gesetzes ist nur der Name des Geschäftsführers eintragungspflichtig. Doch 5 ordnet § 43 Nr. 4 der Handelsregisterverfügung Eintragung der vollen Personalien (Vornamen, Familiennamen, Beruf und Wohnort) an. Titel wie Direktor oder Generaldirektor können in diesem Rahmen eingetragen werden, wenn sie als Berufsbezeichnung zu verstehen sind. Das gleiche gilt für den Professorentitel. Insoweit ist zwar die Eintragung von Änderungen zulässig (KG KGJ 30 B 32), aber nicht erforderlich; denn es geht hier nur um eine einmalige Identifikation. Eine Pflicht zur Anmeldung besteht daher nicht. Anmeldepflichtig ist dagegen die Änderung des Namens eines Geschäftsführers (Baumbach-Hueck 2; Hefermehl aaO 2; Meyer-Landrut aaO 2), zumal diese auch für Abs. 3 relevant ist. Da der Doktortitel Namensbestandteil ist, gilt auch für ihn die Anmeldungspflicht. Nicht anmeldungspflichtig sind die Amtsdauer und die Art der Geschäftsführungs- 6 befugnis eines Geschäftsführers. Der Arbeitsdirektor ist nicht als solcher anzumelden und einzutragen (Lehmann-Heinsius Aktienrecht und Mitbestimmung [1976] S. 40). 3. Änderungen in der Vertretungsbefugnis Anzumelden ist jede Änderung in der Vertretungsbefugnis (allg. M.); der Gesetzes- 7 Wortlaut, der nur von der Beendigung der Vertretungsmacht spricht, ist überholt (vgl.
auch § 43 Nr. 6 e Handelsregisterverfügung, in der bereits der heutigen Rechtslage Rechnung getragen ist). Bei einer Änderung der Vertretungsbefugnis durch Satzungsänderung genügt deren Anmeldung (§ 54). Für die Art der Anmeldung gilt die sogenannte generell-konkrete Eintragungsmethode; vgl. § 10, 28 m. w. Nachw. Nicht einzutragen ist die Ermächtigung eines gesamtvertretungsbefugten Geschäftsführers zur Einzelvertretung, da sie sich nur auf die Vornahme bestimmter Geschäfte oder Arten von Geschäften bezieht ( H e f e r m e h l aaO 7; Meyer-Landrut aaO 1).
II. Pflicht und Befugnis der Geschäftsführer zur Anmeldung Die Anmeldung obliegt der Gesellschaft und damit ihren Geschäftsführern. Es 8 handelt sich um einen Vertretungsakt, für den grundsätzlich auch die unechte Gesamtvertretung ausreicht (vgl. § 35, 251). Hingegen sind Prokuristen oder Generalbevollmächtigte nicht zur Anmeldung berechtigt. Die Geschäftsführer brauchen die Anmeldung aber nicht in Person vorzunehmen. Sie können sich durch eine mit einer öffentlichen Vollmacht (§ 12 Abs. 2 Satz 1 HGB) versehene Person vertreten lassen (KG JW 1932 2626). (127)
§39
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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Ein neu bestellter Geschäftsführer kann seine Bestellung selbst (mit)anmelden; denn die Wirksamkeit seiner Bestellung ist von der Eintragung unabhängig (§ 35, 42).
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Scheidet ein amtierender Geschäftsführer aus, so ist er zur Anmeldung nicht mehr befugt, weil er mit dem Ausscheiden seine Geschäftsführereigenschaft schon verloren hat (KG KGJ 16 26; KG JW 1927 1703; BayOLGZ 23 172; Scholz 5). Der Geschäftsführer kann aber mit der Maßgabe ausscheiden, daß er sein Amt erst mit der Eintragung in das Handelsregister aufgibt (KG JW 1927 1703; Baumbach-Hueck 2 B; Gröger Rpfl. 1976 288). In diesem Fall ist er noch zur Anmeldung des Ausscheidens berechtigt. Sind infolge des Ausscheidens eines Geschäftsführers die restlichen nicht mehr vertretungsbefugt, so muß für den Ausgeschiedenen zunächst ein neuer Geschäftsführer bestellt werden; in dringenden Fällen kommt die Bestellung eines Notgeschäftsführers in Betracht, der die Anzeige der Änderung vornehmen kann (§ 35, 63 ff.).
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Eine Satzungsänderung, die die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer betrifft, muß von der nach der bisherigen Satzungslage erforderlichen Zahl von Geschäftsführern angemeldet werden; denn die Satzungsänderung wird gemäß § 54 Abs. 3 erst mit der Eintragung wirksam. Das gilt auch für den Fall, daß zugleich mit der Satzungsänderung ein neuer Geschäftsführer angemeldet wird. Sah die alte Satzung mehrere gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer vor und führt die Satzungsänderung einen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer ein, so genügt es nicht, wenn die Satzungsänderung von diesem und einem der früheren gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer angemeldet wird; denn diese haben keine gemeinschaftliche Vertretungsmacht (Hefermehl aaO 11; Schlegelberger-Quassowski AktG aaO § 73, 3; abweichend Meyer-Landrut aaO 4). Zweckmäßigerweise müssen hier die bisher amtierenden Geschäftsführer die Satzungsänderung und ihr eigenes Ausscheiden mit der Maßgabe anmelden, daß letzteres erst mit Eingang der Anmeldung wirksam wird.
Ein ausgeschiedener Geschäftsführer hat einen einklagbaren Anspruch gegen die Gesellschaft darauf, daß sie die Anmeldung seines Auscheidens vornimmt. Die Vollstreckung eines entsprechenden Urteils erfolgt nach § 894 Abs. 1 ZPO. 13 Der Grund des Ausscheidens ist im Handelsregister nicht anzugeben. Wird jedoch in der Anmeldung ein unzutreffender Grund genannt, so kann der Ausgeschiedene gegen die Gesellschaft auf Berichtigung klagen (OLG Frankfurt JW 1930 2983).
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III. Anmeldungsverfahren Neben Abs. 2 gilt für das Anmeldungsverfahren § 12 HGB. Nach dieser Vorschrift sind die Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sowie die zur Aufbewahrung bei Gericht bestimmen Zeichnungen von Unterschriften in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Der gleichen Form unterliegt eine Vollmacht zur Anmeldung. Rechtsnachfolger eines Beteiligten haben die Rechtsnachfolge soweit tunlich durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. 15 Nach Abs. 2 sind Urkunden über die Bestellung von Geschäftsführern oder über die Änderung der Vertretungsbefugnis (vgl. oben Rdn. 7) in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift beim Registergericht einzureichen. Die Urschrift selbst braucht nicht öffentlich beglaubigt zu sein (KG KGJ 35 A 157). Zuständig ist das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft; die Einreichung bei dem Gericht einer Zweigniederlassung reicht nicht aus. Die Urkunde muß die Änderung so bezeugen, daß eine Nachprüfung
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Anmeldung der Geschäftsführer (Mertens)
§39
ihrer Richtigkeit möglich ist. Bei Rechtsänderungen aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen wird regelmäßig die Vorlage des Beschlußprotokolls erforderlich sein (vgl. KG OLG Rspr. 42 215 Fn. 1 b; OLG Dresden BauersZ 25 168). Als Urkunden, die das Ausscheiden eines Geschäftsführers bezeugen, kommen etwa das Kündigungsschreiben, das Protokoll des Abberufungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung, im Falle des Todes des Geschäftsführers die Sterbeurkunde, bei Ausscheiden infolge Ablaufs der im Anstellungsvertrag vorgesehenen Dauer der Bestellung auch der Anstellungsvertrag selbst in Betracht. Bei der Bestellung eines Ausländers zum Geschäftsführer (vgl. dazu § 35, 29; § 6, 16 7) bedarf es nicht der Einreichung der Aufenthaltsgenehmigung (so aber LG Köln RPfleger 1976 313f.); denn das Registergericht hat weder gewerbepolizeiliche noch ausländerrechtliche Erfordernisse nachzuprüfen (vgl. Bartel BB 1977 571 m. w. Nachw.; OLG Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1978 110; OLG Frankfurt DB 1977 817). Hat allerdings das Registergericht konkrete Anhaltspunkte dafür, daß die Geschäftsführerbestellung eine Umgehung des Ausländergesetzes oder bestimmter gewerbepolizeilicher Erfordernisse bezweckt, so muß die Gesellschaft diese Bedenken ausräumen. Die Ausländereigenschaft als solche braucht den Registerrichter aber noch nicht zu Ermittlungen zu veranlassen (Bartel aaO 575; vgl. auch OLG Frankfurt aaO).
IV. Prüfungspflicht des Gerichts Zum Eintragungsverfahren vgl. § 10, 19ff. Die Kosten der Eintragung fallen der 17 Gesellschaft zur Last, nicht dem Geschäftsführer (KG KGJ 34 B 9). Das Gericht ist berechtigt und verpflichtet, die eingereichten Urkunden daraufhin 18 zu überprüfen, ob sie die Eintragung rechtfertigen (vgl. dazu im einzelnen § 10, 4ff.). Enthält der Gesellschaftsvertrag die Regelung, daß eine Abberufung von Geschäftsführern nur aus wichtigem Grund zulässig sein soll (§ 38 Abs. 2), so darf und muß auch der Registerrichter diese Voraussetzung prüfen (KG JW 1937 549; dagegen BaumbachHueck § 38 2 E, § 39 3; Brodmann 4; Scholz 8; Vogel 7; vgl. auch Gröger RPfl. 1976 288). Allerdings kann es nicht Aufgabe des Registerrichters sein, hier in eine erschöpfende Nachprüfung einzutreten, zumal ihm die Möglichkeit fehlt, der Frage, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, in kontradiktorischer Verhandlung erschöpfend nachzugehen. Die endgültige Entscheidung liegt beim ordentlichen Gericht. Der Überprüfung bedarf es nicht mehr, wenn sich der Geschäftsführer mit der Abberufung einverstanden erklärt hat; denn dann kommt es auf das Vorliegen des wichtigen Grundes nicht mehr an.
V. Wirkung der Eintragung Abgesehen von der Satzungsänderung, die gemäß § 54 Abs. 3 mit der Eintragung in 19 das Handelsregister wirksam wird, wirkt eine nach § 39 einzutragende Änderung nicht konstitutiv (Baumbach-Hueck 2 C; Kuhn WM 1976 760; Scholz-Fischer8 2), sondern hat nur rechtsbekundende Funktion (vgl. dazu im einzelnen die Kommentierungen zu § 15 HGB; siehe auch § 10, 44ff.).
VI. Zeichnung der Unterschrift, Abs. 3 Vgl. dazu § 8, 27ff. (129)
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§40
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung §40
Alljährlich im Monat Januar haben die Geschäftsführer eine von ihnen unterschriebene Liste der Gesellschafter, aus welcher Name, Vorname, Stand und Wohnort der letzteren sowie ihre Stammeinlagen zu entnehmen sind, zum Handelsregister einzureichen. Sind seit Einreichung der letzten Liste Veränderungen hinsichtlich der Person der Gesellschafter und des Umfangs ihrer Beteiligung nicht eingetreten, so genügt die Einreichung einer entsprechenden Erklärung. Ubersicht Rdn.
Rdn.
Einleitung
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Reform
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1. Einreichungspflicht
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2. Inhalt der Liste 8 3. Öffentlichkeit der Gesellschafterliste 10 4. Materiell-rechtliche Bedeutung der Vorschrift? 11
Einleitung 1
Aus den Registerakten soll ersichtlich sein, wer mit welcher Anteilsberechtigung Gesellschafter der GmbH ist. Bei Gründung der GmbH ist daher nach § 8 Nr. 3 der Anmeldung eine Liste der Gesellschafter beizufügen, die deren Namen, Vornamen, Stand, Wohnort sowie den Betrag der von jedem übernommenen Stammeinlage ausweist. Die sogenannte Januar-Liste, die § 40 vorschreibt, soll die Angaben der Anmeldungsliste auf dem laufenden halten. Die Liste hat keine konstitutive Bedeutung und keine Rechtsscheinwirkung. Reform
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§ 54 RegE 1971 behält in Absatz 2 die Januar-Liste unverändert bei, sieht aber in Absatz 1 eine Pflicht der Geschäftsführer vor, jeden Wechsel in der Person eines Gesellschafters unverzüglich zum Handelsregister anzuzeigen und dabei Name, Vorname, Beruf und Wohnort des Erwerbers sowie den Nennbetrag seines Geschäftsanteils anzugeben. 1. Einreichungspflicht
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Die Liste ist — mit dem Stand zum Zeitpunkt ihrer Absendung — im Laufe des Monats Januar, spätestens am 31., erstmals im Jahr nach Anmeldung der Gesellschaft dem Registergericht des Sitzes der Gesellschaft einzureichen, wenn Veränderungen gegenüber dem letzten Stand eingetreten sind. Sonst ist Fehlanzeige zu erstatten. Wird die Liste erst nach dem 31. 1. eingereicht, so ist weiterhin der Stand zu diesem Zeitpunkt anzugeben; doch ist ergänzend auf inzwischen eingetretene Änderungen hinzuweisen. Die Liste muß von einer vertretungsberechtigten Anzahl von Geschäftsführern unterschrieben sein. Unechte Gesamtvertretung (dazu § 35, 251) ist zulässig. Verantwortlich für die Einreichung sind alle Geschäftsführer; dies auch noch im Konkurs der Gesellschaft (KG KGJ 48 134; Scholz 4). 4 Jede Veränderung — auch nur die der Adresse eines Gesellschafters — verpflichtet zur Einreichung einer neuen Liste. Dies gilt insbesondere auch, wenn sich der Umfang der Beteiligung eines Gesellschafters dadurch ändert, daß er einen Geschäftsanteil hinzu(130)
Liste der Gesellschafter (Mertens)
§40
erwirbt oder ganz oder teilweise abtritt. Die Angabe der Veränderung allein genügt nicht. Die Einreichung geschieht durch einfache schriftliche Erklärung, ohne Beglau- 5 bigung. Auch Ubersendung durch die Post ist gestattet. Einzureichen ist beim Registergericht der Hauptniederlassung mit je einer weiteren Liste für jede Zweigniederlassung (§ 13a Abs. 5 HGB). Die Einreichung kann nach § 14 HGB erzwungen werden. Eine unwahre Fehlan- 6 zeige ist keine strafbare Handlung. Der Registerrichter hat lediglich die Einreichung der Liste zu kontrollieren. Eine 7 sachliche Prüfung braucht er ohne besonderen Anlaß nicht vorzunehmen. Er kann nicht den Nachweis der Übertragung der Geschäftsanteile auf die als Rechtsnachfolger früherer Gesellschafter erscheinenden Personen oder der Zustimmung der Gesellschaft hierzu fordern. Drängen sich ihm aber Zweifel an der Richtigkeit der Liste auf, so kann er ihnen nachgehen und die zur Behebung seiner Zweifel erforderlichen Unterlagen verlangen. Ist die eingereichte Liste unrichtig, so kann er die Einreichung einer richtigen Liste nach § 14 HGB erzwingen. 2. Inhalt der Liste Vgl. dazu § 8, 7 ff. Mehrere Geschäftsanteile eines Gesellschafters sind besonders 8 anzugeben; denn nicht die Höhe der Gesamtbeteiligung, sondern die Stammeinlagen sollen ersichtlich sein. Zu berücksichtigen sind nur diejenigen Gesellschafter, die der Gesellschaft gegenüber nach § 16 als solche gelten. Bei Teilung des Geschäftsanteils kann in der Einreichung der Mitgliederliste nicht die nach § 17 erforderliche Genehmigung erblickt werden. Anteile der Gesellschaft sind als eigene Anteile zu bezeichnen. Abgesehen von dem in 9 § 33 geregelten Erwerb eigener Anteile kann der Gesellschaft ein Geschäftsanteil zufallen: Bei Unverkäuflichkeit in den Fällen der §§ 23 und 27 und bei Neubildung eines Geschäftsanteils, sei es, daß dieser bei der Gründung oder Kapitalerhöhung nicht entstanden ist, sei es, daß er durch Ausschluß der Vererblichkeit oder durch Einziehung untergegangen ist. Er kann dann durch Gesellschafterbeschluß neu gebildet werden und steht von dann ab der Gesellschaft zu, bis diese ihn etwa weiterveräußert. Vor dem Neubildungsbeschluß existiert der Geschäftsanteil nicht. Es ist aber die Stammeinlage in der Liste aufzuführen mit dem Vermerk: nicht übernommen (wenn bei Gründung oder Kapitalerhöhung die Beitrittserklärung ungültig ist), eingezogen (wenn der Gesellschafter gestorben und die Vererblichkeit ausgeschlossen ist oder bei Einziehung nach § 34, ferner bei Ausschließung oder Austritt und bei Einziehung im Wege der Kapitalherabsetzung). Der Fall einer freien Stelle des Stammkapitals, eines niemand gehörenden, aber noch bestehenden Geschäftsanteils tritt ein in der Zeit zwischen Kaduzierung und Erwerb durch den Rechtsvorgänger nach § 22 Abs. 4 oder durch einen Ersteigerer nach § 23. Die Stammeinlage ist hier mit dem Vermerk: kaduziert zu versehen. Der Name des bisherigen Gesellschafters ist mit dem Kaduzierungsvermerk anzugeben (Scholz 3). Stellt ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil nach § 27 zur Verfügung, so bleibt er noch Mitglied und ist anzugeben, wegen der veränderten Haftungsverhältnisse aber mit dem Vermerk: nach § 27 zur Verfügung gestellt (abweichend Scholz 3). 3. Öffentlichkeit der Gesellschafterliste Die Liste wird bei den Registerakten aufbewahrt; sie wird nicht in das Handels- 10 register eingetragen und nicht veröffentlicht. Doch ist die Einsicht jedem gestattet. Wer (131)
§40
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
ein berechtigtes Interesse hat, kann eine Abschrift, auch eine beglaubigte Abschrift, fordern (§ 9 HGB). Die eingereichte Liste genießt keinen öffentlichen Glauben. Die Vorschrift des § 15 HGB ist nicht anwendbar. Die Liste hat auch keine konstitutive Bedeutung. Lädt ein Gesellschafter zu einer Versammlung der Gesellschafter (§ 50 Abs. 3), so sind die von ihm aufgrund der Liste geladenen Personen nicht stimmberechtigt, wenn sie nicht mehr Gesellschafter sind. 4. Materiell-rechtliche Bedeutung der Vorschrift? 11
Das Gesetz kennt keinen Anspruch eines Gesellschafters auf Aufnahme in die Liste.. Ein übergangener Gesellschafter kann nur das Registergericht zum Einschreiten von Amts wegen veranlassen. Im Hinblick darauf, daß es sich um eine Ordnungsvorschrift handelt, die keinen Vertrauenstatbestand schafft, wird durchweg auch angenommen, daß sie kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sei (Brodmann 1; Scholz 5; Vogel 1). Doch hat die Liste einen gläubigerschützenden Publizitätszweck. Daher erscheint es angebracht, daß ein Gläubiger, dem infolge einer unrichtigen Liste ein Schaden entsteht, nach § 823 Abs. 2 BGB deswegen gegen die verantwortlichen Geschäftsführer und die für sie haftende Gesellschaft vorgehen kann (vgl. grundsätzlich auch § 9, 35ff., 40).
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Buchführung und Bilanz (Goerdeler)
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Vorbemerkungen zu §§ 41, 42 und 42 a Übersicht Rdn.
Rdn. I. Überblick über die für die GmbH geltenden Rechnungslegungsvorschriften A. Allgemeines B . Gesetzliche Sonderregelungen II. Die einschlägigen Buchführungsvorschriften Schrifttum 1. Vorschriften des H G B ( S S 38—47b) 2. Vorschriften des StGB (SS 2 8 3 - 2 8 3 b) 3. Vorschriften der A O 1977 ( S S 140-148) 4. Sonstige Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten 5. Richtlinien für die Buchführungsorganisation a) Richtlinien von 1937
b) Industriekontenrahmen 1 5 17 18 19 20 21 22
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III. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 25 IV. Handelsbilanz und Steuerbilanz 1. Allgemeines 2. Das Maßgeblichkeitsprinzip 3. Maßgebliches Steuerrecht V. Die organisatorische Gestaltung der Buchführung 1. Buchführungssysteme 2. Buchführungsformen 3. Zu führende Bücher 4. EDV-Buchführung außer Haus 5. Belege, Handelsbücher, Aufzeichnungen, Aufbewahrung, Aufbewahrungsfristen
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I. Überblick über die für die GmbH geltenden Rechnungslegungsvorschriften A. Allgemeines 1. Das GmbH-Gesetz von 1892 hatte die Rechnungslegungsvorschriften entsprechend 1 dem seinerzeitigen Stand des kaufmännischen Rechungswesens und der betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse — ähnlich wie das HGB für die Aktiengesellschaft — auf nur wenige Vorschriften beschränkt; man begnügte sich mit der Festlegung der Buchführungspflicht, mit der Fristenbestimmung für die Aufstellung des Jahresabschlusses, mit einer Publizitätsvorschrift für Banken (die 1976 aufgehobene Vorschrift des § 41 Abs. 4) sowie mit einigen Vorschriften für die Bilanz (§ 42). Im übrigen galten und gelten ergänzend die Vorschriften des HGB (§ 6 HGB; Einl. Rdn. 2; vgl. im übrigen Feine 567 mit Hinweisen auf die ältere Literatur zum Bilanzrecht). Durch das Gesetz über die Prüfung von Jahresabschlüssen vom 3. 6. 1937 (RGBl 607) wurde dann noch § 42 a in das Gesetz eingefügt. 2. In den seit 1892 vergangenen acht Jahrzehnten hat sich das Bild grundlegend 2 geändert. Die Buchführungsvorschriften des HGB (§§ 38ff.) und auch des Steuerrechts (jetzt in der Abgabenordnung 1977) werden immer mehr verfeinert, wobei in den letzten Jahrzehnten insbesondere die Verwendung der elektronischen (automatisierten) Datenverarbeitung für Zwecke des Rechnungswesens eine Anpassung der Rechtsnormen erforderlich machte. Die Betriebswirtschaft hat gegenüber der Jahrhundertwende ihren gesicherten Platz in dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften erreicht und auf das moderne Rechnungswesen im weitesten Sinne, und damit sowohl auf die Buchführung als auch auf die Bilanzierung, erheblichen Einfluß genommen. Dies alles gilt es, heute zu berücksichtigen (vgl. Moxter, Bilanzlehre, 1974; u. Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 4. Aufl. 1976). (133)
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3. Zu den Rechnungslegungsvorschriften sind zunächst die eigentlichen Vorschriften über die Ballführung zu rechnen; diese finden sich — neben § 41 GmbHGesetz — im wesentlichen im HGB und in der Abgabenordnung (AO 1977), aber auch in anderen Gesetzen. Als maßgebliche Buchführungsvorschrift ist § 38 Abs. 1 HGB anzusehen, wonach die Bücher nach den „Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung" (GoB) zu führen sind. Der Begriff bedarf der Auslegung; diese hat nach betriebswirtschaftlichen und juristischen Methoden zu erfolgen (vgl. Leffson, aaO, im Vorwort zur 4. Aufl. sowie S. 1—5; ferner Kruse, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, Rechtsnatur und Bestimmung, 1970). Den in der Praxis häufig auch verwandten Begriff „Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung" wird man als den Teil der GoB anzusehen haben, der sich auf den Jahresabschluß bezieht. Im einzelnen vgl. die Erläuterungen zu § 42. Darüber hinaus können sich aus sonstigen Rechtsvorschriften besondere Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten ergeben, die über die AO 1977 (§ 140) auch zur steuerlichen Pflicht gemacht sind. Die Geschäftsführer einer GmbH, die bestimmte Gewerbe betreiben oder Tätigkeiten ausüben, haben stets sorgfältig zu prüfen, ob sich hieraus auch bestimmte Buchführungs- oder Aufzeichnungspflichten ergeben. Sodann gehören zur Rechnungslegung die eigentlichen Bilanzierungsvorschriften; für die GmbH finden sich diese im GmbH-Gesetz (§ 42) sowie in einer Reihe von Sondergesetzen, z. B. dem sogenannten Publizitätsgesetz vom 15. 8. 1969 (BGBl. I 1189, das für Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung besondere Vorschriften über Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung nebst Geschäftsbericht enthält). Sowohl bei Fragen der Buchführung als auch der Bilanzierung ist zunächst zu prüfen, ob für die GmbH gesetzlich bindende Normen anwendbar sind; soweit dies nicht der Fall ist, greifen die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)" ein. Hierbei ist ein Hauptproblem, ob die Bilanzierungsvorschriften des AktG 1965 für die Nicht-Aktiengesellschaften GoB darstellen (hierzu Literaturangaben bei BaumbachHueck § 42, 1A; vgl. auch § 42 Schrifttum vor Rdn. 18; zur Auswirkung der Aktienrechtsreform auf die GmbH insbesondere: Gutbrod, GmbH Rdsch 1966 80). 4 4. Während das AktG durch die Reformen von 1931, 1937 und 1965 und das HGB durch die Reformen von 1965 und 1976 gerade im Bereich der Rechnungslegungsvorschriften zwischenzeitlich der neuen Entwicklung angepaßt wurden (Anpassung an die Buchführungswirklichkeit, vgl. Wanik, Die Aktiengesellschaft 1975 29), ist es im GmbH-Gesetz bisher zu einer ähnlichen großangelegten Reform, die auch die Rechnungslegungsvorschriften — insbesondere in bezug auf den Jahresabschluß, seine Prüfung und Publizität — nicht gekommen (vgl. Einleitung Rdn. 57); auch die 1977 in der 8. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages in Angriff genommene GmbH-Novelle (Bundesrat Drucksache 404/77; vgl. Deutler GmbH-Rdsch. 1977 75, Immenga BB 1977 957) wird diese Probleme nicht berühren. Eine einschneidende Änderung kann sich durch die Harmonisierung der Rechnungslegung auf Grund von Art. 54 Abs. 3 EG-Vertrag ergeben; die einschlägige 4. EG-Richtlinie ist am 25. 7. 1978 verabschiedet worden (vgl. § 42 Rdn. 3 ff.).
B. Gesetzliche Sonderregelungen In einigen Bereichen ist es im Bereich der Rechnungslegung (einschließlich der Abschlußprüfung) zu gesetzlichen Sonderregelungen gekommen, die auf Unternehmen in der Rechtsform der GmbH Anwendung finden. Es handelt sich im wesentlichen um folgende Gesetze (wegen Prüfungsvorschriften vgl. die Erl. zu § 42 a): (134)
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1. Das Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz = PublG) vom 15. 8. 1969 (BGBl I 1189). Dieses Gesetz regelt die Rechnungslegung, die Abschlußprüfung und die Bekanntmachung der Jahresabschlüsse von sog. Großunternehmen, auf die zwei von drei Merkmalen (5000 Arbeitnehmer / mehr als 125 Mio DM Bilanzsumme / mehr als 250 Mio DM Umsatzerlöse) zutreffen. Es ist auf die GmbH anwendbar (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG). Die formalen Rechnungslegungsvorschriften entsprechen weitgehend den aktienrechtlichen; für die Bewertung gelten vorbehaltlich besonderer gesetzlicher Regelungen die materiellen GoB (vgl. § 5 Abs. 2 PublG). § 11 PublG erweitert die Rechnungslegungspflicht auf Konzerne entsprechend der Größenordnung durch die Aufstellung von Konzernund Teilkonzernabschlüssen. Die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die GmbH werden im Anhang zu § 42 dargestellt (vgl. auch Einl Rdn. 51—56). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42 a Rdn. 7. 2. Das Einführungsgesetz zum Aktiengesetz 1965 (EG AktG) vom 6. 9. 1965 (BGBl 1 1089) enthält in § 28 für zwei Fälle Vorschriften über die Teil-Konzernrechnungslegung einer GmbH. Diese Vorschriften gehen grundsätzlich dem PublG vor (zu Einzelheiten vgl. Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 329 Tz. 49c und § 330 Tz. 8aff.). a) § 28 Abs. 1 EG AktG. Voraussetzung ist, daß in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung einer GmbH mit dem Sitz im Inland stehen und ein einzubeziehendes Konzernunternehmen die Rechtsform der AG oder KGaA hat. Die GmbH hat dann wie eine (Konzern-) Obergesellschaft in der Rechtsform der AG Rechnung zu legen (§ 329 AktG). In diesem Fall sind alle aktienrechtlichen Konzern-Rechnungslegungsvorschriften zu beachten (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl., § 329 Tz. 47). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42a Rdn. 8. b) § 28 Abs. 2 EG AktG. Diese Vorschrift regelt die Verpflichtung einer inländischen GmbH zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses, wenn zum Konzern Unternehmen in der Rechtsform der AG oder KGaA gehören und im Inland die Verpflichtung zur Aufstellung eines Gesamtkonzernabschlusses weder nach dem AktG noch nach dem PublG besteht (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 330 Tz. 7 und 7a). Auch hier sind die Konzern-Rechnungslegungsschriften des AktG zu beachten. Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42 a Rdn. 9. Wegen der Überscheidung mit dem PublG vgl. § 42 Anhang III Rdn. 22. 3. Das Gesetz über das Kreditwesen (KWG) i. d. F. vom 3. Mai 1976 (BGBl I 1121). Dieses Gesetz gilt für alle Unternehmen — also auch für solche in der Rechtsform der GmbH —, die unter das Kreditwesengesetz fallen. Hieraus ergeben sich Sondervorschriften für die Rechnungslegung (§§ 25ff. KWG); durch § 25 KWG in der jetzigen Fassung wurde § 41 Abs. 4 GmbHG überflüssig. Erläuterungen finden sich in § 41 Rdn. 30ff.. Es sind Formblätter anzuwenden (vgl. § 1 Abs. der VO vom 20.12.1967 i. d. F. vom 27. 5. 1969 BGBl I 444 - abgedruckt in WP-Handbuch 1977 316ff.). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42 a Rdn. 6. 4. Das Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften i. d. F. vom 14. 1. 1970 (BGBl I 127). Die in diesem Gesetz enthaltenen Sondervorschriften betreffen die Rechnungslegung der Kapitalanlagegesellschaft in der Rechtsform der GmbH selbst wie auch die von ihr verwalteten Sondervermögen, für welche jährlich ein gesonderter Rechenschaftsbericht zu erstellen ist (§ 25 des Gesetzes). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42a Rdn. 10. 5. Das Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG) vom 28. 7. 1969 (BGBl. 986) kommt nur zum Zuge, wenn eine in der Bundesrepublik domi(135)
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zilierte G m b H eingeschaltet (z. B. als Repräsentant) ist; die Rechnungslegungsvorschriften betreffen die ausländischen Investmentgesellschaften (§ 4). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42a Rdn. 11. 11 6. Das Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (VAG) vom 6. 6. 1931 (RGBl I 315). Die Rechtsform der GmbH kann im Versicherungsgewerbe nur beschränkt verwandt werden (vgl. § 1 Rdn. 9, 10). Soweit dies der Fall ist, gelten die besonderen Rechnungslegungsvorschriften des V A G (sowohl die allgemeinen als auch die für die jeweilige Versicherungssparte einschlägigen), insbesondere §§ 55ff. VAG. Weiterhin sind Formblätter für die Rechnungslegung zu beachten; diese sind mit der V O über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom 1 1 . 7 . 1973 erlassen (BGBl I 1209 geändert durch V O vom 20. 12. 1974, B G B l I 3741, und vom 16. 8. 1976, B G B l I 2388). Besondere Beachtung verdient bei dieser Materie, ob etwa die jeweiligen Vorschriften nur für Versicherungs-Aktiengesellschaften gelten (z. B. § 56 Abs. 2 Satz 1 sowie § 56a VAG). 12
Für Bausparkassen gilt das besondere Gesetz über Bausparkassen (BSG vom 16. 11. 1972) (BGBl I 2097) nebst Änderungen (in Kraft seit 1 . 1 . 1973). Danach können private Bausparkassen nur noch in der Rechtsform der AG betrieben werden (§ 2 Abs. 1 BSG). Bei Inkrafttreten des B S G bestehende Bausparkassen in der Rechtsfoim der G m b H können jedoch weiter betrieben werden ( § 1 8 Abs. 2 BSG); diese haben — wie solche in der Rechtsform der A G — auf Grund der Formblatt V O vom 1. 4. 1975 (BGBl I, 831, abgedruckt in WP-Handbuch 1977 383) nach dem der V O anliegenden Muster 1 Rechnung zu legen. Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. 42 a Rdn. 12. 13 7. Das Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung (KapErhG) vom 23. 12. 1959 (BGBl I 789). Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen für die Umwandlung von bestimmten Rücklagen in Stammkapital; hierzu gehört insbesondere die Vorlage einer geprüften Jahresbilanz bzw. Zwischenbilanz beim Registergericht (§§ 3, 4, 5 und 7 KapErhG). Einzelheiten werden bei den §§ 53 und 55 erläutert; wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42a Rdn. 13. 14 8. Das Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. Februar 1940 (RGBl III 2 3 3 0 - 2 3 3 8 ) regelt die als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen; sie müssen die Rechtsform der juristischen Person haben, so daß auch eine GmbH in Betracht kommt. Nach § 26 WGG unterliegen die Unternehmen einer besonderen Prüfung und Aufsicht, nach § 23 der Durchführungsverordnung (WGGDV) in der Bekanntmachung vom 27. November 1969 (BGBl I 2142) haben die Unternehmen ihr Rechnungswesen nach besonderen Richtlinien zu führen, die der Spitzenverband mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde aufstellt. Der Spitzenverband hat dementsprechend Formblätter vorgeschrieben (abgedruckt in WPHandbuch 1977 467ff.). Die für Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der A G , K G a A und Genossenschaft zwischenzeitlich erlassenen Formblätter (VO vom 22. 9. 1970 B G B l I 1334) können jedoch auch von Wohnungsunternehmen in der Rechtsform der G m b H angewandt werden (WP-Handbuch 1977 479). Die Unternehmen müssen neben dem Jahresabschluß auch einen Geschäftsbericht erstellen. Wegen der Prüfung vgl. § 42 a Rdn. 14. 15
9. Das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 (BGBl I 1294) ist in Ausführung vom Urhebergesetz von 1965 ergangen. Die Wahrnehmung von Urheberrechten wird von einer Erlaubnis seitens des Patentamts abhängig gemacht; auch juristische Personen kommen als wahrnehmende „Verwertungsgesellschaft" in Betracht, damit auch die G m b H . § 9 des Gesetzes enthält Bestimmungen über die Rechnungslegung und Prüfung, die Erstellung eines Geschäftsberichts und die Veröffentlichung des Jahresabschlusses (Kom(136)
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mentar: Fromm-Nordemann, Urheberrecht, 3. Aufl. 1973). Wegen der Prüfung vgl. § 42 a Rdn. 15. 10. Besondere Rechnungslegungs- und Prüfungsvorschriften sind ggf. dann zu 16 beachten, wenn die GmbH zum Bereich der öffentlichen Wirtschaft zu rechnen ist (vgl. WP-Handbuch 1977 127ff.). So ist z. B. bei einem Unternehmen (auch in der Rechtsform der GmbH), an dem der Bund beteiligt ist, der Jahresabschluß nach den aktienrechtlichen Vorschriften aufzustellen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen (§ 65 Abs. 1 Nr. 4 Bundeshaushaltsordnung). Wegen der Prüfungsvorschriften vgl. § 42a Rdn. 16. 11. Die einschlägigen Buchführungsvorschriften
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Die ab 1. 1. 1977 gültigen Buchführungsvorschriften des HGB und der AO haben den unten abgedruckten Wortlaut; hierbei sind die durch das Gesetz zur Änderung des HGB und der AO vom 2. 8. 1965 (BGBl I 665), durch das Erste Wirtschaftskriminalitätsgesetz vom 29. 7. 1976 (BGBl 12034) und das Einführungsgesetz zur AO 1977 vom 14. 12. 1976 (BGBl I 3341) eingetretenen Änderungen berücksichtigt; die ab 1. 1. 1977 gültigen Vorschriften sind teilweise auf Grund der angegebenen Änderungsgesetze schon vorher in Kraft getreten. Vorweg ist zu bemerken, daß durch die HGB-Änderungen 1965 und insbesondere 1976 (einschließlich der AO 1977) die früheren Buchführungsvorschriften an moderne Erfordernisse und den Stand der Technologie der Organisationsmittel (Datenträger) angepaßt werden sollten; dabei sind die gesetzlichen Formulierungen so gestaltet, daß sich künftig auf ihnen ein schlüssiges internes Kontrollgefüge aufbauen läßt unabhängig vom Stand der Technologie (vgl. § 44 Abs. 3 und § 47a HGB). Schrifttum
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1. Zur Gesetzgebung des Jahres 1976: Wanik, Die Buchführungsvorschriften des Handelsgesetzbuches in der Diskussion, Die AG 1975 29ff. und 62ff.; Offerhaus, Zur bevorstehenden Änderung handelsrechtlicher Buchführungsvorschriften, BB 1976 373ff.; Offerhaus, Die neuen handelsrechdichen Buchführungsvorschriften, BB 1976 1622ff.; Biener, Die Neufassung handelsrechtlicher Buchführungsvorschriften, DB 1977 527 ff.. 2. Im übrigen: a) Kommentare zum HGB §§ 38ff.: Düringer-Hachenburg- 19 Lehmann 3. Aufl. 1930/35; Brüggemann in Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 3. Aufl. 1967; Schlegelherger-Hildebrandt-Steckhan, HGB, Bd. 1 §§ l - 4 7 a , 5. Aufl. 1973; Baumbach-Duden, HGB, 22. Aufl. 1977; Adler-Düring-Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. Bd. 1: 1968; Bd. 2: 1971; Bd. 3: 1972. b) Einzeldarstellungen: Brönner, Die Bilanz nach Handels- und Steuerrecht, 8. Aufl. 1971; Bühler-Scherpf Bilanz und Steuer, 7. Aufl. 1971 - neu bearbeitet; Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 4. Aufl. 1976; Kruse, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, Rechtsnatur und Bestimmung, 1970; Moxter, Bilanzlehre 1974; van der Velde, Zur Kritik an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung, DB 1956 804. c) Buchführung und Datenverarbeitung: Nagel, Ordnungsmäßigkeit der Speicherbuchführung, 1977; Stehle-Hollaender, Ordnungsmäßigkeit der Buchführung außer Haus, 1. Aufl. 1977; Grau, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) bei integrierter Datenverarbeitung und ihre Prüfung. DB 1976 1165 ff. und 1245ff.; Lindemann-Nagel, Der Einfluß der EDV auf die Rechnungslegung, IBM-Beiträge zur Datenverarbeitung, Methoden und Techniken 3,1973; Minz, Computergestützte Buchfüh(137)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
rungssysteme und Jahresabschlußprüfung, WPg 1976 229ff., d) Nachschlagwerke: WPHandbuch 1977; Handbuch der GmbH, 7. Aufl. 1977; Kosiol (Hrsg.), Handwörterbuch des Rechnungswesens, 1970. 1. Die Vorschriften des Handelsgesetzbuches § 38 HGB (1) Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. (2) Er ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten. § 39 HGB (1) Jeder Kaufmann hat bei dem Beginne seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes und seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen, dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände anzugeben und einen das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellenden Abschluß zu machen. (2) Er hat demnächst für den Schluß eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar und eine solche Bilanz aufzustellen; die Dauer des Geschäftsjahrs darf zwölf Monate nicht überschreiten. Die Aufstellung des Inventars und der Bilanz ist innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu bewirken. (2 a) bei der Aufstellung des Inventars darf der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch mit Hilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden auf Grund von Stichproben ermittelt werden. Das Verfahren muß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Der Aussagewert des auf diese Weise aufgestellten Inventars muß dem Aussagewert eines auf Grund einer körperlichen Bestandsaufnahme aufgestellten Inventars gleichkommen. (3) Bei der Aufstellung des Inventars für den Schluß eines Geschäftsjahrs bedarf es einer körperlichen Bestandsaufnahme der Vermögensgegenstände für diesen Zeitpunkt nicht, soweit durch Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden anderen Verfahrens gesichert ist, daß der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch ohne die körperliche Bestandsaufnahme für diesen Zeitpunkt festgestellt werden kann. (4) In dem Inventar für den Schluß eines Geschäftsjahrs brauchen Vermögensgegenstände nicht verzeichnet zu werden, wenn 1. der Kaufmann ihren Bestand auf Grund einer körperlichen Bestandsaufnahme oder auf Grund eines nach Absatz 3 zulässigen anderen Verfahrens nach Art, Menge und Wert in einem besonderen Inventar verzeichnet hat, das für einen Tag innerhalb der letzten drei Monate vor oder der beiden ersten Monate nach dem Schluß des Geschäftsjahrs aufgestellt ist, und 2. auf Grund des besonderen Inventars durch Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahrens gesichert ist, daß der am Schluß des Geschäftsjahrs vorhandene Bestand der Vermögensgegenständen für diesen Zeitpunkt ordnungsgemäß bewertet werden kann. § 40 HGB (1) Die Bilanz ist in /JeicAiwährung aufzustellen. (2) Bei der Aufstellung des Inventars und der Bilanz sind sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden nach dem Werte anzusetzen, der ihnen in dem Zeitpunkte beizulegen ist, für welchen die Aufstellung stattfindet. (138)
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(3) Zweifelhafte Forderungen sind nach ihrem wahrscheinlichen Werte anzusetzen, uneinbringliche Forderungen abzuschreiben. (4) Soweit dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, können bei der Aufstellung des Inventars und der Bilanz 1. annähernd gleichwertige oder solche gleichartigen Vermögensgegenstände, bei denen nach der Art des Bestandes oder auf Grund sonstiger Umstände ein Durchschnittswert bekannt ist, zu einer G r u p p e zusammengefaßt werden, 2. Gegenstände des Anlagevermögens sowie R o h - , Hilfs- und Betriebsstoffe des Vorratsvermögens mit einer gleichbleibenden Menge und mit einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, wenn ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle drei Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen. § 41 H G B D i e Bilanz ist von dem Kaufmann unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so haben sie alle zu unterzeichnen. § 42 H G B Unberührt bleibt bei einem Unternehmen des Reichs, eines Bundesstaats oder eines inländischen Kommunalverbandes die Befugnis der Verwaltung, die Rechnungsabschlüsse in einer von den Vorschriften der §§ 39 bis 41 abweichenden Weise vorzunehmen. § 43 H G B (1) Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer lebenden Sprache zu bedienen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muß im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. (2) D i e Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden. (3) E i n e Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, daß der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, o b sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind. (4) D i e Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muß insbesondere sichergestellt sein, daß die Daten während der D a u e r der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß. §44 HGB (1) J e d e r Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren: 1. Handelsbücher, Inventare, Bilanzen sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, 2. die empfangenen Handelsbriefe, 3. Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe, 4. Belege f ü r Buchungen, in den von ihm nach § 38 A b s . 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege). (2) Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen. (3) Mit Ausnahme der Bilanz können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die (139)
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Wiedergaben oder die Daten 1. mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, 2. während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Sind Unterlagen auf Grund des § 43 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden. (4) Die in Absatz 1 Nr. 1 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren. (5) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Bilanz festgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt oder der Buchungsbeleg entstanden ist. § 45 HGB (1) Im Laufe eines Rechtsstreits kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Vorlegung der Handelsbücher einer Partei anordnen. (2) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Verpflichtung des Prozeßgegners zur Vorlegung von Urkunden bleiben unberührt. § 46 HGB Werden in einem Rechtsstreite Handelsbücher vorgelegt, so ist von ihrem Inhalte, soweit er den Streitpunkt betrifft, unter Zuziehung der Parteien Einsicht zu nehmen und geeignetenfalls ein Auszug zu fertigen. Der übrige Inhalt der Bücher ist dem Gericht insoweit offenzulegen, als es zur Prüfung ihrer ordnungsmäßigen Führung notwendig ist. § 47 HGB Bei Vermögensauseinandersetzungen, insbesondere in Erbschafts-, Gütergemeinschafts- und Gesellschaftsteilungssachen, kann das Gericht die Vorlegung der Handelsbücher zur Kenntisnahme von ihrem ganzen Inhalt anordnen. § 47a HGB Wer aufzubewahrende Unterlagen nur in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegen kann, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die neuen Unterlagen lesbar zu machen; soweit erforderlich, hat er die Unterlagen auf seine Kosten auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen. § 47 b HGB Für Unternehmer, die nach § 2 verpflichtet sind, die Eintragung ihres Unternehmens in das Handelsregister herbeizuführen, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts schon von dem Zeitpunkt an, in dem diese Verpflichtung entstanden ist.
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2. Die Vorschriften des Strafgesetzbuches Vierundzwanzigster Abschnitt. Konkursstraftaten § 283 StGB Bankrott (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Uberschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Konkurseröffnung zur Konkursmasse (140)
Buchführung und Bilanz (Goerdeler)
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gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht, 2. in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird, 3. Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt, 4. Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt, 5. Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, 6. Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert, 7. entgegen dem Handelsrecht a) Bilanzen so aufstellt, daß die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder b) es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder 8. in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert. (2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Uberschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Wer in den Fällen 1. des Absatzes 1 die Uberschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder 2. des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (5) Wer in den Fällen 1. des Absatzes 1 N r . 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder 2. des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 N r . 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. § 283 a StGB Besonders schwerer Fall des Bankrotts In besonders schweren Fällen des § 283 Abs. 1 bis 3 wird der Bankrott mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. aus Gewinnsucht handelt oder 2. wissentlich viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer ihm anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not bringt. Verletzung der Buchführungspflicht
§ 283 b StGB
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, (141)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
2 . Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung er nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert, 3. entgegen dem Handelsrecht a) Bilanzen so aufstellt, daß die Ubersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder b) es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen. (2) W e r in den Fällen des Absatzes 1 N r . 1 oder 3 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (3) § 283 Abs. 6 gilt entsprechend.
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3. Vorschriften der Abgabenordnung 1977 § 140 A O 77 Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen Wer nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteueruiig von Bedeutung sind, hat die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen.
§ 141 A O 77 Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (1) Gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, die nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb 1. Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nr. 8 und 9 des Umsatzsteuergesetzes, von mehr als 360000 Deutsche Mark im Kalenderjahr oder 2. ein Betriebsvermögen von mehr als 100000 Deutsche Mark oder 3. ein land- und forstwirtschaftliches Vermögen von mehr als 100000 Deutsche Mark oder 4. einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 24000 Deutsche Mark im Wirtschaftsjahr oder 5. einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 15000 Deutsche Mark im Kalenderjahr gehabt haben, sind auch dann verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sich eine Buchführungspflicht nicht aus § 140 ergibt. Die §§ 38 bis 41 des Handelsgesetzbuches gelten entsprechend. Bei Land- und Forstwirten, die nach Nummern 1, 3 oder 5 zur Buchführung verpflichtet sind, braucht sich die Bestandsaufnahme nicht auf das stehende Holz zu erstrecken. (2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat. Die Verpflichtung endet mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahres, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, daß die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht mehr vorliegen. (3) Die Buchführungspflicht geht auf denjenigen über, der den Betrieb im ganzen übernimmt. § 142 A O 77 Ergänzende Vorschriften für Land- und Forstwirte Land- und Forstwirte, die nach § 141 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 5 zur Buchführung verpflichtet sind, haben neben den jährlichen Bestandsaufnahmen und den jährlichen Abschlüssen ein Anbauverzeichnis zu führen. In dem Anbauverzeichnis ist nachzuweisen, mit welchen Fruchtarten die selbstbewirtschafteten Flächen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr bestellt waren. (142)
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§ 143 A O 77 Aufzeichnung des Wareneingangs (1) Gewerbliche Unternehmer müssen den Wareneingang gesondert aufzeichnen. (2) Aufzuzeichnen sind alle Waren einschließlich der Rohstoffe, unfertigen Erzeugnisse, Hilfsstoffe und Zutaten, die der Unternehmer im Rahmen seines Gewerbebetriebes zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch entgeldich oder unentgeltlich, für eigene oder für fremde Rechnung, erwirbt; dies gilt auch dann, wenn die Waren vor der Weiterveräußerung oder dem Verbrauch be- oder verarbeitet werden sollen. Waren, die nach Art des Betriebes üblicherweise für den Betrieb zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch erworben werden, sind auch dann aufzuzeichnen, wenn sie für betriebsfremde Zwecke verwendet werden. (3) Die Aufzeichnungen müssen die folgenden Angaben enthalten: 1. den Tag des Wareneingangs oder das Datum der Rechnung, 2. den Namen oder die Firma und die Anschrift des Lieferers, 3. die handelsübliche Bezeichnung der Ware, 4. den Preis der Ware, 5. einen Hinweis auf den Beleg.
§ 144 A O 77 Aufzeichnung des Warenausgangs (1) Gewerbliche Unternehmer, die nach der Art ihres Geschäftsbetriebes Waren regelmäßig an andere gewerbliche Unternehmer zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoffe liefern, müssen den erkennbar für diese Zwecke bestimmten Warenausgang gesondert aufzeichnen. (2) Aufzuzeichnen sind auch alle Waren, die der Unternehmer 1. auf Rechnung (auf Ziel, Kredit, Abrechnung oder Gegenrechnung), durch Tausch oder unentgeltlich liefert, oder 2. gegen Barzahlung liefert, wenn die Ware wegen der abgenommenen Menge zu einem Preis veräußert wird, der niedriger ist als der übliche Preis für Verbraucher. Dies gilt nicht, wenn die Ware erkennbar nicht zur gewerblichen Weiterverwendung bestimmt ist. (3) Die Aufzeichnungen müssen die folgenden Angaben enthalten: 1. den Tag des Wareneingangs oder das Datum der Rechnung, 2. den Namen oder die Firma und die Anschrift des Abnehmers, 3. die handelsübliche Bezeichnung der Ware, 4. den Preis der Ware, 5. einen Hinweis auf den Beleg. (4) Der Unternehmer muß über jeden Ausgang der in den Absätzen 1 und 2 genannten Waren einen Beleg erteilen, der die in Absatz 3 bezeichneten Angaben sowie seinen Namen oder die Firma und seine Anschrift enthält. Dies gilt insoweit nicht, als auf Grund des § 14 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes für Umsatzsteuerzwecke Erleichterungen gewährt werden. (5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für Land- und Forstwirte, die nach § 141 buchführungspflichtig sind.
§ 145 A O 77 Allgemeine Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen (1) Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Vermögensmasse des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen. (2) Aufzeichnungen sind so vorzunehmen, daß der Zweck, den sie für die Besteuerung erfüllen sollen, erreicht wird. (143)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung § 146 A O 77 Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen
(1) Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden. (2) Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu führen und aufzubewahren. Dies gilt nicht, soweit für Betriebsstätten außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nach dortigem Recht eine Verpflichtung besteht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, und diese Verpflichtung erfüllt wird. In diesem Falle sowie bei Organgesellschaften außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes müssen die Ergebnisse der dortigen Buchführung in die Buchführung des hiesigen Unternehmens übernommen werden, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die steuerrechtlichen Vorschriften im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorzunehmen und kenntlich zu machen. (3) Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache vorzunehmen. Wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Ubersetzungen verlangen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muß im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen. (4) Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, daß der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiß läßt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind. (5) Die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen; bei Aufzeichnungen, die allein nach den Steuergesetzen vorzunehmen sind, bestimmt sich die Zulässigkeit des angewendeten Verfahrens nach dem Zweck, den die Aufzeichnungen für die Besteuerung erfüllen sollen. Bei der Führung der Bücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muß insbesondere sichergestellt sein, daß die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Absätze 1 bis 4 gelten sinngemäß. (6) Die Ordnungsvorschriften gelten auch dann, wenn der Unternehmer Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein. § 147 A O 77 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen (1) Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren: 1. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Bilanzen sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, 2. die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe, 3. Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe, 4. Buchungsbelege, 5. sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. (2) Mit Ausnahme der Bilanz können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, daß die Wiedergabe oder die Daten 1. mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden, 2. während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Sind Unterlagen auf Grund des § 146 Abs. 5 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt der Datenträger die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden. (144)
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(3) Die in Absatz 1 Nr. 1 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht. (4) Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Bilanz festgestellt, der Handelsoder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnungen vorgenommen oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind. (5) Wer aufzubewahrende Unterlagen nur in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegen kann, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen. § 148 A O 77 Bewilligung von Erleichterungen Die Finanzbehörden können für einzelne Fälle oder für bestimmte Gruppen von Fällen Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Erleicherungen nach Satz 1 können rückwirkend bewilligt werden. Die Bewilligung kann widerrufen werden.
4. Sonstige Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten Es besteht daneben eine große Zahl von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen, auf die in § 140 AO verwiesen wird. Durch diese Vorschrift werden somit die sog. außersteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, „die für die Besteuerung von Bedeutung sind" (vgl. hierzu Kühn-Kutter-Hofmann, Komm. A O 1977, § 140 Anm. 1, die dies in der Regel von allen Einzelsteuergesetzen annehmen, während Hübschmann-Hepp-Spitaler, Komm, zur A O und FinGerO § 140 Anm. 7 Gesetze und Rechtsnormen, die Wiederholungen zu handels- und steuerrechtlichen Vorschriften bringen, für steuerlich irrelevant halten), für das Steuerrecht nutzbar gemacht. Im Sinne von § 140 A O kommen zunächst die allgemeinen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handels-, Gesellschafts- und Genossenschaftsrechts in Betracht, sodann fallen unter § 140 AO auch die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für bestimmte Betriebe und Berufe, die sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ergeben. Diese letzteren Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sind fast vollständig in dem Einführungserlaß zur AO 1977 des BdF aufgenommen (BStBl 1976 I 576; ferner Aufzählung bei Solch in RWP 14 D Buchführung II B 2; vgl. auch Baumbach-Duden, 22. Aufl. § 38 Anm. 2 D). Damit sind diese Vorschriften für das Steuerrecht maßgeblich, und ihre Nichterfüllung kann steuerrechtlich nachteilige Folgen auslösen (Baumbach-Duden, 22. Aufl. § 38 Anm. 2B). Die Nichtbeachtung der steuerrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten kann — abgesehen vom Vorliegen einer Steuergefährdung (§ 379 Abs. 1 Nr. 2 AO) — zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzverwaltung (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO) führen; außerdem kann die Erfüllung der Pflichten mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden (§§ 328 ff. AO). Für einzelne Fälle oder Fallgruppen können die Finanzbehörden Erleichterungen bewilligen (§ 148 AO). Diese Erleichterungen haben allerdings keinen Einfluß auf die handelsrechtlichen Buchführungspflichten. (145)
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5. Richtlinien zur Buchführungsorganisation 23
a) Darüber hinaus sind für die Buchführung auch heute noch die Richtlinien zur Organisation der Buchführung im Rahmen eines einheitlichen Rechnungswesens von Bedeutung. Diese wurden am 11. 11. 1937 durch den Reichswirtschaftsminister und den Reichskommissar für Preisbildung erlassen (MinBlfWi 239); sie sind seit 1945 nicht mehr verbindlich, finden aber weitgehend heute noch Beachtung (so Baumbach-Duden, 22. Aufl. § 38 Anm. 5B). Zumindest sind diese Richtlinien bei der Auslegung der formalen GoB für die Praxis nützlich (WP-Handbuch 1977 568), d. h.: werden diese Richtlinien beachtet, so werden in der Regel Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht erhoben werden können. Werden die Richtlinien nicht oder nur teilweise beachtet, so ist andererseits hieraus nicht die Folgerung zu ziehen, daß die Buchführung insgesamt als nicht ordnungsmäßig anzusehen ist (vgl. hierzu Stellungnahme des BWM und des BJM in WPg 1953 566). Die Richtlinien (ohne den hier nicht abgedruckten Kontenrahmen) haben folgenden Wortlaut: I. Grundaufgaben des Rechnungswesens Ein g e o r d n e t e s R e c h n u n g s w e s e n muß alle Geschäftsvorfälle und die mit ihnen verbundenen Mengen- und Wertbewegungen lückenlos erfassen und planmäßig ordnen. Es bietet dadurch eine unerläßliche Voraussetzung für eine Ordnung der Betriebe und der Gesamtwirtschaft sowie für eine dauernde Beobachtung des Betriebszustandes und der Betriebsgebarung. 1. Das R e c h n u n g s w e s e n verfolgt vier G r u n d z w e c k e : a) Ermittlung der Bestände — Vermögens- und Schuldteile — und des Erfolges am Ende des Jahres (Jahresbestands- und Erfolgsrechnung) und während der Betriebsperiode (kurzfristige Erfolgsrechnung), b) Preisbildung, Kostenüberwachung und Preisprüfung (auf der Grundlage der Selbstkosten), c) Überwachung der Betriebsgebarung (Wirtschaftlichkeitsrechnung), d) Disposition und Planung. Betriebliche und gesamtwirtschaftliche Zwecke werden gleichermaßen durch das Rechnungswesen verfolgt. 2. Das betriebliche Rechnungswesen umfaßt alle Verfahren zur ziffernmäßigen Erfassung und Zurechnung der betrieblichen Vorgänge. Es gliedert sich in vier G r u n d f o r m e n : a) Buchführung und Bilanz (Zeitrechnung), b) Selbstkostenrechnung (Kalkulation, Stückrechnung), c) Statistik (Vergleichsrechnung), d) Planung (betriebliche Vorschau-Rechnung). Alle vier Formen besitzen ihre besonderen Verfahren, ihre eigenen Anwendungsgebiete und ihre besondere Erkenntniskraft. Sie stehen aber nicht nebeneinander, sondern hängen eng zusammen und ergänzen einander. 3. Die ursprünglichste und wichtigste Form des Rechnungswesens ist die B u c h f ü h r u n g . Sie ist eine Zeitrechnung und hat den Zweck, Bestände und ihre Veränderung, Aufwände, Leistungen und Erfolge in einem Zeitraum festzustellen. Die w e r t m ä ß i g e Erfassung wird zweckmäßigerweise durch eine m e n g e n m ä ß i g e in Nebenbüchern 1 ) ergänzt werden. 4. Aus dem derzeitigen Stande des Rechnungswesens und aus den Anforderungen, die die gegenwärtige Erzeugungs- und Wirtschaftsweise und nicht zuletzt die gesamtwirtschaftliche Uberwachung an das Rechnungswesen und insbesondere an die Buchführung stellen, ergeben sich bestimmte A n f o r d e r u n g e n an die Organisation der Buchführung. II. Anforderungen an die Organisation der Buchführung 1. Die Buchführung muß im Regelfalle die d o p p e l t e kaufmännische oder eine gleichwertige k a m e r a l i s t i s c h e Buchführung sein. Nur unter besonderen Verhältnissen, vor allem in K l e i n b e t r i e b e n des E i n z e l h a n d e l s und des H a n d w e r k s , ist eine e i n f a c h e Buchführung angängig. (146)
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2. Die Buchführung muß k l a r und ü b e r s i c h t l i c h sein 2 ). V o r g e s c h r i e b e n werden kann nur eine Buchführung, die M i n d e s t a n s p r ü c h e n genügt und auf mittlere Betriebe einer Reichsgruppe bzw. Wirtschaftsgruppe abgestellt ist. Ist ein Betrieb rechnungsmäßig bereits so entwickelt, daß er über Mindestanforderungen hinausgehen will, so muß sein Aufbau der Buchführung die V e r g l e i c h b a r k e i t mit der auf Grund dieser Richtlinien aufgestellten Kontenübersicht seiner Reichsgruppe bzw. Wirtschaftsgruppe in bequemer Weise zulassen. In einem solchen Falle erscheint eine w e i t e r e A u f g l i e d e r u n g der K o n t e n g r u p p e n , die für Vergleichszwecke wiederum ein leichtes Zusammenziehen ermöglicht, am geeignetsten (Grundsatz der weitergehenden Gliederung der Kontengruppen). Jede grundsätzlich andere Organisationsform der Buchführung erscheint weniger geeignet, weil sie die Vergleichbarkeit stört, mag sie als Buchführungsform auch gleichwertig sein. Für K l e i n b e t r i e b e sind die Anforderungen zu ermäßigen, was am besten durch eine Zusammenziehung der Konten erreicht wird. Auch hier muß eine Vergleichbarkeit gegeben sein. Der aufgestellte K o n t e n r a h m e n ist demnach der einheitliche O r g a n i s a t i o n s p l a n der Buchführung für alle Betriebe. 3. Die Buchführung muß Stand und V e r ä n d e r u n g an Vermögen, am Kapital und an Schulden und die A u f w ä n d e , L e i s t u n g e n und E r f o l g e erfassen (Geschäftsbuchführung, häufig auch Finanzbuchführung genannt, und Betriebsbuchführung). 4. Bei getrennten Buchführungen (z. B. Geschäfts- und Betriebsbuchführung, Haupt- und Nebenbuchführung, Zentral- und Filialbuchführung) müssen die einzelnen Teile der Buchführung in einem o r g a n i s c h e n Z u s a m m e n h a n g stehen. 5. Die wichtigste Frage der Organisation der Buchführung ist die K o n t i e r u n g , d.h. die Art und Zahl der Konten. Der Kontierung dient am besten ein K o n t e n p l a n (für den Einzelbetrieb), der dem K o n t e n r a h m e n (der Reichsgruppe bzw. Wirtschaftsgruppe oder Fachgruppe) angepaßt werden muß. 6. Die Kontierung muß eine klare E r f a s s u n g und A b g r e n z u n g der einzelnen Geschäftsvorfälle sowie eine ausreichend tiefe G l i e d e r u n g der Bestands-, Aufwands-, Leistungsund Erfolgsposten ermöglichen. Zusammenziehungen, die eine genügende Einsicht nicht gestatten, sind unzulässig. Für die Gliederung der Konten sind insbesondere die gesetzlichen M i n d e s t a n f o r d e r u n g e n , die B e t r i e b s g r ö ß e und der Gang der Erzeugung bzw. die B e t r i e b s f u n k t i o n maßgebend. 7. Die Führung g e m i s c h t e r , Bestand und Erfolg enthaltender Konten ist möglichst zu vermeiden. 8. Für die G l i e d e r u n g der B i l a n z ist die Anwendung der Vorschriften für die Gliederung der Jahresbilanz (§ 1313 des Aktiengesetzes) mit sinngemäßer Anwendung auch für Nicht-Aktiengesellschaften erwünscht. Weitergehende besondere rechtliche Bestimmungen sind einzuhalten. Für die G e w i n n - und V e r l u s t r e c h n u n g ist die Trennung der betrieblichen Ergebnisse von den außerordentlichen Erträgen im Sinne der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 1324 des Aktiengesetzes) notwendig. 9. Es ist gleichwertig, ob bei Aktiengesellschaften die einzelnen Posten der G e w i n n - und V e r l u s t r e c h n u n g gemäß Aktiengesetz b u c h h a l t e r i s c h oder s t a t i s t i s c h f e s t g e s t e l l t werden. Bei statistischer Feststellung ist aber eine leichte Nachprüfbarkeit der einzelnen Ziffern durch die Buchführung unerläßlich. 10. Die Buchführung muß weiterhin eine ausreichende T r e n n u n g ermöglichen: a) z w i s c h e n J a h r e s - und M o n a t s r e c h n u n g , b) z w i s c h e n k a l k u l i e r b a r e n und nicht k a l k u l i e r b a r e n s o w i e a u ß e r o r d e n t l i c h e n A u f w ä n d e n bzw. E r t r ä g e n . 1 2
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Gemeint sind hier nicht nur gebundene Bücher, sondern auch „lose Blätter" und Karteien. Komplizierte Buchführungen verfehlen in den meisten Fällen ihren Zweck. Solche Buchführungen verbindlich vorschreiben zu wollen, hieße den Stand des betrieblichen Rechnungswesens überschätzen, bzw. ihre Durchführung unmöglich machen. Jetzt §§ 151, 152 AktG 1965 Jetzt §§ 157, 158 AktG 1965 (147)
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3. A b s c h n i t t : Vertretung und Geschäftsführung
11. Die Buchführung hat die A b s t i m m u n g s f u n k t i o n für alle betrieblichen Zahlen und Rechnungsformen zu erfüllen, insbesondere für Kalkulation und Statistik (Kontrollprinzip). 12. Für die einzelnen Buchungen müssen r e c h n u n g s m ä ß i g e B e l e g e vorhanden sein, die geordnet aufzubewahren sind (Belegprinzip). 13. Die Buchführung muß leichte N a c h p r ü f b a r k e i t , im Sinne der vier Grundzwecke des Rechnungswesens (la—d), zulassen. 14. Die Buchführung muß ausreichende V e r g l e i c h s m ö g l i c h k e i t der einzelnen Betriebe und daher eine genügende Analyse der Struktur und der Entwicklung des Kapitals, des Umsatzes, der Kosten und des Erfolges bieten. 15. Eine weitgehende V e r e i n h e i t l i c h u n g der Buchführung ist nicht nur notwendig, sondern auch ohne Beeinträchtigung der Erkenntniskraft der Buchführung und der berechtigten besonderen Betriebsbedürfnisse möglich. Die wichtigsten Bilanz- und Aufwandsposten und sogar Kostenstellengruppen sind allen Betrieben, insbesondere aber allen Betrieben eines Wirtschaftszweiges, gemeinsam. Die Eigenart beruht meistens auf den e i n z e l n e n K o s t e n s t e l l e n und der weiteren oder geringeren G l i e d e r u n g der B e s t a n d s - , A u f w a n d s und E r t r a g s k o n t e n . 16. In der B e t r i e b s b u c h f ü h r u n g der industriellen und sonstigen Betriebe, in denen die Leistungseinheits- oder Abteilungsrechnung von besonderer Bedeutung ist, sind insbesondere mit sinngemäßer Anwendung — Konten der K o s t e n a r t e n , H a l b - , F e r t i g e r z e u g n i s und E r l ö s k o n t e n zu führen. Es ist besonderes Gewicht auf die Kostenarten und Kosten-(Leistungs-)träger (Erzeugnisse) zu legen. Die Kostenstellen (Orte der Kostenentstehung: Abteilungen usw.) in die Buchführung einzugliedern, ist in der Regel nur Betrieben mit gleichartigen Produktionsverhältnissen, die sich der Divisionskalkulation bedienen, zu empfehlen. In den meisten übrigen Fällen ist die Auslassung der Kostenstellen aus der Buchführung und die Aufstellung eines „ B e t r i e b s a b r e c h n u n g s b o g e n s " die bessere Lösung. 17. Der B e t r i e b s a b r e c h n u n g s b o g e n (im Bedarfsfall auch mehrere), der mit sinngemäßer A n w e n d u n g für jede K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g geeignet ist, also n i c h t nur für die Z u s c h l a g k a l k u l a t i o n , sondern auch für die D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n mit Kostenstellenrechnung der Industrie und des Handwerks, für die Abteilungskalkulation des Handels, der Banken und der Versicherungsbetriebe, übernimmt die Zahlen aus der Buchführung, verteilt die Kostenarten nach festgelegten Gesichtspunkten auf die Kostenstellen und führt die umgruppierten Zahlen (über die Verrechnungskonten) zur Belastung der Kosten(Leistungs-)träger wieder in die Buchführung ein. Der Betriebsabrechnungsbogen stellt die V e r b i n d u n g zwischen Buchführung und Kalkulation dar, die auf diese Weise durch die Buchführung stets leicht nachprüfbar ist. Die A n w e n d u n g der vorstehenden Richtlinien stellt der anliegende „ K o n t e n r a h m e n " mit dem „Beispiel eines Kontenplanes für Fertigungsbetriebe" dar. Er ist ein O r g a n i s a t i o n s p l a n der Buchführung und bestimmt n i c h t ihre T e c h n i k , die in völliger Freiheit durchgeführt werden kann.
III. Der Kontenrahmen als Grundlage der Selbstkostenrechnung und Statistik 1. Auf der Grundlage der vereinheitlichten Buchführung ist eine in den Grundsätzen vere i n h e i t l i c h t e S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g aufzubauen. 2. Zur Ergänzung der Buchführung und weiteren Auswertung der Ziffern der Buchführung dient eine v e r e i n h e i t l i c h t e S t a t i s t i k , die bestimmte Betriebsanalysen vorzunehmen und Kennziffern der Vermögensverhältnisse, Umsätze, Bestände, Kosten und Erfolge zu errechnen hat. Diese Ziffern dienen unter entsprechender Auswertung vor allem der Wirtschaftlichkeitsrechnung und dem Betriebs vergleich. Darüber hinaus wird der Betrieb zweckmäßigerweise nach Bedarf weitere Statistiken führen. Ein so aufgebautes R e c h n u n g s w e s e n wird nicht nur für die Allgemeinheit, sondern in erster Linie auch für den Einzelbetrieb von größtem Nutzen sein, weil es ihm die Erkenntnisse vermittelt, die er zur erfolgreichen Führung des Betriebes braucht. (148)
Buchführung und Bilanz (Goerdeler)
Vor § 41
b) Der in dem vorstehenden Erlaß erwähnte Kontenrahmen (auch „Erlaßkonten- 24 rahmen" oder „Einheitskontenrahmen") ist hier nicht abgedruckt. Er ist auch zwischenzeitlich überholt. Zusammengefaßt ist zu der neueren Entwicklung zu sagen: In den Jahren seit Herausgabe des Gemeinschaftskontenrahmens (1937, mit Weiterentwicklung im Jahre 1951) hat sich gezeigt, daß die damals gefundene Lösung den Bedürfnissen kleinerer Unternehmen wegen ihrer Kompliziertheit nicht immer gerecht wurde. Auf der anderen Seite haben sich auch Unternehmen mit sehr entwickelten Rechnungslegungssystemen, die eine weitgehende Abgrenzung zwischen der Geschäftsbuchführung und der Betriebsbuchführung vornehmen, zunehmend von der damaligen Basis entfernt (vgl. dazu Degenhard, WPg 1971 497ff.). Als wünschenswert erwies sich auch eine Harmonisierung mit den Positionen der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, wie sie im Aktiengesetz formuliert sind (§§ 151, 157 AktG). Diesen Erkenntnissen hat der Betriebswirtschaftliche Fachausschuß im Bundesverband der Deutschen Industrie mit der Herausgabe des Industriekontenrahmens im Jahre 1971 Rechnung getragen (Industriekontenrahmen „IKR", 4. Aufl., BergischGladbach 1971). Während der alte Kontenrahmen im wesentlichen dem innerbetrieblichen Leistungsprozeß folgend gegliedert war, steht beim neuen Industriekontenrahmen das Bilanz- oder Abschlußgliederungsprinzip im Vordergrund. Darüber hinaus bietet der Industriekontenrahmen auch die Möglichkeit, im Rahmen der Klasse 9 eine Kostenträger- und Periodenerfolgsrechnung durchzuführen. Dies wird durch Anwendung eines Zweikreissystems erreicht (vgl. dazu auch: Steinbock/Steinte, WPg 1971 417ff; Endres, WPg 1972 145 ff; Angermann, Industrie-Kontenrahmen (IKR) und GemeinschaftsKontenrahmen (GKR) in der Praxis, Berlin 1973; Titze DB 1978 218ff. und 261 ff.). III. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
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Die unter II abgedruckten Vorschriften des HGB und der AO 1977 verweisen immer wieder auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Es ist im Rahmen dieses Kommentars nicht möglich, diese Grundsätze vollständig wiederzugeben, das muß Monographien (z.B. Leffson, GoB, 4. Aufl., Düsseldorf) oder sonstigen Zusammenstellungen (vgl. Kosiol [Hrsg.] Handwörterbuch des Rechnungswesens, Stuttgart 1970) überlassen bleiben. Soweit mit dieser Einschränkung hier eine Darstellung erfolgt, dürfte es im Hinblick auf die unterschiedlichen Funktionen gerechtfertigt sein, eine Einteilung in formale und materielle GoB vorzunehmen (vgl. dazu auch Brönner, Die Bilanz nach Handels- und Steuerrecht, 8. Aufl., S. 8). Als formale GoB werden dabei die organisatorischen Prinzipien der Dokumentation bezeichnet, die als Vorstufe der materiellen unabdingbare Voraussetzung für deren Realisierung sind. Die materiellen GoB betreffen die notwendige Aussagekraft der Buchführung als solche (Richtigkeit und Vollständigkeit), die formalen GoB die Methoden, das Verständnis der Aussagen zu erleichtern (Übersichtlichkeit und Uberprüfbarkeit). Die Grundzüge dieses formalen Teiles sollen unter V (Rdn. 29—32) erörtert werden, während die Behandlung der materiellen Grundsätze der Kommentierung des § 42 vorbehalten bleibt. IV. Handelsbilanz und Steuerbilanz 1. Allgemeines Die GmbH hat sowohl die Rechnungslegungs- und Buchführungsvorschriften des Handelsrechts als auch die des Steuerrechts zu beachten. Die einschlägigen Formalvor(149)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Schriften der AO 1977 sind oben unter II abgedruckt. Darüber hinaus sind für die Bilanzierung im engeren Sinne bei der Aufstellung des Jahresabschlusses nach § 41 Abs. 2 die jeweiligen Bewertungsvorschriften von Bedeutung. Handels- und Steuerrecht stimmen nicht in allen Fällen überein. 27
2. Das Maßgeblichkeitsprinzip Gemäß § 5 EStG sind auch für das Steuerrecht (Ertragsteuern) die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften einschließlich der GoB maßgeblich; das Steuerrecht hat ihnen zu folgen, soweit nicht in Steuergesetzen selbst (z. B. §§ 6 und 7 EStG) eigenständige Vorschriften enthalten sind. In Verfolg der neuen Bewertungsvorschriften des AktG 1965 sind durch das Steueränderungsgesetz 1969 eine Reihe von aktienrechtlichen Vorschriften als Ausdruck der GoB ihrerseits unmittelbar in das EStG (§ 5 Abs. 2 und 3) übernommen worden (hierzu vgl. Ran DB 1969 S. 676). Insoweit ist ein Gleichklang von handels- und steuerrechtlichen Vorschriften hergestellt. Das Maßgeblichkeitsprinzip des Handelsbilanzrechts für das Steuerbilanzrecht ist trotz immer erneut angestellter Reformüberlegungen nach gegenwärtiger Gesetzeslage anerkannt (vgl. Kropff in Geßler-Hefermehl AktG Komm. 1973 Vorbem. zu § 149 Anm. 23). Es führt dazu, daß ertragsteuerlich nur solche Wertansätze geltend gemacht werden können, die bereits zulässigerweise der Handelsbilanz zugrundegelegt wurden. Zusammengefaßt beinhaltet nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des BFH die Maßgeblichkeit folgendes: Bindung des Steuerrechts an handelsrechtliche Aktivierungsverbote und Passivierungsgebote, keine Bindung des Steuerrechts an handelsrechtliche Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte (§ 42 Rdn. 22 ff.; vgl. Döllerer, BB 1969 501 und 1971 1333 sowie bei Busse von Cölbe!Lutter, Wirtschaftsprüfung heute: Entwicklung oder Reform, S. 185ff.).
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3. Maßgebliches Steuer recht Andererseits kann aber auch das Steuerrecht auf die Handelsbilanz und die dort zu wählenden Wertansätze zurückwirken. Das gilt z. B. in den Fällen, in denen das Steuerrecht zur Erreichung außerfiskalischer Ziele die Inanspruchnahme von steuerlichen Vergünstigungsvorschriften (Subventionen) davon abhängig macht, daß die entsprechenden Bilanzierungsmaßnahmen (z. B. Sonderabschreibungen nach dem Berlinhilfegesetz) auch in der Handelsbilanz getroffen werden (vgl. Woerner, BB 1976 1569; Wöbe, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 1977 216). Hier handelt es sich sozusagen um die Maßgeblichkeit des Steuerrechts für die Handelsbilanz; das AktG 1965 (§§ 154 Abs. 2 und 155 Abs. 3) hat diese (niedrigeren) Wertansätze ausdrücklich für die Handelsbilanz als zulässig anerkannt. Ob sich aus dieser Systematik der Rückwirkung steuerlicher Vorschriften auf die Handelsbilanz möglicherweise eine Beeinträchtigung der Aussagekraft der letzteren ergibt, sei dahingestellt. Diese hier dargestellte Wechselwirkung des Steuerrechts auf die Handelsbilanz ist zur Zeit eine Besonderheit der deutschen Bilanzierungspraxis. Die Länder, die Handelsund Steuerbilanz streng voneinander trennen, stehen allerdings auch vor dem Problem, wie abweichende Steuerauswirkungen in der Handelsbilanz zu reflektieren sind; diese Problematik wird im angelsächsischen Bereich unter dem Thema „deferred taxes" behandelt (für die ähnliche Problematik nach dem Gesetz zur Förderung der Verwendung der Steinkohle, siehe Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 152 Tz. 70). Soweit nicht das GmbH-Gesetz (§ 42) oder auch andere zwingende Vorschriften des Handelsrechts (in Zukunft ggf. solche, die auf Grund der 4. EG-Harmonisierungs(150)
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richtlinie in der Bundesrepublik in Kraft zu setzen sind) entgegenstehen, können die Bewertungsvorschriften des EStG und KStG auch für die Jahresbilanz der GmbH nutzbar gemacht werden. Der Gesellschaftsvertrag kann z. B. vorsehen, daß der Jahresabschluß nach steuerlichen Vorschriften zu erstellen ist. V. Die organisatorische Gestaltung der Buchführung Nachfolgend werden hier einige Hauptgesichtspunkte dargestellt, die im Rahmen der formalen GoB zu beachten sind. Alle Überlegungen haben letztlich vom Zweck der Buchführung auszugehen. Dieser ist ein mehrfacher: einmal soll die Buchführung die Handelsgeschäfte der Gesellschaft und die Lage ihres Vermögens ersichtlich machen ( § 3 8 Abs. 1 H G B ) , sodann soll sie der Gesellschaft Rechenschaft in doppelter Richtung geben: sowohl über die Lage ihres Vermögens wie über den Erfolg ihres Wirtschaftens. 1. Buchführungssysteme
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Man unterscheidet einfache oder doppelte oder kameralistische Buchführung. Gesetzlich (§ 38 H G B ) ist nicht vorgeschrieben, welches System zu wählen ist. Die einfache Buchführung ist in der Regel unüblich; da sie aber den Ansprüchen des Bilanzrechts gerecht werden kann, muß man sie auch heute noch als zulässig ansehen. Gleiches gilt für die kameralistische Buchführung. Einfache oder kameralistische Buchführung werden aber bei einer G m b H heute nur noch in wenigen Fällen praktisch in Betracht kommen, nämlich dann, wenn nur wenige Geschäftsvorfälle zu verzeichnen sind und wenn gewährleistet ist, daß eine ordnungsmäßige Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (§41 Abs. 2) in beweiskräftiger Form trotzdem erstellt werden können (so auch AdlerDüring-Schmaltz, 4. Aufl. § 149 Tz. 109). Das System der doppelten Buchführung verdient schon seiner Systematik wegen (Formalsystem der Doppik; Buchung auf Konto und Gegenkonto) eindeutigen Vorzug. Es dürfte sich auch bei notwendig werdenden Neuregelungen immer mehr durchsetzen (z. B. bei den neuen Rechnungslegungs- und Buchführungsvorschriften für Krankenhäuser, Krankenhaus-Buchführungsverordnung vom 10. 4.1978 — BGBl 1473, §3 Abs. 1). Ausnahmen gelten im wesentlichen nur in Sonderfällen, z. B. bei einer gemeinnützigen G m b H oder einer GmbH, die keinen Gewerbebetrieb unterhält; hier kann es, auch im Hinblick auf steuerliche Vorschriften, sinnvoll sein, neben den Ertrags- und Aufwandsposten zusätzlich auch ausgabebewirksame Leistungen zu zeigen, um die satzungsmäßige Verwendung der Erträge darzustellen. Die Streitfrage, ob sich aus der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und GuV, § 41 Abs. 2) die Pflicht zur doppelten Buchführung ergibt (ausführlich: Scholz § 41, der sich dagegen ausspricht; Berg in Handbuch der GmbH, 7. Aufl. 1977, Tz. II 13, der zwar keine Verpflichtung, wohl aber die praktische Notwendigkeit bejaht; a.M. Voraufl. § 41, 5, die allerdings Ausnahmen für einfach gelagerte Fälle zuläßt), kann auf sich beruhen. 2. Buchführungsformen Es geht hier im wesentlichen um die Frage der äußeren Form der Bücher: gebundene Bücher, Lose-Blatt-Buchhaltung oder Offene-Posten-Buchhaltung (vgl. Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 149 Rdn. 110—113). Hierzu ist auf die Neufassung von § 43 Abs. 2 H G B hinzuweisen, wonach Eintragungen und Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden müssen; damit wird (151)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
die äußere Form der Handelsbücher durch heute allgemein anerkannte Grundsätze über die Führung der Handelsbücher und sonstiger Aufzeichnungen ersetzt (vgl. BT-Drucksache 7/261). Die Zulässigkeit der sog. Offene-Posten-Buchhaltung ergibt sich generell aus § 43 Abs. 3 H G B , und für den speziellen Fall der Belegbuchhaltung ist sie in § 43 Abs. 4 Satz 1 H G B handelsrechtlich ausgesprochen. Auch diese Formen der Buchführung (und das dabei angewandte Verfahren) müssen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen; dies ist dann der Fall, wenn die systembedingten Ordnungsvorschriften eingehalten sind. Steuerrechtlich gelten nach § 146 Abs. 1 und Abs. 5 A O 1977 keine Besonderheiten. Damit findet nun auch in der gesetzlichen Regelung die bisher bereits durch den gemeinsamen Ländererlaß vom 10. 6. 1963 (BStBl II 1963 93) in der Praxis erreichte Ubereinstimmung der handelsrechtlichen und der steuerlichen Buchführungsvorschriften ihren Ausdruck. Die Buchführung mit Datenverarbeitungsanlagen hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten immer mehr durchgesetzt. Der Gesetzgeber hat die Verwendung von Datenträgern für die Führung von Handelsbüchern und sonstiger Aufzeichnungen in § 43 Abs. 4 Satz 1 und 2 H G B und gleichlautend in § 146 Abs. 5 Satz 1 und 2 A O 1977 gesetzlich zugelassen. Diese Regelung meint jedes technische Verfahren, das es ermöglicht, die Handelsbücher und sonstigen Aufzeichnungen unmittelbar und jederzeit reproduzierbar festzuhalten (BT-Drucksache 7/261). Allerdings ist auch hier auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verwiesen; im wesentlichen muß die Beweisfunktion gewährleistet sein. Zur Auslegung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Einsatz von EDV-Anlagen siehe die vom Institut der Wirtschaftsprüfer erarbeitete Stellungnahme FAMA 1/75 in WPg 1975 555. Außerdem muß die Lesbarmachung tatsächlich innerhalb der Aufbewahrungsfristen gegeben sein (§ 44 Abs. 3 H G B sowie wiederum gleichlautend § 147 Abs. 2 A O 1977; vgl. zur Neufassung der Gesetzgebung, Wanik, Die A G 1975 29 ff. und 62 ff. sowie Biener, D B 1977 527). 31
3. Zu führende Bücher Auch im Rahmen der Reformgesetzgebung von H G B und A O ist der Gesetzgeber bei dem bisherigen Prinzip geblieben, kein bestimmtes Buchführungsverfahren und keine bestimmten Grundsätze für die Buchführung vorzuschreiben (BT-Drucksache 7/261). Es ist auch nicht geregelt, welche Bücher geführt werden müssen. Es wird dies — abgesehen von den oben Rdn. 22 wiedergegebenen, im AO-Einführungserlaß genannten sog. außersteuerlichen Vorschriften — den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung überlassen; aus diesen hat sich die Führung von Grund-, Haupt- und Nebenbüchern herausgebildet (im Grundbuch Aufzeichnung in zeitlicher, im Hauptbuch Aufzeichnung in sachlicher Ordnung). Anzahl und Inhalt der Nebenbücher hängen von Größe und Eigenart des Unternehmens ab (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 149 Tz. 115 sowie Bühler/Scherpf, Bilanz und Steuer, 7. Aufl. 1971, 103). Steuerrechtlich (§ 146 Abs. 2 AO) müssen die Bücher im Inland geführt werden, handelsrechtlich besteht diese Auflage nicht.
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4. EDV-Buchführung außer Haus Nach § 41 G m b H G haben die Geschäftsführer für eine ordnungsmäßige Buchführung zu sorgen. In der Regel werden die Bücher in den Geschäftsräumen der (152)
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Gesellschaft geführt; zwingend schreibt das Gesetz dies nicht vor; so war es bislang schon anzutreffende Übung, z. B. im Konzemrahmen, die Bücher — unabhängig von Sitz oder der Verwaltung der einzelnen Gesellschaft — an einer Stelle zu führen. Die fortschreitende Entwicklung der EDV hat zur Errichtung von Rechenzentren für ein oder mehrere (Konzern-) Unternehmen geführt. Gegen die-handelsrechtliche und steuerliche Zulässigkeit sind Einwendungen nicht zu erheben, soweit und solange die nach H G B und AO zu erfüllenden Buchführungspflichten (vgl. oben) im Inland befolgt werden. Im Interesse der Kostenersparnis und der Rationalisierung ist darüber hinaus aber auch die sogenannte Buchführung außer Haus üblich geworden, insbesondere bei Verwendung von EDV. Auch diese Buchwerke, die kommerziell von Dienstleistungsbetrieben (sog. Service-Rechenzentren) erstellt werden, entsprechen unter bestimmten Voraussetzungen den gesetzlichen Anforderungen (vgl. FAMA 1/72 „Ordnungsmäßigkeit und Prüfung einer EDV-Buchführung außer Haus" in WPg 1972 534; ferner z. B. Stehle-Hollaender, Ordnungsmäßigkeit der EDV-Buchführung außer Haus, Stuttgart, 1976). Eine EDV-Buchführung außer Haus liegt vor, wenn mindestens einer der folgenden Arbeitsschritte, nämlich Klärung und sachliche Zuordnung der Geschäftsvorfälle, Erfassung der Geschäftsvorfälle oder Verbuchung bzw. Verarbeitung der Geschäftsvorfälle, ganz oder teilweise mit Personal und/oder Programmen eines Außenstehenden (Rechenzentrum) auf Grund eines Vertrages mit den Buchführungspflichtigen durchgeführt wird. Die Erfüllung einer Reihe weiterer Voraussetzungen muß gegeben sein, um die Ordnungsmäßigkeit einer solchen Buchführung im gesetzlichen Sinne zu gewährleisten; dies ist im einzelnen in FAMA 1/72 niedergelegt. Es bestehen keine Bedenken, auch für eine GmbH die Buchführung außer Haus, insbesondere die EDV-Buchführung außer Haus, als zulässig anzusehen. Die Geschäftsführer erfüllen allerdings die ihnen obliegende Buchführungspflicht (§ 41 GmbHG) nur, wenn sie die entsprechenden Verträge (Service-Verträge) mit den Dritten (meist einem Rechenzentrum) mit der notwendigen, auf die Besonderheiten der Gesellschaft abgestellten Sorgfalt abschließen. Dabei müssen sie insbesondere vertraglich regeln, wie der Dritte für Schäden (auch Folgeschäden) aus fehlerhaften Berechnungen haftet (vgl. Löwenheim BB 1967 593; Lange-Helwig, Rationalisierung durch Datenverarbeitung außer Haus, Thiel-Verlag, Ludwigshafen 1972). Die ihnen obliegende Uberwachungspflicht (dazu näher § 41, Rdn. 6) können sie damit allerdings nicht abwälzen. Ergeben sich während der Vertragsdauer Zweifel an der Richtigkeit der Buchführung oder an der Sorgfalt des Dritten, so liegt es im Rahmen von § 41 GmbH-Gesetz, diese zu beheben oder die Vertragsbedingungen neu zu gestalten. 5. Belege, Handelsbücher, Aufzeichnungen, Aufbewahrung, Aufbewahrungs- 33 fristen Hier kann auf die seit 1. 9. 1976 und 1.1. 1977 geltenden Vorschriften des HGB und der A O 1977 verwiesen werden, die im wesentlichen bisherige Streitfragen klären und die Verwendung von Bildträgern und Datenträgern zulässig machen. Der Wortlaut der jetzt gültigen Vorschriften ist oben zu II abgedruckt. Ergänzend ist zu bemerken: Schwierigkeiten, die sich aus den höheren Anforderungen des § 147 Abs. 3 AO 1977 in Bezug auf die Aufbewahrungsfristen ergeben, werden teilweise durch das BMFSchreiben vom 25. 10. 1977 (DB 1977 2075) gemildert.
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§41
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung §41
Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen. Sie müssen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres die Bilanz für das verflossene Geschäftsjahr nebst einer Gewinn- und Verlustrechnung aufstellen. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die bezeichnete Frist bis auf sechs Monate, bei Gesellschaften, deren Unternehmen den Betrieb von Geschäften in überseeischen Gebieten zum Gegenstand hat, bis auf neun Monate erstreckt werden. Für Gesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens im Betriebe von Bankgeschäften besteht, ist die Bilanz innerhalb der vorbezeichneten Fristen in den im § 30 Absatz 2 bestimmten öffentlichen Blättern durch die Geschäftsführer bekanntzumachen. Die Bekanntmachung ist zum Handelsregister einzureichen. Abs. 4 ist durch das zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 24. 3. 1976 (BGBl I, 725) aufgehoben; vgl. jetzt § 25a des Gesetzes über das Kreditwesen. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform
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I. Die Sorgepflicht für die Buchführung (Abs. 1) 1. Allgemeines zur Sorgepflicht 2. Die Pflicht zur Überwachung 3. Pflichten bei EDV 4. Pflichten bei Geschäftsverteilung 5. Die Bilanzierungspflicht 6. öffentlich-rechtliche Pflicht 7. Strafrechtliche Verantwortung 8. Anspruch der Gesellschaft 9. Der Beginn der Buchführungspflicht 10. Die Eröffnungsbilanz
3 5 6 7 8 9 10 11 12 13
II. Die Aufstellung des Jahresabschlusses (Abs. 2) 1. Allgemeines 20
1
2. Aufstellung durch die Geschäftsführer 3. Feststellung des Jahresabschlusses . . 4. Aufstellung innerhalb einer Frist a) Grundsatz (§ 41 Abs. 2) b) Verlängerung der Frist nach § 41 Abs. 3 5. Der Jahresabschluß als solcher a) Bilanz und Inventar b) Gewinn- und Verlustrechnung III. Die der 1. 2. 3.
Publizität von Jahresabschlüssen GmbH Allgemeines Beabsichtigte Reformen Die Publizität der Jahresabschlüsse der Kreditinstitute 4. Publizität der Gewinnverwendung
21 22 23 24 26 27
28 29 30 36
Einleitung § 41 beinhaltet im wesentlichen formelle Fragen der Buchführung und Rechnungslegung der GmbH, ergänzt werden die Vorschriften des GmbH-Gesetzes durch diejenigen des HGB (§ 6 Abs. 1 HGB i.V. mit § 13 Abs. 3 GmbHG; vgl. § 13 Rdn. 27) und der A O 1977 (vgl. Vorbem.). In Abs. 1 wird die (öffentlich-rechtliche) Buchführungspflicht der Geschäftsführer geregelt. Abs. 2 und 3 regeln die Aufstellungsfristen für den Jahresabschluß (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung). Abs. 4, der die Bilanzen der Kreditunternehmen betraf, ist durch § 25 a KWG (i.d.F. des Gesetzes vom 2 4 . 3 . 1976) überflüssig geworden (vgl. Bundestagsdrucksache 7/4631). Die Rechnungs(154)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
§ 41
legung, Prüfung und Bekanntmachung von Unternehmen, die unter das KWG fallen, erfolgen jetzt ausschließlich nach den Bestimmungen des KWG, soweit diese nicht durch Vorschriften des PublG überlagert werden (vgl. hierzu Rdn. 30-35). Reform
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Die Rechnungslegungsvorschriften des GmbH-Gesetzes werden, mindestens was mittlere und größere Unternehmen anbetrifft, als veraltet bzw. als unzureichend angesehen. Die Reg.-Entwürfe für eine GmbH-Reform wollten hier im Anschluß an den Referentenentwurf unter weitgehender Übernahme aktienrechtlicher Vorschriften Abhilfe schaffen (vgl. BT-Drucksache VI/3988 und 7/253); die GmbH-Novelle des Jahres 1977 (Bundesratsdrucksache 404/77) sieht jedoch insoweit von einer eigenen nationalen Neuregelung ab, da eine solche ohnehin in Ausführung der 4. EG-Richtlinie notwendig werden wird (vgl. Einleitung Rdn. 699-700; § 42 Rdn. 3ff.). Inwieweit der deutsche Gesetzgeber etwa dann auch § 41 umgestalten wird, ist offen; dies gilt insbesondere für die Frage, ob auch vom Gesetz abweichende Fristen für die Aufstellung des Jahresabschlusses durch den Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden dürfen (jetzt § 41 Abs. 3). I. Die Sorgepflicht für die Buchführung (Abs. 1) 1. Allgemeines zur Sorgepflicht
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Durch Abs. 1 ist die sog. Buchführungspflicht der Geschäftsführer geregelt. Die Vorschrift bedeutet nicht, daß die Pflicht zur Buchführung die Geschäftsführer selbst trifft; sie müssen vielmehr durch geeignete personelle und organisatorische Maßnahmen (Einstellung geeigneter Mitarbeiter, Einrichtung eines für das Unternehmen geigneten Buchführungssystems) dafür sorgen, daß die erforderlichen Handelsbücher (siehe Vorbem.) geführt werden (vgl. Wortlaut des § 91 AktG sowie des § 73 Entw. G m b H BT-Drucksache VI/3088). Man spricht deshalb besser von der Sorgepflicht der Geschäftsführer für die Buchführung (Meyer-Landrut in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 91 Anm. 2). Die Rechtsprechung hat die Pflichten der Geschäftsführer auf dem Gebiet der Buchführung i.S. der Sorgepflicht bestätigt (RGSt 13 235; R G JW 1925 261; R G L Z 1928 1339). Soweit der Geschäftsführer diese Aufgaben nicht selbst wahrnimmt — was die Regel sein dürfte —, genügt er seiner Sorgfaltspflicht durch sorgfältige Auswahl sachkundiger Mitarbeiter und deren Überwachung (unten Rdn. 5). Die Verletzung der Buchführungspflicht durch den Geschäftsführer führt zu dessen Haftung nach § 43 Abs. 2; bei Unaufklärbarkeit von Fehlbeträgen, die sich aus unzulänglicher Buchführung ergeben, hat er ggf. dafür einzustehen ( B G H Urteil v. 9. 5. 1974, Die A G 1974 388). Da die Buchführungspflichten nicht nur aus dem Handelsrecht, sondern auch aus dem Steuerrecht folgen (vgl. Vorbem. Rdn 21—22), muß der Geschäftsführer auch die 4 steuerrechtlichen Bestimmungen nebst der einschlägigen Rechtsprechung beachten; z . B . aus der Rechtsprechung des B F H : zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung Urteil vom 24. 3. 1970 BB 1970 910 und vom 13. 7. 1971 BB 1971 1351 und vom 20. 10. 1971 BB 1972 300 und vom 31. 7. 1974 BB 1974 1619; zur ordnungsgemäßen Inventur Urteil vom 13. 10. 1972 BB 1973 73. Grundsätzlich ist zu beachten, daß es nach der neueren Rechtsprechung des B F H nicht auf die formale Bedeutung eines Buchführungsmangels ankommt, sondern auf sein sachliches Gewicht; entscheidend ist für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung deren Gesamtbild (hierzu Urteil vom 26. 8. 1975 D B 1976 320). Diesen letzteren Grundsatz wird man auch für die handelsrechtliche (155)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Buchführungspflicht als maßgeblich ansehen müssen (als „handelsrechtliche" Entscheidung des B F H ; vgl. hierzu Döllerer in Busse v. Colbe/Lutter, „Wirtschaftsprüfung heute; Entwicklung oder Reform", Wiesbaden, 1977 187ff.). 5
2. Die Pflicht zur Überwachung Die Sorgepflicht beinhaltet auch die Überwachung der für die Buchführung eingesetzten Mitarbeiter (RG LZ 1920 393). Wie diese Überwachung zu erfolgen hat, richtet sich nach der Größe und den besonderen Umständen des Unternehmens (z.B. Filialbetrieb); ggf. bedarf es der Einrichtung einer sog. Innenrevision oder der Beauftragung sachverständiger Dritter. Auch eine Jahresabschlußprüfung durch Wirtschaftsprüfer muß nicht immer das geeignete Mittel für diese Überwachung sein; sind z.B. Mängel der Buchführung durch den Abschlußprüfer berichtet, so kann die Geschäftsführung die Überwachung der daraufhin notwendigen Maßnahmen nicht bis zur nächsten Abschlußprüfung aufschieben (vgl. Meyer-Landrut in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 91 Anm. 2).
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3. Pflichten bei EDV Die Sorge- und Uberwachungspflicht der Geschäftsführer für die Buchführung ist grundsätzlich unabhängig von dem gewählten Buchführungssystem. Allerdings müssen die Maßnahmen zur Erfüllung der Sorge- und Uberwachungspflicht auf das jeweilige System abgestimmt sein und können nach Inhalt und Umfang unterschiedlichen Charakter haben. Insbesondere muß in jedem Fall ein schlüssiges internes Kontrollgefüge vorhanden sein, das bei Einsatz der EDV u. a. die Funktionsfähigkeit der Datenanlage und die Sicherung der Datenträger und Programme abdeckt. Die Überwachung kann durch die Geschäftsführer selbst oder, sofern sie mit diesen Gebieten nicht vertraut sind, durch damit beauftragte sachverständige Mitarbeiter (z.B. Comptroller) erfolgen. Im Zweifel ist — wie auch bei der Auswahl der Mitarbeiter — die Hinzuziehung fachkundiger Berater geboten. In diesem Zusammenhang darf nicht unterstellt werden, daß die für die Datenverarbeitung verantwortlichen Mitarbeiter über die erforderliche Sachkunde für die Buchführung verfügen; ihnen kann daher in der Regel die Verantwortung für die Buchführung nicht übertragen werden. Wird die Buchführung „außer Haus" geführt, so haben die Geschäftsführer ebenfalls für die erforderliche Überwachung Sorge zu tragen; ihrer Sorgfaltspflicht haben sie hier schon beim Abschluß des sog. Service-Vertrags nachzukommen (vgl. Vorbem. Rdn. 32; Löwenheim BB 1967 593). H a t die Geschäftsführung die vorstehenden Grundsätze nicht beachtet, so kann sie sich auf Nichtwissen und mangelnde Fachkenntnis nicht berufen. Die einschlägige Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG JW 1908 604; LZ 1928 1339) wird in diesem Sinne fortzuentwickeln sein.
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4. Pflichten bei Geschäftsverteilung Innerhalb einer mehrköpfigen Geschäftsführung ist eine Zuständigkeitsregelung (Geschäftsverteilung) zulässig, wonach ein Geschäftsführer für die Betreuung des Rechnungswesens (einschließlich der Buchführung) zuständig sein soll. Eine solche Regelung, die durch die Gesellschafterversammlung und/oder den Aufsichtsrat bestimmt oder gebilligt sein muß (vgl. die Erl. zu §§ 35, 45 und 52), bedeutet, daß die oben in Rdn. 3—6 genannten Pflichten diesen Geschäftsführer treffen. (156)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
§41
Da die öffentlich-rechtliche Pflicht zur Buchführung (unten Rdn. 9) aber alle Geschäftsführer trifft, werden auch bei einer solchen Geschäftsverteilung die übrigen Geschäftsführer nicht in vollem Umfang von dieser Pflicht befreit. Die übrigen Geschäftsführer werden jedoch insoweit entlastet, als sie ihrer allgemeinen gegenseitigen Uberwachungspflicht genügen (Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 149 Tz. 170). So müssen die nichtzuständigen Geschäftsführer von externen (Abschlußprüfer) und internen Prüfungs- bzw. Kontrollberichten Kenntnis nehmen und bei dem zuständigen Geschäftsführer darauf hinwirken, daß festgestellte Mängel beseitigt werden (vgl. Meyer-Landrut in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 91 Anm. 3); sie haben ihrerseits die Pflicht, in ihren Verantwortungsbereichen die für die Durchführung der Rechnungslegung erforderlichen unterstützenden Maßnahmen zu betreiben und die notwendigen Informationen beizustellen. Wegen der strafrechtlichen Verantwortung bei mehrköpfiger Geschäftsführung siehe unten Rdn. 9. Die Sorgepflicht der Geschäftsführer für die Buchführung (oben Rdn. 4—6) besteht unabhängig von der Größe des Unternehmens und dessen Geschäftsumfang. Sie besteht auch bei ruhendem Geschäft (Mantelgesellschaft). Die Buchführungspflichten bestehen auch fort in der Liquidation (§ 71) und im Konkurs und sind von den jeweils Verantwortlichen zu erfüllen (vgl. für den Konkurs BFH-Urteil vom 8 . 6. 1972 BB 1972 1258). 5. Die Bilanzierungspflicht
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Die Buchführungspflicht umfaßt auch die Bilanzierungspflicht (so schon die Urteile RG St 13 235ff. und 355). Der Sorgepflicht entspricht die sich aus § 41 HGB ergebende Pflicht zur Unterzeichnung der Bilanz unter Angabe des Datums; die Unterzeichnungspflicht bei dem Inventar ist seit 1976 nicht mehr vorgeschrieben, die Unterzeichnung unter die Bilanz umfaßt aber ohnehin das Inventar mit (BT-Drucksache 7/5291). Die Unterzeichnung hat durch alle Geschäftsführer zu erfolgen (Scholz 5; vgl. Adler-Düring-Schmaltz § 149 Tz. 170). Es ist nach heute weitgehend vertretener Auffassung der Jahresabschluß und nicht nur die Bilanz zii unterzeichnen (.MeyerLandrut in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 91 Anm. 4; Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 148 Tz. 6). Ob alle Geschäftsführer mit der Unterzeichnung auch die Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit der Bilanz (und des Jahresabschlusses) übernehmen, richtet sich nach den bei einer Geschäftsverteilung anzuwendenden allgemeinen Grundsätzen (oben Rdn. 7). 6. öffentlich-rechtliche Pflicht
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Die Sorgepflicht für die Buchführung ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht; sie ist im öffentlichen Interesse begründet (Scholz, 2). Die Vorschrift ist zwingend. Weder die Gesellschafter noch der Gesellschaftsvertrag können die Geschäftsführer von dieser Pflicht befreien. 7. Strafrechtliche Verantwortung Der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung entspricht auch die strafrechtliche Verantwortung der Geschäftsführer bei Verletzung der Buchführungspflichten. Die einschlägigen Bestimmungen haben sich in den letzten Jahren mehrfach geändert. § 83 GmbHG, der auf die Strafvorschriften der KO (§§ 239 bis 241) verwies (Kommentierung in der Voraufl.), wurde durch das EG zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. 5. 1968 aufgehoben. Die Konkursstraftaten sind alsdann durch das Erste Gesetz zur (157)
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§41
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29. 7. 1976 in das StGB übernommen und reformiert worden (hierzu Biener, Steuerberater Kongreß Report 1977 374ff.; Göhler/ Wilts, D B 1976 1658ff; vgl. Bundestags-Drucksache 7/3441, 38). Die Verletzung der Buchführungspflicht ist dabei nunmehr in § 283 b StGB geregelt; die bloße Verletzung ist, wie nach bisherigem Recht (Voraufl. § 83 Anm. 6), als solche nicht strafbar; vielmehr bleibt objektive Bedingung der Strafbarkeit, daß die GmbH die Zahlungen eingestellt hat oder über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet oder (neu) der Eröffnungsantrag mangels Masse abgelehnt worden ist (§ 283 b Abs. 3 i.V. mit § 283 Abs. 6 StGB); auch fahrlässiges Handeln kann strafbar sein (§ 283b Abs. 2 StGB). Die Tat braucht nicht während der wirtschaftlichen Krise des Unternehmens begangen worden zu sein (anders bei den Bankrotthandlungen nach § 283; vgl. im einzelnen BVerfGer. B. vom 15. 3. 1978, WM 1978 455; Maurach-Schröder, Strafrecht, Besonderer Teil, Teilband 1, 1977 374 ff. und Biener aaO sowie die Erl. zu den Strafvorschriften in dieser Aufl.). Die strafrechtliche Verantwortung trifft die Geschäftsführer der Gesellschaft (§ 14 StGB), und zwar alle Geschäftsführer (RGSt 13 235 und 358; LZ 1928 1339). Dies gilt auch für die stellvertretenden Geschäftsführer (§ 44). Da für die Strafbarkeit schuldhaftes Verhalten Voraussetzung ist, wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob die Geschäftsverteilung (oben Rdn. 7), vorübergehende Beurlaubung, Krankheit usw. dazu führen kann, daß dem einen oder anderen Geschäftsführer ein strafrechtlich relevanter Vorwurf wegen schuldhafter Pflichtverletzung nicht gemacht werden kann (vgl. RGSt 13 355). Den Aufsichtsrat — weder den fakultativen noch den obligatorischen nach § 77 BetrVG oder MitbestG — trifft keine strafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der Buchführungspflichten; zivilrechtlich ist er jedoch im Rahmen seiner Überwachungspflicht (§111 AktG) verantwortlich. 11
8. Anspruch der Gesellschaft § 41 verfolgt nicht das Ziel, jedermann Schutz zu gewähren. Daher kann aus der Verletzung der Buchführungspflicht ein Dritter keinen Schadensersatzanspruch gegen die Geschäftsführer ableiten; § 41 ist kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs.2 BGB (RGZ 73, 30; B G H D B 1964 1585; Scholz, 3; Baumbach-Hueck, 1). Die Geschäftsführer haften bei Pflichtverletzung zivilrechtlich nur gegenüber der Gesellschaft nach § 43 (BGHUrteil v. 9. 5. 1974, Die A G 1974 388; Erl. zu § 43).
12
9. Der Beginn der Buchführungspflicht Die Buchführungspflicht beginnt nicht erst mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister, sondern mit dem ersten buchungspflichtigen Geschäftsvorfall nach dem notariellen Abschluß des Gesellschaftsvertrags gemäß § 2 des Gesetzes (vgl. Baumbach-Hueck, 2 A; a. M. offenbar Brüggemann in Großkomm. H G B § 39 Anm. 2; für die hier vertretene Auffassung spricht auch § 47b HGB); denn ab diesem Zeitpunkt besteht die Vorgesellschaft ( § 1 1 Rdn. 16). Zweck der Vorgesellschaft ist, die zur Entstehung der Gesellschaft notwendigen Geschäfte vorzunehmen, d.h. daß — bei Bargründungen — die nach § 7 erforderlichen Bareinlagen geleistet werden und bei Sachgründungen die vereinbarten Gegenstände zu übertragen sind (§ 11 Rdn. 38; dementsprechend ist auch der Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer der Vorgesellschaft zu bestimmen § 11 Rdn. 53—59). Die Maßnahmen und Geschäfte, die zur Entstehung der Gesellschaft führen, sind bei der Vorgesellschaft als buchungspflichtige Vorgänge zu betrachten. Überdies unterliegt schon die Vorgesellschaft der Körper(158)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
§41
schaftsteuerpflicht usw. (§ 11 Rdn. 93—97). Auch dieser Umstand führt zur Buchführungspflicht der Vorgesellschaft, spätestens sobald buchungspflichtige Vorgänge anfallen (z. B. Zahlung der Bareinlagen). Die Buchführungsunterlagen gehen dann auf die GmbH (nach Eintragung in das Handelsregister) über; dies entspricht dem Vollübergang aller Rechte und Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft auf die GmbH ( § 1 1 Rdn. 91). Besonderheiten können sich dann ergeben, wenn die neu gegründete GmbH eine bereits bestehende Handelsgesellschaft oder Unternehmen (als Sacheinlage) fortführen soll. Hier beginnt auch die Buchführungspflicht erst mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrags einschließlich der Vereinbarung der Sacheinlagen; da aber häufig zugleich vereinbart wird, daß die Geschäfte von einem früheren Zeitpunkt ab (z. B. ab Jahresbeginn) als für Rechnung der neuen Gesellschaft geführt gelten, wird die Vorgesellschaft und die GmbH auf die Buchführung des eingebrachten Unternehmens zurückgreifen, d.h. diese fortführen können (vgl. z.B. § 22 Umwandlungs-Steuergesetz 1977). Wegen der Eröffnungsbilanz in diesen Fällen vgl. unten Rdn. 15. 10. Die Eröffnungsbilanz
13
a) Die Gesellschaft ist verpflichtet, eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, in der die Aktiva und die Passiva zu verzeichnen sind. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 HGB (Text siehe Vorbem.), der auf die GmbH anzuwenden ist. Die Pflicht zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz einschließlich der Erstellung eines Inventars trifft die Geschäftsführer. Wegen der DM-Eröffnungsbilanz vgl. Allgem. Einleitung Anm. 8a und § 5 Rdn. 3; Scholz, 5; Baumbach-Hueck, 3 D. b) Als Zeitpunkt, auf den die Eröffnungsbilanz aufzustellen ist, schreibt § 39 Abs. 1 14 HGB „bei dem Beginn (des) Handelsgewerbes" vor. In der Literatur werden für den so umschriebenen Zeitpunkt, auf den die Eröffnungsbilanz aufzustellen ist, konkret verschiedene Zeitpunkte vertreten: der Tag der Eintragung der GmbH in das Handelsregister oder der Tag des Abschlusses des notariellen Gesellschaftsvertrags (Errichtung der Gesellschaft) oder ein Tag, der zwischen diesen beiden Grenzen liegt (vgl. zum Stand der Meinungen: Voraufl. 8; Scholz 5; Feine, 570; Boeseheck, Soziale Praxis 1939 607). Weitgehende Einigkeit besteht darin, daß der Tag der Registereintragung der späteste Stichtag ist, auf den die Eröffnungsbilanz aufzustellen ist (ausschließlich auf diesen Stichtag stellt ab: RGSt 29, 222; wohl auch Brüggemann in Großkomm. HGB § 39 Anm. 2). Abgesehen davon, daß dieser Stichtag meist zufällig ist, hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß ein vor der Registereintragung liegender, früherer Beginn des Handelsgewerbes Stichtag für die Eröffnungsbilanz sein kann; diese Auffassung entspricht der oben in Rdn. 12 vertretenen Meinung zum Beginn der Buchführungspflicht. Der Zeitpunkt des Beginns des Geschäftsbetriebs kann mit dem der Errichtung der Gesellschaft (Abschluß des Gesellschaftsvertrags) zusammenfallen; vor dem Zeitpunkt der Errichtung der GmbH kann er nicht liegen. c) Eine Besonderheit, die in der Literatur ausführlich behandelt ist (vgl. Boesebeck 15 aaO; Feine, 570; Scholz 5; sowie Voraufl. Anm. 8), kann sich ergeben, wenn bei der Gründung ein bestehendes Unternehmen oder Unternehmensteil als Sacheinlage in die GmbH eingebracht wird und in den Gesellschaftsvertrag bzw. den ihm beigefügten ergänzenden Verträgen vereinbart wird, daß die Geschäfte von einem vor der Gründung der GmbH liegenden Stichtag als für Rechnung der GmbH geführt gelten. Trotz der von Boesebeck und der Voraufl. geltend gemachten Bedenken wird man es zulassen können, daß die handelsrechtliche Eröffnungsbilanz der GmbH auf diesen (159)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§41
früheren Zeitpunkt aufgestellt wird — ergänzt ggf. um sich etwa aus der Gründung ergebende Vorgänge (z.B. zusätzliche Bareinlagen). Eine solche Rückbeziehung darf nur nicht dazu führen, daß das erste Geschäftsjahr der GmbH länger als 12 Monate dauert (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 HGB; vgl. unten Rdn. 18). Von der Frage der Rückbeziehung der Eröffnungsbilanz ist die Frage des Bewertungszeitpunkts der Sacheinlage zu unterscheiden (vgl. § 5 Rdn. 63 ff.). Zur steuerlichen Rückbeziehung vgl. § 22 Umwandlungs-Steuergesetz 1977. 16 d) Der für die Eröffnungsbilanz maßgebliche Stichtag bedeutet nicht, daß die Bilanz an diesem Stichtag vorliegen muß; hierfür ist den Geschäftsführern eine angemessene Frist einzuräumen (Boesebeck aaO; RGSt 27, 227). 17 e) Auf die Eröffnungsbilanz ist § 41 nicht anzuwenden; auch ist die Eröffnungsbilanz nicht durch die Gesellschafter nach § 46 Nr. 1 festzustellen (Baumbach-Hueck, 3 f) Für die Wahl des Stichtages der Eröffnungsbilanz ist weiter zu beachten, daß der Zeitraum zwischen ihrem Stichtag und dem Schluß des ersten Geschäftsjahres nach der zwingenden Vorschrift des § 39 Abs. 2 HGB zwölf Monate nicht überschreiten darf {Scholz, 5); dies gilt in allen Fällen der Bar- und Sachgründung, insbesondere bei etwaiger Rückbeziehung eines eingebrachten Unternehmens (Handelsgeschäfts), vgl. oben Rdn. 12 und 15. 19 g) Weder das HGB noch das GmbHG (bzw. das AktG) enthalten Vorschriften darüber, wie die Eröffnungsbilanz zu gliedern ist. Es sind lediglich die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung zu beachten (vgl. Adler-DüringSchmaltz Vorbem. zu §§ 151, 152 Tz. 6). Die Zusammenfassung von Bilanzposten ist zulässig. In aller Regel wird die GmbH diejenige Gliederung verwenden, die sie auch ihrem ersten Jahresabschluß zugrunde legen will. Auf den Ausweis der Posten „Ausstehende Einlagen auf das Stammkapital" und „Grundkapital" ist besonderer Wert zu legen. Für die Eröffnungsbilanz gibt es keine besonderen Bewertungsvorschriften. Die Wertansätze dürfen auf keinen Fall über den Zeitwerten (§ 40 HGB) liegen, damit Uberbewertungen ausgeschlossen werden. Dieser Grundsatz ist insbesondere für Sacheinlagen zu beachten. Zur Vermeidung des Ausweises eines Verlustes in der Eröffnungsbilanz wird man es als zulässig ansehen können, bereits angefallene Gründungskosten (Notariats- und Gerichtskosten, Gesellschaftssteuer) als Posten der Rechnungsabgrenzung zu behandeln (vgl. Adler-Düring-Scbmaltz aaO Tz. 7). 18
II. Die Aufstellung des Jahresabschlusses (Abs. 2) 20
1. Allgemeines Der jetzt übliche Ausdruck „Jahresabschluß" ist aus dem Aktienrecht durch § 42 a auch für die GmbH übernommen: er besteht aus der Jahresbilanz und der Gewinn- und Verlust-Rechnung. Er ist für den Schluß eines jeden Geschäftsjahres aufzustellen (§ 41 Abs. 2). Die Dauer des Geschäftsjahres, das mit dem Kalenderjahr nicht übereinstimmen muß, darf nach der zwingenden Vorschrift des § 39 Abs. 2 HGB zwölf Monate nicht überschreiten. Sie kann aber kürzer sein (vgl. § 29 Rdn. 16—20; Hildebrandt in Schlegelberger HGB, 5. Aufl. § 39, 7). Das erste Geschäftsjahr ist meist kürzer. Es umfaßt die Zeit vom Stichtag der Eröffnungsbilanz bis zu dem Zeitpunkt, der nach der Satzung als Ende eines Geschäftsjahres angegeben ist; auch das erste Geschäftsjahr darf zwölf Monate nicht übersteigen (oben Rdn. 19). (160)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
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Die Vorschrift über die Höchstdauer von zwölf Monaten muß auch bei einer Verlegung des bisherigen Geschäftsjahres beachtet werden. Eine Verlängerung der zwölfmonatigen Dauer darf hierdurch nicht eintreten. Die Änderung kann also nur durch Einschiebung eines kürzeren Geschäftsjahres erfolgen; auch für dieses muß ein besonderer Jahresabschluß erstellt werden. Die Verlegung des Geschäftsjahres ist Satzungsänderung. Sie kann nur für die Zukunft beschlossen werden (vgl. Erl. zu § 54 und § 29 Rdn. 19). Darüber, ob der Gewinn eines abgekürzten Geschäftsjahres verteilt werden darf, vgl. ausführlich § 29 Rdn. 1 6 - 2 0 . Im Unterschied zum AktG (§ 160) und zum PublG (§ 5 Abs. 1) verlangt das GmbH-Gesetz nicht die Aufstellung eines Geschäftsberichts (Bilanzerläuterungen und Lagebericht). Der Gesellschaftsvertrag kann dies aber vorschreiben. Wenn keine weiteren Einzelheiten über den Inhalt des Geschäftsberichts im Statut vorgesehen sind, werden — vorbehaltlich einer anderweitigen Auslegung der Satzung (§ 2 Rdn. 119) — die Vorschriften des § 160 AktG entsprechend anzuwenden sein. Auch ohne ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag haben die Gesellschafter Anspruch darauf, daß ihnen der Geschäftsbericht übersandt wird (vgl. § 46 Rdn. 8). Hinzuweisen ist auf die 4. EG-Richtlinie, wonach auch die GmbH einen „Anhang" zu erstellen hat, der bestimmte Erläuterungen zum Jahresabschluß enthält (vgl. § 42 Rdn. 4). 2. Aufstellung durch die Geschäftsführer
21
Die Ausführungen, die in § 29 Rdn. 21—23 im Zusammenhang mit dem dort zu behandelnden Gewinnanspruch gemacht sind, werden nachfolgend aus dem Gesichtspunkt des § 41 ergänzt. Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt durch die Geschäftsführer. Wie die Buchführung (oben Rdn. 9) ist auch sie eine öffentlich-rechtliche, zwingende Verpflichtung sämtlicher Geschäftsführer (Scholz, 9; Baumbach-Hueck, 3B; oben Rdn. 7 - 8 ) . Die Inventur und Bilanz für das Ende eines jeden Geschäftsjahres sind Teil ordnungsmäßiger Buchführung (Hüdebrandt in Schlegelberger HGB, 5. Aufl., § 39, 2; oben Rdn. 8). Die Geschäftsführer brauchen den Jahresabschluß nicht selbst aufzustellen; sie haben aber gemäß der ihnen gemäß Abs. 1 obliegenden Sorge- und Überwachungspflicht (oben Rdn. 1—6) alles zu tun, daß der Jahresabschluß in den vom Gesetz und Gesellschaftsvertrag vorgeschriebenen Fristen (Abs. 3) aufgestellt wird, sei es durch eigene Angestellte, sei es durch sachverständige Dritte. Der Jahresabschluß ist von sämtlichen Geschäftsführern zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung ist durch § 41 Abs. 1 H G B zwingend vorgeschrieben (oben Rdn. 8). Die unberechtigte Weigerung eines Geschäftsführers, den Jahresabschluß zu unterzeichnen, kann ein wichtiger Grund zum Widerruf seiner Bestellung sein (§ 38; so auch Scholz, 9). Auch für Rumpfgeschäftsjahre, die kürzer als 12 Monate sind, sind Jahresabschlüsse durch die Gesellschafter aufzustellen; dies gilt insbesondere auch für das erste Geschäftsjahr der Gesellschaft, das meist kürzer als zwölf Monate ist (oben Rdn. 19 und 20; § 29 Rdn. 20). „Für die Frage, welche Rechte die Gesellschafter bei nicht fristgerechter Aufstellung der Bilanz haben, vgl. § 29 Rdn. 2 1 - 2 3 . " 3. Feststellung des Jahresabschlusses Es kann hier auf die Erl. in § 29 Rdn. 24 ff. und in § 46 Rdn. 4 ff. verwiesen werden. Die Feststellung obliegt der Gesellschafterversammlung, wenn hierfür nicht nach der Satzung ein anderes Organ zuständig ist (§§ 45 Abs. 2, 46). Die Geschäftsführer ihrerseits sind nur für die richtige und rechtzeitige Aufstellung des Jahresabschlusses nach § 41 Abs. 2 und 3 verantwortlich (wegen der Durchsetzung seitens der Gesellschafter (161)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
vgl. § 29 Rdn. 22—23) und haften hierfür nach § 43 und ggf. auch strafrechtlich (§ 283 b Abs. 1 Nr. 3 StGB; vgl. oben Rdn. 10). Wegen der gesetzlichen oder statutarischen Mitwirkung des Aufsichtsrats bei der Prüfung (vgl. § 171 AktG) oder Feststellung des Jahresabschlusses vgl. die Erl. zu § 52. 4. Aufstellung innerhalb einer Frist 23
a) Grundsatz (§ 41 Abs. 2). In zeitlicher Hinsicht gibt § 41 Abs. 2 für die Aufstellung des Jahresabschlusses gegenüber dem HGB eine Spezialvorschrift: sie muß innerhalb von drei Monaten nach Ende des verflossenen (vergangenen) Geschäftsjahres erfolgen; dies gilt auch für vergangene Rumpfgeschäfts jähre. Das AktG (jetzt § 148) und das PublG (§ 5 Abs. 1) haben eine gleiche Regelung. Im HGB ist keine ausdrückliche Frist vorgesehen; eine erwogene gesetzliche Regelung (neun Monate) ist in das 1. WirtschKrimGes vom 29. 7. 1976 (BGBl 1976 I 2034) nicht aufgenommen (vgl. Baumbach-Duden, HGB, 22. Aufl. § 39 Anm. 1 C; Literatur und Rechtsprechung sprechen sich z . T . für eine 6-Monatsfrist aus, vgl. Hildebrandt in Schlegelberger HGB 5. Aufl., § 39 Anm. 7). Der Gesellschaftsvertrag kann im Rahmen des § 41 Abs. 3 die Aufstellungsfrist auf 6 Monate und ggf. auf 9 Monate verlängern (vgl. im einzelnen unten Rdn. 24ff.). Vorschriften über die Vorlage des aufgestellten Jahresabschlusses an die Gesellschafterversammlung kennt das GmbH-Gesetz nicht (anders §§ 170—171 AktG; § 7 PublG).
Fehlt es insoweit an einer Regelung im Gesellschaftsvertrag und wird der Jahresabschluß nicht innerhalb der gesetzlichen oder statutarischen Frist aufgestellt, so stehen den Gesellschaftern, insbesondere den Minderheitsgesellschaftern, verschiedene Rechtsbehelfe zu (vgl. § 29 Rdn. 22—25); auch haben sie aufgrund des ihnen zustehenden Auskunftsrechts Anspruch auf Ubersendung der bereits aufgestellten Bilanz (vgl. § 46 Rdn. 8; Scholz § 46, 2). 24 b) Verlängerung der Frist nach § 41 Abs. 3. Die Satzung kann die Dreimonatsfrist zur Aufstellung des Jahresabschlusses bis auf sechs Monate, wenn Geschäfte in überseeischen Gebieten zum Gegenstand des Unternehmens gehören, bis auf neun Monate erstrecken (Abs. 3). Die Satzung muß diese Bestimmung enthalten, ein einfacher Gesellschafterbeschluß oder der Geschäftsführungsvertrag genügen nicht. Wird die Fristerstreckung durch Satzungsänderung eingeführt, so hat dies zwar keine rückwirkende Kraft (§ 54 Abs. 3). Man wird es aber — wie bei der Verlegung des Geschäftsjahres (§ 29 Rdn. 19) — als ausreichend ansehen können, wenn die Anmeldung des satzungsändernden Beschlusses über die Fristverlängerung vor Ablauf der bisherigen (ggf. gesetzlichen) Frist zum Handelsregister eingereicht wird. In den Fällen, in denen eine GmbH kraft ihrer Größe oder der Art ihres Geschäftsbetriebs zugleich Spezialvorschriften unterliegt (vgl. die Darstellung in den Vorbem.), gehen diese, auch bezüglich dort vorgesehener Fristen für die Bilanzaufstellung (z. B. § 5 Abs. 1 PublG : 3 Monate, stets vor. Sieht diese spezielle Regelung keine Möglichkeit vor, durch den Gesellschaftsvertrag eine längere Frist vorzusehen, so ist eine entsprechende, abweichende Satzungsbestimmung unzulässig; der Registerrichter hat die Eintragung einer solchen unzulässigen Satzungsbestimmung abzulehnen (Vgl. § 10 Rdn. 4 und 12). 25
Bei Gesellschaften, deren Unternehmen der Betrieb von Geschäften in überseeischen Gebieten zum Gegenstand hat, „kann die Frist zur Bilanzaufstellung im Gesellschaftsvertrag auf neun Monate erweitert werden". Der Ausdruck „überseeische Gebiete" ist ungenau (vgl. hierzu Scholz, 8 und Baumbach-Hueck, 3 B) und kann nur mit den in 1892 bestehenden Kolonialgebieten (Feine 572) erklärt werden; in der (162)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
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Reform (E § 127) ist daher dieser Punkt gestrichen. Im Hinblick auf moderne Verkehrsmittel ist die Entfernung heute unerheblich; dies wird in der Praxis am besten durch die fristgerechte (3 Monate) Aufstellung von Weltbilanzen bewiesen. § 41 Abs. 3 ist schon heute ohne praktische Bedeutung. Nach geltendem Recht ist eine satzungsgemäße Verlängerung auf neun Monate jedoch noch zulässig. Voraussetzung ist Aufnahme der Frist in den Gesellschaftsvertrag und daß Geschäfte in überseeischen Gebieten zum Gegenstand des Unternehmens im Gesellschaftsvertrag i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 gehören. In welchem Umfang bestehende Gesellschaften von der 9-Monats-Frist Gebrauch gemacht haben, ist nicht bekannt. 5. Der Jahresabschluß als solcher a) Bilanz und Inventur. Die materiellen Vorschriften über die Aufstellung der 26 Bilanz, insbesondere deren Gliederung und Bewertung, werden in den Erläuterungen zu § 42 behandelt. Die Bilanz ist der das Verhältnis von Vermögen und Schulden darstellende Abschluß (§ 39 Abs. 1 HGB). Der Vermögensüberschuß ist das Reinvermögen; soweit dieses das Stammkapital übersteigt, ist es unter Rücklagen oder Gewinn bzw. Gewinnvortrag auszuweisen. Die Bilanz enthält Vermögen und Schulden (Aktiva und Passiva) zu den ihnen am Stichtag beizumessenden Werten. Die Bilanz setzt ein Inventar voraus (genaues Verzeichnis aller Vermögensgegenstände und Schulden, § 39 Abs. 1 H G B ; vgl. statt vieler Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 149 Tz. 151 ff.). Die Aufstellung des Inventars (Inventur) hat jährlich zu erfolgen. Bei den Vorräten dient das Inventar dem mengenmäßigen Nachweis des am Stichtag vorhandenen. Die — nicht zuletzt durch die EDV maßgeblich beeinflußten — Aufnahmeverfahren (Stichprobeninventur, permanente Inventur, vor- und nachverlegte Inventur) sind jetzt in § 39 Abs. 2 a, 3 und 4 HGB (Text in Vorbem.) geregelt. b) Gewinn- und Verlustrechnung. Neben der Bilanz ist die Gewinn- und Verlust- 27 rechnung zu erstellen. Beide zusammen bilden den Jahresabschluß. Die Gewinn- und Verlustrechnung ergibt sich notwendig aus der kaufmännischen (doppelten) Buchführung. Die Gewinn- und Verlustrechnung läßt sich ggf. aber auch aus einer einfachen oder kameralistischen Buchführung entwickeln (vgl. Vorbem. Rdn. 29). Die Bilanz ist eine Zeitpunkt-Rechnung. Sie erfaßt Aktiva und Passiva für den Zeitpunkt des Bilanzierungs-Stichtags. Dagegen ist die Gewinn- und Verlustrechnung eine Zeitraum-Rechnung. Sie gibt Rechenschaft über die Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Periode). Sie kann dies in einer mehr oder minder konzentrierten Form tun, weswegen der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung besondere Bedeutung zukommt (vgl. Erl. zu § 42).
III. Die Publizität von Jahresabschlüssen der GmbH 1. Allgemeines Der normale Ablauf der jährlichen Rechnungslegung ist folgender: Aufstellung des 28 Jahresabschlusses durch die Geschäftsführer innerhalb von drei Monaten (§ 41), ggf. freiwillige oder zwingende Abschlußprüfung (vgl. z. B. § 6 PublG), ggf. freiwillige oder zwingende Prüfung durch den Aufsichtsrat (z. B. § 7 PublG), Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter (§ 46) und Gewinnverteilungsbeschluß der Gesellschafter (§ 46). Nur in Ausnahmefällen, soweit durch andere Gesetze vorgeschrieben, schließt sich hieran die Einreichung des Jahresabschlusses zum Handelsregister und Bekanntmachung desselben im Bundesanzeiger (z. B. §§ 9 und 10 PublG). (163)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Im Aktiengesetz ist dieser gesamte Ablauf zwingend für alle Aktiengesellschaften vorgeschrieben (§§ 148, 162, 170-178). Insbesondere sind alle Aktiengesellschaften und KGaA zur Publizität ihres Jahresabschlusses verpflichtet (Einreichung zum Handelsregister und Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern, zu denen nach § 25 AktG zwingend der Bundesanzeiger zählt). 2. Beabsichtigte Reformen 29
Von gesetzlichen Sonderregelungen abgesehen (§§ 9 und 10 PublG, die über § 25 a K W G auch für Kreditinstitute jedweder Größenordnung gelten), gibt es generell keine alle GmbHs verpflichtende Publizität der Rechnungslegung; bislang schien die unterschiedliche Struktur von AG und GmbH es zu rechtfertigen, daß die Jahresabschlüsse der GmbH weder einer obligatorischen Abschlußprüfung noch einer Veröffentlichungspflicht unterlagen (Voraufl. Anm. 14; vgl. Einleitung Rdn. 55—60). Gerade eine Erweiterung der Rechnungslegungspublizität steht während der letzten Jahrzehnte im Vordergrund der Reformdiskussion; dabei wird zunächst die Befriedigung gesamtwirtschaftlicher Interessen zur Begründung herangezogen (im einzelnen Einleitung Rdn. 55). Diesen Forderungen ist für die große GmbH durch das PublG von 1969 generell Rechnung getragen. Darüber hinaus gibt es für GmbHs, die kraft ihres Gewerbes (z. B. Kreditinstitut) besonderen Rechnungslegungsvorschriften unterliegen, in der Regel auch spezielle Publizitätsvorschriften (vgl. unten Rdn. 30 sowie Vorbem.). Im Zuge der beabsichtigten Rechtsangleichung in der EG ist in der Ersten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vom 9. März 1968 bereits grundsätzlich die Publizität der Jahresabschlüsse der GmbHs festgelegt, jedoch bis zum Erlaß der 4. EG-Richtlinie (hierzu § 42 Rdn. 3 ff.) aufgeschoben (vgl. hierzu Forster in GmbH-Reform, Bad Homburg/Berlin/Zürich, 1970, 117; Gessler BB 1969 594). Jetzt steht schlechthin die externe Unterrichtung Dritter im Vordergrund; mit dem Privileg der beschränkten Haftung soll notwendigerweise die Offenlegung des Jahresabschlusses einhergehen. Trotzdem soll diese Offenlegung nach der 4. EG-Richtlinie je nach Größe der GmbH nur in abgestufter Form erfolgen. Wegen Einzelheiten vgl. S. 42. Rdn. 3 ff.
30
3. Die Publizität der Jahresabschlüsse der Kreditinstitute a) Bisher galt hier für die Veröffentlichung der Jahresbilanzen von Kreditinstituten die Vorschrift des § 41 Abs. 4 GmbH-Gesetz sowie für die Abschlußprüfung, die aufgrund von § 42a ergangene VO vom 7. Juli 1937 (RGBl. 763); zu den Einzelheiten der bisherigen Regelung vgl. Voraufl. § 41 Anm. 15—17 sowie § 42a Einleitung. § 41 Abs. 4 ist durch das 2. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 24. März 1976 (BGBl I, 725) aufgehoben, da auch für Kreditinstitute in der Rechtsform der GmbH die allgemeine Regelung des § 25 a KWG Geltung hat und die Sonderregelung im GmbH-Gesetz damit überflüssig wurde (BT-Drucksache 7/4631; vgl. Vorbem. Rdn. 8). Die Abschlußprüfung von Kreditinstituten jedweder Rechtsform war — unabhängig von dem neu eingeführten § 25 a KWG — ohnehin schon vorher in § 27 Abs. 1 und 2 KWG geregelt (vgl. hierzu Bähre-Schneider, KWG-Kommentar, 2. Aufl. München, 1976, § 25 a Anm. 3). § 25 a K W G Aufstellung und Veröffentlichung von Jahresabschluß und Geschäftsbericht Auf Kreditinstitute, die nicht in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien oder der Genossenschaft betrieben werden, oder die keine öffentlich(164)
Buchführung: Bilanzpflicht (Goerdeler)
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rechtlichen Sparkassen oder Kapitalanlagegesellschaften sind, ist der Erste Abschnitt des Gesetzes über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15. Aug. 1969 (BGBl I 1189; 1970 I 1113) geändert durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl I S. 469), auch dann anzuwenden, wenn das Kreditinstitut die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes nicht erfüllt. Kleinen Kreditinstituten von nur örtlicher Bedeutung kann das Bundesaufsichtsamt auf Antrag widerruflich gestatten, daß sie ihren Jahresabschluß nur in der örtlichen Presse veröffentlichen.
b) Die neue Regelung des § 25 a KWG soll auch das Informationsbedürfnis über die 31 Höhe des haftenden Eigenkapitals befriedigen, von der wiederum die Höhe des neu eingeführten Einlegerschutzes abhängig ist (so Assmann BB 1976 579ff; Henke DB 1976 517ff.). § 25 a KWG verweist im einzelnen auf den Ersten Abschnitt des Publ-Gesetzes, das sind die §§ 1 — 10. Die für die Anwendung des PublG notwendige Voraussetzung einer Größenordnung (§ 1 Abs. 3: 300 Mio. erweiterte Bilanzsumme) ist für die Anwendung des § 25 a KWG tinerheblich; jedes Kreditinstitut, gleich welcher Größenordnung und Rechtsform, unterliegt den Vorschriften der §§ 1 — 10 PublG. Die letztgenannten Vorschriften verlangen nicht nur die Aufstellung eines Jahresabschlusses innerhalb von drei Monaten nach Ablauf eines Geschäftsjahres (§ 5 Abs. 1, PublG eine Verlängerung der Frist ist unzulässig, vgl. oben Rdn. 24), sondern auch die Aufstellung eines Geschäftsberichts. Bei der Gliederung des Jahresabschlusses sind die einschlägigen Formblätter zu beachten (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 erster Halbsatz PublG; für die G m b H gelten die Formblätter der VO für Kreditinstitute vom 20. 12. 1967; Vorbem. Rdn. 8). c) Hinsichtlich der Bewertungsuntergrenzen gilt das den Kreditinstituten in § 26 a 32 Abs. 1 KWG seit dem E G zum AktG (§ 36) gewährte Privileg auch für Kreditinstitute, die nicht die Rechtsform der A G oder KGaA haben, sinngemäß (§ 5 Abs. 2 Nr. 6 PublG; hierzu Bähre-Scbneider aaO § 25 a Anm. 2); desgleichen besteht keine Verpflichtung, daß Kreditinstitute in ihrem Geschäftsbericht Angaben über die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich wesentlicher Änderungen machen müssen, da gemäß § 5 Abs. 4 PublG die Vorschrift des § 26 a Abs. 2 KWG sinngemäß anwendbar ist. d) Die Prüfung des Jahresabschlusses unter Einbeziehung der Buchführung und 33 des Geschäftsberichts einer GmbH, die Kreditinstitut ist, durch Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) ergibt sich aus § 6 Abs. 1 PublG sowie aus § 27 Abs. 1 und 2 KWG (§ 42a Rdn. 6). Wenn die GmbH einen Aufsichtsrat hat (§ 52 GmbHG sowie die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften), so obliegt dem Aufsichtsrat eine eigene Prüfungspflicht gemäß § 7 PublG. Die Feststellung des Jahresabschlusses gehört — vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung (§ 45 Abs. 2) — zur Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung („zuständige Stelle" i.S. von § 8 PublG). e) Schließlich sind der Jahresabschluß mit Bestätigungsvermerk des Abschluß- 34 prüfers und Geschäftsbericht nebst dem etwaigen Bericht eines Aufsichtsrats zum Handelsregister einzureichen, sobald der Jahresabschluß festgestellt ist (§ 9 Abs. 1 PublG). Zum Handelsregister ist auch die Bekanntmachung des Jahresabschlusses einzureichen (vgl. unten Rdn. 35). Die Bekanntmachung erfolgt im Bundesanzeiger (§ 10 Abs. 1 PublG); jedoch kann das Bundesaufsichtsamt gemäß § 25 a KWG kleine Kreditinstitute von nur örtlicher Bedeutung eine Veröffentlichung des Jahresabschlusses nur in der örtlichen Presse gestatten. Ausgenommen von der Rechnungslegungs- und Veröffentlichungspflicht (nach § 25 a Satz 1 KWG) sind völlig die Kapitalanlagegesellschaften, die häufig als GmbH betrieben werden (hier liegt möglicherweise ein Redaktionsversehen vor: siehe Bähre-Schneider aaO, § 25 a Anm. 1 a.E.). Zu veröffent(165)
§ 41
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
liehen ist der festgestellte Jahresabschluß mit dem Bestätigungsvermerk des Abschlußprüfers (§ 10 Abs. 1 und 4 PublG i.V. mit § 178 Abs. 1 Nr. 1 AktG). Die frühere Streitfrage, ob der aufgestellte oder festgestellte Abschluß zu veröffentlichen ist (Voraufl. Anm. 16), hat sich damit grundsätzlich erledigt. Allerdings müssen die Geschäftsführer dann den aufgestellten Jahresabschluß (mit Bestätigungsvermerk) veröffentlichen, wenn dessen Feststellung nach Ablauf von acht Monaten nach Geschäftsjahrende nicht erfolgt ist ( § 1 0 Abs. 2 PublG); erfolgt bei einer späteren Feststellung eine Änderung, so ist unverzüglich der geänderte Abschluß im Bundesanzeiger bekanntzumachen (§ 10 Abs. 3 PublG). Bei verkürzten Wiedergaben des Jahresabschlusses ist auf die Nummer des Bundesanzeigers hinzuweisen, in der die ungekürzte Fassung veröffentlicht ist ( § 1 0 Abs. 4 PublG i.V. mit § 178 Abs. 2 AktG). 35 f) Ordnungsstrafen. Die Bekanntmachung des Jahresabschlusses kann seitens des Registerrichters durch Ordnungsstrafen erzwungen werden (§21 PublG). Andererseits ist der Jahresabschluß vom Registerrichter nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit zu prüfen (KGJ 12 35; Scholz, 19; Baumbach-Hueck, 4). Er hat aber darauf zu achten, daß die wesentlichen Merkmale eines Jahresabschlusses gegeben sind (KGJ 24 202). Eine Nachprüfung, ob der Jahresabschluß offensichtlich nichtig ist, obliegt ihm dagegen nicht; denn auf § 177 Abs. 3 AktG ist im PublG nicht verwiesen. 4. Publizität der Gewinnverwendung Der festgestellte Jahresabschluß berücksichtigt nicht notwendigerweise schon die Gewinnverteilung, vielmehr ist der Gewinnverwendungsbeschluß gesondert zu fassen und ändert die festgestellte Bilanz nicht; im Aktienrecht ist er auch gesondert zu veröffentlichen (§§ 174, 175 Abs. 2 und 178 Abs. 1 Nr. 2 AktG). Auch im GmbH-Recht ist ein gesonderter Gewinnverteilungsbeschluß notwendig, es sei denn, daß die Satzung etwas anderes vorsieht (§ 29 Rdn. 40). Zur Gewinnverwendung gehört auch die Rücklagenbildung, wenn diese nicht ausnahmsweise, z. B. wegen entsprechender statutarischer Bestimmung, bereits bei der Aufstellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter erfolgt (§ 29 Rdn. 48). In anderen Worten: der zu veröffentlichende festgestellte Jahresabschluß i.S. von § 10 Abs. 1 PublG berücksichtigt nicht zwingend den Gewinnverteilungsbeschluß (Rücklagenbildung und Gewinnausschüttung), sondern weist den Bilanzgewinn noch unverteilt in den entsprechenden Bilanz- und GuV-Positionen aus (§ 29 Rdn. 36). Eine dem AktG entsprechende gesonderte Bekanntmachung des Gewinnverteilungsbeschlusses ist zulässig, aber durch das PublG — soweit dieses anwendbar ist — nicht vorgeschrieben. Vielfach haben die Gesellschaften bzw. ihre Gesellschafter den Wunsch, den Jahresabschluß nicht nur in der festgestellten Fassung (§ 10 Abs. 1 PublG) zu veröffentlichen, sondern unter Einbeziehung der Auswirkungen der Gewinnverteilung (insbesondere der Rücklagendotierung, soweit diese erst im Rahmen der Bilanzfeststellung durch die Gesellschafter beschlossen ist). Hiergegen sind Einwendungen nicht zu erheben. Es ist dann aber folgendes zu berücksichtigen: Die nachträgliche Einbeziehung (Einarbeitung) des Gewinnverteilungsbeschlusses in den festgestellten Jahresabschluß bedeutet eine Änderung des festgestellten Jahresabschlusses (vgl. § 29 Rdn. 35). Es ist daher notwendig, dies bei der Bekanntmachung in der Uberschrift oder sonstwie (z. B. durch eine Fußnote) kenntlich zu machen. Außerdem ist darauf zu achten, daß der Abschlußprüfer den Bestätigungsvermerk zu dem aufgestellten Jahresabschluß (§ 6 Abs. 1 PublG) bzw. den geänderten Jahresabschluß (§ 6 Abs. 1 und § 8 Abs. 3 PublG) gegeben hat und in aller Regel nicht zu dem Jahresabschluß, der (166)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§ 42
die beschlossene Gewinnverteilung berücksichtigt. In diesem Fall ist bei der externen Rechnungslegung, insbesondere bei der Bekanntmachung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger, der von der Fassung des testierten Abschlusses abweicht, in geeigneter Form darauf hinzuweisen, daß sich der Bestätigungsvermerk auf eine andere Fassung des Jahresabschlusses (nämlich vor Berücksichtigung der Gewinnverteilung) bezog (vgl. hierzu Fachgutachten IdW 3/1977 Abschnitt C, Anm. 2 in WPg 1977 217; der dort vorgeschlagene Wortlaut könnte auch in diesem Fall verwendet werden).
§42 Für die Aufstellung der Bilanz kommen die Vorschriften des § 40 des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Maßgaben zur Anwendung: 1. Anlagen und sonstige Vermögensgegenstände, welche nicht zur Weiterveräußerung, sondern dauernd zum Betriebe des Unternehmens bestimmt sind, dürfen höchstens zu dem Anschaffungs- oder Herstellungspreise angesetzt werden; sie können ohne Rücksicht auf einen geringeren Wert zu diesem Preise angesetzt werden, sofern ein der Abnutzung gleichkommender Betrag in Abzug oder ein derselben entsprechender Erneuerungsfonds in Ansatz gebracht wird; 2. die Kosten der Organisation und Verwaltung dürfen nicht als Aktiva in die Bilanz eingesetzt werden; 3. das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist als Aktivum in die Bilanz nur insoweit einzustellen, als die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäftsanteil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht; den in die Aktiva der Bilanz aufgenommenen Nachschußansprüchen muß ein gleicher Kapitalbetrag in den Passiven gegenübergestellt werden; 4. der Betrag des im Gesellschaftsvertrag bestimmten Stammkapitals ist unter die Passiva aufzunehmen. Das gleiche gilt von dem Betrage eines jeden Reserve- und Erneuerungsfonds sowie von dem Gesamtbetrage der eingezahlten Nachschüsse, soweit nicht die Verwendung eine Abschreibung der betreffenden Passivposten begründet; 5. der aus der Vergleichung sämtlicher Aktiva und Passiva sich ergebende Gewinn oder Verlust muß am Schluß der Bilanz besonders angegeben werden. Übersicht Einleitung Reform
Rdn. 1 2
A. Der Jahresabschluß der GmbH I. Allgemeine Grundsätze für die Erstellung des Jahresabschlusses 1. Der Zweck des Jahresabschlusses der GmbH 2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (Goß) a) Rechtsnatur der Grundsätze . . . b) Ermittlung der GoB (167)
6 7
12 15
Rdn. c) Der Einfluß des AktG 1965 auf die GoB 18 d) Der Einfluß der 4. EG-Richtlinie auf die GoB 21 e) Der Einfluß des Steuerrechts auf die GoB 22 3. Gesellschaftsvertragliche Regelungen 29 II. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzerstellung 30 1. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit 31 2. Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit 32
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§ 42
die beschlossene Gewinnverteilung berücksichtigt. In diesem Fall ist bei der externen Rechnungslegung, insbesondere bei der Bekanntmachung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger, der von der Fassung des testierten Abschlusses abweicht, in geeigneter Form darauf hinzuweisen, daß sich der Bestätigungsvermerk auf eine andere Fassung des Jahresabschlusses (nämlich vor Berücksichtigung der Gewinnverteilung) bezog (vgl. hierzu Fachgutachten IdW 3/1977 Abschnitt C, Anm. 2 in WPg 1977 217; der dort vorgeschlagene Wortlaut könnte auch in diesem Fall verwendet werden).
§42 Für die Aufstellung der Bilanz kommen die Vorschriften des § 40 des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Maßgaben zur Anwendung: 1. Anlagen und sonstige Vermögensgegenstände, welche nicht zur Weiterveräußerung, sondern dauernd zum Betriebe des Unternehmens bestimmt sind, dürfen höchstens zu dem Anschaffungs- oder Herstellungspreise angesetzt werden; sie können ohne Rücksicht auf einen geringeren Wert zu diesem Preise angesetzt werden, sofern ein der Abnutzung gleichkommender Betrag in Abzug oder ein derselben entsprechender Erneuerungsfonds in Ansatz gebracht wird; 2. die Kosten der Organisation und Verwaltung dürfen nicht als Aktiva in die Bilanz eingesetzt werden; 3. das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist als Aktivum in die Bilanz nur insoweit einzustellen, als die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäftsanteil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht; den in die Aktiva der Bilanz aufgenommenen Nachschußansprüchen muß ein gleicher Kapitalbetrag in den Passiven gegenübergestellt werden; 4. der Betrag des im Gesellschaftsvertrag bestimmten Stammkapitals ist unter die Passiva aufzunehmen. Das gleiche gilt von dem Betrage eines jeden Reserve- und Erneuerungsfonds sowie von dem Gesamtbetrage der eingezahlten Nachschüsse, soweit nicht die Verwendung eine Abschreibung der betreffenden Passivposten begründet; 5. der aus der Vergleichung sämtlicher Aktiva und Passiva sich ergebende Gewinn oder Verlust muß am Schluß der Bilanz besonders angegeben werden. Übersicht Einleitung Reform
Rdn. 1 2
A. Der Jahresabschluß der GmbH I. Allgemeine Grundsätze für die Erstellung des Jahresabschlusses 1. Der Zweck des Jahresabschlusses der GmbH 2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (Goß) a) Rechtsnatur der Grundsätze . . . b) Ermittlung der GoB (167)
6 7
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Rdn. c) Der Einfluß des AktG 1965 auf die GoB 18 d) Der Einfluß der 4. EG-Richtlinie auf die GoB 21 e) Der Einfluß des Steuerrechts auf die GoB 22 3. Gesellschaftsvertragliche Regelungen 29 II. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzerstellung 30 1. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit 31 2. Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit 32
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Rdn. a) Gliederung 33 b) Gesonderter Ausweis einzelner Posten 38 c) Saldierungsverbot 39 3. Der Grundsatz der Bilanzkontinuität 42 a) Bilanzidentität (Bilanzverknüpfung) 43 b) Formale Bilanzkontinuität . . . . 44 c) Materielle Bilanzkontinuität (Stetigkeit) 45 4. Der Grundsatz der Vollständigkeit 46 III. Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht 1. Allgemeines 50 2. Aktivierungsfähigkeit a) Vermögensgegenstand 51 b) Wirtschaftliche Zugehörigkeit aa) Grundsatz 55 bb) Anwendungsfälle а) Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung / -abtretung 58 ß) Treuhandverhältnisse . . 59 y) Kommissionsgeschäft . . 65 б) Miet- und Pachtverhältnisse 66 e) Leasing-Verhältnisse . . 67 Ç) Pensionsgeschäfte 72 T)) Warendarlehen 77 6) Aktivierungszeitpunkt 78 c) Die Aktivierung immaterieller Vermögensgegenstände aa) Begriff 85 bb) Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens 87 a) Voraussetzungen für die Aktivierung 88 ß) Aktivierungswahlrecht. 92 y) Abschreibung 93 cc) Immaterielle Gegenstände des Umlaufvermögens . . . . 94 d) Kosten der Organisation und der Verwaltung, der Gründung und Kapitalbeschaffung (§ 42 Nr. 2) 96 e) Geschäfts- oder Firmenwert . . . 97 3. Passivierungsfähigkeit a) Verbindlichkeiten 103 b) Bedingte Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten . . . . 105 c) Schwebende Geschäfte 107 d) Rückstellungen aa) Begriff 110
Rdn. bb) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten . . . 113 cc) Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften 115 dd) Anwendungsfälle 116 ee) Aufwandrückstellungen . . 118 e) Wertberichtigungsposten (Erneuerungsfonds) 120 f) Stammkapital 121 g) Rücklagen (Reservefonds) . . . . 123 h) Sonderposten mit Rücklageanteil 128 i) Nachschußkapital 132 4. Aktive und passive Posten der Rechnungsabgrenzung a) Begriff 134 b) Voraussetzung der Rechnungsabgrenzung 137 c) Bilanzierungspflicht 140 5. Reingewinn/Reinverlust(§42Nr. 5) 141 6. Aktivierungs- und Passivierungspflicht 142 IV. Weitere Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzerstellung 1. Stichtagsprinzip 2. Realisationsprinzip/Imparitätsprinzip a) Realisationsprinzip b) Imparitätsprinzip V. Bewertungsgrundsätze 1. Einleitung 2. Erfassung der Bewertungsobjekte 3. Bewertung des Anlagevermögens a) Anschaffungs- und Herstellungskosten b) Abschreibungen und Zuschreibungen 4. Bewertung des Umlaufvermögens a) Anschaffungs- und Herstellungskosten b) Niederstwertprinzip c) Beibehaltung des niedrigeren Wertansatzes 5. Bewertung der Verbindlichkeiten 6. Bewertung der Rückstellungen . . . 7. Bewertungsstetigkeit und Vergleichbarkeit 8. Grundsatz der Fortführung des Unternehmens (going-concernconcept)
143 146 147 150 151 154
157 162
165 174 181 182 186 189
190
VI. Unterrichtung der Gesellschafter . . . . 193 VII. Bilanzänderung
196 (168)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
Schrifttum Siehe die Angaben vor den einzelnen Unterabschnitten. Die nachfolgenden Werke werden mit Kurzbezeichnungen zitiert: Adler/Düring/Schmaltz = Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Aktiengesellschaft 4. Aufl.; Kropff, Aktiengesetz = Aktiengesetz Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6. 9. 1965 und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz vom 6. 9. 1965 mit Begründung des Regierungsentwurfs und Bericht des Rechtsausschusses, zusammengestellt von Dr. Bruno Kropff 1965; Kropff = Kropff in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff Aktiengesetz 1973. Einleitung § 42 bringt für die Bilanzierung bei der GmbH eine sehr lückenhafte Regelung. 1 Der Gesetzgeber des Jahres 1892 sah sich nur zu einigen Spezialvorschriften veranlaßt, die im wesentlichen den Grundsatz der Erhaltung des Stammkapitals (§ 30) sicherstellen sollten. Das formelle und materielle Bilanzrecht hat sich seitdem grundlegend weiterentwickelt (vgl. Vorbem. 2). Soweit das GmbHG oder andere Gesetze (Zusammenstellung siehe Vorbem. 5 ff.) keine Sondervorschriften bringen, gelten § 40 HGB und insbesondere die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (Vorbem. 25ff.). Die Vorschriften des AktG über die Aufstellung des Jahresabschlusses (§§ 148 ff. AktG) gelten für die GmbH — soweit sie nicht in anderen Gesetzen ausdrücklich für anwendbar erklärt worden sind (vgl. z. B. § 5 Abs. 2 PublG) — nur insoweit, als sie zu Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung geworden sind (vgl. Rdn. 19, 20). Vorschriften über den Konzernabschluß kennt das GmbHG nicht. Hier ist auf die Sondervorschriften im PublG und in § 28 Abs. 1 EG AktG zu verweisen (Vorbem. zu §§ 41, 42 und 42 a 5, 6). Zu dem Einfluß des Steuerrechts auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung vgl. Rdn. 22ff. Zu den Besonderheiten der Eröffnungsbilanz vgl. § 41 13—19. Für die auf den 21. 6. 1948 aufzustellende DM-Eröffnungsbilanz brachte das DM-Bilanz-Gesetz besondere Vorschriften (vgl. dazu 6. Aufl. Allg. Einleitung Anm. 9a). Reform Schrifttum Biener Die möglichen Auswirkungen der Vorschläge für eine 4. und 7. gesellschaftsrechtliche EG-Richtlinie auf die steuerliche Gewinnermittlung GmbH-Rdsch. 1978 14; Biener Die Harmonisierung der Konzernrechnungslegung in der Europäischen Gemeinschaft nach dem Vorschlag für eine 7. gesellschaftsrechtliche Richdinie DB 1977 1831; Busse von Cölbe Harmonisierung der Rechnungslegungs-Vorschriften für Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft durch die 4. Richtlinie des Rates Zs. f. betriebswirtschaftl. Forschung 1974 636—646; Coenenberg, Eifler Neue Aspekte der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften nach dem geänderten Vorschlag einer 4. EG-Richtlinie GmbH-Rdsch. 1974 249-255; Forster Rechnungslegung und Publizität in GmbH-Reform 1970 S. 94; Goerdeler Die Rechnungslegung im GmbH-Konzern in Der GmbH-Konzern 1976 S. 60; Greiffenhagen Zur Problematik der Rechnungslegungspublizität von Großunternehmen und Konzernen außerhalb der aktienrechdichen Unternehmensform mit der Sicht auf europäische Entwicklungen WPg 1968 5; Müller Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen nach dem Vorschlag einer 4. EG-Richtlinie AG 1974 273 —292; Oessling, Wiesner Was bringt der EG-Richdinienvorentwurf zur Konzernrechnungslegung AG 1975 201—206. (169)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
2
Der RegE von 1972 (vgl. Bundestags-Drucksache 7/253) und ihm vorausgehend der RefE von 1969 sah eine umfassende Neuregelung der Rechnungslegungsvorschriften in den §§ 127—151 vor. Er folgte dabei sowohl im Aufbau wie in der inhaltlichen Ausgestaltung der aktienrechtlichen Regelung, soweit aus der Struktur der GmbH nicht zwingend Abweichungen erforderlich waren, z. B. hinsichtlich der Zuständigkeit für die Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses, der Pflichtprüfung durch Abschlußprüfer und der Offenlegungspflicht. Der RegE eines Gesetzes zur Änderung des GmbHG von 1977 sieht dagegen Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften nicht mehr vor, so daß es zunächst bei der Vorschrift des § 42 verbleibt. 3 Eine grundlegende Reform der Rechnungslegungsvorschriften für die GmbH bringt die 4. Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe b EG-Vertrag „Zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind" — im folgenden 4. EG-Richtlinie genannt. Die Richtlinie ist am 25. 7. 78 vom Rat verabschiedet und am 14. 8. 78 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden (Text und Protokollerklärungen abgedruckt in Anh. II). Das deutsche Recht muß innerhalb von zwei Jahren nach der Bekanntgabe der Richtlinie an die Bundesregierung (31. 7./1. 8. 78) an die Vorschriften der Richtlinie angepaßt werden. Die Anwendbarkeit der neuen Vorschriften braucht allerdings erst 18 Monate (für einzelne Bestimmungen 5 Jahre, vgl. Art. 55 Abs. 2 der Richtlinie) nach dem spätesten Anpassungstermin einzusetzen. 4 Nach Inkrafttreten der 4. Richtlinie und Anpassung des nationalen Rechts muß die GmbH weitgehend wie die AG Rechnung legen. Dies gilt sowohl für die Gliederung wie für die Bewertung. Erstmals wird es dann für die GmbH auch gesetzliche Vorschriften für die Gewinn- und Verlustrechnung geben. Zusätzlich zur Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ist ein „Anhang zum Jahresabschluß" zu erstellen (Art. 43), in dem u. a. Angaben zu machen sind über — die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden — die Beteiligungen (Name und Sitz) — das Bestehen von Genußscheinen, Wandelschuldverschreibungen und ähnlichen Wertpapieren und Rechten — die Höhe der Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren sowie die Höhe aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft, welche dinglich gesichert sind — den Gesamtbetrag der finanziellen Verpflichtungen, welche nicht in der Bilanz erscheinen, sofern diese Angabe für die Finanzlage von Bedeutung ist — die Aufgliederung der Nettoumsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geographisch bestimmten Märkten, soweit diese sich untereinander erheblich unterscheiden — den durchschnittlichen Personalbestand — die Auswirkungen der Inanspruchnahme von Steuererleichterungen auf das Jahresergebnis — den Unterschied zwischen Steueraufwand und Steuerzahlungen — die Gesamtbezüge der Geschäftsführer und Aufsichtsorgane im Geschäftsjahr sowie Ruhegeldverpflichtungen gegenüber früheren Mitgliedern dieser Organe — die Gesamtbeträge der den Geschäftsführern oder Aufsichtsorganen gewährten Vorschüsse und Kredite unter Angabe der Zinsen und Bedingungen. Damit wird auch für die GmbH eine Art Geschäftsbericht eingeführt. (170)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
Die 4. Richtlinie ordnet eine Pflichtprüfung des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- 5 und Verlustrechnung und Anhang) auch für die GmbH an. Von dieser Verpflichtung kann der nationale Gesetzgeber für kleinere Gesellschaften Abstand nehmen (vgl. § 42 a, 20). Ferner sieht sie eine Offenlegung des Jahresabschlusses nebst Anhang und Bestätigungsvermerk vor. Auf einzelne Bestimmungen der Richtlinie wird im Rahmen der Erläuterungen hingewiesen. Für kleine Gesellschaften (Schwellenwerte in § 42 a, 20) kann der nationale Gesetzgeber auch zulassen, daß sie nur eine wesentlich verkürzte Bilanz aufzustellen und zu veröffentlichen haben (Art. 11, Art. 47 Abs. 2); von der Pflicht zur Offenlegung der Gewinn- und Verlustrechnung und des Lageberichts können kleine Gesellschaften ebenfalls befreit werden. Gesellschaften mittlerer Größe (jeweils zwei der folgenden Merkmale dürfen nicht überschritten werden: Bilanzsumme 4 Mio. ERE = rd. DM 10,28 Mio.; Nettoumsatzerlöse 8 Mio. ERE = rd. DM 20,56 Mio.; Beschäftigtenzahl 250) kann gestattet werden, eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung und einen verkürzten Anhang zu veröffentlichen (Art. 27, Art. 47 Abs. 3).
A. Der Jahresabschluß der GmbH I. Allgemeine Grundsätze für die Erstellung des Jahresabschlusses Das GmbHG enthält keine allgemeine Vorschrift für den Jahresabschluß der Gesell- 6 schaft etwa vergleichbar dem § 149 AktG. § 42 bringt lediglich einige spezielle Bilanzierungsvorschriften. Soweit das GmbHG keine Regelung enthält, greifen die Bestimmungen der §§ 38 bis 47a HGB und, soweit auch dort keine Regelung getroffen ist, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein (§ 41 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 HGB). Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im formellen Bereich (Grundsätze ordnungsmäßiger Dokumentation) werden in den Vorbem. erläutert (vgl. Rdn. 29—32). Hier interessieren die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Bereich der Bilanzierung und Bewertung; man kann sie insoweit als Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung bezeichnen (vgl. auch Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976 S. 4f.). Die Grundsätze sind subsidiär, sie treten also hinter gesetzliche Regelungen zurück. Trotzdem durchdringen sich beide Rechtsquellen (vgl. Kropff AktG § 149, 3), da die positiven Regelungen häufig nicht abschließend oder der Ausfüllung bedürftig sind. 1. Der Zweck des Jahresabschlusses der GmbH Nach § 29 haben die Gesellschafter Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz 7 sich ergebenden Reingewinn. Die Bilanz ist Grundlage der Gewinnverteilung (vgl. § 29, 15) an die Gesellschafter, sie ist damit in erster Linie Gewinnermitdungsbilanz. Die Ermitdung des Periodenergebnisses erfolgt in der Gewinn- und Verlustrechnung, sie stellt das eigendiche Ergebnis des Geschäftsjahres dar. Zweck des Jahresabschlusses ist insoweit die zutreffende Darstellung der Ertragslage. Die Information über die Ertragslage ist eine wichtige Grundlage für die Beschlußfassung der Gesellschafter über die Gewinnverwendung, also für ihre Disposition über das erwirtschaftete Periodenergebnis (vgl. § 46, 7). Der Jahresabschluß dient aber insbesondere der Rechenschaftslegung und zwar der Rechenschaftslegung der Geschäftsführung gegenüber den Gesellschaftern (der Entlastung ist regelmäßig der Jahresabschluß zugrunde zu legen; vgl. § 46, 22) und gegenüber Dritten, denen die Bilanz zugänglich gemacht wird oder zugänglich gemacht werden muß (vgl. z. B. § 9 PublG; weitere Nachweise Vorbem. 5ff.). Schließlich ist die Bilanz auch Grundlage der Kapitalerhaltung im Rahmen des § 30. Damit kommt ihr eine Gläubigerschutzfunktion zu. In diesem Zusammenhang soll die Bilanz die (171)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Schuldendeckungsmöglichkeiten aufzeigen (vgl. Kupsch WPg 1977 663, 665). Für die Berechnung des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens ist auf die Bilanzierungsregeln des Jahresabschlusses abzustellen (§ 30, 14). Entsprechendes gilt für die Unterrichtung der Gesellschafter über den Verlust der Hälfte des Stammkapitals nach § 49 Abs. 2 (vgl. § 42, 13 und Zilias WPg 1977 445ff.). Insoweit hat der Jahresabschluß, und hier insbesondere die Bilanz, die Aufgabe, die Vermögenslage der Gesellschaft erkennbar zu machen. Dies ergibt sich auch aus dem unbeschränkt anwendbaren § 38 Abs. 1 HGB. Obwohl eine zusammenfassende Vorschrift fehlt, gilt auch für den Jahresabschluß der GmbH die Aussage des § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG: Er muß im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft geben. Unmittelbar gilt diese Bestimmung ohnedies für alle GmbH's, die unter das PublG fallen (§ 5 Abs. 2 PublG). Die 4. EG-Richtlinie sieht vor, daß der Jahresabschluß einen getreuen Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft gibt. Schließlich dient der Jahresabschluß auch als Besteuerungsgrundlage (§ 8 KStG; § 5 EStG). 8
Die verschiedenen Zwecksetzungen des Jahresabschlusses stehen zwar grundsätzlich gleichrangig nebeneinander (Kropff AktG § 149, 99), führen aber nicht immer zu den gleichen Anforderungen an die Bilanz. So würde einer richtigen Darstellung der Vermögenslage z. B. eine Anpassung der Wertansätze an die Verkehrswerte (im Rahmen des Anschaffungsprinzips) mehr entsprechen als die Beibehaltung eines niedrigeren Wertansatzes, die aber für die Darstellung der Ertragslage zutreffender ist. Es ist dem Ermessen des Bilanzierenden überlassen, welcher Zwecksetzung er das Hauptgewicht beimessen soll. Bei der GmbH ist die Geschäftsführung hierbei — anders als Vorstand und Aufsichtsrat bei der AG — im Rahmen der Bilanzaufstellung (§ 41 Abs. 2) an die Weisungen und damit an die Zielsetzungen der Gesellschafterversammlung — natürlich im Rahmen des gesetzlich Zulässigen — gebunden. Da die Gesellschafterversammlung bei der GmbH im Regelfalle die Bilanz festzustellen hat (§ 46 Nr. 1), steht ihr ohnehin die letzte Entscheidung zu. Im Zweifelsfalle wird, gerade im Hinblick auf § 29 (grundsätzlicher Anspruch der Gesellschafter auf den Reingewinn), die zutreffende Darstellung der Ertragslage im Vordergrund stehen (so auch für die AG Kropff AktG § 149, 99 und Frotz DB 1976 1343, 1345). Der Ausweis der Vermögenslage darf aber, insbesondere im Hinblick auf §§ 30 und 49 Abs. 3, nicht unzutreffend werden.
9
Die genannten Bilanzierungszwecke hat der Bilanzierende bei der Ausübung seines Ermessens in bezug auf Bilanzierungswahlrechte und -Spielräume zu beachten. Die Bilanzzwecke werden somit zu Richtlinien für die Ermessensausübung des Bilanzierenden. Das gilt sowohl für die den Jahresabschluß aufstellende Geschäftsführung wie für die den Jahresabschluß feststellende Gesellschafterversammlung, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Die Geschäftsführung ist über die allgemeinen Grenzen der Ermessensausübung hinaus, der auch die Gesellschafterversammlung unterliegt (dazu nachfolgend), insbesondere an die von der Gesellschafterversammlung vorgegebenen Bilanzierungsregeln gebunden, solange sie sich im Rahmen des gesetzlich Zulässigen halten. Auch die Satzung kann entsprechende Bestimmungen enthalten (vgl. § 3, 41), die dann auch die Gesellschafterversammlung binden; so z. B. die Bestimmung, daß die Rechnungslegungsvorschriften des AktG zur Anwendung kommen sollen. Zwingende Bilanzierungsvorschriften des GmbHG (insbesondere § 42 Nr. 2) gehen vor. 10 Zu § 149 Abs. 1 Satz 2 AktG ist die Frage kontrovers geworden, inwieweit die Forderung nach einem möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft zu einer Einschränkung der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten führt. Diese Frage ist auch für die GmbH von Bedeutung, und zwar sowohl für den Fall, daß § 149 AktG unmittelbare Anwendung findet (z. B. über § 5 Abs. 2 (172)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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PublG oder § 25 a KWG) als auch für den Fall, daß diese Grundsätze nur gemäß den allgemeinen Grundsätzen gelten (Rdn. 7). Art. 2 Abs. 3, 4. EG-Richdinie bringt ohnedies für alle GmbH's eine ähnliche Regelung (Rdn. 7). Zwei Grundrichtungen lassen sich erkennen: Eine Auffassung läßt dem Ermessensspielraum grundsätzlich den Vorrang und will durch die Generalklausel lediglich einen Mißbrauch der Wahlrechte verhindern (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 94; Forster WPg 1965 588 sowie in Wirtschaftsprüfung im neuen Aktienrecht 1966 30; Saage NB 1966 71). Die andere Auffassung hingegen fordert, daß die Wahl der Bewertungs- und Abschreibungsmethode in jedem Einzelfall sachgerecht, entsprechend dem Zweck des Bewertungsspielraums, und unter Beachtung der Forderung nach einem möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage auszuüben ist (Döllerer BB 1966 629, 633; Geßler in 75 Jahre Deutsche Treuhand-Gesellschaft 1965 154, 155; Claussen in Kölner Komm. § 149, 11; differenzierend Kropff WPg 1966 369ff. und AktG § 149, 90ff.; Frotz DB 1976 1343 ff.). Der Struktur der GmbH wird die zweite Auffassung eher gerecht. Der Ausübung 11 von Ermessensspielräumen bei der Bilanzierung muß ein sachlicher Grund zugrundeliegen. Die Ermessensspielräume werden nicht durch den Mißbrauchstatbestand, der ja stets auch ein subjektives Element enthalten müßte, sondern auch durch die Beachtung der Bilanzzwecke, also insbesondere dem zutreffenden Erfolgsausweis (Rdn. 8) begrenzt. Bei der konkreten Bilanzaufstellung und -feststellung müssen sich Gesellschaft und Gesellschafter in diesen Grenzen halten. Anderenfalls ist die Bilanzfeststellung anfechtbar. Sind keine gesellschaftsvertraglichen Fesdegungen erfolgt, so steht bei der GmbH stets der Bilanzzweck der zutreffenden Erfolgsermittlung (Rdn. 8) im Vordergrund. Im Rahmen dieser Grenzen können die Ermessensspielräume zur Verwirklichung Unternehmens- und bilanzpolitischer Zielsetzungen ausgenutzt werden (zu diesen Zielsetzungen vgl. Wöhe 577ff.). Im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung müssen auch Minderheitsgesellschafter die Verwirklichung begründeter bilanzpolitischer Ziele hinnehmen (vgl. dazu § 29, 26f., 28ff. - stille Reserven - ) . Der Gesellschaftsvertrag oder Gesellschaftsbeschlüsse können für die Ausübung von Ermessensspielräumen bindende Regeln aufstellen (z. B. die Anwendung steuerlicher Grundsätze vorschreiben). Dabei handelt es sich im Hinblick auf § 29 um Regelungen, die die Grundlage der Gesellschaftsverhältnisse berühren und damit satzungsändernder Mehrheit bedürfen. Um dem bilanzfeststellenden Organ (in der Regel der Gesellschafterversammlung) die Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungsspielräumen in sachgerechter Weise zu ermöglichen, hat die Geschäftsführung die notwendigen Informationen zu geben (Rdn. 193ff.; § 29, 29). Diesem Erfordernis wird in der 4. EG-Richtlinie durch die Einführung eines Anhangs zur Bilanz (vgl. Rdn. 4) weitgehend Rechnung getragen. 2. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung (GoB) Schrifttum Christoffers Die aktienrechdichen Bilanzierungsvorschriften als Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung? Diss. 1969; Glade Strapazierte Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung StBJb. 1971/72 313-360; Gollub Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Hinblick auf Gesetz und Rechtsprechung Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht 1965 369—371; Herrmann Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Licht einer entscheidungswissenschaftlichen Rechtstheorie ZGR 1976 203—230; Kreutzer Enthalten die aktienrechtlichen Vorschriften über den (173)
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Jahresabschluß einen Kodex allgemeiner Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung? Diss. 1970; Körner Wesen und Funktion der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung WPg. 1973 309—318; Kruse Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Rechtsnatur und Bestimmung 1970; Leffson Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976; Leffson Zur Gemeinsamkeit juristischer und ökonomischer Ermittlung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung WPg. 1973 582—585; Maul Offene Probleme der Ermittlung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ZfbF 1974 726—745; Meurad/Häberle Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung Wirtschaftswissenschaftliches Studium 1975 499—500; Mittelbach Ordnungsmäßigkeit der Buchführung Steuer-Kongreß-Report 1969 265-290; Mittelbach Ordnungsmäßigkeit der Buchführung 1971; Moxter Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft Festschrift für Leffson 1976 87—100; Mutze Die Wandlung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durch die Weiterentwicklung des Buchführungs- und Bilanzwesens BB 1969 56—63; Mutze Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung AG 1971 149—150; Pougin Die Rechnungslegungsvorschriften des neuen Aktiengesetzes als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Wirtschaftsprüfer im Dienst der Wirtschaft 1968 215—255; Sauge Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aus der Sicht des neuen Aktienrechts NB 1967 1—20; Steinbach Die Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965, 1973; Weissenborn Rechnungslegungsvorschriften des Aktienrechts als allgemein gültige Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung BB 1976 97—100; Döllerer Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, deren Entstehung und Ermittlung WPg. 1959 653-658 = BB 1959 1217-1221; Döllerer Rechnungslegung nach dem neuen Aktiengesetz und ihre Auswirkungen auf das Steuerrecht BB 1965 1405—1417; Loy Grundsätze und Regeln ordnungsmäßiger Buchführung — ihre Rechtsnatur BB 1970 1210—1212; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1970; Anderson Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung 1965; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977; Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976. a) Rechtsnatur der Grundsätze. Die GoB sind der Zentralbegriff für Bilanzierung und Bewertung, soweit in § 40 HGB keine ausdrückliche Regelung getroffen ist. Sie bilden den rechtlich bindenden Verhaltenskodex des Bilanzierungspflichtigen oder, mit den Worten des BFH (Urteil vom 31. 5. 1967 BStBl. 1967 III 607), „GoB sind die Regeln, nach denen der Kaufmann zu verfahren hat, um zu einer dem gesetzlichen Zweck entsprechenden Bilanz zu gelangen". Die GoB sind, nach heute wohl vorherrschender Meinung, Rechtsnormen (vgl. z. B. Döllerer WPg. 1959 653; Brüggemann in Großkomm. HGB § 38, 2; Baumbach-Duden, HGB 22. Aufl. § 38, 5A; Kropff AktG § 149, 7; Leffson GoB S. 2) und damit im Streitfall von Amts wegen zu ermitteln und revisibel. Die Begründung der Rechtsnormenqualität ist allerdings umstritten, handelt es sich um Rechtsquellen mit abgeleiteter Rechtssatzwirkung (so Döllerer WPg. 1959 654; BB 1959 1217), um Gewohnheitsrecht oder nur um ein Auslegungsproblem des § 38 HGB (Nachweise bei Kruse S. 13ff.). Differenzierter ist die Auffassung von Kruse (S. 100ff., ihm folgend Steinbach S. 32), der nur einem Teil der GoB Rechtsnormenqualität zugesteht. Es könne sich auch um Handelsbräuche oder Verkehrsanschauungen handeln. Eine ausschließliche Zuordnung sei nicht möglich. 13 Kruse muß eingeräumt werden, daß die GoB in einem so komplexen Zusammenhang stehen, der eine undifferenzierte Auffassung ausschließt. GoB können gesetzlich kodifiziert sein (z. B. in § 39 HGB, der jeden Kaufmann zur Errichtung von Inventar und Bilanz verpflichtet). GoB können auch Gewohnheitsrecht sein, sofern sie einer regelmäßigen, einheitlichen, allgemeinen Übung entsprechen, die mit der Überzeugung vorgenommen wird, rechtlich zu solchem Verhalten verpflichtet zu sein. Gewohnheitsrechtliche Geltung können heute z. B. beanspruchen die Grundsätze der Bilanzwahrheit, der
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Bilanzkontinuität, der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, der Vollständigkeit, das Anschaffungswertprinzip, das Imparitätsprinzip, der Grundsatz der Einzelbewertung und andere mehr. Schließlich können sich GoB auch aus kodifizierten, gewohnheitsrechtlichen oder vereinbarten Obersätzen ableiten lassen. Insoweit handelt es sich um abgeleitete Rechtsnormen, die ihre Legitimation in den genannten Obersätzen finden. Dabei ist auf Maul (ZfbF 1974 726 ff.) hinzuweisen, der mit Recht hervorhebt, daß die GoB je nach Rechnungslegungszweck durchaus unterschiedliche Begriffsinhalte aufweisen können. Für die GmbH ist dies von besonderer Bedeutung, da im Rahmen des gesetzlich verbliebenen Freiraumes auch im Gesellschaftsvertrag Rechnungslegungszwecke wie auch spezielle Bilanzierungs- und Bewertungsregeln festgelegt werden können. Im Vorfeld der GoB können sich Buchführungsgewohnheiten, Anschauungen und 14 Meinungen entwickeln, die über die Verkehrsanschauung und den Handelsbrauch einmal zu GoB heranreifen, aber auch genausogut wieder verschwinden können (vgl. Kruse S. 101). Die GoB bedürfen einer besonderen Legitimation, die im kodifizierten oder Gewohnheitsrecht oder in der lex contractus zu finden ist. Bloße Meinungen noch so kompetenter Stellen können GoB nicht schaffen, sondern nur mit zu deren Herausbildung beitragen. Das gilt z. B. von der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte (insbesondere des BFH), aber auch von Stellungnahmen der Berufsverbände (z. B. des Instituts der Wirtschaftsprüfer). Dies kann dazu führen, daß bei Auftreten neuer wirtschafdicher Sachverhalte für eine Ubergangszeit nur eine Subsumtion unter die bisherigen GoB rechtlich erzwungen werden kann, auch wenn eine Änderung von den mit der Rechnungslegung befaßten Kreisen — wenigstens teilweise — für notwendig oder zweckmäßig erachtet wird. Ein typisches Beispiel hierfür ist z. B. die bilanzielle Behandlung des Leasing. Unter Hinweis auf die GoB werden z. Zt. wesentlich unterschiedliche Anforderungen gestellt, eine auch nur annähernde Deckungsgleichheit der Auffassungen ist bisher nicht hergestellt (vgl. Urteil des BFH vom 26. 1. 1970 BStBl. 1970 II 264; Stellungnahmen der Finanzverwaltung BStBl. 19711 264 und BStBl. 1972 1 188; Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IdW) 1/73 WPg. 1973 101f., ablehnend Flume DB 1973 1661, Bremser BB 1973 2149; Leßolm DB 1973 2149; Leffson DB 1976 641, 685; Stellungnahme der GEFIU DB 1974 544). b) Ermittlung der GoB. Die Methode der Ermittlung der GoB ist — wie deren 15 Rechtsnatur — umstritten. Zum einen wird eine empirische Fesdegung (also durch Beobachtung und Erfahrung) verlangt. Nach dieser Auffassung kommt es zwar nicht darauf an, was die Praxis tut, aber was sie für richtig hält, und zwar nach dem Maßstab ordendicher und gewissenhafter Kaufleute (BGH WPg. 1961 214, OLG Frankfurt/M. BB 1959 1226; Schwalenbach ZfhF 1933 225; Bühler-Scherpf Bilanz und Steuer 1957 28; Scherpf Die aktienrechtliche Rechnungslegung und Prüfung 1967 Rdn. 19; Saage NB 1967 2, Mutze BB 1969 56; Anderson S. 25; Hirsch JZ 1962 333; Rehbinder NJW 1966 1550; Waldner BB 1961 1108; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die GmbH 1976 79; Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftssteuer § 5 EStG Anm. 17; weitere Nachweise bei Leffson S. 25ff.). Demgegenüber befindet sich die Auffassung im Vordringen, die eine deduktive Ermittlung der GoB vertritt ( L e f f s o n S. 40ff„ Döllerer WPg. 1959 653 und BB 1959 1217ff.; Spitaler StuW 1959 633; Maassen DB 1970 849; Adler/Forster Die AG 1961 301; Havermann DB 1961 986; Adler/Düring/Schmaltz § 149, 20; Kropff AktG § 149, 10f.). Danach sind die GoB aus „dem Sinn und Zweck der Bilanz" (Kropff aaO) oder aus der „Zwecksetzung der Rechnungslegung" (Adler/Düring/Schmaltz aaO) abzuleiten. Beide Auffassungen haben zu einer Wirkung der Ermittlung von GoB wesendich 16 beigetragen, können aber in ihrer reinen Ausprägung nicht voll befriedigen. Sicherlich erschöpft sich die Feststellung der GoB nicht in rein empirischen Erhebungen. Eine Antwort (175)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
auf die komplexen Probleme moderner Rechnungslegung könnte so wohl nur selten gefunden werden. Andererseits besteht das Problem der deduktiven Methode darin, daß sie an Obersätze anknüpfen muß, aus denen sie GoB „ableiten" kann, die aber selbst nicht ableitbar sind. Eine Anknüpfung an „den Sinn und Zweck der Bilanz" ist viel zu unbestimmt, um daraus eine konkrete Aussage herleiten zu können, zumal über die Bilanzziele — wie auch über andere vorgegebene Prämissen — ein breites Spektrum von Meinungen vertreten wird (vgl. Rdn. 7f. sowie u. a. Herrmann ZGR 1976 203ff., 207 und Maul ZfbF 1974 726ff.). Darüber hinaus besteht die Gefahr, wie sie Kropff (§ 149, 11) zutreffend erkannt hat, daß betriebswirtschaftliche Lehrmeinungen und Ansichten als GoB erklärt werden. Sie können, wie auch die Rechtsprechung oder Stellungnahmen von Berufsverbänden, auf die Bildung von GoB einwirken, diese aber nicht rechtsschöpferisch hervorbringen (insoweit unzutreffend Döllerer WPg. 1959 653, 655 gegen Döllerer vgl. auch Liebs AG 1978 44ff.). Insoweit fehlt diesen Meinungen und Stellungnahmen die Legitimation (Flume StbJB 1964/65 62; Esser Festschrift für Fritz v. Hippel 1967 123). 17
Zutreffend wird man mit Kruse (aaO S. 187ff.) eine differenzierende Betrachtung anstellen müssen. Die GoB sind entweder kodifiziertes Recht (so z. B. teilweise im HGB, im AktG, im PublG) oder Gewohnheitsrecht. Insoweit sind diese Rechtsquellen festzustellen und auszulegen. Kann eine Frage daraus nicht entschieden werden, ist eine Ableitung von GoB aus den erkennbaren Zielsetzungen des kodifizierten Rechts oder des Gewohnheitsrechts erforderlich (so wohl auch Steinbach, S. 34). Dabei sind insbesondere die Zwecke der Rechnungslegung zu beachten, die — soweit Vertragsfreiheit besteht — gerade bei der GmbH auch im Gesellschaftsvertrag ihren Niederschlag finden können. Insoweit können aus privatautonomen Regelungen besondere GoB erwachsen, soweit sie nicht im Gegensatz zu den allgemeinen GoB stehen. Sind bei der GmbH besondere Bilanzzwecke nicht ersichtlich, so steht der richtige Erfolgsausweis für den Jahresabschluß im Vordergrund (Rdn. 8), solange dem Gläubigerschutz Rechnung getragen ist. Sind mehrere Problemlösungen aus den gegebenen Obersätzen ableitbar, so liegt im Zweifel diejenige im Rahmen der GoB, die dem Handelsbrauch, der Verkehrsanschauung (so wohl auch Kropff § 149, 11; und BFH, Beschl. v. 3. 2. 1969 BStBl. 1969 II 291, 293) oder allgemein anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspricht. c) Der Einfluß des AktG 1965 auf die GoB. Schrifttum: Vgl. auch das vor Rdn. 12 aufgeführte Schrifttum. Christoffers Die aktienrechtlichen Bilanzierungsvorschriften als Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung? Göttingen 1969; Döllerer Rechnungslegung nach dem neuen Aktiengesetz und ihre Auswirkungen auf das Steuerrecht BB 1965 1406ff.; Greiffenhagen Zur Bedeutung aktienrechtlicher Rechnungslegungsvorschriften als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung für Unternehmungen außerhalb der Aktiengesellschaft WPg. 1966 141 ff.; Gutbrod Auswirkungen der Aktienrechtsreform auf das Recht der GmbH, GmbH-Rdsch. 1966 80ff.; Klein Das Aktiengesetz und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung BB 1967 89ff.; Kreutzer Enthalten die aktienrechtlichen Vorschriften über den Jahresabschluß einen Kodex allgemeiner Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung? Saarbrücken 1970; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Köln 1976; Rehbinder Gelten die neuen Bewertungsvorschriften des Aktienrechts auch für Unternehmen mit anderer Rechtsform NJW 1966 1549f.; Rover Sind die aktienrechdichen Vorschriften Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung? in: Wirtschaftsprüfung im neuen Aktienrecht 1960 93 ff.; Saage Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aus der Sicht des neuen Aktienrechts NB 1967 1—20; Steinbach Die Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 Wiesbaden 1973; Weissenborn Rechnungslegungsvorschriften (176)
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des Aktienrechts als allgemein gültige Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung BB 1976 97 ff. Das AktG 1965 hat erstmals ins einzelne gehende Rechnungslegungsvorschriften 18 kodifiziert. Der Regelungsbereich dieser Vorschriften erstreckt sich zunächst ausschließlich auf die Aktiengesellschaft. Nur ausnahmsweise — und hier auch nur für den Konzernabschluß — ist die GmbH betroffen, sofern sie Konzernspitze ist und ein einzubeziehendes Konzernunternehmen die Rechtsform einer AG oder KGaA hat (§ 28 EG AktG; Vorbem. Rdn. 6, 7). Unmittelbare Anwendung finden die Rechnungslegungsvorschriften des AktG auf die GmbH jedoch bei gesetzlicher Verweisung, so z. B. für GmbH's, die unter des PublG fallen (§§ 5 Abs. 2 und 13 Abs. 2 PublG) oder die ein Kreditinstitut betreiben (§ 25 a KWG). Die Rechnungslegungsvorschriften des AktG können ferner auf Grund gesellschafts vertraglicher Verweisung zur Geltung kommen. Eine solche gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die ganz oder teilweise auf die §S 151ff. AktG verweist (vgl. § 3, 42) ist in der Praxis nicht selten anzutreffen. Wird sie nachträglich in den Gesellschaftsvertrag eingefügt, sind die Voraussetzungen einer Satzungsänderung einzuhalten. Eine Bilanzaufstellung und -feststellung nach aktienrechdichen Grundsätzen entspricht, soweit nicht im GmbHG eine ausdrückliche Sonderregelung enthalten ist (vgl. z. B. Rdn. 96), in jedem Falle den GoB, so daß aus diesem Gesichtspunkt auch keine Anfechtungsmöglichkeit gegeben sein wird. Eine ganz andere Frage ist, ob und inwieweit die Rechnungslegungsvorschriften des 19 AktG als GoB auch für die übrigen Kaufleute und damit für die GmbH gelten ( S S 6 und 38 Abs. 1 HGB; § 41 Abs. 1). Diese Frage ist mehr als 10 Jahre nach Inkrafttreten des AktG 1965 heftig umstritten. Zur Diskussion stehen weniger die Gliederungs- als vielmehr die Bewertungsvorschriften des AktG. Die Geltung der Bewertungsvorschriften des AktG als GoB wird bejaht von Döllerer BB 1965 1405, 1417; BB 1966 629, 632; Eder GmbH-Rdsch. 1965 147 und 194; Rover aaO S. 93ff.; Weissenborn BB 1976 97, 100. Beim BFH läßt sich eine gewisse Hinwendung zu dieser Auffassung erkennen (vgl. Urt. des BFH v. 19. 6. 1973, BStBl. 1973 II 774, 775 im Gegensatz zu BFH, Beschl. vom 3. 2. 1969 BStBl. 1969 II 291, 293), was das Gericht jedoch nicht hindert, in anderen Fällen aktienrechdiche Regelungen als „Ausnahme von der Regel" zu betrachten und nicht allgemein anzuwenden (z. B. § 152 Abs. 7 Nr. 1 AktG zu Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsarbeiten, vgl. BFH BStBl. 1974 II 25). Gegen die Geltung der aktienrechdichen Bewertungsvorschriften als GoB für alle Kaufleute, soweit es sich im AktG nicht ohnehin um die Kodifizierung bereits geltender GoB handelt, haben sich ausgesprochen!! Ludewig GmbH-Rdsch. 1965 192ff.; Gutbrod GmbH-Rdsch. 1966 80, 82f.; Rehbinder NJW 1966 1549f.; Greiffenhagen WPg. 1966 141ff.; Klein BB 1967 89ff.; Lehmann aaO S. 78ff.; Maul ZfbF 1974 726, 740; wohl auch Kruse aaO S. 220; Steinbach aaO S. 222; Herrmann-Heuer aaO S 5 EStG Anm. 18. Eine generelle Geltung aktienrechtlicher Bewertungsvorschriften als GoB für die 20 GmbH kann nicht angenommen werden. Es fehlt jede überzeugende Begründung dafür, daß mit Inkrafttreten des AktG 1965 Regelungen für alle Kaufleute zu GoB geworden sein sollten, die es vorher nicht waren; diese Wirkung wollten und konnten sich die Bestimmungen des AktG nicht beilegen. Regelungen des AktG, die nicht ohnehin die Voraussetzungen der GoB erfüllen (Rdn. 13), können aus der Tatsache der Regelung im AktG nicht die Legitimation erhalten, nunmehr als GoB zu gelten (zutreffend Rehbinder NJW 1966 1549; Lehmann aaO S. 80ff.). Dabei darf allerdings nicht verkannt werden, daß das AktG eine Reihe von Regelungen kodifiziert, die bereits 1965 als GoB allgemeine Geltung beanspruchen konnten (s. z. B. das Anschaffungswertprinzip vgl. Kruse aaO S. 220; Maul ZfbF 1974 742). Insoweit können die gesetzlichen Regelungen für AG und KGaA zur Auslegung der geltenden GoB herangezogen werden. Regelungen, die nicht (177)
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kodifizierte GoB sind, können dagegen keine Geltung für die GmbH beanspruchen, solange sie sich nicht zum Gewohnheitsrecht entwickelt haben oder für die GmbH — z. B. durch Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag — zu speziellen GoB geworden sind. Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Reihe aktienrechtlicher Bestimmungen sich zu GoB entwickeln werden, wenn sich bei allen beteiligten Wirtschaftskreisen die opinio necessitatis einstellt (vgl. Rehbinder NJW 1966 1950) oder wenn die Kodifizierung auf weitere Rechtsformen erstreckt wird, dies ist z. B. in erheblichem Umfange bei der Transformierung der 4. EG-Richtlinie in nationales Recht zu erwarten (vgl. Rdn. 2 und 37). Für die Anwendung der aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften wird angeführt, daß diese neben dem Gläubigerschutz vor allem den Aktionärsschutz verwirklichen wollten. Der Gesellschafterschutz sei aber auch bei anderen Rechtsformen ein zu verwirklichendes Ziel (vgl. z. B. Weissenborn BB 1976 97, 98). Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß bei anderen Rechtsformen der Gesellschafterschutz in gleicher Weise wie bei der AG erfolgen muß. Bei der GmbH obliegt die Feststellung der Bilanz und damit die Bewertungsentscheidung bei den Gesellschaftern selbst (§ 46 Nr. 1, vgl. auch Rdn. 8). Hierfür muß den Gesellschaftern eine ausreichende Information durch die Geschäftsführung zugänglich gemacht werden. Davon zu unterscheiden ist der Schutz des Minderheitsgesellschafters vor einem Mißbrauch des Stimmrechts durch den Mehrheitsgesellschafter bei Bilanzfeststellung; dazu bedarf es aber nicht der generellen Übernahme aktienrechdicher Bewertungsbestimmungen (vgl. dazu die Ausführungen zu § 29, 26 ff. und Lehmann aaO S. 81). 21
d) Der Einfluß der 4. EG-Richtlinie auf die GoB. Mit der Verabschiedung der 4. EG-Richtlinie (vgl. Rdn. 3 f. und DB 1977 1354) und deren Transformierung in nationales Recht werden eine Reihe von Rechnungslegungsvorschriften auch für die GmbH kodifiziert. Die Verwirklichung der Richtlinie wird zu einer weiteren Vereinheitlichung der GoB für Kapitalgesellschaften (jedenfalls AG und GmbH) führen. Darüber hinaus unternimmt die Richtlinie (Art. 31) den Versuch, die für die Bewertungsproblematik wichtigsten GoB ausdrücklich zu kodifizieren (vgl. auch Coenenberg/Etfler GmbH-Rdsch. 1974 249, 251). Mit Inkrafttreten der entsprechenden nationalen Bestimmungen ist der Raum für gewohnheitsrechtliche GoB, Verkehrssitten und Handelsbrauch weiter zugunsten expliziter gesetzlicher Regelungen eingeschränkt. Damit wird sich auch die Frage, ob die aktienrechtlichen Bestimmungen als GoB für alle Kaufleute gelten, jedenfalls für die GmbH weitgehend erledigen.
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e) Der Einfluß des Steuerrechts auf die GoB. In § 5 Abs. 1 EStG wird der Grundsatz der sogenannten Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz festgelegt (Vorbem. Rdn. 26ff.). Danach ist für steuerliche Zwecke das Betriebsvermögen anzusetzen, „das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist". Gesetzlich wird der Maßgeblichkeitsgrundsatz nur begrenzt durch § 5 Abs. 4 EStG zugunsten besonderer steuerlicher Vorschriften (über Entnahme und Einlagen: § 4 Abs. 1 EStG; über die Zulässigkeit der Bilanzänderung: § 4 Abs. 2 EStG; über Betriebsausgaben: § 4 Abs. 4—7 EStG; über die Bewertung: §§ 6, 6a EStG und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung: § 7 EStG). Die Rechtsprechung des BFH (insbesondere BFH Beschl. v. 3. 2. 1969, BStBl. 1969 II 291, 293) hat jedoch den Maßgeblichkeitsgrundsatz über § 5 Abs. 4 EStG hinaus in bedenklicher Weise dahingehend eingeschränkt, daß „sich aus der Verweisung auf die handelsrechdichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in § 5 EStG allenfalls eine Bindung des Steuerrechts an handelsrechdiche Aktivierungsverbote und Passivierungsgebote herleiten lasse" (BFH aaO). Diese weitgehende Einschränkung ist vom Gesetz nicht gedeckt; sie läßt sich auch nicht mit der Überlegung rechtfertigen, daß es gegen den verfassungsrechtlichen Grund(178)
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satz der Gleichheit der Besteuerung verstoße, wenn sich ein Kaufmann in Ausübung handelsrechtlicher Bewertungswahlrechte ärmer mache als er ist (zur Kritik vgl. auch Herrmann-Heuer aaO § 5 EStG Anm. 49g (6)). Über § 5 Abs. 1 EStG wird ein unmittelbarer Konnex zwischen Steuerrecht und 23 GoB hergestellt. Die Folge davon ist, daß sich die mit dem Steuerrecht befaßten Kreise mit den GoB beschäftigen müssen, also Finanzverwaltung, Steuerpflichtiger und die Finanzgerichtsbarkeit. Da gerade in diesem Bereich die stärksten Interessengegensätze liegen, werden die meisten Gerichtsentscheidungen zu GoB durch die Steuergerichte (Finanzgerichte und Bundesfinanzhof) getroffen. Da sowohl die Finanzverwaltung wie die Finanzgerichte zu GoB Stellung nehmen müssen (vgl. z. B. Döllerer in Busse von Cölbe/ Lutter Wirtschaftsprüfung heute, Entwicklung oder Reform S. 185), sind deren Verlautbarungen, Urteile und Beschlüsse bei der Ermittlung der GoB zu beachten. Sowohl Finanzverwaltung sind zur Ermittlung von GoB angehalten und können mit der Kaufmannschaft zur Herausarbeitung neuer GoB oder zur Auslegung bestehender GoB maßgeblich beitragen (vgl. Rdn. 16). Häufig spricht man auch von einer Umkehrung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes und 24 meint damit, daß steuerliche Bestimmungen für die Handelsbilanz maßgeblich sind (vgl. auch Vorbem. Rdn. 28). Dies ist für die GmbH in dreifacher Hinsicht von Bedeutung: aa) Steuerliche Bestimmungen können sich im Laufe der Zeit zu GoB auch für die 25 Handelsbilanz entwickeln; dies ist z. B. für die Bestimmungen des § 5 Abs. 2 und 3 EStG anzunehmen, die die aktienrechdiche Behandlung von immateriellen Wirtschaftsgütern und von Rechnungsabgrenzungsposten steuerlich für alle Vollkaufleute für verbindlich erklären. bb) Die Beachtung steuerlicher Bestimmungen kann im Gesellschaftsvertrag der 26 GmbH bindend für die Handelsbilanz der GmbH vorgeschrieben werden, soweit nicht zwingende Vorschriften des GmbHG entgegenstehen (vgl. Rdn. 96). Dies ist etwa dort anzutreffen, wo — insbesondere bei kleineren GmbH's — zur Vereinfachung nur eine Bilanz, nämlich eine Handelsbilanz = Steuerbilanz aufgestellt wird. Die Anwendung steuerlicher Vorschriften für die Handelsbilanz kann auch beschränkt werden, z . B . auf die Bewertungsvorschriften (§§ 6, 6a EStG). Damit wird erreicht, daß — ähnlich den §§ 153 bis 156 AktG — nicht nur Höchstgrenzen, sondern auch Mindestgrenzen des Wertansatzes festgelegt und die Möglichkeiten zur Bildung stiller Reserven eingeschränkt werden. Durch die Anwendung steuerlicher Bewertungsvorschriften wird zwischen Mindest- und Höchstwertvorschriften ein Bewertungsrahmen geschaffen. cc) Schließlich setzt die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen, zum Teil 27 aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift, entsprechende Maßnahmen in der Handelsbilanz voraus (vgl. Erlaß FinMin Nordrhein-Westfalen BB 1974 1148; Offerbaus StBp 1974 205; Bordewin BB 1974 1432; Söffing FR 1976 313). Hierzu gehören heute vor allem die Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG sowie die Rücklagen nach §§ lff. des Entwicklungsländer-Steuergesetzes (BGBl. 1975 I 493), ferner die Bewertungsvergünstigungen, die in Form einer erhöhten Absetzung, einer Sonderabschreibung, einer Bewertungsfreiheit oder eines Bewertungsabschlags gewährt werden (z. B. §§ 7d, 7e EStG 1975; §§ 79, 80, 81, 82, 82d, 82e, 82f. EStDV; § 3 Abs. 2 Zonenrandförderungsgesetz vom 18. 2. 1976 - BGBl. 1976 I 353 - ; Beispiele ferner bei Herrmann-Heuer, aaO, § 5 EStG Anm. 49j (2), Flämig DB 1968 2046; Mutze AG 1972 145 und Woerner BB 1976 1569). Da es sich dabei in der Regel nicht um Maßnahmen mit bilanzieller, sondern mit wirtschaftspolitischer Zielrichtung handelt, haben diese Maßnahmen mit den eigentlichen Rechnungslegungszwecken nichts zu tun (Tipke, Steuerrecht 3. Aufl. S. 390 spricht zutreffend von „subventioneilen Steuerbegünstigungen"). Im Gegenteil führen sie oftmals zu einer Verfälschung oder „Deformierung" der Handelsbilanz (Karsten BB 1967 425; (179)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Meilicke StBJB 1965/66 146). Damit ergibt sich die Frage, ob in der Handelsbilanz nach GoB solche Bilanzierungsmaßnahmen überhaupt getroffen werden können. Für die AG wird dieses Problem durch §§ 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 155 Abs. 3 Nr. 2 AktG gelöst, die einen niedrigeren Wertansatz zulassen, „der für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag für zulässig gehalten wird". Damit ist das bilanzfeststellende Organ (in der Regel Vorstand und Aufsichtsrat) frei, Subventionelle Steuervergünstigungen auch 28 nach Handelsrecht auszuschöpfen. Gelten aber § 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 155 Abs. 3 Nr. 2 AktG als GoB auch für die GmbH? Dies ist zu verneinen (vgl. Selchert DB 1974 2313, 2314 ablehnend wohl auch Woerner BB 1976 1569, 1571). Die Bestimmung wollte der AG nur die Möglichkeit geben, steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten auszunutzen (Ausschußbericht zu § 154 AktG, Kropff AktG 1965 245), nicht aber GoB postulieren. Bei der GmbH sind damit bilanzielle Maßnahmen zur Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen nicht selbstverständlich GoB. Bei der Feststellung der Handelsbilanz kann aber eine entsprechende Bilanzierung im Rahmen des § 46 Nr. 1 mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Wertuntergrenzen vorschreibt (vgl. Rdn. 26); im letzten Falle wäre eine satzungsändernde Mehrheit erforderlich. Uberstimmte Minderheitsgesellschafter, deren Gewinnanspruch durch diese Maßnahme betroffen wird, können sich im Rahmen der in § 29, 26 ff. erörterten Grenzen gegen die Bilanzierung zur Wehr setzen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß das Streben nach einer Minimierung der Steuerbelastung eine zulässige und sogar notwendige Überlegung im Zuge der Bilanzaufstellung und -feststellung ist und, um mit den Worten des RG (RGZ 156 52, 56) zu sprechen „einem gesunden und durchaus berechtigten kaufmännischen Bedürfnis" entspricht. Im Rahmen der Interessenabwägung bei der Bilanzfeststellung müssen auch überstimmte Gesellschafter die Überlegung gegen sich gelten lassen, daß die Wahrnehmung von Steuervergünstigungen in der Regel der Leistungskraft der Gesellschaft zugute kommt. Steuervergünstigungen führen in der Regel zu einer Verlagerung steuerpflichtiger Gewinne in die Zukunft (Steuerverschiebung) was einer zinslosen Steuerstundung gleichkommt. Dies führt zu einer Liquiditätsverbesserung und zu einem zusätzlichen Zinsertrag, der die Gesellschaft stärkt und deren Wert erhöhen kann (vgl. Wöhe aaO 587). Die Inanspruchnahme subventioneller Steuervergünstigungen und die entsprechende Bilanzierung in der Handelsbilanz ist damit nicht generell willkürlich; (zu den Anfechtungsmöglichkeiten vgl. § 29, 30). Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn in der Handelsbilanz späterer Jahre Sonderabschreibungen, die zur Inanspruchnahme subventioneller Steuervergünstigungen durchgeführt wurden, im Wege der Zuschreibung wieder eliminiert werden (vgl. Rdn. 174). Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, daß die Ubereinstimmung von Handelsbilanz und Steuerbilanz während des gesamten gesetzlich vorgesehenen Begünstigungszeitraumes bestehen müsse und damit bei einer Rückgängigmachung in der Handelsbilanz auch die Vergünstigung rückgängig zu machen sei (Erlaß Fin. Min. Nordrhein-Westfalen BB 1974 1148; Offerhaus StBp 1974 205; Bordewin BB 1974 1432; Söffmg FR 1976 313 ferner § 175 AO 1977). Nach der derzeitigen steuerlichen Rechtslage ist bei einer Zuschreibung eine entsprechende Steuerrückstellung zu bilden. 3. Gesellschaftsvertragliche Regelungen 29
Der Gesellschaftsvertrag kann, soweit damit nicht gegen zwingende gesetzliche Regelungen (z. B. § 42 Nr. 2 GmbHG, § 5 Abs. 2 PublG) oder gegen den Grundsatz verstoßen wird, daß der Jahresabschluß einen sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft geben muß (vgl. Rdn. 7), Regeln für die Aufstellung des Jahresabschlusses aufstellen. (180)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
Mit derartigen Bestimmungen schränkt er den Ermessensspielraum der für die Bilanzierung Verantwortlichen über die gesetzlichen Schranken hinaus ein (vgl. Rdn. 9). Dabei ist z. B. an Vorschriften zu denken, die die Rechnungslegungsvorschriften (insbesondere Gliederung und Bewertung) des AktG (dazu Rdn. 18) oder steuerliche Grundsätze (Rdn. 26) ganz oder teilweise für anwendbar erklären. Auf die im Einzelfall betroffene Gesellschaft bezogen, können in der Satzung enthaltene Weisungen dieser Art besondere GoB darstellen (Rdn. 17, 20). Auch wenn der Gesellschaftsvertrag Bestimmungen der dargestellten Art enthält, hat die Gesellschafterversammlung die Möglichkeit, mit satzungsändernder Mehrheit eine abweichende Handhabung zu beschließen. Dieser Beschluß ist allerdings anfechtbar, wenn er unter Verletzung der Treuepflicht den Gewinnanspruch eines Gesellschafters beeinträchtigt (§ 29, 27). Ein Gesellschafterbeschluß, der allgemeine, d. h. nicht nur für den Abschluß eines bestimmten Jahres gültige Bilanzierungsgrundsätze aufstellt, bedarf auch dann satzungsändernder Mehrheit, wenn ihm keine Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages entgegenstehen, damit einer derartigen Regelung in die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses eingegriffen wird (Rdn. 11). In diesem Zusammenhang taucht bei Gesellschaftsverträgen, die vor Inkrafttreten des AktG 1965 formuliert wurden, die Frage auf, ob Verweisungen auf das AktG hier nach wie vor zu einer Geltung der Bilanzierungsregeln des früheren AktG von 1937 führen oder ob nunmehr auch in diesen Fällen das neue AktG anzuwenden ist. Angesichts der wohl unbestrittenen Meinung, daß eine Globalverweisung nur dann zulässig ist, wenn der Kreis der anzuwendenden Vorschriften genügend bestimmt ist [Konow, GmbH-Rdsch. 1968 48, 49; Lehmann 4), dürfte sich aus einer Verweisung, die diese Voraussetzung erfüllt, in der Regel konkret der Wille zur Inkraftsetzung der jeweils in Bezug genommenen Vorschrift des AktG 1937 erkennen lassen, der nicht in einen Willen umgedeutet werden kann, nun auch anderslautende Bestimmungen des AktG 1965 zu Bestandteilen des Gesellschaftsvertrages zu machen. Dies gilt um so mehr, als bei der Vertragsauslegung stets von den zur Zeit des Vertragsschlusses bestehenden Vorstellungen auszugehen ist (Soergel-Siebert-Knopp, § 157 Rdn. 159). Es muß in diesen Fällen also bei der Anwendung des AktG 1937 bleiben. Anders ist die Frage allerdings dann zu beurteilen, wenn sich aus den getroffenen Vereinbarungen besondere Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Vertragsschließenden nicht die konkreten Vorschriften des AktG zum Gegenstand des Vertrages machen wollten, sondern in erster Linie das Ziel verfolgten, die GmbH möglichst weitgehend wie eine AG zu behandeln. Dieser Vorstellung der Parteien wird nur die Anwendung der jeweils für die AG geltenden Vorschriften gerecht. II. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzerstellung Schrifttum Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976; Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977. Die nachfolgenden Grundsätze der Rechnungslegung gehören zu den GoB und sind 30 damit wie von jedem Kaufmann auch von der GmbH zu beachten. Soweit sie formaler Natur sind (insbesondere die Grundsätze ordnungsmäßiger Dokumentation — Buchführungspflichten — und Inventur), wurden sie bereits bei Vorbem. 29ff. und § 41, 26f. abgehandelt. Soweit die Grundsätze auslegungs- und ausfüllungsbedürftig sind, ist auf Rdn. 16 hinzuweisen. Dabei ist die laufende Weiterentwicklung des betrieblichen Rechnungswesens zu beachten (vgl. Wöhe 143f.). (181)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 1. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit
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Es gibt keine objektive oder absolute Bilanzwahrheit. Dies ergibt sich unmittelbar aus den notwendigerweise subjektiven Einschätzungen bei der Bewertung wie auch aus den zahlreichen dem Bilanzierenden eingeräumten Wahlrechten und Ermessensspielräumen (vgl. Wöhe 178; Knobbe-Keuk 22; Leffson 98ff.). Zutreffend stellt Knobbe-Keuk (aaO) den Inhalt des Grundsatzes wie folgt dar: „Die Bilanz muß sachlich richtig sein, sie darf nichts Falsches enthalten. Aktiva und Passiva müssen vollständig erfaßt sein. Kein Vermögensgegenstand, keine Verbindlichkeit darf völlig außer Ansatz bleiben. Selbst bei vollständiger Abschreibung müssen die Aktiven mit einem Erinnerungswert in die Bilanz eingesetzt werden. Es dürfen keine Vermögensgegenstände und Schulden hinzuerfunden, ,fingiert' werden. Was die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände anbetrifft, so beinhaltet das Postulat der Bilanzwahrheit lediglich, daß diese innerhalb des Rahmens der Bewertungsvorschriften und -grundsätze vorgenommen werden muß, daß erforderliche Schätzungen nicht willkürlich vorgenommen werden dürfen." mit Leffson (104) wird man eher von der „Richtigkeit" der Bilanz sprechen müssen, nämlich der Richtigkeit in bezug auf Gesetz, GoB, Gesellschaftsvertrag und Bilanzzweck (vgl. Rdn. 9). Wöhe (178) spricht in diesem Zusammenhang auch von der Zweckmäßigkeit der Bilanzierung. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit beinhaltet auch den Grundsatz der Willkürfreiheit (vgl. Leffson 107). Bei der GmbH muß dies insbesondere im Hinblick auf den korrekten Erfolgsausweis gelten (§ 29, 27). Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit können insbesondere Manipulationen zum Bilanzstichtag sein (sog. window dressing), so etwa, wenn — zur verbesserten Liquiditätsdarstellung — vor dem Bilanzstichtag Forderungen verkauft wurden, die kurzfristig nach dem Bilanzstichtag vereinbarungsgemäß wieder zurückgekauft werden müssen.
2. Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit 32
Dieser GoB bezieht sich vor allem auf die Aufmachung der Rechenschaftslegung. Er fordert eine den Rechnungslegungszwecken entsprechende Gliederung des Vermögens, der Schulden und des Kapitals sowie von Aufwendungen und Erträgen. Im Gegensatz zur umfassenden gesetzlichen Regelung dieses Grundsatzes im AktG kennt das GmbHG keine gesetzlichen Festlegungen. Im AktG findet sich dieser Grundsatz allgemein in § 149 Abs. 1 Satz 2 sowie in konkreter Ausgestaltung (vgl. Kropff AktG § 149, 41) — im gesetzlichen Gliederungsschema (§§ 151, 157) — im Gebot des gesonderten Ausweises der einzelnen Posten (§151 Abs. 1 Satz 1, § 157 Abs. 1 Satz 1) — im Vorrang des Ausweises unter bestimmten Posten (z. B. § 151 Abs. 3, Abs. 5 Satz 3) — im Saldierungsverbot (§ 152 Abs. 8, § 158 Abs. 2 und 3). Damit ist der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit nahezu umfassend umschrieben ( K r o p f f aaO). Unmittelbare Anwendung findet diese gesetzliche Regelung auf die GmbH in den Fällen der ausdrücklichen Verweisung auf die Vorschriften des AktG (z. B. § 5 Abs. 2 PublG; § 25a KWG). Im übrigen gilt folgendes:
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a) Gliederung. Die Gliederungsvorschriften des AktG (§§ 151, 157) sind keine GoB. Allerdings wird man mit Kropff (AktG Vorbem. vor § 148, 18) annehmen müssen, daß die Postenbezeichnungen nicht in einem vom AktG abweichenden Sinne verwandt werden dürfen. Dies wäre ein Verstoß gegen die Bilanzklarheit, die auch im Blick auf die Vergleichbarkeit mit Unternehmen in anderer Rechtsform und dabei insbesondere in der (182)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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Rechtsform der AG gesehen werden muß. Die aktienrechtlichen Vorschriften entsprechen aber in detaillierter Form den Anforderungen, die nach GoB an Klarheit und Übersichtlichkeit der Rechnungslegung zu stellen sind. Das sind für die Bilanz (vgl. Leffson 123) — sachgerechte Gliederung — eindeutige, den Inhalt treffend kennzeichnende Bezeichnungen der einzelnen Bilanzposten — Berücksichtigung der Abschreibungen oder Wertberichtigungen getrennt nach den einzelnen Posten des Aktivvermögens und für die Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Leffson 124) — sachgerechte Gliederung nach Aufwands- und Ertragsarten — eindeutige, den Inhalt treffend kennzeichnende Bezeichnungen der einzelnen Aufwands- und Ertragsposten — gesonderter Ausweis der periodenfremden Aufwendungen und Erträge — gesonderter Ausweis aller sonstigen außerordentlichen Aufwendungen und Erträge. Die GmbH, die sich an das aktienrechtliche Schema für Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung hält oder sich wenigstens an deren allgemeinen Gliederungsprinzipien ausrichtet, bewegt sich damit auf jeden Fall im Rahmen der GoB. Die in Vorbem. 23 erwähnten Richtlinien halten die sinngemäße Anwendung der Vorschriften über die Gliederung der Jahresbilanz auch für Nicht-Aktiengesellschaften für „erwünscht". Obwohl diese Empfehlung noch für das AktG 1937 ausgesprochen wurde, gilt sie gleichermaßen für das AktG 1965. Auch im Industrie-Kontenrahmen sind die aktienrechtlichen Gliederungsvorschriften verankert (vgl. Müller DB 1971 829, 831). Für die GmbH ist aber auch jede andere sachgerechte Gliederung möglich, sofern sie die vorstehend aufgeführten allgemeinen Voraussetzungen erfüllt (so ggf. auch eine nach ausländischen Vorstellungen ausgerichtete Gliederung). Das aktienrechtliche Gliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung 34 (vgl. Anh. I zu § 42, § 157 AktG) zeigt ohnedies in den Posten 30 und 31 spezifisch auf die AG zugeschnittene Regelungen. Die GmbH kann statt der im AktG vorgesehenen Staffelform nach wie vor die Kontoform wählen (vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 157, 14f.). Wichtig ist, ob die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Bruttoprinzip (d. h. Aufwendungen und Erträge werden ohne Saldierung gegenübergestellt) oder wahlweise nach dem Nettoprinzip (d. h. Aufwendungen und Erträge werden völlig oder teilweise gegeneinander aufgerechnet) aufgemacht werden kann. Das AktG folgt seit der „kleinen Aktienrechtsreform" von 1959 einer nahezu vollständigen Bruttomethode, die betriebswirtschaftlich wesentlich aussagefähiger als die Nettomethode ist (vgl. Wöhe 231 ff.). So wünschenswert aus Gründen des besseren Einblicks in die Erfolgsquellen der Gesellschaft eine Bruttorechnung ist, wird man die Bruttomethode, wie sie in § 157 Abs. 1 AktG ihren Niederschlag gefunden hat, nicht als GoB ansehen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das AktG selbst für kleinere Aktiengesellschaften (bis zu DM 3 Mio Bilanzsumme) bereits eine Ausnahme vom Bruttoprinzip zuläßt. Hier können Umsatzerlöse, Bestandsveränderungen und andere aktivierte Eigenleistungen mit den Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren verrechnet werden. Die Gewinn- und Verlustrechnung weist als ersten Posten also den Rohertrag oder Rohaufwand aus (vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 157, 226ff.). Dies ist natürlich auch bei der GmbH, und zwar ohne Rücksicht auf die Größenmerkmale und weiteren Voraussetzungen des § 157 Abs. 4 AktG zulässig. Aber auch darüber hinausgehend ist bei der GmbH eine weitergehende Aufrechnung von Erträgen und Aufwendungen zulässig. Allerdings muß verlangt werden, daß Auf(183)
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Wendungen und Erträge danach unterschieden werden, ob sie mit der Betriebsleistung zusammenhängen oder ob sie neutralen Charakter und bei diesem wiederum, ob sie außerordentlichen Charakter haben. Als Mindestgliederung muß deshalb im Interesse der Klarheit der Ausweis von Betriebsaufwand/Ertrag und von neutralem Aufwand/ Ertrag, davon außerordentlichem Aufwand/Ertrag, verlangt werden (vgl. auch Forster in GmbH-Reform 1970, 111 und Wöbe 232). Die flexiblere Handhabung ist auch deshalb geboten, weil die GmbH keine Kapitalmarktgesellschaft ist. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nicht für ein anlagesuchendes Publikum und für Bilanzanalysen bestimmt, sondern in erster Linie für eine beschränkte Zahl von Gesellschaftern im Hinblick auf deren Gewinnanspruch, die sowohl im Gesellschaftsvertrag wie auch bei der Feststellung des Jahresabschlusses in der Art der Darstellung weniger gebunden sind als Vorstand und Aufsichtsrat einer AG (ähnlich auch Baumbach-Hueck 1 A). Durch Gesellschaftervertrag oder Gesellschafterbeschluß kann den Gesellschaftern ggf. über den Jahresabschluß hinaus Anspruch auf detaillierte Information gegeben werden. Man kann von „interner" und „externer" Rechnungslegung sprechen (Förster in GmbH-Reform 1970, 107ff.). Zum Auskunftsrecht der Gesellschafter vgl. Rdn. 193ff. und § 46, 8. 35
Zulässig ist es ferner, die Gewinn- und Verlustrechnung als Produktionsrechnung (Gesamtkostenrechnung) oder als Umsatzrechnung (Umsatzkostenrechnung) aufzumachen (zum Unterschied vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 157, 17ff.; Kropff § 157, 6ff. Wöhe 235ff.). Bei der Produktionsrechnung die der aktienrechlichen Gewinn- und Verlustrechnung zugrundeliegt, werden die Aufwendungen der Periode der gesamten Betriebsleistung (der Produktion) der Periode gegenübergestellt ohne Rücksicht darauf, ob sie Umsatz geworden ist oder nicht. Bei der Umsatzrechnung werden dagegen die Umsatzerlöse, die größer oder kleiner als die Produktion sein können, den Umsatzaufwendungen unter Berücksichtigung der Bestandsveränderungen als Aufwand gegenübergestellt. Der entscheidende Unterschied besteht letztlich darin, ob die Bestandsveränderungen auf der Aufwands- oder Ertragsseite berücksichtigt werden: Bei der Produktionsrechnung ist Aufwand = Produktionsaufwand der Periode und Ertrag = Gesamdeistung der Periode (Umsatzerlöse — Bestandsabnahme + Bestandserhöhüng); bei der Umsatzrechnung ist Aufwand = Umsatzaufwand (Produktionsaufwand + Bestandsabnahme — Bestandserhöhung) und Ertrag = Umsatzerlös der Periode (nach Wöbe 235). Die 4. EGRichtlinie läßt beide Formen der Gewinn- und Verlustrechnung nebeneinander zu (vgl. Anh. II zu § 42). Die Gliederung des Aufwands kann nach Kostenträgern (also nach Produkten), nach Kostenstellen (z. B. Kosten der Fertigung, der Verwaltung, des Vertriebs) oder nach Kostenarten (Material, Löhne und Gehälter, Abschreibungen, Zinsen, Steuern etc.) erfolgen. Das AktG (§ 157) folgt der Aufteilung nach Kostenarten; dies hat den praktischen Vorteil, daß die Aufwendungen aus der Finanzbuchhaltung zu entnehmen sind. Die 4. EG-Richtlinie sieht auch eine Gliederung nach Kostenstellen vor (vgl. Anh. II zu § 42).
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Wegen ihrer allgemeinen Bedeutung sind im Anhang I die Rechnungslegungsvorschriften des AktG (§§ 151 bis 158) abgedruckt.
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Eine grundlegende Veränderung der Rechnungslegung der GmbH wird durch die 4. EG-Richtlinie (Rdn. 3 ff.) bewirkt werden, sobald diese in nationales Recht transferiert ist. Der Text der Richtlinie ist in Anhang II abgedruckt. Die Richdinie enthält für die Bilanz zwei und für die Gewinn- und Verlustrechnung sogar 4 Gliederungsschemata, die der nationale Gesetzgeber alternativ, aber auch kumulativ einführen kann. Für die Gewinn- und Verlustrechnung kann der nationale Gesetzgeber gewisse Erleichterungen vorsehen (Nichtausweis der Umsatzerlöse). Nach dem derzeitigen Stand greifen die Erleichterungen ein, sofern zwei der folgenden drei Merkmale nicht überschritten werden: (184)
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Bilanzsumme 4 Mio ERE (ca. 10,3 Mio DM); Nettoumsatzerlöse 8 Mio ERE (ca. 20,6 Mio DM); Anzahl der Arbeitnehmer 250. b) Gesonderter Ausweis einzelner Posten. Das AktG (§151 Abs. 1) verlangt den 38 getrennten Ausweis der einzelnen Posten des gesetzlichen Bilanzschemas (Rdn. 36). Entsprechendes gilt für die Gewinn- und Verlustrechnung (§ 157 abs. 1 AktG). Damit können auch Posten des gesetzlichen Schemas nicht zu einem Posten zusammengezogen werden (Adler/Düring/Schmältz § 151, 4ff.). Da für die GmbH ein gesetzliches Schema für den Jahresabschluß nicht besteht — abgesehen von den besonderen gesetzlich geregelten Fällen (z. B. § 5 Abs. 2 PublG; weitere Vorbem. 5ff.) — gilt auch nicht das aktienrechliche Gebot des getrennten Ausweises einzelner Posten. Trotzdem wird man es als GoB betrachten müssen, daß eine gewisse Mindestgliederung eingehalten wird und innerhalb dieser eine Zusammenziehung von Posten unzulässig ist. In Anlehnung an das aktienrechtliche Leitschema ist auf der Aktivseite der Bilanz eine Mindestgliederung in Anlagevermögen und Umlaufvermögen üblich geworden, wobei das Anlagevermögen wiederum in Sachanlagevermögen, immaterielle Anlagewerte und Finanzanlagen und das Umlaufvermögen in Vorräte, Forderungen und andere Gegenstände des Umlaufvermögens unterteilt wird. Bei den Forderungen ist es sinnvoll, die gegenüber verbundenen Unternehmen und Gesellschaftern bestehenden gesondert zu zeigen (vgl. Goerdeler in Probleme der GmbH-Reform 1970, 158). Auf der Passivseite werden Eigenkapital und Fremdkapital unterschieden, wobei das Fremdkapital wiederum mindestens in langfristig und kurz- und mittelfristig unterteilt wird. Man mag auf der Aktivseite eine andere Reihenfolge vorziehen (vgl. z. B. Weber DB 1972 1397, 1399), jedenfalls wird eine noch stärkere Zusammenfassung heute nicht mehr den GoB entsprechen (vgl. auch Forster in GmbH-Reform 1970, 109). Für die Gewinn- und Verlustrechnung dagegen wird man auch heute noch eine relativ starke Komprimierung für zulässig halten müssen (vgl. auch Rdn. 34ff.). In jedem Falle ist aber zu beachten, daß bei Verwendung der im AktG definierten Postenbezeichnungen in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, diesen Posten auch nur die aktienrechdich zulässigen Inhalte gegeben werden dürfen (vgl. Rdn. 33 und Kropff AktG Vorbem. vor § 148, 18 und Vorbem. vor § 151, 9). Unabhängig von der Aufgliederung des Jahresabschlusses in einzelne Posten nach GoB ist die Frage, ob der Gesellschafter aufgrund seines Auskunftsrechts Anspruch auf Information über einzelne Geschäftsvorfälle oder Aufgliederung einzelner Bilanzposten hat, sofern er ein berechtigtes Interesse nachweist (z. B. Darlehnsaufnahme von oder Ausleihungen an Gesellschafter); vgl. dazu Rdn. 193ff. und § 46, 8. c) Saldierungsverbot. Für die aktienrechdiche Bilanz wird für bestimmte Posten 39 ein ausdrückliches Saldierungsverbot ausgesprochen (§ 152 Abs. 8 AktG). An sich wäre dies gar nicht erforderlich gewesen, da es sich zwangsläufig aus den gesetzlichen Gliederungsvorschriften ergibt. Entsprechendes gilt für die Gewinn- und Verlustrechnung (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 166ff.; § 157, 39 und Kropff AktG § 152, 82ff.). Eine solche gesetzliche Regelung fehlt bei der GmbH. Sie wird erst aufgrund der 4. EGRichdinie (Art. 4) auch für die GmbH geschaffen werden. Bei der Gewinn- und Verlustrechnung der GmbH ist eine Saldierung in viel weitergehendem Umfange möglich als bei der AG (vgl. dazu Rdn. 34). Bei der Bilanz hingegen entspricht es GoB, daß Aktiva und Passiva grundsätzlich getrennt ausgewiesen werden. Eine Verrechnung ist nur insoweit zulässig, als dies auch bei der AG unter Berufung auf GoB möglich ist. Unzulässig wäre es etwa, die Debitoren mit den Kreditoren oder die Immobilien mit den Hypothekenschulden oder auch Steuerschulden mit Hinzuaktivierungen aus einer Betriebsprüfung zu verrechnen (vgl. Leffson S. 133). Im Rahmen der von ihr gewählten Bilanzgliederung (vgl. Rdn. 33) muß auch die GmbH einen Bruttoausweis vornehmen. • (185)
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Eine Saldierung ist allerdings nach GoB bei Forderungen und Verbindlichkeiten zulässig, sofern Gläubiger und Schuldner identisch und die Leistungen gleichartig sind (§ 387 BGB) unter folgenden Voraussetzungen: — Forderungen und Verbindlichkeiten stehen sich fällig gegenüber {Adler!Düring! Schmaltz § 152, 167; Kropff § 152, 84). — Die Forderung der Gesellschaft ist fällig, die Verbindlichkeit erfüllbar (streitig: bejahend Kropff AktG § 152, 84; verneinend Schäfer Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Forderungen S. 86 unter Hinweis darauf, daß die Liquidität falsch dargestellt wird). — Forderung und Verbindlichkeit sind noch nicht fällig, aber annähernd gleich befristet (Adler!Düring!Schmaltz aaO; Kropff aaO).
In diesen Fällen ist eine Saldierung zulässig, aber nicht geboten (Adler!Düring! Schmaltz aaO; Kropff aaO; Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970, 50; a. A. Hampe WPg 1955 369). Geboten ist dagegen eine Saldierung bei einem echten Kontokorrentverhältnis (§§ 355 ff. HGB), jedenfalls von dem Zeitpunkt an, in dem der Saldoanspruch entstanden ist. 41 Unzulässig ist, wie bei der AG, die Saldierung von Anzahlungen mit Erzeugnissen oder aktivierten Leistungen. Man wird aber eine offene Absetzung von Anzahlungen auf der Aktivseite der Bilanz in einer Vorspalte für zulässig halten dürfen (Adler!Düring! Schmaltz § 151, 131). 3. Der Grundsatz der Bilanzkontinuität 42
Im Jahresabschluß wird der Erfolg einer begrenzten Periode ermittelt; darin erschöpft sich seine Zwecksetzung jedoch nicht. Der Jahresabschluß bezweckt auch einen Zeitvergleich über mehrere Rechnungsperioden. Die einzelnen Jahresabschlüse sind das Glied einer zeitlichen Reihe (Leffson 296; Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz 1976, 80). Die Forderung nach Vergleichbarkeit führt zu drei Prinzipien, die regelmäßig wie folgt bezeichnet werden: Bilanzidentität, formale Bilanzkontinuität und materielle Bilanzkontinuität (vgl. z. B. Wöhe 180).
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a) Bilanzidentität (Bilanzverknüpfung). Die Eröffnungswerte einer Rechnungsperiode müssen mit den Werten der Schlußbilanz der vorausgegangenen Rechnungsperiode übereinstimmen (Schlußbilanz eines Geschäftsjahres = Anfangsbilanz des folgenden Geschäftsjahres). Dies ist ein GoB (Adler/Düring!Schmaltz § 149, 27ff.; Kropff AktG § 149, 42; Wöhe 180; Leffson 141). Dies gilt, obwohl der Grundsatz weder handelsrechlich noch steuerrechtlich ausdrücklich verankert ist. Steuerlich ergibt er sich jedoch mittelbar aus § 4 Abs. 1 EStG (dazu BFH BStBl. 1966 III 142). Durchbrechungen dieses Grundsatzes bedürfen einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung, wie dies z. B. bei der DM-Eröffnungsbilanzgesetzgebung der Fall war. Der Grundsatz erfordert, daß Bilanzänderungen (vgl. dazu Rdn. 198ff.) einer früheren Periode grundsätzlich in den Folgebilanzen durchgezogen werden müssen. Für falsche Bilanzansätze, also Bilanzansätze, die Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder GoB widersprechen, gilt der Grundsatz der Bilanzidentität nicht. Hier ist eine Bilanzberichtigung (vgl. dazu Rdn. 197) erforderlich, die grundsätzlich bis zur Fehlerquelle vorzunehmen ist (vgl. BFH BStBl. 1966 III 142 und BStBl. 1968 II 144). Die Berichtigung bis zur Fehlerquelle gewährleistet den Bilanzzusammenhang. Ähnlich wie im Steuerrecht (vgl. grundlegend BFH BStBl. 1966 III 142) kann aber auch handelsrechtlich nicht in allen Fällen eine Berichtigung bis zur Fehler(186)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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quelle durchgeführt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die früheren Bilanzen bereits rechtliche Auswirkungen gehabt haben, namentlich Grundlage von unwiderruflichen Gewinnansprüchen der Gesellschafter (§ 29, 32 bis 35) oder von nicht mehr zu berichtigenden Steuerveranlagungen (BFH aaO) geworden sind. In diesen Fällen ist der Fehler regelmäßig in der nächstfolgenden Schlußbilanz erfolgswirksam zu berichtigen. Auch hier wird der Grundsatz der Bilanzidentität nicht durchbrochen. Eine Berichtigung in der Anfangsbilanz einer Periode unter Durchbrechung des Grundsatzes der Bilanzidentität ist nur zulässig, sofern der Fehler in den Vorbilanzen noch keine Auswirkungen in bezug auf Gewinnansprüche gehabt hat, z. B. wenn in der Vergangenheit negative Erträge erwirtschaftet wurden (vgl. z. B. BFH BStBl. 1969 II 464; vgl. insbesondere zu den steuerlichen Problemen Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer § 4 EStG Anm. 77c—77f; Krill/Krill NWB Fach 17a 499ff.; Woemer DStR 1976 623ff.). b) Formale Bilanzkontinuität. Darunter wird die Beibehaltung der Bilanzgliede- 44 rung und des Inhalts der einzelnen Bilanzposten über die Abrechnungsperioden hinweg verstanden. Insbesondere die einzelnen Bilanzposten dürfen nicht in verschiedenen Wirtschaftsjahren mit verschiedenen Inhalten gefüllt werden. Nur so wird die Vergleichbarkeit der einzelnen Jahresabschlüsse gewährleistet. Dies ist besonders bedeutsam für die GmbH, die kein gesetzliches Gliederungsschema kennt (vgl. Rdn. 33ff.). Trotzdem besteht kein GoB, daß eine einmal gewählte Bilanzgliederung und inhaltliche Definition von Bilanzposten für alle Zukunft beibehalten werden muß. GoB ist lediglich, daß eine Änderung nicht ohne zwingenden wirtschaftlichen oder rechtlichen Grund erfolgen darf (vgl. Wöhe 184). Das AktG und das PublG schreiben bei Ausweisänderungen in der Bilanz eine Berichterstattung im Geschäftsbericht (§ 160 Abs. 2 Satz 4 AktG; § 5 Abs. 4 PublG), und in der Gewinn- und Verlustrechnung sogar einen Vermerk unter Angabe des Betrages vor (§ 157 Abs. 3 AktG; § 5 Abs. 2 PublG). Dies gilt für die GmbH nicht. Es gehört aber zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Rechenschaft (vgl. dazu Moxter in Festschrift für Leffson 1976, 89, 91), daß die Geschäftsführung als bilanzaufstellendes Organ hierüber die Gesellschafterversammlung im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 46 Nr. 1) angemessen informiert. In Art. 3 der 4. EG-Richtlinie ist der Grundsatz der formalen „Stetigkeit" ausdrücklich normiert. c) Materielle Bilanzkontinuität (Stetigkeit). Dieser Grundsatz verlangt zum einen, 4 5 daß die gleichen Abschluß- und Bewertungsgrundsätze von einer Bilanz zur anderen beibehalten werden (Grundsatzstetigkeit), zum anderen, daß die einzelnen Vermögensgegenstände stetig aus den Vorjahren entwickelt werden (Wertstetigkeit); vgl. hierzu Adler/ Düring/Schmaltz § 149, 29; Leffson 296ff.; Wöhe 184ff.; Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz 1976, 78 ff. Die Einhaltung beider Prinzipien ermöglicht es erst, einen wirklichen Zeitvergleich über mehrere Perioden durchzuführen. Die materielle Bilanzkontinuität ist nach heute wohl überwiegender Meinung kein GoB (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 29; Leffson 303; a. A. wohl Wöhe 185 und Kropff Vorb § 153, 8); sie ist auch im AktG nicht verankert. Das HGB (§ 40 Abs. 2) geht sogar nach wie vor von der Vorstellung aus, daß Vermögensgegenstände und Schulden mit dem Werte anzusetzen sind, der ihnen im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung beizulegen ist, also daß alljährlich neu bewertet wird. Die Gesellschaft darf im Rahmen der zulässigen Ermessensspielräume und Bewertungswahlrechte bisherige Bewertungsgrundsätze allgemein und in bezug auf einzelne Wirtschaftsgüter ändern, z. B. die Abschreibungsmethode, den Abschreibungssatz oder die Berechnungsart für die Herstellungskosten. Sie muß es ggf. sogar tun, wenn sachliche Gründe dafür sprechen (vgl. Leffson 307). Der Grundsatz der Stetigkeit steht damit (187)
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nicht der Bildung und Auflösung stiller Reserven entgegen. Allerdings muß einer Durchbrechung der Stetigkeit stets ein sachlich rechtfertigender Grund zur Seite stehen. Das folgt aus dem Grundsatz des sicheren Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft (vgl. Rdn. 10 und 11; Leffson 307; Wöhe 185; auch RFH in ständiger Rechtsprechung vgl. z. B. StW 1935 14, StW 1932 622; RStBl. 1938 770; StW 1940 169). Als solcher Grund kommt nicht nur in Betracht, daß ohne Änderung der Jahresabschluß kein klares und richtiges Bild von der Lage und Entwicklung des Unternehmens mehr geben würde (so Leffson 308, 309), sondern auch alle sonstigen bilanzpolitischen Zielsetzungen (vgl. Rdn. 11), wie z. B. die Inanspruchnahme von Steuervorteilen, die Gewährleistung einer kontinuierlichen Ausschüttung, die bilanzielle Sanierung und andere mehr. Ebenso wie bei Rdn. 44 gehört es auch hier zu einer ordnungsgemäßen Rechenschaftslegung der bilanzaufstellenden Geschäftsführung, die Gesellschafterversammlung vollständig zu informieren, damit sie unter Abwägung aller Gesichtspunkte die Feststellung der Jahresbilanz (§ 46 Nr. 1) vornehmen kann (vgl. für die AG § 160 Abs. 2 AktG). 4. Der Grundsatz der Vollständigkeit 46
Gemäß § 40 Abs. 2 HGB, der über § 42 zur Anwendung kommt, sind bei der Aufstellung der Bilanz sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden anzusetzen. Damit ist die Vollständigkeit kodifizierter GoB. Der Grundsatz der Vollständigkeit gilt nicht nur für die Bilanz (vollständige mengenmäßige Erfassung von Aktiven und Passiven), er gilt gleichermaßen für die Gewinn- und Verlustrechnung (vollständige Erfassung der Aufwendungen und Erträge). In einem weiteren Sinne kann man den Grundsatz der Vollständigkeit dahin verstehen, daß in der Buchhaltung und im Jahresabschluß alle buchführungspflichtigen Vorfälle und Sämtliche Gegenstände zu erfassen und alle zugänglichen Informationen auszuwerten sind ( L e f f s o n 135). In der Bilanz erfolgt eine Erfassung von Gegenständen allerdings nur, soweit sie aktivierungs- oder passivierungsfähig sind (Rdn. 50ff.) und keine Aktivierungs- oder Passivierungsverbote bestehen (vgl. z. B. Rdn. 87). Zur Berücksichtigung von Informationen auf den jeweiligen Stichtag des Jahresabschlusses vgl. Rdn. 143. 47 Die Vollständigkeit hat einen rein quantitativen Charakter ( L e f f s o n 135). Sie sichert die mengenmäßige Erfassung aller aktiven und passiven Gegenstände und aller Geschäftsvorfälle. Über deren Ausdruck in Geldeinheiten (Bewertung) ist damit noch nichts gesagt. Der Grundsatz der Vollständigkeit erfordert es, daß auch vorhandene Vermögensgegenstände, denen, aus welchen Gründen auch immer, ein bilanzieller Wert nicht zuzumessen ist (z. B. voll abgeschriebene, aber noch im Unternehmen befindliche Vermögensgegenstände) mit einem Merkposten anzusetzen sind. Als Merkposten hat sich der Ausweis von DM 1,— eingebürgert; andere Beträge wird man nicht für zulässig halten dürfen, da sie nicht ohne weiteres als Merkposten erkennbar wären ( K r o p f f § 149, 45). Im Jahresabschluß ist ein solcher Merkposten allerdings nur erforderlich, wenn keine weiteren Vermögensgegenstände unter den betreffenden Bilanzposten fallen ( K r o p f f aaO); also z. B. bei dem Bilanzposten „Beteiligungen" nur, sofern keine weiteren mit mehr als DM 1,— bewerteten Beteiligungen vorhanden sind. Sind mehrere Vermögensgegenstände vorhanden, die unter einen Bilanzposten fallen, so genügt der Ausweis eines einzigen Merkpostens (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 36 a. A. Rose DB 1959 1377). Besteht ein Aktivierungswahlrecht und macht die Gesellschaft durch Nichtansatz davon Gebrauch, so ist auch kein Merkposten anzusetzen. Gleiches gilt bei einem Aktivierungsverbot (Adler/Düring/Schmaltz aaO). 48 Der Grundsatz der Vollständigkeit verlangt, daß alle Gegenstände, die aktivierungsfähig und passivierungsfähig sind, auch angesetzt werden müssen, er begründet damit eine (188)
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Aktivierungs- und Passivierungspflicht. Obwohl § 40 Abs. 2 HGB keine Ausnahme vorsieht, entspricht es bei einzelnen Vermögensgegenständen GoB, der Gesellschaft ein Aktivierungs- oder Passivierungswahlrecht (Wertansatzwahlrecht) einzuräumen (nicht ganz unbestritten: gegen Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte als GoB Jacobs WPg 1972 173 ff. und Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handelsund Steuerbilanz 215ff. und 246ff., der nur bei sog. Bilanzierungshilfen — wie z. B. dem derivativ erworbenen Firmenwert — eine Ausnahme zulassen will). Insoweit wird der Grundsatz der Vollständigkeit durchbrochen. Die Wertansatzwahlrechte des AktG 1965 können auch für andere Rechtsformen übernommen werden, denn in der Begründung zum RegE ging man seinerzeit davon aus, daß es sich um eine Modifizierung bewährter kaufmännischer Grundsätze handele (Kropff Aktiengesetz 244). Man hätte wohl auch kaum für die AG Wertansatzwahlrechte zugelassen, die für andere Rechtsformen nicht ohnehin GoB waren, da man die AG in der Bilanzierung doch stärker als andere Rechtsformen binden wollte. Die wichtigsten Wertansatzwahlrechte sind die folgenden: Aktivseite — Derivativ erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter (Rdn. 85ff.); — Derivativ erworbener Geschäfts- oder Firmenwert (Rdn. 97ff.); — Kosten der Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs (zweifelhaft, vgl. Rdn. 96ff.); — Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Rückzahlungsbetrag bei Verbindlichkeiten oder Anleihen (Ausgabedisagio, Rückzahlungsagio oder Damnum, vgl. Rdn. 140). Passivseite — Pensionsrückstellungen (Rdn. 117); — Im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung und Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (Rdn. 118); — Gewährleistungen, die ohne rechdiche Verpflichtungen erbracht werden (Rdn. 112, 113); — Lastenausgleich — Vermögensabgabe (§218 Abs. 1 LAG). Die Wertansatzwahlrechte sind zu unterscheiden von den Bewertungswahlrechten (vgl. Rdn. 151 ff.), die sich lediglich auf die Bewertung angesetzter Vermögensgegenstände beziehen. Verstöße gegen den Grundsatz der Vollständigkeit können bei Gewichtigkeit die 49 Nichtigkeit des Jahresabschlusses zur Folge haben (vgl. hierzu Anhang zu § 47). Dies gilt insbesondere für den Fall, daß Passiva nicht angesetzt oder nicht vorhandene Aktiva ausgewiesen werden. (Der Grundsatz der Vollständigkeit enthält als komplementäres Element natürlich auch den Grundsatz, daß nicht mehr Vermögensgegenstände angesetzt werden, als tatsächlich vorhanden sind.) Werden Aktiva nicht angesetzt, so kann Nichtigkeit jedenfalls dann gegeben sein, wenn dadurch die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert wird (§ 256 Abs. 5 Nr. 2 AktG analog; vgl. Anhang zu § 47).
III. Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht Schrifttum Vgl. die Angaben vor den einzelnen Unterabschnitten, ferner Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz 1976; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977; Moxter Bilanzlehre 1974; Mutze Aktivierung (169)
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und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter nach Handels- und Steuerrecht 1960; Wöbe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976. 1. Allgemeines 50
Der materielle Inhalt der Bilanz wird von zwei Problemkreisen bestimmt, nämlich „ob" etwas in die Bilanz eingestellt werden kann und, wenn diese Frage bejaht ist, „wie", d. h. mit welchem Wert zu bilanzieren ist (Freericks 120). Mit der ersten Frage beschäftigt sich die Bilanzierungsfähigkeit, die zweite Frage ist die der Bewertung (Rdn. 161 ff.). Beide Fragen sind gedanklich zu trennen, wenn auch die Bilanzierung erst durch die Bewertung in der Bilanz ihren sichtbaren Ausdruck findet. Bilanzierungsfähig sind „Vermögensgegenstände" und „Schulden" (§§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 2, HGB). Etwas anderes darf grundsätzlich in die Handelsbilanz nicht aufgenommen werden (vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer WPg 1967 666, 668). Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, ist die abstrakte Bilanzierungsfähigkeit gegeben, die zur konkreten Bilanzierungsfähigkeit wird, sofern kein Bilanzierungsverbot (z. B. Rdn. 87) entgegensteht (Mutze Aktivierung und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter nach Handels- und Steuerrecht 1960, 25 und NB 1959 5). Sodann ist zu prüfen, ob Bilanzierungspflicht besteht oder ein Bilanzierungswahlrecht gegeben ist (Rdn. 48). Allerdings gibt es darüber hinausgehend Bilanzposten, die weder Vermögensgegenstände noch Schulden sind und deren Ausweis auf besonderer gesetzlicher Vorschrift (z. B. Ausweis des Stammkapitals als Passivposten: § 42 Nr. 4, des Bilanzgewinnes oder Bilanzverlustes: § 42 Nr. 5) oder auf GoB beruht, wie z. B. die sog. Bilanzierungshilfen (z. B. Rdn. 97) oder die Rechnungsabgrenzungsposten (Rdn. 134ff.). 2. Aktivierungsfähigkeit
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a) Vermögensgegenstand. Aktivierungsfähig sind — von den in Rdn. 50 genannten Ausnahmefällen der Rechnungsabgrenzungsposten, Bilanzierungshilfen und des Bilanzverlustes abgesehen — nur Vermögensgegenstände (§§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 2 HGB; Institut der Wirtschaftsprüfer WPg 1967 666, 668). Eine gesetzliche Definition des Begriffs Vermögensgegenstand ist nicht gegeben. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist. Die steuerliche Rechtsprechung zu dem Begriff „Wirtschaftsgut" (Nachweise bei Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftsteuer § 4 EStG Anm. 16 b) kann zur Auslegung herangezogen werden, allerdings nur mit Einschränkungen, da diese Rechtsprechung, jedenfalls in der Vergangenheit, sehr extensiv und stark von der dynamischen Bilanzauffassung geprägt war (vgl. Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 44f.). Andererseits ist durch den Grundsatz der Maßgeblichkeit (Rdn. 22) die steuerliche Bilanzierung an die Handelsbilanz gebunden, so daß damit, sofern nicht ausdrückliche steuerliche Vorschriften entgegenstehen, die Gleichung „Wirtschaftsgut" = „Vermögensgegenstand" gilt (Döllerer Wirtschaftsprüfung heute 1977, 186; BFH BStBl. 1976 II 13). 52 Für die Auslegung des Begriffs „Vermögensgegenstand" ist auf die Verkehrsauffassung des Wirtschaftsleben zurückzugreifen. Der Begriff ist also nicht ausschließlich bürgerlich-rechtlich (Sachen und Rechte; vgl. § 90 BGB), sondern wirtschaftlich mit Rücksicht auf den Zweck von Buchführung und Bilanz zu verstehen (Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 44; Freericks 129). Damit fallen unter den Begriff alle körperlichen Gegenstände (Sachen i. S. des § 90 BGB), sowie Rechte bzw. die durch Rechte verkörperten wirtschaftlichen Tatbestände (Freericks 135). Aber auch andere immaterielle Güter wie z. B. Kenntnisse, Verfahren, Rezepte, Ideen sind wirtschaftliche (190)
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Güter und können „Vermögensgegenstände" sein. Problematisch ist dagegen die Frage, ob auch bloße Verhältnisse und wirtschaftliche Gegebenheiten wie z. B. Kundschaft, sog. Firmenwert, Monopolstellungen als Vermögensgegenstand zu qualifizieren sind. Die Frage ist wohl zu verneinen, jedenfalls dann, wenn es sich letzdich nur um generelle künftige Ertragserwartungen handelt, wie dies insbesondere beim Firmenwert der Fall ist. Der Firmenwert oder Goodwill ist nach seiner Definition gerade der den Wert der Vermögensgegenstände übersteigende Differenzbetrag zum Gesamtwert des Unternehmens; er ist kein Vermögensgegenstand, sondern ein reiner Rechnungsposten (im Ergebnis zutreffend Freericks 136, a. A. BFH BStBl. 1976 II 13). Davon abgesehen sind jedenfalls die nachfolgend zu erörternden Voraussetzungen beim Firmenwert nicht gegeben (vgl. im einzelnen Rdn. 97ff.). Vermögensgegenstände müssen verkehrsfähig bzw. selbständig veräußerbar sein 53 (Dahl Die Aktivierung der Sachanlagegüter in Handels- und Steuerbilanz 1959, 25; Federmann Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht 1971, 114; Freericks 141 ff.; Institut der Wirtschaftsprüfer WPg 1967 666, 667; Knapp DB 1971 1121; Knobbe-Keuk 44; Kropff AktG § 149, 47; Brüggemann in Großkomm. HGB § 39, 7; Linn BB 1973 186; May Erich Das Wirtschaftsgut 1970, 125, 127; Mutze NB 1959 5, 6; Sauge DB 1969 1661, 1709, 1710; Schneider WPg 1971 507 und in Grundzüge der Unternehmensbesteuerung 1974, 92; v. d. Velde FR 1969 443; a. h. Jacobs WPg 1972 174). Ein Vermögensgegenstand muß also für sich handelsfähig oder veräußerbar sein. Allerdings genügt abstrakte Veräußerbarkeit, es ist nicht erforderlich, daß konkrete Interessenten vorhanden sind, auch ein Veräußerungsverbot hindert die Aktivierung nicht ( K r o p f f AktG § 149, 47). Die Verkehrsfähigkeit kommt weitgehend allen immateriellen Gütern zu, beispielsweise Patenten, Verfahren, Know how, aber auch Vorteilen aus langfristigen Verträgen u. ä. Fraglich ist jedoch, ob der Firmenwert selbständig verkehrsfähig ist. Die Frage ist zu verneinen. Dabei ist weniger ausschlaggebend, daß der Firmenwert für sich allein nicht übertragbar ist (so aber Freericks 143) — dies würde auch für das Warenzeichen gelten (§ 8 WZG), das aber als immaterieller Vermögensgegenstand anzusehen ist — als vielmehr der Umstand, daß der reine Firmenwert — nach Herauslösung aller trennbaren immateriellen Werte — eine reine Rechnungsziffer, nämlich der Differenzbetrag zwischen dem Wert der Vermögensgegenstände und dem Gesamtwert eines Unternehmens, eines Betriebs oder Betriebsteils ist (Rdn. 52). Einer solchen Rechnungsziffer kommt keine selbständige Verkehrsfähigkeit zu. Zur Bilanzierungshilfe vgl. Rdn. 97ff. Vermögensgegenstände müssen selbständig bewertungsfähig sein, d. h. sie müssen 54 in Geld veranschlagt werden können (Freericks 149; Flume DB 1958 1045ff.; Kropff AktG § 149, 47; Schneider WPg 1971 607, 608). Diese Voraussetzung wirft in der Regel keine Probleme in den Fällen auf, in denen nach dem Anschaffungswertprinzip (Rdn. 157ff.) zu bewerten ist. Fragen können sich höchstens bei der Aufteilung eines Gesamtkaufpreises bei Erwerb von Sachgesamtheiten ergeben (Rdn. 89). b) Wirtschaftliche Zugehörigkeit aa) Grundsatz. Nach § 39 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann „seine" Vermögens- 55 gegenstände in einem Abschluß zu verzeichnen. Kriterium für die bilanzielle Zugehörigkeit ist nicht allein das zivilrechdiche Eigentum. Das folgt schon daraus, daß zu bilanzierende Vermögensgegenstände nicht nur Sachen i. S. des § 90 BGB sind; darauf ist jedoch der zivilrechdiche Eigentumsbegriff beschränkt (§ 903 BGB). Die Zugehörigkeit im bilanziellen Sinne muß also ein umfassender Begriff sein. Es ist heute anerkannt, daß sich die Vermögenszugehörigkeit nach wirtschaftlichen Kriterien bestimmt, allgemein als „wirtschaftliches Eigentum" bezeichnet (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 31; Kropff § 149, 52f.; Döüerer BB 1971 535, 536; Seeliger Der Begriff des wirtschafdichen Eigentums im Steuer(191)
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recht 1962, 89ff.; Knapp DB 1971 1121, 1129; Freericks 172ff.; Knobbe-Keuk 39), wobei der Begriff „Eigentum" wiederum nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen ist. Welche Voraussetzungen für die wirtschaftliche Zugehörigkeit erfüllt sein müssen, ist dagegen umstritten. Zunächst ist festzuhalten, daß die Zuordnung aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit ein Ausnahmetatbestand ist. Die Regel ist, daß die zivilrechtliche Zuordnung (bei Sachen das zivilrechtliche Eigentum) auch die bilanzielle Vermögenszugehörigkeit indiziert (Flume DB 1972 53, 61). Die Qualifizierung des „wirtschaftlichen Eigentums" als Ausnahmetatbestand zeigt, daß eine extensive Interpretation nicht möglich ist. 56 Döllerer (BB 1971 535, 536) definiert den „wirtschaftlichen Eigentümer" als denjenigen, der die Substanz und den Ertrag einer Sache tatsächlich hat und zwar vollständig und auf Dauer. Zum Haben der Substanz gehört nach Döllerer die Chance der Wertsteigerung ebenso wie das Risiko der Wertminderung und des Verlustes der Sache. Diese Definition ist zutreffend (zustimmend z. B. auch Kropff AktG § 149, 53; Freericks 174ff.). Streitig ist jedoch, ob darüber hinaus noch eine Verwertungs- oder Verfügungsbefugnis des Bilanzierenden hinzukommen muß. Der BFH (BFH BStBl. 1971 II 133 = DB 1971 411) verneint dies, wenn er als wirtschaftlichen Eigentümer definiert, „wer den bürgerlichrechtlichen Eigentümer bei typischem Verlauf für dauernd von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut tatsächlich ausschließen kann, so daß der Herausgabeanspruch des bürgerlich-rechdichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Auf die rechtliche Befugnis, über das Wirtschaftsgut zu verfügen, besonders es zu veräußern oder zu belasten, kommt es nicht an". Dieser weiten Definition haben sich z. B. angeschlossen Döllerer BB 1971 535, 536; Freericks 174; Kropff § 149, 53; Knoppe StBJ 1970/71 399, 418; offengelassen von Institut der Wirtschaftsprüfer HFA 1/73 III WPg 1973 101. Dagegen wird eine Verfügungsbefugnis u. a. verlangt von Knapp DB 1971 1121, 1129 und DB 1972 541, 546; Martens NJW 1962 1849, 1851; Leffson DB 1976 637, 641; in diesem Sinne wohl auch Flume DB 1972 105, 108. Stellungnahme: Die Frage kann nicht aus dem Begriff des wirtschaftlichen Eigentums, sondern nur aus der Zweckbestimmung des Jahresabschlusses beantwortet werden (zutreffend Leffson DB 1976 637, 641, 686). Ein Hauptzweck der Bilanz ist die zutreffende Darstellung der Vermögenslage (Rdn. 7). Diese besteht aber, wie Leffson (DB 1976 685, 686) zutreffend ausführt, nicht in der Darstellung der von der Unternehmung genutzten Güter, sondern in der Darstellung des Vermögens der Unternehmung und zwar im Sinne einer Haftungsmasse, wie sie den Gläubigern zur Verfügung steht. Damit ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Zugehörigkeit im bilanziellen Sinne eine abgesicherte Position des Unternehmens, die nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für die Gläubiger einen bewertbaren und verfügbaren Vorteil darstellt. Die Absicherung braucht nicht dinglicher Natur sein, muß aber in aller Regel mindestens schuldrechdichen Charakter haben (zweifelnd Döllerer BB 1971 535, 536). Das völlige Absehen von der Verfügungsmacht über Substanz und Ertrag würde zu einer von den GoB nicht mehr gedeckten Ausdehnung des „wirtschaftlichen Eigentums" führen (vgl. auch Leffson DB 1976 636, 641). 57 Für die Bilanzierung von Verbindlichkeiten gelten nicht die Grundsätze der wirtschaftlichen, sondern der rechtlichen Zugehörigkeit. Dies folgt schon daraus, daß sich die Gläubiger an den rechtlichen Schuldner halten können ohne Rücksicht darauf, ob dieser auch im Innenverhältnis (z. B. aufgrund eines Treuhandverhältnisses) die Verbindlichkeit tragen muß. Dies gilt insbesondere für Verbindlichkeiten, die im eigenen Namen für fremde Rechnung eingegangen sind (Rdn. 63). Außerdem gebietet das Vorsichtsprinzip auf der Passivseite eine rechtliche Betrachtungsweise. Es müssen mindestens die rechtlich bestehenden Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Darüber hinaus kann die wirtschaft(192)
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liehe Betrachtungsweise höchstens dazu führen, daß weitere Verbindlichkeiten oder Rückstellungen auszuweisen sind, z. B. soweit lediglich eine faktische Verpflichtung zur Leistung besteht (vgl. Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970, 10) oder soweit eine rechtliche Verpflichtung der Höhe oder dem Grunde nach ungewiß ist (Rdn. 113ff.). bb) Anwendungsfälle a) Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung/-abtretung. Einhellig wird 58 die wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Vorbehaltskäufer oder beim Sicherungsgeber angenommen. Beim Eigentumsvorbehalt ist die rechdiche Ausgestaltung gleichgültig (einfacher, verlängerter, erweiterter). In beiden Fällen liegt bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Pfandrecht vor {Kropff AktG § 149, 54). Bei der Sicherungsübereignung/-abtretung wird dies durch das Absonderungsrecht im Konkurs deutlich; beim Eigentumsvorbehalt ist trotz Aussonderungsrecht im Konkurs bereits eine dingliche Anwartschaft gegeben, die bilanziell wie das Vollrecht zu behandeln ist. In der Bilanz des Vorbehaltsverkäufers oder Sicherungsnehmers erscheinen die Vermögensgegenstände nicht. Erst mit endgültiger Geltendmachung dieser Sicherungsrechte kommt bilanziell wieder das juristische Eigentum zum Tragen (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 32; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 77). Nach Geltendmachung der Sicherungsrechte sind auch auf der Passivseite der Bilanz entsprechende Konsequenzen zu ziehen, beim Eigentumsvorbehalt liegt entweder ein von beiden Seiten noch nicht erfülltes schwebendes Geschäft (Rdn. 115) oder — bei Rücktritt durch den Verkäufer — ein Rückabwicklungsverhältnis vor, so daß die Kaufpreisverbindlichkeit nicht mehr zu passivieren ist, wohl aber ggf. darüber hinausgehende Ersatzansprüche des Verkäufers. Bei der Sicherungsübereignung tritt im Verwertungsfalle an die Stelle des übereigneten Gegenstandes ein Anspruch gegen den Sicherungsnehmer auf den Verwertungserlös, der ggf. mit der Verbindlichkeit gegenüber dem Sicherungsnehmer saldiert werden kann (Rdn. 40). ß) Treuhandverhältnisse. Treuhandvermögen ist Vermögen, das rechtlich ein Treu- 59 händer zu eigenem Recht erworben hat, der die Rechte aus dem Treuhandvermögen zwar im eigenen Namen, aber nicht (jedenfalls nicht ausschließlich) im eigenen Interesse ausüben soll. Das Treuhandverhältnis ist also gekennzeichnet durch einen Uberhang an Außenzuständigkeit und eine weitgehende Bindung im Innenverhältnis zum Treugeber. Innerhalb der Treuhandverhältnisse kann wieder zwischen der (uneigennützigen) Verwaltungstreuhand und der (eigennützigen) Sicherungstreuhand (wozu insbesondere Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung gehören; Rdn. 58) unterschieden werden (vgl. Bassenge Palandt BGB 37. Aufl. Einf. vor § 929, 7). Für die Bilanzierung bleibt der Überhang der rechtlichen Außenzuständigkeit des Treuhänders unberücksichtigt, so daß das Treugut bilanziell dem Treugeber zuzurechnen ist (Adler!Düring/Schmaltz § 149, 57; Kropff § 149, 56; WP Handbuch 1977, 578). Das gilt bei der uneigennützigen Treuhand uneingeschränkt, aber auch bei der eigennützigen Treuhand, jedenfalls solange, wie im Innenverhältnis der Treuhänder gegenüber dem Treugeber schuldrechtlich gebunden ist (bei der Sicherungstreuhand also bis zum Eintritt des Sicherungsfalles, vgl. Rdn. 58). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Treuhänder von einem Dritten für 60 den Treugeber erwirbt oder das Treugut selbst für den Treugeber herstellt. Hier wird allerdings auch die Bilanzierung des Treuguts beim Treuhänder zugelassen, während der Treugeber nur seinen Herausgabeanspruch zu aktivieren brauchte (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 57; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 78). Treugut kann wirtschaftlich auch mehreren berechtigten Treugebern zustehen, ohne daß die einzelnen Gegenstände des Treuguts exakt zugeordnet werden können. In der Regel wird dann unter den Treugebern ein Gemeinschafts- oder Gesellschaftsverhältnis (193)
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vorliegen. Dann hat der Treugeber seinen Auseinandersetzungsanspruch oder seinen Anteil am Gesellschaftsverhältnis zu bilanzieren (ähnlich wohl Kropff § 149, 57). 61
Hat der Treugeber das Treugut zu bilanzieren, ist zu fragen, ob er diese — nur wirtschaftlich zuzurechnenden — Vermögensgegenstände in der Bilanz besonders zu kennzeichnen hat (für Sicherungsübereignungen und -abtretungen bejahend Mathews WPg. 1951 5ff. und 33ff.; derselbe WPg. 1952 132; Ascher WPg. 1954 289; vgl. auch Forster WPg. 1952 129). Dies ist für die GmbH zu verneinen. Eine § 151 Abs. 5 Nr. 4 AktG entsprechende Vermerkspflicht kennt das GmbHG nicht. Den die Bilanz feststellenden Gesellschaftern (§ 46 Nr. 1) ist jedoch Auskunft zu erteilen.
62
Die Bilanzierung des Treuguts beim Treuhänder wird unterschiedlich gesehen. Teilweise wird eine Aktivierung unter gleichzeitigem Ausweis eines Gegenpostens verlangt (Beuck Bewertungsgrundsätze und Bewertungsbeispiele 1937 408; Serick Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. II 1965 104); andere befürworten einen aktivischen und passivischen Ausweis „vor dem Strich" nur in einer Vorspalte (Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 59 mit Nachweisen der früheren Literatur; Schwarz WPg. 1966 595; WPHandbuch 1977 578). Zutreffend ist, daß das Treugut beim Treuhänder nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, auch nicht in eine Vorspalte. Bei wesentlichem Treuhandvermögen kann jedoch ein Ausweis „unter dem Strich" zweckmäßig sein (zutreffend Kropff § 149, 56). •Eine Ausnahme gilt für Kreditinstitute. Die auf Grund § 1 der Verordnung vom 20. 12. 1967 in der Fassung vom 27. 5. 1969 (BGBl. I 444) erlassenen Formblätter sehen für durchlaufende Kredite auf Grund von Treuhandgeschäften einen besonderen aktivischen und passivischen Bilanzposten vor. Zur historischen Begründung dieser Ausnahme vgl. Kropff § 149, 56.
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Bei der Sicherungsübereignung ist es einheitliche Meinung, daß in der Bilanz des Treuhänders (Sicherungsnehmers) keinerlei Ausweis zu erfolgen hat (Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 61). Natürlich kann auch hier die die Bilanz feststellende Gesellschafterversammlung entsprechende Auskünfte verlangen (vgl. Rdn. 61). Soweit Verbindlichkeiten für fremde Rechnung, aber im eigenen Namen eingegangen werden, wie dies bei der Verwaltung von Treugut oder auch sonst bei Geschäftsbesorgungsverträgen häufig vorkommt, sind diese Verbindlichkeiten beim Treuhänder bzw. Geschäftsbesorger zu passivieren unter Aktivierung eines entsprechenden Ausgleichsanspruchs (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 62, Kropff § 149, 59). Auf der Passivseite gilt die rechtliche Betrachtungsweise (Rdn. 57). Eine Saldierung von Treuhandverbindlichkeit und Ausgleichsanspruch ist unzulässig (Rdn. 39f.). Auch bei Betriebsführungsverträgen, aufgrund deren eine GmbH es übernimmt, ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (vgl. § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG), hat die Betriebsführungsgesellschaft sämtliche im eigenen Namen eingegangenen Verbindlichkeiten zu passivieren (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 63; Kropff Der deutsche Rechtspfleger 1966 41).
64
Ist Treuhandvermögen allein im Interesse des Treuhänders zu verwalten oder ist ein Treugeber im rechtlichen Sinne nicht vorhanden, so kann, abweichend von obigen Grundsätzen, auch eine Bilanzierung beim Treuhänder in Frage kommen. Kropff (§ 149, 58) zählt hierunter z. B. die Fälle von Gesellschaften, deren Zweck gemeinnützig ist oder der Förderung öffentlicher Anliegen dient. Hier stellt die öffentliche Hand Mittel zur Verfügung, die zwar treuhänderisch verwaltet werden, aber doch dem eigenen Gesellschaftszweck dienen. Hierzu sind aber auch Mittel zu rechnen, die z. B. als unselbständige Stiftung treuhänderisch und zweckgebunden auf eine GmbH übertragen werden. Auf der Passivseite ist dann ein entsprechender Gegenposten (z. B. „Treuhandvermögen") zu bilden. (194)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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y) Kommissionsgeschäft. Die Bilanzierung des Kommissions- und Konsignations- 65 geschäfts (§§ 383 ff. HGB) richtet sich nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Zugehörigkeit. Bei der Verkaufskommission ist die in Kommission gegebene Ware weiter beim Kommittenten zu aktivieren. Eine Forderung darf der Kommittent erst nach Ausführung der Kommission durch den Kommissionär ausweisen; erst dann darf der Gewinn realisiert werden. Der Kommissionär führt lediglich besondere Skontren, in denen er die in Kommission genommenen Waren aufzeichnet. Bei der Einkaufskotnmission kann der Kommittent die Waren zu dem Zeitpunkt aktivieren, zu dem er sie ohne Einschaltung des Kommissionärs aktivieren könnte. Da er diesen Zeitpunkt jedoch in der Regel nicht kennt, wird er die Ware im Zeitpunkt des Eingangs der Abrechnung des Kommissionärs bilanzieren (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 33). Der Einkaufskommissionär bilanziert die Ware nicht; er hat die Forderung gegen den Kommittenten und die Verbindlichkeit aus dem Kommissionsgeschäft auszuweisen. 6) Miet- und Pachtverhältnisse. Bei Miet- oder Pachtverhältnissen (§§ 535 ff. und 66 §§ 581 ff. BGB) verbleibt die wirtschafdiche Zugehörigkeit der Miet- oder Pachtgegenstände beim Vermieter oder Verpächter. Es gelten die Grundsätze über schwebende Verträge (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 47ff.; Friederich Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte 1975 83; Rdn. 107). Zur Passivierung einer Pachterneuerungsrückstellung beim Pächter vgl. Rdn. 116. Bei Bauten auf fremdem Grund und Boden ist zunächst die zivilrechtliche Lage zu untersuchen. Sie sind bei dem Mieter oder Pächter zu aktivieren, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zwecke errichtet oder aufgrund eines dinglichen Rechts (Erbbaurecht, Nießbrauch, Dienstbarkeit, Überbaurecht oder ähnliche öffentliche Rechte) mit dem Grund und Boden verbunden worden sind. In diesen Fällen verbleibt auch das zivilrechtliche Eigentum bei den Mietern oder Pächtern (§ 95 BGB). Die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zwecke wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt (vgl. Heinrichs Palandt 37. Aufl. § 95, 2a). Bei wesentlichen Posten kann sich ein Sonderausweis entsprechend § 151 Abs. 1 Aktivseite II A 4 AktG empfehlen. Erfolgt die Verbindung dagegen nicht nur zu einem vorübergehenden Zwecke und nicht in Ausübung eines dinglichen Rechts (also z. B. nur aufgrund des Miet- oder Pachtvertrages), so werden die Bauten wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens (§ 94 BGB) und damit Eigentum des Grundstückseigentümers (§ 93 BGB). In diesem Falle ist nach den in Rdn. 55ff. aufgeführten Kriterien zu entscheiden, ob die wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Mieter oder Pächter angenommen werden kann (einschränkend Knapp DB 1971 1121, 1126; weitergehend Adler/Düring/Schmaltz § 151, 66ff.; Dahl Die Aktivierung der Sachanlagegüter in Handels- und Steuerbilanz 1959 99; Escher Der Umfang der Aktivierungspflicht bei den Ausgaben für das Sachanlagevermögen in Handels- und Steuerbilanz 1962 18; Kropff § 151, 22ff.). Dies kann nur aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen geschehen, die daraufhin zu untersuchen sind, wem die tatsächliche Verfügungsmacht über das Gebäude auf fremden Grund und Boden zusteht (zutreffend Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970 186, 187 mit Beispielen; vgl. Rdn. 56). Die gleichen Grundsätze gelten für Einbauten. Liegen Scheinbestandteile i. S. des § 95 BGB vor, so sind sie beim Mieter/Pächter zu aktivieren; ist dagegen das juristische Eigentum auf den Vermieter/Verpächter übergegangen, ist nach den in Rdn. 55 ff. aufgeführten Kriterien zu prüfen, ob die tatsächliche Verfügungsmacht beim Mieter/Pächter liegt. Folgt die GmbH der aktienrechtlichen Bilanzgliederung, so werden die Einbauten regelmäßig als Betriebs- und Geschäftsausstattung ausgewiesen (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 69; WP-Handbuch 1977 620). Zur Bilanzierung bei der Pacht ganzer Betriebe oder (195)
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Unternehmen vgl. Adler/Düring/Schmaltz licher Betriebe im Steuerrecht 1965).
§ 149,49 und Knoppe Pachtverhältnisse gewerb-
Leasing-Verhältnisse. Schrifttum: Döllerer Leasing-wirtschafdiches Eigentum oder Nutzungsrecht? BB 1971 535ff.; Felix Bilanzierung von Leasing-Verträgen über Immobilien beim Mieter BB 1968 96ff.; Fink Wirtschaftliche und steuerliche Beurteilung von Leasing-Verträgen DB 1964 1069ff.; Flume Die Frage der bilanziellen Behandlung von Leasing-Verhältnissen DB 1973 1661 ff.; Forster Zur Leasing-Stellungnahme des HFA WPg. 1973 81 ff.; Grass/Bremser Bilanzierungsregeln in der Handelsbilanz und ihre Bedeutung für das Immobilien-Leasing BB 1971 1424ff.; Grieger Die handelsrechtliche und steuerliche Behandlung des Leasing WM 1970 302ff.; Grieger Bilanzierung des Leasingguts durch den Leasingnehmer beim üblichen Mobilien-Finanzierungs-Leasing RWP 14 Steuer-R Leasing II B 1; Hagenmüller (Herausg.) Leasing-Handbuch 1968; Havermann Leasing 1965; Hutzier Zum Ausweis des wirtschaftlichen Eigentums in der Handelsbilanz WPg. 1970 14ff.; Kenntemich Zur Bewertung von Leasing-Gegenständen und LeasingVerbindlichkeiten in der Jahresbilanz des Leasing-Nehmers WPg. 1973 84ff.; Knapp Leasing in der Handelsbilanz DB 1972 541 ff.; Knapp Problematischer Leasing-Erlaß DB 1971 685ff.; Koch-Haag Die Rechtsnatur des Leasing-Vertrages BB 1968 93ff.; Leffson Die Darstellung von Leasingverträgen im Jahresabschluß DB 1976 637ff.; 685ff.; Littmann Leasing in der Steuerbilanz DStR 1970 261 ff.; Meilicke Leasing ZivilrechtBilanzrecht-Steuerrecht BB 1964 691ff.; Mellerowicz Leasing-Geschäfte und ihre Bilanzierung — ein Lücke im Aktiengesetz, in Wirtschaftsfragen der Gegenwart 1974 409ff.; Packebusch Zur wirtschaftlichen Zugehörigkeit von Leasing-Gegenständen WPg. 1970 247ff.; Plathe Zur rechtlichen Bedeutung des Leasing-Geschäfts BB 1970 601 ff.; Pougin Leasing in Handels- und Steuerbilanz ZfB 1965 402ff.; Rau Steuerliche Bilanzierung von Leasing-Verträgen DB 1970 Beil. 20 S. 6 ff.; Runge/Bremser/Zöller Leasing — Betriebswirtschaftliche, handels- und steuerrechtliche Grundlagen 1978; Seifert Wirtschaftliches Eigentum beim Immobilien-Leasing DB 1971 2276ff.; Wagner Leasing als Geschäftsbesorgung BB 1969 109; Ziegler Die Bilanzierung von Finanzierungs-Leasing-Verträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter (Immobilien-Leasing) Die steuerliche Betriebsprüfung 1972 221 ff. 67
Der Begriff des Leasing ist rechtlich nicht scharf umrissen; sein Inhalt kann vom reinen Mietvertrag (operational-leasing) über den Mietkauf bis zum verdeckten Kaufvertrag gehen. Bilanziell nimmt das sogenannte Finanzierungs-Leasing eine Sonderstellung ein. Es ist dann gegeben, wenn wirtschaftlich ein Kreditgeschäft vorliegt, d. h. der Leasing-Geber (zivilrechtlicher Eigentümer) Kapital, der Leasing-Nehmer dagegen die Sache nutzt und zwar in der Weise, daß ihn — ähnlich wie beim Kauf — Gefahr und Haftung für den Untergang, Beschädigung und Instandhaltung treffen. Gegenstand des Leasing können Mobilien wie Immobilien sein (zu Begriff und Bedeutung vgl. u. a. Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz S. 179ff.). Mit der Bilanzierung von Leasing-Verträgen hat sich grundlegend der BFH beschäftigt und zwar in den Urteilen vom 26. 1. 1970 (BStBl. 1970 II 264 = DB 1970 424) und vom 18. 11. 1970 (BStBl. 1971 II 133 = DB 1971 411). Aufgrund dieser Urteile hat der Bundesfinanzminister in zwei Schreiben vom 19. 4. 1971 (BStBl. 1971 I 264 = DB 1971 795) zum Mobilien-Leasing und vom 31. 3. 1972 (BStBl. 1972 I 181 = DB 1972 651) zum Immobilien-Leasing zu der steuerlichen Problematik Stellung genommen. Der Hauptfachausschuß des Institutes der Wirtschaftsprüfer hat sich in seiner Stellungnahme HFA 1/73 (WPg. 1973 101) zur Bilanzierung von Finanzierungs-Leasing-Verträgen im Jahresabschluß des Leasing-Nehmers geäußert. Die Stellungnahmen des BFH und der (196)
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Finanzverwaltung sind auch in der handelsrechtlichen Diskussion zu berücksichtigen, da insoweit keine abweichenden steuerlichen Vorschriften bestehen (Rdn. 23). Finanzierungs-Leasingverträge zeichnen sich durch folgende Merkmale aus (vgl. 68 BdF-Schreiben aaO; Kropff § 149, 65): — Der Vertrag wird über eine bestimmte Zeit abgeschlossen, während der er bei vertragsgemäßer Erfüllung von beiden Vertragspartnern nicht gekündigt werden kann (Grundmietzeit); — die vom Leasing-Nehmer in der Grundmietzeit zu entrichtenden Leasing-Raten decken mindestens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasing-Gebers; — der Leasing-Nehmer trägt die Gefahr des zufälligen Untergangs und der Verschlechterung sowie jegliches wirtschaftliche Risiko; er hat die Sache zu versichern. Für die bilanzielle Zurechnung des Leasing-Gegenstandes kommt es auch hier unbestritten auf die wirtschaftliche, nicht auf die rechtliche Zugehörigkeit an. Streitig ist jedoch, ob und unter welchen Voraussetzungen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Zurechnung beim Leasing-Nehmer angenommen werden kann. Die eine Meinung sieht Leasing-Verträge — ungeachtet ob sie in den gesetzlichen Typus des Mietoder Pachtvertrages fallen — als beiderseitig noch nicht erfüllte schwebende Verträge an. Diese Meinung ist nicht bereit, über die Grundsätze bei schwebenden Verträgen hinaus (vgl. Rdn. 107ff., 115ff.) besondere GoB für Leasing-Verhältnisse anzunehmen (insbesondere Leffson DB 1976 637ff. und 685ff„ aber auch Flume DB 1973 1661 ff.). Demgegenüber steht eine andere Meinung, die sich im Grundsatz — wenn auch mit vielen Modifikationen — den vom BFH und der Finanzverwaltung entwickelten Kriterien anschließt. Die Leasing-Erlasse der Finanzverwaltung (aaO) nehmen wirtschaftliches Eigentum beim Leasing-Nehmer an bei beweglichen Vermögensgegenständen, wenn (i) die Grundmietzeit weniger als 40% oder mehr als 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beträgt; (ii) bei Verträgen mit Kauf- oder Mietverlängerungsoption, wenn die Voraussetzungen unter (i) vorliegen oder bei einer Kaufoption der Kaufpreis niedriger als der Restbuchwert des Gegenstandes bei linearer Abschreibung oder der niedrigere gemeine Wert im Zeitpunkt der Veräußerung, bei einer Mietverlängerungsoption die Anschlußmieten niedriger als der Wertverzehr unter Zugrundelegung linearer Abschreibung auf den Restbuchwert oder den niedrigeren gemeinen Wert ist. Bei unbeweglichen Gegenständen nehmen die Leasing-Erlasse wirtschaftliches Eigentum des Leasing-Nehmers unter folgenden Voraussetzungen an: (i) Bei Grund und Boden nur bei Vorliegen einer Kaufoption, wenn das Gebäude gemäß (iii) dem Leasing-Nehmer zuzurechnen ist; (ii) bei Gebäuden, wenn die Grundmietzeit weniger als 40% oder mehr als 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer bzw. eines ggf. kürzeren Erbbaurechtszeitraums beträgt; (iii) bei Kauf- oder Mietverlängerungsoption, wenn die Voraussetzungen unter (ii) vorliegen oder bei einer Kaufoption der Kaufpreis niedriger als der Gesamtbuchwert (Gebäude und Grundstück) oder der niedrigere gemeine Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Veräußerung, bei einer Mietverlängerungsoption die Anschlußmiete niedriger oder gleich 75% des für ein nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbares Grundstück üblicherweise zu zahlenden Mietentgeltes ist. (197)
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Bei dem sogenannten Spezial-Leasing (die Leasing-Gegenstände sind speziell für die Bedürfnisse des Leasing-Nehmers zugeschnitten und können auch nach Ablauf der Grundmietzeit wirtschaftlich sinnvoll nur beim Leasing-Nehmer verwertet werden) soll nach Auffassung der Finanzverwaltung (aaO) stets eine Zurechnung beim LeasingNehmer erfolgen. Diese Kriterien werden von der zustimmenden Literatur mit mehr oder weniger starken Modifikationen übernommen (vgl. z . B . Freericks 187ff.; Kropff § 149, 67; unklar HFA 1/73 WPg. 1973 101 unter III). 69
Der Meinung von Leffson und Flume (aaO) ist insoweit beizupflichten, als es sich bei den Leasing-Verträgen, ohne Rücksicht auf ihre rechdiche Einordnung, um beiderseits noch nicht erfüllte schwebende Verträge handelt. Man kann auch nicht generell sagen, daß der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers wirtschafdich keine Bedeutung mehr habe. Kann der Leasing-Nehmer den Vertrag nicht mehr erfüllen, was bei den langfristigen Leasing-Verträgen von vornherein nicht ausgeschlossen werden kann, so werden in der Regel alle noch offenen Leasing-Raten fällig und der LeasingGeber fordert sein Eigentum zurück. Im Konkurs des Leasing-Nehmers kann der LeasingGeber gemäß § 19 KO den Leasing-Vertrag kündigen und sein Eigentum aussondern, nicht etwa — wie beim Sicherungseigentum — nur abgesonderte Befriedigung für die Restraten verlangen (vgl. dazu auch Flume DB 1972 53, 59). Sieht man es als wesendichen Bilanzierungszweck an, daß die Schuldendeckungsmöglichkeiten aufgezeigt werden (Konkursorientierung der Bilanz vgl. Kupsch WPg. 1977 663, 665; Moxter Bilanzlehre 1974 S. 27), so ist es in der Tat fraglich, ob in der Bilanz Wirtschaftsgüter ausgewiesen werden dürfen, bei denen das zivilrechdiche Eigentum sowie die Verwertungsbefugnis langfristig bei einem Dritten liegt. Auch Optionsrechte des Leasing-Nehmers dürfen bei dieser Betrachtung nicht überbewertet werden, weil deren Ausübung oder Nichtausübung eine Investitionsentscheidung im Zeitpunkt der Ausübung ist und nicht immer mit Sicherheit vorweggenommen werden kann (zutreffend Freericks 194).
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Nach dem derzeitigen Stand ist damit festzuhalten, daß es keine festen GoB für die Bilanzierung von Leasing-Verhältnissen gibt, etwa dahingehend, daß nach den Richtlinien der Finanzverwaltung oder des HFA des Instituts der Wirtschaftsprüfer oder nach anderen in der Literatur vertretenen Meinungen zu bilanzieren ist. Der HFA hat ohnehin die Anwendung seiner Stellungnahme derzeit ausgesetzt (WPg. 1974 562). Zutreffenderweise wird man jedoch bei der Rechnungslegung folgendes zu beachten haben: LeasingVerhältnisse sind nicht nur unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, sondern viel stärker unter dem Gesichtspunkt der langfristigen aufwandswirksamen Bindung der Gesellschaft zu sehen. Dies ist kein isoliertes Leasing-Problem, sondern ein Problem aller langfristigen Verträge. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Frage der Bilanzierung, sondern um eine Frage der Berichterstattung. Die Gesellschafter sind im Zuge der Bilanzfeststellung berechtigt, von der Geschäftsführung Auskunft über die zukünftigen Belastungen aufgrund langfristiger Verträge (insbesondere Leasing-Verträge) zu verlangen. Dies gilt um so mehr, je bedeutsamer die Leasing-Verträge für die Gesellschaft sind (z. B. wenn große Teile des Anlagevermögens im Leasing genutzt werden). Auch ein freiwilliger gesonderter Ausweis der Leasing-Aufwendungen in der GuV stärkt die Information ( L e f f s o n DB 1976 685, 690). Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der Leasing-Verhältnisse in der Bilanz, und zwar ohne Rücksicht auf das wirtschaftliche Eigentum, wie dies der HFA 1/73 unter IV (WPg. 1973 101) verlangt, erscheint zu weitgehend. Selbstverständlich müssen Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden (vgl. Rdn. 115), sobald der Leasing-Vertrag für den Leasing-Nehmer oder Leasing-Geber in Leistung und Gegenleistung nicht mehr ausgeglichen ist. Auch die (198)
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4. EG-Richtlinie verlangt keinen Ausweis des Leasing in der Bilanz, sondern — konsequent i. S. dieser Ausführungen — eine Angabe im Anhang (vgl. Rdn. 4). Die Leasing-Gegenstände können wirtschaftliches Eigentum des Leasing-Nehmers 71 sein, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Zugehörigkeit gegeben sind (Rdn. 55ff.). Das ist bei Leasing-Verträgen ohne Optionsrechte nur dann der Fall, wenn es sich um verdeckte Ratenkaufverträge handelt (im Ergebnis wohl ebenso Freericks 192; Kropff § 149, 67). Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Verwertungserlös des Leasing-Gegenstandes absprachegemäß dem Leasing-Nehmer zusteht (vgl. Clemm WPg. 1970 177, 180), aber auch dann, wenn technische (nicht betriebsgewöhnliche; zutreffend Freericks 195) Nutzungsdauer und Grundmietzeit übereinstimmen (vgl. Gasflaschenfall BFH BStBl. 1964 III 44). Bei Leasing-Verträgen mit Kaufoption kann wirtschaftliches Eigentum beim Leasing-Nehmer angenommen werden, wenn der Vertrag wirtschaftlich nur bei Annahme der Kaufoption verständlich wird. Das kann dann der Fall sein, wenn — nach relativ kurzer Grundmietzeit — der Gegenstand gegen eine „Anerkennungsgebühr" (vgl. BFH BStBl. 1970 II 264) auf den Leasing-Nehmer übertragen wird, so daß er eine Weiterverwertung in jedem Falle selbst übernehmen wird. Dies kann aber auch dann der Fall sein, wenn der Leasing-Geber ein Andienungsrecht hat, mit dessen Ausübung gerechnet werden muß. Bei Leasing-Verträgen mit Mietverlängerungsoption kann eine Aktivierung beim Leasing-Nehmer in Frage kommen, wenn die Anschlußmiete nur eine „Anerkennungsgebühr" beinhaltet und nach den betrieblichen Gegebenheiten mit der Nutzung des Gegenstandes bis zum Ende der technischen Nutzungsdauer gerechnet werden muß. Bei besonders langfristigen Grundmietzeiten ist jedoch Vorsicht angebracht, da die Entscheidungen bei Ablauf der Grundmietzeit kaum mehr vorweggenommen werden können. Für das sogenannte Spezial-Leasing gelten keine Besonderheiten (a. A. BFH BStBl. 1970 II S. 264). Beim Immobilien-Leasing gelten diese Grundsätze entsprechend, allerdings ist zwischen Grund und Boden und Gebäude zu unterscheiden. Bei Grund und Boden ist wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Leasing-Nehmer nur anzunehmen, wenn eine Kaufoption besteht, mit deren Annahme gerechnet werden muß, um das Geschäft wirtschaftlich verständlich zu machen (vgl. auch Freericks 199f.). Dem Einwand, daß in diesen Fällen Vermögen ausgewiesen wird, das den Gläubigern nicht zur Befriedigung dienen kann (vgl. Rdn. 69) steht entgegen, daß die Leasing-Verbindlichkeiten mit dem in den Leasing-Raten enthaltenen Tilgungsanteil zu passivieren sind (zur Bewertung der Leasing-Verbindlichkeiten vgl. Kenntemich WPg. 1973 84ff.). Damit wird die Bilanz auf der Aktiv- und Passivseite verlängert, so daß die Darstellung der Schuldendeckung unverändert bleibt. E) Pensionsgeschäfte. Schrifttum: Clemm Zur Behandlung außergewöhnlicher rechtlicher Gestaltungsformen im Jahresabschluß WPg. 1970 177ff.; Ferber Pensionsgeschäfte der Kreditinstitute 1969; Niemann Pensionsgeschäfte, Institut FSt. Brief 132 1972; Schneider-Gädicke Die Bilanzierung von Wertpapierpensionsgeschäften durch Kreditinstitute ZfgesK 1967, 483ff.; Wittkämper Das öffentliche Wirtschaftsrecht der Pensionsgeschäfte von Kreditinstituten DB 1966 1342ff.; derselbe Das private Wirtschaftsrecht der Pensionsgeschäfte von Kreditinstituten DB 1966 1957ff. Unter Pensionsgeschäften werden Vermögensübertragungen vom sogenannten Pen- 72 sionsgeber auf einen Dritten (Pensionsnehmer) verstanden mit der Maßgabe, daß entweder der Pensionsnehmer sie zu einem im voraus bestimmten oder vom Pensionsgeber noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des ursprünglichen oder eines anderen, aber im voraus bereits vereinbarten Betrages zurückzuübertragen hat (echte Pensionsgeschäfte) oder der Pensionsnehmer berechtigt ist, die Rücknahme der Vermögensgegenstände zu einem im voraus bestimmten oder von ihm noch zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Rück(199)
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Zahlung des gezahlten oder eines im voraus vereinbarten anderen Betrages zu verlangen (unechte Pensionsgeschäfte). Der Begriff des Pensionsgeschäftes stammt aus der Kreditwirtschaft. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BÄK) hat Richtlinien für die Bilanzierung solcher Geschäfte erlassen (Anlage 1 zur Bekanntmachung 1/68; Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 101 vom 29. 8. 1968 1985 unter Nr. I 3); die Finanzverwaltung hat sich in einem Erlaß zur steuerlichen Behandlung geäußert (BStBl. 1969 I 652 = DB 1969 1915). In der Kreditwirtschaft sind Gegenstände des Pensionsgeschäftes in der Regel Wertpapiere, Forderungen oder Wechsel; es können aber grundsätzlich alle Vermögensgegenstände Objekt von Pensionsgeschäften sein, wie auch Nichtbanken natürlich solche Geschäfte tätigen können (Freericks 201, abweichend wohl Clemm WPg. 1970 177, 178). Die wirtschaftlichen Gründe für ein Pensionsgeschäft können vielfältig sein, z. B. Übertragung der Erträge auf den Pensionsnehmer, Zuwendungen steuerlicher Vorteile, die mit dem Eigentum an dem betreffenden Vermögensgegenstand verbunden sind oder Sicherheitenbestellung für den Pensionsnehmer. Pensionsgeschäfte können aber auch als Mittel der Bilanzpolitik eingesetzt werden, z. B. um stille Reserven aufzulösen oder zu bilden oder um den Liquiditätsausweis zu verbessern (vgl. Clemm WPg. 1970 177ff., Freericks 201 und Erlaß der Finanzverwaltung DB 1969 1915). Das Pensionsgeschäft ist damit auch ein Mittel zur Manipulation des Bilanzbildes (sog. window dressing, vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 7), sie bedürfen deshalb für Zwecke der Bilanzierung einer genauen Prüfung. 73 Kreditinstitute in der Rechtsform einer GmbH sind bei der Bilanzierung von Pensionsgeschäften an die Bekanntmachung des BÄK Nr. 1/68 und die darin enthaltenen Richtlinien (aaO) gebunden. Darüber hinaus sind diese Richdinien der Niederschlag von GoB, die im Grundsatz auch für Nichtbanken gelten; auch die Finanzverwaltung legt im wesentlichen die gleichen Prinzipien zugrunde wie das BÄK (vgl. DB 1969 1915). Bei den echten Pensionsgeschäften ist nach BÄK (aaO) „der in Pension gegebene Gegenstand weiter dem Pensionsgeber zuzurechnen, wenn er unter den für die Bilanzierung maßgebenden Gesichtspunkten weiterhin zum Vermögen des Pensionsgebers gehört". Es wird damit auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit abgestellt (Rdn. 55ff.). Diese ist in jedem Einzelfall aufgrund der getroffenen Absprachen zu prüfen. Die Richtlinien des BÄK sehen Anhaltspunkte für die wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Pensionsgeber z. B. darin, daß der in Pension gegebene Gegenstand als Sicherheit für ein Geldgeschäft bestimmt ist (dann liegt eine Sicherungsübereignung vor; vgl. Rdn. 58), daß das Pensionsgeschäft ausschließlich dazu dient, die Erträge des in Pension gegebenen Gegenstandes auf Zeit dem Pensionsnehmer zu verschaffen, oder wenn bei Aktien der Pensionsgeber über die Ausübung des Stimmrechts entscheidet. Kropff (§ 149, 61) will den Gegenstand insbesondere dann weiter dem Pensionsgeber zurechnen, wenn das Pensionsgeschäft wirtschaftlich eine Kreditaufnahme des Pensionsgebers ist, bei dem der Pensionsgegenstand zur Sicherung dient oder wenn das Pensionsgeschäft vor allem das Bilanzbild des Pensionsgebers gerade für den Abschlußstichtag verbessern soll. 74 Im Grundsatz kann man den genannten Kriterien folgen. Allerdings sollten zwei Gesichtspunkte zusätzlich beachtet werden: Das zeitliche Moment. Eine Zurechnung beim Pensionsgeber setzt voraus, daß es sich um verhältnismäßig kurzfristige Geschäfte handelt, insbesondere Geschäfte, die nur über einen Bilanzstichtag eines der Beteiligten laufen. Hier liegen häufig Sachverhalte vor, die nur das Bilanzbild des einen oder beider Beteiligten verschönen sollen. Diese Geschäfte können aber, werden die GoB beachtet, nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. Liegt dagegen ein mittel- oder langfristiges Pensionsgeschäft vor, so ist auch die wirtschaftliche Zugehörigkeit beim Pensionsnehmer, also dem rechtlichen Eigentümer anzunehmen. Hier (200)
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überwiegt der Gesichtspunkt, daß der Vermögensgegenstand — ohne Rücksicht auf die schuldrechtliche Rückübertragungsverpflichtung — zur Haftungsmasse des Pensionsnehmers gehört. Etwas anderes kann nur gelten, wenn das Pensionsgeschäft ausschließlich der Sicherung eines Geldkredites des Pensionsnehmers dient, da hier die Grundsätze für die Sicherungsübertragung zum Zuge kommen (vgl. Wittkämper DB 1966 1957, 1959; Böhle-Stamschräder, Konkursordnung 12. Aufl. § 43, 9). Die Position des Pensionsnehmers. Eine Zurechung beim Pensionsgeber setzt nicht nur voraus, daß dieser ein Recht auf Rückübertragung des Pensionsgegenstandes hat, sondern auch, daß der Pensionsnehmer seinerseits die Rücknahme durch den Pensionsgeber verlangen kann. Ist dies nicht der Fall, liegt das Risiko des Verlustes oder der Wertminderung beim Pensionsnehmer, weil der Pensionsgeber den Gegenstand z. B. dann nicht zurückzunehmen braucht, wenn eine außerordentliche Wertminderung eingetreten ist; in diesem Fall geht auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Pensionsnehmer über. Dies führt zur Bilanzierung beim Pensionsnehmer (Rdn. 56). Es ist nicht notwendig, daß diese Vereinbarungen in einem einzigen Vertrag niedergelegt sind. Sie können teils schriftlich, teils mündlich geschlossen sein. Es kommt immer auf die Gesamtumstände an. Es ist auch nicht notwendig, daß der Anspruch oder das Recht auf Rückübertragung bereits besteht; es genügt, wenn ein Beteiligter sich diese Rechte z. B. durch Ausübung eines Optionsrechtes oder durch Annahme eines unbedingten Rückkaufangebots verschaffen kann (Kropff § 149, 61; abweichend Clemm WPg. 1970 178). Bei den unechten Pensionsgeschäften (Rdn. 72) ist der Gegenstand vom Pensions- 75 nehmer zu bilanzieren (Freericks 203; Kropff § 149, 62). Der Pensionsgeber hat keine gesicherte Rechtsposition auf Wiedererlangung des Gegenstandes. Ist der Vermögensgegenstand dem Pensionsgeber zuzurechnen, so hat er das 76 empfangene Geld als Verbindlichkeit zu passivieren; dies entspricht dem wirtschaftlichen Gehalt als Kreditgeschäft (vgl. Kropff § 149, 63). Der Pensionsnehmer bilanziert entsprechend eine Forderung gegen den Pensionsgeber. Ist der Vermögensgegenstand dem Pensionsnehmer zuzurechnen (so immer beim unechten Pensionsgeschäft und je nach Ausgestaltung beim echten Pensionsgeschäft), kommt eine ggf. bestehende Rücknahmeverpflichtung in der Bilanz des Pensionsgebers nicht zum Ausdruck. Dies mag wegen der drohenden Liquiditätsbelastung unbefriedigend sein (Kropff § 149, 63). Davon unabhängig ist jedoch zu prüfen, ob bei einer drohenden Rücknahmeverpflichtung unter Verlustrealisierung eine Rückstellung zu bilden ist. Bei namhaften Beträgen sind die Geschäftsführer der bilanzfeststellenden Gesellschafterversammlung auskunftspflichtig (vgl. Rdn. 70). Die 4. EG-Richdinie sieht eine Berichterstattung im Anhang vor (vgl. Rdn. 4). Für publizitätspflichtige GmbH's kann, eine Berichterstattung im Geschäftsbericht erforderlich werden (§ 5 Abs. 4 PublG i. Verb, mit § 160 Abs. 3 Nr. 7 AktG; vgl. auch Kropff § 160 83). Für GmbH-Banken sieht die Richdinie des BÄK (Rdn. 72) eine Vermerkspflicht unter „Verbindlichkeiten im Falle von in Pension gegebenen Gegenständen, sofern diese Gegenstände nicht auf der Passivseite auszuweisen sind", vor. i|) Warendarlehen. Bei Warendarlehen (§ 607 Abs. 1 BGB) oder bei unregelmäßiger 77 Verwahrung (§ 700 BGB) aktiviert der Darlehensnehmer oder Verwalter als zivilrechtlicher Eigentümer die Vermögensgegenstände und passiviert eine entsprechende Rückgabeverpflichtung. Der Darlehensgeber bucht die Vermögensgegenstände bei seinem Bestand ab und aktiviert eine Forderung auf Vermögensgegenstände gleicher Art, Güte und Menge. Dabei gelten für die Bewertung dieser Forderung die Grundsätze der Warenbewertung entsprechend, d. h. die Forderung ist grundsätzlich mit dem Buchwert der hingegebenen Waren zu bewerten, sofern der Verkehrs wert der Waren am Abschlußstichtag nicht niedriger ist (vgl. Rdn. 174). (201)
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8) Aktivierungszeitpunkt. Die Frage, wann ein Vermögensgegenstand beim Erwerber bilanziell als Zugang zu erfassen ist, wird ebenfalls nach der wirtschaftlichen, nicht nach der rechtlichen Zugehörigkeit entschieden (vgl. Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970, 76; Kropff § 149, 70). Der rechdiche und der wirtschaftliche Zugang können auseinanderfallen. Bauleistungen, die durch Dritte auf Grundstücken des Bilanzierenden erbracht werden, gehen sofort gemäß §§ 93/94 BGB in das Eigentum des Bilanzierenden über. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht erhält er jedoch erst, wenn der Dritte die Bauleistung oder -teilleistung abnahmereif erbracht hat (Stellungnahme des Wohnungswirtschaftlichen Fachausschusses des IdW (WFA) 1/72 = WPg. 1972 250; Kropff § 149, 70). Bei unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenständen bilanziert der Erwerber mit Zugang ohne Rücksicht auf den Eigentumsvorbehalt (Rdn. 58). Grundstücke sind spätestens mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch bei diesem zu aktivieren. Fraglich ist jedoch, ob eine Aktivierung schon vor der Eintragung möglich ist und unter welchen Voraussetzungen. Teilweise wird für ausreichend gehalten, daß der Grundstückskaufvertrag abgeschlossen und die Ubergabe erfolgt ist. Damit sind nach § 446 Abs. 1 BGB Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Käufer übergegangen. Auf die Auflassung wird nicht abgestellt. Es soll ausreichen, daß der Käufer nach dem Willen des Vertragspartners wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann und bis zur Bilanzaufstellung der Eintragung keine Hindernisse mehr entgegenstehen {Adler/Düring/Schmaltz § 149, 40; Hoßauer WPg. 1967 142; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970 185; wohl auch Kropff § 149, 70; ferner BFH BStBl. 1973 II 209, 210). Zusätzlich verlangt Bremser (in Runge/Bremser/ Zöller Leasing 1978, 128 mit weiteren Nachweisen) Auflassung und Antrag auf Umschreibung beim Grundbuchamt. Dem ist zuzustimmen, weil vor Auflassung und Antrag auf Umschreibung der Erwerber keine gesicherte Position hat, die die wirtschaftliche Zugehörigkeit bei ihm rechtfertigen würde; es haben noch nicht einmal die Beteiligten alles getan, was zum Eigentumserwerb notwendig ist. Das Grundbuchamt hat zwischenzeitliche Eintragungsanträge vorab zu erledigen (§§ 17, 45 GBO). Die Aktivierung setzt deshalb Auflassung und Eintragungsantrag voraus. Es dürfen der Eintragung auch keine anderen Hindernisse entgegenstehen, so muß z. B. die finanzamtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegen, vertragliche oder gesetzliche Vorkaufsrechte müssen ausgeräumt und ggf. erforderliche Genehmigungen erteilt sein (zutreffend Bremser aaO 128). Diese Überlegungen zeigen, daß im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung oder Feststellung die Eintragung erfolgt sein sollte.
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Ein ähnliches Problem kann sich in den Fällen der Umwandlung oder Verschmelzung auf eine GmbH ergeben (die Verschmelzung von GmbH's sieht allerdings erst die GmbH-Novelle in §§ 77aff. vor; vgl. Bundesrats-Drucksache 404/77). Der Umwandlung kann eine Bilanz zugrunde gelegt werden, die für einen höchstens 6 Monate vor der Registeranmeldung liegenden Zeitpunkt aufgestellt ist (§ 4 Abs. 2 UmwG; bei der Verschmelzung wird die Frist 8 Monate betragen; vgl. § 77g Abs. 3 in der Fassung der GmbH-Novelle aaO). In diesen Fällen wird in der Regel zusätzlich vereinbart, daß vom Stichtag der Schlußbilanz der übertragenden Gesellschaft an diese bis zur Eintragung der Umwandlung oder Verschmelzung die Geschäfte für Rechnung und Gefahr der Ubernehmerin führt. Wirtschaftlich gehen von diesem Zeitpunkt an Chancen und Risiken sowie die Gefahr des Verlustes auf die Ubernehmerin über. Eine Bilanzierung der Vermögensgegenstände (und Schulden) der übertragenden Gesellschaft bei der Ubernehmerin setzt aber — entsprechend Rdn. 78 — voraus, daß die beteiligten Gesellschaften alles getan haben, um den rechtlichen Erfolg herbeizuführen und nur noch die Eintragung in das Handelsregister aussteht. Das bedeutet, daß die erforderlichen Beschlußfassungen und Handelsregisteranmeldungen vor dem Bilanzstichtag der Ubernehmerin erfolgt sein (202)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
müssen. Darüber hinaus sollte spätestens bei Bilanzfeststellung die Eintragung erfolgt sein. Erfolgen die Beschlußfassungen erst nach dem Bilanzstichtag der Obernehmerin, so liegt ein Geschäftsvorfall des neuen Wirtschaftsjahres vor, der — trotz schuldrechtlicher Rückbeziehung — bilanziell auch erst im neuen Jahr seinen Niederschlag findet. Entsprechendes gilt, wenn bei gleichem Bilanzstichtag von übertragender Gesellschaft und Obernehmerin (z. B. 31. Dezember) die Führung der Geschäfte für Rechnung und Gefahr der Ubernehmerin ab Beginn des nachfolgenden Tages (1. Januar) vereinbart wird. Bei beweglichen Sachen (insbesondere Waren) entscheidet die Erlangung der Ver- 80 fügungsgewalt, das ist der Zeitpunkt in dem Nutzungen und Lasten und die Gefahr auf den Bilanzierenden übergehen {Adler/Düring/Schmaltz § 149, 41; Kropff § 149, 71; Hofbauer WPg. 1967 142). Bei auf dem Transport befindlicher Ware geht die Verfügungsmacht durch Aushändigung von Konnessementen, Ladescheinen, indossabien Lagerscheinen oder die Aushändigung von Frachtbriefen auf den Käufer über. Ausreichend ist ferner die Mitteilung des Spediteurs, Frachtführers oder Lagerhalters, die Sache für den Käufer zu besitzen (zu seiner Verfügung zu halten). Allerdings muß die Ware ausgesondert und hinreichend individualisiert sein (BFH DB 1972 1368). Auch ohne Ubergang der Verfügungsmacht soll es bei unterwegs befindlicher Ware für die Bilanzierung beim Käufer genügen, daß die Gefahr übergegangen ist (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 41 geben dem Käufer ein Wahlrecht; offengelassen BFH DB 1972 1368 und Kropff § 149, 71). Forderungen aus dem Lieferungs- und Leistungsverkehr (also das Gegenstück zu 81 Rdn. 80) sind zu bilanzieren, wenn der Verpflichtete das zur Erfüllung des Vertrages Erforderliche getan hat. Das ist bei Lieferungen in der Regel der Zeitpunkt der Ubergabe an den Kunden, einen Spediteur oder den Frachtführer. Erfolgt die Lieferung auf Gefahr des Lieferanten, so ist eine Aktivierung der Forderung allerdings nur zulässig, wenn eine ausreichende Transportversicherung abgeschlossen wurde (vgl. dazu Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 43). Bei unterwegs befindlichen Waren sind die Aktivierungskriterien von Ware und Forderung bei Käufer und Verkäufer unterschiedlich, so daß die Ware ggf. bei gleichem Stichtag in keiner Bilanz erscheinen kann (Kropff § 149, 71). Zur Einbuchung von Forderungen aus langfristigen Geschäften vgl. Rdn. 149ff. Bei Wertpapieren, die von Banken erworben werden, ist das Depotgesetz zu be- 82 achten. Sie werden in der Regel vom Käufer bilanziert, sobald die Schlußnote erteilt und die Belastung durch die Bank durchgeführt ist, auch wenn der zivilrechtliche Eigentumsübergang erst durch Absendung des Stücke-Verzeichnisses (§18 Abs. 3 DepG) erfolgt (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 42 dort auch wegen der Ausnahmen). Ob sich Wertpapiere in Sonderverwahrung (§ 2 DepG) oder in Sammelverwahrung (§ 5 DepG) befinden, ist für die Bilanzierung ohne Bedeutung (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 42). Wertpapiererträgnisse aus Anteilen an Kapitalgesellschaften können von der GmbH 83 als Gesellschafter grundsätzlich erst vereinnahmt werden, nachdem der Gewinnverwendungsbeschluß der Beteiligungsgesellschaft gefaßt ist, da erst mit diesen Zeitpunkt der schuldrechtliche Gewinnanspruch entsteht (vgl. für die AG §§ 58 Abs. 4, 174 AktG; für die GmbH § 29, 12; vgl. auch RGZ 112 19; Baumbach-Hueck AktG 13. Aufl. §§ 151/152, 33; Claussen in Kölner Komm, zum AktG § 151, 36; zu der weitergehenden, im angelsächsischen Bereich angewandten „Equity-Methode" vgl. Havermann WPg. 1975 233ff.). Dies ist, sofern die Wirtschaftsjahre von GmbH und Beteiligungsgesellschaft übereinstimmen, stets das auf die Gewinnerzielung der Beteiligungsgesellschaft folgende Wirtschaftsjahr. Bei mehrstufigen Unternehmensverbindungen können sich Verschiebungen über mehrere Jahre ergeben. Das ist jedenfalls dann unbefriedigend, wenn es sich um konzernverbundene Unternehmen handelt, bei denen kraft des Konzernverhältnisses die Obergesellschaft bestimmen kann, ob und in welcher Höhe Gewinn ausgeschüttet wird. Zwar ist häufig in diesen Fällen ein Konzernabschluß aufzustellen (z. B. nach § 11 PublG (203)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
oder § 28 E G AktG), in dem das echte Jahresergebnis des Konzerns als wirtschaftliche Einheit erscheint. Gerade dadurch können aber Unterschiede zum Einzelabschluß der Obergesellschaft entstehen, die die im Konzernabschluß sichtbaren Gewinne noch gar nicht vereinnahmt hat (vgl. Kropff § 149, 74). Für die A G als Konzernobergesellschaft wurde deshalb die Aktivierung einer Dividendenforderung an die Beteiligungsgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen auch dann zugelassen, wenn die Beteiligungsgesellschaft einen Gewinnverwendungsbeschluß noch nicht gefaßt hat (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 151, 173; Kropff § 151, 74; Mellerowicz in Großkomm AktG § 151, 73; Scblegelberger-Qttassowski AktG 1937, § 131, 23). Der B G H (BGHZ 65 230ff. = D B 1976 38ff.) hat nunmehr für den Fall einer AG als Obergesellschaft unter Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Aktivierung des Gewinnanspruchs zugelassen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: — Die Geschäftsjahre der Obergesellschaft und der Beteiligungsgesellschaft müssen sich decken bzw. das Geschäftsjahr der Beteiligungsgesellschaft, dessen Gewinn vereinnahmt werden soll, darf nicht später enden als das der Obergesellschaft (letzteres zwar nicht vom B G H entschieden, aber zutreffend Adler/Düring/ Schmaltz § 151, 173; Kropff § 151, 74). — Die Obergesellschaft muß mit Mehrheit (vgl. § 16 AktG), und zwar mit der für den Gewinnverwendungsbeschluß erforderlichen Mehrheit beteiligt sein. — Der Jahresabschluß der Beteiligungsgesellschaft muß vor Abschluß der Prüfung bei der Obergesellschaft festgestellt worden sein, und es muß ein entsprechender Gewinnverwendungsvorschlag gemäß § 170 Abs. 2, § 171 AktG vorliegen. Diese Grundsätze können auch als GoB in das Bilanzrecht der GmbH übernommen werden (vgl. auch Forster AG 1976 42 f.). Sie gelten ohne Modifizierung, sofern die GmbH als Obergesellschaft priifungspflichtig ist und es sich bei der Beteiligungsgesellschaft um eine AG handelt. Ist die GmbH als Obergesellschaft nicht priifungspflichtig (vgl. Erl. zu § 52 a) so genügt es, wenn Feststellung des Jahresabschlusses und Gewinnverwendungsvorschlag der Beteiligungsgesellschaft bis zur Feststellung der Bilanz der GmbH vorliegen (§ 46 Nr. 1). Ist die Beteiligungsgesellschaft eine GmbH, will Kropff (§ 151, 74) auf die Bilanzfeststellung bei der Beteiligungsgesellschaft verzichten, da die Obergesellschaft in dem für die Feststellung zuständigen Organ über die Stimmenmehrheit verfüge. Obwohl dieses Argument zunächst einleuchtend erscheint, wird man ihm doch nicht folgen können: Eine Gewinnvereinnahmung bei der Muttergesellschaft setzt bei Bilanzfeststellung zumindest voraus, daß sich der Reingewinn der Tochter nicht mehr verändert. Diese Sicherheit ist aber erst mit Feststellung der Bilanz der Tochtergesellschaft gegeben. Es bereitet auch keine Schwierigkeiten bei einer Tochter-GmbH, anders als bei einer TochterAG, die Bilanzfeststellung derjenigen der Obergesellschaft zeitlich voranzustellen. Noch weitergehend als Kropff wollen Scblegelberger-Quassowski (zu § 131 AktG 1937 Anm. 23) eine Aktivierung des Gewinnanspruchs ohne weitere Voraussetzungen bei völliger Beherrschung der Tochtergesellschaft zulassen. Dem kann nach der erwähnten BGH-Entscheidung nicht mehr gefolgt werden. 84
Zweifelhaft ist, ob bei Vorliegen der in Rdn. 83 genannten Voraussetzungen eine Aktivierungspflicht oder ein Aktivierungswahlrecht besteht (offen in B G H aaO; Forster A G 1976 42 neigt im Einzelfall wohl zu einer Aktivierungspflicht; Adler/Düring/Schmaltz § 151, 173 und Kropff § 151, 74 gehen wohl von einem Wahlrecht aus; unentschieden auch WP-Handbuch 1977 653). Zutreffend dürfte ein Aktivierungswahlrecht sein, da ein Zwang zum Ausweis einer noch nicht entstandenen Forderung zu weitgehend ist. Die Gesellschafter haben im Zuge der Bilanzfeststellung Anspruch auf Information über die gewählte Bilanzierungsweise. Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des B G H (vgl. (204)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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BdF-Schreiben vom 3. 12. 1976, BStBl. 1976 I 679 = GmbH-Rdsch. 1977 23); allerdings nimmt sie steuerlich eine Aktivierungspflicht an. Liegen die Voraussetzungen der Rdn. 83 nicht vor (z. B. bei Minderheitsbeteiligung), so ist eine Aktivierung des Gewinnanspruchs auch dann nicht möglich, wenn im Zeitpunkt der Bilanzfeststellung der GmbH schon der Gewinnverwendungsbeschluß der Beteiligungsgesellschaft gefaßt ist (a. A. BdF-Schreiben aaO). Hier fehlt es an der typischen Machtposition des Gesellschafters, die es rechtfertigt, den noch im allgemeinen Mitgliedschaftsrecht ruhenden Gewinnanspruch vor seiner Konkretisierung als Vermögensgegenstand zu behandeln. Für die Zulässigkeit der Aktivierung genügt es auch, wenn bei Vorliegen der Voraussetzungen der Rdn. 83 im übrigen, mehrere Gesellschafter, die nur zusammen die Mehrheit besitzen, durch eindeutige Vereinbarungen (in der Regel Poolvertrag) sicherstellen, daß ein entsprechender Beschluß über die Gewinnverwendung der Untergesellschaft gefaßt und durchgeführt wird (BdF-Schreiben aaO). Eine solche schuldrechtliche Absicherung des Gewinnanspruchs (vgl. BGHZ 48 169) reicht für die wirtschaftliche Zurechnung aus (Rdn. 56). c) Die Aktivierung immaterieller Vermögensgegenstände. Schrifttum: Mutze Aktivierung und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter nach Handels- und Steuerrecht 1960; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970 246ff.; Institut „Finanzen und Steuern" Brief 104: Die steuerliche Bilanzierung von immateriellen Wirtschaftsgütern und aktiven Rechnungsabgrenzungsposten unter Berücksichtigung des Aktiengesetzes 1965; Bergner Zur Frage des Gutscharakters von Rechten in der Unternehmung ZfbF 1967 587ff.; Dziadkowski Zur Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz bei Gesellschaftsumgriindungen StlBP 1965 240ff.; Eitler/ Asseyer Zum Problem der Bewertung von lizenzierten Erfindungen und Erfahrungen DStR 1972 264ff.; Greiffenbagen Das Aktivierungsverbot für eigengebildete immaterielle * Anlagewerte nach § 153 Abs. 3 AktG 1965 und die Steuerbilanz FR 1967 332; Henssler Bilanzierung von Anwartschaftsrechten. Anzahlungen auf Anlagen, Anwartschaft- und Optionsrechte als Wirtschaftsgüter DStR 1973 711 ff.; Hoffmann Das immaterielle Wirtschaftsgut und die Rechnungsabgrenzung in der Steuerbilanz DStR 1972 202 ff.; Jung Die Problematik der Aktivierung einer Ausgleichszahlung an Handelsvertreter in der Steuerbilanz DStR 1967 596ff.; Panka Die Bewertung von Erfahrungen und Erfindungen BB 1971 216ff.; Rosenau Die Bewertung von Erfindungen FR 1971 63ff.; Selchert Behandlung konzernintern erstellter und erworbener immaterieller Wirtschaftsgüter in der konsolidierten Bilanz DB 1971 1265ff.; Söffing Zur Bilanzierung immaterieller Anlagewerte, Die Information 1969 243ff.; van der Velde Zur Behandlung immaterieller Wirtschaftsgüter und Rechnungsabgrenzungsposten in der Handels- und Steuerbilanz FR 1969 441 ff.; Paulick Immaterielle Wirtschaftsgüter und Posten der Rechnungsabgrenzung FR 1968 449ff. und 483ff.; Curtius Härtung Immaterielle Werte — ohne Firmenwert — in der Ertragsteuerbilanz StBJb. 1969/70 325ff.; Christoffers Die Problematik des § 153 Abs. 3 AktG aus betriebswirtschafdicher Sicht DB 1970 165ff.; Wiebusch Die Bewertung des Wettbewerbsverzichts bei der Betriebsveräußerung SdBP 1971 78 ff.; Dziadkowski Besteht eine Aktivierungspflicht für Güterfernverkehrsgenehmigungen BB 1971 473ff.; Gail Steuerliche Anerkennung der aktienrechtlichen Aktivierungsverbote WPg. 1969 273 ff. aa) Begriff. Immaterielle Vermögensgegenstände sind alle Vermögensgegenstände, 8 5 die nicht körperliche (bewegliche und unbewegliche) Vermögensgegenstände sind (vgl. Mutze 22). Zum Begriff des Vermögensgegenstandes vgl. Rdn. 51 ff. Darunter fallen insbesondere Rechte aller Art. Sie machen die überwiegende Zahl aller immateriellen Vermögensgegenstände aus, denn dazu gehören nicht nur Forderungen und geleistete Anzahlungen (deren Aktivierungsfähigkeit steht außer Zweifel), sondern z. B. auch Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Gewerbeberechtigungen, Erbbaurecht und (205)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Nießbrauch, Urheberrechte, Konzessionen, Kontingente und Quoten, Wettbewerbsverbote usw. (vgl. umfassend Mutze 95ff.). Ferner gehören dazu wirtschaftliche Werte, wie z. B. Rezepte, Kundenstamm, Anschriftenmaterial, know-how. Zum Geschäfts- oder Firmenwert vgl. Rdn. 52 und Rdn. 97ff. 86 Transitorische Aktiva im weiteren Sinne, d. h. einmalige größere Aufwendungen, die mehrere Rechnungsperioden betreffen (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 174), wie z. B. Reklameaufwendungen, Werbefeldzüge, aber auch Betriebseinrichtungs- und Organisationskosten (vgl. Husemann 247), stellen jedoch keine Vermögensgegenstände, auch keine immateriellen, dar. Es fehlt an der Verkehrsfähigkeit bzw. an der Veräußerbarkeit (Rdn. 53). Es handelt sich lediglich um Aufwendungen, die im Hinblick auf künftige Erträge gemacht worden sind, die sich aber nicht in einem abgrenzbaren Vermögensgegenstand konkretisiert haben (weitergehend offenbar Berg in Handbuch der GmbH 7. Aufl. II 177); nur wenn dies der Fall ist, darf aber eine Aktivierung als immaterieller Vermögensgegenstand erfolgen (Kropff § 152, 109; ferner Begründung RegE AktG; Kropff Aktiengesetz 237). Eine Aktivierung kommt deshalb nur in den engen Grenzen der Rechnungsabgrenzung in Frage (dazu Rdn. 134ff.). Insoweit bringt § 152 Abs. 9 AktG einen allgemeinen GoB zum Ausdruck. Damit sind z. B. keine aktivierungsfähigen immateriellen Vermögensgegenstände (nach Kropff § 152, 104):
t
— Werbeaufwand, Reklamefeldzüge, EinführungsWerbungen; — Forschungs- und Entwicklungsaufwand; — Ausgleichszahlungen an ausscheidende Handelsvertreter (Risse BB 1958 337; Waldner DB 1958 759); — Provisionen für die Vermittlung von Abonnementsverträgen (BFH DB 1970 376); — Zuschüsse, die Versorgungsunternehmen Abnehmern zur Umstellung auf Erdgas gewähren; — Aufwendungen für Gründung und Kapitalbeschaffung (vgl. § 153 Abs. 4 AktG; Mutze 275). Organisations- und Ingangsetzungskosten (§ 42 Nr. 2) sowie Kosten der Gründung und Kapitalbeschaffung sind ebenfalls keine immateriellen Vermögensgegenstände; vgl. dazu im einzelnen Rdn. 96.
87
bb) Immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Bis zum Inkrafttreten des AktG 1965 waren die Voraussetzungen für die Aktivierung immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nicht eindeutig. Die wohl überwiegende Meinung ließ eine Aktivierung zu, ohne Rücksicht darauf, ob die Vermögensgegenstände entgeltlich erworben oder selbstgeschaffen waren. Beispielhaft hierfür ist der Beschluß des BFH vom 3 . 2 . 1969 (BFHE 91 31, 35), wonach davon auszugehen sei, „daß im Jahre 1962 nach überwiegender Ansicht handelsrechtlich — und zwar, da kein Anlaß besteht, die entwickelten Grundsätze auf die AG zu beschränken, auch über den Kreis der AG hinaus — die Aktivierung der Aufwendung auch für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter für zulässig gehalten wurde, ohne daß eine rechtliche Verpflichtung zur Aktivierung bestand" (vgl. auch Mutze 43). Es wurde aber auch schon für das damalige Recht die Auffassung vertreten, daß nur entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände aktivierungsfähig seien; dies wurde insbesondere aus dem Wortlaut des § 133 Nr. 2 AktG 1937 entnommen, der von einem Wertansatz „höchstens zu den Anschaffungskosten" sprach (Nachweise bei Kropff § 153, 40). Einigkeit bestand aber darin, daß für die immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens ein Aktivierungsrecht, aber keine Aktivierungspflicht bestand (vgl. z. B. BFH aaO). Eine Wende trat mit Inkrafttreten des AktG 1965 ein, dessen § 153 Abs. 3 bestimmt: „Für immaterielle Anlagewerte darf ein Aktivposten nur angesetzt werden, wenn sie entgeltlich erworben (206)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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wurden". Die Begründung RegE AktG sagt dazu, daß § 153 Abs. 3 eine zum AktG entstandene Streitfrage „im Sinne bewährter kaufmännischer Übung" entscheide (vgl. Kropff Aktiengesetz 244). Es ist heute vorherrschende Meinung, daß § 153 Abs. 3 AktG Ausdruck eines allgemein geltenden GoB ist {Albach BB 1966 377, 378; Baumbach-Hueck 4 D; Birkholz JBFStR 1968/69 41, 54; Döllerer BB 1967 1261 BB 1969 501, 504; Freericks 206; Husemann 253; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 87; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 50; wohl auch WP-Handbuch 1977, 622f.; zweifelnd dagegen Kropff § 153, 42; Selchen DB 1971 1265, 1269; Christoffers DB 1976 165ff.). Die Begründung liegt im Vorsichtsund Gläubigerschutzprinzip (vgl. dazu auch Kropff § 153, 41). Immaterielle Anlagewerte sind schwer schätzbare und daher unsichere Werte. Es ist fraglich, ob sie einmal Erträge in Höhe der getätigten Aufwendungen abwerfen werden. Bei entgeltlichem Erwerb ist der Wert immerhin schon einmal am Markt bestätigt worden; daran fehlt es bei den selbst erstellten immateriellen Anlagewerten. Der h. M. ist zu folgen: Mit der Anwendung des § 153 Abs. 3 AktG gilt — wie bereits früher —, daß ein Bilanzierungswahlrecht, jedoch keine Aktivierungspflicht besteht (vgl. dazu Rdn. 92). Auch die steuerliche Regelung (§ 5 Abs. 2 EStG in der Fassung des EStÄndG vom 16. 5. 1969) erlaubt den Ansatz von immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Dies bestätigt die vorgehend behandelte handelsrechtliche Auffassung, der der Steuergesetzgeber folgen wollte (Nachweise bei Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftsteuer § 5 EStG 51k (2)). Es handelt sich also hier nicht etwa um eine steuerliche Sonderregelung, obwohl die Bestimmung an sich überflüssig ist, da bereits § 5 Abs. 1 EStG die handelsrechtlichen GoB in Bezug nimmt (zutreffend v. d. Velde FR 1969 441, 442). Es sollte lediglich eine Klarstellung erfolgen. Liegen die Voraussetzungen des entgeltlichen Erwerbs nicht vor, so besteht ein Aktivierungsverbot (Döllerer BB 1965 1405; Kropff % 153, 54; Vogel DB 1966 909; v. Wallis NB 1967 22; Freericks 206; Hitsemann 254). Das Aktivierungsverbot bezieht sich auch auf körperliche Gegenstände, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem immateriellen Vermögensgegenstand stehen, z. B. Entwürfe, Konstruktionszeichnungen, Arbeitsmodelle, Beschreibungen, ggf. auch Programme einer Datenverarbeitungsanlage. Dagegen können Prototypen als körperliche Vermögensgegenstände aktivierungsfähig sein, sofern sie verkehrsfähig bzw. selbständig veräußerbar sind (Rdn. 53). Allerdings sind nur die unmittelbar für die Erstellung anfallenden Kosten aktivierbar, nicht etwa die zugehörigen Entwicklungskosten (Adler/ Düring/Schmaltz § 153, 58c; a.A. Albach NB 1966 188; Geßler NB 1966 197; Kropff § 153, 55). a) Voraussetzungen für die Aktivierung. Immaterielle Anlagegüter dürfen nur 88 aktiviert werden, wenn sie gegen Entgelt erworben werden. Entgelt in diesem Sinne ist die Gegenleistung für einen Leistungsaustausch mit einem Dritten (h. M. Adler/Düring/ Schmaltz § 153, 116; Döllerer BB 1969 505; Kropff § 153, 43; Rau DB 1969 677; v. d. Velde FR 1969 441, 444; WP-Handbuch 1977 623). Es genügt also nicht, daß im eigenen Unternehmen Aufwendungen, z. B. für eine Patententwicklung angefallen sind (a.A. Birkholz BB 1968 710; Mutze Wpg. 1965 169; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 149, 40). Das Entgelt muß auch konkret für den immateriellen Anlagegegenstand geleistet werden. Es genügt nicht, daß ein Entgelt an Dritte geleistet wird, die den immateriellen Anlagewert nicht besitzen oder nicht veräußern können, sondern die lediglich zur Schaffung des immateriellen Anlagewertes beitragen (Nissen DStZ/A 1969 133; v. d. Velde FR 1969 444). Daher können bei selbst entwickelten Patenten z. B. auch nicht die Kosten des Patentanwalts aktiviert werden. Aktivierungsfähig sind jedoch (207)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Vergütungen an Arbeitnehmer nach dem Gesetz über Arbeitnehmer-Erfindungen vom 25. 7. 1957 (BGBl. I 756); die Zahlung kann als Entgelt für die Erfindung angesehen werden, wenn sie sich auch aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt {Adler/ Düring!Schmaltz § 153, 166; Kropff § 153, 43; WP-Handbuch 1977 623; a . A . Albach N B 1966 188; Geßler N B 1966 196; Husemann 258). 89
Ein entgeltlicher Erwerb liegt auch dann vor, wenn immaterielle Anlagegegenstände zusammen mit anderen Vermögensgegenständen oder als Sachgesamtheit zu einem Gesamtkaufpreis erworben werden (z. B. beim Kauf eines Unternehmens). Es ist hier nicht erforderlich, daß für jeden immateriellen Anlagewert ein besonderer Kaufpreisteil vereinbart wird. Der Gesamtkaufpreis ist vielmehr auf die erworbenen Vermögensgegenstände einschließlich der immateriellen aufzuteilen, und zwar im Verhältnis der Zeitoder Verkehrswerte (vgl. Rdn. 100). Es ist deshalb bei diesen Sachverhalten stets sorgfältig zu prüfen, welche immateriellen Wirtschaftsgüter erworben wurden. Nur ein dann noch verbleibender Kaufpreisrest darf als Geschäfts- oder Firmenwert behandelt werden (vgl. Rdn. 97ff.). Dies entspricht nunmehr auch der Rechtsprechung des BFH (vgl. B F H BStBl. 1966 III 456 = DB 1966 1003; B F H BStBl. 1967 III 334 = DB 1967 1115 und schließlich B F H vom 17. 3. 1977 = DB 1977 1168; dazu auch Kropff § 153, 44). Natürlich entfällt eine Aktivierungsmöglichkeit, wenn in solchen Fällen immaterielle Gegenstände gar nicht vorliegen, sondern z. B. nur Verfahren oder know-how, das untrennbar mit Sachen (z. B. Maschinen) verbunden ist (im Ergebnis ebenso Kropff § 153, 44, wenn auch mit anderer Begründung).
90
Beim entgeltlichen Erwerb kann es sich um Kauf, Tausch oder auch einen gesell§ 153, 116; Kropff schaftsrechtlichen Vorgang handeln (h.M. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 45; WP-Handbuch 1977 623 mit weiteren Nachweisen). Beim Tausch ist das Entgelt höchstens der Zeitwert des hingegebenen Gegenstandes (zu den Anschaffungskosten beim Tausch vgl. Rdn. 159). Dies gilt auch bei gemischten Geschäften, z. B. Verkauf eines Grundstücks gegen Barzahlung und Einräumung eines Bierlieferungsrechtes (vgl. B F H vom 12. 12. 1968 D B 1969 599). Das Tauschobjekt muß ein Vermögensgegenstand sein, dessen Verkehrswert ermittelbar ist ( K r o p f f § 153, 45); es kann aber auch seinerseits ein immaterieller Vermögensgegenstand sein (a.A. Kropff aaO; zum Tausch von Fernverkehrsgenehmigungen vgl. B F H vom 18. 12. 1970 D B 1971 751 dazu kritisch Gail BB 1971 473, 475 und Mittelbach FR 1971 125).
Entgelt können auch Geschäftsanteile der GmbH sein (z. B. Einbringung immaterieller Vermögensgegenstände bei Gründung oder Kapitalerhöhung im Wege der Sacheinlage; vgl. § 5, 56; zweifelnd Kropff § 153, 45). Dabei können die immateriellen Vermögensgegenstände auch zur Abdeckung eines Agios dienen (a.A. wohl Kropff aaO). Bedenken können allerdings dann entstehen, wenn immaterielle Vermögensgegenstände als Sacheinlage in eine 100%ige GmbH-Tochtergesellschaft oder auch in eine abhängige GmbH eingebracht werden. Hier liegt zwar formal ein Leistungstausch vor, er führt jedoch nicht zu einer Bestätigung des Wertes am Markt, was gerade der Sinn des § 153 Abs. 3 AktG sein soll (Rdn. 87). Da auch bei der GmbH beabsichtigt ist, für diese Fälle durch Einfügung eines § 5d eine Gründungsprüfung einzuführen (vgl. Bundesrats-Drucksache 404/77) wird in Zukunft die Werthaltigkeit von dritter Seite geprüft, so daß diese Gestaltungen dann unbedenklich sind. Bis zu dieser Gesetzesänderung wird man nach dem auch § 153 Abs. 3 AktG zugrundeliegenden Prinzip davon ausgehen müssen, daß eine Aktivierung nur dann zulässig ist, wenn der Einbringende seinerseits das immaterielle Wirtschaftsgut vorher entgeltlich erworben hatte. 91 Der Erwerb muß von einem Dritten erfolgen, d. h. von einem gegenüber der GmbH selbständigen Willensträger ( K r o p f f § 153, 46; vgl. auch Döllerer BB 1969 505; Albach N B 1966 187; Geßler N B 1966 196). Dem Gesamtrechtsnachfolger wird der entgeltliche (208)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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Erwerb seines Rechtsvorgängers zugerechnet. Die Gesamtrechtsnachfolge selbst kann für die erwerbende GmbH ebenfalls ein entgeltlicher Erwerb sein, z. B. bei der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf die GmbH als Mehrheitsgesellschafter gegen Barabfindung (§§ 9, 12 i.V. 24 UmwG) oder gegen Aktienabfindung (§ 15 Abs. 1 UmwG). Problematischer ist die Frage, ob ein entgeltlicher Erwerb auch insoweit vorliegt, als die Umwandlung gegen den Untergang der eigenen Beteiligung erfolgt (z. B. bei Umwandlung auf den Alleingesellschafter: § 1 Abs. 1 UmwG oder Mehrheitsgesellschafter, soweit er selbst beteiligt ist). Der Umstand, daß mit dem Beteiligungserwerb mittelbar auch die immateriellen Vermögensgegenstände der Beteiligungsgesellschaft erworben wurden, läßt es vertretbar erscheinen, im Rahmen der Aufteilung aller erworbenen Vermögensgegenstände auf den Beteiligungsansatz (entsprechend Rdn. 89) auch die immateriellen Vermögensgegenstände zu aktivieren. Für die Verschmelzung zweier GmbHs wird künftig § 77k GmbHG (vgl. Bundesrats-Drucksache 404/77) eine an § 348 AktG angeglichene Regelung bringen, wonach die in der Schlußbilanz der übertragenden Gesellschaft eingesetzten Werte als Anschaffungskosten der übernehmenden Gesellschaft gelten (vgl. dazu auch Goerdeler in Festschrift für Schmaltz 54ff.). Dies erstreckt sich dann auch auf die immateriellen Vermögensgegenstände, die bei der aufnehmenden Gesellschaft nur aktiviert werden dürfen, wenn sie bereits in der Schlußbilanz der übertragenden Gesellschaft aktiviert waren. Beim Erwerb von einem Konzernunternehmen ist zweifelhaft, ob dieser als Erwerb von einem Dritten angesehen werden kann. Teilweise läßt man den Erwerb von Konzernunternehmen uneingeschränkt genügen (Selchert DB 1971 1265, 1266; wohl auch Institut der Wirtschaftsprüfer NA 3/68 unter III 2 = WPg. 1968 133). Teilweise werden erhebliche Einschränkungen gemacht (vgl. Christoffers DB 1970 165, 170; Kropff § 153, 48). Die letzte Auffassung ist zutreffend: Erwirbt eine GmbH mit Beherrschung- und /oder Gewinnabführungsvertrag immaterielle Vermögensgegenstände von ihrer Muttergesellschaft, so fehlt es an dem für eine Aktivierung notwendigen freien Aushandeln von Leistung und Gegenleistung ( K r o p f f § 153, 48). Entsprechendes muß gelten, wenn der Erwerb durch eine 100%ige Tochter-GmbH oder eine abhängige GmbH oder, umgekehrt, durch eine GmbH von einer 100%igen Tochtergesellschaft oder einer abhängigen Gesellschaft erfolgt, jedenfalls dann, wenn entsprechende Anweisungen an die Geschäftsführung zugrundeliegen, der Wert also nicht „ausgehandelt" ist (im Ergebnis wohl ebenso Kropff § 153, 48). ß) Aktivierungswahlrecht. Die h. M. gibt für immaterielle Vermögensgegenstände 92 des Anlagevermögens ein Aktivierungswahlrecht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 117; Institut der Wirtschaftsprüfer NA 1/68 WPg. 1968 72; Albach BB 1966 378, 379; Christoffers DB 1970 665; WP-Handbuch 1977 623; Mellerowics in Großkomm. AktG § 151, 31; Kropff $ 153, 52 und WPg. 1966 374; Kruse in Festschrift für Leffson 1976, 65, 81ff.). Der Gegenmeinung, die von einer Aktivierungspflicht ausgeht (Döllerer BB 1965 1408 und BB 1967 1262; Maul DB 1972 Beilage 15/72, 7 und ZfbF 1973 16ff.; Littmann DStR 1966 240) steht entgegen, daß Aktivierungswahlrechte nicht willkürlich ausgeübt werden dürfen (Rdn. 11 vgl. auch Claussen AG 1968 4). So kann z. B. eine Aktivierung geboten sein, wenn Risiken nicht zu erwarten sind, der Ertragswert eines erworbenen Patents z. B. durch langfristige Lizenzverträge abgesichert ist {Kropff § 153, 52). Das Wahlrecht besteht für jeden einzelnen immateriellen Anlagegegenstand. Es kann auch durch Beschränkung der Aktivierung auf Teile der Anschaffungskosten ausgeübt werden (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 118; Kropff § 153, 52; Mutze WPg. 1965 170). Die Nichtaktivierung erworbener immaterieller Wirtschaftsgüter kann zur Bildung stiller Reserven führen. Zu den Rechten der Minderheitsgesellschafter vgl. § 29, 28ff. y) Abschreibung. Es gelten die allgemeinen Grundsätze für die Abschreibung von 93 Anlagevermögen. In der Regel sind die aktivierten Werte auf die Nutzungsdauer für die (209)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Gesellschaft planmäßig abzuschreiben. Eine jederzeitige Vollabschreibung des Restbuchwerts (so Mutze WPg 1965 170) ist nicht zulässig; sie würde praktisch die Ausübung des Wahlrechts in Richtung Aktivierung wieder rückgängig machen; dies ist aber nicht möglich. Eine außerplanmäßige Abschreibung ist bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung erforderlich. Zur Abschreibung vgl. im übrigen Adler/Düring/Schmaltz § 153, 119; Kropff § 153, 53; WP-Handbuch 1977 623). cc) Immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens. Die Behandlung immaterieller Vermögensgegenstände im Umlaufvermögen wirft in der Regel keine Probleme auf, obwohl sie dort in nicht unerheblichem Umfange anzutreffen sind (man denke nur an Forderungen in verschiedenartigster Ausgestaltung, z. B. aus Lieferungen und Leistungen, aus Anzahlungen, aus Guthaben bei Kreditinstituten etc. und Beteiligungen). Nach der h.M. gelten die Grundsätze für das Anlagevermögen (Rdn. 87ff.) hier nicht (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 121; Döllerer BB 1969 501, 505; Kiehne DB 1970 405; Kropff § 153, 56; Maul DB 1972 Beilage 15, 7; Steckmeister DB 1971 590; a. A. Christoffers DB 1970 165). Damit sind im Umlaufvermögen auch eigene Aufwendungen zur Erstellung immaterieller Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Das ist z. B. bei Dienstleistungsbetrieben der Fall, bei angefangenen aber noch nicht fertiggestellten Arbeiten (z. B. Beratungsleistungen, Prüfungsleistungen, Entwurfsleistungen u. ä.). Unternehmen, die Auftragsforschung betreiben oder EDV-Programme zur Veräußerung entwickeln, müssen die entsprechenden Aufwendungen aktivieren (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 121; Kropff § 153, 56; Steckmeister DB 1971 596). 95 Im Umlaufvermögen gilt auch nicht das Aktivierungswahlrecht, sondern ein Aktivierungsgebot. Die Bewertung hat nach den Grundsätzen über fertige und halbfertige Erzeugnisse unter strenger Beachtung des Niederstwertprinzips zu erfolgen (Adler/ Düring/Schmaltz aaO; Rdn. 174).
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d) Kosten der Organisation und der Verwaltung (§ 42 Nr. 2) sowie Kosten der Gründung und Kapitalbeschaffung. § 42 Nr. 2 ordnet ausdrücklich an, daß Kosten der Organisation und der Verwaltung nicht als Aktiva in die Bilanz eingesetzt werden dürfen. Das sind einmal Aufwendungen für die laufende Verwaltung des Unternehmens, insbesondere Gehälter und Bürokosten. Sie gehören nach allgemeiner Ansicht in die Gewinn- und Verlustrechnung. Nur bei den Herstellungskosten eines aktivierungsfähigen Wirtschaftsgutes des Anlage- oder Umlaufvermögens können sie als anteilige Gemeinkosten in angemessenem Umfange zugeschlagen werden. Dazu gehören aber auch die sog. Anlaufkosten, Betriebseinrichtungskosten oder Geschäftsentwicklungskosten. Bis zum AktG 1965 galt es als GoB, daß Betriebseinrichtungs- bzw. Ingangsetzungskosten aktivierungsfähig waren. Dazu gehörten nicht nur die ersten Anlaufkosten bei der Gründung, sondern auch eventuell später anfallende Aufwendungen für den Aufbau der Innen- und Außenorganisation eines Unternehmens (Kosten der Betriebs-, Verwaltungsund Vertriebsorganisation; Werbungs- und Entwicklungskosten), wie z. B. anläßlich der Erweiterung oder Umstellung des Betriebs (Nachweise bei Husemann 296f.; Mutze 275f.). Das AktG 1965 hat in § 153 Abs. 4 Satz 2 die Aktivierbarkeit auf die Kosten der erstmaligen Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs beschränkt, d. h. also auf die Anlaufkosten gelegentlich der Gründung der Gesellschaft (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 124). Außerdem ist der Betrag gesondert auszuweisen und in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Fünftel durch Abschreibungen zu tilgen (§ 153 Abs. 4 Satz 3 AktG). Diese Ausgestaltung zeigt, daß es sich nicht um einen Vermögensgegenstand oder einen Rechnungsabgrenzungsposten, sondern lediglich um eine Bilanzierungshilfe handelt (so auch Adler/Düring/Schmaltz § 153, 128; Kropff § 153, 60; BdF-Schreiben vom 27. 4. 1970 DB 1970 952), die gerade für eine an den Kapitalmarkt gehende AG sinnvoll sein kann. (210)
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Das GmbHG kennt eine solche Bilanzierungshilfe nicht, es schließt vielmehr die Aktivierung gemäß § 42 Nr. 2 ausdrücklich aus. Wenn Baumbach-Hueck (6), ScholzFischer (5) und Greiffenhagen (GmbH-Rdsch. 1964 3) trotzdem § 153 Abs. 4 Satz 2 und 3 AktG hier anwenden wollen, so widerspricht dies dem Gesetzeswortlaut, denn was sollten die Kosten der Organisation anderes sein als gerade die Kosten der Betriebsaufnahme und der Ingangsetzung (wie hier Brodmann 3; Freericks 207; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1970, 85, 86; Scholz 14; Vogel 6; wohl auch Husemann 296; unklar Mutze 278). Für die GmbH ist auch kein dringendes Bedürfnis für eine solche Bilanzierungshilfe zu sehen, da sie nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen ist. Der RegE-GmbHG sieht zwar in § 131 Abs. 4 eine dem AktG entsprechende Regelung vor, diese ist aber bisher nicht Gesetz geworden. Die 4. EG-Richtlinie läßt insoweit dem nationalen Gesetzgeber weiterhin freie Hand. Die Frage, ob die Zulässigkeit der Aktivierung von Anlaufkosten für andere Bilanzierungspflichtige GoB ist und ob die aktienrechtlichen Einschränkungen entsprechend gelten, kann hier wegen des eindeutigen Gesetzeswortlautes unbeantwortet bleiben (vgl. dazu Husemann 297; ablehnend BFH BStBl. 1954 III 109 und BFH BStBl. 1955 III 221 sowie BdF-Schreiben vom 27. 4. 1970 DB 1970 952 = BB 1970 652). Unbestritten ist, daß Gründungs- und Kapitalbeschaffungskosten keinen Vermögensgegenstand bilden und deshalb nicht aktivierungsfähig sind. § 153 Abs. 4 Satz 1 AktG kann als Ausdruck eines allgemein geltenden GoB angesehen werden (vgl. Husemann 295; Mutze 275). e) Geschäfts- oder Firmenwert. In Rdn. 53 ist bereits ausgeführt, daß der Geschäfts- 97 oder Finnenwert kein immaterieller Vermögensgegenstand, sondern ein reiner Rechnungsposten ist. Dies wird nicht immer klar erkannt (Husemann 279 rechnet z. B. den Geschäftswert „zum gesicherten Bestand der immateriellen Wirtschaftsgüter"; zutreffend Freericks 143; offen gelassen bei Kropff § 153, 63). Demzufolge ist es GoB, daß der selbstgeschaffene (originäre) Geschäftswert nicht aktiviert werden darf (einhellige Meinung vgl. z. B. Mutze 230ff.; Husemann 284; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 53). Dies gilt auch für die einzelnen Faktoren, aus denen sich der Geschäfts wert zusammensetzt, z. B. Kundenstamm, Verfahrenstechniken, Vertriebsnetz etc. (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 129; Kropff § 153, 64; beachte aber Rdn. 89). Für den erworbenen (derivativen) Geschäftswert läßt § 153 Abs. 5 AktG bei der 98 Übernahme eines Unternehmens eine Aktivierung zu, soweit die Gegenleistung höher als der Wert der einzelnen Vermögensgegenstände ist. Dabei handelt es sich um eine Bilanzierungshilfe, die vermeidet, daß beim Erwerb eines Unternehmens der Kaufpreis, soweit er den Substanzwert übersteigt (in der Regel wegen des höheren Ertragswertes) sofort als Verlust ausgewiesen werden muß (vgl. Döllerer BB 1969 504; Freericks 207; Kropff WPg. 1964 566; Pougin Festschrift für Knorr 236; Saage DB 1969 1710, 1711 Schneider WPg. 1971 609; a. A. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 131; Husemann 279; Thiel StBJb 1969/70 260). Die Bestimmung des § 153 Abs. 5 AktG wird jedoch als Ausdruck eines GoB angesehen, so daß ein derivativer Geschäftswert auch von der GmbH unter den Voraussetzungen des § 153 Abs. 5 AktG aktiviert werden darf. Eine Aktivierung ist nur zulässig bei Übernahme eines Unternehmens, wobei 99 Unternehmen nicht als Rechtssubjekt (wie z. B. bei den Konzernvorschriften) zu verstehen ist, sondern als ein organisiertes, mit Sachmitteln ausgestattetes Gebilde, das am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 133; Kropff § 153, 66); dies kann auch ein Betrieb oder Teilbetrieb sein. Bei der Übernahme von einzelnen Vermögensgegenständen, auch wenn es sich um eine Sachgesamtheit handelt, kann ein Geschäftswert nicht erworben werden (instruktiv: BFH vom 17. 3. 1977 BB 1977 830). Die Übernahme eines Unternehmens kann auch bei einer Umwandlung vorliegen (vgl. (211)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Rdn. 91). Die zu erwartende GmbH-Novelle (Bundesrats-Drucksache 404/77) wird bei der Verschmelzung von GmbHs in § 77k Abs. 2 eine dem § 348 Abs. 2 AktG entsprechende Bilanzierungshilfe bringen (vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 153, 139ff.). 100 Die Gegenleistung für die Übernahme muß den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände übersteigen. Die Gegenleistung ist also auf die erworbenen Vermögensgegenstände (materielle und immaterielle) und den Geschäftswert zu verteilen, und zwar im Verhältnis der Zeit- oder Verkehrswerte (Rdn. 89; Adler/Düring/Schmaltz § 153, 136; Kropff § 153, 67; WP-Handbuch 1977 633). Die Gegenmeinung (Baumhach-Hueck AktG § 153, 25; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 153, 87; Husemann 285), die auf den Bilanzwert der Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Übernahme abstellt, verkennt, daß Erwerber an die Buchwerte des Veräußerers nicht gebunden ist (es sei denn bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung wie z. B. § 348 Abs. 1 AktG oder RegE eines § 77k Abs. 1 GmbHG), diese oftmals nicht einmal kennt. 101 Der Geschäftswert ist nach GoB mindestens innerhalb von 5 Jahren nach Ablauf des Geschäftsjahres des Erwerbs abzuschreiben (Husemann 287; Heinen Handelsbilanzen 1962 139; wohl auch Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976, 598). Dies folgt schon aus der Natur dieses Postens als Bilanzierungshilfe. Die Abschreibung kann schneller erfolgen, ggf. bei Nichtvorhandensein oder Verfall des Geschäftswertes sogar notwendig sein (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 138; a.A. Kropff § 153, 69; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 153, 88). Damit ergibt sich, wie bei der AG, eine jährliche Mindestabschreibung von 1/5. In der Steuerbilanz wird eine Abschreibung nur unter Teilwertgesichtspunkten anerkannt (vgl. Herrmann-Heuer aaO § 6 EStG 97; BFH 88 198 = BStBl. 1967 III 334). 102 Von der Bilanzierungshilfe muß nicht Gebrauch gemacht werden, es besteht also ein Aktivierungswahlrecht. Steuerlich wird allerdings eine Aktivierungspflicht angenommen (BFH BStBl. 1972 II 884). Auch bei der GmbH sollte der Posten gesondert ausgewiesen werden (so auch die 4. EG-Richtlinie).
3. Passivierungsfähigkeit Schrifttum Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970; Freericks Bilanzierungsfähigkeit und Bilanzierungspflicht in Handels- und Steuerbilanz 1976, 222 ff. 103
a) Verbindlichkeiten. Nach § 39 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann seine „Schulden" zu verzeichnen und „einen das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellenden Abschluß zu machen". Dies gilt auch für die GmbH. „Schulden" i. S. des § 39 Abs. 1 HGB und „Verbindlichkeiten" im bilanzrechtlichen Sinne werden in der Regel synonym verwandt (vgl. Hüttemann 6). Freericks 225 zieht allerdings die Grenze der Schulden weiter und bezieht auch die Rückstellungen mit ein. Dem wird man folgen können, da damit auch die Rückstellungen für Bilanzierungspflichtige, die nicht unter das AktG fallen, eine gesetzliche Grundlage erhalten. Der Grundsatz der Vollständigkeit (Rdn. 46) erfordert, daß grundsätzlich alle Verbindlichkeiten stets und so lange zu bilanzieren sind, wie eine rechtliche Inanspruchnahme der Gesellschaft möglich ist (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 37). Ausnahmen zu dieser Regel sind nur die Pensionsrückstellungen (Rdn. 117), die Lastenausgleichs-Vermögensabgabe (§ 218 LAG) sowie Verbindlichkeiten aus schwebenden Verträgen (Rdn. 107). Zu den Aufwendungsrückstellungen vgl. Rdn. 118. Darüber hinaus ist eine Verbindlichkeit auch dann anzunehmen, wenn zwar keine rechdich erzwingbare Leistungs(212)
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Verpflichtung besteht, die GmbH jedoch die Leistung auch ohne Rechtsverbindlichkeit zu erbringen beabsichtigt. Als Kriterien einer Verbindlichkeit oder Rückstellung kann man deshalb ansehen — Leistungsverpflichtung oder Leistungsabsicht der Gesellschaft — wirtschaftliche Belastung — Quantifizierbarkeit der Belastung (ähnlich Freericks 227; Hüttemann 8). Damit sind z. B. auch zu passivieren verjährte Verbindlichkeiten, soweit die Gesellschaft sich nicht auf den Eintritt der Verjährung berufen will, Kulanzleistungen, „faktische" Verbindlichkeiten aus nichtigen Geschäften, die aber durchgeführt werden (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 112; Döllerer BB 1965 1410; Kropff NB 1966, 59). Haben Gläubiger (in der Regel Gesellschafter) eine Rangrücktrittserklärung hin- 104 sichtlich ihrer Forderungen z. B. zur Beseitigung der Überschuldung in der Weise abgegeben, daß sie „im Range hinter alle übrigen Gläubiger zurücktreten" (vgl. § 30, 30 und Priester DB 1977 2429 ff.), so bleiben die betroffenen Verbindlichkeiten für die GmbH im Jahresabschluß weiterhin bilanzierungspflichtig, lediglich im Überschuldungsstatus sind diese Verbindlichkeiten nicht mehr auszuweisen (§ 30, 30). Die Abrede ist als ein pactum de non petendo zu qualifizieren, das der Gesellschaft eine Einrede gegen die Forderung gibt, aber nicht deren Ausbuchung rechtfertigt. Der Auffassung von Priester (DB 1977 2429, 2433), der solche Abreden zur Beseitigung der Überschuldung nur geeignet hält, wenn sie als auflösend bedingter Forderungserlaß auszulegen sind (mit der Konsequenz, daß auch in der Bilanz eine Ausbuchung zu erfolgen hat), kann nicht gefolgt werden. Davon abgesehen, daß eine auflösende Bedingung mit der schuldaufhebenden Wirkung des Erlaßvertrages nicht vereinbar ist (zutreffend Staudinger-Kaduk BGB 10./11. Aufl. § 397, 55; und Walsmann Der Verzicht 1912, 233; a. A. Weber in RGRK § 397,32; Ermann-Westermann Handkomm, zum BGB 1975$ 397, 7, alle unter Berufung auf RG Warn Rspr 1911 Nr. 259; wohl auch Enneccerus-Lehmann Lehrbuch des bürgerlichen Rechts § 74 I 5) hat Priester nicht überzeugend nachgewiesen, warum ein pactum de non petendo, das allein dem Willen der erklärenden Gläubiger entspricht (man denke nur an etwa bestellte Sicherheiten, die bei einem auflösend bedingten Erlaß untergehen würden), nicht ausreichen soll, um die Überschuldung zu beseitigen. b) Bedingte Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten. Auflösend be- 105 dingte Verbindlichkeiten oder unter einer aufschiebenden Bedingung erlassene Verbindlichkeiten sind solange zu passivieren, bis die Bedingung eingetreten ist (§ 158 BGB). Verbindlichkeiten, die unter einer aufschiebenden Bedingung stehen, sind grundsätzlich ebenfalls erst bei Eintritt der Bedingung zu passivieren. Das ist z. B. der Fall bei Verbindlichkeiten, die aus dem Gewinn oder dem Liquidationsüberschuß zu tilgen sind (z. B. Genußrechte oder Besserungsscheine vgl. Anh. zu §§ 29, 30). Als bedingte Verbindlichkeiten im bilanztechnischen Sinne sind auch die sog. Eventualverbindlichkeiten zu bezeichnen (so auch Freericks 234; Hüttemann 22). Hier liegt zwar rechtlich keine bedingte, wohl aber eine subsidiäre Verpflichtung vor. Hierzu gehören insbesondere die bei der AG unter § 151 Abs. 5 AktG fallenden Posten wie Verbindlichkeiten aus der Übertragung und Begebung von Wechseln, sofern die Gesellschaft im Innenverhältnis nicht Wechselschuldner ist (Kropff § 151, 128), Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften, Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsverträgen im weitesten Sinne (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 271 ff.; Kropff § 151, 131; dazu gehören nicht nur Garantieversprechen für fremde Leistungen, Ausbietungsgarantien, Dividendengarantien, sondern auch Schuldbeitritt und kumulative Schuldübernahme sowie jede Art gesamtschuldnerischer Haftung, sofern die Gesellschaft im Innen(213)
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Verhältnis nicht Schuldner sein soll) sowie die Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten. Die Frage der Bilanzierung ist nicht nach rein rechdichen, sondern nach wirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden. Droht die Iivtnspruchnahme oder ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Inanspruchnahme zu rechnen, ist eine Rückstellung oder sogar eine Verbindlichkeit zu passivieren. Eine bestehende Rückgriffsforderung kann dann aktiviert werden. Zeigen die Vergangenheitserfahrungen, daß bei einer großen Zahl von bedingten Verbindlichkeiten mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist, sind auch bedingte Verbindlichkeiten zu passivieren (Freericks 235). Der Gesellschaft steht ein Schätzrahmen zu. Ist bei bedingten Verbindlichkeiten oder Eventualverbindlichkeiten dagegen mit einer Inanspruchnahme nach dem Kenntnisstand bei Bilanzaufstellung nicht zu rechnen, so darf eine Passivierung nicht erfolgen, auch wenn gleichzeitig ein entsprechender Aktivposten (z. B. Rückgriffsanspruch) ausgewiesen wird (h. M. Adler/Düring/Schmaltz § 151, 279; Freericks 236; Hüttemann 23; Heinen Handelsbilanzen 1968 192; Kropff § 151, 125; Krüger Die Berücksichtigung der Haftungsverhältnisse bei der Rechnungslegung der Aktiengesellschaft 45). 106 Fraglich ist, ob Eventualverbindlichkeiten, die nicht zu passivieren sind, entsprechend § 151 Abs. 5 AktG zu vermerken sind. Dies ist unzweifelhaft immer dann der Fall, wenn § 151 Abs. 5 AktG kraft gesetzlicher (vgl. z. B. § 5 Abs. 2 PublG) oder gesellschaftsvertraglicher Verweisung zur Anwendung kommt. Die 4. EG-Richtlinie sieht ebenfalls eine Vermerks- oder Berichtspflicht für Garantieverpflichtungen vor (Art. 14). Darüber hinaus ist der Bilanzvermerk nicht nur vielfach geübte gute Praxis, sondern hat sich inzwischen zu einem verpflichtenden GoB entwickelt (Freericks 236; wohl auch Baumbach-Duden 22. Aufl. § 40, 3 H und Brüggemann in Großkomm. HGB 3. Aufl. § 39, 9). c) Schwebende Geschäfte. Schrifttum: Bieg Lassen sich die buchhaltungstechnischen Schwierigkeiten bei der Erfassung schwebender Geschäfte lösen? WPg. 1977 113ff.; Brandl Aktivierungswahlrecht für Sondereinzelkosten des Vertriebs in Handelsund Steuerbilanz bei langfristiger Auftragsfertigung BB 1977 886 ff.; Döllerer Zur Bilanzierung des schwebenden Vertrags BB 1974 1541 ff.; Forster Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften, WPg. 1971 393ff.; Friederich Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte 2. Aufl. 1976; Huppertz Zur Behandlung der schwebenden Geschäfte im Rechnungswesen des Unternehmens und bei der externen Abschlußprüfung ZGR 1978 98ff.; Lohmeyer Die Bilanzierung schwebender Geschäfte DtStZ 1969 379ff.; derselbe Zur Bilanzierung schwebender Geschäfte DStR 1975 651 ff.; Maaßen Die Aufrechnung von Verlust- und Gewinnchancen bei schwebenden Geschäften BP 1965 85ff.; Roer Einfluß des Fertigungsgrads auf die Verlustrückstellung eines schwebenden Geschäfts? DB 1975 1381 ff.; Rosenbau Schwebende Geschäfte der Unternehmer im Steuerrecht BB 1972 167ff.; Schmidt/Mayer Bilanzausweis der Leistungen bei langfristiger Fertigung DB 1975 68 ff. und 118 ff. 107
Schwebende Geschäfte sind gegenseitige Verträge, die noch von keiner Seite vollständig erfüllt sind (die Definitionen variieren vgl. z. B. Friederich 27; Freericks 227; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 70). Mit Vertragsabschluß entstehen zwar Rechte (z. B. auf Lieferung oder Leistung) und Verbindlichkeiten (z. B. auf Zahlung des Kaufpreises oder Lieferung eines Tauschgegenstandes), diese werden jedoch nach GoB nicht bilanziert. Auch das schwebende Geschäft selbst ist kein bilanzierungsfähiger Vermögensgegenstand (h. M. vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 34; Freericks 227; Friederich 47ff.; Kropff § 149, 50; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 70; Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976, 189). Die Begründung liegt darin, daß eine Bilanzierung nicht erforderlich ist, da sich bei einem schwebenden Geschäft Leistung und Gegenleistung in der Regel gleichwertig gegenüber(214)
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stehen und damit für keinen Partner eine Vermögensmehrung oder -minderung eingetreten ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 34). Dies gilt auch für den Liefer- oder Leistungsverpflichteten, der seine Kaufpreisforderung wegen des Verbots des Ausweises noch nicht realisierter Gewinne (Rdn. 147) zunächst nicht höher ansetzen dürfte als seine Liefer- oder Leistungsverpflichtung (also in der Regel nur in Höhe der Kosten ohne Gewinn). Ein Geschäft schwebt, bis ein Vertragspartner seine vertragsgemäße Leistung erbracht hat, das ist in der Regel bis zur Erfüllung durch den zur Lieferung oder Leistung verpflichteten Partner. Von diesem Zeitpunkt ab muß der Leistungsverpflichtete die Kaufpreisforderung aktivieren, der Empfänger die Verbindlichkeit passivieren. Bei Lieferungs- und Leistungsgeschäften fallen in diesem Zeitpunkt in der Regel zusammen (vgl. Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976, 189): — — — — —
der Ausgang des Sachguts, die Beendigung der Diensdeistung die Erfüllung des Vertrages durch den Lieferer die Entstehung der Forderung der Gefahrübergang die Rechnungserteilung.
Zahlt der Empfänger ganz oder teilweise im voraus, ist dies bilanziell als (schwebendes) Kreditgeschäft anzusehen, das beim Erwerber als Anzahlung zu aktivieren, beim Leistungsverpflichteten als Anzahlung zu passivieren ist (vgl. Kropff § 149, 50). Soweit der Leistungsverpflichtete aktivierungsfähige Aufwendungen hat, sind diese als unfertige Erzeugnisse zu aktivieren. Ist das schwebende Geschäft jedoch nicht mehr ausgeglichen, d. h. drohen einem 108 Vertragspartner daraus Verluste, so müssen diese nach dem Imparitätsprinzip (Rdn. 150) durch Rückstellungen berücksichtigt werden. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn bei einem schwebenden Anschaffungsgeschäft der Zeitwert zum Bilanzstichtag niedriger ist, als die Kaufpreisschuld (im Prinzip gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Bewertung von Vorräten, wobei ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt ist; von einer Rückstellung kann z. B. abgesehen werden, wenn trotz gesunkenen Zeitwerts die Ware zum oder über dem Kaufpreis bereits wieder verkauft ist, vgl. B F H BStBl. 1956 III 379; Herrmann-Heuer Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer § 5 EStG, 49 y (6)). Beim Leistungsverpflichteten ist eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden, wenn die Anschaffungs- oder Selbstkosten nicht mehr durch den Kaufpreis gedeckt sind (im einzelnen vgl. dazu Friederich 47ff.). Zu der Frage, wann die Lieferung oder Leistung erbracht ist, insbesondere bei 109 langfristigen Verträgen und bei Teilleistungen vgl. Rdn. 149. d) Rückstellungen. Schrifttum: Albach Die Bilanzierung von Rückstellungen in der Ertragsteuerbilanz StBJ 1967/68 305; Biese Probleme bei der Bildung von Rückstellungen in Handels- und Steuerbilanz D B 1975 2341 ff. und 2395ff.; Brede Sind die Ermessensspielräume bei der Bilanzierung und Prüfung von Rückstellungen einschränkbar? D B 1972 984ff.; Curtius-Hartung Wichtige Fragen des Bilanzsteuerrechts, insbes. Rückstellungen StBJ 1975/76 345ff.; Döllerer Grundsätzliches zum Begriff der Rückstellungen DtStZ 1975 291 ff.; Drukarczyk Zur Interpretation des § 156 Abs. 4 AktG, Bilanzfragen 1976, 120ff.; Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976; Fasold Rückstellungen: Tendenzwende oder Mißverständnisse? D B 1975 1576ff.; Geese Zur Bemessung aktienrechtlicher Verlustrückstellungen bei langjähriger Auftragsfertigung D B 1976 1177ff.; Hirte Die Bewertung langfristiger Rückstellungen D B 1971 1313ff.; Hoffmann Rückstellungen für die Verpflichtung zur Wiederauffüllung ausgebeuteter Kiesgruben BB 1965 943ff.; Karehnke Zur Fortbildung des Rückstellungsbegriffs durch das Aktiengesetz 1965 Die A G 1970 99ff.; Kuhlmann Bilanzierung der Verpflichtungen der (215)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Unternehmen zur Deckung der Unfallrentenlasten der Berufsgenossenschaften BB 1970 916ff.; Kulla Rückstellungen für Beiträge zur Berufsgenossenschaft StBP 1976 80 und Rückstellungen für Bergbauwagnisse DB 1977 1281 ff.; Kupsch Zur Bewertung der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Liefergeschäften DB 1975 941 ff.; Mutze Bilanzmäßige Rückstellungen wegen Verletzung von Patenten, Gebrauchsmustern und Warenzeichen in: Mitteilungen d. Dt. Patentanwälte 1966 40ff.; Nehm Rückstellungen nach neuem Aktienrecht WPg. 1966 3ff.; Niemann Rückstellungen im Handels- und Steuerrecht nach gegenwärtigem Recht StBJ 1974/75 259ff.; Popp Rückstellung des Herstellers schadensverursachender Erzeugnisse (Produkthaftung) DB 1976 455ff.; Rudolph Rückstellungen für Wechselobligo und Wertberichtigungen für Forderungsausfälle. Kritische Stellungnahme zur steuerlichen Beurteilung DB 1975 1333ff.; Sauer Zur steuerlichen Behandlung von Rekultivierungsverpflichtungen, StBP 1977 208ff.; Weirich Zum aktienrechtlichen Rückstellungsbegriff WPg. 1969 225ff.; 'Wiebusch Rückstellung für Kontraktverluste bei langfristigen Anschaffungsgeschäften StBP 1968 241 f. und Die Bilanzierung der Formkostenamortisation StBP 1971 126. 110
aa) Begriff. Der Begriff der Rückstellung wird unterschiedlich definiert je nachdem, ob die Bilanz dynamisch oder statisch aufgefaßt wird. Nach dynamischer Auffassung sind Rückstellungen der Periode ihrer Verursachung zugerechnete Aufwendungen, die erst in einer späteren Periode zu einer in ihrer Höhe und ihrem genauen Fälligkeitstermin am Bilanzstichtag noch nicht feststehenden Ausgabe führen. Die statische Bilanztheorie stellt dagegen auf den Schuldcharakter und auf den zutreffenden Ausweis der Verbindlichkeiten ab. Unter Rückstellungen sind nach dieser Auffassung deshalb diejenigen Verbindlichkeiten zu erfassen, die wegen der Ungewißheit ihres Bestehens oder ihrer Höhe noch nicht endgültig als Verbindlichkeiten gebucht worden sind (Alder/Düring/Schmaltz § 152, 95). Die für die Herausbildung von GoB besonders bedeutsame Finanzrechtsprechung zum Ertragsteuerrecht neigte zu einer mehr dynamischen Betrachtung und ließ Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, für drohende Verluste und für selbständig bewertbare wirtschaftliche Lasten zu (vgl. BFH BStBl. 1963 III 237 und BStBl. 1963 III 560 sowie Herrmann-Heuer § 5 EStG 605 (8)). Das AktG 1965 hat sich im wesentlichen für die statische Auffassung entschieden und Rückstellungen nur noch für folgende Zwecke zugelassen (§ 152 Abs. 7 AktG): — — — —
ungewisse Verbindlichkeiten; drohende Verluste aus schwebenden Geschäften; Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden; im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden.
Die zuletzt genannten „Aufwandsrückstellungen" wurden nur deshalb zugelassen, weil sie auch von der steuerlichen Rechtsprechung akzeptiert waren (allerdings mit einer Nachholungsfrist von nur drei Monaten) und man wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes diese steuerliche Möglichkeit der AG nicht versagen wollte ( K r o p f f AktG 236, 237). Zur Regelung in der 4. EG-Richtlinie vgl. Anhang II. 111 Ob § 152 Abs. 7 AktG als GoB auch für die GmbH gilt, ist zweifelhaft. Er gilt unmittelbar für alle GmbH, auf die er kraft Gesetzes (z. B. § 5 Abs. 2 PublG; § 25 a KWG) oder kraft Gesellschaftsvertrages anwendbar ist. Die wohl h. M. sieht darüber hinaus § 152 Abs. 7 als Ausdruck der GoB an (vgl. Döllerer BB 1965 1417; derselbe DStZ A 1975 291, 296; Birkholz BB 1966 709, 711; Greiffenhagen FR 1965 543; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmensteuerrecht 1977, 61; Niemann StBJB 1974/75 264; Thomas BB 1975 1165ff.; Bartke DB 1978 Beilage Nr. 4/78; mit Einschränkungen Freericks 240). Eine Mindermeinung sieht § 152 Abs. 7 AktG nicht als GoB an (Herrmann-Heuer Kommentar zur (216)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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Einkommensteuer und Körperschaftsteuer § 5 EStG 60 r (9); Boelke Die Bewertungsvorschriften des AktG 1965 und ihre Geltung für die Unternehmen in anderer Rechtsform 1970, 66ff.; wohl auch Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 28ff.). Die 4. EG-Richtlinie (Art. 20 Abs. 2) kann zur Aufhellung dieser Frage wenig beitragen: Während sie in ihrer ursprünglichen Fassung von 1971 Aufwandsrückstellungen weitgehend zuließ (vgl. Offerbaus DB 1972 397, 399), ist nach der jetzigen Fassung insoweit nur eine Ermächtigung an den nationalen Gesetzgeber enthalten (Art. 20 Abs. 2). Ob die Formulierung „ihrer Eigenart nach genau umschriebene Verluste" in Art. 20 Abs. 1 eine Erweiterung des Rückstellungsbegriffs bringen wird, bleibt abzuwarten (vgl. auch Biener GmbH-Rdsch. 1978 14, 18). Mit der h. M. ist davon auszugehen, daß § 152 Abs. 7 AktG als Ausdruck der GoB auch für die GmbH gilt (so jetzt auch BFH BStBl. 1978 97 = DB 1978 424 jedenfalls insoweit, als § 152 Abs. 7 andere als die dort genannten Rückstellungen ausschließt). Es gibt keinen allgemein anerkannten Grundsatz, daß der künftige Anfall von Kosten allein den Ansatz einer Rückstellung (oder einer passiven Rechnungsabgrenzung) rechtfertigt etwa im Sinne einer „betriebswirtschaftlichen Verpflichtung gegen sich selbst" (zutreffend Döllerer DStZ A 1975 291, 292; auch BFHE 113 115, 119). Dies entspricht der Behandlung angefallener Aufwendungen auf der Aktivseite. Sie können dort nicht schon deshalb aktiviert werden, weil sie späteren Rechnungsperioden zuzuordnen sind, sondern nur, wenn ein Vermögensgegenstand geschaffen wurde (Rdn. 51 ff.). Entsprechend können künftige Aufwendungen nur passiviert werden, wenn eine Schuld im weitesten Sinne vorliegt (dazu Rdn. 112). Darüber hinaus liegen in aller Regel bei genauer Prüfung bei den sog. wirtschaftlichen Lasten — mit Ausnahme der Rückstellungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung — mindestens künftige ungewisse Schulden vor (Döllerer DStZ A 1975 291, 292). Eine Erweiterung des Rückstellungsbegriffs auf alle Aufwandsrückstellungen bedürfte einer gesetzlichen Regelung. Wenn die Voraussetzungen einer Rückstellung vorliegen, besteht grundsätzlich die 112 Pflicht zur Passivierung. Dies folgt aus dem Grundsatz der Vollständigkeit und dem Vorsichtsprinzip (h. M. vgl. statt vieler Adler/Düring/Schmaltz § 152, 158; Kropff § 152, 63). Ausnahmen bestehen nur für Aufwandsrückstellungen — soweit überhaupt zulässig — und Kulanzrückstellungen sowie für Rückstellungen auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung. bb) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Es handelt sich dabei um 113 eine „klassische" Rückstellung nach GoB. Voraussetzung ist, daß eine Verbindlichkeit vorliegt oder — bei Ungewißheit hierüber (Rdn. 114) — bei sorgfältiger Abwägung aller Umstände vorliegen kann. Für die Definition der Verbindlichkeit gelten die Ausführungen in Rdn. 103. Damit sind rückstellungsfähig nicht nur Verbindlichkeiten im Rechtssinne, sondern auch „faktische Verbindlichkeiten", also Leistungen, denen sich die Gesellschaft aus wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen kann; hierzu gehören auch die Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, insbesondere die Kulanzrückstellungen (vgl. Adler!Düring!Schmaltz § 152, 112; Döllerer BB 1965 1410; Claussen in Kölner Kom. AktG § 152, 26; Kropff § 152, 50 und 78; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 152, 62). Ein gesonderter Ausweis wie bei der AG ist bei der GmbH zweckmäßig, aber nicht notwendig, es sei denn, es bestehen Sondervorschriften. Die Verbindlichkeit muß am Abschlußtag noch nicht bestehen, es genügt, daß die Ursache für die später entstehende Verbindlichkeit wirtschaftlich in der abzuschließenden Periode gesetzt wird {Adler!Düring!Schmaltz § 152, 110; Kropff § 152, 57 mit weiteren Nachweisen). Die Feststellung der wirtschaftlichen Verursachung stößt nicht auf unüberwindbare Hindernisse (vgl. Döllerer BB 1965 1410; Kropff § 152, 57; Thiel ZfbF 1966 550). Damit sind z. B. auch Rückstellungen für Bergschäden, Gruben- und (217)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Schachtversatz zulässig, wenn sie nur künftig zur Entstehung einer Schuld führen (vgl. Kulla DB 1977 1281 ff. und Bartke DB 1978 Beilage 4/78). Verbindlichkeiten sind nicht nur Geldschulden, sondern auch Lieferungs- oder Leistungsverpflichtungen (Adler/ Düring/Schmaltz § 152, 111). 114 Es muß Ungewißheit über die Höhe der Verbindlichkeit oder über das Entstehen oder Bestehen der Verbindlichkeit oder über beides bestehen. Ist dies nicht der Fall, besteht z. B. nur Ungewißheit über die Fälligkeit, ist nicht eine Rückstellung, sondern eine Verbindlichkeit auszuweisen. Die Ungewißheit kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Ein Beispiel zu ersterem sind z. B. Rückstellungen für Verletzung fremder Patentrechte (vgl. dazu BFH BStBl. 1970 II 15 und BStBl. 1970 II 802; BdF Schreiben vom 25. 3. 1971 DB 1971 748; Winterberg DB 1972 1359ff.). Ein Beispiel für letzteres sind Rückstellungen für bedingte Verbindlichkeiten oder Eventualverbindlichkeiten, wenn mit dem Eintritt der Bedingung oder der Eventualverpflichtung gerechnet werden muß (Kropff § 152, 55). 115
cc) Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften. Vgl. dazu bereits Rdn. 107ff. Es handelt sich dabei um einen Sonderfall der Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten, nämlich der Verbindlichkeiten gegenüber dem Vertragspartner, und zwar in der Höhe, als der Wert der eigenen Leistung den Wert der Gegenleistung übersteigt. Eine unzulässige Saldierung liegt hierin nicht (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 145). Es genügt für die Rückstellungsbildung nicht die Möglichkeit des Verlusteintritts. Der Eintritt des Verlustes muß drohen, d. h. es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den Eintritt eines Verlustes als ernsthaft bevorstehend erscheinen lassen. Der hier bestehende Ermessensspielraum muß unter Beachtung des Vorsichtsprinzips ausgefüllt werden. Ist eine Quantifizierung des Verlustes nicht möglich oder ist die künftige Entwicklung so unsicher, daß eine Aussage darüber, ob und in welcher Höhe Verluste eintreten, nicht gemacht werden kann, so braucht eine Rückstellung nicht gebildet zu werden; bei für die Gesellschaft gewichtigen schwebenden Geschäften haben die Geschäftsführer in solchen Fällen jedoch das die Bilanz feststellende Organ, in der Regel also du' Gesellschafterversammlung, zu unterrichten (ähnlich Kropff § 152 , 73). Für die Frage dei Bildung und Bewertung der Verlustrückstellungen ist auf den Erkenntnisstand der Bilanzaufstellung bzw. -feststellung abzustellen (Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976, 45ff.). Dabei ist nicht nur der am Bilanzstichtag bereits eingetretene, sondern der erkennbare bis zur Abwicklung insgesamt zu erwartende Verlust zurückzustellen (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 143). Zur Bewertung der Rückstellungen vgl. Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976, 67ff.; Kupsch DB 1975 941 ff.; Geese DB 1976 1177; Horn WPg. 1974 317; Ludewig DB 1974 101; Briese DB 1974 2361; Forster WPg. 1971 393. Für die Rückstellungsbewertung kann folgende Formel zugrunde gelegt werden (Forster WPg. 1971 393, 395): Veräußerungserlös ./. aktivierte Kosten ./. noch anfallende zu berücksichtigende Kosten = drohender Verlust (falls Vorzeichen negativ). Nicht berücksichtigt werden dürfen Ausgaben, die bereits als Periodenaufwand verrechnet sind. Bei den zukünftig noch anfallenden Kosten ist grundsätzlich von den dem Geschäft zurechenbaren variablen Kosten auszugehen; man wird jedoch dann den Vollkostenansatz (also einschließlich Fixkostenanteile) für zulässig halten dürfen, wenn auch in den aktivierten Kosten Fixkosten enthalten sind (Kupsch DB 1975 941, 943). Im übrigen ist die Frage der Einbeziehung von Fixkostenbestandteilen strittig; vgl. die vorerwähnte Literatur.
116
dd) Anwendungsfälle. Beispiele von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für schwebende Geschäfte finden sich bei Adler/Düring/Schmaltz § 152,116ff.; (218)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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Kropff § 152, 58ff.; Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976, 105ff. und WP-Handbuch 1977, 682ff. Hier seien nur folgende Anwendungsfälle hervorgehoben: — Körperschaftsteuer. Die für das Wirtschaftsjahr der GmbH geschuldeten Steuern sind zu passivieren. Da die Körperschaftsteuerbelastung der GmbH von der Gewinnverwendung (Ausschüttung) abhängt (§ 27 KStG 1977), ist in der Bilanz eine Rückstellung zu bilden. Dabei ist nicht wie bei der AG eine Vollausschüttung (vgl. Adler/Düring/ Schmaltz § 156, 47ff.), sondern die nach Gesellschaftsvertrag festgelegte oder die wahrscheinliche Ausschüttung zu unterstellen (vgl. § 29, 42ff.). Der Gesellschafterversammlung ist es unbenommen, im Zuge der Bilanzfeststellung und Gewinnverwendung die dann feststehende Körperschaftsteuerverbindlichkeit als Verbindlichkeit auszuweisen. — Gewinnabhängige Verbindlichkeiten (Tantiemen, Besserungsscheine, Genußrechte) sind in dem Jahr zurückzustellen, dessen Gewinn Bemessungsgrundlage ist, auch wenn die Auszahlung erst später erfolgt. — Drohende Verpflichtungen zur Verlustabdeckung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen sind zurückzustellen. Dies gilt uneingeschränkt für die bis zum Abschlußstichtag der Obergesellschaft entstandenen Verluste (in der Regel schon als Verbindlichkeit auszuweisen). Künftig zu erwartende Verluste sind nach den Grundsätzen über Verluste aus schwebenden Geschäften (Rdn. 115ff.) zurückzustellen, und zwar mit dem Barwert der voraussichtlich zu leistenden Zahlungen (Adler/Düring/ Schmaltz § 152, 134). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unternehmensvertrag auf seine Gesamtlaufzeit ausgewogen ist oder das den Verlust übernehmende Unternehmen trotz gegebener Beendigungsmöglichkeit aus kaufmännisch vertretbaren Gründen am Vertrag festhält; (ähnlich wie hier Kropff § 152, 62; steuerlich ist eine Rückstellung nicht zulässig, vgl. Abschn. 58 Abs. 3 KStR 1977). — Pachterneuerungspflichten können zurückgestellt werden (steuerlich vgl. BFH BStBl. 1955 III 266; BStBl. 1966 III 61 und BStBl. 1975 II 700). — Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter nach § 89 b HGB sind — entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BStBl. 1971 II 601; BStBl. 1971 II 704) zurückzustellen (BGH DB 1966 1267; BB 1966 915; zum Streitstand ausführlich Kropff % 152, 61). — Kosten der Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses. Kosten für die Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses sind nach Auffassung des BFH nicht rückstellungsfähig (BFH-Urteil vom 26. 10. 1977 DB 1978 424f.; a. A. Institut der Wirtschaftsprüfer WPg. 1973 503f.). — Für Kosten der betrieblichen Berufsausbildung werden unter dem Gesichtspunkt des Verlustes aus schwebendem Vertrag in der Literatur Rückstellungen für zulässig und notwendig gehalten (vgl. Thomas BB 1977 85ff.; Geis DB 1978 409ff., abweichend Risse BB 1976 1549ff.). Die Zulässigkeit der Rückstellung ist zweifelhaft (vgl. WPHandbuch 1977 687). In der Regel wird die Gesellschaft auch beim Ausbildungsvertrag von der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung ausgehen, wobei die Ausgeglichenheit auch in immateriellen Vorteilen (z. B. Vorteile bei der Auswahl für spätere Stellenbesetzung) liegen kann. — Für Sozialplanlasten können Rückstellungen gebildet werden, sofern sich die Gesellschaft vor dem Abschlußstichtag zu der den Sozialplan auslösenden Maßnahme entschlossen hat und spätestens bis zur Bilanzfeststellung dies nach außen — insbesondere durch Unterrichtung des Betriebsrats — kundgetan hat (vgl. BdF-Schreiben vom 2. 5. 1977 BB 1977 682 und Erl. Fin. Min. NRW vom 30. 1. 1978 DB 1978 422). Entsprechendes gilt für andere Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit einer geplanten (219)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Betriebsstillegung oder -Verlagerung. Mit solchen Maßnahmen verbundene Kosten, die keinen Verbindlichkeitscharakter haben, können nicht zurückgestellt werden. — Zur Rückstellung wegen Produkthaftung oder Produzentenhaftung vgl. Vogel DB 1977 1475ff.; Oswald DStZ A 1978 59ff. Eine Rückstellungsbildung ist dann zulässig, wenn ein ausgeliefertes Produkt mit Sicherheit oder mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Fehler behaftet ist, der zu Schäden beim Endabnehmer führen kann. — Ist die GmbH persönlich haftender Gesellschafter einer GmbH & Co. KG, so ist für die durch das Vermögen der KG nicht gedeckten Verbindlichkeiten einschließlich der Rückstellungen mit Schuldcharakter und der Eventualverbindlichkeiten der KG bei der GmbH eine Rückstellung oder sogar schon eine Verbindlichkeit zu passivieren. Dies gilt entsprechend für andere Personengesellschaften (OHG, BGB-Gesellschaft), bei denen die GmbH als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden kann. Bei der Bewertung der Rückstellung sind Rückgriffs- und Ausgleichsansprüche je nach ihrer Werthaitigkeit zu berücksichtigen. 117 — Die betriebliche Altersversorgung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen enthält zahlreiche Rückstellungsprobleme: Unstreitig dürfen bei rechtsverbindlichen Pensionszusagen die Aufwendungen für die zukünftigen Versorgungsleistungen als Pensionsrückstellungen zurückgestellt werden (vgl. Kropff § 152, 64ff. mit weiteren Nachweisen und steuerlich § 6a EStG 1977 und Abschn. 41 EStR). Handelsrechtlich kann die Bemessung der Rückstellungen nach dem Teilwertverfahren (das steuerlich nunmehr allein anerkannt ist) oder nach dem Gegenwartswertverfahren erfolgen (Adler/Düring/ Schmaltz § 156, 63; WP-Handbuch 1977 676). Es besteht nach derzeitigen GoB ein Passivierungswahlrecht (BGHZ 34 324), wenn auch in der Literatur eine Tendenz zur Passivierungspflicht unverkennbar ist (vgl. Nachweise bei Kropff § 152, 65 ff. und Institut der Wirtschaftsprüfer HFA in WPg. 1975 174 und WPg. 1976 86). Eine Auflösung einmal gebildeter Pensionsrückstellungen ist nach den GoB nicht zulässig (BFH vom 22. 6. 1977 BB 1977 1488; Kropff % 152, 67f.; Adler/ Düring/Schmaltz § 152, 162; jetzt auch Institut der Wirtschaftsprüfer WPg. 1977 464 im Gegensatz zu seiner früheren Stellungnahme WPg. 1961 439). Die Verpflichtung zur Anpassung von betrieblichen Versorgungsrenten gemäß § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BGBl. 1974 I 3610) sind rückstellungsfähig, soweit diese Verpflichtung bereits quantifizierbar ist (Berechnung nach den Grundsätzen des Urteils des BAG vom 15. 9. 1977 WM 1978 1976ff.). Bei einer Altersversorgung über eine Unterstützungskasse kann eine Unterdeckung der Kasse beim Trägerunternehmen zurückgestellt werden, dazu auch Meilicke BB 1974 241, 243. Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG vom 17. 5. 1973 BB 1973 1308; vom 28. 4. 1977 BB 1977 1202) ist das Trägerunternehmen verpflichtet, die für die von der Kasse auszubezahlenden Leistungen erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die Rückstellung bemißt sich aus dem Differenzbetrag zwischen dem Kassenvermögen und dem versicherungsmathematischen Deckungskapital für laufende Leistungen und Leistungsanwärter. Die Rückstellung wird nicht dadurch unzulässig, daß § 4d EStG die Zuführungen zu Unterstützungskassen beschränkt hat. Wie bei der Zuführung zu Pensionsrückstellungen ist ein Wahlrecht anzunehmen (WP-Handbuch 1977 676; HFA WPg. 1976 86, 88). (220)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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ee) Aufwandrückstellungen. Rückstellungen für innerbetrieblichen Aufwand sind 118 bei der GmbH in dem § 152 Abs. 7 AktG vorgezeichneten Rahmen, nicht aber darüber hinaus, zulässig (Rdn. 123), das sind Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden. Bei einem Geschäftsjahr, das kürzer als 12 Monate ist, genügt auch eine Nachholung innerhalb von 12 Monaten (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 149). Unterlassen ist der Aufwand nur dann, wenn eine Instandsetzung oder Abraumbeseitigung nach kaufmännischem Ermessen geboten ist. Bei der Rückstellung sind etwaige Preissteigerungen im Folgejahr zu berücksichtigen ( K r o p f f § 152, 76). Rückstellungen für die sog. Selbstversicherung gegen Schäden an Gegenständen des Betriebsvermögens (z. B. Brand-, Explosions-, Unfallschäden) dürfen nicht gebildet werden, auch wenn eine nicht geringe Eintrittswahrscheinlichkeit gegeben ist (a. A. Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976 204ff.). Etwas anderes gilt natürlich, wenn diese Schäden zum Bilanzstichtag bereits eingetreten sind. Für diese Aufwandsrückstellungen besteht auch für die GmbH ein Passivierungs- 119 Wahlrecht (h. M. für die AG vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 159; Kropff § 152, 77 mit weiteren Nachweisen; a. A. z. B. Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellung 1976 51 ff.). Das Wahlrecht ergibt sich aber aus dem Ausnahmecharakter dieser Rückstellung, die sogar wieder aufzulösen ist, sofern die Nachholung des Aufwands nicht zeitgerecht erfolgt. e) Wertberichtigungsposten (Erneuerungsfonds). Wertberichtigungen sind Kor- 120 rekturposten von Vermögensgegenständen der Aktivseite der Bilanz. Sie haben keinen Verbindlichkeitscharakter, sondern sind bilanz- oder kontentechnische Hilfsmittel für den Fall, daß statt direkter Abschreibungen die Methode indirekter Abschreibungen gewählt wird (Bruttoausweis). Sie haben also stets einen Gegenposten auf der Aktivseite (Freericks 243; Moxter Bilanzlehre 1974 67). Das AktG schränkt in § 152 Abs. 6 den Bruttoausweise auf Sachanlagen, Beteiligungen, Wertpapiere und Forderungen ein (vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 152, 75 und Kropff § 152, 37ff.). Für die GmbH gilt diese Einschränkung nicht, es sei denn, daß § 152 Abs. 6 AktG kraft Gesetzes (z. B. § 5 Abs. 2 PublG oder § 25a KWG) oder kraft Gesellschaftsvertrags zur Anwendung kommt. Im übrigen läßt das GmbHG den Bruttoausweis beim Anlagevermögen in § 42 Nr. 1 ausdrücklich zu, wenn auf der Passivseite ein „Erneuerungsfonds" in Ansatz gebracht wird (§ 42 Nr. 4). Der Ausdruck Erneuerungsfonds ist gleichbedeutend mit dem neueren Begriff der Wertberichtigungen. Der Ausweis von Wertberichtigungen auf das Umlaufvermögen ist bei der GmbH nicht ausdrücklich geregelt. Auch hier wird man der GmbH ein Wahlrecht zwischen Brutto- oder Nettoausweis zubilligen. Allerdings müssen auch hier Wertberichtigungen begründet sein. Es darf nicht lediglich ein pauschaler Posten auf der Passivseite abgesetzt werden. Zur Bewertung der Forderungen vgl. Rdn. 173. Die Wahl zwischen Brutto- und Nettoausweis darf nicht willkürlich sein und sollte zumindest innerhalb eines Bilanzpostens einheitlich gehandhabt werden. Allerdings wäre es z. B. zulässig und sinnvoll, steuerliche Sonderabschreibungen indirekt, die Normalabschreibungen dagegen direkt auszuweisen (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 78f.; vgl. auch Institut der Wirtschaftsprüfer NA 1/68 WPg. 1968 72). Es dürfen hier jedoch keine Aufwendungen zum Ausgleich der gestiegenen Wiederbeschaffungskosten ausgewiesen werden (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 80), da dies keine Korrektur aktivierter Vermögensgegenstände, sondern die Vorwegnahme künftiger Aufwendungen darstellen würde; dies kann nur über die Rücklagenbildung erfolgen. Auch der Gebrauch des Begriffs „Erneuerungsfonds" kann nicht zu einer anderen Auslegung führen. f) Stammkapital. Nach § 42 Nr. 4 ist der Betrag des im Gesellschaftsvertrage 121 bestimmten Stammkapitals unter die Passiva aufzunehmen. Der Ausweis hat in voller (221)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Höhe des Nennwerts ohne Rücksicht auf die Einzahlung zu erfolgen. Ausstehende Einlagen, eigene Geschäftsanteile oder ein Bilanzverlust sind auf der Aktivseite auszuweisen und dürfen nicht saldiert werden. Das Stammkapital ist kein Schuldposten, sondern eine reine Rechengröße; zu ihrer Bedeutung für die GmbH vgl. § 30, 13ff. Maßgebend für die Höhe ist das am Stichtag im Handelsregister eingetragene Stammkapital (§ 54 Abs. 3; vgl. Baumbach-Hueck 13. Aufl. 8 A). Sind bei einer Kapitalerhöhung die Einlagen vor dem Stichtag eingezahlt, erfolgt die Eintragung aber erst nach dem Stichtag, so können diese Mittel nach Stammkapital und Rücklagen in einem Sonderposten als „zur Durchführung der beschlossenen Kapitalerhöhung geleistete Einlagen" ausgewiesen werden (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 37). Auch bei der Kapitalherabsetzung kommt es für den Ausweis des herabgesetzten Kapitals und damit des Ertrags aus der Kapitalherabsetzung auf die Eintragung in das Handelsregister an, die erst nach Ablauf des sog. Sperrjahrs erfolgen kann (§ 58 Abs. 1 Nr. 3). Eine vereinfachte Kapitalherabsetzung ähnlich §§ 229ff. AktG kennt das GmbHG nicht (vgl. Erl. zu § 58). 122 Einen gesonderten Ausweis des Stammkapitals gibt es nicht mehr nach der Auflösung der Gesellschaft, also in der Liquidationseröffnungsbilanz und deren Folgebilanzen. Diese Bilanzen dienen nicht mehr der Gewinnermittlung, sondern der Vermögensverteilung, sie weisen deshalb in der Regel den Uberschuß der Aktiva über die echten Passiva als „Vermögen" oder als „Liquidationsüberschuß" aus (vgl. BaumbachHueck 13. Aufl. § 71, 1 B und Erl. zu § 71). 123
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g) Rücklagen (Reservefonds). Nach § 42 Nr. 4 ist ein Reservefonds unter die Passiva aufzunehmen. Unter diesem Begriff sind nichts anderes als die offenen Rücklagen i. S. des heutigen Bilanzrechts zu verstehen. Zu den stillen Reserven vgl. Rdn. 153 und § 29, 28ff. Das GmbHG kennt im Gegensatz zum AktG (§§ 150, 152 Abs. 4) keine besonderen Vorschriften über die Rücklagenbildung (insbesondere auch nicht über die Bildung einer gesetzlichen Rücklage), setzt offene Rücklagen aber an verschiedenen Stellen voraus, z. B. in § 33 Abs. 2, und definiert sie dort als „über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenes Vermögen". Dies ist eine auch im betriebswirtschaftlichen Sinne zutreffende Definition (vgl. Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976 507). Rücklage in diesem Sinne ist damit das über das Stammkapital hinaus offen ausgewiesene Eigenkapital der Gesellschaft (bilanzielles Eigenkapital). Dazu können aus der Bilanz nicht ersichtliche stille Reserven hinzukommen. Besondere Vorschriften über die Bildung von Sonderrücklagen bei der GmbH enthält § 35 D-Markbilanzgesetz; vgl. dazu Geiler, Stehlik, Veith D-Markbilanzgesetz 1950. Offene Rücklagen entstehen aus folgenden Vorgängen: aa) Durch Zurückbehaltung von Gewinnen im Rahmen der Gewinnverwendung (vgl. RGZ 101 200). Über die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses vgl. § 29, 42ff.; 48 ff. Insbesondere der Gesellschaftsvertrag kann Bestimmungen über die Dotierung von Rücklagen enthalten. Schreibt der Gesellschaftsvertrag vor, daß bestimmte Prozentsätze in Rücklagen einzustellen sind, so kann diese Einstellung schon von der Geschäftsführung im Rahmen der Bilanzaufstellung erfolgen (§ 29, 48). Auch von der Gesellschafterversammlung im Rahmen der Gewinnverteilung gebildete Rücklagen können noch in der endgültig festgestellten Bilanz berücksichtigt werden. Die Bestimmung des § 174 Abs. 3 AktG kommt für die GmbH auch nicht sinngemäß zur Anwendung (vgl. § 41, 36). Eine besondere Art der Rücklage ist der Gewinnvortrag, der ohne besondere Auflösung in jedem Geschäftsjahr automatisch wieder in das Jahresergebnis einfließt (§ 29, 37). bb) Durch Zahlung eines Aufgelds (Agio) bei Gründung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung (§ 3, 64). Die Zuführung hat ohne Berührung der Gewinn- und Verlust(222)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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rechnung durch indirekte Einstellung in die Rücklage zu erfolgen, da es sich um gesellschaftsrechtliche Vorgänge handelt, die mit der Ergebnisrechnung in keinem Zusammenhang stehen (Adler/Düring/Scbmaltz § 158, 36). Es bleibt allerdings der Gesellschafterversammlung unbenommen, im Rahmen der Bilanzfeststellung die Agio-Rücklage zugunsten des Reingewinns ganz oder teilweise (z. B. zur Deckung der Kosten einer Kapitalerhöhung; zur steuerlichen Behandlung der Kosten der Ausgabe von Gesellschaftsanteilen vgl. § 9 Nr. 1 KStG 1977) aufzulösen. cc) Durch Zuzahlungen oder Zuschüsse der Gesellschafter, sofern eine Zuführung zur Rücklage von den einzahlenden Gesellschaftern oder der Gesellschafterversammlung bestimmt wird. Dies kann sich z. B. unter dem KStG 1977 durch Praktizierung des sog. „Schütt aus — hol zurück Verfahrens" ergeben (dazu Felix/Streck DStR 1977 42ff.; Hintzen BB 1977 1247ff.). Erfolgt eine solche Bestimmung nicht, sind Zuschüsse über die Gewinn- und Verlustrechnung ertragswirksam zu buchen (z. B. Ertragszuschüsse; Zuschüsse zum Verlustausgleich). Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes bestimmt, kann das die Bilanz 125 feststellende Organ (in der Regel die Gesellschafterversammlung) über die Verwendung (Auflösung) der Rücklage bestimmen. Das GmbHG spricht in § 42 Nr. 4 altertümelnd von der „Abschreibung der betreffenden Passivposten". Im Gegensatz zur Bildung der Rücklage (vgl. § 29, 43 und 48 ff.) sind hierfür besondere Stimmenmehrheiten nicht erforderlich; es genügt die für die Feststellung der Bilanz notwendige Mehrheit. Eine offene Rücklage kann auch zu einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach dem Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (vgl. Anh. nach § 57) verwendet werden. Hierfür sind allerdings die Voraussetzungen einer Satzungsänderung einzuhalten (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes und Anh. nach § 57; dort auch zu den Ausweisfragen). Besondere Ausweisvorschriften gibt es bei der GmbH für Rücklagen nicht. Sie 126 können also grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Herkunft in einem Posten ausgewiesen werden. Lediglich der Gewinnvortrag ist wegen seiner besonderen Natur (Rdn. 124) getrennt auszuweisen. Die 4. EG-Richdinie fordert allerdings auch für die GmbH eine Aufteilung der Rücklagen in Agio, satzungsmäßige Rücklagen und sonstige Rücklagen; auch der Ergebnisvortrag ist nach der 4. EG-Richtlinie getrennt auszuweisen. Die Rücklagen brauchen keinem besonderen Zweck gewidmet zu sein, obgleich eine 127 Zweckbestimmung gelegendich angetroffen wird (z. B. Substanzerhaltung, Werkserneuerung, Rationalisierung u. ä.). Häufig ist eine solche Zweckbestimmung nicht einmal zweckmäßig. Die Rücklage bindet lediglich Vermögen und führt insoweit eine Ausschüttungssperre herbei. Diese ist in der Regel auch noch notwendig, wenn der festgelegte Zweck (z. B. Werkserneuerung) durchgeführt ist. Die Rücklage kann ohne Inanspruchnahme einer Fremdfinanzierung solange nicht aufgelöst werden, als entsprechendes Vermögen betriebsnotwendig auf der Aktivseite gebunden bleiben muß. Insoweit kann eine Zweckbestimmung sogar Anlaß zu Mißverständnissen sein. Sinnvoll wäre aber z. B. eine Satzungsbestimmung dahingehend, daß Rücklagen nur zur Verlustdeckung oder/und zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden dürfen (vgl. auch § 2 Abs. 3 Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln). h) Sonderposten mit Rücklageanteil. Dieser Bilanzposten ist handelsrechtlich erst- 128 malig durch das AktG 1965 (§ 152 Abs. 5) eingeführt worden. Die Steuergesetze sind jedoch schon früher von der Zulässigkeit solcher Posten in der Handelsbilanz ausgegangen (vgl. z. B. § 6 b Abs. 3 Satz 6 EStG). Dabei handelt es sich in den Worten des § 152 Abs. 5 AktG um Posten, „die aufgrund steuerlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind" oder, anders ausgedrückt, um eine Gewinnverwendung durch Rücklagenbildung, die erst bei Auflösung der Rücklage versteuert werden muß (steuerfreie Rücklagen). Beispielhaft seien hier genannt die Rücklage gemäß § 6b EStG, die Preis(223)
§ 42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
steigerungsrücklage nach § 74 EStDV, die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach Abschn. 35 EStR 1975; die Rücklage für Kapitalanlagen in Entwicklungsländern nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Entwicklungsländer-Steuergesetz; die Rücklage nach dem Auslandsinvestitionsgesetz (§ 1: bei Uberführung bestimmter Wirtschaftsgüter in ausländische Betriebe; § 2: für Verluste ausländischer Tochtergesellschaften; § 4: i. V. m. § 6b EStG zur Übertragung stiller Reserven auf Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften). Eine erschöpfende Aufzählung findet sich bei Adler/Düring/Schmaltz § 152, 73 und WP-Handbuch 1977 670 f. Mit wenigen Ausnahmen (Preissteigerungsrücklage, Kernkraftwerksrücklage und die den Steinkohlenbergbau betreffenden Rücklagen) verlangt die Finanzverwaltung nach dem Maßgeblichkeitsprinzip (Rdn. 22) für die steuerliche Anerkennung einen entsprechenden Ausweis in der Handelsbilanz. Bilanziell sind die Sonderposten mit Rücklageanteil Mischposten, die teils Rücklage-, teils Rückstellungscharakter haben; Rückstellungscharakter nämlich in Höhe der bei ihrer Auflösung voraussichtlich entstehenden Steuerschuld. Diese Steuerschuld kann durch Auflösung der Rücklage (z. B. Preissteigerungsrücklage) oder durch künftige geringere Abschreibungen (z. B. bei Übertragung auf einen anderen Vermögensgegenstand nach § 6b EStG) verursacht werden (vgl. Kropff § 152, 31 ff.). 129 Das GmbHG sieht im Gegensatz zum AktG keinen besonderen Ausweis dieser Sonderposten vor. Es wäre deshalb denkbar, diese Beträge, je nachdem ob man den Eigen- oder Fremdkapitalcharakter mehr betont, unter Rücklagen (z. B. als „steuerfreie Rücklagen") oder Rückstellungen auszuweisen oder eine Aufteilung auf die Posten Rücklage und Rückstellung (voraussichtlicher Steueranteil) vorzunehmen (zur Bilanzierungspraxis bei der AG vor Inkrafttreten des AktG 1965 vgl. Adler/Diiring/Schmaltz § 152, 68; auch Kropff § 152, 30). Obwohl man diese Ausweismöglichkeiten bei GmbH noch zulassen muß, ist es — schon aus steuerlichen Gründen — gute Bilanzierungspraxis, entsprechend § 152 Abs. 5 AktG einen „Sonderposten mit Rücklageanteil" auszuweisen. 130 Unabhängig von der Ausweisfrage ist die Frage, ob entsprechende Gewinnverwendungen handelsrechdich und — bei Maßgeblichkeit der Handelsbilanz — auch steuerrechdich durchgeführt werden sollen. Hierfür ist das die Bilanz feststellende Organ im Rahmen der Bilanzfeststellung zuständig (vgl. § 29, 26). Eine Pflicht, diese Sonderposten zu bilden mit der Folge der Schmälerung des ausschüttungsfähigen Reingewinns, besteht handelsrechdich nicht. Kann die Rücklage ohne Rücksicht auf das Maßgeblichkeitsprinzip auch nur steuerlich gebildet werden (vgl. Rdn. 138) und wird demgemäß die Bildung in der Handelsbilanz unterlassen, kann dies außerhalb der Handelsbilanz (durch die Geschäftsführung) erfolgen. In der Handelsbilanz ist in diesem Falle jedoch eine Rückstellung in Höhe der voraussichtlichen künftigen Ertragssteuerbelastung zu bilden {Adler/Düring/Schmaltz § 152, 70; vgl. auch IdW HFA 1/67 WPg. 1967 214). 131 Ob steuerliche Sonderabschreibungen in den Sonderposten mit Rücklageanteil einbezogen werden dürfen, ist streitig (vgl. Nachweise bei Kropff § 152, 34). Die Frage ist, wie bei der AG, auch für die GmbH zu verneinen (ebenso Kropff aaO; Adler/Düring/ Schmaltz § 152, 67). Zutreffend ist eine Einbeziehung in die passivische Wertberichtigung (Rdn. 120). 132
i) Nachschußkapital. Die buch- und bilanzmäßige Behandlung von Ansprüchen der Gesellschaft auf Nachschüsse der Gesellschafter (§§ 26ff.) regelt § 42 Nr. 3. Er macht die Aktivierung solcher Ansprüche von zwei Voraussetzungen abhängig. Die Anforderung der Nachschüsse muß beschlossen sein (§ 26), und es darf den Gesellschaftern kein Abandonrecht zustehen. Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn die Nachschußpflicht nur eine beschränkte ist (§§ 27 Abs. 4, 28, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag auch dann ein Abandonrecht gibt, vgl. § 28, 6) oder, wenn die einmonatige Abandonfrist des § 27 Abs. 1 verstrichen ist und die Gesellschaft ihrerseits auf einen fingierten „Abandon" (224)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
(§ 27, 15ff.) verzichtet; ein solcher Verzicht kann in der Aktivierung des Anspruchs zum Ausdruck kommen (Scholz 15). Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Nachschußanspruch sicher genug, um aktivierungsfähig zu sein. Zu welchem Betrage die Nachschußansprüche in die Bilanz einzustellen sind, richtet sich nach der Lage der Schuldner. Bei Zahlungsunfähigkeit eines Gesellschafters ist der Posten auf der Aktivseite wertzuberichtigen. Die Voraussetzungen sind für jeden nachschußpflichtigen Gesellschafter besonders zu prüfen, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. „Nur insoweit" als bei einem Gesellschafter diese Voraussetzungen gegeben sind, darf eine Aktivierung erfolgen. Für die Frage, ob die Frist für das Abandonrecht abgelaufen ist, kann der Erkenntnisstand bei Bilanzaufstellung bzw., -feststellung noch berücksichtigt werden (Brodmann 4; Scholz 15). Der Einforderungsbeschluß muß allerdings vor Ablauf des Bilanzstichtags gefaßt sein. In Höhe der Aktivierung muß gleichzeitig ein entsprechender Betrag in die Passiva 133 eingestellt werden, in der Regel unter der Bezeichnung „Nachschußkapital" oder „Nachschußkapitalkonto" (Scholz 16). Dieser Posten ist auch nach Einzahlung der Nachschüsse beizubehalten (§ 42 Nr. 4); auf der Aktivseite ist dann der Nachschußanspruch in andere Vermögensgegenstände umgeschichtet (Kasse, Bank usw.). Diese Passivierungspflicht bleibt bis zu einer zulässigen Verwendung der Nachschüsse bestehen. Damit besteht insoweit eine „Ausschüttungssperre", was dem aus § 30 Abs. 2 herzuleitenden Sinn der Nachschüsse als zusätzlichem Haftungskapital für die Gläubiger entspricht (Scholz 17). Das Nachschußkapital steht deshalb der gesetzlichen Rücklage bei der AG nahe. Das Nachschußkapital darf verwendet werden: — zur Rückzahlung nach der Bestimmung des § 30 Abs. 2 (§ 30, 64ff.); — zur Tilgung eines Verlustes oder Verlustvortrags; — zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Eine Verwendung zur Verlusttilgung ist auch dann zulässig, wenn ein Verlust am Stammkapital noch nicht gegeben ist (h. M. Scholz 18; Brodmann 5; Liehmann 6e). Aus § 30 Abs. 2 kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es kann auch nicht eingewendet werden, daß das Nachschußkapital vorrangig zur Rückzahlung an die Gesellschafter bestimmt sei; dies ergibt sich nicht etwa aus § 30 Abs. 2. Die Gesellschafter haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Nachschüsse (§ 26, 30). Diese Möglichkeit steht vielmehr zur Disposition der Gesellschafterversammlung. Darüber hinaus wird man auch eine Umwandlung als Nachschußkapital in Nennkapital nach dem Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vom 23. 12. 1959 zulassen müssen. Das KapErhG sieht zwar in § 2 nur die Umwandlung von „Rücklagen" in Stammkapital vor. Es wäre aber der Gesellschafterversammlung unbenommen, das Nachschußkapital unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 zugunsten des Reingewinns aufzulösen, um diesen sodann insoweit in eine Rücklage zu stellen, die zur Kapitalerhöhung Verwendung finden könnte. Auf diesen Umweg kann verzichtet werden. 4. Aktive und passive Posten der Rechnungsabgrenzung Schrifttum Ahrens Rechnungsabgrenzungsposten nach neuem Aktienrecht DB 1968 273ff.; Klein Die Rechnungsabgrenzung nach dem Aktiengesetz in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes BB 1969 908ff.; Paulick Immaterielle Wirtschaftsgüter und Posten der Rechnungsabgrenzung FR 1968 449ff., 483ff.; Pütz Die Rechnungsabgrenzung in der Steuerbilanz 1968; Römer Keine Uberspannung der Rechnungsabgrenzung BB 1968 705 f. (225)
§42 134
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
a) Begriff. Die Bilanzierungspraxis unterscheidet drei Arten von Rechnungsabgrenzungsposten (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 174; Freericks 208): — Transitorischer Aktiva und Passiva im engeren Sinne, d. h. Ausgaben und Einnahmen vor dem Bilanzstichtag, die nach dem Stichtag zu Aufwendungen und Erträgen werden. — Transitorische Aktiva im weiteren Sinne, die der Verteilung einmaliger größerer Aufwendungen auf mehrere Rechnungsperioden dienen (z. B. Werbeaufwand, Forschungs- und Entwicklungsaufwand). — Antizipative Aktiva und Passiva, d. h. Erträge und Aufwendungen des abgelaufenen Geschäftsjahres, die erst später zu Einnahmen und Ausgaben führen. Vor Inkrafttreten des AktG 1965 (§ 152 Abs. 9) und der Einfügung eines § 5 Abs. 3 EStG durch das EStÄndG vom 16. 5. 1969 waren Umfang und Inhalt der Rechnungsabgrenzungsposten auch durch die GoB nicht ganz klar definiert. Die kaufmännische Praxis ging schon damals von einer engen Auslegung der Rechnungsabgrenzungsposten aus und hielt aus Gründen des Vorsichts- und des Gläubigerschutzprinzips die Rechnungsabgrenzung so klein wie möglich (vgl. Mutze Aktivierung und Bewertung immaterieller Wirtschaftsgüter 1960 203; Kruse Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1970 211). Die Rechtsprechung der Steuergerichte neigte dagegen in Anwendung einer dynamischen Bilanzauffassung zu einer extensiven Auslegung des Begriffs (vgl. Freericks 339ff.). Das AktG 1965 brachte in § 152 Abs. 9 eine vermittelnde Regelung dahingehend, daß als Rechnungsabgrenzungsposten nur ausgewiesen werden dürfen — auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen; — auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Damit läßt das AktG und ihm folgend § 5 Abs. 3 EStG nur den Ausweis transitorischer Aktiva und Passiva im engeren Sinne zu. Das sind im wesentlichen die klassischen Rechnungsabgrenzungsposten für Vorleistungen aus Miet- und Pachtverträgen, Versicherungsverträgen, Darlehensverträgen und ähnlichen auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Rechtsverhältnissen (Döllerer BB 1965 1405, 1408 und BB 1968 637, 639). Die aktienrechtliche und nunmehr auch steuerliche Regelung gilt als GoB auch für die GmbH (vgl. Gail WPg. 1971 324; Krtobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmersteuerrecht 1977 69; Kruse Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1970 211 ff.; Freericks 208ff.; Pougin in Wirtschaftsprüfer im Dienst der Wirtschaft 1968 215, 239; Steinbach Die Rechnungslegungsvorschriften des Aktiengesetzes 1973 136; wohl auch Wöbe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976 121).
135
Transitorische Aktiva im weiteren Sinne dürfen als Rechnungsabgrenzung nach GoB nicht ausgewiesen werden. Soweit in Wirklichkeit immaterielle Wirtschaftsgüter vorliegen, gelten die in Rdn. 85ff. dargestellten Grundsätze. Bilanzierungsverbote für (z. B. unentgeltlich) erworbene immaterielle Anlagewerte dürfen nicht über den Ausweis der Aufwendungen unter Rechnungsabgrenzungsposten umgangen werden {Freericks 213). Antizipative Aktiva und Passiva dürfen ebenfalls nicht als Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden. Bei genauer Betrachtung haben sie jedoch in aller Regel den Charakter echter Forderungen oder echter Verbindlichkeiten (z. B. Pacht- oder Mietzinszahlungen werden am 31.3. nachträglich für die Zeit vom 1. 10. bis 31. 3. fällig; am Bilanzstichtag (hier mit dem 31. 12. unterstellt) ist der anteilige Zinsbetrag vom 1. 10. bis 31. 12. als sonstige Forderung zu bilanzieren; vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz § 152, 176 und Kropff § 152, 108). Die 4. EG-Richtlinie bringt im Hinblick auf diese Grund(226)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
sätze für das deutsche Recht einschließlich der GoB keine Änderung. Auch sie schließt die Bildung transitorischer Aktiva im weiteren Sinne aus. Sie läßt allerdings die Bildung antizipativer Aktiva und Passiva zu; die Mitgliedsstaaten können jedoch vorsehen, daß diese Posten unter Forderungen und Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Dies ist nach GoB bereits der Fall, sofern — wie in aller Regel — Forderungs- oder Verbindlichkeitscharakter zu bejahen ist (Biener GmbH-Rdsch. 1978 14, 17). Rechnungsabgrenzungsposten sind keine Vermögensgegenstände bzw. keine Ver- 136 bindlichkeiten. Liegen diese vor, sind sie als solche und nicht als Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Die Rechnungsabgrenzung dient vielmehr der Abgrenzung aufeinanderfolgender Rechnungsperioden, sie stellt also eine zeitliche Abgrenzung dar. Darüber hat, insbesondere in der Rechtsprechung der Finanzgerichte, nicht immer Einigkeit bestanden (Nachweise bei Freericks 212 Fußn. 439), dürfte aber heute h. M. sein (Adler/Düring/Schmaltz § 152, 178; Freericks 210ff.; Kropff § 152, 90, wohl auch Mellerowicz in Großkom. AktG § 152, 86). b) Voraussetzung der Rechnungsabgrenzung. Für die Bildung transitorischer 137 Aktiva oder Passiva im engeren Sinne muß eine Ausgabe/Einnahme vor dem oder am Abschlußstichtag vorliegen. Darunter sind nicht nur reine Zahlungsvorgänge (bare: Kasse; unbare: Bank, Postscheck) sowie die Hergabe und Entgegennahme von Wechseln, sondern auch die Einbuchung von Forderungen und Verbindlichkeiten zu verstehen, jedenfalls wenn diese bei vertragsgemäßer Abwicklung des Geschäfts durch vor dem Ende der Abschlußperiode liegende Zahlungsvorgänge erloschen wären (Adler!Düring! Scbmaltz § 152, 180; WP-Handbuch 1977 656), aber auch dann, wenn in den Forderungen oder Verbindlichkeiten künftige Erträge oder Aufwendungen in Übereinstimmung mit den GoB vorweggenommen werden, z. B. wenn ein Kreditinstitut anstelle von Zinsen und Kosten monadiche Kreditgebühren berechnet und diese bei Auszahlung des Darlehens bereits in die Forderung gegen den Kreditnehmer einrechnet und entsprechend einbucht (BFHE 89 191; zustimmend Döllerer BB 1968 637, 639; Armbrust DB 1970 557, 558; Kropff % 152, 94; unklar WP-Handbuch 1977 656). Ähnlich auch die Handhabung nach § 25 Abs. 1 Hypothekenbank-Gesetz: Danach dürfen Hypothekenforderungen auch bei geringerem Auszahlungsbetrag mit dem Nennbetrag angesetzt werden, wenn der Unterschied passiv abgegrenzt wird. Gleiche Grundsätze gelten für mit einem Damnum ausgereichte Darlehen und für Schuldverschreibungen (vgl. Schäfer Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Forderungen 59ff. und Kropff § 152, 95). Der Vorgang muß nach dem Abschlußstichtag erfolgswirksam sein, d. h. als Auf- 138 wand oder Ertrag ganz oder zum Teil der oder den folgenden Rechnungsperioden zugerechnet werden. Da es sich hier regelmäßig um Abgrenzungen aus gegenseitigen Verträgen handelt, hat die Abgrenzung nach Maßgabe der noch ausstehenden Gegenleistung zu erfolgen (vgl. BFHE 89 191; 97 350ff.; 104 428 -430; Döllerer WPg. 1969 336; Kropff § 152, 97ff. mit vielen Nachweisen). Dies folgt bereits aus dem Realisationsprinzip (Rdn. 146). Beim Darlehen sind Kreditgebühren und ein Disagio entsprechend der Laufzeit und dem noch offenen Restbetrag des Darlehens abzugrenzen, bei Miet-, Pacht- und Versicherungsverträgen darf beim Verpflichteten nur der Erlös, der auf die bis zum Bilanzstichtag erbrachte Teilleistung entfällt, realisiert werden (Mies StlBP 1968 128ff.; Kropff § 152, 99); beim Berechtigten brauchen dementsprechend nur die auf diese Teilleistungen entfallenden Kosten über Aufwand genommen, der Rest kann abgegrenzt werden. Die Ausgabe muß Aufwand, die Einnahme Ertrag für eine bestimmte Zeit nach 139 dem Abschlußstichtag sein. Anfang und Ende des Zeitraums müssen unmittelbar durch den Sachverhalt festgelegt sein. Es genügt nicht, daß das Ende des Zeitraums lediglich durch ein künftiges, terminlich ungewisses Ereignis (z. B. Tod eines Menschen) bestimmt (227)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
oder nur bestimmbar ist (h. M. vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 182; Kropff § 152, 102f.; MeUerowicz in Großkom. AktG § 152, 88; WP-Handbuch 1977 656). Dies wird in der Regel ein kalendermäßiges Datum sein; erforderlich ist das aber nicht, es genügt, daß der Aufwand/Ertrag einem oder mehreren bestimmten Rechnungsperioden zugeordnet werden kann (a. A. Freericks 210; MeUerowicz in Großkom. AktG § 152, 88; wie hier Döllerer BB 1965 1408; zweifelnd Adler /Düring/Schmaltz § 152, 182; unklar Kropff § 152, 102). 140
c) Bilanzierungspflicht. Der Grundsatz der Vollständigkeit und der Bilanzzweck eines zutreffenden Ertragsausweises (Rdn. 7) verlangen grundsätzlich den Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten. Es besteht kein Bilanzierungswahlrecht (h. M. Adler/ Düring/Schmaltz § 152, 184; Kropff § 152, 106; MeUerowicz in Großkom. AktG § 152, 89 so auch die 4. EG-Richtlinie). Lediglich bei geringfügigen Posten kann auf eine Bilanzierung verzichtet werden, sofern keine merkbaren Auswirkungen auf die Vermögens- und Ertragslage zu befürchten sind, z. B. bei regelmäßig wiederkehrenden betragsmäßig bedeutungslosen Beträgen, wie Steuern und Versicherungen für einen kleinen Fuhrpark (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 152, 184). Eine Aktivierungspflicht ist allerdings nicht anzunehmen für Damnum und Geldbeschaffungskosten bei Darlehensaufnahme (vgl. § 156 Abs. 3 AktG; Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970 87). 5. Reingewinn/Reinverlust (§ 42 N r . 5)
141
§ 42 Nr. 5 bestimmt, daß der aus der Vergleichung sämtlicher Aktiva und Passiva sich ergebende Gewinn oder Verlust am Schluß der Bilanz besonders angegeben werden muß. Dies ist in der Terminologie des § 29 Abs. 1 der Reingewinn oder Reinverlust, besser Bilanzgewinn oder Bilanzverlust. Der Posten korrespondiert mit dem entsprechenden Betrag aus der Gewinn- und Verlustrechnung. Er ist Grundlage für den Gewinnanspruch des Gesellschafters (§ 29, 36). In der von der Gesellschafterversammlung festgestellten Form kann er bereits die Auflösung von oder die Zuführung zu Rücklagen oder die Auflösung von Nachschußkapital enthalten (vgl. Rdn. 124). Echte Vorabgewinnausschüttungen (§ 29, 75 ff.) in der Rechnungsperiode sind im Bilanzgewinn nicht mehr enthalten, da sie keinen entsprechenden Aktivposten (Forderung gegen die Gesellschafter) begründen (§ 29, 80; BFHE 122 43 = BB 1977 880; Müller BB 1977 1194ff.; Geschwendtner BB 1978 109ff.). 6. Aktivierungs- und Passivierungspflicht
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Die Frage, ob Aktiva oder Passiva angesetzt werden müssen, bestimmt sich aus Gesetz, GoB und, soweit diese noch einen Freiraum lassen, ggf. nach den Regeln des Gesellschaftsvertrages. Nach §§ 39 Abs. 1 und 40 Abs. 2 HGB hat der Kaufmann seine sämdichen Vermögensgegenstände und Schulden zu bilanzieren. Damit ergibt sich als Grundsatz, daß die Aktivierungs- oder Passivierungsfähigkeit auch eine entsprechende Aktivierungs- oder Passivierungspflicht nach sich zieht. Ein Wahlrecht scheidet aus. Dieser Grundsatz ist einmal in dem Postulat der Vollständigkeit und, insbesondere auf der Passivseite, in dem Vorsichts- und Gläubigerschutzprinzip begründet. Zum anderen kann nur durch eine Ansatzpflicht die Bilanz ihrer Funktion als Schuldendeckungskontrolle (Moxter Bilanzlehre 1974 435) gerecht werden. Von diesem Grundsatz kennen die GoB jedoch Ausnahmen, für die sie Bilanzierungswahlrechte zulassen. Es handelt sich dabei insbesondere um Posten, bei denen entweder von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß sie zum Schuldendeckungspotential bzw. zu den Schulden (228)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
gehören oder bei denen die Bilanzierungsfähigkeit eine Aktivierungs- oder Passivierungshilfe darstellt ( M o x t e r aaO). Die Ausnahmen von der Ansatzpflicht sind bei den einzelnen Posten erläutert. Die wesentlichen BilanzierungsWahlrechte sind
auf der Aktivseite
— Immaterielle Vermögensgegenstände — Geschäfts- oder Firmenwert — Verbindlichkeitsdisagio
auf der Passivseite — — — —
Aufwandrückstellungen Kulanzrückstellungen Gewisse Rückstellungen für betriebliche Altersversorgung Lastenausgleichsschuld
(Rdn. 92) (Rdn. 97) (Rdn. 140) (Rdn. 118); (Rdn. 113); (Rdn. 117); (§ 128 LAG).
Eine Bilanzierungspflicht besteht aber für die Rechnungsabgrenzungsposten und die Eigenkapitalposten (Stammkapital, Rücklagen, Nachschüsse, Bilanzgewinn oder -Verlust). Für eine weitergehende Unzulässigkeit von Ansatzwahlrechten (insbesondere für immaterielle Vermögensgegenstände) tritt Freericks (215ff.) ein. Die genannten Bilanzierungswahlrechte sind jedoch auch für die GmbH zu bejahen. Sie werden von der Gesellschafterversammlung im Rahmen der Bilanzfeststellung ausgeübt, die jedenfalls bei nicht unerheblichen Ergebnisauswirkungen entsprechend von der Geschäftsführung unterrichtet werden muß. Die Wahlrechte dürfen jedoch nicht willkürlich ausgeübt werden. Sie müssen eingebunden werden in den Zweck des Jahresabschlusses und in die wirtschaftlichen Belange und Interessen aller Gesellschafter (§ 29, 49).
IV. Weitere Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzerstellung 1. Stichtagsprinzip In der Rechnungslegung werden Rechnungsperioden gebildet (Geschäftsjahr, Wirt- 1 4 3 schaftsjahr), zu deren Ende Reingewinn oder Reinverlust ermittelt werden. Bezogen auf die gesamte Lebensdauer der GmbH handelt es sich dabei nur um Teilergebnisse; ein Totalgewinn oder Totalverlust stehen erst nach Abwicklung der Gesellschaft fest. Trotzdem tritt eine weitgehende Verselbständigung dieser Rechnungsperioden ein. Für den Gesellschafter, insbesondere den Ausscheidenden oder Eintretenden, spielt die Totalperiode keine Rolle. Er ist, insbesondere im Hinblick auf § 29, an einer möglichst zutreffenden Ermitdung der Vermögens- und Ertragslage am Ende einer Rechnungsperiode interessiert. Dem trägt das Stichtagsprinzip Rechnung. Die Bilanz ist auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse zu erstellen, wie sie am Bilanzstichtag bestehen; die Gewinn- und Verlustrechnung hat die Erträge und Aufwendungen wiederzugeben, die tatsächlich der Rechnungsperiode zuzuordnen sind. Damit können bilanzierungspflichtige Geschäftsvorfälle, die erst nach Ablauf des Stichtages eingetreten sind, in der Bilanz nicht mehr berücksichtigt werden (Rdn. 78). Hier handelt es sich um Vorgänge des neuen Jahres, die an den tatsächlichen Verhältnissen des Abschlußstichtages nichts ändern (Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977 30). Von der Bilanzierung nach dem Stichtag eingetretener Geschäftsvorfälle ist die Frage 144 der Verwertung von ansatz- oder wertändernden Informationen oder Umständen zwischen Bilanzstichtag und Bilanzfeststellung zu unterscheiden. Unstreitig sind alle am Abschlußstichtag bereits verwirklichten Tatsachen, die bis zur Bilanzfeststellung bekannt werden, noch in alter Rechnung zu berücksichtigen (so auch R G J W 1912 305; Leffson (229)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976 144). Dies sind die sog. „wertaufhellenden Tatsachen". Sie sind zu berücksichtigen, wenn sie auf der Aktivseite eine niedrigere, auf der Passivseite eine höhere Bewertung erfordern. Das folgt bereits aus dem Niederstwertprinzip. Das gleiche gilt aber auch im umgekehrten Falle, z. B. wenn durch bessere Information die Notwendigkeit einer Rückstellung entfällt (ebenso Kropff § 149, 77). Schwieriger gestaltet sich die Entscheidung bei Umständen, die erst nach dem Abschlußstichtag eintreten oder den Bilanzansatz zum Stichtag in einem anderen Licht erscheinen lassen. Dies sind die sog. wertbeeinflussenden Tatsachen. Die h . M . lehnt eine Berücksichtigung ab (BFH BStBl. 1973 II 485; Adler/Düring/Schmaltz § 149, 89; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977 30; Kropff § 149, 78). Hier sollte eine differenzierende Betrachtung einsetzen, wie sie z. B. von Leffson (Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung 1976 145ff., insbesondere 153) vorgeschlagen wird. Ereignisse, deren Eintritt am Abschlußstichtag unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten nicht zu erwarten war, dürfen im Interesse einer klaren Periodenabgrenzung nicht mehr berücksichtigt werden (z. B. Brand eines unversicherten Gebäudes, unvorhergesehener behördlicher Baustop, Gesetzesänderung, Forderungserlaß u. a.). Ereignisse jedoch, „die die seitherigen Informationen vervollständigen, alte Überlegungen ergänzen, vorhandene Zweifel beseitigen und unrichtige Bilanzansätze zu korrigieren gestatten" ( L e f f s o n aaO 153) müssen ebenso berücksichtigt werden, wie spätere Informationen über am Abschlußstichtag schon verwirklichte Ereignisse. So ist z. B. der Konkurs eines Schuldners, der Protest eines Wechsels oder ein gerichtliches Urteil nach dem Abschlußstichtag für die Forderungsbewertung von Bedeutung. So können auch bei der GmbH bei der Vorratsbewertung bis zur Bilanzfeststellung erkennbare Preisentwicklungen der Zukunft zu einem niedrigeren Wertansatz führen, wenn mit Wertschwankungen in der nächsten Zukunft zu rechnen ist. Diesen Gedanken bringt zutreffend § 155 Abs. 3 Nr. 1 AktG zum Ausdruck. 145
Sind nach den vorstehenden Grundsätzen Ereignisse nach dem Abschlußstichtag bilanziell nicht mehr berücksichtigt worden, so besteht, mit Ausnahme von unwesentlichen Vorgängen, eine Informationspflicht der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung muß für den Gewinnverwendungsbeschluß wissen, welche Wertansätze in der Bilanz durch neue Ereignisse überholt sind. Die Geschäftsführung hat auch zu prüfen, ob sie bei einem in der Bilanz nicht berücksichtigten Ereignis mit negativem Erfolgsbeitrag den in der Bilanz ausgewiesenen Reingewinn in Anbetracht des § 30 Abs. 1 ausbezahlen darf (§ 30, 23). 2. Realisationsprinzip/Imparitätsprinzip
146
Beide Prinzipien sind Ausfluß des übergeordneten Vorsichtsgrundsatzes und fester Bestandteil der GoB (vgl. Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976 179ff. und 211 ff.). Sie werden auch von der 4. EG-Richdinie vollinhaltlich übernommen. Beide Prinzipien sind gegenläufig. Das Realisationsprinzip bedeutet, daß ein Gewinn erst dann ausgewiesen werden darf, wenn er durch einen Umsatzakt am Absatzmarkt verwirklicht ist. Noch nicht realisierte Gewinne (z. B. Wertsteigerungen eines Vermögensgegenstandes oder noch nicht erbrachte Lieferungen oder Leistungen) dürfen nicht ausgewiesen werden. Das Imparitätsprinzip dagegen verlangt eine Berücksichtigung von Verlusten, sobald sie wirtschaftlich verursacht sind, auch wenn der Umsatzakt verwirklicht ist. Das Imparitätsprinzip nimmt, ungeachtet der Realisierung, negative Erfolgsbeiträge, die durch Ereignisse oder Dispositionen der Rechnungsperiode verursacht sind, vorweg (vgl. Leffson aaO 211; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 26).
147
a) Realisationsprinzip. Es findet seinen Niederschlag einmal bei der Bewertung des Aktivvermögens. Dieses darf nicht über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (230)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
angesetzt werden. Wertsteigerungen dürfen vor einem Umsatzakt nicht realisiert werden. Das GmbHG ordnet das in § 42 Nr. 1 ausdrücklich für das Anlagevermögen an. Für das Umlaufvermögen gibt es bei der GmbH keine ausdrückliche Bewertungsbestimmung und auch das HGB (§ 40 Abs. 2) spricht sehr unbestimmt von dem Ansatz zu einem Wert, „der ihnen in dem Zeitpunkt beizulegen ist, für welchen die Aufstellung stattfindet". Dieser beizulegende Wert darf aber auch beim Umlaufvermögen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht übersteigen. Das ist heute gesicherter GoB (vgl. Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977 16; Leffson aaO 77ff.; Moxter ZfbF 1967 724; vgl. auch § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Aus dem Fehlen einer gesetzlichen Bestimmung kann nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Eine Bewertung zu Wiederbeschaffungskosten ist nicht zulässig. Auch die 4. EG-Richtlinie wird das Anschaffungswertprinzip für das Anlage- und Umlaufvermögen bringen (Art. 39). Auf die Diskussion der Zulässigkeit einer Bilanzierung zu Wiederbeschaffungskosten im Rahmen des Art. 30 Entwurf 4. EG-Richtlinie (in der Richtlinie jetzt Art. 33) sei hingewiesen (auch dann würde keine Gewinnrealisierung stattfinden, da die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Wiederbeschaffungskosten einer sog. „Neubewertungsrücklage" zuzuweisen wäre). Das Realisationsprinzip kann zur Bildung stiller Reserven (sog. Zwangsreserven) führen (§ 29, 28). Zu Zuschreibungen vgl. Rdn. 164. Das Realisationsprinzip bestimmt ferner, wann ein Ertrag entstanden und als Gewinn 148 vereinnahmt werden kann. Es konkretisiert damit den „Wertsprung" ( L e f f s o n aaO S. 182) von den aktivierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Einbuchung der Kundenforderung. Dieser Austausch der Aktivwerte führt zur Realisation des Geschäftsergebnisses. Nach h. M. ist der Umsatzakt (Verkaufsakt) ausgeführt bei der Lieferung: im Zeitpunkt der Lieferung; bei der Leistung: bei Beendigung der Leistung {Adler/Düring/ Schmaltz § 149, 69; Friederieb Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte 1975, 24; Hax Die Substanzerhaltung der Betriebe 1957, 61; Leffson aaO 192; Kropff § 149, 85; Vellguth Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für schwebende Geschäfte 1937, 59). In diesen Zeitpunkt werden in der Regel auch der Gefahrübergang und die Rechnungserteilung fallen (vgl. Rdn. 81). Wenn in der Praxis mit Rechnungserteilung die Forderung gebucht wird, ist dies in der Regel nicht zu beanstanden, setzt aber voraus, daß der Umsatzakt erfolgt ist (Kropff § 149, 86). Allerdings ist eine Realisierung so lange nicht möglich, als die Preis- oder Vergütungsgefahr noch nicht übergegangen ist (§§ 446, 447, 324 Abs. 2 BGB). Auf den Verkaufszeitpunkt oder den Zeitpunkt der Bezahlung kommt es nicht an. Allerdings kann der Zeitpunkt der Bezahlung wichtig für die Frage sein, ob der realisierte Gewinn auch ausgeschüttet werden kann (vgl. Leffson aaO 191). Die gleichen Regeln gelten grundsätzlich auch für die Abwicklung langfristiger Ver- 149 träge (insbesondere Anlagenbau, Großbaustellen, Schiffs- und Flugzeugbau, Kraftwerkbau usw.). Eine, auch für die GmbH beachtliche Zusammenstellung der Probleme gibt Paal Realisierung sog. Teilgewinne aus langfristigen auftragsbezogenen Leistungen im Jahresabschluß der AG (1977). Eine Realisierung ist zulässig bei abgrenzbaren und vereinbarten Teilleistungen, über die Teilabrechnungen erstellt werden, die Teilleistungen müssen abgenommen und die Gefahr übergegangen sein (vgl. Feuerbaum DB 1968 1501 ff.). Auch dann wird eine Gewinnrealisierung nur zulässig sein, wenn aus der Abwicklung des Gesamtgeschäfts keine Verluste mehr drohen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein Auftrag mit unteilbarem wirtschaftlichen oder technischen Risiko vorliegt (zutreffend Bodarwe DB 1971 1973ff.). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kann bei großen Mehrjahresprojekten eine Verzerrung der Periodenerträge mit entsprechender Auswirkung auf die Gewinnansprüche der Gesellschafter eintreten. Um dies zu vermeiden, wird (231)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
teilweise eine Periodisierung der Erträge solcher Projekte angestrebt (sehr weit gehen z. B. Krause /Schmidt DB 1972 689; vgl. ferner Internat. Accounting Standards Committee FN 1978 132ff.). Die Meinungen über die Voraussetzungen im einzelnen sind geteilt (Leffson aaO 203 Fußn. 52). Kropff (§ 149, 88) hat die wesentlichen Voraussetzungen dieser Auffassung wie folgt zusammengestellt: — Eine Endabrechnung ist erst nach längerer Zeit möglich; — der Wert der erbrachten Teilleistungen und der auf sie entfallenden Erlösanteile kann zuverlässig ermittelt werden; — der Jahresabschluß würde ohne Gewinnverwirklichung ein völlig falsches Bild von der Lage der Gesellschaft vermitteln; — die Risiken aus den bereits erbrachten Teilleistungen sind übersehbar und berücksichtigt; — aus späteren Abschnitten des Vorhabens drohen keine Verluste mehr. Sind diese Voraussetzungen eingehalten, werden keine Bedenken gegen eine Realisierung bestehen (so wohl auch Adler/Düring/Schmaltz § 149, 70; Bordawe DB 1971 1973ff.; Mutze AG 1969 275ff.; weitergehend Paal aaO 60, der zusätzlich noch das Vorliegen von Teilabrechnungen verlangt). Allerdings dürfen gerade die beiden letzten Voraussetzungen in den allerwenigsten Fällen gegeben sein (zutreffend Kropff § 149, 89), da gerade unsichere Schätzungen vermieden werden müssen. Im Interesse der Klarheit der Bilanzierungsregeln ist deshalb bei langfristiger Auftragsfertigung grundsätzlich am strengen Realisationsprinzip festzuhalten ( K r o p f f § 149, 89; Leffson aaO 203). Eine Ausnahme kann nur dann gemacht werden, wenn ein überwiegendes Gesellschaftsinteresse vorliegt, wenn z. B. ein GmbHGesellschafter nur auf Zeit der Gesellschaft angehört und kurz vor der Abrechenbarkeit eines Großprojektes ausscheiden müßte. Auch hier müssen jedoch die oben genannten Voraussetzungen eingehalten werden. Insbesondere müssen alle im Auftrag enthaltenen technischen und wirtschaftlichen Risiken vollständig berücksichtigt sein, was in aller Regel erst dann möglich ist, wenn der Auftrag zu seinem überwiegenden Teil abgewickelt ist. Die Geschäftsführung ist im Rahmen der Bilanzfeststellung verpflichtet, die Gesellschafterversammlung zumindest über solche langfristigen Projekte zu unterrichten, die für die Gesellschaft gewichtig sind; die Information hat den Stand des Projektes und die voraussichtliche Abwicklung zu enthalten. Diese Information ist für den Gesellschafter insbesondere bei Verfügungen über seinen Geschäftsanteil von Bedeutung. 150
b) Imparitätsprinzip. Das Imparitätsprinzip (dazu ausführlich Leffson aaO 211 ff.) findet seinen Niederschlag vor allem im Niederstwertprinzip, das besagt, daß unter mehreren möglichen Wertansätzen stets der niedrigere angesetzt werden muß. Die Bestimmungen des § 154 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 155 Abs. 2 AktG sind eine Kodifizierung lange geltender GoB und gelten damit auch für die GmbH (vgl. Kruse Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1970, 43ff.; 194ff.; Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1970, 88). Damit ist — bei den Gegenständen des Anlagevermögens einer voraussichtlich dauernden Wertminderung durch eine außerplanmäßige Abschreibung Rechnung zu tragen (eingeschränktes Niederstwertprinzip); — bei den Gegenständen des Umlaufvermögens statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der den Gegenständen beizulegende niedrigere Wert, abgeleitet insbesondere aus dem Börsen- oder Marktpreis, anzusetzen (strenges Niederstwertprinzip). Eine weitere Ausprägung findet das Imparitätsprinzip in der Pflicht zur Bildung von Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften (Rdn. 115). (232)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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V. Bewertungsgrundsätze 1. Einleitung Die im GmbHG (§ 42 Nr. 1) und im HGB (§ 40 Abs. 2) enthaltenen Bewertungs- 151 Vorschriften sind rudimentär und nicht geeignet, den Bedürfnissen eines modernen Rechnungswesen gerecht zu werden. Sie sind heute praktisch durch die GoB überholt. Darüber hinaus enthält § 40 Abs. 2 HGB nach heute h. M. keinen Wertmaßstab; er fixiert nur den Zeitpunkt, dessen Verhältnisse für die Wertbemessung maßgeblich sind (zur Entwicklung vgl. u. a. Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 76). Die 4. EGRichdinie (Art. 31ff.) wird mit ihrer Transformation in nationales Recht eine umfangreiche Kodifizierung der Bewertungsregeln bringen. Für die GmbH gelten somit die GoB, die übrigens bereits weitgehend den Vorschriften der 4. EG-Richtlinie entsprechen. § 42 Nr. 1 bestimmt, daß das Anlagevermögen höchstens zu dem Anschaffungs- 152 oder Herstellungspreis angesetzt werden darf. Die Bestimmung ist als Höchstbewertungsvorschrift ausgestaltet und trägt somit dem Realisationsprinzip (Rdn. 147) Rechnung. Daraus ergibt sich die Frage, ob angesichts des Fehlens von Mindestbewertungsvorschriften, wie sie z. B. das AktG in §§ 153 und 155 enthält, bei der GmbH eine Bewertung unter Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich ist. Auch wenn man §§ 153 Abs. 1 und 155 Abs. 2 AktG nicht als Ausdruck der GoB ansieht (so Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung 1970, 84 und 87), so muß doch festgestellt werden, daß das Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenprinzip gesicherter Bestandteil der GoB ist (vgl. Leffson aaO 76; KnobbeKeuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 77; so auch uneingeschränkt die 4. EGRichtlinie: Art. 29ff.). Danach ist es auch der GmbH nicht gestattet Zugänge zum Anlageoder Umlaufvermögen anders als mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten (a. A. Lehmann aaO 84). Hier handelt es sich um einen reinen Aktivtausch der nicht ergebniswirksam werden darf. So darf z. B. der Zugang einer Maschine nicht nur mit den halben Anschaffungskosten aktiviert und der Rest über Aufwand verbucht werden oder ein in Anspruch genommener Kredit mit einem höheren als dem Rückzahlungsbetrag angesetzt werden. Gleiches gilt für selbsterstelltes Anlage- und Umlaufvermögen; es ist erfolgsneutral zu Herstellungskosten zu aktivieren. Die Legung stiller Reserven durch Unterbewertung beim Zugang verstößt gegen GoB. Zur Frage der Anschaffungs- und Herstellungskosten vgl. Rdn. 157. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten sind nur Ausgangspunkt für die weitere 153 Entwicklung der Wertansätze. Diese verändern sich durch planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen oder durch niedrigere Wertansätze z. B. in Beachtung des Imparitätsprinzips (Rdn. 150). Die Wertansätze der Gegenstände des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, müssen um planmäßige Abschreibungen oder Wertberichtigungen vermindert werden. Dieser in § 154 Abs. 1 AktG zum Ausdruck gekommene Grundsatz gilt als GoB auch für die GmbH (Boelke Die Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 und ihre Geltung für die Unternehmen in anderer Rechtsform 1970, 128; a. A. Lehmann aaO 84, der den Ansatz eines „durch Schätzung ermittelten wirklichen" Wertes für denkbar hält). Daß die durch das Niederstwertprinzip (Imparitätsprinzip) erforderlichen Abschreibungen und Wertberichtigungen auch von der GmbH in Ansatz gebracht werden müssen, ist in Rdn. 150 dargestellt. Aus dem Fehlen von Vorschriften zur Bemessung der Abschreibungshöhe wurde verschiedentlich — teilweise auch zum AktG 1937 — die Auffassung vertreten, daß die Abschreibungshöhe nach Belieben festgesetzt und damit stille Reserven nach Gutdünken gelegt werden könnten (vgl. Geßler BB 1965 677ff. zum AktG 1937; Lehmann aaO 84). Dem kann uneingeschränkt nicht gefolgt werden. Jedenfalls ist es GoB, daß die Wertansätze abnutzbarer Gegenstände des Anlagevermögens mindestens um die Beträge (233)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
gemindert werden, die einer planmäßigen Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer entsprechen. Auf diese planmäßige Abschreibung oder Wertberichtigung darf auch eine GmbH nicht verzichten (so auch die 4. EG-Richtlinie). Bei der Bemessung der Nutzungsdauer und der Festlegung der Methode besteht ein Ermessensspielraum, der im Rahmen der in § 29, 26 ff. aufgeführten Grenzen zur Legung stiller Reserven verwendet werden kann. Die GmbH kann aber auch über diese Mindestabschreibung bzw. Wertberichtigung hinaus eine kürzere Abschreibungsdauer oder Sonderabschläge vornehmen, solange sie sich in den Grenzen zulässiger Ermessensreserven hält (§ 29, 29); insoweit ist sie freier gestellt als die AG. Ob sich bei der Transformation der Bewertungsvorschriften der 4. EG-Richtlinie hieran etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. 2. Erfassung der Bewertungsobjekte 154
Der sich aus §§ 39 Abs. 1 und 40 Abs. 2 HGB ergebende Grundsatz der Einzelbewertung gilt gemäß § 42 auch für die GmbH. Damit ist jeder Vermögensgegenstand und jede Schuld einzeln, d. h. getrennt von der Bewertung anderer Gegenstände, zu bewerten. Die Saldierung einer notwendigen Abschreibung oder Wertberichtigung eines Gegenstandes mit der Werterhöhung eines anderen Gegenstandes ist unzulässig. So kann z. B. nicht die Bildung einer Rückstellung unterlassen werden, weil genügend stille Reserven vorhanden oder andere Rückstellungen überdotiert sind. Die in § 40 HGB vorgesehenen Ausnahmen der Einzelbewertung gelten über § 42 unmittelbar auch für die GmbH. Es handelt sich dabei um — die Gruppen- oder Sammelbewertung (§ 40 Abs. 4 Nr. 1 HGB); — die Festbewertung (§ 40 Abs. 4 Nr. 2 HGB).
Diese Verfahren sind auch steuerlich anerkannt (Abschnitt 31 Abs. 5 und 36 Abs. 3 EStR). Zu den Einzelheiten dieser Verfahren vgl. z. B. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 61 ff. und § 155, 137ff. 155 Die Zuordnung von Anschaffungs- und Herstellungskosten zu einzelnen Vermögensgegenständen ist jedoch nicht möglich oder bereitet unzumutbare organisatorische Schwierigkeiten, wenn viele gleichartige Vermögensgegenstände zu bewerten sind, wie dies insbesondere im Umlaufvermögen der Fall sein kann. Unter diesen Voraussetzungen kann die Wertermittlung nach der Durchschnittsmethode erfolgen, bei der aus dem Anfangsbestand und den Zugängen des Jahres ein Durchschnittsanschaffungspreis ermittelt wird. Dieses Verfahren ist auch steuerlich anerkannt (Abschnitt 36 Abs. 2 EStR). Die Bewertung kann aber auch unter Zugrundelegung bestimmter fiktiver Verbrauchs- oder Veräußerungsfolgen durchgeführt werden. Dies wird auch von § 155 Abs. 1 Satz 3 AktG zugelassen unter der Voraussetzung, daß das gewählte Verfahren GoB entspricht. Als solche Verfahren kommen in Frage: — Lifo (last in — first out): Es wird unterstellt, daß die zuletzt angeschafften oder hergestellten Gegenstände zuerst verbraucht oder veräußert werden. — Fifo (first in — first out): Es wird unterstellt, daß die zuerst angeschafften oder hergestellten Gegenstände zuerst verbraucht oder veräußert werden. — Hifo (highest in — first out): Es wird unterstellt, daß die am teuersten angeschafften oder hergestellten Gegenstände zuerst verbraucht oder veräußert werden. — Lofo (lowest in — first out): Es wird unterstellt, daß die am billigsten angeschafften oder hergestellten Gegenstände zuerst verbraucht oder veräußert werden. — Kifo (Konzern in — first out). (234)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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Diese Verfahren können grundsätzlich alle von der GmbH gewählt werden (die von 156 Kropff § 155, 32 gegen Hifo und Lofo geäußerten Bedenken ergeben sich aus der Formulierung des § 155 Abs. 1 Satz 3 AktG, der ausschließlich von einer zeitlichen Verbrauchsoder Veräußerungsfolge ausgeht und dürften somit nicht für die GmbH gelten). Allerdings ist bei allen Verfahren stets das Niederstwertprinzip (Rdn. 150) zu beachten (Adler/ Düring/Scbmaltz § 155, 91; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 1977, 84). Dies gilt insbesondere für das Lofo-Verfahren, bei steigenden oder fallenden Preisen aber ebenso für das Lifo-, Fifo- oder Hifo-Verfahren. Bei der GmbH ist für die Methodenwahl das die Bilanz feststellende Organ, in der Regel die Gesellschafterversammlung, zuständig, die deshalb entsprechend unterrichtet werden muß. Die Wahl hat die Auswirkungen auf den Gewinnanspruch der Gesellschafter zu berücksichtigen; das gilt insbesondere bei einer Methodenänderung. In der Praxis haben die Verfahren bisher keine große Bedeutung erlangt, da sie steuerlich nicht anerkannt bzw. nur dann anerkannt werden, wenn die Verbrauchsfolge nicht fiktiv ist, sondern tatsächlich glaubhaft gemacht werden kann (Abschnitt 36 Abs. 2 EStR).
3. Bewertung des Anlagevermögens a) Anschaffungs- und Herstellungskosten. Der Zugang ist mit Anschaffungs- oder 157 Herstellungskosten zu aktivieren (Rdn. 162). Anschaffungskosten sind alle Aufwendungen, die zur Beschaffung des Vermögensgegenstandes und zur Herbeiführung des für die betriebliche Verwendung geeigneten Zustandes gemacht werden. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die sog. Anschaffungsnebenkosten; sie sind auch bei der GmbH aktivierungspflichtig. Dazu gehören z. B. Zölle, Provisionen, Courtagen, Grunderwerbsteuer, Beurkundungskosten usw. (vgl. Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970, 90ff.). Finanzierungskosten für Anschaffungen können nur in Ausnahmefällen als Anschaffungsnebenkosten aktiviert werden, wenn Vorauszahlungen auf eine Anlage geleistet werden, die durch Fremdkapitalaufnahme finanziert wird (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 48; weitergehend Kropff § 153, 15: eine Fremdfinanzierung sei nicht erforderlich) oder bei der Errichtung von Anlagen mit längerer Bauzeit, sofern die erforderlichen Mittel mit Fremdkapital finanziert werden (Adler/ Düring/Schmaltz aaO). Bauzinsen i. S. des § 57 Abs. 3 AktG gibt es im GmbH-Recht nicht. Zu den Anschaffungskosten gehört nicht die nach § 15 Abs. 1 UStG verrechenbare Umsatzsteuer. Als Anschaffungskostenminderungen sind z. B. abzusetzen Rabatte, Boni, Skonti (str.: Kropff § 153, 9 will als Anschaffungskosten nur den Barpreis ansetzen und nicht in Anspruch genommene Skonti als Zinsaufwand behandeln). Bei Zuschüssen ist, jedenfalls für die GmbH, ein Wahlrecht einzuräumen, ob sie als Anschaffungskostenminderung behandelt oder ertragswirksam vereinnahmt werden (so auch die steuerliche Behandlung: Abschnitt 34 Abs. 4 EStR; str. vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 153, 20; Saage NB 1970 10 ff.; Tubbesing WPg. 1967 203 ff.; Kropff § 153, 11; Hoßauer BB 1976 653 ff.; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970, 98 ff.). Das Wahlrecht steht dem die Bilanz feststellenden Organ zu. Bei unentgeltlichem Erwerb besteht keine einheitliche Auffassung. Die Meinungen 158 gehen von der Unzulässigkeit einer Aktivierung (Hast Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 2. Aufl. 69; Meyer-Arndt DStZ A 1954 333), über ein Aktivierungswahlrecht mit dem Verkehrswert (Adler/Düring/Schmaltz § 153, 52; Claussen in Kölner Komm. AktG § 153, 8; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 153, 34) oder dem Wert, den die Gesellschaft bei entgeltlichem Erwerb höchstens aufgewendet hätte (Kropff § 153, 18) bis zur Aktivierungspflicht (Döllerer BB 1966 1405; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 109; Dahl Die Akti(235)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
vierung der Sachanlagegüter in Handels- und Steuerbilanz 68; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 88; so auch die steuerliche Regelung vgl. § 7 Abs. 2 EStDV). Da ein GoB nicht feststellbar ist, kann die Gesellschaft die ihr zutreffend erscheinende Methode wählen. Eine Aktivierung ist bei der GmbH nur sinnvoll, wenn eine Ausschüttung des dadurch entstehenden Ertrages durch Einstellung in eine offene Rücklage ausgeschlossen wird (Adler/Düring!Schmaltz § 153, 53). 159 Beim Tausch werden von der h. M. drei Bilanzierungsmöglichkeiten zugelassen (vgl. Adler!Düring!Schmaltz § 153, 27iL; Kropff § 153, 20ff. mit Nachweisen): — Ansatz des eingetauschten Gegenstandes zum Verkehrswert des hingegebenen Gegenstandes; — Ansatz des eingetauschten Gegenstandes zum Buchwert des hingegebenen Gegenstandes; — Ansatz des eingetauschten Gegenstandes zum Buchwert des hingegebenen Gegenstandes zuzüglich der durch den Tauschvorgang ausgelösten Ertragsteuerbelastung. Obergrenze bei allen Methoden ist stets der Verkehrswert. Die Steuer folgt bis auf wenige Ausnahmen (vgl. Tauschgutachten BFH BStBl. 1959 III 30) der ersten Methode. 160 Zur Bewertung von Sacheinlagen vgl. § 5, 61 ff. Bei der Sacheinlage gegen Gesellschaftsrechte ergibt sich aus dem Verbot der Unterpariemission eine Höchstwertbegrenzung dadurch, daß bis zur Höhe des ausgegebenen Nominalkapitals die Einlage höchstens zum Zeitwert angenommen werden darf. Ist der Zeitwert dagegen höher als der Nennwert der gewährten Geschäftsanteile, besteht über die Bewertung keine einheitliche Meinung. Teilweise wird auch hier der Ansatz mit dem Zeitwert für zwingend gehalten (Ballerstedt Festschrift für Geßler 1971, 69; Kropff Festschrift für Geßler 116; Kropff § 153, 29; Döllerer WPg. 1969 333 und JbFStR 1976/77 206; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970, 106; wohl auch Knobbe-Keuk Bilanzund Unternehmenssteuerrecht 1977, 90). Teilweise wird der Gesellschaft ein Bewertungsspielraum gegeben (vgl. Adler!Düring!Schmaltz § 153, 55 mit weiteren Nachweisen) zwischen — dem Ansatz zum Nennwert der zu gewährenden Geschäftsanteile (der Ansatz enthält dann eine stille Reserve); — dem Ansatz zum Zeitwert; — dem Ansatz zu einem in der Satzung bestimmten Betrag, sofern er vom Zeitwert gedeckt ist. Für die GmbH ist der letzten Ansicht zu folgen. Zunächst ist der in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluß festgesetzte Wert (Agio) maßgeblich vorausgesetzt, daß er durch den Zeitwert gedeckt ist. Ist eine Festsetzung nicht erfolgt, ist die Gesellschafterversammlung im Zuge der Bilanzfeststellung frei, ob sie die Sacheinlage zum Nennwert der ausgegebenen Geschäftsanteile oder zum Zeitwert ansetzen will. Ein Ansatz zum Zeitwert ist nur sinnvoll, wenn der Mehrbetrag zum ausgegebenen Kapital in eine langfristig gebundene Rücklage eingestellt wird, da bei der GmbH eine gesetzliche Rücklage mit Ausschüttungssperre nicht besteht. Der ausnahmslose Ansatz der Zeitwerte ist auf jeden Fall verfehlt, da z. B. ein berechtigtes Interesse an der Fortführung der Buchwerte eines eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs auch in der Handelsbilanz bestehen kann (vgl. § 20 UmwStG 1977; für diese Fälle die Buchwertfortführung bejahend auch Goerdeler in Festschrift für Schmaltz 68 und Kropff § 150, 14). In der zu erwartenden GmbHNovelle (Bundesrat Drucksache 404/77) wird für die Verschmelzung von GmbHs entsprechend der aktienrechtlichen Regelung eine Buchwertfortführung durch die übernehmende Gesellschaft vorgeschrieben (§ 77k Abs. 1 i. d. Fassung der GmbH-Novelle). 161 Der Herstellungskostenbegriff wird beim Umlaufvermögen Rdn. 165 erläutert. (236)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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b) Abschreibungen und Zuschreibungen. Wie in Rdn. 153 ausgeführt, ist es Goß, 162 daß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch planmäßige Abschreibungen gemindert werden. Die GmbH kann sich dabei aller nach GoB zulässigen Abschreibungsverfahren bedienen, insbesondere also der linearen, der degressiven und der leistungsabhängigen Abschreibung. Die progressive Abschreibung ist nur in Ausnahmefällen zulässig und die Abschreibung nach Maßgabe des Gewinns unzulässig (vgl. z. B. Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 148ff.). Zum Ermessensspielraum der Gesellschaft bei der Fesdegung des Abschreibungsplans vgl. Rdn. 153. Außerplanmäßige Abschreibungen sind bei der GmbH GoB, soweit sie zur Ver- 163 wirklichung des Niederstwertprinzips erforderlich sind (Rdn. 150). Sie sind damit bei voraussichtlich dauernder Wertminderung zwingend (Boelke aaO 131). Zur Ermittlung der außerplanmäßigen Abschreibungen vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 154, 72ff.; Kropff § 154, 25ff.; Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 109ff.). Bei nicht dauernder Wertminderung ist eine außerplanmäßige Abschreibung möglich, aber nicht zwingend. Aus der Formulierung des § 42 Nr. 1 zweiter Halbsatz („ohne Rücksicht auf einen geringeren Wert") darf nicht geschlossen werden, daß außerplanmäßige Abschreibungen nicht erforderlich sind, sofern nur planmäßige Abschreibungen gemacht werden. Diese Vorschrift will vielmehr nur die aktivische oder passivische (Erneuerungsfonds) Verbuchung der planmäßigen Abschreibungen zulassen (vgl. Rdn. 120) nicht aber das Niederstwertprinzip ausschalten. Sonderabschreibungen aus steuerlichen Gründen (entsprechend § 154 Abs. 2 Nr. 2 AktG) sind aus Gründen der GoB nicht zwingend. Ob sie vorgenommen werden sollen, haben die Gesellschafter im Zuge der Bilanzfeststellung zu entscheiden, dazu vgl. Rdn. 27. Zuschreibungen sind bei Wegfall des Wertminderungsgrunds bis zu den Anschaf- 164 fungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die planmäßigen Abschreibungen, zulässig. Es darf aber auch der niedrigere Wertansatz beibehalten werden (ausführlich zum Beibehaltungswahlrecht Rdn. 181; ferner Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht 118). Der Ansatz von Zwischen werten ist möglich, soweit keine willkürlichen Bilanzierungsmaßnahmen vorliegen (vgl. Adler/Düring!Schmaltz § 154, 89). Eine Zuschreibung zur Korrektur überhöhter planmäßiger Abschreibungen ist nur ausnahmsweise zulässig (Adler/Düring/Schmaltz § 149, 72; Eimendorff WPg. 1972 205; Knobbe-Keuk aaO 119, weitergehend Kropff § 154, 44 mit weiteren Nachweisen). Zur Zuschreibung nach steuerlichen Sonderabschreibungen vgl. Erlaß FinMin. NRW DB 1974 1695; Bordewin BB 1974 1432; derselbe JbFStR 1975/76 257; Söfßng FR 1976 313.
4. Bewertung des Umlaufvermögens a) Anschaffungs- und Herstellungskosten. Wie bereits in Rdn. 152 ausgeführt, ist 165 es gesicherter GoB, daß Zugänge zum Umlaufvermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sind. Zum Begriff der Anschaffungskosten vgl. Rdn. 157 ff. Besondere Bedeutung kommt beim Umlaufvermögen den Herstellungskosten, ins- 166 besondere bei der Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse zu. Der Begriff der Herstellungskosten ist gesetzlich nicht definiert, auch nicht im AktG. § 153 Abs. 2 AktG besagt lediglich, daß bei der Berechnung der Herstellungskosten in angemessenem Umfang Abnutzungen und sonstige Wertminderungen sowie angemessene Teile der Betriebsund Verwaltungskosten eingerechnet werden dürfen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Vertriebskosten gelten nach dieser Bestimmung nicht als Betriebs- und Verwaltungskosten. Die 4. EG-Richtlinie bringt dagegen eine umfassendere Definition wie folgt: (237)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung — Zu den Herstellungskosten gehören neben den Anschaffungskosten der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe die dem einzelnen Produkt direkt zurechenbaren Produktionskosten. — Den Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der dem einzelnen Produkt nur indirekt zurechenbaren Produktionskosten hinzugerechnet werden, welche auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.
Die steuerlichen Herstellungskosten werden in Abschnitt 33 EStR 1975 näher umschrieben. In der Betriebswirtschaft besteht keine einheitliche Meinung über Inhalt und Umfang der Herstellungskosten (vgl. z. B. die Darstellung bei Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, llOff.). 167 Maßgebend für den Begriff der Herstellungskosten sind deshalb die GoB unter Heranziehung der Bilanzzwecke. Der Grundgedanke der Aktivierung zu Herstellungskosten besteht — ebenso wie bei der Aktivierung zu Anschaffungskosten — darin, daß die Herstellung, wie die Anschaffung, als ein erfolgsneutraler Vorgang zu behandeln ist (vgl. Fülling aaO 103; Kropff § 155, 3). Herstellungskosten sind deshalb alle Aufwendungen des Betriebs, die für die Herstellung eines Gegenstandes entstehen. Dabei sind grundsätzlich die Istkosten, nicht z. B. kalkulatorische Kosten zugrunde zu legen (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz § 155, 19ff.; Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 104; WP-Handbuch 1977 643). Dies schließt jedoch nicht aus, daß Modifizierungen in der Weise vorgenommen werden, daß — die Kosten auf Basis einer Normalbeschäftigung; — die Kosten auf Basis einer optimalen Beschäftigung; — die Kosten des innerhalb des Unternehmens am kostengünstigsten arbeitenden Betriebes; — die Kosten des innerhalb eines Konzerns kostengünstigsten Unternehmens oder Betriebes; — die Kosten eines nach dem jeweiligen Stand der Technik kostengünstigsten Betriebes 168
zugrunde gelegt werden (dazu Adler/Düring/Schmaltz § 155, 23ff.). Anders als bei den Anschaffungskosten ergibt sich jedoch bei den Herstellungskosten das Problem der Zurechnung der im Unternehmen in einer Periode angefallenen Aufwendungen zu den hergestellten Gegenständen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den direkt zurechenbaren Kosten und den Gemeinkosten. Direkt zurechenbar sind die Materialeinzelkosten (insbesondere die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe), die Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne, direkt zurechenbare Energiekosten oder direkt berechnete Abschreibungen), die Sondereinzelkosten der Fertigung (z. B. Modelle, Spezialwerkzeuge), ggf. auch auftragsgebundene Entwicklungs-, Versuchs- und Konstruktionskosten) sowie Sondereinzelkosten des Vertriebs (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 67ff.). Zu den Gemeinkosten zählen insbesondere die Materialgemeinkosten (Kosten der Einkaufsabteilung, Warenlager und Materialverwaltung, Material- und Rechnungsprüfung), Fertigungsgemeinkosten (alle nicht direkt zurechenbare Kosten des Fertigungsbereichs) und Verwaltungskosten, soweit sie nicht auftragsbezogen angefallen sind. Eine weitere Unterscheidung kann zwischen variablen (leistungsabhängigen) und fixen (leistungsunabhängigen oder zeitabhängigen) Kosten gemacht werden. Während die direkt zurechenbaren Kosten in der Regel leistungsabhängig, häufig sogar proportional zu der produzierten Menge sind, finden sich innerhalb der Gemeinkosten völlig fixe, sprungfixe sowie unter- und überproportionale Kosten. Eine eindeutige Abgrenzung läßt sich nicht in allen Fällen durchführen. (238)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
Unbestritten ist, daß die leistungsabhängigen (variablen Kosten) als Herstellungs- 169 kosten aktivierungspflichtig sind. Streitig ist dagegen, ob und in welchem Umfang die anderen Kosten (Gemeinkosten, fixe Kosten) aktiviert werden können oder müssen. Teilweise wird nur die Aktivierung variabler Kosten für zulässig gehalten (Albach BB 1966 380ff.; NB 1966 181 ff.; Horstmann StBJb 1968/69 414ff.; Layer ZfbF 1969 131 ff. ' und BB 1970 990ff.; Schneider WPg. 1971 609; 1972 183). Teilweise wird dagegen nur eine Vollkostenaktivierung als mit den GoB in Einklang angesehen (Döllerer BB 1965 1412 ff.; 1966 1408 ff.; Boelke Die Bewertungsvorschriften des Aktiengesetzes 1965 und ihre Geltung für die Unternehmen in anderer Rechtsform 1970, 116—118; Frank BB 1967 177ff.; Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 1 lOff.; Herzig BB 1970 116 ff.; Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976, 160ff.; Weber Fixe und variable Kosten 1972, 54ff.; Husemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Anlagegegenstände 1970, 119; Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976, 360ff.). Die wohl überwiegende Meinung gibt ein Wahlrecht oder einen Ermessensspielraum für die Einbeziehung von Gemeinkosten (Adler/Düring/Schmaltz § 155, 74; Mutze AG 1965 7; DB 1967 170; Kofahl NB 1965 195; Forster WPg. 1965 593; Homef BB 1966 510; Saage NB 1966 76; Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer NA 4/66 und 5/66 WPg. 1966 329 und 1966 677; Arbeitskreis Chemie 2. Erg. Heft der ZfB 1966 37; Kropff% 155, 16ff.). Da sich eine allgemein anerkannte herrschende Meinung in der Literatur und in der 170 Bilanzierungspraxis bis heute nicht herausgebildet hat, muß derzeit davon ausgegangen werden, daß die leistungsabhängigen (variablen) Kosten als Herstellungskosten aktivierungspflichtig sind, eine Pflicht zur Aktivierung von anteiligen Gemeinkosten jedoch nicht GoB ist. Die Gesellschaft kann im Rahmen der in Rdn. 169 angeführten Grenzen anteilige Gemeinkosten aktivieren. Die Entscheidung hierüber trifft grundsätzlich das bilanzfeststellende Organ. Die Geschäftsführung hat die notwendigen Informationen bereitzustellen. Nach GoB dürfen nicht aktiviert werden:
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— Kosten, die nicht in Beziehung zur Leistungserstellung der Periode stehen (z. B. nicht auftragsbezogene Forschungs-, Entwicklungs- und Konstruktionskosten, allgemeine Verwaltungskosten, soweit sie nicht dem Fertigungsbereich zurechenbar sind, Nachholung von Pensionsrückstellungen, Sonderabschreibungen auf Anlagen). — Kosten, die sachlich nicht mit der Herstellung verbunden sind (insbesondere die nicht direkt zurechenbaren Vertriebskosten). — Kosten der Unterbeschäftigung (Leerkosten); das sind die anteiligen fixen Kosten, die auf nicht erzeugte Güter entfallen (diese Kosten kommen automatisch nicht zum Ansatz, wenn die Kosten z. B. auf Basis der Normalbeschäftigung ermittelt werden vgl. Rdn. 167). Vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz § 155, 62; Döllerer BB 1966 1409; Kropff § 155, 22; Fülling Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 139ff.; Leffson aaO 172; Schönnenbeck DB 1963 1616ff.; Kuhn NB 1967 9ff.; Schindele BB 1958 1029ff. § 155 Abs. 1 in Verbindung mit § 153 Abs. 2 AktG geben vor, daß Gemeinkosten 172 (Abnutzungen und sonstige Wertminderungen, Betriebs- und Verwaltungskosten) nur in angemessenem Umfang aktiviert werden dürfen. Es ist fraglich, ob diese — schon im AktG nicht besonders glücklich formulierte — Bestimmung allgemeiner GoB ist. Dies wird man in der Auslegung bejahen dürfen, daß „angemessen" nur eine betriebswirtschaftlich vernünftige Art der Abgrenzung von in die Güter eingegangenen Produktionsfaktoren und Faktorleistungen von den nicht in die Güter eingegangenen ist (vgl. Fülling (239)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 133). Zum Problem der Aktivierung angemessener Abschreibungen vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 155, 55 ff. 173 Forderungen sind grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten, das sind alle der Anschaffung zugrunde liegenden Ausgaben. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind mit dem Rechnungsbetrag zu bewerten (vgl. Adler/Düring/Scbmaltz § 155, 223; Schäfer Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Forderungen 1971, 44). Währungsforderungen sind mit dem Kurs am Tage des Vertragsabschlusses zu bewerten (Kropff § 155, 50; Schäfer aaO 49). Ein Kursgewinn darf nach dem Realisationsprinzip (Rdn. 146) erst bei Erfüllung der Forderung realisiert werden ( K r o p f f § 155, 50; Schäfer aaO 105; weitergehend bei offizieller Änderung der Währungsparität Ha.verma.nn WPg. 1961 201 und Hohensee WPg. 1961 292), eine Ausnahme gilt dann, wenn ein entsprechender Kursverlust bei Währungsverbindlichkeiten gegenübersteht (Rdn. 182). b) Niederstwertprinzip. In Rdn. 150 ist bereits angeführt, daß das Niederstwertprinzip zum gesicherten Bestand der GoB gehört. Gegenstände des Umlaufvermögens sind statt mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit dem Börsen- oder Marktpreis oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, mit dem Zeitwert anzusetzen, falls diese Werte niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind. Zweck des Niederstwertprinzips ist es, am Bilanzstichtag eingetretene aber noch nicht realisierte Verluste bei der Bewertung in alter Rechnung zu antizipieren. Zutreffend spricht man insoweit von verlustfreier Bewertung (vgl. Koch WPg. 1957 1 ff., 31 ff., 60ff. und ZfhF 1960 319ff.). Für das Umlaufvermögen gilt das strenge Niederstwertprinzip: auch eine voraussichdich nicht nachhaltige Wertminderung ist zu berücksichtigen (im Gegensatz zum Anlagevermögen vgl. Rdn. 163). 175 Insbesondere bei der Bewertung der Vorräte ergibt sich das Problem, ob für den Börsen- oder Marktpreis bzw. den Zeitwert die Verhältnisse am Absatzmarkt oder am Beschaffungsmarkt maßgeblich sind. Bei der Orientierung am Absatzmarkt ist der maßgebliche Vergleichswert zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Verkaufspreis abzüglich der noch anfallenden Aufwendungen und Erlösschmälerungen, bei der Orientierung am Beschaffungsmarkt die jeweiligen Wiederbeschaffungskosten. Dem Ziel einer verlustfreien Bewertung der Vorräte genügt eine ausschließliche Orientierung am Absatzmarkt, da nur die negativen Erfolgsbeiträge aus der Verwertung am Absatzmarkt (das Umlaufvermögen, insbesondere die Vorräte sind zur Verwertung bestimmt) antizipiert werden müssen. Ein Sinken der Wiederbeschaffungspreise macht nur dann eine Abwertung erforderlich, wenn dieser Umstand auf den Absatzmarkt durchschlägt, so daß die Differenz zwischen den effektiv entstandenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den gesunkenen Absatzpreisen negativ wird (so zutreffend Leffson aaO 233 ff. insbesondere 239 und WPg. 1967 57ff.; Koch WPg. 1957 1 ff., 31ff. und 60ff.; Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 214ff.). Diese Lösung stößt allerdings auf praktische Schwierigkeiten, da sich bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, aber auch teilweise bei Halb- oder Fertigfabrikaten eine verlustfreie Bewertung vom Absatzmarkt her nur schwer durchführen läßt. Darüber hinaus sind gesunkene Wiederbeschaffungskosten ggf. ein Indiz dafür, daß auch die Preise am Absatzmarkt in der nächsten Zukunft sinken können; solche zu erwartenden Wertschwankungen dürfen bei der Bewertung des Umlaufvermögens bereits vorweggenommen werden (vgl. Rdn. 144).
174
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Die h. M. differenziert wie folgt: Für die Bewertung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für unfertige und fertige Erzeugnisse, soweit auch ein Fremdbezug möglich wäre, soll der Beschaffungsmarkt maßgeblich sein. Für unfertige und fertige Erzeugnisse im übrigen sowie für Überbestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen soll der Absatzmarkt maßgeblich sein. Sowohl Beschaffungs- als auch Absatzmarkt (jeweils der niederste Wert) soll maßgeblich sein für die Bewertung von Handelswaren sowie der Überbestände (240)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
an fertigen und unfertigen Erzeugnissen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 151 ff.; WP-Handbuch 1977 635; Arbeitskreis Chemie Erg. Heft 2 ZfB 1966 52, 53; Institut der Wirtschaftsprüfer NA 5/66; WPg. 1966 677; Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976, 420ff.; Kropff § 155, 41 ff. mit Abweichungen). Für die GmbH ist daraus festzuhalten, daß sie sich im Rahmen der GoB hält, wenn 177 sie entsprechend der h. M. (Rdn. 176) bewertet. Darüber hinaus ist aber auch bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen eine Bewertung nach den Verhältnissen auf dem Absatzmarkt erforderlich, sofern diese einzelnen Aufträgen zugerechnet werden können und zu einem niedrigeren Wertansatz führen, als bei der Orientierung am Beschaffungsmarkt (vgl. das Beispiel bei Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 225). Dies erfordert der Grundsatz der verlustfreien Bewertung. Bei den unfertigen und fertigen Erzeugnissen kann neben dem aus dem Absatzmarkt abgeleiteten Wert der (niedrigere) Wiederbeschaffungswert berücksichtigt werden, jedenfalls wenn zu erwarten ist, daß er in nächster Zukunft am Absatzmarkt weiterzugeben ist (vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 155, 175ff.; Forster in Wirtschaftsprüfung im neuen Aktienrecht 1966, 23, 24; Institut der Wirtschaftsprüfer NA 5/66 WPg. 1966 677; Kruschwitz DB 1976 1069ff.; Kropff § 155, 43; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 155, 31). Zusammengefaßt ergibt sich für die GmbH folgendes: Erfordern die Verhältnisse am Absatzmarkt eine niedrigere Bewertung als mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten, so ist diese vorzunehmen, dabei können, müssen aber nicht, die Entwicklungen der nächsten Zukunft (man wird einen Zeitraum von 2 Jahren annehmen können; vgl. WPHandbuch 1977 636 mit Nachweisen) berücksichtigt werden. Die Verhältnisse am Beschaffungsmarkt (Wiederbeschaffungskosten) können, müssen aber nicht berücksichtigt werden. Bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen müssen sie berücksichtigt werden, sofern eine Orientierung am Absatzmarkt aus praktischen Gründen nicht möglich ist (Regelfall). Sind Rückschlüsse aus dem Absatzmarkt möglich, kann der Grundsatz der verlustfreien Bewertung einen niedrigeren Wertansatz auch dann erfordern, wenn die Wiederbeschaffungskosten nicht gesunken sind. Das Niederstwertprinzip findet keine Anwendung
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— auf bereits fest zu einem bestimmten höheren Preis verkaufte Vermögensgegenstände oder für Vermögensgegenstände, für die eine bindende Abnahmeverpflichtung vorliegt; — auf Vermögensgegenstände für die eine Werthaltigkeitsgarantie durch einen Dritten abgeben wurde (der Dritte ersetzt einen etwaigen Minderwert); — soweit Wertminderungen durch ein speziell zu ihrer Abdeckung geschlossenes Deckungsgeschäft ausgeglichen sind (vgl. Kropff § 155, 52). Zur Bestimmung des Börsen- oder Marktpreises, des Zeitwertes und der Wieder- 179 beschaffungskosten vgl. ausführlich Adler/Düring/Schmaltz § 155, 164ff.; auch Kropff § 155, 3 7 - 4 0 . Niedrigere Wertansätze, die für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom 180 Ertrag für zulässig gehalten werden (vgl. für die AG § 155 Abs. 3 Nr. 2 AktG) sind nicht Bestandteil der GoB (Rdn. 163 und Fülling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 218f.). Ob sie vorgenommen werden sollen, haben die Gesellschafter im Rahmen der Bilanzfeststellung zu entscheiden. c) Beibehaltung des niedrigeren Wertansatzes. Der niedrigere Wert, der nach dem 181 Niederstwertprinzip oder nach steuerlichen Vorschriften angesetzt worden ist, kann beibehalten werden, auch wenn die Gründe der Wertänderung nicht mehr fortbestehen. Für die Aktiengesellschaft ist dies in. § 155 Abs. 4 AktG (für das Anlagevermögen in § 154 (241)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Abs. 2 Satz 2 AktG) ausdrücklich niedergelegt; der Grundsatz gilt aber auch für die G m b H (a. A. Fiilling Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Vorräte 1976, 219; wohl auch Boelke Die Bewertungsvorschriften der AktG 1965 und ihre Geltung für die Unternehmen in anderer Rechtsform 1970, 165). Das Beibehaltungsrecht ergibt sich aus dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (Rdn. 45ff., Kropff § 155, 59). Die GmbH kann jedoch auch bis zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuschreiben (Rdn. 164). Auch ein Ansatz von Zwischenwerten ist möglich (zweifelhaft: a. A. Adler/Düring/ Schmaltz § 155, 133; dagegen läßt Kropff § 155, 60 Zwischenwerte zu, allerdings mit der Maßgabe, daß über den Zwischenwert später nicht mehr hinausgegangen werden darf). Die 4. EG-Richtlinie beseitigt das Beibehaltungswahlrecht allerdings und ordnet an, daß der niedrigere Wertansatz nicht beibehalten werden darf, wenn die Gründe der Wertberichtigung nicht mehr bestehen. 5. Bewertung der Verbindlichkeiten 182
Für die Bewertung der Verbindlichkeiten gibt § 156 Abs. 2 und Abs. 3 AktG die GoB auch mit den für die G m b H gültigen Inhalt wieder. Danach sind Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag (besser „Erfüllungsbetrag" vgl. Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung von Verbindlichkeiten 1970, 62) anzusetzen. Das ist der Betrag, den die Gesellschaft zur Begleichung der Verbindlichkeit aufbringen muß; das, was der Gesellschaft ggf. zugeflossen ist (Verfügungsbetrag) spielt hier keine Rolle. Bei Währungsverbindlichkeiten (Valutaverbindlichkeiten) ist der zum Bilanzstichtag geltende Briefkurs maßgeblich (DM-Betrag, der zum Ankauf der für die Rückzahlung erforderlichen Valuta aufgewendet werden muß). Streitig ist, ob Kursgewinne realisiert werden dürfen (verneinend Döllerer BB 1965 1413; Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970, 124ff.; Fasold StBJB 1966/67 437; Guidenagel DB 1970 1148; Mellerowicz in Großkomm. AktG § 156, 8; Schulze zur Riesche DB 1970 605; bejahend Havermann WPg. 1961 203; Hohensee WPg. 1961 292; Hild DB 1970 2133; Klein DB 1970 1748; Wallenhorst BB 1967 1449). Die Frage ist zu bejahen, wenn am Bilanzstichtag sicher damit gerechnet werden kann, daß der Gesellschaft der Kursgewinn erhalten bleiben wird (so zutreffend Kropff § 156, 13); dies ist bei langfristigen Verbindlichkeiten in aller Regel nicht der Fall (für die Realisierung bei mittel- und kurzfristigen Verbindlichkeiten Adler/Düring/Schmaltz § 156, 16ff.; WP-Handbuch 1977 688; Institut der Wirtschaftsprüfer HFA 1/62 WPg. 1962 356 und WPg. 1969 206; Claussen in Kölner Komm, zum AktG § 156, 7f.). Eine Kompensation von Kursverlusten bei Verbindlichkeiten und Kursgewinnen bei Forderungen (und umgekehrt) ist zulässig bei gleicher Fremdwährung und annähernd gleichen Laufzeiten (vgl. im einzelnen Adler/ Düring/Schmaltz § 156, 17). 183 Die Zinskonditionen einer Verbindlichkeit haben grundsätzlich keinen Einfluß auf die Bewertung der Verbindlichkeit. Bei besonders hoher Verzinslichkeit kann jedoch aus dem Gesichtspunkt des Verlustes aus schwebenden Geschäften eine Rückstellung in Höhe des Barwertes der Differenz zwischen den vereinbarten und den marktüblichen Zinsen in Frage kommen (so auch Kropff § 156, 15; Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970, 75 wohl auch Adler/Düring/Schmaltz % 156, 20 zweifelnd Döllerer BB 1971 96; der BFH BStBl. 1963 III 327 und Wöhe Bilanzierung und Bilanzpolitik 1976, 462 verneinen nur die Möglichkeit, die Verbindlichkeit selbst höher anzusetzen, äußern sich aber nicht zur Möglichkeit einer Rückstellungsbildung). Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn während der unkündbaren Laufzeit eines Darlehens der Zinssatz für vergleichbare Darlehen nachhaltig unter den vereinbarten Zinssatz fällt (die Kündigungsmöglichkeit nach § 247 BGB ist zu beachten). Ist der Gesellschaft bei höherem als dfcm marktüblichen Zinssatz dagegen ein anderer Vorteil eingeräumt worden (242)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
§42
oder hat sie bei Erhalt eines besonders niedrig verzinslichen Darlehens ihrerseits einen anderen Vorteil gewähren müssen, so kann der Zinsnachteil oder -vorteil ggf. aktivisch oder passivisch abzugrenzen sein (vgl. Kropff § 156, 16 und 17). Ein Disagio (die Gesellschaft muß mehr als den Auszahlungsbetrag zurückzahlen) 184 hat auf die Bewertung der Verbindlichkeit keinen Einfluß. Das Disagio kann, muß aber nicht, aktivisch abgegrenzt werden (Rdn. 137ff.). Erfolgt keine Rechnungsabgrenzung, wird das Disagio im Wirtschaftsjahr der Schuldaufnahme ergebniswirksam. Erfolgt eine Aktivierung, so ist das Disagio mindestens auf die gesamte Laufzeit der Kapitalnutzung abzuschreiben; eine schnellere Abschreibung oder eine außerplanmäßige Abschreibung ist jedenfalls bei der GmbH zulässig (bei der AG streitig: vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156, 35 und Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 1970, 99 einerseits und Kropff § 156, 25 und Claussen in Kölner Komm. AktG § 156, 13 andererseits). Ein Ausgabeagio (der Rückzahlungsbetrag ist geringer als der Ausgabebetrag) muß passivisch abgegrenzt werden (vgl. AdlerIDüring!Schmaltz § 156, 38; Kropff § 156, 26). Kosten des Gläubigers, die er dem Schulder als „Kreditgebühren" oder als „Bearbeitungsgebühren" belastet, sowie Kosten des Schuldners (z. B. Eintragungskosten für Sicherheiten, Kapitalverkehrsteuer u. ä.), können ebenfalls aktivisch abgegrenzt werden (Rdn. 137ff.; für die AG dagegen streitig vgl. Nachweise bei Kropff § 156,28). Rentenschulden sind mit ihrem Barwert anzusetzen. Dieser ist unter Berücksichti- 185 gung von Zinseszinsen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen. Für den anzulegenden Zinssatz besteht ein Ermessensspielraum, er sollte 3% nicht unterschreiten und den Zinssatz für langfristig aufgenommenes Kapital nicht überschreiten (vgl. AdlerIDüring!Schmaltz % 159, 23). Ist eine Ablösungssumme festgelegt (z.B. im Falle von § 1199 BGB), ist die Ablösungssumme zu passivieren (vgl. Hüttemann Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Verbindlichkeiten 118f.). 5. Bewertung der Rückstellungen Bei der Bewertung der Rückstellungen (zu Rückstellungen allgemein vgl. Rdn. 1 lOff.) 186 ist der Betrag anzusetzen, der „nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist" (vgl. § 156 Abs. 4 AktG). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die nach allgemeinen Abgrenzungskriterien zu Aufwand der Berichtsperiode führen. Künftige Entwicklungen sind, wenn sie ausreichend sicher festgestellt werden können, einzubeziehen (vgl. Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976, 70ff.). Insbesondere bei der Bewertung von Verlusten aus schwebenden Geschäften (Rdn. 115) kann die Bewertung unter Einbeziehung der fixen Kosten (Vollkosten) erfolgen. Zwingend ist dies jedoch nur dann, wenn durch die abschlossenen Geschäfte die Hereinnahme kostendeckender Aufträge verhindert wird oder wenn solche Aufträge nicht erlangt werden können (Forster WPg. 1971 393, 394). Andernfalls ist es ausreichend, die Rückstellung auf Basis variabler Kosten zu bilden. Die Hereinnahme von Aufträgen unter Vollkosten kann kaufmännisch sinnvoll sein, solange sie noch einen positiven Deckungsbeitrag leisten (solange also die Grenzkosten jedenfalls aber die Grenzausgaben nicht unterschritten werden). Die Bildung einer Verlustrückstellung könnte in diesem Falle sogar zu einer unrichtigen Darstellung der Vermögens- und Ertragslage führen (weitergehend Eifler Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen 1976, 69f.; wie hier Kropff § 156, 46). Die Bewertung kann auch pauschal anhand von Erfahrungswerten erfolgen (so z. B. bei der Pauschalwertberichtigung auf Forderungen). Zurückzustellen ist der Betrag, für den die höchste Wahrscheinlichkeit besteht, nicht 1 8 7 aber der ungünstigenfalls zu erwartende {Adler/Düring!Schmaltz § 156, 43). Bei Rückstellungen für Lasten, die dem Grunde nach ungewiß, der Höhe nach aber gewiß sind, (243)
§42
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
ist bei überwiegender Wahrscheinlichkeit für den Eintritt der Last eine Rückstellung in voller Höhe erforderlich (so wohl auch Adler/Düring/Schmaltz § 156, 44). Bei einer Mehrzahl von Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach ungewiß, der Höhe nach aber gewiß sind, kann bei der Bewertung die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt werden, daß die Gesellschaft voraussichtlich nur aus einem Teil der Verbindlichkeiten in Anspruch genommen wird. 188 Bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen (vgl. dazu Rdn. 117) ist zu unterscheiden, ob es sich um bereits laufende Renten oder um Anwartschaften handelt. Bereits laufende Renten sind mit dem Barwert der noch zu erbringenden Leistungen zu bewerten. Für Anwartschaften kann neben dem Barwert der (nunmehr steuerlich allein anerkannte) Teilwert oder der Gegenwartswert zur Anwendung kommen {Kropff § 156, 40ff.; zweifelnd hinsichtlich des Barwerts für Anwartschaften WP-Handbuch 1977 677 Fußn. 68). Als Rechnungszinsfuß wird in der Regel der steuerlich anerkannte Zinsfuß von 5,5% zugrunde gelegt (vgl. § 6a Abs. 3 EStG); eine handelsrechdiche Bindung hieran besteht jedoch nicht. Ein Zinssatz von 3 % sollte jedoch nicht unterschritten werden (vgl. Adler/ Düring/Schmaltz § 156, 71 und WP-Handbuch 1977 677). Zum Begriff und zur Ermittlung dieser Werte vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 156, 55ff. 7. Bewertungsstetigkeit und Vergleichbarkeit 189
Zu den Grundsätzen der Bewertungsstetigkeit (materielle Bilanzkontinuität) und Vergleichbarkeit vgl. Rdn. 45 ff. 8. Grundsatz der Fortführung des Unternehmens (going-concern-concept)
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Für die Anwendung der Bewertungsgrundsätze ist es von entscheidender Bedeutung, ob die Gesellschaft nach dem zum Bilanzstichtag zu berücksichtigenden Erkenntnissen (vgl. dazu Rdn. 143 ff.) mit der Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit rechnen kann oder ob sie damit rechnen muß, daß sie ihre Geschäftstätigkeit ganz oder beschränkt auf einzelne Betriebe, Sparten oder Produkte nicht fortführen kann oder in wesendichem Umfange einschränken muß. Normalerweise geht man davon aus, daß die Bewertung unter der Prämisse der Fortführung des Unternehmens erfolgt (going-concern-concept). Dabei handelt es sich aber nicht etwa um einen GoB, daß stets und unter allen Umständen von diesem Prinzip ausgegangen werden müsse. Vielmehr muß stets geprüft werden, ob die Annahme der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit insgesamt und für Teilbereiche zutrifft. Ist dies zu bejahen, können die normalen Bewertungsregeln ohne Modifikation angewendet werden. Ist dies jedoch nicht der Fall, d. h. muß nach vernünftigen kaufmännischen Überlegungen davon ausgegangen werden, daß die Geschäftstätigkeit ganz oder in Teilen in der vorhersehbaren Zukunft nicht fortgeführt werden kann (z. B. wegen fehlender und nicht mehr bereitzustellender Liquidität, wegen Uberschuldung, wegen mangelnder Rentabilität), so verliert das „going-concern"-Prinzip seine Gültigkeit (h. M. vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 149, 65 und § 154, 79; Clemm WPg. 1977 145, 151ff.;,4«/er DB 1976 1537; Leffson Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 1976, 156; U. E. C.-Kommission für Buchprüfung; Entwurf einer Empfehlung (7) WPg. 1976 464). Es ist hervorzuheben, daß dieser Gesichtspunkt auch für den Jahresabschluß, nicht etwa nur für den Uberschuldungsstatus nach § 64 Abs. 1 gilt, obwohl das Problem zumeist dort erörtert wird (vgl. Prihilla KTS 1958 lff.; Zilias WPg. 1977 445ff.; Egner/Wolff AG 1978 99 ff.). 191 Unter der Annahme der Fortführung spielt beim Anlagevermögen der Liquidationswert keine Rolle, gleiches gilt im Grundsatz für das Umlaufvermögen, da von einer Ver(244)
Bilanzierung (Goerdeler/Müller)
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wertung im ordentlichen Geschäftsgang, nicht jedoch im Zuge einer Liquidation auszugehen ist. Unter dieser Voraussetzung wäre der zutreffende beizulegende Wert, insbesondere der Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, deren Ertragswert (vgl. auch Egner/Wolff AG 1978 99, 103). Dieser ist nach der Konvention der GoB mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen oder Wertberichtigungen festgelegt (Betriebsfortführungswerte). Kann dagegen von einer Fortführung nicht ausgegangen werden, so dürfen auf der Aktivseite der Bilanz höchstens die bei einer stichtagsbezogenen Verwertung erzielbaren Werte (Zerschlagungswerte, Liquidationswerte) in Ansatz kommen und sind auf der Passivseite der Bilanz Rückstellungen für solche zusätzlichen Verbindlichkeiten anzusetzen, die bei einer Liquidation des Unternehmens, eines Betriebes oder Teilbetriebes, einer Sparte usw. entstehen. Dies gilt auch dann, wenn nur ein Produkt nicht mehr hergestellt oder eine Anlage nicht mehr genutzt werden kann. Dabei können sich erhebliche Abwertungs- oder Rückstellungsbedürfnisse ergeben. Diese Konsequenzen ergeben sich im Grunde bereits aus dem Imparitätsprinzip und aus seiner besonderen Ausgestaltung im Niederstwertprinzip (Rdn. 150 und 174ff.). Im Gegensatz zum Uberschuldungsstatus (dazu Erl. zu § 64) dürfen allerdings im Jahresabschluß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht überschritten werden, auch wenn die Liquidationswerte höher sein sollten (vgl. Rdn. 152). Die Frage, ob unter Fortbestehensgesichtspunkten bewertet werden kann, hat zu- 192 nächst die Geschäftsführung zu beantworten (zu den damit zusammenhängenden Problemen vgl. Egner/Wolff AG 1978 99, 102ff.). Die Entscheidung obliegt allerdings dem bilanzfeststellenden Organ, das von der Geschäftsführung entsprechend zu unterrichten ist (vgl. Rdn. 193). VI. Unterrichtung der Gesellschafter Die Grundsätze und die Vorschriften über die Aufstellung des Jahresabschlusses 193 räumen der bilanzierenden Gesellschaft in wichtigen Bereichen Ermessensspielräume und Wahlrechte ein. Dies gilt insbesondere für die Aktivierung und Passivierung (Rdn. 50ff.) und für die Bewertung (Rdn. 151 ff.). Die für die Gesellschaft verbindliche Entscheidung trifft das den Jahresabschluß feststellende Organ, in der Regel die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 1 und Erl. dortselbst). Dieses Organ bedarf hierzu einer umfassenden Information über alle für die Feststellung erheblichen Umstände und Sachverhalte sowie über die denkbaren Bilanzierungsmöglichkeiten. Dies gilt um so mehr, als gerade die Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten erhebliche Auswirkungen auf den Gewinnanspruch nach § 29 und auf dessen periodenmäßige Zuordnung haben kann. Das GmbHG kennt keine besonderen Vorschriften über eine Informationspflicht der Geschäftsführung wie sie etwa das AktG mit dem Geschäftsbericht (§ 160 AktG) oder die 4. EG-Richtlinie mit dem sog. „Anhang" (vgl. Rdn. 21) vorsieht. Lediglich die GmbH's, die unter das Publizitätsgesetz fallen, sind verpflichtet, einen Geschäftsbericht (§ 5 Abs. 1, Abs. 4 PublG) oder einen Konzerngeschäftsbericht (§ 13 PublG) aufzustellen (vgl. dazu Anh. III zu § 42 Rdn. 12). Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft wird der Jahresabschluß der GmbH nicht durch die Geschäftsführung, sondern durch die Gesellschafterversammlung selbst als dem obersten Organ der GmbH oder durch ein anderes satzungsmäßig vorgesehenes Organ festgestellt. Aufgabe der Geschäftsführung ist lediglich die „Aufstellung" eines § 42 GmbHG und § 40 HGB sowie den GoB entsprechenden Abschlusses. Die für die Gesellschaft definitive Fesdegung dort, wo Gesetz und GoB Spielräume lassen, erfolgt durch das den Jahresabschluß feststellende Organ. Aus dieser Systematik des Gesetzes folgt zwingend, daß dieses Organ Anspruch auf sämtliche für die Feststellung des Jahresabschlusses erforderlichen Informationen hat. Die Geschäfts(245)
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führung muß diese Auskünfte geben. Auch dies gehört noch zu der in § 41 Abs. 2 festgelegten Pflicht zur Aufstellung der Bilanz, die alles beinhaltet, was zur ordnungsgemäßen Feststellung der Bilanz erforderlich ist. Die Auskunftspflicht der Geschäftsführung bzw. das Informationsrecht des bilanzfeststellenden Organs kann somit weitergehen als z. B. die in § 160 AktG vorgesehenen Pflichtinformationen für den Aktionär. So ist z. B. über die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden nicht nur so zu berichten, „wie es zur Vermittlung eines möglichst sicheren Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft erforderlich ist" (so § 160 Abs. 2 Satz 1 AktG), sondern so, wie es zur Feststellung des Jahresabschlusses unter Abwägung aller Gesichtspunkte notwendig ist. Über von der Geschäftsführung vorgeschlagene Änderungen der Abschreibungs- oder Bewertungsmethoden oder außerplanmäßige Abschreibungen und Wertberichtigungen ist das Feststellungsorgan in jedem Falle zu unterrichten. Auf wichtige Fälle der Information ist bei der Erörterung der Einzelfragen besonders hingewiesen (vgl. Rdn. 50ff. und 151ff.). 194 Die Informationen sind grundsätzlich dem Feststellungsorgan, also in der Regel der Gesellschafterversammlung, zu geben. Im Zuge der Gesellschafterversammlung kann jeder Gesellschafter jede sachdienliche Information („entscheidungsrelevante Information" i. S. von Moxter vgl. Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson 1976, 97) verlangen, es sei denn, daß durch Gesellschafterbeschluß die Geschäftsführung angewiesen wird, bestimmte Auskünfte nicht zu erteilen, z. B. weil der Gesellschaft dadurch Schaden zugefügt werden könnte (Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen u. ä.). Dabei ist andererseits zu berücksichtigen, daß der Adressatenkreis bei der GmbH in der Regel klein ist und eine sachgerechte Entscheidung über den Jahresabschluß treffen muß (vgl. dazu vor allem Moxter in Bilanzfragen, Festschrift für Ulrich Leffson 1976, 89ff.). Aus dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung (§ 14, 18ff.) ergibt sich jedoch, daß in der Regel jeder Gesellschafter Anspruch auf diejenige Information hat, die andere Gesellschafter in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter — auch außerhalb der Gesellschafterversammlung — erhalten haben. 195 Der RegE eines Gesetzes zur Änderung der GmbHG von 1977 (Bundesrat Drucksache 404/77) sieht vor, einen neuen § 51a in das GmbHG einzufügen, der die Auskunfts- und Einsichtsrechte des einzelnen Gesellschafters regeln wird. Mit dieser Bestimmung wird in Zukunft das Auskunfts- und Einsichtsrecht auf eine sichere gesetzliche Grundlage gestellt. Es wird vorgesehen werden, daß die Geschäftsführer jedem Gesellschafter auf Verlangen Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und Einsicht der Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gestatten haben. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf die rechdichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen. Das Verlangen durch den Gesellschafter kann in und außerhalb der Gesellschafterversammlung gestellt werden. Die Geschäftsführer dürfen nach dem RegE die Auskunft nur verweigern, — wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird, und wenn die Gesellschafter beschlossen haben, daß die Auskunft aus diesem Grunde verweigert werden soll, es sei denn, daß der Gesellschaftsvertrag von diesem Beschluß absieht; — soweit sich die Geschäftsführer durch die Erteilung der Auskunft oder der Einsicht strafbar machen würden. Durch den Gesellschaftsvertrag kann auch nach dem RegE das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Gesellschafters in bestimmten Grenzen abbedungen werden. Nicht abbedungen werden kann jedoch das Auskunftsrecht, wenn die Auskunft in einer Gesellschafter(246)
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Versammlung verlangt wird und das Einsichtsrecht, soweit die Einsicht erforderlich ist, um den Jahresabschluß auf seine Richtigkeit prüfen zu können (§ 51a Abs. 5 RegE). Dies bedeutet in bezug auf den Jahresabschluß, daß das Auskunftsrecht, wie das Einsichtsrecht, in vollem Umfange gewährleistet wird, da die Feststellung des Jahresabschlusses in einer Gesellschafterversammlung erfolgt (9 46 Nr. 1). Etwas anderes könnte dann gelten, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses einem anderen Organ als der Gesellschafterversammlung übertragen wird, was auch nach dem RegE nach wie vor zulässig ist. VII. Bilanzänderung Bilanzänderung im weiteren Sinne ist jede Änderung des einmal festgestellten und 196 damit für die Gesellschaft und für Dritte maßgeblich gewordenen Jahresabschlusses (§ 29, 24) aus welchen Gründen auch immer. Bis zur Feststellung sind Änderungen des Jahresabschlusses ohne Einschränkungen möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt liegt lediglich der Entwurf eines Jahresabschlusses vor, der für die Gesellschaft noch nicht verbindlich ist. Ist dieser Entwurf fehlerhaft, so sind die Geschäftsführer verpflichtet, eine Berichtigung durchzuführen; sie können aber auch zulässige Bilanzansätze durch andere zulässige Bilanzansätze bis zur Bilanzfeststellung ersetzen. Auch das den Jahresabschluß feststellende Organ (in der Regel die Gesellschafterversammlung) ist im Rahmen der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen und der GoB frei, den Jahresabschluß anders als in der von den Geschäftsführern vorgelegten Fassung festzustellen. Auch insoweit liegt eine Bilanzänderung nicht vor. Ebenfalls handelt es sich nicht um eine Bilanzänderung, wenn ein nichtiger Jahresabschluß (dazu vgl. Anhang zu § 47), solange die Nichtigkeit nicht geheilt ist, durch einen ordnungsgemäßen Jahresabschluß ersetzt wird {Adler/Düring/Schmaltz § 172, 14; Kropff § 172, 27). Entsprechendes gilt, wenn ein Jahresabschluß oder der Feststellungsbeschluß erfolgreich angefochten wurde. Hier besteht die Pflicht der Geschäftsführung, für die Feststellung eines wirksamen Jahresabschlusses zu sorgen. Allerdings liegt es bei dem Vorliegen von Nichtigkeitsgründen im Ermessen der Geschäftsführung, die mögliche Heilung der Nichtigkeitsgründe abzuwarten (Adler/Diiing/Schmaltz § 172, 15). Eine Bilanzänderung muß sich immer auf einen festgestellen Jahresabschluß be- 197 ziehen. So kann ein festgestellter Jahresabschluß geändert werden, wenn er fehlerhaft ist, auch wenn die Fehlerhaftigkeit nicht zur Nichtigkeit führt oder die Nichtigkeit durch Zeitablauf geheilt ist (Bilanzberichtigung im steuerlichen Sinne vgl. § 4 Abs. 2 EStG). Ein Zwang zur Berichtigung ist allerdings nicht gegeben (zutreffend Weirich WPg. 1976 625, 626); die Entscheidung liegt im Ermessen des bilanzfeststellenden Organs. Berichtigung bedeutet grundsätzlich Beseitigung des Fehlers in der Rechnungsperiode, in der er entstanden ist (Stornierung). Der Berichtigung an der Fehlerquelle werden jedoch durch den Grundsatz der Bilanzverknüpfung Grenzen gezogen (vgl. dazu ausführlich Rdn. 43 und zur steuerlichen Problematik Woerner DStR 1976 623 ff.). In bereits entstandene Rechte der Gesellschafter (insbesondere Gewinnansprüche) oder Dritter kann durch eine Bilanzänderung nicht mehr eingegriffen werden (ausführlich Rdn. 199, ferner Hundertmark/Herms BB 1973 1051, 1053). Aus diesen Gründen ist häufig nur eine Berichtigung im laufenden Jahresabschluß möglich, was bei geringeren Fehlern ohnehin das zweckmäßige Verfahren ist {Weirich WPg. 1976 626). Bei einer solchen Berichtigung in laufender Rechnung ist zu beachten, daß durch die Berichtigung soweit wie möglich der Effekt wieder aufgehoben wird, der durch den Fehler ursprünglich ausgelöst wurde (ursachenbezogene Bilanzberichtigung vgl. Woerner DStR 1976 623, 625). In vollem Umfange ist dies dann nicht möglich, wenn der Fehler ergebniserhöhende oder ergebnis(247)
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mindernde Auswirkungen in Vorperioden gehabt hat, deren Jahresabschlüsse nicht mehr geändert werden können (Woerner aaO). 198 Möglich ist aber auch die Änderung gesetzlich ordnungsgemäßer festgestellter Jahresabschlüsse, also der Ersatz einer gesetzlich zulässigen Bilanzierung durch eine andere gesetzlich zulässige Bilanzierung (Bilanzänderung im engeren Sinne). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Wertansatz- oder Bewertungswahlrechte anders als ursprünglich ausgeübt werden sollen. Bei der AG wird für die Zulässigkeit einer Bilanzänderung, sofern sie überhaupt anerkannt wird (Nachweise über den Meinungsstand bei Kropff § 172, 29ff.), das Vorliegen wirtschaftlich gewichtiger Gründe verlangt (Adler/ Düring/Schmaltz § 172, 19; Kropff § 172 , 30; Weirich WPg. 1976 625, 628). Dies muß auch für die GmbH gelten. Obwohl sie im Regelfall nicht publizitätspflichtig ist, ist auch für die GmbH der festgestellte Jahresabschluß die maßgebliche interne und externe Rechenschaftslegung (vgl. Rdn. 7). Diese ist willkürlichen Änderungen nicht mehr zugänglich (vgl. BGHZ 23 152). Zu den wichtigen Gründen können auch steuerliche Gründe zählen (Rdn. 22). 199
Eine Bilanzänderung darf nicht in bestehende Rechte der Gesellschafter oder Dritter eingreifen oder diesen nachträglich die Rechtsgrundlage entziehen (h. M. vgl. Adler/Düring/Schmaltz § 172, 26f.; Hundertmark/Herms BB 1973 1051, 1053; Kropff § 172, 31; Weirich WPg. 1976 625, 628). Ist der Jahresabschluß festgestellt und ein Gewinnverteilungsbeschluß gefaßt worden, so ist der schuldrechtliche Gewinnanspruch der Gesellschafter unentziehbar entstanden (§ 29, 12), auch durch eine Bilanzänderung kann er nicht mehr berührt werden. Soll die Bilanzänderung zu einem niedrigeren Bilanzgewinn führen, ist sie nur möglich, wenn die Gesellschafterversammlung gleichzeitig ihren Gewinn Verwendungsbeschluß ändert ( K r o p f f § 172, 31). Ist dies ohne Eingriff in die bestehenden Gewinnrechte der Gesellschafter nicht möglich (z. B. weil der Bilanzgewinn voll ausgeschüttet wurde), kann die Bilanzänderung nur durchgeführt werden, sofern alle Gesellschafter auf ihre Gewinnansprüche ganz oder teilweise verzichten. Ansprüche Dritter, die an bestimmte Größen des Jahresabschlusses anknüpfen (z. B. Jahresüberschuß, Bilanzgewinn, Umsatz) können durch eine Bilanzänderung ohne Zustimmung der Berechtigten nicht herabgesetzt werden, es sei denn die Vereinbarungen sehen eine solche Möglichkeit vor. Allerdings dürften solche Ansprüche einer Änderung selbst nicht entgegenstehen; sie sind lediglich in dem geänderten Jahresabschluß in der sich aus dem ursprünglichen Jahresabschluß ergebenden Höhe zu berücksichtigen (a. A. Kropff § 172, 31; wie hier wohl Adler/Düring/Schmaltz § 172, 27).
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Verfahrensmäßig beschließt über die Änderung oder Berichtigung des Jahresabschlusses das bilanzfeststellende Organ. Für den Beschluß gelten alle gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen eines normalen Feststellungsbeschlusses nach § 46 Nr. 1. Wurde der ursprüngliche Abschluß in einen Konzernabschluß einbezogen, so wird eine entsprechende Änderung des Konzernabschlusses nicht in jedem Fall zu verlangen sein (so aber Kropff § 172, 32). Bei einer Änderung der Bilanz der Obergesellschaft oder bei für die Vermögens- und Ertragslage des gesamten Konzerns wesendichen Änderungen der Bilanzen der einbezogenen Unternehmen ist grundsätzlich eine Änderung der Konzernbilanz zu verlangen. Zu ihrer steuerlichen Wirksamkeit bedarf eine Bilanzänderung im engeren Sinne (Rdn. 198), nicht dagegen eine Bilanzberichtigung, der Zustimmung des Finanzamts (§ 4 Abs. 2 EStG). Diese Zustimmung ist aber nicht Voraussetzung der handelsrechdichen Wirksamkeit (vgl. Mühlherger DStR 1977 526, 527). Ist der Jahresabschluß der GmbH prüfungspflichtig, so macht jede Änderung des geprüften Jahresabschlusses, sei es vor oder nach der Feststellung, eine erneute Abschlußprüfung (sog. Nachtragsprüfung) erforderlich (vgl. § 162 Abs. 3 AktG). (248)
Auszug aus dem Aktiengesetz (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 Anh. I
ANHANG I Auszug aus dem Aktiengesetz
§ 149 AktG Inhalt des Jahresabschlusses (1) Der Jahresabschluß hat den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu entsprechen. E r ist klar und übersichtlich aufzustellen und muß im Rahmen der Bewertungsvorschriften einen möglichst sicheren Einblick in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft geben. (2) Soweit in den folgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist, sind die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Ersten Buchs des Handelsgesetzbuchs über Handelsbücher anzuwenden. § 151 AktG Gliederung der Jahresbilanz (1) In der Jahresbilanz sind, wenn der Geschäftszweig keine abweichende Gliederung bedingt, die gleichwertig sein muß, unbeschadet einer weiteren Gliederung folgende Posten gesondert auszuweisen: Auf der Aktivseite: I. Ausstehende Einlagen auf das Grundkapital; davon eingefordert: II. Anlagevermögen: A. Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte: 1. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Geschäfts-, Fabrik- und anderen Bauten; 2. Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Wohnbauten; 3. Grundstücke und grundstücksgleiche Recht ohne Bauten; 4. Bauten auf fremden Grundstücken, die nicht zu Nummer 1 oder 2 gehören; 5. Maschinen und maschinelle Anlagen; 6. Betriebs- und Geschäftsausstattung; 7. Anlagen im Bau und Anzahlungen auf Anlagen; 8. Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte sowie Lizenzen an solchen Rechten. B . Finanzanlagen: 1. Beteiligungen; 2. Wertpapiere des Anlagevermögens, die nicht zu Nummer 1 gehören; 3. Ausleihungen mit einer Laufzeit von mindestens vier Jahren; davon durch Grundpfandrechte gesichert: III. Umlaufvermögen: A. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe; 2. unfertige Erzeugnisse; 3. fertige Erzeugnisse, Waren. B. Andere Gegenstände des Umlaufvermögens: 1. geleistete Anzahlungen, soweit sie nicht zu II A Nr. 7 gehören; 2. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen; davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr: 3. Wechsel; davon bundesbankfähig: 4. Schecks; 5. Kassenbestand, Bundesbank- und Postscheckguthaben; 6. Guthaben bei Kreditinstituten; (249)
§ 42 Anh. I
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7. Wertpapiere, die nicht zu Nummer 3, 4, 8 oder 9 oder zu II B gehören; 8. eigene Aktien unter Angabe ihres Nennbetrags; 9. Anteile an einer herrschenden oder an der Gesellschaft mit Mehrheit beteiligten Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft unter Angabe ihres Nennbetrags, bei Kuxen ihrer Zahl; 10. Forderungen an verbundene Unternehmen; 11. Forderungen aus Krediten, die a) unter § 89, b) unter § 115 fallen; 12. sonstige Vermögensgegenstände. IV. Rechnungsabgrenzungsposten V. Bilanzverlust Auf der Passivseite: I. Grundkapital II. Offene Rücklagen: 1. gesetzliche Rücklage; 2. andere Rücklagen (freie Rücklagen). III. Wertberichtigungen IV. Rückstellungen: 1. Pensionsrückstellungen; 2. andere Rückstellungen. V. Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mindestens vier Jahren: 1. Anleihen; davon durch Grundpfandrechte gesichert: 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten; davon durch Grundpfandrechte gesichert: 3. sonstige Verbindlichkeiten; davon durch Grundpfandrechte gesichert: Von Nummern 1 bis 3 sind vor Ablauf von vier Jahren fällig: VI. Andere Verbindlichkeiten: 1. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; 2. Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel; 3. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, soweit sie nicht zu V gehören; 4. erhaltene Anzahlungen; 5. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen; 6. sonstige Verbindlichkeiten. VII. Rechnungsabgrenzungsposten VIII. Bilanzgewinn (2) Sind unter einen Posten fallende Gegenstände bei einer Gesellschaft nicht vorhanden, so braucht der Posten nicht aufgeführt zu werden. (3) Fällt ein Gegenstand unter mehrere Posten, so ist bei dem Posten, unter dem er ausgewiesen wird, die Mitzugehörigkeit zu den anderen Posten zu vermerken, wenn dies zur Aufstellung einer klaren und übersichtlichen Jahresbilanz nötig ist. Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen sind in der Regel als solche auszuweisen; werden sie unter anderen Posten ausgewiesen, so muß diese Eigenschaft vermerkt werden. Eigene Aktien und Anteile an einer herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft dürfen nicht unter anderen Posten aufgeführt werden. (4) Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen und Einstellungen im Sonderposten mit Rücklageanteil sind bereits in der Jahresbilanz vorzunehmen. Gleiches gilt für Entnahmen aus offenen Rücklagen sowie für Einstellungen in offene Rücklagen, die nach Gesetz (250)
A u s z u g aus dem Aktiengesetz (Goerdeler/Müller)
§ 42 Anh. I
oder Satzung vorzunehmen sind oder die Vorstand und Aufsichtsrat auf Grund des § 58 Abs. 2 vorzunehmen. Der Uberschuß der Aktivposten über die Passivposten (Bilanzgewinn) oder der Uberschuß der Passivposten über die Aktivposten (Bilanzverlust) ist am Schluß der Jahresbilanz ungeteilt und gesondert auszuweisen. (5) In der Jahresbilanz sind, sofern sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind, in voller Höhe gesondert zu vermerken 1. 2. 3. 4.
Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln; Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften; Verbindlichkeiten aus Gewährleistungsvertragen; Haftung aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten.
Sie sind auch dann zu vermerken, wenn ihnen gleichwertige Rückgriffsforderungen gegenüberstehen. Besteht die Verbindlichkeit oder die Haftung gegenüber verbundenen Unternehmen, so ist dies bei den einzelnen Vermerken unter Angabe des Betrags anzugeben. § 152 AktG Vorschriften zu einzelnen Posten der Jahresbilanz (1) Beim Anlagevermögen sind nur die Gegenstände auszuweisen, die am Abschlußstichtag bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zu dienen. Die Zugänge und Abgänge, die Zuschreibungen, die für das Geschäftsjahr gemachten Abschreibungen sowie die Umbuchungen sind bei den einzelnen Posten des Anlagevermögens gesondert aufzuführen. (2) Als Beteiligung gelten im Zweifel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, deren Nennbeträge insgesamt den vierten Teil des Nennkapitals dieser Gesellschaft erreichen, sowie Kuxe einer bergrechtlichen Gewerkschaft, deren Zahl insgesamt den vierten Teil der Kuxe dieser Gewerkschaft erreicht. (3) Beim Grundkapital sind die Gesamtnennbeträge der Aktien jeder Gattung gesondert anzugeben. Bedingtes Kapital ist mit dem Nennbetrag zu vermerken. Bestehen Mehrstimmrechtsaktien, so sind beim Grundkapital die Gesamtstimmenzahl der Mehrstimmrechtsaktien und die der übrigen Aktien zu vermerken. (4) Bei den offenen Rücklagen sind gesondert aufzuführen 1. die Beträge, die die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn des Vorjahrs eingestellt hat, 2. die Beträge, die aus dem Jahresüberschuß des Geschäftsjahrs eingestellt werden, 3. die Beträge, die für das Geschäftsjahr entnommen werden. (5) Werden auf der Passivseite Posten ausgewiesen, die auf Grund steuerlicher Vorschriften erst bei ihrer Auflösung zu versteuern sind, so sind diese Posten gesondert von den offenen Rücklagen unter Angabe der Vorschriften, nach denen sie gebildet sind, auf der Passivseite unter „ I I a Sonderposten mit Rücklageanteil" auszuweisen. (6) Wertberichtigungen dürfen nur zu Sachanlagen, zu Beteiligungen und zu Wertpapieren des Anlagevermögens sowie als Pauschalwertberichtigung wegen des allgemeinen Kreditrisikos zu Forderungen vorgenommen werden. Die auf die einzelnen Posten entfallenden Wertberichtigungen sind in einer Absatz 1 Satz 2 entsprechenden Gliederung gesondert, die Pauschalwertberichtigung ist als „Pauschalwertberichtigung zu Forderungen" auszuweisen. (7) Rückstellungen dürfen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Femer dürfen Rückstellungen gebildet werden für 1. im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung oder Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden; 2. Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden: diese Rückstellungen sind unter näherer Bezeichnung ihres Zwecks gesondert auszuweisen. Für andere Zwecke dürfen keine Rückstellungen gebildet werden. Unter dem Posten „Pensionsrückstellungen" sind die Rückstellungen für laufende Pensionen und die für Anwartschaften auf Pensionen auszuweisen. (8) Forderungen dürfen nicht mit Verbindlichkeiten, nicht abgerechnete Leistungen nicht mit Anzahlungen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden. Rücklagen, Wertberichtigungen und Rückstellungen dürfen nicht als Verbindlichkeiten aufgeführt werden. (251)
§ 42 Anh. I
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(9) Als Rechnungsabgrenzungsposten dürfen nur ausgewiesen werden 1. auf der stimmte 2. auf der stimmte
Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Aufwand für eine beZeit nach diesem Tag darstellen; Passivseite Einnahmen vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Ertrag für eine beZeit nach diesem Tag darstellen. § 153 AktG Wertansätze der Gegenstände des Anlagevermögens
(1) Gegenstände des Anlagevermögens sind zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen oder Wertberichtigungen nach § 154 anzusetzen. Zugänge sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufzuführen. (2) Bei der Berechnung der Herstellungskosten dürfen in angemessenem Umfang Abnutzungen und sonstige Wertminderungen sowie angemessene Teile der Betriebs- und Verwaltungskosten eingerechnet werden, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen; Vertriebskosten gelten nicht als Betriebs- und Verwaltungskosten. (3) Für immaterielle Anlagewerte darf ein Aktivposten nur angesetzt werden, wenn sie entgeltlich erworben wurden. (4) Die Aufwendungen für die Gründung und Kapitalbeschaffung (§§ 182 bis 221) dürfen nicht als Aktivposten eingesetzt werden. Die Kosten der Ingangsetzung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft dürfen unter die Posten des Anlagevermögens aufgenommen werden. Der Betrag ist gesondert auszuweisen und in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Fünftel durch Abschreibungen zu tilgen. (5) Für den Geschäfts- oder Firmenwert darf kein Aktivposten eingesetzt werden. Ubersteigt jedoch die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung die Werte der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens im Zeitpunkt der Übernahme, so darf der Unterschied unter die Posten des Anlagevermögens aufgenommen werden. Der Betrag ist gesondert auszuweisen und in jedem folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Fünftel durch Abschreibungen zu tilgen. § 154 AktG Abschreibungen. Wertberichtigungen (1) Bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen oder Wertberichtigungen zu vermindern. Der Plan muß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach einer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Abschreibungsmethode auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Gegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. (2) Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, können bei Gegenständen des Anlagevermögens außerplanmäßige Abschreibungen oder Wertberichtigungen vorgenommen werden, um die Gegenstände 1. mit dem niedrigeren Wert, der ihnen am Abschlußstichtag beizulegen ist, oder 2. mit dem niedrigeren Wert, der für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag für zulässig gehalten wird, anzusetzen; sie sind vorzunehmen bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung. Der niedrigere Wertansatz darf beibehalten werden, auch wenn die Gründe der außerplanmäßigen Abschreibung oder Wertberichtigung nicht mehr bestehen. § 155 AktG Wertansätze der Gegenstände des Umlaufvermögens (1) Die Gegenstände des Umlaufvermögens sind zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, soweit nicht ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 2 geboten oder nach den Absätzen 3 und 4 zulässig ist. Für die Berechnung der Herstellungskosten gilt § 153 Abs. 2. (252)
Auszug aus dem Aktiengesetz (Goerdeler/Müller)
§ 42 Anh. I
Soweit es den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht, kann für den Wertansatz gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens unterstellt werden, daß die zuerst oder daß die zuletzt angeschafften oder hergestellten Gegenstände zuerst oder in einer sonstigen bestimmten Folge verbraucht oder veräußert worden sind. (2) Sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten höher als der Wert, der sich aus dem Börsen- oder Marktpreis am Abschlußstichtag ergibt, so ist dieser Wert anzusetzen. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Gegenständen am Abschlußstichtag beizulegen ist, so ist dieser Wen anzusetzen. (3) Die Gegenstände des Umlaufvermögens dürfen mit einem niedrigeren Wert als dem Wert nach Absatz 1 oder Absatz 2 angesetzt werden, soweit der niedrigere Wertansatz 1. bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Gegenstände auf Grund von Wertschwankungen geändert werden muß oder 2. für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag für zulässig gehalten wird. (4) Ein niedrigerer Wertansatz nach den Absätzen 2 oder 3 darf beibehalten werden, auch wenn seine Gründe nicht mehr bestehen.
§ 156 AktG Ansätze von Passivposten (1) Das Grundkapital ist zum Nennbetrag anzusetzen. (2) Verbindlichkeiten sind zu ihrem Rückzahlungsbetrag, Rentenverpflichtungen zu ihrem Barwert anzusetzen. (3) Ist der Rückzahlungsbetrag von Verbindlichkeiten oder Anleihen höher als der Ausgabebetrag, so darf der Unterschied unter der Rechnungsabgrenzungsposten der Aktivseite aufgenommen werden. Der Betrag ist gesondert auszuweisen und durch planmäßige jährliche Abschreibungen, die auf die gesamte Laufzeit verteilt werden dürfen, zu tilgen. (4) Rückstellungen sind nur in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. § 157 AktG Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (1) In der Gewinn- und Verlustrechnung sind, wenn der Geschäftszweig keine abweichende Gliederung bedingt, die gleichwertig sein muß, unbeschadet einer weiteren Gliederung folgende Posten in Staffelform gesondert auszuweisen: 1. Umsatzerlöse 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen , 3. andere aktivierte Eigenleistungen 4. Gesamtleistung 5. Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren 6. Rohertrag/Rohaufwand 7. Erträge aus Gewinngemeinschaften, Gewinnabführungs- und Teilgewinnabführungsverträgen 8. Erträge aus Beteiligungen 9. Erträge aus den anderen Finanzanlagen 10. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 11. Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens und aus Zuschreibungen zu Gegenständen des Anlagevermögens 12. Erträge aus der Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung zu Forderungen 13. Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen (253)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
14. sonstige Erträge davon außerordentliche 15. Erträge aus Verlustübernahme 16. 17. 18. 19.
Löhne und Gehälter soziale Abgaben Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte 20. Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen mit Ausnahme des Betrags, der in die Pauschalwertberichtigung zu Forderungen eingestellt
ist
21. Verluste aus Wertminderungen oder dem Abgang von Gegenständen des Umlaufvermögens außer Vorräten ( § 1 5 1 Abs. 1 Aktivseite III B) und Einstellung in die Pauschalwertberichtigung zu Forderungen 22. Verluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens 23. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 24. Steuern a) vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen b) sonstige 25. Aufwendungen aus Verlustübernahme 26. sonstige Aufwendungen 27. auf G r u n d einer Gewinngemeinschaft, eines Gewinnabführung®- und eines Teilgewinnabführungsvertrags abgeführte Gewinne 28. Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag 29. Gewinnvortrag/Verlustvortrag aus dem Vorjahr 30. Entnahmen aus offenen Rücklagen a) aus der gesetzlichen Rücklage b) aus freien Rücklagen 31. Einstellungen aus dem Jahresüberschuß in offene Rücklagen a) in die gesetzliche Rücklage b) in freie Rücklagen 32. Bilanzgewinn/Bilanzverlust
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(2) Sind unter einen Posten fallende Aufwendungen oder Erträge bei einer Gesellschaft nicht angefallen, so braucht der Posten nicht ausgewiesen zu werden. (3) Werden Aufwendungen oder Erträge unter einem anderen Posten ausgewiesen als gleichartige Aufwendungen oder Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung für das vorausgegangene Geschäftsjahr, so ist dies unter Angabe des auf sie entfallenden Betrags in der Gewinn- und Verlustrechnung zu vermerken. (4) Sind am Abschlußstichtag keine Aktien der Gesellschaft an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel zugelassen oder in den geregelten Freiverkehr einbezogen und ist auch nicht die Zulassung von Aktien zum amtlichen Handel an einer deutschen Börse beantragt, so brauchen die Posten unter Absatz 1 N r . 1 bis 5 nicht gesondert ausgewiesen zu werden, wenn 1. die Bilanzsumme drei Millionen Deutsche Mark nicht übersteigt oder 2. die Gesellschaft eine Familiengesellschaft ist und die Bilanzsumme zehn Millionen Deutsche M a r k nicht übersteigt; als Familiengesellschaften gelten solche Aktiengesellschaften, deren Aktionär eine einzelne natürliche Person ist oder deren Aktionäre natürliche Personen sind, die untereinander im Sinne von § 15 Abs. 1 N r . 2 bis 8, Abs. 2 der Abgabenordnung verwandt oder verschwägert sind. Macht eine Familiengesellschaft von der Befugnis nach Satz 1 Gebrauch, so kann jeder Aktionär verlangen, daß ihm in der Hauptversammlung über den Jahresabschluß die Gewinnund Verlustrechnung in der F o r m vorgelegt wird, die sie ohne Anwendung des Satzes 1 hätte. (254)
Auszug aus dem Aktiengesetz (Goerdeler/Müller)
§ 42 Anh. I
§ 158 AktG Vorschriften zu einzelnen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung (1) Bei Unternehmen, deren Geschäftszweig in der Erzeugung oder Fertigung von Gegenständen oder im Vertrieb von Waren besteht, sind als Umsatzerlöse nur die Erlöse aus der Erzeugung, Fertigung oder Lieferung dieser Gegenstände oder Waren auszuweisen. (2) Die Umsatzerlöse sind nach Abzug von Preisnachlässen und zurückgewährten Entgelten auszuweisen; andere Beträge dürfen nicht abgesetzt werden. (3) Von dem Ertrag aus einem Gewinnabführungs- oder Teilgewinnabführungsvertrag ist ein vertraglich zu leistender Ausgleich für außenstehende Gesellschafter abzusetzen; übersteigt dieser den Ertrag, so ist der übersteigende Betrag unter den Aufwendungen aus Verlustübernahme (§ 157 Abs. 1 N r . 25) auszuweisen. Andere Beträge dürfen nicht abgesetzt werden. (4) Als Steuern sind die Beträge auszuweisen, die die Gesellschaft als Steuerschuldner zu entrichten hat. (5) Einstellungen in die gesetzliche Rücklage nach § 150 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 oder § 237 Abs. 5 sind nicht als Beträge auszuweisen, die nach Gesetz oder Satzung aus dem Jahresüberschuß in die gesetzliche Rücklage einzustellen sind. (6) Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil (§ 152 Abs. 5) sind in einem zwischen den Posten Nummer 13 und Nummer 14, Einstellungen in Sonderposten mit Rücklageanteil in einem zwischen den Posten Nummer 25 und Nummer 26 einzufügenden Posten gesondert auszuweisen. § 160 AktG Inhalt des Geschäftsberichts (1) Im Geschäftsbericht sind der G«schäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft darzulegen. Zu berichten ist auch über Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluß des Geschäftsjahrs eingetreten sind. (2) Im Geschäftsbericht ist ferner der Jahresabschluß zu erläutern. Dabei sind die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden so vollständig anzugeben, wie es zur Vermittlung eines möglichst sicheren Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft erforderlich ist; auf die Angabe dieser Methoden im Geschäftsbericht für ein früheres Geschäftsjahr, das nicht weiter zurückliegt als das dritte vorausgegangene Geschäftsjahr, kann Bezug genommen werden. In jedem Geschäftsbericht sind zu den einzelnen Posten des Anlagevermögens die Abschreibungen und Wertberichtigungen anzugeben, die auf Zugänge des Geschäftsjahrs gemacht worden sind. In jedem Geschäftsbericht sind ferner Abweichungen des Jahresabschlusses von dem letzten Jahresabschluß, die die Vergleichbarkeit mit dem letzten Jahresabschluß beeinträchtigen, namentlich wesentliche Änderungen der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich der Vornahme außerplanmäßiger Abschreibungen oder Wertberichtigungen zu erörtern; dabei brauchen Einzelheiten nicht angegeben zu werden. Wird infolge von Änderungen der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich der Vornahme außerplanmäßiger Abschreibungen oder Wertberichtigungen ein Jahresüberschuß oder Jahresfehlbetrag ausgewiesen, der um mehr als zehn vom Hundert unter oder über dem Betrag liegt, der ohne die Änderung auszuweisen wäre, so ist der Unterschiedsbetrag anzugeben, wenn er einhalb vom Hundert des Grundkapitals übersteigt. (3) In jedem Geschäftsbericht sind Angaben zu machen über 1. Bestand und Zugang an Aktien, die ein Aktionär für Rechnung der Gesellschaft oder eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmens oder ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen als Gründer oder Zeichner oder in Ausübung eines bei einer bedingten Kapitalerhöhung eingeräumten Umtausch- oder Bezugsrechts übernommen hat; sind solche Aktien im Geschäftsjahr verwertet worden, so ist auch über die Verwertung unter Angabe des Erlöses und die Verwendung, des Erlöses zu berichten; 2. Bestand an eigenen Aktien der Gesellschaft, die sie, ein abhängiges oder im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehendes Unternehmen oder ein anderer für Rechnung der Gesellschaft (255)
§ 4 2 Anh. I
3. 4. 5. 6. 7. 8.
9.
10.
11.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
oder eines abhängigen oder eines im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehenden Unternehmens erworben oder als Pfand genommen hat; sind solche Aktien im Geschäftsjahr erworben oder veräußert worden, so ist auch über den Erwerb oder die Veräußerung unter Angabe des Erwerbs- oder Veräußerungspreises und über die Verwendung des Erlöses zu berichten; das Bestehen einer wechselseitigen Beteiligung unter Angabe des Unternehmens; Aktien, die bei bedingter Kapitalerhöhung im Geschäftsjahr bezogen worden sind; das genehmigte Kapital; Genußrechte, Rechte aus Besserungsscheinen und ähnliche Rechte unter Angabe der im Geschäftsjahr neu entstandenen; aus der Jahresbilanz nicht ersichtliche Haftungsverhältnisse einschließlich der Bestellung von Sicherheiten für eigene Verbindlichkeiten; die Gesamtbezüge (Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art) der Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats und eines Beirats oder einer ähnlichen Einrichtung jeweils gesondert unter Bezeichnung der einzelnen Einrichtung. In die Gesamtbezüge einzurechnen, die nicht ausgezahlt, sondern in Ansprüche anderer Art umgewandelt oder zur Erhöhung anderer Ansprüche verwandt werden. Außer den Bezügen für das Geschäftsjahr sind die weiteren Bezüge anzugeben, die im Geschäftsjahr gewährt, bisher aber in keinem Geschäftsbericht angegeben worden sind. Erhalten Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft von verbundenen Unternehmen für ihre Tätigkeit für die Gesellschaft oder für ihre Tätigkeit als gesetzliche Vertreter oder Angestellte der verbundenen Unternehmen Bezüge, so sind die Bezüge gesondert anzugeben; die Gesamtbezüge (Abfindungen, Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und Leistungen verwandter Art) der früheren Mitglieder des Vorstands und ihrer Hinterbliebenen. Nummer 8 Satz 2 und 3 gilt sinngemäß. Erhalten frühere Mitglieder des Vorstands der Gesellschaft oder ihre Hinterbliebenen auch von verbundenen Unternehmen Abfindungen oder Ruhegehälter, so sind diese Bezüge gesondert anzugeben; die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen mit Sitz im Inland, ferner über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können; das Bestehen einer Beteiligung an der Gesellschaft, die ihr nach § 20 Abs. 1 oder 4 mitgeteilt worden ist; dabei ist anzugeben, wem die Beteiligung gehört und ob sie den vierten Teil aller Aktien der Gesellschaft übersteigt oder eine Mehrheitsbeteiligung (§ 16 Abs. 1) ist.
(4) D e r Bericht hat den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. Die Berichterstattung hat insoweit zu unterbleiben, wie es für das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder erforderlich ist. Bei der Berichterstattung nach A b s a t z 3 N r . 7 und 10 brauchen Einzelheiten insoweit nicht angegeben zu werden, als nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung damit gerechnet werden muß, daß durch die Angaben der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen erhebliche Nachteile entstehen. Werden auf G r u n d von Satz 3 Angaben nicht gemacht, so ist im Geschäftsbericht unter Anführung der N u m m e r , nach der sie erforderlich sind, anzugeben, daß für Angaben nach dieser Nummer von der Schutzklausel nach Satz 3 Gebrauch gemacht worden ist. (5) Im Geschäftsbericht sind alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, auch die im Geschäftsjahr oder nachher ausgeschiedenen, mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, seine Stellvertreter und ein etwaiger Vorsitzender des Vorstands sind als solche zu bezeichnen.
(256)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . II
A N H A N G II Vierte Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (78/660/EWG) I. Text der Richtlinie (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 222 vom 14. 8. 1978 Seite 11; die Richtlinie ist am 1. 8. 1978 der Deutschen Bundesregierung notifiziert) Der Rat der europäischen Gemeinschaften — gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g), auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments1), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses2), in Erwägung nachstehender Gründe: Der Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gliederung und den Inhalt des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie über die Bewertungsmethoden und die Offenlegung dieser Unterlagen, insbesondere bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, kommt im Hinblick auf den Schutz der Gesellschafter sowie Dritter besondere Bedeutung zu. Eine gleichzeitige Koordinierung auf diesen Gebieten ist bei den vorgenannten Gesellschaftsformen deswegen erforderlich, weil die Tätigkeit der betreffenden Gesellschaften einerseits häufig über das nationale Hoheitsgebiet hinausreicht und die Gesellschaften andererseits Dritten eine Sicherheit nur durch ihr Gesellschaftsvermögen bieten. Die Notwendigkeit und die Dringlichkeit einer solchen Koordinierung wurden im übrigen durch Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f) der Richtlinie 68/151/EWG 3 ) anerkannt und bestätigt. Außerdem ist es erforderlich, daß hinsichtlich des Umfangs der zu veröffentlichenden finanziellen Angaben in der Gemeinschaft gleichwertige rechtliche Mindestbedingungen für miteinander im Wettbewerb stehende Gesellschaften hergestellt werden. Der Jahresabschluß muß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln. Zu diesem Zweck müssen für die Aufstellung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung zwingend vorgeschriebene Gliederungsschemata vorgesehen und muß der Mindestinhalt des Anhangs sowie des Lageberichts festgelegt werden. Jedoch können für bestimmte Gesellschaften wegen ihrer geringeren wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung Ausnahmen zugelassen werden. Die verschiedenen Bewertungsmethoden müssen, soweit erforderlich, vereinheitlicht werden, um die Vergleichbarkeit und die Gleichwertigkeit der in den Jahresabschlüssen gemachten Angaben zu gewährleisten. Der Jahresabschluß aller Gesellschaften, für die diese Richtlinie gilt, muß gemäß der Richtlinie 68/151/EWG offengelegt werden. Jedoch können auch in dieser Hinsicht Ausnahmen zugunsten kleiner und mittlerer Gesellschaften gemacht werden. Der Jahresabschluß muß von dazu befugten Personen geprüft werden; hinsichtlich dieser Person werden die für ihre Befähigung zu verlangenden Mindestanforderungen zu einem späteren Zeit») ABl. Nr. C 129 vom 11. 12. 1972, S. 38. ) ABl. Nr. C 39 vom 7. 6. 1973, S. 31. 3 ) ABl. Nr. L 65 vom 14. 3. 1968, S. 8. 2
(257)
§ 4 2 A n h . II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
punkt koordiniert werden; lediglich bei kleinen Gesellschaften soll eine Befreiung von dieser Prüfungspflicht möglich sein. Gehört eine Gesellschaft zu einem Konzern, so ist es wünschenswert, daß der Konzernabschluß, der ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Tätigkeit des Konzerns insgesamt vermittelt, offengelegt wird. Jedoch sind bis zum Inkrafttreten der Richtlinie des Rates über die Konzernabschlüsse Ausnahmen von einzelnen Bestimmungen der vorliegenden Richtlinien notwendig. Um den Schwierigkeiten zu begegnen, die sich aus den gegenwärtigen Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten ergeben, muß die Frist, die für die Anwendung einzelner Bestimmungen dieser Richtlinie eingeräumt wird, länger sein als die in solchen Fällen sonst vorgesehene Frist — hat folgende Richtlinie erlassen: Artikel 1 (1) Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Maßnahmen der Koordinierung gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Gesellschaften folgender Rechtsformen: — in der Bundesrepublik Deutschland: die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung; — in Belgien: la société anonyme / de naamloze vennootschap, la société en commandite par actions / de commanditaire vennootschap op aandelen, la société de personnes à responsabilité limitée / de personenvennootschap met beperkte aansprakelijkheid; — in Dänemark: aktieselskaber, kommanditaktieselskaber, anpartsselskaber; — in Frankreich: la société anonyme, la société en commandite par actions, la société à responsabilité limitée; — in Irland: public companies limited by shares or by guarantee, private companies limited by shares or by guarantee; — in Italien: la società per azioni, la società in accomandita per azioni, la società a responsabilità limitata; — in Luxemburg: la société anonyme, la société en commandite par actions, la société à responsabilité limitée; — in den Niederlanden: de naamloze vennootschap, de besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid; — im Vereinigten Königreich: public companies limited by shares or by guarantee, private companies limited by shares or by guarantee. (2) Bis zu einer späteren Koordinierung können die Mitgliedstaaten von einer Anwendung dieser Richtlinie auf Banken und andere Finanzinstitute sowie auf Versicherungsgesellschaften absehen. Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften Artikel 2 (1) Der Jahresabschluß besteht aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang zum Jahresabschluß. Diese Unterlagen bilden eine Einheit. (2) Der Jahresabschluß ist klar und übersichtlich aufzustellen; er muß dieser Richtlinie entsprechen. (258)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . II
(3) Der Jahresabschluß hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln. (4) Reicht die Anwendung dieser Richtlinie nicht aus, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatzes 3 zu vermitteln, so sind zusätzliche Angaben zu machen. (5) Ist in Ausnahmefällen die Anwendung einer Vorschrift dieser Richtlinie mit der in Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtung unvereinbar, so muß von der betreffenden Vorschrift abgewichen werden, um sicherzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatzes 3 vermittelt wird. Die Abweichung ist im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen; ihr Einfluß auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist darzulegen. Die Mitgliedstaaten können die Ausnahmefälle bezeichnen und die entsprechende Ausnahmeregelung fesdegen. (6) Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, daß in dem Jahresabschluß neben den Angaben, die aufgrund dieser Richtlinie erforderlich sind, weitere Angaben gemacht werden. Abschnitt 2 Allgemeine Vorschriften über die Bilanz und die Gewinn- und Veriustrechnung Artikel 3 Hinsichtlich der Gliederung der aufeinanderfolgenden Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen, insbesondere in der Wahl der Darstellungsform, muß Stetigkeit gewahrt werden. Abweichungen von diesem Grundsatz sind in Ausnahmefällen zulässig. Finden derartige Abweichungen statt, so sind sie im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen. Artikel 4 (1) In der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung sind die Posten, die in den Artikeln 9, 10 und 23 bis 26 vorgesehen sind, gesondert und in der angegebenen Reihenfolge auszuweisen. Eine weitere Untergliederung der Posten ist gestattet; dabei ist jedoch die Gliederung der Schemata zu beachten. Neue Posten dürfen hinzugefügt werden, soweit ihr Inhalt nicht von einem der in den Schemata vorgesehenen Posten gedeckt wird. Die Mitgliedstaaten können eine solche weitere Untergliederung oder die Hinzufügung eines neuen Postens vorschreiben. (2) Eine Anpassung der Gliederung, Nomenklatur und Terminologie bei mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung muß erfolgen, wenn dies aufgrund der Besonderheit des Unternehmens erforderlich ist. Eine solche Anpassung kann von den Mitgliedstaaten für die Unternehmen eines bestimmten Wirtschaftszweigs vorgeschrieben werden. (3) Die mit arabischen Zahlen versehenen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung können zusammengefaßt ausgewiesen werden, a) wenn sie in bezug auf die Zielsetzung des Artikels 2 Absatz 3 einen nicht nennenswerten Betrag darstellen oder b) wenn dadurch die Klarheit vergrößert wird; die zusammengefaßten Posten müssen jedoch gesondert im Anhang ausgewiesen werden. Eine solche Zusammenfassung kann durch die Mitgliedstaaten vorgeschrieben werden. (4) In der Bilanz sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung ist zu jedem Posten die entsprechende Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres anzugeben. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die Zahl des vorhergehenden Geschäftsjahres angepaßt werden muß, wenn diese Zahlen nicht vergleichbar sind. Besteht diese Vergleichbarkeit nicht und werden die Zahlen gegebenenfalls angepaßt, so ist dies im Anhang anzugeben und hinreichend zu erläutern. (5) Ein Posten der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung, der keine Zahl aufweist, wird nicht aufgeführt, es sei denn, daß im vorhergehenden Geschäftsjahr eine entsprechende Zahl gemäß Absatz 4 ausgewiesen wurde. (259)
§ 4 2 A n h . II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung Artikel 5
(1) Die Mitgliedstaaten können abweichend von Artikel 4 Absätze 1 und 2 Sondergliederungen für den Jahresabschluß von Investmentgesellschaften sowie von Beteiligungsgesellschaften vorsehen, sofern diese Sondergliederungen ein dem Artikel 2 Absatz 3 entsprechendes Bild von diesen Gesellschaften vermitteln. (2) Als Investmentgesellschaften im Sinne dieser Richtlinie gelten ausschließlich a) Gesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, ihre Mittel in Wertpapieren oder Immobilien verschiedener Art oder in anderen Werten anzulegen mit dem einzigen Ziel, das Risiko der Investitionen zu verteilen und ihre Aktionäre oder Gesellschafter an dem Gewinn aus der Verwaltung ihres Vermögens zu beteiligen; b) Gesellschaften, die mit Investmentgesellschaften verbunden sind, die ein festes Kapital haben, sofern der einzige Zweck dieser verbundenen Gesellschaften darin besteht, voll eingezahlte Aktien, die von diesen Investmentgesellschaften ausgegeben worden sind, zu erwerben, unbeschadet des Artikels 20 Absatz 1 Buchstabe h) der Richtlinie 77/91/EWG 1 ). (3) Als Beteiligungsgesellschaften im Sinne dieser Richtlinie gelten ausschließlich Gesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen wahrzunehmen, ohne daß diese Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen eingreifen, unbeschadet der Rechte, die den Beteiligungsgesellschaften in ihrer Eigenschaft als Aktionärin oder Gesellschafterin zustehen. Die Einhaltung der für die Tätigkeit dieser Gesellschaften bestehenden Beschränkungen muß durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde überwacht werden können. Artikel 6 Die Mitgliedstaaten können gestatten oder vorschreiben, daß die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für den Ausweis der Verwendung der Ergebnisse angepaßt werden kann. Artikel 7 Eine Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten sowie zwischen Aufwands- und Ertragsposten ist unzulässig.
Abschnitt 3 Gliederung der Bilanz Artikel 8 F ü r die Aufstellung der Bilanz sehen die Mitgliedstaaten eine oder beide der in den Artikeln 9 und 10 vorgesehenen Gliederungen vor. Sieht ein Mitgliedstaat beide Gliederungen vor, so kann er den Gesellschaften die Wahl zwischen diesen Gliederungen überlassen.
Artikel 9 Aktiva A . Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital davon eingefordert (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals auf der Passivseite vorsehen. In diesem Fall muß derjenige Teil des Kapitals, der eingefordert aber noch nicht eingezahlt ist, entweder unter dem Posten A oder unter dem Posten D . II. 5 auf der Aktivseite ausgewiesen werden). ') A B l . N r . L 26 vom 31. 1. 1977, S. 1. (260)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . II
B. Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens wie in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt und soweit diese eine Aktivierung gestatten. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können ebenfalls vorsehen, daß die Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens als erster Posten unter „Immaterielle Anlagewerte" ausgewiesen werden. C. Anlagevermögen I. Immaterielle Anlagewerte 1. Forschungs- und Entwicklungskosten, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten; 2. Konzessionen, Patente, Lizenzen, Warenzeichen und ähnliche Rechte und Werte, soweit sie a) entgeltlich erworben wurden und nicht unter dem Posten C. I. 3 auszuweisen sind oder b) von dem Unternehmen selbst erstellt wurden, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten; 3. Geschäfts- oder Firmenwert, sofern er entgeltlich erworben wurde; 4. Geleistete Anzahlungen. II. Sachanlagen 1. Grundstücke und Bauten. 2. Technische Anlagen und Maschinen. 3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung. 4. Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. III. Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen. 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3. Beteiligungen. 4. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 5. Wertpapiere des Anlagevermögens. 6. Sonstige Ausleihungen. 7. Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten. D. Umlaufvermögen I. Vorräte 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. 2. Unfertige Erzeugnisse. 3. Fertige Erzeugnisse und Waren. 4. Geleistete Anzahlungen. II. Forderungen (Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert anzugeben, in welcher Höhe Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind) 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4. Sonstige Forderungen. 5. Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter dem Posten A. auf der Aktivseite vorsehen). 6. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten E. auf der Aktivseite vorsehen). III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen. (261)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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2. Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten. 3. Sonstige Wertpapiere. IV. Guthaben bei Kreditinstituten, Postscheckguthaben, Schecks und Kassenbestand. E. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter den Posten D. II. 6 auf der Aktivseite vorsehen). F . Verlust des Geschäftsjahres (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis unter dem Posten A.VI auf der Passivseite vorsehen). Passiva A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter diesem Posten vorsehen. In diesem Fall müssen das gezeichnete und das eingezahlte Kapital gesondert ausgewiesen werden). II. Agio III. Neubewertungsrücklage IV. Rücklagen 1. Gesetzliche Rücklage, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben. 2. Rücklage für eigene Aktien oder Anteile, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben, unbeschadet des Artikels 22 Absatz 1 Buchstabe b) der Richtlinie 77/91/EWG. 3. Satzungsmäßige Rücklagen. 4. Sonstige Rücklagen. V. Ergebnisvortrag VI. Ergebnis des Geschäftsjahres (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis dieses Postens unter dem Posten F auf der Aktivseite oder unter dem Posten E auf der Passivseite vorschreiben). B . Rückstellungen 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen. 2. Steuerrückstellungen. 3. Sonstige Rückstellungen. C . Verbindlichkeiten (Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert und für diese Posten insgesamt anzugeben, in welcher Höhe Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr und Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind): 1. Anleihen, davon konvertibel. 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit diese nicht von dem Posten Vorräte offen abgesetzt werden. 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5. Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 8. Sonstige Verbindlichkeiten, davon Verbindlichkeiten aus Steuern und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit. (262)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . II
9. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten D. auf der Passivseite vorsehen). D. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten C. 9 auf der Passivseite vorsehen). E. Gewinn des Geschäftsjahres (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis unter dem Posten A.VI auf der Passivseite vorsehen). Artikel 10 A. Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital davon eingefordert (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter dem Posten L. vorsehen. In diesem Fall muß derjenige Teil des Kapitals, der eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist, entweder unter dem Posten A. oder unter dem Posten D. II. 5 ausgewiesen werden). B. Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens wie in den entsprechenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt und soweit diese eine Aktivierung gestatten. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können ebenfalls vorsehen, daß die Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens als erster Posten unter „Immaterielle Anlagewerte" ausgewiesen werden. C. Anlagevermögen I. Immaterielle Anlagewerte 1. Forschungs- und Entwicklungskosten, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 2. Konzessionen, Patente, Lizenzen, Warenzeichen und ähnliche Rechte und Werte, soweit sie a) entgeltlich erworben wurden und nicht unter dem Posten C. I. 3 auszuweisen sind oder b) von dem Unternehmen selbst erstellt wurden, soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung gestatten. 3. Geschäfts- oder Firmenwert, sofern er entgeltlich erworben wurde. 4. Geleistete Anzahlungen. II. Sachanlagen 1. Grundstücke und Bauten. 2. Technische Anlagen und Maschinen. 3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung. 4. Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau. III. Finanzanlagen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen. 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3. Beteiligungen. 4. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 5. Wertpapiere des Anlagevermögens. 6. Sonstige Ausleihungen. 7. Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Weites), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten. D. Umlaufvermögen I. Vorräte 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. 2. Unfertige Erzeugnisse. (263)
§ 4 2 Anh. II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
3. Fertige Erzeugnisse und Waren. 4. Geleistete Anzahlungen. II. Forderungen (Bei den folgenden Posten ist jeweils gesondert anzugeben, in welcher Höhe Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr enthalten sind) 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. 2. Forderungen gegen verbundene Unternehmen. 3. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 4. Sonstige Forderungen. 5. Gezeichnetes Kapital, das eingefordert, aber noch nicht eingezahlt ist (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter dem Posten A. vorsehen). 6. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten E. vorsehen). III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen. 2. Eigene Aktien oder Anteile (unter Angabe ihres Nennbetrages oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes), soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bilanzierung gestatten. 3. Sonstige Wertpapiere. IV. Guthaben bei Kreditinstitute, Postscheckguthaben, Schecks und Kassenbestand. E.
Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten D . II. 6 vorsehen)
F . Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr 1. Anleihen, davon konvertibel. 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit diese nicht von dem Posten Vorräte offen abgesetzt werden. 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5. Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. 8. Sonstige Verbindlichkeiten, davon Verbindlichkeiten aus Steuern und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit. 9. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten K. vorsehen). G . Umlaufvermögen (einschließlich der Rechnungsabgrenzungsposten, sofern unter Posten E angegeben), das die Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr (einschließlich der Rechnungsabgrenzungsposten, sofern unter Posten K angegeben) übersteigt. H . Gesamtbetrag des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr. I. Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von über einem Jahr. 1. Anleihen, davon konvertibel. 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. 3. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, soweit sie nicht von den Vorräten gesondert abgezogen werden. 4. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. 5. Verbindlichkeiten aus Wechseln. 6. Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. 7. Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. (264)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . II
8. Sonstige Verbindlichkeiten, davon Verbindlichkeiten aus Steuern und Verbindlichkeiten im Rahmen der sozialen Sicherheit. 9. Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten K. vorsehen). J . Rückstellungen 1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen. 2. Steuerrückstellungen. 3. Sonstige Rückstellungen. K . Rechnungsabgrenzungsposten (sofern nicht die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten unter dem Posten F. 9 oder I. 9 vorsehen) L. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital (sofern nicht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften den Ausweis des eingeforderten Kapitals unter diesem Posten vorsehen. In diesem Fall müssen das gezeichnete und das eingezahlte Kapital gesondert ausgewiesen werden). II. Agio III. Neubewertungsrücklage IV. Rücklagen 1. Gesetzliche Rücklage, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben. 2. Rücklage für eigene Aktien oder Anteile, soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften die Bildung einer derartigen Rücklage vorschreiben, unbeschadet des Artikels 22 Absatz 1 Buchstabe b) der Richtlinie 77/91/EWG. 3. Satzungsmäßige Rücklagen. 4. Sonstige Rücklagen. V. Ergebnisvortrag VI. Ergebnis des Geschäftsjahres Artikel 11 Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß Gesellschaften, bei denen am Bilanzstichtag die Grenzen von zwei der drei folgenden Größenmerkmale, nämlich -
Bilanzsumme: 1000000 E R E ; Nettoumsatzerlöse: 2000000 E R E ; durchschnittliche Anzahl der während des Geschäftsjahrs Beschäftigten: 50,
nicht überschritten werden, eine verkürzte Bilanz aufstellen, in die nur die den Artikel 9 und 10 vorgesehenen mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten aufgenommen werden, wobei die bei dem Posten D . II der Aktiva und dem Posten C . der Passiva des Artikels 9 sowie bei dem Posten D . II des Artikels 10 in Klammern verlangten Angaben gesondert, jedoch zusammengefaßt für jeden betroffenen Posten, zu machen sind. Artikel 12 (1) Uberschreitet eine Gesellschaft zum Bilanzstichtag die Grenzen von zwei der drei in Artikel 11 genannten Größenmerkmale oder überschreitet sie diese nicht mehr, so wirken sich diese Umstände auf die Anwendung der in dem genannten Artikel vorgesehenen Ausnahmen nur dann aus, wenn sie während zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren fortbestanden haben. (2) Bei der Umrechnung in nationale Währungen darf von den in Artikel 11 genannten und in Europäischen Rechnungseinheiten ausgedrückten Beträgen nur um höchstens 10% nach oben abgewichen werden. (3) Die in Artikel 11 bezeichnete Bilanzsumme setzt sich bei der Gliederung nach Artikel 9 aus den Posten A. bis E. der Aktiva und bei der Gliederung nach Artikel 10 aus den Posten A. bis E. zusammen. (265)
§ 4 2 A n h . II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung Artikel 13
(1) Fällt ein Vermögensgegenstand auf der Aktiv- oder Passivseite unter mehrere Posten des Gliederungsschemas, so ist die Mitzugehörigkeit zu den anderen Posten bei dem Posten, unter dem er ausgewiesen wird, oder im Anhang zu vermerken, wenn eine solche Angabe zur Aufstellung eines klaren und übersichtlichen Jahresabschlusses nötig ist. (2) Eigene Aktien und Anteile sowie Anteile an verbundenen Unternehmen dürfen nur unter den dafür vorgesehenen Posten ausgewiesen werden. Artikel 14 Unter der Bilanz oder im Anhang sind, sofern sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind, alle Garantieverpflichtungen, gegliedert nach den Garantiearten, die die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorsehen, und unter Angabe der gewährten dinglichen Sicherheiten anzugeben. Bestehen die Garantieverpflichtungen gegenüber verbundenen Unternehmen, so ist dies gesondert anzugeben.
Abschnitt 4 Vorschriften zu einzelnen Posten der Bilanz Artikel 15 (1) Für die Zuordnung der Vermögenswerte zum Anlage- oder Umlaufvermögen ist ihre Zweckbestimmung maßgebend. (2) Das Anlagevermögen umfaßt die Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. (3) a) Die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens ist in der Bilanz oder im Anhang darzustellen. Dabei müssen, ausgehend von den Anschaffungs- odr Herstellungskosten, die Zu- und Abgänge sowie die Umbuchungen in dem Geschäftsjahr die bis zum Bilanzstichtag vorgenommenen Wertberichtigungen sowie die Zuschreibungen von Wertberichtigungen früherer Geschäftsjahre für jeden Posten des Anlagevermögens gesondert aufgeführt werden. Die Wertberichtigungen sind entweder in der Bilanz von dem betreffenden Posten offen abgesetzt oder im Anhang auszuweisen. b) Wenn zum Zeitpunkt der erstmals nach dieser Richtlinie vorgenommenen Aufstellung des Jahresabschlusses die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gegenstandes des Anlagevermögens nicht ohne ungerechtfertigte Kosten oder Verzögerungen festgestellt werden können, kann der Restbuchwert am Anfang des Geschäftsjahres als Anschaffungs- oder Herstellungskosten betrachtet werden. Die Anwendung dieses Buchstabens b) ist im Anhang zu erwähnen. c) Bei Anwendung von Artikel 33 ist der durch Buchstabe a) dieses Absatzes vorgeschriebene Ausweis der Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens aufgrund der neu bewerteten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. (4) Die Vorschriften des Absatzes 3 Buchstaben a) und b) gelten entsprechend für die Darstellung des Postens „Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens". Artikel 16 Unter dem Posten „Grundstücke und Bauten" sind Rechte an Grundstücken sowie grundstücksgleiche Rechte auszuweisen, wie sie das nationale Recht festlegt. Artikel 17 Beteiligungen im Sinne dieser Richtlinie sind Anteile an anderen Unternehmen, die dazu bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstellung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen; dabei ist es gleichgültig, ob die Anteile in Wertpapieren verbrieft (266)
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§ 4 2 A n h . II
sind oder nicht. Es wird eine Beteiligung an einer anderen Gesellschaft vermutet, wenn der Anteil an ihrem Kapital über einem Vomhundertsatz liegt, der von den Mitgliedstaaten auf höchstens 20% festgesetzt werden darf. Artikel 18 Als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite sind Ausgaben vor dem Abschlußstichtag auszuweisen, soweit die Aufwendungen für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, sowie Erträge, die erst nach dem Abschlußstichtag fällig werden. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, daß diese Erträge unter den Forderungen ausgewiesen werden; erreichen sie einen größeren Umfang, so müssen sie im Anhang näher erläutert werden. Artikel 19 Wertberichtigungen beinhalten alle Wertänderungen von Vermögensgegenständen; sie dienen der Berücksichtigung endgültiger oder nicht endgültiger Wertminderungen, welche am Bilanzstichtag festgestellt werden. Artikel 20 (1) Als Rückstellungen sind ihrer Eigenart nach genau umschriebene Verluste oder Verbindlichkeiten auszuweisen, die am Bilanzstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer H ö h e oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. (2) Die Mitgliedstaaten können außerdem die Bildung von Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen zulassen, die am Bilanzstichtag als wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer H ö h e oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. (3) Rückstellungen dürfen keine Wertberichtigungen zu Aktivposten darstellen. Artikel 21 Als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite sind Einnahmen vor dem Abschlußstichtag auszuweisen, soweit sie Erträge für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, sowie Aufwendungen vor dem Abschlußstichtag, welche erst nach diesem Tag zu Ausgaben führen. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, daß diese Aufwendungen unter den Verbindlichkeiten ausgewiesen werden; erreichen sie einen größeren Umfang, so müssen sie im Anhang näher erläutert werden.
Abschnitt 5 Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung Artikel 22 Für die Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung sehen die Mitgliedstaaten eine oder mehrere der in den Artikeln 23 bis 26 aufgeführten Gliederungen vor. Sieht ein Mitgliedstaat mehrere Gliederungen vor, so kann er den Gesellschaften die Wahl zwischen diesen Gliederungen überlassen. Artikel 23 1. 2. 3. 4. 5.
Nettoumsatzerlöse, Veränderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. Andere aktivierte Eigenleistungen. Sonstige betriebliche Erträge. a) Materialaufwand. b) Sonstige externe Aufwendungen. 6. Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter. b) Soziale Aufwendungen, davon für Altersversorgung. (267)
§ 4 2 A n h . II
3. A b s c h n i t t : Vertretung u n d G e s c h ä f t s f ü h r u n g
7. a) Wertberichtigungen zu Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens und zu Sachanlagen und immateriellen Anlagewerten, b) Wertberichtigungen zu Gegenständen des Umlaufvermögens, soweit diese die in dem Unternehmen üblichen Wertberichtigungen überschreiten. 8. Sonstige betriebliche Aufwendungen. 9. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen. 10. Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen. 11. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. 12. Wertberichtigungen zu Finanzanlagen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens. 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon betreffend verbundene Unternehmen. 14. Steuern auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit. 15. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. 16. Außerordentliche Erträge. 17. Außerordentliche Aufwendungen. 18. Außerordentliches Ergebnis. 19. Steuern auf das außerordentliche Ergebnis. 20. Sonstige Steuern, soweit nicht unter obigen Posten enthalten. 21. Ergebnis des Geschäftsjahres.
Artikel 24 A . Aufwendungen 1. Verringerung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. 2. a) Materialaufwand. b) Sonstige externe Aufwendungen. 3. Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter. b) Soziale Aufwendungen, davon für Altersversorgung. 4. a) Wertberichtigungen zu Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens und zu Sachanlagen und immateriellen Anlagewerten, b) Wertberichtigungen zu Gegenständen des Umlaufvermögens, soweit diese die in den Unternehmen üblichen Wertberichtigungen überschreiten. 5. Sonstige betriebliche Aufwendungen. 6. Wertberichtigungen zu Finanzanlagen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens. 7. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen. 8. Steuern auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit. 9. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. 10. Außerordentliche Aufwendungen. 11. Steuern auf das außerordentliche Ergebnis. 12. Sonstige Steuern, soweit nicht unter obigen Posten enthalten. 13. Ergebnis des Geschäftsjahres. B . Erträge 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Nettoumsatzerlöse. Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen. Andere aktivierte Eigenleistungen. Sonstige betriebliche Erträge. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen. Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. Außerordentliche Erträge. Ergebnis des Geschäftsjahres. (268)
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§ 4 2 Anh. II
Artikel 25 1. Nettoumsatzerlöse. 2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (einschließlich der Wertberichtigungen). 3. Bruttoergebnis vom Umsatz. 4. Vertriebskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 5. Allgemeine Verwaltungskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 6. Sonstige betriebliche Erträge. 7. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen. 8. Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen. 9. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. 10. Wertberichtigungen zu Finanzanlagen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens. 11. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen. 12. Steuern auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit. 13. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. 14. Außerordentliche Erträge. 15. Außerordentliche Aufwendungen. 16. Außerordentliches Ergebnis. 17. Steuern auf das außerordentliche Ergebnis. 18. Sonstige Steuern, soweit nicht unter obigen Posten enthalten. 19. Ergebnis des Geschäftsjahres. Artikel 26 A. Aufwendungen 1. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen (einschließlich der Wertberichtigungen). 2. Vertriebskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 3. Allgemeine Verwaltungskosten (einschließlich der Wertberichtigungen). 4. Wertberichtigungen zu Finanzanlagen und zu Wertpapieren des Umlaufvermögens. 5. Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen. 6. Steuern auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit. 7. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. 8. Außerordentliche Aufwendungen. 9. Steuern auf das außerordentliche Ergebnis. 10. Sonstige Steuern, soweit nicht unter obigen Posten enthalten. 11. Ergebnis des Geschäftsjahres. B . Erträge: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Nettoumsatzerlöse. Sonstige betriebliche Erträge. Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen. Erträge aus sonstigen Wertpapieren und Forderungen des Anlagevermögens, davon aus verbundenen Unternehmen. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen. Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern. Außerordentliche Erträge. Ergebnis des Geschäftsjahres. Artikel 27
Die Mitgliedstaaten können für Gesellschaften, bei denen am Bilanzstichtag die Grenzen von zwei der drei folgenden Größenmerkmale, nämlich — Bilanzsumme: 4 Millionen E R E , — Nettoumsatzerlöse: 8 Millionen E R E , — durchschnittliche Anzahl der während des Geschäftsjahres Beschäftigten: 250, (269)
§ 4 2 Anh. II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
nicht überschritten werden, folgende Abweichungen von den in den Artikeln 23 bis 26 aufgeführten Gliederungen gestatten: a) in Artikel 23: Zusammenfassung der Posten 1 bis 5 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis"; b) in Artikel 24: Zusammenfassung der Posten A . l , A.2 und B . l bis B.4 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohertrag" oder gegebenenfalls „Rohaufwand"; c) in Artikel 25: Zusammenfassung der Posten 1, 2, 3 und 6 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis"; d) in Artikel 26: Zusammenfassung der Posten A . l , B . l und B.2 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohertrag" oder gegebenfalls „Rohaufwand". Artikel 12 findet Anwendung. Abschnitt 6 Vorschriften zu einzelnen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung Artikel 28 Zu den Nettoumsatzerlösen zählen die Erlöse aus dem Verkauf von für die normale Geschäftstätigkeit der Gesellschaft typischen Erzeugnissen und der Erbringung von für die Tätigkeit der Gesellschaft typischen Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen, der Mehrwertsteuer und anderer unmittelbar auf den Umsatz bezogener Steuern.
Artikel 29 (1) Unter den Posten „Außerordentliche Erträge" und „Außerordentliche Aufwendungen" sind Erträge und Aufwendungen zu erfassen, die außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft anfallen. (2) Sind die in Absatz 1 genannten Erträge und Aufwendungen für die Beurteilung der Ertragslage nicht von untergeordneter Bedeutung, so sind sie hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art im Anhang zu erläutern. Dies gilt auch für die Erträge und Aufwendungen, die einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind. Artikel 30 Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß die Steuern auf das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit und die Steuern auf das außerordentliche Ergebnis zusammengefaßt und in der Gewinn- und Verlustrechnung unter einem Posten ausgewiesen werden, der vor dem Posten „Sonstige Steuern, soweit nicht unter obigem Posten enthalten" steht. In diesem Fall wird der Posten „Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Abzug der Steuern" in den Gliederungen der Artikel 23 bis 26 gestrichen. Wird diese Ausnahmeregelung angewandt, so müssen die Gesellschaften im Anhang angeben, in welchem Umfang die Steuern auf das Ergebnis das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit und das außerordentliche Ergebnis belasten.
Abschnitt 7 Bewertungsregeln Artikel 31 (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß für die Bewertung der Posten im Jahresabschluß folgende allgemeine Grundsätze gelten: a) Eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit wird unterstellt. b) In der Anwendung der Bewertungsmethoden soll Stetigkeit bestehen. (270)
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§ 4 2 A n h . II
c) Der Grundsatz der Vorsicht muß in jedem Fall beachtet werden. Das bedeutet insbesondere: aa) Nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne werden ausgewiesen. bb) Es müssen alle voraussehbaren Risiken und zu vermutenden Verluste berücksichtigt werden, die in dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, selbst wenn diese Risiken oder Verluste erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekanntgeworden sind, cc) Wertminderungen sind unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt. d) Aufwendungen und Erträge für das Geschäftsjahr, auf das sich der Jahresabschluß bezieht, müssen berücksichtigt werden, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Ausgabe oder Einnahme dieser Aufwendung oder Erträge. e) Die in den Aktiv- und Passivposten enthaltenen Vermögensgegenstände sind einzeln zu bewerten. f) Die Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahres muß mit der Schlußbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen. (2) Abweichungen von diesen allgemeinen Grundsätzen sind in Ausnahmefällen zulässig. Die Abweichungen sind im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen; ihr Einfluß auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist gesondert anzugeben. Artikel 32 Für die Bewertung der Posten im Jahresabschluß gelten die Artikel 34 bis 42, die die Anschaffungs- und Herstellungskosten zur Grundlage haben. Artikel 33 (1) Die Mitgliedstaaten können gegenüber der Kommision erklären, daß sie sich bis zu einer späteren Koordinierung die Möglichkeit vorbehalten, in Abweichung von Artikel 32 allen Gesellschaften oder einzelnen Gruppen von Gesellschaften zu gestatten oder vorzuschreiben: a) die Bewertung auf der Grundlage des Wiederbeschaffungswertes für Sachanlagen, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, und für Vorräte; b) die Bewertung der Posten im Jahresabschluß, einschließlich des Eigenkapitals, auf der Grundlage anderer Methoden als der unter Buchstabe a) bezeichneten Methode, die der Inflation Rechnung tragen sollen; c) die Neubewertung der Sachanlagen sowie der Finanzanlagen. Sehen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Bewertungsmethoden nach Buchstabe a), b) oder c) vor, so sind der Inhalt, der Anwendungsbereich und das Verfahren dieser Methoden festzulegen. Wird eine solche Methode angewandt, so ist dies unter Angabe der betreffenden Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der für die Berechnung der ausgewiesenen Werte angewandten Methode im Anhang zu erwähnen. (2) a) Bei Anwendung des Absatzes 1 ist der Unterschiedsbetrag, welcher sich aus der Bewertung auf der Grundlage der angewandten Methode und der Bewertung nach dem Grundsatz des Artikels 32 ergibt, auf der Passivseite unter dem Posten „Neubewertungsrücklage" auszuweisen. Die steuerliche Behandlung dieses Postens ist in der Bilanz oder im Anhang zu erläutern. Zur Anwendung des letzten Unterabsatzes von Absatz 1 veröffentlichen die Gesellschaften im Anhang insbesondere eine Übersicht, aus der bei jeder Änderung der Rücklage während des Geschäftsjahres folgendes ersichtlich ist: — der Betrag der Neubewertungsrücklage zu Beginn des Geschäftsjahres; — die Unterschiedsbeträge aus der Neubewertung, die während des Geschäftsjahres auf die Neubewertungsrücklage übertragen worden sind; — die Beträge, die während des Geschäftsjahres in Kapital umgewandelt oder auf andere Weise von der Neubewertungsrücklage übertragen worden sind, sowie die Angabe der Art einer solchen Übertragung; — der Betrag der Neubewertungsrücklage am Ende des Geschäftsjahres. (271)
§ 4 2 A n h . II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
b) D i e Neubewertungsrücklage kann jederzeit ganz oder teilweise in Kapital umgewandelt werden. c) D i e Neubewertungsrücklage ist aufzulösen, soweit die darin enthaltenen Beträge nicht mehr für die Anwendung der benutzten Bewertungsmethode und die Erfüllung ihres Zwecks erforderlich sind. D i e Mitgliedstaaten können Vorschriften über die Verwendung der Neubewertungsrücklage vorsehen, sofern Übertragungen aus der Neubewertungsrücklage auf die Gewinn- und Verlustrechnung nur insoweit vorgenommen werden dürfen, als die übertragenen Beträge zu Lasten der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht worden sind oder einen tatsächlich realisierten Gewinn darstellen. Diese Beträge sind gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. Die Neubewertungsrücklage darf, außer wenn sie einen realisierten Gewinn darstellt, weder unmittelbar noch mittelbar auch nicht zum Teil ausgeschüttet werden. d) Außer in den unter den Buchstaben b) und c) erwähnten Fällen darf die Neubewertungsrücklage nicht aufgelöst werden. (3) D i e Wertberichtigungen sind jährlich anhand des für das betreffende Geschäftsjahr zugrunde gelegten Wertes zu berechnen. Die Mitgliedstaaten können jedoch in Abweichung von den Artikeln 4 und 22 gestatten oder vorschreiben, daß nur der sich aus der Anwendung des Grundsatzes des Artikels 32 ergebende Betrag der Wertberichtigungen unter den betreffenden Posten in den Gliederungen der Artikel 23 bis 26 ausgewiesen wird und daß die Differenz, die sich aus der nach diesem Artikel vorgenommenen Bewertungsmethode ergibt, in den Gliederungen gesondert ausgewiesen wird. Im übrigen sind die Artikel 34 bis 42 entsprechend anzuwenden. (4) Bei Anwendung von Absatz 1 ist in der Bilanz oder im Anhang für jeden Posten der Bilanz, mit Ausnahme der Vorräte, nach den in den Artikeln 9 und 10 aufgeführten Gliederungen folgendes getrennt auszuweisen: a) entweder der Betrag der Bewertungen nach dem Grundsatz des Artikels 32 und der Betrag der bis zum Bilanzstichtag vorgenommenen Wertberichtigungen b) oder der sich am Bilanzstichtag ergebende Betrag aus der Differenz zwischen der Bewertung nach diesem Artikel und der Bewertung, die sich bei Anwendung des Artikels 32 ergeben würde, sowie gegebenenfalls der Betrag aus zusätzlichen Wertberichtigungen. (5) Unbeschadet von Artikel 52 nimmt der Rat auf Vorschlag der Kommission innerhalb von 7 Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie eine Prüfung und gegebenenfalls eine Änderung dieses Artikels unter Berücksichtigung der Wirtschafts- und Währungsentwicklung in der Gemeinschaft vor. Artikel 34 (1) a) Soweit die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Aktivierung der Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Unternehmens gestatten, müssen sie spätestens nach fünf Jahren abgeschrieben sein, b) Solange diese Aufwendungen nicht vollständig abgeschrieben worden sind, ist die Ausschüttung von Gewinnen verboten, es sei denn, daß die dafür verfügbaren Rücklagen und der Gewinnvortrag wenigstens so hoch wie der nicht abgeschriebene Teil dieser Aufwendungen sind. (2) D e r Inhalt des Postens „Aufwendungen für die Errichtung und Erweiterung des Untern e h m e n s " ist im Anhang zu erläutern. Artikel 35 (1) a) D i e Gegenstände des Anlagevermögens sind unbeschadet der Buchstaben b) und c) zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten, b) Bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren wirtschaftliche Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten um Wertberichtigungen zu vermindern, die so berechnet sind, daß der Wert des Vermögensgegenstandes während dieser Nutzungszeit planmäßig zur Abschreibung gelangt. (272)
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§ 4 2 A n h . II
c) aa) Bei Finanzanlagen können Wertberichtigungen vorgenommen werden, um sie mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Bilanzstichtag beizulegen ist. bb) Bei einem Gegenstand des Anlagevermögens sind ohne Rücksicht darauf, ob seine Nutzung zeitlich begrenzt ist, Wertberichtigungen vorzunehmen, um ihn mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihm am Bilanzstichtag beizulegen ist, wenn es sich voraussichtlich um eine dauernde Wertminderung handelt, cc) Die unter den Unterabsätzen aa) und bb) genannten Wertberichtigungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung aufzuführen und gesondert im Anhang anzugeben, wenn sie nicht gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen sind. dd) Der niedrigere Wertansatz nach den Unterabsätzen aa) und bb) darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe der Wertberichtigungen nicht mehr bestehen. d) Wenn bei einem Gegenstand des Anlagevermögens allein für die Anwendung von Steuervorschriften außerordentliche Wertberichtigungen vorgenommen werden, ist der Betrag dieser Wertberichtigungen im Anhang zu erwähnen und hinreichend zu begründen. (2) Zu den Anschaffungskosten gehören neben dem Einkaufspreis auch die Nebenkosten. (3) a) Zu den Herstellungskosten gehören neben den Anschaffungskosten der Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe die dem einzelnen Erzeugnis unmittelbar zurechenbaren Kosten, b) Den Herstellungskosten dürfen angemessene Teile der dem einzelnen Erzeugnis nur mittelbar zurechenbaren Kosten, welche auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, hinzugerechnet werden. (4) Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung von Gegenständen des Anlagevermögens gebraucht wird, dürfen in die Herstellungskosten einbezogen werden, sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Ihre Aktivierung ist im Anhang zu erwähnen.
Artikel 36 Die Mitgliedstaaten können abweichend von Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe c) Unterabsatz cc) den Investmentgesellschaften im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 gestatten, Wertberichtigungen bei Wertpapieren unmittelbar aus dem Eigenkapital vorzunehmen. Die betreffenden Beträge müssen auf der Passivseite der Bilanz gesondert ausgewiesen werden.
Artikel 37 (1) Artikel 34 gilt entsprechend für den Posten „Forschungs- und Entwicklungskosten". Die Mitgliedstaaten können jedoch für Ausnahmefälle Abweichungen von Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe a) gestatten. In diesem Fall können sie auch Abweichungen von Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe b) zulassen. Diese Abweichungen sind im Anhang zu erwähnen und hinreichend zu begründen. (2) Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe a) gilt entsprechend für den Posten „Geschäfts- oder Firmenwert". Die Mitgliedstaaten können jedoch Gesellschaften gestatten, ihren Geschäfts- oder Firmenwert im Verlauf eines befristeten Zeitraums von mehr als fünf Jahren planmäßig abzuschreiben, sofern dieser Zeitraum die Nutzungsdauer dieses Gegenstandes des Anlagevermögens nicht überschreitet und im Anhang erwähnt und begründet wird.
Artikel 38 Gegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die ständig ersetzt werden und deren Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, können mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, wenn ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringfügigen Veränderungen unterliegt. (273)
§ 4 2 A n h . II
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung Artikel 39
(1) a) Gegenstände des Umlaufvermögens sind unbeschadet der Buchstaben b) und c) zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. b) Bei Gegenständen des Umlaufvermögens sind Wertberichtigungen vorzunehmen, um diese Gegenstände mit dem niedrigeren Marktpreis oder in Sonderfällen mit einem anderen niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Bilanzstichtag beizulegen ist. c) Die Mitgliedstaaten können außerordentliche Wertberichtigungen gestatten, soweit diese bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Gegenstände infolge von Wertschwankungen geändert werden muß. Der Betrag dieser Wertberichtigungen ist gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang auszuweisen. d) Der niedrigere Wertansatz nach den Buchstaben b) und c) darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe der Wertberichtigungen nicht mehr bestehen. e) Werden bei einem Gegenstand des Umlaufvermögens außerordentliche Wertberichtigungen allein für die Anwendung von Steuervorschriften vorgenommen, so ist ihre Höhe im Anhang zu erwähnen und hinreichend zu begründen. (2) Für die Festellung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gilt Artikel 35 Absätze 2 und 3. Die Mitgliedstaaten können auch Artikel 35 Absatz 4 anwenden. Die Vertriebskosten dürfen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden. Artikel 40 (1) Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichartiger Gegenstände des Vorratsvermögens sowie alle beweglichen Vermögensgegenstände einschließlich der Wertpapiere nach den gewogenen Durchschnittswerten oder aufgrund des „First in — First out (Fifo)"- oder „Last in — First out (Lifo)"-Verfahrens oder eines vergleichbaren Verfahrens berechnet werden. (2) Weist am Bilanzstichtag die Bewertung in der Bilanz wegen der Anwendung der Berechnungsmethoden nach Absatz 1 im Vergleich zu einer Bewertung auf der Grundlage des letzten vor dem Bilanzstichtag bekannten Marktpreises einen beträchtlichen Unterschied auf, so ist dieser Unterschiedsbetrag im Anhang pauschal für die jweilige Gruppe auszuweisen. Artikel 41 (1) Ist der Rückzahlungsbetrag von Verbindlichkeiten höher als der erhaltene Betrag, so kann der Unterschiedsbetrag aktiviert werden. Er ist gesondert in der Bilanz oder im Anhang auszuweisen. (2) Dieser Betrag ist jährlich mit einem angemessenen Betrag und spätestens bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Verbindlichkeiten abzuschreiben. Artikel 42 Rückstellungen sind nur in Höhe des notwendigen Betrages anzusetzen. Rückstellungen, die in der Bilanz unter dem Posten „Sonstige Rückstellungen" ausgewiesen werden, sind im Anhang zu erläutern, sofern sie einen gewissen Umfang haben.
Abschnitt 8 Inhalt des Anhangs Artikel 43 (1) Im Anhang sind außer den in anderen Bestimmungen dieser Richtlinie vorgeschriebenen Angaben zumindest Angaben zu machen über: 1. die auf die verschiedenen Posten des Jahresabschlusses angewandten Bewertungsmethoden sowie die Methoden zur Berechnung der Wertberichtigungen. Für die in dem Jahresabschluß (274)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
2.
3.
4. 5. 6.
7.
§ 4 2 A n h . II
enthaltenen Werte, welche in fremder Währung lauten oder ursprünglich in fremder Währung lauteten, ist anzugeben, auf welcher Grundlage sie in Landeswährung umgerechnet worden sind; Name und Sitz der Unternehmen, bei denen die Gesellschaft entweder selbst oder durch eine im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnde Person mit mindestens einem Prozentsatz am Kapital beteiligt ist, den die Mitgliedstaaten auf höchstens 20% festsetzen dürfen, unter Angabe des Anteils am Kapital sowie der Höhe des Eigenkapitals und des Ergebnisses des letzten Geschäftsjahres, für das das betreffende Unternehmen einen Jahresabschluß festgestellt hat. Diese Angaben können unterbleiben, wenn sie in bezug auf die Zielsetzung des Artikels 2 Absatz 3 von untergeordneter Bedeutung sind. Die Angabe des Eigenkapitals und des Ergebnisses kann ebenfalls unterbleiben, wenn das betreffende Unternehmen seine Bilanz nicht veröffentlicht und es sich mittelbar oder unmittelbar zu weniger als 50% im Besitz der Gesellschaft befindet; die Zahl und den Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert der während des Geschäftsjahres im Rahmen eines genehmigten Kapitals gezeichneten Aktien, unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe e) der Richtlinie 68/151/EWG und des Artikels 2 Buchstabe c) der Richtlinie 77/91/EWG über den Betrag dieses Kapitals; sofern es mehrere Gattungen von Aktien gibt, die Zahl und den Nennbetrag oder, falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, den rechnerischen Wert für jede von ihnen; das Bestehen von Genußscheinen, Wandelschuldverschreibungen und vergleichbaren Wertpapieren oder Rechten, unter Angabe der Zahl und der Rechte, die sie verbriefen; die Höhe der Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren sowie die Höhe aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die dinglich gesichert sind, unter Angabe ihrer Art und Form. Diese Angaben sind jeweils gesondert für jeden Posten der Verbindlichkeiten gemäß den in den Artikeln 9 und 10 aufgeführten Gliederungen zu machen; den Gesamtbetrag der finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz erschienen, sofern diese Angabe für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung ist. Davon sind Pensionsverpflichtungen und Verpflichtungen gegenüber verbundenen Unternehmen gesondert zu vermerken;
8. die Aufgliederung der Nettoumsatzerlöse im Sinne des Artikels 28 nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geographisch bestimmten Märkten soweit sich, unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs von für die normale Geschäftstätigkeit der Gesellschaft typischen Erzeugnissen und der Erbringung von für die normale Geschäftstätigkeit der Gesellschaft typischen Dienstleistungen, die Tätigkeitsbereiche und geographisch bestimmten Märkte untereinander erheblich unterscheiden; 9. den durchschnittlichen Personalbestand während des Geschäftsjahres getrennt nach Gruppen, sowie, falls sie nicht gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung erscheinen, die gesamten in dem Geschäftsjahr verursachten Personalaufwendungen gemäß Artikel 23 Nummer 6; 10. das Ausmaß, in dem die Berechnung des Jahresergebnisses von einer Bewertung der Posten beeinflußt wurde, die in Abweichung von den Grundsätzen der Artikel 31 und 34 bis 42 während des Geschäftsjahres oder eines früheren Geschäftsjahres im Hinblick auf Steuererleichterungen durchgeführt wurde. Wenn eine solche Bewertung die künftige steuerliche Belastung erheblich beeinflußt, muß dies angegeben werden; 11. den Unterschied zwischen dem Steueraufwand, der dem Geschäftsjahr und den früheren Geschäftsjahren zugerechnet wird, und den für diese Geschäftsjahre gezahlten oder zu zahlenden Steuern, sofern dieser Unterschied für den künftigen Steueraufwand von Bedeutung ist. Dieser Betrag kann auch als Gesamtbetrag in der Bilanz unter einem gesonderten Posten mit entsprechender Bezeichnung ausgewiesen werden; 12. die für ihre Tätigkeit im Geschäftsjahr gewährten Bezüge der Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane sowie die entstandenen oder eingegangenen Pensionsverpflichtungen gegenüber früheren Mitgliedern der genannten Organe. Diese Angaben sind zusammengefaßt für jede dieser Personengruppen zu machen; (275)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
13. die Beträge der den Mitgliedern der Verwaltungs-, und Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane gewährten Vorschüsse und Kredite unter Angabe der Zinsen, der wesentlichen Bedingungen und der gegebenenfalls zurückgezahlten Beträge sowie die Garantieverpflichtungen zugunsten dieser Personen. Diese Angaben sind zusammengefaßt für jede dieser Personengruppen zu machen. (2) Bis zu einer späteren Koordinierung brauchen die Mitgliedstaaten Absatz 1 Nummer 2 auf Beteiligungsgesellschaften im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 nicht anzuwenden. Artikel 44 Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß die in Artikel 11 bezeichneten Gesellschaften einen verkürzten Anhang aufstellen, der die in Artikel 43 Absatz 1 Nummern 5 bis 12 verlangten Angaben nicht enthält. Jedoch sind im Anhang zusammengefaßt für alle betreffenden Posten die in Artikel 43 Absatz 1 Nummer 6 verlangten Angaben zu machen. Artikel 12 ist anzuwenden. Artikel 45 (1) Die Mitgliedstaaten können gestatten, daß die in Artikel 43 Absatz 1 Nummer 2 geforderten Angaben a) in einer Aufstellung gemacht werden, die gemäß Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 68/151 / E W G hinterlegt wird; im Anhang ist auf diese Aufstellung zu verweisen; b) nicht gemacht zu werden brauchen, soweit sie geeignet sind, einem in Artikel 43 Absatz 1 N u m m e r 2 bezeichneten Unternehmer einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Die Mitgliedstaaten können dazu die vorherige Zustimmung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts verlangen. Das Unterlassen dieser Angaben ist im Anhang zu erwähnen. (2) Absatz 1 Buchstabe b) findet ebenfalls Anwendung auf die in Artikel 43 Absatz 1 Nummer 8 geforderten Angaben. Die Mitgliedstaaten können den in Artikel 27 bezeichneten Gesellschaften gestatten, die in Artikel 43 Absatz 1 Nummer 8 geforderten Angaben nicht zu machen. Artikel 12 ist anzuwenden. Abschnitt 9 Inhalt des Lageberichts Artikel 46 (1) Der Lagebericht hat zumindest den Geschäftsverlauf und die Lage der Gesellschaft so darzustellen, daß ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild entsteht. (2) Der Lagebericht soll auch eingehen auf a) Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach Schluß des Geschäftsjahres eingetreten sind; b) die voraussichtliche Entwicklung der Gesellschaft; c) den Bereich Forschung und Entwicklung; d) die in Artikel 22 Absatz 2 der Richtlinie 77/91/EWG bezeichneten Angaben über den Erwerb eigener Aktien. Abschnitt 10 Offenlegung Artikel 47 (1) Der ordnungsgemäß gebilligte Jahresabschluß und der Lagebericht sowie der Bericht der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person sind nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG vorgesehenen Verfahren offenzulegen. D i e Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates können jedoch den Lagebericht von der genannten Offenlegung freistellen. In diesem Fall ist der Lagebericht am Sitz der Gesellschaft in (276)
Vierte Richtlinie des Rates (Goerdeler/Müller)
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dem betreffenden Mitgliedstaat zur Einsichtnahme für jedermann bereitzuhalten. Eine vollständige oder teilweise Ausfertigung dieses Berichts muß auf bloßen Antrag kostenfrei erhältlich sein. (2) Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten zulassen, daß die in Artikel 11 bezeichneten Gesellschaften folgendes offenlegen: a) eine verkürzte Bilanz, in die nur die in den Artikeln 9 und 10 vorgesehenen mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten aufgenommen werden, wobei die bei dem Posten D . II der Aktiva und dem Posten C. der Passiva des Artikels 9 sowie bei dem Posten D. II des Artikels 10 in Klammern verlangten Angaben gesondert, jedoch zusammengefaßt für alle betreffenden Posten, zu machen sind; b) einen verkürzten Anhang, der die in Artikel 43 Absatz 1 Nummern 5 bis 12 verlangten Angaben nicht enthält. Jedoch sind im Anhang zusammengefaßt für alle betreffenden Posten die jn Artikel 43 Absatz 1 Nummer 6 verlangten Angaben zu machen. Artikel 12 ist anzuwenden. Die Mitgliedstaaten können diesen Gesellschaften ferner gestatten, die Gewinn- und Verlustrechnung, den Lagebericht sowie den Bericht der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person nicht offenzulegen. (3) Die Mitgliedstaaten können zulassen, daß die in Artikel 27 bezeichneten Gesellschaften folgendes offenlegen: a) eine verkürzte Bilanz, welche nur die in den Artikeln 9 und 10 vorgesehenen mit Buchstaben und römischen Zahlen bezeichneten Posten enthält, wobei entweder in der Bilanz oder im Anhang gesondert anzugeben sind: - die Posten C. I. 3, C. II. 1, 2, 3 und 4, C. III. 1, 2, 3, 4 und 7, D. II. 2, 3 und 6 und D. III. 1 und 2 der Aktiva sowie C . 1, 2, 6, 7 und 9 der Passiva des Artikels 9; - die Posten C. I. 3, C. II. 1, 2, 3 und 4, C. III. 1, 2, 3, 4 und 7, D. II. 2, 3 und 6, D. III. 1 und 2, F. 1, 2, 6, 7 und 9 sowie I. 1, 2, 6, 7 und 9 des Artikels 10; — die bei den Posten D. II der Aktiva und C. der Passiva des Artikels 9 in Klammern verlangten Angaben, jedoch zusammengefaßt für alle betreffenden Posten und gesondert für die Posten D . II. 2 und 3 der Aktiva sowie C. 1, 2, 6, 7 und 9 der Passiva; — die bei dem Posten D. II des Artikels 10 in Klammern verlangten Angaben, jedoch zusammengefaßt für die betreffenden Posten, und gesondert für die Posten D. II. 2 und 3; b) einen verkürzten Anhang, der die in Artikel 43 Absatz 1 Nummern 5, 6, 8, 10 und 11 verlangten Angaben nicht enthält. Jedoch sind im Anhang die in Artikel 43 Absatz 1 Nummer 6 vorgesehenen Angaben zusammengefaßt für alle betreffenden Posten zu machen. Dieser Absatz berührt nicht die Bestimmungen des Absatzes 1 hinsichtlich der Gewinn- und Verlustrechnung, des Lageberichts sowie des Berichts der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person. Artikel 12 ist anzuwenden. Artikel 48 Jede vollständige Veröffentlichung des Jahresabschlusses und des Lageberichts ist in der Form und mit dem Wortlaut wiederzugeben, auf deren Grundlage die mit der Abschlußprüfung beauftragte Person ihren Bericht erstellt hat. Der Bestätigungsvermerk muß im vollen Wortlaut beigefügt sein. Hat die mit der Abschlußprüfung beauftragte Person die Bestätigung eingeschränkt oder verweigert, so ist dies unter Angabe der Gründe gleichfalls bekanntzugeben. Artikel 49 Bei einer unvollständigen Veröffentlichung des Jahresabschlusses ist zu erwähnen, daß es sich um eine gekürzte Wiedergabe handelt; es ist auf das Register hinzuweisen, bei welchem der Jahresabschluß nach Artikel 47 Absatz 1 hinterlegt worden ist. Ist diese Hinterlegung noch nicht erfolgt, so ist dies zu erwähnen. Der Bestätigungsvermerk der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person darf nicht beigefügt werden; es ist jedoch anzugeben, ob der Bestätigungsvermerk uneingeschränkt oder eingeschränkt erteilt oder ob er verweigert wurde. (277)
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3. A b s c h n i t t : V e r t r e t u n g u n d G e s c h ä f t s f ü h r u n g Artikel 50
Gleichzeitig mit dem Jahresabschluß und in derselben Weise sind offenzulegen — der Vorschlag zur Verwendung des Ergebnisses, — die Verwendung des Ergebnisses, falls diese Angaben nicht im Jahresabschluß enthalten sind.
Abschnitt 11 Prüfung Artikel 51 (1) a) Die Gesellschaften sind verpflichtet, ihren Jahresabschluß durch eine oder mehrere Personen prüfen zu lassen, die nach einzelstaatlichem Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses zugelassen sind, b) Die mit der Abschlußprüfung beauftragte Person hat zu prüfen, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluß des betreffenden Geschäftsjahres in Einklang steht. (2) Die Mitgliedstaaten können die in Artikel 11 bezeichneten Gesellschaften von der in Absatz 1 genannten Verpflichtung befreien. Artikel 12 ist anzuwenden. (3) Im Falle des Absatzes 2 nehmen die Mitgliedstaaten in ihre Rechtsvorschriften geeignete Sanktionen für den Fall auf, daß der Jahresabschluß oder der Lagebericht dieser Gesellschaften nicht nach dieser Richtlinie erstellt sind.
Abschnitt 12 Schlußbestimmungen Artikel 52 (1) Bei der Kommission wird ein Kontaktausschuß eingesetzt, der zur Aufgabe hat, a) unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 169 und 170 des Vertrags eine gleichmäßige Anwendung dieser Richtlinie durch eine regelmäßige Abstimmung, insbesondere in konkreten Anwendungsfragen, zu erleichtern; b) die Kommission, falls dies erforderlich sein sollte, bezüglich Ergänzungen oder Änderungen dieser Richtlinie zu beraten. (2) Der Kontaktausschuß setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten sowie Vertretern der Kommission zusammen. Der Vorsitz ist von einem Vertreter der Kommission wahrzunehmen. Die Sekretariatsgeschäfte werden von den Dienststellen der Kommission wahrgenommen. (3) Der Vorsitzende beruft den Ausschuß von sich aus oder auf Antrag eines der Mitglieder des Ausschusses ein. Artikel 53 (1) als Europäische Rechnungseinheit im Sinne dieser Richtlinie gilt die Rechnungseinheit, die durch die Entscheidung Nr. 3289/75/EGKS der Kommission 1 ) festgelegt worden ist. Der Gegenwert in nationaler Währung ist bei der ersten Festsetzung derjenige, welcher am Tag der Annahme dieser Richtlinie gilt. (2) Der Rat prüft auf Vorschlag der Kommission alle fünf Jahre die in Europäischen Rechnungseinheiten ausgedrückten Beträge dieser Richtlinie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und monetären Entwicklung in der Gemeinschaft und ändert diese Beträge gegebenenfalls. >) ABl. N r . L 327 vom 19. 12. 1975, S. 4. (278)
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§ 4 2 A n h . II
Artikel 54 Diese Richtlinie berührt nicht die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die vorschreiben, daß die Gesellschaften, die nicht unter die Gesetzgebung des betreffenden Mitgliedstaats fallen, ihren Jahresabschluß bei einem Register hinterlegen müssen, in dem Zweigniederlassungen dieser Gesellschaften eingetragen sind. Artikel 55 (1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Sie setzen die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis. (2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die in Absatz 1 bezeichneten Vorschriften erst 18 Monate nach dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt anzuwenden sind. Diese 18 Monate können jedoch auf fünf Jahre verlängert werden: a) bei den „unregistered companies" im Vereinigten Königreich und in Irland; b) für die Anwendung der Artikel 9 und 10 sowie der Artikel 23 bis 26 hinsichtlich der Gliederungen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, soweit ein Mitgliedstaat in den letzten drei Jahren vor der Bekanntgabe dieser Richtlinie andere Gliederungen für die bezeichneten Unterlagen in Kraft gesetzt hat; c) für die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie über die Berechnung und die Bilanzierung von Abschreibungen für Vermögensgegenstände, die unter Artikel 9, Posten C. II. 2 und 3 der Aktiva und unter Artikel 10, Posten C. II. 2 und 3 fallen; d) für die Anwendung von Artikel 47 Absatz 1, außer bei Gesellschaften, die aufgrund von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f) der Richtlinie 68/151/EWG bereits zur Offenlegung verpflichtet sind; in diesem Fall findet Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 2 dieser Richtlinie auf den Jahresabschluß und auf den Bericht der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person Anwendung; e) für die Anwendung von Artikel 51 Absatz 1. Im übrigen kann diese Frist für die Gesellschaften, deren Hauptzweck die Schiffahrt ist und die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Absatz 1 bezeichneten Vorschriften bereits gegründet sind, von 18 Monaten auf acht Jahre verlängert werden. (3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem von dieser Richtlinie erfaßten Gebiet erlassen. Artikel 56 Die Verpflichtung zur Angabe der in dem Artikeln 9, 10 und 23 bis 26 vorgesehenen Posten bezüglich verbundener Unternehmen im Jahresabschluß sowie die Verpflichtung, die in Artikel 13 Absatz 2, Artikel 14 und Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7 hinsichtlich verbundener Unternehmen vorgesehenen Angaben zu machen, treten zu demselben Zeitpunkt wie die Richtlinie des Rates über den Konzernabschluß in Kraft. Artikel 57 (1) Bis zum Inkrafttreten der Richtlinie des Rates über den Konzernabschluß brauchen die Mitgliedstaaten unbeschadet der Richtlinien 68/151/EWG und 77/91/EWG die Bestimmungen dieser Richtlinie über den Inhalt, die Prüfung und die Offenlegung des Jahresabschlusses dieser abhängigen Gesellschaften nicht auf abhängige Gesellschaften eines Konzerns, die ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterliegen, anzuwenden, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) Die herrschende Gesellschaft unterliegt den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates; b) alle Aktionäre oder Gesellschafter der abhängigen Gesellschaft haben sich mit der oben bezeichneten Befreiung einverstanden erklärt; diese Erklärung muß für jedes Geschäftsjahr abgegeben werden; c) die herrschende Gesellschaft hat sich bereit erklärt, für die von der abhängigen Gesellschaft eingegangenen Verpflichtungen einzustehen; (279)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
d) die Erklärungen nach den Buchstaben b) und c) sind gemäß Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 1 für die abhängige Gesellschaft offenzulegen; e) der Jahresabschluß der abhängigen Gesellschaft wird in den Jahresabschluß des Konzerns einbezogen; f) die aufgrund dieser Richtlinie erfolgende Befreiung betreffend den Inhalt, die Prüfung und die Offenlegung des Jahresabschlusses der abhängigen Gesellschaft wird im Anhang des Jahresabschlusses des Konzerns vermerkt. (2) Die Artikel 47 und 51 sind auf den Jahresabschluß des Konzerns anzuwenden. (3) Die Artikel 2 bis 46 sind soweit wie möglich auf den Jahresabschluß des Konzerns anzuwenden. Artikel 58 (1) Bis zum Inkrafttreten der Richtlinie des Rates über den Konzernabschluß brauchen die Mitgliedstaaten unbeschadet der Richtlinie 77/91/EWG auf herrschende Gesellschaften eines K o n z e r n s , die ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterliegen, die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Prüfung und die Offenlegung der Gewinn- und Verlustrechnung dieser herrschenden Gesellschaften nicht anzuwenden, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) Diese Befreiung ist nach Artikel 47 Absatz 1 Unterabsatz 1 von der herrschenden Gesellschaft offenzulegen; b) der Jahresabschluß der herrschenden Gesellschaft wird in den Jahresabschluß des Konzerns einbezogen; c) die Befreiung bezüglich der Prüfung und der Offenlegung der Gewinn- und Verlustrechnung der herrschenden Gesellschaft wird im Anhang des Jahresabschlusses des Konzerns vermerkt; d) das nach den Grundsätzen dieser Richtlinie errechnete Ergebnis der herrschenden Gesellschaft wird in der Bilanz der herrschenden Gesellschaft ausgewiesen. (2) Die Artikel 47 und 51 sind auf den Jahresabschluß des Konzerns anzuwenden. (3) D i e Artikel 2 bis 46 sind soweit wie möglich auf den Jahresabschluß des Konzerns anzuwenden. Artikel 59 Bis zu einer späteren Koordinierung können die Mitgliedstaaten gestatten, daß Beteiligungen an verbundenen Unternehmen nach der „Equity"-Methode bewertet werden, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind: a) D i e Anwendung dieser Methode ist im Anhang zum Jahresabschluß der solche Beteiligungen haltenden Gesellschaft zu erwähnen; b) der Unterschied zwischen den Anschaffungswerten der Beteiligungen und den auf sie entfallenden Teilen des Kapitals einschließlich der Rücklagen, des Ergebnisses und des Ergebnisvortrages des verbundenen Unternehmens zum Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligungen wird in der Bilanz oder im Anhang des Jahresabschlusses der Gesellschaft, welche diese Beteiligungen hält, gesondert ausgewiesen; c) der Anschaffungswert der Beteiligungen wird in der Bilanz der Gesellschaft, welche diese Beteiligungen hält, dem Anteil des gehaltenen Kapitals entsprechend um den von dem verbundenen Unternehmen erzielten Gewinn oder Verlust erhöht oder vermindert; d) die unter Buchstabe c) bezeichneten Beträge werden alljährlich unter einem gesonderten Posten mit entsprechender Bezeichnung in der Gewinn- und Verlustrechnung der Gesellschaft, welche diese Beteiligungen hält, ausgewiesen; e) werden von dem verbundenen Unternehmen Dividenden an die Gesellschaft, welche diese Beteiligungen hält, gezahlt, so wird der Buchwert dieser Beteiligungen entsprechend vermindert; f) übersteigen die nach Buchstabe d) in der Gewinn- und Verlustrechnung verbuchten Beträge die Beträge, die als Dividenden bereits eingegangen sind oder auf deren Zahlung ein Anspruch besteht, so ist der Unterschied in eine Rücklage einzustellen, die an die Aktionäre nicht ausgeschüttet werden darf. (280)
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§ 4 2 A n h . II
Artikel 60 Bis zu einer späteren Koordinierung können die Mitgliedstaaten vorsehen, daß die Werte, in denen die Investmentgesellschaften im Sinne des Artikel 5 Absatz 2 ihre Mittel angelegt haben, auf der Grundlage des Marktpreises bewertet werden. In diesem Falle können die Mitgliedstaaten auch die Investmentgesellschaften mit veränderlichem Kapital davon freistellen, die in Artikel 36 erwähnten Beträge der Wertberichtigungen gesondert auszuweisen. Artikel 61 Bis zum Inkrafttreten der Richtlinie des Rates über den Konzernabschluß brauchen die Mitgliedstaaten auf die herrschende Gesellschaft eines Konzerns, die ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften unterliegt, die Vorschriften des Artikels 43 Absatz 1 Nummer 2 hinsichtlich der Höhe des Eigenkapitals sowie des Ergebnisses der betroffenen Unternehmen nicht anzuwenden, wenn die Jahresabschlüsse dieser Unternehmen im Jahresabschluß des Konzerns erfaßt oder wenn die Beteiligungen an diesen Unternehmen nach der „Equity-Methode" bewertet werden. Artikel 62 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am 25. Juli 1978. Im Namen des Rates Der Präsident K. von Dohnanyi
II. Erklärungen für das Protokoll über die Ratstagung, auf der die Richtlinie angenommen wird (EWG-Dokument R/1961 d/78 (ES 93). 1. Zu Artikel 1 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß die Mitgliedstaaten die Richtlinie auf die in Artikel 1 Absatz 1 des Vertrages genannten Gesellschaften, die im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags keinen Erwerbszweck verfolgen, nicht anzuwenden brauchen. 2. Zu Artikel 2 Absatz 4 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß es normalerweise ausreicht, die Richtlinie anzuwenden, damit das gewünschte den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild entsteht. 3. Zu Artikel 2 Absatz 6 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Bestimmung ermächtigt sind, in ihrer Gesetzgebung insbesondere zu verlangen, daß eine Kapitalflußrechnung erstellt und gleichzeitig mit dem Jahresabschluß offengelegt wird. 4. Zu Artikel 4 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß die Richtlinie die Untergliederung, die Hinzufügung, das Auslassen und die Zusammenfassung von Posten ermöglicht, sofern die Gliederung der Schemata beachtet wird, ein Posten nur dann ausgelassen wird, wenn für ihn in dem betreffenden Geschäftsjahr und im vorhergehenden Geschäftsjahr keine Zahl anzugeben ist, und die Zusammenfassung auf die Posten beschränkt wird, die mit arabischen Zahlen versehen sind. (281)
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3 . A b s c h n i t t : Vertretung und Geschäftsführung
Es wurde im übrigen anerkannt, daß die am besten geeignete Kodifizierung ( z . B . Dezimalkodifizierung) verwendet werden kann, soweit die Struktur der Schemata der Richtlinie bei der Rechnungslegung beachtet wird. 5. Zu den Artikeln 9, 10, 13 Absatz 2, 14, 23 bis 26, 43 Absatz 1 Nummer 7 und Artikel 56 Der R a t und die Kommission stellen fest, daß die Verpflichtung, in den Jahresabschlüssen gesonderte Posten für verbundene Unternehmen vorzusehen, bis zum Inkrafttreten der Richtlinie über den Konzernabschluß ausgesetzt ist. Der R a t entscheidet auf Vorschlag der Kommission über die erforderlichen Änderungen der Gliederungen unter Berücksichtigung der Vorschriften, die für die Richtlinie über den Konzernabschluß angenommen werden. 6. Zu Artikel 17 Der R a t und die Kommission stellen fest, daß die in Artikel 17 gewählte Definition, insbesondere die Bezugnahme auf den Begriff „Unternehmen", künftigen Rechtsakten auf dem Gebiet der Koordinierung des Gesellschaftsrechts nicht vorgreift. Wird eine Änderung der durch die Richtlinie vorgesehenen Schemata notwendig, so beschließt der Rat aufgrund von der Kommission vorzulegender geeigneter Vorschläge. Der R a t und die Kommission erklären sich bereit, die in Artikel 17 enthaltene Definition anläßlich der Beratungen über die Richtlinie über den Konzernabschluß zu überprüfen. 7. Zu den Artikeln 11, 27, 44, 47 und 51 Der R a t stellt fest, daß der in den Artikeln 11 und 27 verwendete Begriff „Beschäftigte" durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmt wird. D e r R a t stellt fest, daß die Mitgliedstaaten die in den vorstehend bezeichneten Bestimmungen angegebenen Abweichungen in der Weise anwenden können, daß sie in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften entweder diese Abweichungen nur für bestimmte der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Rechtsformen von Gesellschaften oder nur für bestimmte Gruppen dieser Rechtsform vorsehen oder die Überschreitung eines der drei Größenmerkmale als ausreichend für die Nichtanwendung dieser Abweichungen betrachten oder niedrigere Größenmerkmale als in Artikel 11 oder 27 der Richtlinie angegeben vorsehen. 8. Zu Artikel 27 Der R a t und die Kommission stellen fest, daß insbesondere die Zahl 250 für Beschäftigte die Höchstgrenze darstellt, wobei es den Mitgliedstaaten freisteht, auf nationaler Ebene ein niedrigeres Größenmerkmal festzulegen. 9. Zu den Artikeln 11, 27, 44 und 47 Der R a t und die Kommission stellen fest, daß die Richtlinie nicht die interne Offenlegung der Gesellschaft, einschließlich der den Beschäftigten der Gesellschaft zu erteilenden Informationen, regelt. 10. Zu Artikel 33 Die deutsche Delegation erklärt, daß die Bundesregierung Bewertungsmethoden zur Berücksichtigung inflationärer Entwicklungen, wie sie Artikel 33 der Richtlinie als Ausnahme vom Grundsatz der Anschaffungsbewertung in Artikel 32 der Richtlinie zuläßt, aus währungsund wirtschaftspolitischen Gründen ablehnt. Sie wird deshalb solche Bewertungsmethoden für die Bundesrepublik Deutschland nicht zulassen. 11. Zu Artikel 33 Absatz 2 Buchstabe a Der R a t stellt fest, daß, wenn das mit der gewählten Bewertungsmethode verfolgte Ziel beispielsweise eine andere Bezeichnung als „Neubewertungsrücklage" geeigneter erscheinen läßt, (282)
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es den Mitgliedstaaten freisteht, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften eine andere Bezeichnung vorzusehen. 12. Zu Artikel 33 Absatz 4 1. Der Rat und die Kommission stellen fest, daß die in Artikel 33 Absatz 4 verlangten Angaben über die Anschaffungskosten bei kleinen und mittleren Gesellschaften auf diejenigen Posten beschränkt werden können, die in den in Artikel 11 und Artikel 47 vorgesehenen verkürzten Bilanzen ausgewiesen sein müssen. 2. Die Mitgliedstaaten können darauf verzichten, von den Abweichungen nach den bezeichneten Artikeln Gebrauch zu machen. 13. Zu Artikel 37 Absatz 1 Der Rat erklärt, daß die Mitgliedstaaten die in Artikel 37 Absatz 1 vorgesehenen Ausnahmen für bestimmte Wirtschaftsbereiche erteilen können, sofern und insoweit diese eine längere als die in Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehene Abschreibungsfrist benötigen. 14. Zu Artikel 37 Absatz 2 Der Rat geht davon aus, daß unter den Begriff „Geschäfts- und Firmenwert" (Goodwill) im Sinne der Richtlinie und insbesondere im Rahmen des Artikels 37 nicht die Posten fallen, die aufgrund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften einen besonderen Rechtsschutz genießen, der ihnen einen ganz bestimmten Wert verleiht. 15. Zu Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7 Der Rat und die Kommission erklären, daß aus Artikel 43 Absatz 1 Nummer 7 hervorgeht, daß die Mitgliedstaaten im Rahmen der Richtlinie vorsehen können, daß der Gesamtbetrag der Pensionsverpflichtungen entweder unbedingt auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen werden muß oder daß die Gesellschaften die Wahl haben, diese Verbindlichkeiten entweder in der Bilanz unter den Passiva oder im Anhang auszuweisen. 16. Zu Artikel 43 Absatz 2 Der Rat ist der Auffassung, daß die in Artikel 43 Absatz 2 genannte spätere Koordinierung spätestens dann erfolgen müßte, wenn der Rat die Richtlinie über den Konzernabschluß genehmigt. 17. Zu Artikel 47 Absatz 1 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß der Inhalt des Berichts der mit der Abschlußprüfung beauftragten Person bis zu einer weiteren Koordinierung auf diesem Gebiet durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmt wird. 18. Zu Artikel 51 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß sich die Richtlinie weder mit der Regelung der Methoden, nach denen die Prüfung von Gesellschaftsabschlüssen durchgeführt wird, noch mit den Befähigungsnachweisen oder der Bestellung der Personen befaßt, die zur Prüfung des Jahresabschlusses zugelassen sind. 19. Zu Artikel 52 Der Rat hat die Absicht der Kommission zur Kenntnis genommen, ihm so bald wie möglich Vorschläge für Ergänzungen oder Änderungen der Richtlinie hinsichtlich der im Kontaktausschuß behandelten Probleme, insbesondere zur Anpassung der Richtlinie an den Förtschritt im Bereich der Bilanztechnik und an die spezifische Eigenart bestimmter Wirtschaftszweige zu unterbreiten. (283)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
20. Zu Artikel 54 Der Rat stellt fest, daß diese Bestimmung nicht das Recht auf freie Niederlassung gemäß Artikel 52 ff. des Vertrags berührt. 21. Zu Artikel 59 Der Rat und die Kommission stellen fest, daß die Mitgliedstaaten zulassen können, daß die sich aus der Anwendung von Artikel 59 Buchstabe b ergebenden Unterschiede nicht als „Geschäfts- oder Firmenwert" im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 behandelt werden. 22. Zu Artikel 60 Die Kommission erklärt, daß nach Artikel 60 die Mitgliedstaaten den Investmentgesellschaften die Entscheidung darüber überlassen können, ob sie ihre Anlagen zum Marktpreis bewerten. Der Rat hat die Absicht der Kommission zur Kenntnis genommen, ihm außer dem Vorschlag für eine Richtlinie vom 29. April 1976 (ABl. Nr. C 171 vom 26. 7. 1976), der zur Zeit beim Rat erörtert wird, weitere Richtlinienvorschläge zur Koordinierung der gemeinsamen Investmentfonds sowie der Investmentgesellschaften, die nicht unter den oben genannten Vorschlag fallen, vorzulegen. Erklärung der belgischen Delgation zur Richtlinie Die belgische Delegation ist nicht in der Lage, die Annahme der vierten Richtlinie des Rates über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmte Rechtsformen zu befürworten. Die belgische Delegation ist nämlich weiterhin dagegen, daß die kleinen und mittleren Unternehmen allein durch Beachtung von zwei der drei in der Richtlinie aufgestellten Kriterien definiert werden. Sie ist der Ansicht, daß diese Unternehmen mit Hilfe von drei Kriterien definiert werden müssen, wobei die Nichteinhaltung eines einzigen Kriteriums dann für die Einstufung des betreffenden Unternehmens in die nächsthöhere Kategorie ausreichen würde. Sie meint ferner, daß das Niveau der gewählten Kriterien, insbesondere hinsichtlich der Zahl der Beschäftigten zu hoch ist. Die belgische Delegation ist auch weiterhin dagegen, daß die Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmen mit mehr als 100 Personen nicht obligatorisch so genau erstellt wird, daß der Nettobetrag des Umsatzes dem Personal in solchen Unternehmen mitgeteilt werden kann. In allgemeiner Hinsicht bedauert die belgische Delegation, daß der Text der Vierten Richtlinie nicht mehr die Garantien für den Schutz der Interessen der Gesellschafter, des Personals und Dritter bietet, wie sie die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hat. Sie stellt fest, daß mehrere Ausnahmeregelungen einem einwandfreien Vergleich der Jahresrechnungen und einer einwandfreien Unterrichtung der Gesellschafter, der Arbeitnehmer und des Personals abträglich sind.
(284)
Publizitätsgesetz (Goerdeler/Müller)
§ 42 Anh. III
ANHANG III
Publizitätsgesetz vom 15. 8. 1969 Übersicht Rdn. Text Einleitung
1
Literatur
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I. Anwendungsbereich (§§ 1 bis 3) II. Einzelabschluß; Besonderheiten 1. Allgemeines 2. Gliederung 3. Geschäftsbericht 4. Prüfung durch den Abschlußprüfer
5. 6. 7. 8. 9.
7 10 11 12 13
Rdn. Prüfung durch den Aufsichtsrat 16 Feststellung des Jahresabschlusses . . . 17 Publizität des Jahresabschlusses 18 Fristen 19 Abweichungen durch den Gesellschaftsvertrag 20
III. Konzernabschluß; Besonderheiten 1. Allgemeines (§llPublG) 2. Die Regelung in § 16 PublG
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Erster Abschnitt. Rechnungslegung von Unternehmen §l Zur Rechnungslegung verpflichtete Unternehmen (1) Ein Unternehmen hat nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, wenn für den Tag des Ablaufs eines Geschäftsjahrs (Abschlußstichtag) und für die zwei darauf folgenden Abschlußstichtage jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale zutreffen: 1. Die Bilanzsumme einer auf den Abschlußstichtag aufgestellten Jahresbilanz übersteigt einhundertfünfundzwanzig Millionen Deutsche Mark. 2. Die Umsatzerlöse des Unternehmens in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag übersteigen zweihundertfünfzig Millionen Deutsche Mark. 3. Das Unternehmen hat in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag durchschnittlich mehr als fünftausend Arbeitnehmer beschäftigt. (2) Bilanzsumme nach Absatz 1 Nr. 1 ist die Bilanzsumme einer gemäß § 5 Abs. 2 aufgestellten Jahresbilanz; bei Unternehmen, die in ihrer Jahresbilanz Beträge für von ihnen geschuldete Verbrauchssteuern oder Monopolabgaben unter Rückstellungen oder Verbindlichkeiten angesetzt haben, ist die Bilanzsumme um diese Beträge zu kürzen. Trifft für den Abschlußstichtag das Merkmal nach Absatz 1 Nr. 2 oder das Merkmal nach Absatz 1 Nr. 3 zu, hat das Unternehmen zur Feststellung, ob auch das Merkmal nach Absatz 1 Nr. 1 zutrifft, eine Jahresbilanz nach § 5 Abs. 2 aufzustellen. Für die Ermittlung der Umsatzerlöse nach Absatz 1 Nr. 2 gilt $ 158 Abs. 1, 2 des Aktiengesetzes mit der Maßgabe, daß auch die in den Umsatzerlösen enthaltenen Verbrauchsteuern oder Monopolabgaben abzusetzen sind. Umsatzerlöse in fremder Währung sind nach dem amtlichen Kurs in Deutsche Mark umzurechnen. Durchschnittliche Zahl der Arbeitnehmer nach Absatz 1 Nr. 3 ist der zwölfte Teil der Summe aus den Zahlen der am Ende eines jeden Monats beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie der im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer. (3) Ein Kreditinstitut hat abweichend von Absatz 1 nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, wenn die Bilanzsumme in den Jahrsbilanzen für drei aufeinanderfolgende Abschlußstichtage zuzüglich der den Kreditnehmern abgerechneten eigenen Ziehungen im Umlauf, der Indossamentsverbindlichkeiten aus weitergegebenen Wechseln und der Verbindlichkeiten aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften sowie aus Gewährleistungsverträgen dreihundert Millionen Deutsche Mark übersteigt. Absatz 2 Satz 1 gilt sinngemäß. (4) Ein Versicherungsuntemehmen hat abweichend von Absatz 1 nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, wenn seine Einnahmen aus Versicherungsprämien jeweils in den zwölf Monaten vor drei aufeinander folgenden Abschlußstichtagen einhundert Millionen Deutsche (285)
§ 4 2 A n h . III
3. Abschnitt: Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g
Mark übersteigen. Einnahmen aus Versicherungsprämien sind die Einnahmen aus dem Erst- und Rückversicherangsgeschäft einschließlich der in Rückdeckung gegebenen Anteile. (5) Mehrere Handelsgeschäfte eines Einzelkaufmanns sind, auch wenn sie nicht unter der gleichen Firma betrieben werden, nur ein Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes. §2 Beginn und Dauer der Pflicht zur Rechnungslegung (1) Das Unternehmen hat erstmals für den dritten der aufeinanderfolgenden Abschlußstichtage, für die mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutreffen, Rechnung zu legen. Es hat jedoch bereits für den ersten Abschlußstichtag Rechnung zu legen, für den mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutreffen, wenn auf das Unternehmen während des Geschäftsjahrs das Vermögen eines anderen Unternehmens durch Verschmelzung, Umwandlung oder in anderer Weise als Ganzes übergegangen ist und auf das andere Unternehmen an den beiden letzten Abschlußstichtagen mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutrafen; dies gilt auch, wenn das andere Unternehmen nicht nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen brauchte. Ein Unternehmen braucht nicht mehr nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, wenn für drei aufeinander folgende Abschlußstichtage mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 nicht mehr zutreffen. (2) Die gesetzlichen Vertreter eines Unternehmens, auf das erstmals für einen Abschlußstichtag mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutreffen, haben, wenn das Unternehmen oder die Firma in das Handelsregister eingetragen ist, unverzüglich zum Handelsregister die Erklärung einzureichen, daß für diesen Abschlußstichtag zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutreffen. Eine entsprechende Erklärung haben die gesetzlichen Vertreter auch für jeden der beiden folgenden Abschlußstichtage unverzüglich zum Handelsregister einzureichen, wenn die Merkmale auch für diesen Abschlußstichtag zutreffen. Unterliegt das Unternehmen einer staatlichen Aufsicht, haben sie die Erklärungen nach Satz 1 und 2 unabhängig davon, ob die Erklärungen zum Handelsregister einzureichen sind, auch der Aufsichtsbehörde einzureichen. (3) Das Gericht hat zur Prüfung der Frage, ob ein Unternehmen nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen hat, Prüfer zu bestellen, wenn Anlaß für die Annahme besteht, daß das Unternehmen zur Rechnungslegung nach diesem Abschnitt verpflichtet ist. Hat das Unternehmen einen Aufsichtsrat, ist vor der Bestellung außer den gesetzlichen Vertretern auch dieser zu hören. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Für die Auswahl der Prüfer, den Ersatz angemessener barer Auslagen und die Vergütung der Prüfer, die Verantwortlichkeit und die Rechte der Prüfer-und die Kosten gelten § 142 Abs. 6, §§ 143, 145 Abs. 1 bis 3, §§ 146, 168 des Aktiengesetzes sinngemäß; die Kosten trägt jedoch die Staatskasse, wenn eine Verpflichtung zur Rechnungslegung nach diesem Abschnitt nicht besteht. Die Prüfer haben über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten und den Bericht zu unterzeichnen. Sie haben ihn unverzüglich dem Gericht und den gesetzlichen Vertretern einzureichen; kommt der Bericht zu dem Ergebnis, daß das Unternehmen zur Rechnungslegung nach diesem Abschnitt verpflichtet ist und ist das Unternehmen oder die Firma in das Handelsregister eingetragen, ist der Bericht auch zum Handelsregister des Sitzes (der Hauptniederlassung) des Unternehmens einzureichen. Unterliegt das Unternehmen einer staatlichen Aufsicht, so haben die gesetzlichen Vertreter den Bericht auch der Aufsichtsbehörde einzureichen. Auf Verlangen haben die gesetzlichen Vertreter jedem Gesellschafter eine Abschrift des Berichts zu erteilen. s3 Geltungsbereich (1) Dieser Abschnitt ist nur anzuwenden auf Unternehmen in der Rechtsform 1. der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Personenhandelsgesellschaft oder des Einzelkaufmanns, 2. einer bergrechtlichen Gewerkschaft, (286)
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3. des Vereins, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, 4. der rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts, wenn sie ein Gewerbe betreibt, 5. einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts, wenn sie ein Kreditinstitut oder ein Versicherungsunternehmen sind oder wenn sie im Handelsregister eingetragen sind; auf Sparkassen, die einem Sparkassen- und Giroverband angehören, finden jedoch nur die §§ 1, 9 Abs. 1, § 10 Anwendung. (2) Dieser Abschnitt gilt nicht für 1. Unternehmen in der Rechtsform der Genossenschaft oder des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, 2. Verwertungsgesellschaften nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I. S. 1294), 3. Versicherungsunternehmen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5, die keine privatrechtlichen Versicherungsverträge abschließen. Dieser Abschnitt gilt ferner nicht für die in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 881) genannten Unternehmen. (3) Dieser Abschnitt gilt nicht für Unternehmen in Abwicklung. S4 Gesetzliche Vertreter, Aufsichtsrat, Feststellung, Gericht (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind gesetzliche Vertreter eines Unternehmens 1. Bei einer juristischen Person die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs, 2. bei einer Personenhandelsgesellschaft der oder die vertretungsberechtigten Gesellschafter. Die Vorschriften für die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens gelten, wenn es sich um das Unternehmen eines Einzelkaufmanns handelt, sinngemäß für den Einzelkaufmann oder seinen gesetzlichen Vertreter. (2) Die Vorschriften dieses Gesetzes für den Aufsichtsrat gelten sinngemäß für ein entsprechendes Überwachungsorgan. (3) Als Feststellung des Jahresabschlusses ist die Billigung des Jahresabschlusses durch die zuständige Stelle, und wenn es sich um das Unternehmen eines Einzelkaufmanns handelt, die Billigung des Jahresabschlusses durch den Inhaber anzusehen. (4) Gericht im Sinne dieses Gesetzes ist das Gericht des Sitzes (der Hauptniederlassung) des Unternehmens. §5 Aufstellung von Jahresabschluß und Geschäftsbericht (1) Die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens haben in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr eine Jahresbilanz un eine Gewinn- und Verlustrechnung (Jahresabschluß) sowie einen Geschäftsbericht aufzustellen und Abschlußprüfern (§ 6) vorzulegen. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute sind zur Aufstellung eines Geschäftsberichts nicht verpflichtet. (2) Für den Inhalt des Jahresabschlusses, seine Gliederung und für die einzelnen Posten des Jahresabschlusses gelten §§ 149, 151, 152, 157, 158 des Aktiengesetzes, für die Wertansätze der Gegenstände des Anlage- und des Umlaufvermögens sowie für die Abschreibungen und Wertberichtigungen auf diese Werte und für die Ansätze von Passivposten gelten die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sowie die für das einzelne Unternehmen maßgebenden Bestimmungen mit den folgenden Maßgaben: 1. Sind für das Unternehmen Formblätter oder andere Vorschriften für die Gliederung des Jahresabschlusses erlassen, gelten diese; sind nicht für das Unternehmen, aber für Aktiengesellschaften desselben Geschäftszweigs Formblätter oder andere Vorschriften für die Gliederung des Jahresabschlusses erlassen, gelten diese sinngemäß. § 161 Abs. 2 des Aktiengesetzes ist anzuwenden. 2. Für den Ausweis des Rechtes von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zur Einziehung von Nachschüssen sowie für den Ausweis der eingezahlten Nachschüsse gilt § 42 Nr. 3 und 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. (287)
§ 42 Anh. III
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
3. An Stelle der Kredite nach § 151 Abs. 1 Aktivseite III B N r . 11 des Aktiengesetzes haben Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Posten „11. Forderungen aus Krediten, die den Krediten a) nach § 89, b) n a c h § 115 des Aktiengesetzes entsprechen;" alle Kredite auszuweisen, die den Krediten entsprechen, welche eine Aktiengesellschaft nach § 89 oder nach § 115 des Aktiengesetzes nur mit Einwilligung ihres Aufsichtsrats oder des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens gewähren darf. Personenhandelsgesellschaften haben an dieser Stelle als Posten „11. Forderungen aus Krediten an Gesellschafter und leitende Angestellte;" die Kredite an Gesellschafter sowie alle Kredite auszuweisen, die den Krediten entsprechen, welche eine Aktiengesellschaft nach § 89 des Aktiengesetzes nur mit Einwilligung ihres Aufsichtsrats oder des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens gewähren darf. 4. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute können die Gewinn- und Verlustrechnung nach den für ihr Unternehmen geltenden Bestimmungen aufstellen. Soll die Gewinn- und Verlustrechnung nicht nach §§ 9, 10 zum Handelsregister eingereicht und bekanntgemacht werden, sind außerdem in einem Anhang zur Jahresbilanz folgende Angaben zu machen: a) die Umsatzerlöse im Sinne des § 158 Abs. 1, 2 des Aktiengesetzes, b) die Erträge aus Beteiligungen, c) die Löhne, Gehälter sozialen Abgaben sowie Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung, d) die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich wesentlicher Änderungen, e) die Zahl der Beschäftigten. 5. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute, die ihre Gewinn- und Verlustrechnung nach den aktienrechtlichen Gliederungsvorschriften aufstellen, dürfen die Steuern, die sie als Steuerschuldner zu entrichten haben, unter den sonstigen Aufwendungen (§ 157 Abs. 1 Nr. 26 des Aktiengesetzes) ausweisen. 6. Auf Kreditinstitute sind §§ 26, 26a Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen, auf Versicherungsunternehmen §§ 56, 56 a Satz 3 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen sinngemäß anzuwenden. (3)Handelt es sich um das Unternehmen eines Einzelkaufmanns oder einer Personenhandelsgesellschaft, so dürfen das sonstige Vermögen des Einzelkaufmanns oder der Gesellschafter (Privatvermögen) nicht in die Bilanz und die auf das Privatvermögen entfallenden Aufwendungen und Erträge nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen werden. (4) Für den Geschäftsbericht gilt § 160 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Nr. 7 und 10, Abs. 4 des Aktiengesetzes über den Inhalt des Geschäftsberichts der Aktiengesellschaft und, wenn das Unternehmen ein Kreditinstitut ist, § 26a Abs. 2 des Gesetzes über das Kreditwesen sinngemäß. §6 Prüfung durch die Abschlußprüfer (1) Der Jahresabschluß ist unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer (Abschlußprüfer) zu prüfen. Die Prüfung des Jahresabschlusses hat sich darauf zu erstrecken, ob die Vorschriften des Gesetzes und die Bestimmungen der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags über den Jahresabschluß beachtet sind. Der Geschäftsbericht ist darauf zu prüfen, ob § 5 Abs. 4 in Verbindung mit § 160 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Nr. 7 und 10, Abs. 4 des Aktiengesetzes beachtet ist und ob die sonstigen Angaben im Geschäftsbericht nicht ein falsche Vorstellung von der Lage des Unternehmens erwecken. §§ 164 bis 169 des Aktiengesetzes über die Prüfung des Jahresabschlusses gelten sinngemäß. Ändern die gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluß oder den Geschäftsbericht, nachdem ihnen der Prüfungsbericht (§ 166 des Aktiengesetzes) vorgelegt worden ist, so haben die Abschlußprüfer den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht erneut zu prüfen, soweit es die Änderung fordert; ein bereits erteilten Bestätigungsvermerk ist unwirksam. (288)
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(2) Handelt es sich um das Unternehmen eines Einzelkaufmanns oder einer Personenhandelsgesellschaft, so hat sich die Prüfung auch darauf zu erstrecken, ob § 5 Abs. 3 beachtet ist. (3) Die Abschlußprüfer werden bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, bei bergrechtlichen Gewerkschaften und bei Personenhandelsgesellschaften, soweit nicht das Gesetz, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsehen, von den Gesellschaftern oder den Gewerken gewählt. Handelt es sich um das Unternehmen eines Einzelkaufmanns, so bestellt dieser die Abschlußprüfer. Bei anderen Unternehmen werden die Abschlußprüfer, sofern über ihre Bestellung nichts anderes bestimmt ist, vom Aufsichtsrat gewählt; hat das Unternehmen keinen Aufsichtsrat, so bestellen die gesetzlichen Vertreter die Abschlußprüfer. § 163 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. (4) Auf Antrag der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens hat das Gericht nach Anhörung der Beteiligten und des gewählten Prüfers einen anderen Abschlußprüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn Besorgnis der Befangenheit besteht. Hat das Unternehmen einen Aufsichtsrat, so kann auch dieser den Antrag stellen. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und bei einer Personenhandelsgesellschaft kann auch jeder Gesellschafter den Antrag stellen. Bei einer bergrechtlichen Gewerkschaft können auch Gewerken den Antrag stellen, deren Anteile zusammen den zehnten Teil der Kuxe erreichen. Unterliegt das Unternehmen einer staatlichen Aufsicht, so kann auch die Aufsichtsbehörde den Antrag stellen. Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde zulässig. (5) Sind die Abschlußprüfer bis zum Ablauf des Geschäftsjahrs nicht gewählt oder bestellt worden, so hat das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrats oder eines Gesellschafters oder Gewerken die Abschlußprüfer zu bestellen. § 163 Abs. 3 Satz 2 bis 4 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. (6) Für den Ersatz angemessener barer Auslagen und für die Vergütung der vom Gericht bestellten Abschlußprüfer gilt § 163 Abs. 4 des Aktiengesetzes sinngemäß. (7) Für den Widerruf der Wahl oder Bestellung von Abschlußprüfern und für den Bericht über das Ergebnis der bisherigen Prüfung gilt § 163 Abs. 5 Satz 1, 3 bis 9 des Aktiengesetzes sinngemäß. (8) Der Jahresabschluß ist nichtig, wenn er 1. nicht nach Absatz 1 Satz 1 und 5 geprüft worden ist oder 2. von Personen geprüft worden ist, die nicht zum Abschlußprüfer bestellt sind oder nach Absatz 1 Satz 4 in Verbindung mit § 164 des Aktiengesetzes nicht Abschlußprüfer sein können. Die Nichtigkeit nach Nummer 2 kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Bekanntmachung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger sechs Monate verstrichen sind. § 256 Abs. 6 Satz 2 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. (9) Unberührt bleiben §S 28, 29 des Gesetzes über das Kreditwesen über die Bestellung des Prüfers in besonderen Fällen und besondere Pflichten des Prüfers, S 57 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, §§ 58, 59 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen über den Gegenstand und Umfang der Abschlußprüfung sowie die Bestellung des Abschlußprüfers bei Versicherungsuntemehmungen und Bausparkassen, SS 26, 28 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vom 29. Februar 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 438) und S 23 Abs. 1, 3 bis 5 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen in der Fassung vom 25. April 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 406), geändert durch die Verordnung zur Änderung der Berechnungsverordnungen vom 19. Dezember 1962 (Bundesgesetzbl. I S. 738, 751) über die Prüfung der als gemeinnützig anerkannten Wohnungsunternehmen und der als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkannten Unternehmen und Verbände sowie SS 8, 9, 10 Abs. 2, SS 11 "nd 12 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Prüfungspflicht der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand vom 30. März 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 180). (289)
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3. A b s c h n i t t : Vertretung u n d Geschäftsführung
§7
Prüfung durch den Aufsichtsrat Hat das Unternehmen einen Aufsichtsrat, so haben die gesetzlichen Vertreter unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts der Abschlußprüfer den Jahresabschluß, den Geschäftsbericht und den Prüfungsbericht der Abschlußprüfer dem Aufsichtsrat vorzulegen. Der Aufsichtsrat hat den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht zu prüfen; er hat über das Ergebnis seiner Prüfung schrifdich zu berichten. § 170 Abs. 3, § 171 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 bis 4, Abs. 3 des Aktiengesetzes gelten sinngemäß. §8 Feststellung des Jahresabschlusses (1) Bedarf es zur Feststellung des Jahresabschlusses der Entscheidung oder Mitwirkung einer anderen Stelle als der gesetzlichen Vertreter und des Aufsichtsrats, so haben die gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluß, wenn das Unternehmen einen Aufsichtsrat hat, unverzüglich nach Eingang seines Prüfungsberichts (§ 7), wenn das Unternehmen keinen Aufsichtsrat hat, unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts der Abschlußprüfer der zuständigen Stelle vorzulegen. Bedarf es zur Feststellung des Jahresabschlusses einer Versammlung der Gesellschafter, so ist die Versammlung unverzüglich nach dem Eingang des Prüfungsberichts des Aufsichtsrats oder der Abschlußprüfer einzuberufen; berufen die für die Einberufung zuständigen Stellen die Versammlung nicht unverzüglich ein, so haben die gesetzlichen Vertreter sie einzuberufen. (2) Auf den Jahresabschluß ist § 5 Abs. 2 und 3 anzuwenden. (3) Ändert die zuständige Stelle den von den gesetzlichen Vertretern aufgestellten Jahresabschluß, so haben die Abschlußprüfer ihn erneut zu prüfen, soweit es die Änderung fordert. Ein bereits erteilter Bestätigungsvermerk ist unwirksam. Eine vor der erneuten Prüfung getroffene Entscheidung über die Feststellung des Jahresabschlusses wird erst wirksam, wenn auf Grund der erneuten Prüfung ein hinsichtlich der Änderung uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt worden ist. Sie wird nichtig, wenn nicht binnen zwei Wochen seit der Entscheidung ein hinsichtlich der Änderung uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt wird. (4) Der festgestellte Jahresabschluß ist der Jahresabschluß (die Jahresbilanz) im Sinne der für die Rechtsform des Unternehmens geltenden Vorschriften.
§9 Einreichung von Jahresabschluß und Geschäftsbericht zum Handelsregister (1) Ist das Unternehmen oder die Firma in das Handelsregister eingetragen, so haben die gesetzlichen Vertreter unverzüglich nach der Feststellung den festgestellten Jahresabschluß mit Bestätigungsvermerk und, soweit die Aufstellung eines Geschäftsberichts vorgeschrieben ist, auch diesen zum Handelsregister des Sitzes (der Hauptniederlassung) des Unternehmens einzureichen. Hat das Unternehmen einen Aufsichtsrat, so haben sie auch dessen Bericht (§ 7) einzureichen. Sie haben ferner unverzüglich nach der Bekanntmachung (§ 10 Abs. 1 bis 3) auch die Bekanntmachung zum Handelsregister des Sitzes (der Hauptniederlassung) des Unternehmens einzureichen. Ist das Unternehmen nicht in das Handelsregister eingetragen, so sind die Unterlagen bei dem für den Sitz des Unternehmens zuständigen Registergericht einzureichen; die Vorschriften über die zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke gelten für sie sinngemäß. (2) Der dem eingereichten Jahresabschluß beigefügte Bestätigungsvermerk muß von den Abschlußprüfern unterschrieben sein. Haben die Abschlußprüfer die Bestätigung des Jahresabschlusses versagt, muß dies auf dem eingereichten Jahresabschluß vermerkt, der Vermerk von den Abschlußprüfern unterschrieben sein. (3) Das Gericht hat zu prüfen, ob der eingereichte Jahresabschluß Absatz 2 entspricht, ob er bekanntgemacht worden ist und ob die Bekanntmachung § 10 Abs. 4 in Verbindung mit § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Aktiengesetzes entspricht. Im übrigen braucht es nicht zu prüfen, ob der Jahresabschluß und der Geschäftsbericht den Bestimmungen des Gesetzes und der Satzung entsprechen. (290)
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(4) Für den nach Absatz 1 einzureichenden sowie für den nach § 10 Abs. 1, 2 oder 3 bekanntzumachenden Jahresabschluß einer Personenhandelsgesellschaft oder eines Einzelkaufmanns gilt folgendes: 1. Soweit aus dem Jahresabschluß Rücklagen gebildet, Gewinn den Kapitalanteilen der Gesellschafter zugeschrieben, Entnahmen auf die Kapitalanteile der Gesellschafter abgeschrieben werden, kann dies bereits in der Jahresbilanz vorgenommen werden. 2. In der Jahresbilanz dürfen die Kapitalanteile der Gesellschafter, die Rücklagen, ein Gewinnvortrag und ein Gewinn unter Abzug der nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Verlustanteile von Gesellschaftern, eines Verlustvortrags und eines Verlustes in einem Posten „Eigenkapital" ausgewiesen werden. 3. An Stelle der Gewinn- und Verlustrechnung kann auch die Jahresbilanz mit einem Anhang eingereicht und bekanntgemacht werden, welcher die nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 verlangten Angaben enthält. § 10 Bekanntmachung des Jahresabschlusses (1) Die gesetzlichen Vertreter haben den Jahresabschluß, sobald er festgestellt ist, unverzüglich im Bundesanzeiger bekanntzumachen. (2) Ist der Jahresabschluß nach Ablauf der ersten acht Monate des Geschäftsjahres noch nicht festgestellt, so haben die gesetzlichen Vertreter den von ihnen aufgestellten und nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 4 geprüften Jahresabschluß unverzüglich im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Von dem bekanntgemachten Jahresabschluß ist bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für das folgende Geschäftsjahr auszugehen, es sei denn, daß der Jahresabschluß bei der Feststellung geändert und nach Absatz 3 im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist. (3) Wird ein nach Absatz 2 bekanntgemachter Jahresabschluß bei der Feststellung geändert, so haben die gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluß unverzüglich nach der Feststellung im Bundesanzeiger bekanntzumachen. (4) Für die Veröffentlichungen und Vervielfältigungen des Jahresabschlusses gilt § 178 Abs. 1 N r . 1 und 2, Abs. 2 des Aktiengesetzes sinngemäß. (5) Auf Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag beruhende Pflichten des Unternehmens, den Jahresabschluß oder den Geschäftsbericht in anderer Weise bekanntzumachen, einzureichen oder Personen zugänglich zu machen, bleiben unberührt.
Zweiter Abschnitt. Rechnungslegung von Konzernen S II Zur Rechnungslegung verpflichtete Konzernleitungen und Teilkonzernleitungen (1) Stehen in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung eines Unternehmens mit Sitz (Hauptniederlassung) im Inland, so hat dieses Unternehmen (Konzernleitung) nach den folgenden Vorschriften Rechnung zu legen, wenn für drei aufeinander folgende Abschlußstichtage der Konzernleitung jeweils mindestens zwei der drei folgenden Merkmale zutreffen: 1. Die Bilanzsumme einer auf den Abschlußstichtag aufgestellten Konzernbilanz übersteigt einhundertfünfundzwanzig Millionen Deutsche Mark. 2. Die Außenumsatzerlöse des Konzerns in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag übersteigen zweihundertfünfzig Millionen Deutsche Mark. 3. Die Konzemunternehmen mit Sitz im Inland haben in den zwölf Monaten vor dem Abschlußstichtag insgesamt durchschnittlich mehr als fünftausend Arbeitnehmer beschäftigt. (2) Bilanzsumme nach Absatz 1 N r . 1 ist die Bilanzsumme einer gemäß § 13 Abs. 2 aufgestellten Konzernbilanz; § 1 Abs. 2 Satz 2 bis 5 gilt sinngemäß. Braucht die Konzernleitung keinen Jahresabschluß aufzustellen, ist der Abschlußstichtag des größten Konzemunternehmens mit Sitz im Inland maßgebend. (291)
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3. Abschnitt: Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g
(3) Stehen in einem Konzern die Konzernunternehmen unter der einheitlichen Leitung eines Unternehmens mit Sitz (Hauptniederlassung) im Ausland und beherrscht dieses Unternehmen über ein oder mehrere zum Konzern gehörende Unternehmen mit Sitz (Hauptniederlassung) im Inland andere Konzemuntemehmen, so haben die Konzemunternehmen mit Sitz im Inland, die der Konzernleitung am nächsten stehen (Teilkonzernleitungen), für ihren Konzernbereich (Teilkonzern) nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, wenn für drei aufeinander folgende Abschlußstichtage der Teilkonzernleitung mindestens zwei der drei Merkmale des Absatzes 1 für den Teilkonzem zutreffen. Absatz 2 gilt sinngemäß. Für den Teilkonzem braucht nicht nach den folgenden Vorschriften Rechnung gelegt zu werden, wenn die ausländische Konzernleitung einen Konzernabschluß im Bundesanzeiger bekanntmacht, der nach den Grundsätzen der §§ 329 Abs. 2, 331 bis 333 des Aktiengesetzes aufgestellt und von Wirtschaftsprüfern geprüft worden ist. (4) Sind die Konzernunternehmen Kreditinstitute oder Versicherungsuntemehmen, gelten die Größenmerkmale nach § 1 Abs. 3 und 4 sinngemäß. Sind die Konzernuntemehmen zum Teil Kreditinstitute oder Versicherungsunternehmen, sind die Größenmerkmale nach § 1 Abs. 3 und 4 entsprechend zu berücksichtigen. (5) Dieser Abschnitt gilt nicht, wenn die inländische Konzernleitung oder Teilkonzernleitung eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz im Inland oder ein in § 2 Abs. 1 N r . 1, 2 und 4 des Gesetzes über das Kreditwesen bezeichnetes Unternehmen ist. Weiterhin sind Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute zur Erstellung eines Konzernabschlusses nach diesem Abschnitt nicht verpflichtet, wenn sich ihr Gewerbebetrieb auf die Vermögensverwaltung beschränkt und sie nicht die Aufgaben der Konzernleitung wahrnehmen. . S12 Beginn und Dauer der Pflicht zur Konzernrechnungslegung (1) Für den Beginn und die Dauer der Pflicht, nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen, gilt § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 sinngemäß. (2) Die gesetzlichen Vertreter einer Konzernleitung oder Teilkonzernleitung, für deren Abschlußstichtag erstmals mindestens zwei der drei Merkmale des § 11 Abs. 1 oder die Merkmale des § 11 Abs. 4 zutreffen, haben, wenn das Unternehmen oder die Firma der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung in das Handelsregister eingetragen ist, unverzüglich zum Handelsregister die Erklärung einzureichen, daß für diesen Abschlußstichtag zwei der drei Merkmale des § 11 Abs. 1 oder die Merkmale des § 11 Abs. 4 zutreffen; § 11 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Eine entsprechende Erklärung haben die gesetzlichen Vertreter der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung auch für jeden der beiden folgenden Abschlußstichtage unverzüglich zum Handelsregister einzureichen, wenn die Merkmale auch für diesen Abschlußstichtag zutreffen. Unterliegt das Unternehmen einer staatlichen Aufsicht, so haben sie die Erklärungen nach Satz 1 und 2 unabhängig davon, ob sie zum Handelsregister einzureichen sind, auch der Aufsichtsbehörde einzureichen. (3) Das Gericht hat zur Prüfung der Frage, ob eine Konzernleitung oder Teilkonzernleitung nach diesem Abschnitt Rechnung zu legen hat, Prüfer zu bestellen, wenn Anlaß für die Annahme besteht, daß die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung zur Rechnungslegung nach diesem Abschnitt verpflichtet ist. Hat die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung einen Aufsichtsrat, ist vor der Bestellung außer ihren gesetzlichen Vertretern auch dieser zu hören. § 2 Abs. 3 Satz 3 bis 8 gilt sinngemäß. §13 Aufstellung von Konzernabschluß und Konzerngeschäftsbericht (1) Die gesetzlichen Vertreter der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung haben auf den Stichtag des Jahresabschlusses der Konzemleitung oder Teilkonzernleitung einen Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß sowie einen Konzemgeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht aufzustellen. § 329 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. (2) Für den Konzemabschluß oder Teilkonzernabschluß gelten § 329 Abs. 2, §§ 331 bis 333, 335 des Aktiengesetzes, für den Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht § 334 des Aktiengesetzes sinngemäß. Soweit für die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung eine von §§ 151, 157 des Aktiengesetzes abweichende Gliederung vorgeschrieben ist, tritt diese Gliede(292)
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§ 42 Anh. III
rung auch für den Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß an die Stelle der aktienrechtlichen Gliederung; soweit eine abweichende Gliederung zulässig ist, kann diese Gliederung auch für den Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß an Stelle der aktienrechtlichen Gliederung verwendet werden. Ist der Inhaber der Konzernleitung ein Einzelkaufmann oder eine Personenhandelsgesellschaft, gelten § 5 Abs. 2 Nr. 4 und 5, Abs. 3 für den Konzernabschluß sinngemäß. § 14 Prüfung des Konzernabschlusses (1) Der Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß ist unter Einbeziehung des Konzemgeschäftsberichts oder Teilkonzerngeschäftsberichts durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer (Konzernabschlußprüfer) zu prüfen. § 336 Abs. 2 bis 7 und § 168 des Aktiengesetzes über die Prüfung des Konzernabschlusses und über die Verantwortlichkeit der Abschlußprüfer sowie § 6 Abs. 2 dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Ist der Jahresabschluß der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung nach Gesetz oder Satzung zu prüfen, gelten, wenn keine anderen Konzernabschlußprüfer bestellt werden, die Prüfer als bestellt, die für die Prüfung des auf den gleichen Stichtag aufgestellten Jahresabschlusses der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung bestellt worden sind; § 336 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. Satz 3 gilt nicht, wenn die für die Prüfung des Jahresabschlusses bestellten Prüfer nach § 164 des Aktiengesetzes nicht Abschlußprüfer sein könnten. Andere Prüfer hat die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung zu bestellen; § 6 Abs. 3 bis 7, 9 dieses Gesetzes und § 164 des Aktiengesetzes gelten sinngemäß. (2) Ist die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung eine Genossenschaft, so ist der Prüfungsverband, dem die Genossenschaft angehört, auch Konzernabschlußprüfer. Das gleiche gilt, wenn die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung ein als gemeinnützig anerkanntes Wohnungsunternehmen oder ein als Organ der staatlichen Wohnungspolitik anerkanntes Unternehmen ist, das einem Prüfungsverband angehört. Gehört ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen oder ein Organ der staatlichen Wohnungspolitik keinem Prüfungsverband an, so ist die von der zuständigen obersten Landesbehörde nach § 23 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen als Prüfer bestimmte Stelle auch Konzernabschlußprüfer. (3) Hat die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung einen Aufsichtsrat, so haben die gesetzlichen Vertreter den Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß, den Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht und den Prüfungsbericht der Konzernabschlußpriifer unverzüglich nach Eingang des Prüfungsberichts dem Aufsichtsrat zur Kenntnisnahme vorzulegen. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Vorlagen Kenntnis zu nehmen. Die Vorlagen sind auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen auszuhändigen, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat.
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Einreichung und Bekanntmachung des Konzernabschlusses oder Teilkonzernabschlusses (1) Ist das Unternehmen oder die Firma der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung in das Handelsregister eingetragen, so haben die gesetzlichen Vertreter der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung unverzüglich nach der Feststellung des Jahresabschlusses der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung den Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß mit Bestätigungsvermerk und den Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzemgeschäftsbericht zum Handelsregister des Sitzes (der Hauptniederlassung) der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung einzureichen. Weicht der Stichtag des Konzernabschlusses oder Teilkonzernabschlusses vom Stichtag des Jahresabschlusses der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung ab, so ist der Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß unverzüglich nach der Feststellung des nächsten auf den Stichtag des Konzernabschlusses folgenden Jahresabschlusses einzureichen. § 9 Abs. 2 gilt sinngemäß. Ist die Konzernleitung oder Teilkonzemleitung eine Genossenschaft, tritt an die Stelle des Handelsregisters das Genossenschaftsregister. Ist das Unternehmen der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung nicht in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister eingetragen, gilt § 9 Abs. 1 Satz 4 sinngemäß. (2) Ist der Jahresabschluß der Konzernleitung oder Teilkonzemleitung im Bundesanzeiger bekanntzumachen, so haben die gesetzlichen Vertreter der Konzemleitung oder Teilkonzern(293)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
leitung den Konzemabschluß oder Teilkonzemabschluß zusammen mit dem Jahresabschluß im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Braucht der Jahresabschluß der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung nicht im Bundesanzeiger bekanntgemacht zu werden, so haben die gesetzlichen Vertreter den Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß unverzüglich nach der Feststellung des Jahresabschlusses der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung im Bundesanzeiger bekanntzumachen; sie haben ihn, auch wenn der Jahresabschluß der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung noch nicht festgestellt ist, unverzüglich nach Ablauf der ersten acht Monate des Geschäftsjahrs der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung im Bundesanzeiger bekanntzumachen. (3) Für die Veröffentlichungen und Vervielfältigungen des Konzernabschlusses oder Teilkonzernabschlusses gilt § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 des Aktiengesetzes, für die Prüfung durch das Gericht § 338 Abs. 3 des Aktiengesetzes sinngemäß. § 16 Keine Einreichung und Bekanntmachung des Jahresabschlusses von Konzemunternehmen Befinden sich alle Aktien oder alle Geschäftsanteile einer Kapitalgesellschaft in der Hand der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung, so gilt eine Pflicht der Kapitalgesellschaft, den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht zum Handelsregister einzureichen sowie ihren Jahresabschluß bekanntzumachen, nicht, wenn 1. die Kapitalgesellschaft in einen auf den Stichtag ihres Jahresabschlusses von der Konzernleitung oder Teilkonzernleitung aufgestellten Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß einbezogen ist und 2. die Konzernleitung oder Teilkonzemleitung durch eine zum Handelsregister des Sitzes der Kapitalgesellschaft eingereichte Erklärung die gesamtschuldnerische Haftung für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft übernommen hat. Die Erklärung muß sich auf alle vor ihrer Einreichung begründeten sowie auf alle weiteren Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft beziehen, die bis zum Ende des Geschäftsjahres begründet werden, in dem die Erklärung zurückgenommen wird. § 322 Abs. 2 bis 4 des Aktiengesetzes gilt sinngemäß. Die Erklärung und ihre Rücknahme bedürfen der notariellen Beurkundung.
Dritter Abschnitt. Straf-, Bußgeld- und Schlußvorschriften §17 Unrichtige Darstellung (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) eines Unternehmens, beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter, 1. die Verhältnisse des Unternehmens einschließlich seiner Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in dem nach dem ersten Abschnitt dieses Gesetzes aufzustellenden Jahresabschluß oder Geschäftsbericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert, 2. in dem nach dem Ersten Abschnitt dieses Gesetzes aufzustellenden Geschäftsbericht über Gegenstände nach § 5 Abs. 4 in Verbindung mit § 160 Abs. 3 Nr. 7 oder 10 des Aktiengesetzes falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt, 3. in Aufklärungen oder Nachweisen, die nach § 2 Abs. 3 Satz 4 in Verbindung mit § 145 Abs. 2 und 3 des Aktiengesetzes oder die nach § 6 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit § 165 Abs. 2 bis 4 des Aktiengesetzes einem Prüfer oder Abschlußprüfer des Unternehmens oder eines verbundenen Unternehmens zu geben sind, falsche Angaben macht oder die Verhältnisse des Unternehmens unrichtig wiedergibt oder verschleiert. (2) Ebenso wird bestraft, wer als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1), beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter, oder als Abwickler einer Konzernleitung oder Teilkonzemleitung (294)
Publizitätsgesetz ( G o e r d e l e r / M ü l l e r )
§ 4 2 A n h . III
1. die Verhältnisse des Konzerns oder Teilkonzerns, für den die Konzernleitung oder Teilkonzernleitung nach dem Zweiten Abschnitt dieses Gesetzes einen Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß aufzustellen hat, im Konzemabschluß oder Teilkonzernabschluß oder im Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert, 2. in dem nach dem Zweiten Abschnitt dieses Gesetzes aufzustellenden Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht über die Gegenstände nach § 13 Abs. 2 in Verbindung mit § 334 Abs. 3 N r . 1 bis 3 des Aktiengesetzes falsche Angaben macht oder erhebliche Umstände verschweigt, oder 3. in Aufklärungen oder Nachweisen, die nach § 12 Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Satz 4 dieses Gesetzes und § 145 Abs. 2 und 3 des Aktiengesetzes oder die nach § 14 Abs. 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 336 Abs. 4 des Aktiengesetzes einem Prüfer zu geben sind, falsche Angaben macht oder die Verhältnisse des Konzerns oder Teilkonzems unrichtig wiedergibt oder verschleiert. § 18
Verletzung der Berichtspflicht (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Prüfer nach diesem Gesetz oder als Gehilfe eines solchen Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Bericht verschweigt. (2) Handelt der Täter gegen Entgeld oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. § 19 Verletzung der Geheimhaltungspflicht (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Geheimnis des Unternehmens (Konzemleitung, Teilkonzernleitung), namentlich ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis, das ihm in seiner Eigenschaft als Prüfer nach diesem Gesetz oder als Gehilfe eines solchen Prüfers bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart. (2) Handelt der Täter gegen Entgeld oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer ein Geheimnis der in Absatz 1 bezeichneten Art, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftgeheimnis, das ihm unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 bekanntgeworden ist, unbefugt verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Unternehmens (Konzemleitung, Teilkonzernleitung) verfolgt. §20 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) eines Unternehmens (Konzernleitung, Teilkonzernleitung), beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter, oder als Abwickler vorsätzlich oder leichtfertig nicht für die Einhaltung des § 10 Abs. 4 in Verbindung mit § 178 Abs. 1 N r . 1 und 2, Abs. 2 des Aktiengesetzes oder für die Einhaltung des § 15 Abs. 3 in Verbindung mit § 178 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 des Aktiengesetzes über Form und Inhalt der Bekanntmachung des Jahresabschlusses, des Konzernabschlusses oder des Teilkonzernabschlusses sorgt. (2) Ordnungswidrig handelt femer, wer es als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) eines Unternehmens (Konzernleitung, Teilkonzemleitung), beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter, oder ais Abwickler vorsätzlich oder leichtfertig unterläßt, eine nach § 2 Abs. 2, § 12 Abs. 2 vorgeschriebene Erklärung dem Registergericht oder der Aufsichtsbehörde einzureichen. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. (295)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§21 Zwangsgelder Gesetzliche Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) oder Abwickler eines Unternehmens (Konzernleitung, Teilkonzernleitung), beim Einzelkaufmann der Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter, die § 2 Abs. 2 Satz 3, § 12 Abs. 2 Satz 3 über die Einreichung von Erklärungen an die Aufsichtsbehörde, § 2 Abs. 3 Satz 4, § 12 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit § 145 Abs. 1 bis 3 des Aktiengesetzes über die Pflichten gegenüber Prüfern, § 2 Abs. 3 Satz 7, § 12 Abs. 3 Satz 3 über die Einreichung des Berichts an die Aufsichtsbehörde, § 2 Abs. 3 Satz 8, § 12 Abs. 3 Satz 3 über die Erteilung von Abschriften des Prüfungsberichts, § 5 Abs. 1, § 13 Abs. 1 über die Aufstellung von Jahresabschluß und Geschäftsbericht, Konzemabschluß oder Teilkonzernabschluß und Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzerngeschäftsbericht, § 6 Abs. 1 Satz 4, § 14 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §§ 165, 336 Abs. 4 des Aktiengesetzes über die Pflichten gegenüber Abschlußprüfern und Konzemabschlußprüfern, § 6 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 14 Abs. 1 Satz 5 über die Bestellung der Abschlußprüfer oder Konzernabschlußprüfer, § 6 Abs. 3 Satz 4, § 14 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 163 Abs. 1 Satz 3 des Aktiengesetzes über die unverzügliche Erteilung des Priifungsauftrags, § 6 Abs. 5 Satz 2, § 14 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 163 Abs. 3 Satz 3 des Aktiengesetzes über die Pflicht, den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Abschlußprüfern oder Konzemabschlußprüfern zu stellen, § 6 Abs. 7, § 14 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 163 Abs. 5 Satz 7 bis 9 des Aktiengesetzes über die Vorlage des Berichts über das Ergebnis der bisherigen Prüfung und das Recht der Aufsichtsratsmitglieder auf Kenntnisnahme und Aushändigung, § 7 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 über die Vorlagen an den Aufsichtsrat, § 7 Satz 3 in Verbindung mit § 170 Abs. 3 des Aktiengesetzes, § 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 über das Recht der Aufsichtsratsmitglieder auf Kenntnisnahme und Aushändigung der Vorlagen, § 7 Satz 3 in Verbindung mit § 171 Abs. 3 Satz 2 des Aktiengesetzes über das Setzen einer Frist für den Aufsichtsrat, § 8 Abs. 1 über die Vorlage des Jahresabschlusses an die für die Feststellung zuständige Stelle und über die Einberufung dieser Stelle, § 10 Abs. 1 bis 3, § 15 Abs. 2 über die Bekanntmachung des Jahresabschlusses, Konzernabschlusses oder Teilkonzernabschlusses im Bundesanzeiger nicht befolgen, sind hierzu vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten; § 14 des Handelsgesetzbuches bleibt unberührt. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von zehntausend Deutsche Mark nicht übersteigen. § 22 Änderung von Gesetzen (. . .)
§23 Erstmalige Anwendung (1) Nach dem Ersten Abschnitt dieses Gesetzes ist erstmals für das nach dem 31. Dezember 1970 beginnende Geschäftsjahr Rechnung zu legen, wenn für den Abschlußstichtag dieses Geschäftsjahrs und für die beiden vorausgegangenen Abschlußstichtage jeweils mindestens zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 oder die Merkmale des § 1 Abs. 3 oder 4 zutrafen; § 2 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß. (2) Konzemabschlüsse und Konzerngeschäftsberichte sowie Teilkonzernabschlüsse und Teilkonzerngeschäftsberichte nach dem Zweiten Abschnitt dieses Gesetzes sind erstmals auf den Stichtag des Jahresabschlusses aufzustellen, der für das Geschäftsjahr aufgestellt wird, das nach dem 31. Dezember 1970 beginnt, wenn für den Stichtag dieses Jahresabschlusses und für die (296)
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beiden vorausgegangenen Abschlußstichtage jeweils mindestens zwei der drei Merkmale des § 11 Abs.l oder die Merkmale des § 11 Abs. 4 zutrafen. (3) Unternehmen, die für das in Absatz 1 genannte Geschäftsjahr nach dem Ersten Abschnitt Rechnung legen, brauchen die Erklärung nach § 2 Abs. 2 nicht einzureichen. Konzemleitungen oder Teilkonzernleitungen, die auf den in Absatz 2 genannten Stichtag einen Konzernabschluß oder Teilkonzemabschluß und einen Konzerngeschäftsbericht oder Teilkonzemgeschäftsbericht aufstellen, brauchen die Erklärungen nach § 12 Abs. 2 nicht einzureichen. §24 Geltung in Berlin Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
§25 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Einleitung 1. Das Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und 1 Konzernen („Publizitätsgesetz", abgekürzt PublG) vom 15. August 1969 (BGBl 1969 I 1189ff.) ist im Rahmen eines politischen Kompromisses zusammen mit dem Steuerumwandlungsgesetz 1969 als eines der letzten Gesetze der Großen Koalition zustandegekommen. Den Stempel des Kompromisses trägt dieses Gesetz in einer Reihe von Bestimmungen. Zugleich ist dieses Gesetz der Schlußstein einer langen, seit 1945 in der Öffentlichkeit und in der interessierten Fachwelt geführten Diskussion über die Frage der „handelsrechtlichen Publizität außerhalb der Aktiengesellschaft" (vgl. Verhandlungen des 45. Deutschen Juristentags, Karlsruhe 1964, Bd. I 1964, Teil 4; Kunze, ZHR Band 134, 193ff.; Goerdeler in Der GmbH-Konzern, Köln 1976 60ff.). 2. Das PublG unterwirft — von Ausnahmen abgesehen (vgl. § 3 PublG) — alle 2 Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform der Pflicht zu öffentlicher Rechnungslegung, wenn mindestens zwei der drei folgenden Merkmale erfüllt sind: 1) Bilanzsumme über DM 150 Mio; 2) Umsatzerlöse über DM 250 Mio; 3) Beschäftigung von mehr als 5.000 Arbeitnehmern. Für das Geschäftsjahr 1974 hatten nach den Feststellungen des Statistischen Bundesamtes — ohne Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen — 124 Unternehmen nach dem PublG Jahresabschlüsse veröffentlicht, für 1975 waren es 135 Unternehmen (vgl. Fachnachrichten des Instituts der Wirtschaftsprüfer 1977 325 und Wirtschaft und Statistik 8/1977 513). Auf Grund einer eigenen Untersuchung berichtet Goerdeler' aaO für die Zeit vom 1. 10. 1974 bis 30. 9. 1975, daß einschließlich Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen — 211 Unternehmen in der Rechtsform der GmbH Einzelabschlüsse und 66 Unternehmen in der Rechtsform der GmbH Konzernabschlüsse bzw. Teilkonzernabschlüsse im Bundesanzeiger bekannt gemacht hatten; vgl. auch Anhang I, II und III bei Ulrich Fritsch, Mehr Unternehmen an die Börse, Köln 1978. 3. Das PublG regelt die Publizität der Jahresabschlüsse von Großunternehmen. Im 3 wesentlichen ist die aktienrechtliche Rechnungslegung vorgeschrieben — mit Ausnahme der Bewertungsvorschriften. Was die übrigen Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, die die Größenordnung des PublG nicht erreichen, anbetrifft, so hängt deren Rechnungslegungs-Publizität von dem Erlaß der sogen. 4. EG-Richtlinie ab (vgl. (297)
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§ 42 Rdn. 4 sowie § 41 Rdn. 29). Die parallele Publizität der GmbH u. Co. KG hängt allein vom nationalen deutschen Gesetzgeber ab (vgl. die GmbH-Reformvorschläge der 6. und 7. Legislaturperiode, BT-Drucksache VI/3088 und 7/253, jeweils im Entwurf eines Einführungsgesetzes). 4 4. Das PublG hat allerdings, über die Großunternehmen hinaus, für die Rechnungslegung einer weiteren Anzahl von GmbH insofern Bedeutung, als nach § 25 a KWG unabhängig von den im PublG genannten Größenmerkmalen der Erste Abschnitt des PublG auf alle Kreditinstitute anwendbar ist (§ 41 Rdn. 30-35). In den Erläuterungen zu § 41 und § 42 ist auf einige Regelungen bereits hingewiesen. Es erweist sich jedoch als zweckmäßig, in einem gesonderten Anhang zu § 42 den Gesetzestext des PublG abzudrucken und diejenigen Vorschriften in der Kommentierung herauszustellen, die für die GmbH von besonderer Bedeutung sind. 5 5. Das PublG regelt im Zweiten Abschnitt die Rechnungslegung im Konzern. Dadurch werden auch reine GmbH-Konzerne erfaßt, während bis dahin durch § 28 EG AktG 1965 nur aktiengesellschaftsbezogene Konzernzusammenhänge erfaßt waren (vgl. Vorbem. Rdn. 6, 7). Auch im Bereich der Konzernrechnungslegung steht auf EG-Ebene eine weitere Richtlinie an; es handelt sich um den Entwurf einer 7. Richtlinie (Bundestags-Drucksache 7/5221). Diese Richtlinie setzt die Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften, wie sie die 4. Richtlinie für die Einzelabschlüsse vorsieht, für Zwecke der Konzernabschlüsse fort (vgl. insbes. Biener DB 1977 1831). Die 4. und die 7. EG-Richtlinie werden auf die Rechnungslegung der GmbH tiefgreifend einwirken und zu Änderungen der im GmbH-Gesetz enthaltenen Bilanzierungsvorschriften führen, aber auch Änderungen des PublG erforderlich machen (insbes. der Bewertungs- und Gliederungsvorschriften; Einführung des sogen. Anhangs, Erweiterung der Konzernrechnungslegung). Literatur 6
Textausgabe mit Begründung, herausgeg. von Horst Biener, IdW-Verlag Düsseldorf 1973: Biener, Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz) BB 1969 1097; Biener, Einzelne Fragen zum Publizitätsgesetz, WPg 1972 lff. und 85ff.; Biener, Einzelne Fragen zur Rechnungslegung der GmbH und Co. KG nach dem Publizitätsgesetz, GmbH-Rdschau 1975 5; Biener, Die Harmonisierung der Einzelrechnungslegung in der Europäischen Gemeinschaft nach dem Vorschlag für eine 7. gesellschaftsrechtliche Richtlinie. DB 1977 1831; Forster, Ausgewählte Fragen zur Rechnungslegung nach dem Publizitätsgesetz, WPg 1972 469; Goerdeler, Probleme des Publizitätsgesetzes, in „Beiträge zum Wirtschaftsrecht" (Festschrift für Heinz Kaufmann) Köln 1972 169; Kunze, Publizität nach Maß, ZHR (1970) Bd. 134, 193; Lenz, Die Konkurrenz zwischen Publizitätsgesetz und NotVO 1931, WPg 1973 626; Prühs, Die Rechnungslegung nach dem Publizitätsgesetz, Die AG 1969 375. Zur Konzernbilanzierung siehe Kommentierungen: 1. bei Adler-Düring Schmaltz, 3. Band, Exkurs zu § 11 Abs 1 und Abs. 5 PublG in § 329 Tz 49ff., Exkurs zu § 11 Abs. 3 und Abs. 5 PublG in § 330 Tz 8a ff., Konzernleitung mit Sitz im Ausland nach § 11 Abs. 3 PublG in § 330 Tz 22a; 2. bei Barz in Großkom. AktG. 3. Aufl. § 329 Vorbem. u. Anm. 14 sowie § 330 Anm. 1 - 6 ; 3. WP-Handbuch 1977 729ff.; 4. Goerdeler, Die Rechnungslegung im GmbH-Konzern, in „Der GmbH-Konzern" Köln 1976; 5. Bernhardt, Erfordernis eines zweifachen Konzernabschlusses, in Freundesgabe für Hans Hengeler, Berlin/Heidelberg/New York 1972 27. (298)
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I. Anwendungsbereich (§§ 1—3) 1. Das PublG unterwirft „bestimmte Unternehmen und Konzerne" besonderen 7 Rechnungslegungsvorschriften für den Einzelabschluß und den Konzernabschluß. Dabei werden die betroffenen Unternehmen einmal nach ihrer Größe (§ 1 Abs. 1 PublG) und zum anderen auch nach ihrer Rechtsform (§ 3 Abs. 1 und 2) angegrenzt. Nicht unter das Gesetz bezüglich der Einzelabschlüsse fallen ihrer Rechtsform nach (§ 3 Abs. 2) Unternehmen, deren Rechnungslegung bereits nach anderen gesetzlichen Vorschriften geregelt ist (Genossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, urheberrechtliche Verwertungsgesellschaften und einige Versicherungsunternehmen); die Verpflichtung zur Aufstellung von Konzernabschlüssen gilt aber auch für diese Unternehmen (Goerdeler aaO 171). Auf eine GmbH ist nach ausdrücklicher Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 das Gesetz anzuwenden, allerdings nur, wenn mindestens zwei der nachfolgenden drei Größenmerkmale des § 1 Abs. 1 an drei aufeinanderfolgenden Abschlußstichtagen erreicht werden: die Bilanzsumme muß DM 125 Mio übersteigen; die Umsatzerlöse müssen DM250 Mio übersteigen; es müssen durchschnittlich mehr als 5.000 Arbeitnehmer beschäftigt sein. 2. Für die Ermittlung der Größenordnungsmerkmale gibt § 1 Abs. 2 nähere 8 Anweisungen (hierzu vgl. Biener WPg 1972 1). Während damit Fragen, die die Höhe der Umsatzerlöse und die Anzahl der Arbeitnehmer betreffen, hinreichend geklärt sein dürften, können sich Probleme insbesondere für die Höhe der Bilanzsumme ergeben. Es ist daher ausdrücklich — zur Feststellung derselben — die Aufstellung einer Bilanz i.S. von § 5 Abs. 2 vorgeschrieben (sogen. „Probebilanz", so mit weiteren Einzelheiten Biener WPg 1972 1 und Forster WPg 1972 469); in dieser Probebilanz müssen die Wertansätze den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen; insoweit kann auch auf die Erl. zu § 42 verwiesen werden. 3. Der Beginn der Rechnungslegungspflicht fällt nach § 2 Abs. 1 auf den dritten der 9 aufeinanderfolgenden Bilanzstichtage, an denen jeweils 2 der angeführten 3 Merkmale erfüllt sind; es müssen an den Stichtagen nicht die gleichen Merkmale gegeben sein {Biener WPg 1972 3). Umgehungen durch Verschmelzung oder ähnliche gesellschaftsrechtliche Maßnahmen wird durch § 2 Abs. 1 Satz 2 weitgehend vorgebeugt. Einer freiwilligen früheren Anwendung des Gesetzes stehen Bedenken nicht entgegen. Das Ende der Rechnungslegungspflicht nach dem PublG wird dadurch bestimmt, daß an drei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen zwei der drei Merkmale des § 1 Abs. 1 nicht mehr vorliegen (§ 2 Abs. 1 Satz 3). Bei der Liquidation der Gesellschaft entfallen die Pflichten zur Aufstellung eines Einzelabschlusses nach dem PublG auch unabhängig hiervon (§ 3 Abs. 3). Dagegen bleibt eine GmbH, sofern die Voraussetzungen des § 11 gegeben sind, auch im Abweichungsstadium publizitätspflichtig, da § 3 Abs. 3 nur für den Ersten Abschnitt des PublG gilt. Dies entspricht der Rechtslage bei der AG (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 329 Tz. 50).
II. Einzelabschluß; Besonderheiten des PublG 1. Allgemeines Die Bundesregierung hatte in ihrem Gesetzesvorschlag in vollem Umfang die für 10 Aktiengesellschaften geltenden Vorschriften über die Rechnungslegung auch auf die unter das PublG fallenden Unternehmen für anwendbar erklären wollen. Im verab(299)
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schiedeten PublG ist der Gesetzgeber dem nur teilweise gefolgt: für den Inhalt des Jahresabschlusses, seine Gliederung und für die einzelnen Posten des Jahresabschlusses gelten nach § 5 Abs. 2 PublG die §§ 149, 151, 152, 157, 158 des AktG (1965); für die Wertansätze der Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens sowie für die Abschreibungen und Wertberichtigungen auf diese Werte und für die Ansätze von Passivposten hingegen gelten die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sowie die für das einzelne Unternehmen maßgeblichen Bestimmungen mit einigen Maßgaben (Vorrang von Formblättern; Vorrang von § 42 Nr. 3 und 4 GmbH-Gesetz betr. Bilanzierung von Nachschüssen; besonderer Ausweis von Krediten, die bei einer Aktiengesellschaft unter § 89 und § 115 AktG fallen). Daraus ergibt sich für eine GmbH, die nach dem PublG Rechnung zu legen hat, kurz folgende Regelung: für die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung gelten die entsprechenden aktienrechtlichen Vorschriften, für die Bewertung hingegen die Grundsätze, die auch im übrigen für eine G m b H gelten und die im einzelnen zu § 42 (Rdn. 151 ff.) erläutert sind. 2. Gliederung 11
Für die Gliederung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sind die in § 5 Abs. 2 aufgeführten aktienrechtlichen Vorschriften zu beachten; die Vorschriften sind zwingend und können durch den Gesellschafts vertrag nicht abbedungen werden. Es kann auf die einschlägigen aktienrechtlichen Erläuterungen verwiesen werden. Besonderer Hervorhebung bedürfen die Vorschriften des § 151 Abs. 5 (Bilanzvermerke) und des § 152 Abs. 1 (Anlagespiegel) da diese in der Bilanzierungspraxis der GmbH sonst nicht stets anzutreffen sind (vgl. § 42 Rdn. 33 und 105ff.). Eine besondere Vorschrift, Forderungen an und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern auszuweisen, besteht nicht; im Wege der erweiterten Gliederung (§ 151 AktG) ist ein gesonderter Ausweis jedoch zulässig — und im Sinne der Bilanzklarheit sogar wünschenswert (vgl. die Reformüberlegungen von Forster in „GmbH-Reform", Bad Homburg-Berlin-Zürich 1970 65). Andererseits ist jedoch zu berücksichtigen, daß § 5 Abs. 2 Nr. 2 den gesonderten Ausweis von Forderungen aus Krediten verlangt, die bei einer AG den Krediten nach § 89 oder nach § 115 AktG entsprechen. Bei Krediten, die den Krediten nach § 115 AktG entsprechen, muß es sich um solche an einen gesetzlichen oder an einen unter § 52 fallenden Aufsichtsrat handeln. Für die Gliederung der GuV einer GmbH nach PublG bringen die anwendbaren §§ 157, 158 keine besonderen Probleme. Es ist die Staffelform anzuwenden, da nur diese durch § 157 AktG zugelassen ist und das PublG insoweit für eine GmbH keine Besonderheiten bringt (anders als für die Personenhandelsgesellschaften in § 5 Abs. 2 Nr. 4, hierzu Biener WPg 1972 9). Branchenbedingte Gliederungs- und Formblätter-Vorschriften haben Vorrang (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 6) z.B. bei Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen. 3. Geschäftsbericht
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Das PublG verlangt in § 5 Abs. 1 die Erstellung eines Geschäftsberichts durch eine publizitätspflichtige GmbH. Für diesen gelten nach § 5 Abs. 4 PublG nicht alle Vorschriften des § 160 AktG, sondern nur § 160 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 4, Abs. 3 Nr. 7 und 10, Abs. 4 AktG; damit gelten die wichtigsten aktienrechtlichen Regelungen über den Inhalt des Geschäftsberichts auch für die unter das PublG fallende GmbH (vgl. Biener BB 1969 1099). Dabei handelt es sich zunächst um die Pflicht zur Darlegung des Geschäftsverlaufs und der Lage der Gesellschaft, einschließlich der Berichterstattung (300)
Publizitätsgesetz (Goerdeler/Müller)
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über Vorgänge von besonderer Bedeutung nach Schluß des (alten) Geschäftsjahres (§ 160 Abs. 1 AktG). Im Geschäftsbericht ist ferner nach § 160 Abs. 2 AktG der Jahresabschluß zu erläutern (Bilanzerläuterungen), dabei sind die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden anzugeben sowie Wertberichtigungen von Abschreibungen auf Zugänge zum Anlagevermögen im Geschäftsjahr anzugeben. Abweichungen von frühren Jahresabschlüssen — wenn für die Vergleichbarkeit wesentlich — sind zu erörtern (insbes. bei Änderung der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden); lediglich die Angabe eines Unterschiedsbetrages nach § 160 Abs. 2 Satz 5 AktG ist hier nicht vorgeschrieben. Aus dem Katalog des § 160 Abs. 3 sind nur die Nr. 7 (Angaben über die aus der Jahresbilanz nicht ersichtlichen Haftungsverhältnisse usw.) und die Nr. 10 (Angabe der rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen mit dem Sitz im Inland sowie besonderer Vorgänge bei diesen Unternehmen) auf den Geschäftsbericht einer publizitätspflichtigen GmbH anwendbar. Uber verbundene Unternehmen mit Sitz im Ausland könnten Angaben im Rahmen von § 160 Abs. 1 AktG, also bei der allgemeinen Erläuterung des Geschäftsverlaufs, erforderlich werden oder aber bei der Erläuterung des Jahresabschlusses (nach § 160 Abs. 2 Satz 1). Im übrigen hat der Geschäftsbericht den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaftslegung zu entsprechen, wobei sich die Gesellschaft auf die sogen. Schutzklausel, also darauf berufen kann, daß gewisse Angaben zu erheblichen Nachteilen der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens führen können ( § 1 6 0 Abs. 4 AktG). Der Geschäftsbericht unterliegt im aktienrechtlichen Umfang der Pflichtprüfung (§ 6 Abs. 1 PublG). Die 4. Richtlinie der E G wird den Geschäftsbericht nach PublG — auch für eine GmbH — weitgehend durch den „Anhang" ersetzen (§ 42 Rdn. 4). Wesentlicher Zweck des Geschäftsberichts nach dem PublG ist die Unterrichtung der Öffentlichkeit, insbesondere der Gläubiger; die Gesellschafter selbst können sich die für sie erforderlichen Informationen in der Gesellschafterversammlung durch Ausübung ihres Auskunftsrechts verschaffen (§ 42 Rdn. 194). Der Geschäftsbericht gibt insbesondere keine inhaltlichen Schranken des Auskunftsrechts. Geschäftsbericht und Auskunftsrecht stehen selbständig nebeneinander (vgl. Kropff AktG § 160, 8). 4. Prüfling durch den Abschlußprüfer a) Es liegt im Rahmen einer öffentlichen Rechnungslegung (Bekanntmachung des 13 Jahresabschlusses im Bundesanzeiger), daß Jahresabschluß und Geschäftsbericht durch einen Abschlußprüfer geprüft werden; nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften können Abschlußprüfer sein (§ 6 Abs. 1 PublG i.V. mit § 164 AktG). Die Abschlußprüfung hat im aktienrechdichen Umfang zu erfolgen (vgl. § 42a Rdn. 24). b) Bei einer GmbH obliegt die Wahl des Abschlußprüfers der Gesellschafter- 14 Versammlung (§ 45). Der Gesellschaftsvertrag kann etwas anderes vorsehen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 PublG), z. B. die Wahl einem Gesellschafterausschuß übertragen. Die Geschäftsführer haben dem gewählten Abschlußprüfer unverzüglich den Prüfungsauftrag zu erteilen (§ 6 Abs. 3 Satz 4 PublG i.V. mit § 163 Abs. 1 Satz 3 AktG). Eine Bestellung von Prüfern allein durch die Geschäftsführer reicht nicht aus; ggf. müssen die Gesellschafter eine etwa unterlassene Wahl durch schriftliche Beschlußfassung nachholen (§ 48 Abs. 2); sie sollte vor Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen (vgl. § 163 Abs. 1 Satz 2 AktG, der ebenfalls anwendbar ist; zum Zeitpunkt: vgl.Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 163 Tz. 6). Bei nicht ordnungsmäßiger Wahl des Abschlußprüfers ist der Jahresabschluß nichtig (§ 6 Abs. 8 Nr. 2). Ist ein Abschlußprüfer bis zum Ablauf des Geschäftsjahres nicht gewählt, so hat das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter des Aufsichtsrats oder eines Gesellschafters und deren Widerruf wie auch für die Abschluß(301)
§ 42 Anh. III
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
prüfung und den Prüfungsbericht die aktienrechtlichen Bestimmungen sinngemäß (sei es kraft ausdrücklicher Regelung, sei es durch Verweisung, hierzu Biener BB 1969 1100) anzuwenden. Ist zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechnungslegung (und Abschlußprüfung) nach dem PublG zu erfolgen hat, so ist das besondere Verfahren nach § 2 Abs. 3 PublG vorgeschaltet, wonach zur Klärung der Frage eine — der aktienrechtlichen Sonderprüfung nachgebildete — Prüfung durch gerichtlich bestellte Prüfer stattfindet. 15 c) Im Unterschied zum AktG (§ 256) enthält das GmbH-Gesetz keine besonderen Vorschriften über die Nichtigkeit des Jahresabschlusses (vgl. § 29 Rdn. 33, sowie Erl. zu § 47). Das PublG hat die Nichtigkeit nunmehr ausdrücklich für die Fälle geregelt (§ 6 Abs. 8), daß überhaupt keine Abschlußprüfung stattgefunden hat oder eine Prüfung durch nicht geeignete Prüfer ( § 1 6 4 AktG) erfolgte. Damit soll die Durchführung der Abschlußprüfung überhaupt sichergestellt werden. Verfahrensmäßig müßte im Streitfalle ggf. zunächst geklärt werden (vgl. § 2 Abs. 3 PublG), ob die G m b H überhaupt unter das PublG fällt und damit prüfungspflichtig ist. Im übrigen gelten auch für eine GmbH, die unter das PublG fällt, die allgemeinen Nichtigkeitsgründe für den Jahresabschluß, wie sie die Rechtsprechung zum allgemeinen GmbH-Recht entwickelt hat (Erl. zu § 47). 5. Prüfung durch den Aufsichtsrat 16
Das PublG hat in Anlehnung an das AktG (§§ 170 ff.) eine besondere Norm (§ 7) vorgesehen, wonach immer dann, wenn die Gesellschaft einen Aufsichtsrat hat (vgl. Erl. zu § 52), diesem die eigenständige Prüfung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts obliegt, worüber er schriftlich zu berichten hat. Zu diesem Zweck ist dem Aufsichtsrat auch der Prüfungsbericht des Abschlußprüfers vorzulegen (§ 7 Satz 1 PublG). Die Bestimmungen des § 170 Abs. 3 und des § 171 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und 4, Abs. 3 AktG gelten sinngemäß. Die Vorschrift des § 7 PublG ist zwingend. Sie kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht abbedungen werden. Die Prüfungspflicht des § 171 AktG ist im übrigen in den einschlägigen Mitbestimmungsgesetzen für den Aufsichtsrat zumeist wiederholt (vgl. § 25 MitbestG, § 77 BetrVG) und dort durch die Inbezugnahme aller Vorschriften des § 171 AktG auch auf den Vorschlag für die Gewinnverwendung ausgedehnt. Dies kann jedoch nicht bedeuten, daß die Geschäftsführung wegen dieser Globalverweisung auch dann einen Gewinnverwendungsvorschlag machen muß, wenn sie dazu nicht durch den Gesellschaftsvertrag verpflichtet ist; insoweit schafft § 171 keine zusätzlichen Pflichten der Geschäftsführer. Wegen des Verhältnisses der Prüfung durch den Aufsichtsrat zu der durch den Abschlußprüfer vgl. § 42a Rdn. 35-37. 6. Feststellung des Jahresabschlusses
17
Die Feststellung des Jahresabschlusses obliegt im GmbH-Recht den Gesellschaftern (§ 46 N r . 1), soweit nicht der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt (§ 45 Abs. 2). An dieser Regelung hat § 8 PublG nichts geändert; die Gesellschafterversammlung bzw. das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene andere Organ sind die „zuständige Stelle" i.S. dieser Vorschrift. Für die Feststellung des Jahresabschlusses kann daher auf die Erl. zu §§ 29, 42 und 46 verwiesen werden, jedoch ist bei einer unter das PublG fallenden G m b H das bilanzfeststellende Organ hinsichtlich der Gliederung an § 5 Abs. 2 PublG gebunden; bei Änderungen des aufgestellten Jahresabschlusses im Rahmen der Bilanzfeststellung bedarf es einer Nachtragsprüfung durch den Abschlußprüfer (§ 8 Abs. 3 PublG). (302)
Publizitätsgesetz (Goerdeler/Müller)
§ 4 2 A n h . III
Nur der festgestellte Jahresabschluß ist der Jahresabschluß im Sinne der für die Rechtsform des Unternehmens geltenden Vorschriften (§ 8 Abs. 4; Biener BB 1969 1100). Das hat externe (für die Publizität vgl. unten Rdn. 18) wie interne Bedeutung für die Gesellschafter untereinander (Goerdeler in Festschrift für Heinz Kaufmann, Köln 1972 178 ff.). 7. Publizität des Jahresabschlusses Die Publizität (Einreichung zum Handelsregister nach § 9 und Bekanntmachung 18 nach § 10) bezieht sich auf den festgestellten Jahresabschluß (§ 8 Abs. 4). Im wesentlichen entsprechen die Regelungen in §§ 9 und 10 PublG den entsprechenden aktienrechtlichen Vorschriften (§§ 177 und 178 AktG). Bei einer GmbH können sich für die Veröffentlichung Probleme ergeben, wenn die erst im Rahmen der Bilanzfeststellung etwa erfolgte Rücklagenzuweisung und/oder die Gewinnverwendung in den zu veröffentlichenden Jahresabschluß bereits einbezogen (eingearbeitet) sein sollen. Hierbei handelt es sich zunächst um Fragen des § 29 (siehe § 29 Rdn. 24ff., 42—51), sodann auch darum, ob eine Nachtragsprüfung durch den Abschlußprüfer erforderlich ist (§ 8 Abs. 3 PublG) und schließlich um die Frage der äußeren Form der Bekanntmachung (vgl. hierzu Goerdeler aaO 179f. sowie die Erl. zu § 41 Rdn. 36).
8. Fristen Für die Aufstellung des Jahresabschlusses (einschließlich Geschäftsbericht) durch die 19 Geschäftsführer gilt eine Frist von drei Monaten (§ 5 Abs. 1 PublG). Insoweit darf — abweichend von § 41 Abs. 3 — diese Frist durch den Gesellschaftsvertrag nicht abgeändert (verlängert) werden. Im übrigen gelten für die Abschlußprüfung, die Vorlage der Berichte an den Aufsichtsrat und/oder die Gesellschafter, die Bilanzfeststellung und die Bekanntmachung in etwa die aktienrechtlichen Vorschriften. Dies wird dadurch erreicht, daß nach § 10 Abs. 2 PublG der aufgestellte und geprüfte Jahresabschluß nach Ablauf von acht Monaten nach Geschäftsjahresende zu veröffentlichen ist, wenn die Bilanzfeststellung bis dahin nicht erfolgt ist. Dies kann durch Ordnungsstrafen erzwungen werden (§21 PublG). Somit hat eine publizitätspflichtige GmbH, wie eine AG (§§ 175 ff. AktG) innerhalb von 8 Monaten ihren Jahresabschluß zu „verabschieden" und zu veröffentlichen. 9. Abweichungen durch den Gesellschaftsvertrag Eine GmbH, die unter das PublG fällt, hat dessen Vorschriften bei der Rechnungs- 20 legung zu beachten. Der Gesellschaftsvertrag kann diese Vorschriften zwar im Rahmen des PublG und des GmbH-Gesetzes (§ 45 Abs. 2) ergänzen, aber nicht gegen Wortlaut und Sinn des PublG abändern. So können Fristen (§ 5 Abs. 1) nicht verlängert werden; die Gliederung des Abschlusses kann nicht abweichend von § 5 Abs. 2 vorgeschrieben werden; die Abschlußprüfung (§ 6) kann nicht etwa für jedes zweite Geschäftsjahr vorgesehen werden. Wohl aber können einzelne Regelungen „verfeinert" werden. Es könnte eine Frist (z.B. von sieben Monaten) zur Vorlage der Unterlagen (ggf. einschließlich des Prüfungsberichts der Abschlußprüfer) an den Aufsichtsrat oder die Gesellschafterversammlung bzw. das bilanzfeststellende Organ vorgesehen werden. In materieller Hinsicht könnte z.B. die Anwendung der aktienrechtlichen Bewertungsbestimmungen im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben werden (vgl. hierzu § 42 Rdn. 18). (303)
§ 42 Anh. III
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
III. Konzernabschluß; Besonderheiten 1. Allgemeines (§ 11 PublG) 21
Das PublG hat auch die Aufstellung und Prüfung von Konzernabschlüssen vorgesehen, wenn im Konzern die Größenordnungen (2 der 3 Merkmale des § 1 Abs. 1; so § 11 Abs. 1) erreicht werden. Entsprechend der Vorschrift des § 330 AktG gibt es auch eine Pflicht zur Aufstellung von Teilkonzernabschlüssen (§11 Abs. 3). Damit wird die bisherige aktiengesellschaftsbezogene Regelung im AktG und im EG AktG (§ 28 Abs. 1 und 2) nunmehr auf alle Konzerne (Teilkonzerne) gleich welcher Rechtsform erweitert. Die GmbH ist von dieser Regelung mehr als andere Rechtsformen betroffen (vgl. Goerdeler in „Der GmbH-Konzern", Köln 1976, 63). Neben der Regelung für Konzemabschlüsse im PublG gilt die in § 28 EG AktG getroffene Regelung fort, obwohl dies im RegEntw zum PublG anders vorgesehen war (.Kunze ZHR 134 203; Biener BB 1969 1100; Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 330 Tz. 7a). Es bedarf daher bei einer GmbH als Konzernleitung bzw. als Spitze eines inländischen Teilkonzerns stets der Uberprüfung, nach welchen Bestimmungen eine Konzernrechnungslegung bzw. Teilkonzernrechnungslegung zu erfolgen hat. 22 Im einzelnen gilt hierfür folgendes (vgl. auch Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 330 Tz. 8dff.): 1. Nach dem PublG kann sich aus folgenden Aspekten für eine GmbH die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses ergeben: a) Steht eine GmbH an der Spitze eines Konzerns und erfüllt dieser die Größenmerkmale des § 11 PublG, so hat die GmbH, auch wenn sie selbst nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 PublG erfüllt, nach den §§ 12 — 16 PublG Rechnung zu legen, also einen (Gesamt-) Konzernabschluß und einen (Gesamt-) Konzerngeschäftsbericht aufzustellen (§ 13 Abs. 1 PublG). b) Erfüllt die GmbH, die an der Spitze des Konzerns steht, außerdem selbst die Merkmale des § 1 Abs. 1 PublG, so greifen neben den die Gesellschaft als Einzelunternehmen treffenden Pflichten aus dem PublG (Rdn. 10—20) für den Konzern auch die Rechtsfolgen des § 11 Abs. 1 PublG ein. Die GmbH ist dann auch zur Konzernrechnungslegung nach den §§ 11 ff. PublG verpflichtet. c) Schließlich ist eine GmbH als Spitze eines Teilkonzerns nach § 11 Abs. 3 PublG zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses und eines Teilkonzerngeschäftsberichtes (§13 Abs. 1 PublG) verpflichtet, wenn der Teilkonzern die Größenmerkmale des § 11 Abs. 1 PublG erfüllt und die Leitung des Gesamtkonzerns nicht nach § 11 Abs. 1 PublG konzernrechnungslegungspflichtig ist, weil sie ihren Sitz im Ausland hat, es sei denn, die Konzernleitung macht im Bundesanzeiger einen nach den Grundsätzen der §§ 329 Abs. 2, 331 bis 333 AktG aufgestellten und von Wirtschaftsprüfern geprüften Konzemabschluß bekannt. 2. Die Pflicht zur Konzernrechnungslegung kann sich unabhängig von der Größenordnung der Gesellschaft aus § 28 Abs. 1 EG AktG ergeben. Diese Vorschrift greift ein, wenn zu den unter der einheitlichen Leitung der GmbH stehenden Konzemuntemehmen mindestens eine AG oder KGaA gehört. 3. Zur Teilkonzernrechnungslegung ist eine GmbH nach § 28 Abs. 2 EG AktG — ebenfalls unabhängig von der Größenordnung — verpflichtet, wenn sie die Spitze eines Teilkonzerns darstellt, während die Leitung des Gesamtkonzerns im Inland nicht konzernrechnungslegungspflichtig ist, weil sie entweder ihren Sitz im Ausland hat oder zwar ihren Sitz im Inland hat, aber weder den einschlägigen Vorschriften unterliegt noch (304)
Publizitätsgesetz (Goerdeler/Müller)
§ 42 Anh. III
sich freiwillig nach ihnen richtet (§ 28 Abs. 2 EG AktG i. V.m. § 330 Abs. 1 AktG). Hat die Konzernleitung ihren Sitz im Ausland und veröffentlicht sie einen den Grundsätzen der §§ 331 bis 333 AktG entsprechenden und von Wirtschaftsprüfern geprüften Konzernabschluß im Bundesanzeiger, so kann die Aufstellung des Teilkonzernabschlusses unterbleiben (§ 28 Abs. 2 EG AktG i.V.m. § 330 Abs. 2 AktG). 4. Sind im Einzelfall sowohl die Voraussetzungen des PublG als auch die des § 28 EG AktG erfüllt, so geht die letztere Vorschrift als speziellere Regelung vor (AdlerDüring-Schmaltz 4. Aufl. § 329 Tz. 49c; Biener WPg 1972 94; a.M. Bernhardt aaO 32). 5. Keinen Aufschluß gibt der Gesetzestext darüber, ob die Befreiung von der Pflicht zur Teilkonzernrechnungslegung in den Fällen, in denen aufgrund gesetzlicher Vorschrift oder freiwillig von der Konzernleitung ein Gesamtkonzernabschluß aufgestellt wird, entsprechend auch in den Fällen eintritt, in denen zwar nicht von der Konzernleitung, wohl aber von einem im Konzern auf höherer Ebene eingestuften Unternehmen ein Teilkonzernabschluß aufgestellt wird. Diese Frage muß bejaht werden, wenn man berücksichtigt, daß die von den Konzernrechnungslegungsvorschriften bezweckte Publizitätswirkung in jedem Fall mit der Rechnungslegung in einem Rahmen, der über den gesetzlich vorgeschriebenen Teil des Konzerns hinausgeht, erreicht ist (so auch Adler-Düring-Scbmaltz 4. Aufl. § 330 Tz. 19): 2. Die Regelung der §§ 1 3 - 1 5 PublG Die Konzern- (Teilkonzern-) Rechnungslegung einer GmbH vollzieht sich nach den 23 aktienrechtlichen Bestimmungen § 13 Abs. 2 PublG verweist auf die anwendbaren aktienrechtlichen Vorschriften (§ 329 Abs. 2, §§ 331 bis 333 und 335). Danach ist ein Konzernabschluß und ein Konzerngeschäftsbericht nach den aktienrechtlichen Vorschriften aufzustellen. Es wird dabei aber eine abweichende Gliederung dann gestattet, wenn diese nach dem für die Obergesellschaft geltenden Recht zulässig ist. Diese Ausnahmeregelung ist dann von Bedeutung, wenn die zur Konzernbilanzierung verpflichtete GmbH nicht auch zur Aufstellung einer Einzelbilanz nach PublG verpflichtet ist; dann gelten für die GmbH keine strengen Gliederungsvorschriften, sondern nur die sich aus § 42 und den GoB ergebenden (vgl. Erl. zu § 42 Rdn. 33ff.). Hat die GmbH aber auch einen Einzelabschluß nach dem PublG aufzustellen, so gelten auch für ihren Konzernabschluß die aktienrechtlichen Gliederungsvorschriften (§ 5 Abs. 2 PublG i.V. mit § 13 Abs. 2 PublG; vgl. Goerdeler aaO 174). Für den Konzern- (Teilkonzern-) Geschäftsbericht gilt die Vorschrift des § 334 AktG sinngemäß (§ 13 Abs. 2 PublG). Die Prüfung des Konzernabschlusses und seine Bekanntmachung (§§ 14 und 15 PublG) sind einerseits den einschlägigen aktienrechtlichen Konzernrechnungslegungsvorschriften, andererseits den Vorschriften des Einzelabschlusses einer GmbH nach dem PublG nachgebildet. 3. Die Regelung in § 16 PublG § 16 PublG ist der aktienrechdichen Eingliederung (§§ 319 ff. AktG) nachgebildet 24 (Biener WPg 1972 93 f. spricht von Quasi-Eingliederung). Sie ermöglicht es, bei einer in einen Konzemabschluß oder Teilkonzernabschluß nach dem PublG einbezogenen Kapitalgesellschaft (auch einer GmbH) von einer Einreichung zum Handelsregister und einer Veröffentlichung ihres Einzelabschlusses abzusehen, wenn bestimmte Voraussetzungen (305)
§ 42 Anh. III
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
gegeben sind. Zu diesen Voraussetzungen gehören: alle Anteile an der GmbH müssen der Konzernleitung gehören; die GmbH muß in eine auf den Stichtag ihres Jahresabschlusses der Konzernleitung aufgestellten Konzern- (Teilkonzem-) Abschluß einbezogen sein; die Konzernleitung muß eine Erklärung abgeben und zum Handelsregister der GmbH eingereicht haben, daß sie die gesamtschuldnerische Haftung für die Verbindlichkeiten der GmbH übernommen hat. Dieser Regelung in § 16 PublG kann gerade in einem GmbH-Konzern besondere Bedeutung zukommen, denn sie ermöglicht es, daß die GmbH, die die Konzernspitze bildet, nur einen Konzernabschluß aufstellen, prüfen lassen und veröffentlichen muß, ohne daß die einzelnen GmbH-Töchter ihre eigenen Abschlüsse publizieren müssen, selbst wenn diese GmbH-Töchter mit ihren Einzelabschlüssen die Größenordnungen des § 1 Abs. 1 PublG erreichen. Allerdings muß die Konzernspitze, also auch eine GmbH, ihren eigenen Jahresabschluß nach dem PublG (neben dem Konzernabschluß) publizieren, wenn sie die Größenmerkmale des § 1 Abs. 1 erreicht. Der Grundgedanke dieser Regelung könnte auch für eine weitere Reform der GmbH-Rechnungslegung zugrundegelegt werden (vgl. Goerdeler in „Der GmbH-Konzern", Köln 1976 75, Vgl. aber Art. 6 Abs. 2a der 7. EG-Richtlinie, hierzu kritisch Biener DB 1977 1834; Groß WPg 1976 214).
(306)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
§ 42 a Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit dem Reichswirtschaftsminister bestimmen, daß der Jahresabschluß (die Jahresbilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung) zu prüfen ist. Er kann die Vorschriften erlassen, die zur Durchführung dieser Prüfung und im Zusammenhang mit ihr nötig sind. Übersicht Einleitung
Rdn. 1
Reform
2
I. Die Rechtsgültigkeit der Ermächtigung II. Bestehende Vorschriften über Abschlußprüfungen sowie Prüfungen mit besonderem Prüfungsgegenstand A. Allgemeines B. Die bestehenden Prüfungsvorschriften 1. Kreditinstitute 2. PublGesetz 3. AktG 1965 und E G zum AktG 1965 4. Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften 5. Auslandinvestmentgesetz 6. Versicherungsübernahme und Bausparkassen 7. Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . 8. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen 9. Wahrnehmung von Urheberrechten
3
5
6 7 8 10 11 12 13 14 15
Rdn. 10. Bereich der öffentlichen Wirtschaft 16 11. Sonstige gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen a) Prüfung nach der MaBV . . . . 17 b) V O über Lagerscheine 18 c) Weitere gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen 19 12. Reform 20 III. Gegenstand und Umfang gesetzlich vorgeschriebener sowie freiwilliger Prüfungen 1. Allgemeines 2. Die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen a) Jahresabschlußprüfungen . . . b) sonstige gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen 3. Freiwillige Prüfungen a) Allgemeines b) freiwillige Abschlußprüfungen
21
23 26 29 30
IV. Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlußprüfer im Verhältnis der Prüfung durch den Aufsichtsrat 35
Einleitung § 42 a ist durch das (auf Grund des Ermächtigungsgesetzes von der Reichsregierung 1 erlassene) Gesetz über die Prüfung von Jahresabschlüssen vom 3.6.1937 (RGBl S. 607) in das GmbHG eingeführt worden. Unmittelbarer Anlaß war wohl, die Möglichkeit zur Einführung der Prüfungspflicht für Kreditinstitute unabhängig von ihrer Rechtsform zu schaffen. Artikel 2 des Gesetzes vom 3. 6. 1937 gibt nämlich die Ermächtigung zur Einführung der Pflichtprüfung auch für solche Unternehmen in der Rechtsform der Einzelfirma und der Personengesellschaft. Reichsjustiz- und Reichswirtschaftsminister haben dann auch nur für Kreditinstitute, und zwar in jeder Rechtsform, durch die VO vom 7. 7. 1937 (BGBl 1937 763) von ihrer Ermächtigung Gebrauch gemacht (vgl. § 41 Rdn. 30 sowie unten Rdn. 3). Ob die in § 42 a gegebene Ermächtigung heute noch rechtswirksam ist, ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zweifelhaft (vgl. unten Rdn. 3). Soweit ersichtlich, hat sich der Gesetzgeber seit 1945 in allen Fällen, in denen er eine Pflichtprüfung für Unternehmen in der Rechtsform der GmbH einführte (vgl. unten Rdn. 5—19), nicht mehr auf § 42 a gestützt. (307)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Reform 2
1. Unabhängig von der Frage der verfassungsmäßigen Gültigkeit der in § 42 a ausgesprochenen Ermächtigung ist festzuhalten, daß die Einführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Abschlußprüfung, so wie sie durch die Aktienrechtsnovelle von 1931 bereits für Aktiengesellschaften vorgeschrieben war, jedenfalls seit 1937 in die gesetzgeberischen Reform-Überlegungen einbezogen wurde; die Ermächtigung in § 42 a ist als ein weiterer Schritt auf dem Wege öffentlicher Rechnungslegung (Einleit. Rdn. 55) anzusehen. Die Entwicklung nach 1945 (hierzu vgl. Bericht der Studienkommission des Deutschen Juristentags; Untersuchungen zur Reform des Unternehmensrechts Teil I 1955 S. 39 und 55ff.; ferner: Verhandlungen des 45. Deutschen Juristentages (1964) sowie Goerdeler in „Der GmbH-Konzern", Köln 1976, S. 66ff. mit weiteren Nachweisen) ist diesen Weg in einer Reihe gesetzlicher Vorschriften, insbes. dem PublG von 1969, weitergegangen. Allerdings ist durch das PublG die Pflichtprüfung nur für die Großunternehmen (mit 2 der 3 Merkmale: 125 Mio DM Bilanzsumme, 250 Mio DM Umsatz, 5.000 Arbeitnehmer) eingeführt worden, wobei fast alle Rechtsformen, jedenfalls die der GmbH, erfaßt wurden (§ 3 Abs. 1 PublG). 2. Die Einführung der Pflicht-Abschlußprüfung ftfr einen noch weiteren Kreis von GmbH's ist Gegenstand der 4. EG-Richtlinie (vgl. § 41 Rdn. 29; § 42 Rdn. 3; Einleit. 698—700; unten Rdn. 20). Im Hinblick auf diese Bilanzrichtlinie war schon in den GmbHGesetzentwürfen der Bundesregierung (VI/3088 und 7/253) von einer nationalen Regelung der Pflichtprüfung (einschließlich der für die Pflichtprüfung in Betracht kommenden Prüfer) Abstand genommen; hierauf ist in der GmbH-Novelle 1977 (BR-Drucksache 404/77 = BT-Drucksache 8/1347) wiederum hingewiesen (vgl. Deutler, GmbH-Rdsch. 1977 77). Schrifttum vgl. § 42 Rdn. 1 I. Die Rechtsgültigkeit der Ermächtigung
3
1. Ob die in § 42 a der Exekutive verliehene Ermächtigung noch besteht, ist zweifelhaft. Nach Art. 129 Abs. 3 des Grundgesetzes ist eine Ermächtigung erloschen, die zur Änderung oder Ergänzung von Gesetzen oder zum Erlaß von Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen ermächtigt. § 42 a ermächtigt sowohl zur Ergänzung des GmbHGesetzes wie zum Erlaß einer gesetzesvertretenden Verordnung. Im Schrifttum (MaunzDüring-Herzog, Komm. z. GG (Stand Mai 1977) Art. 129, Anm. 14; Holtkotten Bonner Komm. z. G G Art. 129 Anm. II D 2b; ähnlich K. Schmidt NJW 52 1239) wird die erste Alternative auf Ermächtigungen zum Erlaß solcher Vorschriften beschränkt, „die nicht mehr auf den Willen des ermächtigenden Gesetzgebers zurückgeführt werden können." Im Falle des § 42a kann man nun überhaupt nicht davon sprechen, daß der Gesetzgeber einen eigenen Willen gehabt habe. Er überläßt vielmehr die Entscheidung, ob die Pflichtprüfung für die GmbH eingeführt werden soll, den Ministern. Eine so wichtige Frage kann aber nur der Gesetzgeber entscheiden. Man wird deshalb in § 42 a eine unzulässige Ermächtigung zum Erlaß einer gesetzesvertretenden Verordnung zu erblicken haben (vgl. auch BVerfG NJW 53 1177). Es ist nicht anzunehmen, daß angesichts dieser Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit dieser Ermächtigung heute noch von ihr Gebrauch gemacht wird. Von der Rechtsgültigkeit gehen dagegen offenbar aus: Scholz-Fischer 2; Baumhach-Hueck-, Scholz, 3 und zwar unter Hinweis auf Art. 74 Nr. 1; 125 GG. (308)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
2. Für das GmbH-Recht, das nach Art. 74 Nr. 1 GG zur konkurierenden Gesetz- 4 gebung gehört, steht die Gesetzgebungsbefugnis gemäß Art. 72 GG allein dem Bund zu. Die Ermächtigung ist also, wenn sie noch gültig ist (oben Rdn. 3), gemäß Art. 129 Abs. 1 G G auf die Bundesminister der Justiz und der Wirtschaft übergegangen (ebenso Scholz, 2, Bcuimbach-Hueck). II. Bestehende Vorschriften über die Prüfung von Jahresabschlüssen von Gesellschaften m.b.H. sowie Prüfungen mit besonderem Prüfungsgegenstand A. Allgemeines In den Vorbemerkungen Rdn. 1 — 16 sind allgemein die besonderen Rechnungs- 5 legungsvorschriften aufgeführt, die auch von einer GmbH (meist infolge ihrer Größe oder der von ihr betriebenen Geschäfte) zu beachten sind. In aller Regel sind diese besonderen Rechnungslegungsvorschriften auch mit einer Jahresabschlußprüfung oder einer Prüfung mit besonderem Prüfungsgegenstand verbunden; es handelt sich hierbei um gesetzlich vorgeschriebene Pflichtprüfungen. Nachfolgend werden diese heute geltenden Prüfungsvorschriften — unter Angabe des Prüfungsgegenstandes — aufgeführt (vgl. WP-Handbuch 1977 124ff.). Ober die Prüfungsdurchführung vgl. unten Rdn. 21 ff. B. Die bestehenden Prüfungsvorschriften 1. Kreditinstitute. Siehe Vorbem. Rdn. 8. Die Reichsminister haben von der Ermächtigung in § 42 a nur in einem einzigen Fall 6 Gebrauch gemacht. Das ist die Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse von Kreditinstituten vom 7. 7. 1937 (RGBl 763). Nunmehr ist Rechnungslegung und Abschlußprüfung für Kreditinstitute generell in § 25a KWG (Neufassung vom 3. 5. 1976) geregelt (vgl. § 41 Rdn. 30). § 25a KWG verweist auf den Ersten Abschnitt des PublG und damit auf die Prüfungsvorschrift des § 6 PublG; daneben gibt es die eigenständige Prüfungsvorschrift des § 27 KWG; es liegt insoweit mindestens teilweise eine Überschneidung vor (WP-Handbuch 1977 391; vgl. § 41 Rdn. 30). Abschlußprüfer eines Kreditinstituts in der Rechtsform einer GmbH können nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein (§ 6 PublG i.V. mit § 164 AktG). 2. Sogen. Publizitätsgesetz vom 15. 8. 1969. Siehe Vorbem. Rdn. 5. Unternehmen von einer bestimmten Größe haben nach diesem Gesetz öffentlich 7 Rechnung zu legen und Einzelabschlüsse und Konzernabschlüsse nach den Bestimmungen des Gesetzes aufzustellen. Es besteht eine Prüfungspflicht für die Jahres- und Konzernabschlüsse (§§ 6 und 14 des Gesetzes); es kann auch nach § 11 Abs. 3 PublG zur Aufstellung und Prüfung von Teilkonzernabschlüssen kommen. Abschlußprüfer können nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein (§§ 6 und 14 PublG i.V. mit §§ 164 und 336 AktG). Weitere Einzelheiten in Anhang zu § 42. 3. AktG 1965 und Einführungsgesetz zum AktG 1965 (§ 28 Abs. 1 und 2). Siehe Vorbem. Rdn. 6 und 7. a) Die einem Konzernabschluß zugrundegelegten Abschlüsse der einbezogenen Un- 8 ternehmen, auch diejenigen in der Rechtsform der GmbH, unterliegen der gesetzlichen Ab(309)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Schlußprüfung nach Maßgabe des § 336 Abs. 3 AktG (vgl. Adler-Düring-Scbmaltz, 4. Aufl. § 336 Tz. 26, 30). 9 b) Es besteht eine Prüfungspflicht des Konzernabschlusses einer GmbH mit Sitz im Inland, wenn diese Konzemobergesellschaft ist und wenn wenigstens ein Konzernunternehmen, das nach § 329 Abs. 2 AktG einzubeziehen wäre, die Rechtsform einer AG oder KGaA hat (§ 28 Abs. 1 EG i.V. mit §§ 329, 336 AktG). Auf die Größe des Konzerns kommt es nicht an; § 28 Abs. 1 EG geht der — etwa wegen der Größenordnung — gleichzeitig bestehenden Konzern-Rechnungslegungspflicht nach dem PublG vor (Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 329 Tz. 49c). Ist nach den Bestimmungen des § 28 Abs. 2 EG durch eine GmbH ein Teilkonzernabschluß aufzustellen, z. B. weil die Konzernspitze ihren Sitz im Ausland hat (vgl. Adler-Düring-Schmaltz, § 330 Tz. 7 b), so besteht auch für diesen Fall eine Pflicht, den Teilkonzemabschluß prüfen zu lassen (§ 28 Abs. 2 EG i.V. mit §§ 330 und 336 AktG). In den beiden Fällen des § 28 EG sind Konzern- (Teilkonzern-) — Abschlußprüfer nur Wirtschaftsprüfer oder WP-Gesellschaften (jeweils durch die Verknüpfung mit § 336 AktG); dies gilt auch für die Prüfung nach § 336 Abs. 3 (oben Rdn. 8). 4. Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften v. 14.1.1970. Siehe Vorbem. Rdn. 9. 10
Die Kapitalanlagegesellschaften unterliegen gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes den Vorschriften für Kreditinstitute und sind deshalb — unabhängig von ihrer Rechtsform — prüfungspflichtig nach § 27 KWG. Nach § 25 Abs. 3 des Gesetzes unterliegt nicht nur der Jahresabschluß der Kapitalanlagegesellschaft der Prüfung; die Prüfung ist auch auf die Sondervermögen und die für jedes Sondervermögen zu erstattenden Rechenschaftsberichte zu erstrecken, und zwar insbesondere auf deren Ertragsrechnung sowie darauf, ob bei der Verwaltung der Sondervermögen die Vorschriften des Kapitalanlagegesetzes und die Bestimmungen der Vertragsbedingungen beachtet worden sind (vgl. WPHandbuch 1977 413 und 982). Abschlußprüfer i.S. des hier anwendbaren § 27 Abs. 1 KWG sind Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Prüfungsverbände (vgl. Bähre-Schneider KWG-Kommentar 2. Aufl., München 1976, § 27 Anm. 4; Reischauer-Kleinhans, KWG-Kommentar (Stand 1977), § 27 Anm. 8). 5. Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG) vom 28. 7. 1969. Siehe Vorbem. Rdn. 10.
11
Die nach diesem Gesetz vorzulegenden, mit dem Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers versehenen Unterlagen, beziehen sich auf die ausländischen Investmentgesellschaften, deren Anteile in der Bundesrepublik vertrieben werden (§ 7 Abs. 2 des Gesetzes). Als Prüfer kommen neben deutschen Wirtschaftsprüfern auch gleichstehende ausländische in Betracht (vgl. Baur, Investmentgesetze, Kommentar, Berlin 1970, 515f.; WP-Handbuch 1977 952). Ob eine in der Bundesrepublik in den Vertrieb eingeschaltete GmbH (als Repräsentant, Steuervertreter) ihrerseits prüfungspflichtig ist (insbesondere weil sie selbst Kreditinstitut ist), richtet sich nach den sonstigen Vorschriften. 6. Gesetzliche Vorschriften über Versicherungsunternehmen und Bausparkassen. Siehe Vorbem. Rdn. 11 und 12.
12
Die Rechnungsabschlüsse eines Versicherungsunternehmens, auch in der Rechtsform der GmbH, sind von Abschlußprüfern zu prüfen (§ 57 VAG). Die Prüfung hat (310)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
sich auch auf die Einhaltung der besonderen, für Versicherungsuntemehmen erlassenen Rechnungslegungsvorschriften zu erstrecken (§ 55 VAG). Abschlußprüfer sind grundsätzlich Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften; Ubergangsvorschriften für andere Prüfer finden sich in § 37 Abs. 5 Nr. 4 EG zum AktG. Bausparkassen sind gemäß § 1 Abs. 1 Bausparkassengesetz (BSG) vom 16. 11. 1972 Kreditinstitute und unterliegen damit nach § 25 a KWG der Prüfungspflicht (vgl. oben Rdn. 6). Der Prüfer hat aber noch weitere, in § 13 BSG aufgeführte Feststellungen zu treffen (vgl. WP-Handbuch 1977 394, 982). 7. Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vom 23. 12. 1959. Siehe Vorbem. Rdn. 13. Die Bestimmungen dieses Gesetzes sind — trotz der Neuregelung im AktG 1965 13 (vgl. § 33 Abs. 1 EG) — auf die GmbH noch anzuwenden (Baumbach-Hueck Anh. nach § 57 Vorbem. Anm. 5). Nach § 3 des Gesetzes ist dem Beschluß über diese Kapitalerhöhung eine mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Abschlußprüfer versehene Jahresbilanz zugrunde zu legen; statt der Jahresbilanz kann nach § 4 des Gesetzes auch eine Zwischenbilanz zugrunde gelegt werden. Der Stichtag der Jahresbilanz oder der Zwischenbilanz darf höchstens sieben Monate vor der Anmeldung des Beschlusses zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Als Prüfer kommen nur Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder vereidigte Buchprüfer in Betracht (§§ 3 und 4 des Gesetzes i.V. mit § 137 AktG 1937, dem § 164 AktG 1965 entspricht; vgl. § 29 Abs. 2 EG AktG 1965). Die Prüfung und der Bestätigungsvermerk erstreckt sich nur auf die Bilanz; die zur Umwandlung in Kapital vorgesehenen Rücklagen müssen dort ausgewiesen sein (zum Wortlaut des Bestätigungsvermerks vgl. WP-Handbuch 1977 950 sowie Stellungnahme 1/1960 des IdW in WPg 1960 163). Über die Prüfung ist nach berufsüblichen Grundsätzen ein Prüfungsbericht anzufertigen (vgl. WP-Handbuch 1977 991). Der Registerrichter ist zur Nachprüfung auch des Vorliegens der Bilanz mit uneingeschränktem Bestätigungsvermerk verpflichtet; fehlt es daran, so hat er die Eintragung abzulehnen (Wiedemann in Großkomm. AktG 3. Aufl., § 210 Anm. 7; BaumbachHueck Anh. nach § 57, zu § 3 des Gesetzes Anm. 2). 8. Gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Siehe Vorbem. Rdn. 14. Die Prüfungsvorschrift findet sich in § 26 WGG; diese Prüfungsvorschriften haben 14 sogar für Wohnungsunternehmen, die Aktiengesellschaften sind, Vorrang vor der aktienrechtlichen ( § 1 8 EG AktG 1965). Es gelten ergänzend sinngemäß die Prüfungsvorschriften des Genossenschaftsgesetzes (§ 26 Abs. 4 WGG; vgl. auch Brönner in Großkomm. AktG 3. Aufl., § 18 EG Anm.). Jedenfalls ist nach § 26 Abs. 3 WGG bei Wohnungsunternehmen, die nicht Genossenschaften sind, der Jahresabschluß unter Einbeziehung der Buchführung und des Jahresabschlusses zu prüfen; darüber hinaus ist aber auch die Einhaltung weiterer Vorschriften des WGG (z. B. die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsbetriebes) sowie der Durchführungsvorschriften zu prüfen (§ 26 Abs. 2 WGG und § 23 Abs. 4 WGGDV). Die Prüfung erfolgt grundsätzlich durch Prüfungsverbände, denen das Unternehmen angehört (§ 14 WGG; WP-Handbuch 1977 479). Über die Prüfung des Wohnungsuntemehmens sind gem. § 25 Abs. 3 WGG Richtlinien durch den Gesamtverband erlassen (Vorstandsbeschluß vom 10. März 1970). (311)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
9. Wahrnehmung von Urheberrechten. Siehe Vorbem. Rdn. 15. 15
Die Prüfungsvorschrift findet sich in § 9 des Gesetzes vom 9. September 1965; wie die Rechnungslegung entspricht auch die Prüfung (einschließlich dem Bestätigungsvermerk; hierzu WP-Handbuch 1977 935f.) weitgehend dem aktienrechtlichen Vorbild. Prüfungsgegenstand ist der Jahresabschluß unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts. Abschlußprüfer sind Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. 10. Bereich der öffentlichen Wirtschaft. Siehe Vorbem. Rdn. 16.
16
Die öffentliche Hand (Bund und Länder) sollen sich an Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts (also auch einer GmbH) nur beteiligen, wenn gewährleistet ist, daß im Grundsatz entsprechend den aktienrechtlichen Vorschriften Rechnung gelegt und geprüft wird (§ 65 Abs. 1 Nr. 4 BHO). Außerdem können die Gebietskörperschaften nach § 53 Abs. 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 19. 8. 1969 (BGBl I 1273) verlangen, daß die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung geprüft wird und der Abschlußprüfer in einem Prüfungsbericht weiter Feststellungen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens trifft (sog. erweiterte Abschlußprüfung; vgl. WPHandbuch 1977 509ff. sowie Forster WPg 1975 393). 11. Sonstige gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen. Siehe WP-Handbuch 1977 124 ff.
17
a) Prüfung nach der Makler- und Bauträgerordnung (MaBV) vom 11.6.1975 (BGBl I, 1352). Nach § 16 MaBV ist die Einhaltung der sich aus der MaBV ergebenden Verpflichtungen durch geeignete Prüfer zu prüfen und der Prüfungsbericht der zuständigen Behörde zu übermitteln. Geeignete Prüfer sind grundsätzlich Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie Prüfungsverbände. In bestimmten Fällen können auch andere Personen entsprechend ihrer Vorbildung und Erfahrung mit der Prüfung betraut werden (vgl. WP-Handbuch 1977 528). Es handelt sich um einen speziellen Prüfungsgegenständ. 18 b) VO über Orderlagerscheine vom 16. 12.1937 (BGBl I, 763). Zur Ausstellung von Lagerscheinen bedarf es einer besonderen behördlichen Ermächtigung. Der so befugte Lagerhalter muß sich nach § 9 der VO einer Prüfung seines Jahresabschlusses, der der zuständigen Behörde einzureichen ist, unterziehen. Als Prüfer kommen nur Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Prüfungsverbände und vereidigte Buchprüfer in Betracht; Prüfungs gegenständ ist der Jahresabschluß, es entspricht berufsüblichen Grundsätzen, im aktienrechtlichen Umfang zu prüfen, hierüber schriftlich zu berichten und einen dem AktG nachgebildeten Bestätigungsvermerk zu erteilen (im einzelnen vgl. WP-Handbuch 1977 532, 935 und 991). 19 c) Weitere gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen, aa) Sowohl geschäftszweigbedingt als auch aus anderen Gesichtspunkten können sich im Gesetz Prüfungsvorschriften finden, denen — soweit eine GmbH dem betreffenden Gesetz unterliegt — zu folgen hat. Die Geschäftsführer einer GmbH haben sorgfältig (§ 43) zu untersuchen, ob eine Prüfungspflicht besteht. Sie haben bei Bejahung einer Prüfungspflicht dafür zu sorgen, daß ein Prüfer bestellt wird. So hat z. B. nach dem Mitbestimmungsgesetz (Mitbestimmung in Montan-Obergesellschaften) vom 7. August 1956 (BGBl I 707) in der Fassung von § 40 EG AktG der Abschlußprüfer der Obergesellschaft — für eine GmbH müßte, falls nicht das PublG eingreift, ein besonderer Prüfer entsprechend §§ 163 und 164 (312)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
AktG 1965 bestellt werden — das maßgebliche Umsatzverhältnis sämtlicher Unternehmen zu ermitteln (§§ 3 und 4 des Gesetzes; vgl. Voraufl. § 52 Anhang II Anm. 12 sowie WP-Handbuch 1977 1621). bb) Auch landesrechtliche Vorschriften können Pflichtprüfungen vorsehen. So ist im Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25. 2. 1975 (GVBl NRW 210) in § 15 eine erweiterte Jahresabschlußprüfung durch Wirtschaftsprüfer vorgesehen (vgl. WP-Handbuch 1977 519f. und 937f.). Eine GmbH, die ein Krankenhaus i.S. des Gesetzes betreibt, unterliegt dieser Prüfungspflicht. 12. Reform Durch die 4. EG-Richtlinie (vgl. § 42 Rdn. 3 ff.) soll auch für die GmbH eine 20 Pflichtprüfung des Jahresabschlusses eingeführt werden. Jedoch können die Mitgliedsstaaten bestimmte Gesellschaften von der Prüfungspflicht befreien, bei denen bestimmte Schwellenwerte nicht überschritten werden. Nach Art. 51 Abs. 2 i.V.m. Art. 11 ist eine Prüfungspflicht nur dann gegeben, wenn zwei von den drei folgenden Kriterien überschritten werden: Bilanzsumme 1 Mio ERE (= rd. DM 2,57 Mio), Nettoumsatzerlöse: 2 Mio ERE (=~rd. DM 5,14 Mio), Arbeitnehmerzahl 50. Damit können kleine Gesellschaften von der Prüfungspflicht durch den nationalen Gesetzgeber befreit werden. Wer zur Durchführung der Pflichtprüfung berechtigt ist, wird durch die Vierte Richtlinie nicht geregelt, sondern soll einer besonderen Harmonisierungsvorschrift vorbehalten bleiben (Vorschlag einer 8. EG-Richtlinie = BT-Drucksache 8/2013).
III. Gegenstand und Umfang der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen sowie freiwilliger Prüfungen. 1. Allgemeines Die Aufgabe (Prüfungsgegenstand) der in der voranstehenden Ubersicht enthaltenen 21 Prüfungen (vgl. Rdn. 6 bis 19) richtet sich nach der jeweiligen gesetzlichen Bestimmung. Im Vordergrund steht dabei vielfach (so z. B. nach PublG, EG zum AktG, KWG) die Prüfung des Jahresabschlusses. Andere Vorschriften (so z. B. nach der MaBV oder dem Gesetz zur Wahrnehmung von Urheberrechten) betreffen andere, im jeweiligen Gesetz genau bezeichnete Prüfungsaufgaben. Die von der jeweiligen Prüfungspflicht betroffene GmbH und der jeweils bestellte bzw. gewählte Prüfer ist an die gesetzliche Aufgabe gebunden; zwar kann der Prüfungsauftrag zusätzlich um bestimmte zusätzliche Prüfungsaufgaben durch Erteilung eines besonderen Auftrags erweitert werden, jedoch kann die gesetzliche Prüfungsaufgabe nicht verändert oder eingeschränkt werden (AdlerDüring-Schmaltz, 4. Aufl. § 162 Tz. 25). Soweit eine Prüfung, insbes. eine Jahresabschlußprüfung, gesetzlich vorgeschrieben ist, ist sie zwingend in dem Sinne, daß die Organe der Gesellschaft — auch nicht ein einstimmiger Gesellschafterbeschluß — die Prüfung unterlassen können; auf eine gesetzlich vorgeschriebene Prüfung kann nicht verzichtet werden, da sie keine innere Angelegenheit der Gesellschaft ist (vgl. für die AG: Adler-Düring-Schmaltz, 4. Aufl. § 162 Tz. 5). Die Unterlassung einer gesetzlich vorgesehenen Abschlußprüfung kann im übrigen verschiedene rechtliche Folgen haben: z. B. die Nichtigkeit des Jahresabschlusses (§ 6 Abs. 8 Nr. 1 PublG) oder aber die Fest(313)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Setzung von Zwangsgeldern gegenüber den gesetzlichen Vertretern der G m b H in bestimmten Fällen, um die gerichtliche Bestellung eines Abschlußprüfers zu erreichen (§21 PublG). 22 Schließlich sind auch freiwillige Prüfungen (insbes. Jahresabschlußprüfungen), die auf Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß beruhen oder die Geschäftsführer in Auftrag geben, zu erwähnen. In den nachfolgenden Erläuterungen wird neben den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen auch auf die nicht gesetzlich vorgeschriebenen, sogen, freiwillige Prüfungen, (insbes. freiwillige Abschlußprüfungen) eingegangen (wegen der sogen. Nachtragsprüfung vgl. § 42 Rdn. 200). Bei allen Fragen, die gesetzlich vorgeschriebene und freiwillige Prüfungen betreffen, sind die vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer entwickelten allgemeinen und fachlichen Grundsätze zu berücksichtigen. Dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer wurde aus Anlaß der Einführung der aktienrechtlichen Pflichtprüfung von Jahresabschlüssen 1931 diese zur Durchführung übertragen (sogen, gesetzliche Vorbehaltsaufgabe). Der Berufsstand hat seitdem die bei Durchführung von Jahresabschlußprüfungen und sonstigen Prüfungen zu beachtenden Grundsätze ständig weiter entwickelt (vgl. unten Rdn. 24).
2. Die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen 23
a) Gesetzlich vorgeschriebene Jahresabschlußprüfungen. Von besonderer Bedeutung sind die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen des Jahresabschlusses. Vorbild für Gegenstand, Umfang und Durchführung (einschließlich Auskunftsrecht der Abschlußprüfer, Prüfungsbericht, Bestätigungsvermerk und Haftung des Abschlußprüfers) dieser Prüfung ist die 1931 eingeführte Pflichtprüfung von Aktiengesellschaften (im AktG 1937 waren dies dann die Vorschriften der §§ 137ff., im AktG 1965 diejenigen der §§ 162ff.). In den einschlägigen — die G m b H betreffenden Gesetze — ist auf diese aktienrechtlichen Vorschriften betr. Abschlußprüfung ausdrücklich (wenn auch im unterschiedlichen Umfang) verwiesen (vgl. z. B. bereits V O vom 7. Juli 1937 - R G B l 1937 763 — §§ 2 und 4 ferner § 6 PublG und § 28 Abs. 1 und 2 E G AktG 1965). Aus der gesetzlichen Verweisung ergibt sich auch der Prüfungsgegenstand für die Abschlußprüfung: (meist: „der Jahresabschluß unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts"). Sollten diese Verweisungen auf das AktG bezüglich der Durchführung der Jahresabschlußprüfung nicht eindeutig sein oder Lücken aufweisen, so ist zunächst zu untersuchen, ob nicht von der Aufgabenstellung einer Jahresabschlußprüfung, wie sie bei der Aktiengesellschaft am typischsten ausgeprägt ist, eine etwaige Zweifelsfrage zu klären ist oder ob für die vorgeschriebene Abschlußprüfung einer GmbH andere Gesichtspunkte überwiegen.
24
Soweit die gesetzlich vorgeschriebene Jahresabschlußprüfung Wirtschaftsprüfern (und bei der Prüfung nach dem KapErhöhGesetz: vereidigten Buchprüfern) vorbehalten ist, gelten für diese die berufsrechtlichen Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung von 1961 in der Fassung der Bekanntmachung vom 5 . 1 1 . 1975 (BGBl I 2803) und der auf Grund dieses Gesetzes (§ 57 Abs. 2 Nr. 5) von der Wirtschaftsprüferkammer erlassenen „Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer" i.d. Fassung vom 1. Dezember 1977 (mit einführenden Bemerkungen im Mitteilungsblatt der Wirtschaftsprüferkammer, Körperschaft des öffentlichen Rechts Nr. 74 vom 12. Dezember 1977). Diesen berufsrechtlichen Vorschriften bzw. Verlautbarungen hat der Wirtschaftsprüfer in der Ausübung des Berufs (zu dessen Hauptaufgaben gemäß § 2 W P O die Durchführung von Prüfungen gehört) zu folgen. (314)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
Bei der Durchführung von Abschlußprüfungen hat er die fachlichen Verlautbarungen^ des Instituts der Wirtschaftsprüfer e.V. zu beachten (vgl. im einzelnen: Richtlinien Abschn. II Nr. 2); dieses hat für die Durchführung von Abschlußprüfungen insbesondere die Fachgutachten 1/1977 (Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlußprüfungen, abgedruckt in WPg 1977 210), 2/1977 (Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlußprüfungen, abgedruckt in WPg 1977 214) und 3/1977 (Grundsätze für die Erteilung von Bestätigungsvermerken und Abschlußprüfungen, abgedruckt in WPg 1977 217) erlassen. Im übrigen finden sich die Grundsätze des Wirtschaftsprüferberufs für die Durchführung einer Abschlußprüfung einschließlich der erforderlichen Berichterstattung ausführlich wiedergegeben im WP-Handbuch 1977, IdW-Verlag GmbH, Düsseldorf 1977. Auf Seite 2169 ff. dieses Handbuchs ist eine Übersicht über die seit 1933 veröffentlichten Fachgutachten und Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftsprüfer abgedruckt. Diese Fachgutachten und Stellungnahmen betreffen nicht nur Grundsätze und Probleme der Abschlußprüfung, sondern dienen auch der Auslegung der vom Abschlußprüfer zu beachtenden Rechnungslegungsvorschriften. Wenn diese Stellungnahmen auch maßgeblich die aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften berücksichtigen, so gelten sie auch für die gesetzlich vorgeschriebenen Abschlußprüfungen einer GmbH, es sei denn, daß die für eine GmbH gültigen Normen ausdrücklich abweichen (vgl. z. B. die für eine GmbH nicht geltenden aktienrechtlichen Bewertungsvorschriften im Rahmen des Publizitätsgesetzes, vgl. § 5 Abs. 2 PublG). Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Abschlußprüfungen sind auch die Fälle zu zählen, 25 in denen nach § 28 EG oder § 14 PublG ein Konzernabschluß zu prüfen ist (oben Rdn. 7—9). Auf die für die Prüfung des Konzernabschlusses maßgebliche aktienrechtliche Literatur kann verwiesen werden (z. B. G. Klein, Die Prüfung des Konzernabschlusses und Konzerngeschäftsberichts nach dem AktG, Düsseldorf 1961; WP-Handbuch 1977 775ff.; Adler-Düring-Schmaltz 4. Aufl. § 336, Tz. 17ff.). b) Sonstige gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen, aa) Die oben in Rdn. 7—19 26 aufgeführten Vorschriften über Pflichtprüfungen betreffen in der Mehrzahl die Prüfung des Jahresabschlusses; darüber hinaus sind jedoch teilweise auch andere Prüfungsgegenstände vorgesehen. Von diesen steht der Jahresabschlußprüfung am nächsten die in §§ 3 und 4 des Gesetzes über die Kapitalerhöhungen vom 23. 12. 1959 vorgeschriebene Prüfung (oben Rdn. 13). Die der Kapitalerhöhung zugrunde zu legende Jahresbilanz bzw. Zwischenbilanz muß mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlußprüfers versehen sein; dies bedeutet, daß die Bilanz (nicht auch die Gewinn- und Verlustrechnung) in Bewertung und Gliederung den gesetzlichen Vorschriften (hierzu die Erl. zu § 42) entsprechen muß. Aus dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Vorschriften (insbesondere § 4 Abs. 2 und 3 KapErhG i.V. mit §§ 29 und 33 EG AktG 1965) ergibt sich, daß es sich um eine von dem Gesetzeszweck her bestimmte (eingeengte) Jahresabschlußprüfung handelt. Die Prüfung erstreckt sich insbesondere darauf, ob die in der Bilanz ausgewiesenen Rücklagen zu Recht dort eingestellt sind (vgl. Wiedemann in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 209 Anm. 2; hierzu im einzelnen: AdlerDüring-Schmaltz 4. Aufl. § 162 Tz. 378). bb) Die übrigen gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtprüfungen richten sich bezüg- 27 lieh ihres Prüfungsgegenstands nach dem Inhalt der die Prüfung betreffenden Vorschrift; z. B. ist nach der MaBV (in der Fassung: BGBl 1975 I, 1352) zu prüfen, ob der Gewerbetreibende die ihm nach der MaBV obliegenden Pflichten eingehalten hat (§16); über die Prüfung ist ein Prüfungsbericht zu erstellen, der den Vermerk enthalten muß, ob Verstöße festgestellt worden sind (zum Wortlaut des Bestätigungsvermerks in diesen Fällen vgl. WP-Handbuch 1977 952; oben Rdn. 17). (315)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Wegen der Prüfungen nach den verschiedenen Gesetzen im einzelnen kann auf die Spezialliteratur verwiesen werden. 28 cc) Zu den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen sind auch diejenigen zu rechnen, in denen nicht nur der Jahresabschluß (unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts), sondern auch weitere Sachverhalte (z. B. die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung) vom Abschlußprüfer zu prüfen sind (sogen, erweiterte Jahresabschlußprüfungen). Sie sind z. B. im Bereich der öffentlichen Wirtschaft anzutreffen (vgl. oben Rdn. 16). Erweiterte Abschlußprüfungen finden z. B. aber auch bei Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen statt (oben Rdn. 14). Worin die zusätzliche Prüfungsaufgabe besteht, hängt von dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung ab. 3. Freiwillige Prüfungen 29
a) Allgemeines. Freiwillige Prüfungen sind alle solchen, die nicht durch Gesetz oder durch andere Rechtsnormen vorgeschrieben sind. Es wird sich in der Regel um freiwillige Jahresabschlußprüfungen handeln (hierzu unten Rdn. 30ff.). Es sind aber auch freiwillige Prüfungen anderen Inhalts denkbar und in der Praxis anzutreffen (z. B. Prüfung der Geschäftsführung oder Prüfung einer Zwischenbilanz bzw. Status). Soweit mit der Durchführung solcher Prüfungen Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beauftragt werden, gelten für diese die vom Berufsstand für gesetzlich vorgeschriebene Abschlußprüfungen entwickelten, jeweils einschlägigen Grundsätze (vgl. unten Rdn. 33). 30 b) Freiwillige Abschlußprüfungen, aa) Diese sind in der Praxis besonders häufig anzutreffen. Sie beruhen zumeist auf der Satzung der GmbH oder auf Gesellschafterbeschluß; sie können aber auch lediglich vom Geschäftsführer, als vertretungsberechtigtem Organ der G m b H , in Auftrag gegeben werden. Freiwillige Abschlußprüfungen werden häufig auf Grund von Verpflichtungen Dritten gegenüber (z. B. Kreditinstituten im Hinblick auf § 18 KWG) durchgeführt. 31 bb) Freiwillige Abschlußprüfungen einer GmbH sind nach geltender Rechtslage keine Vorbehaltsaufgabe der Wirtschaftsprüfer. Jedoch werden, nicht zuletzt im Hinblick Wünsche oder Auflagen Dritter, Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bzw. vereidigte Buchprüfer hiermit beauftragt. Auch die Durchführung dieser Prüfungen (einschließlich der Erteilung von Bestätigungsvermerken) gehört zu ihrem Berufsbild (vgl. § 2 WPO; hierzu WP-Handbuch 1977 952ff.). Nach der Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer (vgl. Fachgutachten des IdW 3/1977 Abschnitt F I in WPg 1977 217) setzt die — die freiwillige Abschlußprüfung abschließende — Erteilung des Bestätigungsvermerks (Prüfungsvermerks) in einer dem aktienrechtlichen Bestätigungsvermerk (§ 167 AktG) nachgebildeten Formulierung voraus, daß die Prüfung nach Art und Umfang aktienrechtlicher Pflichtprüfung entspricht und daß ein Prüfungsbericht erstattet wird. 32
cc) Aus der oben (Rdn. 31) dargestellten Situation ergibt sich folgendes: Wird ein Wirtschaftsprüfer (bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder vereidigter Buchprüfer) mit der Durchführung einer freiwilligen Prüfung des Jahresabschlusses einer G m b H beauftragt, so hat er diese nach Art und Umfang einer aktienrechtlichen Abschlußprüfung durchzuführen. Dies gilt immer dann, wenn der Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß von der Durchführung einer „Prüfung des Jahresabschlusses" spricht. Der Wirtschaftsprüfer kann — nach berufsrechtlichen Gesichtspunkten — in diesen Fällen nur eine der aktienrechtlichen Pflichtprüfung entsprechende Abschlußprüfung durchführen; tut er das nicht, so muß er in seinem Bericht, der dann kein „Prüfungsbericht" im engeren Sinne (vgl. § 166 AktG) ist, hierauf hinweisen; die (316)
Abschlußprüfung (Goerdeler)
§ 42a
Erteilung eines § 167 AktG nachgebildeten Bestätigungsvermerks ist ihm in diesem Fall berufsrechtlich nicht erlaubt. Diese berufsrechtliche Ausgangslage hat auch ihre gesellschaftsrechtliche Auswir- 33 kung. Sieht der Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß die Durchführung einer Abschlußprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer vor, so ist damit eine der aktienrechtlichen Abschlußprüfung entsprechende Abschlußprüfung zu verstehen, die mit der Erstattung eines Prüfungsberichts und der Erteilung eines Bestätigungsvermerks verbunden ist. Die Anordnung der Abschlußprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer im Gesellschaftsvertrag ist im vorbezeichneten Sinn auszulegen (§ 2 Rdn. 119, 123). Will die Gesellschaftermehrheit oder der Geschäftsführer trotz einer solchen Satzungsregelung im Auftrag an den Wirtschaftsprüfer hiervon abweichen, so haben die überstimmten Gesellschafter Anspruch darauf, daß einer Abschlußprüfung im aktienrechtlichen Sinne vom Wirtschaftsprüfer durchgeführt und ihnen der entsprechende Prüfungsbericht (siehe § 46 Rdn. 8) zugänglich gemacht wird. Ist dem Prüfungsbericht zu entnehmen, daß die Abschlußprüfung nicht aktienrechtlichem Umfang entsprach, ist insbesondere kein Testat im Sinne von § 167 AktG erteilt, so haben die Gesellschafter Anspruch auf eine entsprechende Ergänzung der Abschlußprüfung. Ob eine Satzungsänderung hier ohne Zustimmung aller Gesellschafter, da ihnen insoweit ein Vorzugsrecht zustehen könnte, möglich ist (vgl. § 14 Rdn. 12), hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Wird satzungsgemäß oder nach Gesellschafterbeschluß eine Abschlußprüfung angeordnet, so ist grundsätzlich auch der Prüfungsbericht dem bilanzfeststellenden Organ (in der Regel also der Gesellschafterversammlung) zugänglich zu machen (§ 46 Rdn. 8). Die Gesellschafter sind jedoch kraft der gesellschaftlichen Treuepflicht gehalten, vom Inhalt des Prüfungsberichts nicht in treuwidriger Weise Gebrauch zu machen (vgl. § 14 Rdn. 23 ff.). Der Gesellschaftsvertrag kann auch vorsehen, daß den Gesellschaftern nicht der Prüfungsbericht, sondern nur der Jahresabschluß mit Bestätigungsvermerk zugänglich gemacht wird. Wird mit der Durchführung der freiwilligen Abschlußprüfung eine andere Person 34 als ein Wirtschaftsprüfer beauftragt, sei es weil der Gesellschaftsvertrag oder mangels eines solchen ein Gesellschafterbeschluß dies erlaubt, so kann weder die Gesellschaft noch ein Gesellschafter noch ein Dritter davon ausgehen, daß nach Art und Umfang einer aktienrechtlichen Pflichtprüfung geprüft ist; dies selbst dann nicht, wenn von dem Prüfenden ein dem § 167 AktG nachgebildeter Bestätigungsvermerk erteilt ist, da dieser gesetzlich keinen besonderen Schutz genießt.
IV. Prüfung des Jahresabschlusses durch den Abschlußprüfer im Verhältnis zur Prüfung durch den Aufsichtsrat 1. In den Fällen, in denen eine Prüfung des Jahresabschlusses durch Gesetz oder 35 Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben ist oder freiwillig erfolgt, kann daneben auch eine auf Gesetz oder Gesellschaftsvertrag beruhende Prüfungspflicht des Aufsichtsrats in bezug auf den Jahresabschluß und ggf. Geschäftsbericht bestehen. Es kommt also zunächst darauf an zu klären, nach welchen rechdichen Bestimmungen bei einer GmbH ein Aufsichtsrat besteht (vgl. die Erl. zu § 52). Handelt es sich um einen freiwilligen Aufsichtsrat gemäß § 52 GmbH-Gesetz und ergibt der Gesellschaftsvertrag keine besonderen Vorschriften, so hat der Aufsichtsrat keine besonderen Prüfungspflichten in bezug auf den Jahresabschluß, da § 52 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes (i.d. Fassung von § 32 EG AktG 1965) den § 171 AktG, der die diesbezügliche Prüfungspflicht enthält, nicht (317)
§ 42a
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
aufführt (vgl. § 52, Rdn. 124). In diesen Fällen bleibt es bei der allgemeinen Überwachungspflicht des Aufsichtsrats nach § 111 AktG, die mindestens dahin geht, für eine ordnungsgemäße Buchführung und Rechnungslegung durch die Geschäftsführer Sorge zu tragen. Soweit es sich um einen gesetzlichen Aufsichtsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz handelt, ist § 171 AktG allerdings durch den Aufsichtsrat zu beachten, da § 76 Abs. 1 Satz 2 BetrVG in der Neufassung durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 EG AktG 1965 ausdrücklich diese aktienrechtliche Vorschrift in Bezug nimmt. Gleiches gilt für eine GmbH, die unter das Mitbestimmungsgesetz von 1976 fällt; hier ist ebenfalls § 171 für den Aufsichtsrat in Bezug genommen (vgl. § 25 MitbestG). In dem Montan-Mitbestimmungsgesetz vom 21. Mai 1951 (§ 3 Abs. 2) — sowie in dem MitbestErgGesetz vom 27. August 1956 (§ 3 Abs. 1) — ist die sinngemäße Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften betr. Rechte und Pflichten eines Aufsichtsrats vorgesehen, so daß auch hier (über § 29 Abs. 2 EG AktG 1965) § 171 AktG 1965 sinngemäß anzuwenden sein dürfte. 36 2. Eine materielle. Besonderheit enthält bezüglich der Prüfungspflicht des Aufsichtsrats § 7 PublG. Nicht alle unter das PublG fallenden Gesellschaften haben zwangsläufig auch einen Aufsichtsrat. Besteht aber ein solcher (sei es gesetzlich, sei es freiwillig), so ist der Jahresabschluß nach der angegebenen Bestimmung des PublG auch vom Aufsichtsrat zu prüfen (vgl. Anhang zu § 42 PublG). 37 3. Besteht nach den vorangegangenen Ausführungen eine Prüfungspflicht des Aufsichtsrats i.S. von § 171 AktG neben einer gesetzlich vorgeschriebenen Abschlußprüfung durch einen Pflichtprüfer, so ist das Nebeneinander beider Prüfungspflichten zu beachten. Die Prüfungspflichten von Aufsichtsrat und Abschlußprüfer decken sich insoweit, als beide zu prüfen haben, ob der Jahresabschluß Gesetz und Satzung entspricht; die Prüfung des Aufsichtsrats ist aber insofern eine weitergehende, als er auch die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Jahresabschlusses zu prüfen hat; insbesondere hat er die Pflicht, den Prüfungsbericht des Abschlußprüfers sachlich auszuwerten und darin enthaltenen Beanstandungen oder Hinweisen nachzugehen (vgl. Adler/Düring/'Schmaltz 4. Aufl. § 171 Tz. 8 — 13). Gleiches gilt für die Überprüfung des Geschäftsberichts durch den Aufsichtsrat. Den Aufsichtsrat treffen die Pflichten des § 171 AktG in bezug auf den Jahresabschluß auch dann, wenn dieser keiner Pflicht. Abschlußprüfung unterliegt. Ist eine Gesellschaft m.b.H. nach den erwähnten Gesetzen aufsichtsratspflichtig, besteht aber keine Prüfungspflicht durch einen Abschlußprüfer, so kann aus der vorgeschriebenen Anwendung des § 171 AktG eine Prüfungspflicht durch einen Abschlußprüfer nicht hergeleitet werden. Es könnte aber zweckmäßig sein, wenn der Aufsichtsrat in Erfüllung seiner Uberwachungspflicht (§111 AktG) und zur Durchführung seiner eigenen Abschluß-Prüfungspflicht, die Geschäftsführer veranlaßt, eine sogen, freiwillige Abschlußprüfung (oben Rdn. 29—34) an dritte Sachverständige in Auftrag zu geben; ggf. hat er der Gesellschafterversammlung eine entsprechende Beschlußfassung vorzuschlagen. Die Frage, in wieweit eine gesetzliche (oder freiwillige) Abschlußprüfung den Aufsichtsrat bei der eigenen Prüfungspflicht entlastet, ist im Rahmen der Rechte und Pflichten eines Aufsichtsrats zu klären (vgl. hierzu Meyer-Landrut in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 111 Anm. 1; im übrigen siehe die Erl. zu § 52).
(318)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
§ 43 Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. Insbesondere sind sie zum Ersätze verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben. Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform
5
I. Allgemeines 1. Regelungsgegenstand 2. Geltungsform a) Streitsund b) Eigene Meinung 3. Haftende Personen; Beginn und Ende der Haftung 4. Keine Haftung der Geschäftsführer für fremde Pflichtverletzung 5. Berücksichtigung des Mitverschuldens bei Pflichtverletzungen von Geschäftsführern und Angestellten II. Sorgfaltspflicht, Absatz 1 1. Doppelfunktion der Sorgfaltspflicht 2. Inhalt der Pflicht zu sorgfältiger Geschäftsführung a) Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft nach außen b) Sorge für die Rechtmäßigkeit der Organisation und der Entscheidungsprozesse innerhalb der Gesellschaft c) Beachtung der den Geschäftsführern als solchen auferlegten Pflichten d) Loyale Zusammenarbeit der Geschäftsführer mit anderen Organen (319)
10 11 11 12 13
19
21 22 22 23
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25
27
28
e) Kollegiale Zusammenarbeit mit anderen Geschäftsführern . . . . f) Beachtung der Regeln sorgfältiger Unternehmensleitung. . g) Aufsichtspflicht bei Geschäftsverteilung III. Treupflicht und Verschwiegenheitspflicht 1. Inhalt der Treupflicht a) Verbot des Einsatzes gesellschaftsrechtlicher Machtbefugnisse zugunsten gesellschaftsfremder Zwecke b) Verbot eigennütziger Ausnutzung der Organstellung c) Gebot zur Rücksichtnahme auf das Gesellschaftsinteresse bei eigener Interessenverfolgung . . d) Pflicht zur Ermöglichung angemessener Kontrolle 2. Verschwiegenheitspflicht a) Umfang b) Verschwiegenheitspflicht im Verhältnis zu anderen Organen c) Fortwirkung über die Amtszeit hinaus d) Das Interesse der Gesellschaft und die Zumutbarkeit für den Geschäftsführer als Grenze der Verschwiegenheitspflicht . . . . e) Kein Zeugnisverweigerungsrecht
29 30 33 36 37
40 41
42 43 44 44 47 50
51 53
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung Rdn.
IV. Pflichten aus dem Anstellungsvertrag
Rdn.
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V. Schadensersatzhaftung gemäß Abs. 2 55 1. Die Sorgfalt des ordendichen Geschäftsmannes als Verschuldensnjaßstab 56 2. Schaden 60 3. Gesamtschuldnerische Haftung . . 62 4. Darlegungs- und Beweislast 66 5. Verhalten auf Weisung oder mit Zustimmung eines weisungsberechtigten Organs 67 a) Haftungsentlastung bei Folgepflicht 67 b) Keine Haftungsbefreiung bei pflichtwidriger Einflußnahme auf die Weisung 73 c) Rechtslage bei rechtswidrigen Weisungen 74 aa) Weisungen durch ein dafür nicht kompetentes Gesellschaftsorgan 75 bb) Nichtige Weisungen 76 cc) Anfechtbare Weisungen . . 80 d) Ausführung der Weisung trotz nachträglicher Lageveränderung 84 6. Verzicht und Vergleich 85 VI. Sonderfälle der Haftung nach Abs. 3
89
VII. Verjährung, Abs. 4 1. Geltungsbereich der fünfjährigen Verjährungsfrist 2. Unzulässigkeit vertraglicher Verlängerung; Einschränkung der Verkürzung
92
VIII.
IX.
X.
92 XI. 96
3. Beginn der Verjährung 97 4. Unterbrechung und Hemmung der Verjährung 98 Keine unmittelbare Geltendmachung der Ansprüche der Gesellschaft durch deren nichtbefriedigte Gläubiger 99 Keine unmittelbare Geltendmachung der Ersatzansprüche der Gesellschaft nach § 43 durch Gesellschafter 101 Haftung der Geschäftsführer gegenüber Gesellschaftern und Dritten aufgrund von Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft 103 1. Haftung der Geschäftsführer gegenüber Gesellschaftern 103 a) Keine Haftung nach § 43 — auch nicht i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB 103 b) Die Mitgliedschaft als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB 105 c) Deliktsschutz über §§ 823 Abs. 2, 826 BGB 109 d) Vertragliche Ansprüche der Gesellschafter gegenüber Geschäftsführern? 110 e) Konkurrenz von Gesellschaftsund Gesellschafteransprüchen — Problem des Doppelschadens 111 2. Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten 112 Gesellschafterhaftung wegen rechtswidriger Einflußnahme auf die Geschäftsführung 117
Schrifttum Canaris, Hauptversammlungsbeschlüsse und Haftung der Verwaltungsmitglieder im Vertragskonzern, Z G R 1978 207; Dose, Die Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder in der Aktiengesellschaft (3. A u f l . 1974); Fleck, Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1974 224; Geßler, Die Haftung des Vorstandes für wirtschaftliche Fehlentscheidungen, NB 1972 Heft 2 S. 13; Goüing, Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder für ihre Geschäftsführung innerhalb der nicht konzerngebundenen A G (1969); Hefermehl, Zur Haftung der Vorstandsmitglieder bei Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen, Festschrift f. Schilling (1973) S. 159; K. Huber, Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens, Festschrift f. E. v. Caemmerer (1978) S. 359; G . Hueck, Zur Verschwiegenheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, R d A 1975 35; Immenga, Die Problematik der Anfechtungsklage im GmbH-Recht, GmbHRdsch. 1973 5; Isele, Die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter in den Mitbestimmungsorganen der Unternehmen, Festgabe Kronstein (1967) S. 1 0 7 f f . ; Keuk(320)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
Knobbe, Das Klagerecht des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft wegen gesetzes- und satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsführung, Festschrift f. Ballerstedt (1975) S. 239; Konow, Probleme der Geschäftsführerhaftung bei der GmbH, GmbH-Rdsch. 1968 219; Lippert, Überwachungspflicht, Informationsrecht und Gesamtschuldnerische Haftung des Aufsichtsrates nach dem Aktiengesetz 1965 (1976); Martens, Die Anzeigepflicht des Verlustes des Garantiekapitals, ZGR 1972 254; Menkens, Zum Anspruch des Arbeitgebers auf Herausgabe von Schmiergeldern, DB 1970 686; Mertens, Zur Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder — Anmerkung zum Urteil des BGH zur Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Bayer-AG, AG 1975 235; Mertens, Deliktsrecht und Sonderprivatrecht — Zur Rechtsfortbildung des deliktischen Schutzes von Vermögensinteressen, AcP 179 1978 227; Mertens, Die Geschäftsführungshaftung in der GmbH und das ITT-Urteil, Festschrift f. Fischer (1979); Mertens, Unternehmensgegenstand und Mitgliedschaftsrecht, AG 1978 309; Meyer-Landrut, Verschwiegenheitspflicht der Aufsichsratsmitglieder, ZGR 1976 510; Rehbinder, Treuepflichten im GmbH-Konzern — Besprechung der Entscheidung BGHZ 65, 15, ZGR 1976 386; Rehbinder, Gesellschaftsrechdiche Probleme mehrstufiger Unternehmensverbindungen, ZGR 1977 581; Reich, Die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des faktischen Organmitgliedes, DB 1967 1663; Rittner, Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder nach BGHZ 64, 325, Festschrift f. Hefermehl (1976) S. 365; Rospatt, Zur Frage des Verjährungsbeginns für Ersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder, BankA 1931/32 496; Schilling, Grundlagen eines GmbH-Konzernrechts, Festschrift f. Hefermehl (1976) S. 383; K. Schmidt, Endastung, Endastungsrecht und Endastungsklage des Geschäftsführers einer GmbH — Versuch einer Neuorientierung, ZGR 1978 425; Schulze zur Wiesche, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach der AO 1977, GmbH-Rdsch. 1978 138; Sonnenberger, Gesellschaftsrechdiche Verantwortlichkeit geschäftsführender Organe von Kapitalgesellschaften, GmbH-Rdsch. 1973 25; Sonnenschein, Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht (1976); Spieker, Die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder eines mehrköpfigen Vorstands in der nicht konzerngebundenen AG, DB 1962 927; Spieker, Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, NJW 1965 1937; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht (1972); Sudhoff, Rechte und Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH (9. Aufl. 1977); Wessing-Hölters, Die Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern nach dem Inkrafttreten des Mitbestimmungsgesetzes, DB 1976 1671; Zimmermann, Vereinbarungen über die Erledigung von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, Festschrift f: Duden (1977) S. 773; w. Nachw. zur Organhaftung in der Kapitalgesellschaft bei Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG und Mertens Kölner KommAktG, jeweils zu § 93 AktG.
Einleitung Die texdich seit 1892 unveränderte Vorschrift regelt die Haftung der Geschäfts- 1 führer gegenüber der Gesellschaft. § 43 basiert auf dem Verschuldensgrundsatz; die ordnungsmäßige — nicht die erfolgreiche — Geschäftsführung wird dem Geschäftsführer zur Pflicht gemacht (zur rechtspolitischen Rechtfertigung vgl. im Hinblick auf die entsprechende Vorschrift des § 93 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 2). Eine unmittelbare Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten statuiert das GmbH-Gesetz nicht, auch nicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern oder den Gesellschaftern (Ausnahme: § 31 Abs. 6; vgl. dort Rdn. 35). Insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften (s. unten Rdn. 103ff.). Als eine auf das Verhältnis des Geschäftsführers zur Gesellschaft ausgerichtete Vorschrift läßt sich § 43 grundsätzlich auch über (321)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§ 823 Abs. 2 BGB nicht zu einer allgemeinen Haftungsnorm erweitern (str.; dazu unten Rdn. 104). Gläubiger der Gesellschaft können deren Ansprüche gegen ihre Geschäftsführer aber pfänden und sich überweisen lassen (§§ 829, 835 ZPO). Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs durch die Gesellschaft unterliegt der Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung gemäß § 46 Nr. 8 (vgl. § 46, 31 ff.). Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft von einzelnen Gesellschaftern geltend gemacht werden darf, vgl. unten Rdn. 101f., zur Frage, ob auf § 43 auch Unterlassungsansprüche gestützt werden können, Rdn. 104. 2 Abs. 1 der Vorschrift enthält einen allgemeinen Auffangtatbestand für alle Pflichtverletzungen der Geschäftsführer und bestimmt zugleich durch die Bezugnahme auf die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes den für Geschäftsführer maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab. Abs. 2 ordnet die Schadensersatzhaftung als Folge der Pflichtverletzung an. Abs. 3 hebt zwei besondere Haftungstatbestände hervor: Bei schuldhaften Verstößen gegen §§ 30 und 33 ist es für die Schadensersatzpflicht der Geschäftsführer unerheblich, daß sie in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben, wenn der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist. Unter dieser Voraussetzung ist auch ein Verzicht der Gesellschaft auf Ersatzansprüche oder ein Vergleich mit den Geschäftsführern unwirksam (vgl. § 9 Abs. 2). Abs. 4 regelt die Verjährung. 3 Neben § 43 sind die besonderen Haftungsvorschriften zu beachten, die Geschäftsführer (vgl. insbes. die Verletzung der Konkursantragspflicht, § 64 Abs. 2) oder Personen betreffen (Anmeldende, Liquidatoren, §§ 9, 57 Abs. 4, 73 Abs. 3), die häufig mit den (späteren, ehemaligen) Geschäftsführern identisch sind. 4 Eine Reihe von Tatbeständen, aus denen sich eine Ersatzpflicht der Geschäftsführer ergeben kann, sind nach den §§ 82 und 84 strafbar. Reform 5
§ 75 RegE 1971 regelt die Haftung der Geschäftsführer in enger textlicher Anlehnung an § 93 AktG. Dies gilt insbesondere für Abs. 1—3 und für Abs. 6. 6 In § 75 Abs. 4 RegE 1971 wird ausdrücklich vorgesehen, daß die Ersatzpflicht der tatbestand der Falschbewertung bei Jahresabschlüssen vorgesehen. Hiernach sollen die Geschäftsführer Dritten gegenüber für eine Uberbewertung, nicht dagegen für eine Unterbewertung, haften, wenn sie zur Folge hat, daß der festgestellte Jahresabschluß die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft insgesamt unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Die Haftung soll grundsätzlich Vorsatz voraussetzen, jedoch bereits bei grob fahrlässiger Verursachung der Uberbewertung eintreten, wenn entweder Gegenstände des Anlagevermögens mit einem höheren Wert als den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die vorgeschriebenen Abschreibungen oder Wertberichtigungen, oder Gegenstände des Umlaufvermögens mit einem höheren als dem nach den Rechnungslegungsvorschriften des RegE 1971 höchstzulässigen Wert angesetzt worden sind. Den Geschäftsführern soll die Beweislast dafür auferlegt werden, daß sie nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben. 7 In § 75 Nr. 4 RegE 1971 wird ausdrücklich vorgesehen, daß die Ersatzpflicht der Geschäftsführer nicht eintreten soll, wenn die Handlung in Ubereinstimmung mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag auf einem Beschluß der Gesellschafter oder einer für die Geschäftsführer verbindlichen Weisung beruht. 8 Die in § 75 RegE 1971 vorgesehene Angleichung des § 43 an § 93 AktG würde nur in wenigen Punkten eine Änderung des geltenden Rechts bedeuten; die wichtigsten Fälle wären die Begrenzung der Verfügung über Ersatzansprüche durch die Gesellschaft in (322)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
gewissen Fällen der Pflichtverletzung (Abs. 5 Satz 2 entsprechend § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG), wobei jedoch die generelle Unzulässigkeit eines Verzichts oder Vergleichs vor Ablauf von drei Jahren nicht übernommen wird, und der mögliche Haftungsdurchgriff der Gesellschaftsgläubiger, die anderweitig keine Befriedigung erlangen, auf die Geschäftsführer (Abs. 6 entsprechend § 93 Abs. 5 AktG). Vorwiegend ist in § 75 RegE 1971 eine Kodifizierung des geltenden Rechts zu sehen, wie es sich in Rechtsprechung und Lehre in Anlehnung an das Aktienrecht entwickelt hat (vgl. auch BegrRegE 1971 zu § 75; zu § 75 Abs. 3 vgl. unten Rdn. 61). Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des GmbH-Gesetzes von 9 1977 berührt das Haftungsrecht nicht unmittelbar; er präzisiert jedoch eine Reihe von Pflichtverletzungstatbeständen durch die Neuformulierung der Strafvorschriften in §§ 82, 82a, 84, 86 GmbH-Gesetz in der Fassung des Entwurfs.
I. Allgemeines 1. Regelungsgegenstand § 43 legt die allgemeine Sorgfaltspflicht der Geschäftsführer bei der Wahrnehmung 10 der Gesellschaftsangelegenheiten fest. Die Vorschrift konkretisiert nicht nur als Sonderfall der positiven Vertragsverletzung eine vertragliche Haftung der Geschäftsführer auf der Grundlage des Anstellungsvertrages, sondern statuiert in erster Linie eine an ihre Organstellung anknüpfende Haftung (vgl. Sonnenberger GmbH-Rdsch. 1973 25 und entsprechend zu § 93 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 8; Mertens Kölner Komm AktG § 93, 2; Schilling Großkomm AktG § 93, 4). Diese Haftung trifft ohne Rücksicht auf das Bestehen eines wirksamen Anstellungsvertrages jeden, der das Amt eines Geschäftsführers ausübt (unten Rdn. 15ff.). Dies wird auch von den Entscheidungen und Autoren nicht grundsätzlich in Frage gestellt, die in § 43 in erster Linie eine an den Anstellungsvertrag anknüpfende Haftung sehen (vgl. Scholz 2; zur Vorstandshaftung RGZ 63 203, 211; BGHZ 41 282, 287; dazu Mertens Kölner KommAktG § 93, 2, 7). Insofern als der Anstellungsvertrag die Pflichten des Geschäftsführers im einzelnen regeln kann, präzisiert er zugleich die haftungsrechtlichen Maßstäbe, denen der Geschäftsführer als Organ unterliegt (Dose S. 113f.). Recht und Praxis [3. Aufl. 1975] S. 125 (mit der unzutreffenden Begründung, eine 2. Geltungsform a) Streitstand. Nach Scholz-Fischer8 2; Brönner-Bünz Die GmbH u. Co. KG in 11 Recht und Praxis [3. Aufl. 1975] S. 125 (mit der unzutreffenden Begründung, eine Haftungsmilderung würde im Verhältnis zu Dritten der GmbH zugute kommen) enthält § 43 insofern zwingendes Recht, als Satzung, Gesellschafterbeschluß oder Anstellungsvertrag die Haftung des Geschäftsführers nicht mildern, sondern allenfalls verschärfen könnten. Eine zwingende Grenze für die Verschärfung dürfte sich allerdings daraus ergeben, daß das GmbH-Gesetz eine Erfolgshaftung ausschließt (so für das AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 14; Mertens Kölner KommAktG Vorbem. § 76, 19). Aus der organschaftlichen Machtposition der Geschäftsführer und ihrer Verantwortlichkeit gegenüber den Minderheitsgesellschaftern und den Gläubigern der GmbH sei zu folgern, daß ihnen — auch soweit sie Gesellschafter sind (RG LZ 2 450; KG GmbH-Rdsch. 1959 257; OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8) - nicht im voraus die Haftung für Fahrlässigkeit erlassen und diese auch nicht auf die Verletzung der eigenüblichen Sorgfalt beschränkt werden dürfe. Dem wird von der Gegenmeinung, die nur Absatz 3 als zwingend ansieht (Baumbach-Hueck 1B; Brodmann 1; Fleck GmbH-Rdsch. (323)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
1974 229; Konow GmbH-Rdsch. 1968 221; Vogel 2) entgegengehalten, außerhalb des Anwendungsbereichs von § 43 Abs. 3 könne die GmbH auf bereits entstandene Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer verzichten oder sie verjähren lassen, und zwar auch dann, wenn die Verfolgung der Ansprüche im Gläubigerinteresse läge. Grenzen würden hier erst unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerbenachteiligung durch die §§ 138, 826 BGB, die Vorschriften des Anfechtungsgesetzes und die §§ 29 ff. KO gesetzt. Innerhalb dieser Grenzen und im Rahmen von § 276 Abs. 2 BGB müsse die GmbH auch die Haftung ihrer Geschäftsführer von vornherein beschränken können (so Fleck aaO). 12 b) Eigene Meinung. Die Frage, ob § 43 einen zwingenden Mindeststandard setzt, erscheint in dieser allgemeinen Form zu undifferenziert. Zunächst sind Abs. 2 und 3 als zwingend anzusehen. Die Verjährung nach Abs. 4 kann gemäß § 225 BGB abgekürzt, aber nicht verlängert werden; insoweit verlangt jedoch Abs. 3 sinngemäße Anwendung; d. h. Verkürzungen der fünfjährigen Verjährungsdauer sind insoweit unbeachtlich, als die Heranziehung der Geschäftsführer zum Schadensersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (str.; vgl. im einzelnen Rdn. 96). Abs. 1 muß als zwingend angesehen werden, soweit es um die Beachtung der allgemeinen Organpflichten des Geschäftsführers geht. Diese Pflichten gewährleisten, indem sie den Geschäftsführer zur ordnungsmäßigen und getreuen Wahrnehmung des Unternehmeninteresses unter Beachtung der Gesetze anhalten, die Interessen aller Gesellschafter, insbesondere auch der Gesellschafterminderheit, und darüber hinaus die Interessen des allgemeinen Rechtsverkehrs. Sie können daher nicht zur Disposition der Gesellschafter gestellt werden. Zwar können diese nachträglich ausdrücklich oder im Wege der Entlastung auf entstandene Ersatzansprüche verzichten; jedoch unterliegt ein entsprechender Beschluß der Anfechtung; auch kann in den Fällen des § 47 Abs. 4 die Mitwirkung der Gesellschaftermehrheit an einem solchen Beschluß ausgeschlossen sein, während diese im Vertrag vorweg, würde man den zwingenden Charakter des § 43 insoweit verneinen, dem Geschäftsführer die Mißachtung von Minderheitsinteressen erleichtern könnte. Bei anstellungsvertraglichen Pflichten der Geschäftsführer, die über Spezifizierung der Pflicht zur ordnungsmäßigen Wahrnehmung der Organfunktion hinausgehen, besteht dagegen keine Notwendigkeit, Abs. 1 als zwingende Vorschrift anzusehen.
3. Haftende Personen; Beginn und Ende der Haftung 13
Von der Haftung werden auch stellvertretende (§ 44) und in analoger Anwendung von § 29 BGB gerichtlich bestellte Geschäftsführer erfaßt, nicht dagegen nach § 57 ZPO bestellte Prozeßvertreter (vgl. dazu § 6, 11; § 35, 65). Für die Haftung des Arbeitsdirektors in mitbestimmten Gesellschaften gelten keine Besonderheiten. Die Haftung nach § 43 läßt sich nicht schon deshalb auf Gesellschafter erstrecken, weil diese Geschäftsführern Weisungen erteilt oder deren Maßnahmen gebilligt haben (so aber Emmerich-Sonnenschein Konzernrecht, 2. Aufl. [1977] S. 240; Scholz-Fischer8 2). Insofern kommt nur eine Haftung der Gesellschafter untereinander in Betracht. Diese kann nach Maßgabe der ITT-Entscheidung des BGH (BGHZ 65 15; vgl. dazu § 45, 22 mit Besprechungsnachw.) unter dem Gesichtspunkt der Treupflichtverletzung auf Leistung von Schadenersatz an die Gesellschaft gehen; ist das Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB betroffen, so kann dieser unmittelbar Ersatz seines eigenen Schadens verlangen (vgl. dazu unten Rdn. 105ff.). Aus dem ITT-Urteil läßt sich dagegen nicht, wie allerdings manchmal angenommen wird (vgl. Rehbinder ZGR 1976 391 und ZGR 1977 639 m. w. Nachw.; Schilling Festschrift Hefermehl, S. 385 f. sowie unten § 47, 77; dagegen im einzelnen Mertens Festschrift Fischer), generell eine Gesellschafterhaftung wegen fehlerhafter faktischer Geschäftsführung (324)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
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herleiten. Nur wo ein Gesellschafter gesetzliche Funktionen des Geschäftsführers ausübt, kann seine Haftung als faktischer Geschäftsführer (dazu unten Rdn. 15ff.) in Betracht kommen. Wenn Emmerich-Sonnenschein argumentieren, die Rücksichtspflicht der Mehrheit richte sich inhaltlich jeweils nach den Pflichten desjenigen Organs, an dessen Stelle sie sich de facto setze, bei Weisungen an die Geschäftsführer also nach den diesen obliegenden Pflichten, daher sei bei treupflichtwidriger Weisung § 43 entsprechend anwendbar, und zwar nicht nur zugunsten der Gesellschaft selbst, sondern auch als Bezugsnorm des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Minderheit, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Ableitung von Minderheitsansprüchen aus § 43 systemwidrig und auch durch BGHZ 65 15 nicht geboten ist (dazu unten Rdn. 102, 104) und daß sich im übrigen die Weisungserteilung als Ausübung eines Rechts der Gesellschafterversammlung darstellt, die sich damit keineswegs auf gleiche Stufe mit den Geschäftsführern begibt. Im Gegenteil — da sie nicht wie ein Geschäftsführer als Treuhänder der Gesellschaft handelt, steht sie in der unternehmerischen Zielkonzeption und damit auch in der Entscheidung der Frage, was für die Gesellschaft als Vor- oder als Nachteil zu gelten hat, viel freier dar als dieser. Inhalt ihrer Treupflicht gegenüber der Minderheit ist daher nicht ohne weiteres die Sorgfalt, wie sie den als Treuhänder tätigen Geschäftsführer trifft (a. A. Immenga GmbH-Rdsch. 1973 9). Auch wird zwar bei Inanspruchnahme der Mehrheit durch die Minderheit vielfach unter dem Gesichtspunkt der Beweisnähe die gewohnheitsrechtliche Beweislastumkehr im Rahmen des § 43 (dazu unten Rdn. 66) geboten sein, aber doch nicht immer, so daß es sachgerechter erscheint, den Gerichten insoweit Spielraum zu lassen und sie nicht strikt an § 43 zu binden. Die Haftung beginnt mit der Annahme des Amtes (RGZ 144 348 für die AG); auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an. Die Haftung setzt bereits im Gründungsstadium ein (so RGZ aaO 356), bezieht sich also auch auf Maßnahmen vor Eintragung der Gesellschaft. Die Vorschrift des § 11 gilt insoweit nicht, da sie nur das Verhältnis der GmbH und der für sie Handelnden gegenüber Dritten betrifft (vgl. § 11, 78). Die Haftung tritt auch dann ein, wenn die Bestellung an Mängeln leidet, der Bestellte aber geschäftsfähig ist und die Funktionen eines Geschäftsführers mit Wissen der Gesellschaft (zu dieser Voraussetzung § 35, 273) tatsächlich ausübt (vgl. RGZ 144 384, 387; 152 273, 277; RG JW 1911 330; RG HRR 1936 Nr. 1176; BGHZ 47 341, 343; Baumbach-Hueck 1B; Scholz 2; Vogel 8; Geßler NB 1972 Heft 2, S. 13; w. Nachw. aus dem aktienrechtlichen Schrifttum bei Mertens in Kölner KommAktG § 93, 7). Das gleiche gilt, wenn der Geschäftsführer von einer nichtigen GmbH bestellt ist (so für die AG RGSt 43 407, 413; Schilling GroßkommAktG § 93, 5). Da Leitungs- und Überwachungsfunktionen, wie sie normalerweise den Geschäftsführern obliegen, vertretungsweise weitgehend auch von Nichtgeschäftsführern wahrgenommen werden können, reicht allein die Ausübung solcher Funktionen durch Personen, die nicht wirksam zu Geschäftsführern bestellt worden sind, zur Begründung der Haftung nach § 43 nicht aus. Es muß sich vielmehr aus den Umständen ergeben, daß eine solche Person als Geschäftsführer gehandelt hat. Dies trifft dann zu, wenn sie Akte vornimmt, die diesem als Organ vorbehalten sind (vgl. dazu § 37, 7). Im übrigen wird § 43 durchweg nur dann zur Anwendung kommen können, wenn immerhin ein tatsächlicher Bestellungsakt vorliegt (Reich DB 1967 1664 f. und im Hinblick auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsführer RGSt 64 81, 84; 71 112; 72 187, 191; BGHSt 21 101; dagegen läßt BGHSt 32 37f. die Frage offen, ob ein Bestellungstatbestand vorliegen muß. Nicht auf einen faktischen Bestellungsakt stellen bei der Aktiengesellschaft ab: BGHZ 41 282, 287, Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 8 und in strafrechtlicher Hinsicht BGH DB 1966 1349). (325)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Die Haftung endet nicht schon mit der rechtlichen Beendigung der Bestellung, sondern erst, wenn der Geschäftsführer seine Funktionen tatsächlich nicht mehr ausübt. Er kann also weiterhin nach § 43 zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er trotz abgelaufener Amtszeit noch für die GmbH tätig ist (BGHZ 47 341, 343). Nach RG SeuffArch 93 310 haftet das ausgeschiedene Vorstandsmitglied selbst dann, wenn es nur im Rahmen einer Gefälligkeit nochmals in seiner früheren Eigenschaft für die Gesellschaft tätig wird, nach den Grundsätzen der Organhaftung. 4. Keine Haftung der Geschäftsführer für fremde Pflichtverletzung
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§ 43 begründet eine Haftung der Geschäftsführer für eigene schuldhafte Pflichtverletzung. Weder der Gesellschaft noch Dritten gegenüber haftet ein Geschäftsführer nach § 831 BGB oder nach § 278 BGB für Angestellte der GmbH; denn deren Geschäftsherr ist allein die Gesellschaft; ausschließlich ihr gegenüber haben sie ihre dienstvertraglichen Pflichten zu erfüllen, nicht gegenüber dem Geschäftsführer selbst (BGH NJW 1974 1371). Sie werden auch insoweit nicht zu Erfüllungsgehilfen der Geschäftsführer, als diese sie zu Leitungs- oder allgemeinen Verwaltungsaufgaben heranziehen. Die Geschäftsführer üben dabei nur das Direktionsrecht der GmbH aus und konkretisieren die dienstvertraglichen Pflichten der Angestellten dieser gegenüber. Das gilt selbst für den zur unechten Gesamtvertretung berufenen Prokuristen, der einen Geschäftsführer bei der Vertretung der Gesellschaft ersetzt. Er ist nicht dessen Erfüllungsgehilfe, sondern handelt aus eigener Verantwortung gegenüber der GmbH (BGHZ 13 61, 65; 62 166, 171f.). Daran kann sich auch dann nichts ändern, wenn leitende Angestellte oder Prokuristen mit solchen Geschäftsführungsaufgaben betraut werden (z. B. Oberwachungspflicht), bei denen sich die Geschäftsführer ihrer Organverantwortlichkeit durch Delegation der Aufgabe auf einen Angestellten grundsätzlich nicht begeben können (anders wohl BGHZ 13 61 in einem obiter dictum und Fleck GmbH-Rdsch. 1974 225, der § 278 BGB anwenden will, wenn sich der Geschäftsführer zur Erfüllung eigener Pflichten — wie eben der Überwachungspflicht — eines Prokuristen bediene; Fleck postuliert hier offenbar eine dem geltenden Recht unbekannte Grenzlinie zwischen Pflichten eines Geschäftsführers, die dieser namens der Gesellschaft, und Pflichten, die er nur im eigenen Namen delegieren kann). Eine Haftung des Geschäftsführers für Hilfspersonen kann gegenüber der Gesellschaft nur dann in Betracht kommen, wenn er diese nicht zu Geschäftsführungszwecken, sondern zur Erfüllung eigener Verbindlichkeiten oder zu Verrichtungen im Verhältnis zur Gesellschaft einsetzt, die nicht zum Vollzug seiner Aufgaben als Geschäftsführungsorgan gehören ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 31). Betraut ein Geschäftsführer Angestellte mit Geschäftsführungsaufgaben, die er nach Lage der Dinge selbst wahrnehmen mußte, überwacht er die Ausführung delegierter Aufgaben nicht intensiv genug oder beauftragt er ungeeignete Angestellte, so haftet er unmittelbar aufgrund seiner Verantwortlichkeit für angemessene Anleitung, Beaufsichtigung und Organisation der Hilfskräfte oder für unzulässige Delegation einer Aufgabe, nicht aber infolge eines Verschuldens des beauftragten Angestellten. Dritten gegenüber kommt eine Haftung des Geschäftsführers für Angestellte nach § 278 BGB oder nach § 831 BGB nur dann in Betracht, wenn er sich ihrer zu einer Tätigkeit bedient, für die ihn nach dem Gesetz eine eigene, nach deliktischen oder vertraglichen Grundsätzen zu behandelnde, persönliche Verantwortung trifft; dies gilt etwa für die Haftung aufgrund nachteiliger Weisungen nach § 309 Abs. 2 AktG. 20 Weder § 43 noch §§ 278, 831 BGB vermögen die Haftung eines Geschäftsführers für das Verhalten anderer Geschäftsführer zu begründen. Dies gilt auch, wenn der (326)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
betreffende Geschäftsführer von einem anderen Geschäftsführer untervertreten wird. Allerdings kommt eine eigene Haftung des Geschäftsführers nach § 43 in Betracht, wenn er gegen — ihm bekanntes oder schuldhaft unbekannt gebliebenes — rechtswidriges Verhalten der übrigen Geschäftsführer nicht einschreitet oder wenn er sich an der Ausführung rechtswidriger Beschlüsse des Geschäftsführergremiums beteiligt (dazu unten Rdn. 33ff., 26). Auf das Mitverschulden eines anderen Geschäftsführers kann sich der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft nicht berufen (vgl. unten Rdn. 64). 5. Berücksichtigung des Mitverschuldens bei Pflichtverletzungen von Geschäftsführern und Angestellten Ersatzpflichtige Angestellte können sich grundsätzlich auch nach §§ 254, 31 BGB 21 der GmbH gegenüber auf ein Mitverschulden der Geschäftsführer berufen; denn die GmbH darf ihr Organrisiko auch dann nicht auf ihre Angestellten abwälzen, wenn zwischen Organmitgliedern und Angestellten gesamtschuldnerische Haftung anzunehmen ist (a. A. möglicherweise Fleck aaO 226). Voraussetzung ist allerdings, daß deren Handeln überhaupt noch im Bereich der Geschäftsführung für die GmbH liegt. Das ist z. B. dann nicht mehr der Fall, wenn ein Geschäftsführer eine Verfälschung der Geschäftsunterlagen anordnet und einem Angestellten Sonderzuwendungen gewährt, die dessen Anstellungsvertrag nicht vorsieht (vgl. BAG GmbH-Rdsch. 1975 114). Dagegen wird die Schadensersatzpflicht der Geschäftsführer nach § 43 durch das Mitverschulden eines Angestellten nicht nach § 254 BGB gemindert. Insofern ist davon auszugehen, daß die gesamtschuldnerische Haftung von Geschäftsführern und Angestellten gegenüber der Gesellschaft die Berufung auf § 254 BGB ausschließt. II. Sorgfaltspflicht, Absatz 1 1. Doppelfunktion der Sorgfaltspflicht Absatz 1 gibt zum einen den Sorgfaltsmaßstab an, dem Geschäftsführer unter- 22 liegen; die Vorschrift ist insofern funktionell § 276 BGB vergleichbar. Der Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht begründet die Rechtswidrigkeit einer die Gesellschaft schädigenden Handlung (vgl. dazu Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 9; Mertens Kölner Komm AktG § 93, 12 f.) und zugleich das zur Haftung erforderliche Verschulden. Als Verschuldensmaßstab fungiert die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes darüber hinaus immer dann, wenn ein Geschäftsführer seine durch Gesetz, Satzung, Gesellschafterbeschluß oder Anstellungsvertrag tatbestandlich ausgeformten Pflichten der GmbH gegenüber verletzt. Zum anderen stellt Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 aber auch eine selbständige Anspruchsgrundlage dar, die auf der pflichtwidrigen Nachteilszufügung aufbaut. Für diese Anspruchsgrundlage ist tatbestandsmäßig allein die Zufügung eines Nachteils (zu subjektiven Elementen, die in diesen Begriff eingehen können, vgl. unten Rdn. 60); die Nachteilszufügung ist rechtswidrig, wenn der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht beachtet hat; bei Schuldfähigkeit des betreffenden Geschäftsführers ist damit infolge des objektivierten Fahrlässigkeitsbegriffs, den Absatz 2 statuiert, grundsätzlich auch die subjektive Vorwerfbarkeit zu bejahen. 2. Inhalt der Pflicht zu sorgfältiger Geschäftsführung Mit dem Hinweis auf die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes ist das gleiche gemeint wie mit dem „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter" in § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG (Baumbach-Hueck 2A). Es geht um die Sorgfalt, die ein ordentlicher (327)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen einzuhalten hat (RGZ 64 257; OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8f.; Baumbach-Hueck 2 h). Insofern gelten für die Sorgfaltspflicht eines Geschäftsführers ähnlich wie für die des Vorstandsmitglieds einer AG (dazu Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 12; Mertens Kölner KommAktG § 93, 31) grundsätzlich schärfere Anforderungen, als sie allgemein an einen ordentlichen Geschäftsmann zu stellen sind. Im einzelnen empfängt der Maßstab des ordentlichen Geschäftsmannes seine Ausgestaltung durch die besondere Lage des Falles (Scholz 2). Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht variieren nach Art, Größe und Situation des Unternehmens, der Bedeutung einer Geschäftsführungsmaßnahme und den besonderen Aufgaben des einzelnen Geschäftsführers (dazu entsprechend für Vorstandsmitglieder Hefermehl aaO); z. B. sind an den Geschäftsführer einer kleineren GmbH mit idealen Zwecken andere Ansprüche zu stellen als an den Geschäftsführer einer großen Handels- oder Industriegesellschaft. Dagegen hängen die Anforderungen an einen Geschäftsführer nicht von dessen individuellen Fähigkeiten ab (vgl. unten Rdn. 56). Unvollständigkeit oder Funktionsunfähigkeit des Geschäftsführergremiums entbinden den einzelnen Geschäftsführer nicht von der Pflicht, seine Organfunktion soweit als möglich wahrzunehmen; dazu gehört in dieser Situation auch die Aufgabe, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um eine Beeinträchtigung der Gesellschaft zu vermeiden, die Auswirkungen des Mangels zu begrenzen und zu einer Überwindung beizutragen (vgl. RG BankA 1934/35 529). Oberstes Gebot für eine ordentliche Geschäftsführung ist es, im Rahmen des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrags, der für die Geschäftsführung verbindlichen Beschlüsse anderer Organe der Gesellschaft und unter der gebotenen Berücksichtigung der Interessen der öffendichkeit und der Arbeitnehmer an dem von der Gesellschaft betriebenen Unternehmen (vgl. dazu § 35 Rdn. 4ff.) den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden (RG Recht 1930 Nr. 823; Baumbach-Hueck 2 B ; Sonnenberger GmbH-Rdsch. 1973 28). Dieses Gebot darf allerdings nicht so verstanden werden, daß ein Geschäftsführer alle Maßnahmen zu unterlassen hätte, die möglicherweise der Gesellschaft zum Nachteil gereichen könnten; denn den Geschäftsführer trifft keine Erfolgshaftung. Handelt er im Rahmen des normalen unternehmerischen Wagnisses, so läßt sich daraus, daß das Geschäft zum Nachteil der Gesellschaft ausschlägt, noch keine Pflichtverletzung ableiten (Geßler NB 1972 Heft 2, S. 16; Sonnenberger aaO). Im einzelnen lassen sich aus diesem Gebot vor allem die im folgenden unter a)—g) dargelegten Richdinien gewinnen. 24
a) Sorge für das rechtmäßige Verhalten der Gesellschaft nach außen. Die Geschäftsführer haben für ein gesetzmäßiges Verhalten der Gesellschaft nach außen zu sorgen. Sie haften der Gesellschaft auch für den Schaden aus solchen Gesetzes verstoßen, mit denen sie deren Interessen zu fördern trachteten. Bei zweifelhafter Rechtslage dürfen sich Geschäftsführer zwar auf den für die Gesellschaft günstigen Standpunkt stellen und damit das Risiko eingehen, daß dieser nachträglich eine Gesetzesverletzung vorgeworfen wird. Sie haben aber auch dieses Risiko zu berücksichtigen und die Ausnutzung einer objektiv zweifelhaften Rechtslage zu unterlassen, wenn sich aus einer Entscheidung der Behörden oder der Gerichte zuungunsten der Gesellschaft unverhältnismäßig schwere Nachteile ergeben könnten.
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b) Sorge für die Rechtmäßigkeit der Organisation und der Entscheidungsprozesse innerhalb der Gesellschaft. Die Geschäftsführer haben die Gesetzmäßigkeit und Satzungstreue der Organisation und des Entscheidungsprozesses innerhalb der Gesellschaft zu (328)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
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wahren. Jeder Geschäftsführer ist dafür verantwortlich, daß die Beschlüsse der Geschäftsführer über Geschäftsführungsfragen dem Gesetz und der Satzung entsprechen. Uberstimmte Geschäftsführer müssen alles Zumutbare unternehmen, um die Aus- 26 führung eines rechtswidrigen Beschlusses zu verhindern (vgl. Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt Kropff AktG § 93, 27; Mertens Kölner KommAktG § 77, 22). Dazu kann je nach Lage der Dinge über die Verweigerung der Ausführung hinaus die Anrufung der Gesellschafterversammlung oder gegebenenfalls eines Kontrollorgans gehören. Erhebt die Gesellschafterversammlung daraufhin gegen die Durchführung des Beschlusses keine Einwände, so können damit nach Maßgabe des in Rdn. 67ff. Ausgeführten Ersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer entfallen. Die Erfolglosigkeit eines Appells an ein Kontrollorgan kann den Geschäftsführer dagegen grundsätzlich nicht von der Haftung für die Ausführung eines rechtswidrigen Beschlusses entlasten (Spieker DB 1962 930; Schilling GroßkommAktG § 93, 22; anders Godin-Wilhelmi AktG § 77, 6). Um seine Haftung auszuschließen, braucht ein Geschäftsführer aber nicht sein Amt niederzulegen; es genügt, wenn er sich an der Ausführung des Beschlusses nicht beteiligt ( H e f e r m e h l aaO; Mertens aaO; Schilling aaO; anders Meyer-Landrut GroßkommAktG § 77, 3). Einen Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter und in dieser Eigenschaft zur Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses berechtigt ist, trifft auch keine Pflicht, von dieser ihm als Gesellschafter zustehenden Befugnis Gebrauch zu machen. Der Geschäftsführer, dem die Ausführung eines rechtswidrigen Beschlusses vorgeworfen wird, kann sich zu seiner Entlastung nicht darauf berufen, daß sonst ein anderer Geschäftsführer tätig geworden wäre; denn der Hinweis auf ein Alternatiwerhalten, das seinerseits rechtswidrig gewesen wäre, ist im Rahmen der Schadensersatzhaftung unbeachtlich. c) Beachtung der den Geschäftsführern als solchen auferlegten Pflichten. Gemäß 27 § 130 OWiG haben Geschäftsführer für Aufsichtsmaßnahmen zu sorgen, um im Betrieb oder Unternehmen der Gesellschaft Zuwiderhandlungen gegen die Pflichten zu verhindern, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer auferlegt sind (zur Frage, inwieweit § 130 OWiG als Bezugsnorm für § 823 Abs. 2 BGB in Betracht kommt, vgl. unten Rdn. 109). d) Loyale Zusammenarbeit der Geschäftsführer mit anderen Organen. Mit den 28 anderen Organen der GmbH müssen die Geschäftsführer loyal zusammenarbeiten. Sie haben die entsprechenden Berichts- und Auskunftspflichten wahrzunehmen, gegebenenfalls erforderliche Weisungen und Genehmigungen einzuholen und zu befolgen und Abschlußprüfern die erforderlichen Aufschlüsse zu geben. Notfalls muß ein Geschäftsführer persönlich ein Kontrollgremium informieren, wenn die Geschäftsführung in ihrer Gesamtheit nicht pflichtgemäß berichtet (vgl. dazu BGHZ 20 239, 246; 47 341, 352; BGH AG 1978 162, 165). Die Verletzung der Berichtspflicht über das fehlerhafte Verhalten eines Geschäftsführers kann im Hinblick darauf, daß das Uberwachungsorgan bei Kenntnis der Sachlage Maßnahmen zur Verhütung weiterer Pflichtverletzungen getroffen hätte, zur Haftung aller Geschäftsführer für den von diesem Geschäftsführer noch angerichteten Schaden führen (BGH AG aaO). e) Kollegiale Zusammenarbeit mit anderen Geschäftsführern. Mehrere Geschäfts- 29 führer haben untereinander kollegial zusammenzuarbeiten und dabei um einen internen Ausgleich von Gegensätzen bemüht zu sein. Ein Geschäftsführer haftet für einen der Gesellschaft entstehenden Schaden, wenn er, ohne den Versuch einer innergesellschaftlichen Klärung des Sachverhalts zu unternehmen, einen anderen Geschäftsführer bei einer Aufsichtsbehörde verdächtigt oder diese sonst zur Einleitung einer Untersuchung gegen die Gesellschaft veranlaßt (vgl. auch BGH WM 1966 968). (329)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
f) Beachtung der Regeln sorgfältiger Unternehmensleitung. Zur Pflicht des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gehört es, das Unternehmen unter Berücksichtigung gesicherter und praktisch bewährter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und unter Beachtung aller maßgeblichen Rechtsvorschriften zu leiten, sich über alle unternehmenspolitisch relevanten wirtschaftlichen Umstände und Entwicklungen zu orientieren und sich stets ein genaues Bild von der Lage des Unternehmens, insbesondere seiner Rentabilität und Liquidität, dem Gang der Geschäfte, der Umsatzentwicklung und der Konkurrenzfähigkeit seines Angebots, zu machen. Gegebenenfalls sind die Gesellschafter auf ein Ungleichgewicht zwischen Kapitalausstattung und Umfang der unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft eindringlich hinzuweisen. Auch müssen die Geschäftsführer von sich aus bedacht sein, ein solches Ungleichgewicht durch entsprechende Geschäftsführungsmaßnahmen zu vermeiden. Stets sind bei Entscheidungen über unternehmenspolitische und finanzwirtschaftliche Alternativen auch die steuerlichen Folgen abzuklären und in Rechnung zu stellen. Die Geschäftsführer haben dafür Sorge zu tragen, daß über alle Geschäfte, die für Rentabilität und Liquidität von erheblicher Bedeutung sein können, auf der Geschäftsführerebene selbst entschieden wird; sie haben die Organisation des Unternehmens, die Personalpolitik und die Betriebsabläufe persönlich so weit in der Hand zu behalten, daß ihnen Fehlentwicklungen erheblichen Ausmaßes nicht verborgen bleiben können. 31 Die Geschäftsführer sind dafür verantwortlich, daß Ansprüche der Gesellschaft, deren Verfolgung wirtschaftlich sinnvoll erscheint, nach Kräften durchgesetzt werden (KG GmbH-Rdsch. 1959 257); doch kann die Preisgabe von Ansprüchen aus Anstandsrücksichten gerechtfertigt sein (RG JW 1911 223 f.). 32 Zur sorgfältigen Unternehmensleitung gehört es, unangemessene Risiken (vgl. dazu auch BGH AG 1978 79, 81) zu vermeiden. Ob eine Maßnahme innerhalb des erlaubten Risikos liegt, ist nach den Entscheidungsalternativen und Erkenntnismöglichkeiten zur Zeit ihrer Vornahme zu beurteilen ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 13). Aus der treuhänderischen Stellung der Geschäftsführer ist nicht zu folgern, daß ihnen ein engerer Risikospielraum gezogen werden müßte als dem ordentlichen Geschäftsmann im allgemeinen (Geßler NB 1972 Heft 2, S. 14f.). Spekulationsgeschäfte oder sonst gewagte Geschäfte sind nicht stets unangemessen (RG DR 1939 2164; WarnRspr. 1934 Nr. 190). Ein erlaubtes Risiko liegt nicht schon immer dann vor, wenn zur Zeit der Vornahme eines Geschäftes die Wahrscheinlichkeit bestand, es werde sich für die Gesellschaft als günstig erweisen (vgl. RGZ 129 272 , 275; Schilling GroßkommAktG § 93, 15); vielmehr ist stets auch zu berücksichtigen, ob der unwahrscheinliche, aber nicht auszuschließende negative Ausgang des Geschäftes zu unangemessen hohen Risiken für Bestand und Entwicklung der Gesellschaft führen könnte. Zur Haftung der Geschäftsführer für die leichtfertige Gewährung von Krediten, insbesondere von ungesicherten Warenkrediten, an vermögenslose Kunden vgl. LG Hagen BB 1976 1093.
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g) Aufsichtspflicht bei Geschäftsverteilung. Ist einem Geschäftsführer durch Satzung, Geschäftsordnung, Anstellungsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluß ein bestimmter Aufgabenbereich innerhalb der Geschäftsführung zugewiesen, so tragen die anderen Geschäftsführer nicht die volle Verantwortung für das betreffende Arbeitsgebiet (RGZ 91 72, 77; Spieker DB 1962 927f.; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 26 m. w. Nachw.). Jedoch bleiben auch bei einer Geschäftsverteilung alle Geschäftsführer für die Gesetz- und Zweckmäßigkeit des gesamten Geschäftsbetriebs verantwortlich. Ergeben sich Anhaltspunkte, daß ein Geschäftsführer seinen Pflichten nicht gerecht wird, so muß jeder Geschäftsführer unverzüglich eingreifen (RGZ 98 98, 100; RG HRR 1941 Nr. 132; vgl. auch BGHZ 13 65; 15 78; Baumbach-Hueck 3 D; Scholz 2). Jedes Mitglied der Geschäftsführung ist verpflichtet, dafür zu sorgen, daß es (330)
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über Informationen aus den anderen Geschäftsbereichen verfügt, die ausreichend sind, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, ob diese ordnungsgemäß geleitet werden. Für die Frage, in welchem Maße einem Geschäftsführer eine Ubergreifende Aufsichtstätigkeit zuzumuten ist, muß aber bei einer fachlichen Spezifizierung der Ressorts von der Grenze der fachlichen Kompetenz des nicht unmittelbar zuständigen Geschäftsführers ausgegangen werden ( H e f e r m e h l aaO). Sind Entscheidungen durch Beschlußfassung des gesamten Geschäftsführergremiums 34 zu treffen, so muß sich jeder Geschäftsführer ein selbständiges Urteil über den Beschluß- ' gegenständ bilden. Er muß nötigenfalls auch die Entscheidungsunterlagen prüfen. Haben die Geschäftsführer die Geschäfte unter sich in unzulässiger Weise aufgeteilt, 35 so bleibt der einzelne Geschäftsführer umfassend verantwortlich (vgl. RGZ 12 74, 76; Hefermehl aaO). Auch eine rein faktische Aufteilung der Geschäfte im Sinne einer internen Arbeitsteilung unter den Geschäftsführern entlastet den einzelnen Geschäftsführer nicht von seiner Verantwortung für die von anderen wahrgenommenen Geschäftsbereiche (RGZ 98 98, 100; Golling S. 52 ff.; Scholz 2). Im Einzelfall kann jedoch ein Geschäftsführer entlastet sein, wenn er sich im Hinblick auf Kompetenz und Persönlichkeit des handelnden Geschäftsführers auf ordnungsgemäße Geschäftsführung verlassen durfte (RGZ 91 77; RG HRR 1929 Nr. 750; Geßler NB 1972 Heft 2, S. 19; Spieker BB 1962 927f.).
III. Treupflicht und Verschwiegenheitspflicht Als besondere Pflichtkomplexe lassen sich aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht die 36 Treupflicht und die Verschwiegenheitspflicht der Geschäftsführer ausgrenzen. 1. Inhalt der Treupflicht Den Geschäftsführer trifft — wie allgemein das Verwaltungsmitglied einer Kapital- 37 gesellschaft — als Organ mit treuhänderischer Funktion und besonderer Vertrauensstellung eine über § 242 BGB hinausgehende Treupflicht (BGHZ 10 187, 192; 49 30; BGH GmbH-Rdsch. 1968 141; BGH GmbH-Rdsch. 1977 43; Baumhach-Hueck § 35 Anh. 2; aus dem aktienrechtlichen Schrifttum Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 76, 8; Mertens Kölner KommAktG § 93, 20ff.; Meyer-Landrut GroßkommAktG S 76, 9ff.). Die Treupflicht der Geschäftsführer wirkt über ihre Amtszeit hinaus (BGH GmbH- 38 Rdsch. 1977 43f.). Insbesondere darf ein ausgeschiedener Geschäftsführer die Vollziehung von der GmbH abgeschlossener Verträge weder durch Abwicklung auf eigene Rechnung noch in sonstiger Weise beeinträchtigen oder vereiteln. Der BGH spricht aaO davon, daß der Geschäftsführer die Ergebnisse aus der Erfüllung seiner Dienstpflichten nicht nachträglich wieder abbauen dürfe, so daß insofern seine Treupflicht als Unterlassungspflicht fortwirke. Ein allgemeines nach vertragliches Wettbewerbs verbot folgt aus der nachwirkenden Treupflicht nicht; denn der ausgeschiedene Geschäftsführer hat keine Pflicht mehr, die künftige Geschäftstätigkeit der GmbH zu fördern oder jedenfalls durch eigene geschäftliche Zurückhaltung wirtschaftliche Nachteile der GmbH zu vermeiden (BGH aaO). Im einzelnen sind unter a)—d) folgende Konkretisierungen der Treupflicht hervor- 39 zuheben. a) Verbot des Einsatzes gesellschaftsrechtlicher Machtbefugnisse zugunsten ge- 40 sellschaftsfremder Zwecke. Die Treupflicht verbietet den Geschäftsführern, ihre gesell(331)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
schaftsrechtlichen Machtbefugnisse zugunsten gesellschaftsfremder Zwecke zu benutzen, z. B. Gesellschaftsmittel zum Zwecke der Erhaltung ihres Amtes einzusetzen. 41
b) Verbot eigennütziger Ausnutzung der Organstellung. Geschäftsführer dürfen ihre Organstellung nicht zu ihren eigenen Gunsten auf Kosten der Gesellschaft ausnutzen, z. B. Schmiergelder annehmen, Provisionen vereinbaren, die letztlich zu Lasten der Gesellschaft gehen (RGZ 96 53) oder Erwerbschancen der Gesellschaft an sich ziehen. , Hier wird durchweg neben § 43 auch § 687 Abs. 2 BGB eingreifen (Menkens DB 1970 686; zur Gewinnhaftung allgemein König Festschrift v. Caemmerer [1977] 179). Im Geschäftszweig der GmbH darf der Geschäftsführer selbst dann keine Geschäfte für eigene Rechnung machen, wenn ihm das nicht ausdrücklich verboten ist (st. Rspr.: BGHZ 49 31; BGH GmbH-Rdsch. 1965 194 m. Anm. Winter; BGH GmbH-Rdsch. 1977 43). Ob ein Geschäftsführer außerhalb des Geschäftszweigs der Gesellschaft eigene Geschäfte machen darf, hängt von der Ausgestaltung seiner Stellung im einzelnen ab (BaumbachHueck § 35 Anh. 2; Scholz § 35, 8), wird aber auch ohne ausdrückliches Verbot jedenfalls dann durchweg zu verneinen sein, wenn solche Geschäfte einen nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordern und der Geschäftsführer der Gesellschaft seinen vollen Arbeitseinsatz schuldet. Das Wettbewerbsverbot sollte in § 71 RegE 1971 eine ausdrückliche Regelung finden, die im wesentlichen § 88 AktG nachgebildet war. Nur sollten nach § 71 Abs. 1 RegE 1971 die Gesellschafter - nicht, wie nach § 88 Abs. 1 AktG, der Aufsichtsrat — zur Erteilung der Befreiung zuständig sein. Die für die Sanktionen, nämlich Schadensersatzanspruch und Eintrittsrecht der Gesellschaft, vorgesehene kurze Verjährung von drei Monaten sollte nach § 71 Abs. 3 RegE 1971 von dem Zeitpunkt an laufen, zu dem alle Gesellschafter oder, sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat hat, alle Aufsichtsratsmitglieder von der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung Kenntnis gewonnen haben; nach § 88 Abs. 3 AktG kommt es demgegenüber auf die Kenntnis der übrigen Vorstandsmitglieder und der Aufsichtsratsmitglieder an. In Übereinstimmung mit § 88 Abs. 3 AktG sah § 71 Abs. 3 RegE 1971 außerdem eine fünfjährige Verjährung ohne Rücksicht auf die Kenntnis der Gesellschaft vor. — Im Hinblick darauf, daß das Eintrittsrecht im Falle des Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot nicht nur in § 88 Abs. 2 AktG, sondern auch in §§ 61 Abs. 1, 113 Abs. 1 HGB normiert ist und daher — wie durch den RegE 1971 bestätigt wird — als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens angesehen werden kann, erscheint es auf den GmbH-Geschäftsführer analog anwendbar, und zwar einschließlich der kurzen Verjährung von drei Monaten, die sich in allen Fällen der Statuierung des Eintrittsrechts findet (§ 88 Abs. 3 AktG, §§ 61 Abs. 2, 113 Abs. 3 HGB). Ihr Beginn ist sachgerechterweise mit § 71 Abs. 3 RegE 1971 auf den Zeitpunkt festzulegen, zu dem alle Gesellschafter oder auch gegebenenfalls alle Aufsichtsratsmitglieder vom Wettbewerbsverstoß Kenntnis erlangt haben. Für den Schadensersatzanspruch der Gesellschaft aus § 43 muß es dagegen mangels einer spezifischen Regelung bei der hier in Abs. 4 angeordneten fünfjährigen Verjährung verbleiben. Für Ansprüche nach § 687 Abs. 2 BGB gilt die allgemeine dreißigjährige Verjährung. Das Verbot eigennütziger Ausnutzung der Organstellung steht einer Kreditgewährung des Geschäftsführers an sich selbst oder an einen anderen Geschäftsführer im Wege, sofern nicht eine Gestattung der Gesellschaft vorliegt oder vorausgesetzt werden kann. Zum Verbot der Kreditgewährung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft siehe unten Rdn. 61. Da dieses Verbot Umgehungssachverhalte einschließt, kann die für diesen Fall in § 72 RegE 1971 vorgesehene ausdrückliche Regelung bereits als geltendes Recht angesehen werden. Danach darf den Geschäftsführern, anderen gesetzlichen Vertretern, Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigten Handlungsbevollmächtigten, deren Ehegatten, minderjährigen Kindern oder Dritten, die für Rechnung dieser Personen handeln, auch mit Zustimmung (332)
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der Gesellschafter Kredit nicht aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden. c) Gebot zur Rücksichtnahme auf das Gesellschaftsinteresse bei eigener Inter- 42 essenverfolgung. Bei der Verfolgung eigener wirtschaftlicher Belange gegenüber der Gesellschaft dürfen Geschäftsführer die Grenzen eines angemessenen Interessenausgleichs nicht überschreiten. Dagegen sind sie nicht gehalten, bei einer Kollision eigener wirtschaftlicher Belange mit solchen der Gesellschaft — wie z. B. im Falle der Vereinbarung der Anstellungsbedingungen — ihre eigenen Interessen zurückzustellen (vgl. RGZ 148 357, 361; RG J W 1932 2279f.; BGH WM 1964 1320f.; zu weitgehend demgegenüber RG Recht 1929 Nr. 46; RG Recht 1930 Nr. 823). Geschäftsführer handeln pflichtwidrig, wenn sie auf die Entschließungen der Gesellschaft Einfluß nehmen, um Vergütungen zu erlangen, die — unter Berücksichtigung der Lage der Gesellschaft — zu ihren Leistungen in einem klaren Mißverhältnis stehen (vgl. RG J W 1933 2954; RG JW 1934 2151 f. m. Anm. Schwinge). Bei Vertragsverhandlungen haben sie eine Pflicht zur Offenheit gegenüber der Gesellschaft (BGHZ 20 239 = LM Nr. 10 zu § 75 AktG 1937 m. Anm. Fischer). Stets haben sie Interessenkonflikte offenzulegen. Ein Geschäftsführer, der sich unter Hinweis auf einen Interessenkonflikt, in dem er sich befindet, einer Mitwirkung an einem bestimmten Geschäft der Gesellschaft enthält, ist dann entlastet, wenn das Geschäft auch ohne seine Mitwirkung von der Gesellschaft durchgeführt werden kann. d) Pflicht zur Ermöglichung angemessener Kontrolle. Geschäftsführer sind ver- 43 pflichtet, der Gesellschaft eine angemessene Kontrolle darüber zu ermöglichen, ob sie sich im Sinne der Treupflicht verhalten haben. So muß der Gesellschaft durch entsprechende Belege und Abrechnungen die Kontrolle ermöglicht werden, ob die ihr in Rechnung gestellten Aufwendungen einen gesellschafts- und keinen privatnützigen Anlaß hatten (zu Bewirtungsspesen in diesem Sinne O L G Karlsruhe GmbH-Rdsch. 1962 135).
2. Verschwiegenheitspflicht a) Umfang. Aus der Pflicht zur ordnungsmäßigen Wahrnehmung der Organfunk- 44 tionen und der Treupflicht der Geschäftsführer folgt auch ohne eine besondere gesetzliche Anordnung eine — § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende — Pflicht der Geschäftsführer, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich über Betriebsoder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit bekannt geworden sind, Stillschweigen zu bewahren (vgl. im einzelnen die Kommentierungen zu §§ 93, 116 AktG sowie v. Stebut; G. Hueck RdA 1975 35; BGHZ 64 325 = AG 1975 219 [Vorentscheidung OLG Düsseldorf WM 1973 1425] und die Besprechung der BGH-Entscheidung durch Mertens AG 1975 235; Meyer-Landmt ZGR 1976 510; Rittner Festschrift Hefermehl, S. 325; Wessing-Hölters DB 1976 1671). § 75 RegE 1971 sieht in Abs. 1 Satz 2 die Übernahme von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG in das GmbH-Recht ausdrücklich vor. Die Pflicht zur Verschwiegenheit umfaßt alle Tatsachen und Angaben, deren Geheimhaltung oder vertrauliche Behandlung im Interesse der Gesellschaft liegt. Ordnet die Gesellschafterversammlung im Rahmen ihrer Weisungsbefugnis gegenüber Geschäftsführern Vertraulichkeit an, so haben diese sie — im Gegensatz zu Aufsichtsratsmitgliedern (dazu außer den obigen Nachw. Th. Raiser MitbestG § 25, 93ff.) — auch dann zu bewahren, wenn objektiv fraglich ist, ob Unternehmens- oder Gesellschaftsinteresse die Vertraulichkeit erfordern. Beeinträchtigt die Geheimhaltung jedoch Interessen der am Unternehmen Beteiligten, etwa der Arbeitnehmer, ohne durch überwiegende Unternehmens- oder Gesellschaftsinteressen gerechtfertigt zu sein, so müssen sich Geschäftsführer in Gesellschaften, die unter die Montanmitbestimmung, die Mitbestimmung (333)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
nach dem BetrVerfG 1952 oder unter das Mitbestimmungsgesetz 1976 fallen, über ein Vertraulichkeitsgebot der Gesellschafterversammlung hinwegsetzen können (vgl. dazu grundsätzlich § 35, 10). Von vornherein rechtswidrig und unbeachtlich ist in derartigen Gesellschaften eine Anweisung der Gesellschafterversammlung, dem Aufsichtsrat bestimmte Geschäfte zu verschweigen, die für die Ausübung der diesem zustehenden Kompetenzen von Bedeutung sein könnten; denn sie verstößt gegen die gesetzliche Pflicht der Geschäftsführer zur Berichterstattung gegenüber dem Aufsichtsrat. Beschlüsse des Geschäftsführergremiums, daß bestimmte Informationen vertraulich zu behandeln sind, binden, soweit sie nicht den Rahmen der sachlichen Ausübung unternehmerischen Ermessens überschreiten, alle Geschäftsführer (Mertens aaO). 45 46
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Auch die vertrauliche Behandlung von Geheimnissen Dritter kann im Interesse der Gesellschaft selbst liegen ( v . Stebut S. 65f.; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 16). Als Konsequenz der Treupflicht kann sich die Schweigepflicht auch auf Umstände erstrecken, die einem Geschäftsführer außerhalb seiner Tätigkeit für die Gesellschaft bekannt geworden sind ( I s e l e Festgabe Kronstein, S. 115 FN 27). b) Verschwiegenheitspflicht im Verhältnis zu anderen Organen. Innerhalb des Geschäftsführergremiums und im Verhältnis zu einem Überwachungsorgang der Gesellschaft (Aufsichtsrat oder ein Beirat, der nicht nur Gruppenorgan ist; zu letzterem vgl. Hölters BB 1977 105, 107f.) gibt es grundsätzlich keine Schweigepflicht. Insbesondere dürfen die Geschäftsführer dem Aufsichtsrat auch vertrauliche Angaben mitteilen, die nicht unter ihre Berichtspflicht fallen; denn sie dürfen auf die Verschwiegenheit aller Aufsichtsratsmitglieder vertrauen und auch in solchen Fragen die Ansicht des Aufsichtsrats einholen, auf die sich ihre Berichtspflicht nicht erstreckt. Ausnahmsweise kann aber auch eine Verschwiegenheitspflicht der Geschäftsführer gegenüber einem Überwachungsorgan in Betracht kommen, nämlich dann, wenn ein solches Organ Informationen verlangt, die es offenbar zur Ausübung seiner Kompetenzen nicht braucht, und der Mißbrauch solcher Informationen durch einzelne Organmitglieder zu befürchten ist (vgl. Mertens Kölner KommAktG § 90, 4ff.). Der Grundsatz, daß zwischen Organmitgliedern eine Verschwiegenheitspflicht nicht besteht, findet auch keine Anwendung auf solche Fragen, die zwischen der Gesellschaft und einem Organmitglied kontrovers ausgetragen werden. Gesellschaftern gegenüber besteht keine Verschwiegenheitspflicht, soweit diese nach Gesetz und Satzung ein Recht auf Auskunft haben oder soweit die Gesellschafterversammlung Geschäftsführer zur Auskunft verpflichtet.
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c) Fortwirkung über die Amtszeit hinaus. Die Verschwiegenheitspflicht ist nicht auf die Amtszeit der Geschäftsführer beschränkt, sondern besteht nach Maßgabe ihrer allgemeinen Treupflicht auch nachträglich fort ( I s e l e Festgabe Kronstein, S. 118; Spieker NJW 1965 1939; Geßler Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 20).
51
d) Das Interesse der Gesellschaft und die Zumutbarkeit für den Geschäftsführer als Grenze der Verschwiegenheitspflicht. Die Verschwiegenheitspflicht besteht zum Schutze der Gesellschaft und ihres Unternehmens. Wo es das Interesse der Gesellschaft gebietet zu reden, hört die Schweigepflicht auf. In solchen Fällen ist die Offenbarung nicht rechtswidrig. Ist die Situation aber nicht völlig eindeutig, oder ist offen, wem gegenüber die Offenbarung erfolgen soll, welchem Angestellten z. B. ein Betriebsgeheimnis anvertraut werden, wer als Anwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater ins Vertrauen gezogen werden soll, so ist die Entscheidung über die Durchbrechung der Schweigepflicht als Geschäftsführungsmaßnahme zu qualifizieren, die nach den in der Gesellschaft über die Geschäftsführungsbefugnis geltenden Regeln zu erfolgen hat (dazu grundsätzlich (334)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
G. Hueck RdA 1975 40; Mertens AG 1975 236; vgl. auch Hefermehl Geßler-HefermehlEckardt-Kropff AktG § 93, 21). Bei grundlegenden Fragen kann diese Entscheidung über die Ressortzuständigkeit eines insoweit einzelgeschäftsführungsbefugten Geschäftsführers hinausgehen (vgl. § 35, 210; § 37, 10). Eine Grenze der Schweigepflicht ergibt sich auch aus der Zumutbarkeit des Schwei- 52 gens für den Geschäftsführer. Sie kann entfallen, wenn er zur Verteidigung eigener Interessen Interna der Gesellschaft zum Gegenstand eines Rechtsstreits machen muß (Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff § 93, 32 a. E.; G. Hueck aaO). Die Treupflicht verlangt von ihm allerdings, nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls möglichst schonend vorzugehen (Mertens Kölner KommAktG § 93, 40). e) Kein Zeugnisverweigerungsrecht. Geschäftsführern steht weder im Strafprozeß 53 (vgl. §§ 52ff. StPO) noch im Zivilprozeß gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zu ( H e f e r m e h l Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 19 m. w. Nachw.; v. Stebut S. 116ff.; die von Mertens Kölner KommAktG § 93, 40 im Anschluß an Baumhach-Hueck AktG § 93, 7; Godin-Wilhelmi AktG § 93, 5 und Spieker NJW 1965 1937, 1944 vertretene Meinung wird aufgegeben); denn kraft ihrer Organstellung ist das Wissen der Geschäftsführer Wissen der Gesellschaft, und diese gegenüber natürlichen Personen verfahrensrechtlich zu begünstigen, besteht kein Anlaß. Zum Aussageverweigerungsrecht der Geschäftsführer bei eigener Betroffenheit vgl. § 35, 236. IV. Pflichten aus dem Anstellungsvertrag § 43 sanktioniert auch solche Pflichten der Geschäftsführer, die aus der spezifischen 54 Ausgestaltung ihres Anstellungsvertrages folgen. Zu diesen Pflichten vgl. im einzelnen § 35 Rdn. 202 ff. V. Schadensersatzhaftung gemäß Abs. 2 Verletzen die Geschäftsführer schuldhaft die aus ihrer Organstellung oder ihrem 55 Anstellungsvertrag folgenden Pflichten und entsteht der Gesellschaft hieraus ein Schaden, so sind sie dieser gemäß Abs. 2 — gegebenenfalls solidarisch — zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. 1. Die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes als Verschuldensmaßstab Die Verletzung der Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes begründet nicht nur 56 die Rechtswidrigkeit, sondern zugleich auch das Verschulden des Geschäftsführers als Voraussetzung der Ersatzpflicht nach Abs. 2, vorausgesetzt er ist verschuldensfähig und die Einhaltung der Pflicht ist für ihn nicht unzumutbar gewesen. Im Hinblick auf die mit der Organstellung des Geschäftsführers verbundenen Pflichten ist der Verschuldensmaßstab des § 43 Abs. 1 zwingend (str. vgl. oben Rdn. 11 f.). Geschäftsführer haben für die Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, die die ihnen anvertraute Führungsaufgabe erforden (BGH WM 1971 1548; RGZ 163 200, 208; RG HRR 1941 Nr. 132; Fleck GmbH-Rdsch. 1974 224; Baumhach-Hueck 2; Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 29; Scholz 2; Scholz-Fischer* 2). Dabei ist allerdings nicht auszuschließen, daß eine plötzlich auftretende Geschäftsführungsaufgabe einen Geschäftsführer überfordern kann. In solchen Fällen — etwa bei auftretenden Rechtsfragen — muß er sachkundigen Rat einholen, kann aber entschuldigt sein, wenn hierzu keine Zeit bleibt, weil sofortiges Handeln geboten ist. Auch für die Fähigkeiten und Kenntnisse, die Geschäftsführer zur Erfüllung ihrer unabdingbaren ressortübergreifenden (335)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Pflichten brauchen — dies gilt insbesondere für die Kontrolle der Buchführung (dazu Fleck aaO 225) — haben sie stets einzustehen. 57 Soweit Stellvertreter von Geschäftsführern an deren Stelle handeln, unterliegen sie keinen geringeren Anforderungen. So hat BGH WM 1971 1548 einen Maschinenbaufachmann als stellvertretendes Vorstandsmitglied einer Schiffsbau-AG, das nach dem Ausscheiden des einzigen ordendichen Vorstandsmitglieds die Gesellschaft vorübergehend allein leitete, für ein Kalkulationsversehen verantwortlich gemacht und dabei sein Vorbringen, er habe das Vorstandsamt neben seiner weiterlaufenden und ihn voll auslastenden sonstigen Arbeit im Betrieb nur vorübergehend innegehabt und sei ihm als reiner Maschinenbaufachmann auch nicht voll gewachsen gewesen, keine Bedeutung beigemessen. Fleck aaO 224 weist mit Recht darauf hin, daß im Falle eines Geschäftsführerstellvertreters bei der GmbH nicht anders zu entscheiden gewesen wäre. 58 Fehlendes Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit kann zwar Vorsatz, aber nicht die für die Haftung nach § 43 ausreichende Fahrlässigkeit ausschließen (vgl. Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 30). 59 Das Verschulden braucht sich nicht auf die Möglichkeit einer Schädigung der Gesellschaft zu beziehen (RG Recht 1909 Nr. 676), es sei denn, erst die Möglichkeit des Schadenseintritts macht ein bestimmtes Verhalten zur Pflichtverletzung. 2. Schaden 60
Schaden im Sinne von § 43 ist jede dem Unternehmenszweck widersprechende Beeinträchtigung des Vermögens, der Tätigkeit oder der Organisation der Gesellschaft und des von ihr betriebenen Unternehmens, die in Geld meßbar ist. Diese Formel trägt dem Umstand Rechnung, daß als Schaden nur die zweckwidrige Vermögensminderung in Betracht kommt. Daß eine Betrachtungsweise, die unabhängig von der Frage der Zweckverfehlung jede Differenz im (objektiven) Vermögen der Gesellschaft als Schaden definiert, der Eigenart unternehmerischer Betätigung wie überhaupt dem Vermögensbegriff des bürgerlichen Rechts nicht gerecht wird, ist im einzelnen bei Mertens Kölner KommAktG § 93, 14ff. dargelegt; zustimmend Geßler NB 1972, Heft 2, 14; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 28. Zur Frage, ob und inwieweit den Geschäftsführern bei der Verfolgung des Unternehmenszwecks und der Interpretation des Unternehmenswohls ein von den Gesellschaftern nicht aufhebbarer unternehmerischer Ermessensspielraum zukommt, vgl. § 35, 8ff.; § 37, 3ff., 7ff. 61 Als Schaden ist im Hinblick auf Abs. 3 stets eine gegen § 30 verstoßende Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft oder der Erwerb von Geschäftsanteilen der Gesellschaft entgegen § 33 anzusehen (vgl. dazu unten Rdn. 89ff.). § 93 Abs. 3 AktG kennt darüber hinaus weitere normative Festlegungen des Schadensbegriffs, die als solche für das GmbH-Recht entsprechend heranzuziehen sind, da sich in ihnen das für die GmbH wie für die Aktiengesellschaft gleicherweise maßgebliche Prinzip der Erhaltung der Kapitalgrundlage dokumentiert. Die Neufassung, die § 43 Abs. 3 nach § 75 Abs. 3 RegE 1971 im Sinne von § 93 Abs. 3 AktG finden sollte, kann daher insoweit — nicht dagegen als Grundlage für eine unmittelbare Inanspruchnahme der Geschäftsführer durch die Gläubiger — bereits jetzt als geltendes Recht betrachtet werden. Demnach ist stets ein Schaden der Gesellschaft anzunehmen, wenn — so § 75 Abs. 3 RegE 1971 — entgegen dem GmbH-Gesetz 1. Leistungen an die Gesellschafter aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft erfolgen, 2. eigene Anteile der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, (336)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
3. Gesellschaftsvermögen verteilt wird, 4. Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Uberschuldung ergeben hat (vgl. § 64 Abs. 2), 5. Kredit aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt wird. 3. Gesamtschuldnerische Haftung Sind mehrere Geschäftsführer für eine pflichtwidrige Schädigung verantwortlich, so 62 haften sie der Gesellschaft als Gesamtschuldner gemäß §§ 421 ff. BGB. Auch im Verhältnis von Geschäftsführern zu mitschuldigen Aufsichtsratsmitgliedern ist gegebenenfalls gesamtschulderische Haftung anzunehmen (Fleck GmbH-Rdsch. 1974 226; Lippert S. 131; Mertens Kölner KommAktG § 93, 47). Die gesamtschuldnerische Haftung tritt auch dann ein, wenn einer der Geschäftsführer eine unmittelbar in sein Ressort fallende Pflicht verletzt hat, einem anderen dagegen nur die Verletzung seiner Überwachungspflicht vorgeworfen wird. Auch ein Geschäftsführer, dem positiv eine Pflichtverletzung nicht nachzuweisen ist, der aber unter Berücksichtigung der Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer wegen der für die Haftung nach § 43 geltenden Beweislastverteilung (dazu unten Rdn. 66) den Nachweis nicht führen kann, daß er sich einer Pflichtverletzung — zumindest im Hinblick auf die Überwachung der anderen Geschäftsführer — nicht schuldig gemacht hat, wird von der gesamtschuldnerischen Haftung betroffen (vgl. RGZ 106 346, 350; 123 216, 222). Handelt bei Gesamtvertretung ein Geschäftsführer mit Ermächtigung der anderen, 63 so nehmen diese nicht schon dadurch an seiner Pflichtwidrigkeit teil; sie haften nur dann gesamtschuldnerisch, wenn ihre Ermächtigung die Pflichtwidrigkeit einschloß oder wenn sie ihre Oberwachungspflicht verletzt haben; denn der Gesamtvertreter tritt nicht als Gehilfe eines anderen Gesamtvertreters, sondern ausschließlich für die GmbH auf (vgl. oben Rdn. 19f.). Stimmt dagegen ein Gesamtvertreter bei einem Rechtsgeschäft dem Handeln des anderen vorher oder nachher zu und wird es dadurch wirksam, so übernimmt er für dieses Geschäft die Mitverantwortung und haftet gegebenenfalls gesamtschuldnerisch {Fleck GmbH-Rdsch. 1974 226). Aus der gesamtschuldnerischen Haftung ist zu folgern, daß sich ein Geschäftsführer 64 der Gesellschaft gegenüber nicht auf das Mitverschulden eines anderen Geschäftsführers — ebenso nicht auf das Mitverschulden eines Angestellten (vgl. oben Rdn. 21) — berufen kann (vgl. RG J W 1920 1032 m. Anm. Pinner-, OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8, 10; Baumbach-Hueck 3D). Die mangelhafte Pflichterfüllung durch einen Vorgänger kann der Geschäftsführer dagegen nur dann nicht gemäß § 254 BGB der Gesellschaft entgegenhalten, wenn ihm vorzuwerfen ist, daß er entsprechende Fehler bei der Amtsübernahme nicht aufgedeckt hat (vgl. auch Schilling GroßkommAktG § 93, 19). Sind einzelne Gesellschafter an einer pflichtwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme beteiligt, so kann dies einen Geschäftsführer nicht nach § 254 BGB entlasten; anders dagegen, wenn die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit, eine beschlußfassende Mehrheit der Gesellschafter oder ein von den Gesellschaftern eingesetztes weisungsberechtigtes Gesellschaftsorgan ein Mitverschulden trifft (vgl. für die AG RG JW 1934 1493f.); ausnahmsweise kann bei entsprechenden Fallgestaltungen aber auch das Mitverschulden einzelner Gesellschafter den Arglisteinwand des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft begründen (Fleck aaO 226). Als weisungsberechtigtes Organ kommt der obligatorische Aufsichtsrat nicht in Betracht, der fakultative nur, wenn ihm eine entsprechende Weisungsbefugnis eingeräumt ist. Fehler eines nicht weisungsberechtigten Kontrollorgans können die Geschäftsführerhaftung nicht nach § 254 BGB mindern; erst die durch die Weisungsgewalt begründete Hierarchie kann (337)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
zur Haftungsminderung nach dieser Vorschrift trotz gesamtschuldnerischer Haftung der Beteiligten Anlaß geben. Zum Handeln aufgrund Weisung der Gesellschafter vgl. im einzelnen unten Rdn. 67 ff. 65 Der Ausgleich der haftenden Geschäftsführer untereinander richtet sich nach § 426 BGB. Eine Abweichung von der Regel der Haftung nach gleichen Anteilen kann sich aus der Satzung, aus dem Anstellungsvertrag oder gemäß § 254 BGB ergeben. Haftet ein Geschäftsführer unmittelbar wegen schädigenden Verhaltens, ein anderer dagegen nur wegen mangelnder Überwachung, so wird im Innenverhältnis den ersteren durchweg die Alleinhaftung treffen (Scholz 6).
4. Darlegungs- und Beweislast 66
Zur Begründung ihres Schadensersatzanspruchs hat die Gesellschaft darzutun, daß ihr Vermögen zweckwidrig beeinträchtigt worden ist und die Möglichkeit eines Zurechnungszusammenhangs zwischen der Vermögensminderung und einer Handlung oder Unterlassung des Geschäftsführers besteht. Dem Geschäfsführer obliegt — ebenso wie dem Vorstand der Aktiengesellschaft nach § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG (vgl. dazu Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 32; Mertens Kölner KommAktG § 93, 48; Schilling Großkomm AktG § 93, 17) — die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß er die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters erfüllt hat oder daß der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre oder daß ihm die Einhaltung des Sorgfaltsgebots unverschuldet unmöglich war. Diese heute als Gewohnheitsrecht anzusehende Umkehr der beweislast im Hinblick auf Rechtswidrigkeit und subjektive Vorwerfbarkeit einer Schädigung der Gesellschaft (vgl. BGH NJW 1963 46; BGH DB 1974 1619; RG J W 1931 40; RG JW 1938 2019; RG HRR 41 132; RG DR 1939 723; RGZ 161 129, 134; OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8; Baumbach-Hueck 3 B ; Scholz 4; Feine S. 500; Vogel 6) erklärt sich aus der Beweisnähe des Geschäftsführers und wird durch die allgemeine Regel gestützt, daß ein Vertragspartner, der zu bestimmten Tätigkeiten verpflichtet ist, die ordnungsmäßige Erfüllung dieser Leistungen beweisen muß. Gegebenenfalls trägt der Geschäftsführer auch die Beweislast dafür, daß ihm hinsichtlich der Sorgfaltspflichtverletzung wirksam Entlastung (dazu § 46, 22ff.) erteilt worden sei oder daß er auf Weisung gehandelt habe (vgl. auch unten Rdn. 67). Die Umkehr der Beweislast wirkt nicht gegen den Rechtsnachfolger des Geschäftsführers, da hier der Gesichtspunkt der Beweisnähe entfällt (Baumbach-Hueck 3 B; Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 34). Nimmt die Gesellschaft einen ausgeschiedenen Geschäftsführer in Anspruch, so muß sie ihm — über § 810 BGB hinaus — Einsicht in ihre Bücher und Schriften gewähren, soweit dies für seine Beweisführung erforderlich ist (vgl. auch RG LZ 1908 Sp. 448).
5. Verhalten auf Weisung oder mit Zustimmung eines weisungsberechtigten Organs 67
a) Haftungsentlastung bei Folgepflicht. Verhalten sich Geschäftsführer entsprechend den Weisungen von Gesellschaftsorganen, deren Beschlüsse sie zu befolgen verpflichtet sind (vgl. dazu § 37, 8f.), so entfällt ihre Haftung (Baumbach-Hueck 3 B; Scholz 2; Fleck GmbH-Rdsch. 1974 224, 226; Konow GmbH-Rdsch. 1968 219f.). § 75 Abs. 4 RegE 1971 sah in diesem Sinne ausdrücklich vor: „Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn die Handlung in Übereinstimmung mit Gesetz und Gesellschaftsvertrag auf einem Beschluß der Gesellschafter oder einer für die Geschäftsführung verbindlichen Weisung (338)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
beruht". Diese Rechtslage ergibt sich de lege lata bereits daraus, daß die Geschäftsführer der Gesellschaft nicht für ein Verhalten verantwortlich sein können, zu dem diese sie durch ein vorgesetztes Organ selbst bewogen hat (vgl. BGH DB 1960 27; Immenga GmbH-Rdsch. 1973 1, 7f. grundsätzlich auch Canarts ZGR 1978 209). Insofern begründet § 43 Abs. 3 Satz 3 einen Umkehrschluß. Dogmatisch kann es sich bei der Behauptung des Geschäftsführers, einer Weisung gefolgt zu sein, um einen von ihm zu beweisenden Rechtfertigungsgrund handeln; es kann aber auch bereits am Tatbestand der Schädigung fehlen, wenn sich ergibt, daß eine objektiv das Vermögen der Gesellschaft verringernde Handlung dem durch Gesellschafterbeschluß manifestierten Willen der Gesellschaft entsprach (vgl. oben Rdn. 60). Nicht nur die förmliche Beschlußfassung oder die ausdrückliche Erteilung der 68 Weisung, sondern alle Entschließungen der Gesellschafter entlasten die Geschäftsführer, wenn sich daraus eine verantwortliche organschaftliche Entscheidung über die fragliche Geschäftsführungsmaßnahme entnehmen läßt. Ergeht die Entschließung zu einer von den Geschäftsführern geplanten Maßnahme, so kommt es darauf an, ob die Gesellschafter diese unter Wahrung der Verantwortung des Geschäftsführers nur unverbindlich zur Kenntnis nehmen wollten oder ob sie von ihnen in verantwortlicher Mitentscheidung gebilligt worden ist (so mit Recht Fleck aaO 226). Dabei ist allerdings nicht allein auf den Wortlaut der Entschließung abzustellen; insbesondere wird in einem Beschluß, der die Absicht der Geschäftsführer zur Kenntnis nimmt, dann eine diese billigende Entscheidung liegen, wenn die entsprechende Geschäftsführungsmaßnahme nach der Satzung, früheren Gesellschafterbeschlüssen oder der Praxis der Gesellschaft den Gesellschaftern vorbehalten ist. Die Weisung eines oder mehrerer Mehrheitsgesellschafter — anders die des Allein- 69 gesellschafters (vgl. Rdn. 70) — steht einer Weisung kraft Gesellschafterbeschlusses nicht gleich. Auch kann sich ein Geschäftsführer, der zugleich Mehrheitsgesellschafter ist oder der gemäß einer Weisung allein seitens der Mehrheitsgesellschafter handelt, nicht darauf berufen, daß er einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß hätte herbeiführen können, an den er dann gebunden gewesen wäre (so auch für die AG entgegen OLG Hamburg LZ 1917 823 Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 57; Baumbach-Hueck AktG § 93, 12; Mertens Kölner Komm AktG § 93, 54). Die Berufung auf alternative Kausalität würde hier nämlich das Recht der Minderheit, sich im Verfahren der Beschlußfassung Gehör zu verschaffen, entscheidend verkürzen. Auch läßt sich nicht ausschließen, daß auf Gegenvorstellungen der Minderheit hin eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. Dagegen kann bei einer Zweimann-GmbH der geschäftsführende Minderheitsgesellschafter, der eine vom Mehrheitsgesellschafter geforderte Maßnahme durchgeführt hat, der Gesellschaft den Einwand der Arglist entgegenhalten, wenn er deswegen in Anspruch genommen wird (Fleck aaO). Das Handeln eines geschäftsführenden Alleingesellschafters deckt sich stets mit 70 dem Willen der Gesellschaft (BGHZ 31 258, 278). Er haftet ihr gegenüber daher nicht, und zwar auch dann nicht, wenn seine Anteile nachträglich in andere Hände übergehen (Fleck aaO). Nach der Satzung oder aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses kann außer den 71 Gesellschaftern in ihrer Gesamtheit auch ein besonderes Gesellschaftsorgan, etwa ein fakultativer Aufsichtsrat, ein Gesellschafterausschuß oder ein Beirat, zu Weisungen gegenüber den Geschäftsführern befugt sein, die diese zu befolgen haben und durch die sie gerechtfertigt werden (Baumbach-Hueck 3B; Scholz 3; Konow aaO 221; Fleck aaO). Sind die Geschäftsführer dagegen nur an die Zustimmung eines solchen Organs gebunden, so wirkt diese nicht entlastend; denn sie verpflichtet die Geschäftsführer nicht zur Vornahme des Geschäfts. (339)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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Für die Haftungsbefreiung der Geschäftsführer sind auch Entschließungen von Gesellschaftern von Bedeutung, die ihre Geschäftsanteile als Treuhänder für Dritte halten; denn diesen kommt im Verhältnis zu den Geschäftsführern die volle Rechtsstellung von GmbH-Gesellschaftern zu (BGHZ 31 258, 263f.; BGH WM 1971 306). Weisungen eines Treugebers bleiben dagegen unbeachdich (Fleck aaO). Etwas anderes kann aber gelten, wenn auch der Geschäftsführer — ebenso wie alle Gesellschafter — seine Rechtsstellung nur treuhänderisch für einen wirtschaftlichen Alleininhaber ausübt. Hier ist mit Fleck aaO unter Berufung auf BGH WM 1962 419 und BGH WM 1966 614 von einem haftungsbefreienden Weisungsverhältnis zwischen dem Treugeber und dem Geschäftsführer auszugehen. Hat sich der wirtschafdiche Alleininhaber selbst zum Geschäftsführer bestellen lassen, so muß gleichfalls der Tatsache Rechnung getragen werden, daß sein Wille der einzig maßgebliche ist; die GmbH kann ihn genauso wenig wie einen geschäftsführenden Einmann-Gesellschafter in Anspruch nehmen (Fleck aaO 227).
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b) Keine Haftungsbefreiung bei pflichtwidriger Einflußnahme auf die Weisung. Die Geschäftsführer können sich dann nicht auf eine Weisung oder Zustimmung eines anderen Organs berufen, wenn sie ihrerseits die Entscheidung dieses Organs pflichtwidrig beeinflußt haben, etwa durch unrichtige oder unvollständige Berichterstattung oder durch Nichterwähnung möglicher nachteiliger Folgen, auf die sie das weisungsberechtigte Organ hätten hinweisen müssen (vgl. für Vorstandsmitglieder Canaris ZGR 1978 213; Hefermehl Festschrift Schilling S. 172).
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c) Rechtslage bei rechtswidrigen Weisungen. Die Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter oder eines Gesellschaftsorgans befreit die Geschäftsführer weiter dann nicht, wenn das betreffende Organ nach der Satzung keine Weisungsbefugnis hat (dazu Rdn. 75), wenn der die Weisung oder Zustimmung enthaltende Beschluß wegen seines Inhalts nichtig ist (dazu Rdn. 76ff.) oder wenn er erfolgreich angefochten wird, die Anfechtung voraussehbar war und die Durchführung der betreffenden Maßnahme vor ihrer Unanfechtbarkeit nicht dem Gebot sorgfältiger Geschäftsführung entsprach (dazu Rdn. 80 ff.).
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aa) Weisungen durch ein dafür nicht kompetentes Gesellschaftsorgan. Nur Weisungen eines nach Gesetz oder Satzung weisungsberechtigten Organs befreien; denn nur sie sind zu befolgen, nicht z. B. die Weisung eines Aufsichtsrats, dessen Befugnisse sich nach dem Gesetz richten, ebenso nicht die Weisung einer Gesellschafterversammlung, der nach der Satzung das Weisungsrecht genommen ist oder die Geschäftsführungsfragen ungefragt entscheidet, obwohl sie aufgrund der Satzung dazu nur nach Anrufung durch die Geschäftsführer zuständig ist. Uberschreiten die Gesellschafter im Einzelfall ihr Weisungsrecht, so kann ihr Beschluß anfechtbar oder nichtig sein (zur Abgrenzung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen vgl. grundsätzlich die Erl. in Anh. § 47). Bei anfechtbaren Beschlüssen sind die Geschäftsführer möglicherweise trotz der Überschreitung des Weisungsrechts gedeckt (vgl. im einzelnen unten Rdn. 80). Uberschreitet ein anderes Organ die Grenzen einer ihm durch die Satzung oder durch Gesellschafterbeschluß eingeräumten Weisungsbefugnis, so können sich die Gesellschafter auf dessen Entschließungen dagegen nicht mit haftungsausschließender Wirkung berufen; denn hier haben sie die Möglichkeit, sich von der Gesellschafterversammlung Rückendeckung geben zu lassen. Immerhin kommt je nach Sachlage eine Minderung ihrer Haftung über § 254 BGB in Betracht (vgl. oben Rdn. 64).
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bb) Nichtige Weisungen. Verstößt das von einem weisungsberechtigten Organ geforderte oder gebilligte Verhalten gegen eine im öffentlichen Interesse oder zum Schutz der Gläubiger erlassene zwingende Gesetzesnorm oder gegen die guten Sitten, so werden (340)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
die Geschäftsführer grundsätzlich nicht entlastet (Baumbach-Hueck 3B; Brodmann §37, 1; Feine S. 549; Scholz 2; Fleck aaO 227; Sonnenschein S. 156). Eine entsprechende Weisung ist nichtig und darf von ihnen nicht befolgt werden. Auch wenn ein gesetzes- oder sittenwidriger Beschluß durch Eintragung oder Fristablauf „geheilt" wird, rechtfertigt er den Geschäftsführer, der ihn zuvor ausgeführt hat, nicht (Hefermehl Festschrift Schilling, S. 168; Mertens Kölner KommAktG § 93, 58; vgl. dazu auch Fleck aaO 227; abweichend BGHZ 33 175, 176, 178). Zwingende, dem Gläubigerinteresse dienende Vorschriften des GmbH-Gesetzes selbst sind insbesondere § 43 Abs. 3 Satz 3 in Verbindung mit §§ 30, 33 sowie §§ 9 Abs. 2, 57 Abs. 4, 64 Abs. 2 Satz 3 GmbHG. Hinzu kommen Ausprägungen des Kapitalerhaltungsgebots, wie sie § 75 Abs. 3 RegE 1971 in Anlehnung an § 93 AktG umrissen hat und die bereits jetzt als für die GmbH geltendes Recht anzusehen sind (vgl. oben Rdn. 61). Zur Frage, wann man davon auszugehen hat, daß eine zwingende gesetzliche Norm im öffentlichen Interesse oder zum Schutz der Gläubiger erlassen ist, vgl. im übrigen die Erl. in Anh. zu § 47). Zu beachten ist, daß die Rechtsprechung aus Verstößen gegen Bilanzierungsvorschriften nur bei erheblicher Uberbewertung und kaufmännisch unvertretbarer Handhabung des Schätzungsermessens die Nichtigkeit des die Bilanz feststellenden Gesellschafterbeschlusses herleitet. Es ist davon auszugehen, daß Weisungen im Hinblick auf die Bilanzierung, deren Befolgung nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit der Bilanz führen würden, ebenfalls nicht als nichtig, sondern nur als anfechtbar zu behandeln sind (vgl. auch Fleck aaO). Verstößt der Geschäftsführer auf Weisung der Gesellschafterversammlung gegen 77 zwingende Regeln des Kapitalerhaltungsgebots, so kann er sich gegenüber der GmbH nicht einmal dann auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung berufen, wenn alle Gesellschafter den Verstoß gefordert oder gebilligt haben sollten; denn den Geschäftsführern ist in dieser Beziehung durch das GmbH-Gesetz eine besondere Garantiepflicht auferlegt (vgl. § 37, 7; s. auch K. Schmidt ZGR 1978 427 hinsichtlich der Entlastung). Im übrigen kann dagegen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber der Gesellschaft im Falle einer auf ein rechtswidriges Verhalten der Geschäftsführer gerichteten einstimmigen Weisung oder Zustimmung der Gesellschafter durchaus in Betracht kommen (BGH GmbH-Rdsch. 1974 131; Fleck aaO 227), so z. B. auch, wenn der Gesellschaft Schaden dadurch entstanden ist, daß die Geschäftsführer auf Weisung aller Gesellschafter Steuern hinterzogen oder Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt haben. Insofern muß im Innenverhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführern dem Gesichtspunkt Rechnung getragen werden, daß die im Endergebnis wirtschaftlich Betroffenen arglistig handeln, wenn sie die Ergebnisse ihres eigenen rechtswidrigen Tuns auf jemanden abwälzen, der sich als Werkzeug hat einsetzen lassen. Erscheint der Arglisteinwand zu weitreichend, so kann man hier auch eine Schadensteilung nach § 254 BGB in Erwägung ziehen. Fehlt es beispielsweise bei einem Teil der Gesellschafter am Verschulden oder überwiegt das Verschulden der Geschäftsführer erheblich, so können sie ganz oder zum Teil zum Schadensersatz verpflichtet sein. Fordert oder billigt die Gesellschaftermehrheit ein Verhalten des Geschäftsführers, 78 das gegen Regeln zum Schutze der Minderheit, insbesondere gegen die Treupflicht dieser gegenüber (dazu § 45, 21 f.) verstößt, so werden vielfach zugleich zwingende Gläubigerschutzvorschriften berührt sein, deren Verletzung zur Nichtigkeit eines entsprechenden Beschlusses führt. Im übrigen ist die Weisung oder Zustimmung nur dann als nichtig anzusehen, wenn der Eingriff in die Position des Minderheitsgesellschafters auch mit dessen Zustimmung nicht zulässig wäre (zu diesem Abgrenzungsmerkmal zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen vgl. Anh. § 47, sowie vor allem (341)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Zöllner Kölner KommAktG § 141, 125). Demnach begründet die mißbräuchliche Ausnutzung der Mehrheitsmacht zum Zwecke der unzulässigen Erlangung von Sondervorteilen, soweit zwingende Vorschriften nicht berührt sind, auch dann nur die Anfechtbarkeit und nicht die Nichtigkeit von Beschlüssen, wenn sich die Mehrheit dadurch nach den Grundsätzen der ITT-Entscheidung (BGHZ 65 15; dazu Mertens, Festschrift f. Fischer m. w. Besprechungsnachw.; vgl. auch § 45, 22) schadensersatzpflichtig macht. Dies entspricht nicht nur der Rechtslage im Aktienrecht (vgl. Zöllner aaO 124), sondern erscheint vor allem auch deshalb angemessen, weil die Geschäftsführer überfordert wären, wenn man sie für verpflichtet halten würde, Beschlüsse, die eine Treupflichtverletzung durch die Mehrheit enthalten könnten, in keinem Falle auszuführen. Zu den für die Ausführung anfechtbarer Beschlüsse geltenden Regeln vgl. unten Rdn. 80ff. 79 Durch nichtige Beschlüsse der Gesellschafter ist ein Geschäftsführer auch dann nicht gedeckt, wenn die Nichtigkeit nicht auf dem Beschlußinhalt beruht, sondern aus der Verletzung von Verfahrensregeln resultiert, wie z. B. aus der Nichteinladung eines Gesellschafters (vgl. BGHZ 36 207, 211; Fleck aaO). Nach Fleck ist der Geschäftsführer grundsätzlich nicht gehindert, einen solchen inhaltlich unbedenklichen Beschluß nach pflichtgemäßen Ermessen in eigener Verantwortung auszuführen. Nur wirkt dieser Beschluß nicht entlastend. Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, daß der Geschäftsführer kraft eines solchen Beschlusses dann nicht tätig werden darf, wenn er gemäß der Satzung oder einem früheren Gesellschafterbeschluß nur nach Einholung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu handeln berechtigt ist. Im übrigen kann — so mit Recht Fleck aaO — der Geschäftsführer verpflichtet sein, die Gesellschafter gegebenenfalls auf den Mangel hinzuweisen und eine erneute Beschlußfassung anzuregen, wobei nach Lage der Dinge die Einberufung einer Gesellschafterversammlung gemäß § 49 Abs. 2 geboten sein kann. Stimmen die durch den Verfahrensmangel betroffenen Gesellschafter einem Beschluß nachträglich zu, so erlangt er damit auch für die Geschäftsführer rechtfertigende Bedeutung. 80
cc) Anfechtbare Weisungen. Das Handeln der Geschäftsführer aufgrund eines anfechtbaren Beschlusses ist jedenfalls insoweit dem Vorwurf einer Pflichtverletzung entzogen, als sie zur Ausführung eines solchen Beschlusses verpflichtet sind. Dies ist der Fall, wenn der ursprünglich anfechtbare Beschluß infolge Zeitablaufs unanfechtbar geworden oder die Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen ist (BGH WM 1965 425; Hefermehl Festschrift Schilling S. 167; die zu § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG vertretene Meinung, daß auch unanfechtbar gewordene Beschlüsse im Sinne dieser Vorschrift als gesetzeswidrig zu behandeln sein könnten [vgl. Mertens im Kölner KommAktG § 93, 58], ist für die GmbH nicht relevant), aber auch dann, wenn die Geschäftsführer mit Sicherheit davon ausgehen können, daß kein Gesellschafter anfechten wird oder wenn ein ordentlicher Unternehmensleiter bei pflichtmäßiger Prüfung zu der Auffassung gelangen müßte, daß die sofortige Durchführung eines Beschlusses trotz der nicht auszuschließenden Möglichkeit seiner erfolgreichen Anfechtung im Interesse der Gesellschaft geboten erscheint (dazu Fleck GmbH-Rdsch. 1974 228). 81 Im übrigen rechtfertigt ein anfechtbarer Beschluß die Geschäftsführer nicht. Dies gilt auch, wenn die beschließende Mehrheit der Gesellschafter den Geschäftsführern ausdrücklich die Weisung erteilt, den anfechtbaren Beschluß auszuführen (Sonnenschein S. 157f.; a. A. Schmidt Voraufl. § 45, 42); denn diese Weisung ist ihrerseits anfechtbar, solange der Beschluß selbst noch angefochten werden kann. Konnten die Geschäftsführer die Anfechtbarkeit aber nicht erkennen, so handeln sie jedenfalls ohne Verschulden. 82 Ist die Anfechtbarkeit zweifelhaft oder steht nicht fest, ob der Beschluß angefochten werden wird, so müssen sich die Geschäftsführer ein Urteil darüber bilden, ob im Hinblick auf eine mögliche Anfechtung die Ausführung des Beschlusses besser unter(342)
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bleiben sollte oder ob die Nachteile einer Verzögerung für den Fall, daß die Anfechtung doch unterlassen wird oder erfolglos bleibt, zu überwiegen drohen. Diese Abwägung enthält Momente einer unternehmerischen Ermessensausübung, so daß den Geschäftsführern insoweit ein Spielraum vertretbarer Entscheidungen einzuräumen ist. Halten sie sich innerhalb dieses Spielraums, so kann ihnen weder die Ausführung noch die Nichtausführung eines Beschlusses vorgeworfen werden. Dabei haben sie im Zeichen der ITT-Entscheidung des BGH (BGHZ 65 15; vgl. dazu oben Rdn. 78) auch zu berücksichtigen, daß die Mehrheit der Gesellschafter zum Schadensersatz wegen der Ausführung des Beschlusses verpflichtet sein kann, wenn er sich als für die Gesellschaft nachteilig erweist. Ist mit der Durchsetzbarkeit eines solchen Schadensersatzanspruchs zu rechnen, so mag das den Geschäftsführern die Ausführung eines problematischen Beschlusses eher gerechtfertigt erscheinen lassen, als wenn Nachteile für die Gesellschaft gegebenenfalls endgültig wären. Überschreiten die Geschäftsführer den Spielraum vertretbarer Entscheidungen, indem 83 sie den anfechtbaren Beschluß ausführen, so kann ihnen doch die Berufung auf § 254 BGB gegenüber der Gesellschaft gestattet sein. In diesem Zusammenhang wird es insbesondere darauf ankommen, ob und wieweit es möglich und angemessen erschien, die Situation mit den Gesellschaftern zu klären, vielleicht sogar eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, möglicherweise auch die beschließende Mehrheit zu einem Nachteilsausgleich zu veranlassen, wie konkret mit der Anfechtung und ihrem Erfolg zu rechnen war und ob den Geschäftsführern bei Nichtausführung selbst unzumutbare Nachteile drohten. Bei alledem ist zu beachten, daß vom Geschäftsführer nicht erwartet werden kann, daß er sich als Funktionär der Minderheitsinteressen versteht. Maßgeblich ist für ihn grundsätzlich die unternehmenspolitische Zwecksetzung der Mehrheit. Er hat unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Grenzen solcher Zwecksetzung — und soweit diese gewahrt sind — im Rahmen dieser Zwecksetzung Schaden von der Gesellschaft abzuwenden; dagegen ist es nicht seine unmittelbare Aufgabe, die Rechte einzelner Gesellschafter zu wahren (Immenga GmbH-Rdsch. 1978 8; nicht unbedenklich demgegenüber Sonnenschein, S. 156ff., der zu Unrecht § 43 entgegen der h. L. als Schutzgesetz zugunsten der Minderheit versteht; vgl. dazu unten Rdn. 104). Zur Möglichkeit für die anfechtenden Gesellschafter, die Ausführung des angefochtenen Beschlusses im Wege der einstweiligen Verfügung zu verhindern, unten Rdn. 104. d) Ausführung der Weisung trotz nachträglicher Lageveränderung. Treten nach- 84 träglich Umstände ein, die das weisungsberechtigte Organ nicht in Rechnung gezogen hat, und muß aufgrund solcher Umstände befürchtet werden, daß die Ausführung des Beschlusses das Gesellschaftsinteresse beeinträchtigt, so haben die Geschäftsführer von der Ausführung des Beschlusses abzusehen und dem weisungsberechtigten Organ Gelegenheit zu erneuter Entscheidung zu geben. Eine Verletzung dieser Regel führt zur Haftung der Geschäftsführer, vgl. BGHZ 33 175, 179; Hefermehl Festschrift Schilling S. 172 — für Vorstandsmitglieder —). 6. Verzicht und Vergleich Der Verzicht auf und der Vergleich über Ersatzansprüche der Gesellschaft stehen 85 den Gesellschaftern grundsätzlich frei. Einschränkungen ergeben sich allerdings aus Abs. 3 Satz 2 sowie aus §§ 9 Abs. 2, 57 Abs. 4. Darüber hinaus kennt das GmbH-Gesetz keine § 93 Abs. 4 AktG entsprechende, die Verfügungsbefugnis der Gesellschafter einschränkende Regelung (K. Schmidt ZGR 1978 427; Einzelheiten in § 46, 34). Auch der RegE 1971 sah in dieser Hinsicht keine Änderung des geltenden Rechts vor. Eine Angleichung an das Aktienrecht (rechtspolitische Kritik an dessen Regelung und Hinweise für seine Umgehung durch die Praxis bei Zimmermann, Festschrift Duden, S. 773ff., (343)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
781 ff.) würde in der Tat dem Umstand nicht gerecht, daß die Gesellschafter anders als die Hauptversammlung grundsätzlich das Recht haben, auf die Geschäftsführung Einfluß zu nehmen (vgl. auch BegrRegE 1971 zu § 73, S. 126). Auch das Mitbestimmungsgesetz beläßt es im Hinblick auf Verzicht und Vergleich, insbesondere auch auf die Verzichtswirkung der Entlastung (dazu im einzelnen § 46, 22), bei der nur durch §§ 43 Abs. 3 Satz 2, 9 Abs. 2, 57 Abs. 4 eingeschränkten Herrschaft der Gesellschafter über Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer. Zur Frage, ob eine Minderheit der Gesellschafter die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer erzwingen kann, vgl. unten Rdn. 101 f. Im Konkurs der GmbH geht die Verfügung über die Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer auf den Konkursverwalter über (Scholz 6), nicht allerdings die Entlastungsbefugnis (K. Schmidt aaO 431 f.). 86 Ein Haftungsverzieht kann sich auch daraus ergeben, daß die Gesellschafter bestimmte Geschäfte genehmigen (vgl. R G Z 115 246, 251). Eine konkludente Genehmigung kann in einem Beschluß gesehen werden, wonach bestimmte Geschäfte auch in Zukunft fortgeführt werden sollen. Länger andauerndes Schweigen der Gesellschafter kann nicht ohne weiteres als Haftungsverzicht aufgefaßt werden, da es hierzu grundsätzlich eines Gesellschafterbeschlusses bedarf (vgl. auch § 46, 34). Daß länger andauerndes Schweigen zu bekannten Vorgängen in der freistellenden Wirkung einem Entlastungsbeschluß gleichkommen könne — wie Fleck aaO meint (abweichend K. Schmidt aaO 434) —, wird sich nur in Ausnahmefällen unter Verwirkungsgesichtspunkten annehmen lassen, so wenn in einer Zweimann-GmbH ein Gesellschafter-Geschäftsführer jahrelang widerspruchslos zusieht, wie sich der andere auf Kosten der GmbH einen ihm nicht zukommenden Vorteil verschafft, oder sogar den gleichen Vorteil für sich selbst in Anspruch nimmt (so das Beispiel von Fleck aaO). 87 Der Haftungsverzicht kann auch vergleichsweise erklärt werden (§ 779 BGB); dabei werden — anders als beim Verzicht — auch Ansprüche aus unbekannten oder unerkennbaren Vorgängen betroffen, soweit nur die Möglichkeit der Existenz derartiger Ansprüche Teil der Vergleichsgrundlage ist. Dies ist regelmäßig bei einer sogenannten „Generalbereinigung" (dazu K. Schmidt aaO 430f.) anzunehmen ( B G H WM 1968 114, 1976 736; B G H GmbH-Rdsch. 1975 182; Fleck aaO; vgl. auch § 46, 24). 88 Ob ein Verzicht zugunsten eines Geschäftsführers auch die übrigen mithaftenden Geschäftsführer begünstigt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung von § 423 B G B durch Auslegung zu klären (Fleck GmbH-Rdsch. 1974 228). Eine Vermutung, daß der Verzicht gegenüber einem Geschäftsführer auch den anderen zugute kommen solle, besteht entgegen Scholz 6; Sudhoff S. 97 nicht. Wird einem Geschäftsführer lediglich der Betrag erlassen, der im Innenverhältnis der beteiligten Gesamtschuldner nach § 426 BGB auf ihn entfallen würde, so spricht die Vermutung dafür, daß nur dieser Geschäftsführer selbst begünstigt werden soll. Der Gesellschaft steht es grundsätzlich frei, gegen wen sie ihre Ersatzansprüche richtet (Fleck aaO). Läßt sie Ansprüche gegen andere mitverantwortliche Personen verjähren, so wird jedoch dadurch die Rückgriffsmöglichkeit eines in Anspruch genommenen Geschäftsführers nicht eingeschränkt (vgl. B G H WM 1971 1548 f.). VI. Sonderfälle der Haftung nach Abs. 3 89
Zum Schutze des Stammkapitals der Gesellschaft sieht Abs. 3 eine verschärfte Haftung der Geschäftsführer für den Fall vor, daß sie entgegen den Bestimmungen des § 30 Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft machen oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erwerben. (344)
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Zur Zahlung aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen vgl. Erl. zu §§ 30, 31. Unter Zahlung ist jede Leistung der Gesellschaft an die Gesellschafter im Sinne des § 30 Abs. 1 zu verstehen (vgl. i§ 31, 3). Neben den Geschäftsführern haften gesamtschuldnerisch auch die Gesellschafter, die rechtswidrigerweise Leistungen empfangen haben. Zum Verhältnis von Geschäftsführer- und Gesellschafterhaftung vgl. im einzelnen § 31, 20ff., 34ff. Zur Haftung des Geschäftsführers im Falle des Erwerbs eigener Geschäftsanteile vgl. § 33, 32f. Ein weiterer Fall verschärfter Haftung der Geschäftsführer ergibt sich nach § 64 Abs. 2 (vgl. die Erl. zu dieser Vorschrift). Abs. 3 gewährt der Gesellschaft einen Schadensersatzanspruch, nicht etwa nur 90 einen Anspruch in Höhe der von der Gesellschaft erbrachten Leistung (h. M. BaumbachHueck 4 C ; Scholz 14; Vogel 8 und im Hinblick auf die entsprechende Problematik bei § 93 Abs. 3 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 35; Mertens Kölner KommAktG § 93, 41, 43f. m. w. Nachw.). Von einem Schaden im Sinne des Abs. 3 kann erst dann keine Rede mehr sein, wenn die Gesellschaft einen Fehlbetrag endgültig wiedererlangt hat oder dieser Fehlbetrag durch einen Wert ausgeglichen wird, der endgültig in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist (vgl. RGZ 159 211, 230 = DR 1939 316, 319 m. Anm. Boesebeck). Die Beweislast hierfür trägt der Geschäftsführer, weil in den Fällen des Abs. 3 vermutet wird, daß in Höhe der aufgewendeten Mittel ein Schaden für die Gesellschaft entstanden sei. Diese Vermutung gilt aber nicht für einen Schaden, der über die aufgewendeten Mittel hinausgeht (RGZ 159 211, 231 f.; RG LZ 1930 Sp. 720f.; vgl. dazu auch Mertens Kölner KommAktG § 93, 44). Wenn das Gesetz in Abs. 3 zum Ausdruck bringt, daß bereits Gefährdungen der Kapitalgrundlage der Gesellschaft als Schaden zu behandeln sind, so rechtfertigt es sich, auch bei vergleichbaren Gefährdungen, wie sie das AktG in § 93 Abs. 3 und der RegE 1971 tatbestandsmäßig formulieren, einen Schaden der Gesellschaft zu vermuten (vgl. oben Rdn. 61). In den durch Abs. 3 normierten Fällen ist die Haftung der Geschäftsführer in 91 doppelter Hinsicht verschärft: Zum einen kann die Gesellschaft ihnen gegenüber auf einen nach Abs. 3 begründeten Schadensersatzanspruch nicht verzichten und sich mit ihnen nicht über einen solchen Anspruch vergleichen, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (vgl. dazu § 9, 19ff.); der Gültigkeit eines zur Abwendung oder Beseitigung des Konkurses des Schuldners geschlossenen Vergleichs steht diese Regelung nicht entgegen. Zum anderen wird die Schadensersatzpflicht nach Abs. 3 nicht durch Berufung auf einen Beschluß der Gesellschafter aufgehoben. Diese Verschärfungen gelten für den Schadensersatzanspruch nach Abs. 3 auch insofern, als er über die von der Gesellschaft aufgewendeten Mittel hinausgeht (vgl. dazu die vorige Anm.). Insofern ist der zu § 84 Abs. 3 AktG 1937 geäußerten Ansicht des Reichsgerichts (RGZ 159 211, 231 f. und RG LZ 1930 Sp. 720f.), wonach der Anspruch auf Beträge, die über die rechtswidrigen Aufwendungen hinausgehen, nur aus dem allgemeinen Pflichtverletzungstatbestand für das Geschäftsführungsorgan und nicht aus dem spezifischen Pflichtverletzungstatbestand der Gefährdung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft abzuleiten sei, nicht zu folgen (vgl. auch Mertens Kölner KommAktG § 93, 44). VII. Verjährung, Abs. 4 1. Geltungsbereich der fünfjährigen Verjährungsfrist Alle Ansprüche nach § 43 — auch solche nach Abs. 3 — verjähren gemäß Abs. 4 in 92 5 Jahren. Abs. 4 bezieht sich nicht nur auf die gesetzlichen Verpflichtungen aus § 43, sondern auch auf alle durch diese Vorschrift sanktionierten dienstvertraglichen Pflichten. (345)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Dagegen betrifft die Vorschrift solche Ansprüche nicht, die aus anderen Vertragsverletzungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft (z. B. Kaufvertrag; vgl. dazu RGZ 156 296 = J W 1938 516 m. Anm. v. Ruth) entstehen. Hier gilt jeweils die für diese Ansprüche vorgesehene Verjährungsfrist (vgl. RGZ 96 53, 55). Die fünfjährige Verjährung greift im Gegensatz zu § 31 Abs. 5 Satz 2 auch dann ein, wenn dem Geschäftsführer eine „bösliche" Handlungsweise zur Last fällt (RGZ 87 306, 308; Baumbach-Hueck 5; Brodmann 5; Scholz 16). 93 Umstritten ist das Verhältnis von Abs. 4 zu § 852 BGB. Nach h. L. soll § 852 BGB nur dann Anwendung finden, wenn die Pflichtverletzung der Geschäftsführer unabhängig von ihrer Organstellung eine unerlaubte Handlung darstellt (RGZ 87 306, 308f.; RG JW 1916 129f. m. Anm. Hachenburg-, Baumbach-Hueck 5; Brodmann 5; vgl. auch zur Verjährung nach § 93 Abs. 6 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 93, 87; Schilling GroßkommAktG § 93, 56). Das bedeutet jedoch in gewisser Hinsicht eine Privilegierung des Geschäftsführers; denn die Dreijahresfrist des § 852 BGB läuft erst von dem Augenblick ab, zu dem die ersatzberechtigte Gesellschaft vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, und kann daher im Einzelfall die Fünfjahresfrist des Abs. 4, die stets mit der Entstehung des Anspruchs beginnt (unten Rdn. 97) überdauern. Zu einer solchen Privilegierung des Geschäftsführers besteht kein Anlaß (Scholz 19; zu § 93 Abs. 6 AktG vgl. auch Mertens Kölner KommAktG § 93 , 75 m. w. Nachw.). 94 Die allgemeinen Vorschriften gelten für Ansprüche aus §§ 677, 675 BGB sowie für Bereicherungsansprüche; denn im Hinblick auf ohne Rechtsgrund erlangte Vorteile sollte ein pflichtwidrig handelnder Geschäftsführer durch Abs. 4 nicht begünstigt werden (RGZ 96 53, 55f.; RG JW 1938 2413f.; Baumbach-Hueck 5; abweichend zu § 93 Abs. 6 AktG Schilling GroßkommAktG § 93, 57; vgl. demgegenüber Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 88 m. w. Nachw. der auch im Aktienrecht herrschenden Auffassung, daß Bereicherungsansprüche nicht von der kurzen Verjährung erfaßt werden). 95 Die Ausgleichsansprüche der als Gesamtschuldner haftenden Geschäftsführer untereinander verjähren in 30 Jahren (vgl. RGZ 159 86, 89). 2. Unzulässigkeit vertraglicher Verlängerung; Einschränkung der Verkürzung 96
Eine vertragliche oder satzungsmäßige Verlängerung der Verjährungsfrist ist gemäß § 225 Satz 1 BGB unzulässig. Dagegen kommt eine Verkürzung der Verjährungsfrist im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Geschäftsführern insoweit in Betracht, als diese im Wege des Verzichts oder Vergleichs wirksam über Ersatzansprüche verfügen kann, bei Ansprüchen nach Abs. 3 also nicht, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist (wie hier sinngemäß auch Brodmann 5; da.gegen grundsätzlich für Zulässigkeit der Abkürzung Scholz 16; gegen jede Zulässigkeit der Abkürzung Konow GmbH-Rdsch. 1968 222; Scholz-Fischer8 2). 3. Beginn der Verjährung
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Die Verjährung beginnt nach § 198 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, aber nicht vor dem Abschluß der pflichtwidrigen Handlung. Die Frage, ob bereits ein Schaden entstanden sein muß, wird unterschiedlich beantwortet (bejahend etwa RGZ 83 354, 356; 87 306, 311; Baumbach-Hueck 5; sowie für § 93 Abs. 6 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 85; Mertens Kölner KommAktG § 93, 79; Schilling GroßkommAktG § 93, 59). Dagegen will Scholz 16 nicht auf den Eintritt eines (346)
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Schadens abstellen; vgl. in diesem Sinne auch RG JW 1932 1648; Rospatt BankA 1931/32 496; Schilling Voraufl. 21. Da auch schon die konkret sich abzeichnende Vermögensgefährdung als Schaden anzusehen ist, dürfte die Streitfrage praktisch relativ bedeutungslos sein; für die h. M. fällt entscheidend ins Gewicht, daß die Verjährung nicht beginnen sollte, ehe nicht die Möglichkeit besteht, den Verpflichteten mit einer Feststellungsklage über seine Schadensersatzpflicht zu überziehen. Auf die Kenntnis der Gesellschaft vom Schaden kommt es nach einhelliger Auffassung nicht an (OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8; Scholz 16). Jede schädigende Pflichtverletzung setzt eine neue Verjährung in Lauf; der Begriff der fortgesetzten Handlung ist dem Zivilrecht fremd (vgl. RGZ 134 335, 337ff.; RG JW 1934 1494). Ergeben sich nach Eintritt eines Schadens noch weitere zunächst nicht vorhersehbare Schadensfolgen, so begründen diese für sich eine neue Verjährung (BGHZ 50 21, 24; BGH DB 1960 667; RGZ 157 99, 104). Die Verjährung beginnt nicht zu laufen, ehe das pflichtwidrige Verhalten nicht abgeschlossen ist. Problematisch erscheint, wie dieser Zeitpunkt bei pflichtwidrigen Unterlassungen festzulegen ist. Nach Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff aaO soll die Verjährung in dem Augenblick beginnen, in dem durch die Unterlassung ein Schaden entstanden ist. Bei Verletzung von Aufklärungspflichten gegenüber anderen Gesellschaftsorganen wird auf den Zeitpunkt abzustellen sein, zu dem die Aufklärung spätestens hätte gegeben werden müssen (vgl. dazu Mertens Kölner KommAktG § 93, 79). 4. Unterbrechung und Hemmung der Verjährung Unterbrechung und Hemmung der Verjährung richten sich nach den §§ 202 ff. 98 BGB. Vergleichsverhandlungen hemmen die Verjährung ebensowenig wie die zur Beschlußfassung nach § 46 Ziff. 8 erforderliche Zeit (OLG Bremen GmbH-Rdsch. 1964 8). Die Verjährung läuft auch, wenn die an der Pflichtverletzung nicht beteiligten Geschäftsführer der Zahl nach nicht ausreichen, um die Gesellschaft im Prozeß gegen die in Anspruch zu nehmenden Geschäftsführer wirksam zu vertreten. Die Anwendung des nur für natürliche Personen gedachten § 206 BGB kommt insoweit nicht in Betracht (RGZ 156 291, 300). Verheimlichen pflichtwidrig handelnde Geschäftsführer ihr gesellschaftsschädigendes Verhalten in unlauterer Weise, so wird ihre Verjährungseinrede durch den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ausgeschaltet (vgl. RGZ 133 33, 39). In solchen Manipulationen wird im übrigen durchweg eine selbständige, den Lauf der Verjährung neu begründende Pflichtverletzung liegen (vgl. entsprechend zu § 93 Abs. 6 AktG Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 86; Mertens Kölner KommAktG § 93, 80; Schilling GroßkommAktG § 93, 60). VIII. Keine unmittelbare Geltendmachung der Ansprüche der Gesellschaft durch deren nichtbefriedigte Gläubiger Gläubiger, die von der Gesellschaft keine Befriedigung zu erlangen vermögen, 99 können nicht wie im Aktienrecht (§ 93 Abs. 5 AktG) den Anspruch der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer unmittelbar geltend machen. § 75 Abs. 6 RegE 1971, der insoweit eine Angleichung des GmbH-Rechts an das Aktiengesetz für die Fälle einer Beeinträchtigung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft durch die Geschäftsführer vorsah, ist nicht als bereits geltendes Recht zu betrachten. Die wichtigste Rechtsfolge des Verfolgungsrechts der Gläubiger, nämlich daß ein Verzicht auf oder ein Vergleich über Ersatzansprüche im Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Geschäftsführern nicht zu Lasten des Konkursverwalters wirkt, ergibt sich im GmbH-Recht für die Fälle der Beeinträchtigung der Kapitalgrundlage nach Abs. 3 aber schon daraus, daß ein solcher (347)
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Verzicht oder Vergleich unwirksam ist, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist (vgl. oben Rdn. 85 sowie § 9, 21 ff.). 100 Gläubiger können Schadensersatzansprüche der Gesellschaft nach allgemeinem Prozeßrecht pfänden und sich überweisen lassen ( Baumbach-Hueck 1A; Scholz 19). Dafür ist nicht Voraussetzung, daß die Gesellschafter einen Beschluß nach § 46 Nr. 8 gefaßt haben (RG JW 1930 2685; vgl. auch hinsichtlich des Konkursverwalters B G H LM Nr. 2 zu § 39 GenG). IX. Keine unmittelbare Geltendmachung der Ersatzansprüche der Gesellschaft nach § 43 durch Gesellschafter 101
Die Ansprüche der Gesellschaft können nur durch das insoweit vertretungsberechtigte Organ geltend gemacht werden. Das sind bei der unter das Mitbestimmungsgesetz 1976 fallenden G m b H gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG i. V. mit § 112 AktG der Aufsichtsrat, im übrigen die Geschäftsführer. Eine dem § 147 AktG entsprechende Vorschrift, aufgrund derer eine Gesellschafterminderheit die Geltendmachung von Ersatzansprüchen erzwingen kann, kennt das GmbH-Gesetz nicht. § 90 RegE 1971 sah hier eine Änderung in doppelter Hinsicht vor: Zum einen sollte in den Fällen der Beeinträchtigung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft (§ 75 Abs. 3 RegE 1971; vgl. oben Rdn. 61) jeder Gesellschafter berechtigt sein, den Anspruch der Gesellschaft mit der Maßgabe geltend zu machen, daß er Leistung an die Gesellschaft zu fordern habe (§ 90 Abs. 2 RegE 1971). Zum anderen sollte nach § 90 Abs. 1 RegE 1971 eine Minderheit, deren Geschäftsanteile zusammen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, auf gerichtliche Bestellung von Vertretern zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs antragen dürfen. Diese im RegE 1971 vorgesehene Regelung kann nicht durch richterliche Rechtsfortbildung vorweggenommen werden, zumal sie über § 147 AktG hinausgeht. Aber auch § 147 AktG kann im GmbH-Recht nicht vom Richter entsprechend angewendet werden, da hier die Gesellschafter durch Mehrheitsbeschluß im Gegensatz zur Aktiengesellschaft grundsätzlich uneingeschränkt über Ersatzansprüche verfügen können und auch im Falle des § 43 Abs. 3 der Wirksamkeit solcher Verfügungen nur durch Gläubigerbelange eine Grenze gesetzt ist. 102 Mit der Anerkennung eines auf Leistung an die Gesellschaft gerichteten Schadensersatzanspruchs von Minderheitsgesellschaftern gegenüber der Mehrheit in Fällen, in denen diese treupflichtwidrig die Gesellschaft schädigt (ITT-Urteil, B G H Z 65 15; vgl. oben Rdn. 78), rückt allerdings auch ein Anspruch der Minderheit gegen die Geschäftsführer, die sich an einem derartigen Verhalten beteiligen oder ihm zumindest keinen Widerstand leisten, in den Bereich des Möglichen. Doch kann die das ITT-Urteil tragende Annahme einer Treupflicht des Mehrheitsgesellschafters gegenüber den Minderheitsgesellschaftern (dazu unten Rdn. 117) einen so weitreichenden Einbruch in die Geschäftsführerhaftung nicht rechtfertigen ( Mertens Festschrift Fischer). Immerhin eröffnet dieses Urteil der Minderheit die Möglichkeit, gegen die Mehrheit vorzugehen, wenn diese es aus gesellschaftsfremden Rücksichten unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Gesellschaft Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer geltend macht. Zwar kann die Mehrheit zur Durchsetzung solcher Ansprüche aufgrund ihrer Treupflicht nicht gezwungen werden (vgl. unten Rdn. 117); jedoch ist sie gegebenenfalls wegen des Schadens, der für die Gesellschaft durch eine Unterlassung der Inanspruchnahme der Geschäftsführer entsteht, nach den Grundsätzen des ITT-Urteils haftpflichtig, und die Minderheit kann von ihr die Leistung entsprechenden Ersatzes an die Gesellschaft verlangen. Demgegenüber wird von Schilling Festschrift Hefermehl S. 384 in Fällen, in denen die Gesellschaftermehrheit als herrschendes Unternehmen zu qualifizieren ist, in ent(348)
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sprechender Anwendung von §§ 309 Abs. 4 Satz 1 und 2 und 310 Abs. 4 AktG die Schadensersatz- und die Unterlassungsklage des einzelnen Minderheitsgesellschafters aus § 43 mit der Maßgabe für zulässig gehalten, daß Schadensersatzleistung nur an die Gesellschaft verlangt werden darf. Schilling nimmt für diese Rechtsprechung das ITT-Urteil in Anspruch, das jedoch diesen Weg nicht geht (dazu Mertens, Festschrift Fischer unter IV. 2). In der Tat erscheint es zwar im Aktienrecht im Hinblick auf § 318 AktG geboten, dem einzelnen Aktionär aus §§ 93, 116 AktG ein Vorgehen gegen die Verwaltung seiner Gesellschaft zu ermöglichen, wenn diese die konzernrechdichen Grenzen abhängigkeitsrelevanten Handelns verletzt (vgl. dazu Geßler in Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff § 318, 14ff. m. Nachw.; Strohn, Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern [1977] S. 154ff.). Doch kann diese Regelung des Aktienkonzernrechts, die das Grundprinzip der Kanalisierung der Organhaftung auf die Gesellschaft zugunsten des konzernrechtlichen Minderheitenschutzes durchbricht, nicht ohne entsprechende gesetzliche Grundlage auf die GmbH übertragen werden (dazu Mertens, Festschrift Fischer aaO; Westermann, Grundsatzfragen des GmbH-Konzerns, in: Der GmbHKonzern [1976], S. 45f.). Hier erscheint es angemessener, den Mehrheits-Minderheitskonflikt zwischen den beteiligten Fronten selbst und nicht auf dem Rücken des Geschäftsführers auszutragen, dessen Leitungsmacht nicht — wie die des Vorstands in der Aktiengesellschaft — im Verhältnis zur Mehrheit verselbständigt ist. Dazu eröffnet das ITT-Urteil einen ausbaufähigen Weg, so daß es insoweit der analogen Heranziehung von § 309 Abs. 4 im Verhältnis des Gesellschafters zum Geschäftsführer nicht bedarf (vgl. auch oben Rdn. 13; dagegen grundsätzlich abweichend Schilling § 46, 38; § 47, 77).
X . Haftung der Geschäftsführer gegenüber Gesellschaftern und Dritten aufgrund von Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft 1. Haftung der Geschäftsführer gegenüber Gesellschaftern a) Keine Haftung nach § 43 - auch nicht i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB. Eine 103 Haftung der Geschäftsführer gegenüber einzelnen Gesellschaftern kommt zwar nicht nach § 43 in Betracht (Rdn. 104), wohl aber, soweit die Geschäftsführer Rechtspositionen der Gesellschafter beeinträchtigen, die als solche deliktsrechtlichen Schutz genießen (Rdn. 105ff.), oder soweit sie gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen verletzen, die im Gegensatz zu § 43 auf den unmittelbaren Schutz des Vermögens der Gesellschafter gerichtet sind (Rdn. 109ff.). Gesellschaftern gegenüber haften die Geschäftsführer nach § 43 — anders als nach 104 § 3 1 Abs. 6 — nicht unmittelbar. § 43 ist nicht als Schutzgesetz zugunsten einzelner Gesellschafter anzusehen (die dahingehende bisher allg. Meinung wird nunmehr von Emmerich-Sonnenschein Konzernrecht 2. Aufl. [1977] S. 240 und Sonnenschein S. 159ff. bestritten; dagegen im einzelnen Mertens Festschrift Fischer). Das Prinzip, daß allein die Gesellschaft nach dieser Vorschrift Ansprüche gegen die Geschäftsführer hat, könnte nur der Gesetzgeber selbst aufgeben. Der RegE 1971 sah demgegenüber noch nicht einmal generell eine Möglichkeit für einzelne Gesellschafter vor, den Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen (vgl. im einzelnen § 90 RegE 1971 und oben Rdn. 101) und hielt im übrigen durchweg daran fest, daß der Anspruch selbst allein der Gesellschaft zusteht. Das gleiche gilt im Aktienrecht. Wenn das ITT-Urteil (BGHZ 65 15; vgl. oben Rdn. 78) einzelnen Gesellschaftern die Möglichkeit gibt, die Gesellschaft gegen eine Schädigung durch andere Gesellschafter zu verteidigen, so ist damit indirekt auch die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Geschäftsführer gesichert (vgl. oben Rdn. 102). Darüber hinaus die Geschäftsführer über § 823 Abs. 2 BGB i. V. mit § 43 in einen Mehrheits-Minder(349)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
heitskonflikt hineinzuziehen, wäre — jedenfalls ohne flankierende gesetzliche Vorschriften über die Grenzen der Rechtsverfolgung durch die Minderheit — im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der GmbH verfehlt. Selbst wenn man aber das Prinzip der Kanalisierung der Organhaftung auf die Gesellschaft für reformbedürftig hält, so würde seine Aufhebung doch einen Umbruch unseres Gesellschaftsrechts bedeuten, der jenseits aller vertretbaren Möglichkeiten richterlicher Rechtsfortbildung läge. Wohl lassen sich jedoch schon de lege lata Einschränkungen dieses Prinzips unter dem Gesichtspunkt entwickeln, daß der Gesellschaftsanteil in bestimmter Hinsicht als sonstiges Recht nach § 823 BGB zu schützen ist (vgl. dazu die folgenden Anm.). In diesem Rahmen muß den Gesellschaftern dann auch ein deliktischer Unterlassungsanspruch zustehen, nicht aber allgemein aufgrund des § 43. Nach dieser Vorschrift kommt grundsätzlich nur ein praktisch wenig bedeutsamer Unterlassungsanspruch der Gesellschaft selbst in Betracht. Der einzelne Gesellschafter kann gegen die Ausführung nichtiger oder anfechtbarer Beschlüsse der Gesellschafter nur in der Form einschreiten, daß er im Zusammenhang des Anfechtungsverfahrens eine einstweilige Verfügung gemäß § 940 ZPO beantragt (vgl. dazu Anh. § 47, 187). Hier zeigt sich, daß die Erhebung des § 43 zu einem Schutzgesetz zugunsten der Minderheit auch mit den Regeln des Beschlußanfechtungsrechts nicht vereinbar wäre (vgl. auch Mertens Festschrift Fischer, FN 19). b) Die Mitgliedschaft als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB. Als deliktsrechtlich geschützte Rechtsposition des Gesellschafters kommt sein Mitgliedschaftsrecht selbst in Betracht. Es ist unbestritten, daß dieses Recht ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB ist (vgl. RGZ 100 274, 278; Hefermehl Geßler-Hefermehl-EckardtKropff AktG § 93, 94; Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften [1965] S. 39). Das Mitgliedschaftsrecht wird zwar nicht schon dadurch im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB widerrechtlich beeinträchtigt, daß der Wert der Mitgliedschaft infolge einer Schmälerung des Wertes und der Ertragsfähigkeit der Gesellschaft selbst sinkt (RGZ 158 248, 255), wohl aber dadurch, daß — wie das RG aaO sagt — der Gesellschafter ganz oder teilweise um die Mitgliedsrechte selbst gebracht wird. Diese Formulierung deckt nicht nur die Vernichtung des Mitgliedschaftsrechts, sondern jede Verkürzung der in ihm zusammengefaßten Herrschafts-, Teilhabeund Vermögensfunktionen, soweit diese sich nicht nur als Reflex einer Veränderung des Gesellschaftsvermögens selbst darstellt (vgl. im einzelnen Mertens Festschrift Fischer, unter IV. 1.); denn das Deliktsrecht schützt nicht allein den rechtlichen Bestand des absoluten Rechts, der als solcher durch den deliktischen Eingriff oft gar nicht angetastet wird, sondern das dadurch dem Rechtsinhaber zugeordnete Vermögenssubstrat, sei es als Herrschaftsmacht und Einflußspielraum, sei es als Wertzuweisung. Nur muß der Zuweisungsgehalt des Rechts selbst, nicht nur sein Wert, durch den Eingriff betroffen sein. Jeder in diesem Sinne unmittelbare Eingriff in das Substrat der durch Gesetz und Satzung ausgeformten Mitgliedstellung verpflichtet mithin den Verletzer zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens; droht ein entsprechender Eingriff, so muß dem Gesellschafter insoweit auch der deliktsrechtliche Unterlassungsanspruch zustehen (Mertens AG 1978, 309; vgl. in diesem Zusammenhang auch Keuk-Knobbe Festschrift Ballerstedt, S. 239). 106 Nach Wiedemann aaO soll allerdings im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft § 823 BGB nicht gelten, ebenso wie diese Vorschrift etwa für Leistungsstörungen des Schuldners ausscheide; denn der Schutz des Teilhabers würde in diesem Bereich durch die besonderen Regelungen des Gesellschaftsrechts bestimmt. Diese These könnte höchstens insoweit Geltung beanspruchen, als sich aus dem Gesellschaftsrecht spezifische Sonderbeziehungen zwischen den Gesellschaftern untereinander und zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern ergeben; selbst für diesen Fall bleibt 105
(350)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
aber zu beachten, daß das Deliktsrecht bei Verletzung deliktisch geschützter Positionen auch im Rahmen besonderer Schuldverhältnisse zur Anwendung kommt. Im Kapitalgesellschaftsrecht besteht jedenfalls zwischen dem Geschäftsführungsorgan und dem Einzelgesellschafter grundsätzlich gerade keine besondere schuldrechtliche Beziehung; zwischen den Gesellschaftern begründet zwar gegebenenfalls die Treupflicht des Mehrheitsaktionärs gegenüber den Minderheitsgesellschaftern — als Pflicht, eine gesellschaftsschädliche Wahrnehmung seines Einflusses zu egoistischen Zwecken zu unterlassen, — eine spezifische Beziehung. Diese soll jedoch sicherlich den allgemeinen deliktsrechtlichen Schutz des einzelnen Gesellschafters nicht einschränken (dazu Mertens, Festschrift Fischer aaO und AcP 178 1978 231 ff., 243). Daher greift der deliktische Schutz der Mitgliedschaft gegenüber Geschäftsführern und Mitgesellschaftern im Kapitalgesellschaftsrecht grundsätzlich durch. Mit dem Gesellschaftsrecht könnten sich hier lediglich dann störende Kollisionen anbahnen, wenn man die Gesellschaft selbst für den Anspruchsgegner halten würde. Das kommt beim Handeln von Mitgesellschaftern von vornherein nicht in Betracht; aber auch der deliktische Eingriff von Geschäftsführern in das Mitgliedschaftsrecht eines Gesellschafters ist nicht der Gesellschaft selbst zuzurechnen, auch nicht über § 31 BGB oder § 831 BGB (dazu näher Mertens Festschrift Fischer aaO). Auch ein Unterlassungsanspruch ist unmittelbar gegen den Verletzer des Mitgliedschaftsrechts — also gegen den Gesellschafter oder/und den Geschäftsführer geltend zu machen, nicht gegen die Gesellschaft {Mertens aaO). Als Eingriff in die Mitgliedstellung sind etwa anzusehen: Die Verletzung der 107 Gleichbehandlungspflicht im Hinblick auf Bezugsrechte; die Minderung des Einflusses der Mitgliedschaftsposition durch gesetzes- oder satzungswidrige Nichtachtung oder durch rechtswidrige Durchkreuzung der aus ihr folgenden Entscheidungsbefugnisse, z. B. auf dem Wege einer Veränderung des Unternehmensgegenstandes oder der Organisationsstruktur der Gesellschaft ohne die gebotene Satzungsänderung (vgl. dazu Mertens Festschrift Fischer aaO). Der zu ersetzende Schaden beschränkt sich gemäß dem Schutzzweck des § 823 Abs. 1 BGB im Hinblick auf die Mitgliedschaft stets auf die unmittelbar beim Gesellschafter eintretende Vermögensminderung. Er erfaßt etwa die Wertminderung einer Schachtelbeteiligung, die sich daraus ergibt, daß der kraft ihrer Funktion als Sperrminorität ausübbare Einfluß durch satzungswidrige Ausgliederung eines Unternehmensteils entscheidend herabgesetzt wird (vgl. dazu Mertens AG 1978 aaO; dort auch zur Frage, ob Verstärkungen der Mitgliedstellung durch schuldrechtliche Abreden mit anderen Gesellschaftern am Deliktsschutz teilnehmen). Der Gesellschafter, der einen Schadensersatzanspruch wegen Eingriffs in seine Mitgliedstellung geltend macht, muß außer dem Schaden grundsätzlich auch Rechtswidrigkeit und Verschulden des Verletzers darlegen und beweisen, wobei allerdings unter allgemeinen Gesichtspunkten — wie auch sonst im Deliktsrecht — eine Umkehr der Beweis(führungs)last in Betracht kommt. Die Geltendmachung des deliktischen Schadensersatzanspruchs wegen Beeinträch- 108 tigung der Mitgliedschaft sollte nicht voraussetzen, daß gegebenenfalls ein entsprechender Gesellschafterbeschluß zunächst angefochten wird (vgl. Mertens Festschrift Fischer aaO). Auch Geschäftsführer können sich insoweit gegenüber dem verletzten Gesellschafter nicht darauf berufen, daß sie einen unangefochtenen Beschluß ausgeführt haben (Mertens aaO). Der deliktische Unterlassungsanspruch wird dagegen durch den spezifischen Rechtsbehelf der Anfechtung verdrängt, soweit er sich gegen die Ausführung eines Beschlusses der Gesellschafter richtet. Im Rahmen der Anfechtungsklage steht hier der Weg einer einstweiligen Verfügung nach § 940 ZPO offen (oben Rdn. 104). c) Deliktsschutz über §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Wie erörtert (vgl. oben Rdn. 104), 109 ist § 43 selbst nicht auf einen unmittelbaren Schutz des Vermögens der Gesellschafter (351)
§43
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
gerichtet und scheidet daher als Bezugsnorm des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gesellschafter aus. Im Lichte der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzes gegen eine unmittelbare Schutzwirkung gesetzlicher Geschäftsführungspflichten zugunsten der Gesellschafter sind auch alle anderen Vorschriften zu sehen, die Geschäftsführungspflichten im Interesse der Gesellschaft normieren. Solange die Verletzung von Geschäftsführungspflichten nicht unter § 266 StGB oder unter § 826 BGB fällt, erwächst den Gesellschaftern hinsichtlich der Nachteile in ihrem Vermögen, die lediglich den Schaden der Gesellschaft reflektieren, kein deliktischer Schadensersatzanspruch gegen Geschäftsführer (zur abweichenden, weil nicht durch § 43 präjudizierten, Rechtslage im Verhältnis der Gesellschafter untereinander vgl. Mertens Festschrift Fischer, unter IV. 2. sowie unten Rdn. 117). Das gilt auch für einen Verstoß der Geschäftsführer gegen § 130 OWiG. Zu § 64 siehe die Erl. zu dieser Vorschrift. Dagegen sind in Fortentwicklung von § 823 BGB deliktisch relevante Verhaltenspflichten, die unmittelbar das Vermögen der Gesellschafter betreffen, denkbar (vgl. Huber Festschrift f. v. Caemmerer [1978]; Mertens AcP 178 1978 231 ff., 252); so ist es z . B . als deliktische Schutzpflicht der Geschäftsführer zugunsten der Gesellschafter anzusehen, Verschwiegenheit und Publizität hinsichtlich der Angelegenheiten der Gesellschaft in der Weise zu handhaben, daß Insider-Informationen möglichst vermieden werden und ein einheitlicher Unterrichtungsstand der Gesellschafter über die maßgeblichen Faktoren der Bewertung ihrer Anteile gewahrt bleibt (vgl. auch Mertens Festschrift Fischer, unter IV. 3.). 110
d) Vertragliche Ansprüche der Gesellschafter gegenüber Geschäftsführern? Nach Schilling Voraufl. 23 im Anschluß an Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften (1949) 179 kann ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch eines geschädigten Gesellschafters gegen den Geschäftsführer gegeben sein, wenn der Geschäftsführungsvertrag zugleich ein Vertrag zugunsten der Gesellschafter sei. Dies komme in Betracht, wenn nach der Gestaltung der Gesellschaftsverhältnisse ein enges Zusammenwirken zwischen dem Geschäftsführer und dem Gesellschafter vorliege, ferner bei unmittelbarer Verletzung von Mitgliedsrechten. In der Tat erscheint die Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter zwischen Geschäftsführer und Gesellschafter nicht ausgeschlossen. Im Hinblick auf die Kanalisierung der Haftung der Geschäftsführer auf die GmbH selbst wird eine solche Konstruktion aber nur in Ausnahmefällen zu erwägen sein. Sie ist auch weitgehend überflüssig, wenn man den Schutz der Mitgliedschaft nach deliktsrechtlichen Regeln im Sinne der vorigen Anmerkungen (vgl. Rdn. 105ff.) ausgestaltet.
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e) Konkurrenz von Gesellschafts- und Gesellschafteransprüchen — Problem des Doppelschadens. Da es gewöhnlich bei GmbH-Anteilen keine Bildung eines Kurses gibt, bei der die Faktoren, in denen sich die Entwicklung des Gesellschaftsvermögens widerspiegelt, durch andere Faktoren überlagert werden können, ist die eigentliche Problematik der im Aktienrecht viel behandelten Doppelschadensfrage (vgl. dazu Hefermehl GeßlerHefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 93, 96; Mertens Kölner KommAktG § 93, 88ff.; Martens ZGR 1972 26) im GmbH-Recht kaum relevant. Diese Problematik ergibt sich nämlich gerade daraus, daß letztlich nicht entscheidbar ist, welche Elemente einer Entwertung der Aktie nur den Gesellschaftsschaden reflektieren und welche einen darüber hinausgehenden zusätzlichen Schaden des Gesellschafters enthalten. Die Formel, daß auch Schutzvorschriften unmittelbar zugunsten des Aktionärs nicht den Schaden einbeziehen, der nur aus der Minderung des Gesellschaftsvermögens resultiert, läßt sich hier vergleichsweise einfach so handhaben, daß damit ein doppelter Ersatz der Geschäftsführer gegenüber Gesellschaft und Gesellschaftern ausgeschlossen wird. Die Möglichkeit, daß Gesellschafter und Gesellschaft ganz oder teilweise den gleichen Schaden geltend machen, ergibt sich allerdings nach der hier vertretenen Auffassung in Fällen, in denen die Geschäftsführer gegen § 266 StGB oder § 826 BGB verstoßen. Man könnte deshalb daran denken, (352)
Haftung der Geschäftsführer (Mertens)
§43
auch hier den Schaden der Gesellschafter, der lediglich denjenigen der Gesellschaft reflektiert, aus dem deliktischen Schutzbereich dieser Vorschriften auszuschließen. Doch könnte dies im Hinblick darauf, daß solche Verstöße nicht selten im Benehmen mit der Gesellschaftermehrheit erfolgen und jedenfalls nicht gewährleistet ist, daß diese dagegen einschreitet, zu einem Sanktionsdefizit führen, das durch die Chance der Minderheit, ihren Schaden nach den Grundsätzen des ITT-Urteils (BGHZ 65 15 vgl. oben Rdn. 78) von der Mehrheit ersetzt zu verlangen, keineswegs aufgewogen wird. Hier geht es auch nicht an, den Gesellschafter erst dann zum Zuge kommen zu lassen, wenn sich zeigt, daß die Rechtsverfolgung durch die Gesellschaft selbst nicht zu erwarten ist. Allerdings wird er den Ersatz seines Entwertungsschadens grundsätzlich in der Form geltend zu machen haben, daß er die Erstattung des Gesamtschadens der Gesellschaft an diese verlangt (vgl. dazu näher Mertens Festschrift Fischer, unter V.). 2. Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten Aus Verletzung der Geschäftsführerpflichten gegenüber der Gesellschaft haften die Geschäftsführer gegenüber Dritten nur insoweit, als sie damit zugleich im Verhältnis zu diesen einen Haftungstatbestand verwirklichen. Eine Haftung nach vertraglichen Grundsätzen ist in solchen Fällen möglich, in denen die Einhaltung von Geschäftsführungspflichten Bestandteil der Dienstpflichten des Geschäftsführers im Rahmen seines Dienstverhältnisses zu einem Dritten ist (vgl. dazu § 35,99). Die Pflicht der Geschäftsführer, die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen, besteht nicht nur dieser gegenüber, sondern ist durch § 34 Abgabenordnung als öffendichrechtliche Pflicht ausgestaltet. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift haben die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, daß die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten. Zur Haftung des Geschäftsführers nach dieser Vorschrift vgl. Schulze zur Wiesche GmbH-Rdsch. 1978 138 m. w. Nachw. Schutzpflichten nach § 823 Abs. 2 ergeben sich aus der gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung grundsätzlich nicht (zu § 64 vgl. die Erl. zu dieser Vorschrift). Zahlt der Geschäftsführer beispielsweise die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nicht ein, so verletzt er zwar seine Amtspflicht zur ordnungsmäßigen Erfüllung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Diese Amtspflicht ist aber kein Schutzgesetz zugunsten der Sozialversicherung (vgl. BGH WM 1976 1086; der BGH legt in dieser Entscheidung mit Recht dar, daß § 393 RVO, der die Gesellschaft zur Zahlung verpflichtet, seinerseits kein Schutzgesetz zugunsten der Sozialversicherungsträger ist). Umgekehrt stellt die Einhaltung deliktischer Schutzgesetze zugunsten Dritter zumindest immer dann eine Amtspflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft dar, wenn diese nach § 31 BGB selbst für den Geschäftsführer haftet (vgl. dazu § 35, 278ff.). Das gilt beispielsweise für die Verpflichtung zur Abführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung, die ihrerseits Schutzgesetz zugunsten der Sozialversicherer ist (BGHZ 58 201).
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XI. Gesellschafterhaftung wegen rechtswidriger Einflußnahme auf die Geschäftsführung Die rechtswidrige Einflußnahme eines Mitgesellschafters auf die Geschäftsführung 117 führt grundsätzlich nicht zu seiner Haftung nach § 43 (str.; vgl. oben Rdn. 13), es sei denn, er nimmt konkret dem Geschäftsführer zustehende Befugnisse wahr und ist daher als (353)
§44
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren. Eine Haftung des einflußnehmenden Gesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern kann sich jedoch — ebenso wie die des Geschäftsführers (vgl. dazu oben Rdn. 105 ff.) — wegen Verletzung des deliktisch geschützten Mitgliedschaftsrechts ergeben. Bei Verletzung von Vermögensinteressen der Gesellschaft und damit auch der Mitgesellschafter haftet der einflußnehmende Gesellschafter der Gesellschaft und den Gesellschaftern, soweit er seine Vermögenssorgepflicht (Treupflicht) diesen gegenüber verletzt hat; aus dem gleichen Rechtsgrund kann er Mitgesellschaftern zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er unmittelbar in deren Vermögensinteressen eingreift (vgl. insoweit für Geschäftsführer oben Rdn. 109). Zur Konkretisierung dieser durch B G H Z 65 15 (dazu § 45, 22) anerkannten Treupflicht vgl. Mertens Festschrift Fischer sowie AcP 178 1978 242ff. m. w. Nachw. Handelt es sich — wie dort angenommen wird — um eine deliktische Verkehrspflicht, so ist insofern gleichfalls ein deliktischer Unterlassungsanspruch begründet. Dieser tritt hinter dem Recht der Beschlußanfechtung zurück, soweit diese der Sachlage nach in Betracht kommt (vgl. oben Rdn. 108). Eine Verletzung der Treupflicht i. S. einer deliktischen Verkehrspflicht kann ein Gesellschafter auch dadurch begehen, daß er die Geltendmachung berechtigter und aussichtsreicher Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Geschäftsführer nicht zuläßt. Doch kann er von einem Mitgesellschafter nicht auf Mitwirkung bei der Durchsetzung eines solchen Anspruchs verklagt werden; denn der aus dem Deliktsrecht folgende negatorische Anspruch erzeugt eine entsprechende Verpflichtung nicht ( Mertens Festschrift Fischer, unter IV. 3.).
§44 Die für die Geschäftsführer gegebenen Vorschriften gelten auch für Stellvertreter von Geschäftsführern. Übersicht Rdn. Einleitung Reform I. Geschäftsführungsbefugnis II. Vertretungsmacht
1
III. Haftung
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IV. Steuer- und Versorgungsrecht
8
3 4
V. Der Arbeitsdirektor als stellvertretender Geschäftsführer? VI. Eintragung im Handelsregister
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Einleitung 1
Die Vorschriften über die Geschäftsführer gelten einschränkungslos auch für einen stellvertretenden Geschäftsführer. Dieser ist nicht, wie der Gesetzeswortlaut nahelegt, Vertreter der Geschäftsführer, sondern gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft selbst. Er ist Organ der Gesellschaft mit allen rechtlichen Folgen der Organschaft. Daß an die Bezeichnung von Geschäftsführern als stellvertretend keine besonderen rechtlichen Folgen anzuknüpfen sind, statuiert § 44 ganz allgemein, also nicht nur für die Vertretungsmacht, sondern auch für die Geschäftsführungsbefugnis (vgl. Rdn. 3). Jedoch kann ein stellvertretender Geschäftsführer als solcher bestellt werden, was insofern bedeutsam ist als der Aufsichtsrat in mitbestimmten Gesellschaften zwar für die Bestellung nicht aber für die Regelung der Geschäftsführungsbefugnis von Geschäftsführern zuständig ist (vgl. § 35, (354)
§44
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
faktischer Geschäftsführer zu qualifizieren. Eine Haftung des einflußnehmenden Gesellschafters gegenüber den Mitgesellschaftern kann sich jedoch — ebenso wie die des Geschäftsführers (vgl. dazu oben Rdn. 105 ff.) — wegen Verletzung des deliktisch geschützten Mitgliedschaftsrechts ergeben. Bei Verletzung von Vermögensinteressen der Gesellschaft und damit auch der Mitgesellschafter haftet der einflußnehmende Gesellschafter der Gesellschaft und den Gesellschaftern, soweit er seine Vermögenssorgepflicht (Treupflicht) diesen gegenüber verletzt hat; aus dem gleichen Rechtsgrund kann er Mitgesellschaftern zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er unmittelbar in deren Vermögensinteressen eingreift (vgl. insoweit für Geschäftsführer oben Rdn. 109). Zur Konkretisierung dieser durch B G H Z 65 15 (dazu § 45, 22) anerkannten Treupflicht vgl. Mertens Festschrift Fischer sowie AcP 178 1978 242ff. m. w. Nachw. Handelt es sich — wie dort angenommen wird — um eine deliktische Verkehrspflicht, so ist insofern gleichfalls ein deliktischer Unterlassungsanspruch begründet. Dieser tritt hinter dem Recht der Beschlußanfechtung zurück, soweit diese der Sachlage nach in Betracht kommt (vgl. oben Rdn. 108). Eine Verletzung der Treupflicht i. S. einer deliktischen Verkehrspflicht kann ein Gesellschafter auch dadurch begehen, daß er die Geltendmachung berechtigter und aussichtsreicher Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen Geschäftsführer nicht zuläßt. Doch kann er von einem Mitgesellschafter nicht auf Mitwirkung bei der Durchsetzung eines solchen Anspruchs verklagt werden; denn der aus dem Deliktsrecht folgende negatorische Anspruch erzeugt eine entsprechende Verpflichtung nicht ( Mertens Festschrift Fischer, unter IV. 3.).
§44 Die für die Geschäftsführer gegebenen Vorschriften gelten auch für Stellvertreter von Geschäftsführern. Übersicht Rdn. Einleitung Reform I. Geschäftsführungsbefugnis II. Vertretungsmacht
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III. Haftung
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IV. Steuer- und Versorgungsrecht
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V. Der Arbeitsdirektor als stellvertretender Geschäftsführer? VI. Eintragung im Handelsregister
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Einleitung 1
Die Vorschriften über die Geschäftsführer gelten einschränkungslos auch für einen stellvertretenden Geschäftsführer. Dieser ist nicht, wie der Gesetzeswortlaut nahelegt, Vertreter der Geschäftsführer, sondern gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft selbst. Er ist Organ der Gesellschaft mit allen rechtlichen Folgen der Organschaft. Daß an die Bezeichnung von Geschäftsführern als stellvertretend keine besonderen rechtlichen Folgen anzuknüpfen sind, statuiert § 44 ganz allgemein, also nicht nur für die Vertretungsmacht, sondern auch für die Geschäftsführungsbefugnis (vgl. Rdn. 3). Jedoch kann ein stellvertretender Geschäftsführer als solcher bestellt werden, was insofern bedeutsam ist als der Aufsichtsrat in mitbestimmten Gesellschaften zwar für die Bestellung nicht aber für die Regelung der Geschäftsführungsbefugnis von Geschäftsführern zuständig ist (vgl. § 35, (354)
Stellvertreter von Geschäftsführern (Mertens)
§44
48). Allerdings bleibt es den Gesellschaftern unbenommen, einem als Stellvertreter bestellten Geschäftsführer nicht an den „Vertretungsfall" anknüpfende Befugnisse zu gewähren, genauso wie sie — in den einer Geschäftsverteilung überhaupt gesetzten Grenzen (vgl. dazu § 35, 89, § 37, lOff.) — Geschäftsführungsbefugnisse eines „ordentlichen" Geschäftsführers auf den „Vertretungsfall" beschränken können. Reform § 76 RegE 1971 sah nur eine geringfügige redaktionelle Änderung der jetzigen 2 Regelung vor. Der Sache nach sollte sie unverändert weitergehen. I. Geschäftsführungsbefugnis Aus § 44 geht hervor, daß die Geschäftsführungsbefugnis eines Geschäftsführers 3 auch in der Weise geregelt sein kann, daß er nur dann anstelle eines anderen Geschäftsführers handeln darf, wenn dieser verhindert ist. Es ist aber keineswegs gesagt, daß die Berufung zum stellvertretenden Geschäftsführer als solche bereits eine entsprechende Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis enthält oder gar enthalten müßte. Dies ist vielmehr eine Frage der Ausgestaltung der internen Stellung des stellvertretenden Geschäftsführers im einzelnen. Hier kann angeordnet sein, daß er nur bei Verhinderung eines anderen Geschäftsführers tätig werden darf. Ob in der Berufung zum stellvertretenden Geschäftsführer eine Regelung der Geschäftsführungsbefugnis in diesem Sinne liegt, ist gegebenenfalls im Wege der Interpretation zu ermitteln. Es kann sich bei der Bezeichnung eines Geschäftsführers als stellvertretend aber auch nur um eine Rangordnung unter Geschäftsführern handeln, aus der keine Folgerungen für die Geschäftsführungsbefugnis zu ziehen sind. Jedenfalls kann jede Art der Geschäftsführungsbefugnis (vgl. zu dieser § 35, 210; § 37, 3ff.) auch dem stellvertretenden Geschäftsführer zuerkannt werden. Den stellvertretenden Geschäftsführer, dessen Handeln im Innenverhältnis an den Vertretungsfall gebunden ist, treffen auch außerhalb der Vertretungssituation die gesetzlichen Organpflichten. Inhaltlich werden diese Pflichten — insbesondere die allgemeine Pflicht zur Überwachung der Rechtmäßigkeit und der Zweckmäßigkeit des Geschäftsbetriebs — zwar weitgehend von den konkreten Überwachungs- und Aktionsmöglichkeiten des Geschäftsführers geprägt; aber aufgehoben werden können sie durch die Regelung der Geschäftsführungsbefugnis nicht (vgl. § 37, 10). II. Vertretungsmacht Der stellvertretende Geschäftsführer ist Geschäftsführer mit unbeschränkbarer ge- 4 setzlicher Vertretungsmacht. Auch wenn er Geschäftsführungsbefugnis nur für den Fall hat, daß der ordentliche Geschäftsführer verhindert ist, und es an dieser Voraussetzung fehlt, sind Vertretungshandlungen des stellvertretenden Geschäftsführers wirksam. Sind Vertretungsakte von allen Geschäftsführern vorzunehmen, so muß auch der stellvertretende Geschäftsführer daran teilnehmen. Bei Auflagen und Strafandrohungen kann sich das Registergericht ebenso an die 5 stellvertretenden wie an die ordentlichen Geschäftsführer halten (abweichend Voraufl. 3; KG BauersZ 20 29; KGJ 21 131); denn Gerichte oder Behörden können jeden Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter der GmbH in Anspruch nehmen und brauchen sich dabei um die Ausgestaltung seiner Geschäftsführungsbefugnis nicht zu kümmern (so richtig Scholz 3). Ebenso wie ordentliche Geschäftsführer (vgl. § 35, 235) sind sie auch zur eidesstattlichen Versicherung über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft nach §§ 807, 899ff. ZPO heranzuziehen (auch insoweit abweichend die Voraufl.). (355)
§44 6
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Ist die Art der Vertretung der Gesellschaft nicht ausdrücklich geregelt, so haben ein ordentlicher und ein stellvertretender Geschäftsführer Gesamtvertretungsmacht {Scholz 2). III. Haftung
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Auch der stellvertretende Geschäftsführer haftet für die Erfüllung der durch Geschäftsführungsregelungen nicht aufhebbaren Organpflichten (dazu § 37, 7), und im übrigen nach Maßgabe seiner durch die Ausgestaltung seiner Geschäftsführungsbefugnis gegebenen Aktionsmöglichkeiten. Zu seiner Haftung im „Vertretungsfall" vgl. § 43, 57.
IV. Steuer- und Versorgungsrecht 8
Steuerrechtliche sowie versorgungs- und sozialversicherungsrechtliche Differenzierungen stellen grundsätzlich nicht darauf ab, ob ein Geschäftsführer ordendicher oder stellvertretender Geschäftsführer ist. Doch kann die Art der Geschäftsführungsbefugnis für die Prüfung, ob der Geschäftsführer über maßgeblichen Einfluß verfügt, von Bedeutung sein (vgl. dazu § 35, 73ff., 76, 82f.).
V. Der Arbeitsdirektor als stellvertretender Geschäftsführer? 9
Im Hinblick auf die in § 33 MitbestG festgelegte Zuständigkeit des Arbeitsdirektors ist eine Regelung ausgeschlossen, wonach dieser in Personal- und Sozialangelegenheiten nur als Vertreter oder gar auf Weisung eines anderen Geschäftsführers tätig werden darf. Position und Funktion des Arbeitsdirektors dürfen als solche auch nicht diskriminiert werden. Andererseits ist der Geschäftsführer, der das Amt des Arbeitsdirektors bekleidet, einer Abstufung zwischen den Geschäftsführern, die sachlich etwa auf Gesichtspunkten wie Betriebszugehörigkeit, Erfahrung oder „Dienstalter" aufbaut, nicht entzogen. Daher ist es nicht ausgeschlossen, ihn unter Befolgung solcher Kriterien als stellvertretenden Geschäftsführer einzustufen (vgl. Hoffmann BB 1977 21 f.; Hoffmann/Lehmann/Weinmann MitbestG § 33, 27, 29; Meilicke-Meilicke MitbestG § 33, 5; Meyer-Landrut DB 1976 388; Th. Raiser MitbestG § 33, 9; abweichend Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 33, 20).
VI. Eintragung im Handelsregister 10
Es hat sich die Meinung durchgesetzt, daß die Eintragung des stellvertretenden Geschäftsführers mit dem Zusatz „als Stellvertreter" zu erfolgen hat, wenn dies bei der Anmeldung zum Handelsregister beantragt wird (vgl. O L G Düsseldorf GmbH-Rdsch. 1969 108; O L G Stuttgart NJW 1960 2150; Baumbach-Hueck D; Scholz-Fischer 2; abw. Scholz 1 und entsprechend für stellvertretende Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Hefermehl Geßler-Hefermehl-Eckardt-Kropff AktG § 94, 9, der geltend macht, daß der Hinweis auf die Stellvertreter-Eigenschaft nur Mißverständnisse hervorrufen könne). Für die Möglichkeit der Eintragung der Stellvertreter-Eigenschaft mag immerhin sprechen, daß der stellvertretende Geschäftsführer als rechtliche Institution in § 44 GmbHG erwähnt wird. Dem entspricht auch der Wortlaut der Handelsregisterverfügung, die in § 43 Nr. 4 bestimmt, daß bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung in Spalte 4 „die Geschäftsführer und ihre Stellvertreter" einzutragen sind. Problematisch erscheint (356)
Stellvertreter von Geschäftsführern (Mertens)
§44
es dagegen, die Eintragung des Zusatzes „als Stellvertreter" damit zu rechtfertigen, daß es für einen Dritten wichtig sein könne, zu wissen, ob er mit einem ordentlichen oder mit einem stellvertretenden Geschäftsführer in Verbindung tritt. In diesem Sinne meint O L G Düsseldorf 1969 1259, der Dritte müsse sich unter Umständen die Einrede der Arglist entgegenhalten lassen, wenn er die Überschreitung der — an sich nur im Innenverhältnis beschränkten — Vertretungsbefugnis des stellvertretenden Geschäftsführers bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. Das ist zwar richtig; doch darf der auf die Stellvertretung hinweisende Zusatz im Handelsregister nicht in dem Sinne verstanden werden, als erzeuge er für den Dritten eine erhöhte Pflicht, sich darum zu kümmern, ob der Geschäftsführer, mit dem er kontrahiert, sich über Beschränkungen seiner Geschäftsführungsbefugnis hinwegsetzt; denn damit würde die prinzipielle Gleichstellung des stellvertretenden mit dem ordentlichen Geschäftsführer in § 44 durchbrochen.
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Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
§45
§45 Die Rechte, welche den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in hezug auf die Führung der Geschäfte zustehen, sowie die Ausübung derselben bestimmen sich, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, nach dem Gesellschaftsvertrage. In Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages finden die Vorschriften der §§ 46 bis 51 Anwendung. Übersicht Einleitung
Rdn. 1
Reform
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I. Die innere Verfassung der GmbH 1. Die Gesellschafter als oberstes Organ — Gestaltungsfreiheit — Weisungsbeschluß 3 2. Die Grenzen der Gesellschafterherrschaft und der Vertragsfreiheit 6 II. Die Gesellschafter als Beschlußorgan 1. Die Stimmabgabe a) empfangsbedürftige Willenserklärung b) Genehmigung — Bedingung c) Widerruf — Anfechtung 2. Der Gesellschafterbeschluß a) Rechtsgeschäft b) Willenserklärung c) Aufhebung
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Rdn. III. Besondere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 1. Einsetzung zusätzlicher Organe . . . . 14 2. Sonstige Beschränkungen der Gesellschafterversammlung 16 3. Unabdingbare Zuständigkeiten
20
IV. Rechte des einzelnen Gesellschafters 1. Allgemeines 21 2. Schutz gegen rechtswidrigen Einfluß des beherrschenden Gesellschafters . 22 3. Auskunftsrecht 23 4. Einsichtsrecht
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5. Reform (RegEntw 1972)
28
6. Novelle 1977 a) Auskunfts- und Einsichtsrecht... 30 b) Sonderprüfung 34
Schrifttum Baltzer Der Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht (1965); ders. Zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen bei Antragsablehnung — Die Bedeutung des Abstimmungsprinzips für die Gültigkeit von Kollektiventscheidungen, GmbH-Rdsch. 1972 57; Barth olomeyczik Die Stimmabgabe im System unserer Rechtshandlungen (1937); ders. Der Körperschaftsbeschluß als Rechtsgeschäft, ZHR 105 1938 293; ders. Die Anfechtung der Stimmabgabe im Körperschaftsbeschluß, AcP 144 1938 287; Boesebeck Das Weisungsrecht der Gesellschafter einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1960 118; v. Falkenhausen Verfassungsrechtliche Grenzen der Mehrheitsherrschaft nach dem Recht der Kapitalgesellschaften (1967) S. 79; Feine S. 502ff.; Gessler Sicherung der Herrschaftsmacht bei Übertragung von Geschäftsanteilen, GmbHRdsch. 1974 202; Hofmann Die personalistische Kapitalgesellschaft, ZHR 137 1973 416; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970) §§ 11, 14, 29—37, 42—45; ders. Entscheidungsunfähigkeit von Gesellschaftsorganen, GmbH-Rdsch. 1971 10; ders. Die Problematik der Anfechtungsklage im GmbH-Recht, GmbH-Rdsch. 1973 5; Schilling Gesellschafterbeschluß und Insichgeschäft, Festschr. f. Ballerstedt (1975) S. 257; Schultze-v. Lasaulx Zur Frage der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge. Eine Bestandsaufnahme. Abschied von Illusionen, ZgGenW 21 1971 325; Tazedakis Die Beschränkungen der Vertragsfreiheit bei der Gestaltung des Innenver(359)
§45
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
hältnisses der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (unveröffentl. Diss. Bonn 1958); Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen (1970, besprochen von Duden Z G R 1973 360, Gessler Z H R 135 1971 90, Konzen AcP 172 1972 92, Raiser A G 1971 151 und Schultze-v. Lasaulx w. o.); Wtnnefeldt Stimmrecht, Stimmabgabe und Beschluß, ihre Rechtsnatur und Behandlung, D B 1972 1053; Wittek Die gesellschaftsrechtliche Behandlung von Familiengesellschaften, Diss. Erlangen (1969); Zöllner Die Schranken § 1 IV, § 31. Einleitung 1
Die im Dritten Abschnitt des Gesetzes zusammengefaßten §§ 35—52 regeln mehr, als die Uberschrift „Vertretung und Geschäftsführung" verrät, nämlich nicht nur diese, sondern auch das Recht der Gesellschafter (der Gesellschafterversammlung, §§ 45—51) und des Aufsichtsrats (§ 52). Die Brücke zwischen Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung schlagen die § § 3 7 Abs. 1 und 45 Abs. 1, indem sie die Geschäftsführer (intern) an die Weisungen der Gesellschafter binden und diese auch „in bezug auf die Führung der Geschäfte" zum obersten Organ der Gesellschaft machen, dazu s. die ff. Rdn. Reform
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Der weit ausführlicher als das G m b H G gehaltene RegEntw. von 1972 (s. Allg. Einl. Rdn. 57ff.) teilt insoweit dem Aktiengesetz folgend seinen vierten Teil (§§ 60—126) in 4 Abschnitte auf, davon die ersten 3 mit den Überschriften: Geschäftsführer, Gesellschafter, Aufsichtsrat. Die Rechtstellung der Gesamtheit der Gesellschafter als oberstes Organ (E § 77) und den Grundsatz der inneren Gestaltungsfreiheit (E § 1) hat der Entw. zwar beibehalten, letzteren aber durch eine Anzahl zwingender Bestimmungen eingeschränkt (vgl. Allg. Einl. Rdn. 61). Zur Reform des Minderheitenschutzes s. Rdn. 28.
I. Die innere Verfassung der G m b H 1. Die Gesellschafter als oberstes Organ 3
§ 45 ist das Kernstück der inneren Verfassung der GmbH, und zwar in doppelter Hinsicht. Er statuiert einmal die Herrschaft der Gesellschafter über die Gesellschaft, indem sie durch den Gesellschaftsvertrag den Umfang dieser Herrschaft selbst bestimmen können, also die Kompetenz-Kompetenz besitzen. Die Gesamtheit der Gesellschafter bestimmt als oberstes 'Willenorgan (RGZ 169 65, 80) die Verfassung der Gesellschaft nach dem Prinzip der Selbstverwaltung (RGZ 137 305, 308). Dabei besteht zum zweiten — in der Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter und der Gesellschaftsorgane und deren Ausübung grunsätzlich Vertragsfreiheit. Diese betrifft vor allem die Gestaltung der inneren Verfassung. Nach außen sind der Vertragsfreiheit zwingende Grenzen gesetzt durch die Bestimmungen über die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals (§§ 5, 19, 21—24, 30—33) und die Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Geschäftsführer (§ 37 Abs. 2). Zwingend sind auch die Formvorschriften der §§ 2, 15, 53. Uber weitere Grenzen der Vertragsfreiheit und der Gesellschafterherrschaft s. Rdn. 6. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit korrespondiert mit dem des § 1, wonach die G m b H zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden kann, s. die Erl. zu § 1 und Allg. Einl. Rdn. 14—21. Diese Freiheit in der Zweckverfolgung wäre nicht gewährleistet ohne die Gestaltungsfreiheit. § 45 Abs. 2 bestimmt demgemäß, (360)
Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
§45
daß die §§ 46—51 gegenüber der gesellschaftsvertraglichen Regelung nur subsidiäre Geltung haben. Der Verfügung der Gesellschafter unterliegt aber nicht nur die freie Gestaltung ihrer 4 inneren Verhältnisse durch den Gesellschaftsvertrag. Wie sich aus ihrer Rechtstellung als oberstes Organ der Gesellschaft und speziell aus § 45 i.V.m. § 37 Abs. 1 ergibt, steht ihnen auch die Willensbildung in bezug auf die Geschäftsführung zu. Das kann durch allgemeine Anordnungen, insbesondere den Vorbehalt zustimmungspflichtiger Geschäfte im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluß erfolgen. Die Gesellschafter können aber auch durch Beschluß die Geschäftsführer zur Vornahme oder Unterlassung eines bestimmten einzelnen Geschäfts oder einer sonstigen Maßnahme anweisen. Im Falle eines solchen Weisungsbeschlusses sind die Geschäftsführer dann nur Ausführungsorgan, die die Weisung zu vollziehen haben, soweit sie Rechtsgeschäfte mit Dritten erfordert, aufgrund ihrer Vertretungsmacht, § 35. Das Weisungsrecht ist umfassend, s. im einzelnen § 37, 7 - 9 , a.M. Hommelhoff ZGR 1978 119, 129f. Haben die Gesellschafter auf diese Weise die Geschäftsführung an sich gezogen, so übernehmen sie auch die Verantwortung für das angewiesene Geschäft. Sie, nicht die bloß gehorchenden und ausführenden Geschäftsführer, stehen der Gesellschaft für die Sorgfaltspflicht des § 43 ein, s. Rdn. 22 und § 14, 26, 27. Andrerseits sind die Geschäftsführer entlastet, wenn sie auf Weisung handeln, es sei denn, daß die Weisung erkennbar rechtswidrig ist. Dann dürfen und müssen sie die Ausführung verweigern, § 43, 76 ff. Uber das Weisungsrecht bei Bestehen eines Aufsichtsrats s. § 52, 7, 9, 11. In der Stellung der Gesellschaftergesamtheit als oberstes Organ liegt die Eigenart 5 der GmbH, die sie sowohl von der Personengesellschaft wie auch von der AG unterscheidet (vgl. auch Allg. Einl. Rdn. 22—31). Zwar hat sie mit der Personengesellschaft die Vertragsfreiheit gemein, so daß beide Gesellschaftsformen in ihrer Verfassung einander stark angenähert werden können. Aber in ihren gesetzlichen Leitbildern sind, soweit es die Geschäftsführung betrifft, jedenfalls die KG und die GmbH konträr: hier die überragende Stellung der Gesellschaftergesamtheit, dort die der Komplementäre. Noch krasser ist der Unterschied zur AG, wo in bezug auf die Geschäftsführung die Verwaltung (Vorstand und Aufsichtsrat) alles, die Hauptversammlung nichts zu sagen hat. So ist der Gedanke der Gesellschafterdemokratie am meisten in der GmbH verwirklicht. 2. Die Grenzen der Gesellschafterherrschaft und der Vertragsfreiheit Die Gesellschafterherrschaft und die Vertragsfreiheit haben zunächst ihre Grenzen 6 in den zwingenden Bestimmungen der allgemeinen Gesetzgebung, ferner in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen für die Mitgliedschaft, wie sie in § 14, 18-30 dargestellt sind, also in den Geboten der Gleichbehandlung, der Treupflicht und der guten Sitten. Die gesellschaftliche Treupflicht ist insbesondere in den Bestimmungen und Regeln über die Rechte der Minderheit konkretisiert, dazu s. Rdn. 21 ff. In Zusammenhang damit stehen die absolut und relativ unentziehbaren Mitgliedsrechte, s. § 14, 13 — 15. Schranken sind der Gesellschafterherrschaft auch gesetzt durch Vorzugsrechte einzelner Gesellschafter (§ 14, 9—12), durch Dritt- oder Gläubigerrechte der Gesellschafter (§ 14, 16f.) und — selbstverständlich — durch Rechte von Nichtgesellschaftem, z. B. des Geschäftsführers im Anstellungsvertrag. Daß der Gestaltungsfreiheit durch die Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals nach außen Grenzen gezogen sind, wurde bereits in Rdn. 3 erwähnt. Was die innere Verfassung betrifft, so werden nach allgemeiner Meinung einige Vorschriften über die Zuständigkeit der Gesellschafter als unabdingbar angesehen, die die Autonomie der Gesellschaft sichern: über den Abschluß (361)
§ 45
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(§ 2) und die Abänderung des Gesellschaftsvertrags einschließlich Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung (§§ 53, 55, 58), die Einforderung von Nachschüssen (§ 26), die Auflösung (§ 60 Nr. 2) und die Bestellung der Liquidatoren (§ 66) haben ausschließlich die Gesellschafter zu befinden, s. im einzelnen die Erl. zu diesen Vorschriften. Auch verbleibt den Gesellschaftern, wenn Weisung und Überwachung der Geschäftsführung einem anderen Organ übertragen sind, unentziehbar ein allgemeines Uberwachungsrecht (vgl. Rdn. 20). Gewisse Einschränkungen der Gesellschafterherrschaft und Gestaltungsfreiheit in größeren und Großunternehmen enthalten schließlich die Regelungen über die unternehmerische Mitbestimmung durch Arbeitnehmervertreter in einem obligatorischen Aufsichtsrat gemäß § 77 BetrVerfG 1952, das MontanMitbestG und dessen ErgänzungsG sowie neuerdings durch das Mitbestimmungsgesetz vom 4.5. 1976, s. dazu die Erl. zu § 52, ferner durch das Publizitätsgesetz, s. Anh. zu § 42.
II. Die Gesellschafter als Beschlußorgan 1. Stimmabgabe 7
a) Die Gesellschafter üben ihre Rechte als Gesellschaftsorgan durch Beschlußfassung aus, § 47 Abs. 1 (für die Einmanngesellschaft s. § 13 Anh. I Rdn. 32). Der Gesellschafterbeschluß ist das Ergebnis einer Abstimmung. Diese besteht aus der Stimmabgabe der einzelnen Gesellschafter, meist nach vorangegangener Erörterung eines oder mehrerer Beschlußanträge. In der Regel kann immer nur über einen Antrag abgestimmt werden, mit Ja oder Nein. Die Ausnahme bilden Wahlen, wenn mehrere Möglichkeiten zur Wahl gestellt werden. Weil es in der Regel nur ein Ja oder Nein gibt, kommt der Formulierung des Beschlußantrags große Bedeutung zu. Die dritte Möglichkeit ist die Stimmenthaltung. Wer sich der Stimme enthält, nimmt zwar an der Beschlußfassung i.S. eines „unentschieden" teil (Baltzer S. 137), seine Stimme wird aber bei den abgegebenen Stimmen i.S. der §§ 47 Abs. 1 und 53 Abs. 2 nicht mitgezählt (Baltzer S. 166). Letzteres gilt auch für die Stimmen des vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafters, § 47, 47ff. Mit der Stimmabgabe bekundet der Gesellschafter seinen auf einen bestimmten Rechtserfolg — Annahme oder Ablehnung des Beschlußantrags — gerichteten Willen. Die Stimmabgabe ist demnach eine Willenserklärung (BGHZ 14 267), ein Begriff, der ebenso wie der des Rechtsgeschäfts nicht nur für das Individualrecht, sondern auch das Gesellschaftsrecht gilt. Denn das Zusammenwirken mehrerer Personen in der Gesellschaft ist nur durch Willenserklärungen möglich, die das Ziel haben, einen rechtlichen Erfolg hervorzubringen. Dieser Erfolg ist der annehmende oder ablehnende Beschluß. Für sich allein genommen erzeugt die einzelne Stimme noch nicht den gewollten Rechtserfolg, von dem Fall abgesehen, daß sich nur ein einziger Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt. Erst im Zusammenwirken mit den anderen Stimmen kommt der Beschluß als das gewollte und erzeugte Rechtsgeschäft zustande, s. Rdn. 11. Die Stimmabgabe ist also nicht selbst Rechtsgeschäft, sondern nur Teil eines solchen.
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Als Willenserklärung ist die Stimmabgabe empfangsbedürftig. Denn die Stimme muß von einem andern vernommen werden, um gezählt und als Ja- oder Neinstimme gewertet werden zu können. Empfänger der Stimme sind die andern Gesellschafter, da die Gesellschafter miteinander das Rechtsgeschäft Beschluß vornehmen. Die Art des Abstimmungsverfahrens spielt dabei keine Rolle. Der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung oder der Geschäftsführer, dem im schriftlichen Verfahren die Stimmen zugehen, sind Empfangsvertreter der andern Gesellschafter. (362)
Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
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b) Wird die Stimme eines Gesellschafters ohne dessen Vollmacht oder, falls die 9 Zustimmung eines Dritten erforderlich ist, ohne diese Zustimmung abgegeben, so gilt § 180 BGB (für die Stimmabgabe ohne Vollmacht: RGZ 145 99 = JW 1934 2906 m.A.v. Hueck, Scholz § 47, 13). Jeder andere an der Abstimmung beteiligte Gesellschafter kann also die Stimmabgabe zurückweisen. Geschieht das nicht, so hängt die Wirksamkeit der Stimmabgabe von der Genehmigung durch den Gesellschafter bezw. den Dritten ab, § 177 Abs. 1. Auch die §§ 177 Abs. 2, 178, 179 finden Anwendung. Über die Rechtsfolgen s. § 47 Anhang und § 48, 13 ff. Das Vorstehende gilt auch für die Stimmabgabe unter einer Bedingung. Ein Gesellschafter kann also, falls die andern an der Abstimmung beteiligten Gesellschafter damit einverstanden sind, z. B. dem Beschlußantrag A zustimmen unter der Bedingung, daß der Beschlußantrag B angenommen wird (Scholz 47, 6). c) Die Stimmabgabe wird mit dem Zugang an die anderen Gesellschafter wirksam 10 und bindend, kann also danach nicht mehr widerrufen werden. Als Willenserklärung unterliegt sie den §§ 105, 116ff. und kann nach diesen Bestimmungen nichtig sein oder wegen eines Willenmangels angefochten werden. Das ist heute allgemeine Ansicht, B G H Z 14 264, 267 und NJW 1952 98, für die AG Barz GroßkommAktG § 119, 15 und Schilling ebenda § 243, 15. Anfechtungsgegner sind die Erklärungsempfänger (§ 143 Abs. 3 BGB), also alle anderen Gesellschafter, die an der Abstimmung beteiligt waren (a. M. die Voraufl. 9, Bartholomeyczik AcP 144, 325, Scholz 9). Erfolgt die Anfechtung noch in der Gesellschafterversammlung und erkennen die an der Beschlußfassung teilnehmenden Gesellschafter sie an, so ist die Stimme nichtig und darf nicht mitgezählt werden (§ 48, 16). Andernfalls kann die Anfechtung nur durch eine Anfechtungsklage gegen den Gesellschafterbeschluß geltend gemacht werden. Die Klage ist nur begründet, wenn der Beschluß ohne die ungültige Stimme nicht zustandegekommen wäre (BGHZ 14 264, 268; Scholz 9, s. auch Anhang zu § 47 und § 48, 13ff.). 2. Der Gesellschafterbeschluß a) Die einzelnen Stimmen (Rdn. 7) fügen sich zum Gesellschafterbeschluß zu- 11 sammen, der Wille der Gesellschaft ist gebildet, der rechtliche Erfolg erzeugt. Damit charakterisiert sich der Beschluß als Rechtsgeschäft. Subjekt dieses Rechtsgeschäfts sind die Gesellschafter (die Gesellschafterversammlung) als Beschlußorgan, und zwar alle Gesellschafter, nicht nur die zustimmenden, denn der Beschluß ist für alle verbindlich. Die heute im Schrifttum wohl ausnahmslos vertretene Auffassung (Nachweise bei Schilling, Festschr. f. Ballerstedt S. 261, 263 Fußn. 10 und 27), daß der Beschluß ein Rechtsgeschäft ist, lehnt BGHZ 52 316, 318 ab, ohne sich mit der herrschenden Gegenmeinung auseinanderzusetzen. Die Entscheidung verneint den Rechtsgeschäftscharakter des Gesellschafterbeschlusses der GmbH und bezeichnet ihn als Sozialakt der körperschaftlichen Willenbildung, als Gesamtakt. Das sind Ausdrücke ohne Aussagekraft, die nicht geeignet sind, die Einordnung des Gesellschafterbeschlusses in den Rechtsgeschäftsbegriff des BGB zu widerlegen. Zum Gesellschafterbeschluß s. auch die Erl. zu § 47, zur Gesellschafterversammlung die Erl. zu § 48, zur Anwendung des § 181 BGB s. § 47, 39 ff. b) Der Beschluß ist insofern auch Willenserklärung, als durch ihn der Wille des 12 Beschlußorgans in einer für das interne Leben der Gesellschaft verbindlichen Weise erklärt ist. Der Beschlußgegenstand kann sich in dieser internen Regelung erschöpfen, z. B. bei der Entlastung, s. die Erl. zu § 46 Nr. 5. Er kann aber auch eine Ausführung und Willenserklärungen gegenüber Dritten erfordern. Diese Willenserklärungen sind vom Beschluß streng zu trennen. Sie obliegen regelmäßig dem Geschäftsführer als dem (363)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Vertretungsorgan der Gesellschaft. Ausnahmsweise ist die Gesellschafterversammlung auch Vertretungsorgan, so bei der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer, s. die Erl. zu § 46 Nr. 5. Ist der zu Bestellende in der Gesellschafterversammlung, die seine Bestellung beschließt, anwesend, so bedarf es keiner besonderen Bestellungserklärung mehr an ihn ( B G H Z 52 316, 321). Gesellschafterbeschluß und Vertretungsakt fallen hier zusammen. Mit der Kenntnisnahme des Beschlusses ist dem Dritten auch die Willenserklärung der Gesellschaft zugegangen. 13 c) Ein Gesellschafterbeschluß kann durch einen neuen Beschluß wieder aufgehoben oder geändert werden, soweit er nicht schon Rechte von Gesellschaftern oder Dritten begründet hat. So kann der Bestellungsbeschluß (§ 46 Nr. 5) rückgängig gemacht werden, wenn er noch nicht dem zu Bestellenden erklärt worden ist, s. Rdn. 12. Durch den Gewinnverteilungsbeschluß (§ 46 Nr. 1) entsteht der Dividendenanspruch der Gesellschafter als Gläubigerrecht. Er kann deshalb nur mit Zustimmung aller Gesellschafter aufgehoben werden, s. § 29, 12. Der das Recht eines Dritten begründende und ihm gegenüber wirksam gewordene Beschluß kann aufgehoben werden, wenn der Dritte auf sein Recht verzichtet. Das gilt auch für die Begründung eines Vorzugsrechts (§ 14, 9ff.). Über die für die Aufhebung erforderliche Mehrheit s. § 47, 12, bei satzungsändernden Beschlüssen s. die Erl. zu § 53.
III. Besondere Bestimmungen des Gesellschafts Vertrags 1. Einsetzung zusätzlicher Organe 14
Die Gesamtheit der Gesellschafter für die Willensbildung und der Geschäftsführer für die gesetzliche Vertretung sind die notwendigen, zwingend vorgeschriebenen Organe der Gesellschaft. Die Befugnisse der Gesellschafter können aber weitgehend (über die Grenzen s. Rdn. 20) auf durch die Satzung zu schaffende zusätzliche Organe übertragen werden (RGZ 137 308). Die Mitglieder dieser Organe unterliegen den gleichen Treueund Sorgfaltspflichten wie die Mitglieder der gesetzlichen Organe, deren Befugnisse sie ausüben. Für die Ausübung von Gesellschafterrechten gelten also die Rechtsgrundsätze für die Mitgliedschaft (§ 14, 18—30, vgl. auch § 14, 31), für Geschäftsführungsbefugnisse § 43, auf den Aufsichtsrat sind gemäß § 52 i . V . m . § 116 AktG die Bestimmungen des § 93 Abs. 1 und 2 AktG anzuwenden. 15 Die Satzung kann einen Aufsichtsrat (Verwaltungsrat, Beirat) vorsehen, dem die in § 46 den Gesellschaftern zugedachten Befugnisse ganz oder teilweise übertragen werden können, s. die Erl. zu § 52. Sie kann auch ein besonderes Bestellungsorgan („Kreationsorgan", Feine S. 474, Teichmann S. 189 zu F N 4) bestimmen, das die Mitglieder des Aufsichtsrats oder die Geschäftsführer bestellt und abberuft (zur Rechtslage bei Gesellschaften, die der Mitbestimmung unterliegen, s. die Erl. zu § 35, § 52, 9ff., 19ff.). Diese Bestellungsrechte können auch einem Nichtgesellschafter, z. B. einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder einem Verband übertragen werden (KG JW 1926 598), der insoweit dann organschaftliche Befugnisse ausübt und der gesellschaftlichen Treue- und Sorgfaltspflicht (Rdn. 14) unterliegt. Die Satzung kann ferner die Rechte der Gesellschafter ganz oder teilweise einem Gesellschafterausschuß zuordnen (BGH BB 1961 304 = D B 1961 468). In allen Fällen, in denen die Satzung gesetzliche, wenn auch dispositive Befugnisse der Gesellschafterversammlung (§ 46, 1, 2, oben 6) einem anderen Organ überträgt mit der Maßgabe, daß die Entscheidung dieses Organs einen Gesellschafterbeschluß ersetzt oder vervollständigt, ist diese Entscheidung in der gleichen Weise wie ein Gesellschafterbeschluß (§ 47 Anhang) mit der Nichtigkeits- oder An(364)
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fechtungsklage angreifbar (BGHZ 43, 261, 265, ebenso Voraufl. § 45 Anm. 52, § 46 Anm. 13, vgl. dort auch § 52 Anm. 41, Scholz § 42 Anm. 21, § 45 Anm. 1 a.E.; a.M. Zöllner S. 9 FN. 25). Dies gilt auch, wenn die Satzung für den Fall, daß ein Gesellschafterbeschluß wegen Stimmengleichheit nicht zustandekommt, die Entscheidung einem anderen überträgt (BGHZ 43, 261, s. auch RGZ 49, 141, 147). Tritt die Entscheidung anstelle eines Aufsichtsratsbeschlusses, so ist sie wie ein solcher zu behandeln, unterliegt also nicht der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage (BGH aaO, § 52, 105).
2. Sonstige Beschränkungen der Gesellschafterversammlung Die oberste Entscheidungsgewalt der Gesellschafter kann auch durch Vorzugsrechte einzelner Gesellschafter eingeschränkt werden (vgl. § 14, 9—12). Ihm oder einer Gesellschaftergruppe (Familienstamm) kann z. B. das Recht zur Bestellung oder Benennung eines Geschäftsführers oder Aufsichtsratsmitglieds eingeräumt werden (vgl. die Fälle in RGZ 165 68 und BGH GmbH-Rdsch. 1973 279). Dabei ist mit Fischer (Großkomm. HGB § 130 Anm. 6) zwischen einem Präsentationsrecht mit unmittelbarer Vollzugswirkung und ohne eine solche zu unterscheiden. Im Falle BGH aaO lag das letztere vor (s. auch § 46, 14), in dem vom Reichsgericht entschiedenen Fall nahm dieses das erstere an. Dabei war für das Gericht wesentlich die damals herrschende Meinung, daß die Klage auf Erfüllung einer Stimmbindung (die beim Präsentationsrecht ohne unmittelbare Vollzugswirkung gegeben ist) unzulässig sei. Diese Auffassung ist inzwischen durch BGHZ 48 163, 169 überholt (s. § 47, 33). Der Gesellschafterversammlung (d. h. der Gesamtheit der Gesellschafter, die durch Gesellschafterbeschluß entscheiden), kann auch das Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern (Rdn. 4) genommen und diesen damit die Stellung des eigenverantwortlichen Vorstands einer Aktiengesellschaft (§ 76 Abs. 1 AktG) verliehen werden. Meist werden dann bestimmte wichtigere Geschäftsführungsmaßnahmen an die Zustimmung der Gesellschafter oder des Aufsichtsrats gebunden. Häufig werden bei Gründung der Gesellschaft Satzungsbestimmungen zum Schutze der Minderheit vereinbart. So, daß bestimmte oder alle Gesellschafterbeschlüsse einer qualifizierten Mehrheit bedürfen, die nur durch Mitwirkung der Minderheit oder eines Teils von ihr zustandekommt. Oder es wird der Minderheit das Recht eingeräumt, gegen Gesellschafterbeschlüsse die Entscheidung eines neutralen oder paritätisch zusammengesetzten Aufsichtsrats oder sonstigen Gremiums (s. Rdn. 15) anzurufen. Die Mitwirkung von Nichtgesellschaftern an Gesellschafterbeschlüssen ist in den in Rdn. 15 dargestellten Formen möglich. Der Nichtgesellschafter ist kraft der ihm übertragenen Rechte und Pflichten zur Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft deren Organ und durch die organschaftliche Treupflicht gebunden. Seine Organstellung muß in der Satzung festgelegt sein und durch Satzungsänderung aufgehoben oder verändert werden können, also auf dem Willen der Gesellschafter beruhen (BGHZ 43, 261, 264). In diesem Rahmen kann auch Nichtgesellschaftern ein Wesungsrecht an die Geschäftsführung eingeräumt werden (abweichend Teichmann S. 189ff.). Der einzelne Gesellschafter kann sein Stimmrecht an einen Nichtgesellschafter mit Zustimmung der anderen Gesellschafter übertragen. Das Stimmrecht bleibt akzessorisch mit der Mitgliedschaft des übertragenden Gesellschafters verbunden. Von der Übertragung ausgeschlossen ist das Stimmrecht im Kernbereich der Mitgliedschaft. Die Ausübung des Stimmrechts durch den Berechtigten unterliegt den Rechtsgrundsätzen für die Mitgliedschaft, insbesondere der gesellschaftlichen Treupflicht (im einzelnen s. § 14, 31-35). Uber die Stimmrechtsvereinbarung mit einem Nichtgesellschafter s. § 47, 24 ff. (365)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 3. Unabdingbare Zuständigkeiten
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Welche Beschränkungen den Gesellschaftern in bezug auf ihre Rechte auch auferlegt werden, eine letzte Entscheidungsgewalt bleibt ihnen doch immer. So können sie das Vorzugsrecht eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung entziehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 14, 11). Das gleiche gilt für die Abberufung eines aufgrund Vorzugsrechts zur Geschäftsführung befugten Gesellschafters (s. die Erl. zu § 38). Sie behalten immer ein Uberwachungsrecht gegenüber den Geschäftsführern, auch wenn dieses auf ein anderes Organ übertragen ist (allg. Meinung: Feine S. 507, Scholz § 46 Anm. 15, Baumbach-Hueck § 46 Anm. 8, s. auch § 46, 27). Wird ein Organ, dem Gesellschafterrechte, z. B. die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer, übertragen wurde, funktionsunfähig, so fallen die Rechte an die Gesellschafter zurück (BGHZ 12 337). Man kann hier von einer Rückfallzuständigkeit sprechen. Schließlich bleiben den Gesellschaftern unentziehbar und ausschließlich das Recht der Satzungsänderung, der Einforderung von Nachschüssen, der Auflösung und der Bestellung der Liquidatoren (Rdn. 6).
IV. Rechte des einzelnen Gesellschafters Schrifttum (s. auch vor Rdn. 1). Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttungen (1949) S. 185; Bechtle Die Kontrollrechte des GmbH-Gesellschafters, Diss. München (1969); Ebenroth Die Geschäftsführerkontrolle durch die GmbH-Gesellschafter nach geltendem und künftigem Recht (1972); ders. Kritische Bemerkungen zur Ausgestaltung der Kontrolle der GmbHGeschäftsführer im RegE eines GmbH-Gesetzes, ZGR 1972 427; Eder Das Auskunftsrecht des GmbH-Gesellschafters im jetzigen und künftigen Recht, GmbH-Rdsch. 1966 271; Gessler Probleme der GmbH-Rechtsreform, GmbH-Rdsch. 1966 102, 109; Heining Das Auskunftsrecht des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1959 85; Kühn Die Minderheitsrechte in der GmbH und ihre Reform (1964); ders. Der Minderheitenschutz in dem GmbH-Recht, GmbH-Rdsch. 1965 132; ders. Analoge Anwendung der aktienrechtlichen Minderheitsrechte auf die GmbH, GmbH-Rdsch. 1965 151; Martens Mehrheits- und Konzernherrschaft in der personalistischen GmbH (1970) S. 153; Mertens Die Verfassung der GmbH in: Probleme der GmbH (1970) S. 96, 107; Mutze Zum Auskunftsrecht des GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1972 152; Sudhoff Das Informationsrecht des Gesellschafters einer GmbH, DB 1964 395; Teichmann Rechte des einzelnen und Befugnisse der Minderheit in: GmbH-Reform (1970) S. 59; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964) S. 159 ff. 1. Allgemeines 21
Wie in § 13, 6 dargelegt, bestehen zwischen den einzelnen Gesellschaftern Rechtsbeziehungen, die sie nicht nur der Gesellschaft, sondern auch untereinander verpflichten, die festgesetzten Leistungen zu erbringen, den Gesellschaftszweck zu fördern und gesellschaftschädliche Handlungen zu unterlassen. Wesentlicher Inhalt dieser Rechtsbeziehungen ist eine gegenseitige Treuepflicht, insbesondere der Mehrheit gegenüber der Minderheit (§ 13, 7, § 14, 23—28). Die aus dieser Treupflicht geschuldeten Handlungen und Unterlassungen sind einklagbar (§ 13, 7). Darüber hinaus steht nach der hier vertretenen Auffassung (§ 13, 8) dem einzelnen Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen die Gesellschafterklage zur Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft gegen einen andern Gesellschafter zu, s. auch § 14, 26. Die Unentziehbarkeit (366)
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bestimmter Rechte (§ 14, 13—15) und der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung (§ 14, 18—22) schützen den Minderheitsgesellschafter gleichfalls gegen die Willkür der Mehrheit. 2. Schutz gegen rechtswidrigen Einfluß des beherrschenden Gesellschafters Seit der Drucklegung des Anhang II zu § 13 (Die GmbH im Konzernverband) hat 22 die Entwicklung eines GmbH-Konzernrechts de lege lata (zur Reform s. Allg. Einl. Rdn. 66f., § 13 Anh. II, 52ff.) einige Fortschritte gemacht. Die in § 13, 6ff. und § 14, 23 ff. vertretene Ansicht, daß zwischen den Gesellschaftern Rechtsbeziehungen bestehen, daß sie durch gegenseitige Treupflicht miteinander verbunden sind, daß dies insbesondere für das Verhältnis der Mehrheit zur Minderheit gilt, daß die Erteilung von Weisungen an den Geschäftsführer bei Verletzung der Sorgfaltspflicht schadensersatzpflichtig macht und daß der Minderheitsgesellschafter den Schaden für die Gesellschaft durch die Gesellschafterklage geltend machen kann, ist inzwischen von BGHZ 65 15 grundsätzlich anerkannt worden. Dabei ist es konzernrechtlich wichtig, daß der BGH die Schadensersatzpflicht auch bei einer „rein faktischen" Durchsetzung des Mehrheitswillens bejaht (S. 19) und dem Minderheitsgesellschafter auch das Recht zur Geltendmachung des Schadens abhängiger Unternehmen unterer Konzernstufen gibt (S. 20). Das Urteil ist besprochen von Brezing AG 1976 5, Rehbinder ZGR 1976 386, Schilling BB 1975 1451, Ulmer NJW 1976 192, Westermann GmbH-Rdsch. 1976 77, Wiedemann JZ 1976 392; zum geltenden GmbH-Konzernrecht s. auch Emmerich AG 1975 253, 285; Schilling Festschr. Hefermehl 1976 383; Emmerich u. a. in Der GmbH-Konzern 1976 (bespr. von Schilling ZHR 140 1976 528); zum Auskunftsrecht s. Rdn. 23, zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer durch den einzelnen Gesellschafter s. § 46, 38, gegen Mitglieder eines Aufsichts- oder Beirats § 46, 33 und § 52, 147, zum Stimmrechtsausschluß § 47, 55, 66, zum Austrittsrecht § 34 Anh. 48 f. 3. Auskunftsrecht Der Gesellschafter übt seine Verwaltungs- und Vermögensrechte (§ 14, 8) gegenüber 23 der Gesellschaft aus, mit der ihn eine gegenseitige Treupflicht verbindet (§ 13, 6, 7, § 14, 23, 24). Dieser Rechtstellung entspricht eine Informationspflicht der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter, die dem Geschäftsführer obliegt. Die Kontrollrechte, die „Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung" unterliegen freilich gemäß § 46 Nr. 6 der Bestimmung der Gesellschafter, also der Gesellschaftergesamtheit, s. auch die Erl. zu § 46 Nr. 6 und 8. Aber um hierbei mitwirken zu können, um seine Gesellschafterrechte ausüben zu können, bedarf der Gesellschafter, soweit er nicht an der Geschäftsführung teilhat, der Information über die Angelegenheiten der Gesellschaft. Das Auskunftsrecht ist deshalb ein notwendiger, nicht weiter begründungsbedürftiger Bestandteil der Rechte des einzelnen Gesellschafters, seines Stimmrechts, seines Rechts auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung und seines Rechts zur Geltendmachung der Nichtigkeit und zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen. Das Auskunftsrecht bedarf daher auch keiner Rechtfertigung durch besondere Umstände wie BGHZ 14 53, 60 ( = LM § 45 Nr. 2 m.A.v. Fischer = JZ 1955 47 m.A.v. Schilling) annimmt (einschränkend auch Scholz 2, wie hier Baumbach-Hueck 2 F). Die strenge Begrenzung des aktienrechtlichen Auskunftsrechts auf die Hauptver- 24 Sammlung ( § 1 3 1 AktG) wird man für die GmbH nicht annehmen können, zumal die Gesellschafterversammlung nicht obligatorisch ist (§ 48 Abs. 2). Findet aber alljährlich die Gesellschafterversammlung statt, in der die sog. Regularien behandelt werden, also (367)
§45
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
die Feststellung des Jahresabschlusses, die Gewinnverwendung und die Entlastung der Geschäftsführung, so ist insoweit das Auskunftsrecht an die Versammlung gebunden. Diese Gebundenheit ergibt sich aus der Funktion der Gesellschafterversammlung als des Ortes und Zeitpunktes, an dem die Angelegenheiten der Gesellschaft im Zusammenwirken der Gesellschafter und der Geschäftsführer behandelt werden (vgl. B G H Z 14 56). Dem Auskunftsrecht in der Versammlung steht die Pflicht der Geschäftsführung gegenüber, jeden Gesellschafterbeschluß so vorzubereiten, daß die Gesellschafter den Beschlußgegenstand sachgemäß beurteilen können. Dazu kann auch die Vorlage schriftlicher Unterlagen gehören, so des von der Geschäftsführung aufgestellten Jahresabschlusses (§ 46, 8) oder den Entwurf eines Vertrags, über den abgestimmt werden soll. 25 Im übrigen bestimmen sich Ort und Zeit wie auch der Umfang des Auskunftsrechts nach den schutzwürdigen Interessen beider Teile, der Gesellschaft (des Unternehmens) und des Gesellschafters. Danach richtet sich auch das Auskunftsrecht über Angelegenheiten eines verbundenen Unternehmens und die Beziehungen der Gesellschaft zu ihm, s. dazu § 13 Anh. II, 22. Verlangt ein Gesellschafter außerhalb der Gesellschafterversammlung eine Auskunft, so muß er sein besonderes Interesse daran dartun. Ebenso muß der Geschäftsführer die Verweigerung der Auskunft durch ein besonderes Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung rechtfertigen. Daß der Gesellschafter Wettbewerber ist, schließt sein Auskunftsrecht nur für solche Angelegenheiten aus, deren Offenbarung an die Konkurrenz die Gesellschaft schädigen würde (vgl. B G H Z 14 59). Bei unberechtigter Verweigerung steht dem Gesellschafter die Auskunftsklage gegen die Gesellschaft zu. Das Auskunftsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag insoweit nicht entzogen oder eingeschränkt werden, als ein wichtiger Grund vorliegt (§ 14, 14). Mit dieser Einschränkung kann es auch durch nachträgliche Satzungsänderung mit Zustimmung aller Gesellschafter oder des betroffenen Gesellschafters entzogen oder eingeschränkt werden. 4. Einsichtsrecht 26
B G H Z 13 53 (59) sieht das Auskunftsrecht gegenüber dem Recht auf Einsicht in die Bücher und Geschäftsbelege der Gesellschaft als das stärkere Recht an, weil es sich dort um ein positives Tun, hier (nur) um ein Gewährenlassen handle. Aber gerade dieser Unterschied erweist das Einsichtsrecht als das weitergehende. Bei der Prüfung der Bücher und Geschäftspapiere geht gewissermaßen das Gesetz des Handelns auf den Gesellschafter über, die Geschäftsführung, Subjekt der Auskunftspflicht, wird Objekt des Einsichtsrechts, die Information wird zur Kontrolle. Die Kontrollrechte unterliegen aber grundsätzlich der Bestimmung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6), also deren Mehrheitsbeschluß. Anders als beim Auskunftsrecht müssen daher besondere Umstände (ein wichtiger Grund) vorliegen, die die Ausübung derartiger Kontrollbefugnisse durch den einzelnen Gesellschafter rechtfertigen (insoweit ebenso B G H Z 14 53). Solche besonderen Umstände liegen vor, wenn die Nachprüfung bestimmter Vorgänge im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint, insbesondere wenn der Verdacht sorgfaltswidrigen oder unredlichen Verhaltens der Geschäftsführer gegeben ist, und die Gesellschaftermehrheit die Nachprüfung ablehnt oder ungenügend betreibt oder überhaupt untätig bleibt. Der von B G H Z 14 53 entschiedene Fall gibt hierfür ein Beispiel. Das Einsichtsrecht des einzelnen Gesellschafters hat also nur subsidiären Charakter. Nur ausnahmsweise wird die Einsicht allein im Interesse eines einzelnen Gesellschafters zu gewähren sein. Bei voller Ausschöpfung des Auskunftsrechts wird der Gesellschafter regelmäßig in der Lage sein, seine Gesellschafterrechte sachgemäß wahrzunehmen. Zum Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen, den ein ausgeschiedener Gesellschafter (368)
Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
§45
zum Zwecke der Bewertung seines eingezogenen Geschäftsanteils gemäß § 810 BGB geltend macht, s. B G H BB 1977 1168. Für U m f a n g , Zeit und Ort sowie für das Verweigerungsrecht gilt das Rdn. 25 Aus- 27 geführte. Die Einsicht hat in der Regel in den Geschäftsräumen der Gesellschaft stattzufinden (über Ausnahmen s. O L G Köln GmbH-Rdsch. 1961 48 in einem eine o H G betreffenden Fall). Die Einsicht muß sich auf einen bestimmten Vorgang beziehen. Bei der Ausübung des Verlangens muß hierauf Bezug genommen, es müssen aber die zur Einsicht vorzulegenden Schriftstücke nicht im einzelnen bezeichnet werden, wenn der Gesellschafter hierzu mangels Kenntnis nicht in der Lage ist. Bei der Einsicht kann der Gesellschafter kraft ihres Berufes zur Verschwiegenheit verpflichtete Personen zuziehen. Er kann das Einsichtsrecht auch durch eine solche Person allein ausüben lassen, was oft zur Versachlichung beiträgt (a.A. für das Einsichtsrecht des Kommanditisten gemäß § 166 H G B B G H Z 25 115, 123). Wie das Auskunftsrecht kann auch das Einsichtsrecht durch Klage gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden. Das Einsichtsrecht aus wichtigem Grund kann weder durch die ursprüngliche Satzung noch durch deren nachträgliche Änderung entzogen werden (§ 14, 14). Eine Modifikation ist aber dahin möglich, daß es entsprechend der aktienrechtlichen Sonderprüfung (§ 142 AktG) nur durch einen sachverständigen Dritten ausgeübt werden darf. Im übrigen besteht für ein Recht des einzelnen Gesellschafters, eine Sonderprüfung zu verlangen, neben dem Einsichtsrecht, das auch wie ausgeführt durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten ausgeübt werden kann, kein Bedürfnis (anders die Voraufl. Anm. 55 a für eine Minderheit von 10%, s. auch Rdn. 34). 5. Reform (RegEnt 1972) Im Gegensatz zum geltenden Recht regelt der RegE sehr eingehend die Rechte des 28 einzelnen Gesellschafters und einer Minderheit von 10%. In den §§ 85, 86 ist das Auskunfts- und Einsichtsrecht behandelt, in § 87 die Sonderprüfung, in § 90 die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, in § 75 Abs. 5 Satz 2 der Widerspruch gegen einen Verzicht oder Vergleich, in § 126 Abs. 1 Satz 2 die Schadensersatzpflicht wegen Einflußmißbrauchs, in Abs. 5 Satz 2 der Widerspruch gegen einen Verzicht oder Vergleich, in § 80 die Einberufung der Gesellschafterversammlung und die Ankündigung von Beschlußgegenständen, in § 132 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 205 die Sicherung einer Mindestdividende von 4 % , in § 157 das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen. 6. Novelle 1977 Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des GmbH-Gesetzes (BT-Drucks. 29 8/1347 vom 15. 12. 1977) sollen die folgenden §§ 51a—51 e in das Gesetz eingefügt werden: E § 51 a (1) Die Geschäftsführer haben jedem Gesellschafter auf Verlangen Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gestatten. Das Verlangen kann in oder außerhalb einer Gesellschafterversammlung gestellt werden. Die Auskunft und die Einsicht sind unverzüglich oder, wenn dies zu einer unangemessenen Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft führen würde, innerhalb angemessener Frist zu gewähren. (2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zu einem verbundenen Unternehmen. Die Auskunft hat den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. (369)
§45
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(3) D i e Geschäftsführer dürfen die Auskunft und die Einsicht verweigern, 1. wenn zu besorgen ist, daß der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird, und wenn die Gesellschafter beschlossen haben, daß die Auskunft oder Einsicht aus diesem Grund veweigert werden soll; 2. soweit sich die Geschäftsführer durch die Erteilung der Auskunft oder der Einsicht strafbar machen würden. A u s anderen Gründen darf die Auskunft oder Einsicht nicht verweigert werden, jedoch kann der Gesellschaftsvertrag von dem Beschluß nach Nummer 1 absehen. Bei einem Beschluß nach N u m m e r 1 kann der betroffene Gesellschafter das Stimmrecht weder für sich noch für einen anderen ausüben. (4) Wird einem Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung eine Auskunft oder eine Einsicht verweigert, so kann er verlangen, daß eine Niederschrift aufgenommen wird und in dieser sein Verlangen und der Grund, aus dem die Auskunft oder die Einsicht verweigert worden ist, angegeben werden. (5) Eine das Auskunftsrecht ausschließende oder beschränkende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags steht der Geltendmachung dieses Rechts nicht entgegen, wenn die Auskunft außerhalb einer Gesellschafterversammlung verlangt wird und ein wichtiger Grund oder Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung vorliegt oder wenn sie in einer Gesellschafterversammlung verlangt wird. Eine das Einsichtsrecht ausschließende oder beschränkende Bestimm u n g des Gesellschaftsvertrags steht der Geltendmachung dieses Rechts nicht entgegen, soweit die Einsicht erforderlich ist, um den Jahresabschluß auf seine Richtigkeit prüfen zu können, oder soweit ein wichtiger Grund oder Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung vorliegt. (6) O b ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften ein mit der Gesellschaft verbundenes Unternehmen ist, bestimmt sich nach den sinngemäß anzuwendenden §§ 15 bis 19 des Aktiengesetzes. E § 51b (1) O b die Geschäftsführer die Auskunft zu geben oder die Einsicht der Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gestatten haben, entscheidet auf Antrag ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese anstelle der Zivilkammer. Die Landesregierung kann die Entscheidung durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem der Landgerichte übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (2) Antragsberechtigt ist jeder Gesellschafter, dem die verlangte Auskunft nicht gegeben oder die verlangte Einsicht nicht gestattet worden ist, und, wenn sich die Auskunft oder die Einsicht auf einen Gegenstand bezog, über den Beschluß gefaßt worden ist, jeder Gesellschafter, auch wenn er selbst die Auskunft oder die Einsicht nicht verlangt hat. Der Antrag kann nur gestellt werden, wenn die Gesellschafter es abgelehnt haben, die Geschäftsführer zur Erteilung der Auskunft oder zur Gewährung der Einsicht anzuweisen, oder wenn dem Gesellschafter nach den Umständen nicht zuzumuten ist, eine Beschlußfassung der Gesellschafter herbeizuführen. (3) Auf das Verfahren ist das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den Absätzen 4 und 5 nichts anderes bestimmt ist. (4) D a s Landgericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluß. Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt, wenn das Landgericht sie in der Entscheidung für zulässig erklärt. E s soll sie nur zulassen, wenn dadurch die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erwarten ist. Die Beschwerde kann nur durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden. Uber sie entscheidet das Oberlandesgericht. § 28 A b s . 2 und 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die Entscheidung über die Beschwerde für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies der Sicherung eine r einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (370)
Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
§45
(5) Die Entscheidung wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Aus der Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt. (6) Für die Kosten des Verfahrens gilt die Kostenordnung. Für das Verfahren des ersten Rechtszugs wird das Doppelte der vollen Gebühr erhoben. Für den zweiten Rechtszug wird die gleiche Gebühr erhoben; dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde Erfolg hat. Wird der Antrag oder die Beschwerde zurückgenommen, bevor es zu einer Entscheidung oder einer vom Gericht vermittelten Einigung kommt, so ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte. Der Geschäftswert ist von Amts wegen festzusetzen. Er bestimmt sich nach § 30 Abs. 2 der Kostenordnung. Das mit dem Verfahren befaßte Gericht bestimmt nach billigem Ermessen, welchem Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind. E § 51c (1) Jeder Gesellschafter kann beantragen, daß die Gesellschafter zur Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung Prüfer (Sonderprüfer) bestellen. (2) Als Sonderprüfer sollen, wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse fordert, nur bestellt werden 1. Personen, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind; 2. Prüfungsgesellschaften, von deren gesetzlichen Vertretern mindestens einer in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist. (3) Lehnen die Gesellschafter die Bestellung von Sonderprüfern ab, so hat das Gericht des Sitzes der Gesellschaft auf Antrag eines Gesellschafters Sonderprüfer zu bestellen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, daß bei dem Vorgang, dessen Prüfung abgelehnt worden ist, Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrags oder des Anstellungsvertrags mit den Geschäftsführern vorgekommen sind. (4) Haben die Gesellschafter Sonderprüfer bestellt, so hat das Gericht des Sitzes der Gesellschaft auf Antrag eines Gesellschafters einen anderen Sonderprüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des bestellten Sonderprüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn der bestellte Sonderprüfer nicht die für den Gegenstand der Sonderprüfung erforderlichen Kenntnisse hat oder wenn Besorgnis der Befangenheit besteht. Der Antrag ist binnen zwei Wochen seit dem Tag der Bestellung der Sonderprüfer zu stellen. (5) Das Gericht hat die Beteiligten und, wenn ein Aufsichtsrat gebildet ist, auch diesen sowie im Fall des Absatzes 4 den von den Gesellschaftern bestellten Sonderprüfer zu hören. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (6) Die vom Gericht bestellten Sonderprüfer haben Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für ihre Tätigkeit. Hierüber entscheidet das Gericht des Sitzes der Gesellschaft. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt. (7) Bestellt das Gericht Sonderprüfer, so trägt die Gesellschaft unbeschadet eines ihr nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zustehenden Ersatzanspruchs die Gerichtskosten und die Kosten der Prüfung. E § 51 d (1) Die Sonderprüfer, ihre Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Priifungsgesellschaft sind zur gewissenhaften unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie dürfen nicht unbefugt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verwerten, die sie bei ihrer Tätigkeit erfahren haben. Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, ist der Gesellschaft und, wenn ein Konzernunternehmen oder ein herrschendes oder abhängiges Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Mehrere Personen haften als Gesamtschuldner. § 51 a Abs. 6 gilt sinngemäß. (2) Die Ersatzpflicht von Personen, die fahrlässig gehandelt haben, beschränkt sich auf fünfhunderttausend Deutsche Mark für eine Prüfung. Dies gilt auch, wenn an der Prüfung mehrere Personen beteiligt gewesen oder mehrere zum Ersatz verpflichtende Handlungen begangen worden sind, und ohne Rücksicht darauf, ob andere Beteiligte vorsätzlich gehandelt haben. (371)
§45
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(3) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht, wenn eine Prüfungsgesellschaft Sonderprüfer ist, auch gegenüber dem Aufsichtsrat und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Prüfungsgesellschaft. (4) Die Ersatzpflicht nach diesen Vorschriften kann durch Vertrag weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. (5) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren. E § 51e (1) Die Geschäftsführer haben den Sonderprüfern zu gestatten, die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namentlich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, zu prüfen. (2) Die Sonderprüfer können von den Geschäftsführern und den Mitgliedern des Aufsichtsrats alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, welche die sorgfältige Prüfung der Vorgänge notwendig macht. (3) Die Sonderprüfer haben die Rechte nach Absatz 2 auch gegenüber einem Konzernunternehmen sowie gegenüber einem abhängigen oder herrschenden Unternehmen. § 51 a Abs. 6 gilt sinngemäß. (4) Die Sonderprüfer haben über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Sie haben den Prüfungsbericht zu unterschreiben und unverzüglich den Geschäftsführern einzureichen. Ist ein Aufsichtsrat gebildet, so haben die Geschäftsführer ihm den Bericht vorzulegen. Auf Verlangen haben sie jedem Gesellschafter eine Abschrift des Prüfungsberichts zu erteilen; für die Verweigerung der Abschrift gilt § 51 a Abs. 3 sinngemäß.'
Schrifttum Immenga Der neue Referentenentwurf zum GmbH-Gesetz, BB 1977 957, 960; Mertens in: Probleme der GmbH-Reform (1970) S. 109, 112; Teichmann in: GmbHReform (1970) S. 82, 86; Verhoeven Zur geplanten Novellierung des GmbH-Gesetzes, WM 1977 806, 811. 30
Von den im RegEntw 1972 (Rdn. 28) vorgesehenen Regelungen der Individualrechte hat die Novelle diejenigen des Auskunfts- und Einsichtsrechts und der Sonderprüfung übernommen. a) Auskunfts- und Einsichtsrecht. Gegenüber dem bestehenden Rechtszustand (Rdn. 21—27) wird die Novelle eine Verstärkung der Rechte des einzelnen Gesellschafters bringen (dagegen mit Recht kritisch Mertens S. 107). Auskunfts- und Einsichtsrecht werden gleich behandelt (vgl. Rdn. 26) und beide ohne besondere Voraussetzungen jedem Gesellschafter gewährt. Das Auskunftsrecht besteht auch außerhalb der Gesellschafterversammlung (vgl. Rdn. 24). Auskunft und Einsicht sind unverzüglich zu gewähren, bei unangemessener Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs innerhalb angemessener Frist. Gegenständlich beziehen sich beide Rechte auf die Angelegenheiten der Gesellschaft (§ 51 a Abs. 1) sowie auf die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu einem verbundenen Unternehmen (Abs. 2). Letzterer Begriff richtet sich nach den sinngemäß anzuwendenden §§ 15—19 AktG (Abs. 6).
31
Mit der Verweigerung der Auskunft befassen sich die Abs. 3 und 4 des § 51 c. Die Gründe sind eng gefaßt. Es gibt nur zwei. Einmal die Besorgnis, daß der Gesellschafter die Auskunft oder Einsicht zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird, wobei zusätzlich — wenn auch durch die Satzung abdingbar — der Verweigerungsgrund durch Gesellschafterbeschluß bestätigt werden muß (Abs. 3 Nr. 1). Zweitens dürfen die Geschäftsführer verweigern, wenn sie sich durch die Erteilung der (372)
Rechte der Gesellschafter im allgemeinen (Schilling)
§45
Auskunft oder Einsicht strafbar machen würden (Abs. 3 Nr. 2). Bei Verweigerung kann der Gesellschafter die Erstellung einer Niederschrift fordern, in der sein Verlangen und der Verweigerungsgrund aufgenommen werden (Abs. 4). Die Satzung kann beide Rechte ausschließen oder einschränken, jedoch nur in 32 bestimmten Schranken (§ 51 a Abs. 5). Unbeschränkbar ist einmal das Auskunftsrecht in der GesellschaftterverSammlung. Außerhalb dieser besteht das Auskunftsrecht — gleiches gilt für das Einsichtsrecht — zwingend, wenn ein wichtiger Grund vorliegt oder Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Zwingend ist ferner das Einsichtsrecht, soweit die Einsicht erforderlich ist, um den Jahresabschluß auf seine Richtigkeit prüfen zu können. Eine Ausnahme für den geprüften und testierten Jahresabschluß ist nicht vorgesehen. § 51b führt ein Verfahren zur gerichtlichen Erzwingung der verweigerten Aus- 33 kunft oder Einsicht in enger Anlehnung an § 132 AktG ein. Voraussetzung des Antrags ist, daß die Gesellschafter es abgelehnt haben, die Geschäftsführer zur Erteilung der Auskunft oder Gewährung der Einsicht anzuweisen, es sei denn, daß es dem Gesellschafter nach den Umständen nicht zuzumuten ist, eine Beschlußfassung der Gesellschafter herbeizuführen (§ 51 b Abs. 2 Satz 2). Diese Bestimmung ist wenig sinnvoll und bringt über den Begriff der Unzumutbarkeit nur Rechtsunsicherheit (kritisch auch Immenga). Billigt — wie in der Regel — die Mehrheit die Verweigerung, so ist der Beschluß ein unnötiges Erschwernis. Billigt sie nicht, so ist es ihre Sache, dem Gesellschafter zu seinem Recht zu verhelfen. Die im Aktienrecht heftig umstrittene Frage, ob das Verfahren Voraussetzung für eine auf die Auskunftsverweigerung gestützte Anfechtungsklage ist, klärt der Entwurf nicht. Nach richtiger Meinung ist das nicht der Fall (Schilling Großkomm. z. AktG § 243 Anm. 12, Zöllner Köln Komm. z. AktG § 131 Rdn. 98, § 243 Rdn. 138, beide mit ausführlicher Darstellung des Streitstands und weit. Nachw.). Das Gericht hat zu prüfen, ob ein gesetzlicher (Rdn. 31) oder satzungsmäßiger (Rdn. 32) Verweigerungsgrund gegeben ist. Die Gesellschaft kann auch geltend machen, daß sie wegen einer unangemessenen Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs dem Anspruch des Antragsgegners erst in angemessener Frist stattgeben könne (Rdn. 30). Nach der Ubergangsvorschrift des Art. 6 § 4 ist § 51 b nur anzuwenden, wenn die Verweigerung nach dem Inkrafttreten der Novelle erfolgt. b) Sonderprüfung. Trotz der berechtigten Bedenken im neueren Schrifttum 34 (Mertens S. 112, Teichmann S. 86) hält die Novelle an dem Gedanken der Sonderprüfung fest. Sie gibt damit neben dem GmbH-spezifischen Einsichtsrecht einen spezifisch aktienrechtlichen Rechtsbehelf. Die §§ 51c—e sind weitgehend an die Regelung der §§ 142—146 AktG angelehnt. Wie dort ist Gegenstand der Sonderprüfung jeder Vorgang der Gründung und der Geschäftsführung (§ 51 e Abs. 1). Jeder Gesellschafter kann die Bestellung von Sonderprüfern beantragen. Lehnen die Gesellschafter die Bestellung ab, so kann er das Gericht anrufen. Voraussetzung für eine gerichtliche Bestellung ist das Vorliegen von Tatsachen, die den Verdacht von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes, der Satzung oder des Anstellungsvertrags der Geschäftsführer rechtfertigen (§ 51c Abs. 3).
(373)
§46
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung §46
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
D e r Bestimmung der Gesellschafter unterliegen: die Feststellung der Jahresbilanz und die Verteilung des aus derselben sich ergebenden Reingewinns; die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen; die R ü c k z a h l u n g von Nachschüssen; die Teilung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen; die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben; die Maßregeln zur P r ü f u n g und Überwachung der Geschäftsführung; die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetriebe; die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der G r ü n d u n g oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform
3
I. Jahresabschluß und Gewinnverwendung, N r . 1 1. Aufstellung und Feststellungsbeschluß 2. Gewinnverwendungsbeschluß . . . . 3. Vorbereitung der Beschlüsse
4 7 8
II. Die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen, N r . 2
9
III. Die Rückzahlung von Nachschüssen, Nr. 3 11 IV. Die Teilung und die Einziehung von Geschäftsanteilen, N r . 4 1. Teilung 12 2. Einziehung 13 V. Bestellung, Abberufung und Entlastung, N r . 5 1. Bestellung — Bestellungsrecht . . . . 14
2. 3. 4. 5.
Abberufung Vertretung der Gesellschaft AnstellungsVerhältnis Entlastung
15 16 18 22
VI. Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung, N r . 6 27 VII. Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, N r . 7 . . . VIII. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter — Vertretung der Gesellschaft in Prozessen gegen Geschäftsführer, N r . 8 1. Geltendmachung von Ersatzansprüchen a) Gesellschafterbeschluß b) Ersatzansprüche 2. Verzicht und Vergleich 3. Prozeß Vertretung 4. Rechte des einzelnen Gesellschafters
29
31 33 34 36 38
Einleitung 1
Im Anschluß an § 45 stellt § 46 einen Katalog von Beschlußgegenständen auf, für die die Gesellschafter zuständig sind. Der Katalog ist weder erschöpfend noch zwingend. Gerade die Angelegenheiten, die ausschließlich und zwingend von den Gesellschaftern zu entscheiden sind, enthält der Katalog des § 46 nicht, nämlich die Satzungsänderung (§ 53), die Auflösung (§ 60 Abs. 1 Nr. 2), die Bestellung und Abberufung der Liquidatoren (§ 66), die Abberufung der Geschäftsführer aus wichtigem Grund (§ 38) und schließlich die Einforderung von Nachschüssen (§ 26), s. auch Rdn. 3 und § 45, 6, 20. Weitere Zuständigkeiten der Gesellschafter, die § 46 nicht erwähnt, sind die Wahl (374)
Aufgabenkreis der Gesellschafter (Schilling)
§46
des Aufsichtsrats (§ 52 i.V.m. § 101 Abs. 1 Satz 1 AktG), die Genehmigung der Abtretung von Geschäftsanteilen (§ 15 Abs. 5), wenn der Gesellschaftsvertrag entsprechende Bestimmungen enthält, und insbesondere das Weisungsrecht in Angelegenheiten der Geschäftsführung, § 45, 4. Andrerseits ist keiner der in § 46 aufgezählten Beschlußgegenstände den Gesell- 2 schaftern zwingend zugewiesen. Sie können vielmehr sämtlich durch den Gesellschaftsvertrag anderen Organen übertragen werden (§ 45 Abs. 2), s. § 45, 3ff., 14f. Reform Durch § 77 RegEntw. soll klarer als bisher herausgestellt werden, in welchen 3 Angelegenheiten die Gesellschafter zwingend und ausschließlich zuständig sind. Zu den in Rdn. 1 genannten sollen nach dem Entwurf (§ 77 Abs. 2) noch folgende Angelegenheiten kommen: die Entlastung der Geschäftsführer, der Mitglieder des Aufsichtsrats und der Abwickler (Nr. 1), die Einziehung von Geschäftsanteilen (Nr. 4), der Abschluß, die Änderung und die Beendigung von Unternehmensverträgen sowie die Eingliederung (Nr. 8, s. Anh. II zu § 13, 53), die Nachgründung (Nr. 9) und die Wahl von Abschlußprüfern (Nr. 11). Die weiter in § 77 Abs. 1 als unübertragbar bezeichneten Zuständigkeiten sind es auch schon nach geltendem Recht: die Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und der Kapitalherabsetzung (Nr. 3) sowie die Verschmelzung, Umwandlung und Vermögensübertragung (Nr. 6) als Satzungsänderungen, letztere jedenfalls in der Regel, wenn sie mit der Änderung des Unternehmensgegenstands oder der Auflösung verbunden ist. Auch die in Nr. 7 genannte Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft bedarf nach geltendem Recht zwingend eines Gesellschafterbeschlusses (s. die Erl. zu § 60) und bezüglich der Maßnahmen der Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung (Nr. 13) sowie der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer, Gesellschafter oder Aufsichtsratsmitglieder (Nr. 10) behalten die Gesellschafter ebenfalls die letzte Entscheidung (Rdn. 27 und 32).
I. Jahresabschluß und Gewinnverwendung 1. Aufstellung und Feststellungsbeschluß, § 46 N r . 1 § 41 Abs. 2 verpflichtet die Geschäftsführer, in den ersten drei Monaten des 4 Geschäftsjahres die Bilanz für das verflossene Geschäftsjahr nebst einer Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen. Die Frist kann gemäß § 41 Abs. 3 verlängert werden. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung bilden zusammen den Jahresabschluß ( § 4 1 a, § 148 AktG). Er ist von den Geschäftsführern zu unterzeichnen, § 41 Abs. 1 H G B . Mit der Unterzeichnung ist die Aufstellung des Jahresabschlusses beendet. Für sie allein gilt die Frist des § 41 s., dort Rdn. 23. Die Feststellung des Jahresabschlusses obliegt der Gesellschafterversammlung oder 5 dem von der Satzung damit betrauten Organ, z. B. den Geschäftsführern oder einem von der Satzung vorgesehenen Aufsichtsrat (Beirat, Verwaltungsrat, s. die Erl. zu § 52) oder — entsprechend § 172 AktG — Geschäftsführern und Aufsichtsrat gemeinsam. Da die Bestimmung der Nr. 1 wie der ganze § 46 dispositiv ist (Rdn. 1, 2), kann die Satzung überhaupt auf ein förmliches Feststellungsverfahren verzichten und z. B. bestimmen, daß der Jahresabschluß als festgestellt gilt, wenn keiner der Gesellschafter innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Auch ohne Satzungsbestimmung kann sich aus den Umständen ergeben, daß der Jahresabschluß durch Gesellschafterbeschluß festgestellt ist, (375)
§46
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
so wenn alle Gesellschafter Geschäftsführer sind und den Jahresabschluß unterzeichnen (BGH WM 1971 1082, 1084). 6 An die von den Geschäftsführern aufgestellte Fassung des Jahresabschlusses ist die Gesellschafterversammlung nicht gebunden. Sie kann vielmehr den Jahresabshluß nach eigenem Ermessen im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung gestalten. Die Änderung des festgestellten Jahresabschlusses erfordert die Aufhebung des alten und die Fassung eines neuen Beschlusses, s. dazu §29, 35. Jeder Gesellschafter hat Anspruch auf eine Abschrift des festgestellten Abschlusses (LG Frankfurt BB 1960 1355; vgl. auch BGH WM 1962 783). 2. Der Gewinnverwendungsbeschluß 7
Das Gesetz spricht von der Verteilung des sich aus der Jahresbilanz ergebenden Reingewinns. Selbstverständlich unterliegt der Bestimmung der Gesellschafter auch die Verwendung des Gewinns zu anderen Zwecken als zur Verteilung (Ausschüttung) an die Gesellschafter, z. B. die Einstellung in die Rücklage. Über die Voraussetzungen hierfür s. § 29, 40ff. Grundlage des Gewinnverwendungsbeschlusses ist der in dem festgestellten Jahresabschluß ausgewiesene Reingewinn. Der Gewinnverwendungsbeschluß setzt also die Feststellung des Jahresabschlusses voraus. Beide Beschlüsse können auch in einem zusammengefaßt werden (Scholz 2). Wird die Feststellung oder Gewinnverteilung von Gesellschaftern treupflichtwidrig verzögert oder verhindert, so kann der einzelne Gesellschafter ihre Mitwirkung im Wege der Klage erzwingen (§ 13, 6; § 29, 23, 24; § 45, 21). Ist der Jahresabschluß festgestellt und lehnt die Mehrheit die Beschlußfassung über die Gewinnverwendung treupflichtwidrig (§ 14, 23 ff.) ab, so kann der Gesellschafter trotzdem die Auszahlung des ihm nach Gesetz (§ 29) oder Satzung zustehenden Gewinnanteils verlangen (s. auch § 29, 44, 49). Das gleiche gilt, wenn ein gesetz- oder satzungswidriger Gewinnverwendungsbeschluß erfolgreich angefochten ist (Anhang zu § 47, Scholz § 29, 15). Dabei ist zu beachten, daß die Drei Viertel-Mehrheit bis zur Mißbrauchsgrenze auch ohne statutarische Ermächtigung Reingewinn von der Verteilung ausschließen kann (§ 29, 42f., BGH DB 74 716). Uber die Zulässigkeit von Vorschüssen (Abschlagszahlungen) auf den ^warteten Gewinn s. § 29, 75ff. und G. Hueck Gewinnvorschuß bei der GmbH, ZGR 1975 133. Zum Begriff des Reingewinns s. § 29, 36. 3. Vorbereitung der Beschlüsse
8
Das in § 45, 23 ff. behandelte Auskunftsrecht des einzelnen Gesellschafters gegenüber den Geschäftsführern spielt eine besondere Rolle bei den jährlichen Beschlüssen über die Feststellung des Jahresabschlusses, die Gewinnverwendung und die sich daran anschließende Entlastung (zur letzteren s. Rdn. 22ff.). Die Geschäftsführer haben in Erfüllung ihrer Auskunftspflicht, auch wenn darüber die Satzung nichts bestimmt und auch kein Gesellschafterbeschluß vorliegt, von sich aus den von ihnen aufgestellten Jahresabschluß allen Gesellschaftern in angemessener Frist vor der Gesellschafterversammlung, in der er festgestellt werden soll, zu übersenden. Haben sie hierzu schriftliche Erläuterungen oder einen Geschäftsbericht (vgl. § 160 AktG) erstellt, so erstreckt sich die Ubersendungspflicht auch darauf (OLG Frankfurt BB 1977 1016). Ist der Abschluß von einem Sachverständigen (Abschlußprüfer) geprüft worden, so haben die Geschäftsführer auch den Prüfungsbericht den Gesellschaftern zugänglich zu machen, z. B. durch Auslegung in den Geschäftsräumen zu bestimmten Zeiten (OLG Frankfurt BB 1977 1016). Haben die Gesellschafter in der Satzung die Feststellung des Jahresabschlusses einem anderen Organ übertragen (Rdn. 5), so obliegt diesem auch dessen (376)
Aufgabenkreis der Gesellschafter (Schilling)
§46
Prüfung. Ein Einsichtsrecht der Gesellschafter in den Prüfungsbericht besteht dann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, § 45, 26. Uber das weitergehende Einsichtsrecht des Kommanditisten nach § 166 Abs. 1 HGB bei einer Tochter-GmbH s. BGHZ 25 115. Im Falle der Feststellung durch ein anderes Organ haben die Geschäftsführer den Gesellschaftern den festgestellten Jahresabschluß und einen etwaigen Geschäftsbericht vor der Gesellschafterversammlung zu übersenden, die über die Gewinnverwendung und Entlastung beschließt. Die Verletzung des Auskunfts- oder Einsichtsrechts kann zu einer Anfechtung der Beschlüsse berechtigen, s. Anh. zu § 47. II. Die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen, Nr. 2 Eines Gesellschafterbeschlusses über die Einforderung von Stammeinlagen bedarf 9 es nicht in jedem Fall. Zunächst scheidet hier der Fall aus, daß der Gesellschaftsvertrag Volleinzahlung der Einlagen bei der Gründung vorsieht. Ebensowenig ist ein Beschluß erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag die EinZahlungstermine festgesetzt oder die Einforderung einem anderen Organ, z. B. den Geschäftsführern überlassen hat (RGZ 138 106, 111). Nur wenn keiner dieser drei Fälle vorliegt, ist ein Gesellschafterbeschluß über die Einforderung notwendig, s. auch die Erl. zu § 20. Sagt der Gesellschaftsvertrag nur, daß die weiteren Einzahlungen nach Bedarf oder, wenn die Geschäftslage dies erfordert, zu erfolgen haben, so bleibt die Zuständigkeit der Gesellschafter bestehen (ebenso Scholz 3). Auch die Anordnung der Barzahlung im Gesellschaftsvertrag ist keine den Einforderungsbeschluß unnötig machende Fälligkeitsbestimmung (RGZ 138 112, B G H GmbH-Rdsch. 1961 144). Die Gesellschafter entscheiden nach ihrem Ermessen, ob ein Einforderungsgrund gegeben ist. Der Einforderungsbeschluß ist nur anfechtbar, wenn ein Ermessensmißbrauch vorliegt. Ein Anfechtungsgrund wäre auch gegeben, wenn der Beschluß bei der Einforderung nicht § 19 Abs. 1 beachten würde, wonach die Einzahlungen nach dem Verhältnis der Stammeinlagen zu erfolgen haben. Es wäre dann der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, § 14, 18, 21, vorausgesetzt, daß alle Gesellschafter leistungsfähig sind, § 14, 19. Die Ausführung des Einforderungsbeschlusses ist Sache der Geschäftsführer. 10 Bedarf es eines Beschlusses (Rdn. 9), so ist die Einforderung durch die Geschäftsführer ohne einen solchen unzulässig und wirkungslos. Unterlassen die Geschäftsführer pflichtwidrig die Einforderung, so kann die Gesellschafterklage helfen (§ 13, 8). Ist die Einlageforderung gepfändet und dem Pfändungsgläubiger zur Einziehung überwiesen (s. dazu die Erl. zu § 19), so ist insoweit kein Raum mehr für einen Einforderungsbeschluß (RGZ 149 293, 301). Das gleiche gilt für den Konkurs, s. die Erl. zu § 63. Über die Einforderung im Liquidationsstadium s. die Erl. zu § 69. III. Die Rückzahlung von Nachschüssen, Nr. 3 Die Nachschußpflicht muß im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein, s. dazu die Erl. 11 zu § 26. Die Einforderung von Nachschüssen bedarf eines Gesellschafterbeschlusses, § 26. Die Zuständigkeit der Gesellschafter ist dort zwingend, während die Bestimmung über die Rückzahlung von Nachschüssen auch einem anderen Organ zugewiesen oder abschließend im Gesellschaftsvertrag geregelt werden kann. Die Nr. 3 ist so wenig zwingend wie die andern Bestimmungen des § 46, s. Rdn. 1,2. Die Rückzahlung selbst ist in § 30 Abs. 2 geregelt, dessen Bestimmungen zwingend sind, s. § 30, 64ff. Voraussetzung der Rückzahlung ist danach u. a., daß der Rückzahlungsbeschluß in der in § 30 Abs. 2 näher bestimmten Weise bekanntgemacht wird. Der Gesellschaftsvertrag, (377)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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der Einforderungs- oder der Rückzahlungsbeschluß können weitere Voraussetzungen für die Rückzahlung anordnen. In einem Gewinnverteilungsbeschluß kann ein Rückzahlungsbeschluß liegen, insoweit der auszuschüttende Betrag nur durch eingezahlte Nachschüsse gedeckt werden kann, also nicht durch den Reingewinn oder durch die Auflösung nicht durch Nachschüsse gebildeter Rücklagen. IV. Die Teilung und die Einziehung von Geschäftsanteilen, Nr. 4 1. Teilung 12
Gemeint ist der Beschluß über die Zustimmung zur Teilung, soweit hierzu nach § 17 die Genehmigung der Gesellschaft erforderlich ist. Das ist für jede Teilung eines Geschäftsanteils der Fall, mit Ausnahme der in § 17 Abs. 3 angeführten beiden Fälle, sofern der Gesellschaftsvertrag das Genehmigungserfordernis hier aufhebt (s. die Erl. zu § 17 Abs. 3). Die Nr. 4 knüpft die von den Geschäftsführern für die Gesellschaft zu erteilende Genehmigung intern an einen Gesellschafterbeschluß. Außenwirkung hat dies nicht, so daß die Teilungsgenehmigung auch ohne Gesellschafterbeschluß wirksam ist (h.M. RGZ 104 413; BGHZ 14 25, 31; Scholz § 17 Anm. 13, Baumbach-Hueck § 17 Anm. 3 D). Die Voraufl. Anm. 18 nahm Außenwirkung an mit der Folge, daß eine ohne Zustimmung der Gesellschafter von den Geschäftsführern erklärte Teilungsgenehmigung unwirksam wäre. Diese Meinung wird aufgegeben. Zwar liegt hier nicht, wie meistens behauptet wird, ein Fall des § 37 Abs. 2 vor. § 37 handelt nur von satzungsmäßigen, nicht gesetzlichen Beschränkungen der Geschäftsführer (RGZ 75 164, 167). Er trifft deshalb auf die in der Satzung gemäß § 15 (5) vorgeschriebene Genehmigung zur Abtretung eines Geschäftsanteils zu (§ 15, 109). Bei § 46 Nr. 4 handelt es sich ebenso wie bei der Nr. 7 um eine gesetzliche Beschränkung. Trotzdem hat sie nur Wirkung nach innen, so daß das Fehlen eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses die Genehmigungserklärung der Geschäftsführer nicht unwirksam macht. Denn wie das Reichsgericht aaO sagt, für den geschäftlichen Verkehr nach außen kommt nur das in Betracht, was die Geschäftsführer tun und erklären. Die Genehmigungserklärung nach § 17 gehört zu diesem Außenverkehr, da sie auch einem Erwerber, der nicht Gesellschafter ist, erklärt werden kann, s. auch zu Nr. 7 Rdn. 29. Im übrigen ist die Zuständigkeit der Gesellschafter nicht zwingend. Sie kann einem anderen Organ übertragen werden. Der Gesellschaftsvertrag kann die Bestimmung auch streichen. Die Geschäftsführer sind dann auch im Innenverhältnis nicht gehalten, die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Auch dann ist die Genehmigung nach § 17 Wirksamkeitserfordernis der Teilung, es sei denn, daß ein Fall des § 17 Abs. 3 vorliegt. 2. Einziehung
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Die Einziehung ist in § 34 geregelt. Dort ist nicht gesagt, daß sie einen Gesellschafterbeschluß verlangt. Der Gesellschaftsvertrag kann die Zuständigkeit eines anderen Organs begründen (Rdn. 1). Tut er das nicht, so ist ein Beschluß der Gesellschafter erforderlich, s. § 34, 3, 47. Zum Stimmrecht des betroffenen Gesellschafters s. § 47, 75. V. Bestellung, Abberufung und Entlastung der Geschäftsführer, Nr. 5 Schrifttum Brox Probleme der Entlastung im Gesellschaftsrecht, BB 1960 1226; Fleck Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers, GmbH-Rdsch. 1974 224, 228; A. Hueck Die (378)
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Entlastung im Recht der GmbH, GmbH-Rdsch. 1959 189; Plander Zur Bestellung der Geschäftsführer einer mehrgliedrigen GmbH, GmbH-Rdsch. 1968 197; ders. Die Vertretung der nicht aufsichtsratspflichtigen GmbH bei Begründung, Änderung und Beendigung von Organstellung und Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer, Z H R 133 1970 327; Pleyer GmbH-Rdsch. 1958 148; Karsten Schmidt Entlastung, Entlastungsrecht und Entlastungsklage des Geschäftsführers einer GmbH — Versuch einer Neuorientierung, Z G R 1978 425; Schönle Der Entlastungsbeschluß im deutschen Gesellschaftsrecht, Z H R 126 1964 199; ZöllnerHie Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963). 1. Bestellung — Bestellungsrecht Die Zuständigkeit der Gesellschafter zur Bestellung der Geschäftsführer ist nicht zwingend (Rdn. 1, 2). Sie bleibt aber als Ersatz- und Rückfallzuständigkeit bestehen, so wenn der an sich zuständige Aufsichtsrat funktionsunfähig wird (vgl. B G H Z 12 337, 340) oder wenn der zur Bestellung berechtigte Gesellschafter (vgl. § 14, 10) von seinem Recht keinen Gebrauch macht. Von dem Bestellungsrecht eines Gesellschafters oder einer Gesellschaftsgruppe ist zu unterscheiden das Benennungsrecht. Die Ausübung des ersteren wirkt unmittelbar, es bedarf keiner Mitwirkung der übrigen Gesellschafter oder der Gesellschaft. Demgegenüber bewirkt das Benennungsrecht nur eine Verpflichtung der anderen Gesellschafter (oder der Gesellschaft wie in dem vom B G H GmbH-Rdsch. 1973 279 entschiedenen Fall), bei der Bestellung mitzuwirken. Man kann auch mit Fischer (s. § 45, 16) von einem Präsentationsrecht mit oder ohne unmittelbare Vollzugswirkung sprechen. Der Unterschied ist nicht nur wegen dieser Wirkung bedeutsam. Kommt es auf die Mitwirkung der anderen Gesellschafter oder der Gesellschaft (vertreten durch den Geschäftsführer) an, so kann sie bei Vorliegen eines wichtigen Grundes verweigert werden. Im anderen Fall bedarf es eines Abberufungsbeschlusses aus wichtigem Grund (Rdn. 15). Bestellungs- und Benennunsgsrecht bedürfen der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag (§ 14, 10). Dieser kann auch ein besonderes Bestellungsorgan (Kreationsorgan) bestimmen, § 45, 15. Insbesondere kann die Bestellung einem Aufsichtsrat übertragen werden. § 12 Montan-MitbestG v. 21. 5. 1951 und § 31 MitbestG vom 4. 5. 1976 (dazu § 35, 44ff.) schreiben dies zwingend vor (s. die Erl. zu § 52).
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2. Abberufung Es gilt der Grundsatz: Wer bestellt, kann auch abberufen. Das Abberufungsrecht aus wichtigem Grund muß aber immer einem Gesellschaftsorgan verbleiben (KG JW 1926 598 m. zust. Anm. v. Fischer; Feine S. 475; Scholz § 38 Anm. 7). Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, sind das die Gesellschafter, s. auch die Erl. zu § 38. 3. Vertretung der Gesellschaft In Abweichung von den Vorschriften der §§ 35—37 haben die Gesellschafter als 16 Bestellungsorgan primär das ausschließliche Recht, die Gesellschaft bei der Erklärung der Bestellung und Abberufung gegenüber dem zu Bestellenden oder Abzuberufenden zu vertreten (allg. Meinung, B G H Z 52 316, 321; weitere Nachweise bei Plander S. 341 Fußn. 10). Zwischen dieser Erklärung und dem Bestellungs- oder Abberufungsbeschluß ist zu unterscheiden (§ 45, 12). Beschlußakt und Erklärungs-(Vertretungs-)Akt können aber zusammenfallen, wenn der Betroffene an der Gesellschaftsversammlung teilnimmt ( B G H Z 52 321). Dem Abwesenden muß die Bestellung oder Abberufung erklärt (379)
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werden. Dies kann durch die Mehrheit der Gesellschafter oder durch einen von den Gesellschaftern Beauftragten, z. B. einem Gesellschafter oder einem Geschäftsführer, geschehen (Plander S. 374, 381, 386). 17 Die Bestellung ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Sie bedarf der Annahme durch den Bestellten. Denn die gesetzlichen Pflichten des Geschäftsführers ergeben sich schon aus der Bestellung, nicht erst aus dem Anstellungsvertrag. Die Abberufung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Das in Rdn. 16 Gesagte gilt auch für jede Änderung der Organstellung oder Ergänzung der Organbefugnisse, wie z. B. die Änderung der Gesamt- in Alleinvertretungsbefugnis oder die Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens oder der Mehrvertretung nach § 181 BGB (s. die Erl. zu § 36 und Plander S. 363). 4. Anstellungsverhältnis 18
Gilt die Nr. 5 sinngemäß auch für die Entscheidung über und die Vertretung bei Abschluß, Änderung und Beendigung des Anstellungsvertrags der Geschäftsführer? Im Aktiengesetz (§ 84 Abs. 1 Satz 5, § 112) ist das so geregelt, das GmbH-Gesetz schweigt hierzu. Die §§ 45ff. betreffen zwar im Gegensatz zu den §§ 35—37, die die Vertretung der Gesellschaft nach außen regeln, nur deren innere Verhältnisse. Zu diesen gehört aber nicht nur das Verhältnis der Gesellschafter untereinander, sondern auch zu den Geschäftsführern (RGZ 75 164, 167). Der Natur der Sache und dem Zweck der Vorschrift entsprechend besteht daher eine primär ausschließliche (im Gesellschaftsvertrag abdingbare, Rdn. 21) Zuständigkeit der Gesellschafter zur Entscheidung und Vertretung in allen das Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer betreffenden Fragen. Zwischen ihnen und Bestellung und Abberufung besteht ein enger, innerer Zusammenhang. So können z. B. bei (wie meist) unbefristeter Bestellung und befristetem Dienstvertrag nur die Gesellschafter entscheiden, ob sie der von dem Geschäftsführer gestellten Forderung einer Erhöhung seiner Vergütung oder einer Ruhegehaltszusage stattgeben oder dessen Kündigung gewärtigen wollen. Jede Änderung der Anstellungsbedingungen greift auch in die Entscheidungsfreiheit der Gesellschafter über das Organverhältnis ein. Die Geschäftsführer können sich nicht gegenseitig die Gehälter erhöhen oder eine Ruhegeldzusage machen. Ein (alleinvertretungsberechtigter) Geschäftsführer kann nicht dem andern kündigen. Noch weniger kann er mit dem anderen die vorzeitige Beendigung des Anstellungsverhältnisses vereinbaren und damit auch die Organstellung beendigen, was durch die Nr. 5 ausschließlich den Gesellschaftern vorbehalten ist. Demgemäß gilt das in Rdn. 16, 17 für die Organstellung Gesagte entsprechend auch für das Anstellungsverhältnis (zustimmend Plander S. 370). Uber das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer können nur die Gesellschafter entscheiden, und sie sind auch primär ausschließlich zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern befugt. Besteht ein Aufsichtsrat, so steht ihm die Vertretungsbefugnis zu (§ 52, 127, 131, 132).
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Die h. M. legt die Nr. 5 wörtlich eng aus und beschränkt demgemäß die ausschließliche Zuständigkeit der Gesellschafter auf Bestellung und Abberufung. Nur wenn der Abschluß des Anstellungsvertrags oder die Kündigung zusammen mit Bestellung oder Abberufung vorgenommen werden, wenn sie gewissermaßen eine Einheit bilden, soll in entsprechender Anwendung der Nr. 5 die Zuständigkeit der Gesellschafter zur Entscheidung und Vertretung auch für Vertragsabschluß und Kündigung gegeben sein (Baumbach-Hueck 6 B). Ist diese Verbindung nicht vorhanden, so sind nach der h. M. die Geschäftsführer ausschließlich vertretungsbefugt und — hier allenfalls der Weisung der Gesellschafter unterworfen — auch entscheidungsbefugt. Das soll insbesondere für eine Änderung einschließlich einer Neuregelung des Anstellungsvertrags gelten (RG (380)
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H R R 1933 849, BGH LM § 46 Nr. 3, LM § 109 HGB Nr. 7, WM 1967 1164, BB 1968 560 = WM 1968 570) und für dessen vertragliche Aufhebung (KG JW 1933 1842, BGH LM § 46 Nr. 6 = JZ 1961 545 m. Anm. v. Schilling). Weiter geht BGH LM § 46 Nr. 9 und WM 1976 379, der einen inneren und zeitlichen Zusammenhang zwischen Abberufung und Kündigung, auch wenn sie getrennt erklärt werden, für die Zuständigkeit der Gesellschafter genügen läßt. Dieses Abheben auf den tatsächlichen Zusammenhang, während es doch auf den rechtlichen ankommt (Rdn. 18), wird dem Zweck der Nr. 5 nicht gerecht und bringt zudem Rechtsunsicherheit mit sich. Denn wo soll die Grenze gezogen werden? Die h.M. sieht sich genötigt, von der von ihr angenommenen grundsätzlichen 20 Zuständigkeit der Geschäftsführer eine weitere Ausnahme zu machen für die Fälle, in denen vertretungsberechtigte Geschäftsführer zum Abschluß des Anstellungsvertrags oder seiner Lösung nicht vorhanden oder verhindert sind. Auch dann sollen die Gesellschafter zur Entscheidung und Vertretung zuständig sein (RG HRR 1933 849, B G H LM § 109 HGB Nr. 7, WM 1967 1164). BGH LM § 46 Nr. 3 erwog für diese Fälle noch die Bestellung eines Notgeschäftsführers. Die primär ausschließliche Befugnis der Gesellschafter zur Entscheidung und Ver- 21 tretung gegenüber dem Geschäftsführer in den Angelegenheiten seines Anstellungsverhältnisses ist ebensowenig zwingend wie die zur Bestellung und Abberufung (zur Rechtslage nach dem MitbestG s. § 35, 102). Es gilt das in Rdn. 14 Gesagte entsprechend. Das Bestellungsorgan hat im Zweifel auch die Befugnis zum Abschluß und zur Beendigung des Anstellungsvertrags. Der Anstellungsvertrag kann auch mit einem Dritten, z. B. mit dem Mehrheitsgesellschafter, in dessen eigenem Namen abgeschlossen werden (BGH GmbH-Rdsch. 1965 194 m. Anm. v. Winter), wenn die Gesellschaft damit einverstanden ist. Insbesondere kann der Dritte, dem das Bestellungsrecht zusteht, auch zum Abschluß des Anstellungsvertrags befugt sein. Ebenso wie das Recht zum Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund (Rdn. 15) muß auch das Recht zur Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund immer einem Gesellschaftsorgan verbleiben. 5. Entlastung Die Feststellung des Jahresabschlusses (Rdn. 5), die Gewinnverwendung (Rdn. 7) 22 und die Entlastung der Geschäftsführer und der Mitglieder des Aufsichtsrats stellen die sog. Regularien dar, über die die Gesellschafter alljährlich in der ordentlichen Gesellschafterversammlung oder schriftlich nach § 48 Abs. 2 Beschluß zu fassen haben. Die Entlastung des Aufsichtsrats ist im Gesetz nicht geregelt, das Folgende gilt entsprechend für sie, s. aber auch § 52, 149 f. Die Feststellung des Jahresabschlusses ist nicht gleichbedeutend mit der Entlastung, sie ist aber in der Regel Voraussetzung dafür (Rdn. 25). Der Stimmrechtsausschluß des Geschäftsführers bei seiner Entlastung (§ 47 Abs. 4, s. dort Rdn. 59) gilt daher nicht für die Feststellung des Jahresabschlusses (RGZ 49 142, 146). Auch der Beschluß, keine Ersatzansprüche aus § 43 gegen den Geschäftsführer zu erheben (s. § 46 nr. 8) stellt keine Entlastung mit der ihr eigenen Verzichtswirkung (Rdn. 23) dar (RG JW 1935 921 m. Anm. v. Boesebeck). Ebensowenig derjenige, der die Einstellung der Gesellschafter zu einer bestimmten künftigen Geschäftsführungsmaßnahme zum Ausdruck bringt (BGH WM 1976 204). Die Gesellschafter können über die Entlastung mehrerer Geschäftsführer in einem Beschluß abstimmen oder getrennt für jeden oder für einzelne von ihnen. Darüber entscheidet die Gesellschafterversammlung. Die Minderheit hat keinen Anspruch auf Einzelentlastung entsprechend § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG (abw. Zöllner S. 201, s. auch § 47, 60). Die Gesellschafter können für denselben Gegenstand (Rdn. 24) dem einen Geschäftsführer Entlastung erteilen, dem (381)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
anderen nicht. Die Zuständigkeit der Gesellschafter ist nicht zwingend (Rdn. 1, 2), die Entlastung kann auch einem anderen Organ der Gesellschaft übertragen werden, z. B. dem Aufsichtsrat oder einem Gesellschafterausschuß (anders § 77 Abs. 2 Nr. 1 RegEntw). 23 Uber Rechtsnatur und Inhalt (Bedeutung) der Entlastung sagt das Gesetz nichts. Die Rechtsnatur war früher umstritten (s. Voraufl. Anm. 26). Sie wird jetzt allgemein (auch von K. Schmidt S. 433) als ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang angesehen, eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Erklärung des zuständigen Gesellschaftsorgans (Scholz 10 und Schönle S. 211 halten sie für empfangsbedürftig). Sie ist nicht Bestandteil eines Vertrags zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer. Ihr Inhalt ist ein mehrfacher: Die Feststellung, daß der Gesellschaft aus dem Gegenstand der Entlastung und in ihrem Umfang (Rdn. 24) keine Ersatzansprüche gegen die Geschäftsführer zustehen. Bestehen doch solche, so hat die Entlastung die Wirkung eines Verzichts. Durch die Entlastung wird die Geschäftsführung gebilligt und ihr Vertrauen ausgesprochen, immer soweit Gegenstand und Umfang der Entlastungserklärung (Rdn. 24) reichen (die aktienrechtliche Entlastung hat seit dem AktG 1937 nur noch diese Bedeutung), RG DR 1941 506 = HRR1941 132, BGH LM § 46 Nr. 4 = NJW 1959 192 = J R 1959 300 m. Anm. v. Goerdeler, OLG Hamburg BB 1960 996. Soweit der Verzicht auf Ersatzansprüche nach § 9 Abs. 2, § 43 Abs. 3, § 57 Abs. 4 und § 64 Abs. 2 unwirksam ist, erstreckt sich auch die Verzichtswirkung der Entlastung nicht auf diese Ansprüche. 24
Gegenstand der Entlastung ist entweder ein bestimmter Vorgang oder ein Zeitabschnitt der Geschäftsführung, regelmäßig ein Geschäftsjahr. Die Genehmigung eines Geschäfts kann, muß nicht Entlastungswirkung haben (RGZ 115 246, 250, vgl. auch B G H BB 1977 465 Z. 1). Der Umfang der Entlastung ist begrenzt durch die Erkennbarkeit der Verstöße aus den den Gesellschaftern vorgelegten Unterlagen oder mündlichen Berichten der Geschäftsführer. Dabei wird von den Gesellschaftern eine sorgfältige Prüfung dieser Unterlagen und Berichte verlangt (BGH WM 1976 736). Soweit die Berichterstattung oder Rechnungslegung nicht vollständig war, tritt die Entlastungswirkung nicht ein. Auch bei Erkennbarkeit tritt sie nicht ein, wenn Irreführung oder Verschleierung vorliegt (RG aaO S. 508). Hat die beschließende Mehrheit aber Unklarheiten oder Unvollständigkeiten bewußt in Kauf genommen, so ist die Entlastung wirksam. Das kann im Rahmen einer „Generalbereinigung" der Fall sein, wenn auf alle gegenseitigen Ansprüche verzichtet werden soll (BGH BB 1968 146, NJW 1975 1273, WM 1976 736). Die Grenze bildet die Nichtigkeit wegen sittenwidriger Gläubigerbenachteiligung (Rdn. 25), bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer auch § 30. Auf die Kenntnis einzelner Gesellschafter kommt es nicht an. Wenn aber der Mehrheitsgesellschafter Mitgeschäftsführer ist, so erstreckt sich die Entlastungswirkung auch auf Vorgänge, die für ihn als Geschäftsführer erkennbar waren (BGH NJW 1969 131). Das gleiche gilt, wenn alle Gesellschafter die Verstöße kennen, auch wenn sie ihnen nur privat mitgeteilt worden sind und sie für die Entlastung stimmen (BGH LM § 46 Nr. 4).
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Die Entlastung kann nicht wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden {Hueck GmbH-Rdsch. 1959 194 m. weit. Nachw.). Über die Aufhebung des Entlastungsbeschlusses s. Rdn. 26. Der Beschluß ist anfechtbar, wenn er das Gesetz oder die Satzung verletzt (s. Anh. zu § 47), so wenn die Entlastung vor der Rechnungslegung erteilt wird (RGZ 34 57; 44 66) oder wenn diese nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß war (RGZ 112 19, 27 und Rdn. 8, § 45, 23ff.), insbesondere eine Auskunft zu Unrecht verweigert wurde, es sei denn, daß der Entlastungsbeschluß hierauf nicht beruhte (§ 47 Anh.). Die Nichtigkeit des Beschlusses ist durch die Tatbestände des § 241 AktG, der entsprechend anwendbar ist (§ 47 Anh.), begrenzt. Nach § 241 Nr. 4 liegt Nichtigkeit nur vor, wenn der Beschluß durch seinen In(382)
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halt gegen die guten Sitten verstößt. Das ist auch dann der Fall, wenn die Entlastung mit dem sittenwidrigen — auch nur bedingten — Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung erteilt wird (RGZ 161 129, 144; BGHZ 15 382, 386; Schilling Großkomm. AktG § 241 Anm. 25). Der Geschäftsführer hat einen Anspruch auf Entlastung. Das ergibt sich aus der 26 gegenseitigen Treupflicht zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer (nach Hueck S. 191 aus Gewohnheitsrecht). Voraussetzung ist einwandfreie Geschäftsführung und Erfüllung aller Pflichten (BGHZ 24 47, 54), insbesondere ordnungsmäßige und vollständige Rechnungslegung. Fehlt es an dieser Voraussetzung, so kann der Entlastungsbeschluß wieder aufgehoben werden. Auch dem ausgeschiedenen Geschäftsführer steht der Anspruch zu, ohne daß er ein Recht auf Mitwirkung bei der nach seinem Ausscheiden erfolgten Rechnungslegung hat. Die Entlastung kann durch Klage erzwungen werden (a. M. Scholz 11; anders im Aktienrecht, Barz Großkomm. § 120 Anm. 10ff.). Sie ist eine Leistungsklage (OLG Hamburg BB 1960 996; a.M. K. Schmidt S. 440, der sie als negative Feststellungsklage ansieht). Der Klagantrag muß sich auf einen bestimmten Vorgang oder Zeitraum beziehen. Die Rechtskraftwirkung des Urteils geht nicht weiter als die verweigerte Entlastung gehen würde. Ihr Umfang beschränkt sich also auf die im Zeitpunkt der Verweigerung erkennbaren Verstöße; im einzelnen s. Rdn. 24. Der Geschäftsführer kann auch nur auf Feststellung klagen, daß aus einem bestimmten Vorgang oder für eben bestimmten Zeitraum Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihn nicht bestehen. VI. Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung, Nr. 6 Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen auch die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer. Das ergibt sich schon aus ihrer Stellung als 27 oberstes Organ der Gesellschaft (§ 45, 3ff.). Das Kontrollrecht der Gesellschafter ist umfassend. Sie können jedes einzelne Geschäft prüfen, sich darüber berichten lassen, die Unterlagen einsehen, seine Ausführung von ihrer Zustimmung abhängig machen. Sie können persönliche Berichterstattung (vgl. § 90 AktG) anordnen. Sie können einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte aufstellen. Sie haben auch das Recht, Prüfungen durch Dritte vornehmen zu lassen, sei es bestimmter Vorgänge nach Art der aktienrechtlichen Sonderprüfung (§ 142 AktG), sei es des Jahresabschlusses. Insoweit haben sie auch das Recht zur Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Dritten. Das erfordert der Zweck der Vorschrift. Es würde die Wirksamkeit des Kontrollrechts stark beeinträchtigen, wenn die Gesellschafter bei der Erteilung des Prüfungsauftrags auf die Mitwirkung der Geschäftsführer angewiesen wären, vgl. § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG. Der Gesellschaftsvertrag kann solche Prüfungen anordnen. Er kann die Kontrollbefugnis auch auf ein anderes Gesellschaftsorgan übertragen, z. B. auf einen Gesellschafterausschuß, vor allem auf einen Aufsichtsrat (Beirat, Verwaltungsrat), s. die Erl. zu § 52. Dabei bleibt ein oberstes Uberwachungsrecht der Gesellschafter immer erhalten und unverzichtbar. Auch wenn die Satzung oder der Anstellungsvertrag die Geschäftsführer weisungsfrei stellt (zum Weisungsrecht s. § 45, 3), von der Kontrolle können sie in keinem Fall freigestellt werden. Die Prüfungs- und Überwachungsmaßnahmen werden von den Gesellschaftern beschlossen, zum Stimmrecht des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers s. § 47, 28 74. Vom Kontrollrecht der Gesellschaftergesamtheit ist das Informationsrecht des einzelnen Gesellschafters zu unterscheiden, § 45, 23. Aber auch er hat bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Einsichtsrecht und damit ein Kontrollrecht, § 45, 26. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verdacht von Unregelmäßigkeiten besteht und die (383)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Mehrheit die Geschäftsführung deckt oder untätig bleibt. Wegen der Geltendmachung von Ersatzansprüchen s. Rdn. 31 ff. VII. Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb, Nr. 7 Schrifttum Hesselmann
Die Prokura bei der GmbH, GmbH-Rdsch. 1960 157.
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Die Gesellschafter haben über die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb zu bestimmen (s. auch §§ 48ff., 54ff. HGB). Anders als bei der Bestellung der Geschäftsführer (Rdn. 16) steht den Gesellschaftern die Vertretung hierbei gegenüber den zu bestellenden Personen, die Dritte i. S. des § 37 sind, nicht zu. Die Erteilung der Prokura und der Handlungsvollmacht obliegt also ausschließlich den Geschäftsführern. Deren Vertretungsmacht ist aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs nach außen unbeschränkt und unbeschränkbar. Mit der h . M . ist deshalb der Nr. 7 nur Innenwirkung beizulegen, so daß die Erteilung der Prokura und Handlungsvollmacht auch ohne Gesellschafterbeschluß wirksam ist (§ 35, 214; RGZ 75 164; 84 265; JW 1923 121; HRR 1929 1750; BGHZ 62 166; OLG Düsseldorf SJZ 1949 779 m. Anm. v. Scholz; Scholz 17; Baumbach-Hueck 9). Die gegenteilige Meinung in der Voraufl. Anm. 33 wird aufgegeben, s. auch Rdn. 12. Bei der Handlungsvollmacht ist die Zuständigkeit der Gesellschafter nur gegeben, wenn sie „zum gesamten Geschäftsbetrieb" erteilt wird. § 54 HGB spricht demgegenüber von dem Betrieb eines Handelsgewerbes. Die unterschiedliche Ausdrucksweise ist berechtigt, weil die GmbH kein Handelsgewerbe zu betreiben braucht (§ 13, 26). Hieraus und aus § 13 Abs. 3 ergibt sich, daß die GmbH Prokura und Handlungsvollmacht erteilen kann, auch wenn sie kein Handelsgewerbe betreibt. Die anderen in § 54 HGB erwähnten Handlungsvollmachten können die Geschäftsführer ohne Gesellschafterbeschluß erteilen. Die Worte „zum gesamten Geschäftsbetrieb" beziehen sich nicht auf die Prokura. Die Zustimmung der Gesellschafter ist also auch notwendig zur Erteilung einer gemäß § 50 Abs. 3 HGB auf eine Zweigniederlassung beschränkten Prokura. Die Bestimmung ist dispositiv wie der ganze § 46. Der Gesellschaftsvertrag kann die Zuständigkeit einem anderen Organ geben, auch den Geschäftsführern. Er kann die Erteilung von Prokuren und Handlungsvollmachten auch ganz verbieten.
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Für den Widerruf der Prokura und der Handlungsvollmacht gilt die Nr. 7 nicht. Erteilung und Erlöschen der Prokura (nicht der Handlungsvollmacht) sind zur Eintragung zum Handelsregister anzumelden. Erteilung und Anmeldung können in gemischter Gesamtvertretung, also durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen (s. die Erl. zu § 35), geschehen (RGZ 134 303, 306). Der Registerrichter hat nicht zu prüfen, ob die Zustimmung der Gesellschafter vorliegt, da diese keine Außenwirkung hat (Anm. 29, RGZ 134 307, BGHZ 62 166). VIII. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Geschäftsführer und Gesellschafter — Vertretung der Gesellschaft in Prozessen gegen Geschäftsführer, Nr. 8 1. Geltendmachung von Ersatzansprüchen
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a) Gesellschafterbeschluß. Nach der Nr. 8 haben die Gesellschafter zu bestimmen über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft (nicht einem (384)
Aufgabenkreis der Gesellschafter (Schilling)
§46
Gesellschafter, Rdn. 37) aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen. Damit ist den^obersten Organ vorbehalten und nicht dem Entschluß der Geschäftsführer überlassen, ob ein Geschäftsführer oder Gesellschafter wegen Pflichtverletzung belangt und die damit verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft möglicherweise abträglichen Wirkung in Kauf genommen werden soll (BGHZ 28 355, 357, BGH NJW 1975 977). Der Gesellschafterbeschluß, wonach Ersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, ist eine dem materiellen Recht angehörende Voraussetzung für die Geltendmachung durch Klage, keine Prozeßvoraussetzung (BGHZ 28 355, 359; NJW 1960 1667; GmbH-Rdsch. 1965 4, 6 m. Anm. v. Winter; Baumbach-Hueck 10 B; anders die Voraufl. Anm. 49 a, die den Gesellschafterbeschluß als Prozeßvoraussetzung ansah). Fehlt der Beschluß, so ist die Klage als unbegründet, also durch Sachurteil abzuweisen. Demgegenüber sehen Scholz 24 und Winter aaO den Beschluß überhaupt als unerheblich für die Geltendmachung an, mit der Begründung, er habe nur Innen-, keine Außenwirkung. Nach Scholz ist die Rechtslage dieselbe wie bei der Teilung von Geschäftsanteilen (Nr. 4) und der Bestellung' von Prokuristen (Nr. 7). Das trifft aber nicht zu. In den Fällen der Nr. 4 und der Nr. 7 geht es oder kann es jedenfalls gehen um das Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten (Rdn. 12 und 29). Hier steht den Geschäftsführern das Recht zur Vertretung der Gesellschaft allein und unbeschränkt zu. Die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter und Geschäftsführer gehört dagegen dem Innenverhältnis an, wenn sie auch durch die Geschäftsführer als das Vertretungsorgan zu erfolgen hat. Die Gesellschaft tritt hier nicht mit Dritten in Rechtsverkehr, sondern regelt ihre inneren Verhältnisse, zu denen nicht nur die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander, sondern auch die der Gesellschaft zu den Geschäftsführern gehören (RGZ 75 164, 167, s. auch Rdn. 18). Der Gesellschafterbeschluß ist auch erforderlich zur Geltendmachung von Ersatzan- 32 Sprüchen gegen ausgeschiedene Geschäftsführer (BGHZ 28 357) und deren Erben, B G H NJW 1960 1667 = GmbH-Rdsch. 1960 185 (nur Leitsätze) m. Anm. v. Pleyer: a. m. O L G Nürnberg GmbH-Rdsch. 1959 10. Kein Raum für einen Beschluß ist bei Pfändung der Ersatzansprüche (RG JW 1930 2685) und bei Geltendmachung durch den Konkursverwalter (BGH NJW 1960 1667, Baumbach-Hueck 10 B). Bei der Beschlußfassung ist der betroffene Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen (§ 47 Abs. 4, s. dort Rdn. 73). Der Beschluß muß so konkret gefaßt sein, daß das Gericht prüfen kann, ob die erhobene Klage durch ihn gedeckt ist (OLG Nürnberg GmbH-Rdsch. 1961 30 (nur Leitsatz) m. Anm. v. Pleyer). Die Zuständigkeit der Gesellschafter ist ebensowenig zwingend wie in den anderen Fällen des § 46 (Rdn. 1, 2, anders RegEntw § 77 Abs. 2 Nr. 10). Die Bestimmung über die Geltendmachung kann auch einem anderen Gesellschaftsorgan übertragen werden. Den Gesellschaftern verbleibt ein oberstes Uberwachungsrecht (vgl. Rdn. 27). Ein allgemeiner Ausschluß von Ersatzansprüchen in der Satzung ist unzulässig, jedenfalls von solchen aus vorsätzlicher Pflichtverletzung, § 276 Abs. 2 BGB. Es würde sich um einen gegen die guten Sitten verstoßenden Freibrief für schädigendes Verhalten handeln. b) Ersatzansprüche. Es muß sich um Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen 33 Gesellschafter oder Geschäftsführer aus der Gründung oder der Geschäftsführung handeln. Solche Ansprüche können vertraglicher oder außervertraglicher Natur sein (BGH NJW 1975 977 = DB 1975 780 = WM 1975 422). Nur Ersatzansprüche fallen unter die Vorschrift. Gegen die Gründer können solche Ansprüche bestehen aus Differenzhaftung (§ 5, 71 f.), wegen unerlaubter Handlung (§ 5, 74), aus Mängelhaftung (§ 5, 75ff., 93ff.), gegen die Geschäftsführer aus unrichtigen Angaben über die Leistungen auf die Stammeinlagen gemäß § 9 (s. die Erl. dort). Uber sonstige Regress(385)
§46
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
ansprüche aus Anlaß der Gründung gegen Geschäftsführer s. § 9, 35—38, gegen Gründer § 9, 41—43. Gegen Geschäftsfüljrer können sich weiter Ersatzansprüche ergeben aus § 43, aus § 64 Abs. 2, aus einer Verletzung der Satzung oder des AnstellungsVertrags, aus unerlaubter Handlung (BGH GmbH-Rdsch. 1965 4). Immer muß es sich um Ansprüche der Gesellschaft handeln, nicht der Gesellschafter oder Gesellschaftsgläubiger. Ersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder (§ 52 i.V.m. § 116 AktG) fallen nicht unter § 46 Nr. 8. Sie sind von den Geschäftsführern zu verfolgen, ohne daß es eines Gesellschafterbeschlusses bedarf. Die Geltendmachung unterliegt aber wie jede andere Geschäftsführungsmaßnahme dem Weisungsrecht der Gesellschafter (§ 45, 4). 2. Verzicht und Vergleich 34
Im Aktienrecht ist der Verzicht auf und der Vergleich über Ersatzansprüche gegen Gründer und Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats nur nach Ablauf einer Sperrfrist von 3 Jahren, mit Zustimmung der Hauptversammlung und nicht gegen den Widerspruch einer Minderheit von 10%"des Grundkapitals zulässig (§§ 50, 93 Abs. 4 Satz 3 und 4 AktG). Im GmbH-Recht sind Verzicht und Vergleich nur bei Verstößen gegen die §§ 7 Abs. 2, 30, 33 und 64 Abs. 2 unwirksam, s. auch die §§ 9 und 43 Abs. 3. Daß die Wirksamkeit eines Verzichts oder Vergleichs einen Gesellschafterbeschluß erfordert, schreibt das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Wenn aber Voraussetzung der Geltendmachung ein Beschluß ist (Rdn. 31), so muß dies auch für Verzicht und Vergleich gelten. Ohne Gesellschafterbeschluß sind ein von den Geschäftsführern ausgesprochener oder von ihnen abgeschlossener Vergleich unwirksam, und zwar auch gegenüber einem ausgeschiedenen Geschäftsführer oder dessen Erben (vgl. Rdn. 32). Der betroffene Gesellschafter hat bei der Beschlußfassung kein Stimmrecht, § 47 Abs. 4 Satz 1, s. dort Rdn. 61. Ein Gesellschafterbeschluß, wonach gegen einen Geschäftsführer keine Ersatzansprüche geltendgemacht werden sollen, enthält in der Regel keinen Verzicht, sondern nur die Weisung an die Geschäftsführer, die Geltendmachung zu unterlassen. Der betroffene Geschäftsführer kann aus diesem Beschluß keine Rechte herleiten (vgl. für die AG RG JW 1935 921).
35
Der Gesellschafterbeschluß ist nichtig, wenn der Verzicht oder Vergleich gegen die §§ 9 Abs. 2, 43 Abs. 3 oder 64 Abs. 2 verstößt. Es handelt sich um Vorschriften zum Schutze der Gläubiger, deren Verletzung die Nichtigkeit zur Folge hat, § 241 Nr. 3 AktG, der auch für die GmbH gilt (§ 47 Anh.). Auch bei Verzicht auf sonstige Ersatzansprüche ist der Beschluß nichtig, wenn er mit dem sittenwidrigen Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gefaßt wird (Anm. 25). Im übrigen liegt es im Ermessen der Gesellschafter, ob sie einen Ersatzanspruch verfolgen oder darauf verzichten wollen. Sie können die Vor- und Nachteile für die Gesellschaft, für ihr Ansehen und ihren Kredit abwägen (vgl. BGHZ 28 355, 357 und Rdn. 31). Nur bei einem Ermessensmißbrauch ist der Beschluß anfechtbar (§ 47 Anh.). 3. Prozeß Vertretung
36
Nach dem 2. Halbsatz der Nr. 8 unterliegt der Bestimmung der Gesellschafter ferner die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat. Der Wortlaut ist eindeutig. Die Gesellschafter haben nicht nur über die Vertretung in Prozessen zu bestimmen, welche die Geltendmachung von Ersatzansprüchen betreffen, sondern schlechthin in allen Rechtsstreitigkeiten mit Geschäftsführern, sei es daß die Gesellschaft Klägerin, sei es daß sie Beklagte ist (ebenso Scholz 25, Baumbach-Hueck 11 A, A. Hueck Die Vertretung von Kapitalgesellschaften im Prozeß, (386)
Aufgabenkreis der Gesellschafter (Schilling)
§46
Festschr. f. Ed. Bötticher 1969 S. 212, a.M. Feine S. 511). Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Vorschrift: Wenn zwischen der Gesellschaft und einem Geschäftsführer Streit besteht, so haben darüber die Gesellschafter und nicht die anderen Geschäftsführer zu befinden. Das gilt auch für Prozesse mit ausgeschiedenen Geschäftsführern und deren Erben. Bei der Beschlußfassung hat der betroffene Geschäftsführer kein Stimmrecht (§ 47 Abs. 4 Satz 2 und dort Rdn. 72). In einer Gesellschaft mit 2 Gesellschaftern, von denen der eine Geschäftsführer ist, kann also der andere die Bestellung eines Sondervertreters zur Führung eines Rechtstreits gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer allein beschließen. Die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB (s. § 35, 63) ist weder erforderlich noch möglich (KG OLG 14 366). Die Zuständigkeit der Gesellschafter zur Bestellung des Sondervertreters ist nicht zwingend. Hat die Gesellschaft einen Aufsichtsrat, so ist dieser gemäß § 52 i.V.m. § 112 AktG zur Vertretung zuständig (§ 52, 127, 131, 132). Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen können die Gesellschafter entsprechend § 147 Abs. 3 Satz 1 AktG aber auch dann besondere Vertreter bestellen, wenn die Gesellschaft einen Aufsichtsrat hat (Hueck aaO S. 214). Es steht den Gesellschaftern frei, mit der Prozeßvertretung die anderen Geschäfts- 37 führer, falls solche noch in vertretungsberechtigter Zahl vorhanden sind, zu betrauen oder einen besonderen Vertreter zu bestellen. Für den letzteren gelten §§ 51, 56 ZPO. Mit der Bestellung sind die Geschäftsführer von der Prozeßvertretung ausgeschlossen {Hueck wie Rdn. 36 S. 213). Der Sondervertreter untersteht den Weisungen der Gesellschafter und ist ihnen rechenschaftspflichtig. Die Geschäftsführer haben ihm die zur ordnungsgemäßen Prozeßführung erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Den Anspruch darauf kann der Sondervertreter in eigenem Namen gegen die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer, gerichtlich geltend machen (RGZ 83 248, 250; Baumbach-Hueck 11 B). Die Bestellung gilt auch für das Liquidationstadium (RGZ 74 302). Für die Vergütung und die Auslagen des Sondervertreters gelten mangels besonderer mit den Gesellschaftern zu treffender Abmachung die §§ 612 und 670 BGB. 4. Rechte des einzelnen Gesellschafters Der einzelne Gesellschafter hat, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist (Rdn. 28 und 38 § 45, 26), die Möglichkeit, durch Ausübung seines Einsichtsrechts zu prüfen, ob ein Ersatzanspruch gegeben ist. Eine Minderheit von 10% kann die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen bzw. sie selbst einberufen (§ 50). Lehnt die Gesellschafterversammlung die Geltendmachung ab und liegt hierin ein Ermessensmißbrauch (vgl. Rdn. 35), so ist der Beschluß anfechtbar (§ 14, 26, 27, § 47 Anh.). Bleiben die übrigen Gesellschafter untätig, lehnen sie überhaupt eine Beschlußfassung ab, so kann jeder Gesellschafter den Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer, falls dieser Gesellschafter ist, im Wege der Gesellschafterklage (§ 13, 8) selbst verfolgen. Der Einwand, es liege kein Gesellschafterbeschluß vor, wäre als treupflichtwidrig unbeachtlich. Der einzelne Gesellschafter kann außerdem, insbesondere wenn der Geschäftsführer kein Gesellschafter ist, mit der Gesellschafterklage die Mehrheitsgesellschafter, die die Geltendmachung des Ersatzanspruchs entgegen dem Gesellschaftsinteresse verhindern, auf Ersatz des entstandenen Schadens an die Gesellschaft belangen (§ 13, 8, § 14, 26, 27). Darüber hinaus steht ihm in diesem Fall als Fortentwicklung der Gesellschafterklage (actio pro socio, § 13, 9, § 14, 26, § 45, 22) die Gesellschaftsklage (actio pro societate) derart zu, daß er auch den Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, auf Ersatzleistung an die Gesellschaft belangen kann. Angesichts dieses Schutzes ist es nicht erforderlich, der Minderheit in entsprechender Anwendung (387)
§47
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
des § 147 AktG weitere Rechte zur Erzwingung der Geltendmachung und der Bestellung eines Sondervertreters zu geben, zumal in dem Stimmrechtsausschluß des betroffenen Gesellschafters (Rdn. 32, 34, 36) ein starker Minderheitsschutz liegt, vgl. den von KG J W 1934 3073 entschiedenen Fall, wo das Gericht im letzten Satz mit Recht hierauf hinweist. Ansprüche aus unerlaubter Handlung kann der einzelne Gesellschafter ohnehin gegen den Geschäftsführer geltend machen, auch soweit sich sein persönlicher Schaden mit dem der Gesellschaft deckt und die Gesellschaft nicht gegen den Geschäftsführer vorgeht ( B G H NJW 1969 1712).
§47 Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlußfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jede hundert Deutsche Mark eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform
2
I. D e r Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit (Abs. 1 und 2) 1. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen 3 2 . Der ablehnende Beschluß 4 3. Von Abs. 1 abweichende Satzungsregelungen 5 4. Abs. 2 und davon abweichende Satzungsregelungen 9 5. Nachträgliche Einführung abweichender Satzungsregelungen 11 6. Die Aufhebung eines Gesellschafterbeschlusses 12 II. Die uneinheidiche Stimmabgabe 1. Der Streitstand 2. Eigene Stellungnahme a) Mehrere Geschäftsanteile b) Ein Geschäftsanteil c) Teilstimmenthaltung d) Rechtsfolge I I I . Die Stimmbindung
13 18 21 22 23
1. Die Rechtsgrundlagen der Stimmbindung 2. Die Zulässigkeit des Stimmbindungsvertrags 3. Grenzen der Stimmbindung im Einzelfall 4. Nichtigkeit der Stimmbindung 5. Stimmabgabe und Stimmbindung . . . 6. Das Stimmrechtskonsortium 7. Erfüllungszwang
24 26 29 30 31 32 33
IV. Die Vertretung des Gesellschafters bei der Abstimmung, Abs. 3 1. Die gesetzliche Regel — Schriftform 34 2. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 37 3. Gesetzliche Vertretung 38 4. Die Anwendung des § 181 B G B auf die Stimmabgabe a) Rechtsgeschäftliche Vertretung . . b) Gesetzliche Vertretung Minderjähriger c) Die Rechtsprechung des B G H d) Eigene Stellungnahme (388)
39 40 41 43
§47
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
des § 147 AktG weitere Rechte zur Erzwingung der Geltendmachung und der Bestellung eines Sondervertreters zu geben, zumal in dem Stimmrechtsausschluß des betroffenen Gesellschafters (Rdn. 32, 34, 36) ein starker Minderheitsschutz liegt, vgl. den von KG J W 1934 3073 entschiedenen Fall, wo das Gericht im letzten Satz mit Recht hierauf hinweist. Ansprüche aus unerlaubter Handlung kann der einzelne Gesellschafter ohnehin gegen den Geschäftsführer geltend machen, auch soweit sich sein persönlicher Schaden mit dem der Gesellschaft deckt und die Gesellschaft nicht gegen den Geschäftsführer vorgeht ( B G H NJW 1969 1712).
§47 Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlußfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jede hundert Deutsche Mark eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform
2
I. D e r Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit (Abs. 1 und 2) 1. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen 3 2 . Der ablehnende Beschluß 4 3. Von Abs. 1 abweichende Satzungsregelungen 5 4. Abs. 2 und davon abweichende Satzungsregelungen 9 5. Nachträgliche Einführung abweichender Satzungsregelungen 11 6. Die Aufhebung eines Gesellschafterbeschlusses 12 II. Die uneinheidiche Stimmabgabe 1. Der Streitstand 2. Eigene Stellungnahme a) Mehrere Geschäftsanteile b) Ein Geschäftsanteil c) Teilstimmenthaltung d) Rechtsfolge I I I . Die Stimmbindung
13 18 21 22 23
1. Die Rechtsgrundlagen der Stimmbindung 2. Die Zulässigkeit des Stimmbindungsvertrags 3. Grenzen der Stimmbindung im Einzelfall 4. Nichtigkeit der Stimmbindung 5. Stimmabgabe und Stimmbindung . . . 6. Das Stimmrechtskonsortium 7. Erfüllungszwang
24 26 29 30 31 32 33
IV. Die Vertretung des Gesellschafters bei der Abstimmung, Abs. 3 1. Die gesetzliche Regel — Schriftform 34 2. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 37 3. Gesetzliche Vertretung 38 4. Die Anwendung des § 181 B G B auf die Stimmabgabe a) Rechtsgeschäftliche Vertretung . . b) Gesetzliche Vertretung Minderjähriger c) Die Rechtsprechung des B G H d) Eigene Stellungnahme (388)
39 40 41 43
§47
Abstimmung (Schilling) Rdn.
Rdn.
e) Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . 45 f) Die Gesellschafterversammlung als Vertretungsorgan 46
d) Zulassung zur Kapitalerhöhung . . 65 e) Rechtsgeschäfte im Konzern . . . . 66
V. Ausschluß des Stimmrechts, Abs. 4 1. Inhalt und Zweck der V o r s c h r i f t . . . . 2. Der persönliche Geltungsbereich der Stimmverbote a) Gesellschafter und Vertreter — Betroffener b) Personengesellschaft, Erben- und sonstige Gemeinschaft — GmbH & Co c) Kapitalgesellschaften und sonstige juristische Personen d) Abhängige und Konzern-Unternehmen e) Sonstige rechtliche Bindungen . . . f) Mehrere Betroffene 3. Der sachliche Umfang der Stimmverbote 4. Entlastung 5. Befreiung von einer Verbindlichkeit 6. Vornahme eines Rechtsgeschäfts a) Zweck der Vorschrift b) Beschlußgegenstand — Ermächtigung c) Begriff des Rechtsgeschäfts — Veräußerung eines Geschäftsanteils
47
49
50 52 55 56 57 58 59 61 62 63
64
7. Bestellung, Anstellung, Widerruf und Kündigung der Organmitglieder a) b) c) d)
Bestellung Anstellung - Ruhegehalt Widerruf und Kündigung Andere Organe — Keine Anwendung für Nichtgesellschafter
8. Rechtstreit und eines Anspruchs
68 69 70 71
Geltendmachung 72
9. Maßnahmen aus wichtigem Grund a) allgemein 74 b) Einziehung - Ausschließung Widerruf - Kündigung — Prüfungsmaßnahmen 75 10. Starre und bewegliche Stimmrechtschranken a) Kein weiteres generelles Stimmverbot 76 b) Allgemeine Rechtsgrundsätze für die Ausübung des Stimmrechts — Treupflicht 77 11. Abweichende Bestimmungen Gesellschaftsvertrags 12. Rechtsfolgen einer Verletzung
des 78 81
Einleitung Die Vorschrift enthält die (einzigen) Regeln über das- Stimmrecht und die Ab- 1 Stimmung. Der Abstimmungsvorgang ist im GmbH-Gesetz nicht geregelt. Für ihn gelten die allgemeinen Bestimmungen, § 45 Rdn. 7-12. § 47 Abs. 1 stellt den Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit auf, wobei sich nach Abs. 2 die Stimmenzahl nach der Kapitalbeteiligung richtet. Abs. 3 befaßt sich mit der Vertretung eines Gesellschafters bei der Abstimmung, Abs. 4 mit dem Stimmrechtsausschluß. Im Anschluß an die Erläuterungen dieser Vorschriften werden die sonstigen Schranken der Stimmrechtsausübung erörtert (Rdn. 76, 77).
Reform Die §§ 77 Abs. 1 und 82 RegEntw ändern die Bestimmungen des § 47 Abs. 1—3 2 inhaltlich nicht. Die Fälle des Stimmrechtsausschlusses regeln die Abs. 3—6 des § 82 E ausführlicher als § 47 Abs. 4. Das Stimmrechtsverbot bei der Beschlußfassung, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts der Gesellschaft mit dem Gesellschafter betrifft, soll in Anpassung an die aktienrechtliche Regelung fallen gelassen werden. (Dagegen mit Recht Mertens in: Probleme der GmbH-Reform S. 114 unter Hinweis auf Zöllner). In Abs. 5 wird die nach geltendem Recht streitige Frage, ob die Stimmrechtsverbote zwingenden oder nachgiebigen Rechts sind, in ersterem Sinne entschieden (vgl. Rdn. 78 ff.). (389)
§47
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung I. Der Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit (Abs. 1 und 2) Schrifttum.
Baltzer wie vor § 45 Rdn. 1; Ballerstedt Bedarf ein Gesellschafterbeschluß der Verkündung durch den Vorsitzenden? GmbH-Rdsch. 1955 160; Immenga-Wemer Der Stimmrechtsausschluß eines GmbH-Gesellschafters, GmbH-Rdsch. 1976 53; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963). 1. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen 3
Anders als § 119 HGB für die Personengesellschaft und in Ubereinstimmung mit § 133 Abs. 1 AktG stellt § 47 Abs. 1 die Regel auf, daß der Gesellschafterbeschluß durch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustandekommt. Das bedeutet dreierlei: Genügend, aber auch erforderlich (auch bei Wahlen) ist die einfache Mehrheit. Das GmbHGesetz macht hiervon Ausnahmen nur in den §§ 53 und 60 Abs. 1 Nr. 2. Der Gesellschaftsvertrag kann abweichende Bestimmungen treffen (Rdn. 5), da § 47 Abs. 1 dispositiv ist (§ 45 Abs. 2). Die Regel sagt ferner, daß die Stimmen-, nicht die Kapitalmehrheit entscheidet. Das hat keine Bedeutung, wenn die weitere Regel des Abs. 2 eingreift, wonach die Stimmenzahl sich nach der Kapitalbeteiligung richtet. Auch hiervon kann die Satzung abweichen (Rdn. 7). Schließlich begnügt sich Abs. 1 mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Abgegebene Stimmen sind nur Ja- oder Nein-Stimmen. Auf die Stimmenzahl der anwesenden Gesellschafter kommt es nicht an. Stimmenthaltungen zählen nicht, ebensowenig die Nichtbeteiligung an der Beschlußfassung, also ein passives Verhalten des Gesellschafters. Überwiegt die Zahl der Ja-Stimmen die der Nein-Stimmen, so ist der beantragte Beschluß zustandegekommen. Bei Stimmengleichheit oder wenn die Nein- die Ja-Stimmen überwiegen, ist er es nicht, s. auch Rdn. 4 und 5. Dabei zählen nur die gültigen Ja- oder Nein-Stimmen. Ungültige (nichtige) Stimmen sind wie nicht abgegebene zu behandeln. Beispiele für Ungültigkeit: Begründete Anfechtung der Stimmabgabe (§ 45 Rdn. 10), nicht ordnungsmäßige Vertretung (unten Rdn. 34ff.), Verstoß gegen ein Stimmrechtsverbot (unten Rdn. 47ff.). Über die Rechtsfolgen der Abgabe ungültiger Stimmen s. Anh. und § 48, 16. Uber den Entschluß des einzigen Gesellschafters s. § 13 Anh. I, 32. 2. Der ablehnende Beschluß
4
Wird die Mehrheit nicht erreicht, so kann man doch nicht von einem Nichtbeschluß sprechen. Vielmehr hat die Mehrheit (oder bei Stimmengleichheit die gleiche Stimmenzahl) sich dafür ausgesprochen, daß der Beschlußantrag abgelehnt wird (für das Aktienrecht: RGZ 12 102, 107; Zöllner § 133 Rdn. 6, Eckardt § 133 Rdn. 14, Schilling § 241 Anm. 5). Das hat zunächst die Wirkung, daß der Antrag verbraucht ist und die mit ihm erstrebte Änderung nicht eingetreten ist, der Zustand, wie er vor dem Antrag bestand, also aufrechterhalten wird (BGH DB 1972 1575/6, Baltzer S. 111 und GmbHRdsch. 1972 60/61). Darüber hinaus kann der ablehnende Beschluß auch eine rechtliche Wirkung entfalten. Wird z. B. der Antrag, den Geschäftsführer anzuweisen, ein Geschäft auszuführen, abgelehnt, so darf dieser das Geschäft nicht gegen den mit der Ablehnung bekundeten Willen der Mehrheit vornehmen. Besteht ein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung des ablehnenden Beschlusses oder verstößt dieser gegen Gesetz oder Satzung, so kann er angefochten werden (s. Anhang). Die Ablehnung eines von einem Gesellschafter gegen die Gesellschaft erhobenen Anspruchs durch (390)
Abstimmung (Schilling)
§47
Gesellschafterbeschluß hindert den Gesellschafter nicht an einer gerichtlichen Geltendmachung ( B G H D B 1972 1575). Uber das Nichten-eichen einer nach der Satzung erforderlichen höheren Mehrheit s. Rdn. 5, über die Bedeutung der Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch den Versammlungsleiter s. § 48, 13 f. 3. Von Abs. 1 abweichende Satzungsregelung Die Satzung kann vom Grundsatz der einfachen Stimmenmehrheit abweichen. Sie 5 kann für alle oder für bestimmte Beschlüsse höhere Mehrheiten oder Einstimmigkeit (s. Rdn. 6) verlangen. Sie kann das auch in den Fällen, in denen das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit — d. i. nur in den §§ 53 und 60 Abs. 1 Nr. 2 der Fall — vorschreibt. So kann sie z. B. für Satzungsänderungen eine 9 /io-Mehrheit verlangen (vgl. den Fall BGHZ 14 25). Durch solche Satzungsvorschriften wird die Minderheit geschützt, es wird ihr in dem gegebenen Umfang eine Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen oder — umgekehrt betrachtet — eine Sperrminorität eingeräumt. Ist oder wird unter den abstimmenden Gesellschaftern streitig, ob für den beantragten Beschluß die gesetzliche oder die satzungsmäßig höhere Mehrheit erforderlich oder ob die nach der Satzung nötige Zahl gültiger Stimmen abgegeben worden ist, so liegt ein Beschluß i. S. des Beschlußantrags vor, der nur aufgrund einer Anfechtungsklage durch richterliche Nichtigerklärung (s. Anhang) beseitigt werden kann (RGZ 75 239, 144 210, Beierstedt GmbH-Rdsch. 1955 163, a.M. K G J W 1937 550, Zöllner S. 400, offengelassen in BGHZ 14 35, s. auch § 38, 13 ff.). Die Satzung kann auch bestimmen, daß die Mehrheit sich nicht nach der Zahl der 6 abgegebenen Stimmen richtet, sondern nach dem Stammkapital. Verlangt die Satzung die Mehrheit des bei der Beschlußfassung vertretenen Stammkapitals (vgl. § 179 Abs. 2 S. 1 AktG), so bedeutet das keine Änderung der gesetzlichen Regel, wenn im übrigen Abs. 2 gilt, wenn also alle Geschäftsanteile mit dem gleichen Stimmrecht ausgestattet sind (über Abweichungen in der Satzung s. Rdn. 9). Bei der Beschlußfassung vertreten sind nur die Ja- und die Nein-Stimmen, also die abgegebenen Stimmen (Rdn. 3). Verlangt die Satzung für alle oder für bestimmte Beschlüsse Einstimmigkeit, so genügt es für das Zustandekommen des Beschlusses, wenn alle Gesellschafter, die sich an der Abstimmimg beteiligen, mit Ja stimmen. Auf die Stimmen der Gesellschafter, die in der Gesellschafterversammlung nicht erschienen sind oder sich an der Abstimmung nicht beteiligen, kommt es nicht an. Anders ist es, wenn die Satzung (oder das Gesetz, s. § 53 Abs. 3) die Zustimmung aller Gesellschafter verlangt. Dann muß jeder einzelne Gesellschafter dem Beschlußantrag zustimmen, sei es in der Gesellschafterversammlung, sei es vorher oder nachher (vgl. Wiedemann Großkomm. z. AktG § 180 Anm. 2 m.w.N.). Im allgemeinen ist eine solche Bestimmung nicht empfehlenswert, da sie die Beschlußfassung von dem Verhalten einzelner Gesellschafter abhängig macht. Das Gesetz enthält keine Mindestanforderungen für die Beschlußfähigkeit. Auch 7 wenn nur eine Minderheit an der Gesellschafterversammlung oder an der Beschlußfassung teilnimmt, kann ein Beschluß gefaßt werden. Die Satzung kann anderes bestimmen. Sie kann verlangen, daß eine bestimmte Zahl von Stimmen (z. B. die Hälfte des Stammkapitals) in der Gesellschaftversammlung vertreten sein oder sich an der Beschlußfassung beteiligen muß. Erstere Voraussetzung umfaßt alle anwesenden oder vertretenen Gesellschafter, letztere nur die an der Beschlußfassung teilnehmenden einschließlich Stimmenthaltungen (Baltzer S. 138). Die Satzung kann besondere Bestimmungen für Wahlen treffen, für die Wahl zum 8 Aufsichtsrat (Beirat, Verwaltungsrat, s. § 52) und auch für die Bestellung zum Geschäftsführer (§ 6). Es kann bestimmt werden, daß von mehr als zwei Bewerbern (391)
§47
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
derjenige gewählt ist, der die meisten Stimmen (relative Mehrheit) erhält. Es kann bei gleichzeitiger Wahl mehrerer Personen das Verhältniswahlrecht gelten. 4. Abs. 2 und davon abweichende Satzungsregelung 9
Nach Abs. 2 gewähren jede 100 Deutsche Mark eines Geschäftsanteils eine Stimme. Hiervon bestimmt § 44 Abs. 4 DM-BilG eine Ausnahme für die am 21. 6. 1948 auf DM umgestellten Gesellschaften. Bei ihnen gewähren je 10 DM eine Stimme (Näheres s. Voraufl. Einl.). Der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bestimmt sich nach dem Betrag der von ihm übernommenen Stammeinlage (§ 14). Darauf, ob sie über den in § 7 Abs. 2 vorgeschriebenen Mindestbetrag hinaus einbezahlt ist, kommt es für das Stimmrecht nicht an. Es entsteht mit der Eintragung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung. 10 Auch Abs. 2 ist nicht zwingend. Die Satzung kann das Stimmrecht von einem höheren Betrag abhängig machen, etwa daß jede 1000 DM eine Stimme gewähren. Sie kann auch unabhängig von der Kapitalbeteiligung jedem Gesellschafter eine Stimme geben (Abstimmung nach Köpfen, vgl. § 119 Abs. 2 HGB). Sie kann das Stimmrecht durch Festsetzung eines Höchstbetrags oder von Abstufungen beschränken (vgl. § 134 Abs. 1 AktG). Die Stimmrechte können in der Satzung auch verschieden verteilt werden. Mit einem Geschäftsanteil kann ein Mehrstimmrecht verbunden, ein solches kann auch einem Gesellschafter höchstpersönlich verliehen werden (über Vorzugsrechte, Vorzugsgeschäftsanteile und Sondervorteile s. § 14, 9ff., § 5, 137ff., 147ff.). Z . B . kann angeordnet werden, daß ein Gesellschafter immer eine Stimme mehr als alle anderen zusammen hat. Oder daß ein Geschäftsanteil das dreifache Stimmrecht hat, d. h. dreimal so viel, als sich aus seiner Kapitalbeteiligung ergibt. Ein Teil der Geschäftsanteile kann auch stinunrechtslos gemacht werden (§ 14, 13; B G H Z 14 264, 270). Dabei verbleibt aber dem stimmrechtslosen Gesellschafter der Kernbereich seiner Mitgliedschaft (§ 14, 33). Das Stimmrecht kann auch partiell beschränkt werden, indem es von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht wird, z. B. Erreichung der Volljährigkeit, Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, Volleinzahlung der Stammeinlage, oder unter bestimmten Voraussetzungen versagt wird, z. B. Tätigkeit oder Beteiligung bei einem Konkurrenzunternehmen. Letzterenfalls kann beispielsweise auch bestimmt werden, daß das Stimmrecht nur durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden darf. Über die Möglichkeit einer Übertragung des Stimmrechts s. § 14, 31 ff. 5. Nachträgliche Einführung abweichender Satzungsregelungen 11
Die in Rdn. 5—8 und 10 beschriebenen, die gesetzliche Regelung ändernden Bestimmungen können grundsätzlich auch nachträglich durch Satzungsänderung getroffen werden (s. die Erl. zu § 53). Der Mehrheitsherrschaft sind aber durch die in § 14, 18—30 angeführten Rechtsgrundsätze für die Mitgliedschaft Grenzen gezogen. Die Satzungsänderung muß insbesondere alle Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung gleich behandeln und sie darf nicht gegen die Treupflicht, die sich die Gesellschafter auch untereinander schulden, besonders die Mehrheit der Minderheit, verstoßen. Wird die Satzung dahin geändert, daß jede 1000 DM eines Geschäftsanteils eine Stimme geben, so wird dadurch zwar nicht der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wohl aber die Treupflicht, wenn ein oder mehrere Gesellschafter Geschäftsanteile unter 1000 DM haben. Mit Zustimmung aller Gesellschafter können einzelne Gesellschafter bevorzugt, mit Zustimmung der betroffenen einzelne Gesellschafter benachteiligt werden (§ 14, 15), es sei denn, daß es sich um unverzichtbare Rechte handelt (§ 14, 14). Uber die Begründung, Beeinträchtigung oder Aufhebung von Vorzugsrechten s. auch § 5, 137ff., 147ff., § 14, 9 ff. (392)
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6. Die Aufhebung oder Änderung eines Gesellschafterbeschlusses Ein Gesellschafterbeschluß kann durch einen neuen Beschluß aufgehoben oder 12 geändert werden, soweit er nicht schon Rechte von Gesellschaftern oder Dritten begründet hat (§ 45, 13). Der Aufhebungsbeschluß bedarf derselben durch Gesetz oder Satzung vorgeschriebenen Mehrheit wie der aufzuhebende (also nicht etwa derjenigen, mit der der frühere Beschluß tatsächlich gefaßt wurde). Das ergibt sich aus der Bindungswirkung des Beschlusses. Jeder Beschluß schafft eine Änderung der gesellschaftsrechtlichen Lage, deren Beseitigung eine neue Änderung darstellt (ebenso Baltzer S. 185). Uber die Frage, mit welcher Mehrheit ein Satzungsänderungsbeschluß vor dem Eintritt seiner Wirksamkeit durch Eintragung ins Handelsregister (§ 54 Abs. 3) aufgehoben werden kann, s. die Erl. zu § 53.
II. Die uneinheitliche Stimmabgabe Schrifttum Von Boehmer Die uneinheitliche Stimmrechtsausübung bei Handelsgesellschaften, NJW 1949 564; Flechtheim Uneinheitliche Abstimmung und das Bankgewerbe, Bankarchiv 1928/29 417; Heckelmann Die uneinheitliche Abstimmung bei Kapitalgesellschaften, AcP 170 1970 306; Klausing JW 1927 2982; ders. Uneinheitliche Ausübung mehrerer Stimmen durch Einzelpersonen und Personenverbände (1928); Müller-Erzbach Das private Recht der Mitgliedschaft (1948) 233; Ruth AcP 131 1929 236; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH 4. Aufl. 1978; Winter Die Zulässigkeit der uneinheitlichen Stimmabgabe durch den Gesellschafter einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1965 23; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964) 218. 1. Der Streitstand Seit langem ist für die GmbH umstritten, ob, unter welchen Voraussetzungen und 13 in welchem Umfang ein Gesellschafter sein Stimmrecht uneinheitlich (unterschiedlich) ausüben kann. Im einzelnen sind die folgenden Fragen zu beantworten: a) Kann ein Gesellschafter — eine natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung ohne Rechtsfähigkeit — aus mehreren Geschäftsanteilen verschieden abstimmen, verleiht also jeder Geschäftsanteil ein selbständiges Stimmrecht? Kann er das in jedem Fall oder nur unter besonderen Voraussetzungen? b) Kann ein Gesellschafter, der nur einen Geschäftsanteil mit mehreren Stimmen (s. Abs. 2) innehat, mit diesen Stimmen verschieden abstimmen, ist also jede Stimme selbständig? c) Wenn die uneinheitliche Stimmabgabe derart, daß der Gesellschafter mit einem Teil seiner Stimmen für den Beschlußantrag, mit einem Teil dagegen stimmt, unzulässig ist, kann er dann wenigstens mit einem Teil dafür oder dagegen stimmen und mit dem anderen Teil sich der Stimme enthalten? Im Aktienrecht ist die Frage der uneinheitlichen Stimmabgabe aus mehreren Aktien 14 nicht mehr umstritten. Die Zulässigkeit wird heute im Schrifttum allgemein bejaht, ohne daß für die verschiedene Abstimmung eines Aktionärs mit mehreren Aktien besondere Voraussetzungen verlangt werden (Barz Großkomm. § 134 Anm. 11, Zöllner Köln. Komm. § 133 Rdn. 49—51, Eckardt in Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff Komm. z. AktG § 12 Rdn. 23—26). RGZ 118 67 hatte zwar die Frage verneint, in der zum (393)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
GmbH-Recht ergangenen Entscheidung RGZ 137 305, 313 hielt es aber Fälle für denkbar, wo sich für die Möglichkeit uneinheitlicher Stimmabgabe vernünftige und schutzwürdige Interessen anführen lassen. 15 Im GmbH-Recht lassen sich die Meinungen zu der Frage, ob ein Gesellschafter aus mehreren Geschäftsanteilen verschieden abstimmen kann, in drei Gruppen einteilen. Unter Berufung auf den Grundsatz, daß das Mitglied abstimmt, nicht der Anteil (vgl. Feine S. 440, RGZ 157 57, Ruth S. 240, Winter S. 27) oder auf die Einheit der Mitgliedschaft und die daraus folgende Unteilbarkeit der Stimmberechtigung des Gesellschafters (Winter s. 26) wird die einheitliche Stimmabgabe ausnahmslos wohl nur von Feine (S. 440, 525) verlangt. Die Gegenposition nehmen Flechtheim, v. Boehmer, BaumbachHueck Anm. 3 E, Wolany, Sudhoff und Heckelmann S. 334, 342 ein. Sie lassen die uneinheitliche Stimmabgabe aus mehreren Geschäftsanteilen unter Hinweis auf ihre Unschädlichkeit und auf die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs zu, ohne sie an den Nachweis eines berechtigten Interesses zu knüpfen. Eine besondere Begründung gibt Heckelmann. Er schließt aus den §§ 15 Abs. 2 und 55 Abs. 3, daß die Geschäftsanteile selbständige Einheiten mit je selbständigem Stimmrecht sind, aus denen selbständig, also auch unterschiedlich abgestimmt werden könne (S. 338). Die uneingeschränkte Zulassung unterschiedlicher Abstimmung spricht auch RGZ 137 305, 314 in einem Fall aus, in dem sie in der Satzung vorgesehen war. Eine mittlere Meinungsgruppe geht zwar vom Grundsatz der Einheit der Mitgliedschaft und damit der Stimmabgabe aus, läßt aber in Sonderfällen Ausnahmen zu: so Klausing für den Personenverband als Gesellschafter, um den verschiedenen Meinungen der Mitglieder Ausdruck geben zu können, ebenso Ruth, vorausgesetzt, daß die Satzung es zuläßt; so RGZ 157 57, wenn der Gesellschafter das Stimmrecht für einen seiner Geschäftsanteile auf einen Pfandgläubiger übertragen hat, weil dann die Inhaberschaft an dem Geschäftsanteil und das Stimmrecht auseinanderfallen; ähnlich Müller-Erzbach S. 233: wenn verschiedene Träger des mitgliedschaftlichen Interesses zu Wort kommen. Die Vorauf7. Anm. 6 a, Scholz Anm. 9 und Winter S. 28 beschränken die Ausnahmen auf Treuhand- und Stimmbindungsverträge, bei denen ein Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil gebunden, mit dem andern frei ist. Vogel Anm. 2 und Barz JW 1938 1400 stellen es allgemein auf berechtigte Gründe oder vernünftige kaufmännische Erwägungen ab. Die weitere Frage (Rdn. 13 unter b), ob ein Gesellschafter, der nur einen Anteil mit mehreren Stimmen besitzt, daraus unterschiedlich abstimmen kann, ist im Aktienrecht streitig geblieben. Verneinend: Zöllner § 133 Rdn. 50, Eckardt § 12 Rdn. 27, Heckelmann S. 332/3 m.weit. Nachw., bejahend Flechtheim S. 421, Barz § 134 Anm. 11. Für die GmbH stehen sich das bejahende Urteil RGZ 137 305, 314 und das verneinende des BGH in GmbH-Rdsch. 1965 32 (= BB 1964 1272), beide ohne Begründung, gegenüber. Im Schrifttum ist die Frage näher nur von Heckelmann (S. 339 ff.) untersucht worden. Er verneint sie, weil § 17 die Teilung eines Geschäftsanteils in der Hand desselben Gesellschafters und damit auch die Stimmenteilung nicht zulasse und weil sich auch aus § 18 ergebe, daß aus einem Geschäftsanteil nur einheitlich abgestimmt werden könne. Im übrigen Schrifttum wird die Stimmenteilung aus einem Geschäftsanteil verneint von Feine S. 440, von der Voraufl. Anm. 6a, Scholz Anm. 9 und Scholz-Fischer 3, bejaht von Ruth S. 243 (für den Personenverband als Mitglied), v. Boehmer, Wolany S. 218, Sudhoff S. 223. 17 Die Frage schließlich (Rdn. 13 unter c), ob ein Gesellschafter teilweise Stimmenthaltung üben darf, wird allgemein bejaht, für das Aktienrecht von RGZ 118 67, 70 (aus mehreren Aktien), für die GmbH von Feine 526, Müller-Erzbach S. 233, von der Voraufl. Anm. 6a, von Winter S. 23, 28, und zwar sowohl aus einem Geschäftsanteil mit mehreren Stimmen wie aus mehreren Geschäftsanteilen. Für den ersteren Fall hat zwar der B G H in GmbH-Rdsch. 1965 32 (s. Rdn. 16) aus dem Gebot der einheitlichen
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Stimmabgabe gefolgert, diese könne nur mit allen Stimmen erfolgen, ob er aber damit die Möglichkeit teilweiser Stimmenthaltung verneinen wollte, wie Winter S. 23 annimmt, ist zu bezweifeln. Der BGH hat sich (nach den veröffentlichten Gründen) mit dieser Frage nicht beschäftigt, sie ist ihm wohl auch gar nicht bewußt geworden. 2. Eigene Stellungnahme a) Zur Frage, ob ein Gesellschafter aus mehreren Geschäftsanteilen verschieden 18 abstimmen kann (Rdn. 13 unter a): Die Begründung Heckelmanns, der aus der Selbständigkeit der Geschäftsanteile die Selbständigkeit des mit ihnen verbundenen Stimmrechts herleitet und deshalb die Frage bejaht, befriedigt nicht. Die in §§ 15 Abs. 3 und 55 Abs. 3 bestimmte Selbständigkeit mehrerer Geschäftsanteile eines Gesellschafters betrifft nur deren vermögensrechtliche Seite. Sie dient der Sicherung der Kapitalaufbringung. Davon zu unterscheiden sind die mit den Geschäftsanteilen verbundenen Verwaltungsrechte (§ 14, 8). Sie sind dem Gesellschafter als Person verliehen, der nach dem empirischen Haupttyp der GmbH — anders als der Aktionär — dem Unternehmen und seinen Mitgesellschaftern in personalistischer Weise verbunden ist (Allg. Einl. 15, 25, § 14, 26). Das fordert den Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft in der Person eines Gesellschafters und die einheitliche Ausübung seiner Mitgliedsrechte. Ausnahmen hiervon sind deshalb nur zuzulassen, wenn hinter den mehreren Geschäftsanteilen eines Gesellschafters verschiedene Interessenträger stehen (vgl. Müller-Erzbach S. 233, s. aber auch Rdn. 19). Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter teils Geschäftsanteile im eigenen Interesse besitzt, teils als Treuhänder oder für verschiedene Treugeber oder sonst für fremde Rechnung, ferner wenn er für einen Geschäftsanteil eine Stimmbindung eingegangen, für den anderen frei ist (s. Rdn. 15). Ist ein Personenverband Gesellschafter, so gilt nichts anderes. Er ist Träger eines einheitlichen Interesses, das durch seine Organe artikuliert wird (s. aber Rdn. 20). Eine weitere Ausnahme wird man zu machen haben für ein Konsortium, dem als BGB-Gesellschaft mehrere Geschäftsanteile gesamthänderisch zustehen. Hier ist die BGB-Gesellschaft Gesellschafter (§ 2, 65-69). Es besteht aber ein schutzwürdiges Interesse daran, daß jeder BGBGesellschafter aus dem von ihm in die Gesamthand eingebrachten Geschäftsanteil selbständig abstimmen kann. Voraussetzung ist, daß dies im Konsortialvertrag zugelassen ist. Ebenso ist das Interesse des Nießbrauchers oder Pfandnehmers an einer selbständigen Stimmrechtsausübung als berechtigt anzuerkennen. Nach der hier vertretenen Meinung kann das Stimmrecht auf ihn übertragen werden (§ 14, 31 ff., § 15 Anh. Rdn. 43, 65). Dann stimmen verschiedene Personen mit verschiedenen Interessen ab. Der Grundsatz einheitlicher Stimmabgabe ist gar nicht berührt (ebenso RGZ 157 58). Das gilt auch für die anderen Fälle der nach § 14, 31 ff. zulässigen Stimmrechtsübertragung, Stimmrechtsüberlassung oder Erteilung einer unwiderruflichen Vollmacht (§ 14, 32; zur Legitimationsübertragung s. § 15 Anh. Rdn. 31). In allen diesen Fällen sind die Interessen der Mitgesellschafter in dem Umfang geschützt, wie sie die Satzung gemäß § 15 Abs. 5 bei der Übertragung eines Geschäftsanteils schützt (§ 14, 34; für das Treuhandverhältnis § 15 Anh. Rdn. 53, für die Stimmbindung unten Rdn. 18). In keinem Fall ist für die einzelne Stimmrechtsausübung der Nachweis eines berechtigten Interesses zu fordern. Damit würde in das Abstimmungsverfahren, das klare und einfache Verhältnisse erheischt, ein unerträgliches Element der Unsicherheit und Ungewißheit getragen (RGZ 137 314). Die zugelassenen Ausnahmen müssen deshalb bestimmt und einfach nachweisbar sein. Die Berufung auf „berechtigte Gründe" (Vogel Anm. 2) oder „vernünftige kaufmännische Erwägungen" ( Barz JW 1938 1400) genügt nicht. (395)
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Aus dem Vorgesagten und besonders aus dem personalistischen Prinzip ergibt sich, daß der Grund für die uneinheitliche Stimmabgabe den Mitgesellschaftern offenzulegen ist. Wenn also ein Gesellschafter aus verschiedenen Geschäftsanteilen verschieden abstimmen will, muß er den Mitgesellschaftern nachweisen, daß eine der drei hier zugelassenen Ausnahmen — Treuhand, Stimmbindung oder Zulassung im Konsortialvertrag — vorliegen. Diese drei Ausnahmen von dem Grundsatz der einheitlichen Stimmabgabe haben sich bisher als berechtigt herausgestellt. Das schließt die Zulassung weiterer Ausnahmen in Fällen, in denen mehrere Interessenträger hinter mehreren Geschäftsanteilen eines Gesellschafters stehen, nicht aus. Dabei ist aber zu beachten, daß bei uneinheitlicher Stimmabgabe im Ergebnis nur die Stimmen zählen, die die im entgegengesetzten Sinn abgegebenen Stimmen übersteigen. Hat ein Gesellschafter 15 Ja-Stimmen und 10 Nein-Stimmen abgegeben, so ergeben sich 5 Ja-Stimmen. Dieses Ergebnis kann der Gesellschafter auch erreichen, wenn er zulässigerweise (Rdn. 22) nur 5 Ja-Stimmen abgibt und sich mit dem Rest seiner Stimmen enthält. Darauf weist Winter S. 28 mit Recht hin. In Fällen, wo es nur auf dieses Ergebnis ankommt, bedarf es also nicht der Zulassung der uneinheitlichen Stimmabgabe. Um eine uneinheitliche Stimmabgabe handelt es sich nicht, wenn ein Gesellschafter einen anderen Gesellschafter vertritt und für sich und den anderen verschieden abstimmt; ebenso nicht, wenn er dies als Testamentsvollstrecker, Pfleger oder anderer Amtswalter tut.
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Die Satzung kann Ausnahmen vom Grundsatz einheitlicher Stimmabgabe zulassen, auch wenn nicht mehrere Interessenträger hinter mehreren Geschäftsanteilen stehen. Ein Bedürfnis hierfür mag insbesondere bei Personenverbänden bestehen, um den verschiedenen Meinungen ihrer Mitglieder Ausdruck zu geben. Das zeigen die von RGZ 118 67 und 137 305 entschiedenen Fälle. Da die Gesellschafter in der Ausgestaltung ihrer inneren Verhältnisse frei sind (§ 45, 3), können sie die uneinheitliche Stimmabgabe unbeschränkt oder für bestimmte Fälle zulassen. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft ist nicht zwingendes Recht und kann durch die Satzung aufgehoben werden (a.M. Winter S. 29).
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b) Für einen Geschäftsanteil ergibt sich das Prinzip einheitlicher Stimmabgabe aus § 18 (Heckelmann S. 341). Aber ob ein Gesellschafter einen oder mehrere Geschäftsanteile hat, ist oft zufällig oder beruht auf den zwingenden Vorschriften der §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 17 Abs. 5 und 55 Abs. 4. Auch bei einem Geschäftsanteil können die in Rdn. 18 beschriebenen Sonderfälle der Treuhand oder Stimmbindung oder ein anderer Tatbestand verschiedener Interessenträger vorliegen. Es besteht kein Grund, die uneinheitliche Stimmabgabe hier deshalb zu verweigern, weil der Gesellschafter nicht mehrere, sondern nur einen Geschäftsanteil hat. Die in Rdn. 18, 19 entwickelten Grundsätze gelten daher auch für den Besitz nur eines Geschäftsanteils. Ebenso gilt Rdn. 20 für die Zulassung weiterer Ausnahmen durch die Satzung.
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c) Zulässig ist immer und ohne besondere Voraussetzung die Teilstimmenthaltung aus mehreren Stimmen (Rdn. 9) eines oder mehrerer Geschäftsanteile eines Gesellschafters. So wie der Gesellschafter sich mit allen Stimmen enthalten kann, kann er es auch mit einem Teil. Er kann damit dasselbe Ergebnis wie durch uneinheitliche Stimmabgabe erreichen, s. Rdn. 19.
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d) Die Rechtsfolge unzulässiger uneinheitlicher Stimmabgabe ist nicht die Ungültigkeit aller abgegebenen Stimmen. Vielmehr ist das gegensätzliche Verhalten des Gesellschafters gemäß § 140 BGB dahin umzudeuten, daß er nur die Stimmen abgibt, die die im entgegengesetzten Sinn abgegebenen Stimmen übersteigen, was nach Rdn. 22 zulässig ist, vgl. auch Rdn. 19. (396)
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III. Die Stimmbindung Schrifttum Barz Anm. zu BGHZ 48 163, GmbH-Rdsch. 1968 100; Erman Zwangsweise Durchsetzung von Ansprüchen aus einem Stimmbindungsvertrag im Aktienrecht, AG 1959 267—271, 300—303; R. Fischer Zulässigkeit und Wirkung von Abstimmungsvereinbarungen, GmbH-Rdsch. 1953 65; ders. Zur Methode revisionsrichterlicher Rechtsprechung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts, dargestellt an Hand der Rechtsprechung zu den Stimmrechtsbindungsverträgen in Festgabe für Otto Kunze 1969 95 (zitiert: Zur Methode); Gessler Sicherung der Herrschaftsmacht bei Geschäftsanteilsübertragung, GmbH-Rdsch. 1974 202, 206; A. Hueck Stimmbindungsverträge bei Personenhandelsgesellschaften in Festschrift für H. C. Nipperdey 1965 I 401; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970) 89; Janberg-Schlaus Abstimmungsverträge nach neuem Aktienrecht unter Berücksichtigung des Rechts der verbundenen Unternehmen, AG 1967 33, 1968 35; Liibbert Abstimmungsvereinbarungen in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG-Staaten, der Schweiz und Großbritanniens (1971); Mertens Anm. zu BGHZ 48 163, J R 1967 462; Overrath Die Stimmrechtsbindung (1973) (besprochen v. Windbichler ZHR 1976 168); Peters Die Erzwingbarkeit vertraglicher Stimmrechtsbindungen, AcP 156 1957 311; ders. JZ 1968 27 Anm. zu BGHZ 48 163; Tank Stimmrechtsabkommen im Lichte des Mitbestimmungsgesetzes, AG 1977 34; Teichmann Die Gesetzesumgehung (1962); Wolany wie vor Rdn. 13 S. 219; Zluhan Abstimmungs-Vereinbarungen des privaten Gesellschaftsrechts, AcP 128 1928 62, 257; Zöllner wie vor Rdn. 3 S. 142, 282, 353. 1. Die Rechtsgrundlagen der Stimmbindung Die Verpflichtung eines Gesellschafters, sein Stimmrecht in einer vorbestimmten 24 Richtung auszuüben oder nicht auszuüben (Stimmbindung), kann sich als Nebenpflicht aus Gesetz, Satzung oder Vertrag und als Hauptpflicht aus einem Stimmbindungsvertrag ergeben. So kann die gesellschaftliche Treupflicht (§ 14, 23 ff.) ausnahmsweise dazu führen, für einen bestimmten Beschlußantrag zu stimmen, wenn nur dadurch schwerer Schaden von der Gesellschaft abgewendet werden kann. Das gilt besonders bei Beschlüssen, die Einstimmigkeit erfordern (Zöllner S. 354, Martens DB 1970 816 z. B. für den Abschluß eines Unternehmensvertrags, s. auch § 13 Anh. II, 36). Hat ein Gesellschafter ein Sonderrecht auf Bestellung zum Geschäftsführer, so sind die anderen Gesellschafter, wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen hierfür gegeben sind, verpflichtet, für die Bestellung zu stimmen (vgl. RGZ 170 358). Schreibt die Satzung einen gemeinsamen Vertreter vor (§ 14, 36), so sind die vertretenen Gesellschafter an dessen Stimmabgabe gebunden {Hueck S. 416). Eine Stimmbindung kann sich ferner ergeben, wenn der Geschäftsanteil Gegenstand eines Nießbrauchs, einer Treuhand, Sicherungsübereignung, Verpfändung oder Unterbeteiligung ist (vgl. § 15 Anh. 35, 39, 51, 58). Über die Verpflichtung des Veräußerers eines Geschäftsanteils, für die von der Satzung nach § 15 Abs. 5 vorgeschriebene Genehmigung zu stimmen, s. Rdn. 28. Die Rechtsgrundlage für die Stimmbindung als Hauptpflicht ist der Stimmbin- 25 dungsvertrag. Wird er zwischen mehreren Gesellschaftern vereinbart, so spricht man auch von einem Stimmrechtskonsortium, Stimmrechtspool oder von einer Schutzgemeinschaft (s. auch Rdn. 32). Durch diesen Verband im Verband wird die Stimmenmacht einzelner Gesellschafter zusammengefaßt. Der gemeinsame Zweck macht die Vereinbarung zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Stimmbindungsverträge werden auch zwischen Gesellschaftern und Nichtgesellschaftem abgeschlossen. Dadurch gewinnt (397)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
ein Außenstehender Einfluß auf die Gesellschaft. Ist er ein Unternehmen, so kann ein Konzerntatbestand gegeben sein (s. Anh. II zu § 13). 2. Die Zulässigkeit der Stimmbindung 26
Rechtsprechung und Schrifttum — die Rechtsprechung nach anfänglichem Zögern — sehen den Stimmbindungsvertrag bei allen Gesellschaftsformen als zulässig an (Voraufl. 29, Scholz 7, Baumbach-Hueck 3 B, Scholz-Fischer 3; über die Entwicklung der Rechtsprechung s. insbesondere Fischer, Zur Methode). Zur Begründung wird auf das wirtschaftliche Bedürfnis und die Vertragsfreiheit, auch auf die Abstimmungsfreiheit hingewiesen. Dem ist zu folgen. 27 Der Grundsatz, daß der Gesellschafter über die Ausübung seines Stimmrechts frei verfügen kann (Vertrags- und Abstimmungsfreiheit) gilt jedoch uneingeschränkt nur insoweit, als auch Verfügungsfreiheit über den Geschäftsanteil selbst gegeben ist. Beschränkt die Satzung gemäß § 15 Abs. 5 die Verfügung über den Geschäftsanteil, so gilt dies auch für eine Stimmbindung. Denn das Stimmrecht ist das wichtigste und für das Schicksal des Unternehmens entscheidende Verwaltungsrecht des Gesellschafters. Sieht also die Satzung z. B. vor, daß die Abtretung von Geschäftsanteilen unter Gesellschaftern frei ist, diejenige an Nichtgesellschafter der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, so können die Gesellschafter untereinander Stimmbindungen frei vereinbaren, für solche mit Nichtgesellschaftern bedürfen sie der Zustimmung der Gesellschafter (vgl. § 15, 95; ebenso Fischer S. 67 und für die OHG in Großkomm. z. HGB § 119 Anm. 34, a.M. Peters JZ 1968 28). Der Stimmbindungsvertrag ist also (schwebend) unwirksam ohne die in der Satzung nach § 15 Abs. 5 vorgeschriebene Genehmigung und unterliegt auch den sonstigen Beschränkungen der Satzung für die Abtretung von Geschäftsanteilen. Das ergibt sich aus einer richtigen Auslegung des § 15 Abs. 5 und des in der Satzungsbestimmung zum Ausdruck gebrachten Willens der Gesellschafter. Es ist also nicht erforderlich, das zweifelhafte Institut der Umgehung und die daraus abgeleitete Nichtigkeit nach § 138 BGB heranzuziehen (vgl. BGHZ 24 115, Lübbert S. 154 und Overrath S. 48 m. weit. Nachw.), weil schon die Satzungsauslegung zum richtigen Ergebnis führt ( T e i c h m a n n Die Gesetzesumgehung und Flume Allg. Teil des Bürg. Rechts 2. Bd. § 175).
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Das Vorstehende gilt auch für die sich als vertragliche Nebenpflicht ergebende Stimmbindung. Eine Ausnahme ist aber für die Anteilsabtretung selbst zu machen. Die Verpflichtung zur Abtretung eines Geschäftsanteils beinhaltet auch die Verpflichtung, die für die Abtretung erforderliche Genehmigung herbeizuführen und für sie zu stimmen (BGH NJW 1965 1376, 1377 1. Sp„ BGHZ 48 163, 168). Das gilt für jeden Gesellschafter, nicht nur für den Mehrheitsgesellschafter. Etwas anderes kann auch nicht aus BGHZ 48 168 entnommen werden (s. auch Janberg-Schlaus AG 1968 35). 3. Grenzen der Stimmbindung im Einzelfall
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Auch die gebundene Stimme unterliegt den allgemeinen Grenzen der Stimmrechtsausübung. Mit der Stimmbindung kann sich der Gesellschafter nicht der für seine Person gegenüber der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern geltenden Treupflicht (§ 14, 23ff.) entziehen {Lübbert S. 122, 166 m. weit. Nachw.; BGH WM 1970 904). Ebensowenig kann durch eine Stimmbindung die Geltendmachung eines wichtigen Grundes verhindert werden (RGZ 124 371, 379). Stimmbindungen gegenüber Nichtgesellschaftern sind nicht zulässig für Beschlußgegenstände, die der ausschließlichen Zuständigkeit der Gesellschafter vorbehalten sind (§ 45, 6). Dies gilt insbesondere für (398)
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Satzungsänderungen, s. Erl. zu § 53. Ein Gesellschafter, der für einen Beschlußgegenstand einem Stimmverbot (unten Rdn. 47ff.) unterliegt, und ein Nichtgesellschafter, der — wäre er Gesellschafter — einem Stimmverbot unterliegen würde, können nicht durch eine Stimmbindung auf die Abstimmung über diesen Beschlußgegenstand Einfluß nehmen. Die Stimmbindung ist insoweit unwirksam (BGHZ 48 166, Lübbert S. 118, 154 Overrath S. 37 m. weit. Nachw., Zöllner S. 283, s. auch Rdn. 30). Auch hier ergibt sich die Unwirksamkeit nicht aus der Gesetzesumgehung, sondern aus der richtigen Auslegung des Abs. 4 („auch nicht für andere", vgl. oben Rdn. 27). Eine entsprechende Anwendung des in § 136 Abs. 3 AktG ausgesprochenen Verbots der Stimmbindung an die Gesellschaft und ihre Verwaltung ist nicht geboten (Lübbert 147, Overrath 23, s. auch die RegBegr z. Entw. e. GmbHG, BT-Drucks. VI 3088 S. 135). Die diesem Verbot zugrundeliegende zwingende Verteilung der Zuständigkeit der Gesellschaftsorgane ist bei der GmbH nicht gegeben. 4. Nichtigkeit der Stimmbindung Die Stimmbindungsabrede kann wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder 30 gegen die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) nichtig sein {.Lübbert S. 120, 162). Der Stimmenkauf, den § 405 Abs. 3 Nr. 6 und 7 AktG als Ordnungswidrigkeit bestrafen, ist auch in der GmbH unzulässig (vgl. auch § 297 d. RegE z. GmbHG). Eine Vereinbarung, durch die sich ein Gesellschafter besondere Vorteile dafür versprechen läßt oder annimmt, daß er bei der Abstimmung nicht oder in einem bestimmten Sinn stimmt, ist sittenwidrig und nichtig. Besondere Vorteile sind nur solche Vorteile, die sich nicht schon aus der versprochenen Abstimmung selbst ergeben. Auch muß es sich um einen Vorteil handeln, den nur der Stimmverkäufer, nicht alle übrigen Gesellschafter erhalten (Lühbert S. 115, Klug in Großkomm. z. AktG § 405 Anm. 38). Das Amt als Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglied ist kein besonderer Vorteil, wenn nicht eine unangemessen hohe Vergütung gewährt wird. 5. Stimmabgabe und Stimmbindung Stimmbindung und Stimmabgabe sind zu trennen. Die Stimmabgabe ist gültig, 31 auch wenn sie einer unzulässigen Stimmbindung entspricht oder gegen eine zulässige Stimmbindung verstößt (h.M. RGZ 119 386, 390; Fischer S. 67; Lübbert S. 123, 168 m. weit. Nachw., Overrath S. 31, 40, 51; für das Aktienrecht Barz Großkomm. § 136 Anm. 18, Zöllner Köln. Komm. § 136 Rdn. 108, Eckardt § 138 Rdn. 68). Auch § 136 Abs. 3 AktG hat so gegen § 127 Abs. 3 RefE entschieden. Die Stimmabgabe als solche bleibt — anders wie die gegen ein Stimmverbot des. Abs. 4 verstoßende — zulässig, auch wenn ein Dritter unzulässigerweise auf sie Einfluß genommen hat oder wenn durch sie Verpflichtungen gegen Dritte verletzt werden. Im Zusammenhang damit kann sich aber nach allgemeinen Gründen Anfechtbarkeit, in besonderen Fällen auch Nichtigkeit der Stimmabgabe (§ 45, 10) oder des Gesellschafterbeschlusses (s. Anhang) ergeben, z. B. wenn der Gesellschafter für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Gesellschafter zu erlangen suchte und der Beschluß geeignet ist, diesem Zweck zu dienen (§ 243 Abs. 2 AktG). 6. Das Stimmrechtskonsortium Schließen sich mehrere Gesellschafter zu einer gleichgerichteten Stimmrechtsaus- 32 Übung zusammen, so bilden sie in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Rdn. (399)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
25, Lübbert S. 142). Ist sie nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen (§ 723 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es empfiehlt sich deshalb, die Dauer des Konsortiums im Konsortialvertrag festzulegen. Eine Vereinbarung für die Dauer der GmbH führt aber nur dann zu dem gewünschten Ziel, wenn für diese selbst eine feste Zeit in der Satzung bestimmt ist. Ist dies wie meist nicht der Fall, so gilt auch das Konsortium für unbestimmte Zeit eingegangen mit der Folge der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit (BGHZ 50 316, 322, Lübbert S. 105). Die Stimmrechtsbindung wird meist durch eine Vorabstimmung im Konsortium festgelegt, wobei im Zweifel das Stimmrecht der Konsorten dasselbe ist wie beim Gesellschafterbeschluß in der GmbH (Rdn. 3 ff.). Mit der Stimmrechtsbindung wird oft ein Vorkaufsrecht oder Vorerwerbsrecht vereinbart (§ 15 Anh. 26ff.). Bei einem Aktionärkonsortium kann die Einhaltung der Konsortialverpflichtungen durch Hinterlegung der Aktien und Verwahrung durch den Konsortialleiter gesichert werden. Das ist bei der GmbH nur möglich, wenn Anteilscheine ausgegeben sind und die Ausübung des Stimmrechts und die Abtretung des Geschäftsanteils an die Vorlage oder Ubergabe des Anteilscheins gebunden sind (§ 14, 6f.). Sonst hilft nur die Übertragung der Geschäftsanteile zu Gesamthandeigentum des Konsortiums. Zur uneinheitlichen Stimmabgabe in diesem Fall s. Rdn. 18, zur Behandlung künftiger Geschäftsanteile BGH DB 1969 1097 = LM § 705 Nr. 21. 7. Erfüllungszwang 33
Trotz Anerkennung der Stimmrechtsbindung nahm die h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum lange an, daß daraus nicht auf Erfüllung geklagt werden könne (s. die Darstellungen bei Peters S. 320, Fischer, Zur Methode S. 102, BGHZ 48 163, 169; Lübbert S. 126, 176; Overrath S. 95). Mit dieser Meinung hat BGHZ 48 163 mit Recht gebrochen und die Klage auf Erfüllung und die Zwangsvollstreckung daraus zugelassen. Dem ist das Schrifttum im wesentlichen gefolgt. Umstritten bleibt die Art der Zwangsvollstreckung (s. die Darstellungen bei Lübbert S. 186 und BGHZ 48 173). Auszugehen ist davon, daß nach der gesetzlichen Regelung des Abs. 3 die Stimmabgabe auch durch einen Dritten erfolgen kann. § 888 ZPO scheidet demnach aus, vielmehr sind die Voraussetzungen des § 887 gegeben. Ferner steht fest, daß die Stimmabgabe eine Willenserklärung ist (§ 45, 7). § 894 ZPO ist also anwendbar (so auch BGHZ 48 1 73 und Fischer, Zur Methode S. 106). Er setzt Rechtskraft voraus. Das erhöht die Gefahr, daß der Gläubiger mit der durch das Urteil ersetzten Stimme zu spät kommt. Andrerseits birgt die Vollstreckung aus § 887 die Gefahr in sich, daß bei einer späteren Aufhebung des vorläufig vollstreckbaren Urteils die Stimmabgabe durch den vom Urteil ermächtigten Gläubiger falsch war. Deshalb ist dem Weg über § 894 der Vorzug zu geben. In dringenden Fällen kann der Gläubiger dem Schuldner durch einstweilige Verfügung die Ausübung des Stimmrechts verbieten lassen. Ist der Beschluß bereits gefaßt, aber der Aufhebung zugänglich (§ 45, 13), so kann der Gläubiger die Stimmabgabe für den Aufhebungsbeschluß verlangen und sich zu dessen Herbeiführung nach § 887 ermächtigen lassen. Die Verpflichtung zur Unterlassung der Stimmrechtsausübung (Stimmenthaltung) oder zur Nichtausübung in einem bestimmten Sinn kann nach § 890 erzwungen werden {Fischer S. 70, Lübbert S. 186 m. weit. Nachw.). Das alles gilt auch, wenn der Gläubiger ein Nichtgesellschafter ist. Dem personalistischen Prinzip ist durch Beachtung der nach § 15 Abs. 5 festgelegten Satzungsbestimmungen (Rdn. 27) Genüge getan.
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IV. Die Vertretung des Gesellschafters bei der Abstimmung 1. Die gesetzliche Regel des Abs. 3 Der eine Satz des Abs. 3 enthält zwei Regeln. Er läßt die rechtsgeschäftliche 34 Vertretung eines Gesellschafters bei der Ausübung des Stimmrechts zu und er schreibt f ü r die Vollmacht die Schriftform (Rdn. 35) vor. Die Vollmacht kann eine spezielle sein, dann muß ihr Wortlaut alle Punkte der Tagesordnung, die zur Abstimmung stehen, decken. Ist sie f ü r eine bestimmte Gesellschafterversammlung ausgestellt, so umfaßt sie alle Beschlüsse, die in dieser Versammlung gefaßt werden. Auch eine allgemeine Vollmacht genügt (Hamburg O L G 3, 66), Prokura, Handlungs- oder Generalvollmacht. Aus dem Grundsatz der einheitlichen Stimmabgabe (Rdn. 18 ff.) ergibt sich, daß ein Gesellschafter nur einen Bevollmächtigten aufstellen kann. Insoweit von diesem Grundsatz eine Ausnahme gilt, besteht auch die Möglichkeit der Bevollmächtigung mehrerer Personen. Die Vollmacht kann bis zur Stimmabgabe widerrufen werden. Der Widerruf kann dem Bevollmächtigten, einem Geschäftsführer oder allen Gesellschaftern oder in der Gesellschafterversammlung (§ 173 BGB) erklärt werden. Erscheint der Vollmachtgeber selbst und stimmt ab, so liegt darin der Widerruf. Auch eine unwiderrufliche, verdrängende Vollmacht ist möglich (§ 14, 31 ff.). Für die Schriftform gilt § 126 BGB. Notarielle oder sonstige Beglaubigung ist nicht 35 erforderlich, auch wenn der Beschluß nach § 53 Abs. 2 der notariellen Beurkundung bedarf. Anders ist es für die Gründung (§ 2 Abs. 2) und für die Übernahmeerklärung bei der Kapitalerhöhung (s. die Erl. zu § 55). Wie allgemein durch die Satzung (Rdn. 37) kann auch im Einzelfall durch Gesellschafterbeschluß mit satzungsändemder Mehrheit auf die Schriftform verzichtet werden. Die h . M . verlangt darüber hinaus, daß sämtlichen Gesellschaftern die Vollmachtserteilung bekannt ist und niemand in der Versammlung Widerspruch erhebt (BGHZ 49 183, 194; Scholz 13, Baumbach-Hueck 4 B, Vogel 5). Eine weitere Ausnahme von der Schriftfonn ist zu machen, wenn die Vollmacht in der Versammlung erteilt wird. Denn der Zweck der Formvorschrift ist es, die Gesellschafterversammlung in die Lage zu versetzen, die Bevollmächtigung zu prüfen, wie B G H Z 49 194 richtig sagt. Auf die weiteren dort aufgestellten Voraussetzungen — Anwesenheit aller Beteiligten, Diskussion über die Rechtmäßigkeit der Vollmacht, Unbegründetheit der gegen die Vollmacht geäußerten Bedenken, kein schutzwürdiges Interesse an der Schriftform — kann es nicht ankommen. Es handelt sich um eine Formvorschrift. Ist die Vollmacht aus anderen Gründen unwirksam und damit auch die Stimmabgabe durch den Vertreter, so kann der Gesellschafterbeschluß bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen angefochten werden. Zum Nachweis der Schriftfonn gehört die Vorlage der Vollmacht in der Gesell- 36 schafterversammlung zur Einsicht durch den Versammlungsleiter oder die anderen Gesellschafter. Eine Übergabe an den Versammlungsleiter oder Geschäftsführer und Verwahrung bei der Gesellschaft ist nicht erforderlich (Baumbach-Hueck 4 C, Scholz 13). Wird die Vollmacht nicht vorgelegt und die Vorlage auch nicht von einem Gesellschafter oder Geschäftsführer verlangt, so ist das für die Wirksamkeit der Stimmabgabe des Vertreters unschädlich (RG JW 1934 977 Z. 1). Entspricht der Vertreter einem Vorlageverlangen nicht, so ist das Erfordernis der Schriftfonn nicht erfüllt. Die Stimmabgabe durch den Vertreter ist ebenso wirkungslos, wie wenn es an der Bevollmächtigung überhaupt fehlt (§ 45, 9). Über die Rechtsfolgen s. Anh. und § 48, 13 ff.
2. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags Wie sich aus § 45 (dort Rdn. 3) ergibt, kann die Satzung die Bestimmung des Abs. 3 37 ändern, erleichtern oder verschärfen. Sie kann mündliche Vollmachtserteilung in allen (401)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Fällen oder für die Vertretung durch Gesellschafter genügen lassen. Sie kann im Zusammenhang mit der Zulassung uneinheitlicher Stimmabgabe (Rdn. 20) die Aufstellung mehrerer Bevollmächtigter gestatten. Sie kann umgekehrt das Recht der Gesellschafter, sich vertreten zu lassen, beschränken. Es werden nur Gesellschafter oder sonstige bestimmte Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Bestimmte Personen (z. B. Konkurrenten der Gesellschaft, RGZ 80 385) werden ausgeschlossen. Oder es wird angeordnet, daß sich Gesellschafter, solange sie ein Konkurrenzunternehmen betreiben oder an ihm beteiligt sind, oder daß sich mehrere Erben durch einen gemeinsamen Vertreter (§ 14, 36) vertreten lassen müssen. Auch völliger Ausschluß der Vertretung ist möglich. Nur darf das im Einzelfall nicht gegen die Treupflicht (§ 14, 23 ff; BGHZ 65 93, 99) verstoßen. Die Vertretung muß auch zugelassen werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt (Scholz 13).
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3. Gesetzliche Vertretung Auf die gesetzliche Vertretung bezieht sich der Abs. 3 nicht. Es versteht sich von selbst, daß Minderjährige durch ihre Eltern, juristische Personen durch ihr Vertretungsorgan bei der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte vertreten werden. Das gleiche gilt für Vormund und Pfleger (OLG Celle GmbH-Rdsch. 1959 113). Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist für die Ausübung des Stimmrechts nicht erforderlich (BGHZ 52 316, 319). Der Testamentsvollstrecker und der Konkursverwalter sind keine gesetzlichen Vertreter, sondern handeln aus eigenem Recht (§ 15 Anhang Rdn. 95, 120; Scholz 13, Baumbach-Hueck 4 a). 4. Die Anwendung des § 181 BGB auf die Stimmabgabe Schrifttum Bartholomeyczik Der Körperschaftsbeschluß als Rechtsgeschäft, ZHR 105 1938 293; Bernstein-A. Schultze-von Lasaulx Gilt für Änderungen des Gesellschaftsvertrags einer GmbH & Co K G das Verbot des Selbstkontrahierens? ZGR 1976 33; W. Blomeyer Zur Problematik des § 181 BGB für die Einmann-GmbH, NJW 1969 127; ders. Die teleologische Korrektur des § 181 BGB, AcP 172 1972 1; Fischer Zur Anwendung von § 181 BGB im Bereich des Gesellschaftsrechts, Festschr. Hauss 1978 S. 61; Fleck Anm. in LM GmbHG § 47 Nr. 13 ( = BGHZ 51 209), LM BGB § 181 Nr. 13 ( = BGHZ 52 316), Nr. 15 ( = BGHZ 56 97) und Nr. 19 ( = BGHZ 65 93); Flume Allg. Teil des Bürgerl. Rechts 11 Die Personengesellschaft; Herzfelder Stimmrecht und Interessenkollision (1927); Klamroth Selbstkontrahierungsverbot bei Abstimmung über laufende Angelegenheiten und Familiengesellschaften, BB 1974 160; dies. Anm. zu BGHZ 65 93 in BB 1975 1453; Nagel Familiengesellschaft und elterliche Gewalt 1968; Plander Die Vertretung der nicht aufsichtspflichtigen GmbH bei Begründung, Änderung und Beendigung von Organstellung und Anstellungsverhältnis der Geschäftsführer, ZHR 133 1970 327; Schilling Gesellschafterbeschluß und Insichgeschäft in Festschr. Ballerstedt 1975 257; Schmidt Gewinnverteilung in Familienpersonengesellschaften, Finanz-Rdsch. 1974 485; Stümer Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 1973 402; Wiedemann Anm. zu BGHZ 52 316 in J Z 1970 291; Wilhelm Stimmrechtsausschluß und Verbot des Insichgeschäfts, JZ 1976 674; Winkler DNotZ 1970 476, NJW 1971 1355, ZGR 73 177; Zöllner wie vor Rdn. 3.
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a) Rechtsgeschäftliche Vertretung. Die Stimmabgaben der Gesellschafter sind empfangsbedürftige Willenserklärungen. Erklärungsempfänger sind die anderen Gesellschafter. Der Gesellschafterbeschluß ist ein aus den einzelnen Stimmen zusammengesetztes Rechtsgeschäft (§ 45, 7, 8, 11; Schilling S. 261). Die Gesellschafter nehmen also miteinander ein Rechtsgeschäft vor, und zwar jeder mit jedem. Es entsteht die Frage, ob (402)
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und inwieweit hier § 181 BGB, der das Insichgeschäft verbietet, eingreift. Das Verbot erfaßt zwei Fälle: Einmal kann der Vertreter ein Rechtsgeschäft im Namen des Vertretenen nicht mit sich im eigenen Namen vornehmen (Selbstkontrahieren) und ferner nicht als Vertreter mehrerer Parteien eines Rechtsgeschäfts (Mehrvertretung). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gesellschafter sich die Stimmabgaben einander unmittelbar erklären, ob ein Versammlungsleiter bestellt wird, der die Stimmen entgegennimmt oder ob bei der schriftlichen Abstimmung die Stimmabgabe gegenüber dem Geschäftsführer erfolgt. Immer sind die Gesellschafter selbst Erklärungsempfänger der Stimmen ihrer Mitgesellschafter (Schilling S. 274). Ein Gesellschafter könnte danach nicht für sich und als Bevollmächtigter eines anderen Gesellschafters, ein Gesellschafter oder ein Dritter nicht als Bevollmächtigter mehrerer Gesellschafter an der Abstimmung teilnehmen (a. M. Flume S. 252 und Fischer S. 78). § 181 schränkt aber sein Verbot durch zwei wichtige Ausnahmen ein: Das Insichgeschäft ist zulässig, wenn es ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht, so in dem von BGH LM § 138 HGB Nr. 18 für die Änderung des Gesellschaftsvertrags einer OHG entschiedenen Fall. Auch in der GmbH kann die Treupflicht die Stimmabgabe in einem bestimmten Sinn gebieten (§ 13, 7). Der Vertreter kann ferner das Insichgeschäft vornehmen, wenn der Vertretene es ihm gestattet. Die Gestattung kann durch schlüssiges Verhalten des Vertretenen, unter Umständen auch stillschweigend erfolgen, besonders wenn sie verkehrsüblich ist (Enneccerus-Nipperdey § 181 II 1; BGH WM 1971 1082, 1084; BGHZ 66 82, 86). In der Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht an einen Gesellschafter liegt in der Regel die Gestattung des Insichgeschäfts, da der Vollmachtgeber weiß, daß der Bevollmächtigte auch für sich selbst abstimmt. § 181 BGB schafft also bei der rechtsgeschäftlichen Vollmacht keine Probleme, zumal die Gestattung — d. h. die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 — unschwer auch ausdrücklich in die Vollmacht aufgenommen werden kann. b) Gesetzliche Vertretung Minderjähriger. Das Problem des Selbstkontrahie- 40 rungsVerbots stellt sich in seiner vollen Schärfe bei Familiengesellschaften, in denen Eltern (oder ein Elternteil) und Kinder gleichzeitig Gesellschafter sind. Können die Eltern ihre Kinder bei der Abstimmung vertreten? § 181 BGB betrifft auch die gesetzliche Vertretung (§ 1629 Abs. 2 Halbsatz 1, § 1795 Abs. 2). Eine Gestattung ist nicht möglich. Der Minderjährige kann das Selbstkontrahieren mangels unbeschränkter Geschäftsfähigkeit nicht gestatten, das Vormundschaftsgericht kann es nach allgemeiner Ansicht auch nicht (RGZ 67 61, 63; 71 162, 166; Enneccerus-Nipperdey § 181 II 1, Steffen RGR-BGBK § 181 Anm. 16, Nagel S. 48 m. weit. Nachw.). Auch die Aufstellung eines Bevollmächtigten, sei es für die Eltern, sei es für das Kind, hilft nichts, da sie nach heute herrschender Ansicht von dem Verbot des § 181 erfaßt wird (H. Lehmann SJZ 1948 313, Boehmer Grundlagen der Bürgerlichen Rechtsordnung II 2 (1952) S. 70, Staudinger-Coing § 181 Anm. 23 a, Enneccerus-Nipperdey § 181 III 2, Zöllner S. 152 FN 36, Flume AT Bürg. Recht II § 48, 4; Schultze-v. Lasaulx in Soergel § 181 Anm. 8, 29; Härder AcP 170 1970 300, BGHZ 56 102; 64 74, 76; Fleck Anm. zu LM § 181 BGB Nr. 15, s. auch Schilling S. 268 FN 60). Der Zweck dieser Vorschrift ist der Schutz der Vermögensinteressen des Vertretenen vor einer Schädigung seitens des an dem Rechtsgeschäft eigeninteressierten Vertreters (Bernstein S. 42). Er wird verwirklicht, indem der Interessenkonflikt durch das Verbot des Insichgeschäfts von vornherein ausgeschlossen wird. Dieser Schutzzweck ist in gleicher Weise tangiert, ob der Vertreter selbst handelt oder einen von ihm ausgewählten und instruierten Bevollmächtigten handeln läßt (Blomeyer S. 17). Die Erfüllung einer Verbindlichkeit (s. Rdn. 39) wird nur ausnahmsweise vorliegen. Nach dem Wortlaut des § 181 scheint deshalb ein Vertretungsverbot für die Elterngesellschafter und die Bestellung eines Ergänzungspflegers gemäß § 1909 BGB für jede Abstimmung unvermeidlich. Mit der Begründung, zivilrechtlich sei nicht abschließe»)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
ßend geklärt, ob die Abstimmung ein Rechtsgeschäft und demgemäß § 181 anzuwenden sei, hat der BFH (Urteil vom 1. 2. 1973 BStBL 1973 II 309) entschieden, daß minderjährige Kinder, die zusammen mit dem Vater (oder den Eltern) Gesellschafter einer Personengesellschaft sind, nur dann als Mitunternehmer i. S. des § 15 Nr. 2 EStG anzuerkennen sind, wenn für sie Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB als Dauerpfleger bestellt werden. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte beurteilte die Frage unterschiedlich (s. BGHZ 65 93, 94). 41 c) Die Rechtsprechung des BGH. Der BGH (II. Zivilsenat) hatte in BGHZ 52 316 die Anwendung des § 181 mit der Begründung verneint, es handle sich bei einem Gesellschafterbeschluß nicht um ein Rechtsgeschäft der Gesellschafter untereinander, sondern um den Sozialakt der körperschaftlichen Willensbildung durch Mehrheitsentscheid. In dem entschiedenen Fall faßte der Vater, der am Stammkapital einer GmbH mit der Hälfte beteiligt und deren Geschäftsführer war, im eigenen Namen und zugleich als gesetzlicher Vertreter seiner beiden Töchter, die mit je einem Viertel beteiligt waren, den Beschluß, die Gesellschaft aufzulösen. Die Entscheidung, die sich weniger mit einer Begründung als mit einer Bezeichnung über die Rechtsgeschäftslehre hinwegsetzt, fand weitgehend Ablehnung (Bernstein, Blomeyer, Klamroth, Plander, Schilling, Schmidt, Wiedemann, Winkler). In einer zweiten für eine KG ergangenen Entscheidung (Vorlagebeschluß vom 18. 9. 1975 BGHZ 65 93) hat sich der II. Senat eingehender mit der Frage befaßt. Er verweist zunächst auf seine frühere Entscheidung LM HGB § 138 Nr. 8 (s. Rdn. 39), wonach ein Gesellschafter durch § 181 BGB gehindert ist, an einer Änderung des Gesellschaftsvertrags im eigenen Namen und zugleich als Vertreter eines anderen Gesellschafters mitzuwirken. Die Vertragsänderung, heißt es dann in BGHZ 65 96 weiter, sei aber ein Tatbestand, der aus dem Rahmen der Geschäftsführung und der laufenden gemeinsamen Gesellschaftsangelegenheiten herausfalle und die Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses berühre. Die Anwendung des § 181 BGB auf Gesellschafterbeschlüsse lasse sich nicht einfach damit begründen, daß der Beschluß oder die Stimmabgabe des einzelnen Gesellschafters eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung ist, die — jedenfalls bei der Personengesellschaft — den anderen Gesellschaftern zugehen muß. Denn für die Auslegung des § 181 seien nicht allein formalrechtliche oder konstruktive Überlegungen, sondern auch wertende Gesichtspunkte maßgebend (S. 97). Diese Vorschrift setze typischerweise Geschäftsgegner voraus, von denen jeder zu Lasten des andern seine eigene Rechtsposition zu stärken trachte, wie das auch beim Abschluß oder der Änderung eines Gesellschaftsvertrags der Fall sei (S. 97). Dem stellt der Beschluß gewöhnliche Gesellschafterbeschlüsse gegenüber. Bei ihnen sei das Ziel der verbandsinternen Willensbildung nach dem gesetzlichen Leitbild des § 705 BGB nicht in der Austragung individueller Interessengegensätze zu sehen, deren Zusammentreffen in derselben Person § 181 BGB verhindern wolle, sondern in der Verfolgung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks auf dem Boden der bestehenden Vertragsordnung (S. 97). Der Schutzzweck des § 181 komme hier nicht zum Tragen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, daß namentlich bei einer Personengesellschaft die gemeinschaftlichen Belange einer Anwendung dieser Bestimmung mit der Folge der Anordnung einer Dauerpflegschaft grundsätzlich entgegenstünden (S. 98). Die hierdurch bedingte ständige Teilnahme eines Fremden an den gesellschaftlichen Angelegenheiten könnte zum Nachteil aller Gesellschafter eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erschweren und sich unter Umständen lähmend auf Leben und Entwicklung der Gesellschaft auswirken (S. 99). Eine Abwägung der Gesichtspunkte, die für die Auslegung des § 181 BGB im Hinblick auf die gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten bedeutsam sind, führe hiernach zu dem Ergebnis, daß bei Gesellschafterbeschlüssen über Maßnahmen der Geschäftsführung oder sonstige gemeinsame Gesellschaftsangelegenheiten im Rahmen des bestehenden (404)
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Gesellschaftsvertrags ein Gesellschafter grundsätzlich nicht gehindert sei, als Vertreter eines anderen Gesellschafters und zugleich im eigenen Namen zu stimmen (S. 99 und Leitsatz). Bei einer Gesellschaft seien angesichts des gewöhnlich gleichlaufenden Interesses an deren Gedeihen im allgemeinen weder ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Vertreter und Vertretenem noch die ständige Gefahr eines hierdurch ausgelösten Stimmrechtsmißbrauchs durch den Vertreter vorauszusetzen. Bei der elterlichen Vertretung komme hinzu, daß der Gesetzgeber die Eltern als die natürlichen Verwalter der Vermögensinteressen ihrer Kinder betrachte (§ 1626 Abs. 2 BGB), also einen deren Wohl gefährdenden Interessenwiderstreit nicht als die Regel ansehe (S. 101). Der Beschluß distanziert sich zunächst insofern von BGHZ 52 316, als er mit der 42 h. M. (Rdn. 39) davon ausgeht, daß die Stimmabgabe eine empfangsbedürftige Willenserklärung und der Gesellschafterbeschluß ein Rechtsgeschäft ist. Er hält aber für „gewöhnliche Gesellschafterbeschlüsse" daran fest, daß ihre Eigenart eine Anwendung des § 181 verbietet. Zur Begründung beruft er sich auf die neuere Rechtsprechung des B G H , die für die Auslegung dieser Vorschrift verstärkt wertende Gesichtspunkte heranzieht. Die von ihm zitierten Entscheidungen (BGHZ 64 72, 76 und LM GmbHG § 47 Nr. 20 = NJW 1973 1039) sind allerdings für die vorliegende Frage weniger ergiebig als B G H Z 56 97 und 59 236, die den § 181 für bestimmte Fallgruppen (Einmanngesellschaft, lediglich rechtlicher Vorteil) ausschließen. Diese Rechtsprechung hält zwar im Interesse der Rechtsicherheit an der Charakterisierung des § 181 als formaler Ordnungsvorschrift (Boehmer wie in Rdn. 40, Schilling S. 266) insofern fest, als sie seine Anwendbarkeit nicht davon abhängig macht, daß im Einzelfall tatsächlich ein Interessenkonflikt besteht (BGHZ 56 102, 59 241, für die letztere Entscheidung zweifelnd Bernstein S. 43). Sie bejaht aber eine teleologische Reduktion des Verbots des Insichgeschäfts, wenn in einem in sich abgegrenzten Rechtsbereich (Fallgruppe) nach der dort typischerweise bestehenden Rechts- und Interessenlage das Insichgeschäft für den Vertretenen gefahrlos, der von § 181 vorausgesetzte Interessenkonflikt und damit die Möglichkeit einer Schädigung der Interessen des Vertretenen also von vornherein ausgeschlossen ist (BGHZ 56 103, 59 240; Bernstein S. 42, Schilling S. 267 m.weit. Nachw.). In diese Rechtsprechung reiht sich BGHZ 65 93, ohne es ausdrücklich zu sagen, ein, indem Gesellschafterbeschlüsse in Personengesellschaften über Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige gemeinsame Gesellschaftsangelegenheiten im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsvertrags von dem Verbot des Selbstkontrahierens ausgenommen werden (so auch Fleck in der Anm. zu dem Beschluß in LM BGB § 181 Nr. 19). Zugleich grenzt die Entscheidung diese Fallgruppe der gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüsse ab. Das geschieht zunächst für den Abschluß und die Änderung des Gesellschaftsvertrags (S. 96). Sie werden nach wie vor (LM HGB § 138 Nr. 8) vom Verbot des Insichgeschäfts erfaßt. Andrerseits wird auch die Zustimmung der Kommanditisten zu außergewöhnlichen Geschäften gemäß § 164 HGB zu den gewöhnlichen Beschlüssen gezählt (S. 100). d) Eigene Stellungnahme. Der in Rdn. 41, 42 wiedergegebene und interpretierte 43 Beschluß hat grundsätzliche Bedeutung und wirkt sich für alle Gesellschaftsformen aus, besonders für die GmbH, die in ihrer typischen Erscheinungsform personalistisch ist und der Personengesellschaft nahesteht (Allg. Einl. Rdn. 15, 31, § 13, 5). Der tragende Gesichtspunkt des Beschlusses ist die Wertung der Interessen des Vertreters und des Vertretenen bei gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüssen als gleichgerichtet (S. 98) und gleichlaufend (S. 101). Dabei steht für den BGH auch bei Uneinigkeit über den einzuschlagenden Weg im Vordergrund das Zusammenwirken aller Gesellschafter zum gemeinschaftlichen Nutzen, zu dem sie sich im Gesellschaftsvertrag verbunden haben (S. 98). Der Senat stellt hier mit Recht das Unternehmensinteresse (dazu Raisch Zum Begriff und zur Bedeutung des Unternehmensinteresses als Verhaltensmaxime von Vor(405)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
stands- und Aufsichtsratsmitgliedern in Festschrift für Wolfgang Hefermehl 1976 347 und Th. Raiser Das Unternehmensinteresse in Festschrift für Reimer Schmidt 1976 101) über das Interesse der einzelnen Gesellschafter. Beispielsweise erfordert typischerweise bei der Gewinnverwendung das Unternehmensinteresse die Bildung von Rücklagen zur Stärkung des Eigenkapitals, das Gesellschafterinteresse die Ausschüttung des Gewinns. In der Praxis einigt man sich auf eine Mittellösung. Dazu gehört die Diskussion zwischen den verschiedenen Interessenträgern, die durch Zulassung des Insichgeschäfts jedenfalls zwischen Vertreter und Vertretenem ausgeschlossen ist. Diese Bedenken gegen die Zulassung stehen beim Eltern-Kind-Verhältnis hinter der Überlegung zurück, daß bei einem solchen Interessenwiderstreit die Entscheidung der Eltern als den natürlichen Verwaltern der Vermögensinteressen ihrer Kinder (§ 1626 Abs. 2 BGB, BGH S. 101) den Vorrang hat und daß die Mitwirkung gesellschaftsfremder Pfleger dem personalistischen Charakter der Gesellschaft zuwiderläuft (BGH S. 99). Dem Beschluß ist also für die GmbH zu folgen und § 181 BGB nicht anzuwenden, soweit es sich um die gesetzliche Vertretung des Kindes durch seine Eltern und wohl auch durch einen Vormund, Pfleger oder Testamentsvollstrecker handelt. Bei rechtsgeschäftlicher Vertretung sind die Voraussetzungen im Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem nicht dieselben, vor allem besteht dort wegen der Möglichkeit der Gestattung (Rdn. 39) kein Bedürfnis für eine Einschränkung des Geltungsbereichs des § 181. 44
Mit dem B G H — aber mit der Beschränkung auf die gesetzliche Vertretung, Rdn. 43 — ist die von § 181 ausgenommene Fallgruppe auch für die GmbH auf gewöhnliche Beschlüsse zu begrenzen, nämlich auf solche über Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige gemeinsame Gesellschaftsangelegenheiten im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsvertrags. Die Vertretung ist also zuzulassen bei allen Beschlüssen, die die Weisung (Untersagung) oder die Zustimmung (Ablehnung) zu einer Maßnahme der Geschäftsführung zum Inhalt haben (§ 45, 4), ferner bei den sog. Regularien (§ 46, 22): Feststellung des Jahresabschlusses, Gewinnverwendung, Entlastung (vorbehaltlich des Stimmverbots des Abs. 4) und Wahl des Abschlußprüfers. Auch die Bestellung der Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder gehört zu den sonstigen gemeinsamen Gesellschaftsangelegenheiten im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsvertrags, bei denen die Vertretung zuzulassen ist. Nicht unter die Ausnahme vom Vertretungsverbot fallen dagegen der Abschluß und die Änderung des Gesellschaftsvertrags (Satzungsänderungsbeschlüsse, BGHZ 65 96, 97; Fleck in LM BGB § 181 Nr. 19; Flume S. 253). Zwar gibt es sicher Satzungsänderungen, bei denen das Interesse der Eltern und der Kinder gleichgerichtet sind. Um sie zu erfassen, müßte man aber eine Einzelfallprüfung zulassen und die Voraussetzung des in sich abgeschlossenen Rechtsbereichs (Rdn. 43) aufgeben. Das ist im Interesse der Rechtsicherheit — namentlich für die Mitgesellschafter — nicht angängig. Wie eine Satzungsänderung zu behandeln sind die Zustimmung zum Gesellschafterwechsel (§ 15 Abs. 5) und die Auflösung, weil auch sie die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses berühren (BGHZ 52 316 — s. Rdn. 41 - dürfte wohl nach B G H Z 65 93 nicht aufrechtzuerhalten sein). Vom Vertretungsverbot erfaßt werden ferner alle Beschlüsse, die sich gegen den Vertreter richten und einen wichtigen Grund voraussetzen wie die Abberufung als Geschäftsführer, die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 46 Nr. 6 und 8) sowie die Ausschließung als Gesellschafter. Hier ist die von der teleologischen Reduktion vorausgesetzte Interessenharmonie von vornherein nicht gegeben.
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e) Rechtsfolgen eines Verstoßes. Stimmt ein Gesellschafter für sich und als Vertreter eines anderen Gesellschafters ab, ohne daß es ihm bei rechtsgeschäftlicher Vollmacht gestattet ist (Rdn. 39) oder daß bei gesetzlicher Vertretung einer der in Rdn. (406)
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44 genannten gewöhnlichen Beschlüsse vorliegt, so ist das ganze Insichgeschäft, sind also beide Stimmabgaben unwirksam. Die Stimmen der übrigen Gesellschafter werden von dem Vertretungsverbot nicht berührt, da der Vertreter sowohl für sich wie für den Vertretenen Erklärungsempfänger dieser Stimmen sein kann. Über die Rechtsfolgen der ungültigen Stimmabgaben, s. Anhang und § 48, 13 ff. f) Die Gesellschafterversammlung als Vertretungsorgan. Soweit ein Gesellschaf- 46 terbeschluß der Ausführung durch ein mit einem Dritten abzuschließendes Rechtsgeschäft bedarf, sind hierfür in der Regel die Geschäftsführer als Vertretungsorgan (§ 35) zuständig. Ausnahmsweise kann das Beschlußorgan auch Vertretungsorgan sein, wie im Falle der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und des Abschlusses sowie der Kündigung des Anstellungsvertrags (§ 46, 16—20; Schilling S. 264). Auch der Abschluß eines Rechtsgeschäfts mit dem einzigen Geschäftsführer gehört hierher, wenn die Gesellschafterversammlung ihn nicht nach § 181 BGB gestattet. Ist der zu Bestellende Gesellschafter, so unterliegt er bei den Beschlüssen über die Bestellung und Anstellung nicht dem Stimmverbot des Abs. 4 (Rdn. 68). Insoweit greift auch das Vertretungsverbot des § 181 bei dem gleichzeitigen oder anschließenden Vertretungsakt der Gesellschafter (-Versammlung) gegenüber dem Geschäftsführer nicht ein (Schilling S. 271, Fischer S. 72). Denn wenn der Gesellschafter bei dem Bestellungsbeschluß mitstimmen darf, muß er auch bei der Vertretung gegenüber sich selbst mitwirken können. § 181 BGB wird insoweit durch § 47 Abs. 4 verdrängt. Greift dessen Schutzzweck nicht ein, so entfällt auch der Schutzzweck des § 181. Es zeigt sich hier, daß beide Vorschriften demselben Rechtsgedanken entspringen. Sie wollen beide durch Ausschaltung eines Interessenkonflikts die Schädigung Beteiligter verhindern, § 47 Abs. 4 der Gesellschaft, § 181 des Vertretenen. Aber sie verwirklichen diese Absicht mit ganz verschiedenen Mitteln, § 47 Abs. 4 durch Aufführung der Geschäfte, die die Gefahr einer Interessenkollision in sich bergen, § 181 durch ein generelles, vom einzelnen Geschäftsgegenstand abstrahiertes Vertretungsverbot. Sie sind deshalb auch in ihrem Anwendungsbereich streng zu trennen (RGZ 122 159, 162). Eine entsprechende Anwendung des § 181 BGB im Bereich des § 47 Abs. 4, wie sie BGHZ 51 209, 217 vertritt, ist nicht angebracht (Schilling S. 272, Fischer S. 74, unten Rdn. 71). V. Ausschluß des Stimmrechts, Abs. 4 Schrifttum Von Falkenhausen wie vor § 14, 8; Hachenburg Aus dem Rechte der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, LZ 1907 460; Hartmann Stimmrechtsausschluß nach § 47 Abs. 4 GmbHG für juristische Personen als Gesellschafter der GmbH, GmbH-Rdsch. 1962 208; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970); Immenga-Wemer wie vor Rdn. 3; Mertens wie vor Rdn. 24; Schilling wie vor Rdn. 39; Serick Rechtsform und Realität der juristischen Personen (1955); Teichmann Die Gesetzesumgehung (1962); Verhoeven GmbH-Konzern-Innenrecht (1978); Wiedemann Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften (1965); ders. GmbH-Anteile in der Erbengemeinschaft, GmbH-Rdsch. 1969 247; Zöllner wie vor Rdn. 3 S. 145ff.; ders. Das Stimmrecht bei Veräußerung vinkulierter Gesellschaftsanteile, GmbH-Rdsch. 1968 177 (zit.: Aufsatz); ders. in Kölner Kommentar z. AktG Erläuterungen zu § 136 (zit.: Komm.). 1. Inhalt und Zweck der Vorschrift Abs. 4 enthält vier Tatbestände des Stimmrechtsverbots: ein Gesellschafter darf 47 nicht mitstimmen bei der Beschlußfassung über seine Entlastung (Rdn. 59), seine (407)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Befreiung von einer Verbindlichkeit (Rdn. 61), über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts (Rdn. 62) und schließlich über die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und ihm (Rdn. 72). In diesen Tatbeständen kommen zwei (der Sache nach sich nahestehende) Gedanken zum Ausdruck, aus denen sich der Zweck der Vorschrift ergibt.'Einmal soll der Gesellschafter nicht Richter in eigener Sache sein (RGZ 146 385, 391; BGHZ 9 157, 178). Er kann deshalb bei der Beschlußfassung über seine Entlastung, seine Befreiung von einer Verbindlichkeit und über einen Rechtsstreit mit ihm nicht mitwirken. Er soll dies auch nicht — und das ist der weitere Gedanke —, wenn es zu einem Konflikt zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem privaten Interesse (für den Konzern s. Rdn. 66) des Gesellschafters kommen kann. Das gilt hier vor allem für die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und ihm, aber auch für die Befreiung von einer Verbindlichkeit und die Führung eines Rechtsstreits aus dem privaten Bereich des Gesellschafters. Der Zweck des Abs. 4 ist also die Ausschaltung von Interessenkollisionen zum Schaden der Gesellschaft. 48
Aus diesem Gesetzeszweck ergibt sich eine erweiternde und eine einschränkende Auslegung der Vorschrift. Zu erweitern ist das Stimmverbot bei Beschlußfassungen über Maßnahmen aus wichtigem Grund gegen den Gesellschafter (Rdn. 74f.). Diese Maßnahmen können entsprechend den §§ 117, 127, 140 HGB nur die übrigen Gesellschafter beschließen (Zöllner S. 268). Das ergibt sich aus dem Grundsatz, daß niemand Richter in eigener Sache sein darf. Die einschränkende Auslegung betrifft den Begriff des Rechtsgeschäfts. Die Vorschrift will nach ihrem Zweck nur solche Rechtsgeschäfte erfassen, die nicht gesellschaftsrechtlicher Natur sind, sondern dem privaten (im Konzernrecht gesellschaftsexternen) Bereich des Gesellschafters angehören. In der Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Herrschafts- und Verwaltungsbefugnisse sollen die Gesellschafter durch Stimmverbote nicht beschränkt sein. Bei Entscheidungen über Angelegenheiten des innergesellschaftlichen Lebens ist jeder Gesellschafter aufgrund seines Mitverwaltungsrechts zur Mitwirkung berufen (RG 60 173, 74 278, DR 1944 247, BGH WM 1974 372, 374 = LM GmbHG § 47 Nr. 21 = GmbH-Rdsch. 1974 107 = BB 1974 431, B G H GmbH-Rdsch. 1977 81 Z. 3 a, Feine S. 528, Scholz 19, Baumbach-Hueck 5 B). Das gilt gerade auch für den Mehrheitsgesellschafter. Je stärker er beteiligt ist, desto enger ist er mit dem Schicksal der Gesellschaft verbunden (BGHZ 51 209, 216). Wirkt sich ein Rechtsgeschäft auch im persönlichen Bereich des Gesellschafters aus, wie z. B. der Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers, so wird er dennoch nicht vom Stimmverbot betroffen, wenn sein Schwerpunkt im mitgliedschaftlichen Bereich liegt (BGH WM 1974 375), was beim Abschluß des Anstellungsvertrags der Fall ist (BGHZ 18 205, 210, s. auch Rdn. 69). Im übrigen gilt diese einschränkende Auslegung nur für das die Vornahme von Rechtsgeschäften betreffende Stimmverbot, nicht für die anderen, auch soweit es sich dabei nur um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis handelt. Zur Abgrenzung des Abs. 4 von § 181 BGB s. Rdn. 46. 2. Der persönliche Geltungsbereich der Stimmverbote
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a) Gesellschafter und Vertreter — Betroffener. Von den Stimmverboten betroffen ist ein Gesellschafter, gleichviel ob er für sich oder als (rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher) Vertreter für einen anderen Gesellschafter oder ob ein anderer für ihn abstimmt. Letzteres sagt das Gesetz nicht ausdrücklich, ist aber nach dem Gesetzeszweck selbstverständlich (entsprechend § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG). Was für den Vertreter gilt, gilt auch für den Untervertreter (Zöllner Komm. Rdn. 33). Aber auch ein Vertreter, der nicht Gesellschafter ist, unterliegt — über den Wortlaut des Abs. 4 hinaus und in Übereinstimmung mit § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG — den Stimmverboten, wenn über seine (408)
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Befreiung von einer Verbindlichkeit, über ein Rechtsgeschäft oder einen Rechtsstreit mit ihm beschlossen werden soll (KG JW 1935 2154, Zöllner S. 273). Als Betroffener ist im folgenden zu verstehen ein Gesellschafter, der unter einen der vier StimmverbotsTatbestände (Rdn. 47) oder ein Nichtgesellschafter, der unter einen der drei Tatbestände (ohne Entlastung) fällt. b) Personengesellschaft, Erben- und sonstige Gemeinschaft. Gehört ein Ge- 50 schäftsanteil einer Personengesellschaft oder einer sonstigen Gemeinschaft und ist ein Mitberechtigter Betroffener (Rdn. 49), so wandte die bisher h.M. das Stimmverbot auf die Gemeinschaft an (RGZ 146 71, 76; Scholz 18, Baumbach-Hueck 5 C), gleichgültig welchen Einfluß der Betroffene auf die Gemeinschaft hat, also etwa auch, wenn er Kommanditist mit einer Beteiligung von 10% ist. Im Anschluß an Zöllner (S. 275) ist der B G H dieser Meinung entgegengetreten (BGHZ 49 183, 194; 51 209, 219; WM 1976 205). Eine Begründung findet sich nur in einem obiter dictum der ersten Entscheidung S. 194 und Leitsatz 4. Danach ist der Geschäftsanteil der Gemeinschaft nur dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Zweck des Stimmrechtsverbots den Gesamtausschluß vom Stimmrecht erheischt. Und dies sei nur dann der Fall, wenn zu besorgen sei, daß die Mitberechtigten in gleicher Weise (wie dies von Betroffenen zu befürchten ist) das Stimmrecht unsachlich ausüben. Diese Rechtsprechung wurde von Hueck (Baumbach-Hueck 5 C) und von Wiedemann S. 251 wegen der mit ihr verbundenen Rechtsunsicherheit und den Beweisschwierigkeiten kritisiert. Die Kritik ist berechtigt, aber auch dem BGH ist darin recht zu geben, daß die Lösung der h. M. unbefriedigend ist. Auf die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft kann es allein nicht ankommen, der Gesetzeszweck ist erst berührt, wenn der Betroffene in der Gemeinschaft einen maßgeblichen Einfluß ausüben kann (ebenso Zöllner Komm. Rdn. 36). Das ist der Fall, wenn er geschäftsführendes oder mindestens mit der Hälfte der Stimmen ausgestattetes Mitglied der Personengesellschaft oder sonstigen Gemeinschaft ist. Darauf, ob der Betroffene im konkreten Fall den Einfluß ausübt, kommt es nicht an. Ist die Personengesellschaft oder sonstige Gemeinschaft Betroffene, so ist der h. M. 51 (BGH NJW 1973 1039 Z. 2 = LM GmbHG § 47 Nr. 20; Scholz 18, Baumbach-Hueck 5 C, Zöllner Komm. Rdn. 37) zu folgen: Alle Mitglieder, die Gesellschafter der GmbH oder Vertreter von solchen sind, unterliegen dem Stimmverbot. Bei einer betroffenen GmbH Sc Co KG gilt dies auch für den die Komplementär-GmbH beherrschenden Gesellschafter (BGH aaO Z. 3). Anders ist die Rechtslage, wenn bei einer GmbH & Co die Komplementär-GmbH mit der KG, an der sie selbst beteiligt ist, ein Rechtsgeschäft abschließt. Sind hier die Gesellschafter an der GmbH und an der KG gleich oder annähernd gleich beteiligt, so ist das Stimmrechtsverbot sinnlos und entfällt. c) Kapitalgesellschaften und sonstige juristische Personen. Gehört ein Geschäftsanteil einer juristischen Person und ist ihr Mitglied Betrof- 52 fener, so ist die juristische Person vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Betroffene auf sie einen beherrschenden (entscheidenden) Einfluß ausüben kann, vgl. § 17 AktG (h.M.: RGZ 146 385, 391; BGHZ 36 296, 299; BGHZ 56 47, 53; Scholz 18, BaumbachHueck 5, Zöllner Komm. Rdn. 41). Ist der persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA betroffen, so ist die KGaA vom Stimmrecht ausgeschlossen. Zu weit geht die Formulierung des Reichsgerichts (und ihm folgend Hueck), daß der Betroffene die juristische Person derart vollständig beherrschen müsse, daß alle ihre Rechtshandlungen allein und ausschließlich von ihm bestimmt werden. Darauf, ob der Betroffene den Einfluß im konkreten Fall ausgeübt hat, kommt es nicht an, weil der Interessenkonflikt schon gegeben ist, wenn der beherrschende Einfluß ausgeübt werden kann. Auch aus (409)
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Gründen der Rechtsicherheit und wegen der damit verbundenen Beweisschwierigkeiten verbietet es sich, den Nachweis der Einflußausübung im Einzelfall zu verlangen (abw. Hartmann S. 208). 53 Ist die juristische Person Betroffene, soll z. B. über ein Rechtsgeschäft zwischen ihr und der GmbH Beschluß gefaßt werden, so verneint Zöllner (Komm. Rdn. 42 f.) den Stimmrechtsausschluß der Mitglieder, auch des beherrschenden Gesellschafters, sofern dieser nicht unternehmerische Positionen wahrnehme. Man wird aber von einem Mehrheitsgesellschafter keine unvoreingenommene Stimmrechtsausübung erwarten können, wenn es um die Interessen des von ihm beherrschten Unternehmens geht. Auch hier führt also der Beherrschungstatbestand zum Stimmrechtsausschluß. Ist eine KGaA betroffen, so unterliegt der persönlich haftende Gesellschafter dem Stimmverbot. Beherrschen mehrere Gesellschafter der GmbH zusammen die betroffene Gesellschaft, so gilt das Stimmverbot für sie, wenn erfahrungsgemäß oder typischerweise zu erwarten ist, daß sie gemeinsame Interessen durch gleichgerichtete Abstimmung wahrnehmen (BGHZ 68 107 2 . 2, dazu Immenga GmbH-Rdsch. 1977 222 und Kuhn WM 1978 609). 54 Nach dem in Rdn. 49 Gesagten darf ein Mitglied des Vertretungsorgans einer juristischen Person diese nicht bei der Abstimmung vertreten, wenn es selbst Betroffener, z. B. zugleich Geschäftsführer der GmbH ist und entlastet werden soll. Es geht aber zu weit, es auch auszuschließen, wenn die juristische Person Betroffene ist (so Zöllner Komm. Rdn. 45), oder die juristische Person — vertreten durch andere Mitglieder ihres Vertretungsorgans — auszuschließen, wenn ein Organmitglied Betroffener ist (aaO Rdn. 47). Eine unsachliche Entscheidung kann hier nicht in abstracto unterstellt werden. Ist also eine AG (auch beherrschende) Gesellschafterin einer GmbH, so können die anderen Vorstandsmitglieder bei dem Entlastungsbeschluß eines Vorstandsmitglieds, das zugleich Geschäftsführer der GmbH ist, das Stimmrecht der juristischen Person ausüben. 55 d) Abhängige und Konzern-Unternehmen. Im Bereich der Stimmverbote ist kein Unterschied zwischen nur abhängigen (vgl. § 17 AktG) und unter einheitlicher Leitung zusammengefaßten (vgl. § 18 AktG) Unternehmen zu machen. Der Interessenkonflikt, den das Stimmverbot ausschalten will, ist schon durch die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses gegeben (entsprechend § 136 Abs. 2 AktG). Für die Stimmverbote bei Abhängigkeits- und Konzernverhältnissen gilt das in Rdn. 49-54 Gesagte. Ist ein herrschendes Unternehmen Betroffener und das abhängige Unternehmen Gesellschafter oder Gesellschaftervertreter, so ist es vom Stimmrecht ausgeschlossen, Rdn. 50, 52. Ist das abhängige Unternehmen Betroffener und das herrschende Gesellschafter oder Gesellschaftervertreter, so unterliegt es ebenfalls dem Stimmverbot, Rdn. 51, 53. Von diesen Abhängigkeitsverhältnissen mit drei Beteiligten — GmbH, GmbHGesellschafter, Betroffener — ist zu unterscheiden ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen der GmbH selbst und einem anderen Unternehmen, also nur mit zwei Beteiligten. Ist die GmbH abhängiges Unternehmen, so entstehen Fragen bei der Beschlußfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen ihr und dem herrschenden Unternehmen, s. hierzu Rdn. 66, 67. Ist das abhängige Unternehmen seinerseits Gesellschafter der herrschenden GmbH, also in der Regel durch eine wechselseitige Beteiligung mit ihr verbunden, so sind seine Geschäftsanteile wie eigene Anteile des herrschenden Unternehmens zu behandeln, also allgemein vom Stimmrecht ausgeschlossen (§ 13 Anh. II Rdn. 19), nicht nur bei den vier Verbotstatbeständen des Abs. 4. Das alles gilt auch bei mehrstufiger Abhängigkeit. 56
e) Sonstige rechtliche Bindungen. Eine Ausdehnung der Stimmverbote auf nahe Verwandte oder an dem Beschlußgegenstand wirtschaftlich Interessierte ist nicht geboten (Zöllner S. 281). Zwischen Gesellschafter (oder Gesellschaftervertreter) und Betroffenem muß vielmehr eine rechtliche Bindung mit der Möglichkeit maßgeblichen Einflusses auf (410)
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die Stimmrechtsausübung bestehen, um das Stimmverbot zu rechtfertigen. So ist der Treuhänder vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Treugeber betroffen ist (BGHZ 56 53). Das gleiche gilt für den Gesellschafter, der einen Geschäftsanteil für Rechnung eines andern hält. Eine Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich. Der Problembereich der Gesetzesumgehung wird durch Auslegung und Analogie erfaßt (Teichmann S. 105). Auch in dem vom BGH NJW 1976 713 entschiedenen Fall brauchte darauf nicht abgehoben zu werden, weil eine treuhänderische Übertragung vorlag, bei der die analoge Anwendung des StimmVerbots geboten ist. f) Beruht das Betroffensein mehrerer Personen auf einem einheitlichen Vorgang, 57 so ist jeder von ihnen auch dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn der Beschlußgegenstand nur einen von ihnen betrifft, z. B. bei den Beschlußfassungen nach § 46 Nr. 6 und 8 (Immenga-Werner S. 56, s. auch Rdn. 61, 71, 73). 3. Sachlicher Umfang der Stimmverbote Die Stimmverbote hindern den Gesellschafter nur an der Ausübung des Stimm- 58 rechts, an der Gesellschafterversammlung und an der Aussprache über den Beschlußgegenstand darf er teilnehmen (BGH NJW 1971 2225, s. auch § 48, 8). Ausgeschlossen ist der betroffene Gesellschafter auch von der Beschlußfassung über die Absetzung von der Tagesordnung oder Vertagung des betreffenden Punktes (BGH NJW 1973 1039 = LM GmbHG § 47 Nr. 20, Zöllner S. 268). Ist nach der Satzung ein anderes Organ für Beschlüsse zuständig, bei denen ein Stimmverbot eingreift, so gilt Abs. 4 entsprechend für die Abstimmung in diesem Organ, z . B . einem Aufsichtsrat (Immenga-Werner S. 55). 4. Entlastung Uber die Rechtsnatur, den Gegenstand, den Umfang und die Abgrenzung der Ent- 59 lastung von andern Beschlüssen s. § 46, 22-26. Das Stimmverbot umfaßt sowohl die Entlastung für die gesamte Geschäftsführung eines bestimmten Zeitabschnitts (in der Regel eines Geschäftsjahres) wie für eine oder mehrere bestimmte Geschäftsführyngsmaßnahmen (§ 46, 24). Handelt es sich dabei um ein Rechtsgeschäft mit einem Gesellschafter, so darf auch dieser wegen Vorliegens des dritten Verbotsstatbestandes (Rdn. 47, 62) nicht mitstimmen (a.M. Voraufl. Anm. 19, RGZ 115 246, 250; Baumbach-Hueck 5 B; wie hier Zöllner S. 261). Die gegenteilige Meinung verkennt, daß der Beschluß eine Doppelnatur hat, die von zwei Stimmverboten erfaßt wird: Entlastung und nachträgliche Genehmigung der Vornahme eines Rechtsgeschäfts. Anders ist es, wenn für ein Geschäftsjahr Entlastung erteilt wird, in dem Rechtsgeschäfte mit Gesellschaftern vorgenommen wurden (BGH BB 1977 465 Z. 1, O L G Nürnberg GmbHRdsch. 1975 111, Immenga-Wemer S. 56). Hier haben diese Gesellschafter Stimmrecht, da die von ihnen mit der Gesellschaft vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht Gegenstand der Beschlußfassung sind, sondern nur ob (auch) in Hinsicht auf diese die Wirkungen der Entlastung gegenüber dem Geschäftsführer (§ 46, 24) eintreten sollen. Die Entlastung wird den Geschäftsführern, Liquidatoren und dem Aufsichtsrat 60 erteilt. Uber die Entlastung der Geschäftsführer und des Aufsichtsrats ist getrennt abzustimmen. Gesamtentlastung bezüglich eines Organs ist üblich. Hierbei sind alle Mitglieder des Organs, über dessen Entlastung beschlossen wird, vom Stimmrecht ausgeschlossen. Die Gesellschafter können auch beschließen, daß über die Entlastung jedes Mitglieds einzeln abgestimmt wird (§ 46, 22). Dann sind die anderen Mitglieder stimmberechtigt, es sei denn, daß auch sie als betroffen anzusehen sind (Rdn. 57). Das (411)
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ist dann der Fall, wenn die konkrete Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung für eine Sorgfaltspflichtverletzung (§ 43) besteht. Behauptet also ein Gesellschafter einen solchen Tatbestand, so sind alle davon betroffenen Organmitglieder ausgeschlossen. Zu weit geht Zöllner (S. 204 und Komm. 9) — schon im Hinblick auf § 142 Abs. 1 Satz 2 und 3, der dies nur bei der Abstimmung über eine Sonderprüfung vorschreibt —, wenn er auch bei der Einzelentlastung immer den Ausschluß aller Organmitglieder verlangt. 5. Befreiung von einer Verbindlichkeit 61
Das Stimmverbot gilt für die Befreiung von jeder Verbindlichkeit, sei sie gesellschaftsrechtlicher, sei sie sonstiger Art (Scholz 16, Baumbach-Hueck 5 A, ImmengaWerner S. 56). Uber den Verzicht auf und den Vergleich über einen Ersatzanspruch nach § 46 Nr. 8 s. § 46, 34. Dort ist ein Gesellschafterbeschluß erforderlich. Sonst kann die Befreiung von den Geschäftsführern ohne Gesellschafterbeschluß ausgesprochen werden, soweit nicht ein gesetzliches Verbot vorliegt wie bei § 19 Abs. 2 und in den in § 46, 34 genannten Fällen. Die Gesellschafter als oberstes Willens- und Geschäftsführungsorgan (§ 45, 3, 4) können aber immer einen Beschluß über die Befreiung fassen. Dann greift das Stimmverbot ein. Es umfaßt alle gesellschaftsrechtlichen und bürgerlichrechtlichen Möglichkeiten der Befreiung, einschließlich Aufrechnung durch die Gesellschaft und Aufrechnungsvertrag (Zöllner S. 209). Auch der Beschluß, eine Forderung gegen einen Gesellschafter nicht geltend zu machen (vgl. § 46, 34) fällt darunter, ferner nach dem Zweck des Gesetzes auch die Stundung. 6. Vornahme eines Rechtsgeschäfts
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a) Zweck der Vorschrift. Ein Gesellschafter (Gesellschaftervertreter) ist auch dann vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn Beschlußgegenstand die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen ihm und der Gesellschaft ist. In Rdn. 48 wurde dargelegt, daß diese Bestimmung — im Einklang mit der h.M. — von ihrem Zweck her einschränkend ausgelegt werden muß. Sie bezieht sich nur auf den privaten (gesellschaftsexternen) Bereich des Gesellschafters, nicht auf seine mitgliedschaftlichen Herrschafts- und Verwaltungsbefugnisse. Trotz dieser Einschränkung hat sie eine wichtige Funktion im gesellschaftlichen Leben der GmbH. Insbesondere in dem empirischen Haupttyp der GmbH, der personalistisch geführten Unternehmen (Allg. Einl. 4, 15, 31, § 13, 5—7) sind die Möglichkeiten der gesellschaftswidrigen Vermischung von privaten und mitgliedschaftlichen Interessen viel größer als bei der AG und der Schutz der Gesellschaft und der Mitgesellschafter dringlicher. Das Stimmverbot betr. die Vornahme von Rechtsgeschäften ist bei richtiger Auslegung (s. die ff. Rdn.) ein wirksames Mittel zum Schutz gegen solche unzulässigen Vermischungen. Es ist daher auch verfehlt, bei der Auslegung Analogien zum Aktienrecht zu ziehen oder im Hinblick auf die Streichung im Aktienrecht (vgl. § 136 AktG) die Berechtigung der Bestimmung zu bestreiten (so schon RG D R 1944 248, neuerdings BGH NJW 1973 1039, 1041 = LM GmbHH § 47 Nr. 20, anders RegE Begr. S. 134). Verfehlt ist die Analogie auch deshalb, weil — im Gegensatz zur AG- die Gesellschafterversammlung auch oberstes Organ in Geschäftsführungsfragen ist (§ 45, 3, 4), was die Gefahr, daß die Mehrheit sich über die Geschäftsführung Sondervorteile verschafft, erheblich vergrößert.
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b) Beschlußgegenstand. Das Stimmverbot greift bei jedem Beschluß ein, der sich mit einem Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter befaßt, Einwilligung (§ 183 BGB) oder Genehmigung (§ 184 BGB), Weisung zur Vornahme oder Nichtvornahme. Auch ein Beschluß, der „nur die Einstellung der Gesellschaft zu (412)
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einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme zum Ausdruck bringt", fällt darunter, wenn es sich dabei um ein Rechtsgeschäft mit dem Gesellschafter handelt (BGH WM 1976 204, 205). Damit wird der Geschäftsführung eine Richtlinie gegeben, an die sie sich in der Regel halten wird. Deshalb fällt auch entgegen einer weit verbreiteten Meinung die der Geschäftsführung Entschließungsfreiheit lassende Ermächtigung zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts unter das Stimmverbot, wenn dabei auch der Abschluß mit dem Gesellschafter in Frage kommt (enger BGHZ 68 107 Z. 3 und Immenga GmbH-Rsch. 1977 228). Auch bei Entschließungsfreiheit in bezug auf die Person des Geschäftsgegners werden die Geschäftsführer den Abschluß mit dem Gesellschafter — meist zur Mehrheit gehörig — dem mit einem Dritten vorziehen (ausführlich zu dieser Frage und im wesentlichen übereinstimmend Zöllner S. 254-261). Kommt der Abschluß mit einem Minderheitsgesellschafter in Frage, so schadet das Stimmverbot jedenfalls nicht. Wird die nachträgliche Zustimmung als Entlastung für ein bestimmtes Rechtsgeschäft ausgesprochen, so ist der Gesellschafter, mit dem das Geschäft abgeschlossen wird, ebenfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen (Rdn. 59, Zöllner S. 261). c) Der Begriff des Rechtsgeschäfts richtet sich nach dem BGB. Soweit nicht die 64 Einschränkung nach Rdn. 48, 62 eingreift, fallen alle Rechtsgeschäfte unter das Stimmverbot, mehrseitige und einseitige, Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, ferner solche mit einem Dritten zugunsten eines Betroffenen, wenn dadurch Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Betroffenen begründet werden, z. B. Übernahme einer Bürgschaft oder Gesamtschuld für ihn (BGHZ 68 107 Z. 1) oder das Rechtsgeschäft von dem Betroffenen veranlaßt wurde (Immenga GmbH-Rdsch. 1977 221). Die Zustimmung der Gesellschaft zur Abtretung eines Geschäftsanteils (§ 15 Abs. 3) ist ein dem Veräußerer und dem Erwerber gegenüber vorgenommenes Rechtsgeschäft der Gesellschaft (vgl. BGH WM 1974 372, 375). Aber dieses Rechtsgeschäft gehört zur mitgliedschaftlichen, nicht zur privaten Sphäre des veräußernden und erwerbenden Gesellschafters, zu seinen Beziehungen zur Gesellschaft und den Mitgesellschaftern und fällt deshalb aus den in Rdn. 48, 62 genannten Gründen nicht unter das Stimmverbot (h.M. und ständige Rechtsprechung, BGH aaO, Wiedemann S. 99, Mertens S. 463, weitere Nachw. bei Zöllner Aufsatz). Die Disposition über die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises ist ein wichtiger Teil der Herrschafts- und Verwaltungsbefugnisse, die von allen Gesellschaftern entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung ausgeübt werden dürfen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Wesen und Sinn der Vinkulierung, wie Zöllner (S. 246 und Aufsatz S. 178) meint. Zöllner will das Stimmverbot aus der Auslegung der die Zustimmungspflicht vorschreibenden Satzungsbestimmung gemäß §157 BGB herleiten. Das erscheint aber willkürlich. Bei der Abfassung der Gesellschaftsverträge gehen die Beteiligten von der bisher allgemeinen Meinung aus, daß weder Veräußerer noch Erwerber einem Stimmverbot unterliegen. Wollen sie einen besonderen Minderheitschutz, so geschieht das durch Festsetzung einer qualifizierten Mehrheit oder der Einstimmigkeit für den Zustimmungsbeschluß —. Anders wird man die Rechtslage zu beurteilen haben, wenn der Beschluß den Erwerb eines Geschäftsanteils durch die Gesellschaft zum Gegenstand hat. Hier vermindert die Zahlung des Kaufpreises Kapitalgrundlage und Gesellschaftsvermögen einseitig zugunsten des veräußernden Gesellschafters. Der Schwerpunkt dieses Rechtsgeschäfts liegt im privaten Bereich des Gesellschafters (Rdn. 48). Das Stimmverbot muß Platz greifen (ebenso Scholz 19). d) Bei der Kapitalerhöhung können zur Übernahme der neuen Stammeinlagen die 65 bisherigen Gesellschafter oder andere Personen zugelassen werden. Beschließen die Gesellschafter nicht nur die Kapitalerhöhung, sondern — wie meist — auch über die Zulassung der Gesellschafter, so betrifft der Beschluß ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und den zugelassenen Gesellschaftern (Zöllner S. 247/8). Aber auch hier gilt (413)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
das Rdn. 48, 62 Gesagte. Ähnlich wie bei der Veräußerung und dem Erwerb von Geschäftsanteilen (Rdn. 64) handelt es sich bei der Zulassung um die Ausübung einer Herrschaftsbefugnis, an der alle Gesellschafter teilnehmen dürfen. Das Stimmverbot greift seinem Zweck nach nicht ein (teilw. zustimmend Zöllner S. 248, a.M. RGZ 109 77, 80; Scholz 19). Der Vorschlag von Zöllner (S. 248/9), es dann anzuwenden, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wird, würde seinen Rahmen sprengen. Die Stimmverbote geben keinen allgemeinen Schutz gegen Mehrheitsmißbrauch, sondern sind auf die in Rdn. 47, 48 dargestellten Tatbestände beschränkt, s. auch Rdn. 75. Der Zulassungsbeschluß unterliegt wie jeder andere Beschluß den Grundsätzen der gleichmäßigen Behandlung und der gesellschaftlichen Treupflicht (§ 14, 18ff., 23ff., s. auch die Erl. zu § 55). Verstößt er gegen sie, so ist er anfechtbar (s. Anhang). 66 e) Auch bei den Beschlüssen über Rechtsgeschäfte im Konzern ist i.S. des Rdn. 48, 62 Gesagten zwischen innergesellschaftlichen, bei denen auch der beteiligte Gesellschafter mitwirken darf, und gesellschaftsexternen, bei denen das Stimmverbot eingreift, zu unterscheiden. Zu den erstgenannten gehört die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Abschluß eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§13 Anh. II Rdn. 36). Es handelt sich um einen Vertrag, der die innere Organisation der Gesellschaft ändert, dessen Schwerpunkt im innergesellschaftlichen Leben liegt. Das gleiche gilt für den Verschmelzungsbeschluß des § 355 AktG (Schilling im Großkomm. § 355 Anm. 8). Gestaltungen dieser Art, bei denen das Schicksal der Gesellschaft entschieden wird, können nicht der Mehrheit entzogen und in die Hand der Minderheit gelegt werden (vgl. auch BGHZ 51 216). Eine unternehmensrechtliche Betrachtungsweise könnte es rechtfertigen, auch die in § 292 AktG aufgeführten anderen Unternehmensverträge hierher zu rechnen. Man wird aber hier den durch die einschränkende Auslegung des Rechtsgeschäftsbegriffs (Rdn. 48) gezogenen Trennungstrich zu beachten und diese Verträge ihrem Schwerpunkt nach als gesellschaftsextern zu betrachten haben, so daß das Stimmverbot hier eingreift (so auch für einen Vermögensübernahmevertrag BGH NJW 1973 1039). 67
Nicht anders können sonstige Rechtsgeschäfte schuldrechtlicher Natur im Abhängigkeitsverhältnis oder faktischen Konzern, wie z. B. Lieferverträge zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen angesehen werden (zweifelnd Barz § 13 Anh. II Rdn. 21, s. dazu auch Schilling Festschrift Hefermehl 1976 S. 387). Das Stimmverbot wird hier allerdings nur wirksam, wenn außenstehende Gesellschafter mit mindestens 10% Beteiligung über § 50 in der Lage sind, einen das Geschäft untersagenden Gesellschafterbeschluß herbeizuführen. Die Geschäftsführer sind dazu von sich aus nur verpflichtet, wenn ein Fall des § 49 Abs. 2 vorliegt, wenn also das Geschäft gegen das Interesse der Gesellschaft verstoßen würde. Ist das Geschäft im Interesse der Gesellschaft, so kann in der Verweigerung der Zustimmung eine Treupflichtverletzung liegen, die bei Anfechtung durch den Mehrheitsgesellschafter den Beschluß für den Geschäftsführer unbeachtlich macht. Andrerseits ist auch der Mehrheitsgesellschafter beim Abschluß der Geschäfte der Treupflicht (§ 14, 23 ff.) unterworfen. Gegen verdeckte Gewinnausschüttungen kann die Minderheit mit der Gesellschafterklage vorgehen (§13, 8, BGHZ 65 15, 21). Entsprechend dem in Rdn. 55 Gesagten (und entgegen Emmerich AG 1975 290 FN 78) gilt das Stimmverbot auch dann, wenn der Gesellschafterbeschluß ein Rechtsgeschäft zwischen der Gesellschaft und einem vom Mehrheitsgesellschafter abhängigen Unternehmen zum Gegenstand hat. Wiederum eine andere Betrachtungsweise hat bei Rechtsgeschäften im Vertragskonzern stattzufinden. Ist die Gesellschaft mit einem anderen Unternehmen durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengeschlossen, so tritt ihre rechtliche Selbständigkeit hinter der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit zurück. Das Stimm(414)
Abstimmung (Schilling)
§47
verbot verliert seinen Sinn. Sein Zweck, gesellschaftsschädliche Interessenkollisionen auszuschalten (Rdn. 47), ist nicht mehr gegeben. Die Minderheit ist durch das Erfordernis der Einstimmigkeit beim Abschluß des Unternehmensvertrags gesichert (§ 13 Anh. II Rdn. 42). 7. Bestellung, Anstellung, Widerruf und Kündigung der Organmitglieder a) Die Wahl der Organe ist ein elementares Mitgliedsrecht. Vor allem für sie gelten 68 die Ausführungen in Rdn. 48 über die teleologische Reduktion des StimmVerbots bei der Vornahme von Rechtsgeschäften. Es ist allgemeine Meinung, daß der Gesellschafter bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer mitstimmen darf (RGZ 74 278; BGHZ 18 205, 210; 51 209, 216; Scholz 18, Baumbach-Hueck 5 B, Zöllner S. 232). Dasselbe gilt für die Bestellung zum Liquidator (§§ 66, 69). Nicht ohne weiteres wird man das Stimmrecht zubilligen können bei der Entscheidung der Gesellschafter (in der Form einer Weisung an die Geschäftsführer), einen Gesellschafter zum leitenden Angestellten zu ernennen (was RGZ 172 76, 80 = DR 1944 248 bejahen möchte, ihm folgend Scholz 19, BaumbachHueck 5 B, einschränkend Zöllner S. 232/3). Es kommt auf den Schwerpunkt des Rechtsgeschäfts an (Rdn. 45). Liegt er im gesellschaftsrechtlichen Bereich, sieht etwa die Satzung die Berufung von Gesellschaftern in leitende Positionen vor oder erfolgt die Ernennung eines Gesellschafters als Repräsentant einer nicht in der Geschäftsführung vertretenen Gesellschaftergruppe (Zöllner S. 233), so ist das Stimmrecht gegeben, andernfalls nicht. b) Untrennbar mit der Bestellung sind die Bedingungen der Anstellung, insbeson- 69 dere die Festsetzung der Vergütung verbunden (s. auch § 46, 18ff.). Der Betroffene muß deshalb auch bei Gesellschafterbeschlüssen hierüber das Stimmrecht haben, soll dieses bei seiner Bestellung nicht wertlos sein (h.M. RGZ 74 279, BGHZ 18 210, Zöllner S. 234 m. weit. Nachw., a. M. Immenga-Werner S. 58). Ist eine Gewinnbeteiligung Teil des Anstellungsvertrags, so greift das Stimmverbot ebensowenig Platz wie bei der Vereinbarung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung (BGHZ 18 210, Zöllner S. 235). Auch hier liegt wegen des engen Zusammenhangs mit der Bestellung der Schwerpunkt im mitgliedschaftlichen Bereich (Rdn. 48). Die von Immenga-Werner befürchtete Gefahr, daß der Gesellschafter sich bei der Festsetzung der Anstellungsbedingungen bereichere, besteht auch bei anderen Beschlüssen. Die Minderheit hat dagegen die Gesellschafterklage (§13,8) und die Anfechtungsklage (s. Anhang). Stehen die zugebilligten Bezüge in einem deutlichen Mißverhältnis zu der Dienstleistung des Gesellschafter-Geschäftsführers, so ist ein Anfechtungsgrund gegeben (BGH JZ 1977 267 m. A.v. Verhoeven). Das Vorstehende gilt im übrigen auch für eine spätere Änderung des Anstellungsvertrags, z. B. für eine Pensionszusage (BGHZ 18 211, Zöllner S. 234). c) Was für die Bestellung rechtens ist, muß es logischerweise auch für den Widerruf 70 (ohne wichtigen Grund) sein (RGZ 81 37, 39 für den Aufsichtsrat der AG, vgl. auch RGZ 138 98, 103; Zöllner S. 235 m. weit. Nachw., Scholz 19), denn sonst könnte die Minderheit den von der Mehrheit Bestellten alsbald wieder abberufen. Ebenso gilt das für den Abschluß des Anstellungsvertrags Gesagte (Rdn. 69) auch für dessen Kündigung (ohne wichtigen Grund). Uber Widerruf und Kündigung aus wichtigem Grund s. Rdn. 74. d) Die Ausführungen in Rdn. 68—71 haben auch Gültigkeit, wenn Gesellschafter 71 durch Gesellschafterbeschluß in andere Organe berufen werden, insbesondere in einen Aufsichtsrat (RGZ 60 173, 81 37 für die AG), einen Beirat oder Verwaltungsrat (Zöllner S. 232). Sie finden jedoch keine Anwendung, das Stimmverbot greift also ein, wenn der Betroffene (zu Bestellende, Abzuberufende usw.) nicht Gesellschafter ist (s. Rdn. 49), (415)
§47
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
sondern das Stimmrecht als rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Vertreter oder kraft Amtes, z. B. als Testamentsvollstrecker oder Konkursverwalter ausübt. Das hat BGHZ 52 320 für den nach § 1909 BGB bestellten Pfleger offengelassen und BGHZ 51 217 für den Testamentsvollstrecker bestätigt, letztere Enscheidung allerdings unrichtigerweise aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 181 BGB. Das führt auf einen falschen Weg: ob das Stimmrechts verbot des § 47 Abs. 4 eingreift, ist allein nach gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden und unterliegt nicht der Disposition des Erblassers oder Erben als einzelnen Gesellschafters, vgl. auch Rdn. 46 a. E. und Schilling Festschr. Ballerstedt S. 272/3. Die in Rdn. 48 vertretene einschränkende Auslegung des Stimmverbots bei der Vornahme von Rechtsgeschäften beruht auf der Trennung des gesellschaftlichen vom privaten Bereich des Gesellschafters. Sie kann daher keine Geltung für Nichtgesellschafter haben. Wenn also der Vater mit den Stimmen der Kinder zum Geschäftsführer bestellt werden soll, so ist die Anordnung einer Pflegschaft nach § 1909 BGB erforderlich (vgl. KG JW 1935 2154). 8. Rechtstreit und Geltendmachung eines Anspruchs Das Stimmverbot erfaßt die Einleitung und Erledigung eines Rechtstreits gegenüber dem Betroffenen (s. Rdn. 49). Zur Einleitung gehören alle Vorbereitungsmaßnahmen für die Prozeßführung, wie die Auswahl des Prozeßbevollmächtigten, die etwa notwendige Bestellung eines besonderen Vertreters i.F. des § 46 Nr. 8 (s. dort Rdn. 36) und den Abschluß eines Schiedsvertrags. Auch das Stadium zwischen Einleitung und Beendigung, die eigentliche Prozeßführung, wird von dem Stimmverbot erfaßt (Zöllner S. 215, Immenga-Wemer S. 57), einschließlich der Beschlußfassung, daß ein Rechtsmittel oder keines eingelegt werden soll. Zur Erledigung des Rechtstreits gehört jede Art von Beendigung, wie Vergleich, Anerkenntnis, Rechtsmittelverzicht (Scholz 20, BaumbachHueck 5 A). Alle Rechtstreitigkeiten und vor jedem Gericht — auch Schiedsgericht — fallen darunter, seien sie aus gesellschaftsrechtlichen oder sonstigen Rechtsbeziehungen zu dem Gesellschafter, seien sie Vermögens- oder nicht vermögensrechtlicher Natur, auch Streitverkündung und Nebenintervention, wenn der Gesellschafter Streitgegner der Gesellschaft ist (Immenga-Werner S. 57). 73 § 136 AktG erstreckt das Stimmrecht auf die Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Gesellschafter, also schon auf das vorprozessuale Stadium. Dem folgt § 82 Abs. 3 Nr. 2 RegE. Das kann auch für das geltende Recht angenommen werden (Zöllner S. 215 m. weit. Nachw.). Denn die Geltendmachung kann immer auch zum Rechtstreit führen und ist daher Vorbereitungsmaßnahme (Rdn. 72) im weiteren Sinn. Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Gesellschafter s. § 46, 31 ff.
72
9. Maßnahmen aus wichtigem Grund 74
Eine entsprechende Anwendung des Abs. 4 ist geboten, wenn Gegenstand des Beschlusses Maßnahmen sind, die gegen einen Gesellschafter, insbesondere aus — auch von ihm nicht verschuldetem — wichtigem Grund, ergriffen werden sollen (Rdn. 48, Zöllner S. 236, BGHZ 34 367, 371; BGH NJW 1969 1483). Der Gesellschafter ist dann Betroffener i. S. des Abs. 4 (Rdn. 49), nicht nur, weil der Beschluß in der Regel der Einleitung eines Rechtstreits gegen ihn dient (Rdn. 72), sondern auch, weil die Ausübung seines Stimmrechts dem Zweck der Vorschrift widersprechen würde (Rdn. 47). Es liegt in diesen Fällen ein unmittelbarer Widerstreit zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Interesse des betroffenen Gesellschafters vor (RGZ 138 98, 104. Würde der Gesellschafter mitstimmen, so wäre er Richter in eigener Sache (BGHZ 9 157, 178). (416)
Abstimmung (Schilling)
§47
Sollen die Maßnahmen gegen mehrere Betroffene aufgrund eines einheitlichen Vorgangs beschlossen werden, so sind sie alle vom Stimmrecht ausgeschlossen (Rdn. 57). Das Stimmverbot greift ein bei einem — an sich nicht erforderlichen — Gesell- 75 schafterbeschluß über die Kaduzierung (§ 21 Abs. 2, s. dort Rdn. 21, Zöllner S. 240, Immenga-Wemer S. 59), denn die Nichtleistung der Einlage stellt immer einen wichtigen Grund dar. Das gleiche gilt für den Beschluß über die zwangsweise Einziehung des Geschäftsanteils des Gesellschafters (§ 46 Nr. 4), wenn sie aus wichtigem Grund erfolgt oder das Stimmverbot sich sonst aus dem Zweck der Satzungsbestimmung ergibt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Gesellschaftsvertrag die Einziehung vorsieht, falls der Geschäftsanteil gepfändet oder an ein Nichtfamilienmitglied vererbt wird (BGH GmbH-Rdsch. 1977 81 Z. 3 b m. Anm. v. Sachs, Baumbach-Hueck § 34, 3 A, Scholz-Fischer 5d, Zöllner S. 241; die Ansicht der Voraufl. Anm. 25 a, das Stimmverbot greife bei Zwangsemziehung allgemein ein, wird aus den in Rdn. 48 dargestellten Gründen aufgegeben). Das Stimmrecht des betroffenen Gesellschafters ist ferner ausgeschlossen beim Widerruf seiner Bestellung aus wichtigem Grund (RGZ 124 377, 380; 138 98, 104 = JW 1933 1121 m. Anm. v. Hachenburg, s. die Erl. zu § 38) sowie bei der Beschlußfassung über die Kündigung seines Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund, denn Widerruf und Kündigung stehen miteinander in demselben engen Zusammenhang wie Bestellung und Anstellung (Rdn. 69, 70). Richten sich die von den Gesellschaftern gemäß § 46 Nr. 6 zu bechließenden Maßnahmen zur Prüfung und Überwachung gegen einen Gesellschafter, dienen sie insbesondere der Prüfung, ob Ersatzansprüche gegen ihn bestehen, so greift das Stimmverbot ein (RGZ 146 385, 391; Zöllner S. 221). Der Ausschluß des Stimmrechts des betroffenen Gesellschafters bei der Beschlußfassung über die Erhebung der Ausschließungsklage gegen ihn ergibt sich schon unmittelbar aus Abs. 4, weil es sich um die Einleitung eines Rechtstreits handelt, aber auch aus dem Vorgesagten, weil eine Maßnahme aus wichtigem Grund gegen ihn ergriffen werden soll (BGHZ 9 157, 178; § 34 Anhang Rdn. 18). 10. Starre und bewegliche Stimmrechtschranken a) Mit Zöllner S. 97, 265 ist zwischen starren und beweglichen Stimmrecht- 76 schranken zu unterscheiden. Die Stimmverbote des Abs. 4 gehören zu den starren Schranken. Sie fragen nicht (ebensowenig wie § 181 BGB), ob im Einzelfall eine das Stimmrecht ausschließende Interessenkollision vorliegt, sondern machen das Stimmverbot vom Vorliegen eines der vier Tatbestände (Rdn. 47) abhängig. Wie sich aus Rdn. 48, 62, 74f. ergibt, können die Stimmverbote ebenso wie § 181 BGB aus dem Gesetzeszweck heraus in bestimmten Fallgruppen (vgl. Rdn. 42) erweitert oder eingeschränkt werden. Außer der in Rdn. 74 f. behandelten Fallgruppe der Maßnahmen aus wichtigem Grund läßt sich aber keine andere nachweisen, auf die dem Zweck des Abs. 4 entsprechend ein generelles Stimmverbot anwendbar wäre, bei der also wie in den Fällen des Abs. 4 typischerweise ein Interessenkonflikt gegeben wäre oder der Gesellschafter sich durch die Ausübung des Stimmrechts zum Richter in eigener Sache machen würde. Abweichend von der Voraufl. Anm. 25 ist diese Voraussetzung nicht als gegeben anzusehen und ein generelles Stimmverbot nicht angängig, wenn der Beschluß allgemeinen Charakter hat, aber aus tatsächlichen Gründen nur einen oder einige Gesellschafter trifft, so beim Einforderungsbeschluß nach § 46 Nr. 2, wenn nur ein Gesellschafter eine Geldeinlage zu leisten hat. Es würde über Zweck und Inhalt des Abs. 4 hinausgehen, dem Gesellschafter hier das Stimmrecht zu versagen. Mißbraucht er es in gesellschaftswidriger Weise, so greifen die beweglichen Stimmrechtschranken ein, s. Rdn. 77. (417)
§47 77
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
b) Die beweglichen Stimmrechtschranken ergeben sich aus den Rechtsgrundsätzen für die Mitgliedschaft, wie sie in § 14, 18—30 dargestellt sind. Hier ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Stimmabgabe eines Gesellschafters gegen den Gleichheitsgrundsatz, die guten Sitten und insbesondere gegen die ihn der Gesellschaft und seinen Mitgesellschaftern verbindende Treupflicht verstößt. Daß auch die Beziehungen der Gesellschafter untereinander von der gesellschafts rechtlichen Treupflicht bestimmt sein können, hat in Weiterführung von BGHZ 9 157, 163 und 14 25, 38 sowie 53, 58 BGHZ 65 15, 18 (= BB 1975 1450 m.A.v. Schilling = AG 1976 5 m.A.v. Brezing = NJW 1976 191 m.A.v. Ulmer = GmbH-Rdsch. 1975 269, dazu H. P. Westermann GmbHKonzernrecht kraft richterlicher Rechtsfortbildung? GmbH-Rdsch. 1976 77, Rehbinder Treuepflichten im GmbH-Konzern, ZGR 1976 386 und Wiedemann Die Bedeutung der ITT-Entscheidung, JZ 1976 392) bestätigt. Die beschließende und entscheidende Mehrheit handelt organschaftlich für die Gesellschaft und ist damit auch für die Interessen der Minderheit verantwortlich (§ 14, 24). Sie darf sich nicht unter Ausnutzung ihrer Mehrheit zum Schaden der Minderheit übermäßige Vorteile verschaffen (BGH JZ 1977 267 m.A.v. Verhoeven). Bei Beschlüssen in Angelegenheiten der Geschäftsführung unterliegt sie der Sorgfaltspflicht entsprechend § 43 (§ 14, 26,27). Immer gelten die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit (§ 14, 24). Bloße Zweifel an der Zweckmäßigkeit der beschlossenen Maßnahme, die sich im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren hält, genügen für die Annahme eines Rechtsverstoßes nicht (BGH JZ 1977 267). Aber auch die Stimmabgabe der Minderheit ist an das Gesellschafts- und Unternehmensinteresse gebunden (§ 14, 25). Auch sie darf bei einem Interessenwiderstreit nicht die eigenen Interessen vor die der Gesellschaft stellen (§ 14,25). Zu den Rechtsfolgen einer Verletzung s. Rdn. 81. 11. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags
78
Das vom Gesetz in § 45 Abs. 2 (s. dort Rdn. 3) den Gesellschaftern gewährleistete Recht, ihre inneren Verhältnisse frei zu gestalten, umfaßt auch die Stimmverbote des Abs. 4. Sie können daher in der Satzung abbedungen werden. Das ist herrschende Meinung (RGZ 89 383; 122 162; Feine S. 527, Scholz 11, Vogel 6, Immenga-Wemer S. 55). Zöllner S. 181 hält die Stimmverbote bei der Entlastung, der Befreiung von einer Verbindlichkeit und bei der Einleitung und Erledigung eines Rechtsstreits ihrem Wesen nach unabdingbar. Zum gleichen Ergebnis kommen Baumbach-Hueck 5 E mit der Begründung, die Ausübung des Stimmrechts wäre in diesen Fällen im allgemeinen sittenwidrig und Rechtsmißbrauch. Beide Argumente überzeugen nicht (zur Fragwürdigkeit der Argumentation aus dem „Wesen" s. Scheuerle AcP 163 1964 429). Die Grenzen der Vertragsfreiheit sind in § 45, 6 aufgezeigt. Der in den Stimmverboten den Gesellschaftern, besonders der Minderheit gewährte Schutz gegen Interessenkollisionen (Rdn. 47) ist verzichtbar. Unverzichtbar ist aber das Recht zur Geltendmachung eines wichtigen Grundes (§ 14, 14). Das Stimmverbot bei der Beschlußfassung über Maßnahmen aus wichtigem Grund (Rdn, 74, 75) kann daher der Gesellschaftsvertrag nicht ausschließen (ebenso Immenga-Wemer S. 59). Insoweit kann auch das Stimmverbot bei der Geltendmachung eines Anspruchs und der Führung eines Rechtsstreits (Rdn. 72, 73) nicht ausgeschlossen werden.
79
Grenzen sind der Vertragsfreiheit auch durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze für die Mitgliedschaft gezogen (§ 14, 18-30, § 45, 6). Die Geltendmachung der (beweglichen) Stimmrechtschranken, die sich aus dem Gleichheitsgrundsatz, der gesellschafterlichen Treupflicht und den guten Sitten ergeben (Rdn. 77), kann daher ebenfalls nicht im voraus und allgemein im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. Auch wenn die Stimmverbote des Abs. 4 abbedungen sind, verbleibt den Gesellschaftern das Recht, den (418)
Abstimmung (Schilling)
§47
mit Hilfe des betroffenen Gesellschafters zustandegekommenen Beschluß wegen Verletzung eines dieser Rechtsgrundsätze anzufechten (s. Anhang). Die Möglichkeit eines solchen Rechtsmißbrauchs kann aber nicht die Unabdingbarkeit der Stimmverbote begründen (so Baumbach-Hueck 5 E, wie hier Immenga-Wemer S. 55). Aus Inhalt und Zweck der Stimmverbote ergibt sich aber die Unentziehbarkeit des 80 durch sie den Gesellschaftern gewährten Schutzes (§ 14, 15). Die Mehrheit kann über sie nicht zu Lasten der Minderheit beliebig verfügen. Durch nachträgliche Satzungsänderung können die Stimmverbote daher nur mit Zustimmung aller Gesellschafter beseitigt werden (a.M. Immenga-Wemer S. 55, die eine Begründung dafür nicht geben). 12. Rechtsfolgen Der Verstoß gegen ein Stimmrechtsverbot, und zwar sowohl gegen ein starres wie 81 ein bewegliches (Rdn. 76 f.), macht die Stimme nichtig. Die Nichtigkeit muß durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden, es sei denn, daß die an der Abstimmung beteiligten Gesellschafter darüber einig sind, daß infolge der Nichtigkeit der Stimme ein Beschluß nicht zustandegekommen ist (§ 48, 16, Anhang Rdn. 11).
(419)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung ANHANG
Nichtigkeit, Anfechtbarkeit und Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen Übersicht Einleitung
Rdn. 1
Wortlaut der §§ 241 - 2 5 7 AktG
3
Reform
4
I. Mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse 1. Beschlußtatbestand (Abgrenzungsfragen) a) Beschluß der Gesellschafter . . b) Nicht- und Scheinbeschluß. . . c) Ablehnender Beschluß d) Bedeutung der Einzelstimme e) Vorläufige Meinungsäußerung f) Sonderbeschlüsse, Minderheitsverlangen 2. Arten der Mangelhaftigkeit a) Nichtigkeit, Anfechtbarkeit. . b) Unwirksamkeit c) Wirkungslosigkeit
5 6 8 9 13 14 15 16 17 19
II. Nichtige Gesellschafterbeschlüsse 1. Nichtigkeitsgründe — Allgemeines 2. Einberufungsmängel (§ 241 Nr. 1 AktG) a) Einberufung durch Unbefugte b) Mängel der Einladung c) Keine Nichtigkeit durch sonstige Formmängel d) Vollversammlung 3. Nichtbeurkundung (§ 241 Nr. 2 AktG) 4. Wesendicher Rechtsverstoß (§241 Nr. 3 AktG) a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen der GmbH b) Verstoß gegen Vorschriften im öffentlichen Interesse, insbesondere gegen Gläubigerschutzbestimmungen 5. Sittenverstoß (§ 241 Nr. 4 AktG) 6. Nichtigkeit durch erfolgreiche Anfechtung (§ 241 Nr. 5 AktG) 7. Löschung im Handelsregister (§241 Nr. 6 AktG) 8. Sonstige in § 241 AktG genannte Nichtigkeitsgründe
20 21 22 27 32 33 36 38 39
42 46 49 50 54
Rdn. 9. Nichtigkeit analog §§ 250, 253, 256 AktG 55 a) Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern 56 aa) fakultativer AR 57 bb) AR nach BetrVG 59 cc) AR nach MitbestG und Montan-MitbestG 60 b) Nichtigkeit des Jahresabschlusses (§ 256 AktG) 61 c) Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 253 AktG) 69 10. Teilnichtigkeit 11. Heilung der Nichtigkeit a) Eintragung im Handelsregister (§§ 242 Abs. 1 AktG) b) Eintragung und Zeitablauf (§ 242 Abs. 2 AktG) c) Sonstige Heilung? d) Neuvornahme 12. Statutarische Regelungen 13. Geltendmachung der Nichtigkeit
70 72 73 74 76 77 78 79
III. Anfechtbare Gesellschafterbeschlüsse 1. Allgemeines
81
2. Anfechtungsrecht
82
3. Beschlußtatbestand 4. Widerspruch keine Voraussetzung für Anfechtung 5. Kausalität 6. Einzelfälle von Anfechtbarkeit a) Allgemeines; Verstoß gegen Gesetz oder Satzung b) Fehlerhaftes Zustandekommen des Beschlusses . . . . c) Fehlerhafter Beschlußinhalt.. d) Besondere Bestimmungen . . . 7. Ordnungsvorschriften 8. Heilung der Anfechtbarkeit . . . . 9. Ausschluß des Anfechtungsrechts a) Billigung des Beschlusses . . . . b) Rechtsmißbrauch c) Bestätigung d) Fristablauf 10. Statutarische Regelungen (420)
83 84 85 87 89 90 92 93 94 95 99 100 105 110
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
IV. Anfechtungsklage
Rdn.
1. Allgemeines, Rechtsnatur a) Gestaltungsklage b) Streitgegenstand
111 112 113
2. Teilanfechtung
115
3. Prozeßbeteiligte a) Der Gesellschafter als Kläger aa) Gesellschaftereigenschaft bb) Relevante Zeitpunkte, Rechtsnachfolge cc) Untergang des Geschäftsanteils dd) Keine Abtretung des Anfechtungsrechts ee) Prozeßführungsbefugnis; Vertretung b) Anfechtungsbefugnis anderer Personen? aa) Organe und Organmitglieder bb) Dritte c) Die Gesellschaft als Beklagte aa) Passivlegitimation bb) Vertretung; Prozeßführungsbefugnis d) Streitgenossenschaft; Nebenintervention
135
4. Rechtschutzbedürfnis
137
Rdn. f) Vergleich 161 g) Erledigung der Hauptsache . . 163 h) Anfechtung von Bestätigungsbeschlüssen 164 i) Streitwert, Kosten 165 k) Rechtsmittel 168 9. Verbindung mehrerer Prozesse 169
118 120 124 125 126
127 129 130 131
5. Frist zur Klagerhebung a) Angemessene Frist 140 b) Fristwahrung 141 c) Folgen der Fristversäumnis . . 144 6. Zuständigkeit
145
7. Zustellung
148
8. Einzelheiten des Verfahrens a) Anträge b) Verbindung mit anderen Klaganträgen (auf Feststellung des „richtigen" Beschlusses oder auf Zahlung) c) Widerklage d) Verhandlung; Darlegungsund Beweislast e) Prozeßhandlungen
Anh. § 47
150
152 155 156 158
10. Wirkungen des Urteils a) Abweisung der Klage b) Stattgebendes Urteil
171 177
11. Einreichung zum Register; Bekanntmachung 185 12. Einstweilige Verfügung
187
V. Nichtigkeitsklage 1. Allgemeines; Rechtsnatur
190
2. Prozeßbeteiligte a) Der Gesellschafter als Kläger 193 b) Die Gesellschaft als Beklagte 197 c) Streitgenossenschaft, Nebenintervention 198 3. Rechtschutzbedürfnis
199
4. Einzelheiten des Verfahrens a) Frist b) Zuständigkeit, Zustellung . . . c) Anträge d) Darlegungs- und Beweislast.. e) Prozeßhandlungen f) Streitwert, Kosten g) Rechtsmittel h) Verbindung mehrerer Prozesse
200 201 202 203 204 205 206 207
5. Wirkungen des Urteils
208
6. Sonstiges
209
VI. Prozessuale Behandlung unwirksamer Beschlüsse 210 VII. Stellung von Geschäftsführung und Registergericht gegenüber mangelhaften Beschlüssen 1. Geschäftsführung
212
2. Registergericht
218
VIII. Entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf mangelhafte Beschlüsse anderer Gesellschaftsorgane 224
Schrifttum Arens Streitgegenstand und Rechtskraft im aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren (1960); Ballerstedt D i e Bestätigung anfechtbarer Beschlüsse körperschaftlicher O r g a n e , Z H R 124 (1962) 2 3 3 ; Baltzer D e r Beschluß als rechtstechnisches Mittel organschafdicher F u n k t i o n im Privatrecht (1965); ders. Z u r A n f e c h t u n g v o n Gesellschafterbeschlüssen bei Antragsablehnung, G m b H - R d s c h . 1972 57; Bockelmann GmbH-Gesellschafterversamm(421)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
lungen im Ausland etc., NJW 1972 1729; Däubler Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH im Lichte des neuen Aktienrechts, GmbH-Rdsch. 1968 4; Gössel/Hehl Rechtsprechung zum Aktiengesetz von 1965, ZHR 142 (1978) 40; Gutbrod Auswirkungen der Aktienrechtsreform auf das Recht der GmbH, GmbH-Rdsch. 1966 80; Haase Zur Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses im Konkurs der AG, DB 1977 241; Hölters Der Beirat in der GmbH etc., BB 1977 105; Hofmann Zur Auflösung einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1975 217; A. Hueck Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen (1924); ders. Mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH, in: Festschr. für Molitor (1962) 401 („FM"); ders. Die Vertretung von Kapitalgesellschaften im Prozeß, in: Festschr. für Bötticher (1969) 197; Immenga Die personalistische Kapitalgesellschaft (1970); ders. Die Problematik der Anfechtungsklage im GmbH-Recht, GmbH-Rdsch. 1973 5; Kühn Analoge Anwendung der aktienrechdichen Minderheitsrechte auf die GmbH, GmbH-Rdsch. 1965 151; Küster Inhalt und Grenzen der Rechte der Gesellschafter, etc. (1954); Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in: Rechtsfragen der Handelsgesellschaften Bd. 23 (1969); Lütter Die entgeldiche Ablösung von Anfechtungsrechten, ZGR 1978 347; Mordhorst Entschädigungslose Ausschließung eines GmbH-Gesellschafters, NJW 1955 1542; K. Schmidt Fehlerhafte Beschlüsse in Gesellschaften und Vereinen, AG 1977 205, 243; ders. Zum Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen im Gesellschaftsrecht, JZ 1977 769; Scholz Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen und Rechtssicherheit, GmbH-Rdsch. 1952 161 und GmbH-Rdsch. 1954 65; Schopp Einberufung einer GmbH-Gesellschafterversammlung durch eine Minderheit, GmbH-Rdsch. 1976 126; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, 4. Aufl. (1978); Verhoeven GmbH-Konzern-Innenrecht (1978); ders. Nochmals: Minderheitenschutz und Beirat in der GmbH, BB 1978 335; Vogel Gesellschafterbeschlüsse und Gesellschafterversammlung („GB"), in: Rechtsfragen der Handelsgesellschaften Bd. 17 (1968); Warrikoff Der Rechtsanspruch der Aktionäre auf Dividende im Vergleich mit dem Recht der Vereinigten Staaten, AG 1963 34; Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH, in: Rechtsfragen der Handelsgesellschaften Bd. 10 (1964); Zöllner Die Schranken mitgliedschaftsrechtlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden (1963). — Vgl. im übrigen die Kommentare zu §§ 241 ff. AktG und das dort verzeichnete aktienrechtliche Schrifttum. Die wichtigsten Kommentare zum Aktiengesetz werden in diesem Anhang nur mit dem Bearbeiternamen zitiert; also z. B. der Kölner Kommentar zum AktG (1976) zu §§ 241 ff. als „Zöllner", der Großkommentar zum AktG, 3. Aufl. (1973) zu §§ 241 ff. als „Schilling", jeweils mit der Paragraphenziffer des AktG und der Randnote.
Einleitung 1
Das GmbH-Gesetz enthält keine Bestimmungen über Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers von 1892. Er glaubte, auf besondere Vorschriften über die Befugnis des einzelnen Gesellschafters, Beschlüsse durch Klage anzufechten, verzichten zu können und verwies insoweit auf die „allgemeinen Grundsätze" (Begr. 1892 S. 101; anders die Reform, s. Rdn. 4). Tatsächlich bestand schon bei Einführung des GmbH-Gesetzes in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit darüber, daß Rechtssicherheit und Rechtsklarheit es verbieten, im Bereich der Körperschaften, also insbesondere bei Kapitalgesellschaften, auf fehlerhafte, d. h. gegen gesetzliche oder statutarische Regelungen verstoßende Gesellschafterbeschlüsse die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 116ff., 134, 138 BGB) uneingeschränkt anzuwenden. Im Bereich der Aktiengesellschaft hatte die Praxis bereits in (422)
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der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmte Grundsätze über Nichtigkeit und Anfechtbarkeit aktienrechtlicher Hauptversammlungsbeschlüsse entwickelt, die 1884 Eingang in das A D H G B , später in das H G B und in die Aktiengesetze fanden (§§ 271 ff. H G B , §§ 195ff. A k t G 1937, §§ 241ff. A k t G 1965). Zur Rechtsentwicklung zuletzt K. Schmidt A G 1977 243, 247f. In Rechtsprechung und Literatur herrscht von jeher Einigkeit darüber, daß die aktien- 2 rechtlichen Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit fehlerhafter HV-Beschlüsse sinngemäß auf fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse einer G m b H anzuwenden sind (u. a. R G Z 85 311; 122 154; 166 129, 131; R G D R 1944 247; B G H Z 11 231, 235 = N J W 1954 385 m. Anm. Scholz = L M § 51 N r . 1 m. Anm. R. Fischer; B G H Z 14 25, 30; 14 264, 268; 15 382, 384; 36 207, 210f.; 51 209, 210; Brodmann § 47, 4; Scholz § 4 5 , 10; Vogel § 4 7 , 4; ders. G B 113ff.; Baumbach-Hueck Anh. § 4 7 , 1 A ; Hueck 401 f.; Lehmann 90ff., K. Schmidt A G 1977 247; Däuhler 4; Immenga GmbH-Rdsch. 1973 5). Die analoge Anwendung der aktienrechdichen Bestimmungen ist so allgemein anerkannt, daß Däuhler aaO mit Recht von einer „gewohnheitsrechtlichen Fortbildung des GmbH-Rechts" spricht (ebenso Vogel G B 113). Einigkeit herrscht im Grundsatz auch darüber, daß die Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften nur sinngemäß, also nur insoweit auf die G m b H anzuwenden sind, als „nicht die Besonderheiten der G m b H eine Abweichung erfordern" ( B G H Z 36 207, 210f.; R G Z 166 129, 131f.). Nach wie vor herrscht allerdings Streit über die Anwendbarkeit bestimmter aktienrechtlicher Vorschriften auf die G m b H ; dazu im einzelnen die folgende Kommentierung. Scholz § 45, 10 fordert aus Gründen der Rechtssicherheit eine entsprechende Anwendung aller aktienrechtlicher Bestimmungen, sofern nicht „zwingende Gründe" entgegenstehen. Das geht zu weit — Scholz selbst (aaO sowie GmbH-Rdsch. 1952 161 und 1954 65) zieht denn auch beispielsweise den Kreis der Nichtigkeitsfälle wesentlich enger als im Aktienrecht — und kann zu einer im Bereich der G m b H unerwünschten Formalisierung führen (von der z. B. der Regierungsentwurf mit seiner völligen Übernahme aktienrechdicher Bestimmungen nicht frei ist). Allgemein läßt sich vielmehr sagen, daß diejenigen aktienrechtlichen Vorschriften, die — insbesondere wegen der Funktion von Aktiengesellschaften als Publikumsgesellschaften, also im Hinblick auf den Schutz von Kleinaktionären — besondere Förmlichkeiten vorsehen oder daran anknüpfen, auf die G m b H in der Regel nicht anzuwenden sind (zutr. Däuhler 5; Gutbrod 80). Wortlaut der §§ 2 4 1 - 2 5 7 A k t G Der Text dieser aktienrechdichen Vorschriften ist im folgenden abgedruckt. AktG § 241 Nichtigkeitsgründe Ein Beschluß der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des § 192 Abs. 4, §§ 212, 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 nur dann nichtig, wenn er 1. in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die nicht nach § 121 Abs. 2 und 3 einberufen war, es sei denn, daß alle Aktionäre erschienen oder vertreten waren, 2. nicht nach § 130 Abs. 1, 2 und 4 beurkundet ist, 3. mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, 4. durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt, 5. auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist, 6. nach § 144 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Grund rechtskräftiger Entscheidung als nichtig gelöscht worden ist. (423)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung AktG § 242 Heilung der Nichtigkeit
(1) Die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, der entgegen § 30 Abs. 1, 2 und 4 nicht oder nicht gehörig beurkundet worden ist, kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluß in das Handelsregister eingetragen worden ist. (2) Ist ein Hauptversammlungsbeschluß nach § 241 Nr. 1, 3 oder 4 nichtig, so kann die Nichtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Beschluß in das Handelsregister eingetragen worden ist und seitdem drei Jahre verstrichen sind. Ist bei Ablauf der Frist eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses rechtshängig, so verlängert sich die Frist, bis über die Klage rechtskräftig entschieden ist oder sie sich auf andere Weise endgültig erledigt hat. Eine Löschung des Beschlusses von Amts wegen nach § 144 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird durch den Zeitablauf nicht ausgeschlossen. (3) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn in den Fällen des § 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 die erforderlichen Eintragungen nicht fristgemäß vorgenommen worden sind. AktG § 243 Anfechtungsgründe (1) Ein Beschluß der Hauptversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden. (2) Die Anfechtung kann auch darauf gestützt werden, daß ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen suchte und der Beschluß geeignet ist, diesem Zweck zu dienen. Dies gilt nicht, wenn der Beschluß den anderen Aktionären einen angemessenen Ausgleich für ihren Schaden gewährt. (3) Auf eine Verletzung des § 128 kann die Anfechtung nicht gestützt werden. (4) Für eine Anfechtung, die auf die Verweigerung einer Auskunft gestützt wird, ist es unerheblich, daß die Hauptversammlung oder Aktionäre erklärt haben oder erklären, die Verweigerung der Auskunft habe ihre Beschlußfassung nicht beeinflußt. AktG § 244 Bestätigung anfechtbarer Hauptversammlungsbeschlüsse Die Anfechtung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluß durch einen neuen Beschluß bestätigt hat und dieser Beschluß innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist. Hat der Kläger ein rechtliches Interesse, daß der anfechtbare Beschluß für die Zeit bis zum Bestätigungsbeschluß für nichtig erklärt wird, so kann er die Anfechtung weiterhin mit dem Ziel geltend machen, den anfechtbaren Beschluß für diese Zeit für nichtig zu erklären. AktG § 245 Anfechtungsbefugnis Zur Anfechtung ist befugt 1. jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn er gegen den Beschluß Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat; 2. jeder in der Hauptversammlung nicht erschienene Aktionär, wenn er zu der Hauptversammlung zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Gegenstand der Beschlußfassung nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist; 3. im Fall des § 232 Abs. 2 jeder Aktionär; 4. der Vorstand; 5. jedes Mitglied des Vorstands und des Aufsichtsrats, wenn durch die Ausführung des Beschlusses Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsrats eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder wenn sie ersatzpflichtig werden würden. (424)
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AktG § 246 Anfechtungsklage (1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden. (2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten. (3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. (4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage und den Termin zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. AktG § 247 Streitwert (1) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als eine Million Deutsche Mark beträgt, eine Million Deutsche Mark nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist. (2) Macht eine Partei glaubhaft, daß die Belastung mit den Prozeßkosten nach dem gemäß Absatz 1 bestimmten Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Prozeßgericht auf ihren Antrag anordnen, daß ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepaßten Teil des Streitwerts bemißt. Die Anordnung hat zur Folge, daß die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat. Soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, hat sie die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten. Soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, kann der Rechtsanwalt der begünstigten Partei seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben. (3) Der Antrag nach Absatz 2 kann vor der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Später ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert durch das Prozeßgericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören. AktG § 248 Urteilswirkung (1) Soweit der Beschluß durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt ist, wirkt das Urteil für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, auch wenn sie nicht Partei sind. Der Vorstand hat das Urteil unverzüglich zum Handelsregister einzureichen. War der Beschluß in das Handelsregister eingetragen, so ist auch das Urteil einzutragen. Die Eintragung des Urteils ist in gleicher Weise wie die des Beschlusses bekanntzumachen. (2) Hatte der Beschluß eine Satzungsänderung zum Inhalt, so ist mit dem Urteil der vollständige Wortlaut der Satzung, wie er sich unter Berücksichtigung des Urteils und aller bisherigen Satzungsänderungen ergibt, mit der Bescheinigung eines Notars über diese Tatsache zum Handelsregister einzureichen. AktG § 249 Nichtigkeitsklage (1) Erhebt ein Aktionär, der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses gegen die Gesell(425)
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Schaft, so gelten § 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, §§ 247 und 248 sinngemäß. Es ist nicht ausgeschlossen, die Nichtigkeit auf andere Weise als durch Erhebung der Klage geltend zu machen. (2) Mehrere Nichtigkeitsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Nichtigkeits- und Anfechtungsprozesse können verbunden werden.
AktG § 250 Nichtigkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (1) Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung ist außer im Falle des § 241 Nr. 1, 2 und 3 nur dann nichtig, wenn 1. der Aufsichtsrat unter Verstoß gegen § 96 Abs. 2, § 97 Abs. 2 Satz 1 oder § 98 Abs. 4 zusammengesetzt wird; 2. die Hauptversammlung, obwohl sie an Wahlvorschläge gebunden ist (§§ 6 und 8 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes), eine nicht vorgeschlagene Person wählt; 3. durch die Wahl die gesetzliche Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder überschritten wird (§95); 4. die gewählte Person nach § 100 Abs. 1 und 2 bei Beginn ihrer Amtszeit nicht Aufsichtsratsmitglied sein kann. (2) Für die Klage auf Feststellung, daß die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig ist, sind parteifähig 1. der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, sowie, wenn die Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat, 2. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 3. jede in der Gesellschaft oder in einem Unternehmen, dessen Arbeitnehmer selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, vertretene Gewerkschaft sowie deren Spitzenorganisation. (3) Erhebt ein Aktionär, der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder eine in Absatz 2 bezeichnete Organisation oder Vertretung der Arbeitnehmer gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung, daß die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig ist, so gelten § 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, §§ 247, 248 Abs. 1 Satz 2 und § 249 Abs. 2 sinngemäß. Es ist nicht ausgeschlossen, die Nichtigkeit auf andere Weise als durch Erhebung der Klage geltend zu machen. AktG § 251 Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (1) Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden. Ist die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden, so kann die Anfechtung auch darauf gestützt werden, daß der Wahlvorschlag gesetzwidrig zustande gekommen ist. § 242 Abs. 4 und § 244 gelten. (2) Für die Anfechtungsbefugnis gilt § 2 4 5 Nr. 1, 2 und 4. Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds, das nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz auf Vorschlag der Betriebsräte oder einer Spitzenorganisation gewählt worden ist, kann auch von jedem Betriebsrat eines Betriebs der Gesellschaft, jeder in den Betrieben der Gesellschaft vertretenen Gewerkschaft oder deren Spitzenorganisation angefochten werden. Die Wahl eines weiteren Mitglieds, das nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt worden ist, kann auch von jedem Aufsichtsratsmitglied angefochten werden. (3) Für das Anfechtungsverfahren gelten §§ 246, 247 und 248 Abs. 1 Satz 2. (426)
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AktG § 252 Urteilswirkung (1) Erhebt ein Aktionär, der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder eine in § 250 Abs. 2 bezeichnete Organisation oder Vertretung der Arbeitnehmer gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung, daß die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung nichtig ist, so wirkt ein Urteil, das die Nichtigkeit der Wahl rechtskräftig feststellt, für und gegen alle Aktionäre und Arbeitnehmer der Gesellschaft, alle Arbeitnehmer von anderen Unternehmen, deren Arbeitnehmer selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die in § 250 Abs. 2 bezeichneten Organisationen und Vertretungen der Arbeitnehmer, auch wenn sie nicht Partei sind. (2) Wird die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt, so wirkt das Urteil für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, auch wenn sie nicht Partei sind. Im Fall des § 251 Abs. 2 Satz 2 wirkt das Urteil auch für und gegen die nach dieser Vorschrift anfechtungsberechtigten Betriebsräte, Gewerkschaften und Spitzenorganisationen, auch wenn sie nicht Partei sind.
AktG § 253 Nichtigkeit des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (1) Der Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns ist außer in den Fällen des § 173 Abs. 3, des § 217 Abs. 2 und des § 241 nur dann nichtig, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses, auf dem er beruht, nichtig ist. Die Nichtigkeit des Beschlusses aus diesem Grunde kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses nicht mehr geltend gemacht werden kann. (2) Für die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit gegen die Gesellschaft gilt § 249.
AktG § 254 Anfechtung des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns (1) Der Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns kann außer nach § 243 auch angefochten werden, wenn die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn Beträge in Rücklage stellt, die nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen sind, obwohl die Einstellung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten übersehbaren Zeitraum zu sichern und dadurch unter die Aktionäre kein Gewinn in Höhe von mindestens vier vom Hundert des Grundkapitals abzüglich von noch nicht eingeforderten Einlagen verteilt werden kann. (2) Für die Anfechtung gelten §§ 244 bis 248. Die Anfechtungsfrist beginnt auch dann mit der Beschlußfassung, wenn der Jahresabschluß nach § 173 Abs. 3 erneut zu prüfen ist. Zu einer Anfechtung wegen zu hoher Einstellung in Rücklagen nach Absatz 1 sind Aktionäre nur befugt, wenn ihre Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den Nennbetrag von einer Million Deutsche Mark erreichen. AktG § 255 Anfechtung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen (1) Der Beschluß über eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen kann nach § 243 angefochten werden. (2) Die Anfechtung kann, wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder zum Teil ausgeschlossen worden ist, auch darauf gestützt werden, daß der sich aus dem Erhöhungsbeschluß ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist. Dies gilt nicht, wenn die neuen Aktien von einem (427)
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Dritten mit der Verpflichtung übernommen werden sollen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. (3) Für die Anfechtung gelten §§ 244 bis 248. AktG § 256 Nichtigkeit (1) Ein festgestellter Jahresabschluß ist außer in den Fällen des § 173 Abs. 3 §234 Abs. 3 und Abs. 2 nichtig, wenn 1. er durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffendichen Interesse gegeben sind, 2. er nicht nach § 162 Abs. 1 und 3 geprüft worden ist, 3. er von Personen geprüft worden ist, die nicht zum Abschlußprüfer bestellt sind oder nach § 164 nicht Abschlußprüfer sein können, 4. bei seiner Feststellung die Bestimmungen des Gesetzes oder der Satzung über die Einstellung von Beträgen in offene Rücklagen oder über die Entnahme von Beträgen aus offenen Rücklagen verletzt worden sind. (2) Ein von Vorstand und Aufsichtsrat festgestellter Jahresabschluß ist außer nach Absatz 1 nur nichtig, wenn der Vorstand oder der Aufsichtsrat bei seiner Feststellung nicht ordnungsgemäß mitgewirkt hat. (3) Ein von der Hauptversammlung festgestellter Jahresabschluß ist außer nach Absatz 1 nur nichtig, wenn die Feststellung 1. in einer Hauptversammlung beschlossen worden ist, die nicht nach § 121 Abs. 2 und 3 einberufen war, es sei denn, daß alle Aktionäre erschienen oder vertreten waren, 2. nicht nach § 130 Abs. 1, 2 und 4 beurkundet ist, 3. auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist. (4) Wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über die Gliederung des Jahresabschlusses (§§ 151, 152, 157 bis 159) sowie wegen der Nichtbeachtung von Formblättern, nach denen der Jahresabschluß zu gliedern ist, ist der Jahresabschluß nur nichtig, wenn seine Klarheit und Ubersichtlichkeit dadurch wesendich beeinträchtigt sind. Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt namentlich vor, wenn 1. in der Bilanz § 152 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6 und 8 nicht beachtet ist, oder 2. in der Gewinn- und Verlustrechnung die Posten § 157 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 nicht gesondert ausgewiesen sind, obgleich die Voraussetzungen des § 157 Abs. 4 nicht vorliegen, oder wenn Aufwendungen oder Erträge, die unter die Posten § 157 Abs. 1 Nr. 7, 15, 24, 25 oder 27 fallen, nicht unter diesen Posten ausgewiesen sind. (5) Wegen Verstoßes gegen die Bewertungsvorschriften ist der Jahresabschluß nur nichtig, wenn 1. Posten überbewertet oder 2. Posten unterbewertet sind und dadurch die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft vorsätzlich unrichtig wiedergegeben oder verschleiert wird. Uberbewertet sind Aktivposten, wenn sie mit einem höheren Wert, Passivposten, wenn sie mit einem niedrigeren Betrag angesetzt sind, als nach §§ 153 bis 156 zulässig ist. Unterbewertet sind Akivposten, wenn sie mit einem niedrigeren Wert, Passivposten, wenn sie mit einem höheren Betrag angesetzt sind, als nach §§ 153 bis 156 zulässig ist. (6) Die Nichtigkeit nach Absatz 1 Nr. 1, 3 und 4, Absatz 2, Absatz 3 Nr. 1 und 2, Absatz 4 und 5 kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Bekanntmachung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4, des Absatzes 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 2 sechs Monate, in den anderen Fällen drei Jahre verstrichen sind. Ist bei Ablauf der Frist eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Jahresabschlusses rechtshängig, so verlängert sich die Frist, bis über die Klage rechtskräftig entschieden ist oder sie sich auf andere Weise endgültig erledigt hat. (7) Für die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit gegen die Gesellschaft gilt §249 sinngemäß. (428)
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AktG § 257 Anfechtung der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung (1) Die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung kann nach § 243 angefochten werden. Die Anfechtung kann jedoch nicht darauf gestützt werden, daß der Inhalt des Jahresabschlusses gegen Gesetz oder Satzung verstößt. (2) Für die Anfechtung gelten die §§ 244 bis 248. Die Anfechtungsfrist beginnt auch dann mit der Beschlußfassung, wenn der Jahresabschluß nach § 173 Abs. 3 erneut zu prüfen ist.
Reform Die §§ 191—206 RegE übernehmen im wesentlichen die Vorschriften des A k t G 1965 4 über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen. Einige im geltenden Recht bestehende Streitfragen werden geklärt, und zwar jeweils im Sinn des Aktienrechts (z. B. in § 196 RegE bezüglich der Anfechtungsfrist). § 191 RegE führt die Nichtigkeitsgründe abschließend auf. Er ist § 241 A k t G nachgebildet; in N r . 1 und 2 der Vorschrift ist zwischen mündlicher und schrifdicher Beschlußfassung ausdrücklich unterschieden. § 192 RegE (Heilung der Nichtigkeit) enthält in Abs. 1 eine gegenüber dem Aktienrecht erweiterte Möglichkeit, Einberufungsmängel zu heilen; im übrigen entspricht die Bestimmung dem § 242 AktG. § 193 RegE (Anfechtungsgründe) übernimmt § 243 Abs. 1 und 2 AktG. Nicht übernommen wurde § 243 Abs. 4 A k t G (Kausalitätsfiktion bei falscher Auskunft); vgl. dazu unten Rdn. 86. § 194 RegE (Bestätigung) stimmt mit § 244 A k t G überein. § 195 RegE (Anfechtungsbefugnis) entspricht in Abs. 1 der schon jetzt herrschenden Ansicht. Abs. 2 gibt Geschäftsführern und Aufsichtsratsmitgliedern ein Anfechtungsrecht analog § 245 N r . 5 AktG. Eine generelle Anfechtungsbefugnis der Geschäftsführung entsprechend § 245 N r . 4 A k t G sieht der Entwurf nicht vor. § 196 RegE (Anfechtungsklage) entspricht teilweise § 246 A k t G . Er schreibt eine feste Anfechtungsfrist von einem Monat vor und enthält Vorschriften über Beginn, Verlängerung und Hemmung der Frist. § 197 RegE (Streitwert) stimmt mit § 247 A k t G überein. § 198 RegE (Urteilswirkung) entspricht §248 AktG. § 199 RegE (Nichtigkeitsklage) entspricht im wesentlichen § 249 AktG. §§ 2 0 0 - 2 0 6 RegE sind vollständig dem geltenden Aktiengesetz (§§ 2 5 0 - 2 5 5 AktG) nachgebildet. I. Mangelhafte Gesellschafterbeschlüsse 1. Beschlußtatbestand, Abgrenzungsfragen a) Beschluß der Gesellschafter. Die §§ 241 ff. A k t G gelten für Beschlüsse der 5 Hauptversammlung. Die analoge Anwendung dieser Bestimmungen, die hier zu behandeln ist, setzt das Vorhandensein eines Gesellschafterbeschlusses voraus (zur Rechtsnatur des Gesellschafterbeschlusses s. § 4 5 , 11 ff.). Auf Beschlüsse anderer Gremien können diese Bestimmungen grundsätzlich keine Anwendung finden. Inwieweit Beschlüsse von Gesellschaftsorganen, die nach der Satzung an die Stelle von Gesellschafterbeschlüssen treten, diesen Vorschriften unterfallen, ist unter Rdn. 224 ff. behandelt. b) Nicht- und Scheinbeschluß. Entsteht, aus welchen Gründen auch immer, der 6 Anschein, es handle sich bei einem Beschluß, der von einem nicht zuständigen Gremium (429)
§ 47 Anh.
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gefaßt wird, um einen Gesellschafterbeschluß, so stellt sich die Frage, wie ein solcher Nichtbeschluß oder Scheinbeschluß zu behandeln ist. Nach h. M. sind auf solche Fälle die Vorschriften über Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen nicht anzuwenden. Derartige Beschlüsse seien schlechthin wirkungslos (BGHZ 11 231, 236; 18 334, 337; Schilling § 241, 4; Vogel GB 114; weitere Nachw. bei Zöllner § 241, 49). Dem ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu folgen (ebenso Zöllner aaO 54ff.). Die Abgrenzung des Nichtbeschlusses vom fehlerhaften (nichtigen) Beschluß macht schon theoretische Schwierigkeiten. Von dem Extremfall abgesehen, daß ein unbefugter Außenstehender eine Gruppe von Nichtgesellschaftern zu „Beschlußfassungen" einberuft, sind die denkbaren Fälle kaum klar abzugrenzen: Warum soll es sich bei einem von Gesellschaftern gefaßten Beschluß um ein nullum nur deshalb handeln, weil die Einladung von einem „völlig Unbefugten" ausging? Warum soll ein beurkundeter und zur Eintragung angemeldeter Satzungsänderungsbeschluß rechdich anders behandelt werden, je nachdem, ob mehr oder weniger als die Hälfte der Beschließenden Nichtgesellschafter waren, oder ob überhaupt kein Gesellschafter mitgewirkt hat? In der Praxis hat die Unterscheidung vor allem Bedeutung für die Frage, ob auch gegen Nicht- oder Scheinbeschlüsse die Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG (oder die Feststellungsklage gem. § 256 ZPO) gegeben ist, und ob § 242 Abs. 2 AktG auf solche Beschlüsse Anwendung findet. Beides ist zu bejahen. Wo immer der „Schein" eines Beschlusses besteht (und das gilt insbesondere bei Eintragungen im Handelsregister), sind solche Beschlußtatbestände wie nichtige Beschlüsse (gem. § 241 Abs. 1 oder 3 AktG) zu behandeln. Vgl. auch Rdn. 41. 7 Die h. M. spricht von Scheinbeschlüssen auch in den Fällen wo Einzelstimmen, die für das Beschlußergebnis den Ausschlag geben, ungültig sind; dann soll der „richtige" Beschluß erforderlichenfalls durch Feststellungsklage gem. § 256 ZPO festgestellt werden (BGHZ 51 209, 211; anders, nach BGHZ 14 25 nur bei satzungsändernden Beschlüssen, die vom Versammlungsleiter — unrichtig — festgestellt worden sind). Der h. M. ist nicht zu folgen, s. Rdn. 11 und 37. 8
c) Ablehnender Beschluß. Auch der ablehnende Beschluß (§ 47, 4) ist Beschluß in diesem Sinn und kann daher nichtig oder anfechtbar sein (RGZ 142 123, 130; 146 385, 388; BGH LM Nr. 2 zu § 29 = DB 1972 1575; Schilling § 241, 5; Zöllner § 241, 58; Baltzer GmbH-Rdsch. 1972 57ff.). Allerdings setzt die Erhebung einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage gegen einen ablehnenden Beschluß ein besonderes Rechtsschutzinteresse voraus (Rdn. 137f.). Denn die Wirkung eines rein negativen Abstimmungsergebnisses erschöpft sich verfahrensmäßig in dem Verbrauch des jeweils gestellten Antrags und tatsächlich in der Aufrechterhaltung des Zustandes, wie er vor dem Antrag bestanden hat. Mit der Ablehnung ist weder das Nichtbestehen eines mit dem Antrag geltend gemachten Anspruchs verbindlich festgestellt, noch der Antragsteller gehindert, seinen Anspruch innerhalb oder außerhalb der Gesellschafterversammlung weiterhin zu erheben (BGH LM aaO; Baltzer aaO). — Das Übergehen eines Tagesordnungspunktes, also die Nichtbefassung mit einem Beschlußantrag, ist kein Beschluß, der mit den genannten Rechtsbehelfen angegriffen werden könnte (§ 48, 11).
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d) Bedeutung der Einzelstimme. Ob ein dem Beschlußantrag zustimmender oder ihn ablehnender Beschluß vorliegt, entscheidet die Zahl der abgegebenen Stimmen. Ein Beschluß kommt mit der vom Gesetz oder der Satzung vorgesehenen Mehrheit der Stimmen zustande. Bei Nichterreichung einer satzungsgemäßen höheren Mehrheit, aber Erreichung der gesetzlichen Mehrheit, kommt ein (anfechtbarer) Beschluß zustande (§ 47, 5). Das gleiche gilt, wenn der Versammlungsleiter den Beschluß (unrichtig) trotz Nichterreichung der Mehrheit als zustande gekommen feststellt (vgl. Rdn. 37 sowie § 48, 13ff.). (430)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
Für die Frage, ob ein Beschluß vorliegt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die tatsächlich abgegebenen Stimmen als Willenserklärungen nach allgemeinen Vorschriften nichtig oder anfechtbar sind. Obwohl der Gesellschafterbeschluß Rechtsgeschäft, die Stimmabgabe Willenserklärung ist (§45, 10f.), kann die Fehlerhaftigkeit der einzelnen Stimmabgabe nur unter Beachtung der folgenden besonderen Gesichtspunkte geltend gemacht werden. Die Stimmabgabe kann nichtig sein mangels Geschäftsfähigkeit, mangels Gesellschaftereigenschaft, mangels Ernstlichkeit (§ 116 BGB), wegen Ausfalls einer Bedingung (§ 45, 10), mangels Vertretungsmacht (§§ 180, 181 BGB; vgl. dazu § 47, 45), bei unzulässiger Stimmabgabe wegen Verstoßes gegen die gesellschaftliche Treupflicht (§ 13, 7; § 14, 23ff.; § 47, 81), mangels Stimmrechts oder gemäß § 47 Abs. 4 (siehe Erl. zu § 47) oder, teilweise, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz einheitlicher Stimmabgabe (§ 47, 23). Dagegen macht eine Verletzung von Stimmrechtsvereinbarungen die Stimmabgabe als solche nicht ungültig (§47, 31). Nichtige Einzelstimmen zählen bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht mit, wenn sich bei einer Beschlußfassung die Teilnehmer über die Ungültigkeit einer Stimmabgabe alsbald einig sind. Die ungültige Stimme wird dann nicht berücksichtigt. Besteht jedoch keine Einigkeit, so gibt zunächst die Feststellung des Versammlungsleiters den Ausschlag (bestr.; vgl. Rdn. 37), allerdings vorbehaldich einer Anfechtungsklage. Ist eine solche Feststellung nicht erfolgt, so gilt im Streitfall auch eine ungültige Stimme solange als gültig, bis der Beschluß auf Anfechtungsklage hin für nichtig erklärt ist (vgl. § 48, 13 ff.). Der Bestand eines Gesellschafterbeschlusses kann auch dann, wenn keine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter erfolgt ist, nicht dauernd in der Schwebe bleiben. Die Anfechtung einer Stimmabgabe nach allgemeinen Vorschriften (§§ 119, 123 BGB) ist grundsätzlich möglich. Jedoch wirkt sich die Anfechtung einer Stimmabgabe auf den Beschluß nur dann unmittelbar aus, wenn sie sogleich nach Abgabe der Stimme erklärt wird und entweder unter den Gesellschaftern unstreitig ist (§ 45, 10) oder von einem Versammlungsleiter bei der Feststellung des Beschlußergebnisses als berechtigt berücksichtigt wird. In diesen Fällen wird die angefochtene Stimmabgabe so gewertet, wie sie ohne den Willensmangel abgegeben worden wäre. In allen anderen Fällen jedoch (also dann, wenn unter den Teilnehmern keine Einigkeit über die Wirksamkeit besteht oder eine entsprechende Feststellung des Versammlungsleiters fehlt), kann die Anfechtbarkeit der einzelnen Stimmabgabe nur im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden. e) Vorläufige Meinungsäußerung. Der Beschluß ist abschließende, definitive Willensäußerung der Gesellschafter. Liegt nur ein „vorläufiger Beschluß" oder eine sonstige unverbindliche Meinungsäußerung vor, so handelt es sich nicht um einen Gesellschafterbeschluß. Sieht die Satzung eine zweifache „Beschlußfassung" über einen bestimmten Gegenstand vor (z. B. für den Fall, daß bei der ersten Abstimmung ein bestimmtes Quorum nicht erreicht wird), so handelt es sich nur bei dem zweiten AbstimmungsVorgang um einen echten Beschluß, der mit Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage anzugreifen ist. Allerdings kann in diesem Fall u. U. auch die Nichtbeachtung der gesetzlichen oder satzungsgemäßen Verfahrensvorschriften bei der ersten „Beschluß"-Fassung ein Grund für die Anfechtung des definitiven (zweiten) Beschlusses sein. Verfahrensleitende Verfügungen des Versammlungsleiters, aber auch Gesellschafterbeschlüsse, die sich ausschließlich auf den Ablauf der Verhandlung beziehen, sind ebenfalls keine Beschlüsse, die der Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage unterliegen. Solche Verfahrensfehler können allerdings nachfolgende Beschlüsse anfechtbar machen (Vogel GB 119).
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f) Sonderbeschlüsse, Minderheitsverlangen. Beschlüsse bestimmter Gesellschafter- 14 gruppen, die der Gesellschaftsvertrag vorsehen kann, sind Gesellschafterbeschlüsse im (431)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Sinn der Nichtigkeits- und Anfechtungsbestimmungen (vgl. § 138 AktG). Dagegen folgen die Entschließungen mehrerer Mitberechtigter an einem Geschäftsanteil (§ 18) und ebenso die Beschlüsse von GmbH-Gesellschaftern im Rahmen eines Stimmrechtskonsortiums (BGB-Gesellschaft) anderen Regeln. Desgleichen sind Minderheitsverlangen (gemäß § 50) keine Gesellschafterbeschlüsse (Schilling §241, 6; Zöllner § 241, 61). 2. Arten der Mangelhaftigkeit 15
Die verschiedenen Arten rechtlicher Mangelhaftigkeit von Gesellschafterbeschlüssen sind in der aktienrechdichen Kommentarliteratur eingehend behandelt (vgl. u. a. Schilling § 241, 2 - 6 ; Zöllner § 241, 4 - 2 6 , 47-61). Die für das Aktienrecht entwickelten Begriffsbestimmungen können weitgehend für das GmbH-Recht übernommen werden.
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a) Nichtigkeit, Anfechtbarkeit. Die für die Praxis bedeutsamste Unterscheidung ist die zwischen nichtigen und anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen. In beiden Fällen handelt es sich um Beschlüsse, die wegen Rechtsverstoßes (durch ihr Zustandekommen oder ihren Inhalt) fehlerhaft sind. Ein nichtiger Beschluß ist ipso jure und von Anfang an wirkungslos; er ist grundsätzlich auch nicht heilbar (über Ausnahmen s. Rdn. 72ff.). Jedermann kann sich „ohne weiteres" auf seine Wirkungslosigkeit berufen. Demgegenüber ist ein anfechtbarer Beschluß trotz seiner Fehlerhaftigkeit rechtswirksam, aber vernichtbar, kann also (nur) auf Klage hin durch Urteil beseitigt, für nichtig erklärt werden. Die Unterscheidung ist in vieler Hinsicht von prozessualen Vorstellungen geprägt (dazu neuerdings eingehend K. Schmidt A G 1977 243 und J Z 1977 769). Entsprechend dem von Gesetzgebung und Rechtsprechung verfolgten Ziel, im Interesse der Rechtssicherheit die Berufung auf Rechtsverstöße bei Beschlüssen nur begrenzt zuzulassen (Rdn. 1), kann die Nichtigkeit im geltenden Recht als Ausnahme bezeichnet werden (Zöllner § 241, 3), wobei zusätzlich für bestimmte Fälle der Nichtigkeit die Möglichkeit einer Heilung vorgesehen ist (durch Eintragung, analog § 242 AktG; vgl. Rdn. 73f.); andererseits gilt der Grundsatz, daß ein anfechtbarer Beschluß bis zur Nichtigerklärung als rechtswirksam anzusehen ist, nicht ausnahmslos (Rdn. 215). Insofern sind die Fallgruppen in der Praxis nicht durchweg klar zu trennen.
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b) Unwirksamkeit. Von den wegen Rechtsverstoßes fehlerhaften, nichtigen oder anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen sind die sog. unwirksamen oder „unvollständigen" Beschlüsse zu unterscheiden (RGZ 148 175, 186; B G H Z 15 171; 48 141, 143; eingehend Schilling §241, 3; Zöllner §241, 7ff.). Dabei handelt es sich um Beschlüsse, die noch des Hinzutretens zusätzlicher Tatbestände bedürfen, um rechtliche Wirkungen entfalten zu können. Beispiele: Eingriffe in Vorzugsrechte einzelner Gesellschafter (§ 14, 12), solange die Zustimmung der Betroffenen nicht vorliegt (BGH WM 1962 201); Begründung von Sonderpflichten ohne Zustimmung der Betroffenen (BGH WM 1966 446 = DB 1966 775); Einziehungsbeschlüsse gemäß § 34 Abs. 1 ohne Zustimmung des Anteilseigners; Beschlüsse über Änderung der Satzung gemäß § 53, die zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung ins Handelsregister bedürfen (zutr. Zöllner aaO 13); Kartellbeschlüsse (§ 1 Abs. 2 GWB), soweit sie nach §§ 2 ff. GWB noch freistellbar sind; Beschlüsse, die unter einer Bedingung gefaßt werden. Allen diesen Beschlüssen ist gemeinsam, daß der Beschlußtatbestand abgeschlossen, vollständig ist (insofern kann die Ausdrucksweise „unvollständiger Beschluß" mißverständlich sein); die Gesellschafter haben alles getan, was von ihrer Seite zur vollen Wirksamkeit des Beschlusses geschehen konnte. Das bedeutet: 18 Der Beschluß ist wegen des Fehlens des zusätzlichen Elements (der Zustimmung, des Registereintrags etc.) zunächst schwebend unwirksam (RGZ 148 175, 186). Er ist, solange seine Ungültigkeit nicht feststeht, keineswegs gegenstands- oder wirkungslos. Die Gesellschafter haben ihn in dem Sinn zu beachten, daß er als verbindliche Willensäußerung (432)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
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gilt, von dem sie ohne erneute Beschlußfassung nicht abrücken können. Die Verwaltung hat sich um die etwa erforderliche Eintragung ins Register, um die notwendigen Zustimmungen zu kümmern. Erfolgt die Eintragung, wird die Zustimmung erteilt, so ist der Beschluß wirksam. Wird die notwendige Zustimmung — evtl. schon bei der Beschlußfassung — endgültig verweigert oder steht sonst der Ausfall der Bedingung endgültig fest, so ist der Beschluß ungültig. Die Gesellschaft kann einem Gesellschafter, dessen Zustimmung erforderlich ist, eine angemessene Frist setzen, um sich zu erklären. Nichtigkeitsoder Anfechtungsklage hierwegen ist nicht gegeben; der Betroffene kann, bei entsprechendem Rechtsschutzinteresse, Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erheben (BGHZ 15 177, 181; hierzu im einzelnen Rdn. 210ff.). Natürlich kann ein unwirksamer Beschluß wegen anderer Mängel anfechtbar oder nichtig sein. c) Wirkungslosigkeit. In der Literatur werden, neben nichtigen, anfechtbaren und 19 unwirksamen Beschlüssen gelegentlich „wirkungslose", „belanglose", „unverbindliche" Beschlüsse genannt {Hueck Anfechtbarkeit S. 60f.; kritisch Zöllner § 241, 26). Soweit es sich hier nicht nur um sprachliche Divergenzen handelt, also Nichtbeschlüsse ( = Entschließungen unzuständiger Gremien) oder nichtige Beschlüsse gemeint sind, werden damit Beschlüsse bezeichnet, die außerhalb der Kompetenz der Gesellschafter liegen, oder die etwa widersinnig, ihres Inhalts wegen schlechterdings unbeachtlich sind. Der Ansicht Zöllners aaO, solche Gesellschafterbeschlüsse seien gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig und demgemäß bedürfe es keiner besonderen Kategorie „wirkungsloser" Beschlüsse, kann nicht durchweg gefolgt werden. Es sind auch Beschlüsse denkbar, auf die § 241 Nr. 3 AktG (Verstoß gegen das „Wesen der GmbH" oder gegen das „öffentliche Interesse", s. Rdn. 38 ff.) nicht anwendbar ist, die aber gleichwohl Wirkungen nicht entfalten können. Sind z. B. bestimmte Weisungsbefugnisse durch den Gesellschaftsvertrag auf andere Organe übertragen (s. Erl. zu §§ 35—37), so kann ein Weisungsbeschluß der Gesellschafterversammlung, der sich über diese Kompetenzverteilung hinwegsetzt, für die Geschäftsführung unverbindlich sein, auch wenn Nichtigkeitsgründe nicht vorliegen und eine Anfechtung nicht erfolgt (vgl. auch Barz GroßkommAktG §119, 10: Godin-Wilhelmi § 119, 1; weitere Nachweise bei Zöllner aaO). Ebenso können Gesellschafterbeschlüsse nicht in Gläubigerrechte Dritter eingreifen.
II. Nichtige Gesellschafterbeschlüsse 1. Nichtigkeitsgründe — Allgemeines Entsprechend dem Grundsatz, der auch im Aktienrecht gilt (vgl. § 241 AktG: „Ein 20 Beschluß . . . ist . . . nur dann nichtig, wenn . . ."), macht ein Rechtsverstoß den Gesellschafterbeschluß im Zweifel nicht ohne weiteres nichtig, sondern nur vernichtbar = anfechtbar (RGZ 166 132; Schilling § 241, 10; Zöllner § 241, 3; KG WM 1959 733, 734; Vogel GB 114; Sudhoff246). Die Nichtigkeit ist der Ausnahmefall. Die Fälle unbedingter Nichtigkeit sind für das Aktienrecht in § 241 AktG und einigen anderen Vorschriften abschließend normiert (s. die in § 241 genannten Bestimmungen sowie §§ 250, 253, 256 AktG, dazu Rdn. 56ff.). Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften auf Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH führt dazu, daß der Kreis nichtiger Gesellschafterbeschlüsse jedenfalls nicht weiter gezogen sein kann als im Aktienrecht (ebenso Hueck FM 405f.). Eine Heranziehung von Tatbeständen außerhalb des Aktiengesetzes kommt ebensowenig in Betracht wie eine extensive Auslegung der aktienrechtlichen Vorschriften. Ob der Beschluß auf dem Rechtsverstoß beruht, ob der Nichtigkeitsgrund also kausal für das Beschlußergebnis war, ist ohne Bedeutung (RGZ 92 411f.; BGHZ 11 239); anders bei der Anfechtbarkeit, s. Rdn. 85). (433)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
2. Einberufungsmängel 21
Nach § 241 Nr. 1 AktG (§ 195 AktG 1937) ist ein Beschluß (der HV) nichtig, wenn er „in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die nicht nach § 121 Abs. 2 und 3 einberufen war, es sei denn, daß alle Aktionäre erschienen oder vertreten waren".
Man kann sich fragen, ob diese sehr förmliche Bestimmung überhaupt auf die GmbH anzuwenden ist, oder ob es nicht ausreicht, Verfahrensverstöße bei der Einberufung von Gesellschafterversammlungen mit der Rechtsfolge der Anfechtbarkeit zu belegen. Gegen eine Analogie könnte sprechen, daß die Bestimmungen über die Einberufung der Gesellschafterversammlung (§§ 48—51) weitgehend nachgiebiges Recht sind (vgl. § 48, 26; § 49, 14; § 50, 15; § 51, 12). Gleichwohl ist es gerechtfertigt, bestimmte Grundmängel der Einberufung als Nichtigkeitsgründe gelten zu lassen, um — gerade angesichts der weitgehenden Gesellschafter- (d. h. Mehrheits-) Autonomie — die Beachtung fundamentaler Verfahrensprinzipien zu gewährleisten. 22
a) Einberufung durch Unbefugte. Wird die Gesellschafterversammlung durch einen Unbefugten einberufen, so sind die dort gefaßten Beschlüsse analog §§ 121 Abs. 2, 241 Nr. 1 AktG nichtig (BGHZ 11 231, 236; 18 334, 337; BGH WM 1961 799; WM 1962 203 = GmbH-Rdsch. 1962 28; Däubler GmbH-Rdsch. 1968 6; Hueck FM 408). Während die ältere Rechtsprechung des Reichsgerichts bei Vorliegen schwerer Einberufungsmängel einen „Scheinbeschluß" annahm (Rdn. 6), der auch nicht mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen werden muß (vgl. RGZ 75 239, 242; 89 367, 379), hat der BGH (BGHZ 11 231, 236) im Anschluß an § 195 AktG 1937 (jetzt § 241 Nr. 1 AktG) das Vorliegen eines — wenn auch nichtigen Gesellschafterbeschlusses anerkannt, wenn die Gesellschafterversammlung von einem Unbefugten einberufen worden ist (wenn allerdings ein „völlig" Unbefugter einberief, also jemand, der mit der Gesellschaft überhaupt nichts zu tun hat, so soll — sofern keine Vollversammlung stattfindet (Rdn. 33f.) — nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs aaO ein Beschluß überhaupt nicht vorhegen (ebenso Vogel GB 114). Diese Unterscheidung zwischen „Unbefugten" und „völlig" Unbefugten ist, weil unpraktikabel, abzulehnen. Im einen wie im anderen Fall handelt es sich um einen nichtigen, mit der Klage analog § 249 AktG angreifbaren Beschluß. 23 Wer zur Einberufung befugt ist, ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 49, 50) oder der Satzung. Auf die Erläuterungen zu §§ 49, 50 wird verwiesen. In der Regel sind die Geschäftsführer zur Einberufung befugt. Dabei ist zu beachten, daß die Einberufung einer Gesellschafterversammlung kein nach außen wirkendes Rechtsgeschäft ist, daß es also für die Befugnis nicht auf die Vertretungsberechtigung des einberufenden Geschäftsführers ankommt (§ 49, 4; O L G Ffm. GmbH-Rdsch. 1976 110; KG NJW 1965 2157). Ebensowenig ist von Bedeutung, ob der einberufende Geschäftsführer schon im Handelsregister eingetragen ist. Entscheidend ist, daß er im Zeitpunkt der Einberufung als Geschäftsführer bestellt war. Auch Mängel der Bestellung schaden nicht (vgl. im einzelnen § 49, 5); § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG kann insoweit nicht herangezogen werden, weil der Schutzzweck dieser Bestimmung auf die besonderen Verhältnisse bei der AG zugeschnitten ist; a. A. Lehmann 92; BGHZ 18 334 für die Genossenschaft). Daß ein zur Einberufung Befugter einen Dritten mit der technischen Durchführung der Einberufung betraut, macht die Einberufung nicht mangelhaft (BGH WM 1962 202, 203), soweit eine Bevollmächtigung überhaupt zulässig ist (vgl. Erl. zu § 35). 24 Nichtigkeit tritt ein, wenn Gesellschafter nach § 50 einberufen haben, ohne die dort genannten 10-Prozent-Minderheit zu besitzen oder die übrigen Voraussetzungen des § 50 zu erfüllen (§ 50, 13; BGHZ 11 231, 237; BayObLG DB 1956 734; Lehmann 92; Eder Handbuch I, 470; Wolany 222t.; Baumbach-Hueck § 51, 3; Schopp GmbH-Rdsch. (434)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
1976 129f.; a. A. Scholz § 45, 15 und GmbH-Rdsch. 1952 162; 1954 65). Nichtig sind Beschlüsse auch dann, wenn sie auf einer Gesellschafterversammlung gefaßt sind, deren Einberufung wirksam zurückgenommen worden war (§ 49, 7f.). Auch zu schriftlicher Beschlußfassung gem. § 48 Abs. 2 muß ein „Befugter", also 25 ein Gesellschafter oder Geschäftsführer, aufgefordert haben (§ 48, 20; Hueck FM 408). In der Regel wird sich dieser Nichtigkeitsgrund jedoch nicht auswirken: Stimmen nämlich, wie § 48 Abs. 2 dies vorsieht, sämtliche Gesellschafter, auf die Aufforderung eines Unbefugten hin, einer schrifdichen Beschlußfassung zu, so ist der Mangel geheilt (vgl. § 48, 20). Stimmen nicht alle Gesellschafter der schriftlichen Abstimmung zu, so ist der Beschluß ohnehin wegen Verstoßes gegen § 48 Abs. 2 nichtig. Wenn allerdings die Satzung eine schrifdiche Beschlußfassung auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter zuläßt, kann die Aufforderung durch einen Unbefugten zur Nichtigkeit führen (vgl. BGHZ 28 355; Hueck aaO). Nichtigkeit tritt auch dann ein, wenn statutarische Regelungen der Einberufungs- 26 befugnis unbeachtet bleiben (so ausdrücklich die Reform: § 191 Nr. 1 RegE). Die Interessenlage ist dieselbe. Jeder Gesellschafter muß sich darauf verlassen können, daß eine Beschlußfassung, zu der nicht in Ubereinstimmung mit der Satzung eingeladen wird, ohne weiteres unbeachtlich ist. b) Mängel der Einladung. Nichtig sind Gesellschafterbeschlüsse auch dann, wenn 27 die Einladung selbst wesendiche Mängel aufweist. Als wesendicher Mangel ist es aber nur (analog § 121 Abs. 3 AktG) anzusehen, wenn nicht alle Gesellschafter eingeladen, oder wenn Zeit oder Ort der Gesellschafterversammlung nicht oder nicht richtig angegeben worden sind. Einzuladen sind alle Gesellschafter im Sinn von § 16 (BGHZ 36 207, 211; vgl. Erl. zu §§ 48 und 51). Die Nichteinladung anderer teilnahmeberechtigter Personen kann nur zur Anfechtbarkeit der gefaßten Beschlüse führen; so für Aufsichtsratsmitglieder gem. $ 77 BetrVG: OLG Stuttgart NJW 1973 2027. - Der einzelne Gesellschafter kann vor der Beschlußfassung ausdrücklich oder konkludent auf eine Einladung verzichten; dann bleibt die Nichteinladung dieses Gesellschafters folgenlos. Der nachträgliche Verzicht des nichteingeladenen Gesellschafters auf Teilnahme oder seine nachträgliche Genehmigung des Beschlusses kann die Nichtigkeit in der Regel nicht heilen (vgl. aber Rdn. 35). Scholz § 51, 9 sieht in der versehentlichen Nichteinladung oder Nichtzulassung eines Gesellschafters nur einen Anfechtungsgrund (ebenso AG Hamburg GmbH-Rdsch. 1954 60). Dem ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zuzustimmen. Die vom Gesetz erwähnte (schriftliche) „Einladung" ist allerdings nicht gleich „Zustellung": Es genügt die nachweisliche Absendung der Einladung an die der Gesellschaft bekannten Anschriften (RGZ 60 144; vgl. § 51, 6). Über das Anfechtungsrecht in Fällen, in denen eine Einladung nicht alle Gesellschafter erreicht hat, siehe Rdn. 89. Eine Veröffendichung in den Gesellschaftsblättern ($121 Abs. 3 Satz 1 AktG) ist im GmbHG nicht vorgesehen; sie kann also die Einladung nicht ersetzen, wenn die Satzung dies nicht ausdrücklich vorsieht (BGHZ 36 207, 211). Andererseits führt die Verletzung einer satzungsgemäßen Veröffendichungspflicht nur dann zur Nichtigkeit, wenn — was selten sein dürfte — die Veröffendichung in den Gesellschaftsblättern die Einladung ersetzen, also nicht nur zusätzlich erfolgen soll. Nach BGH NJW 1965 1376f. soll ein Beschluß gemäß § 15 Abs. 5 trotz Nichteinladung des veräußernden Gesellschafters wirksam sein, weil der Nichteingeladene ohnehin nicht gegen die Abtretungsgenehmigung hätte stimmen dürfen. Dem ist nicht zu folgen. Das Teilnahmerecht des einzelnen Gesellschfters hängt nicht davon ab, ob und wie er abstimmen darf. Denkbar wäre in dem zitierten Fall u. U. die Annahme eines (stillschweigenden) Teilnahmeverzichts des veräußernden Gesellschafters. Daß neben den teilnahmeberechtigten Personen noch zusätzlich andere Personen 28 eingeladen worden sind und sich an der Beschlußfassung beteiligt haben, macht den («5)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Beschluß niemals nichtig, sondern allenfalls anfechtbar (vgl. Rdn. 89; ebenso Scholz § 51, 9). Ist ein Gesellschafter zugleich Mitberechtigter gemäß § 18 an einem anderen Geschäftsanteil, so wirkt seine Einladung gegenüber den anderen Mitberechtigten nur dann, wenn er ausdrücklich auch als Mitberechtigter geladen ist (BGHZ 49 189; vgl. § 18, 32). 29 Enthält die Einladung keine Angaben über Zeit und Ort der Gesellschafterversammlung, so ist sie für den eingeladenen Gesellschafter unbrauchbar. Das gleiche gilt, wenn die Zeit- und/oder Ortsangabe unrichtig in dem Sinn ist, daß sie nicht dem Zeitpunkt und Platz entspricht, an dem die Gesellschafterversammlung tatsächlich abgehalten wird. Die Beschlüsse sind in solchen Fällen nichtig, vorbehaltlich einer Universalversammlung (§ 51, 5; KG NJW 1965 2157). 30 Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen die in der Einladung gemachten Zeit-, Orts- und Fristangaben nicht § 51 Abs. 1 und 4 (Wochen- bzw. Dreitagefrist) oder den Bestimmungen der Satzung entsprechen oder die Treupflicht verletzen (§ 48, 4). Solche Mängel führen nur zur Anfechtbarkeit (vgl. auch RGZ 88 223; Baumbach-Hueck § 49, 4; Scholz § 45, 12; s. auch Rdn. 32). 31 Bei schriftlicher Beschlußfassung gilt Entsprechendes. Werden nicht alle Gesellschafter aufgefordert, und zwar notwendigerweise unter Mitteilung des Beschlußantrags, so ist die Beschlußfassung nichtig (s. aber auch § 48, 25). Dagegen machen sonstige Verstöße gegen § 48 Abs. 2 einen Beschluß lediglich anfechtbar. Eine Aufforderung zu schriftlicher Beschlußfassung muß, neben dem Beschlußantrag, auch eine etwa gesetzte Frist zur Stimmabgabe enthalten (§ 48, 20); fehlt sie, kann das zur Anfechtbarkeit führen. 32
c) Keine Nichtigkeit durch sonstige Formmängel. Hingegen macht die Nichtbeachtung sonstiger gesetzlicher oder statutarischer Vorschriften über Förmlichkeiten der Einberufung von Gesellschafterversammlungen die gefaßten Beschlüsse nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (BGH WM 1961 799; GmbH-Rdsch. 1972 177). Unter diese Kategorie fallen: Form- und Fristerfordernisse, wie sie in § 51 Abs. 1 Satz 1 (eingeschriebener Brief), Satz 2 (Wochenfrist), Abs. 2 und 4 (Ankündigung der Beschlußgegenstände) aufgestellt sind, sowie weitere Förmlichkeiten, die sich aus der Satzung ergeben mögen (ebenso Däubler 6; Lehmann 92; Wilke Handbuch I, 470; Hueck FM 406, 409). Auch fehlende Absenderangabe (§ 51, 10) führt nur zu Anfechtbarkeit. Ebenso macht die fehlende Schriftform als solche, wenn kein sonstiger Mangel der in Rdn. 27 genannten Art vorliegt, die Beschlußfassung nicht schlechthin nichtig.
33
d) Vollversammlung. Wie sich aus § 241 Nr. 1 AktG, insbesondere aber ausdrücklich aus § 51 Abs. 3 ergibt, führen Mängel der Einberufung weder zu Nichtigkeit noch zu Anfechtbarkeit, wenn bei der Beschlußfassung sämtliche teilnahmeberechtigten — auch die nicht stimmberechtigten (Schilling § 241, 14; Scholz § 51, 10) — Gesellschafter anwesend, d. h. erschienen oder vertreten sind (sog. Universal- oder Vollversammlung), vgl. § 51, 9; BGHZ 18 334, 339; 36 207, 211; Hueck FM 408; Lehmann 92; Wolany 22. Zum Begriff der Anwesenheit siehe § 51, 9. — Daß neben sämtlichen Gesellschaftern noch weitere Personen anwesend sind, hindert die Heilungswirkung nicht, sondern führt nur u. U. zur Anfechtbarkeit. 34 Dabei genügt zur Vermeidung der Nichtigkeit die bloße Anwesenheit der Gesellschafter oder ihrer Vertreter; nicht notwendig ist also ein ausdrückliches oder konkludentes Einverständnis mit der Abhaltung der Versammlung und der Beschlußfassung (a. A. für das Aktienrecht: Schilling § 241, 14; RGZ 92 409, 411 f.; wie hier offenbar Zöllner § 241, 90). Andererseits schließt die bloße Anwesenheit eines Gesellschafters nie die Anfechtbarkeit aus, sofern er der Beschlußfassung im Hinblick auf den Mangel widerspricht oder sich an der Beschlußfassung überhaupt nicht beteiligt (§ 51, 9; RG JW 1929 (436)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
654; vgl. auch BGHZ 11 231, 238; Baumbach-Hueck aaO; Vogel GB 117; Hueck aaO; Scholz § 51, 10). Ein Verzicht auf die Teilnahme, der vor der Beschlußfassung gegenüber der Gesell- 35 schaft erklärt ist, bewirkt, daß die Abwesenheit des Verzichtenden einer Vollversammlung und ihrer heilenden Wirkung nicht entgegensteht. Dies ergibt sich indirekt aus § 48 Abs. 2 (so zutreffend Wolany aaO; RG JW 1934 976; Baumbach-Hueck § 51, 5). Zu empfehlen ist die Protokollierung dieses Verzichts; notwendig ist sie jedoch nicht. Ein nachträglicher Verzicht auf die Teilnahme hat diese Wirkung grundsätzlich nicht (ebenso Zöllner Rdn. 42). — Man wird allerdings eine Heilung von Einberufungsmängeln außer durch Vollversammlung dann annehmen können, wenn alle Gesellschafter, die dem fehlerhaften Beschluß nicht zugestimmt haben (gleichgültig, ob sie an der Versammlung teilgenommen haben oder nicht) unverzüglich nach Beschlußfassung entweder den Beschluß selbst oder sein Zustandekommen genehmigen. Dies gilt entsprechend auch für schriftlich gefaßte Beschlüsse gemäß § 48 Abs. 2 (ähnlich Hueck FM 408; a.A., auch für solche Fälle, OLG München BB 1978 471; vgl. auch Rdn. 76 und § 48, 25). 3. Nichtbeurkundung Nach § 241 Nr. 2 AktG ist ein Beschluß dann nichtig, wenn er
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„nicht nach § 130 Abs. 1, 2 und 4 (AktG) beurkundet ist".
Das Aktiengesetz schreibt in § 130 zwingend notarielle Beurkundung aller Hauptversammlungsbeschlüsse vor. Anders das GmbH-Recht, das eine besondere Form nur in § 53 Abs. 2 für satzungsändernde Gesellschafterbeschlüsse zwingend vorsieht. Demgemäß führt nur in diesem Fall ein Beurkundungsmangel — Nichtbeurkundung oder fehlerhafte Beurkundung - zur Nichtigkeit des Beschlusses (RG DR 1939 721; BGHZ 11 36; siehe Erl. zu § 53). Der Beschluß des Gesellschaftsvertrags (§ 2) ist kein Gesellschafterbeschluß. Zu den Folgen eines Verstoßes gegen die Form des § 2 siehe § 2, 17 ff. Die Beurkundung von Satzungsänderungen vor einem ausländischen Notar erfüllen nach herrschender Meinung das Formerfordernis nicht, vgl. Erl. zu § 53; Allg. Einl. 98ff.). Ein Beurkundungsmangel wird auch nicht etwa durch Abhaltung einer Universalversammlung geheilt (RGZ 119 229). Zur Heilung durch Eintragung im Handelsregister s. Rdn. 73f. Verletzt dagegen der Beschluß lediglich eine von der Satzung angeordnete Form, so macht dies den Beschluß nur anfechtbar (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 2 A b; Hueck FM 409; Scholz §45,15). Auch eine Feststellung des Versammlungsleiters, es sei ein bestimmter Beschluß 37 gefaßt, ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Gesellschafterbeschluß (§ 48, 13f.). Erfolgt jedoch eine solche Feststellung und ist sie unrichtig, so hat sie die Wirkung, daß dem äußeren Bild nach ein Gesellschafterbeschluß vorliegt, der also anfechtbar (aber nicht schlechthin unbeachtlich) ist, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um eine Satzungsänderung handelt; anders die h. M.; s. zu der hier liegenden Streitfrage im einzelnen § 48, 13-16; wie hier K.Schmidt AG 1977 278 b. FN 126. - Zu den Verpflichtungen des Versammlungsleiters Zöllner § 243, 29 f. 4. Wesentlicher Rechtsverstoß Nach § 241 Nr. 3 AktG ist ein Beschluß nichtig, wenn er „mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind".
Eine sinngemäße Auslegung dieser Vorschrift für das GmbH-Recht ergibt zunächst allgemein das Folgende: In jedem Fall muß es sich um eine Verletzung zwingender gesetz(437)
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§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
licher Vorschriften handeln, wenn Nichtigkeit eintreten soll. Vorschriften, denen der Gesetzgeber nicht selbst zwingenden Charakter beigelegt hat, können für das „Wesen der GmbH" nicht maßgeblich sein, nicht ausschlaggebend im „öffentlichen Interesse" liegen. Daher können Verstöße gegen nachgiebige gesetzliche Bestimmungen oder gegen Vorschriften der Satzung (soweit diese nicht lediglich zwingende gesetzliche Bestimmungen wiederholt) nur zur Anfechtbarkeit führen, nicht zur Nichtigkeit (ebenso Zöllner § 241, 102). Andererseits ist keine zwingende materiellrechtliche Bestimmung des GmbHGesetzes ersichtlich, die nicht entweder für das Wesen der GmbH maßgeblich ist oder im öffentlichen Interesse liegt (anders im Aktienrecht, vgl. Schilling § 241, 18 m. w. N.). Man kann also sagen, daß jeder inhaltliche Verstoß gegen zwingende Vorschriften des GmbH-Rechts zur Nichtigkeit führt. Anders gilt bei Verfahrensverstößen (Rdn. 45) und u. U. bei Verletzung von Normen außerhalb des GmbH-Rechts (Rdn. 44). a) Unvereinbarkeit mit dem Wesen der GmbH. Bei der Anwendung dieser ersten Alternative von § 241 Nr. 3 AktG ist Zurückhaltung geboten. Dem „Wesen" der GmbH entspricht nicht zuletzt die weitgehende Möglichkeit der Gesellschafter, die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse nach ihren Zwecken frei zu gestalten (BGHZ 14 264, 269). Ob überhaupt dieser ersten Alternative gegenüber der zweiten (Verstoß gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse gegeben sind) eine eigene Bedeutung beizumessen ist, hängt davon ab, wie man das „öffentliche Interesse" begreift. Ersichtlich ist damit nicht das öffentliche Interesse gemeint, das notwendigerweise hinter jeder zwingenden Gesetzesnorm steht, denn sonst wäre jeder inhaldiche Verstoß gegen zwingendes Recht ein Nichtigkeitsgrund nach der zweiten Alternative. Die Bestellung einer juristischen Person oder eines nicht voll Geschäftsfähigen zum Geschäftsführer (§ 35, 29), die Wahl solcher Personen als Aufsichtsratsmitglieder (§ 52, 69) oder eine Satzungsbestimmung, wonach die GmbH-Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbeschränkt haften, widersprechen jedenfalls dem „Wesen der GmbH"; ob die Vorschriften, gegen die in diesen Fällen verstoßen wird, „im öffentlichen Interesse gegeben" sind, erscheint zweifelhaft. — In der Regel allerdings dürften Fälle der ersten Alternative (Unvereinbarkeit mit dem Wesen der GmbH) zugleich auch unter die zweite Alternative zu subsumieren sein {Schilling § 241, 18 m. w. N.). 40 Unvereinbar mit dem Wesen der GmbH ist, neben den soeben genannten Fällen, z. B. ein Beschluß, der in unverzichtbare, d. h. absolut unentziehbare Gesellschafterrechte eingreift (§ 14, 13 und 14), der also etwa die Erhebung einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage generell oder für bestimmte Fallgruppen ausschließt oder die Befugnis, die Satzung zu ändern, auf Dritte überträgt. Das gleiche gilt für die Möglichkeit des Abandons (§ 27) und des Austritts (Anh. § 34). Soweit es sich hier um zwingendes Recht handelt (vgl. § 27, 35; Anh. § 34, 13), würde eine Einschränkung dieser Möglichkeiten gegen das Wesen der GmbH verstoßen und nichtig sein. Anders dagegen Beschlüsse, die nur relativ, d. h. ohne Zustimmung des Betroffenen, unentziehbare Rechte beeinträchtigen (Rdn. 17) oder die gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen (Rdn. 90). 41 Unter die erste Alternative können aber auch Beschlüsse fallen, die vielfach als „schlechterdings wirkungslos" bezeichnet werden. Zu denken ist dabei etwa an in sich widersprüchliche, unsinnige Beschlüsse oder an Beschlüsse von Nichtgesellschaftern, die den Anschein erwecken, es handle sich um Gesellschafterbeschlüsse („Scheinbeschlüsse", vgl. Rdn. 6); solche „Beschlüsse" widersprechen dem Wesen jeder rechtlichen Organisation. 42 b) Verstoß gegen Vorschriften im öffentlichen Interesse oder gegen Gläubigerschutzbestimmungen. Zur Abgrenzung dieser Fallgruppe gegenüber der ersten Alternative des § 241 Nr. 3 AktG s. Rdn. 39. Das Gesetz spricht von Bestimmungen, die „ausschließlich oder überwiegend" zum Gläubigerschutz oder sonst im öffentlichen 39
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Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
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Interesse gegeben sind. Dies bedeutet jedoch nicht, daß eine Abwägung der fraglichen Vorschriften daraufhin zu erfolgen habe, ob sie mehr dem Gläubiger- bzw. sonstigem öffentlichen Interesse oder mehr anderen, z. B. Gesellschafterinteressen, dienen. Vielmehr ist entscheidend, ob die fragliche Bestimmung für den Gläubigerschutz etc. wesentlich ist (Schilling § 241, 20; Zöllner § 241, 104). Der Begriff des öffentlichen Interesses ist weit zu fassen (allg. Meinung; Nachw. bei Schilling aaO 21). Wie die besondere Hervorhebung des Gläubigerschutzes als Unterfall des „öffendichen Interesses" zeigt, sind Vorschriften gemeint, die zum Schutze aller ergangen sind, die mit der Gesellschaft rechtlich zu tun haben. Die zwingenden, auch durch Statut nicht einschränkbaren Vorschriften des 43 GmbHG liegen überwiegend wesendich im Gläubiger- oder sonst im öffendichen Interesse, so daß Beschlüsse, die hiergegen verstoßen, schon deshalb nichtig sind. Dies gilt z. B. für Beschlüsse, die gegen § 4 (Firma), § 5 (Stammkapital und Einlagen), § 17 Abs. 1 und 5 (Teilung von Geschäftsanteilen in einer Hand) verstoßen, oder welche sich über die Einlageverpflichtungen (§ 19, § 25) oder über zwingende Zuständigkeiten (vgl. § 46, 1) hinwegsetzen (Däuhler 6), weiterhin aber vor allem für Gesellschafterbeschlüsse, welche gegen Vorschriften über die Beschaffung und Erhaltung des Stammkapitals verstoßen, so gegen § 9, § 16 Abs. 2 und 3, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 und 3, § 21, § 22, § 24, §§ 3 0 - 3 4 ; vgl. auch die Erl. zu diesen Bestimmungen. Weiterhin gilt dies z. B. dann, wenn durch den Bilanzfeststellungsbeschluß Höchstwertvorschriften verletzt werden (vgl. Erl. zu § 42 und unten Rdn. 68) oder wenn die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung (§ 58) nicht beachtet werden. Verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 29, 97) sind nur dann nichtig, wenn Sie gegen § 30 verstoßen; im übrigen kann, wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, Anfechtbarkeit vorliegen. Aber auch die Verletzung von Vorschriften außerhalb des GmbH-Gesetzes, deren 44 Beachtung wesendich im öffendichen Interesse liegt, hat Nichtigkeit zur Folge. Nichtig sind danach z. B. Beschlüsse strafbaren Inhalts sowie Beschlüsse, die gegen Verbotsnormen des GWB oder des Wettbewerbsrechtes verstoßen. § 1 Abs. 2 GWB nennt Gesellschafterbeschlüsse ausdrücklich, soweit es sich bei den Gesellschaften um Unternehmen handelt. Generell deckt sich der Kreis der Normen, deren Verletzung hiernach zur Nichtigkeit führt, mit dem Kreis der nach § 134 BGB relevanten Verbotsnormen. c) Inhaltliche Rechtsverletzung. Verfahrensfehler unterfallen § 241 Nr. 3 AktG 45 nicht. Obwohl der Wortlaut insoweit nicht eindeutig ist, wird allgemein angenommen, daß nur inhaltliche Rechtsverstöße als mit dem Wesen der GmbH oder dem öffendichen Interesse unvereinbar gelten können (vgl. Schilling § 241, 18; Zöllner § 241, 98). Mängel beim Zustandekommen eines Beschlusses können nur nach § 241 Nr. 1, 2 und 5 AktG zur Nichtigkeit führen. Zielt ein Beschluß nur darauf ab, Verstöße gegen Vorschriften i. S. von § 241 Nr. 3 AktG zu ermöglichen, ohne eine solche Verletzung bereits zu enthalten, so kann nur Anfechtbarkeit gegeben sein. 5. Sittenverstoß Nichtigkeit tritt nach § 241 Nr. 4 AktG weiter dann ein, wenn ein Beschluß
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„durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt".
Dabei entspricht der Begriff des Sittenverstoßes grundsätzlich dem in § 138 BGB. Sittenwidriges Zustandekommen des Beschlusses oder sittenwidrige Zwecke oder 47 Motive reichen jedoch für die Nichtigkeit des Beschluses nicht aus, sondern können nur zur Anfechtung führen. Daher führen Drohung und arglistige Täuschung, vor allem aber auch Rechtsmißbrauch der Mehrheit bei der Beschlußfassung, oder die Verletzung (439)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
schuldrechtlicher Verpflichtungen, nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit (RGZ 113 188, 193; 115 383; 131 145; 166 131; 172 76; B G H Z 8 348, 356; 15 382, 385; B G H WM 1962 419; 1967 927, 929; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 2 B ; Scholz § 45, 11). 48 Inhaltliche Sittenwidrigkeit liegt dann vor, wenn der Inhalt des Beschlusses „für sich allein betrachtet" gegen die guten Sitten verstößt. Dabei kommt es naturgemäß nicht auf den Wortlaut, sondern auf den inneren Gehalt des Beschlusses an. Die Rechtsprechung ist geneigt, unter weitgehender Vernachlässigung des Wortlauts, inhaltliche Sittenwidrigkeit vor allem da anzunehmen, wo ein Beschluß in der Absicht gefaßt wurde, außenstehende Gläubiger der Gesellschaft zu schädigen, und ein entsprechender Vorsatz bei allen oder dem für das Abstimmungsergebnis wesentlichen Teil der mitstimmenden Gesellschafter vorlag; denn anderenfalls sei es den geschädigten Dritten nicht möglich, eine Beseitigung des fehlerhaften Beschlusses herbeizuführen, da sie selbst nicht anfechtungsberechtigt sind (RGZ 161 129, 144; 166 129, 132; B G H Z 15 382, 386; 24 119, 123; Hueck J Z 1955 209). Dagegen soll, wie schon dargelegt, bei Mißbrauch der Stimmenmacht durch die Mehrheit zum Nachteil der Minderheit Nichtigkeit nicht eintreten, wo nicht der eigendiche Beschlußinhalt sittenwidrig ist (RGZ 166 129, 132 f.). Der Begriff der „inhaltlichen Sittenwidrigkeit" scheint hier unterschiedlich interpretiert zu sein. Doch läßt sich diese Unterscheidung rechtfertigen mit der Erwägung, daß eben die Schädigung Außenstehender im Bewußtsein, daß diese keine Möglichkeit haben, den Beschluß anzugreifen, dem „inneren Gehalt" des Beschlusses den besonders vorwerfbaren Charakter gibt, der zur Nichtigkeit führt (eingehend hierzu Zöllner § 241, 124ff.; Schilling § 241, 24f.; jeweils m. weiteren Nachw.). Zur Entlastung, die in der Absicht erteilt wird, Gläubiger zu benachteiligen, vgl. § 46, 25; zum Verzicht auf Ersatzansprüche vgl. § 46, 35. Dagegen liegt ein inhaltlicher Sittenverstoß nicht schon deshalb vor, weil der Beschluß die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern (Treupflicht) oder zu ihrem Treugeber verletzen; die Nichtigkeit würde hier die Rechtssicherheit beeinträchtigen ( B G H D B 1962 467; WM 1966 614 = D B 1966 897; WM 1967 927, 929). 6. Nichtigkeit durch erfolgreiche Anfechtung 49
Schließlich stellt § 241 N r . 5 AktG fest, daß ein Beschluß dann nichtig ist, wenn er auf Anfechtungsklage hin durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist. Dies gilt auch für Gesellschafterbeschlüsse der GmbH. Nach Rechtskraft des Urteils unterscheidet sich die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses in nichts mehr von der „anfänglichen" Nichtigkeit. S. unten Rdn. 178. 7. Löschung im Handelsregister
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Nach § 241 N r . 6 AktG ist ein Beschluß nichtig, wenn er „nach § 144 Abs. 2 F G G aufgrund rechtskräftiger Entscheidung als nichtig gelöscht worden ist".
Die hier zitierte Vorschrift, § 144 Abs. 2 F G G , gibt dem Registerrichter die Möglichkeit, einen im Handelsregister eingetragenen Beschluß von Amts wegen gemäß §§142, 143 F G G als nichtig zu löschen, „wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten ist". 51 Die Bestimmungen sind nur für Beschlüsse von Bedeutung, die zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung ins Handelsregister bedürfen, im Bereich der G m b H also nur für die Satzungsänderung (§ 54 Abs. 2), wozu auch Kapitalerhöhung und -herabsetzung gehören, sowie für Verschmelzung und Umwandlung. Auf andere Beschlüsse, die zwar einzutragen sind, für deren Wirksamkeit die Eintragung aber nicht konstitutiv ist, findet die Vorschrift keine Anwendung, nicht z. B. also auf die Auflösung oder auf Bestellung (440)
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und Abberufung von Geschäftsführern oder Abwicklern (zutr. Dättbler 6; Vogel GB 115; Lehmann 93; a. A. Janssen FGG § 144, 13); insoweit kann aber eine Löschung der Eintragung nach § 142 FGG in Betracht kommen. Die Amtslöschung einer Satzungsänderung ist nur zulässig, wenn bei einem Inhalts- 52 verstoß gegen zwingende (nicht nur GmbH-rechtliche) Vorschriften — Verfahrensverstöße reichen nicht aus — ein öffentliches Interesse an der Beseitigung des konkreten Beschlusses besteht (zu den Befugnissen des Registerrichters vor Eintragung siehe Rdn. 218f.). Die Löschung muß mit der Nichtigkeit des Beschlusses begründet sein (vgl. § 241 Nr. 6 AktG: „als nichtig gelöscht"). „Aufgrund rechtskräftiger Entscheidung" bedeutet, daß — nach § 144 FGG — gegen die Löschungsankündigung des Registergerichts kein Widerspruch erhoben oder daß über den Widerspruch endgültig entschieden wurde. Rechtskraft ist hier also mit Unanfechtbarkeit gleichzusetzen (so zutr. Zöllner § 241, 133). Ob die Voraussetzungen für die Löschung vorliegen, kann nur im Verfahren nach FGG überprüft werden. Die Nichtigkeit tritt mit Löschung auch dann ein, wenn ein Nichtigkeitsgrund vom Registerrichter zu Unrecht angenommen worden ist. Die Amtslöschung ist unabhängig von der Dauer der Eintragung zulässig. Das 53 folgt aus § 242 Abs. 2 Satz 2 AktG, wonach die Löschung auch noch nach Ablauf der in § 242 Abs. 2 AktG genannten Dreijahresfrist erfolgen kann (diese starre Frist gilt im GmbH-Recht nicht; s. Rdn. 74). Die Löschung hat dieselbe Wirkung wie ein rechtskräftiges Anfechtungsurteil: Der Beschluß ist von Anfang an nichtig. Der Schutz Dritter, die auf die Wirksamkeit der Eintragung vertrauten, richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen (§15 HGB; Rechtsschein). Zum Verhältnis des Amtslöschungsverfahrens zu Nichtigkeits- und Anfechtungsprozeß s. Rdn. 163. 8. Sonstige in § 241 AktG genannte Nichtigkeitsgründe Im Eingangstext der aktienrechdichen Vorschrift sind verschiedene andere Vorschrif- 54 ten des Aktiengesetzes genannt, die ihrerseits Nichtigkeitsfälle normieren. Diese Bestimmungen sind auf die GmbH nicht entsprechend anwendbar. Einer analogen Anwendung von 5 212 Satz 2 und § 217 Abs. 2 AktG bedarf es nicht, weil insoweit für die GmbH unmittelbar geltende Vorschriften bestehen: Nichtig sind nach § 9 Satz 2 und § 14 Abs. 2 Satz 4 des Kapitalerhöhungsgesetzes vom 23. 12. 1959 Gesellschafterbeschlüse, die bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, sowie Beschlüsse über Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (und Gewinnverteilungsbeschlüsse) bei Nichteintragung binnen drei Monaten (vgl. Lehmann S. 91; siehe dazu auch Anh. zu § 57). — Die weitere aaO genannte Bestimmung — § 192 AktG — ist bedeutungslos, weil das GmbH-Recht ein bedingte Kapitalerhöhung nicht kennt. Das gleiche gilt für die Fälle gem. §§ 234 Abs. 3, 235 Abs. 2 AktG, da es im GmbH-Recht keine vereinfachte Kapitalherabsetzung gibt. § 228 Abs. 2 AktG ist bedeutungslos deshalb, weil eine Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag bei der GmbH gem. § 58 Abs. 2 ausnahmslos unzulässig ist. Ein Beschluß, der hiergegen verstößt, ist bereits nach § 241 Nr. 3 AktG (analog) nichtig (Rdn. 43). Schließlich kommt auch eine entsprechende Anwendung des (in § 241 AktG nicht erwähnten) § 173 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht in Betracht, weil das GmbH-Recht eine Abschlußprüfung nicht kennt (Lehmann 93 f.). — Zur Reform siehe § 191 RegE und oben Rdn. 4. 9. Nichtigkeit analog §§ 250, 253, 256 AktG Das AktG statuiert in §§ 250, 253, 256 weitere Nichtigkeitsgründe bei Wahlen von 55 Aufsichtsratsmitgliedern, Gewinnverwendungsbeschlüssen und Jahresabschlüssen. (441)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
a) Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 250 AktG). Diese aktienrechtliche Vorschrift betrifft nur Wahlen, die durch die Hauptversammlung erfolgen (Schilling § 250, 1). Grundsätzlich bestehen keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 250 AktG auf Gesellschafterbeschlüsse der GmbH, zumal das Recht des Aufsichtsrats der GmbH weitgehend durch aktienrechtliche Vorschriften bestimmt wird (vgl. im einzelnen die Erl. zu § 52; ebenso Däubler GmbH-Rdsch. 1968 10). Doch ist zu beachten, daß die von § 250 AktG genannten Vorschriften für den fakultativen Aufsichtsrat gemäß § 52 größtenteils nicht gelten (s. u.). Nach § 250 Abs. 1 AktG ist die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, außer in den Fällen des § 241 Nr. 1, 2 und 5 AktG, nur dann nichtig, wenn die Wahl gegen § 96 Abs. 2, § 97 Abs. 2 Satz 1, § 98 Abs. 4 AktG (Kontinuitätsgrundsatz), § 95 AktG (Höchstzahl), § 100 Abs. 1 und 2 AktG (persönliche Voraussetzungen) verstößt oder wenn sie, entgegen §§ 6, 8 Montan-MitbestG, von einem Wahlvorschlag abweicht. Für Aufsichtsratswahlen bei der GmbH gilt demgemäß das Folgende (zur Anwendung von §250 Abs. 2 AktG s. Rdn. 195; zu den Auswirkungen nichtiger AR-Wahlen s. Rdn. 182). aa) Für den fakultativen Aufsichtsrat gelten gemäß § 52 die in § 250 Abs. 1 Nr. 1—3 AktG genannten Vorschriften des AktG und des Montan-MitbestG überhaupt nicht, die in Nr. 4 genannten Vorschriften nur zum Teil. In Betracht kommt hier also nur eine Nichtigkeit der AR-Wahl analog § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG, wenn ein Verstoß gegen § 100 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 2 AktG vorliegt. Daß die AR-Mitglieder natürliche und unbeschränkt geschäftsfähige Personen sein müssen (§ 100 Abs. 1 AktG), folgt schon aus dem Wesen der GmbH. Eine hiergegen verstoßende Wahl ist also nicht nur nach § 250 Abs. 1 Nr. 4, sondern auch nach § 241 Nr. 3 AktG nichtig (§ 52, 68). Die Anwendung des § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG auf den fakultativen AR kann, nach § 52, von der Satzung ausgeschlossen werden. Ist dies nicht der Fall, so ist die Wahl gesetzlicher Vertreter eines abhängigen Unternehmens in den Aufsichtsrat nichtig (§ 52, 69). Dagegen führt ein Verstoß gegen § 105 AktG nicht zur Nichtigkeit, weil § 250 AktG diese Bestimmung nicht aufführt (Grundsatz der abschließenden Regelung der Nichtigkeitsgründe). Die Wahl eines Geschäftsführers, Prokuristen oder Generalbevollmächtigten hat auch dann, wenn § 105 AktG von der Satzung nicht generell ausgeschlossen ist, nur zur Folge, daß der Gewählte das Amt erst antreten kann, wenn er die genannte Eigenschaft nicht mehr hat {Schilling § 250 AktG, 7a. E.; Gessler § 105 AktG, 6, 8, 15f.; Brox NJW 1967 804; a. A. Zöllner § 250 AktG, 37; vgl. auch unten § 52, 78). bb) Beim obligatorischen Aufsichtsrat nach §§ 76, 77 BetrVG gilt § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 1 AktG in jedem Falle. Verstöße hiergegen führen zur Nichtigkeit der Wahl (§ 52, 73). Darüber hinaus macht ein Verstoß gegen die Bestimmungen über die Höchstzahl der Mitglieder (§ 95 Satz 4 AktG), über die Zusammensetzung des Aufsichtsrat (§ 96 Abs. 2, § 97 Abs. 2 Satz 1, § 98 Abs. 4 AktG) die Wahl nichtig. Siehe dazu im einzelnen § 52, 6 2 - 6 4 , 70, 80. cc) Für den obligatorischen Aufsichtsrat nach dem MitbestG gelten die in § 7 MitbestG genannten Höchstzahlen. Ein Verstoß hiergegen macht die Wahl nichtig (§ 52, 66). Im übrigen sind, gemäß § 6 Abs. 2 MitbestG, die in § 250 Abs. 1 AktG genannten Bestimmungen beachtlich (vgl. Erl. zu § 52). Für die AR-Wahlen nach dem MontanMitbestG (vgl. § 52, 44) enthält § 250 Abs. 1 Nr. 3 AktG einen besonderen Nichtigkeitsgrund. b) Nichtigkeit des Jahresabschlusses (§ 256 AktG). Für die Nichtigkeit des Jahresabschlusses gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie bei sonstigen Gesellschafterbeschlüssen. Der Beschluß über die Feststellung des Jahresabschlusses kann wegen Fehlern beim Zustandekommen nichtig sein (Rdn. 21 ff.); die Nichtigkeit kann aber auch aus inhaltlichen Mängeln resultieren (Rdn. 38ff.). Zur Anfechtbarkeit vgl. Rdn. 91. § 2 5 6 (442)
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AktG faßt die für die Nichtigkeit des Jahresabschlusses geltenden Regelungen zusammen. Die Frage, ob § 256 AktG auf die GmbH entsprechend anwendbar ist, kann daher nicht einheidich beantwortet werden. § 256 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AktG setzt die Pflichtprüfung des Jahresabschlusses voraus, welche die GmbH grundsätzlich nicht kennt. Soweit besondere Vorschriften auch für GmbHs Pflichtprüfungen vorsehen (vgl. Erl. zu § 42a sowie Anh. III zu § 42), sind in erster Linie spezielle Bestimmungen über die Nichtigkeit bei Prüfungsverstößen zu beachten, wie z. B. § 6 Abs. 8 PublG; im übrigen können in solchen Fällen die Bestimmungen des § 256 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AktG entsprechende Anwendung finden. § 256 Abs. 2 AktG nennt Verstöße gegen besondere Mitwirkungspflichten der Verwaltung bei der Feststellung des Jahresabschlusses. Da in der GmbH grundsätzlich die Feststellung des Jahresabschlusses Sache der Gesellschafterversammlung ist, kommt eine analoge Anwendung dieser Bestimmung nicht in Betracht. Uberträgt die Satzung die Feststellung des Jahresabschlusses dem Aufsichtsrat oder einem anderen Gesellschaftsorgan, so gelten für Fehler beim Zustandekommen des Feststellungsbeschlusses u. U. besondere Bestimmungen (s. Rdn. 224 sowie § 52, 105), nicht aber § 256 Abs. 2 AktG. Inhaltliche Mängel des Jahresabschlusses sind, unabhängig davon, welches Gesellschaftsorgan den Abschluß feststellt, stets nach denselben Kriterien zu beurteilen. § 256 Abs. 3 AktG wiederholt die in § 241 Nr. 1 AktG genannten Nichtigkeitsgründe (Einberufungsmängel, Beurkundungsmängel, erfolgreiche Anfechtung). Insoweit hat § 256 Abs. 3 für die GmbH keine eigene Bedeutung. § 256 Abs. 4 AktG hat Verstöße gegen die aktienrechdichen Vorschriften über die Gliederung des Jahresabschlusses zum Gegenstand. Diese Vorschriften gelten für die GmbH im allgemeinen nicht (§ 42, 33). Ubernimmt die Satzung einer GmbH aktienrechtliche Bilanzierungsbestimmungen, so macht ein Verstoß gegen solche statutarischen Vorschriften den Jahresabschluß allenfalls anfechtbar. Soweit allerdings aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften aktienrechtliche oder andere spezielle Gliederungsbestimmungen gelten, wird § 256 Abs. 4 AktG jedenfalls im Grundsatz anwendbar sein: Ein Verstoß gegen solche Gliederungsvorschriften zieht die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nur dann nach sich, wenn dieser Verstoß die „Klarheit und Übersichtlichkeit" des Abschlusses „wesentlich beeinträchtigt".
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Mit dem Inhalt des Jahresabschlusses befaßt sich zunächst § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG. 66 Er wiederholt den Nichtigkeitsgrund des § 241 Nr. 3 AktG (Verstoß gegen Vorschriften zum Gläubigerschutz oder sonst im öffentlichen Interesse). Insoweit ist auf Rdn. 38ff. zu verweisen. Daß in § 256 Abs. 1 Nr. 1 AktG, anders als in § 241 Nr. 3 AktG, nicht auf das „Wesen der Aktiengesellschaft" abgehoben ist, bedeutet keine inhaldiche Abweichung, vgl. Zöllner § 256, 1. § 256 Abs. 1 Nr. 4 AktG (Bildung und Auflösung offener Rücklagen) ist auf die 67 GmbH nur übertragbar, soweit zwingende Sondervorschriften gelten (so u. U. nach der 4. EG-Richtlinie, s. § 42, 124ff.). Das GmbH-Gesetz kennt gesetzliche Vorschriften über Bildung und Auflösung offener Rücklagen nicht. Für eine analoge Anwendung der aktienrechtlichen Ausnahmeregelung, daß auch Verstöße gegen Sdtz«»gibestimmungen dieser Art zur Nichtigkeit führen, besteht kein Anlaß. § 256 Abs. 5 AktG (Uber- und Unterbewertung) ist nur teilweise anwendbar. Eine 68 Überbewertung von Bilanzposten führt aus dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses, wenn sie den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung widerspricht und ihrem Umfang nach nicht bedeutungslos ist (vgl. Zöllner § 256, 25). Die Ansicht, eine Uberbewertung führe zur Nichtigkeit dann, wenn sie „willkürlich", kaufmännisch nicht vertretbar sei (RGZ 120 28, 32; 120 363, 366; 131 141, 143; 159 321, 336) meint im Ergebnis dasselbe. Ein Verschulden ist bei der Überbewertung (443)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
nicht erforderlich (RGZ 131 141, 143). Dagegen führt eine Unterbewertung (also die Bildung stiller Reserven) in der Regel allenfalls zur Anfechtbarkeit der Bilanz. Denn diejenigen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung, welche in erster Linie die Realisierung des § 29 bezwecken (Gewinnanspruch), stehen zur Disposition des einzelnen Gesellschafters. Im Geltungsbereich der 4. EG-Richtlinie wird allerdings auch § 256 Abs. 5 Nr. 2 AktG entsprechend anzuwenden sein. — Zum Vorsatz bei einer Unterbewertung und zur Beweislast in diesen Fällen s. O L G Düsseldorf A G 1977 195. 69
c) Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses (§ 253 AktG) Ein Gewinnverwendungsbeschluß kann, als Gesellschafterbeschluß, nach den allgemeinen Regeln des § 241 AktG nichtig sein. § 253 AktG stellt klar, daß die Nichtigkeit des Jahresabschlusses stets die Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses, der auf ihm beruht, nach sich zieht. Die analoge Anwendung auch dieser Bestimmung auf die G m b H ist sinnvoll; ebenso Lehmann 94. Kann die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nicht mehr geltend gemacht werden (wegen Verlustes des Anfechtungsrechts, Heilung etc.), so gilt dies auch gegenüber dem Verwendungsbeschluß, analog § 253 Abs. 1 Satz 2 AktG. 10. Teilnichtigkeit
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Der Beschluß wird durch den einheitlichen Abstimmungsvorgang definiert (vgl. § 45, 11 ff.). Bei sog. zusammengesetzten Beschlüssen, also einheitlicher Beschlußfassung über sachlich verschiedene Gegenstände, ist denkbar, daß nur ein Beschlußteil mit dem Nichtigkeitsmangel behaftet ist, wenn es sich nicht um einen Verfahrensmangel handelt. Dann beurteilt sich die Wirksamkeit der übrigen Teile nach § 139 B G B . Im Zweifel ist von der Nichtigkeit des gesamten Beschlusses auszugehen. Nur wenn feststeht, daß der Beschluß auch ohne den nichtigen Teil gefaßt worden wäre, bleibt dieser Teilbeschluß wirksam ( B G H Z 11 231, 246; R G Z 118 218, 221; 140 177; 146 394; JW 1928 223; Schilling § 241, 7; Zöllner § 241, 231). Dies gilt auch, wenn die Teilnichtigkeit durch erfolgreiche Anfechtung eines Beschlußteils eintritt (Rdn. 116). 71 Bei mehreren, rechtlich oder sachlich zusammenhängenden Beschlüssen ergreift die Nichtigkeit des einen Beschlusses den zweiten Beschluß nicht ohne weiteres. Das gebietet die Rechtssicherheit. § 139 B G B findet keine Anwendung. Denn es fehlt an einem einheitlichen Rechtsgeschäft. Es hängt vom Einzelfall ab, ob sich in einem solchen Fall der zweite Beschluß infolge der Nichtigkeit des ersten als mangelhaft (nichtig, anfechtbar, unwirksam) herausstellt: Ist z. B. eine Satzungsänderung nichtig, so können Beschlüsse, die auf den geänderten Bestimmungen beruhen, anfechtbar sein, weil sie der ursprünglichen Satzung widersprechen. Zu der angemessenen Frist zur Anfechtung des zweiten Beschlusses s. Rdn. 141. Es mag sein, daß der zweite Beschluß ohne den ersten widersinnig und daher gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig ist (Rdn. 41). Schließlich sind Sonderregelungen zu beachten, wie z. B. § 253 AktG (Rdn. 69). Ergibt die Auslegung, daß die Wirksamkeit des ersten nichtigen Beschlusses eine Bedingung (i. S. von §§ 158ff. BGB) für die Wirksamkeit des zweiten Beschlusses sein sollte, so wird der zweite Beschluß wirkungslos (Rdn. 19). Auch sind Fälle denkbar, in denen der Wegfall, die Nichtigkeit des ersten Beschlusses zu einer Verpflichtung der Mehrheit (§ 14, 24) führt, den zweiten Beschluß rückgängig zu machen. 11. Heilung der Nichtigkeit
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Bestimmte Verfahrensmängel, die zur Nichtigkeit führen können, werden durch die Anwesenheit aller Teilnahmeberechtigter bei der Beschlußfassung behoben (sog. Vollversammlung; Rdn. 33ff.). Dabei handelt es sich jedoch nicht eigentlich um eine (444)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
„Heilung" der Nichtigkeit, sondern um eine Vermeidung ihres Eintritts. Eine echte Heilung kann bei bestimmten Gesellschafterbeschlüssen durch Eintragung im Handelsregister erfolgen, da § 242 AktG (§ 196 AktG 1937) grundsätzlich auch auf Gesellschafterbeschlüsse der GmbH entsprechend anzuwenden ist. Diese Bestimmung betrifft freilich nur Beschlüsse, für deren Wirksamkeit die Eintragung erforderlich ist (Schilling § 242, 4; Zöllner § 242, 6), im Bereich des GmbH-Rechts also nur Satzungsänderung, Kapitalerhöhung und -herabsetzung, Umwandlung und Verschmelzung (s. auch Rdn. 51). a) Heilung durch Eintragung. Eine Heilung der Nichtigkeit wegen mangelhafter 73 Beurkundung (§ 241 Nr. 2 AktG) tritt mit der Eintragung ins Handelsregister ein (§ 242 Abs. 1 AktG). Die Heilung bindet auch den Registerrichter; er darf also den einmal eingetragenen Beschluß nicht etwa wieder gemäß § 144 Abs. 2 FGG unter Berufung auf Beurkundungsmängel löschen. Andere Mängel als die in § 241 Nr. 1 AktG genannten werden durch die Eintragung nicht geheilt, insbesondere nicht Mängel der Einberufung {Schilling § 242, 3). b) Heilung durch Eintragung und Zeitablauf. Grundsätzlich ist auch § 242 Abs. 2 74 AktG analog anzuwenden. Die Nichtigkeit eines Beschlusses, für den die Eintragung konstitutiv ist, aus den in § 241 Nr. 1, 3 und 4 AktG genannten anderen Gründen (Einberufungsmängel, Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen oder gegen die guten Sitten), kann daher nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach der Eintragung des Beschlusses ins Handelsregister eine gewisse Zeit verstrichen ist, ohne daß Nichtigkeitsklage erhoben ist. § 242 Abs. 2 AktG nennt dabei eine feste Frist von drei Jahren nach Eintragung. Die analoge Anwendung dieser Dreijahresfrist auf die GmbH bejahen: Scholz § 45, 20 sowie GmbH-Rdsch. 1952 161 und 1954 65; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 2 C; Hueck FM 411 f.; Lehmann 97f.). Demgegenüber stellt die herrschende Meinung auf den Einzelfall ab. Sie bejaht also grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Heilung durch Zeitablauf nach Eintragung, läßt es aber genügen, wenn die Nichtigkeitsklage innerhalb angemessener Frist erhoben wird (BGHZ 11 23l, 239ff.; 36 207, 211 = NJW 1962 539; BGH WM 1978 551, 552; Schilling JZ 1953 407; Däubler 6; vgl. auch Vogel GmbHRdsch. 1954 30; Ballerstedt GmbH-Rdsch. 1955 164). Der herrschenden Meinung ist zu folgen. Bei der Aktiengesellschaft ist das Bedürfnis nach festen Fristen in der Regel größer als bei der meist personalistisch strukturierten GmbH (die Reform löst die Streitfrage im Sinn des geltenden Aktienrechts, vgl. Rdn. 4). Um in diesen Fällen die Heilung durch Eintragung zu hindern, reicht es also aus, daß der Kläger mit aller ihm zuzumutenden Beschleunigung vorgeht und demgemäß eine Nichtigkeitsklage binnen angemessener Frist erhebt. Jedoch kann die angemessene Frist in diesem Sinne nicht kürzer zu bemessen sein als drei Jahre nach Eintragung des Beschlusses; insofern hat die aktienrechtliche Bestimmung also doch eine Auswirkung auf das GmbH-Recht (BGH WM 1978 552; Däubler 7; Vogel GB 116). Nur die Erhebung einer auf Feststellung der Nichtigkeit gerichteten Klage gemäß 75 § 249 AktG hindert die Heilung {Schilling § 242, 5; a. A. Zöllner § 242, 37, der jede auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtete Klage genügen läßt). Keinesfalls genügt die außergerichtliche Geltendmachung der Nichtigkeit oder ein inzident erhobener Einwand (BGHZ 33 175, 176). Die Erhebung einer Anfechtungsklage genügt; sie umfaßt das Begehren auf Feststellung der Nichtigkeit (Rdn. 150). Ist die Klage innerhalb angemessener Frist erhoben, so kann während der Dauer des Rechtsstreits keine Heilung eintreten (analog § 242 Abs. 2 Satz 2 AktG). Dagegen kann die angemessene Frist nicht etwa durch Parteivereinbarung verlängert werden {Schilling aaO). Die Heilung wirkt gegenüber jedermann. Eine Amtslöschung gemäß § 144 Abs. 2 FGG ist jedoch in diesen Fällen nicht ausgeschlossen (§ 242 Abs. 2 Satz 2 AktG; vgl. Rdn. 50ff. Die Regelung ist entsprechend (445)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
auch auf sog. unwirksame Beschlüsse anzuwenden (für das AktR: Schilling § 242, 7; Zöllner 27), und ebenso auf Scheinbeschlüsse (Rdn. 6). 76
c) Sonstige Heilung? In anderen Fällen sind nichtige Beschlüsse hingegen grundsätzlich nicht heilbar. — Zu dem Ausnahmefall, daß ein wegen Einberufungsmangels nichtiger Beschluß durch alsbaldige nachträgliche Zustimmung aller betroffener Gesellschafter geheilt werden kann, s. Rdn. 35. Die Reform (§ 192 Abs. 1 RegE) sieht eine Heilung von Einberufungsmängeln durch schriftliche Zustimmung der nichteingeladenen Gesellschafter zu dem Beschluß vor. — Die verspätete Geltendmachung der Nichtigkeit kann wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig sein (Rdn. 80).
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d) Neuvornahme. Selbstverständlich können die Gesellschafter einen nichtigen Beschluß unter Vermeidung der Mängel wiederholen. Dabei handelt es sich dann aber um eine Neuvornahme (Schilling § 241, 8). Sie muß auch gegebenenfalls nochmals zum Handelsregister angemeldet und — falls der nichtige, inhaltsgleiche Beschluß schon eingetragen war — im Register gegebenenfalls als Neuvornahme kenntlich gemacht werden (a. A. KGJ 28 229). Die Neuvornahme wirkt nicht zurück. Anders als bei anfechtbaren Beschlüssen gibt es also keine „Bestätigung" nichtiger Beschlüsse (vgl. Rdn. 100). Durch Neuvornahme wird eine Nichtigkeitsklage in der Hauptsache erledigt (Rdn. 163).
12. Statutarische Regelungen 78
Die Nichtigkeitsfälle und die Geltendmachung der Nichtigkeit können in der Satzung nicht eingeschränkt werden. Auch eine Erweiterung der Nichtigkeitsgründe oder der Möglichkeit, sich auf solche zu berufen, ist nicht möglich; sie würde der abschließenden gesetzlichen Regelung (Rdn. 20) widersprechen. Stellt die Satzung einen weitergehenden Katalog von Nichtigkeitsgründen auf, so ist ein dagegen verstoßender Beschluß allerdings anfechtbar.
13. Geltendmachung der Nichtigkeit 79
Auf die Nichtigkeit kann sich jedermann berufen (BGHZ 11 231, 239; allg. Meinung; vgl. §§ 249 Abs. 2 Satz 2, 250 Abs. 3 Satz 2 AktG). Dies kann in jeder Form, innerhalb und außerhalb eines Prozesses, geschehen, z. B. durch Einrede. Meist wird zur Klarstellung Klage oder Widerklage auf Feststellung der Nichtigkeit erhoben, sei es analog § 249 AktG (sog. Nichtigkeitsklage), sei es nach allgemeinen Bestimmungen (§ 256 ZPO). Dazu im einzelnen Rdn. 190ff.; dort auch zu der Stellung der Gesellschaftsorgane und des Registerrichters gegenüber nichtigen Beschlüssen. Zu den Auswirkungen nichtiger Geschäftsführerbestellungen und Aufsichtsratswahlen s. Rdn. 181 ff. 80 Ein Gesellschafter kann sich auf die Nichtigkeit auch dann berufen, wenn er dem Beschluß selbst zugestimmt hat (BGHZ 11 231, 239; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4B). An eine Frist ist die Geltendmachung der Nichtigkeit nicht gebunden, soweit nicht der oben Rdn. 74 behandelte Fall vorliegt (vgl. § 249 Abs. 1 AktG, der § 246 Abs. 1 AktG nicht erwähnt; BGHZ 22 101, 106; Wolany 232; Däuhler 7; Vogel GB 116). Allerdings mag es Fälle geben, in denen die Geltendmachung eines Nichtigkeitsgrundes (vor allem dann, wenn er nicht den Beschlußinhalt betrifft) wegen Verspätung gegen Treu und Glauben verstoßen würde und daher unzulässig ist; so grundsätzlich BGHZ 21 101, 106 im Anschl. an Scholz GmbH-Rdsch. 1954 64). (446)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 4 7
III. Anfechtbare Gesellschafterbeschlüsse 1. Allgemeines Ein Gesellschafterbeschluß kann „wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung 81 durch Klage angefochten werden" (so § 243 AktG; die Vorschrift ist nach allgemeiner Meinung auf Gesellschafterbeschlüsse der GmbH entsprechend anwendbar, vgl. die Zitate in Rdn. 2). Der Beschluß kann also, wenn er gesetzliche oder statutarische Vorschriften verletzt, in einem besonderen Verfahren durch Urteil für nichtig erklärt werden. Bis dahin ist er rechtswirksam.
2. Anfechtungsrecht Das Recht, einen Gesellschafterbeschluß anzufechten, steht jedem Gesellschafter und 8 2 nur den Gesellschaftern zu; dazu im einzelnen Rdn. 118ff. Es handelt sich um ein unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht (§ 14, 14). Doch steht dieses materielle Anfechtungsrecht, wenn es entstanden ist, im Einzelfall zur Disposition des anfechtungsberechtigten Gesellschafters. Er ist nicht verpflichtet, Anfechtungsklage zu erheben, andererseits besteht kein Bedenken, daß er (z. B. im Rahmen einer Konsortialabsprache) eine solche Verpflichtung gegenüber einem Mitgesellschafter oder auch einem Dritten übernimmt. Der Anfechtungsberechtigte kann die konkrete Anfechtungsbefugnis durch Billigung des Beschlusses, auch durch Verzicht gegenüber der Gesellschaft, verlieren (Rdn. 95ff.). — Dritten steht ein Anfechtungsrecht grundsätzlich nicht zu (vgl. auch Rdn. 127ff.).
3. Beschlußtatbestand Voraussetzung für die Anfechtung — wie für die Erhebung der Nichtigkeitsklage, 8 3 siehe Rdn. 190ff. — ist, daß, wenigstens der äußeren Gestalt nach, ein Gesellschafterbeschluß vorliegt (s. im einzelnen oben Rdn. 6ff.; dort auch zu den sog. „Scheinbeschlüssen" und den Rechtsfolgen fehlerhafter Stimmabgabe) oder aber der Beschluß eines anderen Gesellschaftsorgans, der nach der Satzung an die Stelle eines Gesellschafterbeschlusses tritt. Denkgesetzlich ist weitere Voraussetzung für die Anfechtbarkeit eines Beschlusses seine Wirksamkeit: Ein nichtiger Beschluß kann, nach der Logik, nicht mehr beseitigt werden. Indessen ist jede Anfechtungsklage implizite auch auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtet; das Gericht hat im Rahmen des Anfechtungsprozesses auch Nichtigkeitsgründe zu prüfen (Rdn. 150).
4. Widerspruch keine Voraussetzung für Anfechtung Anders als im Aktiengesetz (§ 245 Nr. 1 AktG) ist das Anfechtungsrecht nicht an die 84 Erhebung eines förmlichen Widerspruchs geknüpft. Der Widerspruch ist auch dann nicht erforderlich, wenn ein Protokoll geführt oder durch Gesetz (§ 53) oder Satzung zwingend vorgeschrieben ist (Däubler GmbH-Rdsch. 1968 8). Zur Erhaltung des Anfechtungsrechts ist es auch nicht etwa erforderlich, daß der anfechtende Gesellschafter bei der Beschlußfassung anwesend oder vertreten war (a. A. Lehmann 102, der § 245 Abs. 2 AktG analog anwenden möchte. Doch handelt es sich hier um eine speziell auf die Aktiengesellschaft abgestellte Regelung. Gesellschafterversammlungen finden häufiger statt als Hauptversammlungen; wie hier Hueck FM 422f.; Vogel GB 122). Auch die Reform (§ 195 RegE) übernimmt die aktienrechtliche Bestimmung nicht. (447)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
5. Kausalität Die Anfechtbarkeit besteht nur dann, wenn der Beschluß auf der gerügten Gesetzesoder Satzungsverletzung beruht (BGHZ 14 264, 267; BGH GmbH-Rdsch. 1972 177; GmbH-Rdsch. 1962 28f. = WM 1962 202, 204; WM 1969 1280f.; Scholz § 45, 18; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 3 D u. a.). Der Wortlaut des § 243 AktG nennt das Erfordernis der Kausalität nicht ausdrücklich; er setzt den Kausalzusammenhang zwischen Verstoß und Beschluß voraus (Schilling § 243, 10). Die Kausalität wird vermutet. Der beklagten Gesellschaft ist daher der Beweis der offensichtlichen Einflußlosigkeit gestattet. Doch geht jeder Zweifel zu ihren Lasten (BGHZ 36 121, 139; 49 209, 211; OLG Ffm. BB 1977 1016ff.). Es genügt das Vorliegen eines möglichen Einflusses des Mangels auf den Beschluß (BGH GmbH-Rdsch. 1972 177; LG Hagen BB 1965 181). Die hiernach notwendige Kausalität fehlt etwa dann, wenn die erforderliche Mehrheit auch ohne die Stimme, deren Gültigkeit umstritten ist, vorhanden gewesen wäre (BGHZ 14 267). 86 Zöllner weist § 243, 83 f. zutreffend darauf hin, daß die Frage nach der Kausalität nur dort von Bedeutung ist, wo der Gesetzes- oder Satzungsverstoß im Zustandekommen des Beschlusses liegt. Darüber hinaus zweifelt Zöllner Rdn. 76 ff. die Kausalitätslehre grundsätzlich an. Er unterscheidet stattdesssen „irrelevante" und „relevante" Verfahrensverstöße, wobei ein Verstoß dann relevant, also anfechtungsbegründend sei, wenn konkrete Informations- oder Partizipationsinteressen des Aktionärs verletzt sind (aaO Rdn. 96). Beachtlich ist dabei insbesondere die Überlegung, daß das Kausalitätserfordernis nicht dazu führen darf, wesentliche Verfahrensvorschriften zur Disposition der Mehrheit zu stellen (aaO Rdn. 89; vgl. Lutter NJW 1963 113, 114). Tatsächlich zeigt z. B. die Vorschrift des § 243 Abs. 4 AktG die gesetzgeberische Tendenz, Verstöße gegen Minderheitsschutzbestimmungen auch da der Anfechtbarkeit zu unterwerfen, wo Kausalität nicht vorliegt. Indessen lassen sich daraus keine allgemeinen Grundsätze für die GmbH herleiten. Zudem bringt die Unterscheidung von „relevanten" und „irrelevanten" Verstößen kaum klare Entscheidungskriterien. Angesichts der Tatsache, daß die herrschende Meinung (durch Beweislastumkehr und strenge Anforderungen an den Gegenbeweis) den Kausalitätsbegriff sehr weit auslegt, unterscheiden sich die herrschende Meinung und die Auffassung von Zöllner in den Ergebnissen nicht wesentlich. Die Frage der Kausalität dürfte vor allem bei Einladungsmängeln und bei unrechtmäßiger Zulassung bzw. Nichtzulassung zu Abstimmungen von Bedeutung sein. Gerade hier führt aber die herrschende Ansicht, jedenfalls im Bereich des GmbH-Rechts, zu sachgerechteren Ergebnissen: Soweit Einladungsmängel nicht überhaupt Nichtigkeit der Beschlüsse zur Folge haben, handelt es sich um Verfahrensverstöße, die von einer Dreiviertelmehrheit ohnehin durch Satzungsänderung beseitigt (also „zur Disposition gestellt") werden könnten. Hier werden also wesentliche Minderheitspositionen dadurch, daß man den Gegenbeweis der fehlenden Kausalität zuläßt, nicht beeinträchtigt. Wo die Mehrheitsverhältnisse nicht so eindeutig sind, dürfte die — durch Einladungsmangel verursachte — Nichtteilnahme einer wesentlichen Minderheit in aller Regel unwiderleglich kausal sein. Ähnliches gilt für die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung von Stimmen. Bei der Verweigerung von Auskünften ist die Kausalität, nach der besonderen Vorschrift des § 243 Abs. 4 AktG, irrelevant. — Zur Beweislast für den Kausalzusammenhang im Anfechtungsprozeß vgl. auch Rdn. 156.
85
6. Einzelfälle der Anfechtbarkeit 87
a) Allgemeines. Verstöße gegen Gesetz oder Satzung, welche die Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses begründen, können im Zustandekommen des Beschlusses, der „Beschlußfassung" liegen, und ebenso in seinem Inhalt. „Gesetz" im Sinn des § 243 (448)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
AktG ist jede Rechtsnorm, also materiellrechtliche wie verfahrensrechtliche Vorschriften {Schilling § 243, 5; RG J W 1924 1148), geschriebenes Recht (einschließlich des Grundsatzes der „guten Sitten"; hierzu Immenga GmbH-Rdsch. 1973 5, 8f.), Handelsbräuche (§ 346 HGB), die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung (§ 42, 12). Um den Inhalt einer Gesetzes- oder Satzungsnorm zu ermitteln, ist sie nach allgemeinen Regeln auszulegen (zur Auslegung von Gesellschaftsverträgen s. § 2, 119ff.). Die Fälle von Anfechtbarkeit sind demnach mannigfaltig. Soweit es sich um Verstöße gegen GmbH-rechtliche Normen handelt, ist hierzu in erster Linie auf die Kommentierung der einschlägigen Einzelbestimmungen zu verweisen sowie auf die aktienrechtlichen Kommentare zu § 243 AktG (hier besonders eingehend Zöllner §243, 112ff.), wobei allerdings stets die Besonderheiten des GmbH-Rechts berücksichtigt werden müssen. Die kaufmännische Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit eines Gesellschafterbeschlusses 88 unterliegt nicht der Nachprüfung durch das Gericht. Beschlüsse sind also keinesfalls schon deshalb anfechtbar, weil sie wirtschaftlich unverünftig oder unzweckmäßig sind (BGH WM 1970 1165; DB 1974 716 = LM § 29 Nr. 3; DB 1977 85). Beispielsweise sind die folgenden Verstöße gegen Gesetz oder Satzung zu nennen, auf denen ein Gesellschafterbeschluß „beruhen" kann (zur Kausalität s. Rdn. 85): b) Fehlerhaftes Zustandekommen des Beschlusses. Mängel der Einladung, soweit 89 sie nicht nach § 241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit führen, Anberaumung einer Gesellschafterversammlung zur Unzeit, Einberufung an einen satzungswidrigen Ort (§ 48, 7); Zulassung nichtteilnahmeberechtigter, Nichtzulassung teilnahmeberechtigter Personen zur Gesellschafterversammlung oder zur Stimmabgabe, insbesondere auch Verstöße gegen § 47 Abs. 4 (§ 48, 8ff.; § 47, 47ff.). Jedoch wird die Teilnahme von Nichtgesellschaftern in der Regel nicht kausal für den Beschluß sein, OLG Ffm. GmbH-Rdsch. 1976 110; Zulassung oder Nichtzulassung von Bevollmächtigten entgegen § 47 Abs. 3 (§ 47, 34ff.; LG Ffm. GmbH-Rdsch. 1972 119; vgl. aber auch BGH GmbH-Rdsch. 1962 28f. = LM § 51 Nr. 3). Beschlußfassung über nicht oder nicht hinreichend angekündigte Tagesordnungspunkte (§ 51, 8 u. 11). Versagung des Wortes, der Gelegenheit zur Aussprache über die Punkte der Tagesordnung (§ 48, 11; RGZ 147 12); ein Wortentzug durch den Versammlungsleiter kann gerechtfertigt sein, wenn der Gesellschafter sein Beratungs- oder Auskunftsrecht mißbraucht (vgl. BGHZ 44 245). Unberechtigte Verweigerung von Auskünften (§ 45, 23ff., § 46, 8) oder von Einsicht in relevante Unterlagen (§ 45, 26); § 243 Abs. 4 AktG ist im Bereich der GmbH analog anzuwenden, so daß insoweit der Gegenbeweis fehlender Kausalität nicht möglich ist (anders die Reform, vgl. die nicht überzeugende Begründung zu § 193 RegE; wie hier Däubler GmbH-Rdsch. 1968 4, 7; Lehmann 100f.). Unzulässige, z. B. sittenwidrige Einflußnahme auf die Stimmabgabe wie z. B. Stimmenkauf; fehlerhafte Stimmabgabe, die — nach allgemeinen bürgerlichrechtlichen Gesichtspunkten — Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Stimmabgabe begründen würde (gemäß §§ 104ff., 116, 119, 123, 180, 181 BGB, s. Rdn. 12). Auch die wegen Verstoßes gegen die Treupflicht ungültige Stimmabgabe, die für das Beschlußergebnis ausschlaggebend ist, gehört hierher (vgl. oben Rdn. 10 sowie § 14, 23f.; s. auch § 47, 22; Schilling § 243,16ff.; Zöllner § 243, 189ff.; Immenga GmbH-Rdsch. 1973 8; BGH WM 1977 1278). Unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses (Rdn. 37). Nichtbeachtung statutarischer — nicht gesetzlicher — Formvorschriften für Gesellschafterbeschlüsse. c) Fehlerhafter Beschlußinhalt. Verstöße gegen den Gesellschaftszweck (eingehend 90 Zöllner § 243, 176ff. und Schranken 318ff.), Mehrheitsmißbrauch (§ 14, 25f.; Scholz (449)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§ 45, 11; B G H D B 1977 85f.); gegen den Gleichheitsgrundsatz (§ 14, 18ff.; eine Unwirksamkeit im Sinn von Rdn. 17 tritt durch Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht ein, § 14, 21; ebenso Hueck FM 402; Vogel G B 119). Gesetz- oder satzungswidrige Weisungen an die Geschäftsführung (s. dazu Immenga GmbH-Rdsch. 1973 5, 6; vgl. auch § 13 Anh. II, 45); Verfolgung von Sondervorteilen zum Schaden der Gesellschaft oder der Gesellschafter (§ 13 Anm. II, 26; Schilling § 243, 21, 23; Zöllner 206ff.); hier handelt es sich um einen Unterfall der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes . Ermessensmißbrauch z. B. bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen (§ 46, 35 u. 38). Ungerechtfertigte Entlastung der Geschäftsführer (§ 46, 25; B G H Z 21 354, 358; B G H BB 1977 465, 467). Fehlerhafte Ausschließungsbeschlüsse (Anh. § 34, 19). Ein Verstoß des Beschlusses gegen Bindungen, die die Gesellschaft gegenüber Dritten eingegangen ist, begründet keine Anfechtbarkeit ( B G H Z 52 319). 91 Unrichtige oder mißbräuchliche Bilanzierung: Dazu im einzelnen Erl. zu § 29 und § 42 (vgl. auch Lutter D B 1978 1965). — Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung sind Rechtsnormen (§ 42, 12). Dagegen sind die aktienrechdichen Rechnungslegungsvorschriften nicht generell anwendbar (§ 42, 18ff.). Der Jahresabschluß der G m b H bezweckt einen sicheren Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Im Vordergrund steht, mangels besonderer gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen, eine zutreffende Ertragsermittlung (§ 42, 8). Jedoch müssen Minderheitsgesellschafter im Rahmen ordnungsgemäßer Bilanzierung die Verwirklichung begründeter bilanzpolitischer Ziele hinnehmen (§ 29, 26ff.; § 42, 7). Zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung gehören die Grundsätze der Bilanzidentität und der (formalen) Bilanzkontinuität (§ 42, 43f.) sowie der Bilanzvollständigkeit (§ 42, 46); zu weiteren Bilanzierungsgrundsätzen s. § 42, 143 ff. Eine Verletzung dieser Grundsätze hat, sofern nicht, unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes, Nichtigkeit vorliegt (Rdn. 42 ff.), jedenfalls die Anfechtbarkeit des Jahresabschlusses zur Folge. Doch ist dabei stets eine gewisse Gewichtigkeit des Verstoßes zu fordern (§ 42, 49; vgl. auch Zöllner § 256, 25). Von Bilanzierungswahlrechten (§ 42,142) kann Gebrauch gemacht werden, soweit die Wahl kaufmännisch vertretbar ist und die Gesellschafter über die Wahlrechte ausreichend informiert worden sind (vgl. auch § 29, 27 und 49; § 46, 7). Die kaufmännische Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit eines Jahresabschlusses kann das Gericht nicht nachprüfen, sondern nur Ermessensmißbrauch oder einen Verstoß gegen Gesetz oder Satzung. Dabei kann allerdings die Nichtnotwendigkeit einer beanstandeten Maßnahme (Rückstellung) ein Indiz für mißbräuchliche Handhabung sein, B G H WM 1970 1165. Die steuerliche Zulässigkeit einer Pensionsrückstellung schließt den Verstoß gegen handelsrechtliche Grundsätze nicht aus ( B G H D B 1974 716). Grundsätzlich besteht in allen Fällen, in denen durch eine nach GoB unzulässige Bewertung das Jahresergebnis geschmälert wird, ein Anfechtungsrecht (§ 29, 26). 92
d) Besondere Bestimmungen. Die §§ 251,252,254,255,257 AktG enthalten Sondervorschriften über die Anfechtung bestimmter HV-Beschlüsse. Für ihre Anwendung im Bereich der G m b H gilt das Folgende: Für die Wahl von Mitgliedern eines fakultativen Aufsichtsrats (§ 52, 75) gilt nur § 251 Abs. 1 Satz 1 in Verb, mit § 252 AktG entsprechend. Für die Wahl von Mitgliedern der Aufsichtsräte nach Betriebsverfassungsgesetz und Mitbestimmungsgesetz (§ 52, 79 u. 82) gelten auch die übrigen Vorschriften des § 251 AktG analog. § 254 AktG (Anfechtbarkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses) entspricht nicht den für die G m b H geltenden Grundsätzen, und ist daher nicht entsprechend anwendbar. Es gelten hier lediglich die allgemeinen Erwägungen (dazu s. Erl. zu § 29; vgl. auch Lutter D B 1978 1967f.). § 257 Abs. 1 Satz 2 AktG (keine Anfechtung des Jahresabschlusses (450)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
wegen inhaltlichen Gesetzes- oder Satzungsverstoßes) ist ebenfalls auf die GmbH nicht entsprechend anwendbar. Es bleibt hier bei den allgemeinen, aus § 243 AktG hergeleiteten Grundsätzen. 7. Ordnungsvorschriften Manche Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung sehen ein Verfahren vor, welches 93 zum Schutz berechtigter Interessen zweckmäßig ist, aber nicht unbedingt notwendig zu sein braucht. So dient z. B. die Vorschrift, Einladungen nicht nur schriftlich, sondern mit eingeschriebenem Brief zu versenden (§ 51 Abs. 1) der ordnungsgemäßen Zustellung. Erreicht die schriftliche Einladung auch ohne diese besondere Art der postalischen Versendung alle Gesellschafter rechtzeitig, so sind — trotz eines Verstoßes gegen die Bestimmung — schutzwerte Interessen nicht beeinträchtigt. Der Verstoß gegen solche Ordnungsvorschriften begründet daher eine Anfechtbarkeit nur, wenn die Interessen, deren Sicherung die Vorschrift bezweckt, verletzt sind. Dies ist in jedem Einzelfall zu prüfen (Schilling § 243, 9). — Der Begriff der „Sollvorschrift" ist mit dem der Ordnungsvorschrift nicht deckungsgleich: Auch „Muß"-Bestimmungen (wie der erwähnte § 51 Abs. 1 bezüglich der eingeschriebenen Briefe) können Ordnungsvorschriften sein. Andererseits sind auch Sollbestimmungen denkbar, deren Verletzung zur Anfechtbarkeit führen kann. Allerdings wird die Ausgestaltung einer Vorschrift als Sollbestimmung ein Indiz dafür sein, daß es sich um eine Ordnungsvorschrift handelt (Vogel GB 118; Hueck FM 413). 8. Heilung der Anfechtbarkeit Besteht die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses darin, daß in verzichtbare Rechtsposi- 94 tionen eines bestimmten Gesellschafters oder einer bestimmten Gesellschaftergruppe eingegriffen wurde, so wird sie durch die Zustimmung seitens des oder der Betroffenen behoben. Dieser Fall ist von dem der Unwirksamkeit — Rdn. 17 — zu unterscheiden: Von einem unwirksamen Beschluß läßt sich nur sprechen, wenn der Beschlußtatbestand als solcher fehlerfrei und abgeschlossen ist, zu seiner Wirksamkeit aber weitere Voraussetzungen hinzutreten müssen. Dies wird vielfach weder terminologisch noch der Sache nach genügend differenziert. Die Zustimmung des Betroffenen kann vor oder nach der Beschlußfassung, ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Sie beseitigt nicht das Anfechtungsrecht des einzelnen Gesellschafters, sondern die Anfechtbarkeit des Beschlusses. War z. B. die Einladung eines einzelnen Gesellschafters fehlerhaft (ohne daß ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, Rdn. 21 ff.) oder wurde der Gleichheitsgrundsatz gegenüber einer Gesellschaftergruppe verletzt, so wird die Anfechtbarkeit des Beschlusses behoben, wenn diese Gesellschafter den Beschluß billigen. Dann kann auch ein anderer Gesellschafter, der dem Beschluß nicht zugestimmt hat, die Anfechtbarkeit nicht mehr geltend machen. Anders bei Fehlern, die — wenn auch unmittelbar nur gegenüber einzelnen Gesellschaftern begangen — das Beschlußverfahren insgesamt berühren (wie z . B . Verweigerung des Wortes). 9. Ausschluß des Anfechtungsrechts a) Billigung des Beschlusses. U. U. kann die Anfechtbarkeit eines Beschlusses durch 95 Zustimmung der davon unmittelbar Betroffenen beseitigt werden (s. Rdn. 94). Davon zu unterscheiden ist der Ausschluß des Anfechtungsrechts, das an sich jedem Gesellschafter zusteht, auch wenn er durch die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses nicht selbst beeinträchtigt ist. Ein Gesellschafter, der dem fehlerhaften Beschuß zugestimmt hat, kann ihn nicht anfechten (allg. Meinung: Scholz § 45, 18; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 B ; Brodmann § 47, (451)
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4 h; Eder 1475; anders das Aktienrecht, Schilling § 245, 8, das allerdings, im Gegensatz zum GmbH-Recht förmlichen Widerspruch verlangt, s. Rdn. 84). Die Billigung liegt nicht nur in der Stimmabgabe für den Beschluß, sie kann auch nachträglich, ausdrücklich oder konkludent erklärt werden (Baumbach-Hueck aaO; Scholz aaO). Dagegen wird man eine vor der Beschlußfassung erklärte „Billigung" eines fehlerhaften Beschlusses nicht anerkennen können; sie liefe auf einen unzulässigen Verzicht auf das generelle Recht zur Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse hinaus. Die Billigung ist der Gesellschaft gegenüber zu erklären. Steht ein Geschäftsanteil im Eigentum mehrerer Mitberechtigter, so ist die Billigung seitens eines einzelnen Mitberechtigten unbeachtlich (vgl. § 18, 20). 96
Eine nachträgliche Billigung des Beschlusses kann in der Beteiligung an seiner Ausführung liegen. Sie kann (muß aber nicht) in einer Unterzeichnung des Versammlungsprotokolls gesehen werden. Die Wirkung einer solchen Billigung hängt nicht von der Stimmberechtigung ab; stimmt ein Gesellschafter entgegen § 47 Abs. 4 für einen Beschlußantrag, so kann der Beschluß nicht von ihm selbst angefochten werden. Billigung ist Willenserklärung, unterliegt also ihrerseits den allgemeinen Bestimmungen (§§ 119, 123 BGB). Eine „Zustimmung" unter Vorbehalt der Anfechtung des Beschlusses vernichtet das Anfechtungsrecht nicht. Die Billigung kann auch durch Bevollmächtigte erklärt werden. Stimmt jedoch ein Gesellschafter im eigenen Namen für den Antrag, als Vertreter eines anderen Gesellschafters dagegen, so schadet dem Vertretenen die „Zustimmung", die sein Vertreter im eigenen Namen gegeben hat, nicht.
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Die Stimmenthaltung ist keine Billigung, läßt also die Anfechtungsbefugnis unberührt. Bei uneinheitlicher Stimmabgabe (§ 47, 13ff.) ist zu unterscheiden: Erfolgte sie zulässigerweise (§ 47, 18), so können die positiv abgegebenen Stimmen die Anfechtungsmöglichkeit für die negativen Stimmen nicht beseitigen. Anders hingegen bei der unzulässigen Aufspaltung: Hier geht das Anfechtungsrecht dann verloren, wenn die Umdeutung der Stimmabgabe (§ 47, 23) ergibt, daß der Gesellschafter zustimmend votiert hat.
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Der nachträglich erklärte Verzicht auf die Anfechtung eines bestimmten Beschlusses ist nicht anders als seine Billigung. Auch ein solcher Verzicht ist also möglich; er beseitigt das Anfechtungsrecht für den konkreten Fall (Zöllner § 243, 14, 59; s. auch RG HRR 1931 Nr. 776). Unwirksam hingegen ein genereller Verzicht auf die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (§ 14, 14 und Rdn. 82, 106).
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b) Rechtsmißbrauch. Ausgeschlossen ist das Anfechtungsrecht dann, wenn seine Ausübung rechtsmißbräuchlich wäre, also gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Rechtsmißbrauch liegt z. B. vor, wenn der Gesellschafter die Anfechtung als Druckmittel zu selbstsüchtigen Zwecken benutzt (RGZ 146 385, 395; ebenso BGHZ 33 175, 187; 36 121 (Leits. 6); BGH BB 1962 426; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 3C; Scholz § 45, 18 a. E.; Eder I 475; a. A. für das Aktienrecht Schilling § 243, 25). Rechtsmißbrauch als Einwand gegen die Anfechtung generell auszuschließen, erscheint im Bereich der GmbH zu weitgehend. Wie aus der Tatsache hervorgeht, daß der Gesellschafter auf das Anfechtungsrecht im Einzelfall verzichten kann (oben Rdn. 98), ist die „Fremdnützigkeit" des Anfechtungsrechts hier nicht das entscheidende Kriterium; im GmbH-Recht erscheint die Anfechtungsbefugnis in erster Linie als Instrument zum Schutz der Minderheit. Doch ist größte Zurückhaltung mit der Zulassung dieses Einwands geboten. Die Gesellschaft trägt die Beweislast. Es genügt nicht, daß der angefochtene Beschluß der Gesellschaft nützt, die Anfechtung ihr Nachteile bringt (RGZ 107 169). Der Gesellschafter ist nicht verpflichtet, beim Vorgehen gegen einen fehlerhaften Beschluß das „Interesse der Gesellschaft" zu wahren (ebenso Baumbach-Hueck und Scholz aaO; Däubler 8; Vogel GB 121). Ebensowenig reicht die Tatsache, daß der Anfechtungskläger kein eigenes Interesse an der Vernichtung des Beschlusses hat, zur Annahme mißbräuchlichen Verhaltens aus. (452)
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c) Bestätigung. Wird ein anfechtbarer Beschluß durch die Gesellschafterversamm- 100 lung „bestätigt", so handelt es sich weder um eine bloße Wiederholung der früheren Beschlußfassung noch um die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses mit gleichzeitiger Neuvornahme (was freilich auch denkbar wäre). Vielmehr wird mit der Bestätigung die Verbindlichkeit des früheren Beschlusses anerkannt (grundsätzlich Ballerstedt 235ff.). Nach dem in einer Bestätigung zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafterversammlung soll durch sie die Anfechtbarkeit beseitigt werden. Daher ist der Bestätigung, entsprechend § 144 BGB, Rückwirkung beizumessen. Dies ist, anders als beim nichtigen Beschluß, möglich, da der anfechtbare Beschluß erst durch erfolgreiche Anfechtung nichtig wird (Schilling § 244, 2). In der aktienrechtlichen Literatur besteht über die Frage der Rückwirkung eine Kontroverse: Gegenüber der hier vertretenen Ansicht wird von anderen Autoren (Nachweise bei Schilling aaO, Zöllner § 244, 6ff.) geltend gemacht, einer Bestätigung sei prinzipiell keine Rückwirkung beizumessen, wie § 244 Satz 2 AktG zeige; daher nehme die Bestätigung der gegen den ersten Beschluß gerichteten Anfechtungsklage nur das Rechtsschutzinteresse (ebenso BGHZ 21 354, 356) oder mache die Fortsetzung des Anfechtungsprozesses rechtsmißbräuchlich (so Zöllner aaO). Die Unterscheidung ist kaum von praktischer Bedeutung (vgl. zum Diskussionsstand vor allem K. Schmidt JZ 1977 769, 774 m. w. N.). Voraussetzung für einen Bestätigungsbeschluß ist zunächst, daß der Beschluß den- 101 selben Inhalt hat wie der Beschluß, welcher bestätigt wird. Daraus folgt, daß es eine „Bestätigung" eines aus inhaltlichen Gründen anfechtbaren Beschlusses (Rdn. 90) nicht geben kann (ebenso Zöllner aaO 11). Selbstverständlich ist es möglich, Unklarheiten der Fassung im Rahmen einer Bestätigung zu beseitigen (Schilling aaO 3). Der eigentliche Inhalt darf jedoch, wenn es sich nicht um eine Neuvornahme handeln soll, nicht modifiziert werden. Weitere Voraussetzung ist die Wirksamkeit der Bestätigung. Ist der Bestätigungs- 102 beschluß seinerseits nichtig, oder wird er — weil anfechtbar — für nichtig erklärt, so entfällt die Bestätigungswirkung. Die Anfechtbarkeit des Bestätigungsbeschlusses muß gesondert geltend gemacht werden, und zwar auch dann, wenn der Bestätigungsbeschluß am selben Mangel leidet wie der Beschluß, den er bestätigen sollte (Schilling § 244, 4; Zöllner 13ff.; Schmidt S. 775 bN 98; a. A. Baumbach-Hueck AktG §244, 7). Das kann auch durch Erweiterung der abhängigen Anfechtungsklage geschehen. Die Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses kann hingegen auch im anhängigen Anfechtungsprozeß als Einrede geltend gemacht werden. Einer gegen den anfechtbaren Beschluß gerichteten, noch anhängigen Anfechtungs- 103 klage entzieht die Bestätigung die Begründung, soweit nicht ein Fall des § 244 Satz 2 AktG vorliegt (dazu Rdn. 104). Der Bundesgerichtshof (BGHZ 21 354, 356) verneint demgegenüber das Rechtschutzinteresse an der Fortsetzung der Anfechtungsklage. Nach Ansicht von Zöllner (§ 244, 8) muß die Anfechtungsklage gegen einen bestätigten Beschluß wegen Rechtsmißbrauchs als unbegründet abgewiesen werden. In jedem Fall muß der Anfechtungskläger, um einer Abweisung der Anfechtungsklage zu entgehen, die Hauptsache für erledigt erklären, wenn nicht die Voraussetzungen von § 244 Satz 2 AktG gegeben sind. § 244 Satz 2 AktG ist auf die GmbH analog anzuwenden: Soweit der Anfechtungs- 104 kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß der Beschluß für die Zeit bis zur Bestätigung für nichtig erklärt wird, kann er die Anfechtung weiterhin mit diesem beschränkten prozessualen Ziel verfolgen (BGH DB 1972 1282 = LM § 34 Nr. 5; DB 1974 716f.). Ein solches rechtliches Interesse ist beispielsweise dann zu bejahen, wenn die Bestätigung in bestehende Rechte des Anfechtungsklägers eingreifen würde, BGH GmbH-Rdsch. 1972 177. Das gilt etwa dann, wenn der ursprüngliche, anfechtbare und später bestätigte Beschluß die Abberufung eines Geschäftsführers oder eines Aufsichtsratsmitglieds oder die (453)
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Änderung von Vorzugsrechten betrifft. Doch liegt darüber hinaus ein rechtliches Interesse des Anfechtungsklägers an der zeitweiligen Nichtigerklärung eines Beschlusses immer dann vor, wenn der Zeitpunkt der wirksamen Beschlußfassung für die Rechtstellung der Gesellschaft oder ihrer Gesellschafter von rechtlicher Bedeutung ist. Auf ein „besonderes" Interesse des Anfechtungsklägers selbst kann es nach dem Wortlaut des § 244 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht ankommen (ebenso Zöllner § 244, 23; Schmidt aaO S. 776f.; Fischer Anm. zu LM § 197 AktG Nr. 4 = BGHZ 21 354; ähnliche wohl Hueck FM S. 418). 105
d) Fristablauf. Die Anfechtbarkeit eines Beschlusses muß innerhalb „angemessener Frist" durch Klage geltend gemacht werden. Dazu im einzelnen Rdn. 140 ff. Geschieht dies nicht, so erlischt das materielle Anfechtungsrecht. Der Berechtigte verliert seinen Anspruch auf Beseitigung des Beschlusses. Die Anfechtungsklage ist in diesem Fall als unbegründet, durch Sachurteil, abzuweisen (RGZ 123 204, 107; Zöllner § 246, 6). 10. Statutarische Regelungen
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Das Anfechtungsrecht aller oder einzelner Gesellschafter kann durch die Satzung nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (BGHZ 14 264, 273; s. auch Rdn. 82). Das Recht zur Geltendmachung der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen gehört zu den unverzichtbaren, absolut unentziehbaren Gesellschafterrechten (§ 14, 14). Der Verzicht auf eine konkrete Anfechtungsmöglichkeit ist hingegen zulässig, Rdn. 98; Zöllner § 243, 14, 59. 107 Von diesem Grundsatz gibt es — scheinbare — Ausnahmen: Der Gesellschaftsvertrag kann die Anfechtungsbefugnis ausschließen bei Verstößen gegen nicht zwingende gesetzliche Normen oder gegen Satzungsbestimmungen, die dispositivem Recht entsprechen. Denn ebenso wie die Satzung solche Normen vollständig abbedingen kann, ist es zulässig, sie nur als Ordnungsvorschriften (Rdn. 50) beizubehalten, deren Nichtbeachtung keine Anfechtung auslöst. Hier ist die „Beschränkung" des Anfechtungsrechts nur ein Minus gegenüber dem völligen Ausschluß der betreffenden gesetzlichen Bestimmung. 108 Zulässig ist es, aktienrechtliche Bestimmungen, soweit sie nicht dem Wesen der GmbH widersprechen und nicht ohnehin analog anzuwenden sind, durch die Satzung anwendbar zu machen. So kann für die Erhebung einer Anfechtungsklage in der Satzung eine feste Frist bestimmt werden, sofern die Länge dieser Frist „angemessen" ist (OLG München GmbH-Rdsch. 1959 151; Scholz § 45, 20; K. Schmidt AG 1977 249; Brodmann Anh. §47, 4h; Sudhoff 217, 247). Die aktienrechtliche Lösung (feste Anfechtungsfrist, § 246 Abs. 1 AktG) zeigt, daß eine Befristung des Anfechtungsrechts vom Gesetzgeber nicht als Einschränkung dieses Rechtes betrachtet wird. Eine Abkürzung der Anfechtungsfrist unter die im Aktiengesetz vorgesehene Dauer von einem Monat dürfte allerdings unwirksam sein; sie wäre nicht mehr angemessen. Ebenso ist eine Satzungsbestimmung zulässig, die das Anfechtungsrecht, analog § 245 Nr. 1 und 2 AktG von der Erhebung eines Widerspruchs oder — bei nicht erschienenen Gesellschaftern — von Verstößen bei der Einberufung oder Zulassung abhängig macht. 109 Eine Erweiterung des Anfechtungsrechts durch die Satzung ist grundsätzlich zulässig. Das gilt zum einen in personeller Hinsicht: Die Satzung kann, entsprechend § 245 Nr. 4 und 5 AktG, der Geschäftsführung oder einem anderen Organ oder Mitgliedern dieser Organe ein Anfechtungsrecht gewähren (vgl. Rdn. 128). Sie kann das Anfechtungsrecht auch denjenigen Gesellschaftern geben, die dem Beschluß zugestimmt haben. Sie kann die Frist zur Erhebung der Anfechtungsklage so weit erstrecken, daß sie im Einzelfall über die „angemessene" Zeitdauer hinausgeht. Dritten kann ein Anfechtungsrecht nicht gewährt werden; dies würde dem Wesen der GmbH widersprechen. In sachlicher Hinsicht ist denkbar, daß die Satzung Verstöße gegen bestimmte Verfahrensvorschriften, (454)
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die sonst als bloße Ordnungsbestimmungen anzusehen wären (Rdn. 93), ausdrücklich der Anfechtung unterwirft; auch dagegen bestehen keine Bedenken. 11. Geltendmachung der Anfechtbarkeit Die Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses kann — anders als die Nichtigkeit 110 (Rdn. 79f.) — nur durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Da bis zur Nichtigerklärung durch Urteil ein anfechtbarer Beschluß rechtswirksam bleibt, kann die Anfechtbarkeit also nicht einredeweise geltend gemacht werden. Scholz § 45, 28 will eine solche Einrede, aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, ausnahmsweise dann geben, wenn ein Gesellschafter von der Gesellschaft aus einem anfechtbaren Beschluß in Anspruch genommen wird (ebenso Voraufl. § 45, 39). Dabei setzt Scholz allerdings voraus, daß eine Anfechtungsklage gegen den betreffenden Beschluß entweder von dem beklagten Gesellschafter oder einem Dritten „erhoben ist oder wird". Indessen ist eine solche Ausnahme im Interesse der Rechtssicherheit abzulehnen. Wenn der betroffene Gesellschafter die Rechtswidrigkeit des Beschlusses geltend machen will, muß er für seine Beseitigung Sorge tragen. Ist die Anfechtungsklage — sei es auch von einem anderen Gesellschafter — anhängig gemacht, so kann der gegen den Gesellschafter angestrengte Rechtsstreit nach allgemeinen Vorschriften (§ 148 ZPO) ausgesetzt werden (KG JW 1936 334). — Zur Anfechtung durch Widerklage s. Rdn. 155.
IV. Anfechtungsklage 1. Allgemeines, Rechtsnatur Im GmbH-Gesetz ist die Anfechtungsklage nicht geregelt. Die aktienrechtlichen 111 Bestimmungen (§§ 246ff. AktG) sind sinngemäß anzuwenden, soweit sie mit den Besonderheiten der GmbH zu vereinbaren sind. a) Gestaltungsklage. Die Anfechtungsklage ist Gestaltungsklage. Sie ist auf Ver- 112 nichtung eines bestimmten Gesellschafterbeschlusses durch richterliche Entscheidung gerichtet (sog. „kassatorische" Wirkung). Bis zur Rechtskraft des Urteils ist der Gesellschafterbeschluß nicht nichtig, sondern rechts wirksam. Das stattgebende Urteil hat gestaltende Wirkung inter omnes (Rdn. 177). Es handelt sich um ein spezifisch gesellschaftsrechtliches Rechtsmittel. Die Anfechtungsklage dient der Durchsetzung des Rechts jedes einzelnen Gesellschafters auf Beobachtung der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften. Die Rechtssicherheit verlangt, daß die Nichtigkeitsfolge einer solchen Rechtsverletzung mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten nur nach einem geregelten Verfahren und durch richterlichen Spruch eintritt. b) Streitgegenstand. Die Anfechtungsklage muß sich gegen einen bestimmten, be- 113 reits gefaßten Beschluß richten. Sie kann sich also nicht auf künftig zu fassende Beschlüsse beziehen. Eine Klage etwa, die darauf abzielt, festzustellen, daß Beschlüsse bestimmten Inhalts nicht gefaßt werden dürfen, ist allenfalls als Feststellungsklage unter den Voraussetzungen von § 256 ZPO zulässig (vgl. aber B G H Z 70 384, 388 und unten Rdn. 194). Die Anfechtungsklage umfaßt auch nicht ohne weiteres einen Beschluß, der den angefochtenen Beschluß bestätigt oder mit ihm inhaltsgleich ist (Rdn. 164). Unter Umständen kann die Anfechtungsklage verbunden werden mit einer Klage auf Feststellung des wirklichen und rechtmäßig gefaßten Beschlusses (Rdn. 152). Dies ändert nichts an dem kassatorischen Charakter des Anfechtungsurteils selbst. Streitgegenstand der Anfechtungsklage ist das auf einen bestimmten Sachverhalt 114 gestützte Rechtsbegehren, den Gesellschafterbeschluß aufzuheben, für nichtig zu erklären. (455)
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Eingehend zu der Frage des Streitgegenstandes K. Schmidt JZ 1977 769 ff. Die Streitgegenstände von Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG stimmen überein, wenn die Klagen sich gegen denselben Beschluß richten und auf denselben Sachverhalt stützen, K. Schmidt aaO sowie AG 1977 245; Schilling § 246, 5; a. A. Zöllner § 246, 47ff.). Über die Auswirkungen s. Rdn. 150. Bringt der Kläger nachträglich einen neuen Sachverhalt zur Begründung seiner Rechtsbehauptung vor, so handelt es sich um eine Klagänderung, die nach § 264 ZPO zu behandeln ist. Von Bedeutung ist die Frage des Streitgegenstands vor allem für die Wirkung eines klagabweisenden Urteils (s. auch Rdn. 169 ff.): Die Rechtskraft eines solchen Urteils erfaßt nur den Sachverhalt, der dem Gericht zur Entscheidung vorlag, nicht aber Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe, die nicht Gegenstand des Verfahrens waren oder die der Kläger vielleicht nicht einmal kannte. Freilich dürfte die Erhebung einer erneuten, auf andere Sachverhalte gestützten Anfechtungsklage gegen den angegriffenen Beschluß nach rechtskräftiger Abweisung der ersten Anfechtungsklage in der Regel schon an der Versäumung der „angemessenen Frist" (Rdn. 141) scheitern. Für die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen gilt dagegen diese zeitliche Schranke nicht. Trägt der Kläger im Anfechtungsprozeß auch Nichtigkeitsgründe vor (was möglich ist, Rdn. 150), so werden diese von der Rechtskraft des klagabweisenden Urteils erfaßt. Derselbe Kläger kann also nach Abweisung einer solchen Klage nicht von neuem eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage auf denselben Sachverhalt stützen. Er kann aber eine neue Nichtigkeitsklage (oder, falls das noch rechtzeitig, innerhalb angemessener Frist, möglich ist) eine Anfechtungsklage auf andere Sachverhalte gestützt erheben (K. Schmidt JZ 1977 772; Schilling aaO und § 249, 8; a. A. Zöllner § 246, 47, 50). 2. Teilanfechtung 115
Die Anfechtungsklage richtet sich gegen einen bestimmten Beschluß. Selbstverständlich können auch mehrere Beschlüsse im Rahmen einer Klage angegriffen werden, was z. B. dann naheliegt, wenn alle in einer Gesellschafterversammlung gefaßten Beschlüsse an demselben Verfahrensmangel leiden. Die Anfechtung eines Beschlußteils ist nicht möglich, wenn der verbleibende Rest nach objektiver Würdigung (ohne Rücksicht auf den Willen der Beteiligten) als selbständiges Rechtsgeschäft nicht denkbar ist (RGZ 146 234, 236 BGH WM 1973 637, 638). 116 Eine Teilanfechtung ist möglich bei einem sog. zusammengesetzten Beschluß, d. h. einem Beschluß, der einheitlich — durch einen Abstimmungsvorgang — zustande gekommen ist, inhaltlich aber mehrere Regelungen enthält (z. B. einheitliche Beschlußfassung über verschiedene Satzungsänderungen; einheitliche Wahl eines aus verschiedenen Mitgliedern bestehenden Gremiums etc.). Richtet sich die Anfechtungsklage nur auf sachlich trennbare Teile eines Beschlusses (auf eine Wahl, eine Satzungsbestimmung), so beschränkt sich die Wirkung des Anfechtungsurteils dann ebenfalls auf diesen Teil. Die Nichtigkeit eines solchen Beschlußteils kann aber die Nichtigkeit der anderen, mit der Klage nicht angegriffenen Teile des Beschlusses zur Folge haben. Nach Ansicht der herrschenden Meinung gilt in diesem Fall § 139 BGB (s. Rdn. 70 sowie Schilling § 248, 9; Zöllner § 248, 41; § 243, 16ff.). Anfechtungskläger und Gericht (§ 139 ZPO) sollten durch entsprechende Fassung der Anträge darauf achten, daß die Auswirkungen von Teilnichtigkeit auf andere Beschlußteile schon im Urteil geklärt werden können. Geschieht dies nicht, so sind die Auswirkungen u. U. in einem gesonderten Nichtigkeitsprozeß festzustellen (Zöllner § 248, 41). — Bei mehreren Beschlüssen ergreift die Nichtigkeit des einen Beschlusses den anderen Beschluß auch dann nicht ohne weiteres, wenn die Beschlüsse rechtlich oder sachlich zusammenhängen (Rdn. 71). 117 Umgekehrt hat dann, wenn ein zusammengesetzter Beschluß insgesamt mit der Anfechtungsklage angegriffen wird, das Gericht zu prüfen, ob die Anfechtungs gründe (456)
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sämtliche Teile des Beschlusses ergreifen, und wenn dies nicht der Fall ist, ob die anderen Teile gemäß § 139 BGB für nichtig zu erklären sind; vgl. dazu auch Zöllner § 248, 43.
3. Prozeßbeteiligte a) Der Gesellschafter als Kläger aa) Gesellschaftereigenschaft. Aktivlegitimiert zur Erhebung der Anfechtungsklage 118 ist jeder Gesellschafter, dessen Recht auf Einhaltung der gesetzlichen oder statutarischen Bestimmungen durch den anzufechtenden Beschluß verletzt ist. Die Anfechtungsbefugnis ist Sachbefugnis. Fehlt sie, so ist die Klage durch Sachurteil, als unbegründet, abzuweisen (.Zöllner § 245, 2; a. A. wohl K. Schmidt AG 1977 208 bei FN 31). Wer Gesellschafter ist, bestimmt sich, soweit diese Bestimmung reicht, nach § 16. 119 Nur derjenige ist zur Anfechtungsklage legitimiert, der der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter gilt (BGH NJW 1969 133 = LM § 47 Nr. 12; GmbH-Rdsch. 1969 11 = BB 1968 2270; vgl. Erl zu § 16). Das Anfechtungsrecht ist Ausfluß der Mitgliedschaft (§ 14, 8ff.). Maßgebend ist die rechtliche Gesellschafterstellung, nicht die wirtschaftliche; daher steht dem Treugeber ein Anfechtungsrecht nicht zu (BGHZ 24 119, 124; BGH NJW 1966 1458f. = LM § 47 Nr. 8; WM 1962 419 = LM § 47 Nr. 5). Auch Nießbraucher (Anh. § 15, 58ff.), Pfandgläubiger (Anh. § 15, 39ff.; RGZ 139 224) sowie Inhaber von Dividenden- oder Genußscheinen (Anh. § 29, insbes. Rdn. 19), besitzen kein Anfechtungsrecht. Gehört ein Geschäftsanteil mehreren gemeinsam Berechtigten (§ 18), so steht das Anfechtungsrecht allen Mitberechtigten gemeinsam zu. Es wird gegebenenfalls durch den gemeinsamen Vertreter ausgeübt (vgl. Erl. zu § 18). Die Abtretung einer Mitberechtigung an einen Dritten hat auf die Anfechtungsberechtigung der Gemeinschaft keinen Einfluß. Ohne Bedeutung für die Anfechtungsbefugnis ist, ob der Gesellschafter Stimmrechte besitzt oder ob er allgemein oder bei dem angefochtenen Beschluß von der Abstimmung ausgeschlossen war (Schilling § 245, 3). Die Gesellschaft selbst, auch wenn sie eigene Anteile besitzt, hat ein Anfechtungsrecht nicht (§ 33, 46). bb) Relevante Zeitpunkte; Rechtsnachfolge. Der Anfechtungskläger muß im Zeit- 120 punkt der Beschlußfassung Gesellschafter sein (h. M. Scholz § 45, 18; Schilling § 245, 6). Dies folgt schon daraus, daß zur Anfechtungsberechtigung eben die Beeinträchtigung der Gesellschafterrechte des Anfechtungsklägers durch die Beschlußfassung gehört (a. A. Zöllner §245, 18ff.; Wolany S. 233). Wer die Mitgliedschaft originär nach Beschlußfassung erwirbt (durch Zulassung zur Übernahme einer Stammeinlage bei Kapitalerhöhung gem. § 55, durch Erwerb bei Kaduzierung gem. § 22 Abs. 4), ist nicht zur Anfechtung des Beschlusses berechtigt. Die Gesellschafterstellung muß dem Anfechtungskläger von der Beschlußfassung 121 bis zur Erhebung der Anfechtungsklage verbleiben. Veräußert er Teile seines Anteilsbesitzes, so wird das Anfechtungsrecht davon nicht berührt. Veräußert der anfechtungsberechtigte Gesellschafter vor Klagerhebung seine Geschäftsanteile vollständig, ist er also kein Gesellschafter mehr, so geht das Anfechtungsrecht mit der Mitgliedschaft auf den Erwerber des zuletzt übertragenen Geschäftsanteils über (BGHZ 43 261, 267; vgl. auch § 15, 133). Bei gleichzeitiger Übertragung von Geschäftsanteilen oder Teilen davon an verschiedene Erwerber wird man jeden Erwerber für anfechtungsberechtigt ansehen müssen (vgl. § 17, 38). Erwirbt der Veräußerer vor Klagerhebung andere Anteile, so kann er nur dann anfechten, wenn der Zedent jener Anteile seinerseits sein Anfechtungsrecht noch nicht — durch Zustimmung o. ä. — verloren hatte. Ob der Erwerber von Geschäftsanteilen dem Veräußerer gegenüber verpflichtet ist, einen Beschluß anzufechten, richtet sich nach dem obligatorischen Grundgeschäft (vgl. Anh. § 15, 25). Möglicherweise behält (457)
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der Veräußerer das zur Erhebung einer Feststellungsklage gem. § 256 ZPO erforderliche Interesse. Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß der Anfechtungskläger seine Geschäftsanteile nach Erhebung der Anfechtungsklage und vor Schluß der mündlichen Verhandlung an einen anderen überträgt. Nach herrschender Meinung gilt in diesem Fall § 265 ZPO mindestens entsprechend mit der Folge, daß der Veräußerer, auch dann, wenn er aufhört, Gesellschafter zu sein, also das materielle Anfechtungsrecht, die Sachlegitimation, verliert, den Anfechtungsprozeß fortsetzen kann, sofern er nur irgendein rechtliches Interesse an der Fortsetzung des Rechtsstreits hat (BGHZ 43 261, 267; BGH GmbHRdsch. 1968 11 f.; DB 1974 716, 717; Zöllner § 245, 23; Scholz § 45, 18; a. A. Schilling § 245, 6). Dabei wird man allerdings — entsprechend § 265 Abs. 2 ZPO — auch den Rechtsnachfolger für berechtigt halten müssen, mit Zustimmung der beklagten Gesellschaft und des Veräußerers, den Rechtsstreit als Hauptpartei anstelle des Veräußerers zu übernehmen (ähnlich wohl Hueck FM S. 424f.). Auf den Gesamtrechtsnachfolger eines Gesellschafters geht das Anfechtungsrecht in jedem Fall über, ohne Rücksicht darauf, ob die Gesamtrechtsnachfolge vor oder nach Erhebung der Anfechtungsklage eintritt. cc) Untergang des Geschäftsanteils. Mit dem Untergang des Geschäftsanteils durch rechtswirksame Einziehung erlischt das Anfechtungsrecht (vgl. § 34, 54). Dagegen hat die Einleitung des Einziehungsverfahrens als solche noch keine Auswirkungen auf dieses Recht. Richtet sich die Anfechtungsklage gegen den Einziehungsbeschluß, so kann die Gesellschaft den Einwand mangelnder Aktivlegitimation selbstverständlich nicht auf den angefochtenen Einziehungsbeschluß stützen. Steht jedoch fest, daß die Einziehung wirksam ist, die Mitgliedschaftsrechte also untergegangen sind, so entfällt mit ihnen auch das Anfechtungsrecht. Möglicherweise bleibt dem ausgeschiedenen Gesellschafter die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO oder die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Das gleiche gilt beim Verlust des Anteils durch Kaduzierung (§ 22). Der von der Kaduzierung betroffene Gesellschafter verliert das Anfechtungsrecht. Da der Erwerber des kaduzierten Anteils gemäß § 22 Abs. 4 nicht Rechtsvorgänger des von der Kaduzierung betroffenen Gesellschafters ist (vgl. § 22, 17; BGHZ 42 89, 92), geht ein Anfechtungsrecht auch nicht auf den Erwerber über. dd) Keine Abtretung des Anfechtungsrechts. Keinesfalls kann das Anfechtungsrecht gesondert abgetreten werden. Auch soweit man die selbständige Übertragung einzelner Verwaltungsrechte generell bejaht (vgl. § 14, 31 ff.), ist eine Übertragung von Anfechtungsrechten, als zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehörend, nicht zulässig (§ 14, 33). Ebensowenig geht das Anfechtungsrecht auf den Zessionär vermögensrechtlicher Ansprüche über. Es wird also durch die Abtretung von Ansprüchen auf Gewinn oder auf Auseinandersetzungsguthaben nicht berührt (BGHZ 14 264, 271 ff.; RGZ 82 167; Scholz § 45, 18). ee) ProzeßfUhrungsbefugnis; Vertretung. Unterliegen die Geschäftsanteile des Gesellschafters der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, so steht diesem die Befugnis zur Führung des Anfechtungsprozesses zu (Anh. § 15, 120). Im Konkurs des Gesellschafters (Anh. § 15, 94ff.) besitzt die Prozeßführungsbefugnis der Konkursverwalter. Im übrigen gelten für Prozeßfähigkeit und Prozeßvertretung des Gesellschafters im Anfechtungsprozeß die allgemeinen Bestimmungen. b) Anfechtungsbefugnis anderer Personen?
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aa) Organe, Organmitglieder. Streitig ist, ob ein Anfechtungsrecht — analog §245 Nr. 4 und 5 AktG — auch der Geschäftsführung sowie den Geschäftsführern und, (458)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
soweit ein Aufsichtsrat besteht, den Mitgliedern des Aufsichtsrats zusteht. Nach herrschender Meinung ist dies nicht der Fall (Baumbach-Hueck Anh. §47, 4 B ; Brodmann § 4 7 , 4 ; Däubler 8; Immenga GmbH-Rdsch. 1973 8; Hueck FM 424; neuerdings Verhoeven Rdn. 270ff.). Der herrschenden Meinung ist zu folgen. Die analoge Anwendung des § 245 Nr. 4 AktG scheitert allerdings nicht an der fehlenden Vertretung der GmbH in einem Anfechtungsprozeß (so aber Däubler aaO, dazu Rdn. 131). Diese Vorschrift paßt jedoch nicht auf die GmbH: Die Geschäftsführung ist, anders als der Vorstand einer Aktiengesellschaft, ein weisungsgebundenes Vollzugsorgan der Gesellschafterversammlung; dieser Stellung widerspräche es, der Geschäftsführung eine Kontrolle über die Beschlüsse der Gesellschafter zu geben (zutr. Immenga aaO). Dies gilt auch für die mitbestimmte GmbH (Lehmann 104 f. zieht für die Publikums-GmbH und die mitbestimmte GmbH ein Anfechtungsrecht der Geschäftsführer in Betracht). Scholz § 45, 18, und Lehmann aaO wollen den Mitgliedern der Geschäftsführung und eines Aufsichtsrats analog § 245 Nr. 5 AktG ein Anfechtungsrecht dann geben, wenn diese Amtsträger sich durch die Ausführung eines Beschlusses ersatzpflichtig oder strafbar machen würden. Auch dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Die Ausführung von Beschlüssen, die die Geschäftsführer oder AR-Mitglieder strafbar oder ersatzpflichtig machen würde, kann von diesen auch ohne Anfechtungsklage verweigert werden, wo nicht ohnehin ein nichtiger Beschluß vorliegt. Notfalls kann die Klärung durch einfache Feststellungsklage erfolgen. Die Reform (§ 195 Abs. 2 RegE) sieht ein Anfechtungsrecht entsprechend § 245 Nr. 5 AktG vor. Selbstverständlich besitzen Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglieder, wenn sie Gesellschafter sind, als solche ein Anfechtungsrecht, OLG Braunschweig OLGR 27 380. Die Satzung kann Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Mitgliedern dieser Organe 128 ein Anfechtungsrecht gewähren (oben Rdn. 109; ebenso Vogel GB S. 123). Zur Anfechtung von Beschlüssen anderer Gesellschaftsorgane und darauf bezüglichen Anfechtungsrechten s. Rdn. 224ff. bb) Dritte. Sonstige Personen haben kein Anfechtungsrecht gegenüber Gesell- 129 schafterbeschlüssen. Dies gilt insbesondere auch für Gesellschaftsgläubiger (RGZ 166 103, 131). Dieses Recht kan ihnen auch nicht durch die Satzung oder durch Übertragung der Verwaltungsrechte gewährt werden. Ausnahmen gelten im Bereich der Mitbestimmung: Für die Anfechtungsbefugnis bei Wahlen der Arbeitnehmervertreter und des „weiteren Mitglieds" in montan-mitbestimmten Aufsichtsräten s. § 251 Abs. 2 AktG; für die Anfechtung von Wahlen der Arbeitnehmer zum AR nach dem MitbestG s. § 22 MitbestG. c) Die Gesellschaft ab Beklagte aa) Passivlegitimation. Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die Gesellschaft 130 (analog § 246 Abs. 2 Satz 1 AktG), nicht gegen andere Gesellschafter, auch nicht etwa gegen diejenigen Gesellschafter, mit deren Stimmen der angefochtene Beschluß zustande kam oder deren Stimmen zur Abänderung eines Beschlusses notwendig wären (so aber KG OLGR 3 262). Die formwechselnde Umwandlung (§§ 376, 389 AktG) und ebenso die übertragende Umwandlung (§ 24 UmwG) lassen die Identität und daher die Passivlegitimation der Gesellschaft unberührt (BGH WM 1962 456; BGHZ 24 106, 111). Das gleiche gilt bei Auflösung, Konkurs und Nichtigerklärung der Gesellschaft (Braunschweig OLGR 27 380). Bei der Verschmelzung (§§ 355, 356 AktG) ist die Anfechtungsklage gegen Gesellschafterbeschlüsse der übertragenden GmbH zulässig und gegen die übernehmende Gesellschaft zu richten, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Beseitigung des Beschlusses gegeben ist (Schilling § 352, 7). (459)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
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bb) Vertretung; Prozeßführungsbefugnis. Die Gesellschaft wird im Anfechtungsprozeß durch die Geschäftsführung vertreten. Der Gesellschaftsvertrag kann diese (gesetzliche) Vertretung nicht anderweit regeln, nicht also etwa die Mitvertretung durch einen Aufsichtsrat vorsehen. Der fakultative Aufsichtsrat ist zur (Mit-) Vertretung nicht befugt. In § 52 ist die Bestimmung der § 246 Abs. 2 AktG nicht genannt (BGH GmbHRdsch. 1962 199, insoweit in BGHZ 36 207 nicht abgedruckt; BGH WM 1962 456 = GmbH-Rdsch. 1962 134; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 C; Scholz § 45, 19). Auch der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG und nach dem MitbestG besitzt keine Vertretungsbefugnis gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG. Beide Gesetze (vgl. § 77 BetrVG, § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG) führen diese besonderen Bestimmungen nicht als anwendbar auf (ebenso Däubler GmbH-Rdsch. 1968 4, 8; Hueck Festschr. f. Bötticher (1969) 197, 216; a. A. für den Aufsichtsrat nach MitbestG: Lehmann 96). 132 Klagt der einzige Geschäftsführer oder einer von mehreren nur gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführern in seiner Eigenschaft als Gesellschafter gegen die Gesellschaft, so können die Gesellschafter einen Sondervertreter nach § 46 Nr. 8 bestellen (§ 46, 36). Solange dies nicht geschieht, ist ein Prozeßvertreter nach § 57 ZPO und gegebenenfalls ein Notgeschäftsführer nach § 29 BGB (§ 35, 63) zu bestellen (Scholz 19; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 C; vgl. auch O L G Hamburg OLGR 31 16; OLG Celle NJW 1965 504, 505). 133 Befindet sich die Gesellschaft, durch Auflösung oder Nichtigerklärung in Liquidation, so wird sie im Prozeß von den Liquidatoren vertreten. Durch Auflösung oder Nichtigerklärung kann jedoch das Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage entfallen (Rdn. 138). Auch dann, wen der Auflösungsbeschluß selbst mit der Anfechtungsoder Nichtigkeitsklage angegriffen wird, wird die beklagte Gesellschaft, unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits, wirksam von den Liquidatoren vertreten; es kommt insoweit nur auf das Vorbringen der von den Liquidatoren vertretenen Partei an (BGHZ 36 207 = LM Nr. 1 zu § 70 mit Anm. R. Fischer). 134 Im Konkurs wird die Gesellschaft vom Konkursverwalter nur dann vertreten, wenn der angegriffene Beschluß die Konkursmasse berührt (Schilling § 246, 10; Zöllner § 246, 41; Scholz 19; Baumbach-Hueck § 47 Anh., 4 C; BGHZ 32 114, 121; RGZ 76 244; O L G Hamburg AG 1971 403). Der Konkursverwalter vertritt die Gesellschaft also dann, wenn die Verteidigung des angefochtenen Beschlusses einen Akt der Verwaltung des Massevermögens darstellt (Jaeger-Weber K O §§ 207, 208, 35). Beispiele: Auflösungsbeschluß; frisdose Endassung eines Geschäftsführers, wegen der damit verbundenen finanziellen Auswirkungen (BGHZ 32 114, 121 f.); hingegen nicht Entlastungsbeschluß, weil seine Beseitigung für die Masse nicht nachteilig sein kann. Enthält ein einheitlicher Beschluß (Rdn. 70) Gegenstände, die die Konkursmasse berühren und solche, bei denen dies nicht der Fall ist, so ist der Konkursverwalter gleichwohl zur Verteidigung des gesamten Beschlusses berechtigt (BGH aaO 123). Im übrigen bleibt es auch im Konkurs bei der Vertretung durch die Geschäftsführung; der Konkursverwalter ist nicht bestellt, um die Gesellschaft in inneren Angelegenheiten zu vertreten. In solchen Fällen kann der Konkursverwalter allenfalls dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beitreten, soweit die Voraussetzungen des § 66 ZPO vorliegen. 135
d) Streitgenossenschaft, Nebenintervention. Klagen mehrere Anfechtungsberechtigte gegen denselben Beschluß gemeinschaftlich oder werden mehrere Klagen gegen denselben Beschluß später verbunden (Rdn. 169), so sind die Kläger nach allgemeiner Meinung notwendige Streitgenossen i. S. von § 62 Abs. 1 ZPO (RGZ 93 31 f.; 164 129, 131 f.; Scholz § 45, 18; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 F a. E.; Brodmann § 47, 4h; weitere Nachweise bei Zöllner § 246, 88). Aus der Gestaltungswirkung des der Klage stattgebenden Urteils gemäß §§ 248, 249 AktG (Rdn. 177, 208) wird gefolgert, daß hier (440)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
die erste Alternative einer notwendigen Streitgenossenschaft vorliegt (notwendige einheitliche Feststellung gegenüber allen Streitgenossen). Gegen diese Meinung bestehen Bedenken. Sie verwechselt die Gestaltungswirkung eines stattgebenden Urteils gemäß §§ 248, 249 AktG mit der materiellen Rechtskraft. Zutreffend weist Zöllner aaO darauf hin, daß keineswegs allen Anfechtungsklägern gegenüber nur das gleiche Urteil ergehen könne. Vielmehr kann die Klage des einen — etwa wegen Versäumung der „angemessenen Frist" oder weil er dem Beschluß zugestimmt hat — unbegründet sein, die des anderen trotzdem zur Vernichtung des Beschlusses führen. Es ist auch kein zureichender Grund ersichtlich, warum, wie es § 62 ZPO vorsieht, eine Vertretung der Streitgenossen untereinander bei Frist- oder Terminversäumnis angenommen werden muß. Der Beitritt eines Dritten (Streithilfe, Nebenintervention) ist im Anfechtungsprozeß 136 sowohl auf der Kläger- als auch auf der Beklagtenseite denkbar, sofern die Voraussetzungen des § 66 ZPO vorliegen. Die Nebenintervention macht den Streithelfer, wenn man der h. M. folgt (s. Rdn. 135), zum notwendigen Streitgenossen im Sinn von § 62 ZPO (§ 69 ZPO). Ein rechtliches Interesse, das zum Beitritt auf der einen oder anderen Seite berechtigt, ist bei jedem Gesellschafter zu bejahen, und zwar auf der Klägerseite auch dann, wenn der Streithelfer selbst nicht oder nicht mehr anfechtungsberechtigt ist; dies ergibt sich aus den Auswirkungen eines obsiegenden Urteils auf alle Gesellschafter (Gestaltungswirkung, siehe Rdn. 174); Stein-]onas-Leipold § 66, 19. Geschäftsführer und Mitglieder anderer Organe der Gesellschaft, insbesondere eines Aufsichtsrats, können auch dann auf der einen oder anderen Seite dem Rechtsstreit beitreten, wenn sie nicht selbst anfechtungsberechtigt sind; das rechtliche Interesse folgt aus der Organstellung. Die Tatsache, daß die Geschäftsführer gesetzliche Vertreter der beklagten Gesellschaft sind, hindert den Beitritt eines Geschäftsführers auf Seiten der Gesellschaft nicht {Stein-]onas-Leipold aaO 8). Will ein Geschäftsführer dem Kläger beitreten, so kann er die Gesellschaft allerdings nicht vertreten; gegebenenfalls ist ein Vertreter gemäß § 46 Nr. 8 oder § 57 ZPO, oder ein Notgeschäftsführer gemäß § 29 BGB zu bestellen (a. A. offenbar Zöllner § 246, 89).
4. Rechtsschutzbedürfnis Das neben der Anfechtungsbefugnis (Rdn. 82) notwendige Rechtsschutzbedürfnis 137 des Klägers folgt in der Regel ohne weiteres daraus, daß jeder Gesellschafter ein rechtlich beachtliches Interesse daran hat, die Ubereinstimmung oder Nichtübereinstimmung von Beschlüssen seiner Gesellschaft mit Gesetz und Satzung überprüfen und feststellen zu lassen. Ein eigenes rechtliches Interesse des Anfechtungsklägers an der Beseitigung des Beschlusses ist nicht notwendig. Er kann die Anfechtungsklage auch darauf stützen, daß gegenüber einem anderen Gesellschafter das Gesetz oder die Satzung nicht beachtet worden sind (BGH WM 1964 1188, 1191; BGHZ 43 261, 265-f.; BGH WM 1966 446, 447; Schilling § 243, 13 m. w. N.; Vogel GB 122). Dies gilt auch dann, wenn der andere, unmittelbar betroffene Gesellschafter, von seiner Anfechtungsbefugnis innerhalb angemessener Frist (Rdn. 140ff.) keinen Gebrauch gemacht hat und seines Anfechtungsrechts dadurch verlustig geht. Hat allerdings der andere Gesellschafter einen nur ihm gegenüber begangenen Verstoß gebilligt, so kann die Anfechtungsklage hierauf nicht mehr gestützt werden, denn durch die Zustimmung des Betroffenen wird der Beschluß geheilt (Rdn. 94). Die Erklärung der Geschäftsführung, sie wolle von dem anfechtbaren Beschluß keinen Gebrauch machen, nimmt einer Anfechtungsklage das Rechtsschutzbedürfnis nicht, Schilling § 243, 13. Ausnahmsweise kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, so wenn der Beschluß 138 wieder aufgehoben worden ist; ebenso u. U. bei der Anfechtung eines ablehnenden Beschlusses (Rdn. 8; RGZ 166 175, 188; BGH WM 1964 1191; WM 1972 931, (461)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
933 = LM § 29 Nr. 2; ausführlich Schilling § 241, 5; Zöllner § 246, 27ff.), oder dann, wenn der Beschluß wegen zwischenzeitlicher Auflösung der Gesellschaft bedeutungslos geworden ist. 139 Durch die Bestätigung eines angefochtenen Beschlusses (Rdn. 100), entfällt das Rechtsschutzbedürfnis dann nicht, wenn der neue Beschluß wiederum fehlerhaft und gegebenenfalls angefochten ist (BGH DB 1974 716f.). Auch kann der Kläger bei wirksamer Bestätigung des angefochtenen Beschlusses den Anfechtungsprozeß mit beschränktem Antrag fortsetzen, wenn er ein rechtliches Interesse an der Beseitigung des alten Beschlusses bis zum Zeitpunkt der Bestätigung hat (analog § 244 Satz 2 AktG; s. Rdn. 104). 5. Frist zur Klagerhebung 140
a) Angemessene Frist. Nach herrschender Meinung ist die Anfechtungsklage innerhalb „angemessener Frist" nach Fassung des Beschlusses zu erheben. Nicht analog anwendbar ist also § 246 Abs. 1 AktG, der eine feste Frist von einem Monat nach Beschlußfassung vorschreibt. Dabei gilt es als Wahrung einer angemessenen Frist an, wenn der Gesellschafter mit aller ihm zumutbaren Beschleunigung vorgeht (RGZ 170 358, 380; 172 76, 79; DR 1944 775 Nr. 15; OLG Hamburg JZ 1953 405 mit zust. Anm. Schilling-, OLG Celle GmbH-Rdsch. 1959 113; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 D; Däuhler 8; Vogel GB 121; Hueck FN 425f.; Zöllner Schranken S. 386 a. A. Lehmann Anwendung 105ff.; Scholz § 45, 20; ders. GmbH-Rdsch. 1952 161; Vogel GmbH-Rdsch. 1953 5, die für die Einmonatsfrist des § 246 = § 199 AktG 37 eintreten. Der BGH hat die Frage bisher nicht entschieden (vgl. BGHZ 11 231, 240; 32 318, 322 für die Genossenschaft; WM 1965 425f.; WM 1966 446; GmbH-Rdsch. 1966 274). Der herrschenden Meinung ist zuzustimmen. Für die Zweckmäßigkeit einer festen Frist sprechen zwar gewichtige Gründe insbesondere der Rechtssicherheit. Jedoch läßt sich die analoge Übernahme einer strikten Frist bei nicht ausdrücklicher gesetzlicher Regelung kaum rechtfertigen, weil sie eine Berücksichtigung des Einzelfalls völlig außer acht läßt. Eine Begrenzung der Anfechtungsfrist auf einen Monat durch die Satzung ist zulässig (Rdn. 108).
141
b) Fristwahrung. Die „angemessene" Frist beginnt grundsätzlich mit der Beschlußfassung. Bei Beschlüssen gem. § 48 Abs. 2 beginnt sie also mit der Kenntnis aller Gesellschafter von dem Ergebnis der Beschlußfassung (§ 48, 23). Die aktienrechtliche Einmonatsfrist wird stets als angemessen anzusehen sein; ein Fristablauf vor diesem Monat ist also ausgeschlossen (ebenso für die Frist nach § 242 Abs. 2 AktG: BGH WM 1978 551, 552). Da der Gesellschafter die Klage mit aller zumutbaren Beschleunigung erheben muß, wird bei einer wesendichen Überschreitung der Einmonatsfrist zu prüfen sein, ob der Gesellschafter an einer früheren Klagerhebung durch zwingende Umstände gehindert war. Solche Umstände liegen etwa dann vor, wenn der Gesellschafter von dem Beschluß unverschuldet erst später Kenntnis erhielt oder aus tatsächlichen Gründen die Klage nicht früher hat erheben können. Doch darf im Interesse der Rechtssicherheit kein zu großzügiger Maßstab gelten. Auch schwebende Vergleichsverhandlungen, Zusagen der Mehrheit, den fehlerhaften Beschluß zurückzunehmen etc. werden in der Regel eine Verzögerung der Klagerhebung nicht rechtfertigen können (insoweit großzügiger RGZ 172 76, 79; BGH WM 1965 425; vgl. auch BGHZ 11 231, 239ff.). Keinesfalls darf ein anfechtungsberechtigter Gesellschafter den Ausgang eines anderen Anfechtungsprozesses gegen den fehlerhaften Beschluß abwarten, um bei negativem Ausgang jenes Rechtsstreits dann seinerseits Anfechtungsklage zu erheben. 142 Die Einhaltung der Anfechtungsfrist bedeutet nicht nur, daß die Klage rechtzeitig erhoben wird, sondern daß die Anfechtungsgründe innerhalb der genannten angemessenen Frist geltend gemacht, d. h. wenigstens in ihrem tatsächlichen Kern in den Rechts(462)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
streit eingeführt werden (BGHZ 15 177, 180; 32 318, 322; BGH WM 1966 446, 447; GmbH-Rsch. 1966 274). Ein Nachschieben von Anfechtungsgründen ist also nur innerhalb dieser angemessenen Frist möglich. Denn sonst wäre eine zeitliche Begrenzung ihrer wesentlichen Bedeutung beraubt (a. A. Zöllner § 246, 17f.). Dabei können allerdings für verschiedene Anfechtungsgründe unterschiedliche Fristen gelten; so etwa, wenn das Motiv für einen Stimmrechtsmißbrauch erst später zutage tritt (im Ergebnis ebenso BHG WM 1966 274f.; WM 1966 1133 mit Anm. Ganssmüller). Eine förmliche Verlängerung der Frist seitens der Gesellschaft oder des Gerichts 143 über die „angemessene" Dauer hinaus kann nicht erfolgen (vgl. für das Aktienrecht Zöllner § 246, 8 f.). Eine Unterbrechung, Hemmung oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht (vgl. aber BGH NJW 1952 99; OLG Ffm. NJW 1966 838 m. Anm. Lüke); doch kann ein Ereignis, das den Kläger zeitweilig daran gehindert hat, Klage zu erheben, für die Angemessenheit der Frist relevant sein. Die Festlegung einer bestimmten Frist in der Satzung ist zulässig (Rdn. 108). c) Folgen der Fristversäumnis. Nichteinhaltung der Frist macht die Klage unbe- 144 gründet (RGZ 123 204, 207; Schilling § 246, 5; Zöllner § 246, 6; K. Schmidt JZ 1977 771). Die Nichteinhaltung ist von Amts wegen zu beachten. Ist die Frist für alle Anfechtungsberechtigten verstrichen, so ist der Beschluß als wirksam zu behandeln, also gleichsam „geheilt" (vgl. auch Rdn. 215, 221). 6. Zuständigkeit Ausschließlich zuständig für Anfechtungsklagen (ebenso für Nichtigkeitsklagen) ist, 145 entsprechend §§ 246 Abs. 3, 249 Abs. 1 AktG, das Landgericht am Sitz (§ 5) der Gesellschaft (RGZ 172 76 = DR 1944 247; BGHZ 22 101, 105; Scholz § 15, 21; BaumhachHueck Anh. § 47, 4 E). Die Prorogation eines anderen ordendichen Gerichts ist nicht zulässig (§ 40 Abs. 1 ZPO), ebensowenig die Festlegung eines anderen Gerichtsstandes in der Satzung. Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen sind Handeissachen i. S. von §§ 95, 96 Nr. 4aGVG. Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann nicht vereinbart werden (BGH 146 GmbH-Rdsch. 1951 145 = MDR 1951 674; LM § 199 AktG Nr. 1; WM 1966 1132; Schilling § 246, 14; allg. Meinung). Das folgt aus der Gestaltungswirkung des Urteils und der Tatsache, daß sich die Parteien über den Gegenstand des Streits nicht vergleichen können (§ 1025 Abs. 1 ZPO; vgl. Rdn. 161). Die Klage vor einem unzuständigen Gericht wahrt die Rechtzeitigkeit („ange- 147 messene Frist", vgl. Rdn. 140); sofern der Rechtsstreit gemäß §276 Abs. 1 ZPO später an das zuständige Gericht verwiesen wird (BGH NJW 1961 2259; BGHZ 35 374; Zöllner § 246, 59 m. w. N.; a. A. Schilling § 246, 14 anschließend an Wieczorek § 276, B IV b 1). 7. Zustellung Die Klage ist den gesetzlichen Vertretern der beklagten Gesellschaft, also in der Regel 148 ihren Geschäftsführern zuzustellen, und zwar mindestens einem von ihnen (§ 171 Abs. 3 ZPO). Erhebt ein Geschäftsführer die Anfechtungsklage, so ist sie den verbleibenden Geschäftsführern zuzustellen; sind keine anderen Geschäftsführer vorhanden, so muß ein Vertreter bestellt werden (Rdn. 132). Für die Rechtzeitigkeit genügt die Einreichung der ausreichend begründeten (§ 253 149 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) Klageschrift bei Gericht. Dies folgt aus § 270 Abs. 3 ZPO („sofern die Zustellung demnächst erfolgt"). Aber auch dann, wenn eine von Amts wegen vorzunehmende Zustellung nicht alsbald erfolgen sollte, der Anfechtungskläger aber alles ihm (*3)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Zumutbare getan hat (formelle Richtigkeit der Klage, zutreffende Zustellungsanschriften, Gerichtskostenvorschüsse), so ist mit Einreichung der Klageschrift die „angemessene Frist" (Rdn. 140) gewahrt (für die aktienrechtliche Frist ebenso: BGHZ 15 177, 180; 32 318, 322; AG 1974 320 = DB 1974 1426; Schilling § 246, 3; Zöllner § 246, 14; v. Gleichenstein AG 1969 305). Die Einreichung eines — begründeten — Armenrechtsgesuches dürfte genügen (anders im Aktienrecht: Schilling aaO; Zöllner aaO Rdn. 15). Entsprechendes gilt für das Nachschieben von Anfechtungsgründen in Schriftsätzen (Rdn. 142). Zur Klageerhebung vor einem unzuständigen Gericht siehe Rdn. 147. 8. Einzelheiten des Verfahrens a) Anträge. Die Anfechtungsklage begehrt ein Gestaltungsurteil. Beantragt wird demgemäß, das Gericht möge den betreffenden Beschluß für nichtig erklären (s. § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG). Vielfach wird dieser Antrag hilfsweise gestellt werden, und zwar nachgeordnet einem Antrag nach § 249 Abs. 1 AktG auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses (Rdn. 202). Auch dann, wenn nur der eine oder andere Antrag gestellt ist, kann der Kläger Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe nebeneinander geltend machen: das Gericht hat sie, unabhängig von der Fassung der Anträge, zu beachten (sofern die Anfechtungsgründe rechtzeitig vorgebracht sind, s. Rdn. 142). Der Streitgegenstand beider Klagen ist derselbe (Rdn. 114). Der Anfechtungsantrag umfaßt den Nichtigkeitsantrag und umgekehrt (BGH NJW 1952 98; BGHZ 32 318, 322; Schilling § 246, 5; Zöllner § 246, 47ff„ 84; K. Schmidt AG 1977 245 bei FN 76/77; Hueck Anfechtbarkeit 247; KG NJW 1959 439; anders RGZ 170 83, 87). Ist die eine Klage anhängig, kann derselbe Kläger nicht gegen denselben Beschluß zusätzlich die andere Klage erheben (Rechtshängigkeitseinrede). Der Ubergang von der Anfechtungs- zur Nichtigkeitsklage und umgekehrt ist keine Klagänderung (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 A). Nach richtiger Ansicht fallen die Anträge zusammen: wird dem einen stattgegeben, ist daher hinsichtlich des anderen kein Raum mehr zur Abweisung (Zöllner § 246, 85; Schmidt aaO bei FN 79). 151 Verfolgt der Kläger die Anfechtungsklage nach Bestätigung des angefochtenen Beschlusses, analog § 244 S. 2 AktG, für die Vergangenheit weiter (Rdn. 104, 139), so muß der Antrag dahin lauten, daß der Beschluß „für die Zeit bis zum . . . für nichtig erklärt" wird (zutr. Zöllner §244, 26). — Über die Verbindung mehrerer Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsprozesse s. Rdn. 169 f. 150
152
b) Verbindung mit anderen Klaganträgen. In bestimmten Fällen ist es möglich, zusammen mit der Anfechtungsklage und also innerhalb angemessener Frist, eine Klage auf Feststellung des „richtigen" Beschlusses zu erheben, also des Beschlusses, der bei Beachtung des Gesetzes oder der Satzung zustande gekommen und festgestellt worden wäre. Ohne einen entsprechenden Feststellungsantrag ist das Gericht nicht befugt, über die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses hinaus im Tenor den „richtigen Beschluß" festzustellen. Das eigentliche Anfechtungsurteil hat nur kassatorische Wirkung. Die herrschende Ansicht im Aktienrecht (RGZ 142 123; vgl. zum Stand der Diskussion die Nachweise bei Schilling § 248, 3; Zöllner § 248, 24ff.) hält eine solche Kombination von Anfechtungsklage und Klage auf Feststellung des „richtigen Beschlusses" dann für zulässig, wenn das Feststellungsurteil lediglich die unrichtige Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter ersetzen soll. Dies muß entsprechend für Gesellschafterbeschlüsse bei der GmbH gelten (Scholz § 45, 27; Brodmann § 47, 41; Zöllner Schranken 405ff.; Küster 74 f f . ; a. A. Baumbach-Hueck Anh. § 47, 5 C; R. Fischer Anm. zu LM § 53 Nr. 1 = BGHZ 14 25). Hier ist zwar die Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter nicht zwingend vorgeschrieben; sie ist aber möglich und hat dann, nach der hier vertretenen Ansicht (§ 48, 13—16) auch eine entsprechende Wirkung. (464)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
Ist eine Feststellung durch den Versammlungsleiter nicht erfolgt, so werden zunächst, vorbehaltlich einer Anfechtungsklage, alle abgegebenen Stimmen berücksichtigt. Auch in diesen Fällen, also vor allem dann, wenn eine nach § 47 Abs. 4, wegen Treupflichtsverstoßes oder nach allgemeinen Bestimmungen (§§ 118ff. BGB) unwirksame Stimmabgabe das Abstimmungsergebnis entschieden hat, besteht ein praktisches Bedürfnis, den „richtigen" Beschluß zusammen mit der Anfechtung des unrichtigen feststellen zu lassen (vgl. auch Rdn. 9ff.). Die dogmatischen Bedenken von R. Fischer aaO erscheinen demgegenüber nicht begründet: Die Anfechtungsklage richtet sich gegen die „Beschlußwirkung" der Feststellung des Versammlungsleiters. Die kassatorische Wirkung des Anfechtungsurteils bringt gleichsam den wirklichen Beschluß wieder zum Vorschein. Eine mit der Anfechtungsklage kombinierte Klage auf Feststellung des wirklich gefaßten Beschlusses ist also in allen den Fällen zulässig, in denen ein Versammlungsleiter das Beschlußergebnis unrichtig festgestellt hat oder in denen sonst ein angefochtener Beschluß wegen Ungültigkeit einer Stimmabgabe von Rechts wegen anders ausgefallen wäre. Allerdings hat ein Urteil, das auf eine solche Feststellungsklage hin ergeht, keine (positive) Gestaltungswirkung (unklar insoweit Zöllner § 248, 26). Daher fragt es sich, ob nicht gegen den so festgestellten Beschluß, vom Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung an, eine Anfechtungsklage zugelassen werden muß, wenn der „richtige" Beschluß seinerseits fehlerhaft ist, etwa wenn die für den Beschlußantrag abgegebenen Stimmen fehlerhaft waren. Man wird dies aus Gründen der Rechtsicherheit und der Prozeßökonomie ablehnen müssen (ebenso Zöllner Schranken 413 f.). Bestehen gegen den „richtigen" Beschluß Anfechtungsgründe, so müssen diese, gegebenenfalls im Wege der Nebenintervention, im Anfechtungsprozeß geltend gemacht werden. Stellen sich einzelne Posten einer Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung als un- 153 richtig heraus, so kann die Anfechtungsklage, die sich gegen Bilanzfeststellung, gegen den Gewinnverwendungsbeschluß richtet, verbunden werden mit der Klage auf Feststellung der ordnungsgemäßen Bilanz, der ordnungsgemäßen Gewinn- und Verlustrechnung (RGZ 64 258, 260; 76 244, 248, beide für die A G ; R G Z 80 330, 337; 87 383, 386 für die GmbH). Während diese Ansicht im Aktienrecht heute allgemein abgelehnt wird (Schilling aaO, Zöllner aaO) erscheint es im Bereich der G m b H aus dem Gesichtspunkt der Treupflicht (§ 13, 6; § 14, 23) vertretbar, auch in diesem Fall der Minderheit die Möglichkeit zu geben, den richtigen Beschluß feststellen zu lassen (ebenso Scholz § 45, 27; a. A . Baumbach-Hueck Anh. § 47, 56). In jedem Falle ist aber Voraussetzung für eine solche gerichtliche Feststellung, daß sich aus dem Rechtsstreit die Unrichtigkeit der betreffenden Position und weiterhin das „richtige Ergebnis" ohne weiteres und zweifelsfrei ergibt. Das Gericht kann bei der Feststellung eines richtigen Beschlusses keinesfalls eigenes Ermessen walten lassen. Schließlich ist es möglich, die gegen einen Gewinnverwendungsbeschluß gerichtete 154 Anfechtungsklage zu verbinden mit einer Klage auf Auszahlung des gesetzlichen oder statutarischen Gewinnanteils (§ 29, 49; R G Z 64 260, 262; 80 335, 337). c) Widerklage. Die Erhebung der Anfechtungsklage als Widerklage und ebenso die 155 Erhebung einer Widerklage gegenüber einer Anfechtungsklage ist zulässig, sofern die allgemeinen Voraussetzungen für die Erhebung einer Widerklage vorliegen (s. etwa B G H D B 1972 1282 = LM § 34 Nr. 5). Die in der aktienrechtlichen Literatur geäußerten Bedenken (Zöllner § 246, 4; Schilling § 243, 28) resultieren aus der im Aktienrecht besonders geregelten Vertretungsbefugnis der Gesellschaft im Anfechtungsprozeß; diese Bedenken sind also im Bereich des GmbH-Rechts nicht begründet (vgl. Rdn. 131). d) Verhandlung; Darlegungs- und Beweislast. Der Kläger hat die Gesetzes- oder 156 Statutenverletzung konkret darzulegen. Die Anfechtungsklage kann auch auf Nichtigkeits(445)
§ 4 7 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
gründe gestützt werden, und umgekehrt (Rdn. 150). Die Beweislast für den Verstoß trägt grundsätzlich der Kläger. Im Einzelfall können sich Ausnahmen nach allgemeinen Regeln ergeben, so etwa dann, wenn eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter durch besondere Belange der Gesellschaft gerechtfertigt sein soll. Bei einer zum Bezugsrechtsausschluß der übrigen Gesellschafter führenden Kapitalerhöhung durch die Sacheinlage eines Gesellschafters hat die Gesellschaft die für den Beschluß maßgebenden Gründe im einzelnen darzulegen, die der Anfechtungskläger dann gegebenenfalls zu widerlegen hat (BGH BB 1978 776 = A G 1978 196). Bei Erhebung konkreter Rügen seitens des Klägers trägt die Gesellschaft die Beweislast dafür, daß die Verfahrensnormen des Gesetzes und der Satzung bezüglich Einladung, Ankündigung, Zulassung zur Abstimmung allgemein beachtet sind; dagegen hat der Kläger einzelne Verfahrensverstöße (Ungültigkeit einzelner Stimmen etc.) nachzuweisen (Zöllner § 243,109f.). Die notwendige Kausalität eines Verfahrensverstoßes für das Beschlußergebnis wird vermutet. Der Gesellschaft obliegt der Gegenbeweis, daß ein möglicher Einfluß ausgeschlossen ist (Rdn. 85f.). 157 Für die Anberaumung der mündlichen Verhandlung gelten die allgemeinen Bestimmungen. § 246 Abs. 3 Satz 2 AktG ist nicht anwendbar, weil die aktienrechtliche Monatsfrist für die Anfechtungsklage im GmbH-Recht nicht gilt (Rdn. 140). 158
e) Prozeßhandlungen. Für den Anfechtungsprozeß gelten — von den wenigen aktienrechtlichen Bestimmungen in §§ 246 ff. AktG abgesehen — keine ausdrücklichen Verfahrens Vorschriften besonderer Art. Abweichungen vom Grundsatz der Parteiherrschaft, wie sie etwa im Eheprozeß gelten (vgl. § 617 ZPO), ergeben sich aber aus der Natur des Anfechtungsprozesses, nämlich aus der Tatsache, daß einerseits die Prozeßbeteiligten — Anfechtungskläger und beklagte Gesellschaft — materiellrechtlich nicht befugt sind, Gesellschafterbeschlüsse zu fassen, zu ändern oder zu beseitigen, andererseits das stattgebende Urteil im Anfechtungsprozeß Wirkung inter omnes besitzt (Rdn. 174). Den Parteien kann nicht gestattet sein, durch Prozeßhandlungen ein solches mit Gestaltungswirkung ausgestattetes Urteil zu erzwingen, ohne daß das Gericht die Möglichkeit zu einer vollen sachlichen Prüfung des Sachverhaltes hat. Daraus folgt: 159 Alle Prozeßhandlungen, die den angegriffenen Beschluß in seinem Bestand unberührt lassen, sind im Rahmen allgemeiner prozessualer Regeln zulässig. Der Anfechtungskläger kann im Rahmen von § 269 ZPO die Klage zurücknehmen, er kann gemäß § 306 Z P O auf den Klaganspruch verzichten, er kann seiner Klage nachteilige Tatsachen zugestehen (§ 288 ZPO), es kann Versäumnisurteil gegen den Kläger ergehen (§ 330 ZPO). Die beklagte Gesellschaft kann in diesen Fällen die entsprechenden Prozeßerklärungen (Zustimmung, Antrag auf Klagabweisung) abgeben. 160 Dagegen sind Prozeßhandlungen wirkungslos, die eine Beseitigung oder Änderung des angegriffenen Beschlusses ohne gerichtliches Urteil oder ohne ausreichende gerichtliche Prüfungsmöglichkeit zur Folge hätten. Daher hat der Sachvortrag der Gesellschaft nicht die Bindungswirkung eines gerichtlichen Geständnisses (§ 288 ZPO). Der Erlaß eines Versäumnisurteils oder eines Anerkenntnisurteils gegen die Gesellschaft ist nicht zulässig (ergeht allerdings ein solches Urteil dennoch, so hat es gestaltende Wirkung; B G H GmbH-Rdsch. 1975 182, 183 = WM 1975 538, 540 = NJW 1975 1273). Die Meinungen in der Literatur erscheinen nicht folgerichtig: Durchweg wird es für zulässig angesehen, daß gegen die Gesellschaft ein Versäumnisurteil ergeht (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4 F ; Vogel GB 123f.; für das Aktienrecht: Zöllner § 246, 72; Schilling § 246, 7). Die Bindungswirkung eines Geständnisses zuungunsten der Gesellschaft werden unterschiedlich beurteilt (bejahend Zöllner aaO 73; verneinend Schilling aaO) desgleichen die Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils (bejahend Zöllner aaO; Baumbach-Hueck aaO; verneinend Schilling aaO, ebenso Vogel aaO; Vorauf7. § 45, 40, falls keine Ermächtigung der Gesellschafterversammlung vorliegt; offengelassen in B G H GmbH-Rdsch. 1975 183). (466)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
f) Vergleich. Ein Vergleich, der den angegriffenen Beschluß „für nichtig erklärt", 161 oder anderweit beseitigt oder ändert, ist unzulässig und unbeachdich (allg. Meinung; vgl. die in Rdn. 160 angeführte Literatur; BGH LM Nr. 1 zu § 195 AktG). Auch „unter Mitwirkung" der Gesellschafterversammlung kann ein solcher Vergleich nicht geschlossen werden. Die Gesellschafterversammlung kann die Prozeßparteien nicht gleichsam ermächtigen, einen Beschluß zu beseitigen (mißverständlich die Voraufl. § 45, 40; Vogel GB 123 f.). Hingegen ist ein Vergleich zulässig, der den Beschluß als solchen unberührt läßt: 162 So die vergleichsweise Klagerücknahme, der vergleichsweise Verzicht auf die Anfechtung, und zwar auch gegen Übernahme von Verpflichtungen der Gesellschaft, soweit dies im Rahmen der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer liegt, z. B. gegen Übernahme der gesamten Prozeßkosten (ebenso Scholz § 45, 23; Schilling aaO; Zöllner aaO Rdn. 77; a. A. neuerdings Lutter ZGR 1978 362f.). Eine eventuelle Schadensersatzpflicht der Geschäftsführer im Innenverhältnis wegen solcher „Gegenleistungen" bleibt unberührt. Auch ist ein solcher Vergleich denkbar, der für den Fall abgeschlossen ist, daß die Gesellschafterversammlung den streitigen Beschluß demnächst aufhebt. g) Erledigung der Hauptsache. Sie tritt ein, wenn der angefochtene Beschluß in 163 einem anderen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsprozeß rechtskräftig für nichtig erklärt ist {Schilling § 248, 8), wenn der Beschluß nach §§ 142 ff. FGG im Handelsregister gelöscht ist (Rdn. 50ff.), weiter dann, wenn die Anfechtbarkeit durch Billigung der unmittelbar Betroffenen beseitigt wird (Rdn. 94) oder wenn das Anfechtungsrecht (Rdn. 82) des Klägers erlischt, sei es durch Untergang seines Geschäftsanteils (Rdn. 124) oder durch nachträgliche Billigung des Beschlusses seitens des Klägers (Rdn. 95ff.). Veräußert der Kläger nach Erhebung der Klage seine Beteiligung, so gilt § 265 ZPO entsprechend (Rdn. 122). Wird der Beschluß nach Erhebung der Anfechtungsklage durch einen neuen Gesellschafterbeschluß fehlerfrei bestätigt (Rdn. lOOff.), so liegt darin ebenfalls eine Erledigung. Unter Umständen kann der Kläger aber den Prozeß analog § 244 S. 2 AktG mit beschränktem Ziel weiterführen (Rdn. 104). Äußert er diese Absicht, so wird man darin eine Teilerledigungserklärung sehen müssen. Entsprechendes muß gelten, wenn die Gesellschafter den angefochtenen Beschluß nachträglich wieder aufheben (vgl. Rdn. 137). Über die Rechtslage bei Fehlerhaftigkeit des Bestätigungsbeschlusses s. Rdn. 164. Die beklagte Gesellschaft kann der Erledigungserklärung widersprechen mit der Behauptung, der angefochtene Beschluß sei fehlerfrei gewesen (a. A. Zöllner § 244, 16), der Kläger etwa dann, wenn er die Nichtigkeit eines Bestätigungsbeschlusses behauptet. h) Anfechtung von Bestätigungsbeschlüssen. Zur Bestätigung anfechtbarer Be- 164 schlüsse s. Rdn. lOOff. Ist der Beschluß, durch den ein angefochtener Beschluß bestätigt wird, seinerseits nichtig, so kann er keine Wirkung entfalten. Der Kläger kann die Nichtigkeit im anhängigen Anfechtungsprozeß vom Kläger einredeweise geltend machen; er kann aber auch, durch Klagerweiterung oder gesonderte Klage gegen den Bestätigungsbeschluß, Klage nach § 249 AktG erheben. Ist der Bestätigungsbeschluß anfechtbar, so muß er gesondert angefochten werden. Dies kann — unter den allgemein für die Anfechtungsklage geltenden Voraussetzungen — im Anfechtungsprozeß durch Klagerweiterung geschehen. Abzulehnen ist die Meinung (BGH 21 354, 358 im Anschluß an RGZ 68 258; 98 114; ebenso Baumbach-Hueck Anh. § 47, 3 Ca), daß es einer besonderen Anfechtung von Bestätigungsbeschlüssen nicht bedürfe, wenn sie an „ein und demselben Mangel" leiden wie der erste, angefochtene Beschluß (eingehend Schilling § 244, 4; ebenso Zöllner § 244, 14f.; K. Schmidt J Z 1977 771). i) Streitwert, Kosten. Für die Bemessung des Streitwerts gilt § 247 Abs. 1 Satz 1 165 AktG analog (OLG Hamm GmbH-Rdsch. 1955 226; OLG Nürnberg GmbH-Rdsch. 1961 (467)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
65; Däubler 9; Vogel GB 124; Lehmann 107f.). Maßgebend ist also (nicht anders als nach § 14 Abs. 1 GKG) die Bedeutung der Sache für die Parteien. Dieses Interesse ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu schätzen. Der Wert, den der Geschäftsanteil des Klägers besitzt, ist dabei zu berücksichtigen, muß aber nicht allein maßgeblich sein (mißverständlich Lappe Anm. zu OLG Nürnberg aaO). Hat der angefochtene Beschluß die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zum Gegenstand, so ist für die Schätzung die Höhe des schließlich geltend gemachten, nicht des im Beschluß bezifferten Anspruchs für die Streitwertbemessung von Bedeutung (OLG Nürnberg aaO). — Die Kombination von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen denselben Beschluß hat keine Streitwerterhöhung zur Folge (vgl. auch Rdn. 114). 166 Nicht analog anwendbar ist die (gegenüber dem Aktiengesetz 1937 neue) Bestimmung in § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG (feste Streitwertobergrenze). Es handelt sich um eine typische Schutzvorschrift zugunsten kleinerer Aktionäre von Großgesellschaften. Hingegen ist § 247 Abs. 2 und 3 AktG (gespaltener Streitwert) entsprechend anwendbar (ebenso Däubler 9; Lehmann 108). Nach den zuletzt genannten Vorschriften kann das Gericht auf Antrag einen Teilstreitwert festsetzen, der für die Verpflichtung der begünstigten Partei zur Zahlung von Gerichts- und Anwaltskosten und zur Kostenerstattung maßgeblich ist. Diese Vorschriften sind § 53 PatG nachgebildet und entsprechen einem allgemein vernünftigen Prinzip der Kostenerleichterung (vgl. auch § 17 GebrMG, § 31a WZG, § 23 a UWG). Die Festsetzung von Teilstreitwerten kann zugunsten jeder Prozeßpartei, auch zugunsten beider Parteien, erfolgen. Sie setzt voraus, daß die Belastung mit den vollen Kosten die wirtschaftliche Lage der betreffenden Partei gefährden würde. Die Gewährung von Armenrecht wird dadurch nicht ausgeschlossen. Im einzelnen kann auf die Kommentierungen zu § 247 AktG und § 53 PatG verwiesen werden. 167 Für die Kostentragung sind Besonderheiten nicht ersichtlich. Es gelten die §§ 91 ff. ZPO. Klage ein nach § 250, 251 AktG parteifähiger Betriebsrat, so treffen die Kosten, über § 40 BetrVG, jedenfalls die Gesellschaft. 168
k) Rechtsmittel. Bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozeß handelt es sich um nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten. Daher ist die Berufung gegen die erstinstanzlichen Urteile (Landgericht, s. Rdn. 145) stets zulässig, § 511 ZPO. Bei einer Verbindung von Anfechtungs- und Zahlungsklage gibt der nichtvermögensrechtliche Teil den Ausschlag (Stein-Jonas-Grunsky § 511a ZPO, 5b). Zur Berufungsbegründung bei der Anfechtung gegen mehrere Beschlüsse s. BGH AG 1977 319. Für die Revision gilt § 546 Abs. 1 ZPO. Sie ist nur möglich, wenn sie vom Berufungsgericht zugelassen wird. — Rechtsmittelverzicht ist seitens des Anfechtungsklägers wie seitens der Gesellschaft zulässig (ebenso Zöllner § 246, 75). 9. Verbindung mehrerer Prozesse
169
Im Aktienrecht sind nach § 246 Abs. 3 Satz 3 AktG mehrere (vor demselben Gericht anhängige) Anfechtungsprozesse zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Verbindung ist, anders als nach § 147 ZPO, zwingend vorgeschrieben. Diese Vorschrift ist im GmbH-Recht entsprechend anzuwenden. Auch hier sind also mehrere Anfechtungsprozesse zu verbinden. Gemeint ist dabei die Verbindung mehrerer Anfechtungsprozesse verschiedener Kläger gegen denselben Beschluß (oder mehrerer Anfechtungsprozesse desselben Klägers oder verschiedener Kläger gegen zusammenhängende Beschlüsse). In anderen Fällen — z. B. bei Anfechtungsprozessen desselben Klägers gegen verschiedene Beschlüsse — bleibt es bei der Kann-Vorschrift des § 147 ZPO. Die Verbindung hat gegebenenfalls auch noch in den Rechtsmittelinstanzen zu erfolgen, O L G Hamburg AG 1971 403. Ist der eine Prozeß bei einer Kammer für (468)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
Handelssachen, der andere bei einer Zivilkammer anhängig, so erfolgt die Verbindung bei der Kammer für Handelssachen (bestr.; wie hier Hueck Anfechtbarkeit 171; a. A. Zöllner § 246, 80 m. w. N.). Zu verbinden sind aber auch Anfechtungsprozesse und Nichtigkeitsprozesse gegen 170 denselben Beschluß. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 AktG soll insoweit zwar die Verbindung (ebenso wie nach § 147 ZPO) im Ermessen des Gerichtes stehen. Nach der zutreffenden Ansicht von Zöllner § 246, 82 (ebenso Schmidt A G 1977 246) ist diese Bestimmung jedoch als Mußvorschrift zu lesen, weil der Streitgegenstand bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage derselbe ist (Rdn. 114). Im Bereich des GmbH-Rechts kann nichts anderes gelten (vgl. auch B G H LM § 197 AktG Nr. 1 = NJW 1952 98). 10. Wirkungen des Urteils a) Abweisung der Klage. Wird die Anfechtungsklage abgewiesen, so beschränken 171 sich die Wirkungen des Urteils auf die einer jeden Klagabweisung. Handelt es sich um ein Prozeßurteil, so kommt ihm materielle Rechtskraft überhaupt nicht zu. Handelt es sich um ein Sachurteil (Abweisung der Klage als unbegründet), so besitzt das Urteil normale Rechtskraftwirkung zwischen den Prozeßparteien. Dies bedeutet: Zwischen Kläger und Gesellschaft steht fest, daß eine Nichtigkeit des Beschlusses 172 aufgrund des Sachverhalts, der dem Gericht zur Prüfung vorlag, nicht gegeben ist. Einer erneuten Anfechtungsklage desselben Klägers gegen denselben Beschuß steht die Einrede der Rechtskraft entgegen, wenn diese neue Klage auf denselben Sachverhalt gestützt wird. Die Rechtskraftwirkung erstreckt sich also nur auf den Sachverhalt, welcher der Prüfung des Gerichts unterlag. Mit anderen Gründen ist der Kläger durch das abweisende Urteil nicht ausgeschlossen (K. Schmidt J Z 1977 769, 772; a. A. Zöllner § 246, 47ff. jeweils m. w. N.). Allerdings wird einer auf andere Gründe gestützten neuen Anfechtungsklage in aller Regel der Einwand der Fristversäumnis (Rdn. 141) entgegenstehen. Zum Streitgegenstand der Anfechtungsklage siehe Rdn. 113ff. Ob der Kläger oder das Gericht aus dem Sachverhalt, der dem Gericht unterbreitet 173 war, Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe entnommen hat, ist belanglos. Ein klagabweisendes Urteil steht nicht nur einer neuen Anfechtungsklage, sondern auch einer neuen Nichtigkeitsklage entgegen, sofern nur der Sachverhalt derselbe ist (s. Rdn. 114). Die Rechtskraftwirkung bedeutet nicht, daß zwischen den Prozeßparteien positiv die 174 Wirksamkeit des Beschlusses feststeht, sondern nur, daß der Kläger sich auf eine Mangelhaftigkeit des Beschlusses nicht berufen kann. Wird die Nichtigkeit des Beschlusses durch ein in einem anderen Prozeß ergehendes Urteil gem. §§ 248, 249 AktG festgestellt, so wirkt dieses Gestaltungsurteil auch gegenüber einem mit seiner Klage abgewiesenen Anfechtungskläger. Dritten gegenüber entfaltet das klagabweisende Urteil grundsätzlich keine Wirkung. 175 Sie werden dadurch nicht gehindert, Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines Beschlusses geltend zu machen, soweit dies nach allgemeinen Vorschrift zulässig ist. Weder andere Gesellschafter noch Organe der Gesellschaft noch der Registerrichter sind an das Urteil oder gar an dessen Begründung rechtlich gebunden. In aller Regel wird das abweisende Urteil aber faktisch dazu führen, daß von der Rechtswirksamkeit des Beschlusses ausgegangen werden kann, weil bei Beendigung eines solchen Prozesses die angemessene Frist (Rdn. 140f.) zur Anfechtung mit anderen Anfechtungsgründen oder für andere mögliche Anfechtungskläger abgelaufen sein wird. Ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Anfechtungskläger wegen 176 ungerechtfertigter Anfechtung eines Beschlusses kommt nur unter den Voraussetzungen (469)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
des § 826 BGB in Frage. Die Erhebung einer unbegründeten Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ist kein Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der anderen Gesellschafter (zutr. Zöllner § 243, 51) oder gar in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb; eine Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB scheidet also aus. 177
b) Stattgebendes Urteil. Soweit der Beschluß durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt wird, hat das Urteil gestaltende Wirkung inter omnes, d. h. gegenüber allen Gesellschaftern, Organen der Gesellschaft und Organmitgliedern (analog § 248 Abs. 1 Satz 1, § 241 Nr. 5 AktG), in den Fällen der §§ 250, 251 AktG (fehlerhafte Aufsichtsratswahl, s. Rdn. 56ff., 92) auch gegenüber Arbeitnehmern, ihren Vertretern und Gewerkschaften (§ 252 AktG). Die Wirkungen des Urteils sind also nicht auf die Prozeßparteien beschränkt (RGZ 85 311; 93 32). Sie tritt auch gegenüber solchen Beteiligten ein, die mit einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage gegen den fraglichen Beschluß abgewiesen worden sind (Rdn. 172). 178 Der Beschluß ist als nicht vorhanden anzusehen. Dies gilt ohne jede Einschränkung für die Zukunft. Noch anhängige Anfechtungs- oder Nichtigkeitsprozesse gegen den für nichtig erklärten Beschluß sind in der Hauptsache erledigt (Rdn. 163). Die Geschäftsführer dürfen den Beschluß ebensowenig beachten wie Gesellschafter oder Aufsichtsrat. War der nichtige Beschluß schon vollzogen, so ist er, soweit dies in der Macht der Geschäftsführung oder der anderen Organe der Gesellschaft steht, von diesen rückgängig zu machen. Etwas anderes kann sich dann ergeben, wenn z. B. der Geschäftsführer auch ohne Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses eine entsprechende Geschäftsführungsmaßnahme hätte durchführen können oder sogar müssen (vgl. Zöllner § 248, 12). Der Rückforderung von Gewinnanteilen, die aufgrund eines für nichtig erklärten Gewinnverteilungsbeschlusses ausbezahlt wurden, kann u. U. § 32 entgegenstehen (s. die Erl. zu dieser Vorschrift). Ein Geschäftsanteil, der zu Unrecht eingezogen worden ist (§ 34, 64), besteht nach wie vor. Sein Inhaber hat niemals aufgehört, Gesellschafter zu sein. Eine gezahlte Abfindung hat er zurückzuerstatten. Ist er nach Beschlußfassung zu Gesellschafterversammlungen oder zu schriftlicher Beschlußfassung nicht mehr eingeladen worden, so sind die daraufhin gefaßten Beschlüsse analog § 241 Nr. 1 AktG nichtig (Rdn. 27). Die Grundsätze über die fehlerhafte Abtretung (vgl. § 15 Anh., 5) sind hier nicht anwendbar. 179 Die Nichtigerklärung wirkt — wie die bürgerlichrechtliche Anfechtung, § 142 BGB — zurück. Der Beschluß gilt als niemals gefaßt (Schilling § 248, 4; Zöllner § 248, 9; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 5C; Däubler GmbH-Rdsch. 1968 9; Schmidt AG 1977 207; a. A. offenbar Sudhoff247: Wirkung ex nunc; widersprüchlich Scholz § 45, 23, der erklärt, bis zur Nichtigerklärung bestehe der Beschluß zu Recht, es gebe also keine rückwirkende Nichtigerklärung, der aber aaO Rdn. 24 die Geschäftsführung für verpflichtet hält, die Ausführung eines für nichtig erklärten Beschlusses rückgängig zu machen und die Gesellschafter, vorbehaltlich § 32, zur Rückzahlung empfangener Gewinnanteile für verpflichtet ansieht). 180 Die Nichtigkeit des Beschlusses kann Auswirkungen auf andere, nicht angefochtene Beschlüsse haben. Es handelt sich hier nicht um eine Erstreckung der Rechtskraftwirkung, sondern um eine materiellrechtliche Konsequenz. Aus der Nichtigerklärung eines Beschlusses kann z. B. die Nichtigkeit anderer, damit zusammenhängender Beschlüsse folgen (Rdn. 71). Die Nichtigkeit des Jahresabschlusses bewirkt stets die Nichtigkeit des auf ihm beruhenden Gewinnverwendungsbeschlusses, analog § 253 AktG (Rdn. 69). Dagegen zieht das Urteil, welches einen Jahresabschluß für nichtig erklärt, nicht ohne weiteres die Nichtigkeit der folgenden Jahresabschlüsse nach sich (vgl. Erl. zu§ 29 u. § 42; für das Aktiengesetz: Schilling § 256, 3; Zöllner § 256, 106ff.). Allerdings kann die Nichtigkeit des Jahresabschlusses die Berichtigung der nachfolgenden Jahresabschlüsse (470)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
erforderlich machen, um die Bilanzkontinuität zu wahren (s. § 42, 43 und 196ff.). In diesen Fällen läßt sich, mit Zöllner § 256, 109, für die Zeit bis zur rechtskräftigen Feststellung der Nichtigkeit, von schwebender Unwirksamkeit der Folgebilanzen sprechen. Jedenfalls macht eine wesentliche Bilanzdiskontinuität den Folgeabschluß seinerseits nichtig (RGZ 156 394; J W 1928 1552; Hueck Anfechtbarkeit S. 221). Wenn der folgende Jahresabschluß den gleichen Fehler wiederholt, der zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des früheren Abschlusses führte, ist die Fehlerhaftigkeit dieses folgenden Jahresabschlusses selbständig zu beurteilen und falls (nur) Anfechtbarkeit vorliegt, mit der Anfechtungsklage geltend zu machen (a. A. die herrschende Ansicht: BGHZ 21 354, 358; RGZ 68 258, 260; 98 112, 114; 120 28, 31; 156 394, im Anschluß an diese Rspr. Scholz § 45, 26; BaumbachHueck Anh. § 47, 5 C ; R. Fischer Anm. zu LM § 197 AktG Nr. 4; wie hier: K. Schmidt JZ 1977 772f.). Die Wirkung eines stattgebenden Urteils auf die für nichtig erklärte Geschäftsführer- 181 bestellung ist grundsätzlich keine andere. Die Bestellung gilt als von Anfang an nichtig (ebenso Hueck Anfechtbarkeit 213ff.; Baumbach-Hueck Anh. § 4 7 , 5 D ; a. A. Scholz § 45, 24). Jedoch werden Dritte im Rechtsverkehr mit der Gesellschaft durch § 15 HGB und nach Rechtsscheingrundsätzen geschützt (§ 35, 61; ebenso Baumbach-Hueck aaO; Zöllner § 248, 18). Sozialrechtliche Akte des fehlerhaft bestellten Geschäftsführers bleiben grundsätzlich beachtlich, wenn er mit Wissen und Willen der Gesellschafter gehandelt hat, so die Einberufung von Gesellschafterversammlungen (Rdn. 21 und § 49, 5), die Annahme der Anmeldung gem. § 16 (vgl. § 16, 17). Ob dieser Grundsatz auch für Aufsichtsratswahlen zu gelten hat, ist im Aktienrecht 182 streitig; vgl. einerseits Schilling § 252, 3 u. 5, Meyer-Landrut Großkomm AktG § 101, 23: Wirkung des Nichtigkeitsurteils nur ex nunc, im Anschluß an die für die Wahl der Arbeitnehmervertreter vorherrschende Ansicht (BGHZ 47 341, 348; Dietz BetrVG § 76, 50c; Fitting-Kraegeloh-Auffarth BetrVG § 76, 77); ebenso Würdinger S. 134; andererseits: Zöllner § 252, 8ff. m. w. N., der auch hier Rückwirkung bejaht, aber mit einem verstärkten Bestandschutz für Handlungen des fehlerhaft besetzten Aufsichtsrats — in Anlehnung an die Grundsätze über das faktische Dauerverhältnis — helfen will (vgl. auch Mertens KölnerKomm AktG § 101, 76f.; § 108, 76f.). Die von Zöllner vertretene Ansicht verdient für das GmbH-Recht den Vorzug. Das Urteil wirkt also zurück. Rechtshandlungen eines fehlerhaft besetzten Aufsichtsrats bleiben aber, soweit Dritte oder auch andere Organe der Gesellschaft auf deren Bestand vertrauen konnten, in der Regel bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung beachtlich. Im einzelnen ist auf die angeführten Kommentierungen zu §§ 101, 108, 252 AktG zu verweisen. Die Wirkung des Urteils tritt auch gegenüber Dritten ein. Wird durch rechts- 183 kräftiges, gegenüber allen Gesellschaftern und Gesellschaftsorganen gestaltend wirkendes Urteil der Beschluß für nicht vorhanden erklärt, so kann auch ein Außenstehender sich nicht darauf berufen, der Beschluß bestehe nach wie vor (zutr. Däubler GmbH-Rdsch. 1968 9; Zöllner § 248 aaO). Davon zu unterscheiden ist die andere Frage, inwieweit einen Dritten das Nichtbestehen eines Gesellschafterbeschlusses überhaupt berührt. So ist es für den Dritten ohne Belang, ob ein Rechtsgeschäft, welches der vertretungsberechtigte Geschäftsführer ihm gegenüber vorgenommen hat, auf einem wirksamen oder nichtigen Zustimmungsbeschluß der Gesellschaft beruht; denn dieses Rechtsgeschäft wäre ihm, dem Dritten, gegenüber auch dann rechtswirksam, wenn ein Beschluß überhaupt nicht gefaßt worden wäre. Beruht die Vertretungsmacht oder die Bestellung des Geschäftsführers selbst auf einem für nichtig erklärten Beschluß, so gilt § 15 HGB (s. Rdn. 181). BGH GmbHRdsch. 1975 182 f. = NJW 1975 1273 stellt einen ausgeschiedenen GesellschafterGeschäftsführer einem Dritten gleich, wenn die Gesellschaft geltend macht, der einer Generalbereinigung (§ 46, 24) zugrunde liegende Gesellschafterbeschluß sei nichtig. (471)
§ 47 Anh. 184
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Wo aber ein Gesellschafterbeschluß unmittelbare Wirkung gegenüber dem Dritten hat, entfällt diese Wirkung auch dem Dritten gegenüber mit Rechtskraft des Urteils. Wer z. B. zur Übernahme von Stammeinlagen auf ein erhöhtes Kapital zugelassen ist, muß — auch wenn er nicht Gesellschafter ist — der Gesellschaft gegenüber die Nichtigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses gegen sich gelten lassen (Schilling § 248, 5; Zöllner § 248,16). Wird die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Abtretung eines Geschäftsanteils (§ 15 Abs. 5) für nichtig erklärt, so ist zu unterscheiden: Hat der Zustimmungsbeschluß nur Innenwirkung (§ 15, 109), so hat seine Nichtigkeit keine Auswirkungen auf den Gesellschafterwechsel; war er Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 15, U l f . ) , so wird die Abtretung hinfällig; allerdings ist § 16 zu beachten (§ 16, 41 ff.). 11. Einreichung zum Register; Bekanntmachung
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§ 246 Abs. 4 AktG (Bekanntmachung der Klagerhebung und des Verhandlungstermins in den Gesellschaftsblättern), der über § 249 Abs. 1 AktG auch für die Nichtigkeitsklage gilt, ist auf die GmbH nicht analog anwendbar. Der personalistischen Struktur der GmbH entsprechend sind die Geschäftsführer aber verpflichtet, die Gesellschafter über die Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage und über den Verhandlungstermin unverzüglich zu informieren. Die Reform (§ 196 Abs. 5 RegE) sieht eine solche Unterrichtungspflicht ebenfalls vor. Zu den Einzelheiten s. Schilling § 246, 17; Zöllner § 246, 96ff. Ähnliches gilt für § 248 Abs. 1 Satz 2 - 4 AktG (Einreichung des stattgebenden Urteils zum Handelsregister): Auch diese Bestimmungen sind entsprechend anwendbar nur insoweit, als der nichtige oder für nichtig erklärte Beschluß, z. B. nach §§ 39, 54, 65, zur Eintragung ins Handelsregister eingereicht worden ist. War der Beschluß im Register eingetragen, muß auch das rechtskräftige Urteil eingetragen werden. Die Eintragung ist entsprechend bekanntzumachen. Das Registergericht hat die Einreichung notfalls zu erzwingen, § 14 HGB. 186 Ein Anspruch des Klägers gegen die Gesellschaft auf Löschung eines nichtigen oder für nichtig erklärten Beschlusses im Register besteht nicht, RGZ 108 44; Schilling § 248, 10. Verstöße gegen die Verpflichtung zur Unterrichtung der Gesellschafter oder des Registergerichts können die Geschäftsführung zum Schadensersatz verpflichten. Auswirkungen auf den Anfechtungs- oder Nichtigkeitsprozeß oder auf ein in diesem Pozeß ergehendes Urteil haben solche Verstöße nicht. 12. Einstweilige Verfügung
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Möglich ist eine einstweilige Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO, die den Geschäftsführern untersagt, einen nichtigen oder anfechtbaren Beschluß auszuführen oder ihn im Handelsregister eintragen zu lassen (Scholz § 45, 29; Hueck Anfechtbarkeit 183; Zöllner § 242, 13). Der Antrag kann dabei von jedem Gesellschafter und jedem Organmitglied gestellt werden, auch von einem Gesellschafter, der selbst den Beschluß nicht angefochten hat oder nicht anfechten konnte. Denn jeder Gesellschafter (und jedes Mitglied eines Gesellschaftsorgans) hat Anspruch darauf, daß eine drohende Nichtigerklärung nicht durch vollendete Tatsachen unterlaufen wird. Allerdings müssen die Gründe für Anfechtbarkeit und die geschehene oder doch unmittelbar bevorstehende Erhebung einer Anfechtungsklage glaubhaft gemacht werden. Ist ein im Handelsregister einzutragender Beschluß dort schon angemeldet, kann die eV dem Geschäftsführer auch gebieten, die Anmeldung wieder zurückzunehmen. Der Antrag richtet sich in diesen Fällen gegen die Gesellschaft, nicht gegen die Geschäftsführer selbst. Denkbar ist aber auch eine einstweilige Verfügung, welche gegenüber der Gesellschaft als Antragsgegnerin die Eintragung eines (472)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
fehlerhaften Beschlusses für unzulässig erklärt; obwohl das Registergericht an einem solchen Verfahren nicht beteiligt ist, wird es durch die einstweilige Verfügung gebunden, § 16 Abs. 2 HGB. Vgl. dazu Zöllner § 242, 14; LG Heilbronn AG 1971 373; Baur ZGR 1972 421 ff. Umgekehrt ist es denkbar, daß die Geschäftsführung durch einstweilige Verfügung 188 angewiesen wird, einen Beschluß trotz anhängiger Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage auszuführen oder beim Register anzumelden, etwa dann, wenn der Gesellschaft durch die Verzögerung der Ausführung Schaden droht und die anhängige Klage ersichtlich unbegründet ist. Doch wird dies, dem Charakter der einstweiligen Verfügung entsprechend, in aller Regel nur dann zulässig sein, wenn durch die Ausführung des Beschlusses keine endgültigen Verhältnisse geschaffen werden. Zurückhaltung des Verfügungsrichters ist jedenfalls geboten. Unzulässig ist eine gegen das Registergericht gerichtete eV mit dem Gebot der Eintragung (zutr. Zöllner § 243, 46). Hier kann die Gesellschaft nur im Verfahren nach FGG versuchen, die Eintragung zu erzwingen. Eine unberechtigte einstweilige Verfügung kann Schadensersatzansprüche gegen den 189 Antragsteller gem. § 945 ZPO auslösen.
V. Nichtigkeitsklage 1. Allgemeines, Rechtsnatur Das Aktienrecht regelt in § 249 AktG die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines 190 Hauptversammlungsbeschlusses, die ein Aktionär, der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrats gegen die Gesellschaft erhebt. Auf dieses Verfahren sind die Bestimmungen über die Anfechtungsklage entsprechend anzuwenden, insbesondere § 248 AktG, wonach das der Klage stattgebende Urteil für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates wirkt. Die Nichtigkeitsklage im Sinn von § 249 AktG ist also eine Feststellungsklage besonderer Art, die im Verfahren wie im Ergebnis der Anfechtungsklage, also einer Gestaltungsklage, weitgehend angenähert ist. Die aktienrechtlichen Vorschriften über die Nichtigkeitsklage sind auf die GmbH entsprechend anzuwenden (Rdn. 2). Streitgegenstand von Nichtigkeitsklage und Anfechtungsklage stimmen überein (Rdn. 114). Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe können nebeneinander geltendgemacht werden. Die Anträge sind austauschbar (Rdn. 150; K. Schmidt JZ 1977 769ff.; ders. AG 1977 208 FN 32, 247f.). - Daß die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses auch auf andere Weise als durch Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann, folgt unmittelbar aus § 249 Abs. 1 Satz 2 AktG (s. auch Rdn. 79 f.). Die besonderen Bestimmungen der §§ 246—248 AktG gelten für eine auf Fest- 191 Stellung der Nichtigkeit eines Beschlusses gerichtete Klage nur dann, wenn sie, nach § 249 AktG, von ganz bestimmten Klägern (Rdn. 190) erhoben wird und nur dann, wenn sie gegen die Gesellschaft erhoben ist. Andere auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses gerichtete Klagen folgen nicht diesen besonderen Regelungen, sondern den allgemeinen prozessualen Vorschriften. Eine solche „gewöhnliche" Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses liegt beispielsweise vor, wenn ein außenstehender Dritter gegen die Gesellschaft oder gegen einen Gesellschafter klagt oder wenn der eine Gesellschafter gegen den anderen Gesellschafter eine derartige Feststellung begehrt. Allerdings werden solche Fälle selten sein, da hier Prozeßvoraussetzung das Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) ist; wo aber für den Kläger die Möglichkeit besteht, die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses durch Erhebung einer Nichtigkeitsklage i. S. von § 249 AktG gegen die Gesellschaft zu klären, wird man in der Regel das Rechtschutzbedürfnis für eine gewöhnliche Feststellungsklage dieses Klägers (473)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
verneinen müssen. Trotzdem sind Fälle denkbar, in denen eine solche Feststellungsklage zulässig ist. Ein Urteil, das auf eine solche Feststellungsklage hin ergeht, hat Wirkung nur inter partes ( B G H WM 1966 614 = NJW 1966 1458f.). Für die Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses gelten die allgemeinen Bestimmungen (§ 256 ZPO). 192 Im folgenden wird nur die eigentliche Nichtigkeitsklage i. S. von § 249 AktG behandelt. Auf sie sind, analog § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG, im wesentlichen die Verfahrensvorschriften über die Anfechtungsklage anzuwenden. Daher kann im folgenden weitgehend auf die Erläuterungen zur Anfechtungsklage (Rdn. 111 ff.) verwiesen werden. 2. Prozeßbeteiligte 193
a) Der Gesellschafter als Kläger. Zur Erhebung der Nichtigkeitsklage ist jeder Gesellschafter aktivlegitimiert. §§16 und 18 sind zu beachten. Es entscheidet im übrigen die rechtliche, nicht die wirtschaftliche Gesellschafterstellung (vgl. Rdn. 119). Zu den Voraussetzungen der Nichtigkeitsklage gehört nicht, daß der Kläger in seiner Rechtsstellung durch den nichtigen Beschluß beeinträchtigt wird (anders bei der Anfechtungsklage; vgl. Rdn. 120). Daher ist es nicht notwendig, daß der Kläger bereits bei der Beschlußfassung Gesellschafter war. Ebenso irrelevant ist es, ob der Kläger dem Beschluß zugestimmt hat oder nicht ( B G H Z 11 231, 239; die Teilnahme des Klägers an einer Vollversammlung nimmt ihm nicht die Aktivlegitimation; die Vollversammlung beseitigt aber u. U. die Nichtigkeit, vgl. Rdn. 33). Es genügt, daß der Kläger bei Klagerhebung Gesellschafter ist. Erwirbt er einen Geschäftsanteil nach Erhebung einer gewöhnlichen Feststellungsklage, so richtet sich das folgende Verfahren nach § 249 AktG (ebenso Zöllner § 249, 14). Verliert der Kläger während des Prozesses die Gesellschaftereigenschaft, so entfällt damit eine Prozeßvoraussetzung; das Verfahren kann allenfalls nach § 256 ZPO fortgesetzt werden (Schilling § 249, 2; Obermüller-Wemer-Winden S. 352; a. A. Zöllner aaO Rdn. 13) 194 Erhebt ein Gesellschafter gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses, so sind stets die §§ 249, 246ff. AktG entsprechend anzuwenden. Es liegt also nicht im Belieben eines solchen Klägers, eine Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG oder eine gewöhnliche, auf Feststellung eines Beschlusses gerichtete Klage nach § 256 ZPO gegen die Gesellschaft zu erheben ( B G H Z 70 384, 388). Der im Aktienrecht erörterte Fall, daß ein Aktionär eine Nichtigkeits-Feststellungsklage gegen die Gesellschaft erhebt, ohne seine Aktionärseigenschaft offenzulegen (vgl. Zöllner § 249, 12), wird im GmbH-Recht im Hinblick auf § 16 kaum praktisch werden; immerhin ist er (bei Erbfällen etc.) denkbar. Dann entscheidet über die Wirkung des Urteils der vom Gericht zugrundegelegte Sachverhalt: Geht das Gericht davon aus, daß es sich beim Kläger nicht um einen Gesellschafter handelt, so kommt dem Urteil keine Wirkung gemäß § 248 AktG zu ( O L G Düsseldorf A G 1968 19, 22 = DB 1967 2155; Schilling § 249, 2a. E.). 195 Die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat, sonstige Gesellschaftsorgane oder deren Mitglieder sind zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG nicht befugt, wenn sie nicht Gesellschafter sind. Sie können, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen (was im allgemeinen der Fall sein dürfte), Feststellungsklage nach § 256 ZPO erheben. Es kann insoweit nichts anderes gelten als für die Anfechtungsklage (Rdn. 127). Die Entscheidung B G H NJW 1966 1458, 1459 = LM § 47 Nr. 8 widerspricht dem wohl nur scheinbar; sie erwähnt lediglich § 249 Abs. 1 AktG mit dem Zusatz, dies gelte „sinngemäß auch für die G m b H " , ohne auszuführen, wie weit die „sinngemäße" Anwendung zu gehen hat. Die Satzung wird Organe und Organmitglieder analog § 249 AktG zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage berechtigen können (Rdn. 109). Eine Ausnahme gilt (474)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling)
Anh. § 47
analog § 250 Abs. 2 AktG. Hiernach sind bei Nichtigkeitsklagen, die sich gegen die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern richten, auch der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) der Gesellschaft oder abhängiger Unternehmen, sowie dort vertretene Gewerkschaften und deren Spitzenorganisation parteifähig. Die analoge Anwendung dieser Vorschrift ist aber nur bei Aufsichtsräten gerechtfertigt, die nach § 77 BetrVG oder den Mitbestimmungsgesetzen gebildet sind. Sonstigen Personen steht die Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG nicht zu. Auch 196 hier gilt nichts anderes als bei der Anfechtungsklage ( B G H NJW 1966 1459; vgl. Rdn. 129). Für die Prozeßführungsbefugnis Dritter gilt das Rdn. 126 Gesagte: Der Testamentsvollstrecker, dessen Verwaltung ein Geschäftsanteil unterliegt, kann ebenso eine Nichtigkeitsklage erheben wie der Konkursverwalter über das Vermögen eines Gesellschafters. Dagegen ist der Testamentsvollstrecker oder der Konkursverwalter eines Organmitglieds nicht zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage legitimiert. b) Die Gesellschaft als Beklagte. Als Beklagte kommt für eine Nichtigkeitsklage nur 197 die Gesellschaft in Betracht (§ 249 Abs. 1 Satz 1 AktG). Sie wird im Prozeß ausschließlich durch die Geschäftsführung vertreten, und zwar auch dann, wenn ein Aufsichtsrat besteht; im einzelnen s. Rdn. 131 ff. Die Satzung kann nichts anderes bestimmen ( B G H GmbHRdsch. 1962 171; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 4C). Erhebt der einzige Geschäftsführer die Nichtigkeitsklage, so gilt das in Rdn. 132 Gesagte. Befindet sich die Gesellschaft in Liquidation oder Konkurs, so gilt Rdn. 133 f. c) Streitgenossenschaft; Nebenintervention. Auch hier gilt nichts anderes als bei 198 der Anfechtungsklage (Rdn. 135f.). Mehrere Kläger sind nach h. M. notwendige Streitgenossen. 3. Rechtschutzbedürfnis Ein besonders Feststellungsinteresse im Sinn von § 256 Abs. 1 ZPO ist für die echte 199 Nichtigkeitsklage, analog § 249 AktG, nicht erforderlich ( B G H 2 43 201; 43 265; O L G Düsseldorf A G 1968 19, 22; O L G Hamburg A G 1971 403; Schilling § 249, 4). Das Rechtschutzbedürfnis liegt bei dem zur Erhebung der Nichtigkeitsklage berechtigten Personenkreis in aller Regel ohne weiteres vor (Rdn. 137). Im Einzelfall kann es fehlen oder wegfallen, so z. B. dann, wenn die Gesellschafterversammlung die Nichtigkeit des angegriffenen Beschlusses ausdrücklich anerkennt oder wenn sie ihn unter Vermeidung der Nichtigkeitsgründe neu gefaßt hat (Rdn. 138; 77); gegebenenfalls ist dann die Hauptsache für erledigt zu erklären (Rdn. 163). 4. Einzelheiten des Verfahrens a) Frist. Eine Frist zur Erhebung der Klage kennt das Nichtigkeitsverfahren — anders 200 als das Anfechtungsverfahren — nicht. Allerdings ist zu beachten, daß bei Eintragung eines Gesellschafterbeschlusses im Handelsregister die Nichtigkeitsklage innerhalb angemessener Frist erhoben werden muß, wenn keine Heilung eintreten soll (Rdn. 74f.). U. U. kann die verspätete Berufung auf Nichtigkeitsgründe gegen Treu und Glauben verstoßen, Rdn. 80. b) Zuständigkeit, Zustellung. Zur Zuständigkeit s. Rdn. 145ff. Bezüglich der Zu- 201 Stellung der Nichtigkeitsklage gelten keine Besonderheiten; vgl. Rdn. 148f. c) Anträge. Der richtige Klagantrag geht auf Feststellung, daß der — genau, möglichst 202 im Wortlaut zu bezeichnende — Beschluß nichtig ist. Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit und der Antrag auf Nichtigerklärung können im Verhältnis von Haupt- zu Hilfsantrag gestellt werden. Unabhängig davon umfaßt der eine Antrag den anderen: Vorgetragene Nichtigkeitsgründe sind im Rahmen einer Anfechtungsklage ebenso zu prüfen (475)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
wie (rechtzeitig) vorgetragene Anfechtungsgründe im Rahmen einer Nichtigkeitsklage; vgl. B G H NJW 1952 98; K. Schmidt AG 1977 S. 247 F N 111 und 112; s. Rdn. 114, 150. — Die Verbindung einer Nichtigkeitsklage mit einer Klage auf Feststellung des richtigen Beschlusses ist nach der Natur der Nichtigkeitsgründe nicht denkbar. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Widerklage ist zulässig, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen (Rdn. 155). d) Darlegungs- und Beweislast. Dazu s. Rdn. 156. Zu beachten ist, daß es beim Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes auf die Frage der Kausalität nicht ankommt (Rdn. 20). e) Prozeßhandlungen. Für Geständnis, Säumnis, Klagerücknahme, Anerkenntnis, Verzicht und Vergleich gelten im Rahmen des § 249 AktG keine anderen Regeln als im Anfechtungsprozeß. Auf Rdn. 158ff. ist zu verweisen. Zur Erledigung der Hauptsache vgl. Rdn. 163. Durch die Löschung des Beschlusses im Handelsregister gemäß §§ 142ff. F G G wird der Nichtigkeitsprozeß nicht erledigt. Die Löschung ist aber ein Nichtigkeitsgrund, analog § 241 Nr. 6 AktG; s. Rdn. 50). f) Streitwert, Kosten. Für den Streitwert und die Kostentragung gilt das oben (Rdn. 165-167) Gesagte entsprechend. In § 249 Abs. 1 AktG ist u. a. § 247 AktG ausdrücklich für anwendbar erklärt. Zu den Kosten vgl. Schilling § 245, 17; Zöllner § 246, 24. g) Rechtsmittel. Hierzu ist auf das in Rdn. 168 Gesagte zu verweisen. h) Verbindung mehrerer Prozesse. Mehrere Nichtigkeitsprozesse (i. S. von § 249 Abs. 1 AktG) müssen nach § 249 Abs. 2 AktG verbunden werden, wenn sie gegen denselben Beschluß gerichtet sind. Nach richtiger Ansicht gilt dies auch im Verhältnis zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozessen (s. Rdn. 170); auch § 249 Abs. 2 Satz 2 AktG ist als Mußvorschrift zu lesen. Eine gewöhnliche Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses kann, muß aber nicht, mit einer gegen diesen Beschluß gerichteten Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage verbunden werden, § 147 ZPO. Regelmäßig wird eine solche Verbindung sachgerecht sein. 5. Wirkungen des Urteils
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Auch insoweit kann auf das zur Anfechtungsklage Ausgeführte (Rdn. 171 ff.) verwiesen werden. Obwohl das Nichtigkeitsverfahren auf „Feststellung" der Nichtigkeit gerichtet ist, legt § 249 Abs. 1 AktG dem rechtskräftigen Urteil, welches der Nichtigkeitsklage stattgibt, eine rechtsgestaltende Wirkung gegenüber Dritten gemäß § 248 AktG bei. 6. Sonstiges
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Bezüglich Bekanntmachung, Einreichung zum Handelsregister und Eilverfahren kann auf Rdn. 185ff. und 187ff. verwiesen werden. Zur Frage von Schadensersatzansprüchen wegen unbegründeter Nichtigkeisklagen s. Rdn. 176. VI. Prozessuale Behandlung unwirksamer Beschlüsse
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Zu den unwirksamen Beschlüssen (im Unterschied zu nichtigen oder anfechtbaren Beschlüssen) s. Rdn. 17f. — Die Unwirksamkeit eines Beschlusses kann nicht durch Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Wer ein Interesse an alsbaldiger Feststellung der Unwirksamkeit besitzt, kann nach § 256 ZPO Feststellungsklage erheben ( B G H Z 15 177, 181; Vogel GB 121; Hueck FM 402; a. A . Zöllner § 249, 51, der auf diese Feststellungsklage § 249 AktG entsprechend anwenden will). In dem Antrag, einen Beschluß für nichtig zu erklären, liegt allerdings in der Regel zugleich der Antrag, die Unwirksamkeit wegen Verletzung eines Sonderrechts festzustellen ( B G H WM 1962 202, (476)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
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204). — Durch Eintragung eines unwirksamen Beschlusses ins Handelsregister wird, sofern die Eintragung für die Wirksamkeit des Beschlusses konstitutiv ist (wie z. B. bei der Satzungsänderung gem. § 54), analog § 242 Abs. 2 und 3 AktG auch das Fehlen der Wirksamkeitserfordernisses geheilt, wenn nicht innerhalb angemessener Frist (Rdn. 140f.) Unwirksamkeitsfeststellungsklage erhoben wird (bestr.; für das Aktienrecht u. a. zust. Schilling § 242, 7; Zöllner § 242, 27f.; a. A. u. a. Godin-Wilhelm § 242, 1). Dies gilt auch für die GmbH. Leiden Beschlüsse, die wegen des Fehlens einer Zustimmung oder sonstiger Gültig- 211 keitsvoraussetzungen unwirksam sind, darüber hinaus an sonstigen Mängeln, so können solche Beschlüsse deshalb nichtig oder anfechtbar sein. Insoweit sind Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage gegeben. Dabei läuft die angemessene Frist zur Erhebung einer Anfechtungsklage von der Beschlußfassung an, nicht etwa erst ab Eintritt der Wirksamkeit {Zöllner aaO 18). Auch für die Heilung solcher Mängel gelten keine Besonderheiten. VII. Stellung von Geschäftsführung und Registergericht 1. Geschäftsführung Erhält die Geschäftsführung Kenntnis von einem Nichtigkeitsgrund, so unterliegt es ihrer pflichtgemäßen Prüfung, ob sie den Beschluß als nichtig behandelt oder nicht. Der Geschäftsführer darf einen nichtigen Beschluß nicht ausführen, darf sich also über die Nichtigkeit nicht hinwegsetzen. Dies gilt auch bei einer gegenteiligen Weisung der Gesellschafterversammlung (Baumbach-Hueck § 43, 3B; Scholz § 43, 2; Fleck GmbHRdsch. 1974 224, 227 will zwischen inhaltlichen und Verfahrensmängeln unterscheiden). Er darf also z. B. aufgrund eines Gewinnverwendungsbeschlusses, dessen Nichtigkeit er erkennt, keine Dividende zahlen. Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Verpflichtung, so macht er sich u. U. haftbar, s. dazu Erl. zu §§ 37 und 43. Seine Weigerung, einen nichtigen Beschluß auszuführen, ist kein Grund zur Kündigung seines Anstellungsvertrages. Zur Stellung des Geschäftsführers gegenüber einer nichtigen Bilanz s. Erl. zu § 42. Ist die Nichtigkeit klar, steht sie insbesondere nach §§ 249, 248 AktG durch ein rechtskräftiges Urteil fest, so ist die Ausführung des nichtigen Beschlusses, soweit möglich, rückgängig zu machen. Im Innenverhältnis, d. h. unter den Gesellschaftern und im Verhältnis von Gesellschaftern, Gesellschaftsorganen und Gesellschaft gilt der nichtige Beschluß als nicht vorhanden. Sind aufgrund eines nichtigen Beschlusses Dividenden ausgeschüttet worden, so gilt § 32. Nach außen, gegenüber Dritten, ist dagegen die unbeschränkte Vertretungsmacht der Geschäftsführer zu beachten. Auch wenn ein von den Geschäftsführern im Rahmen ihrer Vertretungsmacht geschlossenes Rechtsgeschäft auf einem nichtigen Gesellschafterbeschluß „beruht" (also z. B. einer nichtigen Weisung entspricht), wird dieses Rechtsgeschäft mit dem Dritten in seiner Wirksamkeit durch die Nichtigkeit des Beschlusses nicht berührt. Bei einer Kollusion zwischen Drittem und Geschäftsführer kann im Hinblick auf §§ 138, 826 BGB etwas anderes gelten. Ist die Bestellung des Geschäftsführers nichtig, so ist der Rechtsverkehr durch § 15 HGB geschützt (s. im einzelnen Rdn. 181). Ein anfechtbarer, aber noch nicht für nichtig erklärter Gesellschafterbeschluß ist vom Geschäftsführer grundsätzlich als wirksam zu behandeln. Weiß der Geschäftsführer aber, daß der Beschluß angefochten ist oder wird, so ist er verpflichtet, zu prüfen, ab angesichts einer möglichen Vernichtung des Beschlusses seine Ausführung vertretbar ist. Dabei wird er die Aussichten einer Anfechtungsklage und die Vor- und Nachteile einer Ausführung des Beschlusses für die Gesellschaft abwägen müssen. Ist innerhalb angemessener Frist (Rdn. 140ff.) Anfechtungsklage nicht erhoben worden, so hat der Geschäftsführer den Beschluß als wirksam zu behandeln (vgl. Fleck GmbH-Rdsch. 1974 224, 228). (477)
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Unwirksame Beschlüsse (Rdn. 17) darf der Geschäftsführer nicht als wirksam behandeln. Er ist, soweit dies in seine Kompetenz fällt, verpflichtet, die noch fehlenden Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Beschlusses nach Möglichkeit herbeizuführen, sich also etwa darum zu kümmern, daß die Gesellschafter, deren Zustimmung zur Wirksamkeit des Beschlusses erforderlich ist, erklären, ob sie zustimmen oder nicht (vgl. Rdn. 18). 217 Die Gesellschaft kann gegenüber einem Gesellschafter, der die Wirksamkeit eines Beschlusses bestreitet, Klage auf Feststellung der Wirksamkeit (§ 256 ZPO) erheben (Feine 552). 2. Registergericht 218
Ist ein Beschluß, der zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet wird, erkennbar nichtig oder ist seine Nichtigkeit durch Urteil analog §§ 249, 248 AktG festgestellt, so hat der Registerrichter die Eintragung abzulehnen (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 2 C; Scholz 30). In zweifelhaften Fällen hat er aufgrund eigener Prüfung zu entscheiden. Er kann auch, statt die Eintragung abzulehnen, die Gesellschaft durch Zwischenverfügungen zur Behebung des Mangels veranlassen. Das BayObLG GmbH-Rdsch. 1956 61 will, im Anschluß an RGZ 142 127, dem Registerrichter die Befugnis geben, sich über die Feststellung eines Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter hinwegzusetzen, wenn diese Feststellung „eine reine Willkürmaßnahme" ist. Dies ist nach dem oben Gesagten (Rdn. 37) abzulehnen. Im Handelsregister eingetragene Beschlüsse kann der Registerrichter von Amts wegen gem. §§ 142—144 FGG löschen, wenn ihr Inhalt zwingende gesetzliche Vorschriften verletzt und ihre Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten ist; s. auch Rdn. 50ff. 219 Wird ein eingetragener Beschluß auf Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage hin für nichtig erklärt, so ist das Urteil im Handelsregister einzutragen. Eine eigentliche Löschung des nichtigen Beschlusses erfolgt nicht; die Eintragung des Urteils hat dieselbe Wirkung. Ist ein Beschluß nach Eintragung im Handelsregister für nichtig erklärt worden, wird er aber in wirksamer Form neu gefaßt, so muß auch dies im Register kenntlich gemacht werden (a. A. KGJ 28 229). Der Geschäftsführer ist zur Einreichung des Urteils zum Register verpflichtet. Der Registerrichter kann die Geschäftsführung dazu anhalten (Rdn. 185; Baumbach-Hueck Anh. § 47, 6; a. A. Scholz 30). 220 Anfechtbare Beschlüsse kann der Registerrichter eintragen; sie sind bis zur Nichtigerklärung wirksam (Baumbach-Hueck Anh. § 47, 3 B; KG JW 1936 344 für den Regelfall). Auch der Registerrichter ist aber befugt und verpflichtet, die Aussichten einer erhobenen Anfechtungsklage und die Auswirkungen der Eintragung eines anfechtbaren Beschlusses zu prüfen und gegebenenfalls die Eintragung bis zum Ablauf der „angemessenen" Frist oder bis zur Rechtskraft des Urteils im Anfechtungsprozeß auszusetzen (§ 127 FGG; Zöllner § 243, 37). 221 Im Aktienrecht ist umstritten, ob es neben nichtigen auch „eintragungswidrige" Beschlüsse gibt. Darunter sind Beschlüsse zu verstehen, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen, aber nicht unter § 241 Nr. 3 AktG fallen und nicht angefochten sind (vgl. Schilling § 243, 32; Zöllner § 243, 38; Lutter NJW 1969 1873). Die Kontroverse spielt nur für Beschlüsse eine Rolle, deren Eintragung im Handelsregister konstitutiv ist. Der Richter hat die Löschungsbefugnis gemäß § 144 Abs. 2 FGG; wo sie gegenüber einem eingetragenen Beschluß vorläge, braucht er einen Beschluß natürlich nicht einzutragen. Fälle, in denen ein Beschluß, der zu seiner Wirksamkeit der Eintragung bedarf, gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstößt, ohne daß der Beschluß gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig ist oder gemäß § 144 Abs. 2 FGG gelöscht werden kann, dürften selten sein. Eine Erweiterung der Löschungsbefugnisse des Registergerichts ist jedenfalls abzulehnen. (478)
Nichtige, anfechtb., unwirksame Gfterbeschl. (Schilling/Zutt)
Anh. § 47
Das Urteil, das die Nichtigkeitsklage abweist, bindet den Registerrichter nicht. Er 222 kann einen Beschluß, der im Handelsregister eingetragen ist, trotzdem nach § 144 Abs. 2 FGG löschen (Rdn. 50ff.). Andererseits kann die Eintragung im Handelsregister u. U. die Nichtigkeit eines Beschlusses heilen (Rdn. 73). Unwirksame Beschlüsse darf der Registerrichter nicht eintragen. Es unterliegt seiner 223 Prüfung, ob die notwendigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit (Zustimmung der betroffenen Gesellschafter o. ä.) vorliegen. Trägt er einen unwirksamen Beschluß ein, so kann hierdurch nach Ablauf angemessener Zeit, Heilung der Unwirksamkeit eintreten (Rdn. 75). VIII. Entsprechende Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf mangelhafte Beschlüsse anderer Gesellschaftsorgane Die Vorschriften über die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen und die Gel- 224 tendmachung ihrer Nichtigkeit sind auf Beschlüsse anderer Gesellschaftsorgane, insbesondere Beschlüsse des Aufsichtsrats, grundsätzlich nicht anwendbar. Nach herrschender Meinung sind solche Beschlüsse vielmehr nach vereinsrechtlichen Bestimmungen (§ 28 i. V. mit § 32, 34 BGB) zu beurteilen. Sie sind rechtswirksam oder nichtig. Die Anfechtung der einzelnen Stimmabgabe und ihre Rechtsfolgen beurteilen sich nach allgemeinen Regeln. Die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses kann mit der Feststellungsklage gem. § 256 ZPO geltend gemacht werden (für den AR im Aktienrecht: Meyer-Landrut § 108, 1; Mertens § 108, 15; BGHZ 12 327, 330; 47 341, 346; a. A. Radtke BB 1960 1045; für den AR in der GmbH s. § 52, 102 und 105). Ob der herrschenden Meinung in jeder Hinsicht gefolgt werden kann, ist hier nicht zu erörtern; aus Gründen der Rechtssicherheit könnte es geboten sein, die Fälle absoluter Nichtigkeit solcher Beschlüsse einzuschränken (vgl. zu Mitgliederbeschlüssen im Vereinsrecht neuerdings K. Schmidt AG 1977 249ff.). Fraglich ist, welche Vorschriften anzuwenden sind, wenn der Gesellschaftsvertrag 225 Aufgaben und Befugnisse der Gesellschafterversammlung einem anderen Gesellschaftsorgan überträgt. Nach BGHZ 43 261, 264 sind Beschlüsse eines „Schiedsgerichts", welches an die Stelle des sonst berufenen Gesellschaftsorgans tritt, entweder überhaupt nicht anfechtbar, nämlich dann, wenn entsprechende Akte des sonst zuständigen Gesellschaftsorgans (z. B. Aufsichtsratsbeschlüsse) nicht anfechtbar sind, oder sie können, wenn der Schiedsspruch einen Beschluß der Gesellschafterversammlung ersetzt oder vervollständigt, mit der Nichtigkeits- oder mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Dieser Ansicht ist zu folgen (ebenso Scholz § 42, 21; 45, 1; 46, 1; zur Anfechtbarkeit von Beiratsbeschlüssen s. unten § 52, 17 sowie Hölters DB 1977 105, 109; Verhoeven BB 1978 335, 337). Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: a) Das Gesellschaftsorgan (Aufsichtsrat, Beirat, Schiedsgericht etc.) hat eine Mit- 226 wirkungs- oder Entscheidungskompetenz nur dann, wenn im konkreten Einzelfall ein Gesellschafterbeschluß — bei Beschlußunfähigkeit, bei einer Pattsituation oder wegen Nichterreichung einer bestimmten Mehrheit — nicht zustande kommt. Hier wird ein einzelner Gesellschafterbeschluß lediglich vervollständigt oder im Einzelfall ersetzt. Es leuchtet ein, daß für einen solchen Beschluß dieselben Regeln zu gelten haben wie für einen Gesellschafterbeschluß. b) Der Gesellschaftsvertrag kann aber auch einen bestimmten Aufgabenkreis von 227 vornherein auf ein anderes Organ (Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafterausschuß etc.) übertragen und damit der Zuständigkeit der Gesellschafter entziehen. Eine solche Übertragung ist zulässig, soweit es sich nicht um zwingende Zuständigkeiten der Gesellschafter handelt (RGZ 137 305, 308; BGH DB 1961 468 = BB 1961 304; BGHZ 43 aaO; s. § 45, 15 und (479)
§ 47 Anh.
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
im einzelnen § 46, lf.). Ob in solchen Fällen der Beschluß des nach der Satzung zuständigen Gesellschaftsorgans einen Gesellschafterbeschluß „ersetzt" und daher die Fehlerhaftigkeit eines solchen Beschlusses analog § 241 ff. AktG zu beurteilen ist, muß danach entschieden werden, ob es sich um eine typische Gesellschafterkompetenz handelt oder nicht. Die Feststellung des Jahresabschlusses und die Beschlußfassung über die Gewinnverwendung (§ 46 Nr. 1), die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen und die Rückzahlung von Nachschüssen (§ 46 Nr. 2 und 3), die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern und ihre Entlastung (§ 46 Nr. 5) sowie Weisungen an die Geschäftsführer (§ 45), aber auch die Einziehung von Geschäftsanteilen (§ 43), die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 52 i. V. mit § 101 Abs. 1 AktG) und die Genehmigung von Anteilsübertragungen (§ 15 Abs. 5), soweit sie Wirksamkeitsvoraussetzung ist, gehören tvpischerweise in die Einflußsphäre der Gesellschafter. Beschlüsse dieser Art sind daher bei Fehlerhaftigkeit wie Gesellschafterbeschlüsse zu behandeln. Andererseits folgen Aufsichtsratsbeschlüsse, die nach § 52 zur Kompetenz eines fakultativen Aufsichtsrats gehören, auch dann den für Aufsichtsratsbeschlüsse geltenden Bestimmungen, wenn die Satzung die Anwendung der in § 52 genannten aktienrechtlichen Vorschriften abbedungen hat. Das gilt z. B. für Maßnahmen zur Überwachung der Geschäftsführung oder für die Genehmigung einzelner Geschäftsführungsmaßnahmen entsprechend § 111 AktG. 228 Soweit hiernach die für Gesellschafterbeschlüsse geltenden Regeln anzuwenden sind, heißt dies: Beschlüsse sind nur in den Fällen des § 241 AktG nichtig. Im übrigen sind fehlerhafte Beschlüsse innerhalb angemessener Frist durch Klage gegen die Gesellschaft anzufechten. Anfechtungsberechtigt ist jeder, der dem Beschlußorgan angehört oder Gesellschafter ist, soweit er dem Beschluß nicht zugestimmt hat. Daher ist die Anfechtung auch gegenüber solchen Beschlüssen möglich, die das Gesellschaftsorgan einstimmig getroffen hat, nämlich seitens eines Gesellschafters (s. den in B G H Z 43 261 ff. entschiedenen Fall). 229 Stehen dem Aufsichtsrat im Bereich der Mitbestimmungsgesetze kraft zwingender Spezialvorschriften Aufgaben und Befugnisse zu, die sonst in die Kompetenz der Gesellschafter fallen (§ 52, 110), so verbleibt es bei den allgemein für Aufsichtsratsbeschlüsse geltenden Regeln. Hier ist also insbesondere ein Anfechtungsrecht nicht gegeben.
(480)
Gesellschafterversammlung (Schilling)
§48
§48 Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefaßt. Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämtliche Gesellschafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären. Übersicht Einleitung Reform
Rdn. 1,2 3
I. Die Gesellschafterversammlung 1. Ort und Zeit
4
2. Teilnahmerecht
8
3. Der Ablauf der Versammlung . . . . 11 4. Der Gesellschafterbeschluß a) Art der Abstimmung 12 b) Feststellung des Beschlußergebnisses 13
Rdn. c) Feststellungs- statt Anfechtungsklage 15 5. Vertagung 17 II. Die schriftliche Abstimmung 1. Die Voraussetzung 18 2. Das Verfahren 20 3. Das Schriftlichkeitserfordernis . . . 21 4. Das Zustandekommen des Beschlusses 23 5. Keine dritte Art der Abstimmung. 25 III. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 26
Schrifttum Ballerstedt Bedarf ein Beschluß der Gesellschafter einer GmbH der Verkündung durch den Vorsitzer? GmbH-Rdsch. 1955 160; Baltzer wie vor § 45, 1; Bokelmann GmbH-Gesellschafterversammlungen im Ausland und Beurkundung durch ausländische Notare, NJW 1972 1729; Fischer Anm. zu LM § 53 GmbHG Nr. 1; Fleck Anm. zu LM § 181 BGB Nr. 17, Anm. z § 17 GmbHG Nr. 13; Kleinmann Warum keine Gesellschafterversammlungen im Ausland? NJW 1972 373; Küster Inhalt und Grenzen des Rechts der Gesellschafter (1954) S. 75ff.; Mutze Recht und Pflicht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung der GmbH, GmbH-Rdsch. 1970 33; H. M. Schmidt Der Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung einer GmbH, GmbH-Rdsch. 1961 215; Scholz Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen und Rechtssicherheit, GmbH-Rdsch. 1952 161; Sudhoff Vollversammlung und schriftliche Abstimmung, GmbH-Rdsch. 1964 75; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen (1970) S. 202ff.; Vogel Die Praxis der Gesellschaftsversammlung bei GmbH und GmbH & Co (1976); Zöllner wie vor §47, 3, §31 ff. Einleitung Es ist charakteristisch für das GmbH-Gesetz, daß es nur wenige Formvorschriften 1 — und auch diese (mit Ausnahme der Satzungsänderung, § 53) nur dispositiv, § 45 Abs. 2 — über die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte gibt. Gerade weil die Gesellschafter oberstes Organ der Gesellschaft sind (§ 45, 3), hat ihnen das Gesetz die Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten weitgehend selbst überlassen. Der Katalog des § 46 ist weder zwingend noch erschöpfend. Auch die Bestimmungen des § 47 über das Stimmrecht können durch den Gesellschaftsvertrag modifiziert werden (§ 47, 5, 37, 78 ff.). Von der Gesellschafterversammlung handeln die §§ 48—51. § 48 Abs. 1 sagt nur, 2 daß die Beschlüsse der Gesellschafter in Versammlungen gefaßt werden, wenn nicht (481)
§48
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
unter den besonderen Voraussetzungen des Abs. 2 schriftliche Abstimmung stattfindet. §§ 49—51 regeln das Recht und die Pflicht zur Einberufung sowie deren Form und Frist. Weitere Voraussetzungen (vgl. § 130 AktG) für die Abhaltung der Versammlung kennt das Gesetz nicht. Auch jene sind verzichtbar (§51, 12). Somit ist jede Zusammenkunft aller Gesellschafter, wenn diese nur auf Form und Frist der Einberufung verzichten, eine Versammlung, in der Beschlüsse gefaßt werden können. Dabei kann in der Regel die Teilnahme an der Beschlußfassung schon als ein solcher Verzicht aufgefaßt werden. Reform 3
Der RegE 1972 (§§ 78, 83 f.) will jedem Gesellschafter das Recht geben, eine Niederschrift — unter Umständen sogar eine notariell aufgenommene — über die Beschlüsse zu verlangen, ohne jedoch Sanktionen für die Verletzung dieser Vorschriften anzuordnen (vgl. die Begr. S. 136). § 84 gibt Regeln für das Verfahren bei der schriftlichen Beschlußfassung, deren Voraussetzungen dieselben geblieben sind wie im geltenden Recht. Die Novelle 1977 (BT-Drucks. 8/1347 vom 15. 12. 1977) fügt dem § 48 einen Abs. 3 bei. Er schreibt als Gültigkeitserfordernis für den Beschluß des einzigen Gesellschafters eine von ihm zu unterzeichnende Niederschrift vor (vgl. § 13 Anh. I 32). Er hat folgenden Wortlaut: „(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters, so ist für die Beschlußfassung eine Versammlung nicht erforderlich. Uber jeden in oder außerhalb einer Versammlung gefaßten Beschluß ist, sofern er nicht notariell zu beurkunden ist, unverzüglich nach der Beschlußfassung eine Niederschrift aufzunehmen, die vom Gesellschafter zu unterschreiben ist. Wird die Niederschrift nicht von dem Gesellschafter aufgenommen, so muß sie auch den Namen des Aufnehmenden enthalten und auch von diesem unterschrieben werden. In der Niederschrift sollen Ort und Tag der Beschlußfassung angegeben werden. Ein Beschluß, über den entgegen Satz 2 oder 3 keine oder keine gehörige Niederschrift aufgenommen worden ist, ist nichtig. Diese Vorschriften gelten auch, wenn sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters und daneben in der Hand der Gesellschaft befinden."
I. Die Gesellschafterversammlung 1. Der Ort 4
In erster Linie hat der Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, an welchem Ort (und zu welcher Zeit) die Versammlungen der Gesellschafter stattzufinden haben (§ 45 Abs. 1). Er ist in der Bestimmung frei. Er kann auch einen Ort im Ausland bestimmen (Kleinmann mit überzeugenden Gründen, Bokelmann S. 1730, Deutler ZHR 140 1976 523, a.M. Baumbach-Hueck § 49 Anm. 4). Für Versammlungen, in denen eine Satzungsänderung beschlossen werden soll, gelten jedoch besondere Bestimmungen (Allg. Einl. Rdn. 98, 100, s. auch die Erl. zu § 53). Die Satzung kann dem Einberufungsorgan (§ 49) auch mehrere Orte zur Auswahl stellen. Sie kann aber die Ortsbestimmung nicht in das reine Belieben des Einberufungsorgans stellen (RGZ 88 220, 223; Bokelmann S. 1730), vgl. auch Rdn. 5. 5 Das Gesetz enthält keine Vorschrift über den Ort der Versammlung. Schweigt auch die Satzung, so hat das Einberufungsorgan, das sind nach § 49 Abs. 1 die Geschäftsführer, den Ort zu bestimmen. Es hat dabei in aller Regel den Sitz der Gesellschaft (§ 3, 9ff.) zu wählen (h.M. RGZ 44 8 (für die AG), Scholz 2, Baumbach-Hueck § 49, 4, Scholz-Fischer 2). Befindet sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung (das Geschäftslokal) an einem anderen Ort als dem statutarischen Sitz, so ist der erstere zu wählen, (482)
Gesellschafterversammlung (Schilling)
§48
denn die Gesellschafter sollen und wollen da zusammenkommen, wo die Gesellschaft lebt und ihre Geschäfte geführt werden. Der Zeitpunkt der Versammlung, zu der einberufen wird, muß für die Gesellschafter zumutbar sein, im einzelnen s. H. M. Schmidt. Von diesen Regeln dürfen die Einberufer nur bei Vorliegen besonderer Voraus- 6 Setzungen abweichen; z. B. wenn ein anderer Ort als der des Sitzes für die meisten Gesellschafter leichter zu erreichen ist oder wenn mit der Versammlung eine Ortsbesichtigung verbunden werden soll, und immer wenn alle Gesellschafter zustimmen. Liegen solche besonderen Voraussetzungen vor, so ist zwischen einem in- und ausländischen Ort kein Unterschied zu machen. Warum sollen nicht die sämtlichen Gesellschafter, die in New York oder Tokio ansässig sind, dort Gesellschafterbeschlüsse fassen können? Folgen eines Verstoßes. Wird an einen satzungswidrigen Ort einberufen, so sind 7 die dort gefaßten Beschlüsse anfechtbar, es sei denn, daß alle Gesellschafter erscheinen. Das gleiche gilt, wenn die Einberufer durch die Wahl eines (nicht mit dem Sitz identischen) Ortes gegen die der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern obliegende Treupflicht (§ 14, 23 ff.) verstoßen. Es genügt ein objektiver Verstoß. Die im Schrifttum (vgl. Rdn. 6) vertretene Auffassung, es müsse Mißbrauch oder Schikane vorliegen, ist insoweit zu eng, als sie subjektive Voraussetzungen aufstellt. Über die Anfechtbarkeit einer Satzungsänderung über den Ort der Gesellschafterversammlung s. RGZ 88 220. 2. Teilnahmerecht Jedem Gesellschafter steht grundsätzlich (über Ausnahmen Rdn. 9) das unverzichtbare 8 Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung zu (§ 14, 14), auch wenn er allgemein (§ 14, 13, 15, § 47, 10) oder für einen einzelnen Beschluß (§ 47, 47) vom Stimmrecht ausgeschlossen ist (allg. Meinung, RGZ 167 73 („schwerste Bedenken"), BGH NJW 1971 225 = WM 1971 1150, Scholz 4, Baumbach-Hueck I C , § 47, 5 F, ScholzFischer 2, Teichmann S. 210, Mutze S. 33, Sudhoff S. 76, Vogel S. 13). Der Gesellschafter muß, auch soweit er von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist, kraft seiner Mitgliedstellung die Gelegenheit haben, seine Auffassung über den zur Beschlußfassung anstehenden Punkt den Mitgesellschaftern vorzutragen und Einwendungen geltend zu machen. Schon mit Rücksicht auf ein etwaiges Anfechtungsrecht muß er auch verlangen und darüber wachen können, daß alle nach Gesetz oder Satzung zur Beschlußfassung notwendigen Förmlichkeiten eingehalten werden (BGH aaO). Läßt sich ein Gesellschafter vertreten (dazu § 47, 34 ff.), so hat er sein Teilnahmerecht auf den Vertreter übertragen und ist nicht berechtigt, an der Versammlung auch noch selbst teilzunehmen (a.M. H. M. Schmidt GmbH-Rdsch. 1963 145). Sein Teilnahmerecht lebt wieder auf, wenn er selbst in der Versammlung erscheint und die Vollmacht widerruft (Scholz § 47, 13). Die Geschäftsführer sind verpflichtet, auf Verlangen der Gesellschafter (bei Auskunftserteilung auch nur eines Gesellschafters) an der Versammlung teilzunehmen. Ein Recht hierauf steht ihnen nicht zu. Über das Teilnahmerecht der Mitglieder des Aufsichtsrat s. § 52, 125, 129, 132. Die Satzung kann das Teilnahmerecht für Ausnahmefälle, wenn das Interesse der 9 Gesellschaft es gebietet, beschränken oder ausschließen. Sie kann für mehrere, zu einer Gruppe gehörende Gesellschafter, insbesondere für Erben die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte und damit auch des Teilnahmerechts durch einen gemeinsamen Vertreter anordnen (§ 14, 36, BGHZ 46 294 für die KG). Sie kann für Gesellschafter, solange sie Wettbewerber der Gesellschaft sind, die Vertretung durch einen Bevollmächtigten (RGZ 80 385. s. aber auch 88 220, Scholz 4) oder die Übertragung auf einen Treuhänder vorschreiben. Der Gesellschafter muß einen angemessenen Einfluß auf die Bestimmung der Person des Vertreters oder Treuhänders haben, dieser muß ihm rechen(483)
§48
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
schaftspflichtig sein und er muß die Möglichkeit haben, ihn abzuberufen (Teichmann S. 207, vgl. auch für die oHG BGHZ 44 158). Im allgemeinen muß dem Gesellschafter auch das Weisungsrecht verbleiben. Immer verbleibt ihm das Teilnahmerecht zur Wahrung seiner Rechte im Kernbereich seiner Mitgliedschaft (§ 14, 33). 10 Der Gesellschafter hat keinen Anspruch darauf, einen Nichtgesellschafter als Beistand zur Versammlung mitzubringen (a. M. Robert Fischer ZHR 130 1963 367f., ferner KG LZ 1925 1166 und Brodmann § 47, 5d, wenn die Zuziehung aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist). Die Gesellschafterversammlung (durch Mehrheitsbeschluß) oder die Satzung können aber für besondere Fälle oder allgemein Beistände zulassen 0Feine S. 526, Scholz 4 und § 47, 13, KG aaO, OLG (Hamburg) 3 66). 3. Der Ablauf der Versammlung 11
Das Gesetz enthält hierüber keine Vorschriften. Auch wenn die Satzung (s. Rdn. 26) es nicht vorschreibt, empfiehlt es sich, zu Beginn der Versammlung einen Versammlungsleiter zu wählen. Hierfür genügt nach § 47 Abs. 1 ein Mehrheitsbeschluß. Der weitere Verlauf richtet sich nach der Tagesordnung, die fristgemäß angekündigt werden muß (§ 51, 5, 7, 8). O f t beginnt sie mit einem Bericht zur Geschäftslage oder mit der Erläuterung von Unterlagen (Jahresabschluß), die die Geschäftsführer vorgelegt haben. Die Beschlußfassung der Gesellschafter setzt einen formulierten Antrag voraus. In der Tagesordnung braucht er nicht enthalten zu sein. Er muß aber von ihr gedeckt sein. Die mündliche Antragstellung genügt, ist aber auch erforderlich, da die Stimmabgabe (§ 45, 7ff.) nur auf Zustimmung (Ja) oder Ablehnung (Nein) eines formulierten Beschlußantrags lauten kann. Jeder Gesellschafter, auch der nicht stimmberechtigte (Rdn. 8), hat das Recht, zum Antrag Stellung zu nehmen, ihn oder einen Gegenantrag zu begründen, Auskunft zum Beschlußgegenstand vom Geschäftsführer zu verlangen (§ 45, 23). Über die Anträge ist nach der Reihenfolge ihrer Einbringung abzustimmen. Kein Antragsteller hat aber Anspruch darauf, daß über seinen Antrag abgestimmt werde. 4. Der Gesellschafterbeschluß
12
a) Art der Abstimmung. Die Stimmabgabe kann nur ein Ja oder Nein zu einem Beschlußantrag sein (§ 45, 7). Sie kann auch durch konkludentes Handeln, muß aber in der Versammlung, in Gegenwart der anderen Versammlungsteilnehmer als Erklärungsempfänger (§ 45, 8) erfolgen (BGH NJW 1976 1538, 1539 1. Sp. unten). Haben alle anderen Gesellschafter einem Gesellschafter (unter Befreiung von § 181 BGB, § 47, 39) Vollmacht erteilt, so bedarf es freilich keiner Gesellschafterversammlung und keiner ausdrücklichen Beschlußfassung, sondern wie beim Einmann (§ 13 Anh. I 32) nur eines Kundgabeaktes (für die Zweimanngesellschaft BGH NJW 1968 396, 1971 2225 = WM 1971 1150). 13 b) Feststellung des Beschlußergebnisses. Die Eigenart des Gesellschafterbeschlusses als eines aus den Einzelstimmen der Gesellschafter zusammengesetzten Rechtsgeschäftes (§ 45, 11) und das Vertrauen auf den Bestand des Beschlusses, also die Rechtsicherheit, erfordern besondere Vorkehrungen zur Beseitigung eines einmal gefaßten Beschlusses. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß zwischen den Gesellschaftern streitig ist oder streitig wird, ob ein Beschluß gefaßt worden ist, welchen Inhalt er hat und ob er mangelhaft ist, d. h. gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Das Aktiengesetz enthält hierüber besondere Vorschriften. Jeder Beschluß der Hauptversammlung bedarf der notariellen Beurkundung. In der Niederschrift ist die Art und das Ergebnis der Abstimmung und Feststellung des Vorsitzenden über die Beschluß(484)
Gesellschafterversammlung (Schilling)
§48
fassung anzugeben (§ 130 Abs. 1 und 2). Ein Verstoß hiergegen macht den Beschluß nichtig (§ 241 Nr. 2). Es ist streitig, ob diese Vorschriften auf die GmbH entsprechend anzuwenden sind (bejahend: R G DR 1939 720, Scholz § 45 Anm. 15 und § 48 Anm. 5, femer GmbH-Rdsch. 1952 163, Zöllner § 34, verneinend BGHZ 51 209, 211, Beierstedt, Fischer, Fleck, Küster). Scholz § 45 Anm. 15 macht die Einschränkung, daß es einer Schlußfeststellung des Vorsitzenden zur Gültigkeit des Beschlusses nicht bedarf. Baumhach-Hueck (Anhang zu § 47, 3 A und Baltzer S. 127) verlangen für das Zustandekommen des Beschlusses nicht die Feststellung durch den Vorsitzenden, halten diese aber, wenn sie erfolgt ist, für maßgeblich. Zöllner (S. 395) will für die „ausgesprochen personalistisch strukturierte" GmbH eine Ausnahme von dem Grundsatz machen, daß der Beschluß nur aufgrund der Feststellung seines Ergebnisses durch den Versammlungsleiter wirksam werde (S. 394). BGHZ 14 25, 36 hält (nur) bei einer Satzungsänderung im Hinblick auf deren Beurkundungsbedürftigkeit (§ 53 Abs. 2) die Feststellung durch den Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung für verbindlich (bestätigt in BGHZ 51 212). Der verneinenden Ansicht ist, soweit es sich nicht um eine Satzungsänderung 14 handelt (dazu s. die Erl. zu § 53), der Vorzug zu geben. § 130 AktG gilt nicht für die GmbH. Die Durchführung der Gesellschafterversammlung und die Beschlußfassung sind nicht an Formvorschriften gebunden. Die Bestellung eines Versammlungsleiters ist nicht vorgeschrieben und in der Praxis nicht die Regel. Soll die Beschlußfassung an der Nichtbestellung scheitern? So muß auch Zöllner eine Ausnahme für „ausgesprochen personalistisch strukturierte" und damit für die Mehrzahl der Gesellschaften machen. Die Ausnahme wird damit zur Regel. Die Abgrenzung von Regel und Ausnahme bringt mehr Rechtsunsicherheit als die Formalisierung der Beschlußfeststellung Sicherheit bringt. . c) Feststellung- statt Anfechtungsklage? Zu weit nach der anderen Richtung geht 15 die von BGHZ 51 209, 211 vertretene Meinung. Das Berufungsgericht hatte angenommen, auch bei unrichtiger Feststellung der Stimmenmehrheit durch den Versammlungsleiter liege der Form nach ein wenn auch mangelhafter Beschluß vor, der nur im Wege der Anfechtung beseitigt werden könne. Dies hält der BGH nicht für richtig. Ohne eine Stimmenmehrheit komme ein Beschluß i.S. des gestellten Antrags nicht zustande. Darum fehle es z. B. an einem Gesellschafterbeschluß, wenn ein Gesellschafter nicht ordnungsgemäß vertreten, die für ihn abgegebene Stimme infolgedessen ungültig sei und durch ihren Fortfall die scheinbare Mehrheit zur Minderheit werde. Diese Rechtslage sei nicht durch eine Anfechtungsklage zu klären, da diese einen Beschluß i. S. des § 47 gerade voraussetze, sondern könne auf andere Weise, vor allem durch eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend gemacht werden. Diese Auffassung ist bedenklich (kritisch auch Fischer wie § 47 vor Rdn. 39 S. 74). Sie 16 vernachlässigt den Gesichtspunkt der Rechtsicherheit, dem das für die GmbH grundsätzlich übernommene aktienrechtliche System der formalisierten richterlichen Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen dienen soll. Auch für die GmbH gilt der Grundsatz, daß ein von dem (durch Stimmabgabe zum Ausdruck gekommenen) Beschlußwillen der Gesellschafter getragener Gesellschafterbeschluß Bestandschutz genießt und — soweit nicht ein Nichtigkeitsfall vorliegt — nur aufgrund der befristeten, mit den besonderen Kautelen der §§ 243 ff. AktG ausgestatteten Anfechtungsklage durch den richterlichen Gestaltungsakt der Nichtigerklärung beseitigt werden kann. Der Verzicht auf die Anfechtungsklage und ihre Ersetzung durch die Feststellungsklage würde der in langjähriger Entwicklung geschaffenen und in der erschöpfenden Aufzählung im Gesetz (§ 47 Anh.) verankerten Tendenz zur Eindämmung der Nichtigkeitsfälle konträr zuwiderlaufen. Die Entscheidung des BGH ist konkret zwar auf den Fall der Ungültigkeit der Stimmabgabe wegen (485)
§48
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Stimmrechtsausschlusses und (als Beispiel) wegen nicht ordnungsmäßiger Vertretung beschränkt, also auf Mängel beim Zustandekommen eines Beschlusses, und bezieht sich nicht auf inhaltliche Mängel. Aber die ersteren Fälle sind häufig genug (s. § 45, 9, 10, § 47, 5, 36, 45, 77, 81) und gerade bei den Stimmrechtsverboten oft sehr streitig, was der vom BGH entschiedene Fall eindrücklich zeigt. In vielen Fällen können die Gesellschafter nicht beurteilen, ob die Stimme gültig ist oder nicht. Der Gedanke des Bestandschutzes verlangt daher, daß die abgegebenen Stimmen solange als gültig und die Willenskundgebung der Gesellschafter solange als Beschluß zu behandeln sind, bis dieser vom Richter für nichtig erklärt wird. Dieser Grundgedanke des aktienrechtlichen Anfechtungsrechts gilt auch für die GmbH, und zwar auch dann, wenn ungewiß ist, ob für den beantragten Beschluß die gesetzliche oder eine satzungsmäßig vorgeschriebene höhere Mehrheit erforderlich oder erreicht ist (§ 47, 5). Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn alle an der Abstimmung beteiligten (also mit ja oder nein stimmenden) Gesellschafter die Ungültigkeit der Stimme und das NichtVorliegen eines dem Beschlußantrag stattgebenden Beschlusses anerkennen. Über die Verbindung der Anfechtungsklage mit der Klage auf Feststellung des wirklich gefaßten (dem Beschlußantrag zustimmenden oder ihn ablehnenden) Beschlusses s. § 47 Anh. 5. Vertagung 17
Eine Vertagung der Versammlung im Sinne ihrer Fortsetzung gibt es nicht. Es handelt sich in Wirklichkeit um die Einberufung einer neuen Versammlung. Stimmen ihr alle — nicht nur die anwesenden — Gesellschafter zu, so hat das die Bedeutung eines Verzichts auf die Form und Frist der Einberufung (vgl. § 51, 9) und die neue Versammlung kann ohne solche abgehalten werden. Eine Unterbrechung, d. h. eine Fortsetzung am selben Tag, bedarf der Zustimmung aller anwesenden Gesellschafter (teilw. abw. Scholz 6, Baumbach-Hueck 1B).
II. Die schriftliche Abstimmung, Abs. 2 1. Die Voraussetzung 18
Eine Besonderheit des GmbH-Rechts und Ausdruck seiner Flexibilität ist die schriftliche Abstimmung. Sie ist für alle Gesellschafterbeschlüsse möglich mit Ausnahme der Satzungsänderung (§ 53 Abs. 2 (BGHZ 15 328, KG NJW 1959 1446). Voraussetzung ist, daß sich sämtliche Gesellschafter (Rdn. 19) mit der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden erklären. Das geschieht entweder dadurch, daß sie der zu treffenden Bestimmung, d. h. dem Beschlußantrag zustimmen (erste Alternative), oder in einer von der schriftlichen Stimmabgabe gesonderten Erklärung (zweite Alternative). Für diese Erklärung ist die Schriftform nicht vorgeschrieben. Das Einverständnis kann also auch mündlich erklärt werden (BGHZ 28 355, 358), auch durch schlüssige Handlung (wie jede formlose Willenserklärung), insbesondere durch Beteiligung an der schriftlichen Abstimmung, auch wenn gegen den Beschlußantrag gestimmt wird. Insoweit geht die zweite Alternative über die erste hinaus, die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter zum Beschlußantrag verlangt. § 84 Abs. 1 RegE hat daraus die richtige Folgerung gezogen, indem er die erste Alternative gar nicht aufführt. Sie ist in der zweiten mitenthalten. Schweigen allein genügt nicht (BGHZ 28 357/8, mißverständlich Baumbach-Hueck 2 B).
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Mit der schriftlichen Stimmabgabe müssen sämtliche Gesellschafter einverstanden sein. Das umschließt auch die Gesellschafter, die allgemein oder bei einem bestimmten (486)
Gesellschafterversammlung (Schilling)
§48
Beschluß nicht stimmberechtigt sind, und gilt für beide Alternativen (ebenso Baumbach-Hueck 2A, Sudhoff S. 77; a. M. für die erste Alternative Scholz 8, ScholzFischer 3). Das ergibt sich aus dem Teilnahmerecht dieser Gesellschafter (Rdn. 8). Sie können durch das Einverständnis auf ihr Teilnahmerecht verzichten. Dieses kann aber nicht dadurch beseitigt werden, daß die stimmberechtigten Gesellschafter sich auf eine schriftliche Abstimmung einigen. Dabei besteht kein Grund, zwischen beiden Alternativen zu unterscheiden. Stimmen alle stimmberechtigten Gesellschafter dem Beschlußantrag zu, so ist also außerdem noch das (formlose) Einverständnis der nicht Stimmberechtigten zur schriftlichen Stimmabgabe erforderlich. 2. Das Verfahren Wie über den Ablauf der Gesellschafterversammlung gibt das Gesetz auch über das 20 Verfahren bei der schrifdichen Abstimmung keine Regeln (anders § 84 RegE). Die schriftliche Abstimmung kann bis auf das Schriftlichkeitserfordernis (Rdn. 21) ebenso formlos erfolgen wie die mündliche in der Gesellschafterversammlung. Eine Beteiligung der Geschäftsführer ist nicht vorgesehen. Jeder Gesellschafter — natürlich auch die Geschäftsführer — kann die schriftliche Abstimmung einleiten. Bei der Aufforderung seiner Mitgesellschafter zur schriftlichen Stimmabgabe muß er nicht mitteilen, ob das Einverständnis aller Gesellschafter (zweite Alternative, Rdn. 18) vorliegt (BGHZ 28 359 betrifft nur die satzungsmäßigen Voraussetzungen). Notwendig ist aber, daß die Aufforderung mit einem Beschlußantrag verbunden ist, weil sonst eine Stimmabgabe nicht möglich ist (§ 45, 7). Stimmen sämtliche Gesellschafter dem Beschlußantrag zu, dann ist dem § 48 Abs. 2 (erste Alternative) Genüge getan. Der Auffordernde kann nicht ohne Satzungsermächtigung (vgl. BGHZ 28 355) anordnen, daß Schweigen Zustimmung bedeutet. Es bedeutet vielmehr Stimmenthaltung, also Nichtbeteiligung an der Abstimmung. Der Auffordernde kann aber einen Endtermin für die Stimmabgabe setzen. Wer sich innerhalb dieser Frist nicht äußert, hat sich der Stimme enthalten. Der die Abstimmung betreibende Gesellschafter oder Geschäftsführer kann aber auch nach der zweiten Alternative vorgehen. Er kann zunächst feststellen, ob sämtliche Gesellschafter mit der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden sind (Rdn. 18, 19) und dann erst zur Abstimmung auffordern. 3. Das Schriftlichkeitserfordernis Abs. 2 schreibt für die Stimmabgabe die Schriftform vor. Da es sich um eine 21 Willenserklärung handelt (§ 45, 7) gilt § 126 Abs. 1 und 3 BGB. Die die Stimmabgabe enthaltende Urkunde muß also von dem Gesellschafter (oder von seinem Bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter, § 47, 34 ff.) eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet oder notariell beurkundet sein. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus wird man auch telegrafische und fernschriftliche Erklärung genügen lassen können, da sie im modernen Geschäftsverkehr häufig der schriftlichen Mitteilung gleichgestellt werden, ebenso Baumhach-Hueck 2 B und Scholz 8, dieser mit unzutreffender Begründung, die auch nicht auf RGZ 101, 79 (so Scholz) gestützt werden kann. Die Stimmabgabe ist empfangsbedürftig. Empfänger sind die andern Gesellschafter oder ein Empfangsvertreter (§ 45, 8), insbesondere ein Geschäftsführer. Auch die schriftliche Stimmabgabe kann schlüssig erfolgen, vorausgesetzt, daß die 22 Schriftform gewahrt ist. In der Unterzeichnung der Anmeldung zum Handelsregister liegt auch die Zustimmung zu dem der Anmeldung zugrundeliegenden Beschluß, RGZ (487)
§48
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
101 78 für die Auflösung. In der notariellen Beurkundung der Abtretung eines Geschäftsanteils liegt auch die (nach dem Statut erforderliche) Zustimmung zur Abtretung, BGHZ 15 324, 329 = GmbH-Rdsch. 1956 28 m. Anm. v. Gottschling. Ebenso enthält der schriftliche Vertragsabschluß oder die Unterzeichnung des Jahresabschlusses durch alle Gesellschafter zugleich den hierzu erforderlichen Gesellschafterbeschluß, im ersteren Fall einschließlich einer etwa notwendigen Gestattung nach § 181 BGB für den Gesellschafter-Geschäftsführer, BGH DB 1971 1761 = WM 1971 1082, 1084. Erteilen die beiden einzigen Gesellschafter, die zugleich Geschäftsführer sind, dem dritten Geschäftsführer schriftlich Generalvollmacht für die Gesellschaft, so kann dies in die (nach dem Statut durch Gesellschafterbeschluß zulässige) Erteilung der Alleinvertretungsbefugnis umgedeutet werden, BGH DB 1975 1692 = GmbH-Rdsch. 1975 201. 4. Das Zustandekommen des Beschlusses 23
Der schriftliche Gesellschafterbeschluß bedarf ebensowenig wie der in der Gesellschafterversammlung gefaßte (Rdn. 13, 14) der Feststellung des Beschlußergebnisses (a.M. Zöllner S. 396, Scholz 11). Erforderlich ist nur, daß allen Gesellschaftern (auch den nicht stimmberechtigten) das Einverständnis aller Gesellschafter mit der schriftlichen Abstimmung und die Stimma'jgabe aller Gesellschafter, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, also die abgegebenen Ja- und Neinstimmen bekannt sind. Woher sie ihre Kenntnis haben, aus einer Mitteilung eines Gesellschafters oder Geschäftsführers oder durch Einsichtnahme in die Unterlagen bei der Gesellschaft, ist gleichgültig. Mit der Kenntnis aller Gesellschafter, also in dem Zeitpunkt, in dem der letzte Gesellschafter die Kenntnis hat, ist der Beschluß zustandegekommen, sei es als ein dem Beschlußantrag (Rdn. 20) zustimmender, sei es ihn ablehnender. 24 Eine Mitwirkung der Geschäftsführer ist im Gesetz nicht vorgesehen (anders § 84 RegE). Sie sind aber verpflichtet, wenn die Stimmabgabe ihnen gegenüber erfolgt, sie den andern Gesellschaftern mitzuteilen. BGHZ 15 324, 329 (vgl. auch BGH DB 1975 1962) meint, der schriftliche Beschluß gelte in der Regel erst dann als gefaßt, wenn das Ergebnis vom Geschäftsführer festgestellt und allen Gesellschaftern mitgeteilt ist. Dieser Grundsatz könne aber nur dann gelten, wenn überhaupt an dem Wesen oder dem Ergebnis der Abstimmung Zweifel auftauchen könnten. Die Mitwirkung des Geschäftsführers sei (nur dann?) nicht erforderlich, wenn eine einstimmige, eindeutige und offensichtlich endgültige Willenskundgebung der Gesellschafter vorliege. Diese Meinung des BGH (ähnlich Zöllner S. 396, Scholz 11 und Baumbach-Hueck 2 C) ist abzulehnen. Sie gibt dem Geschäftsführer eine Art Schiedsrichter-Rolle darüber, ob und mit welchem Ergebnis ein Beschluß zustandegekommen ist oder nicht, eine Kompetenz, die ihm nach dem Gesetz keineswegs zukommt. 5. Keine dritte Art der Abstimmung 25
In BGHZ 58 115, 120 (= LM § 181 BGB Nr. 16 m. Anm. v. Fleck, vgl. auch Kuhn WM 1972 1151 IV 2 c) wird die Frage gestellt und offen gelassen, ob die Gesellschafter auch auf nicht schriftlichem Wege außerhalb der Versammlung wirksame Beschlüsse fassen können oder ob sie wegen Gesetzesverstoß an sich anfechtbar sind, bei allseitigem Einverständnis aber nicht angefochten werden können (und deshalb mangels Anfechtung wirksam sind). Die Frage ist i. S. der zweiten Alternative zu beantworten. Eine dritte Art der Abstimmung, sei es der vom BGH erwähnten Art, sei es teils mündlich in oder außerhalb einer Gesellschafterversammlung, teils schriftlich, kennt das Gesetz nicht (ebenso OLG München BB 1978 471). Möglich und zulässig ist aber im Rahmen des (488)
Gesellschafterversammlùng (Schilling)
§48
Abs. 2, daß ein Teil der Gesellschafter schriftlich abstimmt und das die übrigen Gesellschafter, ohne sich an der Abstimmung zu beteiligen — sie enthalten sich damit der Stimme —, ihr Einverständnis mit der schriftlichen Stimmabgabe erklären, was formlos und auch zeitlich nach der schrifdichen Stimmabgabe der andern Gesellschafter geschehen kann, vgl. Rdn. 18. In dem vom OLG München aaO entschiedenen Fall hat ein Teil der Gesellschafter eine Gesellschafterversammlung formlos abgehalten, einen Gesellschafterbeschluß gefaßt und ihn in einem Protokoll festgehalten. Die anderen Gesellschafter haben den Beschluß später unterschrieben. Darin liegt eine zulässige Heilung der Nichtigkeit (Anh. § 47 Rdn. 35, anders OLG München). Der Gesellschaftsvertrag kann weitere Erleichterungen schaffen, Rdn. 26.
III. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags Auch § 48 ist nachgiebiges Recht (§ 45). Der Gesellschaftsvertrag kann abweichende 26 und ergänzende Regelungen treffen. Er kann den Ort der Gesellschafterversammlung bestimmen. Er kann ihren Ablauf regeln, eine Niederschrift, die Wahl eines Versammlungsleiters, die Feststellung des Beschlußergebnisses vorschreiben und daran die Wirksamkeit der gefaßten Beschlüsse knüpfen (a. M. anscheinend RGZ 104 413, 415 für das statutarische Erfordernis der Beurkundung). Er kann Voraussetzungen, der Beschlußfähigkeit bestimmen und hierin Unterschiede für eine erste und eine zweite Versammlung machen. Das Teilnahmerecht der Gesellschafter kann er nur in Ausnahmefällen (Rdn. 8, 9) beschränken oder ausschließen. Die schriftliche Abstimmung kann er ganz verbieten, erschweren oder erleichtern. Er kann sie zulassen, auch wenn nur eine Minderheit sie verlangt (BGHZ 28 355). Die bloße Zulassung schriftlicher Abstimmung im Gesellschaftsvertrag bedeutet nicht den Verzicht auf das Erfordernis der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter (Rdn. 18). Der Gesellschaftsvertrag kann bestimmen, daß im schriftlichen Abstimmungsverfahren das Schweigen eines Gesellschafters zu einem ihm zugegangenen Beschlußantrag Zustimmung, Ablehnung oder Stimmenthaltung bedeutet. Die Satzung kann auch eine formlose Abstimmung außerhalb einer Gesellschafterversammlung und ohne Schriftform zulassen (OLG München wie in Rdn. 25, Scholz 12, Sudhoff S. 78). Es kann telefonische, telegrafische und fernschriftliche Stimmabgabe zugelassen werden. Regelt der Gesellschaftsvertrag nur die Gesellschafterversammlung, so kann daraus nicht entnommen werden, daß eine schriftliche Abstimmung nach Abs. 2 ausgeschlossen sein soll (BGHZ 15 324, 329).
(489)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§49
§49 Die Versammlung der Gesellschafter wird durch die Geschäftsführer berufen. Sie ist außer den ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Insbesondere muß die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergibt, daß die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Übersicht Rdn.
Rdn. Einleitung
1
Reform I. Einberufung durch die Geschäftsführer, Abs. 1 1. Prärogative der Geschäftsführer . . . . 2. Zahl der Geschäftsführer 3. Mangelhafte Bestellung 4. Einberufung durch sonstige Personen
2
3 4 5 6
5. Rücknahme der Einberufung 6. Rechtsfolgen
7 8
II. Die Einberufungspflicht 1. Die ausdrücklich bestimmten Fälle 9 2. Im Interesse der Gesellschaft, Abs. 2 10 3. Verlust der Hälfte des Stammkapitals, Abs. 3 11 III. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 14
Schrifttum Buchwald Die Bewertung des zur Deckung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der GmbH, GmbH-Rdsch. 1957 33; Vogel wie vor § 48. Einleitung 1
Die §§ 49—51 regeln die Einberufung der Gesellschafterversämmlung. In § 49 ist das Recht und die Pflicht der Geschäftsführer zur Einberufung behandelt, in § 51 deren Form. Eine Verpflichtung der Geschäftsführer zur Einberufung besteht auch aufgrund eines Minderheitsverlangens nach § 50. Zur Frage, inwieweit die Bestimmungen des § 49 zwingend sind, s. Rdn. 14. Reform
2
Dem § 49 entsprechen die §§ 79 und 74 Abs. 1 RegE. § 79 Abs. 2 Satz 2 stellt klar, daß jeder Geschäftsführer allein zur Einberufung berechtigt ist (s. Rdn. 4), wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Unabdingbar ist dagegen die Befugnis der Geschäftsführer zur Einberufung in vertretungsberechtigter Zahl (§ 79 Abs. 2 Satz 1, Begr. S. 131). § 74 Abs. 1 verpflichtet die Geschäftsführer in Anlehnung an § 92 Abs. 1 AktG zur Einberufung auch dann, wenn bei pflichtgemäßen Ermessen anzunehmen ist, daß ein Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals besteht, s. dazu Rdn. 11.
I. Einberufung durch die Geschäftsführer, Abs. 1 1. Prärogative der Geschäftsführer 3
Die Befugnis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung verleiht das Gesetz in erster Linie den Geschäftsführern. Durch ihre Geschäftsführung stehen sie dem gesellschaftlichen Leben am nächsten und wissen am besten, ob und wann den Gesellschaftern (490)
Einberufung der Versammlung (Schilling)
§49
zu berichten ist und Beschlüsse zu fassen sind. Neben den Geschäftsführern steht die Befugnis auch einem nach Gesetz oder Satzung bestehenden Aufsichtsrat zu, vorausgesetzt, daß das Wohl der Gesellschaft die Abhaltung einer Versammlung fordert (§ 52 i.V.m. § 111 Abs. 3 AktG, § 52, 125, 129, 132). Ferner hat die in § 50 Abs. 1 bestimmte Minderheit, deren Verlangen die Geschäftsführer nicht entsprechen, ein Selbsthilferecht zur Einberufung (§ 50 Abs. 3). Keinen Einfluß haben die Geschäftsführer auf die Fassung schriftlicher Beschlüsse nach § 48 Abs. 2 (s. dort Rdn. 18ff.). Hier setzt sich die Gesamtheit der Gesellschafter — denn deren Einverständnis ist erforderlich, § 48, 18 — über die Prärogative der Geschäftsführer hinweg. Praktisch wird das in der Regel nur bei Gesellschaften kleineren Umfangs oder mit wenigen Gesellschaftern, bei denen ohnehin eine enge Verbindung zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern besteht.
2. Zahl der Geschäftsführer Zur Einberufung ist jeder Geschäftsführer allein befugt, auch wenn die Gesell- 4 schaft mehrere Geschäftsführer hat. Das ist streitig; wie hier: KG NW 1965 2157, Scholz 1, Scholz-Fischer 1, Vogel S. 2; a.M. Baumbach-Hueck 2 A, wohl auch Pleyer GmbHRdsch. 1968 143. Baumbach-Hueck wollen die Regelung des § 121 Abs. 2 Satz 1 AktG übernehmen, wonach der Vorstand über die Einberufung mit einfacher Mehrheit beschließt. Hiergegen spricht die andersartige Struktur der GmbH (Allg. Einl. 15, 24f.). Der Wortlaut („die Geschäftsführer") spielt keine Rolle. Er wird vom Gesetz immer gebraucht, auch wenn es den einzelnen Geschäftsführer meint. Wesentlich ist, daß es in der Verantwortung jeden Geschäftsführers stehen muß, die Entscheidung der Gesellschafterversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft (§ 45, 3) anzurufen. Das ist besonders wichtig bei Meinungsverschiedenheiten in Geschäftsführungsfragen, deren Entscheidung — anders als bei der AG — den Gesellschaftern allgemein zusteht (§ 45, 4).
3. Mangelhafte Bestellung Die Befugnis zur Einberufung hat ein Geschäftsführer auch dann, wenn seine 5 Bestellung zwar mangelhaft (vgl. hierzu die Erl. zu § 35), er aber mit Wissen und Willen der Gesellschafter als Geschäftsführer tätig ist (ebenso Scholz 1, 4, für die AG: RG JW 1911 330, BGHZ 47 341, 343, Meyer-Landrut in Großkomm. z. AktG § 84, 18). Die Geschäftsführereigenschaft muß bereits und noch im Zeitpunkt der Einberufung bestehen (KG OLG 24 158, 159). Auf die Eintragung im Handelsregister (so § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG) kommt es nicht an. Zur Einberufung durch den Aufsichtsrat, dessen Mitglieder mangelhaft bestellt sind, s. Meyer-Landrut aaO § 101, 23, Schilling ebenda § 252, 3 und die Erl. zu § 52.
4. Einberufung durch sonstige Personen Das Einberufungsrecht haben neben den Geschäftsführern nicht auch die Proku- 6 risten (KG OLG 24 158). Denn die Einberufung ist kein Akt der Geschäftsführung, sondern des inneren gesellschaftlichen Lebens. Deshalb kann das Einberufungsrecht als solches nicht Gegenstand einer Vollmacht sein (Scholz Nachtrag). Der Geschäftsführer kann aber, nachdem er selbst den Entschluß zur Einberufung gefaßt hat, mit der Einberufung einen Dritten beauftragen und bevollmächtigen (BGH GmbH-Rdsch. 1962 28, Scholz aaO). (491)
§49
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 5. Rücknahme der Einberufung
7
Der oder die Geschäftsführer, die einberufen haben, können die Einberufung auch wieder zurücknehmen (RG2 166 129, 133, Scholz-Fischer 1). Die Abbestellung kann formlos erfolgen, muß aber eindeutig den Willen der Geschäftsführer erkennen lassen, daß die Gesellschafterversammlung nicht stattfinden soll (RG aaO). Andere Geschäftsführer, die nicht einberufen haben, können nicht abbestellen. Für Gesellschafterbeschlüsse in einer Versammlung, deren Einberufung zurückgenommen worden ist, gilt das Rdn. 8 Gesagte. 6. Rechtsfolgen
8
Gesellschafterbeschlüsse, die in einer von einem Unbefugten einberufenen Versammlung gefaßt wurden, sind nichtig; Näheres s. § 47 Anh. Wenn neben einem Geschäftsführer ein Unbefugter (z.B. ein Prokurist) einlädt, so ist dies unschädlich, da die Einberufung durch einen Geschäftsführer genügt, Rdn. 4. Die Beschlüsse sind wirksam, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind und eine Vollversammlung abhalten, § 51 Abs. 3, s. dort Rdn. 9.
II. Die Einberufungspflicht 1. Die ausdrücklich bestimmten Fälle 9
Die Geschäftsführer sind zur Einberufung verpflichtet in den ausdrücklich bestimmten Fällen, sodann wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint (Rdn. 10) und schließlich nach Abs. 3 bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals (Rdn. 11). Das Gesetz verlangt die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung ausdrücklich nur in § 50 auf Verlangen der Minderheit. Ferner schließt die herrschende Meinung aus der Beurkundungspflicht des § 53 Abs. 2, daß satzungsändernde Beschlüsse nur in einer Versammlung gefaßt werden können (s. die Erl. zu § 53). Alle anderen Beschlüsse — auch die im Schrifttum meist hierher gezählten nach den §§ 26, 60 Nr. 2 und 66 (vgl. § 4 5 , 6, 20, § 46, 1, 3) — können im schriftlichen Verfahren nach § 48 Abs. 2 gefaßt werden. 2. Im Interesse der Gesellschaft, Abs. 2
10
Die Geschäftsführer haben eine Versammlung auch einzuberufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Das Interesse der Gesellschaft ist identisch mit dem Interesse aller Gesellschafter und entspricht dem Wohl der Gesellschaft in § 111 Abs. 3 AktG. Ob es die Abhaltung einer Versammlung verlangt, haben die Geschäftsführer nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Beschluß erforderlich ist und im schriftlichen Verfahren nicht gefaßt werden kann, entweder weil dessen Voraussetzungen (§ 48, 18) nicht gegeben sind oder weil die Beschlußfassung einer mündlichen Berichterstattung durch die Geschäftsführer oder einer Erörterung bedarf oder der endgültige Beschlußinhalt erst aufgrund einer Erörterung festgestellt werden kann. Unter den gleichen Voraussetzungen werden die Geschäftsführer eine Versammlung einberufen, wenn zwar ein Beschluß nicht erforderlich, aber zweckmäßig ist. Das ist der Fall, wenn die Geschäftsführer ein wichtiges, ungewöhnliches oder besonders riskantes Geschäft nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter abschließen wollen (vgl. den Fall in BGH AG 1973 244). Eine (492)
Einberufung der Versammlung (Schilling)
§49
Einberufungspflicht kann auch dann bestehen, wenn (besonders im Konzern) der Mehrheitsgesellschafter den Abschluß eines Geschäfts zwischen ihm und der Gesellschaft wünscht, das nach Ansicht eines Geschäftsführers gegen das Interesse der Gesellschaft verstößt, vgl. § 47, 67. Über die Einberufung durch den Aufsichtsrat s. § 52, 125, 129, 132. 3. Verlust der Hälfte des Stammkapitals, Abs. 3 Schließlich ist die Versammlung einzuberufen, wenn ein Geschäftsführer feststellt, 11 daß die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Wie bei Abs. 2 steht auch hier die Pflicht unter dem Vorbehalt, daß eine schriftliche Mitteilung nicht genügt (Scholz 10). Regelmäßig genügt sie nicht, denn die Mitteilung ist alarmierend und verlangt Maßnahmen zur Sanierung der Gesellschaft. Wenn aber solche Maßnahmen bereits beschlossen sind oder keines Beschlusses bedürfen, so kann die Versammlung unterbleiben. Die Einberufung (oder schriftliche Mitteilung) hat unverzüglich zu erfolgen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die für das Aktienrecht vertretene Auffassung (Hefermehl § 92, 7), die Geschäftsführer verzögerten nicht schuldhaft, wenn sie auf anderem Wege — z. B. durch Verhandlung mit den Gläubigern — den Verlust beseitigen können, paßt nicht für die GmbH wegen der größeren Nähe der Gesellschafter zur Geschäftsführung und der leichteren, nicht unter der hier schädlichen Publizität stehenden Möglichkeit der Unterrichtung der Gesellschafter. Die Pflicht zur unverzüglichen Einberufung entsteht, wenn sich der Verlust aus der 12 Jahresbilanz (§ 41) oder einer Zwischenbilanz ergibt. Letztere ist jede Gegenüberstellung der Aktiven und Passiven, die den Vermögenstand ersehen läßt (Baumbach-Hueck 3 C). § 92 Abs. 1 AktG ordnet die Einberufung außerdem an, wenn der Verlust bei pflichmäßigem Ermessen anzunehmen ist. Ein sachlicher Unterschied zum GmbH-Recht ergibt sich dabei nicht. Denn wenn die Geschäftsführer einen solchen Verlust annehmen, müssen sie alsbald die Zwischenbilanz aufstellen und gegebenenfalls einberufen (ebenso Scholz 8). Ist der Verlust für einen früheren Zeitpunkt festgestellt, inzwischen aber beseitigt, so entfällt die Einberufungspflicht. Sie entfällt auch im Liquidationstadium, wie sich aus der Nichtanführung des Abs. 3 in § 71 Abs. 2 ergibt. Die Hälfte des Stammkapitals ist nicht schon dann verloren, wenn ein Verlust 13 entstanden ist, der ziffernmäßig gleich der Hälfte des Nennkapitals ist, sondern erst dann, wenn der Verlust in dieser Höhe besteht, er also das Vermögen der Gesellschaft auf einen Betrag vermindert, der unter der Hälfte des Stammkapitals liegt. Das ist die sowohl im GmbH- wie im Aktienrecht allgemeine Meinung, BGH BB 1958 1181 (Für die AG), Scholz 7, Baumbach-Hueck 3 C, Scholz-Fischer 3, Buchwald S. 34; zu § 92 AktG: Meyer-Landrut im Großkomm. 3, Mertens im Köln. Komm. 3, Hefermehl 6, Baumbach-Hueck 3, Goerdeler BB 1961 1393. Über die Grundsätze, nach welchen die Bilanz zu erstellen und demnach der Verlust zu errechnen ist, gehen die Meinungen auseinander. Nach BGH aaO ist der Verlust nicht anzeigepflichtig, wenn er noch aus gesetzlichen oder freien, offenen oder stillen Rücklagen unter Zuhilfenahme von weniger als der Hälfte des Nennkapitals gedeckt werden kann. Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, daß die Auflösung stiller Rücklagen nur im Rahmen der für die Aufstellung der Jahresbilanz maßgeblichen Bewertungsgrundsätze (s. die Erl. zu § 42) erfolgen darf (ebenso Meyer-Landrut, Mertens und Goerdeler, abw. Hefermehl, Sudhoff, Zilias in WP-Handbuch 1977 S. 1558). Das ergibt sich einmal aus dem Wortlaut, wonach sich der Verlust aus der Bilanz ergeben muß, die mangels anderer Bestimmung nach allgemeinen Grundsätzen zu erstellen ist. Auch der Zweck der Vorschrift — Unterrichtung der Gesellschafter über in bedenklicher Höhe entstandene Verluste — spricht anders als im Falle (493)
§50
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
des § 64 dagegen, daß die Geschäftsführer stille Reserven in unbeschränkter Höhe auflösen dürfen, um die Anzeigepflicht zu vermeiden. Das gilt auch deswegen, weil es sich dabei um Werte handelt, deren Realisierung bei Fortführung des Geschäfts meistens nicht in Frage kommt. Über die Behandlung von Pensionsverbindlichkeiten s. Zilias aaO.
III. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags Der Gesellschaftsvertrag kann die Anwendung des § 49 in vollem Umfang ausschließen (streitig). Das ergibt sich aus § 45. Unverzichtbare oder unentziehbare Gesellschafterrechte (vgl. § 14, 13 ff.) enthält § 49 nicht. Unverzichtbar ist nur das Minderheitsrecht des § 50 (§ 14, 14 s. die Erl. zu § 50). Das Einberufungsrecht kann den Geschäftsführern also ganz entzogen, die Einberufungspflicht ihnen ganz erlassen werden. Das hindert die Geschäftsführer nicht und entbindet sie nicht von der Pflicht, die Gesellschafter schriftlich oder mündlich über wichtige Ereignisse zu unterrichten und notwendige Beschlüsse vorzuschlagen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Einberufung der Gesellschafterversammlung auch in beliebiger Weise erschweren oder erleichtern. Er kann das Einberufungsrecht anderen Personen als den Geschäftsführern einräumen, neben diesen oder ausschließlich. Er kann bestimmen, daß nur alle Geschäftsführer gemeinsam oder in vertretungsberechtigter Zahl einberufen dürfen. Er kann die Einberufungsfälle in einem Katalog festsetzen oder anordnen, daß nur in bestimmten Fällen eine Versammlung stattfindet, die übrigen Beschlüsse aber schriftlich zu fassen sind (vgl. auch § 48, 26).
§50 Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teile des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung der Versammlung angekündigt werden. Wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu richten wäre, nicht vorhanden, so können die im Absatz 1 bezeichneten Gesellschafter unter Mitteilung des Sachverhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschließt, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Das Recht auf Einberufung, Abs. 1 1. Die berechtigten Gesellschafter 3 2. Angabe des Zwecks und der Gründe 4 3. Die Form des Verlangens 5 4. Pflicht zur Einberufung 6 II. Das Recht auf Ankündigung, Abs. 2 . . . 7
Rdn. III. Das Selbsthilferecht, Abs. 3 8 1. Die Voraussetzung 2. Inhalt und Form der Einberufung . . . 10 3. Das Recht zur Ankündigung 12 4. Einberufung und Ankündigung durch Unbefugte 13 5. Die Kosten der Versammlung 14 IV. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 15 (494)
§50
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
des § 64 dagegen, daß die Geschäftsführer stille Reserven in unbeschränkter Höhe auflösen dürfen, um die Anzeigepflicht zu vermeiden. Das gilt auch deswegen, weil es sich dabei um Werte handelt, deren Realisierung bei Fortführung des Geschäfts meistens nicht in Frage kommt. Über die Behandlung von Pensionsverbindlichkeiten s. Zilias aaO.
III. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags Der Gesellschaftsvertrag kann die Anwendung des § 49 in vollem Umfang ausschließen (streitig). Das ergibt sich aus § 45. Unverzichtbare oder unentziehbare Gesellschafterrechte (vgl. § 14, 13 ff.) enthält § 49 nicht. Unverzichtbar ist nur das Minderheitsrecht des § 50 (§ 14, 14 s. die Erl. zu § 50). Das Einberufungsrecht kann den Geschäftsführern also ganz entzogen, die Einberufungspflicht ihnen ganz erlassen werden. Das hindert die Geschäftsführer nicht und entbindet sie nicht von der Pflicht, die Gesellschafter schriftlich oder mündlich über wichtige Ereignisse zu unterrichten und notwendige Beschlüsse vorzuschlagen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Einberufung der Gesellschafterversammlung auch in beliebiger Weise erschweren oder erleichtern. Er kann das Einberufungsrecht anderen Personen als den Geschäftsführern einräumen, neben diesen oder ausschließlich. Er kann bestimmen, daß nur alle Geschäftsführer gemeinsam oder in vertretungsberechtigter Zahl einberufen dürfen. Er kann die Einberufungsfälle in einem Katalog festsetzen oder anordnen, daß nur in bestimmten Fällen eine Versammlung stattfindet, die übrigen Beschlüsse aber schriftlich zu fassen sind (vgl. auch § 48, 26).
§50 Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teile des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung der Versammlung angekündigt werden. Wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu richten wäre, nicht vorhanden, so können die im Absatz 1 bezeichneten Gesellschafter unter Mitteilung des Sachverhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschließt, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind. Übersicht Rdn. Einleitung 1 Reform 2 I. Das Recht auf Einberufung, Abs. 1 1. Die berechtigten Gesellschafter 3 2. Angabe des Zwecks und der Gründe 4 3. Die Form des Verlangens 5 4. Pflicht zur Einberufung 6 II. Das Recht auf Ankündigung, Abs. 2 . . . 7
Rdn. III. Das Selbsthilferecht, Abs. 3 8 1. Die Voraussetzung 2. Inhalt und Form der Einberufung . . . 10 3. Das Recht zur Ankündigung 12 4. Einberufung und Ankündigung durch Unbefugte 13 5. Die Kosten der Versammlung 14 IV. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 15 (494)
Minderheitsrechte (Schilling)
§50
Schrifttum Kühn Die Minderheitsrechte der GmbH und ihre Reform (1964) 59ff., Scholz Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen und Rechtsicherheit, GmbH-Rdsch. 1952 161, Schopp Einberufung einer Gesellschafterversammlung durch eine Minderheit, GmbHRdsch. 1976 126, Wolany Rechte und Pflichten des Gesellschafters einer GmbH (1964) 222. Einleitung Das in § 50 einer Minderheit von 10% des Stammkapitals verliehene Recht auf Ab- 1 haltung einer Gesellschafterversammlung ist von den vom Gesetz ausdrücklich festgesetzten Minderheitsrechten — neben § 50 nur noch in den §§ 61 und 66 — das wichtigste, s. auch § 14, 14. Mit dem Recht zur Teilnahme an der Gesellschafterversammlung (§ 48, 8ff.), dem Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit und der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (§ 47 Anhang) und der Gesellschafterklage (§ 13, 8, § 45, 21 f.) gibt es dem Minderheitsgesellschafter die Möglichkeit, einen gewissen Einfluß auf das Gesellschaftsleben zu nehmen. Grundlage hierfür ist das Auskunfts- und Einsichtsrecht (§ 45, 23 ff.). Alle diese Rechte sind der G m b H als Personenverband (Allg. Einl. 14ff. und § 13, 5, 6) wesentlich und deshalb unverzichtbar (§ 14, 14), näheres s. Rdn. 15.
Reform § 80 Abs. 1 RegE soll diese personalistische Tendenz noch weiter fördern, indem er 2 das Recht, die Einberufung zu verlangen, jedem Gesellschafter unabhängig von der Größe seines Geschäftsanteils verleiht. Im Widerspruch mit dieser Tendenz will Abs. 3 aber das Selbsthilferecht bei Untätigkeit der Geschäftsführer erschweren und die Einberufung durch die Minderheit in Anlehnung an § 122 AktG von einer gerichtlichen Ermächtigung abhängig machen. Die Kosten der Versammlung trägt die Gesellschaft. Die gesamte Regelung ist zwingend.
I. Das Recht auf Einberufung, Abs. 1 1. Die berechtigten Gesellschafter Das Recht steht Gesellschaftern zu, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens 3 10% des Stammkapitals ausmachen. Das können ein oder mehrere Gesellschafter sein. Die Geschäftsanteile brauchen nicht voll eingezahlt zu sein, da hiervon die Ausübung der Gesellschafterrechte nicht abhängig ist. Im Falle der Veräußerung eines Geschäftsanteils richtet sich die Gesellschaftereigenschaft nach § 16. Sie muß im Zeitpunkt der Stellung des Verlangens vorhanden sein. Spätere Veränderungen schaden nichts. Für die Berechnung der 10% ist das durch Geschäftsanteile belegte Stammkapital maßgeblich, das sich in den Händen der Gesellschafter befindet. Denn nur hierauf ist die Relation der 10%igen Minderheit sinnvoll. Vom Stammkapital sind also abzuziehen die eigenen Anteile der Gesellschaft und ebenso die kaduzierten (s. § 21, 25, anders die h. M.), ferner die nichtig übernommenen, also nicht entstandenen (§ 2, 89) und die durch Einziehung untergegangenen. Dagegen zählen die nach § 27 preisgegebenen Anteile mit, solange der preisgebende Gesellschafter noch die Rechte aus ihnen ausüben kann (s. § 27, 19). (495)
§50
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 2. Angabe des Zwecks und der Gründe
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Das Verlangen muß unter Angabe des Zwecks und der Gründe gestellt werden. Der Zweck der Versammlung ist die Beschlußfassung. Es müssen also die Gegenstände angegeben werden, über die die Gesellschafter beschließen sollen (§ 51, 7, 8). Erforderlich und genügend ist die Angabe der Tagesordnung der einzuberufenden Versammlung, ohne daß dieser Ausdruck verwendet werden muß. Beschlußanträge (§ 48, 11) brauchen nicht gestellt zu werden. Dagegen bedarf es der Angabe von Gründen, d. h. einer Begründung des Verlangens. Die Antragsteller müssen angeben, warum sie eine Beschlußfassung über die von ihnen angegebenen Gegenstände für notwendig halten und warum gerade jetzt. Strenge Anforderungen wird man hier nicht stellen dürfen. Meist ergibt sich der Grund aus dem Beschlußgegenstand. 3. Die Form des Verlangens
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Eine Form schreibt das Gesetz für das Verlangen nicht vor. Es kann also auch mündlich, telefonisch oder telegrafisch gestellt werden. Stellt der Bevollmächtigte eines Gesellschafters das Verlangen, so gilt § 47 Abs. 3 entsprechend, s. dazu § 47, 34ff., insbesondere § 47, 36. Die Vollmacht muß also bei Stellung des Verlangens vorgelegt und dieses kann bei Nichtvorlage zurückgewiesen werden. Beschränkungen des Gesellschaftsvertrags für die Bevollmächtigung gelten auch hier. Adressat des Verlangens ist die Gesellschaft (streitig). Nach § 35 Abs. 2 Satz 3 genügt die Mitteilung an einen Geschäftsführer, auch wenn die Satzung das Einberufungsrecht abweichend vom Gesetz (§ 48, 4) regelt (§ 48, 14). Der empfangende Geschäftsführer muß im letzteren Falle das Verlangen unverzüglich seinen Mitgeschäftsführern mitteilen oder an das zuständige Einberufungsorgan weitergeben. Das Verlangen kann aber auch unmittelbar an dieses gerichtet werden. 4. Pflicht zur Einberufung
6
Die Geschäftsführer sind verpflichtet, dem Einberufungsverlangen stattzugeben. Eine Prüfung, ob es zweckmäßig oder im Interesse der Gesellschaft ist, steht ihnen nicht zu. Sie können es nur zurückweisen, wenn eine der in Rdn. 3—5 genannten Voraussetzungen fehlt, oder, soweit die im Verlangen genannte Beschlußfassung gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Sie können nicht anstelle der Einberufung einer Versammlung das schriftliche Abstimmungsverfahren einleiten (vgl. O L G Stuttgart GmbH-Rdsch. 1974 257, 259/60), es sei denn, daß die Antragsteller dem zustimmen. Es steht auch nicht in ihrem Ermessen, wann und zu welchem Termin sie einberufen. Sie müssen dies viemehr unverzüglich tun. Sie können dabei die gesetzliche (§ 51 Abs. 1 Satz 2) oder satzungsmäßige Einberufungsfrist zwar überschreiten, aber nur in einem angemessenen Rahmen. Sie müssen dem Einberufungsverlangen vollständig entsprechen, also in die Einladung alle verlangten Tagesordnungspunkte aufnehmen. Sie dürfen diese nicht etwa unter Berufung auf § 51 Abs. 4 erst später ankündigen (Rdn. 8). Erzwingbar ist die Einberufung durch die Geschäftsführer nicht. Verletzen diese ihre Pflicht zur Einberufung, so lösen sie — abgesehen von einem etwaigen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft nach § 43 — das Selbsthilferecht der Antragsteller aus, Rdn. 8 ff. II. Das Recht auf Ankündigung, Abs. 2
7
Dem Abs. 2 liegt ein anderer Sachverhalt als dem Abs. 1 zugrunde. Es geht hier um die Erweiterung der Tagesordnung in den Fällen, in denen die Einberufung einer Versammlung bevorsteht oder schon erfolgt oder ein Verlangen nach Abs. 1 mit einer (496)
Minderheitsrechte (Schilling)
§50
bestimmten Tagesordnung schon gestellt ist. In diesen Fällen hat die Minderheit das Recht, zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung angekündigt werden. Sie hat es in gleicher Weise, d.h. unter den gleichen Voraussetzungen wie in Abs. 1, s. dazu Rdn. 3—5. Für die Verpflichtung der Geschäftsführer, die Gegenstände in die von ihnen vorgesehene Tagesordnung aufzunehmen oder, falls die Einberufung schon erfolgt ist, ihr eine Ergänzung nachfolgen zu lassen, gilt das in Rdn. 6 Gesagte. Die Verpflichtung entfällt, wenn das Ankündigungsverlangen so spät gestellt ist, daß die Ankündigungsfrist des § 51 Abs. 4 nicht mehr eingehalten werden kann. Sind sämtliche Gesellschafter in der Versammlung anwesend, so kann auch über nicht angekündigte Beschlußgegenstände abgestimmt werden, § 51 Rdn. 9. III. Das Selbsthilferecht, Abs. 3 1. Die Voraussetzung Wird dem Verlangen nicht entsprochen, so können die Antragsteller selbst einbe- 8 rufen. Dem Verlangen ist nicht entsprochen, wenn die Geschäftsführer nicht unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern einberufen. Ein Beispiel nicht schuldhaften Zögems gibt der von RGZ 92 409 entschiedene Fall. Dagegen lag ein Nichtentsprechen — entgegen der Annahme des Reichsgerichts — vor in dem JW 1931 2980 wiedergegebenen Fall, und zwar aus mehreren Gründen. Einmal wurde nicht unverzüglich einberufen — ohne berechtigten Grund erst 4 Wochen nach Stellung des Verlangens —, sodann nicht mit einer angemessenen Einberufungsfrist — zwischen Einladung und Versammlungstermin lagen über 4 Wochen, ebenfalls ohne daß ein anderer Grund als Verzögerungsabsicht ersichtlich war. Vor allem aber wurde dem Verlangen deshalb nicht im gesetzlichen Sinn entsprochen, weil die Einberufung durch den Geschäftsführer keine Tagesordnung enthielt (Rdn. 6). Darauf, daß § 51 Abs. 2 nur eine Sollvorschrift ist, können sich die Geschäftsführer nicht berufen. Sie gilt für § 50 nicht, weil dessen Zweck nur erfüllt ist, wenn dem Verlangen vollständig entsprochen wird. Der Fall lehrt aber auch, daß die Minderheit gut daran tut, ungeachtet der von ihr einberufenen Versammlung einer zwischenzeitlich erfolgten Einberufung der Geschäftsführer Folge zu leisten. Zwar wird die Rechtmäßigkeit der von ihr einberufenen Versammlung dadurch nicht beseitigt. Aber in der Frage, ob sie befugt einberufen hat (Rdn. 13), liegt — jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung — eine erhebliche Unsicherheit. Das Selbsthilferecht ist auch gegeben, wenn ein Einberufungsberechtigter nicht 9 vorhanden ist. Schwere Erreichbarkeit des einzigen oder aller Geschäftsführer genügt nicht (unklar R G HRR 1935 805), sie kann aber zu einem Nichtentsprechen i.S. der ersten Alternative (Rdn. 8) führen. Ist kein Geschäftsführer vorhanden, so braucht die Minderheit nicht etwa zu warten, bis ein neuer bestellt ist, oder die Notbestellung nach §29 BGB zu veranlassen. Das Selbsthilferecht ist dann ohne weiteres gegeben, auch wenn ein Aufsichtsrat vorhanden ist, weil dessen Einberufungsrecht nur besteht, wenn das Wohl der Gesellschaft die Abhaltung einer Versammlung verlangt (§ 52 i. V.m. § 111 Abs. 4 AktG). Von dieser Voraussetzung ist aber das Minderheitsrecht des § 50 nicht abhängig. Ist das Einberufungsrecht der Geschäftsführer durch die Satzung ausgeschlossen und anderen Personen oder einem anderen Organ übertragen (§ 49, 14), so ist Voraussetzung des Selbsthilferechts, daß diese nicht vorhanden sind. 2. Inhalt und Form der Einberufung Es müssen dieselben Gesellschafter einberufen, die das Verlangen gestellt haben. Es 10 brauchen aber nicht alle zu sein, es genügt die gesetzliche Minderheit von 10% (ebenso (497)
§50
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Scholz 5). Sie können keine anderen Beschlußgegenstände ankündigen, als das Verlangen enthielt. Die Ankündigung muß aber nicht alle ursprünglich verlangten umfassen. Die Angabe der Tagesordnung kann auch der Einberufung nachfolgen. Hier gilt also § 51 Abs. 2, wie dessen Bestimmungen überhaupt anzuwenden sind (Rdn. 11). Ein weiteres gesetzliches Erfordernis der Einberufung ist die Mitteilung des Sachverhältnisses. Die andern Gesellschafter sollen dadurch über das Vorliegen der Voraussetzungen des Selbsthilferechts (Rdn. 8, 9) unterrichtet werden. Soweit diese allen andern Gesellschaftern schon bekannt sind, erübrigt sich eine besondere Mitteilung (RG HRR 1935 805, KG O L G 24 158 Z. 2). 11 Bei der Einberufung sind die Bestimmungen des § 51 zu beachten. Für Ort und Zeit gilt das in § 48, 4—6 Gesagte. Die Gesellschafter sind unter ihrer letzten bekannten Anschrift zu laden. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, sie den Einberufenen auf deren Anfordern mitzuteilen. Geschieht dies nicht, so können sich die Einberufer an die letzteingereichte Gesellschafterliste (§ 40) halten. Eine Verpflichtung zur Benachrichtung anderer Personen besteht nicht. Es empfiehlt sich aber, die Geschäftsführer zu benachrichtigen, da diese wie an jeder Gesellschafterversammlung auch an der von der Minderheit einberufenen teilzunehmen oder sich zur Teilnahme bereitzuhalten verpflichtet sind. Statt eine Versammlung einzuberufen, kann die Minderheit auch eine schriftliche Abstimmung in die Wege leiten (ebenso Scholz 5). Sie läuft aber dann Gefahr, daß diese mangels Zustimmung aller Gesellschafter (§ 48, 18) scheitert. Die Minderheit kann die Einberufung auch zurücknehmen (die Versammlung abbestellen). Die Rücknahme ist aber nur wirksam, wenn sie durch alle Einberufer erfolgt. In der Versammlung hat die Minderheit zwar das Recht, Beschlußanträge zu stellen und sie zu begründen, sie hat aber keinen Anspruch darauf, daß über sie abgestimmt wird. 3. Das Recht zur Ankündigung 12
Das in Rdn. 8—11 über die Einberufung Ausgeführte gilt entsprechend auch für das Selbsthilferecht zur Ankündigung. Wird einem ordnungsgemäß gestellten Ankündigungsverlangen (Rdn. 7) nicht entsprochen, so löst dies das Selbsthilferecht aus. Von der Geschäftsführung muß hier im Hinblick auf die Ausschlußfrist des § 51 Abs. 4 eine besondere Beschleunigung verlangt werden. Wird z. B. am 1. eines Monats auf den 10. einberufen und am 3. ein Ankündigungsverlangen gestellt, dem am 5. noch nicht entsprochen ist, so kann die Minderheit selbst ankündigen, um die 3 Tage-Frist einzuhalten. 4. Einberufung und Ankündigung durch Unbefugte
13
Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen eine Einberufung durch Unbefugte vorliegt mit der Folge, daß die in der Versammlung gefaßten Beschlüsse nichtig sind, es sei denn, daß sämtliche Gesellschafter anwesend sind (§51 Abs. 3, entsprechend § 241 Nr. 1 i.V.m. § 121 Abs. 2 AktG, s. § 47 Anhang). Unbefugt ist, wem weder Gesetz noch Satzung die Befugnis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung gibt, BGHZ 11 231 (237) = NJW 1954 385 m. Anm. v. Scholz = GmbH-Rdsch. 1954 28 m. Anm. v. Schneider und Vogel. Die Befugnis fehlt, wenn die Einberufer bei Stellung des Verlangens (a.M. Schopp 129) oder bei der Einberufung (h.M. gegen Scholz 7, GmbHRdsch. 1952 162, NJW 1954 385, der nur Anfechtbarkeit annimmt) nicht 10% des Stammkapitals besaßen (Rdn. 3). Sie fehlt ferner, wenn die Einberufer nicht vorher ein ordnungsmäßiges Verlangen nach Abs. 1 (Rdn. 3 - 5 ) gestellt hatten, denn ohne ein solches geht die Befugnis nicht auf sie über (ebenso Vogel GmbH-Rdsch. 1954 30, Feine (498)
Minderheitsrechte (Schilling)
§50
S. 544). Unbefugt sind die Einberufer schließlich, wenn sie sich nicht den andern Gesellschaftern gegenüber durch Mitteilung des Sachverhältnisses bei der Einberufung als Einberufungsberechtigte legitimieren (Rdn. 10, a.M. Schopp S. 129), es sei denn, dieses ist allen Gesellschaftern bekannt. Denn die Gesellschafter müssen prüfen können, ob die Voraussetzungen des Selbsthilferechts und damit die Rechtmäßigkeit der Einberufung gegeben sind. Alle anderen Verstöße gegen § 50 Abs. 2 und 3 oder gegen Satzungsbestimmungen hierzu (Rdn. 14) führen nur zur Anfechtbarkeit. 5. Die Kosten der Versammlung Nach Abs. 3 Satz 2 beschließt die Versammlung, ob die entstandenen Kosten von 14 der Gesellschaft zu tragen sind. Um welche Kosten es sich handelt, sagt das Gesetz nicht. Es können aber nur die Kosten gemeint sein, die bei einer Einberufung durch die Geschäftsführer der Gesellschaft, hier aber den Einberufenen entstehen, wie Beurkundungskosten oder Miete eines Versammlungslokals, nicht also die persönlichen Kosten (Reisekosten) der Gesellschafter (ebenso bei § 122 Abs. 4 AktG). Bei der Beschlußfassung haben die Einberufer das Stimmrecht, obwohl über ein Rechtsgeschäft mit ihnen abgestimmt wird, nämlich Ersatz der ihnen entstandenen Kosten durch die Gesellschaft, da es sich um eine Angelegenheit des innergesellschaftlichen Lebens handelt (§ 47, 48). Auch liegt ein Fall des § 315 BGB vor, nicht der §§ 317-319, wie Scholz 8 und Wolany S. 223 annehmen. Die Gesellschaft, handelnd durch die Gesellschafterversammlung, ist gegenüber den Einberufern nicht Dritte, sondern Vertragschließende. Der Beschluß untersteht daher dem Gebot des billigen Ermessens. Verletzt er dieses, so ist er unverbindlich, ohne daß er angefochten werden muß. Die Einberufer können dann die Gesellschaft gemäß § 315 Abs. 3 BGB auf Kostenersatz verklagen.
IV. Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags Der Gesellschaftsvertrag kann das Minderheitsrecht verbessern. Er kann es jedem 15 Gesellschafter geben oder den Mindestbetrag von 10% herabsetzen. Er kann auch jedem Gesellschafter ein unmittelbares Einberufungs- und Ankündigungsrecht verleihen. Darüber, ob der Gesellschaftsvertrag die Bestimmungen des § 50 auch zu Ungunsten der Minderheit ändern kann, gehen die Meinungen auseinander. Es werden drei Ansichten vertreten: Die Vorschrift des § 50 sei gemäß § 45 jederzeit abdingbar, es könne also auch durch nachträgliche Satzungsänderung das Minderheitsrecht verkürzt und auch gänzlich beseitigt werden (RGZ 68 210, RG JW 1933 2905, Kühn S. 60 und GmbH-Rdsch. 1965 133). Eine zweite Gruppe hält das Minderheitsrecht für im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag verzichtbar, eine Verkürzung durch Satzungsänderung bei Einstimmigkeit zulässig (OLG Stuttgart GmbH-Rdsch. 1974 257, 260, Voraufl. 17, Scholz 9, Ruth JW 1933 2904). Nach der dritten hier vertretenen Ansicht ist das Minderheitsrecht schlechthin unverzichtbar, kann also weder im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag noch durch spätere Satzungsänderung, auch nicht mit Zustimmung aller Gesellschafter eingeschränkt werden (§ 14, 14, Feine S. 514, Baumbach-Hueck 1 B, Scholz-Fischer 2). Für die Richtigkeit dieser Ansicht sprechen die in § 14, 14 und oben 1 vorgetragenen Gründe.
(499)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
§51
§51 Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. Ist die Versammlung nicht ordnungsmäßig berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind. Das gleiche gilt in bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind.
Übersicht Rdn. Einleitung
1
Reform
2
I. Form und Frist der Einberufung 1. Die Form der Einberufung, Abs. 1 Satz 1
3
2. Die Einberufungsfrist, Abs. 1 Satz 2
6
II. Die Ankündigung der Tagesordnung 1. Form und Frist
7
Rdn. 2. Inhalt der Ankündigung
8
III. Die Vollversammlung
9
IV. Rechtsfolgen einer Verletzung 1. Nichtigkeitsgründe 2. Anfechtungsgründe
10 11
V. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags ' 12
Schrifttum Beckmann Unmöglichkeit der Ladung eines GmbH-Gesellschafters zur Gesellschafterversammlung, DNotZ 1971 132; Schmitz Der unerreichbare GmbH-Gesellschafter, GmbH-Rdsch. 1971 226.
Einleitung 1
§ 51 enthält die Bestimmungen über Form und Frist der Einberufung der Gesellschafterversammlung und der Ankündigung der Tagesordnung. Von ihrer Beachtung hängt es ab, ob rechtswirksame Gesellschafterbeschlüsse gefaßt werden können (Rdn. 10f.), es sei denn, daß eine Vollversammlung abgehalten wird (Abs. 3, Rdn. 9). Sind die Bestimmungen eingehalten, so werden dadurch andrerseits diejenigen Gesellschafter von der gemeinschaftlichen Willensbildung ausgeschlossen, die der Versammlung fernbleiben. Denn das Gesetz verlangt in allen Fällen (§§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 usw.) nur die einfache oder 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Kein Gesellschafter kann also durch sein Fernbleiben die Beschlußfassung verhindern.
Reform 2
§ 81 RegE will in Abs. 2 die Einberufungsfrist auf zwei Wochen und in Abs. 3 die Ankündigungsfrist auf eine Woche verlängern. (500)
Form der Einberufung (Schilling)
§51
I. Form und Frist der Einberufung 1. Die Form der Einberufung, Abs. 1 Satz 1 Wer einberufen kann, bestimmen die §§ 49, 50, s. die Erl. hierzu, insbesondere 3 § 49, 4ff., § 50, 3. Die Einladung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen. Damit ist Schriftform vorgeschrieben und die Unterschrift des Einladenden nach § 126 Abs. 1 BGB erforderlich, ebenso Scholz 3. Die Meinung der Voraufl. Anm. 1, von RG-Recht 1909 1713 und Baumbach-Hueck 2, wonach der Firmenstempel ohne Unterschrift genüge, ist durch das Gesetz nicht gedeckt. Die handschriftliche Zeichnung der Firma durch den Geschäftsführer ohne Beifügung seiner Namensunterschrift genügt (s. die Erl. zu § 35 Abs. 3). Die Einberufung durch die Minderheit gemäß § 50 Abs. 3 muß von allen Einberufern (§ 50, 10) unterschrieben sein. Die Einladung muß an alle Gesellschafter, bei gesetzlicher Vertretung zu Händen 4 der Vertreter ergehen. Gesellschafter sind die Gründer, bei Wechsel die nach § 16 Angemeldeten. Anstelle des Gesellschafters ist dessen Bevollmächtigter einzuladen, wenn der Gesellschafter die Bevollmächtigung für die fragliche Versammlung der Gesellschaft angezeigt hat (Scholz 4). Im Falle der Übertragung des Stimmrechts (§ 14, 31 ff.) ist der Berechtigte einzuladen, es sei denn, daß es sich um eine Beschlußfassung handelt, die den Kernbereich der Mitgliedschaft (§ 14, 33) betrifft. Die Einladung ist grundsätzlich an die vom Gesellschafter angegebene Anschrift zu richten. Kennt die Gesellschaft zuverlässig eine andere, so ist diese maßgeblich. In Zweifelsfällen empfiehlt sich, an beide zu schreiben. Ist der Aufenthalt eines Gesellschafters unbekannt, so darf die Einladung nicht etwa unterbleiben. Das hätte die Nichtigkeit der gefaßten Beschlüsse zur Folge (Rdn. 10). Vielmehr muß die Gesellschaft für die Bestellung eines Abwesenheits- oder Nachlaßpflegers (§§ 1911, 1960 BGB) sorgen, im einzelnen s. Beckmann und Schmitz. Nur wenn dies aus besonderen Gründen nicht möglich ist, kommt eine öffentliche Zustellung nach § 132 Abs. 2 BGB in Betracht, äußerstenfalls auch die Ausschließung (§ 34 Anh. 7, Beckmann 139, Schmitz 229). Notwendiger Inhalt der Einberufung ist die Angabe der Gesellschaft, der Zeit und 5 des Orts der Versammlung (s. § 48, 4ff.). Zur Zeitangabe gehört regelmäßig auch die Tageszeit (vgl. KG NJW 1965 2157 Z. 2 c). Mit der Einberufung soll auch der Zweck der Versammlung angekündigt (Abs. 2), d. h. die Tagesordnung mitgeteilt werden. Das kann aber auch gesondert und innerhalb einer kürzeren Frist geschehen, s. Rdn. 7, 8. 2. Die Einberufungsfrist, Abs. 1 Satz 2 Die Berufung ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Für die 6 Berechnung der Frist gelten die §§ 187 Abs. 1, 188, 193 BGB. Die Frist läuft also an demselben Wochentag ab, an dem die Einladung in der vorhergehenden Woche bewirkt worden ist. War dies ein Sonnabend, Sonntag, oder ein am Erklärungsort (Sitz der Gesellschaft) staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag, so tritt an dessen Stelle der nächste Werktag (a.M. Baumbach-Hueck 3). — Was bedeutet im Satz 2 der Ausdruck „zu bewirken"? Unstreitig ist heute, daß es auf den Zugang bei den Gesellschaftern nicht ankommt (RGZ 60 144). Beginnt aber die Frist schon mit der Aufgabe zur Post (so RG aaO, KG NJW 1965 2157 Z. 2 a, Voraufl. 4) oder erst mit dem Tag, an dem bei ordnungsgemäßer Bestellung die Einladung dem letzten Gesellschafter zugegangen wäre (so Baumbach-Hueck 3)? Zu letzterem Ergebnis kommt auch Scholz 5, wenn er vom Einberufer eine entsprechende Verlängerung der Frist verlangt. Den Gedanken von Hueck und Scholz ist zu folgen. Zwar wird man nach Sinn und Zweck der Vorschrift (richtig RGZ 60 144) und auch nach ihrem Sprachsinn (bewirken i.S. von das seinerseits (501)
§51
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Erforderliche tun) dabei bleiben müssen, daß ein Zugehen der Einladung i.S. des § 130 B G B nicht erforderlich ist. Aber die einwöchige Frist, von der Aufgabe zur Post an gerechnet, ist für viele Verhältnisse zu kurz, um jedem Gesellschafter die Teilnahme in zumutbarer Weise zu ermöglichen. Die Berufung ist demgemäß mit dem Tag bewirkt, an dem sie bei ordnungsgemäßer Bestellung allen Gesellschaftern zugegangen sein kann. An diesem Tag beginnt die Wochenfrist. Mit andern Worten: Zwischen diesem Tag (bzw. dem nächsten Werktag) und dem Tag der Versammlung muß eine volle Woche liegen, wobei der Tag der Bewirkung und der Tag der Versammlung nicht mitgerechnet werden. Es ist Sache der Geschäftsführung, die zur Wochenfrist hinzuzurechnende Frist („Bewirkungsfrist") durch Benutzung der Luftpost oder Eilzustellung möglichst kurz zu halten.
II. Die Ankündigung der Tagesordnung 1. Form und Frist, Abs. 2 und 4 7
Nach Abs. 2 soll der Zweck der Versammlung jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. Aus dem Wortlaut (soll) in Verbindung mit den Bestimmungen des Abs. 3 und 4 ergibt sich, daß dies nicht zwingend ist. Vielmehr kann die Ankündigung fristgerecht auch noch drei Tage vor der Versammlung erfolgen. Sie hat in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise zu geschehen. Das gilt für die Form wie für die Frist. Was daher in Rdn. 3, 4 über die Form der Einberufung und in Rdn. 6 über die Berechnung der Frist ausgeführt wurde, gilt auch für die Ankündigung. Insbesondere beginnt die Dreitage-Frist erst mit dem Tag, an dem sie bei ordnungsgemäßer Bestellung dem einzelnen Gesellschafter zugegangen sein kann. Die Notwendigkeit dieser zusätzlichen „Bewirkungsfrist" wird bei der Ankündigung durch die Kürze der gesetzlichen Dreitage-Frist besonders unterstrichen. 2. Inhalt der Ankündigung
8
Der Zweck der Versammlung (Abs. 2) muß angegeben werden, das ist nach Abs. 4 die Angabe der Gegenstände, über die Beschluß gefaßt werden soll, also die Tagesordnung. Sie muß so deutlich sein, daß sie erkennen läßt, worüber verhandelt und Beschluß gefaßt werden soll (RG JW 1908 674, RGZ 86 21, 22; BGH WM 1960 859 = LM § 40 GenG Nr. 1, GmbH-Rdsch. 1962 28 = LM § 51 Nr. 3; Scholz 6, BaumbachHueck 4 A, Scholz-Fischer 2). Einen Vorschlag zur Beschlußfassung, wie dies § 124 Abs. 3 AktG vorschreibt, braucht die Ankündigung nicht zu enthalten. Aber der Beschlußgegenstand muß konkretisiert sein. „Genehmigung der Geschäftsführung" genügt nicht, wenn über die Zustimmung zu einer bestimmten Geschäftsführungsmaßnahme beschlossen werden soll (RGZ 89 367, 378). Ebensowenig ist „Änderung der Geschäftsführung" genügend, wenn die Abberufung eines Geschäftsführers zur Beschlußfassung ansteht (BGH GmbH-Rdsch. 1962 28 = LM § 51 Nr. 3). Hier muß der Name des Geschäftsführers genannt werden, dagegen ist die Angabe des Abberufungsgrundes nicht erforderlich. Das kann bei der mündlichen Begründung des Beschlußantrags in der Versammlung geschehen. Bei Satzungsänderungen ist deren wesentlicher Inhalt anzugeben (Baumbach-Hueck 4 A, vgl. § 145 Abs. 2 AktG 1937). Unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes" können keine Beschlüsse gefaßt werden. Zulässig ist immer, über ein minus zu beschließen. Ist die „Bewilligung eines Kredits von 100.000 D M " oder eine „Kapitalerhöhung um 100.000 D M " angekündigt worden, so ist jeder unter diesem Betrag bleibende Beschluß gedeckt. Unter dem Tagesordnungspunkt (502)
Form der Einberufung (Schilling)
§51
„Gewinnverteilung" kann auch über eine anderweitige Gewinnverwendung beschlossen werden, sofern diese überhaupt zulässig ist (vgl. § 29, 42ff.). III. Die Vollversammlung, Abs. 3 Sind sämtliche Gesellschafter anwesend, so können Beschlüsse trotz mangelhafter 9 oder fehlender Einberufung und Ankündigung rechtswirksam gefaßt werden. Sämtliche teilnahmeberechtigten Gesellschafter § 48, 8) müssen anwesend oder vertreten sein, auch die nicht stimmberechtigten; Bevollmächtigte, wenn sie für diese oder alle Versammlungen eine Vollmacht haben (S. § 47, 34ff); die nach § 14, 31 ff. Berechtigten unter der Rdn. 4 genannten Voraussetzung. Anwesenheit setzt Einverständnis mit der Abhaltung einer Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlußfassung voraus (OLG 42, 223). Dieses muß nicht ausdrücklich erklärt werden, Teilnahme an der Abstimmung genügt, auch wenn gegen die Beschlußanträge gestimmt wird. Widerspricht ein Gesellschafter der Abhaltung der Versammlung oder der Beschlußfassung, so ist er nicht anwesend i.S. des Abs. 3 (RGZ 92 409, 411; B G H GmbH-Rdsch- 1962 28, Scholz 10, Baumbach-Hueck 5), auch wenn er vorsorglich gegen die Beschlußanträge stimmt. Stimmt er allerdings für einen Antrag, so wird sein Widerspruch hinfällig. Hat ein Gesellschafter von vornherein auf seine Teilnahme verzichtet und ist deshalb nicht anwesend, so steht dies der Annahme einer Vollversammlung nicht entgegen (RG JW 1934 976 Leitsatz 1, die Begründung ist nicht abgedruckt und findet sich auch nicht in R G Z 142 286), ebenso Baumbach-Hueck 5. Einer Vollversammlung ist der Fall gleichzusetzen, daß ein Gesellschafter von allen anderen Gesellschaftern Stimmrechtsvollmacht hat (§ 48, 12). Er kann jederzeit Beschlüsse fassen. Er ist dann wie ein Einmann zu behandeln, so daß die in § 13 Anh. I 32 aufgestellten Regeln anzuwenden sind. Bei einer G m b H & Co KG, bei der alle Gesellschafter der GmbH auch Kommanditisten sind, ist die Gesellschafterversammlung der KG, in der alle GmbH-Gesellschafter anwesend sind, als Vollversammlung anzusehen, in der Beschlüsse für die G m b H gefaßt werden können (BGH NJW 1976 1538).
IV. Rechtsfolgen einer Verletzung 1. Nichtigkeitsgründe Über Nichtigkeitsgründe s. § 47 Anh. Nach dem entsprechend anwendbaren 10 § 241 Nr. 1 AktG sind Gesellschafterbeschlüsse nichtig, die in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Versammlung gefaßt werden (s. dazu auch § 49, 5, 6, 8, § 50, 13). Das ist der Fall, wenn nicht alle Gesellschafter eingeladen worden sind (BGHZ 36 207, 211), s. Rdn. 4, 9. Die Einladung ist ferner nicht ordnungsgemäß, wenn sie nicht schriftlich oder zwar schriftlich, aber nicht unterschrieben ist (Rdn. 3) oder nicht den Ort oder die Zeit der Versammlung angibt (Rdn. 5). Die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern genügt nicht (abw. K G JW 1936 334, NJW 1965 2157 Z. 2 b), es sei denn, daß diese im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich für Einladungen zur Gesellschaftsversammlung vorgesehen oder zugelassen ist (s. Rdn. 12). Alle Mängel werden durch die Vollversammlung geheilt (Rdn. 9). 2. Anfechtungsgründe Jeder andere Verstoß gegen Gesetz oder Satzung bei der Einberufung oder An- 11 kündigung kann nur einen Anfechtungsgrund geben, sofern die übrigen Voraussetzt»)
§51
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
zungen hierfür vorliegen (s. Anh. zu § 47). Anfechtungsgrund kann sein, daß die Einladung nicht durch Einschreiben, sondern mit gewöhnlichem Brief versandt wurde, daß die Frist für Einberufung oder Ankündigung nicht eingehalten wurde (Rdn. 6, 7), daß die Ankündigung fehlt oder mangelhaft ist (Rdn. 8, R G Z 89 381, K G O L G R 14 352 für die AG). Alle Mängel werden durch die Vollversammlung geheilt (Rdn. 9). V. Abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 12
Nach § 45 ist auch § 51 nachgiebiges Recht, soweit Gesellschafterrechte überhaupt abbedungen werden können, vgl. § 14, 14, 15. Unverzichtbar ist das Teilnahmerecht. Die Satzung kann also nicht bestimmen, daß die Einladung nicht an alle Gesellschafter zu ergehen braucht oder daß eine „Vollversammlung" (Rdn. 9) auch abgehalten werden kann, wenn nicht alle Gesellschafter anwesend sind. Im übrigen kann die Satzung von § 51 abweichen, insbesondere was Form und Frist der Einberufung und der Ankündigung betrifft. Eine allgemeine Bestimmung der Satzung über die Art der Bekanntmachungen der Gesellschaft (vgl. § 3, 40), etwa daß sie im Bundesanzeiger erfolgen, erfaßt angesichts der besonderen Regelung in § 51 nicht auch die Einberufung einer Gesellschafterversammlung (KG JW 1936 334, Baumbach-Hueck 1 A). Die Satzung kann auch strengere Bestimmungen aufstellen, z. B. den Zugang der Einladung verlangen, längere Fristen bestimmen, die Aufnahme der Tagesordnung in der Einladung vorschreiben.
(504)
Aufsichtsrat (Schilling)
§52
§52 Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bestellen, so sind § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, § 95 Satz 1, § 100 Abs. 1 und 2 Nr. 2, § 101 Abs. 1 Satz 1, § 103 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 105, 110 bis 114, 116 des Aktiengesetzes in Verbindung mit § 93 Abs. 1 und 2 des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes bestimmt ist. 'Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister bestellt, gelten § 37 Abs. 3 Nr. 3, § 40 Abs. 1 Nr. 4 des Aktiengesetzes entsprechend. Jede spätere Bestellung sowie jeden Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern haben die Geschäftsführer unverzüglich durch den Bundesanzeiger und die im Gesellschaftsvertrag für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten anderen öffentlichen Blätter bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen. Schadenersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsrats wegen Verletzung ihrer Obliegenheiten verjähren in 5 Jahren. Ubersicht Rdn. Schrifttum s. vor Rdn. 5, 14, 45, 53, 68, 90, 102, 122 Einleitung
1
Reform
4
Allgemeiner Teil I. Das anzuwendende Aktienrecht und die Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH 1. Der fakultative Aufsichtsrat des §52 a) Erschöpfende Aufzählung . . . . b) Entsprechende Anwendung . . . c) Verhältnis zu den anderen O r ganen d) Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags 2. Der obligatorische Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Das anzuwendende Aktienrecht b) Bestimmungen des Gesellschafts Vertrags 3. Der obligatorische Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Das anzuwendende Recht . . . . b) Bestimmungen des Gesellschafts Vertrags
5 6 7 8
9 10
11 13
II. Die Anwendungsfälle 1. Der fakultative Aufsichtsrat der GmbH 14 2. Beirat — Verwaltungsrat — Gesellschafterausschuß 16 (505)
Rdn. 3. Der fakultative Aufsichtsrat der G m b H & Co KG 18 4. Der obligatorische Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Voraussetzung 19 b) Konzernverhältnisse 20 c) G m b H & C o KG 21 d) Beirat 22 5. Der obligatorische Aufsichtsrat der G m b H nach dem MitbestG a) Voraussetzung 24 b) Konzern, § 5 25 c) Beirat 30 6. Der Aufsichtsrat der mitbestimmten G m b H & C o KG, § 4 a) Voraussetzungen, Abs. 1 Satz 1 31 b) Sitz im Inland 35 c) Die mehrstöckige G m b H & C o KG, Abs. 1 S. 2 und 3 36 d) Geschäftsführung, Abs. 2 .... 37 e) Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung 40 f) Die G m b H & Co K G als herrschendes Unternehmen eines Konzerns, § 5 41 7. Sonstige Fälle des obligatorischen Aufsichtsrats 44 III. Der erste (mitbestimmte) Aufsichtsrat — Registervorschriften, § 52 Abs. 2 1. Der erste fakultative Aufsichtsrat a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft 45
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Rdn. b) Bestellung nach der Eintragung 46 c) Abs. 2 ist zwingend 47 2. Der erste Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft 48 b) Bestellung nach der Eintragung 49 3. Der erste Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft 50 b) Bestellung nach der Eintragung 51 4. Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern 52 Besonderer Teil I. Berichterstattung, § 90 AktG 1. Geltungsumfang 53 2. Initiative Berichtspflicht der Geschäftsführer 55 3. Umfang der Berichtspflicht 56 4. Rechte der Gesellschafter 57 5. Berichterstattung auf Verlangen 58 59 6. Form der Berichterstattung II. Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Aufsichtsrats, §§ 9 5 - 9 9 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Zahl 60 b) Zusammensetzung 61 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Zahl 62 b) Zusammensetzung 63 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Zahl 66 b) Zusammensetzung 67 III. Persönliche Voraussetzungen, § 100 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Beschränkungen der Wählbarkeit 68 b) Folgen eines Verstoßes 69 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Gesetzliche Beschränkungen für alle Mitglieder 70 b) Persönliche Voraussetzungen für Arbeitnehmervertreter . . . . 71 c) Für Anteilseignervertreter 72 d) Folgen eines Verstoßes 73
3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG
Rdn. 74
IV. Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder, §§ 101, 104-106 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Wahlorgan — Entsendungsrecht b) Stellvertreter und Ersatzmitglieder c) Unwirksamkeit der Bestellung d) Unvereinbarkeit, § 105 AktG
76 77 78
2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Wahlorgan — Entsendungsrecht b) Unwirksamkeit der Bestellung c) §§ 104, 105, 106 AktG
79 80 81
3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Wahlorgan Entsendungsrecht b) Unwirksamkeit der Bestellung c) §§ 104, 105, 106 AktG
82 83 84
75
V. Amtszeit und Abberufung, §§ 102, 103 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Amtszeit b) Abberufung 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Amtszeit b) Abberufung 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG
90
VI. Innere Ordnung des Aufsichtsrats, § 107 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Vorsitz b) Ausschüsse c) Geschäftsordnung
91 92 93
2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Vorsitz b) Niederschrift c) Ausschüsse d) Geschäftsordnung 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Vorsitz b) Niederschrift c) Ausschüsse d) Geschäftsordnung (506)
85 86 88 89
94 95 96 97
98 99 100 101
Aufsichtsrat (Schilling) Rdn. VII. Beschlußfassung des Aufsichtsrats, § 108 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Beschlußfassung 102 b) Beschlußfähigkeit 103 c) Schriftliche und gemischte Abstimmung 104 d) Fehlerhafte Beschlüsse 105 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Beschlußfassung 106 b) Beschlußfähigkeit 107 c) Der Stimmbote 108 d) Abstimmung ohne Sitzung — gemischte Abstimmung 109 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Beschlußfassung 110 b) Beschlußfähigkeit 113 c) Stimmbote — Abstimmung ohne Sitzung 114 VIII. Die Aufsichtsratsitzung, §§ 109, 110 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Teilnahme b) Einberufung c) Unterbrechung — Vertagung 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Teilnahme b) Einberufung 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG IX. Die Aufgaben des Aufsichtsrats, §§ 111, 112 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Überwachung der Geschäftsführung b) Gesellschafterversammlung . . c) Maßnahmen der Geschäftsführung
115 116 118 119 120 121
122 125 126 126
§52
Rdn. d) Vertretungsbefugnis 127 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Überwachung der Geschäftsführung 128 b) Gesellschafterversammlung . . 129 c) Maßnahmen der Geschäftsführung 130 d) Vertretungsbefugnis 131 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG 132 X. Das Rechtsverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder zur Gesellschaft, §§ 113-115 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Rechtsnatur b) Entsandte Mitglieder c) Vergütung d) Sonderverträge und Sondervergütungen e) Kreditgewährung f) Amtsniederlegung 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG XI. Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder, §§116, 93 AktG 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Sorgfaltspflicht b) Verschwiegenheitspflicht . . . . c) Verantwortlichkeit d) Geltendmachung des Ersatzanspruchs e) Verjährung 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG
133 134 135 137 138 139 142 143
144 145 146 147 148 149 152
Einleitung § 52 A b s . 1 hat seine jetzige Fassung durch § 32 E G A k t G 1965 erhalten. Er zählt die auf den fakultativen Aufsichtsrat der G m b H anwendbaren Vorschriften des A k t G auf. D a m i t werden Unklarheiten beseitigt, die sich aus dem früheren Text ergeben ( R d n . 5). Dieser verwies ursprünglich auf aktienrechtliche Vorschriften des H G B (§ 243 A b s . 1, 2, 4; §§ 244—248 und 249 A b s . 1, 2). A n deren Stelle traten die „entsprechenden Vorschriften des Aktiengesetzes" von 1937 ( E G § 18 A b s . 2), ohne daß diese Vorschriften einzeln aufgeführt wurden. A b s . 2 wurde durch A n . 3 N r . 4 b des G e s e t z e s zur D u r c h f ü h r u n g der Ersten EWG-Richtlinie vom 15. 8. 1969 eingefügt (s. (507)
1
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Allg. Einl. Rdn. 7), wodurch der frühere Abs. 2 Abs. 3 wurde. Durch Art. 3 Nr. 4 a wurde die Verweisung in § 52 Abs. 1 auf § 106 AktG gestrichen. 2 Das GmbH-Gesetz schreibt den Aufsichtsrat — anders als das Aktienrecht — nicht als notwendiges Organ vor. Es stellt der Satzung frei, einen solchen einzurichten. Für diesen fakultativen Aufsichtsrat verweist der Abs. 1 auf die dort aufgeführten Vorschriften des Aktiengesetzes, und auch nur, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Daneben gibt es eine Reihe von Fällen, in denen der Aufsichtsrat auch für die GmbH obligatorisch ist. Sie sind außerhalb des GmbH-Gesetzes geregelt; im einzelnen s. Rdn. 19, 24, 31, 44. Die für die GmbH einschlägigen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 (BetrVG) und des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. 5. 1976 (MitbestG) sind im Anhang wiedergegeben. 3 Sowohl § 52 als auch die Vorschriften über einen obligatorischen Aufsichtsrat sehen von einer eigenständigen Regelung des GmbH-Aufsichtsrats ab, sie verweisen vielmehr auf Bestimmungen des AktG. Das macht es zweckmäßig, die Erläuterungen in einen allgemeinen und einen besonderen Teil zu gliedern. In diesem werden die anwendbaren Vorschriften des AktG einzeln erläutert, in jenem allgemeine Fragen der Anwendung erörtert (I und II). Daran anschließend wird Abs. 2 erläutert (III). In beiden Teilen werden jeweils — und zwar im besonderen Teil bei jeder Bestimmung das AktG — die drei Hauptanwendungsfälle gesondert behandelt, nämlich der fakultative Aufsichtsrat nach § 52 und der obligatorische nach dem BetrVG und nach dem MitbestG. Von einer Einbeziehung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Ergänzungsgesetzes hierzu wird im Hinblick auf die geringe Zahl der hierunter fallenden GmbH abgesehen. Reform 4
Schrifttum s. Allg. Einl. vor Rdn. 57. Der RegE will in den §§ 91-125 den fakultativen Aufsichtsrat selbst regeln und folgt dabei seiner allgemeinen Tendenz einer starken Anlehnung an das Aktienrecht. Die z. T. zwingende Regelung erschwert allerdings die bei größeren Gesellschaften an sich begrüßenswerte Bildung eines besonderen Uberwachungsorgans und beachtet insoweit auch nicht den Unterschied zwischen A G und GmbH (Allg. Einl. Rdn. 22 ff.). Beim obligatorischen Aufsichtsrat könnte wohl das geltende System der Bezugnahme auf die aktienrechtlichen Vorschriften beibehalten werden. Im ganzen ist die Regelung mit 35 Paragraphen zu ausführlich geraten. Sie nimmt mehr als die Hälfte der Vorschriften des Entwurfs über die Verfassung der Gesellschaft ein, was der Bedeutung des Aufsichtsrats gegenüber den anderen Organen nicht entspricht. Allgemeiner Teil I. Das anzuwendende Aktienrecht und die Stellung des Aufsichtsrats in der GmbH Schrifttum Ballerstedt Der Aufsichtsrat der GmbH nach dem BetrVG, GmbH-Rdsch. 1952 177; Dietz Der obligatorische Aufsichtsrat einer GmbH, Festschr. f. Hch. Lehmann (1956) II 693; Dietz-Richardi Komm. z. BetrVG 5. Aufl. (1973); Duden Zur Mitbestimmung in Konzernverhältnissen, ZHR 141 1977 145; Ebenroth wie in § 45 vor Rdn. 21; Eder Oberwachungsrechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der GmbH, GmbH-Rdsch. 1962 130; ders. in Eder-Berg-Tillmann-Gaul Handbuch der GmbH 7. Aufl. (1977) I 479; Fitting-Auffarth-Kaiser Komm. z. BetrVG 11. Aufl. (1974); (508)
Aufsichtsrat (Schilling)
§52
Fitting-Wlotzke-Wißmann Komm. z. MitbestG (1976); Gemeinschaftskommentar zum MitbestG, hrsgg. von Fabricius (GK-MitbestG); Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff Komm. z. AktG; Ulrich Greiffenhagen Die G m b H und ihr obligatorischer Aufsichtsrat im Spannungsfeld betriebsverfassungs- und gesellschaftsrechtlicher Gesetzgebung nach der Aktienrechtsreform 1965, Diss. Köln 1967; Hensche Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder, Das Mitbestimmungsgespräch 1971 67, 97, 111; Hoffmann-Neumann Die Mitbestimmung bei G m b H und G m b H & Co KG nach dem MitbestG 1976 Teil I und II, GmbH-Rdsch. 1976 149, 183, 1978 56; Hommelhoff Unternehmensführung in der mitbestimmten G m b H , ZGR 1978 119; A. Hueck Die Vertretung von Kapitalgesellschaften im Prozeß, Festschr. f. Ed. Bötticher (1969) 197, 209; Isele Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht von GmbH-Geschäftsführern über die Umsätze der Gesellschaft gegenüber den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, RdA 1968 458; Michael Lehmann Die ergänzende Anwendung von Aktienrecht auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, H . 23 d. Schriftenr. Recht der Handelsgesellschaften Köln 1970; Lutter Mitbestimmung im Konzern (1975); Martens Allgemeine Grundsätze zur Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes, A G 1976 113; ders. Mitbestimmung, Konzernbildung und Gesellschaftereinfluß, Z H R 138 1974 179; Meilicke-Meilicke Komm. z. MitbestG (1976); Mertens Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, Z G R 1977 270; Möhring Die Kontrollrechte der Gesellschafter, Geld, Kapital und Kredit, Festschr. f. H . Rittershausen (1968) 357 (365); Overlack Der Einfluß der Gesellschafter auf die Geschäftsführung in der mitbestimmten G m b H , Z H R 141 1977 125; Th. Raiser Komm. z. MitbestG (1977); Hermann-Josef Robeis Die Beteiligung des Arbeitnehmers am Aufsichtsrat der Gesellschaften des § 77 BetrVG, Diss. Köln 1966; Säcker Die Anpassung des Gesellschaftsvertrags der G m b H an das MitbestG, DB 1977 1845; U. H. Schneider Die Haftung von Mitgliedern des Beirates einer Personengesellschaft, DB 1973 953; ders. Das Verhältnis von obligatorischem Aufsichtsrat und Beirat bei der G m b H , BB 1973 1464; Skibbe Die steuerliche Behandlung der Beiratsvergütung bei der G m b H und bei der G m b H & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1972 180; Spieker Handbuch für Aufsichtsräte (1958); ders. Der Aufsichtsrat der mitbestimmten Montan-GmbH (1960); ders. Ubersicht über die wichtigsten Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats und seiner Mitglieder in der G m b H , Das Mitbestimmungsgespräch 1967 87; Sudhoff Der Gesellschaftsvertrag der G m b H 4. Aufl. (1978) 196; Wiedemann Aufgaben und Grenzen der unternehmerischen Mitbestimmung der Arbeitnehmer, BB 1978 5; Zöllner G m b H und G m b H Sc Co in der Mitbestimmung, ZGR 1977 319.
1. Der fakultative Aufsichtsrat des § 52 a) Erschöpfende Aufzählung. In Rdn. 1 wurde schon darauf hingewiesen, daß die 5 jetzt geltende Fassung des § 52 Abs. 1 frühere Zweifel (vgl. dazu Scholz 4 und Voraufl. 7) über den Umfang der anzuwendenden aktienrechtlichen Vorschriften behoben hat. D a s ergibt sich insbesondere auch aus der Entstehungsgeschichte des § 32 EG AktG 1965. Die RegBegr hebt hervor, daß sie zum Unterschied von der alten in der neuen Fassung des § 52 die anwendbaren Vorschriften ausdrücklich nennt. Der RegE wollte davon absehen, aktienrechtliche Neuregelungen des Rechts des Aufsichtsrats auch für die G m b H einzuführen. Davon abweichend wurden die anwendbaren Bestimmungen durch den Bundestag um drei vom AktG 1965 neu eingeführte ergänzt, nämlich § 90 Abs. 5 Satz 2, § 100 Abs. 2 N r . 2 und § 114. Aus alledem ist ersichtlich, daß der Gesetzgeber es bei den angeführten Vorschriften belassen wollte und kein Raum ist für eine ergänzende Gesetzesauslegung (ebenso Isele S. 459, Lehmann S. 63, nur „grundsätzlich" ebenso Baumbach-Hueck 2 A, auch Eder Handbuch I 479. 1 will Ausnahmen zulassen). (509)
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
So sind die Strafvorschriften des Aktiengesetzes (§§ 399, 400 und insbesondere § 404 Abs. 1 N r . 3 betr. die Verschwiegenheitspflicht) auf die Mitglieder des GmbHAufsichtsrats nicht anwendbar (ebenso Spieker S. 91). Sie unterliegen nur der Strafvorschrift des § 82 N r . 3. Ebensowenig gilt z. B. § 147 AktG für den Aufsichtsrat der G m b H . Wollen die Gesellschafter Ersatzansprüche gegen Mitglieder des Aufsichtsrats geltend machen, so können sie durch einen Beschluß die Geschäftsführer hierzu anweisen. Richtig ist (Baumbach-Hueck 2 A), daß Satzungsbestimmungen die Anwendung weiterer Vorschriften des AktG eröffnen können. Spricht die Satzung z. B. von einem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, ohne zu bestimmen wie er gewählt wird, so ist § 107 Abs. 1 AktG heranzuziehen. Zur Frage der Anwendung des § 103 Abs. 2 bei einem satzungsmäßigen Entsendungsrecht s. Rdn. 86. 6 b) Entsprechende Anwendung. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag ein Aufsichtsrat zu bilden, so sind die in Abs. 1 aufgeführten aktienrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Das bedeutet, daß ihre Anwendung der Eigenart der GmbH als eines personalistischen Zusammenschlusses (Allg. Einl. Rdn. 14ff.) Rechnung tragen muß. Es sind die grundsätzlichen Verschiedenheiten zwischen beiden Rechtsformen (Allg. Einl. Rdn. 22 ff.) zu berücksichtigen. Dabei ist zunächst anhand der Rechtsprechung und des Schrifttums zu ermitteln, welche Bedeutung die Vorschrift für die Aktiengesellschaft hat, und sodann festzustellen, ob die Eigenart der GmbH eine Modifizierung erforden (ebenso Baumbach-Hueck 2 A). Häufig wird die Notwendigkeit einer solchen Modifizierung nicht sein, denn mit der Einrichtung eines Aufsichtsrats macht die GmbH bereits insofern einen Schritt zur Verfassung der AG, als sie die vom Gesetz den Gesellschaftern zugedachte Aufgabe der Überwachung der Geschäftsführung (§ 46 Nr. 6) in einem besonderen Organ verselbständigt, s. auch Rdn. 7. 7 c) Verhältnis zu den anderen Organen. Zwischen den Geschäftsführern einerseits und der Gesamtheit der Gesellschafter (Gesellschafterversammlung) andrerseits nimmt der fakultative Aufsichtsrat eine Mittelstellung ein. Er ist den Geschäftsführern übergeordnet, indem er sie kontrolliert (§111 Abs. 1 AktG). Den Gesellschaftern aber ist er untergeordnet. Das zeigt sich in dreierlei Hinsicht. Einmal kann der Aufsichtsrat in das Abhängigkeitsverhältnis, in dem die Geschäftsführer zu den Gesellschaftern stehen, nicht eingreifen. Deren Entscheidungen in Geschäftsführungsmaßnahmen unterliegen nicht etwa auch der Uberwachungsbefugnis des Aufsichtsrats, sie haben vielmehr Vorrang vor dieser. Verweigert der Aufsichtsrat die Zustimmung zu einem Geschäft, die er sich oder die ihm die Satzung vorbehalten hat (§111 Abs. 4 AktG), so sind die Geschäftsführer gleichwohl gehalten, auf Weisung durch einfachen Gesellschafterbeschluß das Geschäft auszuführen. Gibt umgekehrt der Aufsichtsrat die Zustimmung, verweigert sie aber die Gesellschafterversammlung, so hat die Maßnahme zu unterbleiben. Ferner verbleibt den Gesellschaftern das schärfste Mittel der Kontrolle der Geschäftsführer: Bestellung und Abberufung. Und schließlich befindet sich der Aufsichtsrat in gleicher Abhängigkeit von den Gesellschaftern. Sie bestellen dessen Mitglieder und berufen sie ab (s. die Erl. zu den §§ 101, 103 AktG). Darüber hinaus ist es von ihrer Entscheidung abhängig, ob überhaupt ein Aufsichtsrat existiert. Im übrigen bleiben die Kontrollbefugnisse des einzelnen Gesellschafters (§ 45 Rdn. 21 ff.) unberührt. Sie bestehen als Minderheitsoder Individualrechte neben denen des von der Gesellschaftermehrheit abhängigen Aufsichtsrats (Ebenroth S. 429, a.M. Möhring S. 365). 8
d) Bestimmungen des Gesellschafts Vertrags. Die aktienrechtlichen Vorschriften sind nach Abs. 1 anzuwenden, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Das Aktienrecht ist also subsidiär und abdingbar. Voraussetzung für dessen Anwendung ist, daß der Gesellschaftsvertrag überhaupt die Einrichtung eines Aufsichtsrats vorsieht. Das ist nur der Fall, wenn ein Organ gewollt ist, dem die Überwachung der Geschäfts(510)
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führung zusteht. Der Name ist gleichgültig. Über das Verhältnis zu anderen Überwachungsorganen s. Rdn. 16 f. Der Umfang der Überwachungsbefugnis kann eingeschränkt sein, z.B. kann dem Aufsichtsrat das Recht, zustimmungspflichtige Geschäfte zu bestimmen (§111 Abs. 4 Satz 2, Rdn. 122ff.), genommen sein. Die Satzung kann das in Rdn. 7 beschriebene Verhältnis auch zugunsten des Aufsichtsrats verschieben. Sie kann dem Aufsichtsrat wie dem der AG die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer und die Feststellung des Jahresabschlusses übertragen, überhaupt alle Befugnisse der Gesellschafterversammlung, insbesondere das Weisungsrecht, mit Ausnahme der in §45, 6 genannten unübertragbaren Rechte. Trotzdem bleibt die Gesellschafterversammlung oberstes Organ der Gesellschaft, das oberste Uberwachungsrecht verbleibt ihr (§ 45, 20) und sie kann durch Satzungsänderung dem Aufsichtsrat wieder nehmen, was sie ihm gegeben hat. 2. Der obligatorische Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Das anzuwendende Aktienrecht. Die Zusammensetzung sowie die Rechte und 9 Pflichten des nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG 1952 (Text s. Anhang) zu bildenden Aufsichtsrats (s. auch Rdn. 19) bestimmen sich nach den in Satz 2 dortselbst (in der Fassung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 EG AktG 1965) aufgeführten Vorschriften des Aktiengesetzes. Es deutet nichts darauf hin, daß die Aufzählung nicht vollzählig wäre. Der Gesetzgeber hat nicht wie bei der gleichzeitigen Neufassung des § 52 Abs. 1 eine entsprechende Anwendung vorgeschrieben (vgl. Rdn. 6). Er hat aber andrerseits auch nicht wie § 25 Abs. 2 MitbestG (Rdn. 11) bestimmt, daß die aktienrechtlichen Vorschriften Vorrang vor denen des GmbH-Gesetzes haben. In die Struktur der GmbH wollte er also nicht eingreifen. Der Aufsichtsrat verdankt seine Existenz zwar nicht dem Gesellschafterwillen. Aber die Gesellschafterversammlung behält ihre gesetzliche Stellung als oberstes Organ. Sie bleibt es auch in Geschäftsführungsangelegenheiten. Für sie gilt das in Rdn. 7 Gesagte (s. auch Rdn. 130). Die Regelung des § 111 Abs. 4 (bezw. § 95 Abs. 5 AktG 1937) hat deshalb keinen Vorrang vor dem in den §§ 37, 45 den Gesellschaftern verliehenen Weisungsrecht in Geschäftsführungsangelegenheiten. Im Falle der Verweigerung der Zustimmung des Aufsichtsrats zu einer Geschäftsführungsmaßnahme bedarf es also nicht eines (auf Verlangen der Geschäftsführer herbeigeführten) Zustimmungsbeschlusses der Gesellschafter mit 3/4 Mehrheit. Dies trifft nur für den Aufsichtsrat nach dem MitbestG zu (Rdn. 11). Dort sind die dem § 111 Abs. 4 AktG entgegenstehenden Vorschriften der §§ 37, 45 aufgehoben, hier nicht. Das Weisungsrecht der Gesellschafter kann sich also durch einfachen Gesellschafterbeschluß gegen die Zustimmungsverweigerung des Aufsichtsrats durchsetzen (wie hier Ballerstedt 179, Hensche 98, Dietz Festschrift 709, wohl auch Dietz-Richardi § 77 Rdn. 24 und Fitting-Auffarth-Kaiser § 77 Rdn. 10; a.M. Baumbach-Hueck Schlußanh. 4 P e, Spieker 97 und Handbuch 172 FN 40). Die dem Aufsichtsrat übergeordnete Stellung der Gesellschafterversammlung zeigt sich auch darin, daß diese die Geschäftsführer und die Mehrheit der Mitglieder des Aufsichtsrats bestellt und abberuft. b) Bestimmungen des Gesellschafts Vertrags. Die §§ 76, 77 und 77 a BetrVG sind 10 zwingendes Recht. Sie verbürgen die Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene. Sie gelten auch ohne entsprechende Satzungsbestimmungen. Freilich empfiehlt es sich, die Satzung den gesetzlichen Bestimmungen anzupassen. Die Befugnisse des Aufsichtsrats und die Rechte und Pflichten seiner Mitglieder, die sich aus den in § 77 Abs. 1 Satz 2 angeführten Vorschriften des AktG ergeben, können durch die Satzung nicht eingeschränkt werden. Insoweit ist auch die Geltung dieser Vorschriften für die GmbH zwingend (OLG Bremen AG 1977 257/8); im einzelnen s. Rdn. 53ff. Für eine (511)
§ 52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Erweiterung der Befugnisse gibt die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung den Rahmen. Vorbild der gesetzlichen Regelung ist der Aufsichtsrat der AG. Es bestehen keine Bedenken dagegen, daß die Satzung dem Aufsichtsrat der GmbH die gleiche Stellung gibt, insbesondere also die Befugnis zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer entsprechend § 84 AktG und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Jahresabschlusses entsprechend § 172 AktG. Das AktG setzt aber auch die Grenzen für eine Erweiterung der Befugnisse. So können dem Aufsichtsrat Maßnahmen der Geschäftsführung nicht übertragen werden (§111 Abs. 4 Satz 1 AktG), also auch nicht das Weisungsrecht oder die Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten. Wohl aber kann dem Aufsichtsrat die Zustimmung hierzu vorbehalten werden (§111 Abs. 4 Satz 2 AktG). Im übrigen kann die Satzung, was sie dem Aufsichtsrat über das Gesetz hinaus gegeben hat, ihm auch wieder nehmen. Über die Bildung eines Beirats s. Rdn. 22f., s. auch Rdn. 13. 3. Der obligatorische Aufsichtsrat nach dem MitbestG 11
a) Das anzuwendende Recht. Das MitbestG begnügt sich nicht mit einer Aufzählung der für den mitbestimmten Aufsichtsrat der GmbH geltenden (im besonderen Teil, Rdn. 53ff., erläuterten) Vorschriften des AktG. Es enthält in den §§ 1, 4—8, 25—33, 37 (Texte im Anhang) vom AktG abweichende Regelungen über die Bildung und Zusammensetzung, über die innere Ordnung und die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung, die auch für die GmbH gelten. Damit und mit der paritätischen Zusammensetzung (§ 7) erhält der Aufsichtsrat eine andere Qualität als der nach dem BetrVG. Der Eingriff in die Struktur der GmbH wird hier deutlich, entgegenstehende Bestimmungen des Gesetzes und der Satzung werden durch die §§ 6 Abs. 2 Satz 2, 25 Abs. 2 und 30 MitbestG aufgehoben. Freilich bleibt die Gesellschafterversammlung auch hier oberstes Organ der Gesellschaft. Sie bestellt zwar nur noch die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder — darunter aber den Anwärter auf den Vorsitz mit der Zweitstimme (vgl. §§ 27, 29 MitbestG und Rdn. 98, 110) — und nicht mehr die Geschäftsführer. Aber sie bleibt in der Geschäftsführung den Geschäftsführern übergeordnet und diese bleiben ihren Weisungen unterworfen (ebenso Kober S. 136). Das Weisungsrecht ist allerdings gemäß § 25 Abs. 2 MitbestG nur insoweit aufrechterhalten, als dem nicht Abs. 1 und das heißt hier § 111 Abs. 4 AktG — entgegensteht. Danach kann die Satzung oder der Aufsichtsrat anordnen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat die Zustimmung, so können die Geschäftsführer verlangen, daß die Gesellschafterversammlung über die Zustimmung beschließt. Deren Zustimmungsbeschluß bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Nimmt man noch hinzu, daß die Gesellschafter (mit einfacher Mehrheit) die Geschäftsführer anweisen können, das Zustimmungsverlangen zu stellen, so zeigt sich, daß sie den Aufsichtsrat „überspielen" können, wenn auch nur — anders wie den fakultativen oder nach BetrVG obligatorischen (Rdn. 7, 9) — mit qualifizierter Mehrheit; ebenso Fitting-Wlotzke-Wißmann § 25 Rdn. 49, Lutter S. 58, Martens S. 221, Mertens S. 282, Kober S. 127, Raiser §25, 68, Säcker S. 1849; a.A. Hoffmann-Neumann S. 152, Meilicke § 25 Rdn. 42, Zöllner S. 327, die sich aber alle nicht mit dem Verhältnis des § 25 MitbestG zum GmbH-Recht auseinandersetzen.
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Es ist demnach zu unterscheiden zwischen dem einfachen Weisungsrecht aufgrund der insoweit unangetastet gebliebenen §§ 37, 45 GmbHG und dem nach § 25 MitbestG i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 und 4 AktG modifizierten. Die Ausübung des letzteren bedarf eines Gesellschafterbeschlusses mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Satzung kann weder eine andere Mehrheit noch weitere Erfordernisse (512)
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bestimmen (§ 111 Abs. 4 Satz 5 AktG). Es kommt zum Zuge bei Maßnahmen der Geschäftsführung, zu denen nach Satzung oder Aufsichtsratsbeschluß die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich und verweigert worden ist. Der Weisungsbeschluß kann ergehen, auch ohne daß die Geschäftsführer ihn nach § 111 Abs. 4 Satz 3 verlangt haben. Das ergibt sich aus der übergeordneten Stellung der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern (ebenso Duden S. 178). Im übrigen bleibt das einfache, d. h. durch einfachen Mehrheitsbeschluß (§ 47 Abs. 1) ausübbare Weisungsrecht bestehen. Es kann auch bei solchen Geschäften ausgeübt werden, zu denen nach Satzung oder Aufsichtsratsbeschluß die Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich ist. Die Geschäftsführer müssen sie nachsuchen, auch wenn ein Weisungsbeschluß vorliegt. Wird sie verweigert, so kann das Geschäft nur aufgrund eines weiteren, modifizierten Weisungsbeschlusses vorgenommen werden. Auch sonst folgt das modifizierte Weisungsrecht dem AktG, das einfache dem GmbHG. Das modifizierte kann deshalb weder einem anderen Organ (Beirat) noch einem Gesellschafterausschuß übertragen werden, da das AktG eine solche Übertragung nicht erlaubt. Die Übertragung des einfachen Weisungsrechts an einen Gesellschafterausschuß oder Beirat oder auch an einen Gesellschafter als Vorzugsrecht ist dagegen unbedenklich, s. auch Rdn. 30. Diese Unterscheidung wird einerseits der Stellung der Gesellschafterversammlung als obersten Organs auch in Geschäftsführungsangelegenheiten gerecht, andrerseits dem Rechtsgedanken des § 111 Abs. 4 S. 4 AktG i.V.m. § 25 MitbestG, wonach die Entscheidung eines mitbestimmten Aufsichtsrats nur durch eine Entscheidung der Anteilseigner mit qualifizierter Mehrheit außer Kraft gesetzt werden kann (vgl. Gessler § 111 Rdn. 80). Stimmt umgekehrt der Aufsichtsrat zu, so können die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit das Geschäft verbieten (ebenso Overlack S. 143). Denn die Zustimmung des Aufsichtsrats verpflichtet die Geschäftsführer nicht, das Geschäft auszuführen. b) Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags. Die Vorschriften des MitbestG gelten 1 3 unabhängig von der Satzung. Es empfiehlt sich aber, diese dem Gesetz anzupassen. Für die Einschränkung oder Erweiterung der Befugnisse des Aufsichtsrats gilt das in Rdn. 10 Gesagte. Ob und inwieweit Modifikationen der anzuwendenden Bestimmungen des A k t G und des MitbestG (Rdn. 11) zulässig sind, wird im besonderen Teil bei den einzelnen Vorschriften erörtert. § 23 Abs. 5 AktG, wonach die Satzung von den Vorschriften des AktG nur abweichen kann, wenn es ausdrücklich zugelassen ist, und ergänzende Bestimmungen nur zulässig sind, wenn das Gesetz keine abschließende Regelung enthält, ist auf die GmbH nicht anzuwenden. Es ist vielmehr im Einzelfall zu entscheiden, ob und inwieweit sich die im GmbH-Recht geltende innere Gestaltungsfreiheit (§ 45, 3) gegenüber dem MitbestG Geltung verschaffen kann. Als Grundsatz kann hier festgehalten werden: Die Geltung der in § 6 Abs. 2 Satz 1 und § 25 Abs. 1 N r . 2 angeführten aktienrechtlichen Vorschriften für die GmbH ist jedenfalls insoweit zwingend, als diese Vorschriften die Befugnisse des Aufsichtsrats und die Rechte und Pflichten seiner Mitglieder betreffen, s. auch Rdn. 101. Andrerseits lassen die §§ 6 Abs. 2 Satz 2, 25 Abs. 2, auch 8 Abs. 1 und 30 erkennen, daß die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter im übrigen unberührt bleiben soll. Im einzelnen s. Rdn. 53 ff. II. Die Anwendungsfälle Schrifttum (s. auch vor Rdn. 5) Bayer Der Anwendungsbereich des MitbestG, ZGR 1977 173; Bierter Einzelne Fragen zur Rechnungslegung der GmbH & Co. KG nach dem Publizitätsgesetz, GmbH. Rdsch. 1975 33; Grossmann Die GmbH & C o . KG im Spannungsfeld zwischen § 4 und § 5 MitbestG, BB 1976 1391; Hoffmann Probleme der GmbH und GmbH & Co. nach dem Regierungsentwurf eines MitbestG, (513)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
GmbH-Rdsch. 1974 73; ders. Zu den konzernrechtlichen Bestimmungen des Regierungsentwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, BB 1974 1276; Hölters Satzungsgestaltung und Organisationsstruktur von Unternehmen bei Einführung der qualifizierten Mitbestimmung, BB 1975 797; ders. Der Beirat in der GmbH — Verantwortlichkeit, Haftung und Rechtschutz, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Minderheitenschutzes, BB 1977 105; Klamroth Auswirkungen des MitbestG auf die GmbH & Co. KG, BB 1977 305; Kober Richard Auswirkungen des MitbestG auf das Recht der konzernfreien GmbH & Co. KG, Diss. Köln 1977; Kreifels Der Aufsichtsrat bei der GmbH, GmbH- Rdsch. 1955 176; Otto Kunze Der Geltungsbereich von § 4 Abs. 1 Satz 1 MitbestG, ZGR 1978 321; Lutter Der Anwendungsbereich des MitbestG, ZGR 1977 195; Lutter-Schneider Mitbestimmung im mehrstufigen Konzern, BB 1977 553; Meilicke-Meilicke Zur ausländischen Kapitalgesellschaft als Unternehmen in der Rechtsform des § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG, BB 1977 1063; Müffelmann Entfällt die Mitbestimmung für eine Kommanditgesellschaft bei Einschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft? BB 1977 628; Reuter-Körnig Mitbestimmung und gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit, ZHR 140 1976 494; Schilling Entwicklungstendenzen im Konzernrecht, ZHR 140 1976 528; Schneider U. H. Die Personengesellschaft als verbundenes Unternehmen, ZGR 1975 253; ders. GmbH und G m b H & Co. KG in der Mitbestimmung, ZGR 1977 335; Semler „Konzern im Konzern", DB 1977 805; Spieker Vorbereitende Hinweise zum Anwendungsbereich des MitbestG, Das Mitbestimmungsgespräch 1976 219; Sudhoff Der Aufsichtsrat (Beirat) der G m b H & Co. KG, GmbH-Rdsch. 1967 159; H. P. Westermann u. Werner Rechte und Pflichten des mitbestimmten Aufsichtsrats und seiner Mitglieder, ZGR 1977 219, 236; Wiedemann Verbandssouveränität und Außeneinfluß, Festschr. f. W. Schilling (1973) 105; Wiedemann- Martens Die Unternehmensqualifikation von Gebietskörperschaften im Recht der verbundenen Unternehmen, AG 1976 197; Wlotzke-Wißmann Das neue Mitbestimmungsgesetz, DB 1976 959. 1. Der fakultative Aufsichtsrat 14
Voraussetzung für das Eingreifen des § 52 und der in Abs. 1 aufgeführten aktienrechtlichen Vorschriften ist einmal, daß nicht Bestimmungen über den obligatorischen Aufsichtsrat (Rdn. 19, 24) gelten und ferner, daß im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch Satzungsänderung (§ 53) ein besonderes Gesellschaftsorgan eingerichtet wird, dem bezüglich der Geschäftsführung Uberwachungsaufgaben übertragen werden. Die Satzung kann die Bestellung eines Aufsichtsrats auch in das Belieben der Gesellschafterversammlung stellen, so der Fall in RGZ 146 145. Wählen die Gesellschafter die Mitglieder eines solchen Organs, ohne daß es die Satzung vorsieht, so ist der Beschluß anfechtbar. Wird er nicht angefochten, so übt das Organ seine Funktionen rechtmäßig aus. Seine Rechte und Pflichten ergeben sich aber nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Gesellschafterbeschluß. Aus dessen Auslegung kann sich die Anwendbarkeit des § 52 ergeben. Zum ersten Aufsichtsrat s. Rdn. 45ff. 15 Der Name des Organs und der Umfang der ihm übertragenen Aufgaben steht im Belieben der Satzung. Andrerseits genügt die Bezeichnung „Aufsichtsrat". Verwendet sie die Satzung ohne weitere Bestimmungen, dann gilt § 52 uneingeschränkt. Umgekehrt genügt die Bezeichnung nicht, wenn die Satzung keine überwachenden, sondern etwa nur beratende Funktionen gibt. § 52 ist dann nicht anwendbar. Neben der Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat bleibt diejenige durch die Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 6 (s. dort Rdn. 27f.) bestehen, vgl. auch Rdn. 7. Die Satzung kann auch ein weiteres Überwachungsorgan schaffen, s. Rdn. 16. Die Überwachungsfunktion in (514)
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der nicht mitbestimmten GmbH ist teilbar und vermehrbar. Die Satzung kann sie also auf mehrere Organe verteilen, etwa dem einen nur die Aufsicht, dem anderen nur die Befugnis der Zustimmung zu bestimmten Geschäften übertragen. Sie kann beide Funktionen mehreren Organen verleihen, sie also verdoppeln oder verdreifachen, was allerdings kaum zweckmäßig wäre. Die Gesellschaft kann aber nur ein Uberwachungsorgan haben, das dem § 52 unterliegt, Aufsichtsrat i.S. dieser Bestimmung ist und diese Bezeichnung zu Recht führt. Welches von mehreren Organen das ist, muß durch Auslegung ermittelt werden. Maßgeblich ist der Wille der Gesellschafter. Im Zweifel ist es dasjenige Gremium, bei dem der Schwerpunkt der Überwachung liegt. Im übrigen verbleibt den Gesellschaftern immer die oberste Überwachungsfunktion (§ 45, 20; § 46, 27). Die Satzung kann auch ein Uberwachungsorgan einrichten und es Aufsichtsrat nennen, aber die Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften ausschließen. Mangels anderer Bestimmungen der Satzung gilt für dieses Organ das in Rdn. 16 f. Gesagte. Zur Anwendung des Abs. 2 in diesem Fall s. Rdn. 47. Die Satzung kann auch entsprechend dem anglo-amerikanischen board-system bestimmen, daß ein Teil der Geschäftsführer die laufenden Geschäfte besorgt, während der andere Teil nur überwachend tätig ist. Ein Fall des § 52 ist dies nicht. 2. Beirat — Verwaltungsrat — Gesellschafterausschuß Nur der dem § 52 unterliegende Aufsichtsrat trägt diese Bezeichnung zu Recht. 16 Sieht die Satzung ein weiteres Organ mit Überwachungsaufgaben vor, so muß sie ihm einen anderen Namen geben, z. B. Beirat, Verwaltungsrat, Gesellschafterausschuß. Die Rechtsverhältnisse eines solchen Organs sind vom Gesetz nicht geregelt. Die Auslegung der Satzung kann ergeben, daß auch auf es die in § 52 genannten aktienrechtlichen Bestimmungen ganz oder teilweise entsprechend anzuwenden sind. Jedenfalls ist auch dieses Organ den Interessen der Gesellschaft und nicht einzelner Gesellschafter verpflichtet. Aus seiner Funktion ergibt sich eine organschaftliche Treupflicht gegenüber der Gesellschaft, die auch die Haftung seiner Mitglieder für gesellschaftswidrige Handlungen und Verletzungen der Sorgfaltspflicht bestimmt. Im übrigen gelten die allgemeinen Bestimmungen über den Dienstleistungsvertrag. Die Haftung für Vorsatz kann nicht ausgeschlossen werden (§ 276 Abs. 2 BGB). Für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Mitglieder des Aufsichtsrats gilt das in § 46, 31—38 für Ersatzansprüche gegen Geschäftsführer Ausgeführte entsprechend. Wiedemann S. 105, 124 und Hölters S. 108, 112 wollen zwischen einem Beirat als 17 Repräsentant der Gesellschaft und einzelner Gesellschaftern bezw. Gesellschaftergruppen unterscheiden. Aber auch ein Beirat, der nur aus von einer Gesellschaftergruppe oder einzelnen Gesellschaftern entsandten Mitgliedern besteht, ist als Gesellschaftsorgan dem Interesse der Gesellschaftergesamtheit verpflichtet (Schilling in Großkomm. z. H G B § 161, 38; ein solches Organ darf nicht verwechselt werden mit dem gemeinsamen Vertreter mehrerer Gesellschafter, Schilling aaO 37). Sie unterscheiden ferner zwischen tveisungsunabhängigem und weisungsgebundenem Beirat. Dieser ist eine Art Hilfsorgan der Gesellschafterversammlung. Handelt er auf deren Weisung, so trifft die Verantwortlichkeit die Gesellschafter. Es gelten die in § 14, 23 ff. entwickelten Grundsätze, vgl. auch § 45, 22. Hölters (S. 109, 112) will ferner, um einen wirksamen Minderheitschutz gegen mehrheitsgesteuerte Beiratsentscheidungen zu schaffen, in Anlehnung an BGHZ 43 261 die Anfechtungsklage gegen Gesellschafterbeschlüsse ersetzende Beiratsbeschlüsse zulassen. Dem ist mit der Maßgabe zuzustimmen, daß zu unterscheiden ist zwischen Beiratsentscheidungen, die einem Aufsichtsratsbeschluß entsprechen und wie dieser nicht anfechtbar sind, und solchen, die einen Gesellschafterbeschluß ersetzen oder (515)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
vervollständigen und wie dieser mit der Nichtigkeits- oder mit der Anfechtungsklage angegriffen werden können (§ 45, 15). Ersteres ist der Fall, wenn der Beirat die gesetzlichen Funktionen des GmbH-Aufsichtsrats ausübt, letzteres, wenn ihm die Satzung in Anlehnung an das AktG die Geschäftsführerbestellung und die Bilanzfeststellung oder andere gesetzliche dispositive Befugnisse der Gesellschafter überträgt, s. auch Rdn. 105. Zur Haftung der Beiratsmitglieder s. Rdn. 16 a.E. 3. Der fakultative Aufsichtsrat der GmbH & Co KG 18
Die GmbH & Co besteht aus zwei gesellschaftsrechtlichen Organisationen (Allg. Einl. Rdn. 32ff.). Auch wenn die GmbH reine Geschäftsführungsgesellschaft ist, selbst also kein und nur die KG ein Unternehmen betreibt, ist die Frage des Aufsichtsrats getrennt für GmbH und KG zu behandeln. Sind Kommanditisten und GmbH-Gesellschafter personengleich oder beherrschen die Kommanditisten wie bei der Einheitsgesellschaft die GmbH, so genügt es, einen Aufsichtsrat bei der GmbH einzurichten. Er überwacht die Geschäftsführung der GmbH, deren Aufgabe es in erster Linie ist, die Geschäfte der KG zu führen. In diesem Falle ist es also unnötig, auch einen Aufsichtsrat bei der KG einzurichten (zum Beirat der KG s. Schilling in Großkomm. z. HGB § 161 Anm. 38). Will man dies dennoch, so empfiehlt es sich, ihn personell und organisatorisch mit dem Aufsichtsrat der GmbH gleichzustellen. Sind GmbH-Gesellschafter und Kommanditisten nicht identisch, so gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird der Aufsichtsrat in der KG gebildet und von den Kommanditisten bestellt oder diesen wird in der GmbH-Satzung ein Bestellungsrecht für den Aufsichtsrat der GmbH eingeräumt (vgl. Rdn. 75, 79, 82). In beiden Fällen können die Kommanditisten die Kontrolle über die Geschäftsführung ausüben (unter Abbedingung der schlecht praktikablen §§116 Abs. 2, 164 HGB). Nur wenn auch die GmbH ein Unternehmen betreibt, sind zwei getrennte Aufsichtsräte sinnvoll. Zu Streitigkeiten über die Zusammensetzung des Beirats einer G m b H & Co s. BGH WM 1977 476. 4. Der obligatorische Aufsichtsrat nach BetrVG
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a) Voraussetzung. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG 1952 ist bei der GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern ein Aufsichtsrat zu bilden. Die Arbeitnehmerzahl muß entsprechend § 1 BetrVG 1972 in der Regel mehr als 500 betragen. Die Zusammensetzung bestimmt sich nach § 76 BetrVG 1952 (§ 77 Abs. 1 Satz 2, s. auch Rdn. 9). Nach dessen Abs. 1 muß der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, deren Wahl und Abberufung in Abs. 2—5 und in der Wahlordnung 1953 (Fassung vom 7. 2. 1962, BGBl I 64) geregelt sind. Nach § 81 Abs. 1 BetrVG 1952 finden die §§ 76, 77 keine Anwendung auf sog. Tendenzbetriebe, d.s. Betriebe, die politischen, gewerkschaftlichen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen, künstlerischen und ähnlichen Bestimmungen dienen. Ausgenommen sind nach § 85 Abs. 2 BetrVG 1952 ferner die dem Montan-MitbestG unterliegenden Unternehmen. Vom BetrVG überhaupt ausgenommen sind Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform, § 81 Abs. 2 BetrVG 1952. Die §§ 76, 77 Abs. 1, 77 a und 81 sind im Anhang abgedruckt. 20 b) Konzernverhältnisse. Nach § 76 Abs. 4 Satz 1 BetrVG 1952 (i.d.F. des § 40 Abs. 1 Nr. 3 EG AktG 1965) nehmen an der Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens eines Konzerns i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG (s. § 13 Anh. II Rdn. 8) auch die Arbeitnehmer der Betriebe der übrigen Konzernunternehmen teil. Ist herrschendes Unternehmen eine AG, so haben die (516)
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Arbeitnehmer aller abhängigen Unternehmen jeder Rechtsform, also auch einer GmbH, das aktive und passive Wahlrecht, unabhängig von der Zahl ihrer eigenen Arbeitnehmer, und zwar sowohl im faktischen wie im Vertragskonzern (s. § 13 Anh. II 3, 8, 30, 44). Ist eine GmbH herrschendes Unternehmen, so hat sie nach § 77 einen mitbestimmten Aufsichtsrat nur zu bilden, wenn sie mehr als 500 Arbeitnehmer hat (Rdn. 19). Dabei gelten aber nach § 77 a (eingefügt durch § 40 Abs. 1 Nr. 6 EG AktG 1965) die Arbeitnehmer der Betriebe eines Konzernunternehmens als Arbeitnehmer der herrschenden GmbH, wenn zwischen ihr und dem abhängigen Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht. Die weiter angeführte Eingliederung kommt für die GmbH nicht in Betracht (§ 319 AktG, s. auch § 13 Anh. II 53 Abs. 2). c) GmbH & Co KG. Wird ein Unternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co 21 geführt, so werden die Arbeitnehmer der KG nicht der GmbH zugerechnet, es sei denn zwischen ihr und der KG als abhängigem Unternehmen besteht ein Beherrschungsvertrag (Rdn. 20, § 77 a BetrVG). Sonst ist die GmbH nur aufsichtsratspflichtig, wenn sie selbst ein Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern betreibt (ebenso DietzRichardi § 76 Vorbem. 22). Das Unternehmen, dessen Geschäfte sie als Komplementär-GmbH führt, hat die Rechtsform einer Personengesellschaft und unterliegt deshalb als solches nicht der unternehmerischen Mitbestimmung nach den §§ 76— 77 a BetrVG. Auch das MitbestG erfaßt die Personengesellschaft als solche nicht, die Zurechnungsvorschrift seines § 4 knüpft an die GmbH an (Rdn. 31). Die Wahl der Gesellschaftsform steht im freien Belieben der Anteilseigner. Wählen sie die Rechtsform einer Personengesellschaft für ihr Unternehmen, so kommt eine Anwendung der Mitbestimmungsvorschriften auch dann nicht in Frage, wenn einziges Motiv dieser Wahl die Vermeidung der Mitbestimmung ist (a.M. Voraufl. Anh. I 6 und Baumbach-Hueck Schlußanh. 1 E). Das Motiv der Rechtsformwahl ist mitbestimmungsrechtlich irrelevant. Dem Gesetzgeber ist bekannt und es wird von ihm anerkannt, daß den Anteilseignern unter bestimmten Voraussetzungen (wie sie bei GmbH und GmbH & Co oft vorliegen) die Wahl zwischen mehreren Rechtsformen offensteht. Eine Lücke im Gesetz liegt daher nicht vor (ebenso Lutter S. 200f.). Die „Umgehung" allein ist kein Anwendungstatbestand (s. dazu Teichmann Die Gesetzesumgehung (1962 und Rdn. 40). d) Beirat. Anders als beim fakultativen Aufsichtsrat (Rdn. 15) ist die Uber- 22 wachungsfunktion des obligatorischen Aufsichtsrats unteilbar. Aber auch neben ihr bleibt das Prüfungs- und Überwachungsrecht der Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 6 ebenso wie das Weisungsrecht in Geschäftsführungsangelegenheiten gemäß §§ 37, 45 bestehen (Rdn. 9). Werden die Gesellschafter insoweit tätig, sei es, daß sie sich die Zustimmung zu bestimmten Geschäften vorbehalten und die Zustimmung im Einzelfall erteilen oder versagen, sei es, daß sie die Geschäftsführer anweisen, ein Geschäft vorzunehmen oder zu unterlassen, so greift die Aufsichtsbefugnis des obligatorischen Aufsichtsrats nicht ein. Denn diese ihm durch § 111 Abs. 1 AktG (i. V.m. § 77 BetrVG) verliehene Befugnis bezieht sich auf die Geschäftsführung, die bei der AG vom Vorstand und bei der GmbH von den Geschäftsführern ausgeübt wird (a.M. Schneider S. 1469). Weil das Aktienrecht geschäftsführende Maßnahmen des Anteilseignerorgans (mit der Ausnahme des § 119 Abs. 2 AktG) nicht kennt, kann es keine auf sie bezügliche Befugnis des Aufsichtsrats geben. Sie würde bei der GmbH auch der in Rdn. 9 beschriebenen Rangordnung widersprechen. Auch wenn ein obligatorischer Aufsichtsrat besteht, ist die Oberwachungsbefugnis 23 insofern vermehrbar, als die Gesellschafter die ihrige auf ein besonderes Organ (Beirat, Verwaltungsrat, Gesellschafterausschuß) übertragen können, das dann neben dem Aufsichtsrat die Geschäftsführung kontrolliert, nach Belieben des Gesellschaftsvertrags verbunden mit anderen Befugnissen der Gesellschafter, wie Weisungsrecht, Geschäfts(517)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
führerbestellung, Bilanzfeststellung. Im übrigen gilt für dieses Organ das in Rdn. 16 f. Gesagte. Der Beirat bleibt auch hier eine fakultative Einrichtung, deren Zusammensetzung, Rechte und Pflichten die Satzung bestimmt. Die Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Teilnahme. Ihre unternehmerische Mitbestimmung darf aber durch die Beiratstätigkeit nicht ausgehöhlt werden. Das war offenbar so in dem vom LG Köln in AG 1976 329 entschiedenen Fall. Die Kritik von Hommelhoff und Timm in ihrer Anmerkung zu diesem Urteil ist berechtigt. Der Weg zur Abhilfe dürfte auf dem von diesen Autoren aufgezeigten Weg — actio pro societate auch für Organmitglieder — liegen (vgl. § 13, 9, § 14, 26, § 45, 22, § 46, 38). 5. Der obligatorische Aufsichtsrat der GmbH nach dem MitbestG 24
a) Voraussetzung. Eine GmbH, die in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt, unterliegt der Mitbestimmung nach dem MitbestG, § 1 Abs. 1. Ausgenommen hiervon sind GmbH, die dem Montan-MitbestG v. 21. 5. 1951 und dem Ergänzungsgesetz hierzu vom 7. 8. 1956 unterliegen (§ 1 Abs. 2), femer die in § 1 Abs. 4 näher bezeichneten Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften. Die Grundsatzvorschriften des MitbestG sind die §§ 6, 25 und 30. § 25 verhält sich über die innere Ordnung sowie die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats (s. Rdn. 11 — 13), § 30 über die Zusammensetzung der Rechte und Pflichten des gesetzlichen Vertretungsorgans, also der Geschäftsführer (s. dazu die Erl. bei § 35). Gegenstand des § 6 ist die Bildung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats sowie die Bestellung und die Abberufung seiner Mitglieder (Text im Anhang). Er verweist zunächst auf die §§ 7—24 MitbestG, sodann auf die §§ 96 Abs. 2, 97-101 Abs. 1 und 3, 102-106 AktG, die im besonderen Teil Rdn. 60ff. erläutert werden. Andere gesetzliche Vorschriften und Satzungsbestimmungen über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und die Bestellung und Abberufung seiner Mitglieder treten außer Kraft, soweit sie den Vorschriften des MitbestG (und den von ihm angeführten Vorschriften des AktG) entgegenstehen (§ 6 Abs. 2 Satz 2). § 7 bestimmt (in Abweichung von § 95 Satz 1 AktG) die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder und ihre Zusammensetzung. Letztere sichert die Parität, erstere richtet sich nach der Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer. Beträgt diese bis zu 10.000, so hat der Aufsichtsrat je 6 Mitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer, bis zu 20.000 je 8 und über 20.000 je 10. Anteilseigner sind die Gesellschafter (§ 2), Arbeitnehmer sind die Arbeiter und Angestellten nach näherer Bestimmung des § 3. Bei 6 Mitgliedern der Arbeitnehmer müssen 4 dem Unternehmen angehören, 2 werden von den Gewerkschaften vorgeschlagen (§ 16), bei 8 ist das Verhältnis 6 und 2, bei 10 ist es 7 und 3 (§ 7 Abs. 2). Die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner erfolgt gemäß § 8 Abs. 1 durch das nach Gesetz oder Satzung befugte Organ (Wahlorgan), das ist in der Regel die Gesellschafterversammlung (§ 101 Abs. 1 AktG, s. Rdn. 82). Satzungsbestimmungen über Entsendungsrechte bleiben unberührt (s. Rdn. 82). Die §§9—24 beschäftigen sich mit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer und ihrer Abberufung (§ 23). Hierzu sind am 23.6. 1977 drei Wahlordnungen ergangen. Die Erste Wahlordnung (BGBl. S. 861) mit 114 Paragraphen regelt die Wahl in Unternehmen mit einem Betrieb, die Zweite (BGBl S. 893) mit 138 Paragraphen die Wahl in Unternehmen mit mehreren Betrieben und die Dritte (BGBl. S. 934) mit 139 Paragraphen die Wahl in der GmbH & Co KG (§ 4, s. Rdn. 31 ff.) und im Konzern (§ 5, s. Rdn. 25). Dem Aufsichtsrat müssen mindestens ein Arbeiter, ein Angestellter und ein leitender Angestellter angehören (§ 15 Abs. 2 Satz 3, § 18). Die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats bestimmen sich nach den in § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG aufgeführten Vorschriften des AktG (im einzelnen s. Rdn. 53ff.) und nach den §§ 31, 32 MitbestG. (518)
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Diese beiden Vorschriften verleihen dem Aufsichtsrat zusätzliche Kompetenzen, nämlich die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (s. § 35, 44ff. § 38, 25) und die für die Geschäftsführer bindende Beschlußfassung über die in § 32 MitbestG aufgeführten Geschäfte (s. auch Rdn. 112). b) Konzern. Die Mitbestimmung im Konzern ist in § 5 geregelt. Voraussetzung für 25 dessen Anwendung ist einmal, daß das herrschende Unternehmen seiner Rechtsform nach unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fällt, was bei der GmbH der Fall ist (Rdn. 24, zur GmbH & Co KG s. Rdn. 31). Fehlt es hieran, so greift Abs. 3 ein, s. Rdn. 29. Die GmbH muß ferner Unternehmen sein. Der Unternehmensbegriff ist weder im Aktienrecht noch im MitbestG definiert. Er ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift, in der er verwendet wird (Gessler § 15 Rdn. 9). Konzernrechtlich ist die GmbH schon kraft ihrer Rechtsform als Unternehmen anzusehen (§ 13 Anh. II 4 m.weit.Nachw., ebenso Fitting-Wlotzke-Wißmann § 5 Rdn. 8). Das gilt auch hier.(zweifelnd Lutter ZGR 1977 210). In der von der Rechtsform der GmbH bereitgestellten Organisation kann unternehmerische Leitungsmacht und damit auch Konzernleitungsmacht, an der nach dem Zweck des § 5 Arbeitnehmer zu beteiligen sind, ausgeübt werden. Das rechtfertigt es, auch die Holding-GmbH, die nur eine Beteiligung verwaltet, mitbestimmungsrechtlich als Unternehmen anzusehen (ebenso Schneider GK-MitbestG 30). Wird keine Konzernleitungsmacht ausgeübt, so bleibt die GmbH zwar Unternehmen, es fehlt aber an der Konzernbildung als weiterer Voraussetzung für die Anwendung des § 5, s. Rdn. 26. Schließlich verlangt § 5 Abs. 1, daß die GmbH herrschendes Unternehmen eines 26 Konzerns ist. Er verweist dabei auf § 18 Abs. 1 AktG. Danach liegt ein Konzern vor, wenn ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt sind (dazu Gessler § 18 Rdn. 30, 34). Der Begriff der Abhängigkeit ergibt sich aus § 17 AktG, der über § 18 Abs. 1 AktG und § 5 Abs. 1 MitbestG auch für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes Geltung hat. Danach muß es sich bei dem abhängigen Unternehmen um ein rechtlich selbständiges Unternehmen handeln, auf das das herrschende Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß ausüben kann (§17 Abs. 1). Von einem in Mehrheitsbesitz (s. § 16 AktG) stehenden Unternehmen wird vermutet, daß es von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist (§17 Abs. 2). Kraft der weiteren Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3 bildet das abhängige mit dem herrschenden Unternehmen einen Konzern. Es wird also vermutet, daß beide Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden zusammengefaßt sind. Die Vermutung ist widerlegbar. Unwiderlegbar ist die Vermutung, wenn zwischen dem Unternehmen ein Beherrschungsvertrag (§ 13 Anh. II 31 und Schilling in Festschr. Hefermehl 1976 S. 390) besteht, § 18 Abs. 1 Satz 2. Die weiter dort angeführte Eingliederung kommt für die GmbH nicht in Betracht (§ 13 Anh. II 53 Abs. 2). Ob herrschend i.S. des § 5 auch mehrere Unternehmen sein können, d. h. ob bei der 27 Zusammenfassung unter der einheitlichen Leitung mehrerer Unternehmen (Mehrmütterkonzern, Gemeinschaftsunternehmen) § 5 auf alle diese anzuwenden ist, ist umstritten, s. dazu Bayer S. 187, Duden S. 161, Fitting-Wlotzke-Wißmann 23, Gessler § 18, 41, Lutter S. 11, Raiser 18f., Steindorff ZHR 141 1977 462, Schneider GK-MitbestG 89ff. Abhängig können mehrere Unternehmen sein, entweder auf derselben Ebene (Konzernstufe) oder im mehrstufigen Konzern, wo das herrschende Unternehmen über ein oder mehrere Unternehmen (Töchter) Konzemleitungsmacht ausübt, von denen weitere Unternehmen unmittelbar (Enkel) oder mittelbar (Urenkel usw.) abhängig sind. Die Ausgestaltungen der einheitlichen Leitung sind dabei in der Praxis sehr verschieden. Der Konzern kann zentral oder dezentral geführt werden, in den Zwischenstufen auch (519)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
teils zentral, teils dezentral. Die Leitungsmacht kommt aber immer nur aus einer Quelle, dem herrschenden Unternehmen. Mittlere Konzernstufen üben nur delegierte, keine originäre Leitungsmacht aus. Nur wer diese ausübt, ist herrschendes Unternehmen des Konzerns. Die Konzernleitung kann als einheitliche nicht teilbar, sondern nur delegierbar sein. Einen konzern- oder mitbestimmungsrechtlich relevanten „Konzern im Konzern" gibt es daher nicht (ebenso Gessler § 18 Rdn. 39, Lutter-Schneider, Semler, Schilling S. 533 alle wie vor Rdn. 14, Schneider GK-MitbestG 69ff., a. M. FittingWlotzke-Wißmann § 5 Rdn. 21 f., jeweils m. weit. Nachw.). 28 § 5 ist eine Zurechnungsvorschrift. Sind die in Rdn. 26 aufgeführten Voraussetzungen gegeben, ist also eine GmbH herrschendes Unternehmen eines Konzerns, so werden ihr die Arbeitnehmer aller abhängigen Unternehmen mit Sitz im Inland (Lutter 2 G R 1977 205) wie eigene Arbeitnehmer zugerechnet. Das Gesetz drückt das in der Form einer Fiktion („gelten") aus. Der Zurechnung liegt der Rechtsgedanke zugrunde, den Konzern insoweit als Einheit zu behandeln. Werden im Konzern in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2), so unterliegt die herrschende GmbH der Mitbestimmung. Darauf, ob und wieviel Arbeitnehmer sie selbst beschäftigt, kommt es nicht an. Das Gesetz hat aber den Einheitsgedanken nicht dahin weitergeführt, daß im Konzern die Mitbestimmung in den abhängigen Unternehmen entfällt. Erfüllt ein abhängiges Unternehmen für sich allein die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1, so wird sein Aufsichtsrat nach dem MitbestG gebildet. Außerdem nehmen seine Arbeitnehmer aktiv und passiv an den Wahlen zum Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens teil. Auf die Rechtsform des abhängigen Unternehmens stellt § 5 nicht ab (zur Personengesellschaft, in der eine natürliche Person persönlich haftet, s. Schneider ZGR 1975 253 und Lutter ZGR 1977 208). Mit der abhängigen GmbH & Co KG beschäftigt sich § 5 an zwei Stellen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 werden bei ihr auch die Arbeitnehmer der Komplementär-GmbH dem herrschenden Unternehmen zugerechnet. Das gilt nach § 5 Abs. 2 Satz 2 auch für den Fall, daß die GmbH & Co KG als herrschendes Unternehmen von § 5 erfaßt wird — dann nämlich, wenn sie unter § 4 fällt, s. Rdn. 41 — und eine weitere GmbH Sc Co KG von ihr abhängig ist. In beiden Fällen findet die Zurechnung statt, auch wenn die GmbH & Co nicht die Voraussetzungen des § 4 erfüllt. 29
Hat das herrschende Unternehmen nicht eine der in § 1 Abs. 1 bezeichneten Rechtsformen, so daß § 5 Abs. 1 nicht anwendbar ist, und fällt es auch nicht unter § 4 und damit unter § 5 Abs. 2 (Rdn. 31 ff.), so greift Abs. 3 über den Teilkonzern ein. Das ist z. B. der Fall, wenn das herrschende Unternehmen eine oHG oder eine nicht unter § 4 fallende KG ist oder seinen Sitz im Ausland hat. Beherrscht ein solches Unternehmen über ein oder mehrere unter § 5 Abs. 1 oder 2 fallenden Unternehmen andere Konzernunternehmen, so gelten die unter Abs. 1 oder 2 fallenden Unternehmen, die der Konzernleitung am nächsten stehen, als herrschende Unternehmen mit der Folge, daß sie von den Zurechnungsvorschriften der Abs. 1 und 2 erfaßt werden. Es kann also mehrere Teilkonzerne geben. Voraussetzung ist immer die Mehrstufigkeit (Rdn. 27) des Konzerns. Außer dem — tatsächlich die Konzernleitungsmacht ausübenden, vom MitbestG aber nicht erfaßten — herrschenden Unternehmen (Mutter) müssen ein oder mehrere unter Abs. 1 oder 2 fallende Unternehmen (Töchter) und von diesen abhängige Unternehmen (Enkel, Urenkel, Rdn. 28) vorhanden sein. Existiert kein unter Abs. 1 oder 2 fallendes Tochterunternehmen, so greift die Regelung bei der nächsten Stufe (Enkel) ein und so fort. Die Konzernleitungsmacht der von Abs. 3 erfaßten Konzernstufe wird fingiert. Wenn sie ausgeübt wird, ist sie delegiert (vgl. Rdn. 27). Übt die übergeordnete Stufe keine Leitungsmacht aus, wohl aber die nächste, unter Abs. 1 oder 2 fallende, so greifen diese Vorschriften unmittelbar ein. Ein Teilkonzern liegt nicht vor. (520)
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c) Beirat. Für den Beirat in einer dem MitbestG unterliegenden GmbH gilt das in 30 Rdn. 22, 23 Gesagte mit der Maßgabe, daß das modifizierte Weisungsrecht der Gesellschafter nicht an den Beirat übertragen werden kann (Rdn. 12). Wie in Rdn. 11, 12 näher beschrieben, ist das Weisungsrecht insoweit durch das MitbestG umgeformt worden. In dieser besonderen Form steht es nur dem der Hauptversammlung entsprechenden Organ, also der Gesellschafterversammlung zu und ist ebensowenig auf ein anderes Organ übertragbar wie die sich aus § 111 Abs. 4 Satz 4 ergebende Befugnis der Hauptversammlung. Aus den gleichen Gründen kann das modifizierte Weisungsrecht auch nicht als Vorzugsrecht (§ 14, 9) eines Gesellschafters begründet werden (a.M. Hoffmann-Neumann wie vor Rdn. 5 S. 183, Säcker wie vor Rdn. 5 S. 1846). Dagegen ist die Gestaltungsfreiheit des G m b H G insoweit bestehen geblieben, als das einfache Weisungsrecht einem Beirat übertragen werden kann (Rdn. 12). Denn das einfache Weisungsrecht als der Ausdruck der übergeordneten Stellung der Gesellschafter auch in Geschäftsführungsfragen (Rdn. 11) ist durch das MitbestG nicht berührt worden, auch was seine Übertragbarkeit betrifft. Auch der Meinung Säckers aaO, die Übertragung auf Nichtgesellschafter sei unzulässig, ist angesichts der von § 25 MitbestG vorgenommenen Abwägung (Rdn. 11) nicht zu folgen. 6. Der Aufsichtsrat der mitbestimmten GmbH & Co KG, § 4 a) Voraussetzungen, Abs. 1 Satz 1. Von dem Grundsatz, die Personenhandels- 31 gesellschaften, auch wenn sie die Rechtsform großer Unternehmen sind, mitbestimmungsfrei zu lassen, macht das Gesetz für Kommanditgesellschaften, deren persönlich haftender Gesellschafter eine der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsformen, also insbesondere eine GmbH ist, eine Ausnahme nach näherer Bestimmung des § 4 Abs. 1. Dieser ist wie § 5 (vgl. Rdn. 28) eine ZurechnungsVorschrift. Die Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft (KG) gelten als Arbeitnehmer der Komplementär-GmbH, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Einmal muß die Mehrheit der Kommanditisten, berechnet nach Anteilen oder Stimmen, die Mehrheit der Anteile oder Stimmen in der G m b H innehaben (Rdn. 32). Sodann darf die GmbH nicht selbst einen Geschäftsbetrieb mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern haben (Rdn. 33). Die Eigenart der Vorschrift besteht also darin, daß sie zwar die KG als Unternehmensträger erfassen will (vgl. RegBegr BR-Drucks. 200/74 S. 19), die Mitbestimmung aber bei der G m b H organisiert. Zum Gesetzeszweck s. Rdn. 36. Für die Berechnung der Mehrheitsidentität sind sowohl bei der GmbH wie bei der 32 KG die Grundsätze des § 16 AktG maßgebend (einschränkend Kunze B I 3a, a.M. Hölters DB 1977 2232). Sie können Geltung für alle Unternehmen beanspruchen (für die G m b H s. § 13 Anh. II 3). Eigene Anteile zählen nicht, Mehrstimmrechte sind zu berücksichtigen, Treuhandanteile oder treuhänderisch verwaltete Stimmrechte (§ 14, 31) sind dem Treugeber zuzurechnen (einschränkend Raiser 10 und Hölters aaO). Anteile oder Stimmrechte, die einem abhängigen Unternehmen gehören, dem herrschenden. Auch für den Abhängigkeitsbegriff kann auf das Aktienrecht zurückgegriffen werden, für die G m b H s. § 13 Anh. II 7. Für die KG gilt § 17 Abs. 1, nicht aber Abs. 2. Die Kapitalmehrheit verschafft nach der gesetzlichen Regelung keine Herrschaft über die KG {Schneider Z G R 1975 276). Sie kann es bei einer entsprechenden Vertragsgestaltung (vgl. Schilling Großkomm. z. H G B § 161 Vorbem. 4ff.). Der Abhängigkeitsbegriff gilt nur für Unternehmens Verbindungen. Persönliche Abhängigkeitsverhältnisse oder Bindungen — Ehe, Verwandtschaft — genügen nicht, wohl aber schuldrechtliche Bindungen, die Herrschaftsrechte verschaffen, wie z. B. bei entsprechender Gestaltung ein Stimmbindungsvertrag (§ 47, 24). Daß außerdem noch Umgehungsabsicht vorliegt (so Hölters (521)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
aaO), ist nicht erforderlich. Maßgeblich ist allein die Auslegung nach dem Gesetzeszweck, vgl. auch Rdn. 40. In der Einheitsgesellschaft, bei der der GmbH Anteile der K G gehören, werden die Gesellschafterrechte in der GmbH von den Kommanditisten ausgeübt (näheres Allg. Einl. 39 ff. und bei Schilling, Festschr. f. Barz 1974 S. 67). Die Identität ist also gegeben (ebenso Fitting-Wlotzke-Wißmann 9, 17, Naendrup GK-MitbestG 34), Zöllner S. 332, Hölters aaO, a.M. Kober S. 24). 33 Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 4 ist, daß die GmbH keinen eigenen Geschäftsbetrieb mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern hat. Die Arbeitnehmer müssen in dem „eigenen Geschäftsbetrieb" der GmbH beschäftigt sein. Nach der RegBegr (BR-Drucks. 200/74 S. 19) soll nur die GmbH Sc Co erfaßt werden, bei der sich die GmbH im wesentlichen auf die Geschäftsführung der KG beschränkt. Personal, das die GmbH für den Geschäftsbetrieb der KG beschäftigt, insbesondere um ihre Geschäftsführungsaufgaben zu erfüllen, ist also nicht zum Geschäftsbetrieb der GmbH zu rechnen, wohl aber bei der Errechnung der nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 erforderlichen mehr als 2000 Arbeitnehmer zu berücksichtigen. 34 § 4 ist auch dann anzuwenden, wenn neben der GmbH eine oder mehrere natürliche Personen Komplementäre sind. Damit soll nach der RegBegr S. 20 eine Umgehung der Vorschrift (s. dazu Rdn. 40) verhindert werden. Ist die GmbH Komplementärin mehrerer KG, deren Kommanditisten jeweils mehrheitlich mit den GmbHGesellschaftern identisch sind (Rdn. 32), so werden ihr die Arbeitnehmer aller dieser KG zugerechnet (RegBegr S. 19, Fitting-Wlotzke-Wißmann 27), s. auch Rdn. 36 und 42. 35 b) Sitz im Inland. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich die Frage, ob die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Unternehmen ihren Sitz im Inland haben müssen. Die Rechtsform der GmbH kann auch ein ausländisches Unternehmen haben. In dem federführenden 11. Ausschuß des Bundestags bestand aber Einmütigkeit darüber, daß das Gesetz nicht für Unternehmensorgane ausländischer Unternehmen Geltung beanspruchen kann, sich vielmehr auf Unternehmen mit Sitz im Inland (Geltungsbereich des Grundgesetzes) beschränkt (BT-Drucks. 7/4845 zu Drucks. 7/4787 S. 4). Auch die RegBegr geht zu § 5 Abs. 3 (Rdn. 29) davon aus, daß § 1 Abs. 1 Nr. 1 eine „ausländische Rechtsform" nicht erfaßt. Offengeblieben ist die Frage, was unter Sitz im Inland (Ausland), ausländischen Unternehmen oder Rechtsformen zu verstehen ist. Man darf annehmen, daß das Gesetz die Beantwortung dieser Frage den in Deutschland herrschenden Regeln des Internationalen Gesellschaftsrechts überlassen wollte, vgl. dazu Allg. Einl. Rdn. 73 ff. Der BGH hat in der zuletzt bekanntgewordenen Entscheidung zu dieser Frage BGHZ 53 181 für die Beurteilung der Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person das Recht des Staates für maßgebend angesehen, in dem sich der Sitz der tatsächlichen Verwaltung befindet. Legt man diese Ansicht zugrunde, so ist eine nach ausländischem Recht gegründete GmbH mit inländischem Verwaltungssitz nicht rechtsfähig (Allg. Einl. 77). Sie wäre nichtig (Koppensteiner Internationale Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht 1971 S. 133) und könnte demgemäß auch nicht persönlich haftender Gesellschafter einer KG sein. Damit würde das ganze Problem entfallen. Vertritt man dagegen die Gründungstheorie (Allg. Einl. 83ff., Koppensteiner aaO), so wäre die Rechtsfähigkeit der ausländischen GmbH auch dann anzuerkennen, wenn ihre Verwaltung im Inland geführt würde. Das gleiche gilt nach der wohl noch herrschenden (Verwaltungs-)Sitztheorie für die ausländische GmbH mit tatsächlicher Verwaltung im Ausland: Sie kann unbestritten als Komplementär-GmbH fungieren mit der Folge, daß die GmbH & Co KG mitbestimmungsfrei ist (vgl. dazu auch Müffelmann und Meilicke-Meilicke BB 1977 1063, Komm. § 1 Rdn. 3, § 4 Rdn. 3, Bellstedt BB 1977 1236, Naendrup GK-MitbestG 17, Raiser § 1 Rdn. 12, Steindorff ZHR 141 1977 460). Auf die Identität der Gesellschafter der ausländischen GmbH mit den Komman(522)
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ditisten kommt es nicht an. Der Gesetzeszweck, die Arbeitnehmer einer KG (mit inländischem Sitz) in der in § 4 bestimmten Gestaltungsform an der Unternehmensleitung durch Mitbestimmung im Aufsichtsrat teilhaben zu lassen, kann bei dieser Gestaltung nicht erreicht werden. Das ist eine Folge der Anknüpfung dieser Mitbestimmung an die Rechtsform der GmbH. c) Die mehrstöckige GmbH & Co KG, Abs. 1 Satz 2 und 3. Ist die KG, d. h. eine 36 nach Satz 1 beschaffene KG (Rdn. 31—34), persönlich haftender Gesellschafter einer anderen KG, so gelten auch deren Arbeitnehmer als solche der GmbH. Das gilt entsprechend, wenn sich die Verbindung von Kommanditgesellschaften in dieser Weise fortsetzt (Abs. 1 Satz 2 und 3). In dieser Konstruktion gibt es (auch) nur eine GmbH, aber mehrere KG. Daß auch zwischen den anderen KG und der GmbH Mehrheitsidentität bestehen muß, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich. Er ergibt sich aber aus dem Zweck des § 4. Dieser besteht — soweit erkennbar — darin, eine Rechtsform zu erfassen, die der GmbH in bezug auf die Haftungsbeschränkung der Träger des unternehmerischen Risikos gleichzusetzen (dazu auch Allg. Einl. 36) und deshalb mitbestimmungsrechtlich wie diese zu behandeln ist (ähnlich Zöllner S. 331). Diese Rechtsform soll aber nur in einer bestimmten Ausgestaltung erfaßt werden, die typisch für sie als Unternehmensträger ist (Allg. Einl. 32). Danach müssen die Kommanditisten als Träger des unternehmerischen Risikos auch die GmbH als ihr Geschäftsführungsinstrument beherrschen — deshalb das Erfordernis der Mehrheitsidentität (Rdn. 32) — und die GmbH muß sich im wesentlichen auf ihre Geschäftsführungsaufgabe beschränken — deshalb kein eigener größerer Geschäftsbetrieb (Rdn. 33), vgl. auch Rdn. 36 und 42. Besteht zwischen den Gesellschaftern der unter § 4 Abs. 1 Satz 1 fallenden GmbH & Co (Kommanditisten und GmbH-Gesellschaftern) und den Kommanditisten der anderen Kommanditgesellschaften keine Mehrheitsidentität, so greift § 5 Abs. 1 ein, wenn die GmbH (Rdn. 25ff.) und § 5 Abs. 2, wenn die unter § 4 Abs. 1 Satz 1 fallende GmbH & Co (Rdn. 41 ff.) herrschendes Unternehmen im Sinne des § 5 Abs. 1 ist. Beherrschen aber z. B. bei einer zweistöckigen GmbH Sc Co die Kommanditisten der zweiten GmbH & Co kraft deren gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen die geschäftsführende (erste) GmbH & Co, mit deren unter sich mehrheitsidentischen Gesellschaftern (Kommanditisten und GmbH-Gesellschaftern) sie nicht mehrheitsidentisch sind, so wird zwar die erste GmbH & Co für sich allein von § 4 erfaßt (und von der Mitbestimmung, falls sie mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt), nicht aber die zweite GmbH & Co. Eine solche Konstruktion wird ebensowenig vom MitbestG erfaßt, wie die einstöckige GmbH & Co ohne Mehrheitsidentität zwischen Kommanditisten und GmbH-Gesellschaftern, s. Rdn. 32 und 40 (wie hier Raiser 13, Meilicke-Meilicke 16, Hoffmann GmbH-Rdsch. 1974 74, a.M. Fitting-Wlotzke-Wißmann 29). d) Geschäftsführung, Abs. 2. Die Komplementär-GmbH darf von der Führung 37 der Geschäfte der KG nicht ausgeschlossen werden. Die Geschäftsführung der KG ist in den §§ 114-116 (§ 161 Abs. 2), 164 HGB geregelt. Geschäftsführung ist jede auf die Verfolgung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit (Hueck Das Recht der offenen Handelsgesellschaft § 10 I 1, Fischer Großkomm. z. HGB § 114 Anm. 2a). Dazu gehören nicht Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft und die Beziehungen der Gesellschafter zueinander betreffen (RGZ 162 370, 374, Hueck aaO, Fischer aaO Anm. 2b)" In diesem Rahmen ist die Geschäftsführung der KG durch die GmbH Gegenstand 38 der Überwachung durch den mitbestimmten Aufsichtsrat. Daß diese nicht gegenstandslos gemacht wird, ist Zweck des Abs. 2. Er verbietet nicht nur den Ausschluß der GmbH von der Geschäftsführung im rechtstechnischen Sinn der §§114 Abs. 2, 117, 118 H G B , sondern deren Ausschaltung (RegBegr S. 20). Damit soll die Mitwirkung der (523)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
GmbH bei der gesamten Geschäftsführung der KG gesichert werden. Demgemäß können zwar weitere Komplementäre oder Kommanditisten als Mitgeschäftsführer bestellt werden, entsprechend der Regel des § 115 Abs. 1 HGB auch mit Einzelgeschäftsführungsbefugnis, das dort statuierte Widerspruchsrecht der GmbH kann aber nicht ausgeschlossen werden, auch nicht durch Einführung einer Mehrheitsentscheidung in der Geschäftsführung (ebenso Naendrup GK-MitbestG 59, teilw. abw. FittingWlotze-Wißmann 35, Hölters BB 1975 802). Das gilt auch für ungewöhnliche Geschäfte (§ 116 Abs. 2). Eine etwa hierdurch eintretende Schwerfälligkeit der Geschäftsführung müssen die Gesellschafter hinnehmen, wenn sie schon entgegen sonstiger gesellschaftsrechtlicher Übung Gesellschaftern, statt sie zu Geschäftsführern der KomplementärGmbH zu bestellen, neben dieser Geschäftsführungsbefugnis verleihen. 39
Die Integration, die bei den in Rdn. 38 beschriebenen — zulässigen — Vertragsgestaltungen notwendig ist, liegt bei der Gesellschafterversammlung der GmbH, deren Mehrheit die Kommanditisten stellen. Durch entsprechende Vertraggestaltung kann auch die Gesellschafterversammlung der KG zum obersten Organ gemacht werden. Für das Weisungsrecht der GmbH-Gesellschafter gegenüber den GmbH-Geschäftsführern und ein gesellschaftsvertragliches Weisungsrecht der Kommanditisten gegenüber der GmbH (und damit gegenüber deren Geschäftsführern) und seinem Verhältnis zur Uberwachungsbefugnis des Aufsichtsrats gelten die Ausführungen in Rdn. 11, 12, für einen Beirat die in Rdn. 30. Naendrup GK-MitbestG 62 verneint nach dem Zweck des Abs. 2 („Ausschaltungsschutz") jedes Weisungsrecht. Dabei verkennt er, daß das Gesetz die in § 4 erfaßte GmbH & Co bezüglich der Mitbestimmung der GmbH gleichstellen will (Rdn. 36), also auch bei ihr rechtsformbedingte Schwächungen, wie das bei der GmbH unbestrittene Weisungsrecht der Gesellschafter duldet.
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e) Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber hat bewußt nur eine bestimmte Gestaltungsform der GmbH & Co der Mitbestimmung unterworfen. In der RegBegr (BR-Drucks. 200/74 S. 19, BT-Drucks. 7/2172 S. 20) heißt es, daß die Einbeziehung dieser Gesellschaftsform nur dann gerechtfertigt sei, wenn sich die GmbH im wesentlichen auf die Geschäftsführung der KG beschränkt und die Gesellschafter der GmbH und die Kommanditisten in ihrer Mehrheit identisch sind. Außerhalb dieses gesetzlichen Tatbestands (zu seiner Auslegung s. Rdn. 32—35) liegt daher keine planwidrige, zur Lückenausfüllung aufrufende Unvollständigkeit des Gesetzes vor (vgl. Canaris Die Feststellung von Lücken im Gesetz 1964 und Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. 1975 S. 354). Vielmehr entspricht die Unvollständigkeit dem Plan und den Absichten des Gesetzes (ebenso Lutter ZGR 1977 200). Für eine Ergänzung des Gesetzes durch Lückenausfüllung ist deshalb kein Raum. Auch der Gesichtspunkt der Gesetzesumgehung führt nicht weiter. Diese ist kein selbständiges Rechtsinstitut. Ihr Problembereich deckt sich mit dem der Auslegung und Analogie (Lückenausfüllung), vgl. hierzu Teichmann Die Gesetzesumgehung 1962 S. 105, Hefermehl in Soergel-Siebert BGB § 134, 38, Flume Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts 2. Bd. § 17.5, § 20.2 b) cc), Kunze D I—IV. Kann mit ihrer Hilfe eine rechtliche Gestaltung nicht erfaßt werden, so wird sie es auch nicht durch die Feststellung, daß sie (nur) zu Umgehungszwecken gewählt wurde. Deshalb kann auch Spieker (S. 220) nicht gefolgt werden, wenn er auf die „Absicht der arglistigen Gesetzesumgehung" abhebt und einen rechtswidrigen Tatbestand annimmt, falls die wirtschaftlich zweckmäßigere Unternehmensorganisation zur Anwendung des MitbestG führen würde, s. auch Rdn. 21. Schließlich können die Voraussetzungen des § 4 auch nicht mit Hilfe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise oder mit der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit (vgl. Spieker aaO, Fitting-Wlotzke-Wißmann 1, 2, 17, Wlotzke-Wißmann S. 961) oder einer „künst(524)
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lieh mitbestimmungsfrei gemachten GmbH & Co K G " (Naendrup GK-MitbestG 22) ersetzt werden. Über ausländische Gesellschaften s. Rdn. 35. f) Die GmbH & Co KG als herrschendes Unternehmen eines Konzerns. Es ist 41 eine konsequente Fortführung des § 4, daß die dort erfaßte Gestaltung der GmbH & Co auch unter die Regelung des § 5 über die Konzernmitbestimmung fällt. Die GmbH & Co muß also einmal die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 (Rdn. 31 ff.) erfüllen, sie muß ferner herrschendes Unternehmen eines Konzerns sein (Rdn. 26f.). Dann werden der GmbH nicht nur nach § 4 die Arbeitnehmer der KG zugerechnet (Rdn. 31), sondern nach § 5 Abs. 2 auch die Arbeitnehmer der von der KG beherrschten Unternehmen (Konzernunternehmen). Beherrscht die GmbH als solche Unternehmen, dann werden ihr nach § 5 Abs. 1 Satz 1 auch deren Arbeitnehmer zugerechnet. Das gleiche gilt nach der Verweisungsvorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 auch für Arbeitnehmer der Komplementär-GmbH einer von der GmbH & Co beherrschten (weiteren) GmbH & Co, ohne daß es darauf ankommt, ob die letztere unter § 4 fällt (vgl. Rdn. 28 a.E.). § 5 Abs. 2 Satz 2 verweist ferner auf § 4 Abs. 2. Ist eine GmbH & Co Konzernspitze, so darf ihre Komplementär-GmbH nicht von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden; das in Rdn. 37—39 Ausgeführte gilt auch hier. Zur Zurechnung bei der abhängigen GmbH & Co s. Rdn. 28. Die gemäß § 4 gestaltete GmbH & Co stellt als solche keinen Konzern dar. Weder 42 beherrscht die GmbH die KG noch umgekehrt. Beide werden vielmehr von der identischen Mehrheit der Kommanditisten/GmbH-Gesellschafter beherrscht. Konzemrechtlich liegt derselbe Fall vor, wie wenn der gleichen Anteilseignergruppe die Mehrheit in mehreren Kapitalgesellschaften gehört (zur Frage der Abhängigkeit eines weiteren Unternehmens von diesen Gesellschaften s. BGHZ 62 193, 199). Eine Zurechnung der Arbeitnehmer der KG zur GmbH kann hier also nur nach § 4 erfolgen, nicht auch nach § 5. Das gilt auch für die in der RegBegr S. 19 angesprochene sog. sternförmige GmbH & Co (vgl. Rdn. 34), bei der, soll sie unter § 4 fallen, die Kommanditisten aller KG mehrheitsidentisch mit den Gesellschaftern der GmbH sein müssen. Auch hier kann die GmbH keine K G beherrschen, weil sie ebenso wie alle KG unter dem beherrschenden Einfluß der Gesellschaftermehrheit steht; abw. Grossmann (s. vor Rdn. 14) und Naendrup GK-MitbestG § 4, 38—45. Die Streitfrage ist ohne praktische Bedeutung, weil das Ergebnis der Zurechnung dasselbe ist, gleichgültig, ob sie nur nach § 4 oder auch nach § 5 erfolgt, vgl. auch Rdn. 36. Die nicht unter § 4 fallende GmbH & Co kann keine Konzernspitze i.S. des § 5 43 Abs. 1 sein, weil sie nicht zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Unternehmen gehört. Da sie auch nicht unter § 5 Abs. 2 fällt, liegt, wenn sie andere Unternehmen beherrscht, ein Teilkonzern nach § 5 Abs. 3 vor (Rdn. 29). Je nach Vertragsgestaltung kann sie aber in sich einen Konzern bilden, sei es daß die GmbH die KG beherrscht sei es umgekehrt. Maßgeblich ist der beherrschende Einfluß auf die Geschäftsführung, s. unten. Im ersten Fall ist die GmbH Konzernspitze i.S. des § 5 Abs. 1. Im letzteren Fall liegt, wenn weitere Konzernunternehmen vorhanden sind, ein Teilkonzern vor. Die Mitbestimmung ist nach § 5 Abs. 3 bei der von der KG abhängigen GmbH anzusiedeln. Gibt es weitere Konzernunternehmen nicht, so ist der Konzern mitbestimmungsrechtlich irrelevant. Ein Fall der Beherrschung der GmbH durch die KG ist bei der Einheitsgesellschaft gegeben (§ 13 Anh. II 7, s. auch Schilling in Festschr. f. Barz 1974 S. 67). Ob eine KG von einem anderen Unternehmen abhängig ist, richtet sich nach der Vertragsgestaltung. Der Abhängigkeitsbegriff des § 17 Abs. 1 AktG kann auch für die Personengesellschaft verwendet werden, die Abhängigkeitsvermutung des Abs. 2 aber nicht ohne weiteres (s. auch Rdn. 32). Eine Personengesellschaft beherrscht nur, wer einen beherrschenden (525)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
Einfluß auf ihre Geschäftsführung ausüben kann. Übt ihn ein Unternehmen aus, so ist die Personengesellschaft Konzernunternehmen i.S. des § 5. 7. Sonstige Fälle des obligatorischen Aufsichtsrats 44
Außer den in Z. 4, 5 und 6 behandelten Fällen ist ein obligatorischer Aufsichtsrat für die GmbH vorgeschrieben im Montan-MitbestG vom 21. 5. 1951, in dem Ergänzungsgesetz hierzu (sog. Holdingnovelle) vom 7. 8. 1956, in § 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften i.d.F. vom 14. 1. 1970 und in § 1 Abs. 1 der VO z. Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen i.d.F. vom 24. 11. 1969.
III. Der erste (mitbestimmte) Aufsichtsrat — Registervorschriften, § 52 Abs. 2 Schrifttum Deutler Bildung und Amtszeit des ersten Aufsichtsrats in der GmbH, DB 1969 691, Fabricius in GK-MitbestG § 37, 26—42, Fitting-Auffarth-Kaiser Komm. z. BetrVerfG 12. Aufl. 1977 §§ 76, 77 BetrVG 1952. 1. Der erste fakultative Aufsichtsrat 45
a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft. § 52 Abs. 2 ist durch Art. 3 Nr. 4b des Koordinierungsgesetzes vom 15.8. 1969 (s. Allg. Einl. Rdn. 7) eingefügt worden. Er überläßt es den Gründungsgesellschaftern, ob sie den in der Satzung vorgesehenen Aufsichtsrat vor oder nach der Eintragung der Gesellschaft bestellen. Die vorherige Bestellung ist allerdings zwingend, wenn nach der Satzung dem Aufsichtsrat die Bestellung der Geschäftsführer obliegt. Wird der Aufsichtsrat vor der Eintragung bestellt, so gelten § 37 Abs. 3 Nr. 3 und § 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG entsprechend. Danach ist der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister (§ 7) die Urkunde über die Bestellung des Aufsichtsrats, also in der Regel ein Gesellschafterbeschluß, beizufügen (§ 8, 17). Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 AktG macht das Registergericht Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats bekannt (§ 10, 40). Diese Angaben sind deshalb auch bei der Anmeldung zu machen. Eingetragen werden die Aufsichtsratsmitglieder nicht. 46 b) Bestellung nach der Eintragung. Werden die Mitglieder des Aufsichtsrats erst nach der Eintragung der Gesellschaft bestellt, so gilt Abs. 2 Satz 2. Die Geschäftsführer haben die Bestellung — nach Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder — unverzüglich im Bundesanzeiger, in den gemäß § 11 HGB bestimmten Blättern und etwa im Gesellschaftsvertrag bestimmten anderen öffentlichen Blättern (§ 3, 40) bekanntzumachen und die Bekanntmachung zum Handelsregister einzureichen. 47 c) Abs. 2 ist zwingend. Der zwingende Charakter der Vorschrift ergibt sich aus seiner Entstehung. Mit ihm wird eine den Mitgliedstaaten der EG durch die 1. gesellschaftsrechtliche Richtlinie auferlegte Verpflichtung erfüllt (ebenso Baumbach-Hueck 2 H c). Voraussetzung für die Anwendung ist, daß ein Aufsichtsrat i.S. des Abs. 1 bestellt ist. Daß der Gesellschaftsvertrag die Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen auf ihn ausschließt (Rdn. 8), ist unerheblich, ebenso der dem Organ gegebene Name. Maßgeblich ist allein, daß dem Organ die Überwachung der Geschäftsführung zusteht (Rdn. 8). (526)
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2. Der erste Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft. § 77 BetrVG knüpft die 48 Mitbestimmung an die Rechtsform der GmbH. Diese erlangt sie mit ihrer Eintragung ins Handelsregister (§11 Abs. 1). Ihre Organisation ist aber schon mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrags gebildet (vgl. § 11, 8, 9). Sie ist fähig, einen Aufsichtsrat zu bestellen (Rdn. 45). Daß die Vorgesellschaft schon einen Geschäftsbetrieb mit mehr als 500 Arbeitnehmern unterhält (Rdn. 19), wird nur im Falle der Einbringung eines Unternehmens als Sacheinlage (§ 5, 52ff.) vorkommen. Anders wie in § 31 AktG ist dieser Fall für die GmbH gesetzlich nicht geregelt. Eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 3 AktG, wie sie Deutler und Baumbach-Hueck (Schlußanhang 13. Aufl. S. 471) vorschlagen, würde bedeuten, daß die Geschäftsführer unverzüglich nach der Einbringung die Bekanntmachung nach § 97 AktG (Rdn. 63) zu erlassen haben. Dieses Umwegs bedarf es aber nicht, wenn man aufgrund der obigen Erwägungen § 77 BetrVG unmittelbar auf die Vorgesellschaft anwendet. Dann sind die Geschäftsführer verpflichtet — unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht —, alsbald für die Wahl eines Aufsichtsrats nach § 77 BetrVG in der durch § 95 Abs. 1 Satz 1 AktG bestimmten Zahl von 3 Mitgliedern oder der von der Satzung festgesetzten höheren Zahl zu sorgen (ebenso Fitting-Auffarth-Kaiser § 77, 4). Wie im Aktienrecht kann die Eintragung der Gesellschaft durch das Wahlverfahren für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nicht verzögert werden (ebenso Fabricius 41 für das MitbestG). Unabhängig von dessen Beendigung kann vielmehr die Gesellschaft zur Eintragung angemeldet werden und ist die Eintragung vorzunehmen. Die Vorschriften des Abs. 2 (Rdn. 45) beziehen sich dann nur auf die Mitglieder der Anteilseigner. b) Bestellung nach der Eintragung. Tritt die Voraussetzung des § 77 BetrVG 49 (Rdn. 19) erst nach der Eintragung ein, so ist zu unterscheiden, ob die Gesellschaft bereits einen Aufsichtsrat hat oder nicht. Im ersteren Fall ist § 97 AktG anzuwenden (Rdn. 63, Fitting-Auffarth-Kaiser § 77, 4, § 76, 34). Es gilt das Kontinuitätsprinzip des § 96 Abs. 2 AktG. Das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder erlischt erst in dem in § 97 Abs. 2 Satz 3 bzw. § 98 Abs. 4 Satz 2 bestimmten Zeitpunkt. Ist noch kein Aufsichtsrat vorhanden, so findet kein Verfahren nach § 97 AktG statt (ebenso FittingAuffarth-Kaiser § 77, 4). Die Geschäftsführer haben unverzüglich die Wahl sowohl der Anteilseigner — wie der Arbeitnehmervertreter zu veranlassen. Die Vorschriften des § 52 Abs. 2 Satz 2 über die Bekanntmachung (Rdn. 46) gelten auch hier. 3. Der erste Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Bestellung vor der Eintragung der Gesellschaft. Das MitbestG enthält ebenso- 50 wenig wie das BetrVG Bestimmungen über die Anwendung seiner Vorschriften auf die neugegründete GmbH. Auch hier empfiehlt sich nicht eine entsprechende Anwendung der §§ 30, 31 AktG (im gleichen Sinn Fabricius 26—29). Es gilt das in Rdn. 48 für die Vorgesellschaft Gesagte (ebenso Fabricius 36, 37). Das MitbestG ist anzuwenden, sobald die Vorgesellschaft mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt (Rdn. 24), was auch hier nur im Falle der Einbringung eines Unternehmens denkbar ist. § 6 Abs. 2 MitbestG schreibt die Anwendung des § 97 AktG auch für die Bildung des Aufsichtsrats vor (Fitting-Wlotzke-Wißmann § 6, 6). Die Geschäftsführer haben also unverzüglich nach der Einbringung die Bekanntmachung nach § 97 Abs. 1 AktG zu erlassen. Das weitere richtet sich nach § 97—99. Auch hier gilt (Rdn. 48 a.E.), daß die Eintragung der Gesellschaft von der Durchführung der Wahl der Arbeitnehmervertreter unabhängig ist (ebenso Fabricius 41). Ebenso gelten die Vorschriften des § 52 Abs. 2 Satz 1 (Rdn. 45) nur für die Anteilseignervertreter. (527)
§52 51
3. Abschnitt: Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g
b ) B e s t e l l u n g n a c h d e r E i n t r a g u n g . H i e r besteht kein Unterschied zwischen d e m F a l l , daß s c h o n ein Aufsichtsrat besteht, und d e m , daß keiner besteht (vgl. R d n . 49). In b e i d e n Fällen haben die G e s c h ä f t s f ü h r e r das Verfahren nach § 97 A k t G durchzuführen, s o b a l d die V o r a u s s e t z u n g e n f ü r die A n w e n d u n g des M i t b e s t G eingetreten sind ( R d n . 2 4 ) . Ist s c h o n eine Aufsichtsrat vorhanden, s o gilt § 97 A k t G unmittelbar, im andern F a l l ü b e r § 6 A b s . 2 M i t b e s t G (vgl. R d n . 50). N a c h der D u r c h f ü h r u n g der Wahlen gilt § 52 A b s . 2 S a t z 2 ü b e r die Bekanntmachung ( R d n . 46). 4 . Wechsel v o n A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d e r n
52
§ 52 A b s . 2 Satz 2 über die Bekanntmachung gilt auch f ü r jede Ä n d e r u n g in der p e r s o n e l l e n Z u s a m m e n s e t z u n g des Aufsichtsrats. D i e entsprechende Vorschrift des § 106 A k t G gilt seit der E i n f ü g u n g des A b s . 2 (Rdn. 45) nicht mehr f ü r die G m b H . Inhaltlich hat sich d a d u r c h nichts geändert. B e k a n n t z u m a c h e n ist die Bestellung jedes neuen M i t g l i e d s nach N a m e n , B e r u f und W o h n o r t und das Ausscheiden des alten, w o b e i die A n g a b e des N a m e n s genügt. D i e W i e d e r w a h l ist kein Wechsel und braucht daher nicht b e k a n n t g e m a c h t z u werden.
B e s o n d e r e r Teil I.
Berichterstattung AktG § 90 Berichte an den Aufsichtsrat
(1) Der Vorstand hat dem Aufsichtsrat zu berichten über 1. die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftsführung; 2. die Rentabilität der Gesellschaft, insbesondere die Rentabilität des Eigenkapitals; 3. den Gang der Geschäfte, insbesondere den Umsatz, und die Lage der Gesellschaft, 4. Geschäfte, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sein können. Außerdem ist dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats aus sonstigen wichtigen Anlässen zu berichten; als wichtiger Anlaß ist auch ein dem Vorstand bekannt gewordener geschäftlicher Vorgang bei einem verbundenen Unternehmen anzusehen, der auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein kann. (2) Die Berichte nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 sind wie folgt zu erstatten: 1. die Berichte nach Nummer 1 mindestens einmal jährlich, wenn nicht Änderungen der Lage oder neue Fragen eine unverzügliche Berichterstattung gebieten; 2. die Berichte nach Nummer 2 in der Sitzung des Aufsichtsrats, in der über den Jahresabschluß verhandelt wird; 3. die Berichte nach Nummer 3 regelmäßig, mindestens vierteljährlich; 4. die Berichte nach Nummer 4 möglichst so rechtzeitig, daß der Aufsichtsrat vor Vornahme der Geschäfte Gelegenheit hat, zu ihnen Stellung zu nehmen. (3) Der Aufsichtsrat kann vom Vorstand jederzeit einen Bericht verlangen über Angelegenheiten der Gesellschaft, über ihre rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem Einfluß sein können. Auch ein einzelnes Mitglied kann einen Bericht, jedoch nur an den Aufsichtsrat, verlangen; lehnt der Vorstand die Berichterstattung ab, so kann der Bericht nur verlangt werden, wenn ein anderes Aufsichtsratsmitglied das Verlangen unterstützt. (528)
Aufsichtsrat (Schilling)
§52
(4) Die Berichte haben den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen. (5) Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen. Soweit die Berichte schriftlich erstattet worden sind, sind sie auch jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen auszuhändigen, soweit der Aufsichtsrat nichts anderes beschlossen hat. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats hat die Aufsichtsratsmitglieder über die Berichte nach Abs. 1 Satz 2 spätestens in der nächsten Aufsichtsratssitzung zu unterrichten.
Schrifttum Dietz Der obligatorische Aufsichtsrat der GmbH, Festschrift für H. Lehmann (1956) Band II 693; Eder Das Recht des Aufsichtsrats der GmbH auf Berichte, GmbH-Rdsch. 1962 44; Isele Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht von GmbH-Geschäftsführern über die Umsätze der Gesellschaft gegenüber den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, RdA 1968 458. 1. Geltungsumfang Nach dem insoweit gleichlautenden Text des § 52 Abs. 1, des § 77 Abs. 1 Satz 2 53 BetrVG (s. Anhang) und des § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG (s. Anhang) gelten für den fakultativen wie für den mitbestimmten Aufsichtsrat von dem die Berichterstattung des Vorstands zusammenfassend regelnden § 90 AktG nur die Abs. 3, 4 und 5 Satz 1 und 2, nicht die Abs. 1, 2 und 5 Satz 3. Der Umfang der Berichtspflicht der Geschäftsführer ist also für den fakultativen und für den mitbestimmten Aufsichtsrat der gleiche, nur mit dem Unterschied, daß die Regelung nach den Mitbestimmungsgesetzen zwingend ist, während sie für den fakultativen Aufsichtsrat nur gilt, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt. Die Satzung kann also den Umfang der Berichterstattung für den fakultativen Aufsichtsrat verringern und erweitern, für den mitbestimmten kann sie ihn nur erweitern, etwa auch die Geltung des § 90 Abs. 1 und 2 AktG einführen. Der Grund für den Unterschied der gesetzlichen Regelung der Berichtspflicht in der 54 A G und der G m b H liegt in der verschiedenen Entwicklung beider Rechte. Das Aktienrecht schritt von Reform zu Reform, das GmbH-Gesetz blieb davon im wesentlichen unberührt (s. Rdn. 1). Seit seiner Entstehung bis zum AktG 1965 verwies es in § 52 auf die Bestimmungen des H G B über den Aufsichtsrat, was die Berichtspflicht betrifft, auf § 246 Abs. 1 Satz 2, der nur den Bericht auf Verlangen vorsah. Inzwischen war aber durch § 239a — eingefügt durch die Aktienrechtsnovelle vom 19. 9. 1931 — die initiative Berichtspflicht eingeführt, in § 81 AktG 1937 übernommen und in § 90 Abs. 1 und 2 A k t G 1965 ausgebaut worden. Dieses wollte in § 32 E G der damals schon beabsichtigten GmbH-Reform nicht vorgreifen und beschränkte sich in der Neufassung des § 52 Abs. 1 auf diejenigen Vorschriften des AktG, die den im alten Text für anwendbar erklärten Bestimmungen des H G B entsprachen. Die gleiche Beschränkung erlegten sich § 77 BetrVG und § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG auf. Von einem Redaktionsversehen, wie Raiser § 25, 48 vermutet, kann man wohl nicht sprechen (vgl. auch Duden wie vor Rdn. 5 S. 177). 2. Initiative Berichtspflicht der Geschäftsführer Das Weglassen der Abs. 1 und 2 des § 90 AktG in den drei Verweisungsvorschriften 55 (Rdn. 53) bedeutet nicht, wie Fitting-Wlotzke-Wißmann § 25, 50 und Raiser § 25, 48 annehmen, daß die Geschäftsführer der Pflicht enthoben seien, von sich aus (initiativ) dem Aufsichtsrat zu berichten. Die Rechtsentwicklung ist weiter geschritten. Für die Ausle(529)
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
gung des GmbHG sind nicht die Verhältnisse des Jahres 1892, sondern die heutigen maßgeblich. Nach den heutigen Anschauungen entspricht dem Kontrollrecht des Aufsichtsrats eine Pflicht der Geschäftsführer, von sich aus in dem in Rdn. 56 beschriebenen Umfang zu berichten (ähnlich Duden S. 177). Dazu bedarf es keines ausdrücklichen Verlangens des Aufsichtsrats, da es selbstverständlich ist, daß dieser eine solche InitiativBerichterstattung verlangen kann und verlangen muß, um seiner Uberwachungspflicht nachzukommen. Diese sich aus dem Verhältnis der beiden Organe als selbstverständlich ergebende Berichtspflicht unterscheidet sich von der des § 90 Abs. 1 und 2 AktG nur durch ihre größere Flexibilität, was die in Abs. 1 geregelten Gegenstände der Berichterstattung und die in Abs. 2 bestimmten Zeiten betrifft (a.M. Isele). Im übrigen werden die Bestimmungen des § 90 AktG ergänzt durch § 111 Abs. 2 und 4 (Rdn. 122 ff.) und für den mitbestimmten Aufsichtsrat durch § 171 AktG (Rdn. 128, 132). 3. Umfang der Berichtspflicht 56
Der Umfang der Berichterstattung ergibt sich aus der Uberwachungspflicht des Aufsichtsrats (Rdn. 122ff.). Da diese eine vollständige ist, muß es auch die Berichtspflicht sein. Sie umfaßt alle Angelegenheiten der Gesellschaft, die Gegenstand der Geschäftsführung sind. Es versteht sich von selbst, daß sie sich auf das Wesentliche zu beschränken hat. Die in § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1—4 angeführten Gegenstände entsprechen diesem Erfordernis. Auch Satz 2 über sonstige wichtige Anlässe einschließlich geschäftlicher Vorgänge bei verbundenen Unternehmen ist entsprechend anzuwenden, s. auch Rdn. 59. Ein Geheimhaltungsrecht der Geschäftsführer gegenüber dem Aufsichtsrat gibt es ebensowenig wie bei der AG. Wie dort sind die Geschäftsführer dem Aufsichtsrat gegenüber zu unbedingter Offenheit verpflichtet (BGHZ 20 239, 246). Diese Pflichten treffen jeden einzelnen Geschäftsführer (BGHZ 47 341, 352). Alles das ergibt sich auch aus den Grundsätzen einer gewissenhaften und treuen Rechenschaft (§ 90 Abs. 4 AktG). 4. Rechte der Gesellschafter
57
Das Überwachungsrecht der Gesellschafter aus § 46 Nr. 6 (§ 46, 27f.) bleibt neben den Befugnissen des Aufsichtsrats bestehen (Eder wie vor Rdn. 5 Tz 486.3, FittingWlotzke-Wißmann § 25, 50). Eine initiative Berichtspflicht der Geschäftsführer ist aber den Gesellschaftern gegenüber nicht gegeben. Denn diese haben nur das Recht zur Überwachung, nicht wie der Aufsichtsrat die Pflicht. Die Gesellschafter können den Geschäftsführern allgemein und im Einzelfall Weisungen zur Berichterstattung an sie erteilen. Das gilt auch für die der Mitbestimmung unterliegenden Gesellschaften (Rdn. 9, 11). Zur Einschränkung der gesetzlichen in Rdn. 55, 56 beschriebenen Berichtspflicht an den Aufsichtsrat können sie die Geschäftsführer nicht anweisen, auch nicht bei dem fakultativen Aufsichtsrat. Wenn die Gesellschafter einen Aufsichtsrat wollen, müssen sie ihm auch ermöglichen, seine Uberwachungspflicht uneingeschränkt zu erfüllen. 5. Berichterstattung auf Verlangen
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Nach dem unmittelbar anzuwendenden § 90 Abs. 3 AktG kann der Aufsichtsrat jederzeit von den Geschäftsführern einen Bericht über die in Rdn. 56 bezeichneten Gegenstände verlangen. Ausdrücklich erwähnt sind hier auch die rechtlichen und geschäftlichen Beziehungen zu verbundenen Unternehmen sowie über geschäftliche Vorgänge bei diesen Unternehmen, die auf die Lage der Gesellschaft von erheblichem (530)
Aufsichtsrat (Schilling)
§52
Einfluß sein können. Nach dem in Rdn. 55, 56 Gesagten handelt es sich bei der Berichterstattung auf Verlangen nicht um den Kern des Informationsrechts, sondern um dessen Ergänzung, besonders für den Fall, daß die Geschäftsführer ihrer InitiativBerichtspflicht nicht genügend nachkommen. Hier greift dann auch das Recht des einzelnen Mitglieds ein, einen Bericht an den Aufsichtsrat zu verlangen, vergleichbar mit der Gesellschafterklage (actio pro socio, § 13, 8). Die Geschäftsführer haben ein Verweigerungsrecht, aber nur solange sich nicht ein zweites Mitglied dem Verlangen anschließt (§ 90 Abs. 3 Satz 2). 6. Form der Berichterstattung Die Berichte sind in der Regel allen Mitgliedern des Aufsichtsrats zu erstatten. Jedes 59 Mitglied hat das Recht, von den Berichten Kenntnis zu nehmen (§ 90 Abs. 5 Satz 1). Das Gesetz macht aber einen Unterschied zwischen mündlichen und schriftlichen Berichten. Bei mündlichen, in der Sitzung des Aufsichtsrats erstatteten Berichten — sie sind die Regel — ist es selbstverständlich, daß sie allen Mitgliedern erstattet werden. Differenzierter ist die Regelung über schriftliche Berichte (vgl. Mertens im Köln. Komm. z. AktG § 90, 28). In erster Linie entscheidet ein Aufsichtsratsbeschluß — allgemein oder im Einzelfall —, was mit ihnen zu geschehen hat. Ist nichts anderes beschlossen, so sind sie jedem Mitglied auf Verlangen auszuhändigen. Ohne ein solches Verlangen wird sie die Geschäftsführung zunächst dem Vorsitzenden zuleiten. Es steht in dessen Ermessen, ob er einen Aufsichtsratsbeschluß herbeizuführen sucht, daß der Bericht nicht auszuhändigen ist. Ergeht ein solcher Beschluß, so können die Mitglieder von ihrem unabdingbaren Einsichtsrecht (Abs. 5 Satz 1, Mertens aaO Rdn. 29) Gebrauch machen. Ergeht ein solcher Beschluß nicht, so hat der Vorsitzende die Mitglieder zu benachrichtigen, damit sie die Aushändigung verlangen können. In dringenden Fällen ist ein mündlicher (fernmündlicher) Bericht an den Vorsitzenden geboten. Es liegt auch hier im (immer pflichtgemäßen) Ermessen des Vorsitzenden, in welcher Form und wann er — gegebenenfalls erst in der nächsten Sitzung, vgl. Abs. 5 Satz 3, der nicht unmittelbar gilt — die Mitglieder unterrichtet.
II. Mitgliederzahl und Zusammensetzung des Aufsichtsrats AktG § 95 Zahl der Aufsichtsratsmitglieder Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern. Die Satzung kann eine bestimmte höhere Zahl festsetzen. Die Zahl muß durch drei teilbar sein. Die Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder beträgt bei Gesellschaften mit einem Grundkapital bis zu 3000000 D M neun, von mehr als 3000000 D M fünfzehn, von mehr als 20000000 D M einundzwanzig. Durch die vorstehenden Vorschriften werden hiervon abweichende Vorschriften des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vom 4. Mai 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 1153), des Montan-Mitbestimmungsgesetzes und des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 7. August 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 707) — Mitbestimmungsergänzungsgesetz — nicht berührt. (531)
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung AktG § 96 Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat setzt sich zusammen
bei Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer, bei Gesellschaften, für die das Montan-Mitbestimmungsgesetz gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer und aus weiteren Mitgliedern, bei Gesellschaften, für die die §§ 5 bis 13 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes gelten, aus Aufsichtsratsmitgliedem der Aktionäre und der Arbeitnehmer und aus einem weiteren Mitglied, bei Gesellschaften, für die § 76 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 gilt, aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer, bei den übrigen Gesellschaften nur aus Aufsichtsratsmitgliedern der Aktionäre. (2) Nach anderen als den zuletzt angewandten gesetzlichen Vorschriften kann der Aufsichtsrat nur zusammengesetzt werden, wenn nach § 97 oder nach § 98 die in der Bekanntmachung des Vorstands oder in der gerichtlichen Entscheidung angegebenen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden sind. AktG § 97 Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats (1) Ist der Vorstand der Ansicht, daß der Aufsichtsrat nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist, so hat er dies unverzüglich in den Gesellschaftsblättern und gleichzeitig durch Aushang in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft und ihrer Konzernunternehmen bekanntzumachen. In der Bekanntmachung sind die nach Ansicht des Vorstands maßgebenden gesetzlichen Vorschriften anzugeben. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Aufsichtsrat nach diesen Vorschriften zusammengesetzt wird, wenn nicht Antragsberechtigte nach § 98 Abs. 2 innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger das nach § 98 Abs. 1 zuständige Gericht anrufen. (2) Wird das nach § 98 Abs. 1 zuständige Gericht nicht innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger angerufen, so ist der neue Aufsichtsrat nach den in der Bekanntmachung des Vorstands angegebenen gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen. Die Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, über die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder sowie über die Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern treten mit der Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird, spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist insoweit außer Kraft, als sie den nunmehr anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften widersprechen. Mit demselben Zeitpunkt erlischt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder. Eine Hauptversammlung, die innerhalb der Frist von sechs Monaten stattfindet, kann an Stelle der außer Kraft tretenden Satzungsbestimmungen mit einfacher Stimmenmehrheit neue Satzungsbestimmungen beschließen. (3) Solange ein gerichtliches Verfahren nach §§ 98, 99 anhängig ist, kann eine Bekanntmachung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht erfolgen. AktG § 98 Gerichtliche Entscheidung über die Zusammenfassung des Aufsichtsrats (1) Ist streitig oder ungewiß, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der Aufsichtsrat zusammenzusetzen ist, so entscheidet darüber auf Antrag ausschließlich das Landgericht (Zivilkammer), in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Die Landesregierung kann die Entscheidung durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem der Landgerichte übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (2) Antragsberechtigt sind 1. der Vorstand, 2. jedes Aufsichtsratsmitglied, (532)
Aufsichtsrat (Schilling)
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3. jeder Aktionär. 4. der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 5. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedera der Gesellschaft teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 6. mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedem der Gesellschaft teilnehmen, 7. Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlags- oder Entsendungsrecht hätten, 8. Gewerkschaften, die nach den gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung streitig oder ungewiß ist, ein Vorschlagsrecht hätten. Ist die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes oder die Anwendung von Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes streitig oder ungewiß, so sind außer den nach Satz 1 Antragsberechtigten auch je ein Zehntel der wahlberechtigten Arbeiter, der wahlberechtigten in § 3 Abs. 3 Nr. 1 des Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Angestellten oder der wahlberechtigten leitenden Angestellten im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes antragsberechtigt. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn streitig ist, ob der Abschlußprüfer das nach § 3 des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes maßgebliche Umsatzverhältnis richtig ermittelt hat. (4) Entspricht die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht der gerichtlichen Entscheidung, so ist der neue Aufsichtsrat nach den in der Entscheidung angegebenen gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen. § 97 Abs. 2 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß die Frist von sechs Monaten mit dem Eintritt der Rechtskraft beginnt.
AktG § 99 Verfahren (1) Auf das Verfahren ist das Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 bis 5 nichts anderes bestimmt ist. (2) Das Landgericht hat den Antrag in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Der Vorstand und jedes Aufsichtsratsmitglied sowie die nach § 98 Abs. 2 antragsberechtigten Betriebsräte und Spitzenorganisationen sind zu hören. (3) Das Landgericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluß. Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Sie kann nur auf eine Verletzung des Gesetzes gestützt werden; die §§ 550, 551, 561, 563 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß. Die Beschwerde kann nur durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden. Uber sie entscheidet das Oberlandesgericht. § 28 Abs. 2 und 3 des Reichsgesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die Entscheidung über die Beschwerde für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. (4) Das Gericht hat seine Entscheidung dem Antragsteller und der Gesellschaft zuzustellen. Es hat sie ferner ohne Gründe in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Die Beschwerde steht jedem nach § 98 Abs. 2 Antragsberechtigten zu. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger, für den Antragsteller und die Gesellschaft jedoch nicht vor der Zustellung der Entscheidung. (5) Die Entscheidung wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Sie wirkt für und gegen alle. Der Vorstand hat die rechtskräftige Entscheidung unverzüglich zum Handelsregister einzureichen. (533)
§52
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(6) Für die Kosten des Verfahrens gilt die Kostenordnung. Für das Verfahren des ersten Rechtszugs wird das Vierfache der vollen Gebühr erhoben. Für den zweiten Rechtszug wird die gleiche Gebühr erhoben; dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde Erfolg hat. Wird der Antrag oder die Beschwerde zurückgenommen, bevor es zu einer Entscheidung kommt, so ermäßigt sich die G e b ü h r auf die Hälfte. D e r Geschäftswert ist von Amts wegen festzusetzen. Er bestimmt sich nach § 30 Abs. 2 der Kostenordnung mit der Maßgabe, daß der Wert regelmäßig auf einhunderttausend Deutsche Mark anzunehmen ist. Kosten Vorschüsse werden nicht erhoben. Schuldner der Kosten ist die Gesellschaft. Die Kosten können jedoch ganz oder zum Teil dem Antragsteller auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
1. Der fakultative Aufsichtsrat 60
a) Zahl. (S. auch Rdn. 5, 14). Von § 95 AktG gilt nach § 52 Abs. 1 für den fakultativen Aufsichtsrat nur der Satz 1, und auch der nur soweit die Satzung nichts anderes bestimmt. Diese kann eine beliebige Mitgliederzahl festsetzen. Sagt sie darüber nichts, so besteht der Aufsichtsrat nach § 95 Satz 1 AktG aus drei Mitgliedern. Die Satzung kann die Bestimmung der Zahl auch der Gesellschafterversammlung überlassen. Weder muß die Zahl durch 3 teilbar sein, noch gibt es eine Höchstgrenze. Wählen die Gesellschafter eine höhere Zahl als die von der Satzung festgesetzte, so ist die Wahl anfechtbar, bei einem Wahlakt für alle Mitglieder die Wahl aller, bei Einzelwahl die Wahl der nach der zeitlichen Reihenfolge der Wahlakte überzähligen. Wird die satzungsmäßige Zahl unterschritten, so berührt das die Rechtswirksamkeit der Wahl nicht. § 104 AktG über die gerichtliche Bestellung fehlender Mitglieder ist auf den fakultativen Aufsichtsrat nicht anwendbar. Auch § 108 AktG über die Beschlußfähigkeit gilt nicht. Die Satzung kann sie aber regeln (Rdn. 103). 61 b) Zusammensetzung. Nach § 27 EGAktG 1965 gelten § 96 Abs. 2, §§ 9 7 - 9 9 AktG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats sinngemäß für die GmbH. Diese Vorschriften beziehen sich nur auf den vom Gesetz vorgeschriebenen (obligatorischen) Aufsichtsrat (Rdn. 44, 63, 66), für den fakultativen gelten sie nicht (Meyer-Landrut im Großkomm. z. AktG Anm. zu § 27 EG, Baumbach-Hueck Schlußanh. 4 C a S. 471). Zum ersten Aufsichtsrat s. Rdn. 45ff. 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG
62
a) Zahl. (S. auch Rdn. 9, 19). Für den obligatorischen Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG sind die Bestimmungen des § 95 Sätze 1—4 AktG zwingend. Die Mindestzahl beträgt 3, die Satzung kann eine bestimmte (nicht variable) höhere, durch 3 teilbare Zahl festsetzen, höchstens jedoch bei einem Stammkapital bis zu 3 Mio auf 9, bis zu 20 Mio auf 15, von mehr als 20 Mio auf 21 Mitglieder. Wird die gesetzliche Höchstzahl überschritten, so ist die Wahl in entsprechender Anwendung des § 250 Abs. 1 Nr. 3 AktG (s. Anh. zu § 47) nichtig, bei einem Wahlakt für alle Mitglieder die Wahl aller, bei Einzelwahl die Wahl der nach der zeitlichen Reihenfolge der Wahlakte überzähligen. Die Nichtigkeitsgründe des § 250 AktG gelten entsprechend auch für die Wahl der Arbeitnehmervertreter (Mertens im Köln. Komm. § 96 Anh. 48, Raiser § 22, 19, vgl. auch Fitting-Wlotzke-Wißmann § 22, 8ff.). Wird die durch die Satzung festgesetzte Zahl überschritten, so ist die Wahl anfechtbar (entsprechend § 251 AktG). Wird sie durch Satzungsänderung herabgesetzt, so hat das auf die Amtszeit der aufgrund der alten Satzung gewählten Mitglieder keinen Einfluß. Die §§ 97, 98 AktG greifen nicht ein, da sie sich nur auf eine Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen beziehen. Sie sind daher anzuwenden, wenn das Stammkapital unter die nach § 95 Satz 4 relevante Zahl herabgesetzt wird. Beide Fragen sind sehr umstritten, vgl. Mertens im Köln. Komm. (534)
Aufsichtsrat (Schilling)
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§ 95, 20—23, Raiser § 7, 5 m.w.N. Wird die satzungsmäßige Zahl erhöht, so genügt eine Ergänzungswahl. Werden weniger Mitglieder als die vorgeschriebene Zahl gewählt, so ist der Aufsichtsrat durch weitere Wahlen zu ergänzen (Fitting-Auffarth-Kaiser § 76, 113). Im übrigen ist nach § 104 (Rdn. 81) zu verfahren. b) Zusammensetzung. In Rdn. 19, 20 ist dargestellt, unter welchen Voraus- 63 Setzungen der Aufsichtsrat nach den §§ 77, 77 a BetrVG zusammenzusetzen ist. Liegen sie vor, so gelten nach § 77 Abs. 1 Satz 2 auch die §§ 96—99 AktG. Die Anwendung dieser Vorschriften setzt voraus, daß die Gesellschaft bereits einen Aufsichtsrat hat (Rdn. 48, 49). § 96 Abs. 2 stellt den Kontinuitätsgrundsatz auf. Solange nicht durch ein Verfahren nach § 97 oder § 98 festgestellt ist, daß der Aufsichtsrat nach anderen gesetzlichen Vorschriften zusammenzusetzen ist, bleiben die zuletzt angewandten in Kraft. Sind die Geschäftsführer der Ansicht, daß der Aufsichtsrat nicht nach den für ihn maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zusammengesetzt ist, so haben sie dies nach näherer Bestimmung des § 97 Abs. 1 bekanntzumachen. Wird nicht binnen eines Monats nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger das Gericht (§ 98) angerufen, so sind die bekanntgemachten Bestimmungen maßgeblich. Satzungsbestimmungen über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die Zahl seiner Mitglieder, über deren Wahl, Abberufung und Entsendung treten mit Beendigung der ersten Gesellschafterversammlung, die nach Ablauf der Anrufungsfrist einberufen wird, spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist insoweit außer Kraft, als sie den nunmehr anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften widersprechen. Mit demselben Zeitpunkt erlischt das Amt bisheriger Aufsichtsratsmitglieder. Innerhalb dieser sechs Monate können die Gesellschafter — abweichend von § 53 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 — mit einfacher Mehrheit anstelle der außer Kraft tretenden neue Satzungsbestimmungen beschließen (§ 97 Abs. 2 AktG), s. auch Rdn, 65. Neben dieser Änderung der Zusammensetzung aufgrund der Bekanntmachung ist 64 eine Änderung aufgrund gerichtlicher Entscheidung vorgesehen. Das Nähere regeln die §§ 98, 99 AktG. Das Verfahren kommt einmal in Gang, wenn das Gericht fristgemäß gegen die Bekanntmachung der Geschäftsführer (Rdn. 63) angerufen wird. Die gerichtliche Entscheidung kann ferner jederzeit, also ohne Frist, von den in § 98 Abs. 2 genannten Berechtigten beantragt werden, wenn die Zusammensetzung streitig oder ungewiß ist. Der Aufsichtsrat ist nach den in der Entscheidung angegebenen Vorschriften zusammenzusetzen. § 97 Abs. 2 (Rdn. 63) gilt sinngemäß. Die Sechsmonatsfrist beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft (§ 98 Abs. 4). Nach § 77 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 76 BetrVG muß der Aufsichtsrat zu einem Drittel 65 aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, die von der Belegschaft gewählt werden und von denen die ersten zwei den Betrieben der Gesellschaft als Arbeitnehmer angehören müssen (Rdn. 19). Weder diese Vorschriften noch solche des GmbHG schließen aus, daß die Gesellschafter weitere Arbeitnehmer oder Personen, deren Wahl von der Belegschaft oder Gewerkschaft vorgeschlagen werden, als Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter i.S. des § 96 Abs. 1 AktG wählen. Das ist für das Aktienrecht herrschende Meinung (BGH NJW 1975 1657 = AG 1975 242 m.A.v. Mertens-, OLG Bremen AG 1977 257; Raiser ZGR 1976 105, Schilling Großkomm. z. AktG § 250, 7, 8, § 251, 5, beide m.w.N.) und gilt auch für die GmbH. Eine diesbezügliche Regelung kann auch in die Satzung aufgenommen werden (OLG Bremen aaO, Raiser S. 108 und (wie vor Rdn. 5) § 1, 47, Schilling § 251, 5). 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Zahl. Für die dem MitbestG unterliegenden Unternehmen (Rdn. 24, 25) gilt § 95 66 AktG nicht. Es enthält vielmehr in seinem § 7 besondere Bestimmungen über die Zahl (535)
3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung der Mitglieder des Aufsichtsrats und dessen Zusammensetzung, s. Rdn. 24. Sie sind zwingend. Die Satzung kann von der vorgeschriebenen Zahl nur insofern abweichen, als sie statt je sechs je acht oder zehn Mitglieder und statt je acht je zehn vorschreiben kann (§ 7 Abs. 1 Satz 2). Werden die gesetzlich vorgeschriebenen Zahlen bei der Wahl überschritten, so ist die Wahl nichtig, bei Überschreitung der satzungsmäßigen Zahl ist sie anfechtbar, s. im einzelnen Rdn. 62. Werden nicht soviele Mitglieder gewählt als Gesetz oder Satzung vorschreiben, so sind Ergänzungswahlen notwendig. Wird die satzungsmäßige Zahl wieder auf die gesetzliche herabgesetzt, so hat das auf die Amtszeit der aufgrund der alten Satzung gewählten Mitglieder keinen Einfluß (streitig, s. Raiser § 7, 5 m.w.N.). Die §§ 97, 98 sind nicht anzuwenden, da sie nur bei einer den gesetzlichen Vorschriften widersprechenden Zusammensetzung eingreifen. Anders ist es, wenn sich die Zahl der Arbeitnehmer so ändert, daß das Unternehmen in eine andere der in § 7 Abs. 1 bezeichneten Größenklassen kommt. Dann gelten die §§ 96 Abs. 2, 97—99 (ebenso Fitting-Wlotzke-Wißmann § 7, 9, Raiser § 7, 5), s. Rdn. 67. 67
b) Zusammensetzung. Uber die Anwendung des MitbestG auf die neugegründete GmbH s. Rdn. 50, 51. Beschäftigt die Gesellschaft oder, wenn sie herrschendes Unternehmen ist (Rdn. 25—29, 41—43), der Konzern in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG) und besteht kein nach dem MitbestG zusammengesetzter Aufsichtsrat, so greifen die §§ 96 Abs. 2, 97—99 AktG ein. Es gilt das in Rdn. 63, 64 über den Kontinuitätsgrundsatz, die Bekanntmachung der Geschäftsführung und die gerichtliche Entscheidung Gesagte. Außer den in § 97 Abs. 2 Satz 2 AktG bezeichneten Satzungsbestimmungen treten bei der erstmaligen Anwendung des Gesetzes auch andere mit diesem nicht vereinbare außer Kraft, insbesondere über die in den §§ 25—33 MitbestG geregelten Gegenstände. Auch diese Satzungsbestimmungen können durch Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit ersetzt werden (§ 37 Abs. 1 MitbestG, Text im Anhang). Im übrigen ist die erstmalige Anwendung des MitbestG seit seinem Inkrafttreten am 1. 7. 1976 (§41) in § 38 geregelt (Text im Anhang). III. Persönliche Voraussetzungen AktG § 100 Persönliche Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder sein.
(1) Mitglied des Aufsichtsrats kann nur eine natürliche unbeschränkt geschäftsfähige Person
(2) Mitglied des Aufsichtsrats kann nicht sein, wer 1. bereits in zehn Handelsgesellschaften oder bergrechtlichen Gewerkschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben, Aufsichtsratsmitglied ist, 2. gesetzlicher Vertreter eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens ist, oder 3. gesetzlicher Vertreter einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft ist, deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft angehört.
Auf die Höchstzahl nach Satz 1 Nr. 1 sind bis zu fünf Aufsichtsratssitze nicht anzurechnen, die ein gesetzlicher Vertreter (beim Einzelkaufmann der Inhaber) des herrschenden Unternehmens eines Konzerns in zum Konzern gehörenden Handelsgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben, inne hat. (3) Die anderen persönlichen Voraussetzungen der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sowie der weiteren Mitglieder bestimmen sich nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Betriebsverfassungsgesetz 1952. (4) Die Satzung kann persönliche Voraussetzungen nur für Aufsichtsratsmitglieder fordern, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt oder auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt werden. (536)
Aufsichtsrat (Schilling)
§52
Schrifttum V. Caemmerer Aufsichtsrat und Auslands Verbindungen, Festschr. Gessler (1971) 81; Konow Die persönlichen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einer GmbH, Jur. Rdsch. 1966, 165. 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Beschränkungen der Wählbarkeit. Da die Einrichtung eines Aufsichtsrats im 68 freien Belieben der Gesellschafter steht (Rein. 4), sind sie auch darin frei, an die Wählbarkeit der Mitglieder beliebige Voraussetzungen zu knüpfen. Diese Gestaltungsfreiheit der Satzung erleidet nach den für jede Gesellschaft geltenden Organisationsprinzipien drei Ausnahmen. Wegen ihrer persönlichen Verantwortlichkeit können nur natürliche Personen das Amt eines Aufsichtsratsmitglieds übernehmen (ebenso Scholz 7, Konow S. 166), ebenso wie eine juristische Person auch nicht Geschäftsführer sein kann (§ 35, 29). Aus den gleichen Gründen kann nur eine unbeschränkt geschäftsfähige Person als Mitglied bestellt werden (ebenso Scholz 7, für den Geschäftsführer § 35, 29). Und schließlich ist das Amt des Geschäftsführers mit dem des Aufsichtsrats unvereinbar (Rdn. 78). Diese drei Beschränkungen sind zwingendes GmbH-Recht, ohne daß es auf die in § 52 Abs. 1 enthaltene dispositive Verweisung auf § 100 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AktG ankäme. Die Satzung kann also nur von dieser letzteren Beschränkung befreien, im übrigen aber im Rahmen der allgemeinen Gesetze beliebige weitere Beschränkungen einführen. Sie kann z. B. bestimmen, daß nur Abkömmlinge des Gründers Mitglieder des Aufsichtsrats sein können. Gibt es solche nicht mehr, so muß die Bildung eines Aufsichtsrats unterbleiben oder die Satzung geändert werden. Da der Aufsichtsrat eine freiwillige Einrichtung ist, gelten die aktienrechtlichen Grenzen für die Aufstellung satzungsmäßiger Voraussetzungen (vgl. Mertens im Köln. Komm. § 100, 26) nicht. b) Folgen eines Verstoßes. Die Wahl einer juristischen oder einer nicht oder 69 beschränkt geschäftsfähigen Person oder einer Person, die bei Beginn ihrer Amtszeit (vgl. § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG) Geschäftsführer ist, ist in entsprechender Anwendung des § 241 Nr. 3 AktG (dazu § 47 Anhang) nichtig. Die in Rdn. 68 genannten organisatorischen Prinzipien gehören zum Wesen der GmbH. Nach dem ebenfalls entsprechend geltenden § 250 Abs. 1 Nr. 4 (§ 47 Anhang) i.V.m. § 100 Abs. 2 Nr. 2 ist auch die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters eines von der Gesellschaft abhängigen Unternehmens nichtig, wenn nicht die Satzung die in § 52 Abs. 1 dispositiv vorgesehene Anwendung des § 100 Abs. 2 Nr. 2 ausgeschlossen hat. Wird eine Person gewählt, die nicht den satzungsmäßigen Voraussetzungen entspricht, so ist die Wahl anfechtbar (entsprechend § 251 AktG, § 47 Anhang). 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Gesetzliche Beschränkungen für alle Mitglieder, § 100 Abs. 1 und 2. Die 70 Beschränkungen der Abs. 1 und 2 des § 100 gelten für die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter wie für die der Arbeitnehmer zwingend. Zu beachten ist, daß bei der in Abs. 2 Nr. 1 vorgeschriebenen Höchstzahl Mandate in einem nicht gesetzlich vorgeschriebenen, also fakultativen Aufsichtsrat, wie z. B. bei der GmbH mit bis zu 500 Arbeitnehmern (Rdn. 68), nicht mitzählen. Das gleiche gilt bei der Konzernklausel des Abs. 2 Satz 2, wonach bei der Berechnung der Höchstzahl bis zu fünf Aufsichtsratsitze eines gesetzlichen Vertreters des herrschenden Unternehmens im Konzern außer Betracht bleiben. Anders ist es bei dem Verbot der Überkreuzverflechtung (Nr. 3). Es greift auch ein, wenn ein Geschäftsführer der Gesellschaft dem fakultativen Aufsichtsrat (537)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
einer anderen Kapitalgesellschaft oder bergrechtlichen Gewerkschaft angehört. Dann kann deren gesetzlicher Vertreter nicht Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft sein. Denn der Zweck der Vorschrift — Verhinderung einer do ut des-Situation bei gegenseitiger Überwachung — ergreift auch die Überwachungstätigkeit in einem fakultativen Aufsichtsrat. Auch der Textvergleich mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 spricht für diese Ansicht (str. wie hier Gessler 26 und Mertens 20 m.w.N.). Streitig ist auch, ob bei Nr. 1—3 Aufsichtsratsmandate in ausländischen Unternehmen zu berücksichtigen sind (dazu v. Caemmerer, Mertens 15, 17, 21, Raiser § 6, 21 f.). Das Verbot der Nr. 2 erfaßt nur gesetzliche Vertreter abhängiger Unternehmen. Gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Aufsichtsräten des herrschenden und abhängiger Unternehmen ist also zulässig. Zu beachten ist auch, daß das Gesetz bei den in Nr. 1—3 erfaßten Rechtsformen der Unternehmen Unterschiede macht: Nr. 1 erfaßt alle Handelsgesellschaften und bergrechtliche Gewerkschaften, Nr. 2 alle abhängigen Unternehmen ohne Rücksicht auf die Rechtsform, Nr. 3 nur Kapitalgesellschaften und bergrechtliche Gewerkschaften. 71 b) Persönliche Voraussetzungen für Arbeitnehmervertreter, § 100 Abs. 3. § 100 Abs. 3 ist eine reine VerweisungsVorschrift. Er verweist bezüglich weiterer persönlicher Voraussetzungen für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf die Mitbestimmungsgesetze. Hier ergeben sie sich aus § 5 BetrVG (Begriff des Arbeitnehmers) und aus § 76 Abs. 1 Sätze 2 - 4 BetrVG (Text im Anhang). Aus dem Kontext mit § 100 Abs. 4 (Rdn. 72) ergibt sich, daß die Satzung keine weiteren persönlichen Voraussetzungen für Arbeitnehmervertreter aufstellen kann. 72 c) Für Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter kann die Satzung weitere persönliche Voraussetzungen aufstellen, Abs. 4. Sie ist darin ebenso frei wie beim fakultativen Aufsichtsrat, Rdn. 68. 73 d) Folgen eines Verstoßes. Fehlt es bei Beginn der Amtszeit an einer der gesetzlichen Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 und 2, so ist die Wahl entsprechend § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG nichtig (ebenso Raiser § 6, 24). Fehlt es nur an einer satzungsmäßigen Voraussetzung, so ist die Wahl entsprechend § 251 AktG anfechtbar, vgl. Rdn. 69. Der nachträgliche Wegfall einer gesetzlichen Voraussetzung führt automatisch zum Amtsverlust, im einzelnen s. Gessler (wie vor Rdn. 5) § 100, 50—57. Der nachträgliche Wegfall einer satzungsmäßigen Voraussetzung kann ein wichtiger Grund i.S. des § 103 Abs. 3 sein. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG 74
Nach § 6 Abs. 2 MitbestG gilt § 100 in vollem Umfang. Es kann auf die Ausführungen in Rdn. 70—73 verwiesen werden. Die persönlichen Voraussetzungen der Arbeitnehmervertreter (§ 100 Abs. 3) ergeben sich aus § 3 (Begriff des Arbeitnehmers, Arbeiters und Angestellten) und § 7 Abs. 2 - 4 MitbestG (Text im Anhang). Verliert ein Mitglied die Wählbarkeit, so erlischt sein Amt (§ 24 MitbestG). IV. Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder AktG § 101 Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder (1) Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden von der Hauptversammlung gewählt, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz oder dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 zu wählen sind. An Wahlvorschläge ist die Hauptversammlung nur gemäß §§ 6 und 8 des Montan-Mitbestimmungsgesetzes gebunden. (538)
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(2) Ein Recht, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, kann, soweit es nicht Spitzenorganisationen der Gewerkschaften nach dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz zusteht, nur durch die Satzung und nur für bestimmte Aktionäre oder für die jeweiligen Inhaber bestimmter Aktien begründet werden. Inhabern bestimmter Aktien kann das Entsendungsrecht nur eingeräumt werden, wenn die Aktien auf Namen lauten und ihre Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist. Die Aktien der Entsendungsberechtigten gelten nicht als eine besondere Gattung. Die Entsendungsrechte können insgesamt höchstens für ein Drittel der sich aus dem Gesetz oder der Satzung ergebenden Zahl der Aufsichtsratsmitglieder der Aktionäre eingeräumt werden. § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Uberführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21. Juli 1960 (Bundesgesetzbl. I S. 585), zuletzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Uberführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 31. Juli 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 1149), bleibt unberührt. (3) Stellvertreter von Aufsichtsratsmitgliedern können nicht bestellt werden. Jedoch kann für jedes Aufsichtsratsmitglied mit Ausnahme des weiteren Mitglieds, das nach dem MontanMitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt wird, ein Ersatzmitglied bestellt werden, das Mitglied des Aufsichtsrats wird, wenn das Aufsichtsratsmitglied vor Ablauf seiner Amtszeit wegfällt. Das Ersatzmitglied kann nur gleichzeitig mit dem Aufsichtsratsmitglied bestellt werden. Auf seine Bestellung sowie die Nichtigkeit und Anfechtung seiner Bestellung sind die für das Aufsichtsratsmitglied geltenden Vorschriften anzuwenden.
AktG § 104 Bestellung durch das Gericht (1) Gehört dem Aufsichtsrat die zur Beschlußfähigkeit nötige Zahl von Mitgliedern nicht an, so hat ihn das Gericht auf Antrag des Vorstands, eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Aktionärs auf diese Zahl zu ergänzen. Der Vorstand ist verpflichtet, den Antrag unverzüglich zu stellen, es sei denn, daß die rechtzeitige Ergänzung vor der nächsten Aufsichtsratssitzung zu erwarten ist. Hat der Aufsichtsrat auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so können auch den Antrag stellen 1. der Gesamtbetriebsrat der Gesellschaft oder, wenn in der Gesellschaft nur ein Betiebsrat besteht, der Betriebsrat, sowie, wenn die Gesellschaft herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat, 2. der Gesamtbetriebsrat eines anderen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl teilnehmen, oder, wenn in dem anderen Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat, 3. mindestens ein Zehntel oder einhundert der Arbeitnehmer, die selbst oder durch Wahlmänner an der Wahl teilnehmen, 4. Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, die das Recht haben, Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer vorzuschlagen oder zu entsenden, 5. Gewerkschaften, die das Recht haben, Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer vorzuschlagen. Hat der Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so sind außer den nach Satz 3 Antragsberechtigten auch je ein Zehntel der wahlberechtigten Arbeiter, der wahlberechtigten in § 3 Abs. 3 Nr. des Mitbestimmungsgesetzes bezeichneten Angestellten oder der wahlberechtigten leitenden Angestellten im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes antragsberechtigt. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (2) Gehören dem Aufsichtsrat länger als drei Monate weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl an, so hat ihn das Gericht auf Antrag auf diese Zahl zu ergänzen. In dringenden Fällen hat das Gericht auf Antrag den Aufsichtsrat auch vor Ablauf der Frist zu ergänzen. Das Antragsrecht bestimmt sich nach Absatz 1. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (539)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(3) Absatz 2 ist auf einen Aufsichtsrat, in dem die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz haben, mit der Maßgabe anzuwenden, 1. daß das Gericht den Aufsichtsrat hinsichtlich des weiteren Mitglieds, das nach dem MontanMitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt wird, nicht ergänzen kann, 2. daß es stets ein dringender Fall ist, wenn dem Aufsichtsrat, abgesehen von dem in Nummer 1 genannten weiteren Mitglied, nicht alle Mitglieder angehören, aus denen er nach Gesetz oder Satzung zu bestehen hat. (4) Hat der Aufsichtsrat auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen, so hat das Gericht ihn so zu ergänzen, daß das für seine Zusammensetzung maßgebende zahlenmäßige Verhältnis hergestellt wird. Wenn der Aufsichtsrat zur Herstellung seiner Beschlußfähigkeit ergänzt wird, gilt dies nur, soweit die zur Beschlußfähigkeit nötige Zahl der Aufsichtsratsmitglieder die Wahrung dieses Verhältnisses möglich macht. Ist ein Aufsichtsratsmitglied zu ersetzen, das nach Gesetz oder Satzung in persönlicher Hinsicht besonderen Voraussetzungen entsprechen muß, so muß auch das vom Gericht bestellte Aufsichtsratsmitglied diesen Voraussetzungen entsprechen. Ist ein Aufsichtsratsmitglied zu ersetzen, bei dessen Wahl eine Spitzenorganisation der Gewerkschaften, eine Gewerkschaft oder die Betriebsräte ein Vorschlagsrecht hätten, so soll das Gericht Vorschläge dieser Stellen berücksichtigen, soweit nicht überwiegende Belange der Gesellschaft oder der Allgemeinheit der Bestellung des Vorgeschlagenen entgegenstehen; das gleiche gilt, wenn das Aufsichtsratsmitglied durch Wahlmänner zu wählen wäre, für gemeinsame Vorschläge der Betriebsräte der Unternehmen, in denen Wahlmänner zu wählen sind. (5) Das Amt des gerichtlich bestellten Aufsichtsratsmitglieds erlischt in jedem Fall, sobald der Mangel behoben ist. (6) Das gerichtlich bestellte Aufsichtsratsmitglied hat Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und, wenn den Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft eine Vergütung gewährt wird, auf Vergütung für seine Tätigkeit. Auf Antrag des Aufsichtsratsmitglieds setzt das Gericht die Auslagen und die Vergütung fest. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt. AktG § 105 Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zum Vorstand und zum Aufsichtsrat (1) Ein Aufsichtsratsmitglied kann nicht zugleich Vorstandsmitglied, dauernd Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern, Prokurist oder zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter der Gesellschaft sein. (2) Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum, höchstens für ein Jahr, kann der Aufsichtsrat einzelne seiner Mitglieder zu Stellvertretern von fehlenden oder behinderten Vorstandsmitgliedern bestellen. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit ist zulässig, wenn dadurch die Amtszeit insgesamt ein Jahr nicht übersteigt. Während ihrer Amtszeit als Stellvertreter von Vorstandsmitgliedern können die Aufsichtsratsmitglieder keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ausüben. Das Wettbewerbsverbot des § 88 gilt für sie nicht. 1. D e r f a k u l t a t i v e A u f s i c h t s r a t 75
a ) W a h l o r g a n — E n t s e n d u n g s r e c h t . Sofern die Satzung nichts anderes bestimmt, w i r d der Aufsichtsrat in entsprechender Anwendung des § 101 A b s . 1 von den Gesellschaftern gewählt. D e r Beschluß bedarf der einfachen Mehrheit der abgegebenen S t i m m e n , § 4 7 A b s . 1. Gesellschafter, die gewählt werden sollen, haben das Stimmrecht (§ 47, 48, 68, 71). D i e S a t z u n g kann beliebige andere Bestimmungen treffen. Sie kann die Verhältniswahl einführen. Sie kann bestimmen, daß jeder Gesellschafter oder jeder, der einen Geschäftsanteil in bestimmter Größe besitzt, ein Mitglied bestellen kann oder daß der Aufsichtsrat sich durch Kooptation ergänzt. Zulässig ist auch ein Bestellungs(540)
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recht Dritter, z . B . daß bei einer GmbH & Co KG die Kommanditisten, die nicht Gesellschafter sind, den Aufsichtsrat durch Mehrheitswahl bestellen. Unbeschränkt — § 101 Abs. 2 AktG gilt nicht — zulässig ist auch die Einräumung von Entsendungsrechten an Gesellschafter und an Dritte (Baumbach-Hueck Iii., a.M. Scholz 13). Alle Bestimmungen, die von der Regel der Bestellung durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter abweichen, bedürfen der Verankerung in der Satzung. Das Entsendungsrecht für einen oder einzelne Gesellschafter ist ein Vorzugsrecht (§ 14, 9ff.). Seine Einräumung in der Satzung bedarf nicht nur der satzungsändernden Mehrheit (§ 53), sondern auch der Zustimmung aller benachteiligten Gesellschafter (§ 14, 18ff.). Die Ausübung des Entsendungsrechts unterliegt dem Gebot der gesellschafterlichen Treupflicht (§14, 11). Das gilt nicht nur für Gesellschafter (RGZ 165 68, 79), sondern auch für Dritte, die insoweit organschaftliche (Pflicht-) Rechte ausüben (ebenso Eder 480.6). Die Bestellung bedarf der Annahme, die auch stillschweigend durch Amtsantritt erklärt werden kann. Durch diesen zweiseitigen Akt kommt ein körperschaftliches Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaft zustande (s. im einzelnen Rdn. 133 ff.). b) Stellvertreter und Ersatzmitglieder. § 101 Abs. 3 AktG gilt nicht. Die Wahl 76 von Stellvertretern ist zulässig. Sie muß, da sonst keine Rechtsgrundlage besteht, von der Satzung angeordnet oder zugelassen werden. Diese kann bestimmen, wann ein Fall der Stellvertretung vorliegt, z. B. nur bei Behinderung des ordentlichen Mitglieds (vgl. § 107 Abs. 1 Satz 3 AktG). Schweigt sie darüber, so ist die Vertretung jederzeit zulässig. Auch die Wahl von Ersatzmitgliedern ist — ohne die Beschränkungen des § 101 Abs. 3 Sätze 2—4 AktG — zulässig, bedarf aber ebenfalls als Rechtsgrundlage einer Satzungsvorschrift. c) Unwirksamkeit der Bestellung. Über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von 77 Gesellschafterbeschlüssen s. Anhang zu § 47. Auf die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern sind die §§ 250—252 AktG entsprechend anzuwenden. Die Bestellung aufgrund eines satzungsmäßigen Bestellungs- oder Entsendungsrechts (Rdn. 75) ist unwirksam, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot oder Gebot, insbesondere die gesellschafterliche Treupflicht, die insoweit auch Dritten obliegt (Rdn. 75), verstößt. Die Rechtsfolgen, die die Feststellung der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit oder die Nichtigerklärung für inzwischen gefaßte Aufsichtsratsbeschlüsse hat, sind verschieden, je nachdem ob die Bestellung aller oder nur einzelner Mitglieder nichtig (oder unwirksam) ist (BGHZ 11 231, 246; 47 341, 346), ferner ob anfängliche Nichtigkeit oder Nichtigerklärung aufgrund Anfechtungsklage vorliegt. Letztere wirkt nicht zurück, hat also nur Wirkung ex nunc (Schilling Großkomm. z. AktG § 252, 5 m.w.N., a.M. Zöllner Köln. Komm. § 252, 8 ff.). Im einzelnen s. Schilling aaO § 252, 3, 5. d) Unvereinbarkeit, § 105 AktG. Diese Vorschrift gilt dispositiv für den fakul- 78 tativen Aufsichtsrat. Die Satzung kann hiervon abweichen, aber nicht von dem auch für die GmbH zwingend geltenden Organisationsprinzip, wonach die Tätigkeit als Geschäftsführer und die als Aufsichtsrat unvereinbar sind (Rdn. 68, ebenso Scholz 17, Baumbach-Hueck 2 G, Konow wie vor Rdn. 68 S. 166). Das Verbot erfaßt auch Stellvertreter i.S. von § 44. Die Satzung kann die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat zulassen für Prokuristen und Generalbevollmächtigte, sie kann ferner die Stellvertretung i.S. des § 105 Abs. 2 für einen längeren Zeitraum als ein Jahr gestatten, wobei aber wieder das Verbot der Ausübung der Aufsichtsratstätigkeit gemäß Abs. 2 Satz 3 zwingend ist. Im übrigen gilt das Prioritätsprinzip: das zeitlich früher angetretene Amt schließt das spätere aus. Der Gewählte kann das Aufsichtsratsamt erst antreten, wenn er die ihn daran hindernde Eigenschaft verloren hat. Wird er trotzdem tätig, so gilt das Rdn. 77 Gesagte. Die Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds zum Geschäftsführer usw. ist (evtl. schwebend) unwirksam, Gessler § 105, 6, 8, 15, 16. (541)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG
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a) Wahlorgan — Entsendungsrecht. Die Arbeitnehmervertreter werden nach §§ 76, 77 BetrVG und der Wahlordnung 1953 (Rdn. 19) gewählt. Durch die Annahme der Wahl treten sie in ein Rechtsverhältnis zur Gesellschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter (Rdn. 133 ff.). Nach der Globalverweisung auf die §§ 95-114 AktG in § 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gilt § 101 AktG in vollem Umfang für alle Mitglieder des Aufsichtsrats. Seine Abs. 1 und 2 sind jedoch, was die Bestellung der Anteilseignervertreter betrifft, nicht zwingend (Rdn. 10). Die Satzung hat also insoweit die in Rdn. 75 geschilderten Gestaltungsmöglichkeiten (ebenso Dietz-Richardi § 77, 20 mit der Einschränkung, daß das Entsendungsrecht nur Gesellschaftern zustehe; a.M. Baumhach-Hueck Schlußanh. 4 E b, Fitting-AuffarthKaiser § 77, 7). Die hier vertretene Ansicht wird unterstützt durch die Regelung im MitbestG, die die Gestaltungsfreiheit der GmbH-Satzung bez. des Entsendungsrechts unberührt läßt (Rdn. 82). Die Vorschrift des Abs. 3, die die Wahl von Stellvertretern verbietet und die von Ersatzmitgliedern regelt, wird wegen des Gleichbehandlungsprinzips als für alle Mitglieder verbindlich anzusehen sein (vgl. Dietz-Richardi § 76, 151 ff., Fitting-Auffarth-Kaiser § 76, 107ff.). Der sachliche Unterschied, der bei der Wahl, Bestellung oder Entsendung der ordentlichen Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter einerseits und der Arbeitnehmer andrerseits aufgrund der verschiedenen Vorschriften eine Anwendung des Gleichbehandlungsprinzips ausschließt, liegt bei dem für alle Mitglieder geltenden Abs. 3 nicht vor.
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b) Unwirksamkeit der Bestellung. Für die Anteilseignervertreter gilt das Rdn. 77 Ausgeführte. Die Nichtigkeit und Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften (Dietz-Richardi § 76, 114ff., 119, Fitting-Auffarth-Kaiser § 76, 73ff„ 77). Nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 ArbGG ist die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben. Für die Anfechtung gilt § 19 BetrVG analog. Anfechtungsgrund ist ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. Nichtigkeit ist nur bei besonders schweren Verstößen anzunehmen. Wegen der Gleichheit der Rechtslage müssen die Nichtigkeitsgründe des § 250 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 AktG auch für Arbeitnehmervertreter Geltung haben (ebenso für das MitbestG Raiser § 22, 19). 81 c) §§ 104, 105, 106 AktG. Die Ersatzbestellung fehlender Mitglieder durch das Gericht (§ 104) gilt für alle, berücksichtigt aber die verschiedene Herkunft in Abs. 4. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Wiederherstellung der Beschlußfähigkeit, Abs. 1, und der Vollständigkeit, Abs. 2. § 105 Abs. 1 über die Unvereinbarkeit von Aufsichtsratsamt und Management hat ebenfalls Geltung für alle Mitglieder, desgleichen die Ausnahme des Abs. 2. Die in Abs. 1 aufgeführten leitenden Angestellten können also weder Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter noch der Arbeitnehmer sein. Bei einem Verstoß gilt das Rdn. 78 a.E. Gesagte. § 106 gilt für die GmbH nicht. Er ist auch für die mitbestimmte Gesellschaft durch § 52 Abs. 2 ersetzt, Rdn. 52.
3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG 82
a) Wahlorgan — Entsendungsrecht. Die Wahl der Arbeitnehmervertreter ist in den §§ 9—18 MitbestG und in den Wahlordnungen (Rdn. 24) geregelt. Durch die Annahme der Wahl treten sie in ein Rechtsverhältnis zur Gesellschaft mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschafter (Rdn. 133ff.). Für die Anteilseignervertreter verweist § 6 Abs. 2 S. 1 auf §§ 101 Abs. 1 und 3, 104— (542)
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106 AktG. Andere gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung und die Bestellung des Aufsichtsrats bleiben nach § 6 Abs. 2 Satz 2 unberührt. In Ubereinstimmung damit verweist § 8 Abs. 1 für die Wahl der Anteilseignervertreter auf das bestehende Gesellschaftsrecht, hier das GmbHG, und die Satzung. Daraus und aus dem Fehlen des Abs. 2 des § 101 AktG in der Verweisung ist zu entnehmen, daß das MitbestG insoweit die Satzungsfreiheit bei der GmbH nicht beschränken wollte (Rdn. 13, ebenso Raiser § 8, 8). Die Verweisung in § 8 Abs. 2 gilt nur für die AG (Raiser § 8, 5). Wie beim Aufsichtsrat nach BetrVG (Rdn. 79) hat die Satzung also auch hier die in Rdn. 75 beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten. Das gilt insbesondere für das Entsendungsrecht. Die Vorschriften des § 101 Abs. 3 AktG über Stellvertreter und Ersatzmitglieder sind dagegen aus den in Rdn. 79 genannten Gründen für alle Mitglieder verbindlich, für die Arbeitnehmervertreter präzisiert in § 17 MitbestG (Raiser § 6, 26f., § 17, 1). b) Unwirksamkeit der Bestellung. Für die Anteilseignervertreter gilt das in Rdn. 83 77 Ausgeführte. Die Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer ist in § 22, die von Wahlmännern in § 21 MitbestG geregelt. Anfechtungsgrund ist derselbe wie in § 19 BetrVG, der analog auf die Wahl der Arbeitnehmervertreter nach §§ 76, 77 BetrVG anzuwenden ist, s. Rdn. 80. Auch für die Nichtigkeit gilt dasselbe wie dort, s. Rdn. 80, Raiser § 22, 18ff.). c) §§ 104, 105, 106 AktG. Zu § 104 kann auf Rdn. 81 verwiesen werden. Die 84 Beschlußfähigkeit ist in § 28 MitbestG geregelt, s. Rdn. 113. Die Unvollständigkeit ist hier stets ein dringender Grund für die sofortige gerichtliche Bestellung, da sie die Parität aufhebt, § 104 Abs. 3 Nr. 2. § 6 Abs. 2Satz 1 MitbestG beschränkt die Unvereinbarkeit nach § 105 Abs. 1 hinsichtlich der Prokuristen auf solche, die den Geschäftsführern unmittelbar unterstellt und zur Ausübung der Prokura für den gesamten Geschäftsbereich ermächtigt sind (s. Raiser § 6, 47ff.). Das gilt aber nur für ihre Wählbarkeit als Arbeitnehmervertreter, was sachlich unberechtigt ist, denn das Inkompatibilitätsprinzip hat für alle Aufsichtsratsmitglieder die gleiche Bedeutung (ebenso Raiser § 6,47). Bei einem Verstoß gegen § 105 gilt das Rdn. 78 a.E. Gesagte. § 106 gilt für die GmbH nicht, da er durch § 52 Abs. 2 ersetzt ist (Rdn. 52). Zusätzlich verlangt § 19 MitbestG den Aushang der Namen der Gewählten in den Betrieben des Unternehmens und der von den §§ 4 und 5 erfaßten Unternehmen.
V. Amtszeit und Abberufung AktG § 102 Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder (1) Aufsichtsratsmitglieder können nicht für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet. (2) Das Amt des Ersatzmitglieds erlischt spätestens mit Ablauf der Amtszeit des weggefallenen Aufsichtsratsmitglieds. AktG § 103 Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (1) Aufsichtsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt worden sind, können von ihr vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann eine andere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (543)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
(2) Ein Aufsichtsratsmitglied, das auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt ist, kann von dem Entsendungsberechtigten jederzeit abberufen und durch ein anderes ersetzt werden. Sind die in der Satzung bestimmten Voraussetzungen des Entsendungsrechts weggefallen, so kann die Hauptversammlung das entsandte Mitglied mit einfacher Stimmenmehrheit abberufen. (3) Das Gericht hat auf Antrag des Aufsichtsrats ein Aufsichtsratsmitglied abzuberufen, wenn in dessen Person ein wichtiger Grund vorliegt. Der Aufsichtsrat beschließt über die Antragstellung mit einfacher Mehrheit. Ist das Aufsichtsratsmitglied auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt worden, so können auch Aktionäre, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den Nennbetrag von zwei Millionen Deutsche Mark erreichen, den Antrag stellen. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (4) Für die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder, die weder von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag gewählt worden sind noch auf Grund der Satzung in den Aufsichtsrat entsandt sind, gelten außer Absatz 3 das Mitbestimmungsgesetz, das MontanMitbestimmungsgesetz, das Mitbestimmungsergänzungsgesetz und das Betiebsverfassungsgesetz 1952. (5) Für die Abberufung eines Ersatzmitglieds gelten die Vorschriften über die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds, für das es bestellt ist.
1. Der fakultative Aufsichtsrat 85
a) Amtszeit. § 102 AktG, der die Amtszeit vom Beginn bis zur Entlastung für das vierte Geschäftsjahr danach (ohne das Jahr des Beginns, also in der Regel etwa auf 5 Jahre) beschränkt, gilt nicht. Wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, ist die Amtszeit bis zur Abberufung (Rdn. 86) unbefristet. Auch § 30 Abs. 3 AktG, der die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats bis zum Entlastungsbeschluß für das erste Geschäftsjahr befristet, gilt nicht (Rdn. 45ff.). Die Satzung kann die Amtszeit beliebig festsetzen. Befristet sie sie nicht, so empfiehlt sich, in Abweichung von § 103 Abs. 1 (Rdn. 86) die Abberufung mit einfacher Mehrheit zuzulassen. Ein Aufsichtsratsmitglied, das nur noch das Vertrauen der Minderheit hat, sollte nicht im Amt bleiben. Anders mag es bei entsandten Mitgliedern sein (über ihre Entsendung s. Rdn. 75, über ihre Abberufung Rdn. 86). Sie haben, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, die gleiche Amtszeit wie die gewählten (RGZ 165 68, 76). Bestimmt die Satzung nichts anderes, so kann auch die Gesellschafterversammlung die Amtszeit befristen, auch verschieden für die einzelnen Mitglieder. Die Amtszeit beginnt mit dem bei der Wahl festgesetzten Termin, ohne eine solche Festsetzung mit der Annahme des Amtes durch den Gewählten. Sie endet mit dem in der Satzung oder bei der Wahl bestimmten Termin, durch Abberufung (Rdn. 86), Niederlegung (Rdn. 139) oder Erlöschen aufgrund nachträglichen Wegfalls einer persönlichen Voraussetzung (Rdn. 73, 74). Wiederwahl und Wiederentsendung sind im Zweifel immer zulässig.
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b) Abberufung. Die Abberufung vor Ablauf der Amtszeit behandelt § 103 AktG, von dem nach § 52 Abs. 1 für den fakultativen Aufsichtsrat nur Abs. 1 Satz 1 und 2 dispositiv gelten. Die Abberufung der von den Gesellschaftern gewählten Mitglieder ist also jederzeit durch einen Gesellschafterbeschluß mit drei Vierteln der abgegebenen Stimmen möglich. Die Satzung kann dies ändern, z. B. die einfache Mehrheit — oder diese bei Vorliegen eines wichtigen Grundes — genügen lassen. Abs. 3 über die gerichtliche Abberufung aus wichtigem Grund aufgrund eines Aufsichtsratsbeschlusses ist nicht anwendbar, auch nicht aufgrund der Satzung, da diese nicht die gerichtliche Zuständigkeit begründen kann. Auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes bedarf es mangels einer anderweitigen Satzungsbestimmung der Dreiviertelmehrheit des § 103 Abs. 1 (Voraufl. 25, wohl auch Baumbach-Hueck 2 A, a.M. Scholz 11 und Sudhoff wie vor Rdn. 5 S. 200 und vor Rdn. 14 S. 159, die einfache Mehrheit genügen lassen). Beim (544)
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Abberufungsbeschluß hat ein betroffener Gesellschafter das Stimmrecht (§ 47, 48, 70), nicht aber bei der Abberufung aus wichtigem Grund (§ 47, 75). Je nach der Art und Schwere des wichtigen Grundes kann die Stimmabgabe anderer Gesellschafter gegen die Abberufung wegen Treupflichtverletzung nichtig sein (§ 47, 77, 81). Es gilt der Grundsatz: Wer bestellt, kann auch abberufen. So können die zur 87 Bestellung des Aufsichtsrats der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co berechtigten Kommanditisten entsprechend § 103 Abs. 1 mit Dreiviertelmehrheit abberufen. Der entsendungsberechtigte Gesellschafter oder Dritte kann den Entsandten jederzeit abberufen (so auch § 103 Abs. 2 Satz 1, Baumbach-Hueck 2 A). Die Satzung kann dieses Abberufungsrecht einschränken. So kann sie bestimmen, daß der mit befristeter Amtszeit Entsandte (Rdn. 85) vorzeitig nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann. Das empfiehlt sich, wenn dessen Unabhängigkeit gestärkt werden soll. Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann der Gesellschaft das Verbleiben des entsandten Mitglieds im Amt nicht zugemutet werden. Die Gesellschafter können es, auch wenn die Satzung dies nicht vorsieht (was sich empfiehlt), mit Dreiviertelmehrheit (entsprechend § 103 Abs. 1) abberufen {Scholz 13 will einfache Mehrheit genügen lassen). Fällt das Entsendungsrecht nachträglich weg, so können die Gesellschafter den Entsandten abberufen. Da er nicht aufgrund ihres Vertrauens Mitglied geworden ist, genügt hier ein Beschluß mit einfacher Mehrheit, entsprechend den Rechtsgedanken des § 103 Abs. 2 Satz 2. 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Amtszeit. Die Satzung muß die Amtszeit für alle Mitglieder gleich bestimmen, 88 wobei sie an die Höchstdauer des hier zwingend geltenden § 102 gebunden ist. Bestimmt sie nichts, so bleibt es bei dieser Höchstdauer. Die Gesellschafter können bei der Wahl eine kürzere Amtszeit bestimmen als die durch § 102 oder die Satzung festgesetzte. Für die Wahl der Arbeitnehmervertreter gilt immer die in § 102 oder der Satzung bestimmte Höchstdauer (§ 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, Voraufl. Anh. 23). Der nach § 102 maßgebliche Beschluß über die Entlastung ist gefaßt, wenn die Entlastung erteilt oder verweigert, nicht aber wenn die Beschlußfassung vertagt wird. Streitig ist, wann die Amtszeit endigt, wenn über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr i.S. des § 102 nicht beschlossen wird (vgl. § 46, 22ff.). Der Zweck des § 102, daß der Aufsichtsrat sich nach Ablauf der Höchstdauer zur Neuwahl zu stellen hat, verlangt eine Beendigung der Amtszeit auch in diesem Falle, ebenso Mertens Köln. Komm. § 102, 16 gegen die h.M., ferner Fitting-Auffarth-Kaiser §§ 77, 8, Raiser § 6, 28. Mit Fitting aaO wird man als Ende der Amtszeit den Ablauf des vierten Geschäftsjahres nach dem Jahr der Bestellung anzunehmen haben, also des Jahres, in dem normalerweise über die Entlastung hätte beschlossen werden müssen. Für Beginn und Ende der Amtszeit gilt das Rdn. 85 Gesagte. § 30 Abs. 3 AktG über die verkürzte Amtszeit des ersten Aufsichtsrats gilt nicht, vgl. Rdn. 48 f. Eine nachträgliche Verkürzung oder Verlängerung (bis zur gesetzlichen Höchstdauer) der Amtszeit durch die Satzung verkürzt oder verlängert zwar die Amtszeit der Anteilseignervertreter, nicht aber die der Arbeitnehmervertreter, da deren Amtszeit nicht durch nachträgliche Entscheidungen der Gesellschafter beeinflußt werden kann (ebenso Fitting-Wlotzke-Wißmann § 15, 61, a.M. Voraufl. 23, Mertens § 102, 6). b) Abberufung. Die Bestimmungen des § 103 über die Abberufung vor Ablauf der 89 Amtszeit sind für die mitbestimmte GmbH zwingend. Die Rechtslage ist nicht die gleiche wie bei der Bestellung (s. Rdn. 10 und 79). Durch die Bestellung werden die Rechte und Pflichten des Mitglieds erst begründet. Durch die Abberufung werden sie ihm genommen. Die Möglichkeiten dieses Eingriffs sind vom Gesetz zwingend und ab(545)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
schließend geregelt (vgl. Rdn. 10). Die Satzung kann aber nach § 103 Abs. 1 Satz 2 für die Abberufung der Anteilseignervertreter eine andere Mehrheit, also z. B. die einfache bestimmen. Eine solche Satzungsänderung wirkt auch gegenüber den z. Zt. der Beschlußfassung im Amt befindlichen Mitgliedern. Der Entsendungsberechtigte hat nach A b s . 2 Satz 1 ein jederzeitiges Abberufungsrecht. Da das Entsendungsrecht auf der S a t z u n g beruht (Rdn. 75), kann diese es beliebig ausgestalten, auch das Abberufungsrecht einschränken, z. B. bei befristeter Berufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Sie kann auch bestimmen, daß die Gesellschafter ein entsandtes Mitglied abberufen können (Mertens § 103, 26). Die Mitglieder der Arbeitnehmer können ohne wichtigen Grund nur nach § 76 Abs. 5 BetrVG von den wahlberechtigten Arbeitnehmern mit Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen abberufen werden. Liegt in der Person eines Mitglieds ein wichtiger G r u n d vor, so greift das registergerichtliche Abberufungsverfahren des Abs. 3 ein. Es gilt für alle Mitglieder und kommt in Gang aufgrund eines Aufsichtsratsbeschlusses, bei dem das betroffene Mitglied gemäß § 34 B G B kein Stimmrecht hat (Raiser § 6, 33, Mertens § 103, 30, a.M. Meyer-Landrut Großkomm. § 103, 7, Gessler § 103, 34). Gegen entsandte Mitglieder können auch Gesellschafter, deren Anteile zusammen 10% des Stammkapitals oder den Nennbetrag von zwei Mio D M erreichen, das Verfahren beantragen (Abs. 3 Satz 3). 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG 90
Gegenüber der Rechtslage nach dem BetrVG bringt das MitbestG bezüglich Amtszeit und Abberufung keine Besonderheiten. Es kann daher auf die Ausführungen in Rdn. 88, 89 verwiesen werden. Ebenso wie § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG verweisen §§ 15 A b s . 1, 18 MitbestG auf die durch Gesetz oder Satzung bestimmte Amtszeit. Eine von den Gesellschaftern bei der Wahl ihrer Vertreter bestimmte kürzere Amtsdauer hat also für die Arbeitnehmervertreter keine Wirkung (ebenso Raiser § 6, 29). § 30 Abs. 3 A k t G über die verkürzte Amtszeit des ersten Aufsichtsrats gilt auch hier nicht, vgl. Rdn. 50 f. Uber Beginn und Ende der Amtszeit s. Rdn. 85 a.E. Bei Verlust der Wählbarkeit erlischt das A m t der Arbeitnehmervertreter nach näherer Bestimmung des § 24 MitbestG. Die A b b e r u f u n g aus wichtigem G r u n d ist auch hier zwingend und erschöpfend in § 103 Abs. 3 geregelt. Im übrigen können die Arbeitnehmervertreter nach § 23 MitbestG vor Ablauf ihrer Amtszeit abberufen werden. Erforderlich ist wie in § 76 A b s . 5 BetrVG eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen der Wahlmänner, bei unmittelbarer Wahl des wahlberechtigten Arbeitnehmers der betr. Gruppe. Auffällig ist das nahezu prohibitiv wirkende Q u o r u m von drei Vierteln der jeweils wahlberechtigten Arbeitnehmer für die Antragstellung, während es bei § 76 Abs. 5 BetrVG ein Fünftel beträgt.
V I . Innere O r d n u n g des Aufsichtsrats AktG § 107 Innere Ordnung des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat hat nach näherer Bestimmung der Satzung aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Der Vorstand hat zum Handelsregister anzumelden, wer gewählt ist. Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist. (2) Uber die Sitzungen des Aufsichtsrats ist eine Niederschrift anzufertigen, die der Vorsitzende zu unterzeichnen hat. In der Niederschrift sind der Ort und der Tag der Sitzung, die Teilnehmer, die Gegenstände der Tagesordnung, der wesentliche Inhalt der Verhandlungen und (546)
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die Beschlüsse des Aufsichtsrats anzugeben. Ein Verstoß gegen Satz 1 oder Satz 2 macht einen Beschluß nicht unwirksam. Jedem Mitglied des Aufsichtsrats ist auf Verlangen eine Abschrift der Sitzungsniederschrift auszuhändigen. (3) Der Aufsichtsrat kann aus seiner Mitte einen oder mehrere Ausschüsse bestellen, namentlich, um seine Verhandlungen und Beschlüsse vorzubereiten oder die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen. Die Aufgaben nach Absatz 1 Satz 1, § 59 Abs. 3, § 77 Abs. 2 Satz 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 111 Abs. 3, §§ 171, 314 Abs. 2 und 3 und § 331 Abs. 3 Satz 3 sowie Beschlüsse, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen, können einem Ausschuß nicht an Stelle des Aufsichtsrats zur Beschlußfassung überwiesen werden.
Schrifttum Hommelhoff Die Geschäftsordnungsautonomie des Aufsichtsrats, Betriebsw. Forschung und Praxis 1977 507; Immenga und Mertens Zuständigkeiten des mitbestimmten Aufsichtsrats, ZGR 1977 249, 270; Säcker Die Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat eines mitbestimmten Unternehmens, DB 1977 2031; Schaub und Luther Die innere Organisation des Aufsichtsrats, ZGR 1977 293, 306; Skibbe Die innere Ordnung des Aufsichtsrats der GmbH, GmbH-Rdsch. 1961 3; Ulmer Die Anpassung von AGSatzungen an die Mitbestimmung — eine Zwischenbilanz, ZHR 141 1977 490; H. P. Westermann und Werner Rechte und Pflichten des mitbestimmten Aufsichtsrats und seiner Mitglieder, ZGR 1977 219, 236. 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Vorsitz. Die Verweisung des § 52 Abs. 1 enthält § 107 AktG nicht. Die innere 91 Ordnung des fakultativen Aufsichtsrats wird der Satzung überlassen, s. dazu auch Rdn. 5—8, 14—18. Die Satzung kann den Vorsitzenden bestimmen, sie kann die Wahl durch den Aufsichtsrat aus seiner Mitte anordnen, sie kann — was unzweckmäßig wäre — auch anordnen, daß der Aufsichtsrat keinen Vorsitzenden haben soll. Alles das kann auch durch eine Geschäftsordnung (Rdn. 93) bestimmt werden. Mangels jeder Anordnung durch die Gesellschafter kann der Aufsichtsrat seine innere Ordnung selbst bestimmen, insbesondere einen Vorsitzenden aus seiner Mitte mit einfacher Mehrheit (Rdn. 102) wählen. Die Funktionen des Vorsitzenden ergeben sich aus seiner Stellung. Er hat die Sitzungen einzuberufen, sie vorzubereiten und zu leiten sowie die Ausführung der Beschlüsse zu überwachen. Bezüglich der Berichterstattung der Geschäftsführer hat er die Rdn. 59 beschriebenen Befugnisse. Zu seinen selbstverständlichen Pflichten gehört auch, für ein Sitzungsprotokoll zu sorgen, dessen Mindestinhalt sich aus § 107 Abs. 2 ergibt, mit Ausnahme des wesentlichen Inhalts der Verhandlungen, d. h. der Wiedergabe der tragenden Gesichtspunkte (Gessler § 107, 50), die nicht unbedingt erforderlicher Bestandteil der Niederschrift ist. Schließlich ist der Vorsitzende zur Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen für den Aufsichtsrat befugt (Mertens § 107, 34, 41). Er ist nicht Vertreter des Aufsichtsrats (Eder 481.3), sondern nur sein Sprecher. Außer den vorgenannten Pflichtrechten hat er nicht mehr Rechte als die anderen Mitglieder. Seine Wahl gilt, falls nichts anderes bestimmt wird, für die Dauer seiner Amtszeit. Die Bestellung kann jederzeit mit einfacher Mehrheit widerrufen werden. Der Vorsitzende hat bei Wahl und Widerruf Stimmrecht, es sei denn, daß bei letzterer ein wichtiger Grund vorliegt (Mertens 24ff.). b) Ausschüsse. Satzung oder Geschäftsordnung können die Bildung von Aus- 92 schüssen anordnen oder zulassen, denen auch Entscheidungsbefugnisse ohne die in § 107 Abs. 3 bezeichneten Grenzen (Rdn. 96) übertragen werden können. Ohne Ermächtigung (547)
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durch die Gesellschafter kann der Aufsichtsrat Ausschüssen nur vorbereitende und die Ausführung seiner Beschlüsse überwachende Befugnisse (vgl. § 107 Abs. 3 Satz 1) übertragen, nicht aber entscheidende. Man wird als Regel annehmen müssen, daß der Aufsichtsrat als Ganzes die ihm von den Gesellschaftern übertragenen Aufgaben zu erfüllen hat (einschränkend Skibbe S. 5). 93 c) Geschäftsordnung. Soweit die Satzung nichts bestimmt, können die Gesellschafter durch einfachen Beschluß (§ 47 Abs. 1) oder der Aufsichtsrat mit einfacher Mehrheit (Rdn. 102) eine Geschäftsordnung erlassen. Sie kann den von § 52 Abs. 1 gesetzesfrei gelassenen Raum ausfüllen, während von den dort aufgeführten aktienrechtlichen Vorschriften nur die Satzung abweichen kann. Die Geschäftsordnung kann also insbesondere Bestimmungen über die in den §§ 107—109 geregelten Gegenstände enthalten, ferner über solche, die im AktG nicht geregelt sind wie Form und Frist der Einberufung. 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Vorsitz. Die Vorschriften der §§ 107—111 AktG gewährleisten die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats, d.h. die geordnete Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben. Soweit sie nicht selbst ihre Änderung oder Ergänzung zulassen, sind sie für die mitbestimmte GmbH zwingend, können also nicht durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung geändert werden (Rdn. 10). Zwingend ist, daß der Aufsichtsrat einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter haben muß und daß diese vom Aufsichtsrat aus seiner Mitte zu wählen sind. Kommt eine Wahl nicht zustande, etwa wegen Stimmengleichheit, so greift die Kompetenz der Gesellschafterversammlung als des obersten Organs ein. Sie bestellt in diesem Fall den Vorsitzenden (zur aktienrechtlichen Streitfrage s. Mertens § 107, 18). Für die Funktionen und die Amtsdauer des Vorsitzenden gilt Rdn. 91. 95 b) Niederschrift. Sie muß den in § 107 Abs. 2 vorgeschriebenen Inhalt haben und außerdem auf Verlangen eines Mitglieds dessen Anträge und Stellungnahmen enthalten, letztere nach ihrem wesentlichen Inhalt. Konstitutiven Charakter hat die Niederschrift nicht (Raiser § 25, 17, Mertens § 107, 61). Der h.M., wonach ein Protokollführer nur zugezogen werden darf, wenn kein Mitglied widerspricht (Gessler 47, Mertens 57, Meyer-Landrut 9), ist nicht zu folgen. Wenn die Satzung die Teilnahme Fremder anstelle verhinderter Mitglieder zulassen (§ 109 Abs. 3) und der Vorsitzende Sachverständige und Auskunftspersonen zuziehen kann (§ 109 Abs. 1 Satz 2, Mertens § 109, 17), so kann er als Ausfluß der ihm zustehenden Sitzungsleitung auch ein Nichtmitglied zur Protokollführung zuziehen (im Ergebnis zustimmend Eder 481.19). 94
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c) Ausschüsse. Die Bildung von Ausschüssen und die Zuweisung von Aufgaben an sie ist ausschließlich Sache des Aufsichtsrats (herrsch. Meinung, Raiser § 25, 35, Säcker S. 2031, Ulmer S. 495 m. FN 10 und 103, beide m.w.N.). Sie sind der Regelung durch die Gesellschafter entzogen. Das hat auch für die GmbH zu gelten, da der mitbestimmte Aufsichtsrat in eigenständiger Verantwortung über seine Arbeitsweise und die Verteilung seiner Aufgaben und Befugnisse zu entscheiden hat. Der Ausschuß muß aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen (Mertens 124) und wenn er Entscheidungsbefugnisse hat, aus mindestens drei (BGHZ 65 190). Die allgemeine Überwachungspflicht kann nicht einem Ausschuß übertragen werden (Mertens 89), ferner nicht die Beschlußfassung über die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters (Abs. 1 Satz 1), die Einberufung der Gesellschafterversammlung (§ 111 Abs. 3), die Prüfung des Jahresabschlusses, des Geschäftsberichts und des Vorschlags über die Verwendung des Bilanzgewinns (§ 171) sowie darüber, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zu(548)
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Stimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden dürfen (§111 Abs. 4 Satz 2, wohl aber diese Zustimmung selbst), § 107 Abs. 3 Satz 2. Auch soweit Entscheidungsbefugnisse übertragen werden können, hat der Gesamtaufsichtsrat das letzte Wort. Er kann jederzeit die Entscheidung an sich ziehen und bereits getroffene Entscheidungen eines Ausschusses aufheben oder ändern (Mertens 86). Vorschriften über die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen auf die Mitglieder der Gesellschafter und die der Arbeitnehmer enthält das Gesetz nicht (s. dazu Meyer-Landrut 13, Mertens Anh. §96, 73-81, Gessler 70-72). d) Geschäftsordnung. Für die Zuständigkeit zum Erlaß einer Geschäftsordnung 97 gilt das Rdn. 93 Gesagte. Die Satzung hat gegenüber dem Aufsichtsrat Regelungsvorrang mit Ausnahme der Bildung von und der Aufgabenzuweisung an Ausschüsse, Rdn. 96 (Hommelhoff 503, Ulmer 496). Dabei ist die Satzung an den zwingenden Inhalt des Gesetzes gebunden (Rdn. 10). Sie kann Regelungen treffen, wo das Gesetz selbst auf sie verweist, § 107 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 2 Satz 1, § 109 Abs. 3, § 111 Abs. 4 Satz 2, § 113 Abs. 1 Satz 2. Sie kann das Gesetz ergänzen, z.B. durch Bestimmungen über die Einberufung. Anders als im Aktienrecht (vgl. Meyer-Landrut § 107 Einl., Mertens § 107, 132) kann die Gesellschafterversammlung kraft ihrer Stellung als oberstes Organ solche ergänzenden Bestimmungen auch außerhalb der Satzung mit einfacher Mehrheit beschließen. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG a) Vorsitz. Für den Bereich der dem MitbestG unterliegenden Unternehmen (Rdn. 98 24, 31) ist § 107 Abs. 1 Satz 1 durch § 27 MitbestG Abs. 1 und 2 ersetzt (Text im Anhang). Die Vorschrift verlangt für die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters in Abs. 1 eine Zweidrittelmehrheit und sieht in Abs. 2 für den Fall, daß diese Mehrheit nicht erreicht wird, einen zweiten Wahlgang vor, bei dem der Vorsitzende von den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner, der Stellvertreter von denen der Arbeitnehmer jeweils mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt wird. Die Amtszeit beider muß sich wegen dieser Koppelung decken (Raiser § 27, 15). Weitere Stellvertreter können gewählt werden, wobei auch für sie das Wahlverfahren der Abs. 1 und 2 gilt (Raiser 7, a.M. Fitting-Wlotzke-Wißmann 4). Das verlangt das Paritätsprinzip. Vorsitzender und Stellvertreter können nur nach den gleichen Regeln abberufen werden, nach denen sie gewählt wurden {Raiser § 27, 15, Philipp ZGR 1978 70, 72). Fällt einer von beiden weg, wird die Stellung des andern nicht berührt. Für die Nachwahl gilt zunächst § 27 Abs. 1. Wird die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, so wählt entsprechend Abs. 2 allein die Gruppe, der der Weggefallene angehört hat (Raiser 17f., Philipp aaO S. 69). b) Niederschrift. Hierzu kann auf die Ausführungen Rdn. 95 verwiesen werden. 99 c) Ausschüsse. Das MitbestG enthält außer § 27 Abs. 3 keine Vorschriften über 100 Bildung und Zusammensetzung von Ausschüssen. Es gilt das Rdn. 96 Ausgeführte. Abs. 3 schreibt die alsbaldige Bildung des sog. Vermittlungsausschusses vor, dessen alleinige Aufgabe es ist, im Falle daß die Bestellung eines Geschäftsführers nicht mit der nach § 31 Abs. 2 erforderlichen Zweidrittelmehrheit zustandekommt, einen Vorschlag für die Bestellung zu machen (vgl. Rdn. 111 und § 35, 52). Auch die Zusammensetzung ist in § 27 Abs. 3 vorgeschrieben. Der Ausschuß besteht aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und je einem von jeder Bank mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählten Mitglied, ist also paritätisch zusammengesetzt. Es steht nichts im Wege, daß der Aufsichtsrat ihm auch andere Aufgaben überträgt, s. Rdn. 96. Nach § 107 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 84 AktG, der nach § 31 Abs. 1 MitbestG auch für die Bestellung (549)
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und den Widerruf der Bestellung der Geschäftsführer gilt, können Bestellung und Widerruf nicht einem Ausschuß übertragen werden. Gehört der Vorsitzende einem Ausschuß an, so hat er dort nicht die ihm bei Aufsichtsratsbeschlüssen im Falle der Stimmengleichheit in § 29 Abs. 2 MitbestG eingeräumte Zweitstimme (Raiser § 25, 45, Immenga S. 256). Doch kann sie ihm — außer für den Vermittlungsausschuß — durch Aufsichtsratsbeschluß (Geschäftsordnung) gewährt werden. 101 d) Geschäftsordnung. Eine Organisationsautonomie des Aufsichtsrats in dem Sinn, daß nur er und nicht auch die Satzung Bestimmungen über seine innere Ordnung treffen kann, ist dem MitbestG nicht zu entnehmen (ebenso Ulmer S. 496 mit zutreffender Begründung gegenüber Erwägungen von Raiser § 25, 15 — s. aber auch dort Rdn. 32 — und Hommelhoff S. 512ff.). Es bleibt also grundsätzlich bei der Satzungszuständigkeit und ihrem Regelungsvorrang, s. Rdn. 97. Von den dort aufgeführten gesetzlichen Verweisungen auf die Satzung entfallen die auf § 107 Abs. 1 Satz 1 und § 108 Abs. 2 Satz 1, da diese Vorschriften durch die zwingenden Regelungen des MitbestG in § 27 Abs. 1 (Rdn. 98) und § 28 (Rdn. 113) ersetzt sind. Auch die Möglichkeit ergänzender Bestimmungen bleibt im Rahmen des § 25 Abs. 2 MitbestG erhalten (Rdn. 13). Sie dürfen die Befugnisse des Aufsichtsrats nicht einschränken, dessen Funktionsfähigkeit, insbesondere die in den §§ 27—33 festgesetzten Verfahrensregeln nicht beeinträchtigen {Raiser § 25, 13, Ulmer S. 498) und müssen den Paritätsgrundsatz wahren (Raiser aaO). Fraglich ist, ob die Gesellschafterversammlung solche ergänzenden Bestimmungen auch mit einfacher Mehrheit beschließen kann (vgl. Rdn. 97). Da § 25 Abs. 2 MitbestG nur die Satzung erwähnt, nicht aber den einfachen Gesellschafterbeschluß, wird man die Frage eher verneinen müssen.
VI. Beschlußfassung des Aufsichtsrats AktG § 108 Beschlußfassung des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluß. (2) Die Beschlußfähigkeit des Aufsichtsrats kann, soweit sie nicht gesetzlich geregelt ist, durch die Satzung bestimmt werden. Ist sie weder gesetzlich noch durch die Satzung geregelt, so ist der Aufsichtsrat nur beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen er nach Gesetz oder Satzung insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlußfassung teilnimmt. In jedem Fall müssen mindestens drei Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen. Der Bechlußfähigkeit steht nicht entgegen, daß dem Aufsichtsrat weniger Mitglieder als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl angehören, auch wenn das für seine Zusammensetzung maßgebende zahlenmäßige Verhältnis nicht gewahrt ist. (3) Abwesende Aufsichtsratsmitglieder können dadurch an der Beschlußfassung des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse teilnehmen, daß sie schriftliche Stimmabgaben überreichen lassen. Die schriftlichen Stimmabgaben können durch andere Aufsichtsratsmitglieder überreicht werden. Sie können auch durch Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören, übergeben werden, wenn diese nach § 109 Abs. 3 zur Teilnahme an der Sitzung berechtigt sind. (4) Schriftliche, telegrafische oder fernmündliche Beschlußfassungen des Aufsichtsrats oder eines Ausschusses sind nur zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht.
Schrifttum Lutter Der Stimmbote, Festschr. für K. Duden (1977) 269; Meilicke Fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse, Festschr. für Walter Schmidt (1959) 71; Mertens Stimmabgabe abwesender Aufsichtsratsmitglieder nach § 108 Abs. 3 AktG, AG 1977 210. (550)
Aufsichtsrat (Schilling)
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1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Beschlußfassung. Der Aufsichtsrat ist ein Kollegialorgan (RGZ 146 145, 151) 102 und trifft seine Entscheidungen durch Beschlüsse. Was zu § 45 Rdn. 7—13 über das Beschlußverfahren der Gesellschafter ausgeführt wurde, findet auch auf den Aufsichtsratsbeschluß Anwendung. Über ihn sagt das Gesetz nichts, auch § 108 AktG nicht, der im übrigen für den fakultativen Aufsichtsrat nicht gilt. Es ist aber allgemeine Meinung, daß insoweit auf das Vereinsrecht des BGB zurückgegriffen werden kann {Mertens § 108, 15 m.w.N.). § 28 BGB verweist für die Beschlußfassung des Vorstands auf die für die Beschlüsse der Mitglieder geltenden Vorschriften der §§ 32, 34. Nach § 32 Abs. 1 Satz 3 entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder. Darunter sind nur solche zu verstehen, die bei der Abstimmung mit Ja oder Nein votieren (EnneccerusNipperdey A.T. d. Bürg. Rechts § 111 12). Stimmenthaltungen werden nicht gezählt (Baltzer wie § 45 vor Rdn. 1, S. 166, allg. Meinung s. auch Rdn. 106). Nach § 34 BGB ist ein Mitglied nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtstreits zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft. Das ist zwingend. Im übrigen kann die Satzung die Beschlußfassung gestalten, z. B. qualifizierte Mehrheiten einführen, bestimmen, daß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt, oder für Wahlen die relative Mehrheit genügen lassen. b) Beschlußfähigkeit. Zu diesem Punkt schweigt auch das BGB. Bestimmt die 103 Satzung nichts anderes, so sind keine besonderen Anforderungen an die Beschlußfähigkeit (Quorum) zu stellen, weder was die Zahl der dem Aufsichtsrat angehörenden Mitglieder (Vollständigkeit), noch der an der Beschlußfassung teilnehmenden, d.h. mit Ja, Nein oder Stimmenthaltung Votierenden (Rdn. 106, vgl. auch § 45, 7) betrifft (ebenso Scholz 15, a.M. Eder 481.10 bez. der Vollständigkeit). Auch die von § 108 Abs. 2 Satz 3 vorgeschriebene Mindestzahl von drei an der Beschlußfassung teilnehmenden Mitgliedern gilt nicht. Die Satzung kann beliebige Erfordernisse aufstellen (s. z. B. R G Z 146 145, 161 129). Schreibt sie einen bestimmten Prozentsatz vor (z. B. wie in § 108 Abs. 2 Satz 2 die Hälfte), so ist er von der in der Satzung vorgeschriebenen Zahl zu berechnen, nicht nur von den tatsächlich noch im Amt befindlichen (BGHZ 4 224, 228). c) Schriftliche und gemischte Abstimmung. Der Beschluß ist in der Regel in einer 104 Sitzung zu fassen (Näheres s. Rdn. 115f.). Das sieht auch § 32 Abs. 1 Satz 1 BGB vor. Er kann aber auch außerhalb einer Sitzung gefaßt werden, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluß schriftlich erklären (§ 32 Abs. 2 BGB). Über das Erfordernis der Schriftlichkeit s. § 126 BGB und Mertens wie vor Rdn. 102. Darüber hinaus kann entsprechend § 48 Abs. 2, auch ohne daß die Satzung dies gestattet, die schriftliche Abstimmung als zulässig anzusehen sein, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht, wobei telegrafische oder fernschriftliche Erklärung der schriftlichen gleichzustellen ist (§ 48, 21). Eine fernmündliche Beschlußfassung, wie sie § 108 Abs. 4 A k t G gestattet, bedarf der Zulassung durch die Satzung (a.M. Eder 481.17), die das Beschlußverfahren beliebig erleichtern oder erschweren kann. Schließlich wird man auch ohne Satzungsbestimmung, wenn kein Mitglied widerspricht, eine gemischte Abstimmung als zulässig ansehen können. Sie liegt vor, wenn ein Teil der Mitglieder in einer Sitzung abstimmt, der andere nachträglich schriftlich (s. auch Rdn. 109). d) Fehlerhafte Beschlüsse. Es gibt keine gesetzliche Regelung über die Behandlung 105 fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse. Die Bestimmungen über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen (§47 Anhang) sind insoweit anwendbar, als dem fakultativen Aufsichtsrat gesetzliche Befugnisse der Gesellschafter übertragen sind (§ 45, 15, s. auch oben 17), wie z. B. die Geschäftsführerbestellung oder die Feststellung des Jah(551)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
resabschlusses. Beschlüsse, die der Aufsichtsrat im Rahmen der ihm in § 52 zugewiesenen Zuständigkeit faßt, sind nur entweder nichtig oder rechtswirksam. Nichtigkeitsgründe sind: Unzuständigkeit des Aufsichtsrats, Fehlen der Beschlußfähigkeit (Rdn. 103), Mängel der Einberufung (Rdn. 116, 120,121), insbesondere keine oder nicht ordnungsmäßige Einladung auch nur eines Mitglieds (BGH2 59 360, 373) oder wesentliche Mängel der Ankündigung der Tagesordnung, es sei denn alle Mitglieder erscheinen und verzichten auf die Geltendmachung des Mangels, was auch konkludent durch Beteiligung an der Abstimmung geschehen kann. Nichtigkeitsgrund ist ferner die Nichtzulassung eines Mitglieds zur Sitzung oder zur Diskussion (Verweigerung des rechtlichen Gehörs). Bei unberechtigtem Ausschluß von oder gesetzeswidriger Zulassung (entgegen § 34 BGB, Rdn. 102) zur Abstimmung oder bei Nichtigkeit der Stimmabgabe wegen Willensmängeln (vgl. § 45, 10) ist der Einwand zulässig, die Stimmabgabe sei für das Zustandekommen des Beschlusses nicht ursächlich gewesen (BGHZ 47 341, 346), s. auch Rdn. 77. In allen Nichtigkeitsfällen — außer dem der Unzuständigkeit - kann der Mangel durch Verzicht des Betroffenen auf die Geltendmachung mit Zustimmung aller Mitglieder geheilt werden (Mertens 71, Gessler 28). Uberhaupt ist bei der rechtlichen Beurteilung davon auszugehen, daß der Aufsichtsrat ein auf gegenseitiges Vertrauen und Loyalität gegründetes Gremium ist (vgl. BGHZ 64 325, 332). Verstöße gegen Ordnungsvorschriften wie über die Anfertigung oder den Inhalt der Niederschrift (s. § 107 Abs. 2 Satz 3 AktG) machen den Beschluß nicht nichtig. (S. auch Meilicke, Eder 481.15 und die Erl. zu § 108 AktG von Gessler 67ff., Mertens 61 ff., Meyer-Landrut 6ff.). 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG 106
a) Beschlußfassung. § 108 AktG, der hier gilt, sagt nichts Näheres über das Zustandekommen des Beschlusses aus. Auf Rdn. 102 wird verwiesen. Auch hier ist die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidend, wobei Stimmenthaltungen nicht zählen (Meyer-Landrut 3, Mertens 35). Die Satzung kann für Beschlüsse, die der Aufsichtsrat kraft gesetzlicher Zuständigkeit zu fassen hat, keine höheren Mehrheiten verlangen (Meyer-Landrut 3, Gessler 22, Mertens 40). Die einfache Mehrheit ist hier zwingend, weil das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats hemmen würde. Die Satzung kann für Wahlen die relative Mehrheit genügen lassen und bestimmen, daß bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt. Auch hier gelten die Stimmverbote des § 34 BGB (Mertens 43 ff.). Uber fehlerhafte Beschlüsse s. Rdn. 105. 107 b) Beschlußfähigkeit. Sie ist in § 108 Abs. 2 geregelt. Satz 1 läßt der Satzung den Vorrang mit der Einschränkung, daß die Sätze 3 und 4 zwingend sind. Die Satzung kann also das Quorum nicht unter drei Mitglieder festsetzen und sie kann nicht bestimmen, daß der Aufsichtsrat nur beschlußfähig ist, wenn er vollständig ist. Dabei hat das Gesetz im Interesse der Funktionsfähigkeit auch darauf verzichtet, das von § 76 Abs. 1 BetrVG (Rdn. 19) vorgeschriebene zahlenmäßige Verhältnis von zwei Drittel Mitglieder der Anteilseigner und ein Drittel der Arbeitnehmer zur Voraussetzung der Beschlußfähigkeit zu machen (Abs. 2 Satz 4). Auch das ist zwingend (Gessler 36, streitig). Schließlich kann die Satzung die Beschlußfähigkeit auch nicht von der Teilnahme einer bestimmten Person, etwa des Vorsitzenden oder des entsandten Mitglieds abhängig machen, weil das auf ein unzulässiges Veto hinausliefe (Gessler 35, Mertens 52). Das Quorum selbst kann die Satzung nach oben oder unten ändern. Für die Auslegung bei Festsetzung eines Prozentsatzes gilt Rdn. 103 letzter Satz. Trifft die Satzung keine Bestimmung, so ist die Teilnahme von mindestens der Hälfte der nach Gesetz oder Satzung vorgeschriebenen Mitglieder (Rdn. 62) erforderlich. Der Begriff der Teilnahme umfaßt (anders als der der (552)
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abgegebenen Stimmen, Rdn. 102, vgl. § 45, 7) die Stimmenthaltungen, da auch hierin eine Erklärung zum Beschlußantrag liegt (Duden BB 1950 803, Baltzer wie § 45 vor Rdn. 1 S. 137, Mertens 56, Gessler 38, Meyer-Landrut 7). Auch die schriftliche Stimmabgabe nach Abs. 3 (Rdn. 108) ist Teilnahme. Gehören dem Aufsichtsrat die nach Gesetz oder Satzung zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern nicht an, so greift das gerichtliche Bestellungsverfahren nach § 104 AktG ein (Rdn. 81). c) Der Stimmbote. Abs. 3 schafft für abwesende Mitglieder die Möglichkeit, durch 108 schriftliche Stimmabgabe an der Beschlußfassung teilzunehmen. Das schriftliche Votum kann nur ein anderes Mitglied oder eine nach § 109 Abs. 3 zugelassene Person (Rdn. 119) überreichen. Die Schriftform richtet sich nach § 126 BGB (Mertens 23, weitergehend Gessler 43 und Lutter wie vor Rdn. 102 S. 280, die telegrafische und fernschriftliche Erklärung zulassen). Die überreichende Person ist Bote, nicht Vertreter im Willen. Sie kann aber Vertreter in der Erklärung sein (Mertens wie vor Rdn. 102 S. 212). Sie hat also kein Entscheidungsermessen, kann aber nach Anweisung des abwesenden Mitglieds die Stimmabgabe schriftlich niederlegen und für es unterschreiben. Die Stimmabgabe muß zu einem bestimmten Punkt der Tagesordnung mit Ja, Nein oder Enthaltung votieren, auf einen bestimmten Beschlußantrag (so Mertens 23) braucht sie sich nicht zu beziehen. Da dieser oft erst in der Sitzung formuliert wird, würde dies die schriftliche Stimmabgabe allzusehr erschweren. d) Abstimmung ohne Sitzung — gemischte Abstimmung. § 108 Abs. 4 erlaubt 109 auch die Abstimmung außerhalb einer Sitzung, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht. Die Stimmen können schriftlich, telegrafisch, fernmündlich und (ohne daß das Gesetz es erwähnt) auch fernschriftlich abgegeben werden. Hieraus ist auch die Zulässigkeit einer gemischten Abstimmung herzuleiten. Sie liegt vor, wenn ein Teil der Mitglieder ihre Stimme in einer Sitzung abgeben, der andere Teil in der von Abs. 4 vorgesehenen Form außerhalb der Sitzung. Geschieht dies nachträglich, so wird die Beschlußfassung innerhalb der Sitzung in eine solche außerhalb übergeleitet. Das wird überwiegend für zulässig gehalten (Meyer-Landrut 4, Mertens 18, Gessler 66). Es bestehen aber auch keine Bedenken gegen eine umgekehrte Reihenfolge. Immer ist Voraussetzung, daß kein Mitglied widerspricht. In allen Fällen gilt § 107 Abs. 2 über die Anfertigung einer Niederschrift (Rdn. 95).
3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG. a) Beschlußfassung. Im allgemeinen sind die Ausführungen Rdn. 102 und 106 auch 110 hier maßgebend. § 29 Abs. 1 MitbestG (Text im Anhang) schreibt die (einfache) Mehrheit der abgegebenen Stimmen zwingend für alle Beschlüsse vor, auch die aufgrund Satzungszuständigkeit (Fitting-Wlotzke-Wißmann 8, Raiser 7, Ulmer 507). Angesichts der paritätischen Zusammensetzung trifft das Gesetz eine besondere Vorsorge in § 29 Abs. 2, indem es dem Vorsitzenden im Falle der Stimmengleichheit — das ist die gleiche Anzahl von Ja- und Nein-Stimmen — in der ersten Abstimmung bei einer erneuten Abstimmung über denselben Gegenstand, wenn auch sie Stimmengleichheit ergibt, die Möglichkeit verleiht, mit einer zweiten Stimme eine Entscheidung in seinem Sinne herbeizuführen. Eine Verpflichtung, die zweite Stimme einzusetzen, hat er nicht (Raiser 12, Fitting-Wlotzke-Wißmann 13, Lutter wie vor Rdn. 102 S. 278/9). Die zweite Stimme kann auch durch einen Stimmboten abgegeben werden (§ 29 Abs. 2 Satz 2, Rdn. 108, 113, dazu Lutter wie vor). Dem Stellvertreter steht die zweite Stimme nicht zu (§ 29 Abs. 2Satz3). Die Ausführungen in Rdn. 105 über fehlerhafte Beschlüsse gelten auch hier. Dabei ist zu beachten, daß die gesetzliche Zuständigkeit des Aufsichtsrats nach dem Mit(553)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
bestG auch die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (§31 MitbestG) und die Beschlußfassung über die in § 32 MitbestG aufgeführten Geschäfte umfaßt, s. Rdn. 24 a.E. 111 In einer Reihe von Fällen schafft das MitbestG Sonderregelungen für die Beschlußfassung. Da ist einmal die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters nach § 27 (Rdn. 98), sodann die Bestellung der Geschäftsführer und ihr Widerruf nach § 31 (dazu §35, 50 ff.; §38,27). §31 Abs. 2—4 sehen drei Wahlgänge vor. Kommt im ersten Wahlgang die Zweidrittelmehrheit aller vorhandenen Mitglieder (Iststärke) nicht zustande, so tritt der Vermittlungsausschuß (Rdn. 100) in Funktion. Er ist beschlußfähig, wenn drei Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen (Rdn. 96, 107). Der Vorsitzende hat keine Zweitstimme (Rdn. 100). An den Vorschlag des Vermittlungsausschusses ist der Aufsichtsrat nicht gebunden. Auch wenn kein Vorschlag gemacht wird, findet ein zweiter Wahlgang statt, bei dem die einfache Mehrheit aller vorhandenen Mitglieder (Iststärke) entscheidet (Raiser § 31, 15). Kommt auch hier kein Bestellungsbeschluß zustande, so kehrt das Gesetz zur Regel des § 29 Abs. 2 zurück. Der Vorsitzende hat in einer erneuten Abstimmung zwei Stimmen, wobei die Voraussetzung der Stimmengleichheit in der Vorabstimmung entfällt (Raiser § 31, 16). Das ganze Verfahren gilt nach § 31 Abs. 5 auch für den Widerruf der Bestellung. Für alle vorgenannten Beschlüsse des Gesamtaufsichtsrats und für die in Rdn. 112 aufgeführten Sonderbeschlüsse der Gruppen gelten die Bestimmungen über die Leitung durch den Vorsitzenden, die Niederschrift, die Mindestzahl der Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder (analog § 28 Satz 1), die Unschädlichkeit der Unvollständigkeit (§ 108 Abs. 2 Satz 4 AktG), über die schriftliche Abstimmung durch Stimmboten, über die Abstimmung außerhalb der Sitzung sowie über die Teilnahme Dritter (§ 109 Abs. 1 und 3 AktG) und über die Einberufung. Ihrer besonderen Rechtsnatur nach können die Sonderbeschlüsse einer Gruppe nicht einem Ausschuß übertragen werden. Uber fehlerhafte Beschlüsse s. Rdn. 105. 112
Der durch § 35 Abs. 1 Nr. 10 in § 124 Abs. 3 AktG eingefügte Satz 4 bestimmt, daß Beschlüsse des Aufsichtsrats über Vorschläge zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern nur der Mehrheit der Stimmen der Anteilseignervertreter bedarf. Diese Vorschrift gilt zwar für die GmbH nicht. Sie ist aber entsprechend anzuwenden, wenn der Aufsichtsrat — etwa aufgefordert von den Gesellschaftern — einen solchen Vorschlag macht. Sonderbeschlüsse sind auch vorgesehen in § 27 Abs. 3 für die Wahl der weiteren Mitglieder des Vermittlungsausschusses (Rdn. 100). Eine Sonderregelung für die Beschlußfassung des Aufsichtsrats enthält ferner § 32 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1. Bei den in Satz 1 bezeichneten Beschlüssen über die Ausübung von Beteiligungsrechten (dazu § 35, 225) haben nur die Mitglieder der Anteilseigner Stimmrecht. Die Mehrheit der vorhandenen Mitglieder der Anteilseigner (Iststärke) entscheidet. Der Beschluß ist in einer Sitzung des Gesamtaufsichtsrats zu fassen, in der die Mitglieder der Arbeitnehmer Teilnahme-, Informations- und Rederecht haben (Raiser § 32, 19). Schließlich sieht § 37 Abs. 3 Satz 2 für die Abstimmung über den außerordentlichen Widerruf der Bestellung eines Geschäftsführers in Abweichung von § 31 Abs. 5 die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen vor. § 29 Abs. 2 ist anzuwenden. Anstelle dieses Beschlusses genügt auch ein Sonderbeschluß mit allen Stimmen der Mitglieder der Anteilseigner oder der Arbeitnehmer (jeweils Iststärke).
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b) Beschlußfähigkeit. Was § 108 Abs. 2 Satz 2 AktG nur mangels anderweitiger Satzungsvorschrift bestimmt, erhebt § 28 Satz 1 MitbestG (Text im Anhang) zur zwingenden Regelung. Der Aufsichtsrat ist nur beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder, aus denen er insgesamt zu bestehen hat — d.i. die Sollstärke nach § 7, evtl. durch die Satzung erhöht, Rdn. 100 —, an der Beschlußfassung teilnimmt. Über den Begriff der Teilnahme s. Rdn. 107. Mindestens heißt, daß mehr Mitglieder teilnehmen können, nicht aber weniger. Es heißt nicht, daß die Satzung eine höhere Zahl (554)
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vorschreiben kann (Raiser § 28, 3, Ulmer S. 503). Ist die Zahl der vorhandenen Mitglieder unter die vorgeschriebene Zahl (Rdn. 100) gesunken, so ist alsbald nach § 104 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 zu verfahren, s. Rdn. 84. Die Beschlußfähigkeit wird aber nicht berührt, wenn der Aufsichtsrat nicht oder nicht mehr paritätisch zusammengesetzt ist. Das stellt § 28 Satz 2 durch den ausdrücklichen Hinweis auf § 108 Abs. 2 Satz 4 AktG klar. Das Gesetz räumt damit der Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einen höheren Rang ein als der Wahrung der Parität. Beide Prinzipien gebieten, die Regelung der Beschlußfähigkeit in § 28 als abschließend anzusehen, die durch die Satzung weder modifiziert noch ergänzt werden kann (h.M. s. Raiser § 28, 3, m.w.N.). c) Stimmbote — Abstimmung ohne Sitzung. § 108 Abs. 3 und 4 AktG gelten 114 unverändert, auf Rdn. 108, 109 wird verwiesen. Auch der Vorsitzende kann sich eines Stimmboten bedienen und ihm auch seine Zweitstimme (Rdn. 110) übertragen, § 29 Abs. 2 Satz 2. VIII. Die Aufsichtsratsitzung AktG § 109 Teilnahme an Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse (1) An den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse sollen Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht teilnehmen. Sachverständige und Auskunftspersonen können zur Beratung über einzelne Gegenstände zugezogen werden. (2) Aufsichtsratsmitglieder, die dem Ausschuß nicht angehören, können an den Ausschußsitzungen teilnehmen, wenn der Vorsitzende des Aufsichtsrats nichts anderes bestimmt. (3) Die Satzung kann zulassen, daß an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse Personen, die dem Aufsichtsrat nicht angehören, an Stelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen können, wenn diese sie hierzu schriftlich ermächtigt haben. (4) Abweichende gesetzliche Vorschriften bleiben unberührt. AktG § 110 Einberufung des Aufsichtsrats (1) Jedes Aufsichtsratsmitglied oder der Vorstand kann unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen, daß der Vorsitzende des Aufsichtsrats unverzüglich den Aufsichtsrat einberuft. Die Sitzung muß binnen zwei Wochen nach der Einberufung stattfinden. (2) Wird einem Verlangen, das von mindestens zwei Aufsichtsratsmitgliedern oder vom Vorstand geäußert ist, nicht entsprochen, so können die Antragsteller unter Mitteilung des Sachverhalts selbst den Aufsichtsrat einberufen. (3) Der Aufsichtsrat soll in der Regel einmal im Kalendervierteljahr, er muß einmal im Kalenderhalbjahr einberufen werden.
1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Teilnahme. § 109 AktG gilt für den fakultativen Aufsichtsrat nicht. Der Grund- 115 satz, daß Dritte an den Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse nicht teilnehmen sollen, ist aber auch für den fakultativen Aufsichtsrat maßgeblich. Denn der Aufsichtsrat ist ein auf gegenseitiges Vertrauen gegründetes und auf Homogenität gerichtetes Gremium. Das verlangt, daß die Teilnahme Dritter auf das für die Arbeit des Aufsichtsrats notwendige Maß beschränkt wird. Die Geschäftsführer sind hinzuzuziehen, wenn Beschlüsse über die Tagesordnungspunkte nur nach Erörterung mit ihnen gefaßt werden können. Das ist die Regel. Zu einzelnen Punkten können auch Sachverständige und Auskunftspersonen angehört werden. Darüber entscheidet der Vor(555)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
sitzende oder der Aufsichtsrat durch Mehrheitsbeschluß, wobei der Beschluß Vorrang vor der Entscheidung des Vorsitzenden hat. Die Zuziehung eines Protokollführers liegt in der Entscheidungsgewalt des Vorsitzenden (Rdn. 95). Die Teilnahme sonstiger Dritter ist nur zulässig, wenn kein Mitglied widerspricht. Das gilt auch für die Vertretung verhinderter Mitglieder (vgl. § 109 Abs. 3). Diesen und andere Punkte kann die Satzung oder die Geschäftsordnung (Rdn. 93) im Rahmen der oben dargestellten Grundsätze regeln. 116 b) Einberufung. § 110 AktG gehört zu den in § 52 Abs. 1 aufgeführten Vorschriften, die für den fakultativen Aufsichtsrat gelten, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt. Daneben gilt § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB (Rdn. 102), wonach zur Gültigkeit des Beschlusses erforderlich ist, daß der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet wird. Die Einberufung muß also eine Tagesordnung enthalten. Diese hat die einzelnen zur Beschlußfassung anstehenden Gegenstände so deutlich zu bezeichnen, daß die Mitglieder über den Rahmen der möglichen Beschlußfassung unterrichtet sind. Soweit Beschlußanträge vorliegen, insbesondere seitens der Geschäftsführung, sind sie anzugeben. Ein Beschluß, der ohne diese Voraussetzungen gefaßt wurde, ist nichtig, es sei denn, daß alle Mitglieder auf die Geltendmachung des Mangels verzichten (Rdn. 105). Die Einberufung hat durch den Vorsitzenden oder in seinem Auftrag zu erfolgen. Die Ladung der Mitglieder unter ihrer letztbekannten Geschäfts- oder Privatanschrift ist ordnungsgemäß. Zwischen Einberufung und Sitzung muß eine Frist liegen, die den Umständen — einerseits Dringlichkeit, andrerseits Reisezeit und Dispositionsmöglichkeiten des Mitgliedes — entsprechend angemessen ist. Die Satzung oder die Geschäftsordnung können die Einzelheiten der Einberufung regeln, von dem Erfordernis der Angabe der Tagesordnung aber nicht befreien, da dies für die Erfüllung der Aufgaben des Aufsichtsrats unerläßlich ist. 117
Der Aufsichtsrat ist einzuberufen, wenn die Erfüllung seiner Aufgaben oder das Interesse des Unternehmens es fordert. § 100 Abs. 3 gibt hierfür — als Sollvorschrift — einen zeitlichen Rahmen. Eine Sitzung im Kalendervierteljahr ist üblich. Wird dies nicht eingehalten, so kann darin eine Verletzung der Sorgfaltspflicht (§ 116 AktG) liegen. Die Einberufung hängt nicht allein von dem (pflichtgemäßen) Ermessen des Vorsitzenden ab. Jedes Mitglied kann unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangen, § 110 Abs. 1. Zweck ist der Gegenstand der Beschlußfassung, in den Gründen ist darzulegen, warum hierüber alsbald Beschluß gefaßt werden muß. Das gleiche Recht haben die Geschäftsführer in der für einen Geschäftsführungsbeschluß notwendigen Zahl. Unter den Voraussetzungen des § 110 Abs. 2 können die Antragsteller auch selbst einberufen. 118 c) Unterbrechung — Vertagung. Eine Unterbrechung der Sitzung liegt vor, wenn sie noch an dem Tag, für den sie einberufen wird, fortgesetzt wird. Ihre Anordnung gehört zur Sitzungsleitung und liegt im Ermessen des Vorsitzenden. Anders ist es mit der Vertagung. (Zur Terminologie s. Ulmer S. 509 FN 93). Sie ist Beendigung der Sitzung, ohne daß über alle Punkte der Tagesordnung Beschluß gefaßt wird. Sie kann mit der Anberaumung einer neuen Sitzung verbunden werden, für deren Einberufung die Formen und Fristen (Rdn. 116) zu beachten sind, wenn nicht alle Mitglieder darauf verzichten. Die Vertagung kann nur mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Ist die Sitzung auf Verlangen einer Minderheit oder der Geschäftsführung (§ 110 Abs. 1) oder von dieser (§ 110 Abs. 2) einberufen worden, so bedarf die Vertagung der Beschlußfassung über die von ihnen eingebrachten Tagesordnungspunkte ihrer Zustimmung. Die Satzung oder die Geschäftsordnung (Rdn. 93) kann dem Vorsitzenden das Recht geben, die Vertagung anzuordnen, oder einem einzelnen Mitglied oder einer Minderheit, eine Vertagung zu verlangen. (556)
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2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Teilnahme. Hier gilt § 109 AktG. Aus den in Rdn. 115 genannten Gründen ist 119 die Vorschrift zwingend (Gessler 1—4, Mertens 4). Uber die Zuziehung der Geschäftsführer, von Sachverständigen und Auskunftspersonen entscheidet der Vorsitzende oder der Aufsichtsrat durch Mehrheitsbeschluß, dieser mit Vorrang vor der Entscheidung des Vorsitzenden. Allein im Ermessen des Vorsitzenden steht es, Aufsichtsratsmitglieder gemäß Abs. 2 von der Teilnahme an Ausschußsitzungen auszuschließen. Er darf dabei den Grundsatz der Gleichbehandlung der Mitglieder der beiden Gruppen nicht verletzen. Die Teilnahme sonstiger Dritter an den Sitzungen des Aufsichtsrats ist ausnahmsweise zulässig, wenn kein Mitglied widerspricht. Aber auch wenn sie unzulässig ist, macht sie die gefaßten Beschlüsse nicht unwirksam (BGHZ 47 341, 346). Die Satzung kann gemäß Abs. 3 die Teilnahme von Nichtmitgliedem anstelle verhinderter Mitglieder zulassen. Voraussetzung ist Verhinderung für eine bestimmte Sitzung und schriftliche Ermächtigung. An der Beschlußfassung kann die Ersatzperson nur als Stimmbote (Rdn. 108) teilnehmen. Sie ist berechtigt, sich zur Begründung des überreichten Votums an der Erörterung des Beschlußgegenstands zu beteiligen. Über die nachträgliche Abstimmung abwesender Mitglieder — gemischte Abstimmung — s. Rdn. 109. b) Einberufung. Auch die Bestimmungen des § 110 Abs. 1 und 2 sind hier 120 zwingend (Gessler 40). Für Form und Frist der Einberufung gilt das Rdn. 116, 117, für die Unterbrechung und Vertagung das in Rdn. 118 Gesagte. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG Bezüglich der Teilnahme von Nichtmitgliedem wird auf Rdn. 119 verwiesen. Auch 121 für die Einberufung (Rdn. 116, 117, 120) enthält das MitbestG keine Besonderheiten. Unzulässig ist eine Satzungsbestimmung, wonach über nicht in der Tagesordnung enthaltene Beschlußanträge nur mit Zustimmung aller Mitglieder oder auch nur der Mehrheit der erschienenen beschlossen werden darf (ebenso Ulmer 505). Denn bei der Einberufung brauchen nur die in diesem Zeitpunkt bekannten Anträge mitgeteilt zu werden (Rdn. 116). Andrerseits genügt für die schriftliche Stimmabgabe durch den Stimmboten nach § 108 Abs. 3 die Bezugnahme auf die Tagesordnung (Rdn. 108, 114). Gemischte Abstimmung (Rdn. 109, 114) ist auch hier zulässig. Zulässig ist auch eine Satzungsbestimmung, die dem Vorsitzenden das Recht gibt, eine Vertagung anzuordnen, oder einer Minderheit, eine solche zu verlangen (a.M. Raiser § 29, 7). Im übrigen gelten für die Unterbrechung und Vertagung der Sitzung die Ausführungen in Rdn. 118.
IX. Die Aufgaben des Aufsichtsrats AktG § 111 Aufgaben und Rechte des Aufsichtsrats (1) Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen. (2) Der Aufsichtsrat kann die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände, namendich die Gesellschaftskasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren, einsehen und prüfen. Er kann damit auch einzelne Mitglieder oder für bestimmte Aufgaben besondere Sachverständige beauftragen. (3) Der Aufsichtsrat hat eine Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es fordert. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit. (557)
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(4) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Die Satzung oder der Aufsichtsrat kann jedoch bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Verweigert der Aufsichtsrat seine Zustimmung, so kann der Vorstand verlangen, daß die Hauptversammlung über die Zustimmung beschließt. D e r Beschluß, durch den die Hauptversammlung zustimmt, bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Die Satzung kann weder eine ander Mehrheit noch weitere Erfordernisse bestimmen. (5) Die Aufsichtsratsmitglieder können ihre Aufgaben nicht durch andere wahrnehmen lassen.
AktG § 112 Vertretung der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern
Vorstandsmitgliedern gegenüber vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich.
Schrifttum Semler Schwerpunkte der Unternehmensaufsicht durch den Aufsichtsrat, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis 1977 519. 1. Der fakultative Aufsichtsrat 122
a) Überwachung der Geschäftsführung. § 111 AktG ist auf den fakultativen Aufsichtsrat anzuwenden. Die Überwachung der Geschäftsführung ist die eigentliche Aufgabe des Aufsichtsrats, von der sich alle anderen Funktionen ableiten. Die Satzung kann die Überwachungsbefugnisse des Aufsichtsrats modifizieren, sie kann sie aber nicht gänzlich streichen. Sonst handelt es sich nicht um einen Aufsichtsrat i.S. des § 52 (Rdn. 8, 15). Gegenstand der Überwachung ist die gesamte Geschäftsführung. Sie erstreckt sich nicht nur auf deren Rechtmäßigkeit, sondern auch auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie auf die angemessene Wahrnehmung der sozialen Verpflichtungen (Meyer-Landrut 3, Mertens 27). Dabei liegt der Schwerpunkt nicht, wie etwa Abs. 2 glauben machen könnte, auf der Nachprüfung der bereits vorgenommenen Geschäfte und Maßnahmen, sondern auf der vorausschauenden Überwachung (Semler S. 528), der Planung und der Mitwirkung bei den noch vorzunehmenden Geschäften, sei es durch Erörterung und Beratung, sei es durch den Vorbehalt der Zustimmungspflicht nach Abs. 4. Demgemäß sind in die Berichterstattungspflicht nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 auch die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der künftigen Geschäftsführung und nach Nr. 3 der Gang der Geschäfte und die Lage der Gesellschaft einbezogen. Diese Vorschriften gelten sinngemäß auch für die GmbH (Rdn. 55, 56). Daß es sich dabei nur um die wesentlichen Gesichtspunkte und nur über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehende Geschäfte und Maßnahmen handeln kann, ergibt sich aus den gegenüber der Geschäftsführung zeitlich und sachlich beschränkten Arbeitsmöglichkeiten des Aufsichtsrats und aus einer sachgemäßen Abgrenzung zwischen den Tätigkeiten der Geschäftsführung und der Überwachung. Es ist nicht Aufgabe des Aufsichtsrats, gewissermaßen als Oberleitungsorgan die Geschäftsführungstätigkeit im einzelnen laufend zu überwachen (BGH NJW 1977 2312, OLG Köln AG 1978 17, 21) oder jedes mit einem Risiko verbundene Geschäft zu verhindern (BGH aaO). Über das Verhältnis zur Gesellschafterversammlung s. Rdn. 7.
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Die Überwachung beruht auf dem in der Regel berechtigten Vertrauen in die unbedingte Offenheit der Geschäftsführer gegenüber dem Aufsichtsrat (Rdn. 56) und darauf, daß sie ihre Rechenschaftspflicht gewissenhaft und treu erfüllen (§ 90 Abs. 4). Das enthebt den Aufsichtsrat nicht der Fragepflicht, die jedes einzelne Mitglied hat. Wenn aber der Aufsichtsrat nicht mehr auf die Wahrheit und Vollständigkeit der Berichtes)
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erstattung vertrauen kann, dann fehlt ihm die wichtigste Voraussetzung für die Erfüllung seiner Uberwachungsaufgabe. Kann er von sich aus keine Abhilfe schaffen, z. B. durch Ausübung des Einsichtsrechts nach Abs. 2, so muß er der Gesellschafterversammlung berichten. Das gilt auch für sonstige Pflichtwidrigkeiten der Geschäftsführer (RGZ 161 129, 139). Die Oberwachungspflicht trifft jedes Mitglied, das sie persönlich wahrnehmen muß (Abs. 5). Gegtnüber den Geschäftsführern handelt der Aufsichtsrat als Kollegialorgan durch den Vorsitzenden (Rdn. 91), durch die Beauftragten nach Abs. 2 Satz 2 oder gegebenenfalls durch den Vorsitzenden eines Ausschusses (Rdn. 92). Die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses, eines etwaigen Geschäftsberichts 124 und Gewinnverwendungsvorschlags der Geschäftsführer trifft den fakultativen Aufsichtsrat nicht (vgl. auch § 42 a, 35f.). § 171 AktG ist in § 52 Abs. 1 nicht in bezug genommen. Für das vor Erlaß des AktG geltende Recht nahm man die Prüfungspflicht an, da § 96 AktG 1937 dem im ursprünglichen § 52 enthaltenen § 246 HGB entsprach (Voraufl. Anm. 44, 53ff., Scholz 26f.). Ein Redaktionsversehen liegt nicht vor, wie die Entstehungsgeschichte (vgl. bei Kropff S. 544 f. zu § 32 EG AktG) und ein Vergleich mit dem gleichzeitig entstandenen § 34 EG AktG ergeben, der § 171 AktG in § 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften einfügte. Die Entbindung des Aufsichtsrats von der Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses ist im Zusammenhang mit dem Fehlen einer gesetzlich vorgeschriebenen Abschlußprüfung bei der GmbH zu sehen. Aus der Berichterstattungspflicht der Geschäftsführer und der Überwachungsbefugnis des Aufsichtsrats ergibt sich aber die Pflicht der Geschäftsführer zur Vorlage des von ihnen aufgestellten Jahresabschlusses. Sieht die Satzung eine Prüfungspflicht des Aufsichtsrats vor, so wird dieser gut daran tun, den Jahresabschluß gemäß Abs. 2 Satz 2 durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen, wenn nicht die Satzung dies ohnehin vorschreibt. Ohne eine solche Abschlußprüfung wäre der Aufsichtsrat zeitlich und sachlich überfordert. Auf den Prüfungsbericht kann er in der Regel vertrauen. Das gilt auch für einen aus anderem Anlaß eingeholten Prüfungsbericht (OLG Köln wie FN 122). b) Gesellschafterversammlung. Der Aufsichtsrat hat eine Gesellschafterversamm- 125 lung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft es erfordert ( § 1 1 1 Abs. 3). Die Vorschrift korrespondiert mit § 49 Abs. 2, der die Geschäftsführer zur Einberufung verpflichtet, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint (§ 49, 10). Die Einberufung erfolgt nach den Vorschriften des § 51 durch den Aufsichtsrat, handelnd durch den Vorsitzenden, aufgrund eines Beschlusses. Für den Beschluß genügt die einfache Mehrheit (Abs. 3 Satz 2), wenn die Satzung keine höhere vorschreibt. Der Aufsichtsrat hat die Gesellschafterversammlung namentlich dann einzuberufen, wenn die von ihm getroffenen Maßnahmen der Überwachung — z. B. die Anordnung der Zustimmungspflicht nach Abs. 4 — nicht ausreichen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden (Rdn. 123 und RGZ 161 129, 139). Stellt er einen wichtigen Grund fest, der zur Abberufung eines Geschäftsführers berechtigt (§ 38 Abs. 2), so kann der Aufsichtsrat sich zunächst damit begnügen, die Gesellschafter zu benachrichtigen. Geschieht darauf nichts, so wird er, um seiner Verantwortlichkeit nachzukommen, einberufen müssen. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind berechtigt und verpflichtet, an der von ihnen einberufenen Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Ein Recht, an der gemäß §§ 49, 50 einberufenen Versammlung teilzunehmen, besteht nicht (vgl. Mutze GmbHRdsch. 1970 35). § 118 Abs. 2 AktG ist in § 52 nicht in Bezug genommen. Die Mitglieder sind aber auf Verlangen der Gesellschafter zur Teilnahme verpflichtet. Aus dem Verhältnis zwischen Gesellschaftern und Aufsichtsrat (Einrichtung durch die Satzung, Bestellung durch die Gesellschafter) ergibt sich, daß der Aufsichtsrat auf Verlangen der Gesellschafter diesen (der Gesellschafterversammlung) schriftlich oder (559)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
mündlich entsprechend § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG über Art und Umfang seiner Oberwachungstätigkeit zu berichten hat. Uber die Einzelheiten ist der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung auskunftspflichtig. 126 c) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden (Abs. 4 Satz 1). Die Satzung kann anderes bestimmen (Rdn. 8). Sie kann dem Aufsichtsrat das Weisungsrecht der Gesellschafter und damit die Oberleitung der Gesellschaft übertragen. Sie kann nach Abs. 4 Satz 2 einen Katalog von Geschäften aufstellen, die der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen. An den aktienrechtlichen Grundsatz, daß hiervon nicht Maßnahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs erfaßt werden können (Mertens 61), ist die Satzung nicht gebunden. Schweigt die Satzung oder fehlen in ihrem Katalog wesentliche Geschäfte, so kann der Aufsichtsrat selbst solche bestimmen. Er ist dazu in der Regel sogar verpflichtet, weil die Zustimmungspflicht ein wesentlicher Bestandteil der Überwachungsaufgabe ist (Rdn. 122). Verweigert der Aufsiphtsrat die Zustimmung, so können die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung anrufen. Diese kann die Zustimmung mit Dreiviertelmehrheit erteilen, Abs. 4 Satz 4. Die Vorschrift hat wenig Bedeutung, weil die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit die Geschäftsführer zur Vornahme oder Unterlassung eines Geschäfts anweisen können, letzterenfalls auch wenn der Aufsichtsrat zugestimmt hat. 127
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d) Vertretungsbefugnis. Nach § 112 AktG, der hier dispositiv gilt, vertritt der Aufsichtsrat die Gesellschaft gegenüber den Geschäftsführern gerichtlich und außergerichtlich, und zwar ausschließlich. Das gilt nicht für die Bestellung und Abberufung, bei denen die Vertretungsbefugnis allein dem Bestellungsorgan, also in der Regel der Gesellschafterversammlung zusteht (§ 46, 16, 17). Dagegen bezieht sich die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats auf den Abschluß des AnstellungsVertrags, aber nur aufgrund eines vorgängigen Gesellschafterbeschlusses, der den Inhalt festlegt (§ 46, 18—21). Sie besteht insoweit auch schon gegenüber dem künftigen, noch zu bestellenden Geschäftsführer (BGHZ 26 238, Gessler 4). Sie besteht für die ganze Dauer der Bestellung, auch im Rechtstreit über die Wirksamkeit der Abberufung (Gessler 5, Mertens 7). Sie bezieht sich auf alle Rechtsgeschäfte mit den Geschäftsführern. Für Kleingeschäfte, z. B. den Warenbezug von der Gesellschaft, kann der Aufsichtsrat einem Geschäftsführer oder Prokuristen eine Ermächtigung erteilen (Gessler 11). Die Vertretungsbefugnis umfaßt alle Aktiv- und Passivprozesse der Geschäftsführer mit der Gesellschaft. Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen können die Gesellschafter jedoch nach § 46 Nr. 8 besondere Vertreter bestellen (§ 46, 36, Gessler 12). Die Vertretungsbefugnis steht dem Aufsichtsrat als Kollegialorgan zu. Er handelt aufgrund Beschlusses (Rdn. 102) durch den Vorsitzenden aufgrund dessen allgemeiner Ermächtigung (Rdn. 91) oder aufgrund besonderer Ermächtigung durch ein oder mehrere Mitglieder (BGHZ 41 285, Mertens 20). Die passive Vertretungsbefugnis wird durch den Vorsitzenden ausgeübt (Rdn. 91). Die Abgabe einer Willenserklärung an ein anderes einzelnes Mitglied (so Gessler 15) genügt nicht, wenn ein Vorsitzender gewählt ist. Eine nicht ausschließliche Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats besteht in den Fällen, in denen zur Erfüllung seiner Überwachungsaufgaben Rechtsgeschäfte mit Dritten abgeschlossen werden müssen, insbesondere mit Sachverständigen nach § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG (Mertens 6, 14ff.). Die Satzung kann die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats gegenüber den Geschäftsführern ganz oder teilweise beseitigen, sie kann sie auch erweitern. 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG a) Überwachung der Geschäftsführung. Das in Rdn. 122-124 Ausgeführte gilt auch hier. Die Satzung kann aber die in § 111 AktG dem Aufsichtsrat zwingend zuge(560)
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wiesenen Befugnisse nicht einschränken (Rdn. 10). Das Überwachungsrecht der Gesellschafterversammlung als des obersten Organs der Gesellschaft bleibt neben dem des Aufsichtsrats bestehen (Rdn. 9). § 77 BetrVG führt auch den § 171 AktG auf. Der Aufsichtsrat hat also den Jahresabschluß und soweit vorhanden den Geschäftsbericht und den Gewinnverwendungsvorschlag der Geschäftsführer zu prüfen und darüber an die Gesellschafter zu berichten. Er wird dieser Pflicht in der Regel sachgerecht nur nachkommen können, wenn er den Jahresabschluß durch einen Sachverständigen prüfen läßt, wozu er nach § 111 Abs. 2 Satz 2 berechtigt ist (s. auch Rdn. 124 und § 42 a, 37). Inwieweit die Prüfungspflicht des Aufsichtsrats über diejenige des Abschlußprüfers hinausgeht, ist im Aktienrecht umstritten, vgl. Kropff in Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff Komm. z. AktG (1973) § 171, 2 ff. Findet eine Abschlußprüfung aufgrund der Satzung oder eines Gesellschafterbeschlusses statt, so ist auch § 170 AktG entsprechend anzuwenden. Der Prüfungsbericht ist mit dem Jahresabschluß und gegebenenfalls dem Geschäftsbericht und dem Gewinnverwendungsvorschlag unverzüglich nach Eingang bei den Geschäftsführern dem Aufsichtsrat (z. H. seines Vorsitzenden) vorzulegen. Jedes Aufsichtsratsmitglied hat das Recht, die Unterlagen einzusehen (Spieker MitbestGespräch 1967 91). Uber die Bildung von Ausschüssen s. Rdn. 96. b) Gesellschafterversammlung. Uber die Anwendung des § 111 Abs. 3 s. Rdn. 129 125. Daß auch die Gesellschafter ein Uberwachungsrecht haben, entbindet den Aufsichtsrat nicht von der Einberufungspflicht. Die Mitglieder des Aufsichtsrats sind berechtigt und verpflichtet, an jeder Gesellschafterversammlung teilzunehmen (§118 Abs. 2 AktG, Meyer-Landrut § 118 Anm. 8, OLG Stuttgart GmbH-Rdsch. 1974 257 m. Anm. v. Konow), Sie haben dort auch das Rederecht. Jedes Aufsichtsratsmitglied kann verlangen, daß ihm die Einladung der Gesellschafter zur Versammlung und die Tagesordnung übersandt werden (§ 125 Abs. 3 AktG, § 51, 3, 5, 7, 8). Aus dem Teilnahmerecht und der Teilnahmepflicht ergibt sich aber, daß das ohne besonderes Verlangen zu geschehen hat. Bei schriftlicher Abstimmung (§ 48 Abs. 2) entfällt das Teilnahmerecht. Die Geschäftsführer haben den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Beschlußanträge (soweit sie ihnen bekannt sind, § 48, 20) und die Beschlußergebnisse mitzuteilen (ähnlich Mutze wie in Rdn. 125 S. 36). Das ergibt sich aus ihrer allgemeinen Berichtspflicht (Rdn. 53 ff.). 130 c) Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden (Rdn. 10). § 111 Abs. 4 ist zwingend. Das Recht nach Abs. 4 Satz 2, bestimmte Arten von Geschäften an seine Zustimmung zu binden, kann dem Aufsichtsrat nicht genommen werden. Es gilt der aktienrechtliche Grundsatz, daß hiervon nur wichtigere Geschäfte, nicht solche des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs erfaßt werden können (Mertens 61). Die Gesellschafter können aber ihre oberste Geschäftsführungsbefugnis durch einen Weisungsbeschluß mit einfacher Mehrheit durchsetzen, auch wenn der Aufsichtsrat die Zustimmung verweigert (Rdn. 9). Demgegenüber haben die Bestimmungen des Abs. 4 Sätze 3—5 keine Bedeutung für die GmbH. d) Die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats gegenüber den Geschäftsführern 131 nach § 112 AktG ist hier zwingend. Sonst gilt alles in Rdn. 127 Gesagte. Die Befugnis zur Erklärung der Bestellung und Abberufung steht auch hier den Gesellschaftern zu (§ 46, 16, 17), die zum Abschluß des Anstellungsvertrags dem Aufsichtsrat nach Maßgabe eines den Inhalt festlegenden Gesellschafterbeschlusses. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG Auch hier gibt § 111 zwingendes Recht, ebenso § 171 AktG über die Prüfung des 132 Jahresabschlusses, s. Rdn. 128. Uber die Bildung von Ausschüssen s. Rdn. 96, 100. Uber das Recht und die Pflicht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen s. Rdn. (561)
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3. A b s c h n i t t : Vertretung und G e s c h ä f t s f ü h r u n g
129 u n d Hommelhoff (wie v o r R d n . 5) S. 146. V o n der Regelung in § 111 A b s . 4 können w e d e r S a t z u n g noch G e s c h ä f t s o r d n u n g abweichen (Säcker wie vor R d n . 5 S. 1848, Ulmer w i e vor R d n . 91 S. 515). D e r Aufsichtsrat kann nur wichtigere G e s c h ä f t e , nicht solche des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs an seine Z u s t i m m u n g binden ( M e r t e n s 6 1 ) . D i e G e s e l l s c h a f t e r können auch das letztere. A u c h ihr W e i s u n g s r e c h t bleibt b e s t e h e n , bei V e r w e i g e r u n g der Z u s t i m m u n g seitens des Aufsichtsrats aber nur in der d u r c h § 111 A b s . 4 modifizierten Weise ( R d n . 11, 12 s. auch R d n . 30). D i e V e r t r e t u n g s b e f u g n i s des Aufsichtsrats gegenüber den Geschäftsführern nach § 112 A k t G ist hier eine u m f a s s e n d e wie im Aktienrecht. Sie umfaßt Bestellung und Widerruf, A n s t e l l u n g und K ü n d i g u n g . Im übrigen gilt das R d n . 127 Ausgeführte.
X . D a s Rechtsverhältnis der Aufsichtsratsmitglieder z u r Gesellschaft AktG § 113 Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder (1) Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine Vergütung gewährt werden. Sie kann in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt werden. Sie soll in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen. Ist die Vergütung in der Satzung festgesetzt, so kann die Hauptversammlung eine Satzungsänderung, durch welche die Vergütung herabgesetzt wird, mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen. (2) Den Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats kann nur die Hauptversammlung eine Vergütung für ihre Tätigkeit bewilligen-. Der Beschluß kann erst in der Hauptversammlung gefaßt werden, die über die Entlastung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats beschließt. (3) Wird den Aufsichtsratsmitgliedern ein Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft gewährt, so berechnet sich der Anteil nach dem Bilanzgewinn, vermindert um einen Betrag von mindestens vier vom Hundert der auf den Nennbetrag der Aktien geleisteten Einlagen. Entgegenstehende Festsetzungen sind nichtig. AktG § 114 Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern (1) Verpflichtet sich ein Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat durch einen Dienstvertrag, durch den ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird, oder durch einen Werkvertrag gegenüber der Gesellschaft zu einer Tätigkeit höherer Art, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. (2) Gewährt die Gesellschaft auf Grund eines solchen Vertrags dem Aufsichtsratsmitglied eine Vergütung, ohne daß der Aufsichtsrat dem Vertrag zugestimmt hat, so hat das Aufsichtsratsmitglied die Vergütung zurückzugewähren, es sei denn, daß der Aufsichtsrat den Vertrag genehmigt. Ein Anspruch des Aufsichtsratsmitglieds gegen die Gesellschaft auf Herausgabe der durch die geleistete Tätigkeit erlangten Bereicherung bleibt unberührt; der Anspruch kann jedoch nicht gegen den Rückgewähranspruch aufgerechnet werden. AktG § 115 Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder (1) Die Gesellschaft darf ihren Aufsichtsratsmitgliedern Kredit nur mit Einwilligung des Aufsichtsrats gewähren. Eine herrschende Gesellschaft darf Kredite an Aufsichtsratsmitglieder eines abhängigen Unternehmens nur mit Einwilligung ihres Aufsichtsrats, eine abhängige Gesellschaft darf Kredite an Aufsichtsratsmitglieder des herrschenden Unternehmens nur mit Einwilligung des Aufsichtsrats des herrschenden Unternehmens gewähren. Die Einwilligung kann nur für bestimmte Kreditgeschäfte oder Arten von Kreditgeschäften und nicht für länger als drei Monate im voraus erteilt werden. Der Beschluß über die Einwilligung hat die Verzinsung und Rückzahlung des Kredits zu regeln. Betreibt das Aufsichtsratsmitglied ein Handelsgewerbe als (562)
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Einzelkaufmann, so ist die Einwilligung nicht erforderlich, wenn der Kredit für die Bezahlung von Waren gewährt wird, welche die Gesellschaft seinem Handelsgeschäft liefert. (2) Absatz 1 gilt auch für Kredite an den Ehegatten oder an ein minderjähriges Kind eines Aufsichtsratsmitglieds und für Kredite an einen Dritten, der für Rechnung dieser Personen oder für Rechnung eines Aufsichtsratsmitglieds handelt. (3) Ist ein Aufsichtsratsmitglied zugleich gesetzlicher Vertreter einer anderen juristischen Person oder Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, so darf die Gesellschaft der juristischen Person oder der Personenhandelsgesellschaft Kredit nur mit Einwilligung des Aufsichtsrats gewähren; Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt sinngemäß. Dies gilt nicht, wenn die juristische Person oder die Personenhandelsgesellschaft mit der Gesellschaft verbunden ist oder wenn der Kredit für die Bezahlung von Waren gewährt wird, welche die Gesellschaft der juristischen Person oder der Personenhandelsgesellschaft liefert. (4) Wird entgegen den Absätzen 1 bis 3 Kredit gewährt, so ist der Kredit ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückzugewähren, wenn nicht der Aufsichtsrat nachträglich zustimmt. (5) Ist die Gesellschaft ein Kreditinstitut, so gelten an Stelle der Absätze 1 bis 4 die Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen.
Schrifttum Natzel Das Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung des MitbestG, DB 1959 171, 201; ders. Die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern insbesondere von Arbeitnehmervertretem, AG 1959 93; ders. Amtsniederlegung von Aufsichtsratsmitgliedern, insbesondere von Arbeitnehmervertretem, RdA 1960 256; ders. Beendigung des Aufsichtsratsamtes durch Widerruf oder Abberufung, DB 1964 1143, 11S0; ders. Die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder, DB 1965 1388, 1429; Raiser Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder? ZGR 1978 391; Schilling Die RechtsteUveg des Aufsichtsratsmitglieds in unternehmensrechtlicher Sicht, Festschr. für Robert Fischer (1979). 1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Rechtsnatur. Nach der früher herrschenden Meinung in Rechtsprechung und 133 Schrifttum (Nachweise bei Natzel DB 1959 171, 1965 1388 und Mertens § 101, 7) ist zu unterscheiden zwischen dem körperschaftlichen, der Annahme bedürftigen Bestellungsakt und dem durch einen besonderen, meist stillschweigenden Abschluß begründeten Vertrag, dessen Inhalt sich nach Schuldrecht richtet, nämlich nach den Regeln des Dienstvertrags, wenn eine Vergütung vereinbart ist, oder nach Auftragsrecht ohne eine solche. Demgegenüber nimmt Meyer-Landrut (§ 101, 6) einen Vertrag eigener Art an, bei dem die begriffliche Scheidung von Bestellung und Anstellung, wie sie für den Vorstand gilt, bedeutungslos sei, da Bestellung (Wahl) und Begründung des Anstellungsvertrags zusammenfallen. Auch lehnt er die Unterscheidung zwischen Dienstvertrag und Auftrag ab, da sich der Inhalt des Anstellungsvertrags aus Gesetz und Satzung, gegebenenfalls aus dem Bestellungsbeschluß ergebe. Nach Mertens (§ 101, 5 ff.) wird durch Bestellung und Annahme neben der körperschaftlichen Rechtstellung ein schuldrechtliches Anstellungsverhältnis begründet, ohne daß es eines besonderen Vertragsschlusses, der eine fiktive Konstruktion sei, bedürfe. Noch weitergehend kommt Natzel (hier zitiert nach DB 1965 1432) insbesondere unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsgesetzgebung über die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Beziehungen zwischen Aufsichtsrat und Gesellschaft nicht um ein vertragliches Rechtsverhältnis, sondern um ein dem Privatrecht zugehörendes, mit der rechtswirksamen Bestellung begründetes, mit dem Ende des Amts ohne weiteres erlöschendes, (563)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
durch Gesetz hinsichtlich seiner Grenzen umrissenes Rechtsverhältnis handle, das durch Satzung und Hauptversammlungsbeschlüsse näher ausgestattet werden könne und dessen Rechte und Pflichten allein aus diesen drei Rechtsquellen — Gesetz, Satzung, Hauptversammlungsbeschluß — auszulegen seien (von Natzel sog. Amtstheorie). Zur Vollständigkeit und Rechtswirksamkeit der Bestellung gehöre die Annahme des Amtes durch den Gewählten, die aber nicht etwa die Annahme einer Vertragsofferte sei, sondern eine Rechtsbedingung (DB 1959 206, RdA 1960 261). Natzel folgend lehnen NeumannDuesberg (Betriebsverfassungsrecht 1960 S. 615), Schnorr v. Carolsfeld (RdA 1960 252) und Gessler (§ 101, 54) das Bestehen eines besonderen Vertragsverhältnisses neben dem körperschaftsrechtlichen Akt ab. — Richtig ist, daß zwischen Gesellschaft und Aufsichtsratsmitglied nur ein körperschaftsrechtliches Rechtsverhältnis besteht, nämlich ein Vertrag, der durch Bestellung (Wahl) und der Gesellschaft gegenüber zu erklärende Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB zustandekommt und dessen Inhalt (Rechte und Pflichten) sich allein nach Gesellschaftsrecht, also nach dem AktG, dem GmbHG, der Satzung und soweit zulässig Gesellschafterbeschlüssen, ferner wenn diesen unterliegend nach §§ 76ff. BetrVerfG 1952 und dem MitbestG richtet. Davon, ob eine Vergütung und welcher Art (s. Rdn. 135f.) festgesetzt ist, ist die Qualifikation des Vertrags unabhängig. Die Mitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer haben die gleichen Rechte und Pflichten. Sie haben die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes, dem ein Aufsichtsratsamt übertragen ist (Rdn. 144). Sie sind allein dem Unternehmensinteresse verpflichtet (dazu Raiser § 25, 82 m.w.N., ders. Festschrift f. R. Schmidt (1976) S. 101, Raisch Festschrift f. Hefermehl (1976) S. 347, Semler wie vor Rdn. 122 S. 521). Sie unterliegen keinen Weisungen. 134
b) Entsandte Mitglieder. Das Vorstehende gilt in vollem Umfang auch für entsandte Mitglieder. Der Vertragsabschluß erfolgt zwischen dem Entsendungsberechtigten (Rdn. 75) als Kreationsorgan, handelnd für die Gesellschaft, und dem Entsandten durch Wahl und Annahme. Um der Gesellschaft gegenüber wirksam zu werden, bedarf es der formlosen Mitteilung von Entsendung und Annahme an sie. Mit dem Aufsichtsratsamt des Entsandten ist es ebensowenig wie bei den gewählten Mitgliedern vereinbar, nach Weisungen zu handeln. Ungeachtet seines Rechtsverhältnisses zum Entsendungsberechtigten darf der Entsandte deshalb von diesem keine Weisungen für die Ausübung seines Amtes entgegennehmen und danach handeln, BGHZ 36 296, 306; Raiser 404; einschränkend Meyer-Landrut § 101, 18, Mertens § 101, 51, Gessler 98f., die eine Weisungsgebundenheit nicht grundsätzlich ausschließen, im Falle der Interessenkollision den Entsandten aber verpflichten, dem Unternehmensinteresse den Vorrang zu geben. 135 c) Vergütung. Die Bestimmungen des § 113 AktG gelten für den fakultativen Aufsichtsrat nicht zwingend. § 113 setzt keine Vergütung fest, sondern überläßt dies der Satzung oder einem Gesellschafterbeschluß. Die Festsetzung durch den Aufsichtsrat selbst oder durch eine Vereinbarung zwischen diesem und den Geschäftsführern ist danach ausgeschlossen. Erfolgt eine Festsetzung weder durch die Satzung noch durch einen Gesellschafterbeschluß, so ist nach der im Aktienrecht herrschenden Meinung {Gessler 5, Mertens 21, Natzel DB 1965 1433, abw. Meyer-Landrut 7) ein Anspruch auf Vergütung nicht gegeben. Dem ist für das flexiblere GmbH-Recht nicht zu folgen. Vielmehr gilt in entsprechender Anwendung des § 612 BGB eine Vergütung als stillschweigend (zwischen der Gesellschaft, vertreten durch die Gesellschafter, und dem Aufsichtsratsmitglied) vereinbart, wenn die Aufsichtsratstätigkeit den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (ebenso Voraufl. 65, Scholz 31, Konow GmbH-Rdsch. 1967 21). Das wird man bei Nichtgesellschaftem regelmäßig anzunehmen haben. Als vereinbart gilt dann die in vergleichbaren Gesellschaften für eine vergleichbare Tätigkeit übliche Vergütung (entsprechend § 612 Abs. 2 BGB). Üblich ist, für den (564)
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Vorsitzenden und seinen Stellvertreter eine höhere Vergütung zu bestimmen, meist für den Vorsitzenden das Doppelte, für den Stellvertreter das Anderthalbfache der Vergütung des gewöhnlichen Mitglieds. Das ist angesichts der erheblichen Mehrarbeit, die der Vorsitzende zu leisten hat, und seiner größeren Verantwortung angemessen. Das entsandte Mitglied hat den gleichen Anspruch wie das gewählte (Gessler § 101 Rdn. 102, Mertens § 101 Rdn. 50, § 113 Rdn. 6). Die Satzung kann anderes bestimmen. Zur Vergütung der in den Organen einer GmbH tätigen Beamten s. Konow aaO. Uber die Vergütung für außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit erbrachte oder nach ihrem Umfang darüber hinausgehende Leistungen eines Mitglieds s. Rdn. 137. § 113 Abs. 2 über die Vergütung des ersten Aufsichtsrats ist nicht anzuwenden, da dessen Sonderbehandlung durckdie §§ 30, 31 AktG für die GmbH nicht gilt (Rdn. 45 ff., 85). Die Vergütung kann fest, variabel oder beides sein. Die feste Vergütung besteht in 136 einem Betrag, der meist für ein Geschäftsjahr bemessen und zahlbar ist. Die variable Vergütung (Tantieme) besteht in der Regel in einem Anteil am Jahresgewinn, entweder an dem in der Handelsbilanz ausgewiesenen oder an dem an die Gesellschafter ausgeschütteten (Dividende). Bestimmt die Satzung nichts anderes, so ist der Bilanzgewinn nach Maßgabe des § 113 Abs. 3 AktG zugrunde zu legen. Das ist der in der Handelsbilanz ausgewiesene Reingewinn, vermindert um 4% der auf den Nennbetrag der Stammeinlagen geleisteten Einlagen. Der Begriff des aktienrechtlichen Bilanzgewinns ergibt sich aus § 157 Abs. 1 Nr. 29—32 AktG. Auszugehen ist vom Jahresüberschuß, das ist der Überschuß der Erträge über die Aufwendungen der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 157 Abs. 1 Nr. 28 AktG, s. auch § 29, 36). Der Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr ist zu- oder abzurechnen. Entnahmen aus offenen Rücklagen sind zu-, Einstellungen in sie abzurechnen, beides nur soweit im Jahresabschluß vorgenommen (zu ersterem s. § 29, 48). Die Berechnung ist insoweit nicht einleuchtend, als nach ihr der Gewinnvortrag und die im Gewinnverteilungsbeschluß (§ 29, 42f., 48ff.) gebildeten und jetzt wieder aufgelösten Rücklagen zweimal der Tantiemepflicht unterworfen werden (Gessler 46). Ist die Vergütung des Aufsichtsrats im Jahresabschluß bereits als Aufwand berücksichtigt, so ist sie dem tantiemepflichtigen Bilanzgewinn zuzurechnen (Gessler 47). Streitig ist, ob dies auch bezüglich einer Geschäftsführertantieme zu geschehen hat. Die Frage ist zu verneinen (Gessler 48, a.M. Meyer-Landrut 10, Mertens 37). Nach dem Vorgesagten empfiehlt sich, in der Satzung den tantiemepflichtigen Gewinn wie folgt zu präzisieren: der im Jahresabschluß ausgewiesene Reingewinn (oder Bilanzgewinn, beide Begriffe sind synonym, § 29, 36), vermindert um Gewinn- oder Verlustvortrag sowie um die aus offenen Rücklagen entnommenen Beträge und vermehrt um die in die offenen Rücklagen eingestellten Beträge sowie um den im Jahresabschluß berücksichtigten Aufwand für die Aufsichtsratsvergütung. Ein solcher Gewinnbegriff kommt dem tatsächlich erwirtschafteten Gewinn abzüglich des zur Tilgung des Verlustes der Vorjahre erforderlichen Betrags nahe. Er läßt sich auch einfacher definieren als Jahresüberschuß i.S. des § 157 Abs. 1 Nr. 28 AktG, vermindert um den Verlustvortrag. Er unterscheidet sich von dem nach § 86 Abs. 2 AktG für die Berechnung der Vorstandstantieme maßgeblichen Betrags nur dadurch, daß er auch die nach Gesetz oder Satzung in offene Rücklagen einzustellenden Beträge umfaßt, was angemessen ist. d) Sonderverträge und Sondervergütungen. § 114 AktG gilt auch für den fakul- 137 tativen Aufsichtsrat, ist aber nicht zwingend. Leistet ein Mitglied außerhalb seiner Aufsichtsratstätigkeit der Gesellschaft Dienste, so kann er dafür die mit den Geschäftsführern zu vereinbarende Vergütung verlangen. Bei Tätigkeiten höherer Art, die Gegenstand eines Dienst- oder Werkvertrags (i.S. des BGB) sind, kann es zu Abgrenzungsschwierigkeiten zur Aufsichtsratstätigkeit kommen. Das Gesetz stellt deshalb Vereinbarungen hierüber unter die Kontrolle des Aufsichtsrats und macht ihre Wirksames)
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3. Abschnitt: Vertretung und Geschäftsführung
keit von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig. Es muß sich um eine Tätigkeit handeln, die nicht zu den Überwachungs- und Beratungspflichten des Mitglieds (Rdn. 122—124) gehört oder nach ihrem sachlichen oder zeitlichen Umfang deutlich darüber hinausgeht. Im ersteren Fall ist zu denken an eine fachspezifische Beratung der Geschäftsführung oder sonstige Tätigkeit wie z. B. als Rechtsanwalt, Steuerberater, Ingenieur, gegebenenfalls auch eine künstlerische Tätigkeit. Im zweiten Fall handelt es sich zwar um eine typische Aufsichtsratsaufgabe, bei der die von dem Mitglied erbrachte Leistung aber deutlich über die von ihm zu erwartende Tätigkeit hinausgeht, z. B. die umfangreiche Kontrolle anläßlich eines besonderen Vorgangs oder die Beratung und Mitwirkung bei einem größeren Vorhaben, etwa im Ausland. Bei dieser zweiten Kategorie ist im Aktienrecht streitig, ob Auftragserteilung und Festsetzung der Vergütung«5ache des Aufsichtsrats ist (so Gessler § 113, 19) oder ob sie Gegenstand eines mit dem Vorstand abzuschließenden Sondervertrags zu sein hat (so Meyer-Landrut § 113, 15, wohl auch Mertens § 114, 5). Für die GmbH ergibt sich aus der Eigenschaft der Gesellschafterversammlung als des obersten Organs der Gesellschaft, daß sie allein zuständig ist, für besondere, ihrem Wesen nach innerhalb der Aufsichtsratstätigkeit liegende, aber in ihrem Umfang darüber hinausgehende Dienste eine zusätzliche Vergütung festzusetzen. 138
e) Kreditgewährung. § 115 AktG, der die Kreditgewährung seitens der Gesellschaft an Mitglieder des Aufsichtsrats an dessen Einwilligung bindet, gilt für den fakultativen Aufsichtsrat nicht. Nach den Grundsätzen der Treupflicht, die den Geschäftsführern und den Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft obliegt, bedarf aber auch bei der GmbH die Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder einer besonderen Kontrolle. Auch hier ergibt sich aus der Eigenschaft der Gesellschafterversammlung als des obersten Organs der Gesellschaft (vgl. Rdn. 137 für Sondervergütungen), daß diese Kontrolle den Geschäftsführern zusteht. Die Kreditgewährung an Aufsichtsratsmitglieder bedarf daher zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung durch Gesellschafterbeschluß. 139 f) Amtsniederlegung. Das AktG regelt die Frage nicht, unter welchen Voraussetzungen ein Mitglied sein Amt vorzeitig, also bevor seine Amtszeit (Rdn. 85) endet, niederlegen kann. Es empfiehlt sich deshalb eine Regelung in der Satzung. Üblich ist die Bestimmung, daß eine Niederlegung jederzeit unter Einhaltung einer gewissen Frist (meist von einem Monat) möglich ist. Die Rechtslage ohne Satzungsregelung ist im Schrifttum streitig. Am weitesten geht die Ansicht, daß die Niederlegung jederzeit möglich ist (Natzel RdA 1960 262, Meyer-Landrut § 102, 6, Gessler § 102, 30f., Dietz-Ricbardi BetrVerfG § 76, 132, Fitting-Auffarth-Kaiser § 76, 96, Fitting-Wlotzke-Wißmann MitbestG § 24, 15, Raiser § 6, 31). Nach dieser Meinung ist sie auch wirksam, wenn sie zur Unzeit erfolgt, macht aber dann schadensersatzpflichtig. Nach einer zweiten Meinung (Voraufl. 26, Eder 480.23, Baumbach-Hueck Schlußanh. I 4 G e, weit. Nachw. bei Mertens § 103, 55, s. auch oben Rdn. 133) sind die §§ 624, 626, 627, 671 BGB anzuwenden, also Kündbarkeit bei Ablauf einer fünfjährigen Amtszeit mit Sechsmonatsfrist (§ 624), jederzeit aus wichtigem Grund (§ 626), jederzeit, nur nicht zur Unzeit, falls keine oder nur eine variable Vergütung (Rdn. 136) vereinbart ist (§§ 671, 627). Mertens schließlich (§ 103, 54ff.) vertritt den Standpunkt, daß das Recht zur Amtsniederlegung nur besteht, wenn die Satzung sie gestattet oder ein wichtiger Grund vorliegt, wobei § 626 BGB entsprechend anwendbar ist. 140 Der Ansicht von Mertens ist zu folgen. Die Annahme der Bestellung für eine bestimmte Amtszeit begründet die vertragliche Verpflichtung, für diese Zeit das Amt auszuüben. Damit ist das Recht zur jederzeitigen Niederlegung nicht vereinbar. Das würde auch Sinn und Zweck des Aufsichtsratsamts nicht entsprechen. Die Satzung kann (566)
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ein solches Recht freilich geben. Sonst bedarf es eines wichtigen Grundes, um sich vorzeitig der Vertragsverpflichtung zu entledigen. Entsprechend § 626 BGB ist er gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund deren dem Mitglied unter Berücksichtigung aller in der Gesellschaft und deren Organen sowie in seiner eigenen Person gegebenen Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile das Verbleiben im Amt bis zum Ablauf der Amtszeit nicht zugemutet werden kann. Ist das Mitglied für eine unbefristete Amtszeit (Rdn. 85) bestellt, so kann es nach Ablauf von fünf Jahren entsprechend § 624 BGB mit einer Ankündigungsfrist von sechs Monaten sein Amt niederlegen. Für entsandte Mitglieder (vgl. Rdn. 134) gilt nichts anderes, unbeschadet des Rechts des Entsendungsberechtigten zur jederzeitigen Abberufung (Rdn. 87). Entgegen Mertens § 103, 20 gilt dies auch, wenn der Entsendungsberechtigte sich selbst entsendet. Er geht dann für sich selbst die vertragliche Bindung ein. Das jederzeitige Abberufungsrecht gilt nur, wenn er eine andere Person entsandt hat, vgl. Rdn. 87. Die hier vertretene Meinung stützt sich in der Begründung auf die in Rdn. 133 141 dargestellte Rechtsnatur des AufsichtsratsVertrags. Insoweit weicht sie von der (früher herrschenden) in Rdn. 139 als zweite Ansicht beschriebenen ab, die ein neben dem körperschaftsrechtlichen Bestellungsakt vereinbartes Schuldverhältnis annimmt, dessen Inhalt sich je nach Festsetzung einer Vergütung nach den Vorschriften über den Dienstvertrag oder den Auftrag richtet. Das führt zu dem wenig einleuchtenden Ergebnis (ebenso Mertens § 103, 55), daß das Mitglied, wenn keine oder nur eine variable Vergütung festgesetzt ist, das Amt gemäß §§ 671, 627 BGB jederzeit widerrufen kann. Im übrigen führen beide Ansichten zu denselben Ergebnissen. 2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG Die Ausführungen über die Rechtsnatur des Aufsichtsratsvertrags in Rdn. 133 f. 142 gelten auch hier. Sie ist für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer keine andere als für die der Anteilseigner. Ungeachtet der Verschiedenheit ihrer Herkunft (ihrer Wahl) stehen beide in demselben Rechtsverhältnis zur Gesellschaft. Die §§ 113, 114 AktG gelten nach § 77 BetrVG für beide zwingend. Eine von der 'Gewinnberechnung des § 113 Abs. 3 abweichende Satzungsbestimmung (Rdn. 136) ist aber zulässig (s. Rdn. 10). § 113 Abs. 2 gilt für die GmbH nicht (vgl. Rdn. 48). Auf die Erläuterungen in Rdn. 135—137 kann verwiesen werden. Die Mitglieder der Anteilseigner und die der Arbeitnehmer sind auch hier gleich zu behandeln (Mertens § 113, 6). Zur Kreditgewährung s. Rdn. 138. Auch bezüglich der Amtsniederlegung gilt hier dasselbe wie beim fakultativen Aufsichtsrat, s. Rdn. 139—141. Da § 102 AktG zwingend gilt (Rdn. 88), ist die Amtszeit immer eine befristete. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG Für ihn gelten nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 die §§ 113-115 AktG. § 113 Abs. 2 ist auch 143 hier nicht anzuwenden (vgl. Rdn. 50). Auf die Erläuterungen der §§ 113, 114 in Rdn. 133—137, 139—141 sowie in Rdn. 142 kann verwiesen werden. Für die Kreditgewährung der Gesellschaft an Aufsichtsratsmitglieder gilt § 115. Sie bedarf der Einwilligung des Aufsichtsrats. Die Vorschrift ist auf den Kredit an einen der Belegschaft angehörenden Arbeitnehmervertreter auch dann anzuwenden, wenn er im Rahmen der für Belegschaftsangehörige üblichen Kredite liegt (ebenso Gessler § 115, 10, a.M. FittingWlotzke-Wißmann § 25, 61). Auch er bedarf der Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Liegt er im Rahmen des Üblichen, so muß die Einwilligung wegen des Benachteiligungsverbots des § 26 Satz 2 MitbestG erteilt werden. Wird der Kredit ohne die Einwilligung (567)
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gewährt, so ist Darlehensvertrag wirksam, aber der Kredit zur Rückzahlung fällig, wenn nicht der Aufsichtsrat die Zustimmung nachträglich erteilt (Abs. 4). Auch die konzernrechtlichen Bestimmungen des § 115 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 gelten für die GmbH. X I . Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder AktG § 116 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder Für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder gilt § 93 über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß. AktG § 93 Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder (1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Uber vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren. (2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast. (3) Die Vorstandsmitglieder sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz 1. Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden, 2. den Aktionären Zinsen oder Gewinnanteile gezahlt werden, 3. eigene Aktien der Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft gezeichnet, erworben, als Pfand genommen oder eingezogen werden, 4. Aktien vor der vollen Leistung des Nennbetrags oder des höheren Ausgabebetrags ausgegeben werden, 5. Gesellschaftsvermögen verteilt wird, 6. Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eingetreten ist oder sich ihre Überschuldung ergeben hat, 7. Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder gewährt werden, 8. Kredit gewährt wird, 9. bei der bedingten Kapitalerhöhung außerhalb des festgesetzten Zwecks oder vor der vollen Leistung des Gegenwerts Bezugsaktien ausgegeben werden. (4) Der Gesellschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluß der Hauptversammlung beruht. Dadurch, daß der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht ein Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung oder Beseitigung des Konkursverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht. (5) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Dies gilt jedoch in anderen Fällen als denen des Absatzes 3 nur dann, wenn die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben; Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben, daß die Handlung auf einem (568)
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Beschluß der Hauptversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Konkursverwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus. (6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
1. Der fakultative Aufsichtsrat a) Sorgfaltspflicht. Nach § 52 ist § 116 i.V.m. § 93 Abs. 1 und 2 AktG anzu- 144 wenden. Die in § 116 angeordnete sinngemäße Anwendung des § 93 Abs. 1 Satz 1 bedeutet, daß die Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beobachten haben, dem — nebenamtlich — die Überwachung eines anderen, der gleichen Sorgfaltspflicht unterstehenden — hauptamtlichen — Geschäftsleiters übertragen ist. Die Uberwachungsaufgaben sind in Rdn. 122 f. beschrieben. Sie sind zeitlich und sachlich beschränkt. Aus besonderem Anlaß ist eine intensivere Tätigkeit im Rahmen des Zumutbaren zu verlangen. Geschäftsführungsaufgaben kann der Aufsichtsrat nicht übernehmen. Versagen die Geschäftsführer, so bleibt ihm nur der Bericht an die Gesellschafter. Der Aufsichtsrat handelt als Kollegialorgan durch Beschlüsse (Rdn. 102). Das einzelne Mitglied wirkt durch Erörterung und Stimmabgabe mit. Hierbei hat es die Sorgfaltspflicht anzuwenden und hierbei kann es sie verletzen. Dabei kann nicht an jedes Mitglied der gleiche Maßstab gelegt werden (so auch Gessler § 116, 10). Vielmehr sind an das einzelne Mitglied diejenigen Anforderungen zu stellen, die es nach seiner Vorbildung, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten bei Anspannung aller Kräfte erfüllen kann. Es darf sich auf Spezialkenntnisse eines anderen Mitglieds in der Regel ebenso verlassen wie auf das Gutachten eines gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 herangezogenen Sachverständigen (Rdn. 124). Die Satzung kann die Anforderungen verschärfen oder mildern. b) Verschwiegenheitspflicht. Sie ist in § 93 Abs. 1 Satz 2 umschrieben. Zur 145 Auslegung dieser Vorschrift hat B G H Z 64 325 (Anm. v. Mertens A G 1975 235, MeyerLandrut Z G R 1976 510) wesentliche Gesichtspunkte beigetragen. Das entscheidende Merkmal für die Beurteilung der Schweigepflicht ist das objektive Bedürfnis der Geheimhaltung im Interesse des Unternehmens (S. 329). Ob diese Voraussetzung gegeben ist, hat das Mitglied in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden (S. 327), wobei die Meinungen des Gesamtaufsichtsrats und des Vorstands zu berücksichtigen sind. Stimmabgabe und Stellungnahmen anderer Mitglieder sind schon ihrer Natur nach in der Regel als vertraulich zu bewerten (S. 332). Sonst wären offene Diskussion und vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht gewährleistet. Das alles ist beim fakultativen Aufsichtsrat nicht zwingend. Die Satzung kann die Verschwiegenheitspflicht verschärfen, etwa indem sie ihr alle Kenntnisse, die die Mitglieder aufgrund ihrer Aufsichtsratstätigkeit erlangen, unterwirft. Sie kann sie auch lockern. c) Verantwortlichkeit. Die Verletzung der Sorgfalts- oder der Verschwiegen- 146 heitspflicht verpflichtet zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft (§ 93 Abs. 2 Satz 1). Die Beweislast für das Fehlen einer Pflichtverletzung trifft das Aufsichtsratsmitglied (Abs. 2 Satz 2). Im Prozeß hat also die Gesellschaft zu behaupten und zu beweisen, daß ihr durch ein bestimmtes Verhalten des Aufsichtsrats ein bestimmter Schaden entstanden ist, das Aufsichtsratsmitglied, daß sein Verhalten (Tun oder Unterlassen) pflichtmäßig oder entschuldbar war (BGH WM 1977 1446, Schilling Großkomm. § 93, 17). Ist z. B. durch eine Maßnahme, der der Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG zugestimmt hat, der Gesellschaft Schaden entstanden, so entfällt die Schadensersatzpflicht, wenn das Aufsichtsratsmitglied nachweist, daß die Zustimmung der Sorgfaltspflicht entsprach, oder wenn sie pflichtwidrig war, daß er gegen sie gestimmt hat (569)
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(Gessler 21). Die schuldigen Mitglieder des Aufsichtsrats haften als Gesamtschuldner, gegebenenfalls gemeinschaftlich mit den Geschäftsführern. Untereinander sind die Gesamtschuldner nach dem Maße ihrer Beteiligung und ihres Verschuldens zum Ausgleich verpflichtet (Gessler 23ff., Schilling 5). Handeln die Geschäftsführer auf Weisung der Gesellschafter (Rdn. 7), so enthebt das den Aufsichtsrat der Verantwortung, es sei denn, es liegt eine pflichtwidrige Mitwirkung, etwa bei der Prüfung oder Empfehlung der Maßnahme, vor. Beim fakultativen Aufsichtsrat kann die Satzung die Haftung mildern, aber — entsprechend § 276 Abs. 2 B G B — nicht bei Vorsatz erlassen. Für den Aufsichtsrat (Verwaltungsrat) einer sog. Publikums-KG ist der Sorgfaltsmaßstab der §§ 116, 93 AktG zwingend (BGH NJW 1977 2311, WM 1977 1446). 147 d) Die Geltendmachung der Ersatzansprüche obliegt den Geschäftsführern, die auch hier den Weisungen der Gesellschafter (§ 45, 4) unterworfen sind. § 46 Nr. 8 ist nicht anwendbar (§ 46, 33). Die einen Verzicht oder Vergleich einschränkenden Bestimmungen des § 93 Abs. 4 und 5 gelten für den fakultativen Aufsichtsrat nicht, da § 52 nur die Abs. 1 und 2 für anwendbar erklärt (Hueck GmbH-Rdsch. 1959 191). Ebensowenig gelten die Einschränkungen des § 43 Abs. 3 Satz 2 und 3 für Ersatzansprüche gegen die Geschäftsführer. Anders als dort bedarf auch der Verzicht oder Vergleich auf oder über den Ersatzanspruch gegen ein Aufsichtsratsmitglied nicht der Zustimmung der Gesellschafter (vgl. § 46, 34f.), immer unbeschadet deren Weisungsrecht. Für die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder gilt das in § 46, 22—26 Gesagte. 148 e) Verjährung. Übereinstimmend mit § 93 Abs. 6 AktG setzt § 52 Abs. 3 die Verjährungsfrist für die Ersatzansprüche auf 5 Jahre fest. Daraus, daß § 52 Abs. 1 die Verjährungsbestimmung des § 93 Abs. 6 nicht unter die abdingbaren Vorschriften des AktG aufgenommen, sondern die Verjährung in Abs. 3 gesondert geregelt hat, wird auf dessen zwingenden Charakter geschlossen (Scholz 2 letzter Abs., ferner ohne Begründung B G H Z 64 245, Baumbach-Hueck 3). Sicher ist das nicht. Man könnte auch an eine Anwendung des § 225 B G B denken, wonach die Verjährung durch Rechtsgeschäft (hier die Satzung) nicht ausgeschlossen oder erschwert werden kann, eine Erleichterung, insbesondere eine Abkürzung aber zulässig ist. Jedenfalls ist bei einer Publikums-KG eine Herabsetzung der Verjährungsfrist unter 5 Jahre nach Treu und Glauben unwirksam ( B G H Z 64 238, 244). Die Verjährung beginnt nach § 198 B G B mit der Entstehung des Anspruchs, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem der Schuldner rechtlich auf ein Tun oder Unterlassen in Anspruch genommen werden kann (Schilling Großkomm. AktG § 93, 59, vgl. auch § 43, 92 ff.).
2. Der Aufsichtsrat nach § 77 BetrVG 149
§§ 116, 93 AktG gelten zwingend, letzterer auch in vollem Umfang. Für die Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht und die Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder kann auf Rdn. 144—146 verwiesen werden. Für die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer ist dabei der an das einzelne Mitglied zu legende Maßstab, der sich nach dessen Vorbildung, Kenntnissen und Fähigkeiten richtet (Rdn. 144), von besonderer Bedeutung (Schilling § 116, 8, Gessler § 116, 12, Raiser § 25, 88). Über Aufsichtsratsmandat und Arbeitskampf s. Mertens AG 1977 306. 150 § 93 Abs. 3—5 AktG sind sinngemäß anzuwenden. Die sinngemäße Anwendung des Abs. 3, der sich auf Vorschriften des AktG bezieht, bedeutet, daß die entsprechenden Bestimmungen für die Geschäftsführer in § 43 Abs. 3 Satz 1 auch für den Aufsichtsrat gelten. Dessen Mitglieder sind also verantwortlich zu machen (Rdn. 146), wenn sie durch Tun oder Unterlassen an einem Verstoß gegen die §§ 30 und 33 mitwirken (ebenso Baumbach-Hueck Schlußanh. I 4 T b S. 501, abw. Eder 485.4). Andrerseits (570)
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sind sie der Gesellschaft gegenüber von der Ersatzpflicht befreit, wenn eine schadenstiftende Handlung der Geschäftsführung auf einem 'Weisungsbeschluß der Gesellschafter beruht, vorausgesetzt daß dieser Gesetz und Recht entspricht, und ferner vorausgesetzt, daß der Aufsichtsrat nicht bei dem Zustandekommen des Beschlusses pflichtwidrig mitgewirkt hat (§ 93 Abs. 4 Satz 1, vgl. Rdn. 146). Für den Verzicht auf und den Vergleich über Ersatzansprüche enthalten § 93 Abs. 151 4 Sätze 3 und 4 Bestimmungen, die — im Gegensatz zum Aktienrecht — für Aufsichtsratsmitglieder eine andere Regelung schaffen als die für Geschäftsführer geltende (zu dieser s. § 43, 85 ff. und § 46, 31—35). Das trifft auch für § 93 Abs. 5 zu, der die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Gesellschaftsgläubiger regelt. Das bedeutet eine Verschärfung der Haftung der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der der Geschäftsführer, einmal durch die dreijährige Sperrfrist für Verzicht und Vergleich und das Widerspruchsrecht einer Minderheit von 10% des Stammkapitals, vor allem aber durch die unterschiedlichen Rechtsfolgen der Entlastung. Während diese bei den Geschäftsführern den Verzicht auf Ersatzansprüche aus im Zeitpunkt des Entlastungsbeschlusses erkennbaren Verstößen zum Inhalt hat (§ 46, 23f.), kann einer Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats innerhalb der dreijährigen Sperrfrist und gegenüber den Gläubigern sogar unbefristet eine solche Bedeutung nicht zugemessen werden. Dem steht das Verzichtsverbot in § 93 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 Satz 3 entgegen. Die Diskrepanz zwischen der Haftung des Aufsichtsrats und der Geschäftsführer muß angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung hingenommen werden (ebenso Baumbacb-Hueck wie FN 150, a.M. Bergmann NJW 1953 83, Wunsch NJW 1957 1307). Für die Verjährung der Ersatzansprüche gilt § 93 Abs. 6. Die Vorschrift entspricht § 52 Abs. 3 und ist hier zwingend, s. im übrigen Rdn. 148. 3. Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG Auch für ihn sind die Bestimmungen des ganzen § 93 AktG (über § 25 Abs. 1 Nr. 2 152 MitbestG und § 116 AktG) zwingend. Für die Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht, für die Verantwortlichkeit, für Verzicht und Vergleich auf Ersatzansprüche, für Entlastung und Verjährung gilt das in Rdn. 149—151 Gesagte.
ANHANG
Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 BetrVerfG § 76 (1) Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien mußt zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen. (2) Die Vertreter der Arbeitnehmer werden in allgemeiner, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl von allen nach § 6 wahlberechtigten Arbeitnehmern der Betriebe des Unternehmens für die Zeit gewählt, die im Gesetz oder in der Satzung für die von der Hauptversammlung zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder bestimmt ist. Ist ein Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so muß dieser in einem Betrieb des Unternehmens als Arbeitnehmer beschäftigt sein. Sind zwei oder mehr Vertreter der Arbeitnehmer zu wählen, so müssen sich unter diesen mindestens zwei Arbeitnehmer aus den Betrieben des Unternehmens, darunter ein Arbeiter und (571)
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ein Angestellter, befinden; § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Sind in den Betrieben des Unternehmens mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer Frauen, so soll mindestens eine von ihnen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sein. Für die Vertreter der Arbeitnehmer gilt § 53 entsprechend. (3) Die Betriebsräte und die Arbeitnehmer können Wahlvorschläge machen. Die Wahlvorschläge der Arbeitnehmer müssen von mindestens einem Zehntel der wahlberechtigten Arbeitnehmer der Betriebe des Unternehmens oder von mindestens einhundert wahlberechtigten Arbeitnehmern unterzeichnet sein. (4) An der Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens eines Konzerns ( § 1 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Aktiengesetzes) nehmen auch die Arbeitnehmer der Betriebe der übrigen Konzernuntemehmen teil. In diesen Fällen kann die Wahl durch Wahlmänner erfolgen. (5) Die Bestellung eines Vertreters der Arbeitnehmer zum Aufsichtsratsmitglied kann vor Ablauf der Wahlzeit auf Antrag der Betriebsräte oder von mindestens einem Fünftel der wahlberechtigten Arbeitnehmer der Betriebe des Unternehmens durch Beschluß der wahlberechtigten Arbeitnehmer widerrufen werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen umfaßt. Auf die Beschlußfassung finden die Vorschriften der Absätze 2 und 4 Anwendung. (6) Auf Aktiengesellschaften, die Familiengesellschaften sind und weniger als fünfhundert Arbeitnehmer beschäftigen, finden die Vorschriften über die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat keine Anwendung. Als Familiengesellschaften gelten solche Aktiengesellschaften, deren Aktionär eine einzelne natürliche Person ist oder deren Aktionäre untereinander im Sinne von § 10 Ziff. 2 bis 5 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Oktober 1934 verwandt oder verschwägert sind. Dies gilt entsprechend für Kommanditgesellschaften auf Aktien. BetrVerfG § 77 (1) Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und bergrechtlichen Gewerkschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit mit mehr als fünfhundert Arbeitnehmern ist ein Aufsichtsrat zu bilden. Seine Zusammensetzung sowie seine Rechte und Pflichten bestimmen sich nach § 90 Abs. 3, 4, 5 Satz 1 und 2, §§ 95 bis 114, 116, 118 Abs. 2, § 125 Abs. 3, §§ 171, 268 Abs. 2 des Aktiengesetzes und § 76 dieses Gesetzes. (2) Besteht bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit mehr als fünfhundert Arbeitnehmern ein Aufsichtsrat, so findet § 76 dieses Gesetzes Anwendung. (3) Auf Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit mehr als fünfhundert Arbeitnehmern findet § 76 dieses Gesetzes Anwendung. Das Statut kann nur eine durch drei teilbare Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern festsetzen. Der Aufsichtsrat muß mindestens einmal im Kalendervierteljahr einberufen werden. BetrVerfG § 77a Soweit nach §§ 76 oder 77 die Beteiligung von Arbeitnehmern im Aufsichtsrat eines herrschenden Unternehmens von dem Vorhandensein oder der Zahl von Arbeitnehmern abhängt, gelten die Arbeitnehmer der Betriebe eines Konzernunternehmens als Arbeitnehmer des herrschenden Unternehmens, wenn zwischen den Unternehmen ein Beherrschungsvertrag besteht oder das abhängige Unternehmen in das herrschende Unternehmen eingegliedert ist. BetrVerfG § 81 (1) Auf Betriebe, die politischen, gewerkschaftlichen, konfessionellen, karikativen, erzieherischen, künstlerischen und ähnlichen Bestimmungen dienen, finden die §§ 76 und 77 keine Anwendung. (2) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karikativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform.
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Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz — MitbestG) v o m 4. Mai 1976 MitbestG § 1 Erfaßte Unternehmen (1) In Unternehmen, die 1. in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden und 2. in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen, haben die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf die Mitbestimmung in Organen von Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer nach 1. dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 347) - Montan-Mitbestimmungsgesetz —, zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Aktiengesetz vom 6. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1185), oder 2. dem Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 7. August 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 707) — Mitbestimmungsergänzungsgesetz —, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 27. April 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 505), ein Mitbestimmungsrecht haben. (3) Die Vertretung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten von Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer nicht nach Absatz 1 oder nach den in Absatz 2 bezeichneten Gesetzen ein Mitbestimmungsrecht haben, bestimmt sich nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 681), zuletzt geändert durch das Betriebsverfassungsgesetz vom 15. Januar 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 13). (4) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend 1. politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder 2. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes anzuwenden ist, dienen. Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und e