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German Pages 608 Year 1860
Geschichte
des
Königlich Preußischen
Leib - Infanterie - Regiments.
Im Auftrage des Regiments
verfaßt und herausgegeben
von
v . Horn, Hauptmann im 16. Infanterie - Regiment (früher im Leib - Regiment).
Berlin. Verlag von Rudolph Wagner. 1860.
Ger 268.8.2 Ger26215.8
Harvard
College
Library
Sept. 3 , 1921 F.H. Hall fund
¦
P
Sr. Majestät dem Könige,
dem Allerhöchsten Chef des Regiments ,
in tiefster Ehrfurcht
allerunterthänigst gewidmet
von dem
Officier - Corps
des Leib - Infanterie - Regiments.
1
•
Ich will in Folge Ihres Antrages die Widmung der
von dem Hauptmann
Geschichte
des
v. Horn
verfaßten
8ten Infanterie - Regiments
( Leib
Infanterie-Regiments) annehmen ; wovon Ich Sie hierdurch in Kenntniß ſetze. Berlin, den 29. November 1859 .
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Wilhelm , Prinz von Preußen.
Fürst zu Hohenzollern - Sigmaringen.
An den Obersten v. Bojanowski , Commandeur des 8ten Infanterie Regiments (Leib- Inf. - Reg.)
1
!
Vorwort des Regiments - Commandeurs.
Es kann nicht die Absicht dieſes Vorwortes sein und ist auch nicht erforderlich, sich über die Bedeutung der Regimentsgeschichten auslassen zu wollen.
Längst ein anerkannter Theil der Militär
Literatur sind sie gleichsam eine Nährmutter für die Geschichte des Krieges und des Heeres und zugleich für den kriegerischen Geist im Heere.
Aber indem sie in belehrender und die Phan
taſie des jungen Officiers belebender Weise die Schicksale und rühmlichen Leiſtungen des eigenen Truppentheils erzählen, erfüllen fie zugleich eine heilige Pflicht, indem sie die Namen der Männer verewigen, welche jene Leiſtungen zum Theil um den Preis ihres Lebens vollbrachten und für ihre Nachkommen Vorbilder folda tischer und patriotischer Tugend wurden.
Sie sind ein Ausdruck
der Dankbarkeit und Hochachtung der Söhne vor ihren verdienst und ruhmvollen Vätern. Die Geschichte des Leibregimentes gleicht insofern derjenigen des preußischen Vaterlandes als beide eine junge aber schnelle sind.
Sie wird aber besonders interessant durch die Art ihres
Entſtehens und die betrübenden und wiederum ruhmreichen Ver hältnisse, welche diese Entstehung bewirkten und begleiteten.
Die
Bildung des Regimentes fällt nicht bloß in die Zeit des tiefsten
VIII
Unglückes und der schmerzlichsten Kämpfe unseres Vaterlandes ; sie hängt mit diesem Unglücke und diesen Kämpfen zusammen. Indessen auch das Unglück hat seine Größe!
Es vernichtet
den Schwachen, aber es beugt nur und erhebt dann den Starken ; es kräftigt den einzelnen Menschen und ganze Nationen ; es ruft ſchlummernde Tugenden wach und schafft Charaktere; es erzeugt ungewöhnliche Leistungen , mögen sie in standhaftem , refignirtem Dulden oder in feffelbefreiter und opferfreudiger, männlicher That bestehen.
Die Schöpfungen und Leistungen , welche unter dem
Drucke und dem Ringen mit dem Unglücke hervorgehen , pflegen gediegener und edler zu sein, als Alles , was der Mensch im Schooße des Glückes zu vollbringen vermag.
Mit erhobenem
Geiste denken wir an unser Vaterland ! Aus solchen Verhältnissen und Erscheinungen, aus dem ver zweifelten, aber vom Glücke verlaſſenen letzten Kampfe eines treuen und edlen Volkes um sein höchstes Gut, um den Thron seiner Fürsten und um seine politische Existenz , ist auch das Leibregi ment hervorgegangen.
Seine Geschichte wurzelt in historischem
und blutgetränktem Boden.
Es ist das eiserne Erzeugniß einer
eisernen Zeit, ein Kind des Krieges selbst und gleichſam aus dem Kampffelde herausgewachsen.
Es ist nicht in dem gewöhnlichen
organisatorischen Wege formirt worden, und man kann sagen, das Regiment hat unter Kampf und Drangfal, unter Noth und Tod sich selbst geschaffen.
Wenn auch seine einzelnen Bestandtheile erſt
später zu einem Regimente organisch vereinigt wurden, so waren sie durch gemeinsam getragene Leiden und gemeinſam errungenen Ruhm , sowie durch den ewigen Kitt des gemeinsam vergoſſenen Blutes in inniger Waffenbrüderschaft schon verbunden ; der Körper war schon da, als seines Königes Hand ihm Gestalt und Namen
IX
gab.
Das Regiment theilt diese nicht gewöhnliche Entstehungs
weise mit dem Regimente Kolberg , in welchem das Leibregiment mit Stolz seinen, aus demselben Stamme entsprossenen , Zwil lingswaffenbruder sieht. Die Geschichte des Regimentes , d. h. derjenige Theil, der wirkliche Geschichte enthält , reicht vom Jahre 1807 bis 1815, gehört also den beiden extremen Phasen der politischen Zustände unferes Vaterlandes an , seiner gänzlichen Niederlage und seiner glorreichen Erhebung. Sie ist daher eine kurze, aber zugleich eine reiche; sie begreift eine, und zwar die hervorragendſte, der wenigen troſtbringenden und glücklichen Erscheinungen in Preußens trau rigster Zeit , die ewig denkwürdige Vertheidigung von Kolberg, welche zwar ihren Homer noch nicht fand , welche aber als ein glänzender Lichtpunkt aus dem düſterſten Abschnitt der vaterlän diſchen Geſchichte hell hervorleuchtet und deren Erinnerung das soldatisch - patriotische Herz höher schlagen machen wird, so lange überhaupt das Herz des Menschen edlen Regungen zugänglich bleibt.
Sie begreift wiederum den schönsten und erhebendsten
Theil der vaterländischen
und zugleich einen
der großartigsten
der Weltgeschichte, die Befreiungskriege , in denen das
neuge
borene Heer, oder vielmehr das zum Heere verkörperte Volk, um seinen edlen König geschaart und das Schicksal versöhnend , die unwürdigen Feſſeln brach , mit jener begeisterten Hingebung für den Fürſten und das Vaterland, welche jeden Vergleich mit ähn lichen historischen Erscheinungen ablehnt. Wo aber das ganze Heer in allen seinen Theilen und in gleichem Maße von einem solchen Geiste getragen wurde , wo jeder Einzelne bereit war, die höchsten irdischen Güter für ein höheres Gut freudig zum Opfer zu bringen, da konnte für ein
.
X
Zuvorthun kein Raum und nur das Streben vorhanden sein, dem Waffengefährten es gleich zu thun.
Wer hätte auch
besser thun können als sein Bruder !!
Aber das Leib
regiment gehört zu denjenigen Truppentheilen der Armee , welche sich einer Begünstigung von dem Glücke dadurch erfreuten , daß ihnen reichliche Gelegenheit gegeben wurde , jenen , der ganzen Armee
gleichmäßig
angehörenden ,
herrlichen
Schlachtfelde durch die That zu bewähren. Todten bezeugen das!
Geiſt,
auf
dem
Die Liſten ſeiner
Es hat bei diesen Gelegenheiten eine
hohe Schuld abgetragen :
Es hat sich überall würdig erwiesen,
den Ehrennamen zu tragen , mit welchem die Huld des Monar chen es auszeichnete. ment.
Die Armee kannte das Leibregi
Es kannte es der König , sein Kriegsherr!
Mit diesem Allen sollte gesagt sein , daß die Art des Ent stehens sowie
des Bestehens ,
die Kriegserlebnisse und Erfah
rungen des Regimentes seine Geschichte zu einer besonders lehr reichen und zu einem würdigen Gegenstand für den Autor machen, daß sie also verdient geschrieben zu werden.
Und doch ist das
bis jetzt in ausreichender Weise nicht geschehen. Ein vor dreißig Jahren von dem damaligen Hauptmann v. Gorszkowski *) herausgegebenes und im militärischen Publi cum mit verdienter Anerkennung aufgenommenes Werk kann nur als ein Versuch gelten.
Später widmete sich der ebenfalls im
Regimente stehende Major v. Stentsch ** ) der Aufgabe mit aller der Liebe und Sorgfalt , welche ihr Gegenstand verdient ; allein die Erlebnisse des Jahres 1848 verhinderten leider
*) Lebt als Major a. D. in Köpenick. **) Lebt als Oberst a. D. in Schwedt a. d. O.
die
XI
Vollendung und den Druck.
Die erschöpfende Geschichte des
Leibregimentes blieb ungeschrieben. Zur Beseitigung dieses offenbaren Mangels ergriff endlich das Regiment selbst die Initiative, indem es ( und zwar ist es das specielle Verdienst
des
damaligen
Commandeurs , jeßigen
General - Majors v. Sydow) einen seiner Officiere, den Haupt mann v. Horn, ― schon der Name konnte nicht glücklicher ge wählt sein für den Historiographen des Leibregimentes —, mit der Verfassung der Regimentsgeschichte beauftragte. Wiewohl das zu schreibende Werk in den oben angegebenen früheren Arbeiten , besonders in dem Manuscripte des Majors v. Stentsch, ein gutes Fundament fand , so mancherlei Hindernisse und Verzögerungen.
erfuhr es doch
Unter Anderem war
das Archiv des Regimentes mit den darin enthaltenen acten mäßigen Liſten und zum Theil sehr intereſſanten Nachrichten in den Wirren des Jahres 1848 durch einen Unfall verloren ge gangen.
Das dadurch ausfallende Material mußte aus den ge=
druckten anderweitigen Quellen , welche unten angegeben werden sollen , ergänzt und aus den dazu bereitwillig geöffneten König lichen Archiven heraus-
und zusammengesucht werden *) ,
eine
mühevolle Aufgabe, welche sich der, inmitten der Arbeit verſeßte, Verfaſſer mit der hingebendsten Ausdauer unterzogen hat.
Aber
auch auf anderem Wege kam dem Unternehmen eine ebenso liebe voll gewährte, als dankbar empfangene werthvolle Hülfe. Auf besondere Bitte des Regimentes haben mehrere früher darin gestandene und jezt im Ruhestande lebende höhere Officiere
*) Es ist hierbei der Zuvorkommenheit des Herrn Archivrathes Fried = länder dankbarlichst zu gedenken.
XII
sich freundlichst dazu verſtanden, das Geschichtswerk durch Tage bücher, Memoiren oder besonders zu diesem Zwecke niedergeschrie bene Aufzeichnungen über das Regiment und ihre eigenen darin gemachten Erlebniſſe während der Feldzüge zu unterſtüßen.
Es
ist demselben auf diesem Wege ein reiches und neues Material zugeführt worden, welches außerdem das besondere Verdienst hat, durch die gefechtlichen Details, die es brachte, das Interesse und die Belehrung zu erhöhen, welche man von der kriegsgeschicht lichen Partie eines solchen Werkes zu erwarten berechtigt ist. Diese Männer haben damit für das Regiment , deſſen bewegte Kriegsschicksale und deſſen Ruhm sie theilten ,
indem sie ihn
schaffen halfen , eine von der Zeit ungeschwächt gebliebene Liebe an den Tag gelegt, welche an die schönen Worte erinnert , die einst das Vorbild aller Ritterlichkeit, der Cid , seiner edlen Ge mahlin schrieb : Nie verläßt Euch meine Feder , Nie mein Degen und mein Herz! Es ist das Bedürfniß der Dankbarkeit , die Namen Hol leben , Münchow , Cranach, Barfuß nicht zu verschweigen. Sie zählen dabei unter diejenigen Namen, deren zu erwähnen, nächst dem gefeierten Namen Horn , die Geschichte des Regi mentes reichliche Veranlassung haben wird und deren Träger das Regiment mit Selbstgefühl die Seinigen nennen darf. Leibregiment dankt ihnen in Ehrerbietigkeit ;
Das
es wird in Liebe
ihrer eingedenk sein ! Auch von anderen Seiten hat das Werk sich warmer Theil nahme zu erfreuen gehabt, sowie es überhaupt des lebhafteſten Dankes würdig und ein schönes Zeichen ist , wie alle ehemaligen Officiere und ,
zum Theil jetzt anderen Ständen angehörende,
R
XIII
Veteranen des Regimentes , aus allen Schichten der Gesellschaft und des Lebensalters , besonders diejenigen , welche die Feldzüge darin gemacht — soweit der Himmel ihnen noch das ruhmwürdige Alter fristete ―――― demselben in einer wahrhaft rührenden Weise ihre Liebe bewahrten. Diese, Zeit und Verhältnisse überdauernde, Liebe fand auch einen Ausdruck in dem allseitigen lebhaften In teresse an der Feier des funfzigjährigen Bestehens als Leibregi ment, welche das Regiment im vorigen Herbste beging.
Sie legt
Zeugniß ab von der, aus der Gneisenau- Colbergschen Schule her vorgegangenen , festen Kameradschaftlichkeit , jener Tugend , welche nur der Soldat kennt, und welche auch nur der Soldat versteht. Das beendete Werk wird nunmehr von dem Verfaſſer der Oeffentlichkeit übergeben.
Sei es der Armee willkommen , dem
Regimente selbst eine lange erwartete Befriedigung ! Ein tiefer und edler Zug des menschlichen Herzens ist die Anhänglichkeit an das Haus und an die Familie , das Intereſſe an deren Ruf und gutem Namen , an ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft.
Die Familie des Soldaten aber ist sein Regiment.
Mögen wir mit Stolz auf die Namen Colberg , Warten burg , Möckern , Chateauthierry und auf die ganze übrige ruhmvolle Vergangenheit
unseres Regimentes
zurückblicken !
aber auch mit derjenigen Erhebung des Gemüthes , welche dem selben seine Zukunft sichert.
Mag das Blut, das unsere Alt
vordern für die Sache des ganzen großen Vaterlandes vergossen haben, noch besonders vergossen sein für die Erben ihres Namens, indem es mit hehrer Stimme uns erinnert, welches Erbtheil wir zu wahren berufen sind .
Mögen die glorwürdigen Beispiele von
Heldenmuth und treuer Hingebung , welche das Buch vor uns darlegt, uns zur Nachahmung befeuern ; mögen sie uns wach er
XIV
halten und kräftigen , daß wir die lange Friedenszeit, den Ernſt unſeres Berufes fest vor Augen , ungeschwächt überdauern und den Geist in unserem Herzen bewahren, der uns allein befähigt, die hohen und edlen Verpflichtungen gegen den König , unſeren Herrn , und unser Vaterland zu erfüllen , die uns auferlegt und angeboren sind.
Wir werden dann nicht bloß treu , son
dern auch zu jeder Stunde gewärtig sein ! Und wer vermag in diesem Augenblicke zu wissen , wie nahe die Stunde ist! ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ - Die entfalteten Fahnen des Regimentes werden, wie einst - feinen anderen Weg führen, als den Weg der Ehre; mag es - wie einst
auch der Weg
des Sieges sein !
Gott mit dem Leibregiment !! Im Monat März 1859.
Marschall von Sulicki.
C
"
Quellen,
welche bei der Arbeit benußt wurden.
A. Handschriftliche. 1. Acten des historischen Archivs im Generalstabe. Besonders werthvoll in Bezug auf die Berichte von Augenzeugen über die Schill'schen Unterneh mungen vor Colberg. Leider ist über die Belagerung selbst , außer dem Tagebuche des Ingenieurs , wenig vorhanden. -― Sodann wichtig wegen mehrerer Berichte des Generals v. Tauenzien über die Schillschen Unter nehmungen von 1809. - Endlich sind dort einige Nachrichten über den Feldzug von 1812 , in Bezug auf das Leibregiment , gefunden worden. Für die Befreiungskriege sind die Rapporte und Relationen meist in ziem licher Ausführlichkeit vorhanden. Mangelhaft waren die Quellen über das Gefecht von Claye. 2. Tagebuch des General - Lieutenants a. D. von Münchow (1813 Adjutant des 2. Bataillons) über die Feldzüge von 1812-1815; ſowie handſchrift liche Bemerkungen über die Zeit von 1808-1812 . 3. Briefe und Notizen des Generals der Infanterie v. Holleben. 4. Eine Notiz des Generals v. Barfuß (1813 Adjutant der 7. Brigade) über die Schlacht von Möckern. 5. Die frühere Arbeit des Herrn Oberst a. D. von Stentsch , welche im Jahre 1847 abgeſchloſſen , besonders wichtig dadurch ward , daß derselbe noch viele ältere Officiere des Regiments über die Abfaſſung der Gefechts berichte zu Rathe ziehen konnte ; namentlich erfreute sich derselbe der Mit wirkung des Majors v. Müller ( Adjutant des Füfilier - Bataillons) , der Majore v. Eberhardt , v. Didron und v. Pröck; auch einiger Notizen des Generals a. D. Holfelder. Diese mit der größten Sorgſamkeit und Umsicht, mit wahrer Liebe vollendete Arbeit ist vom Verfasser vielfältig benutt worden. Sie wurde durch die anderweitigen Quellen hier und dort ver vollständigt und ist die vorliegende Arbeit eigentlich nur als eine Umfor mung der obigen für den Druck anzusehen.
XVI 6. Für das Gefecht von Versailles und St. Germain hat Verfaſſer einen Aufſatz des Herrn General - Lieutenants a. D. von Cosel benutzen dürfen. 7. Einzelne Materialien aus dem Besitz des Herrn General - Lieutenants a. D. v. Horn , Sohn des Generals der Infanterie v. Horn. 8. Acten des Staatskanzlers, im Geh. Staatsarchiv (1809, 1812).
B. Gedruckte Quellen. 1. Geschichte des Leib - Infanterie - Regiments vom Hauptmann v. Gorszkowski. Berlin 1821. 2. Militärische Betrachtungen aus den Erfahrungen eines preußischen Officiers. (General v. Holleben.) 1838. 3. Militärisches Altes und Neues . (Derselbe.) Berlin u. Coblenz , 1853 u. 54. 4. v. Höpfner, Geschichte des Feldzuges von 1806 u. 1807. 5. v. Seydlik, Tagebuch des Yorckſchen Corps im Feldzuge von 1812. 6. Die Werke von Plotho, v. Damit, Schulz. 7. Aufsätze im Militär - Wochenblatt. Darstellungen der Schlachten von Königswartha ( Oberst Gervien) , an der Katzbach, von Wartenburg, von Möckern. 8. 9. 10. 11.
Gr. Henckel v. Donnersmark „ Erinnerungen “. Berlin 1845. v. Bagensky, Geschichte des 9. Infanterie - Regiments (Colberg). v. Prittwitz, Beiträge zur Geschichte von 1813. F. G. V. Zur Geschichte des Schillschen Zugs 1809. ( Als Manuſcript gedruckt.) 12. Droysen, Leben des Feldmarschalls Grafen Yorck v. Wartenburg.
13. Die biographische Notiz über den General der Infanterie Herrn v. Hol leben Exc. ist von dem Herrn General v. Sulicki verfaßt.
Inhaltsverzeichniß.
Erstes Buch . Die Belagerung Colbergs im Jahre 1807. Seite 1. Bedeutung und Zuſtand Colbergs im Jahre 1806. Schill's erstes Auftreten. Stiftung des Grenadier - Bataillons Waldenfels 2. Stiftung des Schillſchen Corps. Die Gefechte von Stargard und Naugardt. Einschließung der Festung. Gefecht von Sellnow Unternehmung auf Stargard .. Gefechte und Sturm von Naugardt Gefecht von Sellnow 3. Die Maikuhle. Einschließung der Festung. Das zweite pommersche und das dritte neumärkiſche Reserve - Bataillon. Ankunft des Majors v. Gneisenau Das zweite pommersche Reserve - Bataillon Das dritte neumärkische Reserve - Bataillon Erster Angriff des Wolfsberges am 18. Mai
13 19 23 30
31 34 35 39 245358
4. Die förmliche Belagerung. Gefechte um den Wolfsberg. Ausfälle gegen die Maßzwiesen. Verlust der Maikuhle. Der Friede Sturm auf die Grenadierſchanze am 15. Juni Gefecht von Sellnow am 16. und 17. Juli . • Der Ausfall auf die Maßschanze Sturm auf die Grenadierſchanze am 18. Juni Fall der Maikuhle ; Bombardement am 1. und 2. Juli • Anhang. I. Verzeichniß derjenigen Officiere ber vier Bataillone bes späteren Leibregiments , welche in der Colberger Belage rung geblieben oder verwundet sind II. Liste der vor und während der Belagerung verliehenen Orden und Ehrenzeichen Kleine Denkwürdigkeiten
1
46 51
66 68 71
Zweites Buch. Von 1807 bis 1812. 1. 2. 3. 4.
Ueberblick der Zustände bis zum September 1808 Die Stiftung des Leib -Infanterie - Regiments Marsch nach Berlin. Schill's Zug und Ende . Vom April 1809 bis zum April 1812 . .
83 95 113 138
XVIII
Drittes Buch . Der Feldzug in Kurland.
Marsch nach Kurland . Die beiden Musketier - Bataillone im Gefecht von Ecau Gefecht bei Ecau am 27. September Das Füsilier - Bataillon vom 4. Juli bis 28. September • Gefecht bei Mesothen am 29. September Gefecht am Lautschkrug am 30. September Gefecht am Garoſſenkrug am 1. October Die beiden Musketier - Bataillone vom 2. Octbr. bis 19. Dechr. 1812 • Das Füsilier - Bataillon vom 2. October bis 19. December . · Gefecht am Samſonkrug am 29. October .. • Gefechte bei Baldohnen und Dahlenkirchen am 15. November .
Seite 151 160 177 178 181 181 183 184 187 188 192
Viertes Buch. Der Feldzug von 1813 bis zum Waffenstillstand. Allgemeine Verhältnisse . . Das Leib- Grenadier - Bataillon Das Depot- Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments Das 3. Musketier - Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments Die freiwilligen Jäger Stiftung des eisernen Kreuzes Das Officiercorps . Ausmarsch des Regiments aus Berlin ; Eröffnung der Campagne Der 2. Mai. Die beiden Musketier - Bataillone Schlacht bei Großz - Görschen Das Leib - Grenadier - Bataillon Das 3. Musketier - Bataillon · Das Füsilier -Bataillon Das Leib - Grenadier- und 3. Musketier - Bataillon Das Füsilier- und 1. und 2. Musketier - Bataillon Gefecht bei Königswartha - Weissig am 19. Mai •
211 216 217 218 219 221 222 · 228 235 238 239 242* 243 246 247 250
· ·
•
Schlacht von Baußen am 20. und 21. Mai . Das 1., 2. und Füfilier 261 Bataillon 263 Das Leib- Grenadier- und das 3. Musketier -Bataillon 265 Der Waffenstillstand Fünftes Buch. Einleitung des Feldzuges. Gefecht am Hörfelberge den 19. August Gefecht bei Löwenberg den 21. August
276 278
XIX Seite 282 285 294 295 296 299 301 303 312 323 325 325 328
Schlacht an der Katzbach den 26. Auguſt Gefecht bei Bunzlau den 30. Auguſt Das Leib - Grenadier - Bataillon vom 1. September bis 4. October Gefecht bei Hochkirch . Gefecht bei Bischofswerda den 22. September . Uebergang über die Elbe bei Wartenburg den 3. October • Das Füsilier -Bataillon Die beiden Musketier - Bataillone Schlacht bei Möckern den 16. October Gefecht bei Gohlis den 17. October
Die Verfolgung bis zum Rhein Gefecht bei Freiburg den 21. October Gefecht am Hörselberge bei Eisenach den 26. October Sechstes Buch.
Der Feldzug von 1814. 340 Zug des Obersten Grafen Henckel . . 350 Gefecht bei Vitry den 1. Februar . 351 Gefecht bei La Chauffée den 3. Februar Gefechte bei Montmirail und Chateauthierry den 11. und 12. Februar . 358 371 Die 8. Compagnie vom 2. Januar bis zum 16. Februar • • 380 Schlacht bei Laon den 9. März • 387 Das Füsilier - Bataillon vom 10. bis 27. März Das Leib - Grenadier - Bataillon und die beiden Musketier - Bataillone bis 390 zum 27. März . 391 Gefecht bei Trilport den 27. März 395 Gefecht bei Claye den 28. März 397 Schlacht von Paris den 30. März Das Leib - Grenadier - Bataillon und die beiden Musketier - Bataillone · 399 401 Das Füsilier - Bataillon Siebentes Buch. Das Jahr 18 15. Das Regiment am Rhein Schlacht bei Ligny den 16. Juni. Gefecht bei Sombref . Gefecht bei Wavre den 18. Juni Die Schüßenzüge des Füfilier - Bataillons am 18. und 19. Juni . Gefecht von Versailles und St. Germain den 1. Juli
•
415 420 426 429 433
Achtes Buch. Chronik der Friedensjahre von 1815 bis 1858
450
XX
Beilagen. I. Nachrichten über die letzten Lebensjahre des Generals v. Horn · II. Aus dem Leben des Generals der Infanterie v. Holleben . III. Nochmals Colberg •
Seite 501 509 521 526
IV. Kurze Geschichte der Garnison - Compagnie des Regiments V. Chronologisches Verzeichniß der Kriegsereignisse , an denen das 528 Leib - Infanterie - Regiment Theil genommen hat • 530 VI. Gedächtnißtafel . 535 VII. Ehrentafel . VIII. Verzeichniß der vom Königl. Leib- Infanterie - Regiment in den Feldzügen von 1812 , 13 und 14 vermißten und bis zum Mai 1815 nicht zurückgekehrten Mannschaften, mit Ausschluß des Leib-Grenadier- und ehemaligen Füfilier-Bataillons, deren 540 Nachrichten nicht eingezogen werden konnten IX. Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger- Detachements des • 548 Leib - Grenadier - Bataillons in den Jahren 1813-14 . Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger - Detachements des • 1. Bataillons in den Jahren 1813-14 . Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger - Detachements des 2. Bataillons in den Jahren 1813-14 . Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger - Detachements des • Füstlier-Bataillons im Jahre 1813 Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger- Detachements des • 1. Bataillons im Jahre 1815 Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger - Detachements des 2. Bataillons im Jahre 1815 Namentliches Verzeichniß des freiwilligen Jäger - Detachements des Füsilier -Bataillons im Jahre 1815 X. Namentliches Verzeichniß der sämmtlichen Officiere , welche seit dem 1. September 1808 bis zum 13. Auguſt 1859 aus dem Regiment geschieden sind . Rangliste der Officiere des 8. Infanterie- (Leib-) Regiments pro 1859
551 554 557
561 563 566
568 582
Erstes Buch.
Die Belagerung Colbergs im Jahre 1807.
1. Bedeutung und Zustand Colbergs im Jahre 1806. Schill's erstes Auftreten. Stiftung des Grenadier - Bataillons Waldenfels.
Mit Zuversicht hatte Preußen im Jahre 1806 seine Armee zum Kampfe gegen Napoleon ausziehen sehen ; mit Trauer und Ver zweiflung vernahm
es
nach wenigen Wochen die Kunde ihrer
Vernichtung , den Fall der stärksten Festungen , die Flucht des verlaſſenen Königs ; es sah den Zerstörer mit ehernem Fuß über die Heimath hinwegschreiten, an der Weichsel den letzten Reſt preußischer Macht zu vertilgen. Alle jene festen Plätze, welche entweder durch ihre Lage oder durch eine zahlreiche kriegstüchtige Besatzung das Vordringen des Feindes hätten aufhalten können , waren theils schnell gefallen, theils zu schwach besetzt, um es jetzt zu thun.
Der Feind bedurfte
weniger Truppen, um die bedeutendsten einzuſchließen, und damit zugleich jeden Volksaufstand im Keim zu unterdrücken , welcher von ihnen aus hätte geleitet werden mögen.
Namentlich in der
Mark und Pommern , im Herzen der alten Monarchie , fehlte es an solchen Punkten, welche elektrisirend, anregend wirken konnten. Es war da nur die einzige Festung Colberg vorhanden , welche in ihrer vom Zuge der feindlichen Heeresmaſſen entfernten Lage wenig Beachtung fand.
Bis in das Jahr 1807 hinein zeigte 1
2
sich kein Feind vor ihren Wällen.
Das war eine höhere Fügung.
Hätte Napoleon diesen Plaß sogleich nachdrücklich berennen laſſen, wer vermöchte zu behaupten, ob mit ihm nicht bald eins der letzten Bollwerke preußischer Macht gefallen und so der Muth geschwunden wäre , die preußische Sache überhaupt zu halten? Die Umstände der Zeit aber erzeugten hier statt der elek trischen eine magnetische Wirkung mächtigster Art. Colberg, 10 Meilen vom östlichen Ausfluß der Oder in die Ostsee, etwa 2000 Schritt vom Meeresstrande entfernt, beherrscht
M am Persantefluß einen seit Alters wichtigen Hafen.
Durch ihn
allein konnte Preußen , auf der weiten Strecke von Rügen bis Danzig,
mit seinen überseeischen
Verbündeten ,
England
und
Schweden, noch in Verbindung treten ; nur hier war Hülfe an
"" Streitern und Kriegsmaterial sicher ans Land zu bringen möglich. Dies war die hauptsächliche Wichtigkeit des Plages , der
S allerdings seine Beschaffenheit wenig
entsprach.
Die
Festung
% besaß eine schwache Umwallung , deren beste Deckung in einem Waſſergraben und in der Möglichkeit bestand , die umliegende Gegend unter Waſſer zu sehen ; so daß die Annäherung auf wenige, bestimmt vorgezeichnete, leicht zu vertheidigende Wege be schränkt wurde.
Das Nöthigste dazu war nicht geschehen und
ward auch vorläufig noch nicht ins Werk gesetzt.
Der Comman
dant, Oberst v. Lukadou , war ein 65jähriger , in den Anſichten der alten Zeit ergrauter Mann, der in seinen nächsten Gehülfen wenig Unterstützung , in seinen sonst höchst ehrenwerthen Grund fäßen aber vielfach das Hinderniß fand, außergewöhnliche Schritte zur energischen Entfaltung der Bedeutung der Festung zu thun. Die Besatzung bestand aus den dritten Musketier - Bataillonen der Regimenter v. Owstien und vac. v. Borcke, welche, von meist invaliden Officieren befehligt, auch noch so schwach waren , daß sie zusammen nur etwa 1400 Mann zählten.
Außerdem waren
wenige Kürassiere der Regimenter v . Bailliødz und v. Reizenſtein,
3
zwei Invaliden - Compagnien und 72 schlechte , schwach bediente Geſchüße vorhanden.
Es fehlte an Waffen und Bekleidung für
eine Vermehrung der Besatzung. So schwach war die Festung , daß der Feind es nur der Mühe werth hielt, durch einen Officier den Commandanten zur Uebergabe aufzufordern ; dieser wies jenen mit Verachtung zurück. Damit war vorläufig Alles abgethan und die Gefahr vorbei ; aber sie gerade blieb zu wünschen übrig.
Der Zweck der Festungen
erheischte auch hier , daß der Feind Kräfte gegen Colberg ver wendete , welche er dem Punkte der taktischen Entscheidung ent ziehen müßte,
und denen
man
auch Truppen außerhalb der
Festung entgegenstellen könnte ; aber diese zu schaffen, wußte man keinen Rath. Allerdings bemühte sich die Bürgerschaft Colbergs, patriotisch ergrimmt über die vorangegangenen Unglücksfälle, dem Comman danten zur Hand zu gehen.
Eingedenk des heroiſchen Beispiels
ihrer Vorfahren im ſiebenjährigen Kriege, hatte sie in diesen Erin nerungen ein theures Vermächtniß zu bewahren, die Ehre und den. Ruhm ihrer Vaterstadt.
Sie war sich dieser Pflicht vom ersten
Augenblick an bewußt.
Die Luft des Meeres hatte hier ein
festes und muthiges Geschlecht erhalten.
Ein kühner Seefahrer,
der alte Nettelbeck, war der heiße Sporn, der Alle zu hingebender Thätigkeit aufstachelte. eindringend ,
Unablässig auf den alten Commandanten
erregte man aber vielmehr bei ihm
eifersüchtige
Wahrung seiner Rechte , die er von keinem Unbefugten gehand habt wissen wollte.
Es entstand so ein dem Besten des Landes
und des Königs nicht dienlicher Zwiespalt. In diesem Conflict ereignete es sich, daß ein Officier des Re giments Königin- Dragoner, der Lieutenant Ferdinand v. Schill, schwer verwundet in die Festung kam, um sich heilen zu laſſen. Er war bei Auerstädt vom Pferde gehauen und hatte sich, unter stüzt vom Hauptmann v. Brause vom Generalstabe und dem 1*
4
Unterofficier Franz seines Regiments , bis Nordhausen, und von dort mit Noth nach Colberg gerettet. In dem Hause des Sena tors Westphal fand er liebreiche Aufnahme. Bald trug die Kraft der Jugend den Sieg davon ; schon am siebenten Tage nach seiner Ankunft konnte sich der nothdürftig Genesene beim Commandanten zum Dienst melden. Das Regiment Königin - Dragoner war schon Anfangs No vember mit etwa 20 Officieren und 400 Reitern - dem Rest von 1000 ――――― über die Weichsel gekommen , und es fehlte vor läufig die Aussicht , zwischen den feindlichen Truppen hindurch ihm nacheilen zu können.
Schill entschloß sich ,
ein Feld der
Thätigkeit in Colberg zu suchen. Die Katastrophe des Octobers hatte eine wunderbare Ver änderung in dem Wesen des jungen Mannes hervorgerufen. In seinem Regiment, in seiner kleinen Garniſon Garz hatte er still, düster, verschlossen gelebt ; man sagt auch, er habe nicht viel Eifer im Dienst gezeigt und keinen Zug führen können ; den Studien scheint er nicht obgelegen zu haben.
Das Urtheil über ihn lautete
ungünstig. Nun ward er plötzlich lebendig , als er hörte, daß in der Umgegend von Colberg noch von der vorjährigen Mobilmachung her bedeutende Vorräthe lägen, die nicht in Feindes Hand fallen durften. Er erhielt vom Commandanten auf seine Bitte, sie ein bringen zu dürfen, 6 Kürassiere zur Verwendung ; und wo Andere wohl spöttisch oder verlegt geworden wären , fand er nur um so mehr Anlaß, mit Geringem etwas zu leisten.
Es gelang ihm, auf
schnellen Ausflügen nach Treptow, Cammin und Wollin werthvolle Beute zu machen.
Namentlich glückte es ihm, mit Hülfe eines
braven Unterofficiers Poppe, mehrere französische Officiere ge fangen in Colberg einzubringen, und so sich das Vertrauen Derer zu erwerben, welche der guten Sache Opfer bringen wollten. Auf diesen Streifzügen war Schill vielen Versprengten und
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Ranzionirten begegnet, welche Willen zeigten, auch fernerhin ihre Pflicht zu erfüllen.
Es fehlte an sicherer Gelegenheit zur Armee
des Königs zu gelangen , und Schill ergriff den Gedanken , aus diefen Leuten eine Truppe zu bilden , welche zunächst die feind lichen Parteien so weit und so lange als möglich von Colberg zurückhalten und es mit Waffen und Vorräthen versorgen helfen sollten. Es mag wohl sein,
daß im Gespräch mit seinen neuen
Freunden er den Blick auch weiter auf die eigenthümlichen Ver hältnisse der Küstenstriche Pommerns gerichtet hat.
Eine nicht
unbedeutende Truppenzahl der Schweden stand in und um Stral fund , während schwedische und englische Schiffe in der Ostsee kreuzten und noch überall an den Küsten den preußischen Inter essen Unterstützungen aller Art leisten konnten. Wurden die Schweden thätiger offensiv , so konnte man mit ihnen über die Inseln Usedom und Wollin in Verbindung treten, und von dort aus Streifzüge auf beiden Seiten der Oder und Stettins machen, welche bedeutende Kräfte des Feindes auf sich ziehen mußten. Colberg selbst konnte noch immer ungehindert durch seinen etwa 2000 Schritt eutfernten Hafen mit dem Meere verkehren , von dort konnte man auf leichten Schiffen nach jeglichem Punkt der pommerschen Küste gelangen. Mögen nun die auf diese Verhältnisse gegründeten Pläne Schill's sehr solide gewesen sein oder nicht, genug war es schon, daß er sie ins Auge gefaßt hatte und nun von dem Comman = danten die Erlaubniß auszuwirken suchte, aus den Ranzionirten eine Truppe zu bilden und mit dieser der Macht des Feindes Abbruch zu thun, wo es nur möglich wäre. Denken wir uns in die Anschauung der Officiere aus Frie drichs des Großen Schule hinein , so wird es uns nicht sehr wundern, wenn der Oberst v. Lukadou den Bitten Schill's fein ausschließliches Gehör schenkte.
Jenem galt jede sogenannte Frei
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truppe für ein halbes militairisches Wesen ; man achtete sie nicht für wesentlich in der großen Entscheidung ; man eiferte gegen die laxe Disciplin , die in den alten Freibataillonen geherrscht hatte ; war doch selbst General Blücher ihnen nicht gewogen.
Obenein
wußte der Commandant sie nicht zu bewaffnen ; die Noth erschien ihm vielleicht noch nicht dringend genug.
Konnte er indeſſen auch
für Schill nicht viel thun, so war er ihm doch auch Anfangs nicht hinderlich, und gab ihm Mittel an die Hand , Streifzüge zum Besten der Festung zu machen. Schon am 10. November machte Schill jenen ersten Aus flug ; es folgten ihm mehrere kleine Unternehmungen, unter denen sich die auf Gülzow am 7. December besonders hervorhebt, da fie Schill's militärischen Ruf hauptsächlich verbreiten half.
Es
gelang ihm, vom Commandanten ein Commando von 10 Infan teriſten und 10 Reitern zu erhalten , mit denen er zunächst nach Naugardt eilte, um von dort aus eine bedeutende Kaffe in Goll now zu retten.
Nach glücklicher Ausführung erfuhr er auf dem
Rückwege, in Schnittriege, daß das anderthalb Meilen entfernte Gülzow vom Feinde beſeßt sei.
Es war Abend ; der Schulze des
Dorfes, ein treuer Patriot, wagte auf Schill's Bitten nach Gül zow zu reiten , um genauere Nachrichten zu bringen.
Bald kam
er mit der Kunde zurückgaloppirt, daß der ganze Ort von Feinden angefüllt sei.
Schill beschloß sogleich einen Ueberfall.
Er kam
unbemerkt vor Gülzow an, und fandte nun seine 10 Infanteristen auf den Kirchhof zu, ihn zu besetzen, während er selbst mit 4 Rei tern auf der Greiffenberger Straße in den Ort sprengte und 6 andere auf der Gollnower Seite eindringen sollten. Der Feind, durch einen Verräther, Namens Wolfgram, be dient, hatte Nachricht von einem Ueberfall erhalten und den Kirch hof besett; so kam es dort bald zu einem Feuergefecht.
Aber
unerschrocken sprengte Schill mit seinen Dragonern unter dem Ruf „ Kosacken vor! " nach Gülzow hinein, traf auf die meist noch
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unaufgefeſſenen Cavalleristen, verwundete deren Führer und jagte ſie nach Gollnow zu zurück. Jene 6 Reiter Schill's wurden zwar Anfangs umgeritten , sie seßten sich aber wieder und verfolgten die Feinde bis zum Dorfe Klemmen. Schill kehrte nun um und eilte nach dem Kirchhof, wo die noch im Gefecht ſtehenden feindlichen Infanteriſten — etwa 30 auf seine Aufforderung sich ergaben.
Eine andere Abtheilung,
gegen 20 Mann , hatte das Amt besetzt , den dahin führenden Weg aber durch den Schlagbaum
und
einen Wagen gesperrt.
Schill wandte sich auch dorthin, erhielt aber am Schlagbaum . Feuer, welches alle seine Pferde außer Gefecht setzte ; es bedurfte eines neuen Angriffs mit 4 Mann Infanterie , von denen noch drei verwundet wurden, um den Rest des Feindes zur Flucht zu zwingen.
Drei Gepäckwagen , mehrere Gewehre , 1000 Thaler
königlicher Gelder fielen in seine Hände. In solcher Thätigkeit unermüdlich, gelang es Schill, sich bald weit hinaus einen großen Ruf im Lande zu erwerben.
Allmählig
begann man zu hoffen, daß Preußens lezte Stunde noch nicht geschlagen habe, und von allen Seiten suchten sich alte, der Ge fangenschaft entronnene Soldaten ihm zuzugesellen.
So wurde
es möglich, die Wirkungssphäre der Festung Colberg bis gegen Stargard, Pyrik , Arnswalde , Schiefelbein , Cörlin auszudehnen, und auf vorgeschobene Punkte thätige und kühne Leute , wie die Unterofficiere Zoch, Poppe und Andere mehr, zu Unternehmungen ähnlicher Art mit einzelnen Posten zu stellen.
Gelang es auf
diese Weise , den Umkreis der Festung in weitester Ausdehnung für ihre Verproviantirung zu nußen , so fehlte es auch nicht an neuen Gefährten , welche Gefahren und Beschwerden mit dem kleinen Stamm Schill's theilen wollten.
Vor allen nennen wir
hier die Lieutenants v . Petersdorff, vom Regiment v. Borcke, und v. Blankenburg , vom Regiment v. Pirch, welche sich am 13. December Abends bei Schill in Greiffenberg einfanden. Der
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Erstere schloß sich als Adjutant an Schill ; der Andere hatte feine Umsicht nicht allein in dem dreimal wiederholten Versuch seiner Entweichung aus der feindlichen Gefangenschaft, sondern auch in einem Streifzuge nach der Insel Wollin gezeigt, von dem er eine bedeutende Zahl von Gewehren und anderem Kriegsmaterial in die Festung zurückbrachte. Hier hatte sich auch die Lage dadurch verbessert , daß auf Vorschlag des vom König gesendeten Flügel- Adjutanten, Majors Graf Gößen , der Hauptmann v. Waldenfels als zweiter Com mandant dem Oberst Lukadou zur Seite gestellt war, und sogleich die Organisirung der vielen anwesenden Ranzionirten thätig be wirkte.
Diese wurden einerseits zur Complettirung der dritten
Musketier - Bataillone benutzt ; sodann aber schritt man zur For mirung eines Grenadier - Bataillons und eines Füſilier - Bataillons aus mehreren Depots der magdeburgischen und
westphälischen
Füsilier - Brigade, aus Grenadieren , welche die Lieutenants von der Heyde und v. Normann gesammelt und anderen , welche sich freiwillig eingestellt hatten.
Zugleich ward eine Jäger - Com
pagnie unter dem Hauptmann v. Dobrowolsky, aus ehemaligen Yorkschen Jägern, errichtet. Auf solche Weise entstand das Grenadier - Bataillon von Waldenfels und das Füſilier - Bataillon von Möller. Die erste Rangliste des Grenadier - Bataillons v. Waldenfels war folgende : Commandeur : Hauptmann v. Waldenfels. Hauptleute : v. Jülich, v. Bülow, v. Hagen. Prem. - Lieutenants : v. Pestel, v. Normann, v. Pezoldt. Sec. -Lieutenants : v. Lüderik, v. d. Heyde, v. Lukadou, v. Grä wenig, v. Brandenſtein, v. Blankenburg, v. Zelewski, v. Röll, Schmidt, v. Fock, v. Jalowiecky, v. Diemar, Staack, Nettel beck, v. Podewils . Fähnrichs : v. Kobylinsky, v. Lisniewsky, v. Vietinghoff, Gaede.
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Regiments - Quartiermeister : Neumann . Regiments - Chirurgus : Heidrich. Es scheint aber, daß man bei dem Geschäft der Organisation wenig Rücksicht auf Schill's frühere und schon erfolgreiche Be mühungen genommen habe.
Kaum sah sich dieser in der Lage,
die täglich sich bei ihm Meldenden unter tüchtigen Officieren in eine Truppe zu vereinigen , so wurden ihm die Lieutenants v. Petersdorff und v. Blankenburg entzogen, um bei dem Grenadier Bataillon einzutreten , es blieb ihm nur die kleine Schwadron Cavallerie, mit welcher er sich in Greiffenberg festsette.
Auf diese
Weise wäre in jedem Andern Bitterkeit und Unlust zu weiteren Bemühungen hervorgerufen worden : es war aber nicht Schill's Sache sich durch Widerwärtigkeiten entmuthigen zu lassen.
Es
entstand ein Wetteifer, oder vielmehr eine Eifersucht , welche das allgemeine Beste förderte; denn nothwendig war es durchaus, daß auch die unmittelbare Befagung der Festung verstärkt wurde. Für dieſen rein defensiven Zweck waren mehr Mittel vorhanden, und weniger Besorgniß, die aufgewendete Arbeit durch irgend ein Un glück im freien Felde vernichtet zu sehen ; es lag auch im Intereſſe des Dienstes, die der strengen Zucht entwöhnten Soldaten wieder an die Entsagungen und Beschränkungen desselben zu gewöhnen. Man kann es daher nicht genug anerkennen , daß das Gouver nement von Colberg sowohl als Schill unablässig bemüht waren, die unbeschäftigten Kräfte der vielen im Lande vorhandenen Sol daten zu verwenden.
Ein vor Augen liegendes Beiſpiel läßt uns
deutlicher ihr großes Verdienst erkennen : es ist das Schicksal der im
November des Jahres 1806
aufgelösten hessischen Armee.
Diese, verhältnißmäßig sehr zahlreich, ihrem alten rechtmäßigen Landesherrn treu ergeben , und nur eines höheren Winkes har rend , aufs Neue für ihn und ihre Ehre die Waffen zu einem entscheidenden Kampfe zu erheben, war in Heſſen ohne Sold und ohne Thätigkeit zerstreut,
und
nährte das bittere Gefühl der
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Schmach, ohne einen Ausweg zu finden.
So führte sie allmälig
der Hunger und die Noth ins physische , ins moralische Elend, zu vollständiger Demoralisation.
Es kam ein trogiger, aufrühre
rischer Geist unter die Leute, welche ihrer Führer beraubt waren ; sie wollten sich nicht mehr unter die Schranken militärischer Disci plin einzwängen laſſen.
Der Muth und die Kampfluft der Sol
daten verzehrten sich allmälig im eigenen Feuer ; ihre Zuſammen künfte wurden zu wüsten Zechgelagen, und Ende Decembers war das hessische Land ein Abgrund der vollständigsten Anarchie *). Während nun so Schill für einige Zeit nach Greiffenberg mit 40 der bestausgerüsteten Cavalleristen entfendet ward und günſtigerer Umstände zur Erreichung seines hohen Zweckes in Geduld harren mußte - eine Lage, in die ihn vielleicht die Eifersucht älterer Officiere versetzt hatte ―――――――――― wollte der Hauptmann v. Waldenfels seine neuen Truppen prüfen und errang vom Com mandanten die Genehmigung zu einer Unternehmung nach der Insel Wollin. Schon zum zweiten Male war Lieutenant v. Blanken burg mit 40 Mann dahin gesendet worden , und mit 1 Officier und 19 Mann Gefangenen nach Colberg zurückgekommen.
Nun
am 5. Januar verließ Hauptmann v. Waldenfels Colberg mit 250 Mann Infanterie der beiden neuen Bataillone, 40 Pferden vom Küraſſier - Regiment Bailliodz, 20 Pferden Schillscher Ca vallerie und 4 reitenden Geschützen und ging nach Greiffenberg, woselbst sich 260 Mann vom 3. Musketier - Bataillon Owstien an schließen sollten. Nachdem man über 10 Meilen in 24 Stun den zurückgelegt hatte , langte man an der Diwenow an.
E8
sollten der Lieutenant v. Blankenburg mit 80 Mann Infanterie und 10 Jägern über Gauliß , der Lieutenant v . Grumbkow vom Bataillon v. Owstien mit ebenso viel auf Zobbin (oberhalb und
*) Vergl. Lynker , Geschichte der Insurrection in Heffen wider das west phälische Gouvernement.
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unterhalb Wollin) entfendet, um auf Kähnen über den Strom zu sezen, die Stadt bei Tagesanbruch von 2 Seiten her anzugreifen und so dem abwartenden Rest des Detachements den directen Uebergang nach Wollin zu ermöglichen. Die Franzosen hatten, mit der Situation durch einen gefan genen preußischen Ingenieur - Officier bekannt gemacht, kurz vorher Wollin durch ein Bataillon besett, auf dieses stieß man. Schon am Abend des 5. Januar hatten die beiden Seiten detachements sich in Bewegung gesetzt ; zwei Stunden später folgte das Gros.
Leider herrschte ein Mißverhältniß bei der Führung.
Der Major v. Jargow vom Regiment Bailliodz hatte sich als Führer der Cavallerie der Unternehmung angeschlossen , und der Hauptmann v. Waldenfels glaubte als Jüngerer es dulden zu müssen , daß der Major , der Disposition zuwider , sich mit der Cavallerie vor die Infanterie sette und zuerst in der Gegend vor Wollin anlangte. Als man hier die Meldung erhielt, daß der Uebergang unter halb bei Zobbin sich aus Mangel an Booten verzögern würde, daß jedoch die Zugbrücke bei Wollin niedergelaſſen, und das Thor offen sei, ſo trabte die Cavallerie , nach einigen nugloſen Erörte rungen zwischen Hauptmann v. Waldenfels und Major v. Jargow über die Art des Angriffs, über die Brücke. beiden Geſchüße ,
Es folgten ihr die
aber leider nicht am Langtau , sondern auf
geprokt. Der Feind steckte zwar noch in den Häusern und war über fallen, die Cavallerie aber zerstreute sich ; dies benußten die Fran zoſen, um aus den Häusern nach ihr zu schießen und sich zu ſam meln. Major v. Jargow fiel auf dem Markte tödtlich verwundet ; die beiden Geschütze , welche in der engen Thorstraße zum Ab proßen nicht umwenden, auch nicht kehrtmachen konnten , wurden schnell genommen, das Thor geſchloſſen, die Zugbrücke aufgezogen : außer dem Lieutenant Heinze und wenigen Küraſſieren waren die
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Uebrigen abgeschnitten und mußten sich unter namhaftem Verlust nach Zobbin retten. Nichts desto weniger war der Lieutenant v. Blankenburg, in der Frühe schon bei Gauliz über die Diwenow geſetzt, und durch das vorzeitige Feuer in Wollin bedenklich gemacht , entschlossen vorgegangen, da er auf den Lieutenant v. Grumbkow rechnete. Zwanzig Mann entfendete er gegen den linken Flügel einer feind lichen Abtheilung ,
welche die Windmühlenhöhe vor der Stadt
besezt hatte ; mit dem Rest griff er den rechten Flügel derselben
C
an, während seine beiden Tambours, hinter einem Hügel aufge stellt, Marsch schlugen. Der Feind floh ohne Widerſtand , und ließ die beiden eroberten Kanonen im Stich. Noch ließ Lieutenant v. Grumbkow nichts von sich hören ; doch das Gros beschoß nunmehr heftig das Thor an der Zug brücke ; und Blankenburg , in der Hoffnung zu dieſem Angriffe mitwirken zu können , ging gegen die beiden anderen Stadtthore vor.
Hier aber erhielt er heftiges Feuer von der Stadtmauer ;
der Feind ging selbst zum Angriff über ; das Detachement Blanken burg's mußte zurück, und wurde auf der Windmühlenhöhe theils getödtet und
verwundet , theils
gefangen ;
v. Zelewski entkam mit 5 Mann.
nur der Lieutenant
Die beiden Geschüße fielen
nochmals in die Hände des Feindes. Der Lieutenant v. Grumbkow war noch unglücklicher.
Er
hatte seinen Uebergang nur langsam bewerkstelligen können ; es war aber so viel Zeit verloren , daß , als er endlich einen nach Wollin führenden Damm überschreiten wollte, der Feind ihm dort schon mit den beiden Geſchüßen entgegentrat.
Grumbkow theilte
sein Detachement , da durch einen vorangegangenen Regen das Ueberschreiten des Dammes schwierig geworden war , und wollte dieſen umgehen ; inmitten dieser Bewegung ging der Feind selbst
C zum Angriff über, drängte die Preußen zurück und nahm schließlich fast die ganze Abtheilung, als sie sich in einem Boot retten wollte,
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gefangen.
Es gelang nur wenigen Jägern , Infanteriſten und
Cavalleristen sich durchzuschlagen. Sie wurden vom Steuereinneh mer Kayser, einem treuen und muthigen Patrioten , gesammelt und über die Diwenow gerettet. So scheiterte dieſe erſte Unternehmung höchst unglücklich mit einem Verlust von 4 Officieren 120 Mann und zwei Kanonen. Wenn auch noch Lieutenant v . Blankenburg mit einigen Gefan genen später glücklich entkam, so konnte dies den übelen Eindruck nicht schwächen, den der Oberst Lukadou erhalten hatte.
Es war
zu fürchten, daß er allen Unternehmungen, sowohl des Hauptmanns v. Waldenfels als des Lieutenants Schill, ein Ende machte, wenn nicht eine höhere Hand eingriff.
2. Stiftung des Schillſchen Corps. Die Gefechte von Stargard und Naugardt. Einschließung der Festung. Gefecht von Sellnow . Der Zulauf von Freiwilligen hatte auch im Januar nicht aufgehört.
Es gab Personen, welche mit großer Gefahr und hart
näckiger Ausdauer sich zur Aufgabe machten, alte Soldaten dies seits und jenseits der Oder zu sammeln und nach Colberg zu führen.
Unter ihnen nennt die Geschichte vornehmlich den Feld
webel Krätschel , welcher am 17. December 1806 mit 30 Mann, am 28sten mit 63 Mann, über die Oder ging, Waffen ſammelte und Alles theils zu Schill , theils nach Colberg brachte.
Beson
ders waren auch Forstbeamte in dieser Weise thätig ; der Forst meister Otto aus Stepenit schloß sich Schill in dieser Zeit an. Aller dieser vortreffliche Wille erhielt endlich eine Unter ſtüßung in den Bemühungen der pommerschen Stände. Sie baten direct des Königs Majestät die Errichtung eines Schillſchen Freicorps zu genehmigen. Dieser Bitte war ein günstiger Bericht des Generals v. Rüchel an den König vorangegangen , und Se. Majestät erließen an den
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General unter
dem
13. Januar 1807
folgendes
Allerhöchste
Schreiben *) :
11 Aus Eurem Bericht vom 8. d. M. habe Ich erfahren, daß " der Lieutenant v. Schill in der Gegend von Colberg und der " Graf Krockow in der Gegend von Danzig aus eigener Bewegung
"1, und ächtem Patriotismus Freicorps errichten , um dem Feinde nach Möglichkeit Abbruch zu thun.
",dem Vaterlande theuer.
Solche Männer sind jezt
Ihr könnt Ihnen Mein Wohlgefallen
„ mit dem Eröffnen zu erkennen geben ,
daß Ich dereinst ihre
Dienste in dem Maße erkennen würde, als sie durch ihre Unter nehmungen zur Beschleunigung eines ehrenvollen Friedens mit " wirken." „ Ueberhaupt werde Ich einen Jeden, der bei der gegenwär
" tigen Gefahr des Vaterlandes mehr thut , als seine Schuldigkeit „ und auf irgend eine Art dem gemeinschaftlichen Feinde nach ,,theilig wird, oder auch nur diejenigen , welche solchen Unter „ nehmungen durch Rath, That und Verschwiegenheit an die Hand ,,gehen, dereinst besonders auszeichnen und Königlich belohnen. „Ich mache es Euch zur angelegentlichen Pflicht, die Namen solcher "" Männer zu notiren und Mir nebst Bemerkung dessen , was sie "1, gethan haben, zu seiner Zeit darzulegen. ,,wenn Ihr den
Inhalt
dieses
Auch wird es gut sein,
Schreibens
durch zuverlässige
,,Männer unter der Hand bekannt machen lasset , wo davon Er ,,folg zu hoffen ist.“ Friedrich Wilhelm. Die Königliche Erlaubniß an Schill zur Errichtung eines Freicorps ist uns nicht (dem Wörtlaut nach) bekannt geworden ; er erhielt sie am 22. Januar zu Greiffenberg allerdings schon
*) In dem Kriegsarchiv , hinterlassene Corresp. des G.-F.-M. von dem Knesebeck. Leider hat Verf. den Bericht des Gen. v. Rüchel nicht auffinden können ; auch sind ihm die Allerh. Bestimmungen über die Errichtung der Truppen in Colberg unbekannt geblieben.
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etwas spät, da Napoleon alle disponibeln Truppen in der Mark und in Pommern zur Einschließung von Colberg in Bewegung gesezt hatte. Indessen wurde mit der Verbreitung eines Aufrufs nicht gesäumt, und Schill hatte den wunderbaren Erfolg, daß in fast 9 Tagen 4 Schwadronen ,
1 Jäger- und 5 Infanterie
Compagnien nebst 4 bespannten reitenden Geſchüßen bei Greiffen berg versammelt waren.
Welche hingebende Thätigkeit , welche
unermüdliche Geduld war dazu aufgeboten worden ! Wie hatte man, gleich Schäßen in Peru , Waffen und Ausrüstung gesucht ! Die Truppe war allerdings noch sehr bedürftig .
„ Der Zustand
„ der 4 Schwadronen ,“ ſagt_Schill *) , „ wie der übrigen , konnte „ natürlich fürs Auge nicht glänzend sein ; indeß was ihnen am 11 Aeußeren abging , ersetzte wieder dieser Anblick , daß man bei „ ihnen unverkennbar gewahr wurde, wie sich der Officier und „ Gemeine nur allein der guten Sache weiheten , dem Mangel ,,und anderen Hindernissen kein Gehör gaben und sich in ihrem ,,vorgesteckten Ziele nicht stören ließen." „ Ohne Sättel, Säbel, Pistolen, Gewehre, größtentheils nur
"1 mit Piken bewaffnet, reiheten wir uns in Gliedern mit der festen. "1 Ueberzeugung , daß in der Zeit, wo der Staat einem harten „ Schicksale unterworfen sei, man keinen Mangel irgend einer Art „ fühlen müſſe. Meine Leute hiefür zu beleben, ihnen hiefür einen 11 Sinn einzuflößen , mußte mein eifrigſtes Bestreben ausmachen, „ und war in der damaligen Lage die erste Nothwendigkeit. Wozu „ anders sollte ich meine Zuflucht nehmen ,
um Menschen, die
„siebzig Meilen weit vom Schlachtfelde flohen und welche die „ mindeſte Härte augenblicklich wieder verscheucht haben würde, „ die kein Wohlleben bei mir fanden , sondern nur den größesten „ Anstrengungen ausgesezt waren, mit was Anderem als solchen
*) In seinem Bericht über die Thätigkeit in den Jahren 1806 u . 1807 ; im Kriegsarchiv.
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11 belebenden Mitteln wieder zur Ordnung zurückzuführen ? „ Groß war indeß auch mein Lohn , als ich binnen Kurzem be „ merkte , nicht auf unfruchtbaren Boden gefäet zu haben, da bei ,,dem größten Theil der Individuen nur ein Wink nöthig war, ,,um mehr als ihre Schuldigkeit von ihnen erwarten zu können.“ Dieſen Worten ist zur Schilderung des Zuſtandes der Truppe wenig hinzuzufügen.
Empfindlich war der Mangel an guten Of
ficieren und brauchbaren Waffen; er ließ sich nach und nach er ſeßen ; schlimmer aber war das eifersüchtige Verhältniß zwiſchen der Commandantur Colbergs und dem Führer des Freicorps.
Es
gehörte Schill's Persönlichkeit, alle ſeine eiserne Beharrlichkeit, sein feuriger Eifer und seine großherzige Opferwilligkeit dazu, um über die Hindernisse fortzudrängen. Schill *) hatte sich in der Garniſon, als junger Officier, durch Pferdehandel einige tauſend Thaler er worben; er opferte Alles, um Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu schaffen. Getrieben von riesenhafter, fast unruhiger Thätigkeit, die durch keine Ermüdung zu bezwingen war, kannte er kein Ver gnügen als die Pflichterfüllung ; vielleicht liebte er es zu sehr, ins kleinste Detail des Dienstes einzugehen eine Eigenschaft, die in den gewöhnlichen oberflächlichen Begriffen von
einem Partisan
nicht vorkommt, aber doch unerläßlich ist. Er war von der Natur mit vielem Verstand und einer außerordentlichen Verschlagenheit begabt.
Leider war seine erste wiſſenſchaftliche Erziehung nicht
sorgsam genug , ſeine militärische Ausbildung zu lückenhaft ge weſen , als daß der in dieſem Kopf vorhandene Ideenreichthum einer strengen und stätigen Disciplin des Denkens hätte unter worfen werden können.
Dieser Reichthum der Ideen und Ent
würfe , ohne das Mark des Studiums , ließ ihn dann leicht erst wankelmüthig, ſpäter ſtarrsinnig werden .
Solche Mängel wurden
*) Nach den Schilderungen des Generals v. Lüßow und Bärsch's, welcher Leßtere Quartiermeister bei der Cavallerie, später bei dem 2. Brandenb. Huſ. Regt. war, ist dieses Bild Schill's entworfen.
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aber durch die Erscheinung völlig verdeckt.
Nicht nur die uner
schütterlichste Standhaftigkeit und feurigste Tapferkeit waren es, die ihm die verwandten Geister zuführten ; vielleicht noch mehr wirkten der freundlich offene Blick, der aus klaren braunen Augen sprach, das blühende volle Antlig, die kräftig schlanke Gestalt voll ritterlicher Anmuth.
Sein ganzes Wesen war mehr ansprechend
als imponirend ; ein reiches und tiefes Gemüth drückte sich in ihm aus. geben.
Dazu war ihm die Gabe kurzer, kraftvoller Rede ge
Selbst durchdrungen von dem , was er sprach, theilte er
seinen Enthusiasmus Allen mit , die ihm näher traten.
Er war,
was man populär nennt ; aber ohne die Zuneigung der Leute durch Mangel an der nöthigen Strenge und Festigkeit zu erkaufen. Im Organisationsgeschäft ſtand ihm zunächſt zur Seite Lieute nant v. Petersdorff, der zum Freicorps übertrat.
Erst vor
kurzer Zeit aus der so schmachvoll aufgelösten hannöverschen Armee in die preußische übergetreten, hatte er schnell die Sache des neuen Vaterlandes mit Eifer zur feinigen gemacht.
Die damals in Han
nover sehr bekannte und geläufige englische Sprache vollständig besigend, sollte er bald Gelegenheit haben, seine Kenntnisse höchst erfolgreich zum Nußen des Dienstes zu verwenden. Der Lieutenant v. Gruben vom Regiment v. Borcke über nahm die Errichtung der Infanterie.
Sie erreichte die Stärke
eines Bataillons in 4 Compagnien, unter den Lieutenants v. Falken hahn, v. Eggers, später noch v. Quistorp und Pestel ; der Haupt mann v. Arenstorff vom Regiment v. Borcke versuchte aus über zähligen Leuten ein zweites Bataillon zu formiren. Der Vollständigkeit wegen erwähnen wir der Bekleidung und Ausrüstung.
Anfangs trug Jeder, was er hatte; das erſte Glied
trug Piken, die hinteren Glieder waren mit Gewehren, die Jäger mit Büchsen bewaffnet. Im Monat März 1807 erhielt jede Com pagnie 20 kurze blaue Jacken mit rothen Kragen und Aufschlägen und einer Reihe gelber Knöpfe, graue Tuchhofen und Stiefeletten. 2
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Im April wurden die ersten Czakots gegeben, von schwarzem Filz, mit weißer Borte besetzt; als einziger Schmuck erschien dann noch ein schwarzer Federstuß und eine an der linken Seite hängende Quaste, deren Farbe nach den Compagnien weiß, grün, roth oder blau war.
Die Officiere schafften sich dann ähnliche Jacken mit
weißen Knöpfen ,
weiten Hosen und Bärenmüßen mit weißem
Federstuz an ; da sie im Gefecht Büchsen führten, trugen sie auch eine Patrontasche an silbernem Bandelier.
Das Abzeichen der
Unterofficiere bestand in schwarz und weiß durchwirkten Borten am Czakot.
Als im Juni die Bewaffnung vervollständigt ward,
trugen die Gemeinen die Bajonette in einem Futteral an der Seite; die Unterofficiere hatten Seitengewehre und Büchsen ; die Officiere Schleppſäbel in ledernen Scheiden. Die Fechtart war vorzugsweise die zerstreute.
Da man meiſt
gediente Leute hatte, war es leicht, sie einzuführen ; auch die vielen kleinen Unternehmungen unterrichteten darin.
Die bei dem Jäger
regiment und den Füsilier - Brigaden schon bekannten Hornsignale wurden auch hier gebraucht. ― - Die Zeit von Ende Januar bis Mitte Februar wurde in zwischen zu vielen kleinen Unternehmungen benutzt, bei denen sich namentlich der zur Schillſchen Infanterie getretene Steuereinnehmer Kayser, der Feldjäger Fischer, die Unterofficiere Zoch, Poppe, der Feldwebel Krätschel besonders auszeichneten. Die glücklichste dieser Unternehmungen war die Gefangennehmung des auf der Reiſe von Posen nach Stettin zur Uebernahme des Commandos der Belagerungstruppen gegen Colberg begriffenen französischen Ge nerals Victor (nachmals Herzog von Belluno) in Arnswalde durch den Unterofficier Moldenhauer vom Regimente Göt . Dieser Quer strich durch den feindlichen Calcul hatte die weitere Verzögerung der Belagerung zur Folge. Am 7. Februar musterte Schill bei dem von ihm befestigten Städtchen Greiffenberg seine Truppen. Die Infanterie zählte an
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700 Mann , die Cavallerie 3 Schwadronen , unter Lieutenant v. Diezelski ; 4 Geschütze hatte der Lieutenant Fabe mit vieler Mühe zu einer reitenden Batterie zusammengestellt. Von den verschiedensten Seiten her waren Aufforderungen zu einer größeren Unternehmung an Schill gelangt ; es fing an im Lande zu gähren, jenseits der Oder rechneten patriotische Gemüther auf seine Mitwirkung zu einer Insurrection.
Er war nicht der
Mann auf sich warten zu lassen. Zunächst suchte er wieder Wollin in seine Gewalt zu bekommen , doch war der Strom noch offen ; er ging auf die Nachricht von dem Vorgehen feindlicher Truppen nach Naugardt und suchte das Amt daselbſt, auf einer See - Insel belegen, zu befestigen, damit es als fester Punkt für Streifereien und Depots dienen könne. Hier erfuhr er, daß gegen 700 Ran zionirte aller Waffen sich bei Oderberg versammelt hätten, um über die Oder zu ihm zu gehen, daß sie aber durch die feindliche Be ſazung von Stargard daran verhindert würden.
Letztere sollte
nur aus 600-700 Mann italienischer Infanterie, unter General Bonfanti, bestehen, welche noch gegen Oderberg detachiren mußten. Er beschloß Stargard zu überfallen und jene Ranzionirten an sich zu ziehen. Der Lieutenant von Blankenburg, vom Gouvernement Col bergs beim Beginn der Organiſation des Freicorps mit 150 Gre nadieren , 10 Jägern zu Fuß , 20 Mann Cavallerie und einem 6pfündigen Geschütz nach Treptow entsendet, um die dortige Ge gend zu schützen, wurde ersucht , nach Kräften der Unternehmung seine Hülfe zu leihen. Nach seinem auf genaue Kenntniß der Oert lichkeit (er hatte lange in Stargard geſtanden) gegründeten Rath ward am 15 ten Mittags folgende Disposition zu der Unternehmung auf Stargard entworfen: „ Das Corps bricht am 15ten Abends 7 Uhr auf und mar „schirt in der größten Stille bis vor die Thore von Stargard. 2*
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,,Die dazu noch zu bestimmenden Detachements umgehen einen ,,Theil der Stadt und suchen durch die in der Stadtmauer be „ findlichen kleinen Pforten einzudringen, während die Infanterie „ Avantgarde des Hauptcorps mit Aerten und Hebebäumen das „ Wallthor öffnet und behauptet. Die Schüßen werfen sich in die ,,daran stoßenden nächsten Häuser und fassen dort Posto.
Die
,,Cavallerie sprengt in die Stadt, um das Zusammenkommen des „ Feindes zu verhindern.
Die Hauptcolonne der Infanterie folgt "1rasch im Sturmschritt der Cavallerie und setzt sich auf dem
,,Markte fest, von wo aus sie in alle Straßen und nach dem "1‚Commandanturhauſe Commandos abschickt.
Die Artillerie bleibt
,,bis auf weitere Ordre unter Bedeckung des Soutiens außerhalb ,,der Thore bei den Windmühlen aufgefahren.
Die Jäger mar " schiren sogleich ab nach dem Ihnazoll, besetzen diesen mit einem Detachement und ziehen sich dann auf der anderen Seite der
„ Ihna in die waldige Gegend , um ein etwa von Stettin_heran ,,rückendes feindliches Soutien zu beschäftigen." Demzufolge ward der Volontair Fischer zur Ablösung des Lieutenants Kayser an den Ihnazoll entsendet ; der eben aus öſterreichischen Dienſten übergetretene Hauptmann v. Resten blieb mit 50 Mann in Naugardt.
Das Ganze setzte sich bei dunklem
regnichtem Wetter in Bewegung.
Da von Naugardt bis Star
gard 5 Meilen sind , so hatte man 11 Stunden Nachtmarsch zu machen, ehe man in der Nähe Stargards anlangte. Stargard hat eine alte Stadtbefestigung, bestehend aus einer Mauer, deren Fuß von hervortretenden Thürmen sehr gut be schossen werden kann.
Vor dieser Mauer lag ein Wall und ein
breiter Graben , welcher gerade auf der Seite nach Naugardt zu voll Wasser war.
Alle Wege von Norden und Nordosten ver
einigten sich am Eingang eines Dammes , und zwar so , daß sie in Hohlwegen den Thalrand der Ihna herabführen , bei einer Windmühle vorbei.
Der Damm seht
nun
etwa 400 Schritt
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weit, durch Gärten auf der einen Seite begleitet , über Moor wiesen bis zur Brücke über die Krampehl, ein Flüßchen, welches unterhalb der Stadt in die Ihna geht, und hier eine Waſſer mühle treibt.
Weiter geht man etwa 350 Schritt zwischen Häu
sern und Gärten zur Brücke über einen Entwässerungsgraben, dann durch eine über 200 Schritt lange Vorstadt zur Brücke über den östlichen Arm der Ihna, von dort zur Stadtmauer mit dem Wallthor.
War man einmal auf dem Damm, so war kein
Ausweichen mehr möglich, man mußte vor oder zurück.
Als sich Lieutenant Blankenburg mit der Avantgarde , aus einem Theil seines Commandos gebildet , der Vorstadt näherte, ging der Unterofficier Heidenreich einige hundert Schritt voraus, erreichte im Morgennebel das Thor und sah durch eine Spalte den. Posten vor dem Gewehr forglos herumgehen ; es war Alles ruhig. Bevor noch aber eine Meldung zurückkam, sprengte plötzlich eine Cavallerie - Patrouille von etwa 20 Mann heraus und trabte gegen den Damm vor.
Sie kam sehr bald gerade auf einen
quer über die Straße gestellten Zug zu , und es war nicht zu vermeiden , daß Feuer
auf sie gegeben wurde.
In demselben
Augenblick hörte man in der Stadt die feindlichen Lärmtrommeln. Es war schon von Naugardt aus ein Kundschafter des Feindes der Expedition mit der Nachricht ihrer Annäherung vorausgeeilt, und der General Bonfanti hatte schleunigst noch ein italienisches In fanterie-Regiment nach der Stadt gezogen. war vereitelt.
Die Ueberraschung
Schill aber wollte noch einen Versuch machen ; er
ließ sogleich die Cavallerie, welche hinter der Infanterie des Gros marschirte, vorholen , damit sie, den feindlichen Reitern auf dem Fuß folgend, mit diesen zugleich in die Stadt dringen und der Infanterie ein Loch machen könne.
Leider war sie noch im Hohl
wege; ehe sie sich hervorgewunden hatte , war das Eindringen schon unmöglich gemacht. Der Lieutenant Blankenburg ging mit den Grenadieren aufs
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Thor zu, doch in der Verwirrung waren Aexte und Beile nicht gleich zu finden, und ehe man mit ihnen ans Werk ging, erhielt man von der Mauer ein so heftiges Feuer, daß die Grenadiere sich in die nächsten Häuser warfen und den Kirchhof in der Nähe mit 20 Mann besetzten.
Die 4 Geschüße sollten versuchen das
Thor einzuschießen ,
aber dies gelang nicht. Nach einem ganz vergeblichen und unnügen Gefecht von einer Stunde war der größte Theil der Bedienung verwundet, das Feuer der Infanterie matt geworden, der Volontair Kayser war zu spät vor dem Jo hannisthor eingetroffen, um noch eingreifen zu können ; das Signal zum Rückzuge mußte gegeben werden. Der Feind war indessen vorgedrungen, und sein Feuer sette den Artilleriſten und Knechten so zu , daß die Geſchüße durch Infanteristen mit genauer Noth zurückgebracht wurden. Der Rückzug ward bald übereilt ; nur dem tapferen Beispiel Schill's und der Officiere, besonders der Lieutenants v. Gruben, v. Falken hahn und Fabe, gelang es, ihn in ein ruhigeres Tempo zu bringen. Auf den Windmühlenhöhen sette man sich nochmals ; der Feind ward bei einem Versuch, durch die Gärten vorzubrechen, von dem Lieutenant v. Petersdorff, der des verwundeten Lüzow's Schwa dron führte, zurückgeworfen.
Das Alles kostete natürlich Leute
und Pferde ; es mußte weiter gewichen werden , und der Rück zug ward, ohne daß der Feind ernstlich nachzurücken wagte, über Massow nach Naugardt fortgesetzt. - Die Volontairs Kayser und Fischer verließen noch rechtzeitig ihre Posten und trafen etwas später in Naugardt ein. Die Erfahrungen waren sehr bitter gewesen. Nicht nur, daß Gewehre sich als fast unbrauchbar erwiesen hatten, meisten die ſondern auch die Verluste waren höchſt beträchtlich. Man zählte über 80 Mann todt oder verwundet, unter letteren die Lieutenants v. Lüzow , v. Eggers , v. Lisniewski. 80 nach Greiffenberg zurück.
Von 150 Pferden kamen
Am Gefährlichsten war aber der
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Rückschlag, den die Stimmung und das Vertrauen der Leute auf ihren Führer erlitten.
Als sie in Naugardt am Morgen
des 17ten ankamen , wirkten die ungeheuren Anstrengungen der lezten Tage, das schlechte Wetter , das erlittene Unglück so ver derblich, daß die Meisten am Ziel ihrer Kräfte waren und wie entseelt sich der Erschöpfung überließen.
Gefechte und Sturm von Naugardt. Schill hatte in Naugardt seine Beförderung zum Rittmeister und den Orden pour le mérite erhalten.
Diese Nachricht er
freute seine Gefährten, und trug etwas dazu bei, die schnell ent standenen Zwistigkeiten unter Officieren und
Mannschaften zu
heben ; es hatte aber nicht vermieden werden können, daß sich die Mehrzahl in der Stadt zerstreute ,
um Ruhe und Schutz vor
einem heftigen Schneegestöber zu suchen.
Nur einige Mann
schaften befanden sich auf dem Markte , um neue Munition zu empfangen , während Schill mit den Officieren aufs Amtshaus gegangen war, um über das Weitere mit ihnen zu reden.
Es
war so 2 Uhr Nachmittags geworden , als plötzlich Lärmruf und gleich darauf Gewehrschüsse erschallten. Der Feind war mit einem Bataillon von Stargard aus langsam gefolgt, hatte eine isolirte Cavallerie-Feldwache aufgehoben, ſo eine eilige Benachrichtigung von seiner Annäherung verhindert, und drang nun unbemerkt gegen das Pyrizer Thor vor , deſſen Wache ihm den ersten Widerstand entgegensette.
Der Lieutenant
v. Falkenhayn mit den eben versammelten Mannschaften warf sich nach dem Thor, um die Tirailleurs aufzuhalten ; der Rittmeister v. Schill und der Lieutenant Gruben suchten die in der Stadt Zerstreuten zu sammeln und nach dem Amt zu führen. Das Amt liegt nordöstlich der kleinen Stadt auf einer kleinen, etwa 200 Schritt im Durchmesser haltenden Insel des moraſtigen Sees von Naugardt, zu welcher man nur von der östlichsten
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(Greiffenberger) Vorstadt über einen Damm gelangt, welcher den schmalsten Theil des Sees durchschneidet.
Der Umfang der Insel
ist durch hohe Erdwälle befestigt, die man kurz vorher am Aus gange noch mit 2 Geſchüßen besezt hatte, während der Damm durchstochen und der Durchstich mit Brettern zur Erhaltung der Verbindung überdeckt worden war. Diese Insel war der einzige sichere Zufluchtsort für das Corps , wollte es nicht in erneuter Flucht seine Ehre und seinen Bestand in Frage stellen. Gleich Anfangs
war der Volontair Kayser, welcher mit
100 Mann nach Cammin hatte abmarschiren sollen , umgekehrt, hatte sich auf Schill's Befehl ins Amt geworfen , und versuchte sogleich die Bretter über dem Durchstich wegzunehmen , während die übrige Infanterie , nach Verlust eines auf dem Markt auf gestellten Geschüßes, gegen Greiffenberg hin zurückzog.
Kaum aber waren Kayser's Leute auf der Insel, so erschienen auch schon die Tirailleurs des Feindes mit lebhaftem Feuer, noch ehe die Bretter beseitigt waren. wenig Freunde;
Eine so gefahrvolle Arbeit fand
Schill selbst machte sich mit dem Lieutenant
v. Petersdorff und dem Volontair Kayser entschlossen daran, und es gelang glücklich ; er ward hierbei leider am Arm verwundet. Die beiden Geschüße, von denen das eine im Eingange, das andere links desselben, jedoch am Fuße des Walles, postirt wor= den war, standen dem feindlichen Feuer sehr ausgesetzt, ebenso die hinter den unvollendeten Brustwehren zu beiden Seiten des Ein ganges aufgestellte Infanterie.
Die Bedienung des letztgenannten
Geschützes war bald größtentheils getödtet oder verwundet ; als auch der Feuerwerker Erkert, der es zuletzt bedient hatte, schwer verwundet fiel, schwieg es.
Es blieb nur noch das Geschüß im
Eingang als eine mächtige Hülfe der Vertheidigung , da es mit Kartätschen eine mörderische Wirkung auf die dem Damm sich nähernden Feinde ausübte.
Aber auch hier mähte der Tod Schnitt
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vor Schnitt die Garben ; den letzten der tapferen Kanoniere, Ma runge, mußten Schill, Petersdorff und Fabe noch unterstützen. Gegen 5 Uhr Nachmittags, beim Einbrechen der Dunkelheit, ließ das Feuer des Feindes nach, er sah seine Angriffe erfolglos ; die mittlerweile gesammelte Schillsche Cavallerie ging wieder vor, um zur Seite und mit der Infanterie unter Lieutenant v. Falkenhayn zum Angriff zu schreiten.
Dem weichenden Feinde folgte der
Unterofficier Zoch mit seinem Zuge Cavallerie , nahm ihm das Geschütz wied❤ ab, und bald nöthigte man durch heftiges Drän gen die bisherigen Angreifer zum entschiedenen, aber doch geord neten Rückzuge.
Die Dunkelheit setzte der Verfolgung ein Ende ;
man hatte noch 1 Stabsofficier, 5 Officiere und 45 Mann zu Gefangenen gemacht.
Leider kostete aber dieser Tag auch den
Preußen 16 Todte 37 Verwundete, unter letteren Schill und der Hauptmann v. Resten. Die Lage des Corps war aber doch eine sehr gefährliche geworden.
Sein Führer war gefechtsunfähig gemacht ; die Mu
nition war, ebenso wie die physischen Kräfte der Leute, erschöpft ; auch kamen neue Nachrichten , daß der Feind mit 4000 Mann Infanterie, 1 Regiment Cavallerie und 16 Geschützen sich nähere. Ein Bleiben war unmöglich ; das Corps ging nach Greiffenberg hinter die Rega zurück , um sich herzustellen , jedoch wurde der Lieutenant Fabe mit einigen Leuten im Amt zurückgelaſſen , um den Feind hier etwas aufzuhalten.
In der Nacht zum 18ten
trat man bei entsetzlichem Wetter und in grundlosem Wege den Marsch nach Greiffenberg an. Der Lieutenant Fabe hatte nach seinem eigenen Bericht im Ganzen 10 Schüßen, 31 Musketiere, 1 Unterofficier und 8 Kano niere mit 2 3pfündigen Geſchüßen zur Disposition ; der Mann besaß etwa 6-7 Patronen, und es waren auch noch 16 Commiß brote als Proviant vorhanden. Was man mit dieſer Besagung und Ausrüstung sich, einem gerade 100mal überlegenen Feinde gegen
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über , der im Anrücken war , gedacht hat , ist schwer zu ersinnen. Das Urtheil aller erfahrenen Militärs jener Zeit hat sich auch über diese Maßregel Schill's tadelnd ausgesprochen.
Um so mehr
muß man den Muth und die Ausdauer des so heldenmüthigen Fabe bewundern , der
auf einem vollständig verlorenen Poſten
Alles that, um wenigstens mit Ehren zu sterben.
Seinen wenigen
Leuten war ihre Lage auch so einleuchtend, daß ihr Muth zweifel haft wurde; als aber Fabe ihnen einen Anker Branntwein zum Besten gab, schwanden die Sorgen und sie hielten sich nun für unüberwindlich.
wie er sagt,
Zunächst gelang es nach wiederholter Bemühung des patrio tischen Bürgermeisters Linde gegen 4 Uhr Morgens 50 Arbeiter mit Laternen zu erhalten, welche den Durchstich im Damm ver tieften, die Brustwehr am Eingang erhöhten und verstärkten, den Eingang selbst durch eine Brustwehr sicherten.
Mitten in dieſen
Arbeiten aber ward man durch das Anrücken des Feindes gestört. Etwa 200 Landleute , welche zum Schanzen nach dem Amte be= ordert , jedoch eben wieder vom Lieutenant Fabe zurückgeschickt worden waren, wurden vom Feinde in der Nähe des Amtes mit Gewehrfeuer begrüßt und flohen eiligst in die Gebäude desselben zurück. Da auch kurz vorher zwei Befehle von Schill angekommen waren, das Amt aufs Aeußerste zu halten , so mußte nun der Kampf von 2 Geſchüßen und 41 Gewehren gegen 3 Regimenter und 16 Geschüße angenommen werden. Gegen 8 Uhr begann ein heftiges Artillerie- und Tirailleur feuer gegen das Amt.
Während Lieutenant Fabe das Feuer der
beiden Geschüße in seiner Gewalt hatte, konnte er nicht verhin dern, daß die Infanteristen vor der Zeit , d. h. früher als gegen einen wirklichen Sturmangriff, ihre Munition verbrauchten. Gegen 10 Uhr war die Bedienung der links des Eingangs stehenden Kanone theils getödtet , theils verwundet : der Feind rückte zum Sturm vor.
Auf 200 Schritt empfing
ihn Fabe
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mit der ersten Ladung , einem Kartätschschuß und Kugelschuß zu sammen.
Ein zweiter Kartätſchschuß schreckte den Feind ab ; ebenso
erging es ihm bei seinem zweiten und dritten Sturmverſuch. Das feindliche Tirailleurfeuer jedoch raffte nach und nach auch die Bedienung der zweiten Kanone weg ; es wurden Infan teriſten zu Hülfe genommen, und troß der langsameren Bedienung gelang es, den Feind noch einige Zeit zurückzuhalten. Gegen Mittag war die Infanterie - Munition ganz ausge gangen und Fabe hatte nur noch drei Schüsse , als der Feind zum vierten Sturm sich anschickte. Beim Ueberschreiten des Durchstichs erhielt er die lezte La dung, erstieg aber nun unaufhaltſam die Brustwehr.
Was von
deren Vertheidigern noch übrig war , floh ins Amtshaus ; der Feind, erbittert durch den langen Widerstand, erbrach die Thüren und Fenster, richtete durch dieselben ein mörderisches Feuer auf die im Hause zuſammengepreßten Wehrlosen , drang dann hinein und wüthete nun mit der blanken Waffe unter den Unglücklichen, bis endlich der feindliche General Teuillé seinen Officieren befahl, diesem Gemetel ein Ende zu machen.
Er hatte erst spät erfahren,
daß fast nur Landleute dort versammelt seien.
Auch glaubte der
Feind gegen die zusammengelaufenen Bauern ein Exempel statuiren zu müssen. So ging das Amt Naugardt nach einer mit wahrhaft heroi scher Festigkeit geführten Vertheidigung verloren.
Ein Artikel im
Moniteur zeigte, welchen Werth der Feind auf seinen Erfolg legte. „ Die starke Festung Naugardt," hieß es, „ ſei mit Sturm genom „ men ; von Kanonen ſtarrende Befestigungen habe man gestürmt ; „ die Preußen hätten 100 Mann an Todten, 300 an Gefangenen
11 und 6 Kanonen verloren." Auch zwei Fahnen habe man erbeutet : es waren die Fahnen des friedſamen Naugardter Schneidergewerks. In der That waren fast alle Soldaten und 59 Schanzen arbeiter getödtet ; die Ueberlebenden wurden zu Gefangenen ge
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macht, unter ihnen der tapfere Fabe, dessen That an Leonidas erinnert.
Viele von ihnen entkamen, wie Fabe, auf dem Trans
port nach dem Westen. Alle Versuche Schill's , von bringen , waren vergeblich gewesen.
Greiffenberg aus Hülfe zu Er mußte die Unglücklichen
ihrem Schicksal überlassen , sich nach Treptow zurückziehen , und zur Heilung seiner Wunden endlich nach Colberg abgehen , nach dem der Lieutenant Petersdorff das Commando des Corps über nommen hatte.
Dieses war nicht mehr in einem Zustande , der
zu großer Hoffnung auf seine Gefechtskraft hätte berechtigen können. Man mußte die Stellung von Greiffenberg aufgeben und nach Treptow zurückgehen.
Als der Feind seine Maſſen näher
schob, ward eine neue Aufstellung hinter dem Spiebach,
Meilen
von Colberg, genommen, während einige vorgeschobene Posten die Annäherung des Feindes 1 Meile vorwärts hinter dem Kreyher bach beobachteten.
Am 1. März mußte, troß der größten Wach
ſamkeit, auch diese Aufstellung verlaſſen werden ; das Corps ging hinter die Bruchniederungen zwischen Sellnow und
Colberger
Deep zurück. Die Ruhe, in die es so versetzt war, ward zur Retablirung benugt ; man löste das im Entstehen begriffene zweite Bataillon auf und füllte damit die Lücken des ersten aus ; zugleich fanden sich auch noch mehrere Officiere ein , die Lieutenants Pestel, v. Rüllmann , v. Pannwiz , v. Quistorp und v. Hertel ; so daß die Rangliste des Officiercorps der Infanterie am 24. April folgende war: Commandeur : Lieut. v. Gruben. Compagniechefs : Lieut. v . Rüllmann , v. Quiſtorp , v. Falken hahn, v. Pannwiß.
Lieutenants : v. Sydow, v. Gruben II., v. Eggers, v. Hertel. Fähnrichs : v. Mach I., v. Franckenberg, v. Wedell, v. Mühlen fels, v. Mach II.
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Die Jäger - Compagnie hatte : Hauptmann Otto, dabei der Hauptmann v. Arenstorff und die Lieutenants v. Koc , v. Blottniß , Jäde und die Volontairs Kayser und Fischer. Die Artillerie commandirten der Lieutenant Schaale und Lieute nant Fabe. Bis dahin hatte die Infanterie nur 6 Officiere gehabt ; zwei von ihnen waren bei Stargardt verwundet ; die sehr tüchtigen Feldwebel Krätschel und Poppe hatten Officiersdienste thun müſſen. Der Schillschen Infanterie fiel nun zunächst die Aufgabe zu, die westlich der Persante liegende Stellung von Sellnow zu ver theidigen. Es ist dies ein, durch ſumpfige und moorige Wiesen striche, die sich von der Persante bei Sellnow bis Alt- und Neu Borck ziehen , und dann sich zum Meere wenden , etwa 1 Meile ausgedehnter Abschnitt, zu welchem zu jener Zeit nur auf 2 Däm men zu gelangen war, welche bei Sellnow und Neu - Borck liegen. So wie aber der Uebergang bei Sellnow vom Feinde genommen war, mußte die ganze Position verlassen werden und die Besazung sich nach Colberg zurückziehen, wenn ihre Detachements nicht im Rücken angegriffen werden sollten.
Die Bemühungen des Schill
schen Corps, diesen Abschnitt so lange als möglich zu halten, wurden durch die schlechte Jahreszeit und die außerordentlichen Anforderungen an die Wachsamkeit jedes Einzelnen ,
durch die
mangelhafte Bekleidung und Verpflegung unglaublich erschwert, und es mußte gerade der Erfüllung dieser Aufgabe wegen den Führern und Soldaten der höchste Dank gezollt werden. Wieder holt griff der Feind bei Sellnow und Neu - Borck erfolglos an, zugleich aber gelang es ihm auf der Oſtſeite der Persante Fort schritte zu machen, und als plößlich eingetretener Frost die Brüche gangbar machte, versuchte er in der Frühe des 19. März einen kräftigen Angriff auf Sellnow.
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Gefecht von Sellnow. Die Besatzung des Dorfes Sellnow bestand aus der Schill schen Compagnie Pestel , einem Detachement des 3. Bataillons v. Borke, unter Lieutenant Valentini, im Ganzen 240 Mann, mit 3 Kanonen, welche in Verschanzungen aufgestellt waren.
Schill
hatte am Tage vorher den Lieutenant v. Gruben mit einer Com pagnie nach Colberger Deep zur Wegnahme eines feindlichen Postens entsendet , und dadurch Sellnow so geschwächt , daß als der Feind mit großer Uebermacht von allen Seiten gegen den Damm und einen kleinen vorgeschobenen Posten vorging, die Be satzung nicht lange widerstehen konnte und unter Zurücklassung einer Kanone den Rückzug antreten mußte. Der Feind folgte in der Dunkelheit , breitete sich auf der Ebene vor Colberg aus , und bemächtigte sich eines westlich der Persante liegenden befestigten Poſtens, des Gradirwerkes : es ward die Gefahr immer größer, daß er alle einzelnen Poſten des Schill schen Corps ganz von Colberg abschnitte und sie einzeln vernich tete. In dieser kritischen Lage, da von der Festung aus sich keine Hülfe zeigte , machte Schill die Bitte, ihn mit der Haupt- und Gelder -Thorwache und anderen Freiwilligen zu unterſtüßen ; die Commandantur schlug das ab ,
und um seine Gefährten nicht
Preis zu geben, wagte er es, in der Festung Allarm schlagen zu laſſen.
Der Hauptmann v. Waldenfels rückte sogleich mit 2 Gre
nadier - Compagnieen heraus , während das Geschüß der Wälle dem Feinde Schranken zu sehen suchte. Dem Hauptmann v. Waldenfels schloß sich die Sellnower Besatzung an ; der Lieutenant Gruben hatte noch schleunig genug die nach Colberger Deep entsandte Compagnie zurückrufen und in die linke Flanke des Feindes führen können ; die Detachements kamen ebenfalls heran : so gelang es noch, den Feind nach einem sehr heftigen Gefecht auf Sellnow zurückzudrängen.
Ein umfas
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fender Angriff mit Tirailleurs zwang ihn , sein Geschütz zurück zuziehen und die Höhen vor Sellnow zu räumen. In Betracht der durch den Frost verursachten Schwierigkeit, den Posten von Sellnow ferner zu behaupten , entschlossen sich Schill und Waldenfels , den Rückzug gegen Colberg anzutreten, während der Feind durch 2 Geschüße und eine Grenadier - Com pagnie in Respect gehalten ward. Die übrigen Detachements in Alt- und Neu - Borck waren ebenfalls angegriffen worden ; der Lieutenant Kayser hatte noch rechtzeitig die Gefahr erkennen und sich auf Schill zurückziehen können.
Leider aber hatte sich der Lieutenant Quiſtorp zu lange
aufgehalten , er wurde von feindlichen Reitern auf dem Rückzuge umringt und konnte sich mit nur einem geringen Theile seiner Mannschaft retten. So waren die Verluste wiederum nicht unbedeutend gewesen ; es sind allein 4 Officiere verwundet worden.
Aber Alles hatte
sich mit Hingebung und Ausdauer benommen ; selbst die Bürger schaft Colbergs hatte in Hülfsleistungen gewetteifert ; der Eindruck des Gefechtes war ein freudiger gewesen.
3. Die Maikuhle. Einschließung der Feftung. Das zweite pommersche und das dritte neumärkische Reserve - Bataillon. Ankunft des Majors v. Gneisenau. Fortan war es nicht mehr möglich, eine weitere Ausdehnung zu wagen, da der Feind auch auf dem rechten Persante - Ufer mit Macht vorgedrungen war.
Colberg war auf ein geringes Terrain
beſchränkt und es kam Alles darauf an, den Feind so lange als möglich fern vom Hafen zu halten .
Einzelne schwache Verschan
zungen waren auf der Westseite, jenseits der Persante, vorhanden ; ſie genügten aber nicht zu einem nachhaltigen Widerstande. Aufs Schleunigste mußte die Mündung des Flusses bewahrt werden, und dies geschah durch die leider bis dahin ganz vernachlässigte
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Befestigung der Maikuhle , eines Kiefernbusches an dem linken Ufer der Persantemündung. Mit besonderen Schwierigkeiten hatte man auch hier wegen des Flugsandes zu kämpfen , aus dem der Boden gebildet war ; jeder Sturm verwehte die Werke, wenn sie nicht mit besonderen Hülfsmitteln haltbar gemacht wurden. Auch die Geschüße waren schlecht , die man auf die Werke führte. Solchergestalt hatte die Schillsche Infanterie während der ganzen Belagerung unablässig ihre Kräfte an der bloßen Erhaltung der Befestigungen zu erschöpfen ; und es ist hervorzuheben , daß die Mannschaften diese große Arbeit vollführten , ohne die ihnen ge botene Vergütigung anzunehmen.
Ein Wink von Seiten der Of
ficiere über die traurige Lage der Staatskaſſen hatte dieſes Opfer sogleich erlangt.
Mehr noch ist die Ausdauer zu rühmen , mit
welcher die Schillsche Infanterie in den täglich sich wiederholenden Gefechten auf der Westseite der Festung sich schlug , während sie mit allen Unbilden der Jahreszeit bei mangelhafter Verpflegung und Unterkunft zu kämpfen hatte. Wäre der solchermaßen allmälig fühlbar werdende Verlust leicht zu decken, dem Mangel an Munition und Nahrungsmitteln in der Festung abzuhelfen, wäre vor allen Dingen der Comman dant im Stande gewesen , den Fortschritten des Feindes auf der Oftſeite derselben Schranken zu setzen, so konnte man auf ihre längere Erhaltung rechnen.
Aber gerade das Lettere, und dies
war das Bedürftigste, blieb aus ; der Zuſtand der Werke auf jener
+
Seite blieb im Wesentlichen , wie er war ; der sonst so brave
铺
Oberst v. Lukadou fand bei und um sich keinen Rath zur Hebung
$
des eigentlichen Nothſtandes. Noch in der letzten Stunde erkannte man höheren Orts dieſe Zustände.
Es
wurde durch die Verabschiedung
des Obersten
v. Lukadou und durch die Ernennung des Majors v. Gnei senau zum Commandanten ein entscheidender Umschwung bewirkt. Der Major v. Gneisenau hatte bis in sein 45. Jahr als
P S藉
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Hauptmann in einer kleinen Garnison Schlesiens gestanden , und in seiner bescheidenen Lage war er unbekannt und unerkannt ge= blieben.
Der October 1806 hatte ihm Gelegenheit gebracht, sich
hervorzuthun; im Drange der Stürme lenkte er die Augen der Führer auf sich. Um die Muße des Garnisonlebens nüßlich aus zufüllen, hatte er vor Jahren ein Werk studirt, deſſen Lehren einst anwenden zu können ihm wohl wenig wahrscheinlich gewesen war, Müller's Verschanzungskunst auf Winterpostirungen : jezt erntete er schnell die langsam gereifte Frucht.
Mit scharfem Blick er
kannte er die Schwächen der Festung ; er ließ sofort an der Be festigung des Wolfsberges, einer Erhöhung 1500 Schritt von der Oftſeite der Festung , arbeiten, und zwar legte er eine Idee zum Grunde, welche schon in jenem Buche ausgesprochen war.
Durch
diese Verschanzung sicherte er der Besaßung Colbergs die Ge legenheit , in Ausfällen den Feind zu ermüden, und nöthigte ihn auch die Belagerungsarbeiten in weiterer Ferne anzufangen. Ueber all, wo es die Kräfte der Garniſon erlaubten und die Kunst es erforderte, ward sein Wille thätig. Mehr aber als das Alles wirkte er durch die Gewalt, welche er über die Gemüther errang.
In der Kraft des Mannesalters
ſtehend, mit imponirender Persönlichkeit beschenkt, war es natürlich, daß er mehr Vertrauen auf seine Leitung fand , als der würdige Greis , den er ersetzte.
Aber das Eigenthümliche dieses unver
gleichlichen Mannes war , die Gemüther mit höherer Weihe zu adeln ; Alles , was in seiner Wirkungssphäre lebte , empfand die Gewalt dieser großherzigen, seelenstarken Natur.
Die so verschie
denen Richtungen folgenden Geister wußte er mit Macht zu bannen. und vor dem Einen Willen beugten sich jene Vielen, welche doch bis dahin so schwer zu leiten gewesen waren.
Er wußte die
Einigkeit unter Bürgerſchaft und Beſaßung herzustellen , den un ruhigen Eifer patriotischer Herzen in ſein Gleichgewicht zu bringen. Jedoch sollte er auch nicht allein kommen.
3
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Im Monat November schon waren in Pommern, der Neu mark, West- und Ostpreußen Recruten ausgehoben und nach der russischen Grenze geschickt worden, um die Elemente neuer Truppen theile zu bilden.
Dies Geschäft ging zuerst wegen Mangels an
Officieren und am nöthigen Material, auch wegen des Mangels an schaffender Thätigkeit nicht von Statten.
Es gelang jedoch bis
zum März einige Bataillone aus ihnen zu formiren, von denen zwei nach Colberg bestimmt wurden, nachdem Alles, was an ge dienten Officieren, Cadetten , ja an dienstlustigen Studenten in Königsberg verfügbar war, zur Besetzung von Officierstellen be nuzt wurde.
Das eine der zwei Bataillone, Das zweite pommerſche Reſerve - Bataillon,
war im December 1806 unter dem Hauptmann v. Steinmet in Fischhausen bei Königsberg mit einem Stamm von zwei Offi cieren , den Lieutenants v. Rheden und v. Sanit , 4 Feld webeln, 24 Unterofficieren und 60 Gemeinen der aufgelöſten Re gimenter v. Treuenfels und Hohenlohe errichtet.
Hierzu kamen
noch etwa 500 Recruten, größtentheils aus dem Soldiner und Königsberger Kreise , nur wenige aus Pommern.
Anfangs an
der russischen Grenze ausgebildet, sodann im Januar nach Memel zur Bewachung des Königlichen Hofes commandirt , war es in der zweiten Hälfte Monats April, nach einem feierlichen Gottes dienst, eingeschifft worden und langte am 26. d . M. glücklich in Colberg an.
Der König hatte dem Bataillon als ein Zeichen
seiner Anerkennung ein Geschenk von 300 Thlrn. gemacht.
Eine
glückliche Vorbedeutung seines ferneren Schicksals hatte man in einem Adler gefunden, der im Moment der Einschiffung über dem Hafen von Memel schwebte.
Es zählte 14 Officiere 540 Mann.
Commandeur : Hauptmann v. Steinmeß.
Hauptmann : v. Nöder. Premier- Lieutenants : v. Rhöden, v. Stückradt.
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Seconde-Lieutenants : v. Sanit, v. Langen, v. Diebitsch, v. Hugo, v. Borce. Fähnrichs : v. Riwozki, v. Dombrowski , Klausius, v. Dresler, v. Röder. Regiments - Quartiermeister : Lange. Regiments -Chirurgus : Neumann.
Das Bataillon hatte das Glück ausgezeichnete Officiere zu erhalten. Der Hauptmann v. Steinmeß verband mit gründlicher militärischer Bildung viele Energie und verſtand es , den jungen Leuten schnell eine ächt soldatiſche Haltung zu geben.
Aber auch
des vortrefflichen Hauptmanns v. Röder wollen wir hier vorzugs weise gedenken, der seine Untergebenen, wie ein Vater seine Kinder, an sich zu fesseln und sie zu Helden zu erziehen wußte ;
wir
werden von ihm noch zu berichten haben. Mehreren der Officiere war es vorbehalten , den Heldentod zu sterben ; aber ihr Geist lebte fort und ihre Werke folgten ihnen nach. Zur Besaßung trat ferner das dritte neumärkische Reserve - Bataillon. Im October und November 1806 waren in der Neumark Recruten ausgehoben worden.
Zwei solcher Abtheilungen wurden durch den Referendarius Laar und den Stadtsecretär Stuben= rauch aus Landsberg a. W. und Drossen nach Bromberg geführt, und erreichten, hart vom Feinde verfolgt, Preußen glücklich. Hier leiteten die Lieutenants v. Schauroth und v. Kuhnheim bis zum 7. December allein die Organiſation des Bataillons, führten es an die russische Grenze, bis zuerst Hauptmann v. Sjöholm und am 10. Januar Hauptmann v. Derzen vom Regiment Garde den Befehl erhielt , und einige Officiere und Cadetten dem Ba taillon zugetheilt wurden ; darunter auch ein früherer Feldwebel des Regiments Garde , Gramsch , der troß seines vorgerückten Alters sich als einer der tüchtigsten Officiere zeigte. 3*
Die Aus
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bildung war wegen sehr rauher und ſtrenger Witterung und weit läuftiger Cantonnirung sehr schwierig ; durch fast gänzlichen Mangel an Bekleidung wurde sie noch anstrengender.
Im März wurde
das Bataillon mobil gemacht und ging nach Königsberg , wobei es den Marsch von 35 Meilen in 9 Tagen zurücklegte und zeigte, was von ihm zu erwarten sei.
Am 28. April ward es einge
schifft, mußte aber wegen widriger Winde auf der Strecke bis Pillau bis zum 5. Mai zubringen , um endlich die beschwerliche Fahrt anzutreten.
Welches Vertrauen die Mannschaft zu ihren
Officieren hatte, und welch' ein festes Band ächt militärischen Geistes Beide umfaßte, hatte man schon auf dem Schiffe zu sehen Gelegenheit.
Mitten auf der See, in der Gegend von Danzig,
erscholl plößlich der Schreckensruf „ Feuer “, denn die Bretter wand der auf dem Verdeck errichteten Küche hatte sich entzündet ; das Feuer griff schnell um sich, konnte das Takelwerk ergreifen und das Leben Aller bedrohen.
Man verseße sich in die Lage
der Armen im Schiffsraum : sie hatten den Schreckensruf gleich falls vernommen, und bei Jedem ward der natürliche Selbst erhaltungstrieb rege.
Es erfolgte großer Andrang zu der schmalen
Treppe nach dem Verdeck, und er würde die verderblichsten Folgen nach sich gezogen haben , hätte sich nicht ein wahrhaft kindliches Vertrauen der braven Märker zu ihren Führern gezeigt.
Sie
beruhigten sich bei den Versicherungen derselben , daß diese sich ohne ihre Rettung selbst nicht retten würden.
Zum Glück hatte
Lieutenant Gramsch sogleich entschlossen Alles über Bord werfen laſſen , was dem Feuer Nahrung geben konnte, und die Gefahr war bald beseitigt.
Am 7. Mai langte das Schiff in Colberg
an, die Mannschaft ward festlich von der Bürgerschaft und Gar nison empfangen , selbst der Feind bombardirte aus Galanterie lebhafter als gewöhnlich.
Commandeur : Hauptmann v. Derßen. Hauptmann : v. Dörnberg.
37
Premier - Lieutenants : v. Schauroth, v. Kuhnheim. Seconde - Lieutenants : v. Holleben ,
v. Prüschenk ,
Gramsch,
v. Westernhagen , v. Haaß, v. Stankar , v. Wittich , v. Uk lanski, Kinzel, Kierstein, Dehlers, v. Wulffen, v. Linger. Fähnrich: v. Kamecke.
Junker: Neander v. Petershahden ,
v. Koch , v. Zschüschen,
v. Schulzendorff. Bataillons - Chirurgus : Kuhn. Auditeur: Laar. Wenige Tage vorher war der Rittmeister v. Schill mit 500 Mann Cavallerie feines Corps zur schwedischen Armee com mandirt worden, eine Escadron nur blieb für den Dienst in der Festung zurück.
Die Besatzung bestand demnach aus 7 Batail
lonen, 2 Jäger-Compagnien, 2 Schwadronen und 400 Mann Ar tillerie, und zwar : dem Grenadier-Bat. v. Waldenfels . . 850 Mann = = Füsilier-Bat. v. Möller . . . .. 750 = = 2. pommerschen Reserve -Bat. 540 = = 3. neumärkischen Reserve-Bat... 420
800
=
3. Musketier-Bat. v. Borcke ... 800
=
der Schillschen Infanterie, 5 Comp . . 750
=
den Jäger-Comp. Otto und v. Dobro 500 wolski . · •
=
= =
3. Musketier-Bat. v. Owstien
Summa
5210 Mann Infanterie,
223 Mann Cavallerie, welche gegen etwa 14,000 Mann des Feindes zu kämpfen hatten. Eine wesentliche Unterſtüßung war der Besaßung in Folge der Bemühungen des zum Hauptmann beförderten v. Petersdorff zugewachsen. Auf Betreiben und Kosten Schill's war er Anfangs April nach England gesegelt, hatte sich durch den preußischen Ge sandten v. Jakobi - Klöst Audienzen beim Herzog von Cambridge
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zu verschaffen gewußt, und weiter den Miniſtern Lord Caſtlereagh und Mr. Canning die Bitte um Waffen vortragen können.
Der
erstere dieser Beiden hatte ihn kalt empfangen, Mr. Canning aber bezeigte sich ihm freundlich und hülfreich.
Er verschaffte Peters
dorff eine Anweisung auf 10,000 im besten Stand befindliche Infanteriegewehre, nebst 300 Patronen und 30 Feuersteinen für jedes ; auch 6000 Cavallerieſäbel, 30 eiserne Kanonen und 10 Hau bigen, nebst 300 Schuß und Wurf für jedes Geſchüß ; und ob gleich nach Abschluß der Unterhandlungen in England die Nach richt von einem zwischen Franzosen und Schweden abgeschlossenen Waffenstillstand zu London eintraf, so beruhigte Mr. Canning den Hauptmann v. Petersdorff doch durch die schönen und stolzen Worte : „ Ein Engländer bricht das gegebene Wort nicht ; Sie
"1 werden die versprochenen Waffen erhalten , wenngleich es nicht "1 unmöglich ist, daß dieselben bald von den Preußen gegen uns „ gebraucht werden.“ Es möge bemerkt werden , daß dem Hauptmann v. Peters dorff ſeine Kenntniß der
englischen Sprache sehr
nüßlich ge
wesen war. Am 2. Mai kam der Hauptmann v. Petersdorff vorerst in Stralsund an, wo er bei dem bereits eingetroffenen Rittmeiſter Schill blieb, um für die Organiſirung neuer in Vorpommern zu gebrauchender Infanterie zu sorgen, während der Waffentransport am 20. Mai in Colberg landete. Derselbe diente zunächst zur besseren Bewaffnung des Schillschen Corps und der in Vorpom mern gesammelten Truppen unter General v. Blücher ; der Rest blieb nebst den Geſchüßen der Colberger Garnison. Diese hatte inzwiſchen thätig an der Befestigung der einzelnen Fronten der Festung und der angelegten Außenwerke gearbeitet. Im Wesentlichen sollten diese aus Blockhäusern beſtehen, obgleich man sehr des dazu nöthigen Bauholzes ermangelte ; das Innere der Wolfsbergschanze namentlich erhielt ein solches Blockhaus .
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Hauptsächlich erstreckte sich die Thätigkeit auf die dem Süden und Often zugewendeten Fronten der Festung, gegen welche vom Feinde offenbar der Angriff eingeleitet wurde.
Zunächst suchte
man den Feind durch kleinere Ausfälle in seinem Vorgehen zu hemmen, wobei auch das pommersche Reserve - Bataillon sehr wirk sam wurde. Ganz besonders brav focht es am 18. Mai im Verein mit dem Grenadier - Bataillon.
Erster Angriff des Wolfsberges am 18. Mai. Unter Anführung des Generals Teuillé gingen 1600 Ita liener, Würtemberger und Polen, 100 Schüßen zweier sächsischen Bataillone und
600 bewaffnete Schanzarbeiter
auf das vom
Wolfsberg beherrschte Binnenfeld vor. Die Schanze war erst zur Hälfte vollendet ; die Brustwehr hatte kaum 2 Fuß Höhe, der Graben 5 Fuß Tiefe.
Der Premier
Lieutenant v. Rheden mit dem Fähnrich v. Dombrowski, 160 Mann des pommerschen Bataillons und 3 Kanonen waren vorläufig zur Vertheidigung bestimmt ; auch hatte der Major v. Gneiſenau eine Reserve in Bereitschaft.
Leider hatte der sonst sehr brave und
tüchtige Lieutenant v. Rheden , im Vertrauen auf die Tapferkeit seiner Mannschaft , unterlassen , Jedem für den Fall eines nächt lichen Angriffs seinen Plaz anzuweisen.
Als nun der Feind um
11 Uhr Nachts nach einem heftigen Geschütz- und Gewehrfeuer mit wüthendem Geſchrei zum Sturm schritt, lief ein Jeder dahin, wo er zunächst dem Feinde entgegenzutreten glaubte ; hierbei ge schah es, daß manche Stellen der Verschanzung unvertheidigt blieben und große Verwirrung entſtand. Man kämpfte von beiden Seiten mit der größesten Hartnäckigkeit, und ohne Zweifel würde der Heldenmuth der jungen Pommern und Neumärker den Fehler des Führers wieder gut gemacht haben, wenn nicht das Schicksal selbst gegen sie in die Schranken getreten wäre. war mit weißen Mänteln bekleidet -
Das Bataillon
ebenso die polnische und
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würtembergische Infanterie ; die letzteren riefen in der Dunkelheit den Preußen zu, sie sollten nicht schießen.
Diese, keinen Verrath
ahnend , ließen in ihrer Unschuld den Feind so nahe heran , daß sie zu spät ihren Irrthum gewahr wurden.
Nach einem wüthen
den Kampf wurden sie endlich überwältigt.
Von 160 Mann
blieben der Fähnrich Dombrowski und 37 Mann, 17 waren ver wundet; der Lieutenant v. Rheden mit 2 Unterofficieren 56 Mann fielen, meist verwundet, dem Feinde in die Hände. Ein hohes Beispiel von Ehrgefühl und Pflichttreue gab der Fähnrich Dombrowski , von Geburt Pole und Verwandter des berühmten polnischen Generals Jan Dombrowski.
Er sammelte
in der Verwirrung etwa 20 Mann und eilte sogleich nach dem schwächsten Punkte, dem noch unverschanzten stürmten Polen ; er warf sie mehrmals zurück.
Eingang.
Hier
Viele der Seini
gen lagen bereits getödtet, als an ihn der Aufruf erging, sich zu ergeben.
Doch fest und stark in seiner ehrenhaften Gesinnung,
trotte er allem solchen Ansinnen , ermunterte sein Häuflein und wich keinen Schritt zurück.
Als aber auf anderen Punkten der
Feind in die Schanze gedrungen war, ward Dombrowski im Rücken angegriffen und fiel nun mit allen ſeinen Gefährten. Dem jungen Helden ward so der schönste Lohn für seine Treue : es sei ihm ein dankbares Gedächtniß geweiht. Der Feind ging sogleich an die Zerstörung des Werks und an das Festseten im Kehlgraben ; seine Geschüße feuerten gegen die Festung ; eine Schüßenlinie ward nach dem Strande zu ge zogen.
Die Geretteten hatten sich nach einem seitwärts gelegenen
Blockhause geworfen. Der Major v. Gneisenau befand sich auf dem Wall, als die . ersten Schüsse fielen, und sobald er das Fanal zum Zeichen eines ernsthaften Angriffs brennen sah, sandte er den noch verfügbaren Rest des pommerschen Reserve - Bataillons und die Schwadron Kürassiere zum Lauenburger Thor hinaus, um dem Feinde in die
41 linke Flanke und den Rücken zu gehen ; 2 Compagnien v. Owstien sollten aus dem Münderthor die rechte Flanke des Feindes an greifen.
Einige andere Detachements wurden zu weiterer Sicher
heit längs des Strandes vorgesendet , während der Hauptmann v. Waldenfels mit 500 Grenadieren zur Reserve folgte. Zuerst kam an den Feind Lieutenant v. Stückradt mit 40 Mann des pommerschen Reserve - Bataillons ; ihm schlossen sich die aus der Schanze Geretteten an.
Mit seinem kleinen Haufen.
unternahm der brave Officier einen Angriff, in der sehr richtigen Absicht, den Feind zu beschäftigen und ihn an der Zerstörung der Arbeit zu hindern.
Als er sich endlich zurückziehen mußte, rückte
aber das Grenadier - Bataillon festgeschlossen vor , deployirte auf 400 Schritt vom Wolfsberge und ging ohne einen Schuß zu thun gegen die Schanze vor. ohne Wirkung ;
Aus dem Graben erhält es eine Salve
die mittleren Compagnien stürzen sich hinein,
dringen ins Innere des Werks , und es entſpinnt sich hier ein erbitterter Kampf mit Kolbe und Bajonet.
Bald kommen auch
die Flügel- Compagnien von anderen Seiten heran, sie geben den Ausschlag, und der Feind muß endlich seinen Fang fahren laſſen. Der General Teuillé selbst war in der Schanze gewesen und hatte sich durch die Flucht retten müssen. Der Feind hatte die Absicht gehabt , Soutiens zur Unter ſtüßung nachrücken zu lassen ,
war
aber durch die preußischen
Seitendetachements abgeschreckt worden. Es entſpann ſich nun jen seits der Schanze ein neues heftiges Gefecht.
Nochmals führten
die weißen Mäntel zu Unordnungen und Verwechselungen; endlich aber siegte die preußische Ausdauer und Tapferkeit ; der Feind ward geworfen und bis an seine Schanzen und Dämme verfolgt. Die Schillschen Husaren suchten sich die letzten Opfer seines Unternehmens. Erst um 15 Uhr Morgens endigte das Gefecht.
Der Wolfs
berg war mit Todten und Schwerverwundeten bedeckt ; die Gar
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nison zählte ihrer gegen 250 Mann, unter den letzteren noch den Lieutenant v. Gräweniz.
Vom Feinde lagen allein 10 Offi
ciere tødt in der Schanze ; sein Verlust war viel bedeutender, auf 57 Wagen schaffte er seine Verwundeten vom Schlachtfelde. Die weißen Mäntel wurden zur Verhütung ähnlicher Un glücksfälle grau gefärbt. Die Truppen hatten sich herrlich benommen. Alles hatte in Hingebung gewetteifert; beklagten sich doch die Musketiere des 3. Bataillons v. Borcke beim Major v. Gneisenau, daß er sie nicht vor das Thor geschickt habe und sie nun ihren Kameraden nach stehen müßten !
Das Band der ächten Kameradschaft war durch
dieses Gefecht nur um so enger um Alle geschlungen und der Heldentod so Vieler hatte die Anderen eifersüchtig Vorzug gemacht.
auf diesen
Das brave Reserve - Bataillon hatte eine wür
dige Taufe im Feuer erhalten.
Fortan wurde die Schanze auf
dem Wolfsberg zu Ehren der tapferen Grenadiere „ Grenadier schanze “ genannt.
Der Commandant konnte mit Sicherheit auf
seine Besatzung zählen.
Wenn Neulinge im Kriege ſich mit solcher
Ausdauer schlugen, brauchte es nur des lakonischen Befehls und keiner Redekünſte , um Alles von ihnen zu erlangen.
In dieſer
Ueberzeugung ist auch jener Parolebefehl vom 24. Mai gegeben, den wir als eine Urkunde des Geiſtes der Beſagung erhalten wollen : „ Es verlautet von mehreren Seiten her, daß der Feind
"1 uns die Freude machen wird, heute einen Sturm auf Colberg „ zu unternehmen.
Wenn sich dieses bestätigt, so wünsche ich
,, im Voraus hiezu der Garniſon Glück, und ein Tag der Rache ,,wäre gekommen ! "
4. Die förmliche Belagerung. Gefechte um den Wolfsberg. Ausfälle gegen die Maßwiesen. Verlust der Maikuhle. Wer Friede.
In Folge dieses Nachtgefechts
wurde aufs Neue an der
Befestigung des Wolfsberges gearbeitet, zugleich aber jedem Theil
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der Besatzung ein bestimmter Bezirk der Befestigungen zur Ver theidigung angewiesen, in der Nähe deffen zu größerer Bereitschaft Hüttenläger bezogen werden mußten. Auf der nördlichen Front erhielt 1. Das 3. Musketier - Bataillon v. Owstien ein Lager vor der Münder Front ; 2 Compagnien desselben wurden später zur Verstärkung nach der Lauenburger Front und Vertheidigung eines Das Füsilier - Bataillon v. Möller be
Blockhauses detachirt.
sezte das an der Persantemündung liegende Fort Münde und die zwischen diesem und der Festung liegende Kirchhofsschanze ; der Rest bezog die nahe Pfannschmiede.
Deftlich vor der Bütower Front: 2. Zwei Compagnien des Grenadier - Bataillons v. Walden fels und 60 Mann vom Bataillon v. Borcke besetzten die Gre nadierschanze, nunmehr mit 6 Geschützen armirt ; die beiden anderen Compagnien lagerten etwa 1000 Schritt dahinter. 3. Zum Soutien dieser Truppen ward die Jägercompagnie Dobrowolski mit 4 reitenden Geschüßen in Stubbenhagen, einer nördlich der Bütower Front gelegenen Vorstadt, ſtationirt. Südlich vom
Wolfsberg wurden noch 50 Mann vom
Füfilier - Bataillon v. Möller in ein Blockhaus gesett.
Eben
daselbst besetzte das 3. neumärkische Reserve - Bataillon zwei andere Blockhäuser und lagerte am Lauenburger Thor. 4.
Gegen Süden besetzte
das
2. pommersche Reserve
Bataillon ein Blockhaus auf dem, über die Maßwieſen führenden Cörliner Damm und hatte sein Lager in der Nähe des Dammes . Auf der westlichen , nicht bedrohten Seite, der Gelder-Front, besetzte das 3. Musketier - Bataillon v. Borcke einige Schanzen und lagerte vertheilt in der Nähe der über die Persante - Arme führenden Brücken. Die Maikuhle endlich blieb das Beſißthum der Schillschen Infanterie, welche auch das befestigte vorliegende Maſchinenhaus
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zu vertheidigen hatte.
Die Bürgerschaft übernahm den Wacht
dienst im Innern und die Löschanstalten.
Eine schwedische Fre
gatte beschoß nach Kräften und nicht ohne Wirkung den rechten Flügel der feindlichen Angriffsarbeiten. Diese schritten indeſſen kunstgerecht unaufhaltſam vor; trok der vielfältigen kleinen Ausfälle gelang es, immer mehr Geſchüße gegen die Grenadierschanze ins Feuer zu bringen.
Als so am
11. Juni 30 Geſchüße dieselbe mit einem Hagel von Bomben und Kugeln überschütteten , war ihr Zustand so zweifelhaft ge= worden , daß die Besaßung durch ein längeres Verweilen ganz unnütz geopfert worden wäre.
Major v. Gneisenau erlaubte dem
tapferen Premier - Lieutenant v. Bülow , der das Commando in der Schanze bis dahin geführt hatte, eine vom Feinde angebotene Capitulation anzunehmen.
Es ward mit letterem eine Ueberein
kunft abgeschlossen, wonach der Feind der Besatzung „ wegen ihrer braven Vertheidigung " freien Abzug mit allem Geschütz gegen Ueberlassung des Werkes
zugestand und sich dagegen bis zum
12. Juni Morgens aller Arbeiten enthalten wollte. So hatte der Wolfsberg ,, eine wahre Schweinerei in der
"1 Ausführung , selbst nicht einmal vorzüglich gedacht , in einigen ,,Wochen mit dem elendesten Material in leichtem Boden erbaut, "1 eine regelmäßige Belagerung mit erster und zweiter Parallele, „ Zickzacks , places d'armes , Flügel und Rücken schüßenden Re douten , Vieles en sappe gearbeitet , fünfundzwanzig Tage aus „ gehalten ! " Diese Worte des Majors v. Gneiſenau schildern kurz und bündig , welches Verdienst die Vertheidiger (welche fast nur von den Grenadieren und dem pommerschen Reserve - Bataillon gegeben waren) sich erworben haben. Die Schanze ward schon am 9ten Abends geräumt. Gleich darauf begann der Feind, gegen die Capitulation, ſich darin feſt zusetzen und zu arbeiten.
Ein heftiges Feuer hinderte ihn jedoch
bald darin; doch hatte der General Teuillé, ein sonst sehr braver
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und in der Provinz wegen seines menschenfreundlichen Benehmens hochgeachteter Mann , seine Voreiligkeit mit seinem Leben zu be zahlen. Er starb in Folge eines in der Schanze erhaltenen Schuffſes. General Loison, sein Nachfolger , konnte sich eines solchen Rufes leider nicht erfreuen. Wir dürfen nicht vergessen zu erwähnen, daß während dieser schweren Kämpfe auch die Schillsche Infanterie nicht müßig ge wesen war. Sie hatte fortgesezt kleine Streifzüge gegen Greiffen berg ausgeführt, welche hauptsächlich Eintreibung von Lebensmitteln, Sammlung von Ranzionirten und das Auffangen feindlicher De tachements zum Zweck hatten. Eine der bemerkenswerthesten Unter nehmungen ist die vom 9. Juni.
Der Lieutenant Gruben hatte
durch einen Kundschafter erfahren, daß ein bedeutender Transport von Lebensmitteln vom Feinde nach Tramm geführt werden sollte. Der Lieutenant v. Sydow mit der 1. Compagnie des 2. Batail lons , der Lieutenant v. Koc mit 30 Jägern und Lieutenant Halletius mit 50 Huſaren wurden zur Aufhebung des Trans ports abgesendet. Um 3 Uhr Morgens rückte die Expedition aus ; die Husaren gingen nebst den Jägern an zwei Stellen über den Kreher Bach und Zanow nach dem Walde bei Glansee , um in demselben ein Versteck zu suchen, während Lieutenant v. Sydow über Zarben nach den Höhen von Drehnow marſchirte, um sich dort in einen Hinter halt zu legen. Jene sollten den Transport im Rücken angreifen, während diese die Spite desselben überrannten.
Während deſſen
würde Lieutenant v. Pannwig mit den Schüßen des Corps nach der Furth am Kampfchen See zum Soutien gehen und ein anderer Theil der Infanterie den Feind in Sellnow beschäftigen. Lieutenant v. Koc erfuhr unterwegs, daß der Transport schon auf dem Marsche sei und in Glansee einige Italiener sich be fänden, welche dann auch sogleich durch den Unterofficier Töpfer aufgehoben wurden. Kaum hatte man ein Versteck gefunden, als
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auch schon die Nachricht vom Anmarsch des Feindes anlangte. Lieutenant Koc überſah dann, daß sich zunächst eine kleine Avant garde zeige , welche 21 Mann stark, auch sogleich überfallen und zu Gefangenen gemacht wurden. Gleich darauf hörte man Schüsse fallen ; es kam die Mel dung, daß ein Trupp feindlicher Cavallerie, zur Bedeckung ge= hörend , Feuer auf einen preußischen Posten gegeben habe. Absicht der Preußen war entdeckt.
Die
Nichts desto weniger brachen
v. Koc und Halletius vor , und nahmen dem schon umgekehrten Transport noch mehrere Gefangene und eine Menge Wagen. Als sie aber vom Lieutenant v. Sydow die Nachricht erhielten, er sei von zahlreicher feindlicher Cavallerie bedrängt , eilte man nach Zarben, wohin Lieutenant v. Sydow unter Verlust von 17 Schüßen zurückgeworfen war.
Es mißlang zwar ein Versuch,
diese zu befreien , durch die Ungeschicklichkeit eines Cavallerie Unterofficiers , jedoch hatte man wenigstens den Triumph, 1 Of ficier 21 Mann Sachsen, 6 Italiener, 3 holländische Huſaren und 30 Polen als Gefangene, außer 36 Wagen mit Pallisaden, zurück zuführen.
Von den 17 Schüßen kehrten die meisten mit bedeu
tenden Kopfwunden in wenigen Tagen heim. Sturm auf die Grenadierschanze am 15. Juni. Die Lage der Festung war nicht blos durch den Verlust der Schanze gefährdet.
Die rasche Folge von blutigen Gefechten, der
aufreibende Wachtdienst, die ermüdenden Arbeiten, der drückende Mangel an Ingenieuren, an brauchbarem Material - Alles das bedrängte den heldenmüthigen Commandanten schwer , und selbst sein schaffendes Genie konnte solche Mängel nicht ganz ersetzen. Die Geschütze wurden durch Zerspringen allmälig unbrauchbar. Auch fehlte es an Geld ; die Löhnung konnte nicht mehr gezahlt werden ; der Commandant war genöthigt , Papiergeld machen zu laſſen, auf deſſen Verfälschung Todesstrafe gelegt ward und das
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Scheine zu 2 , 4 und 8 Groschen enthielt. muthigte Niemand.
Alles das aber ent
Jeder Verlust ward am Feinde blutig ge
rächt ; ein italienisches Regiment war fast aufgerieben ; auch die Polen fühlten die Hand der Vertheidiger schwer, auf sie hatte ſich der ganze Haß geworfen.
Die Hoffnung mußte man ſinken
laſſen; das Panier der Ehre und des Muthes aber blieb aufrecht bis zum letzten Augenblick. Der Feind hatte unter Sturm und Regen die Grenadier schanze für seine Zwecke umgearbeitet , und
troß
des heftigen
Feuers der Festung war er mit seinem Werk am 14ten so weit gekommen, daß es im höchsten Grade bedrohlich ward. An dem felben Tage war auch ein englisches Schiff mit den lang ersehnten neuen Geschüßen und der Munition erschienen, und man fürchtete für das Ausschiffen wegen des Feuers vom Wolfsberge. Da gab denn Gneisenau am 14. Juni den Befehl : „ Das Grenadier - Bataillon v. Waldenfels wird „heute den Wolfsberg stürmen.
Ich habe den Bür
„ gern befohlen , das Essen nach der Schanze hinaus "zu tragen." Beim Dunkelwerden -
bis so lange war der Angriff auf
mehrseitiges Andringen verschoben -wurde ein großer Theil der Garnison auf dem Münderfeld versammelt.
Der Hauptmann
v. Waldenfels sollte das Unternehmen leiten. Zwei Compagnien der Grenadiere unter Lieutenant v. Hagen wurden gegen die rechte, die zwei anderen Compagnien unter dem nunmehrigen Hauptmann v. Bülow gegen die linke Seite des Werkes vorgesendet, um sie zu umgehen und in den Eingang zu dringen, während die Schüßen die Fronten beschäftigten.
Zwei Compagnien des neumärkischen
Reserve Bataillons , unter den Lieutenants v. Schauroth und v. Prüschenk , sollten von der Lauenburger Vorſtadt in die linke Flanke des Feindes auf dem Binnenfelde, das pommersche Re serve - Bataillon nebst 200 Mann des 3. Musketier - Bataillons
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v. Borcke zu einem Scheinangriff über den Cörliner Damm vor gehen.
Das Füsilier - Bataillon Möller hatte die rechte Flanke
der feindlichen Aufstellung zu beschäftigen und endlich sollte die Schillsche Infanterie gegen
Sellnow einen Angriff ausführen.
Der Rest der Bataillone v. Owstien und v. Borcke blieb in Reserve. Als nähme er für die Preußen Partei, hüllte sich der Him mel in Sturmesnacht und barg durch heftigen Regen dem Feinde • die Vorbereitungen zum Kampf. Unentdeckt gelangte Lieutenant v. Hagen bis an den Wolfsberg, des Signals zum Losbruch ge wärtig , als links das Feuer der Möllerschen Füfiliere erſchallte. Der Feind ward lebendig in der Schanze und trat an die der Festung zugewendeten Brustwehren.
Doch nun hatte Hagen die
feindlichen Vorposten durchbrochen und Eingang der Schanze erreicht.
mit Blizesſchnelle den
Der Erste drinnen ist Lieutenant
v. Gräwenig , ihm folgen v. Brandenstein , Staak und der Feldwebel Bart. entschieden.
Nach einem kurzen Kampf ist der erste Act
Lieutenant Staak entwaffnet den sächsischen Obersten
Henning, der die Besaßung commandirt ; 8 Officiere 182 Mann ergaben sich zu Gefangenen *).
Der Eingang wurde sogleich ge
*) Lieutenant Staak eignete ſich den kostbar mit Silber ausgelegten Säbel seines Gefangenen zu, und übersandte ihn mit folgendem Schreiben später der königlichen Münze: „ Für keinen Preis würde ich das mir zu Theil gewordene Siegeszeichen " hingegeben haben. Da indeß die bedrängte Lage des Staats es erheischt, daß „jeder Bewohner desselben mit seinen edlen Metallen dem Vaterlande ein Opfer „ bringe, so eile ich mit Vergnügen Ihnen dieſen Säbel zu überreichen, um das "‚ daran befindliche Silber davon zu trennen. Staat." Colberg , im April 1809. Ein ähnlicher schöner Zug wurde am 8. August 1808 den Truppen be fannt gemacht durch folgenden Tagesbefehl: " Es sind hier von einem gewiſſen Landjäger Furbach, zu Friedrichswalde, „ ehemals Officier im Feldjäger-Regiment, 12 Ducaten eingegangen, welche der=
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sperrt und die Zerstörung des Werkes sollte begonnen werden, als der Feind auch schon mit neuen Kräften zur Wiedereroberung schritt. Noch waren die Gefangenen nicht einmal zurücktranspor tirt; auch Hauptmann v. Bülow hatte seine Umgehung nicht voll endet : der Augenblick war also kritisch und zwang zu kräftigen Maßregeln.
Die Gefangenen wurden in das unvollendete Mittel
blockhaus gewiesen und ihnen die eine Compagnie Grenadiere zum Schusse fertig gegenübergestellt ; daß diese nicht weichherzig sein würden, wußten die Feinde.
Der Hauptmann v. Zülich, Lieute
nant v. Strang, einige Unterofficiere, hinter ihnen zwei Sectionen hintereinander , verbarricadirten mit ihren Leibern den Eingang ; der Rest ging an die Brustwehren. Der Feind kam heran.
Die erste Section und ihre tapferen
Führer fielen bald unter seinem Feuer ; die zweite aber hielt Stand, und die an den Brustwehren gaben ihre Schüsse so gut, daß Niemand den Sturm wagen wollte.
Dadurch gewann Haupt
mann v. Bülow Zeit heranzukommen , und mit dem Zeitgewinn war Alles gewonnen.
Die Gefangenen wurden fortgeführt, und
ein zweiter Angriff des Feindes fand nicht nur sie nicht mehr in der Schanze , sondern wurde mit Hülfe der Füsiliere v . Möller, welche den Feind auf seinem rechten Flügel geworfen hatten, ebenso wie ein dritter Angriff, blutig zurückgewiesen. „selbe von dem Großherzog von Baden als Belohnung erhielt , da er einem „braven bleſſirten und verlassenen badischen Huſaren in dem leßten Feldzuge „ auf eine edle Art hülfreiche Hand geleistet hat. Dieſes Präſent ging am " Geburtstage unseres guten Königs bei dem edlen Furbach ein ; er begiebt sich " aller Ansprüche an diese Summe , wünscht aber, daß selbige an einen Unter ,,officier oder Gemeinen gereicht würde, der sich von der tapferen Colberger „ Besaßung während der Belagerung am mehrsten ausgezeichnet hat. Dem ,,gemäß wird der Major und Commandant v. Steinmeß sich mit sämmtlichen " Commandeurs der damaligen Garnison über diesen Gegenstand besprechen, „ damit dieſer Brave einstimmig ausgemittelt und selbigem die erwähnte Summe v. Bülow. " „ ausgehändigt werde. 4
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Zu derselben Zeit hatten die südlich des Wolfsberges vor gegangenen Abtheilungen des neumärkischen Bataillons muthig ihre Angriffe gegen die linke Flanke des feindlichen Angriffs ge führt, und ſo zur günſtigen Entscheidung „ der Nacht “ beigetragen ;
" die gegen den Cörliner Damm vorgegangenen des pommerschen Bataillons hatten aber den Feind auf seiner Hut gefunden und sich nach längerem Tirailliren zurückziehen müſſen.
Die Expedition
der Schillschen Infanterie mißglückte leider in der Dunkelheit ; man verirrte sich und traf den Feind gar nicht. Der Morgen brach an und beleuchtete ein mit Blut und Leichen bedecktes Feld, aber er brachte keine Ruhe.
Nur die nach
der Festung gerichteten Brustwehren hatte man zerstören können. Als das Feuer der feindlichen Geſchüße sich wieder erhob, ward den Grenadieren befohlen, die Schanze in aufgelöſter Ordnung zu verlassen , um den Kugeln kein zu großes Ziel zu bieten. Es wäre auch so nicht zu groß gewesen. Viele der Ihren schlum merten den ewigen Schlaf in jenem Denkmal ihres Heldenmuthes. Vor Allen ward aber betrauert der Tod des tapferen Hauptmanns v. Waldenfels ; mit ihm war gefallen Lieutenant Peſtel von den Grenadieren und Rathke von den Füsilieren ; außerdem zählte man über hundert todte und verwundete Unterofficiere und Ge meine. Der Feind hatte nach Gneisenau's Schätzung an tausend Mann verloren.
In die Stelle des zweiten Commandanten trat der Haupt mann v. Steinmez. Zwei Tage verliefen hierauf unter der gewöhnlichen Ar beit und Wachsamkeit ,
als
dem Major v. Gneisenau zufällig
eine Depesche des Feindes in die Hände gerieth , woraus dessen Absicht bekannt ward , gegen den Cörliner Damm einen falschen Angriff zu führen , und daß er die Arbeiten dazu schon begon nen habe. Mit großer Wahrscheinlichkeit war vorauszusehen, daß, sowie
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es dem Feinde gelänge, festen Fuß auf dem diesseitigen Ende des Dammes zu fassen , die Vertheidigung schnell hinter die Wälle zurückgeworfen werden würde, da dann alle ihre Anstalten auf dem Binnenfelde flankirt wurden. durchaus vereitelt werden. der Major v. Gneisenau :
Der Plan des Feindes mußte
Mit großer Klarheit entwickelt nun „ Wegen der Nähe der Arbeiten auf
"1‚ dem Klosterfelde mußte der Feind glauben , daß ich eifersüchtig darauf sei.
Griff ich nun zwei entfernt liegende Punkte zuerst
„ an , so mußte er dies für die falschen Angriffe halten.
Griff
,,ich den Lauenburger ( Cörliner) Damm später an, so mußte er „hier den wahren Angriff vermuthen , und der Erfolg entsprach 11 meiner Erwartung." Auf diese so einfache und gerade deswegen klare und vor treffliche Idee wurden nun die Befehle für zwei Angriffe in der Nacht zum 17. Juni baſirt.
Das Schillsche Corps, welches noch
den verfehlten 15. Juni wieder gut zu machen hatte , sollte um 11 Uhr den bei Sellnow stehenden Feind angreifen ; sobald aber dort Alles gut im Gange wäre, sollten 4 Compagnien aus dem Lauenburger Thor vorbrechen und die gerade östlich dieses Thors etwa 1300 Schritt entfernte Maßschanze erobern.
Nach Ent
wickelung dieses Angriffs sollte dann auch ein falscher Angriff gegen Süden auf die Arbeiten jenseits des Cörliner Dammes stattfinden. Für dieses Mal sollten 4 Compagnien Freiwillige aus den beiden 3. Musketier - Bataillonen die Maßschanze angreifen und eine kleine Abtheilung des pommerschen Reserve - Bataillons gegen den Damm vorgehen.
Gefecht von Sellnow am 16. - 17. Juni. Es ist nicht mit Genauigkeit zu ermitteln, wie stark der Feind um diese Zeit bei Sellnow gewesen ist.
Im Mai stand dort ein
italienisches Infanterie-Regiment ; ſeitdem ist die Belagerungsarmee 4*
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fortwährend verstärkt worden ; es läßt sich also annehmen , daß fie vielleicht 1500-2000 Mann links der Persante gehabt hat. Mit diesen hatte es das etwa 700 Mann zählende Bataillon Schill zu thun. Der Lieutenant Gruben gab eine umständliche Disposition, nach welcher der Hauptangriff mit 2 Compagnien und allen Schützen gegen die linke Flanke der feindlichen Verſchanzungen bei Sellnow
agiren sollte ,
während
die
eine Compagnie des
2. Bataillons den rechten Flügel angriff und die Communications brücke des Feindes über die Persante zerstörte, eine andere Com pagnie aber in der Mitte gegen die Front des Feindes ging. Für die nöthigen Reserven war gesorgt.
Es sollte kein Schuß gethan,
Alles mit dem Bajonet abgemacht werden. Um 10
Uhr setzte sich Alles vom Gradirwerke aus in Be
wegung. Die Lieutenants v. Rüllmann und Hertell mit ihren Com pagnien und den Schüßen unter Lieutenant v. Pannwig , gefolgt von 50 Husaren ,
dirigirten sich . über Altwerder ( westlich von
Sellnow), und nachdem ihnen hinlänglich Zeit zur Zurücklegung des Umwegs gelassen worden war , wurde für die übrigen Ab theilungen das Signal zum Angriff gegeben.
Die feindlichen
Vorposten wurden ohne Weiteres geworfen und die sämmtlichen Abtheilungen drangen fast zu gleicher Zeit in die das Dorf umgebenden Verschanzungen. Hier entspann sich ein sehr blutiges Gefecht.
Die noch von Naugardt her wegen ihrer Grausamkeit
gehaßten Italiener wurden schonungslos niedergemacht , wo man ihrer habhaft werden konnte.
Kaum entkam der sie commandi
rende General Bonfanti ; im Hemde mußte er aus seinem Quar tier entfliehen, so war Alles überrascht.
Als der Feind endlich
die Flucht nahm , zog er sich nach der Communicationsbrücke ; den Husaren gelang es jedoch , noch einen kleinen Theil abzu schneiden und Gefangene zu machen.
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Wäre der linke Flügel, unter Lieutenant v. Sydow, genau der Disposition gefolgt, so hätte er die Sache entscheiden und die Persantebrücke zerstören, damit also auch das linke Ufer ganz in die Gewalt der Preußen bringen können.
So aber war der
Lieutenant v. Sydow nach dem ersten schnell und kühn unter nommenen Angriff auf die Verſchanzungen stehen geblieben , und hatte nur einen Zug unter dem Lieutenant v. Franckenberg vor geschickt, der troß der größten Bravour gegen die entgegentretende Uebermacht des Feindes nichts mehr ausrichten konnte ; derselbe kämpfte für die Erhaltung seiner Verbindung.
Durch dieſes Ver
ſehen , hauptsächlich aber wohl durch die im Nachtgefecht einge tretene Verwirrung , und da die Dunkelheit eine sichere obere Leitung verhinderte, entkamen die Italiener ; am Morgen wurden sie durch Verstärkungen in den Stand gefeßt , wieder Besitz von ihren Werken zu nehmen, deren Festhaltung übrigens auch nicht im Plane der Preußen lag.
Diese hatten 56 Mann tødt und ver
wundet , unter letteren auch den Lieutenant v. Koc.
Alle feind
lichen Geschütze waren unbrauchbar gemacht. Während dieses Gefechts geschah auch
der Ausfall auf die Maßschanze. Der Major v. Wittke vom 3. Bataillon v. Owstien führte die 4 Compagnien Freiwilliger aus dem Thor, sobald das Feuer bei Sellnow hörbar ward. Zu der Expedition meldeten sich frei willig 3 Officiere des neumärkischen Bataillons , die Lieutenants v. Holleben * ) , Kierstein und v. Uklanski.
Am Ausgange stand
Major v. Gneisenau, der die Mannschaft mit den Worten „Haltet Euch brav, bringt blutige Bajonette, keine Gefangenen, ,,aber die Kanonen der Franzosen zurück! " entflammte.
Lautlos trat das Detachement seinen Weg an. Kaum
*) Der jeßige General der Infanterie v. Holleben.
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waren einige hundert Schritt zurückgelegt , so stockte plöglich die kleine Colonne, machte Halt und gerieth in Verwirrung.
Nicht
Alle erkannten einen fumpfigen Graben, in welchen man gerathen ―――――――― die Muthigsten glaubten schon die
war , als das Hinderniß
Schanze erreicht zu haben.
Durch den Lärm hatte sie der Feind
entdeckt und überschüttete sie im nächsten Augenblick mit Kartät schen , welche leider viel Schaden thaten.
Nichts desto weniger
ging man darauf los ; bald waren die feindlichen Vorposten er reicht, niedergestoßen oder bis zur Schanze verfolgt. folgenden
entschlossenen
Schanze bald.
Angriff erlagen
Dem nun
die Vertheidiger
der
Bis auf Wenige wurden sie Alle niedergestoßen ;
die palliſadirte Kehle der Schanze ward geöffnet , die Brustwehr so viel als möglich zerstört und das Geschütz , 4 Kanonen , mit der größten Anstrengung herausgezogen.
Nun fehlten die Pferde
zum Fortschaffen, sie hatten sich verlaufen.
Zu alle dem war
schon viel Zeit vergangen ; der Feind näherte sich verstärkt, und als er beim grauenden Morgen die Schwäche der Preußen über sehen konnte, drängte er die Stürmer ziemlich lebhaft zurück. Besonders ausgezeichnet hatten sich die Lieutenants Uklanski
und Kierstein. Jener war zuerst in den feindlichen Laufgräben ge wesen, dieser hatte schnell die Schanze umgangen und die Kehle genommen; Beide hatten dann unter dem heftigsten Feuer der Vertheidiger die Palliſaden umgerissen und waren mit dem Fähn rich Petersdorff und Lieutenant Winterfeld ins Innere gedrungen. Beim Rückzug rief Uklanski seinem Freunde Holleben zu : „ Die Kerls sollen mich doch nicht in den Rücken schießen ! " und legte so mit ihm, Brust und Gesicht dem Feinde zugewendet, rückwärts gehend den langen Weg bis zur Festung zurück.
Dort harrte
dieser Tapferen schon Gneisenau mit wohlverdientem Lobspruch. Wir werden diese heldenmüthigen Officiere noch oft zu nennen haben. Leider waren auch hier zwei Officiere gefallen, Lieutenant v. Plonski und Fähnrich Dresler vom pommerschen Reserve
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Bataillon. Von der ganzen Besaßung war nicht ein Mann von einigen Hunderten entkommen ; nur 1 Capitain 40 Mann wurden gefangen gemacht, die Uebrigen waren stumme Leute geworden. -- Der Lieutenant Borcke hatte bald nach dem ersten An des pommerschen Reserve - Bataillons den Cörliner Damm und die hinter ihm liegenden Laufgräben ge
griff mit 30 Mann
stürmt, und in Kurzem die Feinde getödtet oder verjagt.
Leider
wurde dem tapferen Officier hierbei der Arm zerschmettert ; er blieb aber bei seinen Leuten , ordnete sie , und ging erst zurück, als ein anderer Officier erschien. Der Rückzug ward auch hier mit 23 Mann Gefangenen angetreten.
Sturm auf die Grenadierschanze am 18. Juni. In der Zeit vom 15. zum 18. Juni hatte der Feind die Grenadierschanze wiederhergestellt, und sie in den Nächten zum Schutz starker Reserven dahinter benutzt. ihm diesen Schild entreißen.
Aufs Neue mußte man
Die bei Dunkelheit der Nächte so
leicht entstehende gefährliche Verwirrung mußte bei der geschärften Wachsamkeit des Feindes vermieden werden , deshalb
war der
neue Angriff auf den Nachmittag beſtimmt. Unter Mitwirkung der schwedischen Fregatte ward am 18. Juni Nachmittags
ein anderthalbstündiges verstärktes Feuer auf den
Wolfsberg gerichtet, während deſſen ſich das Grenadier - Bataillon, das Füsilier - Bataillon und das pommersche Reserve - Bataillon sammelten.
Ersteres sollte die Schanze stürmen , lezteres in Re
serve folgen ; das Füsilier - Bataillon hatte den rechten Flügel des Feindes längs des Strandes zu beschäftigen.
Der Hauptmann v. Zülich hatte das Commando der Gre nadiere erhalten. Ernsthaft und feierlich zogen sie aus der Stadt ; kein scheuer Blick verrieth Ungewißheit, kein wankender Tritt ward zum Verräther eines klopfenden Herzens -- kühne Erwartung ſtrahlte aus jedem Auge.
In Linie entwickelt, mit klingendem
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Spiel rückten sie vor.
Das feindliche Geſchüß in der Schanze
hatte bis dahin geschwiegen , nun empfing es die Grenadiere in der wirksamen Schußweite mit einigen Kartätschladungen , welche jedoch zu hoch gingen und wenig Wirkung hatten.
Das einen
Augenblick stußende Bataillon sette den Angriff in guter Haltung fort. In der Nähe der Schanze angekommen , erlitt es aber die ganze Wirkung des feindlichen Geschütz- und Gewehrfeuers, reihen weise wurden die Braven niedergestreckt. Schrecken mehr für ihre Kameraden.
Das war jedoch kein
Sie hatten die Ehre und
Pflicht höher achten gelernt, als das Leben.
Ohne einen Schuß
zu thun erreichen sie den Graben, werfen sich hinein, überſteigen die auf der Sohle stehenden Palliſaden , und einigen gelingt es die Brustwehr zu erklettern. Da aber zeigte der Feind seinen festen Entschluß sich mann haft zu halten.
Er benutte den Umstand, daß von dem Angreifer
keine Schüßen an dem Grabenrande zurückgelassen waren , stieg auf die Krone der Brustwehr , beschoß die im Graben befind lichen Grenadiere und warf die aufgestiegenen herunter. Noch einmal versuchte der Hauptmann v. Zülich das flammen ſpeiende Werk zu erklimmen.
Er faßte rechts und links zwei tapfere
Grenadiere und erstieg mit den Worten : „ So , Grenadiere, so müßt Ihr stürmen ! " die Brustwehr.
Er stößt auf eine Scharte
und will hinein ; da wird das Geſchüß abgefeuert und die Ladung reißt den Helden nieder. Vergeblich hatten die Grenadiere ihr Möglichstes versucht, vergeblich ward auf die Ankunft der Reſerve gehofft ― fie er schien Tages.
nicht.
Dieser große Fehler
entschied das Schicksal des
Der Feind erschien mit großer Kraft auf allen Punkten,
drängte die links fechtenden Füsiliere und die wenigen noch vor handenen Grenadiere zurück, und that diesen noch viel Schaden. Die wenigen in die Schanze Gedrungenen mußten sich mit Kol ben und Bajonet den Rückweg bahnen ; der Lieutenant v. d . Heyde
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und etliche 20 Grenadiere aber waren abgeschnitten und mußten sich ergeben. So endete unglücklich ,
aber mit unsterblichem Ruhm die
Thätigkeit einer seltenen Heldenschaar.
Das Grenadier - Bataillon
war fast vernichtet ; 400 Todte und Verwundete hatte es ver loren ; aus den Ueberresten konnte nur noch eine schwache Com pagnie unter dem Hauptmann v. Bülow formirt werden .
Auf der
Wahlstatt hatten den Heldentod erlitten der Hauptmann v. Zülich, die Lieutenants v. Normann , v. Zelewski und Nettelbeck; verwundet waren linski.
Staak und Kobi
Auch das Füsilier - Bataillon Möller hatte einen Officier
verloren. digt.
Lieutenant v. Gräwenig ,
Am Tage nach dem Sturm wurden die Todten beer
Die Geschichte schweigt über dieses Begebniß ; sie hatte
wohl Schwereres zu berichten.
Aber es mag hier manches sonst
feste Antlig den ganzen bitteren Schmerz gezeigt haben, der das Herz eines Preußen bei solchem Anblick zerreißen mußte.
11 Da
mußte ich alter Kerl weinen ," sagt selbst der so eisenfeste Com mandant.
Den Ueberlebenden lächelte nicht die Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang aller dieſer grimmigen Kämpfe ――――― fie
hatten nur die Aussicht mit Ehren den Fall des Vaterlandes zu erwarten , und der Glücklichste war dann der, den Gott des Heldentodes würdigte.
Von nun an zog der Feind den flammenden Kreis immer enger und enger um die kleine Veste.
Die Einschließung wurde
auf beiden Seiten der Persante vollständig bewirkt, und täglich wuchsen neue Batterien des Feindes aus dem Boden. Wenn er auch jeden Schritt vorwärts mit Blutströmen erkaufen mußte, so machte er ihn doch, und setzte alle Kraft daran, sein Ziel zu er reichen. Gegen Ende des Monats erfuhr der General Loison , daß Rußland mit Napoleon einen Waffenstillstand
geschlossen habe,
und daß diefem nothwendig ein zweiter mit Preußen zu schlie
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Bender folgen müsse.
Schon hatte man sich über 50 Tage vor
dieſem kleinen Plaß aufgehalten, ohne ihn zu gewinnen, und das war in Napoleon's Augen kein Lob für den General.
Er wollte
Alles daran sezen, um noch in der letzten Stunde seinem Herrn und Meister eine Trophäe zu Füßen zu legen.
Daß er zu dem
Ende die Maikuhle haben müsse, um von dieser Seite der Festung die Verbindung mit dem Meere zu nehmen und seine Batterien auch hier errichten zu können, war in die Augen fallend. Die Maikuhlen = Besatzung bestand nur noch aus
etwa
450 Mann Schillscher Infanterie und Jäger , welche nicht nur die an 1000 Schritt lange Schanzenlinie, sondern auch noch das vorliegende Maschinenhaus mit dem Gradirwerk zu vertheidigen hatte.
Sie hatte eine längere Zeit hindurch keine Angriffe er
fahren, und ein Gefühl der Sicherheit bei sich einschleichen lassen, welches selbst die so` wachſamen Officiere etwas befangen hielt. Bei der geringen Zahl derselben , vorzüglich aber durch den vor längerer Zeit schon erfolgten Abgang Schill's und Petersdorff's nach Schwedisch - Pommern, war unmerklich der Geist des Corps etwas verändert.
Die Feuerseele , die es belebt hatte, war ihm
geraubt ; sie, die keine Ruhe kannte, so lange ihr noch ein Feind gegenüberstand.
Wohl hatte der so brave Lieutenant v. Gruben
dem Major v. Gneisenau versprochen , sich in der Verschanzung -- ein einziger eher begraben zu lassen , als sie zu übergeben unbewachter Augenblick ſollte seine Hoffnung zu Schanden machen.
Fall der Maikuhle; Bombardement am 1. und 2. Juli. In der Nacht zum 1. Juli hatte der Feind alle Anordnungen zum Bombardement vollendet.
Um 3 Uhr Morgens begann er
mit einem Hagel von Bomben und Kugeln Stadt und Festung zu überschütten ; bald darauf rückten von allen Seiten ſeine Haufen zum Sturme an.
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Auf dem linken Ufer des Flusses hatte er 2000 Mann in zwei Colonnen versammelt, deren eine das Maschinenhaus an griff,
während
die andere links
gegen die Maikuhle vorging.
Lange bemühte sich die erstere , die Besazung zu delogiren ; den vereinten Anstrengungen der Compagnie Rüllmann von Schill und einer des 3. Bataillons von Borcke gelang es, ihn mit Er folg zurückzuweisen.
Da steckten feindliche Tirailleurs die Sohlen
leitung in Brand ; das halb naſſe Strauchwerk derselben verur sachte einen so unerträglichen Rauch , daß die Vertheidiger ihren Posten verlassen und sich nach der Festung zu zurückziehen mußten. Noch ehe dies geschah, war schon die Maikuhle gefallen. Die zweite feindliche Colonne hatte in mehreren Abtheilungen, einen Schwarm Tirailleurs vor sich, die Vorposten zurückgedrängt und sich in den Dünen am Strande festgesezt, von wo die Ge schüße der Verschanzung ihrer Bedienung beraubt werden sollten. Eine Colonne von etwa 400 Mann war unter deren Schutz am Strande gegen den rechten Flügel vorgerückt, hatte bei niedrigem Wasserstande denselben umgehen und so die im Innern des Werks liegenden Dünen gewinnen können , von wo sie die Compagnie Hertell im Rücken angriff, während die anderen Colonnen in der Front stürmten . Unbegreiflicher Weise hatte sich der Commandeur, Lieutenant v. Gruben, bis dahin in seinem Quartier auf dem rechten Ufer der Persante aufgehalten.
Als er endlich begriff, daß der An
griff ernsthaft ſei, eilte er auf seinen Poſten, traf auf dem Wege dorthin aber schon Flüchtlinge der ersten Compagnie (Hertell) mit der Nachricht von der gelungenen Umgehung des Feindes.
Ein
Schrecken schien unter die sonst so standhaften Leute gefahren zu sein.
Die Compagnie v. Sydow, welche zum Ersaß und Rück
nahme des Postens vorrücken sollte, wankte, zauderte, und ließ sich endlich durch die erste mit in die Flucht verwickeln ; und nun half kein Bitten der braven Officiere mehr ――――― - Alles drängte sich
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nach der Persantebrücke , nach der Festung.
Die schlechten Ele
mente fanden dabei, wie immer, noch Zeit, Unordnungen zu ver üben , Bagagen zu plündern -
aus einer vortrefflichen Truppe
war durch mangelnde Zucht plötzlich ein gefährlicher Haufe, eine Bande geworden. Was half es, daß die Beſſeren sich einer zum Soutien herbeieilenden Füsilier - Compagnie anschlossen , und alle Tapferkeit anwandten , das Gefecht zum Stehen zu bringen ſie mußten der wachsenden Uebermacht weichen.
Dieses Ende ― er zu erfahren , sollte dem edlen Schill nicht beschieden sein
hätte es auch nicht so weit kommen laſſen. Der Rückzug über die Persante war vollführt, aber die Ge fahr für die Festung noch nicht vorüber. Die Brücke war auf Kähnen erbaut worden und hatte von den Zimmerleuten nicht mehr ab geschwenkt werden können ; der Feind trachtete danach, den Ueber gang zu erzwingen und sich jenseits des sogenannten Licenthauses zu bemächtigen, wodurch die Festung auch im Norden eingeſchloſſen und von allen Seiten angegriffen worden wäre. Ein heftiges Feuergefecht entspann sich zwischen den feind lichen Schützen und den auf dem rechten Ufer stehenden Füsilieren, welche ohne irgend eine Deckung große Verluste erlitten und mit größter Tapferkeit den Feind abhielten.
Zwei preußische Geſchüße,
welche die Brücke zu zerstören ſuchten , wurden bald ihrer Be dienung beraubt; zum Glück konnte das Geſchüß der naheliegenden Forts wenigstens eingreifen und den Feind abhalten.
Er zog
Verstärkungen heran und benutte die in der Maikuhle eroberten Geschütze zum neuen Angriff, aber die Festigkeit der preußischen Artilleristen bewährte sich glänzend ; der Feind erkaufte ſeine Be mühungen mit vielen Opfern.
Endlich gelang es der schwedischen
Fregatte sich der Maikuhle zu nähern und durch ihre Geschüße wesentlich dahin zu wirken ,
daß der Feind gegen Abend von
seinen Versuchen auf die Brücke abstand .
Noch einmal hatten
der Lieutenant v. Gruben und sein jüngerer Bruder versucht , in
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die Maikuhle wieder einzudringen ; sie waren von dem Feuer des Feindes blutig zurückgewiesen und der Lettere dabei tödtlich ver wundet worden. Der Verlust der Schillschen Infanterie betrug an 60 Todte und verhältnißmäßig viel Verwundete ; die Füsiliere zählten nicht weniger; von 50 Mann der Besatzung des Licenthauses brachte der commandirende Lieutenant v. Briefen zurück. Die Gefahr war sehr groß gewesen .
nur
6 Verwundete
Auch vom Wolfsberge
her hatten die Franzosen einen so nachdrücklichen Angriff gemacht, daß die preußischen Vorposten delogirt wurden und seine Colonnen bis zur Vorſtadt Stubbenhagen drangen, dort die noch nicht voll endete Ziegelschanze angriffen und nur vor der energischen Ver theidigung der Besatzung derselben zurückwichen.
100 Grenadiere
gingen ihnen entgegen und nahmen ihnen mit Hülfe der Küraſſier Schwadron 3 Officiere 41 Mann an Gefangenen ab. Als das Gefecht vorüber war, wurde den in der Schanze commandirenden. Officieren , den Lieutenants v. Zelewski und Fock, gemeldet , daß 6 Grenadiere ihre Pflicht verlegt und ihren Posten verlaſſen hät ten ; alle Uebrigen erklärten , mit solchen Feiglingen nicht dienen zu wollen, ja sie verlangten, daß sie erschossen würden.
So be
gannen sie auch sogleich eigenmächtig in ihrer Erbitterung eine Execution gegen die feigen Kameraden, fielen mit Wuth über sie her, rissen ihnen die Grenadiermüßen , Kragen und Aufschläge herunter , und mißhandelten sie, bis die Officiere die Arretirung der 6 Leute veranlaßten.
Der Major v. Gneisenau hätte diese
zum Erschießen verurtheilt, wenn nicht inzwischen der Waffen stillstand eingetreten wäre , wo dann das Gericht sie zur Aus stoßung aus dem Soldatenstande und zum Gaſſenlaufen verur theilte.
Der Major aber belobte den Geist der Ehre, welchen
die Grenadiere, allerdings mit Verlegung der Form, auch hierbei bewiesen hätten.
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Auf der entgegengesetzten Seite war gegen den Cörliner Damm ein Angriff gerichtet gewesen, der aber durch die kräftige Vertheidigung des pommerschen Reserve - Bataillons unter Haupt mann v. Röder zurückgeschlagen ward. Das neumärkiſche Reſerve-Bataillon hatte einen sehr schweren Stand in und vor der Lauenburger Vorstadt gehabt.
Der brave
Lieutenant Kierstein fiel in dem furchtbaren Kartätschfeuer, welches das Bataillon auszuhalten hatte ; sein Tod wurde tief betrauert. Drei Angriffe des Feindes gegen Abend wurden immer zurück gewiesen ; endlich befahl der Major Gneisenau aus Mitleiden den Leuten, ihre Vorposten und Blockhäuser zu verlaſſen. Hier ward auch der Fähnrich Kamecke verwundet.
Während des ganzen Tages hatte der Feind die Stadt mit seinem Bombardement geängstigt und sich nur die zur Abkühlung Man zählte auf jede
der Geschütze nöthigen Pausen gegönnt. Minute über 3 Schüsse oder Würfe. endlich in der Stadt aus.
Ein heftiges Feuer brach
Anfangs herrschte heiteres und stilles Wetter , welches das Löschen begünstigte, mit der Zeit jedoch wurden alle Bemühungen vergeblich, den Flammen Einhalt zu thun.
Der Menschenfreund
mußte mit blutendem Herzen all das entseßliche Elend anſehen, welches die unglücklichen Bewohner traf, ohne helfen zu können. Und doch blieb in diesen grauenvollen Stunden der Commandant fest wie ein Fels im Meeressturm.
Sein heiterer Muth richtete
auch die Kleinmüthigſten auf, als in der Nacht zum 2. Juli, am folgenden Morgen das Bombardement unablässig Verheerungen und Verwundungen verursachte. Als der Mittag des 2. Juli herangekommen war , griff der Feind nochmals an, aber seine Colonnen wurden von der Besatzung mit gleicher Standhaftigkeit abgewiesen.
Es war als ob er ſein
Lettes auf die Karte sehen und Alles in den Schlund des Ver derbens schleudern wollte.
Schon sah man von der Festung gegen
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3 Uhr Nachmittags neue Vorbereitungen zu Stürmen , und in banger Erwartung mochte so manches Herz beben , da zog der Belagerer die Waffenſtillstandsflagge auf,
sein Feuer fing
an
schwächer zu werden, ein preußischer Officier kam aus den Lauf gräben heraus und eilte der Festung zu es war der Bote der Erlösung , Colberg war erhalten und gerettet !
Der Lieutenant
v. Holleben des neumärkischen Reserve-Bataillons erſchien beim Commandanten und brachte ihm die Nachricht von dem zwischen Napoleon
und
dem König
Friedrich Wilhelm abgeschlossenen
Waffenstillstand. Er war bald nach jenem Sturm auf die Maßschanze mit einem Commando von 600 Gefangenen zu Schiffe nach Memel geschickt worden, und dort mit dem Auftrage beehrt , den Waffenſtillstand auf dem Landwege nach Colberg zu bringen.
D
Mit geflügelter Eile
hatte er sein Ziel zu erreichen gesucht, als er beim General Loison unter allerhand nichtigen Vorwänden noch so lange aufgehalten wurde, bis nach dessen Rechnung die Festung sich ergeben haben müſſe. Endlich erlahmte der Starrsinn und die Wuth des Feindes an der festen Ausdauer der Preußen und ihres Commandanten. Der Lieutenant v. Holleben ward in Begleitung eines franzöſiſchen Generals an die Trancheen gebracht.
Hier konnten sie sich noch
von der Unerschütterlichkeit , ja von der gesteigerten Erbitterung
! der Besatzung überzeugen.
Beim Aussteigen aus dem Wagen
wäre der General beinahe von einer preußischen Bombe erschlagen worden ; die Luft in den Laufgräben wurde ihm zu dick und heiß, er verschwand ohne Abschied von der Seite des preußischen Of ficiers.
Unter dem Hagel der preußischen Kugeln
Lettere seinen Weg zu der Festung fortseßen.
mußte der
Bald verließ ihn
auch der kleine Tambour, dem nicht blos Trommeln und Blaſen, sondern auch Hören und Sehen vergangen war, und mit seltenem Glück gelang es dem Lieutenant v. Holleben unverwundet zum Commandanten zu kommen.
Mit stoischem Gleichmuth eröffnete
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dieser die königliche Sendung, las sie ruhig durch und sagte dann: ,,Noch hatte es keine Noth ; es beginnt uns zwar an Salz zu „ fehlen , aber mit unserem ächten ( dem Pulverfalz ) hätten wir „jenes erſeßt und uns auch ferner vertheidigt.“ . So hatte der Lenker der Schlachten sich ein würdiges Werk zeug erwählt, das letzte Bollwerk Preußens zu erhalten.
Aber er
hatte auch Viele auserwählt , für diese heilige Sache die Krone des ewigen Lebens zu erwerben.
Noch in dem letzten Augenblick
traf eine Vollkugel den so ausgezeichneten Hauptmann v. Röder , um ihn 3 Tage später seinem Könige , seinen Kameraden und Untergebenen zu entreißen.
In kurzer Zeit hatte der würdige
Mann als Commandeur des pommerschen Reserve - Bataillons feine jungen Soldaten in aller Strenge , aber mit dem Geiſte wahrer Liebe , zu Helden erzogen.
Schmerzlich ward von Allen
sein Tod beweint ; er hatte sich ihre Herzen und Gemüther ge wonnen. Noch lange nach seinem Tode ſuchten ſie ſein Andenken zu erhalten und zu ehren *). Groß war die Zahl der Lücken, welche die feindlichen Kugeln gerissen hatten. Die Garnison hatte in der Zeit seit dem Monat Mai verloren 21 Offic., 51 Unteroffic., 644 Gem. an Todten ; 27 104 912 11 11 ,, an Verwundeten ; 6 " 192 6 11 "1 an Gefangenen, welche wohl meist auch verwundet waren ;
1
"1
28
11
465 Gem. an Vermißten ;
24
"1
380
an Invalide Ge= "1 wordenen.
in Summa 55 Offic., 213 Unteroffic., 2593 Gemeine außer Gefecht ; also weit über
der gesammten Besatzung.
*) Siehe im Anhange den Brief des Hauptmanns v. Röder.
65 Gedenken wir aber auch dankbar der Opfer, welche die Bürger schaft Colbergs auf den Altar des Vaterlandes legte ; 27 Bürger waren im Kampfe gefallen und 41 verwundet. Der König erkannte das Verdienst nach seinen Kräften durch Beförderung , durch Vordatirung der Patente, durch Orden und sonstige Auszeichnungen an.
27 Officiere waren so glücklich den
Orden pour le mérite zu erhalten ; 5 Feldwebel und Unterofficiere wurden durch die goldene, 208 Unterofficiere und Gemeine durch die silberne Verdienstmedaille ausgezeichnet. Höher aber noch als diese äußeren Zeichen mußte die Tapferen die Anerkennung lohnen, welche König und Vaterland ihnen aus Herzensgrund zollten und die sie ohne Neid und Eifersucht genossen. Am 9. August ward durch öffentlichen Anschlag und Parole befehl der Königliche Dank und Gruß in folgenden an den Com mandanten gerichteten Worten bekannt gemacht: „ Ihr kraftvolles und kluges Wirken, so wie das ehrenvolle
?? Benehmen der Colberger Garniſon und seiner treuen Bürger „schaft wird Ihnen gemeinschaftlich in den Annalen der vater „ ländischen Geschichte, in diesen verhängnißvollen Zeiten, ein , ewiges, unvergängliches Denkmal stiften." Zunächst in der Geschichte des Belagerungskrieges , dessen Wiſſenſchaft bis dahin den Fall einer Festung nach Länge der Polygonseiten und Anzahl der Bastione genau berechnete.
Hier
ward zuerst ein System der Vertheidigung glänzend durchgeführt, welches jene grauen Theorien zu Schanden machte , den Feind zwang, seine Laufgräben fern vom Hauptwall zu eröffnen und Ströme Blutes zu vergießen, ehe er nur zur Anlage von Bresche batterien kommen konnte. Hier ward in dem fortwährenden Kampfe vor, nicht hinter den Wällen, die Kraft des Ausfalls, der er folgreiche Gebrauch selbst der Cavallerie und reitenden Artillerie bewiesen.
Sebastopol ist kein Fortschritt in der Wissenschaft ,
sondern nur eine modificirte , vergrößerte Copie dieser Colberger 5
66
Belagerung, ein großartiges Beiſpiel zur Erhärtung des neuen Princips, welches allerdings aber zwei Factoren voraussetzt, welche in dem Resultat unerläßlich sind, das einige Wirken der Garniſon und der Bürgerschaft. politische Bedeutung.
Insofern hatte die Belagerung eine hohe Hier hatten die Preußen gezeigt , was sie
leiſten können, wenn ihre Kraft nur aufgefordert wird, wenn der ,,rechte Meister die Geister zu ihrem Zwecke hervorruft."
Auf
sich selbst angewiesen , haben sie in jenem entlegenen Winkel sich zur größeren Energie, Ausdauer, Standhaftigkeit zuſammengerafft. Zum ersten Male riefen hier Volk und Heer sich gegenseitig zu gemeinſamem Wirken auf; es war die treue, opferwillige Gesin nung, die Empfindung von dem Walten einer höheren Hand, welche Beide aufs Neue durchdrang.
Deshalb heftete sich der
irrende Blick des Volkes an diese Leuchte im Sturm ; deshalb erstarkte es an diesem Beiſpiel seine Hoffnung auf Befreiung von der Fremdherrschaft ; deshalb ging es in sich und legte erst im eigenen Herzen das neue Fundament für den Aufbau kommender Zeiten.
Anhang.
I. Verzeichniß derjenigen Officiere der 4 Bataillone des späteren Leib Regiments , welche in der Colberger Belagerung geblieben oder ver wundet find *).
Auf der Stelle geblieben. Vom Grenadier - Bataillon: Hauptmann v. Waldenfels, v. Zülich, " Lieutenant v. Bestel,
Lieutenant v. Normann, v. Röll, " Nettelbeck. "
*) Die Liste der gefallenen Unterofficiere und Soldaten ist leider nicht zu erforschen gewesen, so sehr wir uns auch darum bemüht haben.
67 Vom 2. pommerschen Reſerve - Bataillon : Fähnrich v. Dombrowski. bom neumärkischen Reserve - Bataillon: Fähnrich Kierstein.
An Blessuren gestorben. Vom Grenadier - Bataillon: Lieutenant v. Zelewski. Vom 2. pommerschen Reserve - Bataillon : Lieutenant v. Dresler. Hauptmann v. Röder,
Von der Schillschen Infanterie : Lieutenant v. Gruben II.
An Krankheit in Folge von Beschwerden. Von der Schillschen Infanterie : Lieutenants v. Sydow und v. Falkenhayn, Fähnrich v . Mühlenfels.
Blessirt wurden : Vom Grenadier - Bataillon : Lieutenant Kobylinski,
Capitain v. Bülow, Lieutenant v. Gräwenit, "
v. Schmidt, Staat,
" " "
Lisniewski, Gäbe, v. d. Heyde.
Vom 2. pommerschen Reserve - Bataillon : Lieutenants v. Diebitsch und v. Borcke. Dom 3. neumärkischen Reserve - Bataillon : Fähnrichs v. Kamecke und v. Koch.
Von der Schillschen Infanterie : Lieutenant v. Eggers,
Major v. Schill, Lieutenant v. Pannwiß, "
v. Quistorp,
" "
v. Wedell, D. Roc,
Capitain v. Resten.
5*
68
II. Liste der vor und während der Belagerung verliehenen Orden und Ehrenzeichen. (Von denjenigen Truppentheilen, welche später das Leibregiment formirten.) Es erhielten den Orden pour le mérite : Vom Grenadier - Bataillon : Hauptmann v. Waldenfels, v. Bülow, " Sec.-Lieutenant v. Gräweniß,
Sec.-Lieutenant v. Brandenſtein, " "
v. Blankenburg, Staat.
Vom 2. pommerschen Reſerve - Bataillon : Sec.-Lieutenant v. Borde, Hauptmann v. Steinmetz, " Prem.-Lieutenant v. Stückradt, v. Diebitsch. Dom 3. neumärkischen Reſerve - Bataillon : Sec.-Lieutenant v. Uklanski,
Hauptmann v. Derßen, Sec.-Lieutenant Gramsch,
"
Kierstein.
Von der Schillschen Infanterie: Lieutenant v. Hertel,
Rittmeister v. Schill,
Hauptmann v. Arenſtorff, " v. Petersdorff, Lieutenant v. Gruben I., " "
v. Rüllmann,
" " " "
Köhler, Fabe, Kaiser, v. Koc.
v. Quistorp,
Es erhielten die goldene Verdienst - Medaille : Vom Grenadier - Bataillon : Feldwebel Fund, Walpaul, Unterofficier de Ruyter,
Unterofficier Süß, Grenadier Bartel,
"
Schönwetter.
Vom 2. pommerſchen Reſerve - Bataillon : Unterofficier Wesener.
Von der Schillschen Infanterie : Feldwebel Krätschel, Unterofficier Heckmann,
Unterofficier Heidrich, Füsilier Splittgerber.
69 Es erhielten die silberne Verdienst - Medaille : Vom Grenadier - Bataillon: Feldwebel Barz, Grenadier Arnold, Becker, " " Schwarz, Nettelbed, " " Zimmermann, Mewes, " " Schmidt, Unterofficier Hendler, " Bikowski, Lehmann, Born, " " " Fuhrmann, Schneider, " Raphahn, " Lawerenz, " " Watschow, " Freder, Gerber, Mandelkow, " " Wendt " " , Negedank, Ramm, " " Falkenthal, Stüwe I., Gäde, " " Stüwe II., Janitschüß, " " Schlips, " " Schmidt, Wächler, Mathias, " " Schulz, " " Bergander, Kühnert, Ebert, " " Köppen, Schlick, " " Gaulde, Wellner, " " Bat.-Tambour Laweis, " Schumacher, Grenadier Steuer, " Baumgarten, Knaak, " Kühn, " Wahl, " Schlichting, " Müller, " " Siemon , Gäble, Nawara, " " " "
Knospe, Paschke,
"
Bochenthin.
Dom 2. pommerschen Reserve - Bataillon: Feldwebel Piester, Unterofficier Witschel, Thiele, Wengler, " " Göhlich, " Fellmann, " Günther, " Unterofficier v. Glöden, Gollinetz, " " Limbach, Plauske, Baumblüth, " "
70 Musketier Otterstein, Mathes, " Jerge, " Trempe, " Spielberg, " Wesenberg, "
" " " " " " " " " " " "
Deutsch, Granow, Gieche,
Pommerwit, Knopp, Engelbrecht, Roßbach, Meißner, Spremberg, Saffe,
Hoffschildt, Habed, Krüger,
Musketier Kray, " " " " " " " " " " " " " " " " " "
Brandt, Jordan, Brunkow, Hendler, Klemer, Baldrian, Jende,
Hellbrich, Schipper, Kiel, Schimmel,
Lessten, Klatt, Arendt, Rempler, Völker, Bieffe, Schulz.
Vom 3. neumärkischen Reserve - Bataillon : Feldwebel Müller, Unterofficier Herrmann, Böhm, Godicke, " " " Kirstein, " Trückwarth, Stazinski, " Unterofficier Krieß, Plenski, Musketier " Schäfer, Juhlke, Neibert, " " Althausen, Güntel, Repce, Moldenhauer, Embochel,
•
" " " " " " "
Heim, Klein, Abramowski,
" " " " " " "
Bolke, Polaczewski, Steinde, Golt, Merkmann,
Hönde, Keil.
Von der Schillschen Infanterie : Feldwebel Geppenhausen,
Feldwebel Herrmann, Görner, "
Unterofficier Frenzel I.,
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Unterofficier Frenzel II., " Jander, " Schröder, Nickel, " Kramer, " " Graf, Radtke, " Seidel I., " Seidel II., " "1 Misera, Jorrich, " " Herrmann, Gärtner, " Gäsler, " Wel ler, " Schwarz, " Meyer, " Gragen, " Breitholz, " Bolontair Müller,
Füfilier Milde, Liepke, "
Füsilier " " " " " " " " " " " " " " " " " " " "
Wolff, Syring, Schulz, Kicker, Kiwiß, Wussow, Stempel, Mante, Rösler, Demmert, Wedlich, Marquardt,
Derstling, Walther, Marunge, Laufer, Conway, Kapherr, Missera, Völder, Seller.
Kleine Denkwürdigkeiten. Der Unterofficier Moldenhauer, früher im Regiment v. Gök , hatte schon mehrere Ranzionirte glücklich nach Colberg geführt. Er meldete dem Lieutenant v. Schill, daß noch mehrere solcher Leute in Arnswalde wären , und daß es mit ihrer Hülfe möglich sei, französische Generale, welche jene Gegend öfters pas firten , aufzuheben .
v . Schill gab ihm sogleich drei zuverlässige
Leute mit und entsandte auch gleichzeitig den Unterofficier Zoch von der Cavallerie mit einigen Pferden nach Wuzig zur Unter
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ſtützung dieses Unternehmens.
Moldenhauer und seine Gehülfen
trafen glücklicherweise mit dem französischen General Victor in Arnswalde zusammen , überfielen sein Quartier und nahmen ihn gefangen.
Der General gab vor, noch etwas aus einem Neben
zimmer holen zu wollen , benutte die Sorglosigkeit der Preußen, sprang aus einem Fenster , kletterte über mehrere Gartenzäune und verbarg sich in dem Hause einer armen Frau, und zwar in einem Kartoffelhaufen.
Doch unsere Preußen hatten die franzö
sische Witterung ; sie zogen den General aus seinem Versteck her vor und brachten ihn mit Extrapost nach Danzig.
Sie setzten
ſich dabei in den Wagen des Generals ; um die lästige Gesell schaft los zu werden , wollte er die ehrlichen Pommern bewegen, wenigstens in dem folgenden Wagen Plaß zu nehmen , welches sie aber mit der Bemerkung verweigerten : „ es reise sich ange nehmer in Gesellschaft, man müſſe hübsch zusammenbleiben. " Aus der Kaſſe des Generals berichtigten sie regelmäßig die Kosten ; mit Extrapoſt zu reifen , war schon nichts Kleines , das paſſirte ja nur großen Herren.
Bekanntlich wurde General Victor für
den bei Lübeck in Gefangenschaft gerathenen General v. Blücher, den nachherigen Feldmarschall, ausgewechselt.
Der Schüße Piefke *), von der 4. Compagnie des 2. pom merschen Reserve - Bataillons , zeigte sich nicht nur bei jeder Ge legenheit als ein höchst braver Soldat, sondern bewies auch eine edle Uneigennützigkeit.
Der Feind drängte
den 29. April die
Vorposten dieses Bataillons vor dem Lauenburger Thor sehr leb
*) Stand nach der Formation des Regiments bei der 7. Compagnie und wurde von seinen Kameraden scherzweise „" der alte Jakob " genannt. Im Jahre 1826 schied er aus dem Militärdienst Das neue Verhältniß behagte indeß wenig seinen Neigungen und er ließ sich bald wieder bei der Garniſon - Com pagnie anstellen ; er war im Befiß der filbernen Verdienst - Medaille und lebte später in seinem Geburtsort Bernstein.
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haft zurück, weshalb Lieutenant v . Langen mit der 4. Compagnie zur Unterstützung vorrückte. Ein feindlicher Trupp, etwa 30 Mann, hatte sich dieser Compagnie in der rechten Flanke so genähert, daß sein Feuer sie belästigte.
Lieutenant v. Langen erkannte, daß bei
einem raschen Vorgehen jener feindliche Trupp abgeschnitten werden könnte, und befahl sogleich den Vormarsch.
Piefke ist der erste
von den nach den feindlichen Verschanzungen hineilenden braven Preußen ; aber auch die Franzosen laufen zurück, es ist nur noch möglich, 6 Mann von ihnen zu greifen und ihren Anführer, einen Sergeant = Major, zu verwunden. Da jest weiter keine Vortheile abzusehen waren , ließ Lieutenant v. Langen Halt machen, doch Pieffe lief mit den Worten: „ Erlauben Sie mir doch, diesen da zu holen! " dicht an die feindliche Verschanzung und brachte unter dem heftigsten
Gewehrfeuer den
Sergeant - Major angeschleppt.
durch das Bein geschossenen
Pieffe nahm nichts weiter , als
den ihm mit Recht gebührenden Säbel seines Gefangenen , und
F
litt auch nicht, daß diesem das Geringste von Anderen abgenom men wurde.
Am 2. Juni war die gegen Bullenwinkel ausgesetzte preu ßische Feldwache angegriffen und zum Rückzuge genöthigt worden. Obgleich Piefke gar nicht zu jenen Truppen gehörte , begab er sich dennoch mit einigen anderen Schüßen vor , und brachte mit den Worten: „ kommt , Kameraden , vorwärts ! " die weichende Feldwache nicht allein zum Stehen, sondern auch den Feind zum Rückzuge.
Er war bei dieser Gelegenheit wieder so glücklich,
einen feindlichen, am Kopf verwundeten Sergeanten gefangen zu nehmen.
Als der Franzose seinem Sieger eine Geldbörse mit
über 20 Thalern überreichte ,
nahm Pieffe nur
einen kleinen
Theil des Geldes und gab das Uebrige mit den Worten zurück : "1Pflege Dich, Kamerad , Du wirst es vorläufig nöthiger haben, als ich.“
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Der Füsilier Krüger , von der 1. Compagnie der Schill schen Infanterie, zeichnete sich bei allen Gelegenheiten durch Thätig keit, Verschlagenheit und Bravour so aus, daß er bald von seinen Vorgesezten und Kameraden allgemein geschäßt wurde.
Auf den
gefährlichsten Poſten bei Tag und Nacht war gewiß immer Krüger zu finden. Während des Gefechts bei Sellnow den 19. März wurde Krüger von feindlicher Cavallerie abgeschnitten , und nachdem er sich gegen sechs solcher Reiter längere Zeit gewehrt hatte, auch sein
Gefährte Zelchert niedergehauen war, gefangen.
Krüger,
welchem Nichts entseglicher erschien , als zu einer Zeit gefangen zu sein, wo gerade das Vaterland sich in höchster Noth befand, ſuchte Mittel und Wege zu entkommen, was ihm auch in Gülzow so glücklich gelang , daß er noch 17 andere Kameraden mit be freite.
Doch wurde er vom Feinde wieder eingeholt , unter
strenger Escorte nach Stettin geführt, dem dortigen Militärgericht überliefert und , wie sich voraussehen ließ , zum Tode durch Er schießen verurtheilt.
Schon war das Viereck formirt, der Sand
hügel aufgeworfen und das Executions - Commando dicht vor ihn hingetreten, als zum Glück gerade noch zur rechten Zeit Pardon anlangte , wogegen er nach Frankreich als Kriegsgefangener ab geführt werden sollte.
Auf dem Transporte bemerkte Krüger,
daß an ein Entwischen nicht zu denken sei, er mußte daher seine Befreiung auf anderem Wege versuchen.
Die Hülfstruppen der
französischen Armee recrutirten gern aus den preußischen Ge fangenen , und dieſen Umstand benußte Krüger in Magdeburg, sich bei einem holländischen Huſaren - Regiment zum Eintritt zu melden.
Er wurde gern angenommen , deſertirte aber bei der
nächsten Gelegenheit, und erschien am 17. Mai unter freudigster Begrüßung seiner Kameraden zu Pferde in Colberg, wo er seinen früheren Plaß in der Compagnie wieder einnahm.
Schon an
demselben Tage suchte Krüger wieder an den Feind zu kommen.
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Bekanntlich geschah in der Nacht vom 17. zum 18. Mai der An griff auf den Wolfsberg. Obgleich Krüger nach Colberg von der Maikuhle aus beurlaubt war, auch die Schillsche Infanterie gar nicht zu den Ausfalltruppen gehörte , ging er dennoch freiwillig mit den Grenadieren, und war mit dem Rufe : „kommt, Kame raden, die Schanze müssen wir haben ! " der Erste auf der Brust wehr.
Hauptmann v. Waldenfels belohnte das heldenmüthige
Benehmen durch ein Geldgeschenk und versprach, den tapferen Soldaten Sr. Majestät dem Könige zur Belohnung vorzuschlagen. Kurze Zeit darauf wünschte der Major v. Gneisenau , daß das feindliche Pulvermagazin in Cörlin durch einen entschloſſenen Menschen in Brand gesteckt würde ,
und setzte auch für dieſe
That eine Belohnung von 100 Thalern aus .
Krüger meldete
sich freiwillig und entsagte im Voraus jener Belohnung .
Der
Feind hatte indeß das Magazin in Sicherheit gebracht ,
und
Krüger kehrte, trostlos seinen Zweck nicht erreicht zu haben, nach Colberg zurück.
Er fiel als Held, von einer feindlichen Kugel in
den Kopf getroffen , während des Gefechts in der Maikuhle, am 1. Juli.
Gottlieb Eichstedt,
ein achtzehnjähriger Jüngling aus
Prenzlau , war durch den Ruf Schill's so begeistert , daß er mit Erlaubniß seines Vaters nach Colberg ging und sich beim Lieute nant v. d . Gruben zum Eintritt in die 1. Compagnie meldete. Der Jüngling war sehr bald erkannt, denn Luſt und Eifer zeigten sich bei seinem ganzen Thun, doch war er noch zu schwächlich, um mit einem Gewehr ausgerüstet allen Anforderungen zu ent sprechen.
So lief er denn vorläufig , die Compagnie überall hin
begleitend , mit, wobei er sich jedoch keineswegs schonte, sondern oft mit Gewalt zurückgehalten werden mußte.
Dies Verhältniß
schien ihm nicht recht zu behagen , er wollte auch für voll ange ſehen werden , und im Gefecht bei Neuwerder am 12. April ge
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lang es ihm , einen feindlichen Voltigeur mit dem Gewehr eines Kameraden zu erschießen. Er lief sogleich in die feindliche Schützen linie, nahm sich das Gewehr des von ihm Erschoffenen und prä sentirte sich dem Lieutenant v. d. Gruben mit den Worten : „ Nun habe ich ein Gewehr und bitte um einen Platz in der Compagnie.“ Von jetzt an fiel kein Gefecht vor, bei welchem sich Eichstedt nicht auszeichnete ; er war bald der Liebling der ganzen Compagnie, und von den Officieren so gern gesehen, daß sie ihn nicht allein bei allen Gelegenheiten in ihre Nähe zogen, sondern auch in An regung brachten , daß er wegen seines überhaupt trefflichen Cha rakters selbst zum Officier in Vorschlag gebracht werden möchte. Eichstedt fiel als Held, von einer feindlichen Kugel getroffen , im Gefecht bei der Maikuhle am 30. Juni.
Der Unterofficier Klein , von der 1. Compagnie der Schillschen Infanterie , zeichnete sich durch Tapferkeit, Gegenwart des Geistes und Pünktlichkeit in Ausübung seiner Pflichten so vortheilhaft aus , daß er das unbedingte Vertrauen seiner Vor gesetzten und Kameraden genoß; er war der Sohn eines Inva liden und unterſtüßte seinen alten Vater durch Ersparnisse aus feinem Tractement.
Obgleich seit der Mitte des Monats März
ernstlich fieberkrank, war er immer einer der Ersten auf dem Plaze, aus dem Gefecht aber gewiß der Lette.
Am 9. April
beabsichtigte der Feind unter dem Schuße eines Recognoſcirungs gefechts die Saline zu nehmen und in Brand zu stecken.
Klein
bemerkte mit geübtem Auge, daß sich eine feindliche Compagnie vom Gros trennte und den Weg zur Saline nahm.
Sogleich
war ſein Entschluß gefaßt ; er rief aus der Schüßenlinie einige ihm bekannte Leute vor und begab sich eilig auf den gefährdeten Plaz, wo es diesen Wenigen auch glücklich gelang, fast während einer ganzen Stunde jene Compagnie aufzuhalten und ihre Absicht
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überhaupt ganz zu vereiteln. Klein fiel am 1. Juli bei der Ver theidigung der Persantebrücke.
Zu den blutigsten und anhaltendsten Gefechten während der Belagerung gehört auch das an der Persantebrücke am 1. Juli. Nachdem die Schillsche Infanterie die Maikuhle verlassen hatte, drängte der Feind so entschlossen gegen die Brücke, daß nur, wie bereits früher erwähnt worden ist, durch die Tapferkeit und Hin gebung des Füsilier - Bataillons v. Möller und zweier reitenden Geschütze unter Lieutenant Schüler das Gefecht zum Stehen kam. Der auf dieser Stelle nur 50 Schritt breite Fluß mit seinen durch Sandhügel und Anbau begrenzten Ufern trennte die Streiter, und diese kurze Entfernung war der Schauplatz eines längere Zeit anhaltenden mörderischen Gefechts.
Auf dem rechten , also dem
von den Preußen besetzten Ufer bildete das Licenthaus den Mittel punkt der Vertheidigung ; der hier die Schillsche Infanterie com mandirende Lieutenant v. Gruben bemerkte nur gesprächsweise zu einigen anderen Officieren : „ daß es am besten wäre , wenn die Brücke angezündet würde," als auch schon vier Mann, der Unter officier Czuch, die Schüßen Wollniz , Frenzel * ) und Con wah, vortraten und sich zur Ausführung dieses ebenso wichtigen, als auch waghalsigen Unternehmens freiwillig meldeten.
Mit
trockenem Reisig und Stroh versehen, eilten sie zur Brücke ; doch sie zogen sogleich alle Schüsse auf sich und Czuckh fiel todt nieder. Die drei Anderen ließen sich aber nicht stören, legten das Reisig an eine passende Stelle und suchten nun mittelst glimmenden Schwammes
den Brand
anzufachen.
Einschlagende feindliche
Kugeln reißen aber immer von Neuem das Feuer auseinander und verhindern so das Umsichgreifen desselben.
Was war zu
*) Frenzel hat auch mit Auszeichnung im Freiheitskriege gedient , war mit dem eisernen Kreuze und dem St. Georgs - Orden geschmückt und lebte ſpäter in Landsberg an der Warthe.
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machen?
Die Brücke sollte und mußte brennen ; während sich
Conway und Frenzel zusammenstellen, um das Reisig zu schüßen, schürt Wollnig den Brand zusammen , legt sich auf den Boden und bläst so wacker darauf los , daß die lichten Flammen auf schlagen.
Ein lautes Freudengeſchrei ihrer Kameraden begrüßte
die Helden, und ſie ſind im Begriff ſich zurückzuziehen, als Wollniß im Augenblick, wo er sich vom Boden erhob, von einer feindlichen Kugel getödtet wird.
Die beiden Anderen erreichten, beladen mit
den Leichen ihrer Gefährten, glücklich das Licenthaus, wo sie von den Officieren und Kameraden mit offenen Armen und Glück wünschen empfangen wurden.
Frenzel und
Conway bluteten
Jeder aus sechs leichten Wunden.
Ferdinand Weißmann , ein Jüngling von 18 Jahren, zeichnete sich bei allen Gelegenheiten durch Entſchloſſenheit aus. Als der Feind am 1. Juli die Maikuhle stürmte, sprang er auf die Brustwehr und stieß jeden Franzosen mit den Worten nieder : ,,Hier kommen nur Preußen herein! " Weißmann wich auch nicht von seinem Plaze, und fiel als Held von mehreren Bajonetſtichen durchbohrt.
Der Unterofficier Christian Schwarz hatte sich durch seine Brauchbarkeit so vortheilhaft empfohlen, daß man ihn immer zu schwierigen Dienstverrichtungen verwendete.
Besondere Aner
kennung verdiente auch seine Geistesgegenwart , die ihn nie ver ließ.
Beim Ueberfall auf Sellnow am 16. Juni hatten sich die
1., 2. und 3. Compagnie in genanntem Dorfe vereinigt und dran gen nun weiter vor.
Zur Sicherung der Flanke blieb Schwarz
mit einem Horniſten und sechs Mann auf Befehl des comman direnden Officiers zurück; er sollte die feindlichen Bewegungen beobachten und bei einer bedrohlichen Umgehung entweder melden oder Hornsignale geben laſſen.
Was man vermuthet hatte , traf
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auch ein, der Feind suchte die Rückzugslinie der Preußen zu ge winnen ; Schwarz ließ zwar sogleich melden, auch die Signale geben , aber die Entfernung mochte schon zu groß sein, genug man schien keine Notiz davon zu nehmen.
Schwarz half sich
jezt allein; er stellte seine fünf Mann verdeckt auf, ließ den Hor nisten tüchtig blasen, wobei er selbst laut redete, und commandirte, als ob ein Bataillon daſtände.
Der Feind machte Halt, und da
auch seine vorgeschickten Patrouillen, ehe sie einmal etwas sehen konnten, von Schüssen empfangen wurden, so kehrte er, hier eine starke Reſerve vermuthend, wieder um.
Der Schüße Braun befand sich bei der Abtheilung des Feldwebels Krätschel, welche nach dem Abzuge aus der Maikuhle sich nach dem Mündefort gewendet hatte.
Braun wurde hier
zweimal verwundet , und war nicht zu bewegen sich verbinden zu laſſen.
„ Ich muß denen da drüben erst wieder eins geben,"
antwortete er jedesmal, ließ sich sein Gewehr laden und hielt als geübter Schüße immer Wort.
Ein dritter Schuß in die Brust
streckte den Helden nieder.
Nachdem die Maikuhle geräumt war, sollten die Taue der Schiffsbrücke über die Persante am Mündefort von den Zimmer leuten der Schillschen Infanterie gekappt werden.
Der Feind
suchte diese Arbeit auf alle Weise zu hindern ; allein der Zimmer mann Scharf von der 2. Compagnie ließ sich nicht stören und haut auch glücklich den Anker los.
Ein Franzose lief mit ge
fälltem Gewehr auf Scharf zu , der sich jetzt mit seiner Axt zur Wehre sett, und es entſtand nun Angesichts der Franzosen und Preußen zwischen jenen Beiden ein wüthender Kampf.
Scharf
erhielt einen Schuß in den Daumen der linken Hand , aber ein herzhafter Hieb mit der Axt streckte seinen Gegner nieder.
Der
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Sieger erreichte, von vielen Schüssen begleitet , von denen glück licherweise keiner traf, unversehrt das rechte Ufer des Fluſſes.
Bei derselben Gelegenheit bemerkte der Schüße Labes , daß ein feindlicher Voltigeur schwimmend versuchte, ein Boot vom rechten Ufer auf das linke hinüberzubringen ; Labes , ein geübter Schwimmer, warf sich sogleich, angekleidet wie er war , in die Persante, erreichte den Franzosen in der Mitte des Flusses und nahm ihm das Boot wieder ab.
Als ein Beweis , welcher gute Geiſt das Schillſche Corps beseelte, wird folgende Geschichte erzählt. Beim Angriff der Fran zofen auf Sellnow den 19. März drohte der leichte Infanterist Caspar Dörstling
einem anderen Soldaten mit Erſchießen,
wenn er weichen würde, und als solches nichts half, jagte er wirklich seinem Kameraden die Kugel durch den Kopf, zeigte seinem Officier diesen Vorfall an und erndtete für die That all gemeines Lob ein.
Der Musketier Hübrich des 2. pommerschen Reserve Bataillons zeichnete sich durch Tapferkeit und unermüdliche Thätig keit aus. Von Profession ein Maurer, war er in der letzten Zeit von allem Dienſte entbunden worden, um bei der Einrichtung der Georgen -Kirche zum Lazareth in seinem Handwerk zu arbeiten. Hübrich versäumte indessen kein Gefecht; sobald seine Compagnie ausrückte, war er gewiß auf seinem Plaße, und er kehrte erst nach dem lezten Schuß zurück, um seine Arbeit raſtlos fortzu setzen.
Am 29. April Abends , als Hauptmann v. Röder mit den Vorposten am Lauenburger Damm vorging , um eine feindliche
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Verschanzung zu überfallen , zeichnete sich der Musketier Gru now, selbst noch ein Recrut , durch sein Beispiel aufs Vortheil hafteste aus . Einem anderen Soldaten, welcher immer zurückblieb, drohte Grunow, auf dem Fleck mit dem Bajonet zu durchbohren, wenn er nicht ſeine Schuldigkeit thäte.
Beim Sturm auf Colberg am 1. Juli war die Besatzung des Blockhauses vor der Lauenburger Vorstadt , eine Abtheilung des 3. neumärkischen Reserve - Bataillons, gezwungen, den Posten zu verlassen. Man wollte indessen die noch vorhandene Munition erst in Sicherheit bringen und dann das Werk in Brand ſtecken. Bei dieser Gelegenheit zeichnete sich ganz besonders der Musketier Hermann aus .
Er verließ das Blockhaus erst dann , als der
lezte Rest von Pulver entfernt war, und als das angelegte Feuer nicht schnell um sich greifen wollte, kehrte er noch einmal zurück, um die Flamme von Neuem anzufachen.
Das geschah unter den
wirksamsten Gewehrschüssen des Feindes.
An demselben Tage zeichnete sich der Musketier Juhlke vom 3. neumärkischen Reserve - Bataillon durch sein vortreffliches Beispiel auf das Vortheilhafteſte aus.
Nachdem ihm eine Gewehr
kugel den Fuß zerschmettert hatte, blieb er dennoch auf seinem Poſten und sprach : „ Nein , damit gehe ich noch lange nicht zu rück, erſt muß ich mich rächen.“ auch seine rechte Hand.
Ein zweiter Schuß zerschmetterte
Juhlke ließ sich die Kugel vom Unter
officier Woytel mit deſſen Taschenmesser “ausschneiden , und ging dann erst zurück, da er mit Bedauern bemerkte, nun sein Gewehr nicht mehr laden zu können.
Einer der bravsten Männer war der hier schon oft genannte Feldwebel Krätschel.
Nachdem er nicht nur mit dem größten
Eifer an der Sammlung von Ranzionirten sich betheiligt hatte, 6
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fand er auch Gelegenheiten, sich als entschlossener und umsichtiger Führer zu zeigen und des Commandanten Blick auf sich zu lenken. In der Nacht zum 24. Juni griff der Feind die gegen den Wolfs berg und am Strande aufgestellten Vorposten an.
Auf dem linken
Flügel derselben stand ein Officier des 3. Bataillons v. Owſtien mit 80 Mann, welche nicht Stand hielten und sich in Unordnung zurückzogen. Hierbei stieß er mit einigen Flüchtigen auf den Feld webel Krätschel, der mit mehreren bewaffneten Arbeitern vor dem Fort Münde beschäftigt war.
Dieser, erstaunt über solche Be
gegnung , ließ sogleich nach dem Fort Münde melden , ging mit einem Theil seiner Leute selbst vor , um sich von der Sachlage zu unterrichten, verstärkte sich durch Flüchtlinge bis auf 50 Mann und ging dreist weiter vor, wobei er glücklich die Schanze noch un besezt fand. Der Feind, welcher sich in den Dünen festgesezt hatte, ward nunmehr schnell durch den Feldwebel Krätschel vertrieben.
Noch ist es Pflicht, einen Mann zu nennen, der sich um die Schillsche Infanterie sehr
große Verdienste erwarb und deſſen
Patriotismus ebenso uneigennütig als thatkräftig war : der Ba taillonsarzt Hartmann , vormals in der 2. Warschauer Fü filier - Brigade.
Er war der Erste , welcher sich Schill
anschloß , und so lange er als Arzt noch nichts zu thun hatte, unterzog er sich unaufgefordert dem Sammeln von Ranzionirten . Lange Zeit hindurch war er der einzige Chirurg beim Corps, theilte alle Gefahren und Beschwerden desselben, und seine Sorg falt rettete viele Verwundete , die sonst Opfer geworden wären . Hartmann ward am 27. Februar in Treptow bei den dort zurück gelaſſenen Verwundeten gefangen ; er befreite sich aber bald wieder, nahm thätigen Antheil an der Belagerung und diente noch lange nachher als Regimentsarzt beim 2. Regiment Garde.
Zweites Buch.
Von 1807 bis 1812.
1. Ueberblick der Zustände bis zum September 1808 . Am 7. Juni wurde zu Tilsit jener Friedensvertrag geschlossen, kraft dessen der Kaiser Napoleon für immer die preußische Mo narchie in ihrem Nerv gelähmt zu haben glaubte.
Abgesehen A
davon , daß die Armee künftig nicht über 40,000 Mann zählen. sollte, war dem Feinde auch das Recht zugestanden, ſeine Truppen aus dem Lande des Ueberwundenen nicht vor der Erlegung einer ungeheuren Contribution zurückziehen zu müssen und die Haupt festungen desselben bis zu einer unbeſtimmten Zeit in Händen zu behalten. Alle jene Truppen, welche unter dem General v. Blücher in Vorpommern gestanden hatten , waren auf das rechte Ufer der Oder gezogen und mit der Besazung von Colberg unter dem Befehl des Generals vereint worden.
Hier wurden ſie , ſo gut
es sich nur mit den höheren Rücksichten vereinen ließ, zur Scho nung der hart mitgenommenen Städte auf die Dörfer vertheilt, und die Garniſon von Colberg namentlich occupirte alle Ort schaften im weiten Umkreise.
Nichts desto weniger wurden die
Truppen angewendet, den eigentlichen Friedenszustand in Stadt und Land zurückführen zu helfen.
6*
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In Colberg galt es ,
die rauchenden Trümmerhaufen zu
ebnen, und die von Blut gedüngten, vom Belagerer durchwühlten Felder der friedlichen Arbeit des Pfluges zurückzugeben .
Alle
Kräfte der Garnison mußten sich den dazu nöthigen und höchst bedeutenden Anstrengungen widmen . Der Zustand der Staatskaſſen gab den Maßstab, welchem zunächst Alles neu geordnet werden mußte. vember des
Jahres 1807
ward demgemäß jedes
nach
Im No Infanterie
Regiment reducirt, und zwar behielten die Compagnien nur die Stärke von 12 Unterofficieren , 2 Spielleuten und 50 Gemeinen . Für das Grenadier - Bataillon war keine Reduction effectiv nöthig, der Tod hatte reichlich die Reihen dieser Braven gelichtet ; für das Corps von Schill jedoch wurde ein anderes Princip befolgt, da man die vielen Freiwilligen nicht ohne Weiteres einem unge wissen Schicksal aussehen und ihnen ihren Unterhalt sichern wollte. Gleich nach dem Einmarsch des Blücherschen Corps hatte der Hauptmann v. Petersdorff die in Vorpommern gesammelten und in zwei Compagnien organiſirten Leute mit denen der alten Truppe so zu vereinen gesucht , daß man drei Bataillone aus ihnen formirte.
Der Hauptmann v. Arenstorff, die Premier
Lieutenants v . Gruben und v. d . Marwig wurden zu Com mandeuren derselben ernannt, während der Hauptmann v. Peters dorff den Titel „ Brigadier des Corps " führte. Das 1. Bataillon behielt 4 Compagnien, während die beiden anderen deren nur 3 und 2 zählten.
An Officieren war kein
* Ueberfluß; die Compagnien wurden von Lieutenants und Fähn richs geführt , wogegen jede mit Feldwebeln und alten Unteroffi cieren hinlänglich versehen war. Es ist das Unterscheidende dieses Corps , daß es faſt nur alte gediente Soldaten hatte, und nicht, wie die Freicorps späterer Zeit, sich aus Neulingen im Dienst und Gefecht recrutirte.
Auch
ist darin allein die Erklärung seiner ausdauernden , an
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gespannten Kraftentwickelung zu suchen ; und es war die über einstimmende Meinung des Rittmeisters v. Schill und des von der Marwitz (welcher ein solches Corps in Schwedisch - Pommern aufgestellt hatte), daß unerfahrene Recruten nie in einem Freicorps zu gebrauchen seien.
Die große Menge, die öffentliche Meinung
täuscht sich auch zu oft über die Erfordernisse eines solchen Kriegsaufgebots.
Sie glaubt, es sei mit der bloßen Kriegslust
abgethan, während doch noch eine sehr wesentliche Eigenschaft zu dieser hinzutreten muß, um die Soldaten eines Freicorps zu den gesteigerten Anforderungen zu befähigen , welche der Krieg an sie macht.
Diese Eigenschaft ist die Gefechtskraft , die Kraft der
Seele, mitten unter den Gefahren des Todes nicht allein den Befehl, sondern auch den mechanischen Waffengebrauch mit thä tiger Besonnenheit durchzuführen.
Sie ist bei sorgfältig erzogenen
Menschen selbst nicht immer von vorn herein vorhanden ; in der großen Maſſe kann sie aber auch nur durch mechanische Ge wohnheit des Waffendienstes vorbereitet werden. Und eben diese beiden Factoren waren in der Schillschen Infanterie vor handen. Es ist vielleicht nicht ohne Interesse für die Beurtheilung der alten Regimenter und des Schillſchen Corps , genauere An gaben zu erfahren. Das 1. Bataillon hatte in 4 Compagnien (v. Quistorp , v. Eggers , v. Pannwig , v. Rüllmann ) noch 6 Officiere, 3 Fähnrichs, 1 Portepee - Fähnrich, 4 Feldwebel, 9 Sergeanten, 40 Unterofficiere, 6 Hautboisten , 10 Spielleute , 8 Zimmerleute und 462 Gemeine , von denen nur 37 früher nicht gedient hatten.
Das 2. Bataillon hatte in 3 Compagnien (v. Sydow, v. Koc, v. Hertel) noch 2 Officiere , 2 Fähnrichs , 3 Feldwebel, 5 Sergeanten, 11 Unterofficiere, 5 Spielleute und 142 Gemeine, von denen nur 23 früher nicht dienten.
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Das 3. Bataillon hatte in 2 Compagnien ( v. d. Mar wiz, v. Horn ) noch 5 Officiere, darunter 2 Hauptleute, 3 ehe malige Feldjäger als Volontärofficiere, 2 Fähnrichs, 2 Feldwebel, 6 Sergeanten, 9 Unterofficiere, 4 Spielleute, 260 Gemeine, von denen 20 früher nicht gedient hatten.
Außerdem bestand noch
eine Jäger - Compagnie unter Hauptmann Otto , mit 1 Feld webel, 6 Oberjägern, 1 Hornist, 62 Jägern. Von der Gesammtſumme von 983 Köpfen hatten früher ge standen : beim Regiment v. Borcke 106 Mann, bei Owstien 80 Mann, bei Herz. v. Braunschweig 102 Mann, bei Prinz Oranien 113 Mann, bei Pirch 61 Mann, bei Prinz Heinrich 37 Mann , bei Zaſtrow, Winning, Zenge, Puttkammer, Möllendorf , Arnim, Prinz Ferdi nand , Kuhnheim je 20 bis 30 Mann , die übrigen kamen ver einzelt aus den anderen Regimentern *) . Im November war das Corps auf 1199 Köpfe herange wachsen. Obwohl die Noth nicht mehr so dringend war, so bemühten sich doch die Officiere des Corps mit dem größten Eifer es in kriegsfähigem Zuſtande zu erhalten und fortzubilden. Es lag ihnen schon wegen des ferneren Bestehens desselben daran, seinen guten Ruf zu bewahren. Hauptsächlich trachteten sie danach, den leichten Dienſt, das zerstreute Gefecht
den Leuten
recht
einzuſchulen ,
und
es ist
hierbei wohl der Hauptmann v. Petersdorff rühmend an zuführen, wegen einer mit größter Sorgfamkeit und Umsicht ent worfenen Instruction für diese Dienstzweige.
Leider gestatten es
die Grenzen unserer Aufgabe nicht , näher auf die im Feuer er probten und erlernten Grundsäge derselben einzugehen. Es wurden die beiden Klippen des Verwerfens des Alten und der zu dreisten
*) Im Kriegsarchiv , eines der wenigen und um so kostbareren Dokumente aus Gneisenau's Walten in jener Zeit.
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Neuerung glücklich dabei umschifft , da der Zweck des Corps sich in beiden Richtungen hin noch geltend machen sollte.
Ein beson
derer Theil lehrte dabei die Anwendung der reinen Form auf das Terrain ; es ward das Gefecht gegen jede Waffengattung erörtert, so wie das Verhältniß der Deckung von Linien, Colon nen, Batterien.
Es wird sehr treffend gesagt, daß der Tirailleur
sich mechanisch gewöhnen müsse, das Terrain richtig zu benutzen. Wir finden sogar schon, daß Hauptmann v. Arenſtorff den Lauf schritt einzuführen ſucht - es giebt nichts Neues unter der Sonne. Von einem höheren Standpunkte war jedoch das Schicksal des Schillschen Corps schon klar zu übersehen. Für den Frieden hatte es , als solches , keinen realen Zweck mehr ; sein Bestand konnte von den in der Armee gebieterisch nothwendig werdenden Aenderungen sich nicht isoliren.
Der Befehl, daß die Infanterie
des Corps als solches aufzulösen und in ein der Armee einzuverlei bendes Bataillon umzuschmelzen sei, während die Cavallerie unter dem zum Major beförderten v. Schill das 2. Brandenburgische Huſarenregiment bildete , war ebenso durch die Umstände geboten als günstig für die Zukunft der Individuen. Am 27. December 1807 traten die bisherigen 9 Compagnien zu 4 neuen und als „ v. Schill sches leichtes Infanterie - Bataillon " in einer Stärke von je 15 Unterofficieren, 3 Spielleuten, 170 Gemeinen per Compagnie unter dem vorläufigen Commando des Hauptmanns v. Arenſtorff zusammen.
Der Hauptmann v. Petersdorff hatte das mühsame _____________ und gewiß auch dornige Geschäft der Umformung vollführt.
Die Epoche, welche der Neugestaltung der preußischen Armee vorangeht, die Zeit vom Frieden bis Ende 1808, ist erst neuer dings etwas bekannter geworden , und doch bot sie gerade dem Könige wie seinen Generalen die unendlichsten Schwierigkeiten,
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die Fülle der Arbeit und des Kummers. Das Neufchaffen ist nicht ohne das Abſchaffen hier alter Mängel und Gebrechen nicht sowohl, als auch vieler Mißverhältnisse , die erst der Krieg erzeugt hatte.
Es handelte sich nicht nur darum, den kriegeriſchen
Geist in den Truppen zu erhalten.
Die neue Generation der
Officiere und Soldaten nicht in der Aussicht auf ruhmvollen Kampf, Trophäen , wohlverdiente Vortheile, sondern in ſtrengster Entsagung und unablässiger harter Mühe heranzuziehen, das war die große Aufgabe der Führer des preußischen Heeres , und sie war um so schwieriger , als die große Mehrzahl bei allem vor trefflichen Willen aus gewohntem Weg mit sorgfältigem Nach druck in einen neuen geleitet werden sollte.
Der Krieg entfesselt
die Individuen ; die Persönlichkeiten erstarken bis in die untersten Grade ; das Selbstgefühl steigert sich, und es ist nicht zu ver hindern , daß der Einzelne sich und das Maß seiner Ansprüche überschätzt, im stürmischen Verlauf der Ereignisse der Geduld, der strengen Zucht, der dem Soldaten nöthigen Selbſtverläugnung sich entschlägt.
Im Kriege trat oft die eiserne Macht der Nothwen
digkeit an die Stelle der persönlichen Autorität , welche doch den Kern des
militärischen
Gemeinwesens bildet.
Wenn die
,, männererweckende Noth " aufhört, so fehlt damit ein mächtiges Mittel der Disciplin , der Erhaltung moralischer Zucht und für Viele das strenge Band, welches ihre Gemüther im Gleichgewicht erhält.
Es handelt sich dann darum , den Uebergang aus dem
bewegten Leben des Krieges in das nüchterne des Friedens mit Würde und Selbstbeherrschung auszuführen.
Viele wollen mehr
in den Frieden hinübernehmen , als das einfache lohnende Be wußtsein erfüllter Pflicht, und gerade ſind es diejenigen , welche hinter den Grenzen derselben zurückgeblieben sind.
Ein einmal
errungener Standpunkt läßt sich nicht durch eitele Ruhe, sondern nur durch täglichen Kampf behaupten.
"! Nur der gewinnt sich
Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß ! "
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Es liegt uns wahrlich ferne , den Helden jener Zeit den Vorwurf machen zu wollen , sie wären sich ihrer Aufgabe nicht bewußt gewesen , oder hätten des festesten Willens ermangelt, ſie zu erfüllen.
Sie sind über allem Lobe und allem Tadel erhaben,
den wir, die Erben ihrer blutigen Arbeit , auszusprechen wagen wollten; der Segen des Himmels ruhte zu sichtbar darauf, als daß wir nicht unauslöschliche Dankbarkeit für sie empfinden sollten. Aber die alten Elemente der Armee hatten ihre Cohäsion ver loren und diese neu zu schaffen , bedurfte es schöpferischer Kraft in Einer Hand nicht allein, sondern eines einigen Strebens voll Selbstverleugnung, und dieses Streben mußte unter den schwersten Umständen wach erhalten werden.
Ein mächtiges Mittel dazu
war im Keim vorhanden. Das innere Leben jener edlen Genossenschaften , welche das Officiercorps der Colberger Garnison bildeten, entwickelte in sich aufs Neue den Kern der Kameradschaft , welche das Wesen des heutigen Officiercorps bildet und gerade in unserem Leib regiment vom ersten Augenblicke an jenen festen Typus trug, der unsere Vorgänger in ihren alten Tagen erhebt , ihnen die Erin nerung an ihre und die Jugendzeit des Regimentes als eine wahr haft erhebende erhält und dem Ganzen eine dauernde und hohe Weihe gab.
Dieses Band um Alle zu schlingen und zum Besten des Königs zu läutern, wie es den Schwachen hielte und den Starken zügelte, das ist nicht das Ergebniß eines einfachen Entſchluſſes, sondern gerade bei fest ausgeprägten , tüchtigen Charakteren das Produkt inneren Kampfes , und wohl verdankt man es der durch greifenden Energie des Generals v. Blücher, dem mächtigen sitt lichen Einfluſſe Gneisenau's vor Allen, felbft Schill, daß das ge meinsame Streben in seiner Richtung erhalten und Fremdartiges daraus verdrängt wurde. Generals
Es bleibt Aufgabe , die Verdienſte des
v. Blücher um die Einführung strengster Zucht und
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Ordnung nach der rein militärischen Seite hin genügend zu ſchil dern ; die Parolebücher der Zeit sind tägliche Urkunden seiner wachsamen Ausdauer , seiner großen Befähigung auch in diesem Sinne. Nach der anderen Seite hin, Entwickelung der ſittlichen Zu ſtände , eines reinen Geistes in den Corps , hat Gneisenau sich unsterbliches Verdienst erworben.
Es war natürlich, daß im ge=
selligen Leben der Kameraden die Ereignisse der vergangenen Zeit vielfache Erörterung fanden.
Die Tagesliteratur bemächtigte sich
dieses Gegenstandes sogleich, hier oberflächlich, dort genauer, hier über Gebühr lobend , dort ungerecht tadelnd ; unmöglich konnte man sich ihrem Einflusse entziehen.
Ebenso nothwendig mußten
I
Eifersucht, Streitigkeiten , bedrohliche Verstimmungen entſtehen, welche zu versöhnen oft so nöthig als kizlich war. Es ist uns gelungen, einen Brief Gneisenau's aus dieser Zeit aufzufinden *), den wir hier, leider nicht mit goldenen Buchstaben, wie es würdig wäre, anführen. „ Der von uns so unglücklich geführte Krieg , die traurigen, ,, noch immer bestehenden Folgen desselben, die zu weit getriebene, ,,in dem Mißverhältniß der Macht der beiden kriegführenden
"1 Staaten nicht begründete Meinung der anderen Stände von der "1 Stärke der preußischen Militärmacht, der Verdruß über die fehl ,,geschlagene Erwartung, das wirklich schlechte Benehmen mehrerer ,,Kriegsbefehlshaber unserer Armee, der Neid über einige dem . „ Officierſtande gestattete Ehrenvorzüge, die Schadenfreude in un „ endlich vielen Gemüthern über die, die Armee betreffenden Un
· I
„ fälle , und noch andere gleichzeitig wirkende Ursachen sind Ver ,, anlassung, daß anjeßt die anderen Stände mehr als je aufmerk „sam auf unser Betragen sind und mit Begierde auffaſſen, was
*) Aus dem im Kriegsarchiv enthaltenen schriftlichen Nachlaß des hoch feeligen Königs.
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"! zur Verunglimpfung unseres Standes dienen kann. Diese Stim ,, mung offenbart sich in Gesprächen und bei Zusammenkünften, „ in Druckschriften und beim Privat - Briefwechsel , in offenbarer 11‚Beſchuldigung und in hämiſcher Verläumdung.
Es ist daher,
„ damit man nicht durch Thatsachen den Beweis zu übler Nach „ rede liefere, nöthig, jest doppelt über sich zu wachen , und der „ jenigen wegen, deren Charakter aus Mangel an Erfahrung oder „ an Grundsäßen sich noch nicht auf eine solide Art festgesetzt hat, ,,möchte es gut sein , diese Wachsamkeit noch mehr auszudehnen, „ und jedem Officier die Pflicht aufzulegen, auch die Obhut über ,,den Wandel seines Waffengefährten zu übernehmen.“ „ Ich darf denen Herren Officieren unserer Garnison , wie ,,im Kriege, so auch hier das Beispiel des Grenadier - Batail „ lons v. Waldenfels aufstellen, deſſen Officiere unter sich die „ Verbrüderung
gemacht haben,
wechselseitig
über einander zu
wachen, damit es Niemand möglich sei , ihr Betragen zu ver „ unglimpfen.
Selbige haben hierüber die Gewährleiſtung in meine
„Hände niedergelegt, und ich darf erwarten, daß der Buchstabe ins
11 Leben übergehen werde. Ahmen Sie, meine Herren, dieſem Vor „ gange nach, und jedes der unter meinem Befehl stehenden Corps
་་ bilde einen ähnlichen Verein.“ „Jedes menschliche Institut bedarf einer beſſernden Hand, „ und ich überlaſſe es Ihnen , diejenigen Modificationen bei dem „ ursprünglichen Plane des Grenadier - Bataillons v. Waldenfels
11 anzubringen, die Ihre Einsicht zweckmäßig finden dürfte.
Aber
„ immer sei es Ihr Zweck, den jungen unerfahrenen „ Officier zu erziehen , den irrenden zu leiten , den zu „ einem unserm Stande nicht geziemenden Wandel sich „ Hinneigenden zurückzuführen , aber den der warnen „den Stimme sich nicht Fügenden ohne Schonung zu ,, entfernen." ,,Nur durch einen solchen Bund wird es Ihnen gelingen,
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„ die offene Nachrede und die im Finstern schleichende Verläum ,,dung zu entwaffnen und dem Officierſtande wieder die öffentliche "1 Achtung zu verschaffen, die ihm für so manche Entbehrungen und
"1 Opfer gebührt, und ohne welche das Leben keinen Werth hat." "I Wenn ich Ihnen, meine hochgeehrten Waffengefährten, dieſe ,,Angelegenheit an das Herz lege, so verkennen sie nicht die väter ,,lichen Gesinnungen und die Besorgtheit um Ihren guten Ruf, „ die mich hiezu leiteten und mir den Wunsch aufdrängen , jeden Stoff zu entfernen, der Ihrer Zufriedenheit Eintrag thun könnte. „ Sie selbst werden die guten Wirkungen einer solchen Anordnung „ bald genug erfahren und ich die beglückende Gewißheit erhalten, ,,daß diejenigen, welche mit Tapferkeit, Aufopferung und Willigkeit ,, meine Anstalten im Kriege unterstützten, ebenso geneigt sind, im ,,Frieden meinen wohlgemeinten Rathschlägen Gehör zu geben. „ Erhalten Sie , meine Herren , Ihr wohlwollendes Andenken „ Ihrem treuen Commandanten N. v. Gneisenau." Hier haben wir urkundlich die erste Idee des Ehrengerichts, welche in dem Corpsgeist ihren Ausdruck fand , ohne dazu einer äußern Form zu bedürfen , wie wir sie heute besigen.
Daß es
nothwendig war, diesen Geist hier zu schaffen , dort zu pflegen, sieht man auch aus mehreren Befehlen und Schreiben Schill's an seine Officiercorps.
Es bleibt ein besondres Verdienſt dieſes
gemüthvollen Mannes ,
nach seiner so ruhmvollen kriegerischen
Thätigkeit sich mit großer Ausdauer und Kraft ganz der innern
1 Ordnung seines Corps hinzugeben ; seine Stellung war bei seiner verhältnißmäßigen Jugend, nicht leicht auszufüllen.
In dieser Be
ziehung wollen die Menschen neben der dienstlichen Autorität auch die rein menschliche durch das gereiftere Alter vertreten sehen. Nicht selten geschah es , daß die Einwohner über Eingriffe und selbst üble Behandlung von Seiten der in einzelne Quartiere zer streuten Soldaten zu flagen hatten, daß die Officiere nicht mit
93
dem gehörigen ernsten Nachdruck, und wohl in Erinnerung der braven Haltung ihrer Untergebenen im Kriege, gegen Uebergriffe einschritten.
Einen Einblick in seine Wirksamkeit und die ersten
Zustände des Corps giebt eine Stelle aus einem Briefe an die Officiere feines Corps, die den jungen Mann (er war erst 35 Jahr alt) in sehr ehrenwerthem Licht erscheinen läßt.
I Meine Herren , ich sehe durch eine Reihe binnen Kurzem „ vorgefallener Ereignisse mit Bedauern Beweise , die mich leider „ überzeugen, daß von Ihnen allerseits nicht dem gemäß gehandelt ,,wird, was Sie in einem guten Rufe und der vollsten Liebe und „ Achtung eines Jeden nur allein zu befestigen vermag. Nämlich „ der , der gerade am ehrenvollsten vor dem Feinde gefochten hat, ,, muß am aller resignantesten und anspruchslosesten in Circeln er „ scheinen, wodurch er alsdann gewiß nicht den Eindruck verfehlen „ wird, daß ein Jeder um so mehr in seinem Herzen von seinen „ Verdiensten belebt ist.
Vorüber ist die Zeit, wo hin und
„ wieder ein dominirendes Betragen Dieser oder Jener gleich sonst Entschuldigung fände…………. Daß ich indeß jede Dienstangelegen „heit bisher nur mit Güte und Bitten ins Werk zu ſeßen suchte, ,,hat folgende Gründe." „Ich befand mich mit den meiſten dieſer Herren vor noch
"‚ nicht viel länger als einem Jahre als Kamerad und in gleichem ,,pas und fühle daher, um mich von Seiten meines Charakters
" Ihrer Achtung werth zu machen , daß Ihnen meine gemachte " Carrière empfindlich und schmerzhaft werden müſſe , wenn ich ,,früher als mich die Nothwendigkeit hiezu zwänge, strenge gegen "1 Sie sein wollte, was zugleich auch mich dem sehr wehethuenden
11, Verdachte aussetzte , daß diese Strenge nicht dem Drange der
11‚ Umstände , ſondern Uebermuth und Stolz niederer_Art_zuzu „ſchreiben sei.
Unmöglich kann ich aber jezt noch einem solchen
,,Verdacht länger ausgesetzt sein, nachdem der Weg der allerfoli „ desten Güte von mir nicht verabsäumt worden ist, er indeß es
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„zu bewerkstelligen nicht vermögend war , eine regelmäßige Ord ,,nung in allen Theilen herbeizuführen . . . . ." Es liegt in ihm das schöne Bestreben , Güte mit Strenge in Einklang zu bringen ; der schöne, ächt christliche Grundsaß, daß die Liebe erst des Gesetzes Erfüllung sei. füllung hat er ausgeführt.
Und dieſe ſchwere Er
Ein weiterer Fortschritt wurde durch
Gneisenau verwirklicht, indem er die bisher in der Armee üblich geweſene Bestrafung von Vergehen durch Stockschläge nach Kräften abzuschaffen und die Disciplin auf das Gefühl der persönlichen Ehre zu gründen suchte. Wir haben eine Urkunde für seine nicht blos theoretische Wirksamkeit in dieſer Hinsicht im Parolebefehl vom 8. Juli 1808 : „ der Oberstlieutenant v. Gneisenau, Comman "/ dant von Colberg, hat durch mich (Major v. Steinmetz, 2. Com ,, mandanten) schon vor langer Zeit die Bataillons- und Compa „ gniechefs und Commandeurs freundschaftlich ersucht , die Stock „ prügel - Strafe bei ihren Compagnien im Stillen abzuſchaffen, den gemeinen Soldaten lieber durch Arrest und andere Beſſe ",rungsmittel zu bestrafen und nach einiger Zeit Bericht darüber „ zu erstatten.
Er hofft, daß erstgenannte Herren Officiers dieſem
,,seinen Wunsch nachgelebt haben , und erwartet nun von einer „jeden Compagnie insbesondere, sowie von einem jeden Bataillon „ den Bericht darüber, wie weit solches geschehen und welche Re „ sultate daraus hervorgegangen sind.
Die Berichte dürfen nur
,,kurz und die Bestrafungsarten im Allgemeinen angegeben sein.“ Diese werthvolle Urkunde sichert dem Oberstlieutenant v. Gnei senau den Ruhm, praktisch zuerst einen neuen Geiſt in die Dis ciplin der preußischen Armee gebracht zu haben.
Es war ein ge
wagter Schritt, insofern er sich die durch königliche Verordnung festgestellte Disciplinirung abzuändern und den Commandeuren ein Strafrecht zu entziehen erlaubte ; auch weil er gewiß gewichtige Personen gegen sich gehabt haben mag.
Aber der Schritt mußte
geschehen, selbst wenn die königliche Sanction noch auf sich warten
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ließ ; er geschah mit allgemeiner Zustimmung, trotzdem er wegen sehr häufiger Deſertionen, noch im Jahre 1808, bedenklich erschien. Leider haben wir die Berichte der Herren Commandeure nicht - es wäre von Interesse, zu sehen, wie mehr auffinden können die Ansichten sich allmälig umgewandelt haben. Uebrigens wurden im August 1808 die neuen Kriegsartikel in der Armee eingeführt und dadurch die Prügelstrafe als Disciplinarstrafe abgeschafft. 2. Die Stiftung des Leib - Infanterie - Regiments. Bei der bevorstehenden Reorganiſation der Armee ward die Befürchtung rege, daß die mit so vieler Mühe errungene und be festigte Waffenbrüderschaft getrennt werden könnte und führte dazu, daß Bataillone der Colberger Garniſon den königlichen Kriegsherrn um ihre Erhaltung baten. Im Beſondern liegen die folgenden Be ſcheide des hochseligen Königs an den Major v. Steinmeß_vor *) : 1. „ Mein lieber Capitain v. Steinmez.
Ich bin überzeugt,
„ daß Euer braves Bataillon bei jeder Gelegenheit und also auch ,,bei dem letzten Gefechte , kurz vor Eingang der Nachricht von ,,dem Waffenstillstande, seine Schuldigkeit gethan haben wird, in „ deſſen freue Ich Mich, solches noch besonders in Eurem Berichte ,,vom 4. d. bestätigt zu finden.
Dagegen bedaure Ich sehr „ den Verlust des Capitain v . Röder , der in diesem Ge= „ fecht verwundet und bald darauf an seinen Wunden = Er war Mir als ein guter Officier be
"gestorben ist.
,,kannt , von dem ich gewünscht hätte, daß er für Meinen „ Dienst erhalten worden wäre. Was nun das Arrangement „betrifft, welches Ihr Mir in seiner Stelle in Vorschlag gebracht „ habt, so werdet Ihr selbst einsehen, daß dasselbe nicht stattfinden *) Die beiden Cabinetsordres sind der gütigen Mittheilung des Herrn Ge nerals v. Steinmez, Commandeurs der 2. Diviſion und Neffen des verewigten General-Lieutenants v. Steinmeß, zu verdanken. Die in beiden breitgedruckten Stellen sind im Original vom hochseligen König selbst unterstrichen worden.
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,,kann, wenn Ich Euch darauf aufmerksam mache, daß die Officiere
"1 Eures Bataillons nicht für sich, sondern mit denen der übrigen „Bataillons zuſammen rangiren.
Ich kann es daher auch nicht
„ bestätigen , indeſſen will Ich den Portepée - Junker v. Zollikoffer „ und die Gefreiten Corporale v. Strang und v. Glöden zu wirk „ lichen Fähnrichs hiemit ernennen, auch zugleich genehmigen, daß "1 Euer Bruder , der Premier - Lieutenant v. Steinmetz vom Regi ,,ment Zastrow, bei Eurem Bataillon aggregirt werde, und wenn ,, „ er bei demselben ankommt , dabei Dienste leiste.
Dem Unter
"1 officier Gollmatt und jetzt avancirten Junker v. Glöden, so wie ,,dem Schüßen Hubrich Eures Bataillons , welche sich bei ver „ schiedenen Gelegenheiten ausgezeichnet haben, bewillige Ich Ver „ dienstmedaillen ; da es mir aber jetzt an diesen Medaillen fehlt,
"1so übersende ich Euch für jezt nur die Bänder.
Ich versichere
,,Euch übrigens Meine besondere Zufriedenheit mit Eurem Dienst „ eifer und bin Euer wohlgeneigter König
Memel, den 12. Juli 1807. 2.
Friedrich Wilhelm."
11 Mein lieber Capitain v. Steinmetz. Ich danke Euch für
,,die guten Gesinnungen , welche Ihr Mir in Eurer Vorstellung „ vom 22. §. M. zu Tage gelegt habt.
Mit Vergnügen gebe Ich
„ der Garnison von Colberg das Zeugniß, daß ſie ſich brav und
"
„ gut gehalten hat, und wenn gleich Ich die Auszeichnung, welche „ Ihr Mir vorschlagt, nicht zweckmäßig finde und daher auch nicht „ genehmigen kann , so werde Ich doch darauf denken, ihr so wie „ allen denen Truppen , die sich in diesem Kriege hervorgethan
? }
„ haben , eine besondere Auszeichnung zu bewilligen. Was nun Euch und Euer Bataillon insbesondere betrifft, so bezeuge Ich „ Euch und demselben Mein Wohlgefallen über das gute und brave
"
„ Benehmen bei Vertheidigung der Festung Colberg, und ernenne „ hiedurch zum öffentlichen Beweise Meiner Zufriedenheit nicht „ nur Euch zum Major, sondern will auch dem Bataillon das
V
97
11 Avancement für den gebliebenen Capitain v. Röder, den Ich " ganz besonders bedaure , zu Gute kommen lassen, indem „ Ich nach Eurem lezthin Mir eingereichten Vorschlag den Premier „ Lieutenant v. Stückradt zum Stabscapitain , die Seconde - Lieu
"1‚ tenants v. Sanig, v. Lange, v. Borcke, v. Diebitsch zu Premier ,,Lieutenants und die Fähnrichs v. Riwozkh und v. Röder zu ?? Seconde- Lieutenants ernenne. Die Junker, welche Ihr Mir
„ noch zu Officieren vorgeschlagen, habe Ich in Meiner leßten Ant „ wort dazu avancirt. Hienächst mache Ich Euch bekannt, daß das „ übrige Officiercorps Eures Bataillons bei Mir mit der Bitte „ eingekommen ist, das Bataillon als ſelbſtſtändig für sich allein „ bestehen zu laſſen. Ich kann hierüber jetzt noch nichts beſtimmen, "1, indessen werde ich bei der Reorganisation der Armee so viel als " möglich darauf Bedacht nehmen, daß es nicht aufgelöst und ander
,,weitig vertheilt werde, sondern einige Selbstständigkeit behalte. „ Ich überlasse Euch, solches dem Officiercorps zu erkennen zu „geben Namens Eures wohlaffectionirten Königs Memel, den 30. Juli 1807.
Friedrich Wilhelm."
Wir müſſen dankbar die Sorgfalt bewundern , mit der der königliche Herr, den doch von allen Seiten her Bitten umlagerten, und der die ernstesten Sorgen höherer Art zu bekämpfen hatte, hier auf die Anliegen des Einzelnſten und Anerkennung des Ver dienstes in jeglichem Range eingeht.
Die Aussichten, namentlich
der Officiere der 1806 errichteten Reserve - Bataillone , in die nächste Zukunft waren sehr ungewiß. Bei der Errichtung der selben hatte der König bestimmt , daß die dabei neuangestellten Officiere keine Patente erhalten sollten , damit ihr dereinstiges anderweites Emplacement keine Schwierigkeiten haben möchte.
Im
Lauf der Jahre 1807 und 1808 wurden auch die übrigen Reſerve Bataillone der Natur der Sache gemäß zum Theil aufgelöst, und die bei denselben gestandenen Officiere außer Thätigkeit gesetzt, 7
98
jedoch nachdem ihnen allen Patente ausgefertigt worden waren. Durch die inzwischen erfolgende Ernennung des Oberstlieutenants v. Gneisenau zum Chef des Ingenieurcorps und zum Mitgliede der Reorganisations - Commiſſion war die Sache der Colberger Garnison in die geeignetsten Hände gelegt.
Auch mag in ihm
ganz selbstständig der Gedanke erwacht sein, die bewährten Ba taillone und Schwadronen intact zu erhalten und sie den neuen Schöpfungen einzupaſſen. In dieſem Sinne hatte er dem Könige Vorschläge gemacht, auf welche unter dem 7. Juni 1808 folgende Bestimmung erlaſſen ward :
An Oberstlieutenant v. Gneisenau. „ Mein lieber Oberstlieutenant v. Gneisenau .
Ich will die
„ Formation der beiden Regimenter in Pommern auf den mir von „ Euch eingereichten Vorschlag und dergestalt in Ausführung brin ,,gen lassen, daß aus dem halben Grenadier - Bataillon v. Walden „ fels, dem 2. pommerschen, 3. neumärkischen Musketier - Bataillon ,,und dem leichten Bataillon v. Schill ein Regiment , sowie aus ,,der anderen Hälfte des Grenadier - Bataillons v . Waldenfels, aus ,,dem Füsilier - Bataillon v. Möller und den beiden 3. Bataillons ,,der Regimenter v. Owstien und v. Borcke ein anderes Regiment, „ jedes zu 2 Grenadier - Compagnien ,
2 Musketier - Bataillons,
„ à 4 Compagnien, und einem leichten Bataillon, à 4 Compagnien, „ formirt wird.
Sobald die Formation der Officiercorps geschehen
,,ist, sollen aber diejenigen beiden Grenadier - Compagnien v. Wal ,,denfels, welche mit dem lezteren neuen Regimente vereinigt wor „den sind, von demselben wieder ab- und zu dem hier in Preußen ,,stehenden pommerschen Regimente übergehen, jedoch für jezt noch „ in Pommern bleiben.
Dagegen stoßen 2 Grenadier - Compagnien
,,v. Wangenheim zu dem erwähnten, aus den Bataillonen v . Möller, ,,v. Owstien und v. Borcke neu formirten Regimente und 2 Com
99
„ pagnien v. Wangenheim bleiben bei dem Regimente v . Nuits, „worauf also bei der Vertheilung der Officiere Rücksicht zu ,, nehmen ist. " „ Da Ihr die inneren Verhältnisse dieser Bataillone und die ‚ persönliche Beschaffenheit jedes Officiers genauer als irgend ein ,, Anderer kennt, so kann die Formation dieser beiden Regimenter „durch Niemand so zweckmäßig vollführt werden als durch Euch. „ Ich übertrage Euch daher dieselben hierdurch und weise Euch an, „ zur Ausführung derselben nach Colberg abzugehen und dort, nach „ dem Ihr zuvor dem General - Lieutenant v. Blücher von Eurem ,, Auftrage ausführliche Anzeige gemacht, Alles an Ort und Stelle ,, nach Eurem besten Wissen abzumachen.
Ich erwarte demnach
„ zur Penſionirung oder anderweitigen Versorgung der zum Feld „ dienst nicht mehr brauchbaren Officiere , sowie zur Eintheilung ,,der bleibenden Officiere und zu deren Rangirung, imgleichen zu „ allen ſonſtigen nöthigen Beſtimmungen Eure Vorschläge und An ,,träge und bin 2c.
Königsberg, den 7. Juni 1808. gez. Friedrich Wilhelm." Nachdem Gneisenau fein Geschäft vollendet hatte, erließ der König den Befehl zur Stiftung zweier neuen Regimenter in Fol gendem:
11 Mein lieber General - Lieutenant v. Blücher.
Ich will nun
„ die Zusammensetzung der einzelnen Infanterie - Bataillone Eures
" Corps in 2 Regimenter dergestalt anordnen, daß aus dem halben 11 Grenadier - Bataillon v. Waldenfels , dem 2. pommerschen , dem ,,3. neumärkischen Musketier - Bataillon und dem leichten Infan „ terie - Bataillon v. Schill ein erstes Regiment, und aus der an ,,deren Hälfte des Grenadier-Bataillons v. Waldenfels, den beiden „ dritten Musketier - Bataillonen v. Owstien und v. Borcke , nebst „ dem Füsilier - Bataillon v. Möller ein zweites Regiment formirt „ werden soll.
Ich übersende Euch hierneben die Ranglisten der 7*
100
,,bei beiden Regimentern angestellten Officiere mit dem Bemerken : „ daß alle neu hinzugekommenen Officiere von ihrer Anstellung "1 von hier benachrichtigt und angewiesen worden sind, sobald ihre „ Umstände es geſtatten , ſich zu ihrer neuen Beſtimmung zu be „ geben.
Den bei den einzelnen Bataillonen schon gestandenen
"1 Officieren hingegen müßt Ihr ihre Eintheilung und theilweise ,, erfolgte Beförderung bekannt machen u. s. w.“ „ Das Grenadier - Bataillon beider Regimenter soll der Major „ v. Bülow I.*) des 2. Regiments, und das leichte Bataillon des „ 1. Regiments der Major v. Reuß II.*) , sowie das leichte Ba ,,taillon des 2. Regiments der Major v. Krafft commandiren. „ Das leichte Bataillon des 1. Regiments soll aber seinen bis "!‚herigen Namen „ Bataillon v. Schill “ ferner beibehalten, dagegen „ nimmt das Bataillon v. Möller den Namen „ leichtes Bataillon „ des 2. pommerſchen Regiments “ an u. ſ. w. “ ,,Der Etat für die beiden Regimenter hebt mit dem 1. Sep ,, tember d. 3. an u. s. w.“ „Ich überlasse Euch nun die Formation der Regimenter und „ Alles, was dazu gehört , durch den Oberst v. Bülow ausführen
16
„ zu laſſen.“ Königsberg , den 24. August 1808.
gez . Friedrich Wilhelm." M An das Ober -Kriegs - Collegium. „ Se. Majestät wollen hierdurch bestimmen ,
1 daß von den
,,unterm 20. d. Mts. formirten beiden pommerschen Infanterie ,, Regimentern das erste nebst dem Grenadier-Bataillon v. Bülow ,,ponceau, das zweite aber weiße Aufschläge und Kragen auf der
*) Am 2. Mai 1813 bei Groß- Görschen geblieben. **) Zuleßt Oberst und Commandeur des 26. Infanterie - Regiments, danu gestorben.
›
101
„ Montirung tragen sollen, und hat das Ober- Kriegs - Collegium „ danach das feinerseits Nöthige zu besorgen.“ Eigenhändiger Zusaß Sr. Majestät : „ Das erste Regiment mit weißen Schulterklappen, das zweite
11 mit rothen.
Das Grenadier-Bataillon v. Waldenfels erhält : die
ersten zwei Compagnien weiße Schulterklappen, die zwei anderen „ rothe Aufschläge und Kragen , wie die ersten , aber mit rothen ,, Schulterklappen."
An
den General- Lieutenant v. Blücher. ?? Mein lieber General - Lieutenant v. Blücher.
Da Ich die
„ Absicht habe, der braven Colberger Garnison, welche sich 11 unter der kraftvollen und talentvollen Anführung ihres würdigen "! Commandanten, des General - Lieutenants v. Gneisenau , dem „ sie ihren wohlerworbenen Ruhm vorzugsweise zu verdanken hat, „ und deſſen Namen von dem unzertrennlich bleiben wird, für ihr ,, ehrenvolles
Benehmen während
,,immerwährendes
der
letzten Belagerung
ein
und bleibendes Denkmal Meiner
„ wohlverdienten Zufriedenheit und
Dankbarkeit zu
,,geben, so ernenne Ich das daselbst formirte erste Infanterie ,,Regiment zu Meinem Leib - Infanterie - Regiment, das ,,so ausgezeichnet brave Grenadier - Bataillon v. Waldenfels zu "1 Meinem Leib - Grenadier - Bataillon , wobei jedoch das „ leichte Infanterie - Bataillon v. Schill den Namen dieses sich „ ſo rühmlich verdient gemachten Officiers auch in Zukunft noch „ beibehalten soll, sowie es auch für jetzt noch unter deſſen ferneren ,,besonderen Befehl verbleiben soll." "1‚ Das aus der anderen Hälfte dieſer Garniſon formirte zweite „ Regiment soll dagegen den nicht minder ausgezeichneten Namen „des Colbergschen Infanterie - Regiments erhalten.
Sie,
„Herr General, der Sie das gerechte Zutrauen Ihrer Untergebenen
102
,,in so vollem Maße befizen, werden diese Meine Willensmeinung "1‚ den reſpectiven Corps bekannt machen , wobei Ich Sie zugleich „ beauftrage, die für beide Regimenter beſtimmten und zu dieſem „besonderen Zweck angefertigten Fahnen ihrer Bestimmung gemäß ,, mit der gehörigen Ceremonie an sie zu übergeben." „ Mögen diese Braven zu allen . Zeiten den Geist „ der Disciplin und Tapferkeit unter sich sowohl er „halten als fortpflanzen , und den gerechten Erwar „ tungen entsprechen , die sie früher schon durch That „sachen zu bekräftigen gewußt haben , so werden sie
"1 auch ferner auf die Dankbarkeit des Vaterlandes , sowie auch auf die Meinige die gerechtesten Ansprüche „ behalten und die sicherste Rechnung machen können. Und Sie, „Herr General, mögen Sie noch lange an der Spite solcher ,, braven Truppen stehen , die sich Ihrer Anführung so würdig ,,bewiesen haben und die den Ruhm der preußischen Waffen nicht
"1 werden sinken lassen.
Ich habe Mich gefreut, beruhigende Nach
„ richten über Ihren Geſundheitszustand zu erhalten, und wünſche ,,aufrichtig eine baldige Wiederherstellung derselben." „ Sie haben den Inhalt dieses Schreibens bei der Parade "1 bekannt machen zu lassen." Königsberg , den 26. August 1808.
gez. Friedrich Wilhelm."
Die factische Formation des Leib-Infanterie-Regiments fand am 1. September statt.
Es stießen dazu die Grenadier - Com
pagnien v. Beher und v. Nazmer ; das
pommersche Reſerve
Bataillon ward das erste, das 3. neumärkische Reserve - Bataillon das zweite Musketier - Bataillon , das Bataillon v. Schill ward leichtes Bataillon des Regiments. Fast alle Officiere der alten Bataillone waren zu dem neuen Regiment versezt worden ; da sie aber den Etat nicht ausfüllen
103
konnten, hatten des Königs Majestät mehreren verdienten Offi cieren als besondere Auszeichnung Stellen im Regiment gegeben.
Erste Rangliste des Officiercorps. Commandeur - Major v. Horn (O. p. 1. m.) *) , Chef der Leib Compagnie. Major v. Reuß (D. p.l.m.), Commandeur des leichten Bataillons, Chef der 1. Comp. desselben.
"
v. Steinmetz (D. p. 1. m.), Comm. des 1. Bat., Chef der 1. Comp. des 2. Bat.
"1
v. Both (O.p.l.m.), Comm. des 2. Bat., Chef der 4. Comp. des 1. Bat.
"
v. Zepelin (D. p. 1. m.) , Chef der 4. Comp . des 2. Bat.
Capitain v. Beher (D. p. 1. m.), Chef der 1. Gren.- Comp . v. Derzen (D. p. 1. m. ), Chef der 2. Comp. 1. Bat.
"1 "1
v. Arenstorff (O. p.1 . m.), Chef der 4. Comp. leichten Bat.
"1
v. d. Golk, Chef der 2. Comp . 2. Bat.
"
v. Petersdorff (O.p.1. m.), Chef der 2. Comp. leichten Bat.
"1
v. Nazmer (D. p. 1. m.), Chef der 2. Gren.- Comp.
"1
v. Dörenberg (D. p. 1. m.) , Chef der 3. Comp . 1. Bat.
"1
v. Guzmerow, Chef der 3. Comp. leichten Bat.
11
v. Plotho (D. p. 1. m.), Chef der 3. Comp. 2. Bat.
Stabs-Capitain v. Hagen.
Stabs- Capitain v. Sanig.
"1
v. Dallmer.
"I
v. Schauroth. von der Gruben
"
་་
(D. p. 1. m. ).
11
11
v. Stülpnagel.
11
v. Wedell ( D.
Prem.-Lieutenant v. Langen.
*) (O. p. l. m.) : Orden pour le mérite.
(D. p . l. m.). ::::
p. l . m .).
v. Diebitsch
11
v. Sprenger. v. Lucadou.
v. d. Heyde. v. Kuhnheim.
104
Prem. Lieutenant v. Rüllmann
Sec.-Lieut. v. Schack II.
(D. p . 1. m.).
Clausius.
11
Sec.-Lieut. v. Hugo.
Kayfer (O. p.1. m.).
"1
v. Repce I.
v. Ludewig.
"
v. Repcke II.
v. Prüschenk.
11
Staak (D. p. 1. m.).
Gramsch (D.p.1.m.).
"1
Gäde.
v. Holleben.
"1
"1 11
=
"1
"
v. Wille.
11
v. Schack I.
"1
v. Kamece.
"1
v. Pannwiz, v. Röder I.
"1
v. Koch.
v. Quistorp (O. p.
"1
=
v. Haas.
11
=
v. Koc.
"1
v. Brandenſtein (O.
-
v. Stankar.
hayden.
v. Mach II.
p. l. m.). -
11
v. Eggers.
Neander v. Peters
"
=
"1
v. Strang.
v. Glöden.
1. m.). "1
v. Zollikoffer.
=
= :
11
-
"1
v. Liebermann.
"1
Port.-Fähnrich Landvogt.
11
v. Lilienström.
"
v. Wulffen.
11
v. Schenck.
11
Graf Nicelli.
"1
v. Wittich.
"1
v. Röbel.
"1
11
v. Seydlig.
"1
v. Franckenberg. v. Diemar.
"1
v. Bornstedt.
"1
Fabe (O. p. 1. m.).
"1
v. Chevallerie.
11
v. Mach I.
??
v. Zschüschen.
"1
=
v. Jalowiecki.
"
v. Felden.
"1
v.Hertel (D. p.l.m.) v. Wedell.
"1
v. Schulenburg.
"1 "1
v. Uklanski ( D. p.
1. m .).
11
=
11
Junker v. Herzberg. 11
v. Wulffen.
11
v. Münchow.
Kinzel.
11
v. Seydewig.
v. Röder II.
"
v. Rosen.
105
Junker v. Petersdorff und v. Gorszkowski. Unterstab : Regiments - Quartiermeister Lange. Regiments = Chirurgus Neumann. "1
11
Wiedebach (Grenadiere).
Bataillons - Chirurgus Hartmann (Bat. v. Schill). Auditeur Went. Aggregirt : Capitain v. Resten. Premier = Lieutenant v. Steinmez.
Es kann nicht überraschen , wenn gerade in den höheren Stellen sich verhältnißmäßig die meisten neuen Namen finden, da die Officiere der Colberger Garnison sehr junge Patente besaßen und es an Hauptleuten vorzugsweise gefehlt hatte. Keiner der Officiere hatte das Alter von 50 Jahren erreicht ; 3 Stabsofficiere standen noch in den Dreißigern , 5 Hauptleute noch in den Zwanzigern.
Von sämmtlichen Seconde - Lieutenants
war keiner über das 26. Jahr alt ; mitten unter blühenden Jüng lingen standen allein der 49 jährige Gramsch, der älteste Officier des Regiments und einer der verdientesten , und der 40jährige Staak, beide waren vor dem Kriege Feldwebel gewesen.
Unsere
Augen fallen zuerst auf den Führer. Der Soldat aller Armeen , besonders aber der preußischen, hat in dem Regiment denjenigen Kreis, in welchem er ſeine ganze militärische Wirksamkeit entwickelt. milie.
Dies ist sein Haus, seine Fa
Für ein Lebensalter ist er mit allen Kräften in dieſem
Organismus verwachsen ; was er thut und schafft, soll darin seine dauernde Frucht tragen , die ganze Dienſtlaufbahn vieler Officiere beginnt und endet in demselben Corps. Eine so bedeutende Ge meinschaft von Männern kann nicht ohne ein festes Gepräge, ohne unterscheidende Merkmale selbst neben vielen ähnlichen Gemein schaften existiren und dieser Typus ändert sich oft in Decennien
106
nicht.
Nun findet diese Maffe ihren Schwerpunkt verkörpert im
Commandeur; sie folgt der Richtung , die dieser einſchlägt, von ihm , hauptsächlich, hängt es ab , ob Alle in vereintem Streben ein Ziel verfolgen , und er hat ihnen dieses Streben zum leben digen Bewußtsein zu bringen. eigenen Weg gehen.
Es soll Keiner atomiſtiſch ſeinen
Jeder Einzelne soll das Gepräge des Ganzen
erhalten , welches allen nachfolgenden Generationen , dem Willen des erhabenen Stifters gemäß , sich in gleicher Schärfe vererbe. Daß die Wahl des Commandeurs schwierig und von Bedeutung ist, leuchtet daher ein.
Die Wahl des Königs war auf den Major
v. Horn gefallen , und das Leibregiment sollte es ihr zu danken haben, wenn seine Geschichte nicht unwürdig seines Ursprunges wurde. Heinrich Wilhelm v. Horn , zu Warmbrunn am 31. Oc tober 1762 geboren, war der Sohn eines Officiers von Möhring Huſaren, der in den schlesischen Kriegen mit Auszeichnung gedient hatte.
Seine Erziehung erhielt er vom zwölften bis zum ſechs
zehnten Jahre im Berliner Cadettencorps.
Am 5. März 1778
wurde er als siebenter Junker bei eben jenem Regiment des Ge nerals v. Luck angestellt , in welchem , drei Jahre zuvor , Hans David Ludwig v. Yorck die Stufe des Fähnrichs erreicht hatte. Wir können nicht sagen , ob die Bekanntschaft Beider innigere Beziehungen hervorgerufen habe , nur daß sie zuſammen bald den ersten Waffengang machten , um nach längerer Trennung vereint mit gleichem kriegerischen Ruhm auf allen Schlachtfeldern zu glänzen. Der bahrische Erbfolgekrieg rief auch die ostpreußischen Re gimenter nach Böhmen. letzten Feldzuge des
Die preußische Armee hatte in diesem
großen Friedrich wenig Ruhm zu ernten
Gelegenheit ; zu den Wenigen , welche mit Glück fochten , gehörte Horn.
Das Regiment v. Luck kam zu einigen Actionen, nament
lich bei Lewin, wo Horn durch Besonnenheit und Tapferkeit sich
107
so auszeichnete, daß er am 6. Januar 1779 mit Uebergehung von 6 Vorderleuten zum Fähnrich avancirte.
Dort ist er zum ersten
und letzten Male in seinem Kriegsleben verwundet worden. Der erste Waffengang endete, wie wir wissen, mit dem sehr unglücklichen Ueberfall des Regiments v. Luck, der eine große Zahl von Officieren und Leuten in die Hände des Feindes brachte. Horn theilte dieſes Schicksal glücklicher Weise nicht.
Er kam heim
und wurde am 10. August 1782 Seconde - Lieutenant , nach elf Jahren, 1793 , Premier - Lieutenant und Adjutant des Generals v. Favrat. Der im kraftvollsten Alter stehende junge Mann mag ein rechtes Seitenstück zu dem herkulischen Chef gewesen sein.
Von
hoher Gestalt , regelmäßigen, festen Zügen , hellen und muthigen Auges , trug er in seinem Wesen den Stempel der Kraft, der natürlichen, ungehemmten Entwickelung. aber ein herrliches Gemüth ,
Den höheren Werth gab
welches die kraftvolle Natur vor
Rohheit bewahrte, die offene , biedere Herzlichkeit, mit der der junge Mann Allen entgegenkam.
Im vollen Gefühl nie erliegen
der eiserner Kraft und Ausdauer, immer gegenwärtigen Vermögens und Könnens , bewegte er sich mit gleicher Unbefangenheit und Sicherheit im Damencirkel wie auf dem Schlachtfelde. Hier wie dort, hat er immer die gleiche kaltblütige Geistesgegenwart gezeigt. Es war ein ganzer Mann und ein ganzer Soldat. Das Gepräge der guten Zeit Friedrichs des Großen hatte sich, trotz der zerseßenden Einflüsse der neuen Geistesrichtungen, im Often der Monarchie reiner und scharfer erhalten. vor Allem praktiſcher geblieben.
Man war
Das zeigte sich in den Feldzügen
in Polen , welche Horn im Stabe seines Chefs , also in einer Stellung mitmachte, Ueberblick darbot.
die ihm einen größeren und lehrreicheren
Die Gelegenheit, sich hervorzuthun , bot sich
bald ; er war nicht der Mann sie entfliehen zu laſſen. Bei Sze koczyn namentlich gelang
es ihm durch Umsicht und Bravour
108
zum glücklichen Ausgange des Gefechtes beizutragen.
Er erhielt
den Orden pour le mérite und wurde am 16. November 1794 zum Stabscapitän befördert.
Erinnern wir uns , daß auf der
anderen Seite der Weichsel Souwaroff wirkte und durch seine kriegerische Energie die Aufmerksamkeit, ja den Neid der Preußen erregte.
Hier lernte er seinen taktischen Grundsat : „ Die Kugel
ist thöricht, das Bajonet aber ist ein weiser Mann." Wenn wir nicht irren, so
ist einiges von diesen Lehren bei dem jungen
preußischen Hauptmann auf fruchtbaren Boden gefallen. Nach dem Feldzuge blieb Horn noch längere Zeit bei dem General v. Favrat in Glaz , bis er 1797 zum Compagnie - Chef im Regiment v. Anhalt ernannt wurde. Der Krieg von 1806 fand den Hauptmann v. Horn in Danzig.
Dort übertrugen ihm mit gleichem Vertrauen der Gou
verneur und der Commandant das Commando des wichtigsten Poſtens , als die Festung belagert wurde.
Auf dem Hagelsberg
hat er sich durch seine Wachsamkeit, seine Festigkeit, seinen heiteren unbeugsamen Muth seinen glänzenden Ruf begründet und das Vertrauen der Besaßung wie der Bürgerschaft in gleich hohem Maß gefesselt.
Dort schon zeichnete ihn jene herzliche Fürsorge
für das Wohl seiner Untergebenen aus, die ihm auch später alle Herzen gewann.
Der Commandant, General v. Hamberger , der
immer in Unruhe war, daß nichts versehen oder versäumt würde, pflegte die Tage, wo Horn du jour hatte , seine Ruhetage zu nennen. Nach einer mit heroischem Muth und mit Einſicht geführten Vertheidigung sah sich der tapfere Gouverneur, Feldmarschall v. Kaldreuth, zur Einleitung von Unterhandlungen gezwungen. Wie gewöhnlich spannte der Uebermuth der französischen Generale die Bedingungen der Uebergabe auf das kleinste Maß der Ge währung. Hartnäckig verweigerten sie den für die brillante Ver theidigung geforderten freien Abzug der Besatzung.
Namentlich
109
glaubte die Beſagung des Hagelsberges sich Ansprüche auf durch aus ehrenvolle Bedingungen erworben zu haben. In Abwesenheit des Generals v. Hamberger, der sich im Gouvernementshause bei der Conferenz befand, wandte das Officiercorps derselben sich an den commandirenden Stabsofficier , Major v. Horn, der wegen seiner unermüdlichen Thätigkeit und felfenfesten Tapferkeit in hohem Ansehen stand , um den Gouverneur sofort schriftlich von ihren Gesinnungen in Kenntniß zu setzen.
Das Schreiben ging gerade
ein, als die feindlichen Unterhändler beim Gouverneur zur Tafel saßen und lautete, wie folgt :
"1, Die schändlichen Bedingungen , welche der Feind von uns „ verlangt , haben das ganze Corps der Officiere und mich , die „ wir den Hagelsberg zu vertheidigen die Ehre haben , bewogen,
"1 Ew. Excellenz ganz unterthänigst zu bitten, uns bei einer Fahne ,,den heiligsten Eid leisten zu lassen, daß wir uns lieber unter ,,dem Schutte des Hagelsberges begraben lassen , als eine dem „ preußischen Officier ehrenwidrige Capitulation eingehen zu wollen.“ Hagelsberg, den 23. Mai 1807 .
v. Horn , Major im Regiment Courbière. Diese Kundgebungen stärkten die Beharrlichkeit des Gouver neurs und gaben den feindlichen Officieren zu verstehen, was sie ferner zu erwarten hätten.
Die Besaßung erhielt zwei Tage später
freien Abzug. Es fehlte nicht an Anerkennungen der hohen Verdienſte Horns. Vom Kaiser Alexander erhielt er den St. Annenorden zweiter Klaſſe und den St. Georgsorden vierter Klaſſe.
Als die Stadt Danzig
nach dem Frieden ein selbstständiges Territorium bilden sollte, bot sie dem Major v. Horn die Stelle des Chefs ihrer Militärmacht an, er fühlte aber was er seinem Könige und Vaterlande schuldig sei und schlug dies Anerbieten aus.
Am 11. September übernahm er das Commando des Leib
110
regiments und die Commandantur von Colberg.
Er zeigte sich
schnell als der rechte Mann für sein Amt. Mit aller Leutseligkeit, mit fast kindlich offenem Gemüth konnte er doch unerbittliche Strenge im Dienst vereinen ; sein erfahrenes Auge , seine genaue Kenntniß der Sitten des Soldaten trafen immer den Nagel auf den Kopf. Er duldete kein Bemänteln von Fehlern und Schwächen, mit heftiger Schärfe , selbst mit Rauheit traf sein Tadel jedes Verſäumniß.
Aber das war doch bei so ausgesuchten Untergebenen
selten von Nöthen.
Aus den ausgezeichnetesten Officieren des
Lestocqschen Corps hatte der König ihm seine Gehülfen gewählt. Von den so oft bewährten Warschauer Füsilieren sehen wir v. Reuß als Commandeur des Schillschen Bataillons , der für Halle und Lübeck den Orden trug und deſſen kräftige Ansprachen die Sol daten ebenso zu fesseln verstand, wie sein Unterricht im zerstreuten Gefecht; - wir sehen den tapferen v. Beyer , den Helden von Labiszyn, wo er mit einer handvoll tapferer Soldaten beinahe vierundzwanzig Stunden den heftigsten Angriffen Tausender von polnischen Insurgenten in dem Kirchhofe widerstanden hatte.
An
der Spiße des 2. Bataillons stand der Major v. Both, welcher sich in Preußen im russischen Hauptquartier einen guten Namen gemacht, bei Ehlau den Verdienstorden erhalten hatte und durch forgfältige Bildung seinen Officieren der lehrreichſte Vorgesezte, der liebenswürdigste Kamerad ward : „ er sprach wie ein Demosthe nes und manövrirte wie ein Gott," sagten sie von ihm. Eben so nennen wir, außer dem uns schon wohlbekannten Major v. Stein mez, den Major v. Zepelin , dem es beschieden sein sollte, das Leibregiment in seinen ruhmvollſten Tagen zu führen und deſſen ernste Milde und Ruhe so manches Widerwärtige zu versöhnen wußte. Allerdings hatte schon früher der Major v. Steinmez mit der ihm eignen Energie den ſtrengen Dienſtgang in die Colberger Bataillone zurückgeführt ; aber die Thätigkeit nahm mit den neuen
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Verhältnissen auch neuen Aufschwung. Nicht nur, daß fleißig exer cirt wurde , auch für den Unterricht der Herren Junker wurde nach Kräften gesorgt, indem sie alle nach Strippow ins Quartier gelegt wurden, um durch den würdigen Lieutenant Fabe den nöthig ſten Unterricht in den militärischen Wissenschaften zu erhalten. Es konnte auch an Feierlichkeiten nicht fehlen.
Die inter
essanteste war die Fahnenweihe am 14. November. Kanonen donner kündigte am frühen Morgen dem Lande das kriegerische Feſt an, bei welchem jedem der beiden Regimenter 4 Fahnen mit der Inschrift „ Colberg " übergeben wurden ; unter ihnen eine Leib fahne mit weißem Flaggenstock.
Sie wurden den beiden Muske
tier - Bataillonen überwiesen , und als auf königlichen Befehl am 26. November d. 3. die beiden dem Colbergschen Regiment zu getheilten Compagnien des Leib- Grenadier - Bataillons zum Leib regiment stießen, erhielt dieſes Bataillon die Leibfahne.
Schwarz
seher wollten ein böses Omen in dem Zufall erblicken , daß ein eben angekommener französischer Officier seinen Hut auf den Fahnenkasten mit den noch eingepackten Flaggen geworfen hatte ; Andere konnten sich über ein Versehen des Obersten v. Bömken nicht beruhigen , der bei der Eidesleistung des Colbergschen Re giments für Friedrich Wilhelm IV. schwören ließ, was er jedoch auch gleich berichtigte. ―― Am Tage der Formation des Leib Grenadier - Bataillons ,
26. November ,
wurde auch eine
Garnison - Compagnie für das Regiment in der Stärke von 3 Officieren , 1 Feldwebel, 8 Unterofficieren , 2 Tambours und 60 Gemeinen unter dem Hauptmann v. Röll aus alten Leuten, welche halbinvalide waren hatten , errichtet.
oder länger als 10 Jahre gedient
Dabei sollten aber nur die Officiere der vier
Bataillone des Leibregiments unter sich rangiren, so daß also das Grenadier - Bataillon ein integrirender Bestandtheil des Re giments war. Erwähnen wir noch, daß dem Regiment für die Aushebung
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des Ersatzes die Cantons der ehemaligen Regimenter v. Kleist *), v. Tschammer, v. Kuhnheim, v. Arnim und Prinz Ferdinand, also die ganze Kurmark angewiesen wurde, so haben wir die Leser mit den inneren Verhältniſſen bekannt gemacht ; es bleibt uns noch Die Uniform bestand in dunkelblauen
das Aeußere zu schildern.
Röcken mit Schößen, rothem, vorn offenen Kragen, brandenbur gischen Aufschlägen und Schoßbesaß, weißen Achselklappen, grauen Tuchbeinkleidern, schwarzen Kamaschen ;
Czakots von Filz mit
Lederschirm und weißer Borte am oberen Rande, welche bei den Grenadieren durch einen fliegenden messingenen Adler , bei den Musketieren durch den königlichen Namenszug , beim Bataillon v. Schill durch eine messingene Cocarde und schwarzen Federstutz verziert waren.
Die Officiere hatten am Czakot eine breite gol
dene Treffe und Adler, an beiden Seiten durch flache Kettchen verbunden, Schärpen, und als Chargenabzeichen auf den Schulter klappen (oder Dragonern) silberne Treffen um den ganzen Rand für die Stabsofficiere, um die Seitenränder für Hauptleute, in der Mitte eine für die Lieutenants. Die Unterofficiere trugen schmale goldene Treffen um den unteren und vorderen Rand des Kragens und an den Aufschlägen ; Unterofficiere und Gemeine, welche wirklich in Colberg gefochten hatten, trugen Ehrentroddeln am Säbel, bei den ersteren in Silber und schwarzer Seide , bei den letteren in schwarz und weißer Wolle. Die Bewaffnung war noch sehr ungleich.
Die Grena
diere hatten schwedische , die Musketiere altpreußische , das Ba taillon Schill englische Gewehre, die Unterofficiere Büchsen ; nicht alle Officiere hatten Degen, wie es bei den 3 ersten Bataillonen vorgeschrieben war ; viele hatten, wie die der Schillschen Füsiliere, noch leichte Säbel in lederner Scheide.
Die Füsiliere erhielten
*) Aus dem Regiment v. Kleist stammt auch der Obergefreite Friedrich der 7. Compagnie , welcher seit 1808 ununterbrochen bis heute im Regiment mit Ehren gedient hat.
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als eine weitere Auszeichnung noch kleine Messingsterne auf den Patrontaschen und einen Beschlag mit der am Kettchen hängenden Räumnadel am Säbelgehenk. Im October war die Einziehung der Beurlaubten angeordnet worden.
Die etatsmäßige Stärke der Regimenter stieg daher,
nach der Formation des Grenadier - Bataillons, auf 1 Comman deur, 5 Stabsofficiere, 11 Premier - Capitaine, 5 Stabscapitaine, 11 Premier-Lieutenants, 4 Adjutanten, 54 Seconde-Lieutenants und 3 Officiere der Garnison - Compagnie ; 4 Bataillone, à 763 Unter officiere und Gemeine, 1 Garniſon - Compagnie zu 71 Köpfen, in Summa 93 Officiere 3123 Mann ; wobei die Compagnie 1 Feld webel, 3 Sergeanten, 11 Corporale, 1 Chirurgus, 2 Spielleute, 170 Gemeine zählte. 3. Marsch nach Berlin.
Schill's Sug und Ende.
Der Tractat von Paris vom Jahre 1808 hatte auch über die Zusammensetzung der preußischen Armee für die Dauer von 10 Jahren entschieden. Ihre neue Eintheilung in Brigaden wies dem Leib - Infanterie - Regiment seinen Platz in der branden= burgischen Brigade neben
dem Regiment Garde, Garde = Jäger - Bataillon, Regiment Garde du Corps, brandenburgischen Küraſſier - Regiment,
an.
1. und 2. brandenburgischen Husaren - Regiment Es ist dabei zu beherzigen, daß die Cavallerie Schill's, als
2.brandenburgischesHusaren-Regiment, und die ehemalige Schillsche Artillerie in der brandenburgischen Artillerie - Brigade den alten Gefährten nach Berlin folgten. Hienach war die Absicht des Königs ( die auch in seinem eigenhändigen Entwurf über die Zuſammenſezung der Armee aus gesprochen ist), das Leib - Regiment zu den Garden zu zählen, da 8
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er nach dem Tractat 6000 Mann Garden halten durfte. Welches seine Absicht auch für die Zukunft nach Ablauf der 10 Jahre ſein mochte, vorläufig blieb dem Regiment diese Bestimmung . Zugleich aber war auch gegen Erlegung von 37½ Millionen
Thalern den preußischen Truppen das Recht eingeräumt, die Pro vinzen Schlesien und Brandenburg wieder zu betreten , während sie vorher die Demarcationslinie, durch Pommern gezogen, nicht überschreiten durften. Es mag daher nicht ohne Genugthuung vom General v. Blücher im November 1808 der Befehl gegeben worden sein, daß nach und nach die preußischen Truppen „, die von den Franzosen gereinig ten Landestheile zu besetzen hätten “. Von der brandenburgischen Brigade sollten das ganze Leib Regiment und
das
Schillsche Husaren - Regiment nach Berlin
kommen, während die anderen Truppen der Brigade noch in Preußen waren. Am 3. December 1808 wurde der Marsch nach Stettin an getreten.
Noch einmal wurden jene Stellen besucht , auf denen
vor einem Jahre so Mancher für die Ehre des preußischen Namens gefochten und geblutet hatte, wo so viele treue Waffenbrüder den kummerlosen Schlaf des Helden ſchliefen.
Wie manches fromme
Gelübde mag dort zum Himmel gestiegen sein, in den Wegen zu wandeln , die allein das Vaterland zum Glücke führen konnten, und auch fern von der Geburtsstätte des Regiments sich der ruhmvollen Erinnerung würdig zu zeigen. Das Land , welches den Anblick preußischer Soldaten nun schon über 2 Jahre entbehrt hatte, drückte seine Freude über das Wiedersehen derselben laut aus. Der Marsch glich einem Triumph zuge. Nicht nur die Städte wetteiferten in Ehrenbezeugungen, auch auf den Wegen und in den Dörfern drängte sich das Landvolk herzu, um die Truppen zu bewillkommnen. In Stargard wurde von den Stadtbehörden den beiden Officiercorps des Leib - Regiments
*
115 und der Schillschen Husaren ein Ball gegeben. Eine zur Stelle eine für jene Zeit gesammelte Collecte trug 121 Thaler ein sehr bedeutende Summe - welche den Waisen der in Colberg Gefallenen zu Gute kommen sollten. War es so das Bestreben des Landes , den Truppen ent gegenzukommen, zu zeigen, daß die alten Mißstimmungen und die alte Eifersucht auf kastenmäßiges Gebahren verschwunden seien, so thaten auch die Führer dieser das Ihrige von Herzen und nach Kräften, ein gutes Verhältniß vorzubereiten und einen neuen Sinn in dasselbe zu tragen, wie dies auch der ausdrückliche Be fehl und Wille des Königs war.
Namentlich geschah dies durch
den Parolebefehl am Tage vor dem Einzuge in Berlin, in welchem des patriotischen Benehmens seiner Einwohner ehrend gedacht und die Truppen ernst zu der Anerkennung desselben vermahnt wurden. Berlin war am 10. December in einen enthusiastischen Jubel versett. Es war seit lange der erste Tag, an welchem das Preußen herz sich frei bewegen konnte.
Die Straßen, durch welche der Zug
wogte, waren mit festlich gekleideten Menschen bedeckt ; aus den Fenstern winkten schöne Hände mit Tüchern und Blumen fröh lichen Gruß.
Aber der Haupterguß dieser patriotischen Freude
wandte sich Schill zu.
Wiewohl er bescheiden das Alles von sich
abzulehnen suchte, immer wieder wurden ihm neue Ovationen ge bracht; er konnte sich ihnen gar nicht entziehen.
Noch vor dem
Thor hatte er die Gelegenheit benutt, an die Füsiliere , deren Verhältniß zu ihm durch die Stiftung des Regiments natürlich nicht mehr so nahe geblieben war und nur in der Ueberreichung von regelmäßigen Rapporten bestand, heranzusprengen und ihnen in warmen Worten mit der ihm eigenen Herzlichkeit und Kraft seine Dankbarkeit auszudrücken .
Ihnen hätte er hauptsächlich Alles
zu verdanken, sie hätten ihm seinen Ruhm hauptsächlich erfochten. Auf dem Lustgarten , der damals noch mit dem Standbilde des alten Dessauers geschmückt war , angelangt , rückte Alles in die 8*
116
Quartiere.
Die Bürger hatten es sich zur Ehrenfache gemacht,
die Soldaten so gut als möglich zu bewirthen. Die Reicheren hatten wohl 30 bis 40 Mann zu sich genommen ; der Magistrat hatte für den Abend jeder Compagnie ein kleines Fest bereitet, wo bei Musik und Tanz der fröhlichste Tag beſchloſſen wurde. Auch die höheren militärischen Befehlshaber, der Gouverneur
von Berlin, General der Infanterie v. Leftocq, der Brigade - Chef, General Gr. Tauenzien, und der Commandant, Major v. Chasot, brachten bei allem Ernſt in Dienſtgeſchäften doch dem Regiment ihr Wohlwollen, ihre Achtung entgegen.
Zwar ging es wohl im
Anfang nicht ohne Bemerkungen über Tabacksrauchen auf den Straßen und zu fleißigem Besuch der Wirthshäuſer ab, aber es fehlte auch nicht an Anerkennung der guten Haltung und der pünktlichen Diensterfüllung .
Welcher Zukunft das Regiment ent
gegenzugehen schien, darüber mag das nachstehende Schreiben des Oberst - Lieutenants v. Gneiſenau aus Königsberg an den Major v. Horn Zeugniß geben : " .... Als Kaiser Alexander hier war, erschien Se. Majestät „ der König Abends in der Uniform des Leibregiments, ging auf ,, mich zu und sagte mir :
„ Diese Uniform habe Ich Ihnen zu
„ Ehren angezogen ", und ergoß sich ferner in Lobeserhebungen „ des Regiments.
Diese Aeußerung wird Euer Hochwohlgeboren
,,und dem Regiment Vergnügen machen, sowie die Nachricht, daß ,,das Leibregiment künftig zu den Garden gerechnet werden wird, ,,welches lettere ich Ihnen jedoch nicht auf officiellem Wege mit , theile, wozu mir das Recht nicht zuſteht..... v. Gneisenau.“ Bei diesen Umständen war es auch für die Officiere leicht, sich schnell angenehme, gesellige Verhältnisse zu verschaffen.
Sie
hatten sich wohlverdienter Auszeichnung zu erfreuen ; es war in der Berliner Gesellschaft frische und natürliche Fröhlichkeit wieder aufgewacht und der Ton verbannt, durch den ein falscher, in alle
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Stände gedrungener äußerlicher Ehrgeiz nicht zu ruhigem heiteren Genießen kommen läßt.
Den Pulsschlag des öffentlichen Lebens
so zu belauschen, mochte wohl für den Aelteren wie den Jüngeren. anziehend sein , da Aller Wünsche auf Ein Ziel zustrebten und eine tiefe Aufregung die Geister nach und nach in immer stärkere -Spannung sezte. Wir müſſen , um uns das merkwürdige Ereigniß , welches einen so tiefen Riß in die Entwickelung dieser Zustände machte und auch auf das Leibregiment Einfluß hatte , zu erklären und zu verstehen, seiner Erzählung einige Bemerkungen vorausschicken *). Es herrschten zur Zeit ganz eigene Zustände im Lande und namentlich in Berlin.
Der König und sein Hof waren noch ab
wesend. Nur die Kurprinzessin von Hessen, Schwester des Königs, vertrat die königliche Familie , an der das Land einen gemein samen, innigen Antheil nahm, welche ihm das Symbol der Ein tracht und häuslichen Tugend war. Mit Stolz und Dankbarkeit erinnerte man sich im Volke des hochherzigen Benehmens der geliebtesten Königin , wie Sie die Würde Ihres Geschlechts , Ihrer erhabenen Stellung und Bestimmung selbst unter den schwersten Bedrängniſſen
erhalten
hatte. Wuth aber und Ingrimm faßte die Herzen bei der Erin nerung an das unritterliche Benehmen des Siegers gegen die hohe Frau.
Dieser einzige Zug hatte Napoleon alle Herzen fern
gehalten ; die Bewunderung für ihn war und blieb eine falte. Zu einer solchen Stimmung geſellte sich aber noch der Haß der Fremdherrschaft und das namenlose Unglück, welches sie mit
*) Der Verfasser verdankt die näheren Nachrichten über diese Zeit beson ders einigen Rapporten des Generals v. Tauenzien an den König , in deſſen Nachlaß im Kriegsarchiv, einigen Actenstücken des Geh. Staatsarchivs über die Schillsche Unternehmung und deren Folgen , und einem von Herrn Oberst Lieutenant v. Bergh gütigst geliehenen , als Manuſcript gedruckten Aufſaß von F. G. V .: Zur Geschichte des Schillschen Zuges. 1854.
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Härte und Verachtung Deutschland zufügte.
Als der Krieg in
Spanien ausbrach, erhoben sich die Hoffnungen auf Befreiung aber die rächende Nemesis sollte erst nach langem Ringen durch das in den Pyrenäen geöffnete Thor einziehen.
Heller schlugen
aber die Flammen der Begeisterung auf, als Desterreich im März 1809 aufs Neue sein Banner erhob. Wer nur noch im deutschen Vaterlande ein Gefühl für die eigene Unabhängigkeit, für den eigenen Thron hatte, jauchzte dem muthigen Beginnen zu.
In Berlin konnte also dem nicht an
1
ders ſein; daß die Entfernung des Hofes fortdauerte, gab jedoch der Bevölkerung eine unruhigere Bewegung.
Sie war gewöhnt,
an dem Benehmen des Hofes das ihrige abzumeſſen ; dieſes Maß fehlte jezt. Die verschiedenen Menschen und ihre Bestrebungen konnten in drei Kategorien
gefaßt werden.
An der Spiße der
ersten
standen offenkundig der Commandant , Major Graf Chasot , mit ihm mehrere andere Männer von Autorität aus dem Gelehrten und Beamtenstande (namentlich der bekannte Prof. Kiesewetter), welche mit einer höheren Behörde in Königsberg verkehrten.
Der
Zweck dieser Männer war , den König durch Bearbeitung seiner Umgebungen, durch Memoiren und Anerbietungen aller Art und aus allen Gegenden zum Krieg zu bewegen , ja wohl ihn wider seinen Willen in den Strudel zu ziehen.
Sie bearbeiteten auch die
öffentliche Meinung in den abgetretenen Provinzen und hatten ein Net von Fäden des Einverständnisses über Deutschland gezogen. Die zweite Abtheilung bestand aus einigen für sich stehenden Civilisten und Militärs , die im letzten Kriege einige glückliche Augenblicke gehabt hatten und nun , eigenen Befehlens gewohnt, von keiner Leitung wissen wollten.
Sie hielten sich der äußeren
Form nach zu jenen. Eine dritte Kategorie endlich,
ein besonderer Kreis
von
Menschen, hatte sich um Schill oder um seinen Namen ver
2
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sammelt.
Mehrentheils solche, die nicht mehr im Dienst waren,
aber brav gedient hatten ; kühne und unruhige Köpfe, welche ihre Sache auf Nichts seßten und unter Sanction des Schillschen Namens , unbekümmert um jede andere , sich nach einer Unter nehmung sehnten.
Diese Menschen wiederholten es ihm unauf
hörlich, daß er allein hinreiche, um in Deutschland das Zeichen zum Aufstand zu geben und ihn mit Erfolg zu betreiben. Allerdings war Schill der Held des Volkes im nördlichen Deutschland geworden , sein Name lebte in allen Provinzen , in allen Ständen desselben.
Eine wahrhaft mythische Person , trat
er zauberartig unter den wunderlichsten Verkappungen in jeder Volkssage *) auf, und war der Trost und die Hoffnung des nie *) Ein Beispiel giebt die im Januar 1809 bei Trowitsch gedruckte : " Wahrhafte und treue Darstellung der mancherlei kühnen Unternehmungen des " Königl. Preußischen Majors Herrn Ferdinand von Schill, zur Aufmunterung „junger vaterländischer Krieger aufgefeßt " - wegen deren der Drucker ſpäter vom französischen Gouvernement zu Küßtrin zur Untersuchung gezogen ward. Unter einem Holzschnitt , zwei Husaren , welche mit Gläsern anstoßen , stehen hier unter Anderem wörtlich folgende Verſe :
Bewillkommt dem Manne von Herzen, Der treulich erfüllte die Pflicht, Die Mancher so leicht konnt' verscherzen, Und fochte für's Vaterland nicht. Er war ganz beseelet von Muthe, Entschloffen zu jeglicher That, Verwundet, oft triefend von Blute, Ertheilt er den Streitern noch Nath. Und alle die Seinen beseelte Der Tapferkeit freudiger Sinn, Sie waren von ihm die. Erwählte, Und stritten für's Leben für ihn. Drum lebe der tapfere Sieger, Der Mann voller Würde und Kraft, Auch lebe ein jeglicher Krieger, Der ihm gleich wirket und schafft!
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ganz zu beugenden Muthes geworden.
Wo er sich in Berlin
nur auf seinem prächtigen Pferde sehen ließ, folgte ihm mit Freudenruf das Volk ; in den Prachtgebäuden wie in den Hütten war sein Bild zu finden. In der Volksmeinung galt er für den eigentlichen Erhalter Colbergs ; Gneisenau wurde erst nach ihm genannt, und dieser großherzige Mensch trug diese Ungerechtigkeit mit der ihm eigenen Seelenstärke, ja er beförderte Schill's Ruhm aus der Fülle seines Herzens : "Feurige Seelen der Helden Denken nicht, was sie gethan." Wie es einmal war, so blieb es von unendlicher Wichtigkeit, diesen Zauber des Schillschen Namens zu erhalten, deſſen Ton allein aus der allgemeinen Verwirrung hell herausklang.
Mit
einem solchen Schat, wie die Liebe einer Nation iſt, war wohl nie mals mehr Wucher zu treiben , als gerade in diesem Augenblick. Man hätte mehr für solche Zustände erzogen sein, mehr in ihnen gelebt haben sollen, um sie zu durchschauen und zu beherrschen , als Schill. Aber außerdem war er von den Vorzüglicheren der ersten Abtheilung früher erwähnter Kategorien mit ungeſchickter Superio rität , mit dem Hochmuth der blos geistigen Bildung behandelt worden ; das hatte er empfunden ; er war mißtrauisch, zurückhaltend geworden und hatte sich zuletzt entschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen.
Bei dem gänzlichen Mangel an Zusammenhang, an ächt
deutschen Ansichten , bei der Zerfahrenheit , die in den Geistern, trotz allen guten Willens , noch herrschte , war das ein Glück, ja eine Fügung ; denn so blieb seine Unternehmung ohne unzuver lässige, wankende Theilnehmer, behielt ihren moralischen Werth, riß aber auch weniger Opfer ins Verderben. -In das 3. neumärkische Reſerve -Bataillon war gleich Anfangs der Hauptmann v. Dörnberg einrangirt worden, welcher kurz vor dem Kriege von 1806 als Oberforstmeister in Dienſten des Herzogs von Nassau - Usingen gestanden und aus Haß gegen
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die französische Invaſion ſeinen Abschied genommen, sich nach dem preußischen Hauptquartier begeben und die Schlacht bei Jena mit gemacht hatte.
Durch die Vertheidigung von Colberg erwarb er
sich eine Compagnie im Leibregiment und den Orden pour le mérite.
Der Bruder dieses Hauptmanns , der hessische Oberst
v. Dörnberg , vom König Jerôme mehrfach ausgezeichnet , hatte sich jedoch dessen Sache nicht zu Herzen genommen , und brütete über die Mittel , das alte Fürstenhaus in seine Rechte wieder einzusetzen.
Es ist sicher, daß er mit Schill im Vernehmen war
und die im hessischen Landvolke vorhandene Gährung zu einem Aufstande im Verein mit einer preußischen Unternehmung benußte. Der Hauptmann v. Dörnberg nahm im Januar 1809 ſeinen Ab schied aus dem preußischen Dienst und mag wohl das Einver ständniß gefördert haben.
Nun wissen wir noch, daß der Kurfürst
von Hessen, der sich zu Prag aufhielt, diese Bestrebungen begün stigte; daß seine Schwiegertochter in Berlin Hoffnungen auf Schill's Namen gründete und dieser , in Berührung mit der hohen Frau gekommen und von ihrer edlen Gesinnung enthuſiasmirt , ſeine Pläne mit jenen in engere Verbindung brachte.
Der Herzog von
Braunschweig sammelte Truppen in Böhmen und bereitete sich zu einem Einbruch in sein Land vor. Die ersten drohenden sturmverkündenden Wolken erhoben sich in der Altmark.
Der Lieutenant v. Katt , vom Regiment
v. Tschammer, ein Freund Schill's, hatte, unterſtüßt von Eugen v. Hirschfeld und Herrn v. Krosigk - Poplig , ſchon am 2. April in Stendal das Volk zu den Waffen gerufen und Zulauf gefun den , seine Anhänger waren jedoch schnell durch ein von Magde burg abgesendetes Detachement zerstreut und v. Hirschfeld ver haftet worden.
Schon früher hatte Hirschfeld , von Schill mit
etwa tausend Thalern unterſtüßt , die Absicht gehabt , den König von Westphalen in Kassel aufzuheben , wurde jedoch durch den Professor Steffens von diesem abenteuerlichen Unternehmen ab
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gehalten.
Eine später von ihm beabsichtigte Erhebung in Burg
war nur durch das Eingreifen des Generals v. Lestocq hinter trieben. Schon lange aufmerksam , hatten ruhigere Freunde Schill's ihn von übereilten Schritten zurückzuhalten gesucht , ja selbst die militärischen Befehlshaber in Berlin bemühten sich etwaigen Be gebenheiten zuvorzukommen.
Waren schon früher vielfältig auf
regende Raisonnements politischer Natur unter den Officieren vorgefallen, so hatten dem königliche Befehle steuern sollen ; jezt erhielten die Generale Anzeige von einem veränderten Benehmen Schill's seit einiger Zeit, von „ verdächtigen Aeußerungen ,“ und der General v. Tauenzien rief ihn zu sich, um ihn darüber zu befragen und zu warnen. „ Dieſer widerlegte Alles, was ihm vor gehalten ward, nicht nur befriedigend, ſondern ſeine Aeußerungen waren so frei , unbefangen und patriotisch, daß der General ihm Lobsprüche über seine Gesinnungen und seinen Diensteifer machte und sich dabei im Glauben an das Wort eines Ehrenmannes beruhigte *)." 11 Einige Tage nachher befahl er dem Major v. Schill mit seinem Regiment ein Manöver zu executiren , um die Art des Gebrauches , welchen er von der reitenden Artillerie machte , zu prüfen.
Das Manöver fiel nicht gut aus, der General fand, daß
der Major v. Schill wenig Kenntniſſe von höherer Führung habe.“ Wie wenn man vor einem herannahenden Gewitter sich be müht, einzelne Vorkehrungen gegen seine verderbliche Wirkung zu treffen und doch die Eile des Sturmes nicht überflügeln kann, so erging es allen denen , welche einigen Einfluß auf Schill zu haben glaubten. Schon hatte er am 18. April den ersten Würfel geworfen , eine Proclamation hatte er den Westphalen zugesandt, *) Bericht des Generals v . Tauenzien an den König, zur Rechtfertigung. Ueber das Urtheil desselben von den militärischen Eigenſchaften Schill's ver gleiche am Schlufſe des Capitels die Aeußerung des Generals v. Valentini.
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in welcher er versprach, bald in ihrer Mitte zu sein.
Von dem
wüsten Drängen seiner Genossen mehr getrieben als freiwillig, hatte am 20. April der Oberst v. Dörnberg sich an die Spitze der hessischen Insurrection gestellt , aber am zweiten Tage war diefer Versuch gänzlich gescheitert und hier alle Hoffnung ver nichtet. - Der Aſſeſſor Eichhorn *) hatte am 27. April zuerst eine Nachricht von dem unglücklichen Ereigniß nach Berlin ge bracht,
entscheidend war aber erst eine geheime Botschaft des
Herrn v. Bothmer, Beamten im hessischen Ministerio, daß Schill's Kundschafter in Westphalen in die Hände französischer Spione gefallen und seine active Betheiligung an dem Aufstande ver rathen sei. Nun konnte er sich nicht mehr zurückhalten ; der entsetzliche Conflict in seinen Verpflichtungen trieb ihn zu einem militärischen Verbrechen. Er bat den General v. Tauenzien am 28. April um die Er laubniß, mit ſeinem Regiment Nachmittags ausrücken zu dürfen, er wolle es nicht exerciren, sondern die Rangirung desselben wegen der vielen jungen Leute und Pferde endlich ins Reine bringen. Schon öfter hatte die schlechte Witterung zum Benußen einer solchen Tageszeit gezwungen ; der General konnte daher nichts Sonderbares in Schill's Bitte finden und bewilligte sie. Am 25. April hatte der König in seinem Rathe beſchloſſen, die Majors v. Schill und v. Chasot, zur Vermeidung aller Even tualitäten, nach Königsberg kommen zu lassen: als sein Befehl ankam , war es zu spät.
Der Major v. Schill war mit seinem
ganzen Regiment ausgerückt und hatte es gegen Steglit geführt, *) Nachmals_preußischer Minister der geistlichen Angelegenheiten. Wir haben hier den Hergang , vielleicht zu genau für eine Regimentsgeschichte , er örtert, um darzulegen , daß keine Theilnahme einer höheren Hand Schill ge trieben hat, wie die Volkssage fich irrig erzählt , sondern daß das Verhängniß allein seine Sache so leitete.
124
wo zunächst einige taktische Bewegungen geübt wurden.
Nach
kurzer Zeit jedoch hatte er das Regiment halten , die Officiere vorreiten laſſen und Alle mit den Worten angeredet *) „ er ſei 11 entschlossen, gegen den Feind zu ziehen , den sie Alle so sehr „ haßten , der das Vaterland unglücklich gemacht, alle Rechte der Menschheit mit Füßen getreten habe , dem kein Vertrag und „ Friedensschluß heilig sei und der nur einen günstigen Augenblick ,, erwarte , um die Verfassung des Landes umzustürzen. So wie ,,der treulose Thrann Spanien behandelte, das ihm doch so viele „ Opfer gebracht, so werde er auch gewiß nicht ruhen, als bis er ,, auch dem Vaterlande den geliebten König entzogen und den er „ lauchten Regentenstamm, unter deſſen weiser Regierung Preußen "Isich zur höchsten Stufe des Ruhmes erhoben, des Thrones be
„ raubt habe ! " Nun bat er sie , ihm zu folgen und beizustehen, wer aber Bedenken trüge, sich ihm anzuschließen, der möge gleich zurückkehren. Man sagt auch, er habe eine Brieftasche, welche ihm früher die Königin geschenkt hatte , vorgezeigt und auf geheime Ordres gedeutet , die in derselben enthalten sein sollten.
Wie dem auch
sei , hier wirkte nur er selbst und seine alte Macht über die Gemüther.
Wer hätte sein Herz 11 vor dem schönen Ausdruck von
Treue und wahrem, heiligen Willen “ verschließen können , welche das ganze Wesen dieses Mannes schwärmerisch beseelten **) ? Sie jauchzten ihm Alle zu , Keiner blieb zurück und fort ging es auf dem Wege des dunkelen Schicksals . Wir verlassen sie, um zu erfahren, was in Berlin geschah. Erst in der Nacht um 4 Uhr erfuhr der General v. Tauenzien, was Alle schon geahnt hatten und was der Commandant, Major *) Nach dem im Kriegsarchiv befindlichen Bericht des Lieutenant Bärsch, Quartiermeister des Schillschen Huſarenregiments. **) So schildert ihn Fr. Graf V. in dem erwähnten Manuscript, und alle seine Zeitgenossen.
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Graf Chafot , ebenfalls zum ersten Male zu hören behauptete : nämlich, daß das Husarenregiment noch nicht zurück sei und ver muthlich auch nicht zurückkommen würde. Man befürchte, daß dies Beiſpiel Nachahmer finden könnte.
Cavallerie zum Nachsetzen war
nicht mehr da , und es ward Befehl zur Sperrung der Thore gegeben und der Major v. Zepelin dem Regiment nachgesandt, um Schill zum Umkehren zu veranlaſſen. ohne etwas erwirken zu können.
Er traf ihn in Beeliz,
Hatten doch einige Husaren, in
Berlin Anfangs zurückgeblieben, auf die Nachricht hin alle Mittel versucht , sich nachzuschleichen ; zwei davon setten über die vorge haltenen Gewehre der Thorschildwachen und sprengten unter lautem Beifall der ganzen Thorwache davon. Obgleich eine eigenthümliche Aufregung in Berlin sich kund that, so hielt sie sich doch in Schranken, nur einige inactive Of ficiere machten sich auf, um dem Husarenregiment nachzueilen. Der Major v. Horn versammelte die Officiere des Regimentes und sprach ihnen seine Ansicht über das Geschehene so aus, daß Niemand in Zweifel über die Straffälligkeit desselben war. Dadurch konnten jedoch einzelne Deſertionsfälle unter den Soldaten nicht verhindert werden.
Es erhob sich eine so muthige,
fröhliche Stimmung im Volke, daß die Truppen sich ihr nicht entziehen konnten.
Waren das nicht die alten Kampfgefährten,
mit denen man in den schlimmsten Tagen zusammengestanden hatte, waren die alten Kameradschaften nicht treu erhalten und hatte das Andenken Schill's nicht einen höheren Werth bei den Soldaten, die er so oft zum Gefecht geführt , so oft durch seine Stimme ermuthigt hatte ? Besonders im leichten Bataillon des Leibregiments, welches seinen Namen führte und mit ihm immer in Verbindung geblieben war, mußten solche Gedanken von Ein fluß sein. Noch wäre aber vielleicht nichts Erhebliches geschehen, wenn nicht einige Officiere des Bataillons ſich dieſer Stimmung bemächtigt hätten.
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Der Lieutenant v. Quistorp , den wir von 1807 her kennen, benutzte den Umstand, daß das Bataillon öfter schon heimlich zu verschiedenen Tageszeiten zu Felddienstübungen aufgebrochen und manchmal sogar über Nacht fortgeblieben war , dazu , die Leib compagnie des leichten Bataillons , in der Nacht zum 4. Mai, aus ihren Quartieren am Königsthor zusammenrufen und auf dem Georgenkirchhof versammeln zu lassen. Leuten,
Er verkündete den
daß sie eine Felddienstübung machen und die anderen
Compagnien folgen würden ,
marschirte zum Prenzlauer Thor
hinaus und gab dem Unterofficier der Thorwache denselben Zweck mit der Weisung an, ihn erst zwei Stunden später zu melden. Als am Morgen der Major v. Reuß dies erfuhr , schöpfte er sogleich Verdacht , meldete es dem General v. Tauenzien, und sogleich mußte das Bataillon zu einer Reviſion versammelt werden. Es fand sich , daß die Leibcompagnie (4 Officiere , 1 Feldwebel, 11 Unterofficiere, 4 Spielleute, 104 Füsiliere) und von den drei anderen Compagnien 1 Junker, 2 Unterofficiere, 29 Füsiliere fehl= ten. Mitgegangen waren die Lieutenants v. Pannwig, v . Quiſtorp, v. Hertel, v. Stankar , v. Mach II. , v. Wille , v. Wedell und der Junker v. Seydlig.
Außerdem aber mußten sehr kräftige Maß
regeln ergriffen werden, da zu befürchten stand, daß alle Füsiliere ihrem alten Führer folgen würden. Der Hauptmann v. Petersdorff und der Lieutenant v . Rüll mann wurden mit einigen Huſaren des 1. Regiments den Ent wichenen nachgeschickt , um sie zur Rückkehr zu bewegen.
Diese
waren nach einer Stunde Marsches halten geblieben und nun mit dem eigentlichen Zweck desselben, Vereinigung mit Schill, bekannt gemacht.
Mit Ausnahme des Lieutenant v. Wille und einiger
Spielleute ,
welche es nun für Pflicht erkannten , umzukehren,
ſtimmten Alle freudig zu und der Marsch wurde fortgesetzt. Als der Hauptmann v. Petersdorff und der Lieutenant v . Rüll mann die Compagnie einholten und die Leute kräftig zur Pflicht
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ermahnten, wäre es den beiden so wohlbekannten braven Officieren beinahe gelungen, ihre Aufgabe zu erfüllen, wenn nicht der Lieute nant v. Quistorp einige ihm ergebene Füsiliere in einen Busch zur Abwehr der Huſaren poſtirt und seinen Kameraden mit Piſtolen gedroht hätte.
Auch ließ er die Trommeln rühren , damit die Stimme Petersdorff's verhallte. ――― Dieser mußte endlich von
seinen Bemühungen abstehen und die Compagnie ziehen lassen, jedoch war es ihm gelungen, noch 18 Mann zur Pflicht zurück zubringen. - Wir übergehen die bekannte Erzählung dessen, was Schill in den ersten Tagen seines Zuges begegnete, und wenden uns zu ihm, wie er, nach jenem blutigen Gefecht bei Dodendorf und dem Verlust mehrerer seiner bravsten Officiere , am 11. Mai in Arenburg an der Elbe angekommen ist.
Schon hatte sich der alte
Spruch bewährt, daß " Gott den blendet, den er verderben will ". Wiederholentlich hatte Schill seine Pläne geändert oder viel mehr bei dem ersten Anstoß diejenigen fallen laſſen, welche allein Aussicht auf Erfolg hatten, und er war jezt eigentlich ohne jeg liches Ziel.
Schon hatten sich Uneinigkeiten deshalb zwischen ihm
und seinen Gefährten gezeigt, die nur durch seine Energie, durch seinen Einfluß, durch den verzweifelten Zuſtand Aller zum Schwei gen gebracht waren.
Wenn auch Viele wohl Lust gehabt hätten,
sich dieser Unternehmung anzuschließen, so wurden sie doch durch das Manifest der westphälischen Regierung abgehalten , wonach erklärt wurde,,, daß der preußische Major v. Schill sich neben der Unterhaltung von aufrührerischen Verbindungen in Weſtphalen auch unterstanden habe, mit einem Haufen bewaffneter Reiter in das Gebiet conföderirter Staaten einzubrechen, ohne alle Autorisation des preußischen Gouvernements, welches ihn zu desavouiren schiene ; daß er sich so als Deserteur in Bezug auf Preußen, als Ueber treter des Völkerrechts in Ansehung anderer Staaten darstellte, welches ihn den Piraten ohne Kaperbriefe gleichſtellte , und daß
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er und seine Partei als Räuberbande zu betrachten seien.
Das
Gouvernement hatte einen Preis von 10,000 Francs demjenigen versprochen, welcher ihn arretiren und abliefern würde *).
Daß
dasselbe sich in dieser immerhin gefährlichen Lage fest benahm, hatte es wohl,
gestüßt
auf die eben von Napoleon bei Re
gensburg so meisterhaft errungenen Vortheile über die getrenn ten
österreichischen Heerhaufen
und
den moralischen Eindruck
dieser Siege auf die Deutschen, thun können.
Es sammelte alles,
was an Truppen disponibel war , um Schill zu ereilen und zu erdrücken. Hatte dieser schon bemerken müssen, daß die Bevölkerung in Sachsen und Hannover durchaus nicht thatkräftig und kühn genug war , sich ihm zuzugesellen , war er in seinen besten Hoffnungen grausam enttäuscht, so blieb ihm eigentlich nichts übrig, als schnell zum Herzog von Braunschweig zu eilen, um im Verein mit dieſem noch einen zweiten und sichreren Weg zum Ziele zu versuchen. Hin dern konnte ihn nichts, da derselbe wenige Tage später dreist seinen kühnen wunderbaren Zug durch Norddeutschland machen durfte. Nun ließ er sich auf die Idee ein, durch Mecklenburg nach Stral ſund oder Rostock auf Schiffe zu eilen, um in englischem Dienst nach Spanien zu gehen.
Mitten in diesen Bedrängniſſen erſchien plötzlich für ihn un vermuthet die Compagnie Füsiliere in Arenburg.
Mit Laubwerk
verziert, rückte sie unter Trommelschlag und Hörnerschall, freudig
*) Das Bulletin Napoleon's lautet : „ Ein gewiffer Schill, eine Art von Näuber , der sich schon in dem leßten preußischen Feldzuge mit Verbrechen be deckt und den Grad eines Obersten erlangt hatte, ist mit seinem ganzen Regi ment von Berlin deſertirt und hat sich nach Wittenberg an der sächsischen Grenze begeben ; er hat dieſe Stadt eingeſchloſſen. Der General Lestocq hat ihn als Deserteur in den Tagesbefehl feßen lassen. Diese lächerliche Bewegung war mit den Parteien , welche ganz Deutſchland in Flammen ſeßen wollten , ver abredet."
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von den Kameraden bewillkommnet, am 12. Mai ein, nachdem sie in 7 Tagen über Potsdam, Zerbst, Leißkau, Burg den Zug Schill's in kleinerem Bogen verfolgt und etwa 26 Meilen gemacht hatte. Auf dem Marktplaze hielt Schill ihnen eine begeiſterte Rede. Hoch und theuer versicherte er Allen , „ daß nicht Eigennut , nur Liebe zum Könige und zum Vaterlande ihn zu seinem Schritte veran laßt habe.
Er wolle den Säbel nicht eher einstecken, als bis er
dem geliebten Könige auch das letzte Dorf wiedererobert habe; dann aber, dies sei sein fester Entschluß, ins Privatleben zurück kehren, und er gebe öffentlich sein Ehrenwort, nie eine höhere Stellung anzunehmen, als die er jetzt bekleide." Es war eine unſelige, unbegreifliche Täuschung , welche den sonst so gefunden Sinn dieses Mannes befing.
Wollte er etwa
Deutschland in Mecklenburg oder Pommern erobern ? Bei allem denn sofort ging man an guten Willen seiner Gefährten ― die Aufstellung
eines Bataillons Infanterie ,
größtentheils nur mit Piken bewaffnet war -
welches natürlich hatten es sich
die Wenigsten verhehlt, daß ihre Sache nicht vom Glück be gleitet sei,
und daß Schill nicht die zu der Leitung derselben
nöthigen Eigenschaften befäße.
Der Starrsinn , der in Schill's
Wesen mit plötzlicher Unentschlossenheit abwechselte , das unbe stimmte , planlose Hin- und Herfahren sind dem Soldaten mehr zuwider als Fehler gegen die tactischen Künste , als Gefahr und Entbehrung. Der General Gratien , welcher mit einigen in der Eile zu= sammengerafften holländischen Truppen herannahte, zwang den kleinen Haufen, Arneburg zu verlassen , und Schill ergriff, troß der wiederholten Abmahnungen seiner Freunde , den Plan , nach Mecklenburg zu ziehen. In Dömitz an der Elbe befand sich ein altes befestigtes Schloß, welches weiteren Unternehmungen zum Stüßpunkt dienen sollte. Es war derselbe irrige Gedanke, den kleinen Krieg zu fixiren 9
130 und dem Feinde ein reales Object zu bieten, wo man gerade durch das Gegentheil seine Bemühungen fortgesetzt fruchtlos machen mußte, der schon den unglücklichen Tag von Naugardt verursacht hatte.
Der Lieutenant v. Quistorp, ein für den Gebrauch der In
fanterie im Partisankriege höchst geeigneter Officier , überfiel die schwache mecklenburgische Besaßung jenes Plazes und machte sie zu Gefangenen. Zwanzig Geſchüße, die man dabei erbeutete, hatten insofern einen Werth , als 6 von ihnen für brauchbar zu einer demnächst zu errichtenden reitenden Batterie erkannt wurden. Die Gefahr, welche von Westen her drohte, rückte indeß immer näher.
Schill änderte nun seine Ansicht und entschied sich
für Einschiffung auf einer in der Ostsee unter dem Admiral Sau maruz kreuzenden englischen Flotte, wozu die in den Häfen Rostock und Wismar liegenden Schiffe benutzt werden sollten.
Um dies
vollführen zu können mußte der Feind getäuscht werden , und es erſchien Dömiß hiezu insofern geeignet , als man mit Aufſehen Anstalten zu einem längeren Verbleiben treffen konnte.
Es ward
der Lieutenant v. François mit 2 Officieren , 50 Mann Infan terie, 10 Jägern, 18 Reitern, 40 Artilleristen, 100 Recruten und 200 Mann neu errichteter Pikeniere zurückgelassen, und unter deren Schutz der Marsch nach Wismar fortgesetzt. Von allen Widerwärtigkeiten, die man bisher erfahren hatte, traf hier die schlimmste ein , nämlich die öffentliche Erklärung *) des Königs vom 8. Mai, welche das Unternehmen Schill's als ein strafbares bezeichnete und ihm jegliche Hoffnung auf eine gün ſtigere Wendung seines Schicksals raubte.
Sie lautet :
"1 Se. Majestät machen der Armee bekannt, daß der Major ,,v. Schill unter dem Vorwande, vor den Thoren zu manövriren, ,,mit seinem Regimente über die Grenze gegangen ist.
Höchst=
*) Sie ward am 13. Mai in Berlin durch den General v. Stutterheim den Truppen bekannt gemacht ; derselbe sollte die Untersuchung des Verbrechens Leiten.
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„ dieselben finden nicht Worte genug, um darüber Ihre Mißbilli --,,gung in dem Grade auszudrücken, wie Sie das empfinden.
11 Sie vertrauen, daß die Armee von derselben Allerhöchsten Miß ,billigung durchdrungen sein wird , und von einem guten Geiste ,, beseelt ist.
Der Major v. Schill und alle die mit ihm gegangen
,,sind , sollen einem strengen Militair- Gericht unterworfen sein.
??, Se. Majestät erklärt der Armee, daß Allerhöchstdieſelben auf jene „ unglaubliche That beſchloſſen haben, die Geſeße des militairiſchen „ Gehorsams auch bei der kleinsten Unterlaſſung anzuwenden .
Als
11 einen ersten Beweis pünktlicher Befolgung der Allerhöchsten Be „ fehle legen Sie sämmtlichen Militairpersonen der Armee die un ,,bedingte Verpflichtung auf, daß sie bei allen Verbreitungen von „ politischen und Kriegesnachrichten sich ruhig verhalten und daran auf keine Weise Theil nehmen ; vielmehr erwarten Sie von dem „ Gehorsam der Armee, daß dieser Befehl auch in allen hier nicht „ berührten Beziehungen auf das Genaueste vollführt werde." Es ist leicht zu ermessen, welche Wirkungen dieser Befehl auf die Gefährten Schill's, auf ihn selbst ausgeübt habe. Nothwendig mußte seine ohnehin schon erschütterte Autorität nun das Funda ment verlieren, auf welchem sie bis dahin dem Anschein nach noch geruht hatte , insofern noch Viele der Seinen an einen geheimen Befehl seines und ihres Herrn geglaubt haben mögen.
Die Bande
des militairischen Gehorsams waren gelöst , und wenn auch die feste Gesinnung und Tüchtigkeit des braven Huſaren - Regiments den alten geliebten Führer nicht im Stich ließ, so war doch in dem Corps nicht mehr der alte Geiſt der Einigkeit ; Schill mußte sogar öffentlich rügen, daß man seine Befehle bespöttele und kri tisire , anstatt sie rücksichtslos auszuführen. auch nicht mehr derselbe geblieben.
Er selbst war aber
Er war nicht mehr der kühne
Darauflosstürmer ; er hatte nicht mehr die Ruhe der Seele, um fassende Entwürfe zur Reife zu bringen. die ihn dahingeriſſen , drückte ihn nieder ;
Die dämonische Faust, er war unentſchloſſen, 9*
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bedenklich geworden und widmete sich den Intereſſen des kleinen Dienstes mit einem ruhelosen Eifer , der ihm den schwarzen Ge danken entreißen sollte.
Seine natürliche Lebendigkeit war zu einer
Reizbarkeit gesteigert, die keinen Widerspruch, auch den wohlmei nendsten nicht, ertrug ; so stieß er seine alten Freunde ab und war dem Rath verdächtiger aber geschmeidigerer Menschen offen. Die Erzählung der lezten Schicksale seiner Gefährten gehört nicht mehr zu unserer Aufgabe ;
auch ist sie bereits in andern
Werken zur Genüge ausgeführt.
Mit wenigen Worten wollen
wir daher das traurige tragische Ende dieses Zuges berichten. Nachdem man sich gegen Stralsund in Marsch gesezt hatte, traf man bei Damgarten an der Steckeniß auf die in Pommern ſtehenden französischen Truppen ,
welche durch einen geschickten
und kühnen Angriff zurückgeworfen wurden und so den Weg frei machten.
Es war der lezte Sonnenblick des Glücks ; denn kaum
war Stralsund erreicht, als auch der Feind von allen Seiten heran drängte.
Noch schmeichelte sich Schill, aus der alten zerfallenen
Feste ein zweites Saragossa zu machen, als er am frühen Morgen des 31. Mai von weit überlegenen Kräften angegriffen ward. Der Feind hatte durch einen Stralsunder Bürger Kenntniß von dem Zustande der Wälle erhalten , und so gelang es ihm, durch einen umfassenden Angriff in die Stadt einzudringen , und nach einem langen, blutigen Kampfe in den Straßen den heldenmüthi gen Widerstand der Vertheidiger zu brechen.
In dieser lezten
Stunde galt es für Alle nur, ihr Leben so theuer als möglich zu verkaufen.
Während dieses entfeßlichen Ringens auf Tod und
Leben, hat man Schill noch gesehen, wie er, aus vielen Wunden blutend, noch den französischen General Carteret vom Pferde hieb, und sein Pferd herumwerfend, dänischen Jägern entgegenstürmte. Diese schossen auf ihn, und als er, schon zum Tode ermattet, sich noch im Sattel hielt , hieben sie ihn vollends herunter.
In der
Fährstraße, da wo jezt auf einem Granitſtein die Worte „ Schill,
133
31. Mai 1809 " eingegraben sind, findet der Wanderer die Stelle, wo eins der edelsten preußischen Herzen ausgeschlagen hat. Noch heute hat die Stadt keinen Pfennig gefunden , um diese Stätte würdig zu zieren. Nach dem Tode des Führers ward bald auch der Rest derer überwunden , denen es nicht gelungen war , sich aus der Stadt zu retten.
Dieses Schicksal hatte unter Andern der Lieutenant
v. Brünnow mit etwa 180 Husaren durch seine entschlossene Hal tung erkämpft ; er war vor der Stadt umringt worden, der Feind aber, dem er imponirte, bot ihm Capitulation an, welche er erst annahm , als er sich vom Tode Schill's überzeugt und nun von dem Feinde freien Abzug oder Kampf auf Leben und Tod ver langt hatte.
Man ließ ihn ziehen ; später sammelten sich noch
etwa 300 Infanteristen zu ihm ; dieser Ueberrest ward auf die Inseln Usedom und Wollin und von dort nach Colberg geführt, demnächst aber entwaffnet.
Die Huſaren wurden später dem west
preußischen Ulanen - Regiment einverleibt. Es waren eilf Officiere *) und 557 Mann gefangen genom men , von denen wohl Keiner ohne Wunde erschien ; der Feind hatte nach eigener Angabe 53 Officiere und 900 Mann verloren. Von preußischen Officieren sind auf dem Zuge geblieben : Major v. Schill , Rittm. v. Kettenburg ; Lieutenants : v. Diezelski, v. Stößel , Stock, Halletius, Voigt , Gr. Moltke, Enig , v. Born ſtedt, v. Daſſel, Lüdke. Friede sei ihrer Asche. Des Siegers erbarmungslose Härte verfolgte auch noch die Gefangenen.
Einige derselben wurden von der däniſchen Regie
rung an Preußen herausgegeben ; eilf Officiere aber wurden eiligst nach Braunschweig geführt.
Von dort aus richteten sie eine Bitt
schrift um Gnade und Verwendung an den König von Preußen, und dieser ließ von dem westphälischen Gouvernement ihre Aus
*) Finer derselben hatte 21, ein Anderer 9 Wunden erhalten.
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lieferung verlangen.
Aber inzwischen waren sie schon auf Napo
leons Befehl, damit die westphälische Regierung sie ja nicht in preußische Hände brächte , nach Wesel transportirt und vor ein Kriegsgericht gestellt.
Ihr Proceß war kurz ; er war schon ent
schieden, ehe sie noch vor Gericht waren. Am 16. September 1809 wurden sie Alle : Carl und Albert v. Wedell, Constantin v. Gabain, Adolf Keller , Ernst v. Flemming , Carl v. Keffenbrinck, Daniel Schmidt, G. Jahn, Friedrich v. Trachenberg , Friedrich Felgentreu und Ferdinand Galle auf den Wiesenplan bei Wesel geführt, um dort erschossen zu werden.
Sie ließen sich die Augen nicht ver
binden, sondern sahen dem Tode frei und muthig in das Ange sicht. So gaben sie einander die Hände und mit dem Rufe : „ Es lebe der König ! Preußen hoch ! " empfingen sie das tödtende Blei. Nur Albert v. Wedell war nicht gut getroffen , ſein Arm nur war zerschmettert und es mußten aufs Neue 6 Mann dicht an ihn herantreten.
„ Zielt beſſer auf das preußische Herz “ rief er
ihnen zu ; dann wurde auch er zu seinen Kameraden versammelt. Vierzehn Theilnehmer des Schillschen Zuges erlitten, da ſie westphälische Unterthanen waren , schon am 18., 20. u. 22. Juli in Braunschweig den Tod durch die Kugeln ihrer Landsleute. Der Rest ward nach Frankreich in die Häfen von Breſt und Cherbourg geschleppt, wo Viele unter dem Druck des schrecklichsten Elends ein frühzeitiger Tod ereilte.
Die Wenigen , welche den
Frieden zu Paris erlebten , kehrten nach demselben erst in ihre Heimath zurück. Die rohe Faust eines holländischen Oberarztes hatte , nach dem Schill's Leichnam aufgefunden war, das edle Haupt desselben vom Rumpfe getrennt und es dem Professor Brugmans in Leyden für dessen anatomische Sammlung geschickt , während der Rumpf auf dem Georgenkirchhof zu Stralsund beerdigt wurde. In Wein geist aufbewahrt , blieb der Kopf lange Zeit in wunderlicher Ge sellschaft bis 1814, wo Brugmans sich veranlaßt sah, ihn in ein,
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fremden Besuchern unzugänglicheres Zimmer zu schaffen.
Nach
seinem Tode kam seine ganze Sammlung in den Besitz der Uni versität.
Der Professor Blume , ein Schüler Brugmans , erbat
sich von dieser das Haupt Schill's , da er wußte , daß es der Wunsch seines Lehrers gewesen war, es dereinst in deutscher Erde ruhen zu wissen.
Er brachte den Kopf zur feierlichen Beisetzung
nach Braunschweig , wo derselbe, in einer Urne aufbewahrt , mit den Ueberresten seiner ehemaligen Gefährten wieder vereint ist. Ebenso wurden im Jahre 1834 die Ueberreste der bei Wesel Erschossenen in einem großen Sarge vereint und ihnen später ein Denkmal von der preußischen Armee gesetzt. Besonders hat sich um dieses Werk der General v. Webern , damals in Wesel als Commandeur des 17. Infanterie - Regiments ,
verdient gemacht.
Unter Bäumen erhebt sich jezt auf der Mordstätte das Erinne rungszeichen und zieht die Einwohner in den Stunden der Er holung zu sich; im fernsten Westen der Monarchie eine ernste Mahnung an patriotische Pflichten.
Eine Marmortafel mit gol
dener Inschrift bezeichnet in der Citadelle das Gefängniß , in welchem die eilf Jünglinge ihre lezten Stunden verlebten. --Die Officiere des Leibregiments , welche sich Schill ange schlossen hatten , entgingen der Gefangenschaft.
Mit Ausnahme
der Lieutenants v. Hertel , v. Mach und v. Quistorp stellten sich die Uebrigen vor das in Colberg statuirte Kriegsgericht.
Das
Urtheil desselben ward durch folgenden Armeebefehl vom 10. Sep tember, 1809 bekannt gemacht : „ Se. Majestät machen der Armee bekannt, daß die über das Verbrechen des Majors
von Schill geführte Untersuchung ge
schlossen und kriegsrechtlich erkannt ist.
Die Untersuchung hat er
geben, daß der Major v. Schill der alleinige Urheber desselben gewesen ist, und daß er seine Untergebenen zu der falschen Mei nung , als handele er auf königlichen Befehl , verleitet , sie also getäuscht hat.
Auf ihn fällt daher das ganze Gewicht der Schuld,
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und seine Strafe würde so schwer sein, als sein Verbrechen bei spiellos ist, wenn nicht der Tod, den er im Gefecht von Stral fund gefunden hat ,
ihn dieser Strafe entzogen hätte.
Seine
Untergebenen, die ihm in jener Voraussetzung aus pflichtschuldigem Gehorsam folgten , sind als solche ,
die unbekannt mit ſeinem
strafbaren Zweck, blos ihrer Dienstpflicht gehorchten , durch das Kriegsgericht für ſtraflos erklärt, diejenigen seiner Gefährten aber, welche ihm aus freier Wahl gefolgt sind, nach dem Grade ihrer Verschuldung zu mehrjähriger Festungsstrafe verurtheilt worden, und gegen die, welche noch nicht ins Land zurückgekehrt sind, foll der Deſertionsproceß eröffnet werden.“ Hienach wurden v. Pannwig, v. Stankar und v. Seydlig mit Festungsarrest bestraft und aus den Liſten gestrichen ; ſpäter in der Armee wieder angestellt, haben sie Alle mit Auszeichnung gefochten. Die Lieutenants v. Hertel und v. Quistorp gingen nach Spanien, wo beide in fremden Diensten gegen ihren unversöhnlichen Feind kämpften. Der Erſtere fand einen frühzeitigen Tod, als portugie sischer Oberst - Lieutenant, am Nervenfieber ; er ruhet zu Siriol in Portugal.
v. Quistorp ging vom Corps fort, als es sich bei
Dömitz wieder der preußischen Grenze näherte , beim Herzog von Braunschweig ,
nahm Dienste
ward gleich in deſſen erſtem
Gefecht verwundet und blieb zurück.
Dann ging er in öſterrei
chische Dienste, später über England nach Spanien und kehrte vor der Beendigung des Freiheitskrieges ins Vaterland zurück, wo er noch mit Ehren unter preußischer Fahne gefochten hat. So endete dieses unglückliche, verfehlte Unternehmen , nach dem es 4 Wochen lang ganz Deutschland in fieberhafte Aufregung versezt und wie ein verderbliches Meteor dem Feinde Böses ge weissagt hatte.
So schrecklich sein Ausgang war, so hart wurden
auch die Urtheile darüber gefällt und es wagte lange keine Stimme ein entschuldigendes Wort zu sprechen. Fehler gemacht hat,
Daß Schill militärische
daß er nicht das nöthige wissenschaftliche
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Urtheil besaß, läßt sich nicht leugnen. Die Neigung, sich an feſte Pläße zu heften , hat ihn auch bei seinem letzten Zuge ins Ver derben gestürzt.
Schon sein hartnäckiger Angriff auf Stargard
war nicht im Geist des Parteigängers , der, wo er nicht über raschen kann , mit Klugheit still abzuziehen weiß.
Ebenso miß
lungen war die Besetzung von Naugardt , die von Dömiß und Stralsund.
Daß er sich vor Wittenberg nicht aufhielt , erscheint
uns gerechtfertigt.
Dahingegen ist der blutige Angriff bei Doden
dorf, wo er den Feind in Position traf und ihn nicht einmal durch ein paar Geſchüße erschüttern konnte, ihm theurer zu stehen gekommen, als dem Feinde. Was sollten ihm Gefangene helfen ? Sie konnten nur seine Märsche hindern, ſeine Kräfte in Anspruch nehmen.
11 Es scheint , daß der wackere Kämpfer , der mehr als
Ritter denn als Partiſan unsere Achtung verdient , nur die Ge legenheit suchte, ehrenvoll zu sterben *). "
Wie dem auch sei , die
Mahnung, die in dieser That lag , trug ihre Folgen für das Vaterland. Nur in der rücksichtslosesten, todesmuthigsten Hingebung war für dasselbe Heil und Rettung zu suchen , und der Drang dazu fehlte, leider, noch in der Menge.
Aus den mit Strömen.
des edelsten Blutes gedüngten Boden wuchs eine Saat empor, welche langsam aber sicher zur Frucht reifte.
Der alte prome
theische Trot, das alte preußische Selbstgefühl, welches der Feind eben untergraben wollte , das Gefühl der Rache , nicht blos der Erniedrigung , mußten erst im Volke erwachen , ehe es die Kraft zu seiner Befreiung gewann.
„ So starb ein Mann," sagte Major
v. Lüzow , „ den Viele tadelten , aber Wenige erreichen werden. "! Seinem vortrefflichen Corps ist kein anderer Vorwurf zu machen,
11 als Kühnheit und der rege Wunsch, Deutschlands Freiheit zu " erkämpfen.
Denen, die jetzt so schrecklich über dasselbe herfallen,
",,gebe ich zur Antwort, daß sie wahrlich diesen Vorwurf nicht ver ,,dienen, noch je verdienen werden ! " *) v. Valentini , Lehre vom Krieg, 1. Theil, S. 439 ff.
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4. Vom April 1809 bis zum April 1812. Ein so schweres Verbrechen ,
wie die Entweichung
einer
ganzen Compagnie, mußte nothwendig eine strenge Ahndung des selben auch gegen die Truppe hervorrufen, der sie angehört hatte. Nicht nur für das Schillsche Bataillon , sondern auch für das Leibregiment erfolgten nun böse Tage.
Um gleich Anfangs die
Deſertionen zu verhüten , beschränkte man die Soldaten in ihrer Freiheit; es wurde täglich drei Mal Apell gehalten und strenge die
Disciplin gehandhabt.
Das leichte Bataillon verlor den
Namen seines Chefs und erhielt die Bezeichnung „ Füsilier - Ba taillon des Leib-Infanterie-Regiments ".
Die ihm bisher gestattete
Decoration der Federbüsche wurde ihm vorläufig genommen , ja ſogar die Hoffnung ,
daß das ganze Regiment solche erhalten
V
würde, ward durch den königlichen Bescheid vom 13. Mai an den Major v. Horn in weite Ferne gerückt.
Dieser hatte den
König um die Erlaubniß gebeten, für das ganze Regiment Feder büsche anschaffen zu dürfen, und erhielt folgende, gewiß unter dem Eindruck der jüngsten Ereigniſſe erlaſſene Antwort :
" Mein lieber Major v. Horn.
Es ist Mir der von Euch
11 eingereichte Probe - Federbusch mit der Anzeige vorgelegt worden, „ daß das Eurem Commando anvertraute Leib-Infanterie-Regiment „ dergleichen Federbüsche zu erhalten wünsche, und die Leute des
be
,,selben einstimmig sich bereit erklärt haben , im Fall der Geneh „ migung sie sich aus eigenen Mitteln anschaffen zu wollen.
Ich
५
,,werde befehlen, wann und in welcher Art das Regiment Feder „ büsche tragen foll ; so lange dieser Befehl aber nicht erfolgt, darf ,,weder das Regiment noch dessen leichtes Bataillon ſie tragen. „ Ich erwarte vielmehr ernstlich, daß beide, sowohl das Regiment, „ als auch das leichte Bataillon, den gegebenen Vorschriften nach ,, kommen und so wenig hierin, als in irgend einer anderen Sache sich
eine willkürliche Abweichung zu Schulden kommen laſſen +4
139
"1, werden.
Ich gebe Euch anheim, dem Major v. Reuß solches
„ bekannt zu machen und mit Kraft darauf zu halten , daß von 11 dem Eurem Commando anvertrauten ganzen Regiment dieſer " Meiner Willensmeinung gehörig nachgelebt werde.
Ich bin
"1 Euer wohlaffectionirter König Friedrich Wilhelm." Auch in Betreff der Garnisonverhältnisse waren Maßregeln getroffen worden , um Wiederholungen solcher Ereigniſſe zu er schweren.
Zunächst waren der Gouverneur von Berlin , General
v. Lestocq, und der Brigadier, General Gr. Tauenzien, vom Dienst fuspendirt worden , und während ihrer Suspension der General v. Stutterheim mit der Führung der Geschäfte und Untersuchung der Umstände, " wie ein solcher Geist der Ungebundenheit in die Berliner Garnison habe kommen können “, beauftragt.
Sodann
war das 1. westpreußische Regiment nach Berlin gezogen worden. Es gelang jedoch den beiden würdigen Generalen bald sich zu rechtfertigen , und am 30. Juli 1809 gab ihnen Se. Majestät in anerkennenden Worten die Erlaubniß , ihre alten Stellen wieder einzunehmen.
Mit Freude sahen die Truppen den Sieger von
Ehlau und ihren Brigadier wieder an ihrer Spize . Manöver feierte den Tag ihrer Restitution.
Ein großes
"1 Seine Excellenz
„ der General - Lieutenant v. Lestocq und der General Graf Tauen ,,zien sind mit dem heutigen Manöver und Vorbeimarsch beson „ ders zufrieden gewesen ; Beide danken dem Officiercorps für „ ihre Anhänglichkeit, sowie auch den Unterofficieren und Soldaten „ für das anständige und liebreiche Betragen , welches sie so oft „ und so herzlich heute geäußert haben...." Nun aber wurden auch die neuen Verordnungen für die Ausbildung der Armee in rascher Folge eingeführt. Wir rechnen hierzu das Scheibenschießen , die Feldmanöver in zwei aus allen Waffen zusammengesezten Abtheilungen , die Einübung des zer streuten Gefechts und des Feldwachtdienstes .
Mit ganz besonderer
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Vorliebe widmeten sich die Officiere der Erlernung des zerstreuten Gefechts.
Die königlichen Verordnungen ließen hierin den Com
mandeuren der Füsilier - Bataillone den angemessenen Spielraum, der ihnen nicht von oben herab verkümmert werden durfte; ja die Tirailleur - Capitaine der Musketier - Bataillone sogar genossen in dieser Hinsicht große Freiheit.
Sie zogen mit ihren 4 Zügen
in der Sommerzeit wöchentlich mehrere Male in das coupirte Terrain der Umgegend, weit ab von Berlin, und durften bei den Uebungen selbst Tage lang cantonniren.
Wenn das Füsilier
Bataillon exercirte , war es sicher von einem großen Schwarm der solche Schauspiele liebenden Berliner begleitet.
Es wurde
dann, eine bisher unerhörte Neuerung, mit Avant- und Arriere garde vom Alexanderplatz durch die Stadt marschirt , öfter auf dem Wege ausgeschwärmt, sogar die Rampe vor des Königs Palais zu Aufstellungen benutzt , deployirt, Salven gegeben , und so bis zum Exercierplaß im Thiergarten jede Gelegenheit ausge beutet. Beim Feldmanöver bezog die Garnison zu vier verſchie denen Ablösungen Hüttenlager, in denen der Feldwachtdienst und Lagerdienst Gegenstand strenger und fleißiger Uebung
wurden.
Die thätige Fürsorge des wohlwollenden Commandeurs des Leib regiments
erstreckte sich hierbei auch auf die Unterhaltung der
Herren Officiere von den Feldwachen.
Damit sie sich nicht zu
sehr langweilten , wurden neben den älteren auch immer einige jüngere als Amateurs zum vorurtheilslosen Zuschauen comman dirt, und jeder Feldwache als unterhaltende Lectüre ein Exemplar des
alten Reglements mitgegeben.
Diese Bücher müssen sehr
gefallen haben, denn sie wurden so zerlesen , daß sie jetzt gar nicht mehr existiren ; wenigstens erlauben wir uns nicht im Ge ringsten die Muthmaßung , daß sie unbeachtet verloren gegangen ſeien. — Eine schönere Weihe konnte die kriegerische Vorbildung nicht erhalten ,
als
durch die persönliche Theilnahme des
verehrten
141
Monarchen, und diese sollte ihr denn auch vom Jahre 1810 im vollsten Maße werden. Am 23. December 1809 schmückte sich Berlin zu einem der schönsten und festlichsten Tage : der König mit seiner Familie kehrte nach langer Abwesenheit wieder in seine Hauptstadt zurück.
Die
uniformirte Bürgergarde bildete ein Spalier zunächst am Schloſſe ; die Gewerke mit ihren Fahnen reihten sich ihr an ; aufs Beſte ge schmückt, eilte Alles hinaus nach Weißensee zu, von wo der Ein zug geschehen sollte.
Die Garniſon war in Linie vor dem Thor,
das Leibregiment auf dem rechten Flügel, aufgestellt : es war das erste Mal,
daß es vor seinem königlichen Chef erſchien.
Um
10 Uhr verkündete freudiger Jubel und das Geläute der Glocken die lang ersehnte Ankunft desselben ; Se. Majestät erſchienen in Begleitung Ihrer Majeſtät der Königin und der königlichen Prinzen in einem von der Stadt huldreich angenommenen Wagen, stiegen am linken Flügel der Truppen zu Pferde und ritten dann langſam die Front derselben hinunter. Dem Leibregiment hatte Se. Majeſtät die Ehre erwiesen, die Uniform desselben anzulegen ; es ward des guten Verhaltens in Colberg lobend , jedoch auch ernst der De ſertion der Compagnie des Füsilier - Bataillons gedacht. Am rech ten Flügel des Regiments setzten sich die höchsten Herrschaften an die Spiße der Truppen, (zu denen nunmehr das Regiment Garde, das Regiment Garde du Corps und eine neuformirte Leib - Ulanen Schwadron gestoßen waren), und hielten so den Einzug, der durch die ächte Begeisterung , die reine Freude, welche dabei herrschten, in den Annalen der Stadt unvergeßlich bleiben wird.
Alles schloß
sich dem Zuge an, Truppen, Gewerke, Bürger und was nur gut auf den Beinen war, marschirte vor dem Palais vorbei.
Am
Abend war auch die ärmste Wohnung festlich erleuchtet, und ein gemeinsamer Zug der Dankbarkeit gegen den alten Gott Preußens ging durch die Herzen, da man den geliebten Landesvater wieder in der alten Burg seiner Vorfahren wußte.
142
Zwei Tage darauf befahlen Se. Majestät das Leibregiment zu sehen und ließen sich besonders die vielen Leute vorstellen, welche für die Belagerung Ehrenzeichen erhalten hatten. Obgleich das Regiment sich die Zufriedenheit des Königs erwarb, bemerkte er doch, daß nur die Treue und Tapferkeit in Colberg ihn ab gehalten hätten, das Regiment für die Entweichung der 9. Com pagnie zu strafen. Die Ankunft des Königs brachte ganz besonders einen neuen Eifer in die militairische Welt , und die Anforderungen des Dienstes wurden gesteigert. Am 17. Februar 1810 war der Ge neralmajor v. Yorck zum Inspecteur der leichten Truppen ernannt worden , und man konnte deutlich die Erwartung seiner Besich tigungen verspüren.
Als etwas Neues ist die Einführung von
Schwimmübungen zu bemerken , welche im Rummelsburger See mit vielem Erfolge betrieben wurden .
Im Mai und Juni wurden die einfachen Gefechtsübungen, im August der Angriff und die Vertheidigung von Feldschanzen auf dem Wedding vorgenommen ; im September begannen die Uebungen mit gemischten Waffen ,
welche bis in den October dauerten und die schwersten Anforderungen an die Beweglichkeit
der Truppen stellten.
Erfrischend
und belebend
aber war es
immer dabei , den Anblick des Königs zu haben , der bei allen Beschwerden den Truppen mit seinem Beiſpiel voranging. Im Frühjahr dieses Jahres begannen auch die sonntäglichen Kirchenparaden der verschiedenen Theile der Berliner Garniſon, wobei der König die Uniform des bezüglichen Theils der Gar nison trug.
So kam Er in der Uniform der verſchiedenen Garde
truppen , und es wurden zwischen den Officieren dieser und des Leibregiments Wetten angestellt ,
ob Se. Majestät auch in der
Uniform des Leibregiments erscheinen würden.
Die Herren von
der Garde waren sicher, daß der König es nicht thun würde, und bei den Mittagstischen ward dies Capitel sehr tief erörtert.
143
Siehe da, als das Leibregiment im Lustgarten Parade hatte, kam der Herr in der Uniform desselben ; am darauf folgenden Sonn tag , als das westpreußische Regiment die Tour erhielt , erschien Er wieder in unserer Uniform, mit schwarzem Federbusch, — und die Antagonisten beruhigten sich. Aber nicht allein dieses Triumphs hatte man sich zu freuen. Nachdem schon am 14. Februar der Major v. Horn zum Oberſt Lieutenant befördert worden war, überraschte er das Regiment am 6. März durch folgenden Parolebefehl : ,, Es wird dem Regiment bekannt gemacht, daß Se. Majestät
" allergnädigst geruht haben , dem Leib - Infanterie - Regiment als „ Zeichen Ihrer beſonderen Zufriedenheit schwarze Haarbüsche von „ Roßhaaren zu bewilligen.
Der Commandeur ist überzeugt, daß
„ das Regiment dieser Allerhöchsten Gnade Sr. Majeſtät durch 11‚treue Erfüllung aller Pflichten sich würdig zu machen suchen ,,wird.
Die Herren Officiere werden schwarze Federbüsche mit
„hängenden Federn tragen. Die Spielleute und Hautboiſten tragen ,, ebenfalls schwarze Federbüsche und nicht rothe.
v. Horn." Neben dem Angenehmen erschien auch das Nüßliche in der Gestalt von Tornistern , welche den Officieren für Paraden und Manöver gegeben wurden.
Jedoch wollte, wie dies so oft ge=
schieht, das Vortreffliche dieser Neuerung Vielen nicht gleich ein leuchten , und die Meisten ließen sich den Tornister bis zum Stellungsplatz tragen , um sich ja nichts zu vergeben.
Auf der
anderen Seite fand sie auch einen enthuſiaſtiſchen Freund in dem Lieutenant v. H..8 , welcher nicht blos bei jeder Gelegenheit da mit in den Straßen paradirte , sondern auch nach der Parade unter den Linden in diesem Schmuck spazierenritt, sogar im Theater in der Fremdenloge ihn trug - wofür man ihm dann ein wenig Arrest nicht vorenthielt.
Ueberhaupt wurde mit letterem
durchaus nicht gegeizt ; wenn man auch schon meistens den Euphe
144
mismus „ der .... wird sogleich nach dem neuen Markt gebracht “ dafür anwandte. Der Sommer 1810 ist für Preußen und seinen König die schwerste Zeit in dieser Periode der Trübsal gewesen.
Die Königin
Louise, welche schon seit einiger Zeit gekränkelt hatte , war nach Strelitz gegangen; dort hatte sich ein Bruſtleiden entwickelt, welches, allen Bemühungen der Aerzte trogend , dieses edle Leben nach schweren und schmerzlichen Kämpfen am 19. Juli dahinraffte. Als diese Trauerbotschaft in Berlin eintraf, fühlte sich Alles wie ver waist.
Es war eine wahre Mutter des Landes gestorben ; Bürger
und Soldat empfanden es mit gleicher Wehmuth. War sie nicht so vielen Tausenden mit ihrer theilnehmenden Gnade, mit freund lichem Wohlwollen nahe getreten ; hatte sie nicht das Herz des Soldaten bei jeder Gelegenheit erfreut , wenn er bei Uebungen an seiner Königin die schönste Augenweide und
die herzlichste
Theilnahme an seinen Beschwerden fand ? Als die Leiche der Hochseligen von Berlin nach Charlotten burg getragen wurde, war es ein erschütternder Anblick, den ge liebten Herrn ihr folgen zu sehen , wie er den Thränen nicht wehren konnte und seinen Schmerz doch zu verbergen suchte. Diese Leiden und dieser Verlust find Allen unvergeßlich geblieben, die ihn getheilt haben. wiederholten
Daß König Friedrich Wilhelm trog der
Unglücksfälle ,
die
ihn seit Jahren
unaufhörlich
trafen , den zähen Muth und die starke Willenskraft nicht fallen ließ, die ihn so charakteristisch auszeichnen ; daß er mit der eisern sten Ausdauer in seinem großen Werk der Regeneration seines Staates fortfuhr und die Historiker auch keinen Augenblick bitterer Abspannung erwähnen können : das ist sein eigenstes großes Ver dienst und sein unverwelklicher Ruhm.
Er wußte genau , was
fein Land leisten konnte, wessen seine Diener fähig waren , um nicht sorgsam die Spannung zu berechnen , in die er Alles ver sezen durfte, ohne sie zu einem Riß zu bringen.
145 So wurde denn auch das Werk der allmähligen Entwickelung kriegerischer Macht in der Stille fortgefeßt.
In diesen Zeiten ist
in militärischer Thätigkeit fast Unbegreifliches geschehen.
Ohne
Aufhören beschäftigten sich die Truppen mit dem Ausbilden von Soldaten, und ihre Aufgabe, gleichzeitig ein erfreuliches Aussehen, den alten Glanz des Auftretens zu bewahren, war mit den größten Schwierigkeiten des kleinen inneren Dienstes verknüpft.
Allmonat
lich wurden schon seit einiger Zeit von jeder Infanterie- Compagnie 4 Mann, vom 1. Auguſt 1811 ab sogar 8 Mann in die Heimath beurlaubt, und dafür ebenso viel Recruten eingestellt. Jene Beur laubten , „ Krümper " genannt , mußten der Einberufung immer gewärtig sein, und wurden außerdem von commandirten Officieren zu gewiſſen Jahreszeiten sonntäglich ortſchaftsweise zuſammenge zogen und exercirt.
Nach dieser Einrichtung , dem sogenannten
Krümpersystem ( ein Ausdruck, der vom Worte frümpfen, frümpen herrührt) , konnte ein Regiment von 3 Bataillonen we nigstens 600 Mann in einem Jahre, später die doppelte Zahl, ausbilden und disponibel erhalten ; im Laufe der Zeit mußte ſo eine bedeutende Maſſe fertiger Soldaten im Lande zum Aufgebot bereit sein.
Wir finden in den Acten des Regiments nach einer
annähernden Berechnung , daß es im Monat Juni 1811 etwa 1500 Krümper in seinem Canton besaß; es wird diese Zahl bis Mitte 1812
nahe auf das Doppelte gestiegen sein.
Bedenken
wir, daß das System im Jahre 1809 erst im Entstehen war, daß es im Jahre 1813 sogar noch an Bewaffnung für so viele Mannschaften fehlte , so können wir dem hochseligen Könige es nur danken, daß er sich nicht voreilig in den Krieg mit dem über die mächtigsten Mittel gebietenden Feinde hat hinreißen laſſen und den Enthusiasmus jener Zeit nach seinem wahren Werth zu würdigen wußte. Das Leibregiment hatte mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, als irgend ein anderes. Es sollte in Berlin mit den dort 10
146
befindlichen Garde - Bataillonen im Aeußern wetteifern , mit dem ewigen Recrutendrillen
welche
gar nichts zu thun hatten,
sondern sich nur mit der mehr parademäßigen Vollendung der von den Linienregimentern ihnen übergebenen schon ausgebildeten Leute beschäftigten.
Sie hatten alle Mittel in Händen , um den
Anzug zu schonen , während die Linienregimenter monatlich, des Einstellens neuer Leute wegen, ihre Montirungsstücke wiederholten Abänderungen unterwerfen mußten.
Bald mußte der Rock, die
Jacke, die Hose einem ſtärkeren, bald einem kleineren schwächeren Manne paſſen ; die weißen Jacken der Linie wurden bald schmußig und zu kurz, und obenein hatten die Compagnien ewige Noth mit dem zweckmäßigen Sitz des Lederzeuges , ohne die nöthigen Geldmittel zu besigen.
Daneben durfte kein anderer Dienstzweig
vernachlässigt werden. Bataillonsschulen, welche 1810 endlich ins Leben gerufen werden konnten , nahmen viel Zeit und Kräfte in Anspruch; dem Scheibenschießen wurde Aufmerksamkeit gewidmet, und beispielsweise in der Uebungsperiode 1810 das Resultat er zielt, daß von 42,695 auf 200 und 300 Schritt verschossenen Kugeln 16,624 Treffer überhaupt erhalten waren. Daß es unter solchen Umständen höchst schwierig war, nur einigermaßen im Aeußern mit den Gardetruppen , zu denen noch das 1811 neuformirte normale Bataillon (aus Abgegebenen der anderen Regimenter) ſtieß, gleichen Schritt zu halten, leuchtet ein. Dabei mußten nach und nach die kleinen Leute, welche in Colberg gefochten hatten und mit Medaillen decorirt waren, durch größere ersetzt werden, was dann auch wieder unangenehm bemerkbar ward. Bei der Medaillen - Parade des 3. März 1811 , zur Feier des Tages , an welchem die Gedächtnißtafeln der bei Colberg Gefal lenen und der mit Ehrenzeichen Geschmückten in der Garnison kirche aufgehängt wurden, konnte das Regiment jedoch noch einmal in seinem Glanz erscheinen.
Es waren von den seit Errichtung
desselben eingestellten Soldaten noch 108 Unterofficiere 600 Ge
147
meine vorhanden, und von diesen hatten 2 die goldene, 54 Mann die silberne Medaille.
Zwei seiner ältesten und verdientesten Mit
glieder hatte das Regiment leider eben verloren : den zum Com mandeur des Colbergschen Regiments ernannten Oberſt-Lieutenant v. Steinmeß und den pensionirten Feldwebel Krätschel. Nach den Herbstübungen 1810 schon hatte der König auf das Genaueste und Klarste in einem Allerhöchsten Befehl die Mängel erörtert, die sich im Gebrauch der Colonne, jener so neuen Formation für Gefechtsverhältnisse , Artillerie gezeigt hatten.
gegen Schüßen und
Nichts desto weniger wird dabei des
westpreußischen Regiments lobend gedacht , woraus die nicht ge= nannten sich entnehmen konnten , daß sie durch ihre Abwesenheit im Befehl nicht gerade glänzen sollten.
Nun wurden eines Tages
im Winter der Oberst - Lieutenant v. Horn und die Stabsofficiere des Regiments sämmtlich zur königlichen Tafel befohlen . Während derselben war das schönste Wetter und die Herren konnten sich im Nimbus königlicher Gnade sonnen ; nach Tische aber wurden ſie sämmtlich in eine Fensternische gezogen und sollen dort nicht sehr erbauliche Sachen zu hören gehabt haben.
Nach einer län
geren Rüge, welche wie ein Bliß aus heiterem Himmel gewirkt hatte, ermannte sich der Major r. Zepelin und wagte es , dem in aller Strenge doch so wohlwollenden Herrn zu entwickeln, wie schwierig die Umstände es dem Regiment machten, ganz so zu erſcheinen , wie es wünschenswerth wäre ; er sprach so furchtlos und erschöpfend, daß der königliche Herr Gnade für Recht ergehen ließ und auch Verbesserungen genehmigte.
Doch ward dem Re
giment eine gewiß sehr heilsame Bitterkeit durch den darauf fol genden Regimentsbefehl nicht erspart.
Es ging nicht anders an,
als daß von Zeit zu Zeit die Anſpannung etwas gehoben wurde, und zwar nicht durch laue, sondern durch kalte Bäder. Das Jahr 1811 rief zu noch größerer Thätigkeit , als Napoleon die Continentalsperre mit der größten Rücksichtslosigkeit 10 *
148
eintreten ließ, und Preußen nothgedrungen den Oftſeeſtrand von Danzig bis Swinemünde bewachen mußte.
Das westpreußische
Regiment marſchirte nach Pommern ab und auch das Leibregiment erhielt Befehl sich marschfertig zu halten. Vorläufig jedoch wurden die Kräfte noch anders verwendet.
Allen Wendungen der Politik
gegenüber vorbereitet zu sein, dachte man auch an die Kriegsbereit schaft der festen Plätze : 300 Krümper gingen nach Spandau zur Aufräumung der Festungsgräben ; bald darauf wurden 16 Officiere mit sogenannten Krümper ፡ Brigaden nach
des Regiments
Colberg commandirt, um an Herstellung der dortigen Werke zu arbeiten.
Es fehlte nicht, daß die franzöſiſche Gesandtſchaft Wind
aus dieser Gegend erhielt, und schleunigst zur Vorsorge einen Legationssecretair , Herrn Armand Lefèvre , nach Colberg schickte, um sich zu überzeugen, gegen wen man arbeite. Die Entdeckung der Arbeiten hätte zu Recriminationen von Seiten Napoleon's geführt, welche man zu vermeiden gezwungen war. Herr Lefèvre hatte erst so viel Empfehlungsbriefe zu fam meln, daß ein Officier ihm vorauseilen konnte , um für die In standsetzung der Wege zu sorgen - wir wissen aber nicht wie es kam, daß der Franzose überall verdorbene Wege , zerbrochene Brücken, so viel Hindernisse aller Art antraf, daß bei seinem Eintreffen in Colberg kein Krümper mehr zu finden war. Da neben dem großen Abgang von Commandirten auch noch anderweitiger vorkam, der dienstthuende Stand aber nicht mit Recruten ausgefüllt werden durfte, so wurde im Juni 1811 die Formirung eines Depot - Bataillons für die Ausbildung der Recruten eines jeden Infanterie - Regiments veranlaßt.
Das des
Leibregiments hatte demgemäß unter Hauptmann v. Platen 4 Ab theilungen von je 8 Unterofficieren und 40 Mann gedienten Leuten, welche aus dem Canton zu 100 Mann ergänzt wurden und in Berlin blieben.
Ueber das Schicksal dieses Depot - Bataillons
werden wir später zu berichten haben.
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Nachdem der Herbst des Jahres 1811 unter den gewöhn lichen Uebungen verflossen war ,
drohte dem Leibregiment
ein
schwerer Verlust : am 8. December wurde sein Commandeur, der Oberst - Lieutenant v. Horn, zum Commandanten von Colberg er nannt. Eine solche Stellung war damals von bedeutenderer Wichtigkeit, da die gesammte wichtigere auswärtige Correspondenz des Staates durch die Hände des Commandanten von Colberg vermittelt werden mußte.
Privatim hatte der Oberst - Lieutenant
v. Horn die Nachricht von seiner Ernennung erhalten und in aller Eile die Schulterklappen des Regiments abgelegt , um die blauen der Armee - Uniform anzulegen. lichen Tafel befohlen.
Da wurde er zur könig
Sr. Majestät entging dieſe Veränderung
natürlich nicht; Sie sagten vielmehr , es sei Ihr Wille gewesen, dem Oberst - Lieutenant das Commando des Regiments nicht zu entziehen , und nur weil für die Commandantur ein bewährter Mann von Nöthen sei , sei v. Horn dazu ernannt ; er solle seine Uniform in diesem Sinne nur wieder ändern , er bleibe Com mandeur ; der Major v. Tippelskirch vom Generalstabe werde in seiner Abwesenheit das Regiment führen.
Seit dieser Zeit
hat er aber die Uniform des Regiments durch alle Feldzüge hin durch bis zu der Zeit getragen , wo die Generale Epaulettes er hielten.
Seit dieser Zeit hat er es „sein Regiment " genannt,
wenn er auch schon Brigade - Chef war , und dasselbe ist stolz darauf.
Denn seiner Führung , seinen kriegerischen Tugenden,
ſeinem furchtloſen Herzen , seinem sicheren Auge verdankt es zur Hälfte seinen Ruf und das Glück, durch die schwersten Tage mit immer gleicher Sicherheit hindurchgegangen zu sein. Diese Veränderung war für das Leibregiment das erste An ――――――― nicht wegen des neuen Führers
zeichen einer neuen Zeit,
sondern wegen der bedenklichen Lage , in der sich sichtlich das Vaterland befand.
Schon im Sommer des Jahres 1811 hatten
jene geheimen Unterhandlungen mit Rußland einerseits und das
150
offene Drängen des alten Feindes Napoleon begonnen , welches Beides sich den Augen auch des Blödesten darlegte.
Von allen
Seiten rückten die Heeresmassen des Kaisers der Franzosen gegen das kleine Land zusammen, welches er so sehr zu verachten vor gab.
Es gab für Preußen keine Wahl mehr ,
als eine starke
französische Division aus Mecklenburg in Schwedisch - Pommern einrückte und die Mündungen der Oder zu verschließen drohte; die Hauptader seiner Handelsexiſtenz ſollte unterbunden und es zur Verarmung geführt werden. Am 24. Februar 1812 wurde zu Paris der Allianztractat mit Frankreich abgeschlossen , welcher Preußen nöthigte , zu einem gegen Rußland zu führenden Kriege ein Contingent zu stellen. Die Ausführung dieses Vertrages ließ nicht lange auf sich warten. Am 11. März wurde dem Leibregiment der Befehl gegeben, mit Ausnahme des Grenadier - Bataillons sich mobil zu machen. Jedes der 3 Bataillone erhielt die Stärke von 20 Officieren, 61 Unterofficieren , 4 Chirurgen , 13 Spielleuten , 664 Gemeinen, 16 Knechten und 29 Pferden , - eine Zahl, welche gegen die heutige Kriegsstärke gering erscheint , wenn nicht theils die Höhe des ganzen Contingents und dabei der Wunsch , möglichst viel Truppentheile der Armee an Erfahrungen gewinnen zu laſſen, maßgebend gewesen wäre.
Hieraus erklärt sich auch die ander
weitige Bestimmung , daß aus den übrigen Regimentern einzelne Bataillone zu Feldregimentern combinirt und diese so besonders numerirt wurden.
Das Leibregiment sollte im kommenden Feld
zuge die Nr. 4 führen.
Es trat mit dem , aus Bataillonen des
pommerschen und Colbergschen Regiments
gebildeten Regiment
Nr. 3 in eine Brigade, in welcher es das Glück haben sollte, wieder von seinem alten Commandeur, dem Oberst - Lieutenant v. Horn, geführt zu werden. ― Die Effecten der drei mobilen Bataillone wurden in der Jerusalemer Kirche untergebracht.
Drittes Buch.
Der Feldzug in Kurland.
Im Monat März schon hatten sich die Heerestheile von Davouſt, Oudinot, Reynier und Ney gegen die Oder in Bewegung gesetzt ; von dieſen war namentlich Marschall Oudinot in der Umgegend von Berlin und Potsdam einige Zeit geblieben, und Berlin hatte das Schauspiel der gegenseitigen Becomplimentirung der Officiere gehabt.
Mit diesen Maſſen und zwischen ihnen hindurch sollte
auch das Leibregiment ferner marschiren, des Vorzuges genießend, von allen Regimentern das einzige zu sein, welches ganz ins Feld rückte. Am 2. April versammelten sich die 3 Bataillone desselben und 2 Escadrons brandenburgischer Huſaren vor dem Palais des Königs, um noch einmal dem geliebten Monarchen den Abschieds gruß zu geben.
Wohl freuten sich die jungen Officiere , daß es in den Krieg ginge - Er aber , am Fenster stehend und den
scheidenden Fahnen seinen Segen mitgebend , weinte dem herben Geschickt seines Volkes bittere Thränen! Das Leibregiment
zählte
beim Ausmarsch an
effectivem
Stande 61 Officiere, 2137 Unterofficiere und Gemeine. Es ist von Intereſſe zu wissen , welche der Officiere zum Feldzuge kamen.
152
Führer des Regiments : Major v. Tippelskirch. 1. Bataillon : Majore v. Zepelin und v. Derßen. Adjutant : Lieutenant v. Werder. Leibcompagnie : Stabs- Capitain v. Rüllmann ; Seconde-Lieute nants v. Mach, Kinzel, v. Wildermeth , v. Bieberſtein, v. Lisniewski ; Portepee - Fähnrich Schmalz. 2. Compagnie : Premier - Lieutenant v. Rexin ; Sec.-Lieutenants v. Linger, v. Plehwe ; Portepee-Fähnrich v. Didron. 3. Compagnie : Capitain v. Hagen ; Sec.-Lieutenants v. Witte, v. Felden, v. Herrmann ; Portepee-Fähnrich Becker. 4. Compagnie : Capitain v. Dallmer ; Sec. - Lieutenants v. Ka mecke, v. Wuſſow I., v. Helmrich ; Port. -Fähnrich Struve. Regiments - Quartiermeister Lange. Regiments Chirurgus Neumann. 2. Bataillon : Major v. Both. Adjutant : Lieutenant v. Eberhardt. 5. Compagnie : Capitain v. Diebitsch ; Sec.-Lieutenants v. Pröck, v. Schulenburg, v. Münchow I., v. Wussow II.; Portepee= Fähnrich v. Eberhardt. 6. Compagnie : Capitain v. d. Golz ; Sec. - Lieutenants v. Els ner, v. Chevallerie ; Portepee-Fähnrich v. Schildt. 7. Compagnie :
Capitain v. Schauroth ;
Premier - Lieutenant
v. Pirch; Sec.-Lieutenants v. Koch, v. Diezelski ; Portepee Fähnrich Heim . 8. Compagnie : Prem.-Lieutenant v. Holleben ; Sec.-Lieutenants v. Treuenfels , v. Müller , v. Münchow II.; Fähnrich Graf Lüttichau .
Füfilier -Bataillon : Major v. Reuß. Adjutant : Lieutenant v. Lilienström .
4
Portepee
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9. Compagnie :
Capitain v. Lukadou ;
Seconde - Lieutenants
v. d. Horst, Dumas de l'Espinol , v. Lüderiß , v. Sela sinski, v. Wohna. 10. Compagnie : Capitain v. Bose ; Prem.-Lieutenant v. Stein äcker ; Sec.-Lieutenants Neander v. Petershayden, v. Flo thow, v. Gorszkowski ; Portepee-Fähnrich v. Billerbeck. 11. Compagnie : Capitain v. Gußmerow ; Seconde - Lieutenants v. Franckenberg , v. Barfuß II. , v. Eickstedt; Portepee Fähnrich v. Homeyer. 12. Compagnie :
Capitain v. Kesteloot ; Seconde - Lieutenants
v. Schenk, v. Schack, Hartwich, v. Höpfner, v. d. Horſt II.; Portepee - Fähnrich Abel. Regiments - Chirurgus Hartmann. Die übrigen Officiere fanden theils bei dem in Berlin blei benden Grenadier-Bataillon, theils bei dem Depot-Bataillon ihre Verwendung. Der Marsch war in ziemlich starken Etappen angelegt.
In
drei Tagen wurde Frankfurt erreicht , von wo aus , den Anord nungen des Marschall Davouft gemäß , die preußische Colonne sich nach Breslau zur Concentrirung dirigiren sollte.
Die Vor
stellungen gegen einen so unnügen Umweg ( denn schon wußte man, daß das ganze Corps sich in Ostpreußen versammeln sollte), hatten zur Folge, daß das Regiment von Frankfurt aus sich auf die alte Straße nach Ostpreußen über Droffen und Landsberg begab.
In Frankfurt hatte der Marschall Neh das Vergnügen,
es bei sich vorbeimarschiren zu sehen.
Dort, im Hauſe des Buch
händlers Trowitsch, stand „ der Bravste der Braven “ auf seinem Balcon, vielleicht nicht ahnend, daß es das lezte Mal sein würde, daß preußische Truppen ihm diese Courtoisie erweisen sollten. Das
auf allen Wegen,
in allen Orten sich darbietende
Schauspiel der Entfaltung einer ſeit Xerxes Zeiten nicht gesehenen Heeresmacht, mußte einen aufregenden Einfluß auf das Gemüth
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des gemeinen Mannes haben und in ihm den Gedanken erregen, daß bei so ungeheueren Begebenheiten von kleinlichen Fesseln alter Ordnung, ruhiger Zeit, nicht mehr die Rede sein könne. Aus dem unaufhaltsam dahinſtrömenden Lauf der Begebenheiten erklärt sich psychologisch die Thatsache, daß die rechte Disciplin im großen Heere schon wankte, wenn nicht schon die Schwierigkeit, ſie unter solchen Umständen aufrecht zu erhalten, einleuchtet. Auch im Re giment mußte man dieſe Erfahrung machen , jedoch zum Glück genügte eine einzige , um Allen den rechten Standpunkt klar zu machen.
Beim Ausmarsch aus Frankfurt hatte ein Officier eine
Strafe über einen Soldaten der 8. Compagnie verhängt, welcher sich bewogen fühlte, seine Kameraden laut zur Widersetzung gegen den Befehl aufzufordern.
Dem energischen Einschreiten des Com
mandeurs und der übrigen Officiere gelang es jedoch sogleich, die Ordnung wiederherzustellen.
Das schwere Verbrechen aber
mußte gesühnt werden, und der Rädelsführer ward nebst einigen Anderen als Arrestant bis nach Königsberg geführt , wo ein Kriegsgericht über ihn die Strafe des Erſchießens verhängte. Es war dies der einzige Fall einer groben Verlegung der Disciplin und er hatte eine heilsame Erschütterung der Gewissen zur Folge. Es war natürlich , daß bei dem ungeheueren Andrange von Truppen und Fahrzeugen , Roß und Reisigen die Einquartierung nicht mit Ordnung geschah.
Die Willkür und Brutalität aber,
welche die fremden Truppen überall zeigten , der Uebermuth und die Rücksichtslosigkeit ihrer Führer vermehrten die Unordnungen muthwillig und gaben zu ſehr ernſten Zwiſtigkeiten Veranlaſſung *). *) In Friedeberg sollte das Regiment einen Ruhetag haben und die sehr engen Quartiere boten schon an sich wenig Erholung, als noch ein französischer Officier an der Spiße einer Schwadron Husaren erschien und verlangte, daß man ihm Plaß mache. Das wurde natürlich entschieden abgewiesen ; er aber steigerte seine Ansprüche mit dem größten Uebermuth und drohte sich mit dem Säbel Luft zu machen, wenn die preußischen Truppen nicht weichen würden.
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Der Marsch des Regimentes ging auf der alten Poſtſtraße von der Mark nach Preußen und berührte in seinem Verlauf die unwirthbaren Striche Westpreußens .
In der Tuchelschen Heide
hatten die Bewohner Haus und Hof verlaſſen und sich in den Wäldern versteckt ; keine gastliche Hand bereitete dem Soldaten einige Erholung. Die Schwierigkeiten stiegen noch , als die Co lonnen in die Weichselniederung traten. Das Thauwetter des April hatte die Wege bis über Elbing hinaus so aufgeweicht, daß ſie vollständig grundlos geworden waren.
Zwischen Marienburg
und Elbing heißt ein Theil der Straße sehr bezeichnend „ der Schlammsack."
Dort lagen Wagen aller Art und aller Corps so
tief versunken, daß an ein Fortbringen gar nicht mehr gedacht wurde. Extraposten und Couriere brachten auf den 2 Meilen von Dirschau nach Marienburg 8 bis 10 Stunden zu ; der Patronen wagen des Füsilier - Bataillons erheischte 8 Pferde und 16 Stun den Zeit für dieselbe Strecke.
Wo ein trockener Fleck sich fand,
wurde das Brod ( die Truppen mußten auf dem ganzen Marsch ihre Verpflegung mit sich führen) abgeladen und in große Haufen geschichtet, damit die Pferde der Proviantwagen zum Fortschleppen der anderen Fahrzeuge gebraucht werden konnten.
Aengstlich sah
Es wurde ihm natürlich gebührend geantwortet ; damit aber am anderen Tage fich dergleichen Vorfälle nicht wieder zutrügen , ersuchte der die Colonne füh rende Oberst v. Hünerbein schriftlich den General Vattier, Friedeberg am an deren Tage von jeder Einquartierung frei zu halten, da fonft übele Verhältniſſe zu erwarten ſein dürften. Der Adjutant des Leibregiments, Lieutenant v. Werder (später Commandeur des 12. Infanterie - Regiments ) , wurde mit dem betref fenden Briefe nach Landsberg a. W. gesendet, hatte aber mündlich noch hinzu zufügen, daß der Oberst v. Hünerbein das Nichteingehen auf seinen Antrag als eine persönliche Beleidigung ansehen und dem Herrn General dann mit einem Paar Pistolen aufwarten würde. - Dieser hielt es für zweckmäßiger , Alles Gewünschte zu gewähren , war sehr höflich und lud den Lieutenant v. Werder zu einem Diner ein, welches aber abgelehnt wurde, da der Wirth des Generals es schaffen mußte.
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man den Patronenvorrath , welchen der Soldat trug , mit jeder Woche mehr und mehr durch solche Märsche zuſammenſchmelzen ; denn die größte Sorgfalt konnte nicht verhindern , daß die Mu nition in ihrer Verpackung litt.
Zu solchen Unbequemlichkeiten
traten manchmal auch Reibungen mit fremden Truppen.
In
Marienburg wollte polnisches Militär den Einmarsch nicht er lauben ; es wurde aber mit Gewalt gedroht und mit Sang und Klang eingerückt.
Ebenso wollte jenes nicht dulden , daß Abends
der preußische Zapfenstreich geschlagen würde , was wiederum zu Händeln Anlaß gab.
Es gereicht uns aber zur Freude, berichten
zu können , daß der im Anfang nicht sehr freundlich und vor urtheilslos aufgetretene Commandeur des Regimentes demſelben wiederholt seine Anerkennung über die gute Marsch- und Quartier disciplin aussprechen mußte.
Damit auch ein Jeder wiſſe, unter
weſſen höherem Befehle er künftig ſtehen werde, gab am 1. Mai der zum commandirenden General des preußischen Corps ernannte General - Lieutenant v. Grawert folgenden Tagesbefehl : „ Ich mache dem Corps hiemit bekannt, daß es den Vorzug „ genießt, unter dem Oberbefehl Sr. Durchlaucht des Herrn Mar „ schalls Herzog von Auerstädt, Fürsten von Eckmühl (Davouft) zu „ stehen.
Ich habe Se. Durchlaucht gebeten , auf den Fall eines
„ ausbrechenden Krieges, dem preußischen Corps baldmöglichſt die „ Gelegenheit zu geben , sich durch Thaten würdig bezeigen zu „ können , unter den Augen eines so berühmten Feldherrn und an ,,der Seite der sieggewohnten französischen Armee zu fechten. Ich ,,bin fest überzeugt, daß ich hiedurch den einstimmigen Wunsch „des ganzen Corps ausgesprochen habe und daß es kein Indivi ,,duum darin giebt, welches nicht mit Freuden seinen lezten Bluts „ tropfen opfern wird, um bei dieſer Gelegenheit den alten preu „ ßischen Waffenruhm von Neuem durch ausgezeichneten Muth und „ Unerschrockenheit im Gefecht zu befestigen . . . . . ." Der zweite Theil dieser Bekanntmachung ward gewiß von
157
einem Jeden beherzigt, an den sie gerichtet war. Der erstere jedoch konnte schon deswegen weniger Erfolg haben, weil factisch weder der Marschall Davouft Oberbefehlshaber der preußischen Truppen blieb, noch diese an der Seite sieggewohnter, französischer Truppen, sondern an der von Polen und Westphalen, zu fechten hatten. Die Hauptsache war , daß die Preußen vereint fechten konnten und so in der Führung ihrer eigenen Generale genügende Vor bilder fanden.
Das sprach sich schon aus, als beim Einrücken in
Königsberg General Yorck und an seiner Seite der alte Führer des Leibregiments , Oberst - Lieutenant v. Horn , den Bataillonen entgegenkamen.
Mit freudigen und kräftigen Hurrah's bewill- .
kommt, sah man bald , daß die Truppen auf diese ihre Augen richten würden, wenn es die Ehre der Waffen gelte. Noch mußte die Ungeduld zu kämpfen einige Proben bestehen. Bei Königsberg ward wochenlang exercirt, nicht ohne daß von oben über , den zu schnell gewordenen Schritt " geklagt wird ; lang sam zog sich die Maſſe der preußischen Regimenter gegen Labiau, wo allmälig auch die aus Schlesien gekommenen anlangten und dem gewaltigen Strom der Davoustschen Banden Plaß machten, welche gegen Gumbinnen und weiter eilten.
Dann stießen auch
die Westphalen und Polen der 7. Division hinzu , welche mit den Preußen zusammen das 10. Corps bilden sollten *). „ Es wird dem Corps bekannt gemacht," sagt der Befehl des General v. Grawert vom 7. Juni, „ daß der Kaiserl. französische "1 Marschall Macdonald, Herzog von Tarent , den Oberbefehl über ,, das 10. Corps übernommen hat.
Ich wünsche mir und dem
"1 Corps Glück , mich durch diese Anordnung wieder der oberen
„ Leitung eines als ruhm- und talentvollen Helden in der neueren „ Kriegsgeschichte bekannten Feldherrn untergeordnet zu sehen, und „ habe daher auch ihm die Zusicherung im Namen des ganzen *) Die Ordre de Bataille des Corps siehe in : v . Seidlig, Tagebuch des preußischen Corps vom Feldzug in Kurland.
158
,, Corps im Voraus mit voller Ueberzeugung gegeben , daß wir
" Alle von dem Wunsche beseelt sind , unter seinen Augen und „ auf seinen Befehl durch die That zu beweisen , daß auch in uns ,,der ächt kriegerische Muth und Geist noch nicht erloschen sind, „ durch den vormals der preußische Waffenruhm glänzte, daß wir „ nie eine Anstrengung scheuen wollen , um uns der günſtigen „ Meinung würdig zu bezeugen , welche der Herr Herzog gleich ,,bei seiner Ankunft hieselbst mit so vieler Güte geäußert hat ..." Wir sehen deutlich das Bestreben hervorleuchten, eine ehren hafte militärische Kameradschaft mit dem Bundesgenossen zu pfle gen und zu halten.
Je näher aber die preußischen Truppen an
die Grenze kamen, je mehr sie mit der großen Armee in Be rührung traten , desto klarer mußte auch dem Kurzsichtigsten der Mangel an jeglichem Entgegenkommen Seitens der fremden Trup pen werden. Waren schon bisher Klagen über Verwüstungen und Gewaltthätigkeiten vielfach laut geworden,
so hörte seit dem
15. Juni, als die Corps der französischen Armee die Nachricht von der Eröffnung des Feldzuges erhielten , nicht blos hinter, sondern selbst in ihr alle strenge Ordnung auf.
Von allen Seiten
hatten die preußischen Landesbehörden zu klagen, wie ſie ſelbſt und die Unterthanen des Königs ohne Achtung der Geſeße und Con ventionen behandelt, wie das Eigenthum und die Habseligkeiten der Bewohner angesehen würden, als sei es Beute eines Feindes *). Insbesondere macht in diesem Zustande des Landes der kaiserliche *) Hierüber geben die Berichte der Präsidenten v. Schön in Gumbinnen und v. Auerswald in Königsberg (Geh. Staatsarchiv, Acten des Staatscanzlers über den Krieg von 1812) genügende Beläge. Die Herren Marschälle waren bei allen diesen Scheußlichkeiten gleichgültig ; ja sie ermuthigten sie noch selbst. Besonders Lefèvre , „ Herzog v . Danzig ", drückte seine feindselige Gesinnung gegen Schön aus. Er schwaßte von der Neigung der preußischen Regierung zu England , als der Kaiser in Gumbinnen war und folgerte, auf Befragen von Schön, dies unmittelbar daraus, daß der Gerichtsdirector Schulz ihm nicht seine Frau präsentirt habe.
159
Tagesbefehl über die Mitnahme von Lebensmitteln für zwanzig Tage eine Epoche ; die Requisitionen wurden nunmehr organisirte Plünderungen; Heerden von Vieh wurden mit Gewalt fortgetrie ben, die Saatfelder abfuragirt , die Pferde zu Hunderten fortge= schleppt, so daß viele Dörfer nichts mehr behielten.
Marodeurs
durchzogen die Dörfer und Straßen, ja ganze Depots der einzel nen Regimenter plünderten und raubten mit ihnen um die Wette. Von der neu gebildeten polnischen Armee kamen zu diesem Zweck ganze Trupps
über
die Grenze von Litthauen.
Der Hunger
wüthete unter dem Landvolk dieser Provinz, und die Verzweiflung, die Noth, die Wuth war so groß , daß es jetzt schon nur eines Zeichens bedurft hätte, um einen blutigen Aufſtand zum Ausbruch zu bringen.
Es macht dagegen fast einen komischen Eindruck,
wenn man den von den Königsberger Räthen ertrahirten Tages befehl liest, wonach die Truppen ermahnt werden , die Schlacht steuer für das Einbringen ihres Fleischbedarfs zu zahlen. Der Marschall Macdonald sah die preußischen Truppen zum ersten Male am 24. Juni, wo bei Tilsit die Memel paſſirt wurde. Er ließ sie an der Brücke vor sich defiliren, besuchte sie 2 Tage später im Bivouac bei Baubeln und blieb im Anfang des Feld zuges fortwährend bei ihnen. Wiederholt sprach er seine Genug thuung über sie aus ; in den langen und beschwerlichen Märschen durch Schamaiten lernte er ihre Disciplin, ihre Ausdauer kennen. Der Feind ließ sich nicht sehen ; ja, es schien, als sollte es vor läufig gar nicht zum Treffen kommen, da bei Roſſiena am 1. Juli auf längere Zeit ein Bivouac bezogen wurde , welches durch die drückende Hiße, durch die unſichere Verpflegung , ja schon durch das Ausbleiben des Geldes unangenehm und beschwerlich ward. Der Eindruck des schlechten Beispiels der Bundestruppen (7. Di viſion der großen Armee , Polen und Würtemberger , unter Ge neral Grandjean), welche schon jetzt zu marodiren anfingen, mußte mit Wachsamkeit bekämpft werden.
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Während das Gros des 10. Corps so einige Zeit sich ab wartend verhielt, wurden nach drei verschiedenen Richtungen De tachements
abgesendet , welche zunächst die
recognosciren sollten.
Grenzen Kurlands
Bei der Colonne des Oberst Jeanneret,
später General v. York, wurde das Füsilier - Bataillon des Regi ments verwendet , um gegen Tessche vorzugehen ; der Marschall dirigirte sich mit der 7. Division gegen Jacobstadt und General v. Kleist gegen Szawle.
Bei einer dieser Recognoscirungen war
ein preußischer Officier der Erſte, welcher auf eine glänzende Weiſe mit 40 schwarzen Husaren sich mit dem Feinde zu meſſen Gele genheit hatte.
Es war der Lieutenant v. Raven , der sich hiebei
den Orden der Ehrenlegion verdiente.
Die beiden Musketier - Bataillone im Gefecht von Ecau. Endlich brach auch das Gros gegen Kurland auf; nach sehr anstrengenden Märschen unter fast beständigem Regen erreichte es am 19. Juli das Städtchen Bauske an der Grenze. Hier erfuhr General v. Grawert, daß das Schloß Eckau, 2 Meilen entfernt, vom Feinde besetzt sei ; er beſchloß sofort ihn anzugreifen und ließ den General v. Kleist mit 3 Bataillonen , 2 Schwadronen und 1 reitenden Batterie östlich von Bauske gegen Lambertshof in die linke Flanke des Feindes vorgehen, während er selbst mit der Bri gade des Oberst v. Horn (2 Bataillonen Leib - Regiments, 2 Ba taillonen Colbergschen Regiments, 1 Bataillon Regiments Nr. 5, 4 Escadronen Dragoner, 2 reitenden und 1½ Fuß- Batterien) ſich auf Eckau dirigirte.
Die Eckau ist ein ziemlich seichtes (namentlich bei Schloß Eckau selbst durchwatbares ) Flüßchen, das sich unterhalb Mitau in die curische Aa ergießt und in der Umgegend von Eckau ziem lich tiefe und steile Thalränder hat.
Sie windet sich fast fort
während durch die ausgedehnten Kieferwaldungen Curlands ; nur
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hier, wo das sonst flache Terrain etwas welliger wird und viel fältig von Wiesenstrichen durchsetzt ist , bildet sich eine Lichtung von größerer Ausdehnung.
Der Landstrich zwischen der Aa und
der Eckau , anfänglich 2 Meilen , später aber nur 1—
Meile
breit, bietet so im Ganzen den Charakter einer von vielen Bächen und Wiesenstrichen durchschnittenen Waldung dar, welche das Ma növriren sehr erschwert ; der Vertheidiger findet fast auf jedem Schritt eine vortheilhafte, in der Front durch Wasser und Bruch gedeckte Stellung.
Etwas übersichtlicher , weniger bewaldet , ist
dieses Land im östlichen Theil zwischen Bauske und Stalgen an der Aa und Eckau ; daher werden wir auch hier die meisten Ge fechte dieses Feldzuges sich entſpinnen sehen. Zwischen Schloß Eckau im Osten und Pastorat Eckau im Westen bildet die Eckau einen nach Süden gehenden Bogen und zwar liegen die Kirche und die Gesindehäuſer (das Gesinde Eckau) auf dem jenseitigen Ufer ; die Straße von Bauske nach Riga führt dicht beim Pastorat vorbei.
Von Lambertshof her iſt der jenſei
tige Thalrand offen und eben und gestattete dem General v . Kleist ungehindertes- Annähern ; hier dagegen konnte das Ueberschreiten der über den Fluß führenden Brücke sehr erschwert werden durch Besetzung der Kirche und des Pastorats und einiger Häuſer dies seits des Fluſſes . Die Ruſſen hatten dieſe Umstände gut benußt. Die preußische Avantgarde, aus den disponibeln Dragoner schwadronen gebildet, ging von Bauske aus rasch und entschlossen vor und traf, 1 Meile vor Eckau, auf feindliche Cavallerie, welche durch eine glänzende Attaque sofort zurückgeworfen wurde.
(Einer
der ersten Verwundeten war der nun verewigte General , dama lige Rittmeister Graf Brandenburg.) Die Gefangenen sagten aus, der Feind habe 4 Bataillone gegen Bauske vorgesendet und sei mit noch größeren Kräften bei Eckau aufgestellt; sofort beschloß der General Grawert, den Feind anzugreifen und wenigstens über die Eckau zurückzuwerfen.
Den General v. Kleiſt traf ſein Befehl, 11
162
sich links gegen die Ruſſen zur Mitwirkung zu wenden, noch recht zeitig in Lambertshof; er selbst ging unterdeß gegen Eckau vor. Eine halbe Meile vorher sammelte und ruhete sich die Co lonne ; die Schüßen der Regimenter Nr. 3 und 4 (Colbergsches und Leib =- Regiment ) wurden unter Befehl des Hauptmanns v. Hugo vorgezogen; die 4 Bataillone des Gros folgten in zwei Treffen, jedoch in Linie deployirt. Mit ängstlicher Festhaltung der Richtung und der Abſtände, wie auf dem Berliner Exercierplat , marschirten sie durch hohes Korn, oft noch von kleinen Gebüschen gehindert; hier und da riß man in der Eile und Hize, schneller zum Kampf zu kommen, Zäune und Hecken um, ja mitunter nahm man zu dem alten, jezt verschollenen Mittel des „ Vorwärts Durchziehens " seine Zuflucht, um im Marsche bleiben zu können *). Plötzlich aber brach eine kühne feindliche Cavallerie - Abthei lung durch die Schüßenkette hindurch und warf sich im vollen Roffeslauf auf das zweite Bataillon des Leib - Regiments .
Leicht
hätte eine weniger feste Truppe in der Ueberraschung ihre Ord nung verloren ; hier aber hatte der Feind sich verrechnet.
Mit
der größten Ruhe empfing ihn das Bataillon in Linie : die Ruſſen ſtuzten , und als nun die Schüßen wieder Kehrt machten und unter sie schossen, ergaben sie sich zu Gefangenen. Der Feind hielt nicht Stich und zog sich auf Eckau zurück; doch hier hätte seine Vertreibung noch viel Kräfte kosten können, wenn nicht im rechten Moment die Kanonen des General v. Kleist in der rechten Flanke gedonnert hätten.
Sie gaben das Signal
zur energischen Fortsetzung des Gefechts.
General v. Grawert ent
sendete alles , was er an Cavallerie bei sich hatte, nebst der rei *) Beim Avanciren in Linie wurde commandirt : „ Vorwärts durchgezogen, rechtsum ! " worauf jeder Zug für sich " in Reihen rechtsum " machte und so etwaige Hindernisse umgehen konnte , bis man wieder aufmarschiren ließ. Je= doch mußten die Têten der Züge auch hier gerichtet bleiben.
163 tenden Batterie über die bei Schloß Eckau stehende Brücke zum General v. Kleist und ließ die Schüßen der Brigade v. Horn gegen die im Pastorat eingenisteten feindlichen Detachements vorgehen. Der Lieutenant v. Wnuck des Colbergschen Regiments watete mit ſeinem Zuge durch den Fluß , während der Hauptmann v. Hugo über die Brücke vorging , nachdem durch einen dreisten Angriff der Feind verdrängt war ; jenseits des Flusses jedoch, bei der Kirche, sette dieser aufs Neue hartnäckigen Widerstand entgegen. Der Oberst v. Horn, der schon lange vor Ungeduld brannte, einen Hieb zu führen, erhielt nun auf vieles Bitten die Erlaub niß, mit dem zunächst stehenden Bataillon Colbergschen Regiments die Brücke zu überschreiten.
Eine feindliche Colonne, die sich ihm
entgegenstellte, ward über den Haufen geworfen, und da inzwischen auch General v. Kleist kräftig vorgedrungen war , so würde man dem Feinde noch bedeutenden Schaden haben zufügen können, wenn nicht die zunehmende Dunkelheit ( es war 8 Uhr vorbei ) dem Gefecht ein Ende gemacht hätte.
Die Ruſſen traten schleu
nigst ihren Rückzug an , nachdem sie 1 Fahne, 7. Officiere und 312 Mann Gefangene verloren hatten. bezogen ein Bivouac diesseits der Eckau.
Die preußischen Truppen Ihr Verlust war höchst
gering zu achten ; namentlich waren beim Leib - Regiment nur ein Mann getödtet , vier verwundet.
Wenn nun auch die Resultate
des Gefechts nicht von großer tactischer oder strategischer Bedeu tung waren , so mußte doch die Art , wie sie erfochten wurden, zur Erhebung der Stimmung der Gemüther mächtig beitragen. War es nicht das erste Gefecht der Preußen seit 1807, und hatte nicht allein die neue Organisation , sondern auch der moralische Zuſtand ſich glänzend bewährt ? War nicht Jeder auf seinem Poſten gewesen mit unerschütterlicher Ruhe, mit Ausdauer ; hatten die Wenigen, welche zum eigentlichen Gefecht kamen, nicht Entſchloſſen heit und dreisten Muth bewiesen? Es waren wieder die alten Preußen, und wir können wohl behaupten, daß die glückliche Lei 11 *
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tung dieses ersten Ganges auf den ganzen Feldzug entscheidenden Einfluß hatte. Dieses Hochgefühl hob denn auch über Entbehrungen und Anstrengungen selbst den Schwächsten fort ; wohl mußte man auf dem Schlachtfelde hungernd und durftend zubringen, aber die freu dige Aufregung ließ Klagen nicht aufkommen.
Besondere Gele
genheit zur Auszeichnung hatten der Lieutenant v. Marschall, die Portepee - Fähnriche Graf Lüttichau *) und v. Eberhardt **) , die Unterofficiere Baumblüth, Böhm, Schiller, Thiele, die Musketiere Pohlmann, Merkmann, Meher und Schley gefunden.
Dem Ge
freiten Corporal ***) v. Herzberg ward zur Belohnung das Port epee ertheilt. Das preußische Corps setzte am folgenden Tage sein Vor rücken gegen Riga fort und bezog bei Hof Olah ein Lager.
Die
Vortruppen zogen sich in einem weiten Halbkreise von Dahlen kirchen an der Düna bis Schlock an der Küste der Ostsee ; die beiden Bataillone des Leib - Regiments jedoch blieben vorläufig beim Gros .
In dieser Aufstellung sollte zunächst das Eintreffen
eines Belagerungsparks abgewartet und dann zur eigentlichen Be rennung von Riga geschritten werden.
Am 21. Juli verlor das Regiment seinen bisherigen Com mandeur, den Major v. Tippelskirch, welcher zum Commandeur des Regiments Garde zu Fuß ernannt worden war und nunmehr mit der eroberten Fahne nach Berlin abreiste.
An seine Stelle
trat der Major v. Zielinski vom ersten ostpreußischen Infanterie Regiment†) ; Major v. Both ward zum Commandanten von Mitau *) Lebt noch als General - Lieutenant a. D. in Berlin. **) Lebt als Oberst a. D. zu Guben. ***) Gefreite Corporals hießen diejenigen , welche als Avantageure dienten und noch nicht Fähnriche waren. †) Siehe Näheres über den Major v. Zielinski im Anhange : „ Die Com mandeure des Leib - Regiments."
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ernannt; Major v. Derzen übernahm das Commando des zweiten Bataillons.
Ehe wir zur Erzählung der weiteren Schicksale des Regi ments übergehen , wollen wir einen Blick auf das Land werfen, in welchem die Truppen auf längere Zeit sich heimisch fühlen sollten.
Es ist dies der Theil Kurlands, welcher im Süden durch
die Aa, im Norden durch die Düna, im Westen vom Baltischen Meere begrenzt wird.
Die beiden Flüsse fließen faſt parallel von
Südost gen Nordwest und haben das Merkwürdige , daß die Aa sich bei Schlock fast dicht am Meeresufer gegen Nordosten wendet und in die Mündung der Düna bei Dünamünde läuft.
Kleine,
vielfältig gewundene Bäche und Flüßchen, zwiſchen ſumpfigen Ufern träge dahin fließend , durchschneiden nach allen Richtungen den schwarzen Boden , welcher nur im östlichen Theile geringe Erhe bungen zeigt : wir nennen unter ihnen die Eckau mit der Miſſa als Nebenfluß, welche unterhalb Mitau in die Aa geht und die Keckau, welche bei Dahlenkirchen in die Düna einmündet. Weite Strecken , fast der ganze südliche und mittlere Theil des Landstrichs sind mit Kiefernwald bedeckt , der den bekannten, düster einförmigen Charakter Kurlands bildet ; die dem Meere zugewendete Seite wird durch zwei große, nur im harten Winter passirbare Moräste ausgefüllt, welche der „, Kangerkaln “ und „ Th rul " genannt werden.
Diese haben eine solche Ausdehnung, daß
ſie innerhalb einer von Ost nach West gemessenen Strecke von 4
Meilen eine Annäherung gegen Riga nur auf 3 Straßen ge
statten.
Die erste ist die im Osten von Bauske über Eckau, To
moszna und Dahlenkirchen an die Düna , sodann an dieser ent lang bis Riga sich ziehende ; die zweite führt auf einem schmalen Strich festen, trockenen Landes von Mitau über Zennhof an der Eckau, und dann am rechten Miſſa - Ufer über Olay, den Krebsen krug, gerade zwischen beide Moräste hindurch; die dritte folgt der
166
Aa und führt um den Kangerkaln westlich herum. Auf diese Weise muß eine gegen Riga aufgestellte Vorposten - Linie gerade vor dem Feinde sich an einer genügenden Verbindung ihrer Soutiens ge hindert sehen ; und bei jedem Drucke des Feindes in einer der drei Richtungen müssen die andern denselben mitempfinden , um nicht von einander isolirt zu werden. Nur zwischen der Straße über Eckau und dem Mitau- Rigaer Wege findet sich eine Quer verbindung ; es ist dies der schlechte Waldweg von Katharinenhof (nahe bei Tomoszna ) über die Miſſa bei Plakahe nach Olah neben den andern weiter rückwärts von Osten nach Westen füh renden, oben schon erwähnten Wegen.
Besonders charakteristisch
für die topographischen Verhältnisse Kurlands ist der Umstand, daß es wenige zusammenhängende Ortſchaften, faſt gar keine Dörfer giebt.
Der Anbau trägt den Charakter der Coloniſation , die
das Land zur Zeit des deutschen Ordens erfuhr ; alles isolirt sich auf der Scholle , das Herrenhaus , die Schule und Kirche, der Krug, die Häuſer der Einfassen liegen oft auf Viertelmeilen von einander getrennt.
Eine Bauernschaft gab es in Kurland nicht,
nur deutsche Herren und lettiſche Hörige.
Es ist klar , welche
Schwierigkeiten hieraus einer gut geordneten Verpflegung oder einer engen und doch bequemen Cantonnirung erwachsen mußten. Die im Gros des preußischen Corps gebliebenen Truppen, wozu auch unsere beiden Musketier-Bataillone gehörten, errichteten ein Hüttenlager zwischen Peterhof und Hof Olay, an der Straße von Mitau nach Riga. Es wurde so bequem als möglich ge macht; bald sah man schon Alleen von verpflanzten Waldbäumen, große Spaziergänge, sogar ein Caſino entstehen, welches die Offi ciere der verschiedenen Regimenter gesellig
vereinte.
Dieselben
erhielten je zwei und zwei eine Hütte , welche gedielt und mit Tischen und Stühlen versehen war. So fehlte es nicht an Reizen des Lagerlebens, so lange die Witterung günstig blieb .
Ab und
zu statteten selbst einige Neugierige Besuche in den nächsten Ge
167
höften ab , und wer dann die Kochfeuer näher betrachtete , sah manche Creatur aus dem Geschirr gucken, von der sich im Tarif der Intendantur kein Wort vorfand. Es ist nicht zu verwundern, daß in dem beinahe vierwöchent lichen Aufenthalt die Langeweile sich zeigte und ihre gewöhnlichen Folgen : kleinere und größere Unordnungen , welche jedoch bald nachdrücklichſt unterdrückt wurden.
Da ward täglich exercirt, ge
arbeitet, tiraillirt; die Nacherercierer wuchsen wie Pilze aus der Erde.
Auch im Kleinsten ward die Ordnung strenge gehandhabt.
Daß die Truppen in großen Dingen zuverlässig sein müßten, verstand sich schon von selbst ; aber im Geringſten auch sollte sich derselbe Geist offenbaren. Bequemlichkeit Aller, Gesundheitspflege, der geordnete Gang der Verpflegung - dies Alles erheischte täg liche Aufsicht und Sorge : es war daher eine gute Schule und lehrreich für alle Grade.
Es gereicht uns zum Vergnügen , in
Bezug hierauf den Parolebefehl vom 28. Juli erwähnen zu können : ,,Durch das ausgebrochene Feuer in einem Gewehrmantel des ,,3. Regiments ist der commandirende General veranlaßt worden, „ die ſtrengſte Unterſuchung des Unfugs zu verfügen ; es muß da „her dem Regiment daran gelegen sein, die möglichste Wachſam „ keit zu haben, daß dergleichen Unordnungen nicht vorfallen ; und ,, es ist dem commandirenden Herrn General nicht unbemerkt ge „ blieben, daß das Leib-Infanterie-Regiment bis jetzt sich in jeder
11 Hinsicht durch Ordnung auszeichnet. ,,dieſes anspornen,
Um so mehr muß uns
alle Aufmerksamkeit anzuwenden ,
nicht nur
„ dieſen guten Ruf zu erhalten , sondern ihn wo möglich noch zu ,, erhöhen. " Auch dieser Sommeraufenthalt im Lager ging nicht ohne bedeutendere Tage vorüber.
Wir erwähnen zuerst der Feier des
3. August, dieses Freuden- und Ehrentages aller derer, die sich noch unter der milden und gerechten Regierung Königs Friedrich Wilhelm III. Preußen nennen konnten :
Sein Geburtstag ward
168
hier, fern von der Heimath, um so herzlicher begangen , je mehr man sich der Sache, der man im Augenblick diente , und den Gefährten, mit denen man gehen mußte, fremd fühlte.
Vormit
tags war im Lager großer Gottesdienst, dann große Parade. Die Officiere erhielten
11 außerordentlich " Reiß, Rindfleisch , Erbsen,
Wurst, Bier und Taback; die Soldaten bekamen Erbsen mit Schweinefleisch, Bier, Branntwein und Taback.
Der Abend und
die Nacht wurden durch eine Illumination von bunten Papier laternen , durch Musik und Tanz verherrlicht ; ja man brannte große Holzstöße an, deren Flammen bis nach Riga hinleuchteten. Während die Vortruppen fast täglich mit dem Feinde zu thun hatten, ließ dieser sich heute nicht sehen ; nur bei Dahlenkirchen, wo Oberst v. Horn die Vorposten des rechten Flügels comman dirte, kamen die Kanonierböte des Feindes zu Mittag die Dünen heraufgesegelt und sprachen einige Worte mit. „ Sommerplaiſirs " des alten Herrn ;
Sie bildeten die
Jeder , der ihn
besuchte,
mußte mit ihm einen Spazierritt ans Ufer thun und sich von den Kugeln begrüßen laſſen.
Allerdings fanden diese Ergößlich
keiten nicht in allen Augen Gnade. Der wichtigste Zwischenfall war aber, daß am 12. August der General v. Grawert seines hohen Alters wegen sich bewogen sah, das Commando des ganzen Corps an den General- Lieutenant v. Yorck abzugeben und sich vom Dienst zurückzuziehen.
Der sonst
gewiß tüchtige und thätige , würdige alte General war bei den Truppen durch sein wohlwollendes Wesen beliebt und geachtet gewesen; das ließ sich von seinem Nachfolger nicht von vorn herein sagen.
Immer ernst und strenge, schien er verdrießlich,
erregte Furcht; immer fühlte man zähen nachhaltigen Druck ; er hatte ſein Roß im Zügel.
Auch brachte er schon einen hohen
militärischen Ruf mit in feine neue Stellung.
Sein erstes öffent
liches Auftreten geschah bei Gelegenheit einer zur Feier des Ge burtstages Napoleon's anbefohlenen großen Parade.
Hierbei er
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eignete sich ein fast komisches Mißverständniß.
Nach dem Prä
ſentiren rief General v. Yorck, der alten Sitte gemäß, ein Hurrah: die Truppen blieben lautlos ; sie verstanden nur für den eigenen Kriegsherrn ihr Hurrah zu rufen, mochten auch wohl im Sinne ihres Führers gehandelt haben , denn , wie ein alter Officier des Regiments berichtet, " Yorck weinte Freudenthränen , als er mit Macdonald die Front passirte." Der Anfang der Belagerung Riga's schien sich sehr ruhig anzulaſſen , und obgleich der Oberst - Lieutenant v. Horn wieder holentlich auf seine so unsichere Stellung bei Dahlenkirchen auf merksam gemacht hatte, so unterließ das Hauptquartier doch jedes nähere Eingehen auf seine Warnungen , bis der Feind selbst den Beweis derselben gab.
Am 21. August war die Ernennung des
Oberst -Lieutenants v. Horn zum Obersten eingegangen und in Dahlenkirchen mit großer Freude gefeiert worden , als der Feind mit grauendem Morgen die Vorposten angriff und nach_hart näckigem, blutigen Kampf das Detachement zum Verlassen seiner Aufstellung zwang.
In Folge dieſes
unglücklichen Ereigniſſes
wurden dem Obersten v. Horn auf sein Ansuchen die beiden Musketier - Bataillone des Leibregiments und ein Bataillon des 1. ostpreußischen Regiments zugetheilt ; sie rückten in der Nacht zum 26. August nach Plakahn, wo sich das Detachement sammelte. Im größten Geheimniß sollte gegen Dahlenkirchen vorgegangen werden , „ kein Mann durfte rauchen , kein Pferd wiehern "; das 2. Bataillon sollte den Hauptsturm ausführen ; der Oberſt ſchnaubte Rache - aber feinen glühenden Wunsch konnte er nicht mehr befriedigen.
Als er am Morgen Dahlenkirchen erreichte, war es
schon vom Feinde verlaſſen *) . *) Die Spiße der Avantgarde gewahrte plößlich auf einem kahlen Hügel einen Kosacken, der, ganz gegen die Gewohnheit seiner Brüder, dem Feinde den Rücken zukehrte. Begierig, doch einen Gefangenen zu haben, machte Alles Jagd auf ihn; man umschlich vorsichtig den Hügel, schnitt ihn so ab und wollte eben
170
Zunächst war nichts weiter zu thun, als das alte Lager von Neuem zu beziehen.
Da jedoch weder im Terrain , noch beim
Feinde etwas verändert war, und dieser jeden Augenblick von der waldigen Insel „ der Holm “ auf der Düna oder durch Furthen auf dem äußersten rechten Flügel bei Barfemünde neue Ueberfälle versuchen konnte, so schwebte man in der größesten Spannung. Der Holm wurde der Tummelplat täglicher Streifpartien ; in der Nachbarschaft wurden an verdächtigen Personen Executionen ausgeführt; bis endlich am 29 ſten ,
zum ersten Male,
Ge
neral v. Yorck die Stellung besah und eine neue Aufstellung an ordnete. Der Commandeur des Leib - Regiments, Major v . Zielinski, mußte mit dem 1. Bataillon des Leib- Regiments , den Füsilier Bataillonen Nr. 7 und Nr. 2, 2 Schwadronen und 4 Geschüßen auf einer markirten Höhe am Wege von Dahlenkirchen nach To moszna sich postiren, Verschanzungen anlegen und Vorposten gegen Riga und die Düna aufstellen , welche Nachts noch durch starke Pikets zu sichern waren. Oberst v. Horn ging hinter die Keckau bis Tomoszna mit dem Reste zurück, und hatte über Plakahn die Verbindung mit dem Centrum bei Olah zu unterhalten.
Auf
diese Weise war der linke Flügel an ein schwer zu übersehendes, morastiges Waldterrain gelehnt ; noch immer befand sich das De tachement der Vorposten in einer höchst precairen Lage.
Major
v. Zielinski suchte sich vor Ueberfällen dadurch zu sichern , daß er die eine Hälfte seines Gros , vom Dunkelwerden an , unter den Waffen stehen , die andre ruhen ließ ;
Morgens gegen zwei
Uhr, in der „ Schäferſtunde des Ueberfalls " (wie Behrenhorst sie Feuer auf ihn geben, als sich plöglich in dem Kosacken - der Regimentsarzt Neumann zu erkennen gab. Dieser alte Herr liebte es , ganz allein , in auf fallendem Costüm , im unsichersten Terrain romantisch umherzuschwärmen ; oft erschien er zu Pferde in der Tirailleurlinie und mußte mit Gewalt entfernt werden.
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nennt) , wurde still abmarschirt und eine halbe Meile rückwärts eine neue Stellung genommen ; mit Tagesanbruch bezog jedoch Alles wieder die alten Posten und der gewöhnliche Tagesdienst begann aufs Neue. Das konnte nur kurze Zeit durchgeführt werden , denn die Kräfte der Truppen und der Führer wurden unverhältnißmäßig angestrengt.
Die ambulante Lebensart ward denn auch bald ge
ändert und das Gros der Vorposten nach dem Jurrakrug zurück genommen, es blieben 2 Cavallerie - Feldwachen bei Dahlenkirchen und weiter zurück
eine Linie von 5 Infanterie - Wachen.
Der
Dienst that zwar auch hier große Anforderungen an die Kräfte der Officiere und Soldaten, aber es konnten doch diejenigen ruhig bleiben, welche nicht auf Feldwache waren.
So richtete sich denn
Alles häuslich ein ; es gelang sogar dem Lieutenant v. Wuſſow II.*) um einen schnell zusammengezimmerten Tisch viele Theilnehmer an dem sehr beliebten Kriegsspiel zu versammeln.
Während das
kameradschaftliche Leben in den unteren Graden gefördert ward, blieb dem Oberst v. Horn die Sorge, den vielfach sich einfinden den
Gästen die Honneurs zu machen ;
namentlich waren die
Herren des Hauptquartiers , so wie auch französische Officiere, oft zu sehen. Der alte Herr empfing seine Besucher , die in der Regel sehr eßlustig waren, mit Gastfreiheit und suchte ihnen dann durch Spazierritte die angenehmeren Partien des Landes bekannt zu machen ,
wobei es natürlich nicht ohne eine Begrüßung von
Seiten russischer Vorposten oder eines Kanonenbootes Düna abging.
auf der
Seine Eigenthümlichkeit machte ihn im ganzen
10. Corps bald ebenso berühmt als gefürchtet, und sein kurz an gebundenes Wesen mochte Vielen nicht gefallen.
Besonders wenn
er Aufpasser und Hinterträger in ihnen vermuthete , dann wußte er sich auf sehr praktische Weise ungewünschter Gäste zu entle
*) Jezt commandirender General des 2. Armee - Corps.
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digen, indem er sie nach seinem Ausdrucke " auf den Zopf beißen" ließ. Unter andern hatte ein höherer Officier des französischen Stabes dem Marschall Macdonald fortwährend ungünstige Mel dungen über Horn und seine Art, die Vorposten aufzustellen, ge macht, auch behauptet, der Dienst würde so nachlässig betrieben, daß die Ruſſen nur eines ernſten Anlaufes bedürften , ganzen rechten Flügel bis Ruhenthal zurückzuwerfen.
um den
Der Mar
schall Macdonald, einer der ehrenwertheſten und bravsten Krieger der Armee , kannte aber seine Leute; insonders schätzte er den Oberst v. Horn hoch, da er wohl der Mann war , dieſen zu würdigen.
Er hörte anfangs nicht auf jene Redereien ;
um den
lästigen Ohrenbläser los zu sein, gab er ihm endlich den Auftrag, die preußischen Vorposten zu revidiren und Bericht über den Be fund zu erstatten. Horn, der ebenso aber auch überall gute Freunde hatte, er fuhr bald, was geschehen sollte.
Als der Franzose ankam, ritten
beide , von einem Dragoner begleitet ,
zunächst auf eine Höhe,
von wo aus Horn die Stellung der Vorposten zeigen und er läutern konnte. Nachdem dies Alles, natürlich in deutscher Sprache (denn Horn verstand noch weniger französisch , als der Franzose deutsch) , abgemacht war , ritt man zum rechten Flügel der Vor postenkette. Hier stieg Horn vom Pferde, befahl der Ordonanz, dem französischen Officier behülflich zu sein , auch dessen Pferd zu halten, und ging nun in dieſer Begleitung die Linie entlang ; die Posten zeigten sich überall gut inſtruirt und aufgestellt. Die russischen Vorposten ließen sich anfänglich diese Pro menade mit dem sehr gepußten Officier gefallen ; dann aber gaben sie Feuer ; dies lockte zuerst Patrouillen herbei, dann die feindliche Feldwache, und, von einem förmlichen Pelotonfeuer begleitet, setzte v. Horn seine Inspection ruhig fort.
Der franzöſiſche Officier
hatte eigentlich schon lange genug seine Neugierde befriedigt ge fühlt und bat den Obersten , sich doch der Gefahr nicht so sehr
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auszusetzen ; „Hat nichts zu sagen " war die Antwort , und es ging weiter. Nachdem der Franzose durch den Hut geschossen war und aus einer Wunde am Arm blutete, bat er erneuert, in immer schlechterm Deutsch, der Oberst möge sein Leben dem Kö nige für größere Waffenthaten aufsparen. „Hat gar keine Noth mit mir, bin kugelfest," hieß es, und der Spaziergang dehnte sich bis zum linken Flügelposten aus.
Hier bestieg der französische
Officier wüthend sein Pferd und machte sich davon. Welche Mel dung er abgestattet, ist nicht bekannt , aber die preußischen Vor posten sind nicht wieder von Franzosen revidirt worden. Oberst v. Horn äußerte oft, daß der Soldat nie die Gefahr herausfordern dürfe, stets auf dem ihm angewiesenen Poſten blei ben müſſe, dann könne ihm nichts passiren.
Er selbst aber richtete
sich nicht im geringsten nach diesem Glaubensbekenntnisse, denn er forderte
die
Gefahr fast
mit Uebermuth
heraus.
Seine
,,Spazierritte " Nachmittags , zu welchen ihn die Ruſſen zulet mit höflicher Pünktlichkeit so sicher begrüßten, daß die Kugeln des Kanonenboots oft dicht an seinem Pferde einschlugen seine --waren Gewohnheit, immer der Vorderste im Gefecht zu sein, aber nicht danach zugeschnitten.
Im Gedächtniß der alten Sol
daten lebte ein anderes Bild von ihm; sie kannten ihn nicht anders , als auf seinem Fuchs vor der Front haltend , recht den Geschossen zur Zielscheibe; dann schlug er mit dem Kantschuh hinter den Kugeln her und tröstete seine besorgten Untergebenen mit den Worten : „ was wir hören , trifft uns nicht. "
So be=
gründete er hier in Rußland recht eigentlich seinen hohen Ruf so fest, wie er selbst es in sich war ;
so erschuf er in seiner
Truppe jenes unerschütterliche Vertrauen auf ihren Führer, welches für die kommende Zeit der Keim zu glänzenden Thaten werden sollte. In der volksthümlichen Tradition erhalten solche Gestalten leicht andere Umriſſe als die , in denen sie im Leben ihrer Zeit
174 erblickt wurden .
Der Mythus flicht um ihre hervorragendsten
Eigenschaften sein Gewebe ; ihre Schärfen und Härten mildert seine dichterische Hand. So ist es auch, irren wir nicht, mit der Erinnerung an diesen zum Typus eines feſten , heldenmüthigen Kriegers gewordenen Charakter geschehen. Wer sich mit den nebel haften Umrissen begnügen wollte, würde ein mangelhaftes Bild Er war nicht blos der verwegene Kriegsmann , er war auch der beste , sorgsamste und unermüdlichste Soldat ;
Horn's haben.
er erkaufte seine Popularität nicht durch gutmüthiges , schwaches Bemänteln, durch genial erscheinende Vernachlässigung der kleinen, täglichen Dienst - Erforderniſſe.
Mit Nachdruck und augenblicklich
treffender Strenge ahndete er jene kleinen Vergehen , wie sie in der besten Truppe vorkommen und die , unbeachtet , so leicht die Ursache innerlicher Fäulniß sind.
Da traf ſein kurzes Wort mit
schneidender Schärfe den wunden Fleck, bei wem er sich auch finden mochte : diese Fähigkeit, Jedem gleich offen heraus seine Schwäche klar zu machen, und die gewöhnlich den Namen „, Grob heit " trägt, besaß er in vollem Maße.
Sie war bei ihm nicht
die Formlosigkeit , der Mangel an gesellschaftlicher und ſonſtiger Bildung, welchem man jenen Namen beilegt, sondern das furcht lose Aussprechen des Pflichtgefühls . Wir führen zum Beweise unserer Auffaſſung hier nur den Befehl vom 28. August an, weil er den Mann und die Zustände zugleich schildert. „ Die Erfahrung hat leider gelehrt ", heißt es darin , „ daß ,,die unter meinem Commando stehenden Truppen trog der häu „ figen , in dieser Hinsicht gegebenen Befehle sich theilweise höchst „ strafbare Ausschweifungen und Plünderungen haben zu Schulden
11 kommen lassen, die, wenn denselben nicht mit Nachdruck Einhalt „ gethan wird , ganz darauf hinwirken , unseren bisher erhaltenen " guten Ruf zu untergraben und uns mit anderen Truppen in „ eine Klaſſe zu versehen, deren Benehmen in Feindes Land nicht
175
„ zum Muster genommen zu werden verdient *).....
Ich fordere
daher sämmtliche Herren Commandeure der verschiedenen Truppen
11 abtheilungen so dringend als ernstlich auf, dieſem umgreifenden „ Uebel durch zweckmäßige Maßregeln vorzubeugen ; ich bin ſo ge „ wiß von ihrer thätigen, ernstlichen Mitwirkung überzeugt, als sie „ ebenso wie ich dabei intereſſirt sind , statt gesitteter und civili ,,sirter Soldaten nicht zügellose Horden zu befehligen. Jeder Of „ ficier und jeder gutgeartete Soldat wird die Anſicht haben, daß ,, wir nicht gegen den wehrlosen Landmann Krieg führen, und wenn auch der hiesige Landmann sich gegen uns nicht gut betragen „hat, sondern seine feindselige Gesinnung deutlich genug an den ,,Tag legte, so ist es doch nicht ehrenvoll für den Soldaten, sich „ dafür durch Raub und Plünderung zu rächen.
Die große Maſſe
,,des gemeinen Mannes, aus jungen Leuten bestehend, ist zu Aus
11 schweifungen geneigt, nie mit dem zufrieden, was sie hat, daher ,,stets ungenügsam und immer begehrend, wenn auch ihre nöthig „ ſten Bedürfnisse befriedigt ſind. Nur genaue und ununterbrochene „ Aufsicht und unerbittliche Strenge gegen Uebertretung gegebener „Befehle sind die Mittel, wodurch dieſe Maſſe im Zaum gehalten ,,werden kann..... In Zukunft werde ich mich gezwungen sehen, ,,wenn dergleichen Excesse wieder vorfallen , mich unmittelbar an „ den Chef der Compagnie zu halten, von welcher der Exceß be ,,gangen worden .....
Ich setze demnach hiemit als Regel fest,
„ daß kein Soldat ohne Begleitung eines Officiers das Lager ver „ laſſen darf, da man sich, wie wir leider aus Erfahrung wiſſen, „ auf die Aufsicht der Unterofficiere nicht verlassen kann, daher ſie ,, ebenso gut als gar keine ist....." *) Die Truppen hatten nach Ueberfall bei Dahlenkirchen Verdacht gegen die Einwohner geschöpft, dem Feinde Nachrichten gegeben zu haben und suchten nun in ihrer Weise Rache zu üben. - Bekannt und berüchtigt ist die Art und Weise, wie sich die übrigen Truppen des 10. Corps sowohl, wie die der „ großen Armee " gegen die Landeseinwohner benahmen.
176
-Der Aufenthalt im Lager hatte viel Spannendes und An regendes für Officiere und Soldaten.
Es war die wahre Schule
im kleinen Kriege , da sich fast täglich Gelegenheit zu Unterneh mungen für die Vorposten bot. Es konnte aber auch nicht fehlen, daß hin und wieder Infanterie- oder Cavallerie - Patrouillen vom Feinde aufgehoben wurden, was dem General v. Yorck Veranlaſſung zu ungnädigen Aeußerungen gab, „ daß dort gar nichts unternom men werde “. „ Um ihm denn doch den Willen zu thun ", wurde am 19. September ein Versuch auf den russischen Posten bei der Dahlenkirchener Mühle gemacht , der aber keinen Erfolg hatte. Nichts desto weniger fuhr Oberst v. Horn fort, sich möglichst gute Nachrichten zu verschaffen ; sein Spion, der Müller Skujan *), gab ihm täglich Kunde von Verstärkungen , die bei Riga anlangten. Namentlich am 25 ten kündigte er einen baldigen Angriff an ; man war daher sehr auf der Hut. In der That griffen am 26. Sep tember um Mittag bedeutende feindliche Colonnen, die man schon in der Nacht vorher auf dem „ Holm “ erspäht hatte, die Auf stellung des Major v. Zielinski an und drückten das 1. Bataillon auf Tomoszna zurück.
Noch rechtzeitig genug hatten alle kleinen
Posten Nachricht von der rückgängigen Bewegung erhalten, ſo daß ſie mit dem verhältnißmäßig ſehr geringen Verlust von 2 Todten, 5 Verwundeten und 7 Gefangenen ausgeführt wurde.
Der Feind
zeigte größere Entschiedenheit; man fühlte, daß mehr als eine Plänkelei beabsichtigt sei.
Da er jedoch nicht weiter drängte, so
blieb der Oberst v. Horn bis zur Nacht halten und ging dann erſt bis Eckau zurück, wohin ihn der General v. Yorck berufen hatte. *) Dieſer Mann folgte mit Frau und Kind dem Regimente nach , als man Kurland verließ, und begleitete es bis an den Rhein, wo er spurlos ver schwand.
177
Gefecht bei Ecau am 27. September. General v. Yorck hatte jezt die Truppen seines rechten Flü gels und des Centrums
in eine Masse von 11 Bataillonen,
9 Schwadronen und 4 Batterien vereinigt. Torgen hinter der Eckau auf.
Er stellte sie bei
Die Bataillone ſtanden in zwei
Treffen hinter dem Kamm eines sanft gegen den Fluß abfallen den Höhenzuges ; die beiden Bataillone des Regiments im erſten Treffen unweit eines geschlossenen Gehöfts, welches von den ost= preußischen Jägern besezt war.
Schüßen deckten die Front, Ge
schüße unterstützten sie ; man hatte wohl Gelegenheit, selbst gegen einen überlegenen Feind das Gefecht längere Zeit hinzuhalten. Der Feind eröffnete das Gefecht durch eine erfolglose Kano nade auf weite Entfernung ; allmälig brachte er auch Infanterie und Cavallerie vor , und es entwickelte sich ein ebenso unnüßes Schüßengefecht.
Der General erkannte, daß der Feind ihn in der
Front beschäftigen und gegen seine Flanke, vielleicht auf den rück wärts bei Ruhenthal aufgestellten Belagerungspark und auf eine Trennung von den Truppen des linken Flügels operiren wolle. Er befahl deshalb den Rückzug nach Bauske hinter die Aa. Zunächst sezte sich die Bagage in Bewegung ; sogleich jagten aber auch Kosacken gegen dieſelbe, um die Flügel der Aufſtellung herum, um die Gunst der Gelegenheit zu erfassen.
Sie wurden
von der Begleitungsmannſchaft derb zurückgewieſen und der Feind beunruhigte den Abzug nicht weiter. Es war dies insofern angenehm, als die Hälfte der hier ver einigten Truppen einen langen und beschwerlichen Marsch gemacht hatte und ihre Kräfte erschöpft waren.
So gelang es, spät Abends
bei Bauske die Mummel zu passiren.
Der Verlust des Regiments
bestand in 28 Verwundeten , worunter der Lieutenant v. Mün chow I., und 6 Vermißten. Am 28 ten wurde mit Tagesanbruch aus dem Bivouac auf 12
178
gebrochen und unter entseglichem Wetter Ruhenthal erreicht , wo sich nunmehr fast alle bisher detachirten Theile des Corps ge= sammelt hatten, auch das Füsilier - Bataillon des Regiments ſeine Kameraden nach langer Abwesenheit wiedersah.
Es ist hier der
Ort, seine Erlebnisse zu überschauen. Das Füsilier - Bataillon vom 4. Juli bis 28. September. Im Lager bei Roſienna trat das Bataillon zum Detachement des Oberst v. Jeanneret, beſtehend aus noch 2 Füſilier-Bataillonen, Nr. 1 und 3, 2 Escadronen und 4 reitenden Geschützen, welche das Land in verschiedenen Richtungen durchziehen sollten, um die Bewohner in Ungewißheit über die Bestimmung des Corps zu lassen.
Dieser Auftrag änderte sich bald in den anderen , bei
Memel ein besonderes Corps unter General v. Yorck zu bilden, welches jede Annäherung des Feindes von der See verhindern sollte.
Das Bataillon rückte demzufolge zunächst nach Memel
und ging dann mit der „ Vorposten - Brigade " des Major v. Reuß an der Seeküste gegen Libau vor.
Schon am ersten Abend zeigten
sich am Hafen drei größere russische Kriegsschiffe, ohne die Ein fahrt zu versuchen.
Gegen Morgen erschienen sie wieder, bemann
ten ein Boot mit etwa 20 Mann, welches dem Hafen zusteuerte. Major v. Reuß hatte den Befehl gegeben, daß die Wache in der Hafenschanze sich ruhig verhalten und der Landung der Ruſſen nicht hinderlich sein solle, um diese dann ohne Blutvergießen ge fangen zu nehmen. ans Land.
Die Russen legten an ;
ein Mann sprang
Ein sehr eifriger Füſilier konnte sich nun nicht mehr
mäßigen, sondern lief mit gefälltem Bajonet auf den Ruſſen zu ; dieser warf sich ins Boot, das alle Ruder zur Flucht in Bewe gung sezte.
Troß des nunmehr eröffneten Gewehrfeuers gelang
es den Russen , ihre Schiffe zu gewinnen ; es schien jedoch, als hätten Verwundungen stattgefunden. Hafen.
Die Schiffe verließen den
179
Major v. Reuß versäumte keine Vorsichtsmaßregel für etwaige Gefechte; der Aufenthalt verlief jedoch sehr friedlich. Am 8. August rückte das Bataillon nach Mitau, unter Zurücklaſſung eines Com mandos von 100 Mann unter Hauptmann v. Kesteloot.
Am
13. August in Mitau angelangt, fiel dem Bataillon die Besetzung dieser Hauptstadt von Kurland zu .
Die 11. und 12. Compagnie
wurden zur Begleitung des großen Parks nach Ruhenthal auf einige Tage entsendet, kehrten aber bald wieder heim. Am 20. Septem ber marschirte das Bataillon zum linken Flügeldetachement nach Schlock, nachdem auch Hauptmann v. Kesteloot wieder herange zogen war. — Am 28. September endlich wurde das Bataillon ab berufen und nach Ruhenthal befohlen ; es legte diese Strecke, 13 Meilen, in solcher Schnelligkeit zurück, daß es am 29. früh dort eintraf.
Diese außerordentliche Leistung wurde.
dadurch möglich gemacht, daß man das Gepäck auf Bauerwagen die Füsiliere von
Stunde zu Stunde auf Wagen
sette , wobei sie sich ablösten.
legte und
Es blieb fein Kranker oder Ma
roder zurück.
Am 29. September früh waren 18 Bataillone, 10 Esca dronen und 44 Geſchüße des preußischen Corps bei Nuhenthal versammelt.
Der Belagerungspark sollte bis zur Aufbietung der
lezten Kraft vertheidigt werden ; alle Geschüße desselben waren in
ein Viereck zusammengefahren , und während man so einen
halben Tag vergeblich auf den Feind wartete, hätte man beinahe noch Verluste durch das unbesonnene und zuchtlose Benehmen der französischen Artilleriſten erlitten, welche dem Park attachirt waren. Es wurde eine Heerde von Schweinen vorbeigetrieben ; die Kano niere, mit Gewehren ausgerüstet, machten sich sogleich daran, auf diese unglücklichen Thiere ein Kesseltreiben anzustellen. Ohne sich im Mindesten an die überall aufgestellten Truppen zu kehren, schossen sie unter die Heerde , und es bedurfte sehr ernſten Ein 12 *
180
schreitens , bevor sie die sehr reich ausgefallene Jagd einstellten. Glücklicher Weise war kein Unglück geschehen ; man sah aber auch hier , wie übermüthig und zuchtlos die „ Bundesgenoſſen “ waren. Gegen Mittag wurde den Truppen der Entschluß des Gene rals v. Yorck bekannt , nunmehr selbst zum Angriff überzugehen, um die Ungewißheit der Lage zu enden. Mit lauter Freude wurde diese Nachricht empfangen ; denn Keiner hatte Lust zu weichen, ohne sich erst gründlich geschlagen zu haben. Das Corps erhielt folgende Eintheilung : Avantgarde :
Oberst v. Jeanneret. 5 Füsilier - Bataillone (Nr. 2, 4, 5, 6, 7); 5 Escadrons ; 1 reitende Batterie.
Rechter Flügel: General-Lieutenant v. Massenbach. 4 Bataillone (Nr. 1, 2, 2 Bat. Leibreg. Nr. 4) ; 1 Escadron; 1 reitende Batterie.
1 Fuß Linker Flügel: General = Major v. Kleist. 5 Bataillone; 2 Escadrons; 1
Batterie.
Reserve: Oberst v. Raumer. 3 Bataillone ; 1 Jäger- Bataillon;
2 Escadrons ; 1 Fuß - Batterie.
181
Nach der Disposition sollte am Abend des 29 sten die Avant garde, der rechte Flügel und die Reserve die Aa bei Mesothen überschreiten, der linke Flügel dagegen dem Flusse auf dem linken Ufer folgen , um die etwa dort schon übergegangenen feindlichen Truppen zurückzuwerfen. Gefecht bei Mesothen am 29. September. Die Avantgarde passirte die Aa und trieb die feindlichen Vortruppen auf ihre Soutiens am Kosackenkrug zurück.
Das
wenig übersichtliche , mit Gehöften und Waldstellen bedeckte Ter rain war der Vertheidigung günstig, indeſſen wurde ein Abschnitt nach dem andern lebhaft angegriffen und genommen. Unweit des Kosackenkruges stieß man auf einige feindliche Bataillone mit Ge schütz, welche sehr gut aufgestellt und gedeckt waren.
Der Major
v. Reuß ging mit dem Füsilier - Bataillon sehr entschlossen vor, warf die russischen Tirailleurs , und unter dem heftigsten Feuer ward nun der Feind unter lautem Hurrahruf aus seiner Stellung gedrängt.
Das Gefecht dauerte bis in den dunklen Abend ; die
Hornisten und Tambours orientirten jedoch Jeden, der sich etwa hätte verirren können ; erst gegen Mitternacht hörte das Ge fecht auf. Auch der linke Flügel hatte Fortschritte gemacht und , nach einem sehr tapfer durchgeführten Gefecht, den Feind über die Aa zurückgeworfen.
Ein sehr unangenehmes Bivouac beschloß den
glücklichen Anfang.
Der Verlust war unbedeutend gewesen.
Gefecht am Lautſchkrug am 30. September. Gegen Tagesanbruch trat die Avantgarde beim Kosackenkrug wieder an.
Die Schüßenzüge des Leib - Füſilier - Bataillons und
die Bataillone Nr. 2 und 7 blieben vorläufig zurück; der Rest ging gegen Annaburg, in der Richtung auf Mitau, vor und stieß beim Lautschkrug auf den Feind, welcher mit etwa 5 Bataillonen
182
und einigen Geschüßen den Rand einer auf beiden Seiten der Straße weit ausgedehnten Waldfläche besetzt hatte.
Nachdem die
diesseitigen Geſchüße eine Zeit lang die feindliche Aufstellung durch ihr Feuer zu erschüttern gesucht hatten, ließ Oberst v. Jeanneret das Leib-Füsilier-Bataillon und das Bataillon Nr. 5 aufmarschiren und zum Angriff vorgehen ; beide trieben entſchloſſen und lebhaft den Feind zurück, bis er geschlossene neue Maſſen vorbrachte und ſeinerseits zum Bajonetangriff überging.
Der Major v. Eicke be
nußte den Moment, wo der ebenfalls deployirte Feind wohl schon etwas auseinanderkam, ging ihm plötzlich mit 21 Schwadronen in die Flanke, warf ihn über den Haufen und machte viele Gefangene. Ein Versuch des Feindes , diese zu degagiren , ward durch das tapfere Benehmen des 1. ostpreußischen Regiments vereitelt ; der - Der Verlust Feind mußte umkehren und den Rückzug antreten. — des Bataillons betrug heute 9 Gemeine an Todten, 3 Officiere, 6 Unterofficiere, 64 Gemeine an Verwundeten und 9 Vermißte. Die beiden Musketier - Bataillone des Regiments waren in dessen der Abtheilung des Generals v. Kleist zur Unterſtüßung aus dem Bivouac bei Mesothen nachgesendet worden. Man war indeſſen auch dort glücklich gewesen, hatte die Aa paſſirt und dem Feinde viele
Gefangene abgenommen.
Die beiden Bataillone
gingen durch den Fluß und beeilten ihren Weitermarsch so viel als möglich ; sie konnten jedoch erst am Schluſſe des Gefechts anlangen und bezogen durchnäßt ein Bivouac, das nicht zu den angenehmsten gehörte. Auf diese Weise war das Corps einerseits bis Annaburg vorgedrungen, hatte dem Feinde bedeutende Verluste zugefügt und fühlte sich gehoben durch die sichtlichen Erfolge. günſtigen Witterung und der beschwerlichen
Troß der un
Tage
war Alles
fiegesmuthig ; als daher am anderen Morgen der General Yord erfuhr, daß der Feind auch in Eckau nicht mehr sei, sondern sich mit allen Truppen auf die Straße von Annaburg nach Mitau
183
gezogen habe, beschloß er sogleich ihm nachzugehen und seine Vor theile zu verfolgen. Gefecht am Garossenkrug den 1. October.
Während die Cavallerie der Avantgarde nun den zurück gehenden Feind lebhaft trieb , stieß sie am Garossenkrug , unweit des Einflusses der Garosse in die Aa, auf ernstlichen Widerstand. Der Feind hatte die daselbst befindliche Brücke über die Garoſſe nebst den anliegenden Gehöften stark besetzt, und es entspann sich um deren Beſiß allmälig ein sehr hartnäckiges und blutiges Ge fecht, welches von den Ruſſen mit allen Vortheilen der Stellung durchgeführt wurde.
Erst spät in der Nacht veranlaßte die An
kunft des Oberſten v. Hünerbein auf dem rechten Ufer der Ga rosse, mit den Schüßenzügen des Füsilier - Bataillons und einem polnischen Bataillon, den Rückzug der Ruſſen. Die Avantgarde bezog ein Bivouac am Kruge; das Füsilier Bataillon hatte einen Verlust von 10 Mann todt, 6 Officiere und 41 Mann verwundet, 17 Gemeine gefangen und vermißt. Die beiden Musketier = Bataillone passirten mittelst einer Laufbrücke wieder die Aa und wandten sich gegen Mitau , wo man den Feind
noch
vermuthete.
Nach sehr
beschwerlichem
Marsche, meist durch unwegsame fumpfige Waldungen, kam man spät in der Nacht vor Mitau an ; der Feind hatte indeſſen in Folge des Gefechts am Garoffenkrug die Stadt in solcher Eile verlaſſen, daß an eine Möglichkeit des Einholens nicht mehr ge dacht werden konnte. vouac bei Zennhof. -
Die beiden Bataillone bezogen einen Bi
Die Reſultate dieser mehrtägigen Gefechte waren der ent schiedene Rückzug der Russen nach Riga , etwa 2500 Gefangene, und die Gewißheit, daß man dem Feinde moralisch überlegen sei. Der preußische Verlust war verhältnißmäßig gering ; er bestand beim Regiment in 21 Todten ( meist Füsiliere) , 10 Officieren,
184
11 Unterofficieren, 1 Spielmann, 129 Mann an Verwundeten, und 1 Officier (Lieutenant v. d. Horst), 2 Unterofficieren, 37 Ge meinen an Gefangenen und Vermißten. Der Marschall Macdonald befahl, daß die Truppen die vor dem 27. September innegehabten Stellungen wieder einnehmen follten *) . Die beiden Musketier - Bataillone vom 2. October bis 19. December 1812. Die beiden Bataillone verblieben bis zum 5. October im Lager bei Zennhof und wurden dann nach Mitau auf einige Tage zur Erholung einquartiert , was ihnen nach den Beschwer den und Entbehrungen der lezten Zeit sehr wohl that. Hierauf wechselte der Aufenthalt bis am 17 ten das 1. Bataillon nach Zennhof und das 2. nach Paulsgnade rückte.
In Folge einer
Nachricht, daß russische Kanonenböte die Aa aufwärts bis Wol gund ( 1 , Meilen
von Mitau )
gesegelt seien ,
ließ General
v. Kleist am Abend des 17. October zwei kleine Colonnen auf brechen, um jene zu überfallen.
Das 2. Bataillon hatte bei der
einen die Avantgarde. Nachdem man die ganze Nacht hindurch unter der sehr unsicheren Führung eines Officiers vom Stabe den unwegsamen Wald nach allen Richtungen durchkreuzt hatte, erreichte man am hellen Tage das Freie, und betrat die sumpfige Niederung der Aa. der Fluß und
In der Entfernung von 500 Schritten waren
die Böte deutlich zu sehen.
Das 2. Bataillon
schickte sogleich die Schüßen vor, die sich mit höchster Anstrengung durch das für geschlossene Maſſen ganz ungangbare Terrain zu winden suchten.
Als nun auch 4 Geſchüße auf einer trockenen
Stelle zum Aufmarsch und Feuern kamen , spannten die Ruſſen
*) Ueber diese Vorgänge sind nachzulesen die Betrachtungen des Generals v. Seydlig, in seinem Werke 2. Band. S. 100-105.
185
die Segel auf und fuhren davon, nachdem sie einige Kugeln schweren Calibers, ohne Schaden zu thun, herüber geschickt hatten. Das 1. Bataillon rückte am 20. October in die Stellung
am Holländerkrug , welche noch durch 2 Compagnien des Regi ments Nr. 6 verstärkt wurden.
Major v. Zielinski betrieb hier
einen sehr strengen und tüchtigen Vorpostendienst, und dies war jetzt, bei der eingetretenen strengen Kälte , eine sehr angreifende Leistung.
Zum Glück waren die Leute des Regiments gut be
kleidet , und besonders noch mit Tuchhofen versehen ; bekanntlich hatten schlesische Bataillone solche noch nicht erhalten und litten deshalb viel in ihren zum Theil verbrauchten leinenen Hosen. Das 2. Bataillon kam zur Reserve ins Lager bei Bergfriede, mit den ostpreußischen Jägern, und dem Füſilier - Bataillon 6. Re giments. Hier war es, wo zwischen den Jägern und unsern Leuten eine innige herzliche Kameradschaft begründet wurde. Es war die Nachahmung des guten Beispiels ,
welches
die Officier - Corps
gaben, welche , in demselben Hause wohnend , Freude und Leid, Sorgen und Belustigungen theilten. ſuchte man ,
Im Lager beim 1. Bataillon
so gut es ging , sich vor der Kälte Schuß zu ver
schaffen ; die Hütten wurden in die Erde gegraben, Kamine und auch wohl gefundene Fenster darin angebracht. deshalb sehr beschwerlich ,
Der Dienst war
weil außergewöhnlich viel und weit
vorgeschobene Feldwachen gegeben werden mußten , krummen Wegen
nach allen Richtungen
einigermaßen zu bewachen. 4 Nächten auf Wache.
um die von
durchzogenen Forsten
Die Officiere kamen mit 3 oder
Der tägliche Dienſt erheischte 6 Officiere,
28 Unterofficiere und ca. 300 Mann, von 6 Compagnien.
War
schon früher große Aufmerkſamkeit nöthig gewesen, wo doch Grä ben und naſſe Wiesen Deckungspuncte gaben , so mußte ſie jeßt verdoppelt werden , wo alle diese Hindernisse durch den Frost gangbar wurden. Mancher ging so verloren , aber für Alle war es eine treffliche Schule im kleinen Kriege. Einigermaßen wurde
186
den Leiden abgeholfen ,
als den Truppen 3500 Pelze zur Ver
theilung überwiesen werden konnten, obgleich sich mit ihnen auch lästige Gäste einfanden. In den ersten Tagen des November besuchte Marschall Macdonald das Lager am Holländerkrug, sowie dessen Feldwachen und Posten. Ein Officier seines Stabes mußte den Dolmetscher machen; es kam nach vielem Hin- und Herfragen endlich zum Vorschein, daß der Marschall der Ansicht sei , den Leuten würde doppelte Portion gegeben. Davon war nie die Rede gewesen, und auch der Marschall zeigte sich sehr entrüstet, - aber es ver blieb beim Alten.
Da die Adminiſtration ganz in den Händen
französischer Beamten war , so konnte man auch wenig für eine Besserung thun ; schlechtes Brod, russische Grüße und Rindfleisch blieb die tägliche Kost. In Folge wiederholter
Anträge
des
Major v. Zielinski
wurde endlich am 1. December das Regiment vom Vorposten dienst abgelöst und in die Reserve bei Zukauschen geschickt. Kälte wurde fast unerträglich.
Die
Für eine geraume Zeit hörte im
Lager jede Correspondenz mit der Feder auf, da die Tinte ge fror — und dieser gesegnete Zustand scheint keine gefährlichen Folgen gehabt zu haben , es müßte denn mit Bleistift nachgeholt worden sein.
Ab und zu brannte eine Hütte ab ,
was zu den
Abwechselungen gehörte und die Lagerneuigkeiten angenehm ver mehrte.
Daß unter solchen Verhältnissen der Soldat eine sehr
ungewöhnliche Außenseite darbot , war natürlich. Ungewaschen, denn es gab nur Eis, - unrasirt, ――― vom Rauche geschwärzt, mit langem Bart in einen Schafpelz gehüllt, die Ohren mit Pelz streifen bedeckt, nahm er ein Ansehen von Wildheit an, was wegen der Originalität oft keinen ungünſtigen Eindruck machte. Glücklicher Weise hatte das Regiment verhältnißmäßig Kranke;
wenig
es ist auch hierin ein Beweis des guten Zustandes in
disciplinarischer Hinsicht zu finden.
Zucht, Ordnung, unbedingter
187
Gehorsam wurden nie vermißt.
Die gemeinschaftliche Existenz
hatte Vorgesetzte und Untergebene so einander genähert, daß das wahrhafte Gefühl der Kameradschaft bei einem Jeden beſſere Er folge hatte, als alle Strenge und Strafen.
Troß dem, daß das
Leben im Lager bei Zukauschen im Ganzen ein sehr elendes war, so hielt doch die Ehre und die Hoffnung Alles zuſammen. Das Füsilier- Bataillon vom 2. October bis 19. December. Nach den Gefechten bei Mesothen und dem Garoſſenkrug wurde das Füsilier - Bataillon dem Detachement des Obersten v. Horn, bestehend aus :
2 Musketier - Bataillonen Regiment Nr. 2 ; 2
"1
11
"1
Nr. 5;
Füsilier - Bataillon Leib - Regiment Nr. 4 ; "
"1
Regiment Nr. 7 ;
4 Escadrons Dragoner Nr. 1 ; 2 Nr. 2; "1 11 1 reitende Batterie, 1 Fuß zugetheilt, und rückte ſomit am 15. October gegen Dahlenkirchen, gemäß dem Befehl des Marschalls, wieder vor. bestand
An diesem Tage
es ein kurzes aber glückliches Gefecht gegen feindliche
Cavallerie, welche durch die Vorpostenkette gebrochen war.
Am
23. October kam es in das Hüttenlager bei Eckau , wo es bis zum Abmarsch blieb und aus dem es sich nur zu beſondern Un ternehmungen zu entfernen hatte. Auch hier wurden der Vorpostendienſt und kleine Krieg mit dem Eifer geführt, wie es der verschlagene, unternehmende Feind sowohl, als das durchschnittene Terrain bedingten. ment hatte 3 Officier - Feldwachen zu beseßen , den Sillenkrug und die Brücke bei Samsonkrug.
Das Detache den Jurrakrug,
Die ausgerückten
Truppen blieben immer 48 Stunden im Dienst , und hatten so,
188
bei täglichen kleinen Neckereien mit dem Feinde ,
Gelegenheit,
seine Gebräuche kennen zu lernen. Man wußte bald, daß es impracticables Terrain nicht mehr gab; daß man an 6 Tagen in der Woche keine Stunde vor Ueberfällen sicher sei , dagegen Freitags die Aufmerksamkeit ver doppelt werden mußte, weil am Donnerstag die Ruſſen die Brannt weinsration für die Woche erhielten, und sie dann besonders auf geregt und unternehmend wurden.
In dieser Zeit erhielt der
brave Major v. Reuß wegen Invalidität den nachgesuchten Ab schied; Major v. d. Golt *) übernahm das Commando des Ba taillons. Die Geschichte des Bataillons in dieser Zeit ist reicher an größeren Ereigniſſen.
Gefecht am Samſonkrug, den 29. October. Der Lieutenant v. Wohna **) hatte die Feldwache an der Brücke vorwärts des Kruges , Major v. d . Golt ſtand mit der 9. und 11. Compagnie als Soutien im Lager dahinter, als am 28. October sich ein russischer Officier als Parlamentair bei den Vorposten einfand und zur Feldwache, mit verbundenen Augen, geführt ward. Er zeigte sich hier den Preußen sehr freundlich ge sinnt, veröffentlichte mehrere gedruckte Blätter über den Zustand der großen Armee, und ersuchte um deren Verbreitung.
Da sich
aber weiter fein officieller Zweck seines Erscheinens herausstellte, so wurde er sammt seiner Schriften zurückgewiesen. Gegen den Morgen des anderen Tages nun entsendete Lieu tenant v. Wohna eine Patrouille von 4 Füsilieren und 4 Dra gonern auf die Straße nach Riga. Kaum waren diese Leute eine *) Zuleßt Commandeur des 12. Reſerve - Regiments ; starb in der Schlacht an der Kazbach. **) Zuleßt Major und Commandeur im 12. Landwehr- Regiment ; starb als Oberst - Lieutenant a. D. zu Berlin.
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Viertelstunde fort, als die Dragoner mit verhängtem Zügel zurück gejagt kamen und den Anmarsch starker feindlicher Cavallerie mel deten. Die Feldwache stellte sich zwar sogleich zur Vertheidigung der Brücke auf, aber ein Schwarm von Kosacken, denen 2 Escadrons Husaren folgten, paſſirte eine Fuhrt durch den, vor der Vorposten linie sich schlängelnden Bach und trabte gegen den Krug vor. Glücklicher Weise war das Soutien schon durch das Schie ßen der Füsiliere allarmirt , und Major v. d. Golz stand eben im Begriff, zur Unterstützung der Feldwache vorzugehen , als er sich auch schon von der feindlichen Cavallerie umschwärmt sah. Die beiden Compagnien formirten ein Carree , und ließen , ohne zu feuern , den Feind bis auf 60 Schritt herankommen. Hier stuzte er; die Feldwache erreichte im vollen Laufe das Soutien und wurde, merkwürdiger Weise, vom Feinde nicht im Mindeſten dabei belästigt. Da man sich jetzt so nahe gegenüber stand, die Ruſſen auch keine Anstalten zum Angriff weiter machten ,
so befahl Major
v. d. Golk, daß einzelne gute Schüßen die feindlichen Officiere und vordersten Reiter herunterschießen sollten.
Dies ließen sich
die Russen ruhig gefallen, denn bei der Standhaftigkeit der Füſi liere mochte ihnen das Umkehren wohl auch nicht minder gefähr lich erscheinen. Während so ab und zu ein Schuß fiel, das Pferd des Majors v. d. Golg unruhig ,
wurde
und warf seinen
Reiter so unglücklich ab , daß dieser nicht allein vom Sturze be täubt wurde, sondern auch einen Arm brach.
Das Pferd schlug
darauf so heftig aus , daß es aus dem Carree gejagt werden mußte. Wiehernd und in tollen Sägen beschrieb es einen weiten Bogen und fand sich dann, nach einer von den Ruſſen vergeblich angestellten Jagd, wieder bei den Füsilieren ein. Während dieses Auftritts war eine Art Waffenruhe einge treten, die auch vielleicht noch länger gedauert hätte, wenn nicht das Geräusch von Kanonenrädern und der Tritt geschlossener In
190
fanterie, auf der Straße von Riga, zum Abmarsch gemahnt hätten. Bis zu diesem Augenblick hatten die 40 Dragoner des Soutiens keinen Versuch gemacht, mit der feindlichen Cavallerie anzubinden ; es wäre ganz unnüß gewesen ; sie standen verdeckt hinter einem Gehöfte und ließen die Ruſſen in Ungewißheit über ihre Stärke. Jezt aber kam glücklich zur Zeit ihre Ablösung herangetrabt ; und . die nur 80 Pferde starke Abtheilung rückte an die Füſiliere, zur Deckung des Rückzugs, heran ; vom Lager vor Eckau ertönte das Signalhorn, - die Hülfe war nicht mehr fern , aber noch sollte die Prüfung fortdauern. Der Feind brachte 3 Geschüße vor, ließ sie auf 300 Schritt vom Carree abproßen und das Feuer beginnen.
Eine Granate
fiel so unglücklich in die dichte Maſſe, daß sie beim Zerspringen 10 Füsiliere verwundete.
Von der Artillerie beschoffen, ging nun
der Rückzug des kleinen Häufleins vor sich ,
bis die von Eckau
herbeigeführte Unterſtüßung das Gefecht aufnehmen und den Feind zurückweisen konnte. Die frühere Stellung am Samfonkrug wurde wieder ein genommen. Dieses merkwürdige Gefecht hatte glücklicher Weiſe großen Verluste zur Folge.
keine
Es fielen 3 Füsiliere ; verwundet
wurden 1 Officier, Lieutenant v. Schack *), 13 Mann ; gefangen der Portepee - Fähnrich v. Homeyer und 4 Mann. Major v. d. Golk war von den Leuten nicht im Stich gelassen , sondern aus dem Gefecht getragen worden.
Die auf Patrouille geschickten 4 Mann
kamen am andern Tage, ganz mit Schlamm bedeckt und unkennt lich geworden , mit Gewehr und vollem Gepäck zu ihrer Com pagnie zurück und meldeten ſich ſtreng dienſtlich „ von Patrouille zurück". Sie waren, von Kosacken verfolgt, gezwungen gewesen, sich in einen Sumpf zu retten, wo jene ihnen nicht folgen konnten. —
*) Jept commandirender General des 4. Armeecorps.
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Die Kameraden empfingen sie mit großem Jubel.
Einige Tage
später, und der Frost hätte ihnen diese Zuflucht versperrt, wie er am 10. November that. Der Lieutenant v. Lüderitz, welcher am Jurrakrug mit 16 Füsilieren die Feldwache hatte, wurde nämlich mit ihr gefangen.
Die Gewässer und Moräste waren alle fest
zugefroren und jener Poſten ganz unhaltbar gemacht.
Die Ruſſen
hatten an 100 Mann zu diesem Ueberfall verwendet und so geschickt operirt, daß die ganze Sache ohne einen Schuß abge macht war *).
*) Am 31. October gab General v. Yorck folgenden Tagesbefehl : " Der General der Infanterie v. Grawert, der durch Uebernahme des Ober "1 commandos bei Eröffnung dieses Feldzuges im hohen Alter noch dem Vater " lande seine Kräfte willig opferte, der mit der höchsten Anstrengung zur Her ,,stellung des alten preußischen Waffenruhms das mobile Corps mit Weisheit „ und Kenntniß zum Siege führte, deſſen Andenken daher auch uns und unferen „Nachkommen unvergeßlich sein wird , hat von des Königs Majestät auf sein ,,Ansuchen die Erlaubniß erhalten, nach Schlesien zurückzugehen, um seine ganz " zerrüttete Gesundheit herzustellen , und ist auf sein Verlangen des Obercom= „ mandos über das Corps gnädigst entbunden worden.“ " Schon früher hatte derselbe folgende Bekanntmachung an das Corps ent ,,worfen, welches zum bleibenden Andenken dieses unter den Waffen ergrauten Helden hiermit auszugsweise zur Kenntniß des Corps gebracht wird. v. Yorck." „ Ihr edlen preußischen Krieger, die Ihr mit mir ins Feld zoget, um das „ wichtige Ziel zu erringen, welches unser geliebter, theuerster König zu erreichen „ beabsichtigt ! glücklich sind wir bisher auf diesem Wege vorgeschritten, und ganz offenbar hat der Herr der Heerschaaren unsere Fahnen begleitet, indem gerade zu der Zeit, als eine empfindliche Zerstückelung unserer Streitkräfte uns wenig „ Hoffnung einflößte , wir am 19. Juli zu der so wichtigen Stellung uns die „ Bahn brachen , die gleich darauf eingenommen und seitdem durch faſt täglich ,, fortgesezte rühmliche Gefechte bis auf diesen Augenblick von uns behauptet ",,worden ist." " Mit dieser Stellung, welche der Schlüſſel von Kurland gegen das dieſes ", Herzogthum bedrohende Riga ist , haben wir uns den Besiß dieser ganzen " schönen Provinz für den Feldzug zugeeignet, auf deren Hülfsquellen die Aus
192
Gefechte bei Baldohnen und Dahlenkirchen am 15. November. Der Marschall Macdonald besuchte in dieser Zeit die Trup pen des Oberst v. Hünerbein, zu denen auch das Detachement des ,,führung der ferneren Pläne , welche der große Kaiser und Feldherr, unſeres " Königs erhabener Alliirter, eingeschritten ist, vorzüglich mitberuhet. “ ,, Euer Vorarbeiten, Euer in so vielen Gefechten bewiesener Heldenmuth „haben diese Pläne erreichen helfen, und der Lohn der Helden wird Euch durch „ den Dank des Vaterlandes und das frohe Bewußtsein der Pflichterfüllung.“ ,,Möge Euch, meine Waffenbrüder, dieses belehren, daß überwiegende Gründe ,,und wichtige Motive Euch gerade diese Aufgabe zutheilen und die bisher dar " gebrachten theuren Opfer von uns forderten, die wir zwar betrauern, die wir " aber, so lange eine Kriegsgeschichte fortdauert und so lange Eckau, St. Olai, „Wolgeno , Dahlenkirchen sc. ihre Namen und Stellen behalten , unvergeßlich "1 bleiben werden." " Leider kann ich Euch nicht ferner auf der Bahn des Ruhms begleiten, "I da meine Körper- und Geisteskräfte durch Alter, Krankheit, Wunden und Hin "1‚fälligkeit mancher Art gelähmt, und ich durchaus gezwungen worden, das mir „ Allerhöchst anvertraute Commando in die Hände meines , von des Königs „ Majeſtät dazu bestimmten Nachfolgers zu legen.“ ", Wenn Ihr Euch ebenso ungern von mir trennt, als ich mich von Euch „ trenne, wird mir dies noch in meinen leßten Tagen zur Satisfaction gereichen, „ und füge ich mich froh in den Willen des Herrn der Natur , der in seiner " ewigen Weisheit allen Kräften Grenzen gestellt hat. Die Grenzen der meinen " finde ich über alle Ansprüche erweitert, wenn ich erwäge, daß, als ich in eben „ dieſen Monaten Juli und Auguſt des Jahres 1759 meine ersten Schlachten bei „ Kay und Kunersdorf beiwohnte, damals die Großväter derjenigen Ruſſen, die „ heute vor uns stehen, sich mir gegenüber befanden, ich demnach einen Zeitraum " ,,von drei Geschlechtsfolgen unter den Waffen gestanden und in dieser Zeit allen " ,,unseren Kriegen in höchst anstrengenden Wirkungskreisen beigewohnt habe. " "I Mögen Viele von Euch, meine Brüder, sich am Ende Ihrer kriegerischen „ Laufbahn eines ähnlichen Glückes erfreuen ! mögen all Eure Kräfte dem Dienst „ für König und Vaterland gewidmet und für dieſen Dienſt geſegnet sein, ſo " wird Preußens Flor und seines erhabenen Beherrschers Ruhm bis zu der „ Höhe emporsteigen , welche erstreben zu helfen ich nach dem Zeugnisse meines " Gewissens Lebens lang bemüht gewesen bin. v. Grawert. " Mitau, den 10. September 1812.
193
Oberst v. Horn gehörte, und konnte sich, wie gewöhnlich, in Lobes erhebungen nicht erschöpfen. Am 31. October, wo er nach Eckau gekommen war, hatte der Oberst Hünerbein den Wunsch ausge sprochen, den heutigen Geburtstag des Oberst v. Horn durch einen allgemeinen Angriff auf die russischen Vorposten zu feiern, welche von Tag zu Tag lästiger und verwegener wurden.
Der Marschall
mochte nicht darauf eingehen , und im preußischen Stabsquartier ärgerte man sich über die gezwungene Unthätigkeit. Da erschien plötzlich am 11. November ein junger franzöſi scher General Bachelu, welcher sich, wie es scheint, Lorbeeren ver dienen sollte , in Eckau und ward mit dem Commando über die dort anwesenden Truppen betraut.
Er mochte dem Oberst keine
angenehme Erscheinung sein , wußte aber sich in gutes Einver nehmen mit ihm zu sehen, so daß der eigentliche Zweck doch er reicht ward.
Am 14. November traf auch der Marschall ein und
gab den Befehl zu einem Angriff auf die russischen Vorposten für den 15. November.
Die Truppen erhielten folgende Eintheilung
1. Colonne : Oberst v. Horn. Avantgarde : Major v. Cofel.
4 Escadrons Husaren - Regiments Nr. 1 ; 2 Escadrons Dragoner; das Leib - Füsilier - Bataillon ; Füsilier - Bataillon Nr. 7 ; 4 reitende Geschüße. Gros : 2 Bataillone Regiments Nr. 2 ; 2 Bataillone Regiments Nr. 5 ;
3 Escadrons Dragoner ; 1 Fuß- und
reitende Batterie.
2. Colonne : Oberst v. Hünerbein. 3 polnische Batterien ; 1 Escadron Dragoner;
polnische Batterie. 13
194
Der Vormarsch gegen Riga sollte auf 3 Straßen , nämlich über Plakahn, Tomoszna und Baldohn in der Art geschehen, daß während die Colonne gegen Baldohn vorginge, die anderen Stra ßen durch Detachements beobachtet würden.
Die Avantgarde stieß
hinter der Schöpping - Mühle auf feindliche Vorposten. Die Spitzen des Leib - Füsilier - Bataillons und der Husaren griffen an und machten ohne vielen Aufwand 1 Officier und 50 Mann Gefan gene.
Während des Weitermarsches umgingen die Schüßen des
Füsilier - Bataillons Nr. 7 das Amt Baldohn und machten dort ebenfalls 1 Officier und 70 Mann Gefangene.
Der Feind wich
überall zurück, entwickelte aber endlich beim Klapperkrug 3 Ba taillone und einige Geschüße und schien Stand halten zu wollen. Doch auch hier munter von den Schützen der beiden Füsilier Bataillone angegriffen, zog er sich unter Zurücklaſſung von etwa 80 Gefangenen weiter zurück bis zum Kreuzungspunkt der Stra ßen von Tomoszna und Baldohn nach Riga, wo er ein Repli von mehreren Bataillonen und 4 Geschüßen hatte und seine De tachements sammeln wollte. Oberst v. Horn war der Ansicht, sofort anzugreifen, um jene Vereinigung des Feindes zu hindern ; General Bachelu zog es aber vor, zu kanoniren. Dies Geschüßfeuer füllte die Pauſe des Gefechts auf unangenehme Weise aus, bis endlich der Feind, nach Erreichung seines Zwecks , hinter die neue Mühle an der Keckau zurückging. Es wurden Vorposten ausgesetzt,
Dahlenkirchen beſeßt und man
ruhte auf den Lorbeeren des Tages. Am folgenden Tage, den 16. November, sollte nun eine grö Bere Recognoscirung gegen Riga unternommen werden und dazu wurde ein Detachement formirt, bestehend aus : den Schüßenzügen des Leib - Füsilier - Bataillons, den Schüßenzügen des Füsilier - Bataillons Nr. 7, 1 Escadron Dragoner, 20 Huſaren und 4 reitenden Geschützen
195 unter dem Rittmeister v. Müller , denen die Colonne des Oberst v. Horn als Soutien dienen sollte, während das Füsilier-Bataillon eine Insel in der Düna besezte. Der Rittmeister v. Müller ging gegen die neue Mühle vor ; der Feind ließ sich verleiten, alle seine Truppen zu entwickeln und zu zeigen , und da er bedeutend überlegen war , konnte an ein weiteres Vorgehen nicht gedacht werden.
Nach einigen Kanonen
schüssen zog sich Rittmeister v. Müller zurück, und die Truppen gingen ins Bivouac bei Dahlenkirchen , nachdem Vorposten aus gesetzt waren. Die Ruſſen, einmal aufgescheucht , blieben munter, und das Schießen in der Postenlinie nahm am Tage kein Ende. - Oberst v. Horn, seiner Gewohnheit nach, immer in den vordersten Reihen, hatte beim rothen Krug durch eine Kanonen kugel seinen schönen Fuchs verloren, war aber immer im Gefecht geblieben und hatte zu Fuß den Seinen den Weg gezeigt *) .
Der
*) Ein Brief des alten Helden an einen Freund über diesen Tag ist zu charakteristisch, als daß wir ihn nicht hier veröffentlichen sollten. " Erlauben Sie nun , daß ich mit wenig Worten sagen darf, daß mein „Detachement in der Nacht vom 15 ten zum 16 ten aus Eckau aufbrach , um „den Feind über Plakahn, Gallenkrug und Baldohn anzugreifen. Jenes waren „aber nur Fauſſe - Attaquen , jede mit 1 Bataillon ; ich ging über Baldohn. „Von der ersten Feldwacht an schmiß ich Alles über den Haufen, und verfolgte „den Feind sehr rasch bis zu den Dahlenkirchener Höhen , wo er eine gute „Stellung und 6 Kanonen aufgefahren hatte , und mich zu beschießen anfing. „Da ich aber die Wege und Stege in dieser Gegend vielleicht beſſer als der „Feind kenne, so benußte ich dies, ein Bataillon durch ein jeßt gefrorenes Bruch „gehen zu laſſen und die Höhen im Rücken anzugreifen. Meine 12 Kanonen „brachten die russische Batterie bald zum Schweigen und meine Bewegung den „Feind zum Weichen , und so ging die Jagd bis hinter Dahlenkirchen gegen „die neue Mühle fort. Am rothen Kruge hatte der Feind ein Magazin von „24 Tonnen Pökelfleisch, Branntwein und Brod, welches er verbrennen wollte, „allein unſere Cavallerie und Tirailleurs waren ihm so auf den Hacken , daß „uns dieſe Vivres in die Hände fielen . 13 *
196
Marschall Macdonald ließ ihm
am anderen Tage ein ausge
zeichnet schönes Thier , Isabelle, als Geschenk zuführen , welches später im Regiment unter dem Namen des "1 Gelben " bekannt war. Am 23. November erkannte der Marschall noch außerdem durch seinen Tagesbefehl die Verdienste der Führer und Trup pen an.
!!..... Der Feind hatte die Unvorsichtigkeit gehabt ,
mit 9
,,bis 10 Bataillonen , mehreren Kanonen und Schwadronen auf
11 der rechten Flanke des Lagers bei Eckau vorzugehen.
"1 lenz haben diese Unvorsichtigkeit benußt. unterstüßt durch die Brigadiers
Se. Excel
Der General Bachelu,
v. Hünerbein
und v. Horn,
„ ist auf Baldohn und Dahlenkirchen marschirt , um den linken ??„ Flügel des Feindes von Riga zu trennen.
Dem Brigadier
„ Oberst v. Horn , welcher sich nach seiner Gewohnheit „bei den Tirailleurs aufhielt ,
ist ein Pferd unter dem
„ Leibe erschossen, wobei er beim Sturz eine starke Contusion er „ hielt, die diesen braven Militär indeß nicht abhalten konnte, an „ die Spitze seiner Truppen zurückzukehren. . . . . . “ Eine solche Anerkennung von Seiten des kriegs- und krie gerkundigen Marschalls ist,
unsers Wiſſens , keinem Andern zu
Theil geworden. Der Verlust des Bataillons bestand in 1 Todten und 12 „Wir blieben in Dahlenkirchen Nachts und ich logirte mit General Bachelu „in der Sacristei und 1 Bataillon in der Kirche. Den Tag darauf machten „wir eine kleine Recognoscirung ; der Feind stand hinter der neuen Mühle und „hatte 2 Batterien 12 Pfünder , womit er uns sehr beschoß ; ſo traten wir die „Retraite an. Mir selbst wurde ein Pferd unter dem Leibe erschossen; es war „nahe daran , daß ich selbst blieb , aber ich bin mit einem guten Pferde und „einer Contusion davon gekommen. . . . . .“ Als der Marschall Macdonald in der Schlacht an der Kaßbach den Ober ften auf seinem Pferde wiedererkannte , machte er seine Umgebung darauf auf merksam : „ Jener preußische Officier da reitet meine Isabelle , es ist der brave „Horn! "
197
Verwundeten; am 18. November ging es wieder ins Lager bei Tomoszna und am 21ten nach Eckau zurück.
Es war dies das letzte bedeutendere Gefecht in diesem Feld zuge; die Truppen richteten sich nunmehr ganz für den immer strenger werdenden Winter ein. Die Einförmigkeit des Dienstes ward nur durch die nach und nach anlangenden Allerhöchsten Be lohnungen verschönert, welche für Auszeichnungen in den Gefech ten bei Mesothen u. s. w. gegeben wurden.
11 Des Königs Ma
, jestät," sagt der Befehl vom 1. November , "1 darüber die aller ,,lebhaftefte Freude
auszudrücken ,
„ Truppen auch in den,
daß Allerhöchst Dero brave
vom 26 ten vorigen Monats bis zum
,, 1ten dieses Monats stattgefundenen hartnäckigen Gefechten durch „ muſterhafte Tapferkeit wieder den alten preußischen Ruhm be „ währt und durch ihre Ausdauer in der Entbehrung mancher
11 Bedürfnisse sich neue Ansprüche
auf die hohe Achtung ihrer "1
„ Waffenbrüder und der Alliirten erworben haben. " ..... Allen übrigen Stabsofficieren, namentlich den Majors v. Reuß, v. Schmalensee, v. Steinmetz, v. Zielinski ....... ver „ sichern Se. Majestät ihre völlige Zufriedenheit. “ „ Hiernächst
verleihen
Se. Majestät
noch auf verschiedene
„ Vorschläge den Verdienstorden : . . . . . . . . . . dem Capitain v. Guß ,,merow, dem Stabs - Capitain v. Bose, und dem Seconde - Lieute nant v. Schack, vom Füsilier - Bataillon Nr. 4 ; "1 Se. Majestät
auch befördern
.... bei dem Leib - Infanterie - Regiment den
11,, Portepee - Fähnrich v. Homeyer .
zu Seconde - Lieutenants."
,,Sodann wollen Se. Majestät den nachbenannten Officieren „über ihr bewiesenes rühmliches Verhalten Ihre Allerhöchste Zu ,,friedenheit zu erkennen geben, als ......, dem Capitain v. Ke ,,steloot und dem Lieutenant v. Lilieström des Leib - Füsilier - Ba ,, taillons. " "1, Außer dieſem bewilligen Se. Majestät noch
dem
198
„ Füsilier - Bataillon
Nr. 4,
10
Stück
Militair - Ehrenzeichen
,,2. Klasse..." Durch Befehl vom 12. November wurde ferner die Cabi netsordre bekannt, wonach der Seconde - Lieutenant v. Lilieſtröm, da er sich in den letzten Gefechten zum zweiten Male ausgezeichnet habe, den Verdienstorden erhielt, und dem Lieutenant v. Neander, so wie den Unterofficieren v. Gabain und Hartfiel und dem Fü silier Mörs des Füſilier - Bataillons die Allerhöchste Zufriedenheit zu erkennen gegeben ward.
Ein gleiches geschah am 24. Novem
ber den Unterofficieren Lubahn ,
Gebhardt und den Füsilieren
Meisner, Wolter 2, Gottfried Schulz 3, Ziltin, Bohne, Köhn, Schwanbeck, Germann und Kaffka. Auch der Oberst v. Horn ging nicht leer aus, wie aus der Cabinetsordre vom 1. December zu ersehen ist : „ Ich habe aus der Relation des Obersten v. Horn ersehen, „ daß derselbe in dem leßten Gefecht ein Pferd verloren hat, und „ will ihm die Wiederanschaffung desselben durch ein Geschenk ,, von 200 Thalern erleichtern , welches die General - Militair „ Kasse ihm zahlen wird.
Ich trage Ihnen auf, solches
dem
„ Oberst v. Horn bekannt zu machen und ihm dabei zugleich über ,,seine Anstrengung bei Anführung der ihm untergebenen Truppen 11 „ meine Zufriedenheit zu bezeigen . ' Auch durch Beförderungen ward das Regiment belohnt. Am 7. December wurden die Stabs - Capitains v. Bose und v. Die bitsch zu Premier- Capitains , der Stabs- Capitain v. Loucadou zum Capagnie - Chef, die Premier - Lieutenants v. Holleben und v. Rexin zu Stabs- Capitains, der Seconde - Lieutenant v. Schenk zum Premier-Lieutenant, und die Portepee-Fähnriche v. Eberhardt und Graf Lüttichau zu Seconde - Lieutenants ( mit dem Range vor dem inzwischen gefangenen Lieutenant v. Homeyer) ernannt. Der Major v. Beyer vom Grenadier - Bataillon sollte zum Commando eines Bataillons im Regiment übergehen , während
199
der vielfach ausgezeichnete Capitain v. Gußmerow das Commando des Füsilier - Bataillons einstweilen erhielt. Endlich wurden noch gegen Ende December die Hauptleute v . Guzmerow, v . Kesteloot und v. Lucadou , so wie der Lieutenant v. Neander , unter Vorbehalt der weiteren Belohnung , öffentlich belobt, und die Füsiliere Mörs, Moldenhauer, Rielke und Schwabe mit dem Ehrenzeichen 2. Klasse begnadigt.
Der glückliche Ausgang des Feldzugs von 1812 hat einen freundlichen Schimmer über das Ende dieses Jahres , wie den Anfang von 1813 verbreitet und die dunkeln Stellen jener Zeit mit erwärmendem Lichte beleuchtet. ger dieses Ereignisses waren , deutlich zu entsinnen.
Aber diejenigen, welche Trä
wissen sich jener dunkeln Stellen
Allmälig begannen auch die härtesten Na
turen den Einfluß der unaufhörlichen Aufregungen und Nacht wachen, der Entbehrungen und Leiden zu
empfinden .
Hierzu
kam die seit Ende November eingetretene grauenvolle Kälte, welche tagtäglich neue Opfer verlangte.
So erfroren von der Compagnie
des 1. Bataillons, welche am 5. Decbr. die Wache bei Zukauschen. hatte, 6 Mann in einer Nacht die Nasen ;
am 12. December
mußten 38 Mann desselben Bataillons wegen erfrorener Glied maßen in das Lazareth gebracht werden.
So lange hatten sich alle
Bataillone des Regiments auf einer verhältnißmäßig bedeutenden Stärke erhalten können ; jezt aber begannen auch sie ihren Tribut zu zahlen.
Das Leib - Regiment war aus Berlin marschirt in
der dienstthuenden Stärke von 61 Officieren 2137 Unter officieren, Spielleuten und Gemeinen ; es zählte noch am 21. April am 21. Mai
am 21. Juni am 21. Juli
58 Officiere 2029 Mann ; 59 1990 11 " 61 1982 " "1 1932 62 11 "1
am 21. August 58
"1
1851
"1
200
am 21. Septbr. 57 Officiere 1944 Mann ; 1735 am 21. Octbr. 52 "1 "! am 21. Novbr. 41 1705 !! !! 1652 am 15. Decbr. 49 11 "1
wobei allerdings die meisten Verluste auf das Füsilier - Bataillon Daß Alle ein Ende der Leiden wünschten , der wirklich
kamen.
großen und die moralische Kraft erschütternden Leiden ; wer könnte es bezweifeln ;
aber sie harrten mit der
Kriegers, ohne Hoffnung, bis ans Ende.
Geduld des
ächten
Noch hatte man keine,
auch nur einigermaßen klare Nachricht von der großen Armee; das schreckliche Urtheil, welches Kälte, Hunger und der fanatisirte Patriotismus des Ruſſen über sie gesprochen hatten , war hier noch nicht laut geworden.
Allerdings wollten Einwohner von
Mitau schon etwas davon wiſſen, daß das franzöſiſche Heer ent schieden auf dem Rückzuge sei ; aber man schenkte den Gerüchten noch nicht recht Glauben, da von Oben herab sogar gefliſſentlich Alles zu längerem Bleiben angeordnet ward. Sagte doch noch der Befehl vom 18. December : „ Se. Excellenz avertiren die „ Truppen , daß übermorgen die Winterquartiere bezogen werden. ,, Da ein großer Theil des Corps selbige in und bei Mitau neh ,,men wird, so empfehlen Se. Excellenz die größte Ordnung und „ Disciplin ; vorzüglich "1„ von
den Wirthen
11‚ kann. “
aber bringen Sie in Erinnerung , daß
keine freie Beköstigung
gefordert
werden
Plößlich aber, am 19. December , erfolgte der Befehl
zum Abmarsch. Der Marschall ließ das 10. Corps in zwei Colonnen mar schiren, welche sich in den beiden ersten Tagen, nachdem alle Ba gagen schon auf Memel dirigirt waren , so formirten , daß die Division Grandjean und die in Reserve unter General - Lieutenant v. Maſſenbach bei Bergfried gestandenen Truppen zum Theil eine Colonne, die übrigen preußischen Truppen unter General v. Yorck die andere bildeten.
So kam es, daß der Regiments - Commandeur
201
Major v. Zielinski und das 1. Bataillon des Leib - Regiments, ferner 2 Bataillone der Regimenter Nr. 1 und 5, 2 Escadrons Dragoner und 1 reitende Batterie beim General v. Maſſenbach, das 2. und Füsilier - Bataillon dagegen bei der Colonne v. Yorck marschirten, bei welcher alle übrigen Truppen mit Ausnahme des Füsilier - Bataillons Nr. 3 vereint waren . Die Colonne, bei der der Marschall sich befand, zeigte gleich am ersten Tage, daß sie nicht ganz aus preußischen Truppen be stand.
Schon am 19 ten lösten sich bei der Diviſion Grandjean
die Bande der Zucht ; es trat eine Willkür ein, welche den Preu ßen unerhört war.
Theils einzeln auf Schlitten oder in ungeord
neten Haufen zog Alles heimwärts ; ganze Trupps fielen plün dernd über die armseligen Städte und Dörfer her und blieben liegen, wo es ihnen gefiel.
Bei der Colonne v. Yorck dagegen, so schwierig es auch war, den Muth aufrecht zu erhalten, blieb Alles in dem feſten Gefüge ; der General hatte die weise Anordnung getroffen , der wenigen Bagage noch Wagen mit Lebensmitteln folgen zu lassen, da man sonst Nichts gefunden hätte.
Mit der größten Geduld und Aus
dauer wurden diese Fahrzeuge durch Hülfe der Mannſchaften vor wärts gebracht, wo die Pferde nichts mehr schaffen konnten.
Aber
die Beschwerden waren groß, so groß, daß mancher Ermattete am Wege blieb. Dieser Rückzug ", schreibt ein alter Officier des Re giments, der jetzige General - Lieutenant v. Münchow, „ wird wohl „ Jedem von uns , wegen der Fatiguen und der Kälte, unvergeß ,,lich bleiben. Fast immer marschirten wir des Nachts bei 20 bis „ 24 ° Kälte; die Wege waren spiegelglatt (oder so verschneit, daß „ man kaum hindurch konnte ) alle Augenblicke stürzten Menschen " und Pferde ; Wagen schleuderten in den Abgrund und zum Ruhen ,,fanden wir Pläge mit ellenhohem Schnee, wo man, wenn man ,,lag, in den ersten 10 Minuten erstarrte.
Dabei waren die Pelze
„ der Leute schon in Feßen und zum Theil beim Feuer der Bi
202
"1‚ vouacs_verbrannt *). „ rück.
So legte man täglich 4—4½ Meilen zu
Am 3. Marschtage zog ich auf Feldwache,
Meile vom
„ Lagerplate; der Bataillons - Adjutant wollte mich und meine „ 36 Mann am anderen Morgen zum weiteren Rückmarsch ab „ rufen , vergaß es aber.
Als ich nun durch meine Patrouillen
"1‚ erfuhr , daß Alles schon fort sei , und daher schnell aufbrechen mußte, gewahrte ich Kosacken in unserer Nähe.
Doch wir er
,,reichten unangefochten das Gros, und es kann dies als Beweis
11‚ gelten, daß die Ruſſen unſere Alliance schon in Aussicht hatten, oder darauf rechneten.
Am 25. December erreichten wir Kolti
„ niony , wo wir wieder auf dem Schnee gebettet waren.
Die
„ Ruſſen ſtanden auf unserer Rückzugslinie, und wir konnten deut „ lich wahrnehmen , wie sie stärker scheinen wollten, als sie wirk ,,lich waren ; wie sie en ligne weitläufig standen und, wenn wir " gewollt , leicht zu durchbrechen waren.....
Als ich nun am
"1 Abend des 25. December im Schnee zu schlafen versuchte, machte ,, mich mein Bursche auf ein Haus hinter der Front aufmerkſam, ,,wo schon viele andere Officiere Obdach gefunden hätten.
Ich
„ ließ mich nicht lange bitten ; es fand sich trok der Ueberfülle ,,endlich auch für mich ein Plätzchen.
Kaum lag ich, die müden
„ Glieder zu laben , als ein Soldat der Stabswache nach dem „ Major v. Both rief.
Nur mit großer Mühe konnte dieser sich
,, aus dem Menschenknäuel herauswinden und seinen Anzug her „ stellen , um sich zum General v. Yorck zu begeben.
Nach etwa
11, einer halben Stunde kehrte er heim und befriedigte unſere Neu *) „ Ueber die Coſtümirung einzelner Persönlichkeiten auf „ Vord's nächt "‚ lichen Wanderungen ", wie man den Rückzug bezeichnete , lieferte unser lieber „ v. Wildermeth (starb, als Major im Generalstabe, 1829 in der Türkei, wäh ,,rend des Feldzuges der Nussen, im Hauptquartier Diebitsch's) treffende Zeich „ nungen, welche uns sehr amüsirten. Aber die Stimmung war im Allgemeinen " eine sehr gedrückte ; Mancher war in Verzweiflung , und ich höre noch, wie ",, mein Hauptmann v. Diebitsch (starb 1814 vor Paris ) ausrief: „ Wenn ich ", ein Pistol hätte, schöß ich mich todt! “
203
„ gierde mit der inhaltsschweren Bemerkung : „ Kinder, ihr werdet ,,Wunderdinge erfahren, ich muß sogleich zum russischen General „ v. Diebitſch hinüberreiten ! " Am andern Tage statt, wie geglaubt, „ früh aufzubrechen , kam der Befehl zum Abkochen ; wir traten ,,erst Nachmittag den weiteren Marsch an ; darauf erfolgte die #1,Weiſung, nicht auf die Ruſſen zu schießen, und es dauerte auch „ nicht lange, so näherten sich russische Officiere und Kosacken mit „ der Schnapsflasche.
Graf Dohna war der erste der vielen bei der
„ russisch - deutschen Legion befindlichen Officiere, welcher uns herz „ lich begrüßte..... Wer vermag unsere Gefühle und Ausrufun „ gen treu zu ſchildern ? Wir Officiere kamen nach jeder Anschauung ,,der Sache immer wieder auf die Frage zurück : „ Was wird der „ König dazu sagen ? " Denn wir wußten damals so gut als
"1, nichts von dem bei der großen Armee Vorgefallenen, wo sie war 11 und wie die Würfel des Krieges lagen ; das Corps v. Yorck „ hätte den vor sich habenden Feind mit leichter Mühe überwäl ,, tigen können." Wir müssen hier nachholen , daß dieſe Colonne am 23ten sich in zwei andere unter Yorck selbst und General v. Kleist ge theilt hatte, welche am 25 ten wieder, der entsetzlichen Wege und der Nähe des Feindes wegen, in eine zusammenfielen.
An diesem
Tage, und zwar schon bei Kiachala, traf die Colonne v. Kleist, welche die Tête genommen hatte, und bei der sich das 2. und Füfilier - Bataillon des Regiments befanden *) , auf die zwischen
122
*) Folgendes ist die authentische Marschdisposition für die Colonne des Generals v. Kleist : Füfilier - Bataillon Nr. 4; 1 Fuß- Batterie; 1. Bataillon des Regiments Nr. 1 ; 1 Fuß- Batterie; 2. Bataillon des Regiments Nr. 4 ; 1 Fuß - Batterie ; 2 Bataillone des Regiments Nr. 6 ; 2 Compagnien Jäger ; reitende Batterie ; Escadrons Dragoner Nr. 2. Aus den Acten des Kriegsarchivs.
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beide Colonnen eingeschobenen ruſſiſchen Truppen unter General v. Diebitsch.
In der Nacht, nachdem man ein Bivouac bezogen
1 und Vorposten ausgestellt hatte , fand die erste Unterredung zwi schen General v. Yorck und Diebitsch statt. des Weihnachtsfestes
Es war die Gabe
noch nicht fertig ; aber vorläufig wurden
doch die Feindseligkeiten eingestellt.
Schon am 26 ten paſſirte es,
daß ein russischer Officier mit 20 Kosacken an der Tête der preu ßischen Colonne als Wegweiser ritt.
Man kam heute bis Bar
tasziczek, am 27 ten bis Schelell ; die Bagage blieb ſo zurück, daß am 28ten wieder campirt werden mußte.
Am 29ten gelangte man
nach Tauroggen, wo ein Ruhetag gehalten ward.
Dieser Ruhetag
ist der Tag des Abſchluſſes der Convention von Tauroggen.
Wir kehren zu der Colonne des Marschalls Macdonald_zu rück.
Sie war über Szawle, Wenghowo, Koltiany marſchirt und
traf am 26ten bei der preußischen Grenze ein.
An diesem Tage
erließ der Marschall folgenden Tagesbefehl an das 10. Corps : "1 Se. Excellenz machen dem 10. Armeecorps bekannt, daß es ,,morgen in das Königreich Preußen einrücken wird.
Sie em
„ pfehlen den Soldaten der 7. Diviſion ernstlich gutes Betragen „,gegen die Einwohner und Schonung des Eigenthums derselben „ in dem Territorium eines treuen Alliirten und dem Vaterlande „ ihrer braven Waffengefährten.
Erhaltung der vorzüglichſten Ord
„ nung und Manneszucht wird das unablässige Bestreben Sr. Ex "I cellenz sein , und Sie zweifeln nicht , daß die Herren Generale
"1, und Officiere Sie mit allen Kräften unterſtüßen, alle Maßregeln „ der Vorsicht sowohl als die nöthige Strenge dazu anwenden 11 werden." Der preußische Grenz - Adler ward mit Jubel begrüßt. Preu ßische Truppen haben oft, vom Kampfe heimziehend , das alte Landeszeichen begrüßt, an diesem Tage war es auch ihr Weih nachtsgeschenk und das Fest für sie ein doppelt heiliges Fest !
205
Am 28sten rückten die Bataillone nach Tilsit. Obgleich man hier zum ersten Male seit Langem ein Zimmer betrat , so hatte man doch nichts mitgebracht als das nackte Leben ; man war abgerissen , seit Monaten ohne Tractament ; es war daher sehr erwünscht, als der Marschall eine einmonatliche Gehaltszahlung anordnete und dem dringendsten Mangel abhalf.
Die Judenschaft
in Tilſit wird sich dieses Ereignisses noch lange erinnert haben. Von der zweiten Colonne war man noch immer getrennt ; alle Versuche die Verbindung herzustellen blieben erfolglos. Für den 30. December befahl der Marschall nun eine enge Zusammen ziehung der Truppen um Tilsit.
An diesem Tage hatten aber
auch die Führer des preußischen Theils vom General v. Yorck den Befehl erhalten , ganz still Tilsit zu verlassen und sich bei Amt Bauteln ( 1½ Meile östlich von Tilſit) einzufinden.
Dies
sollte ein Geheimniß für die Mannschaften sein, und war nament lich für das 1. Bataillon eine schwierige Aufgabe ,
da es die
Wache in der Stadt und auf den Außenposten hatte und ganz zerstreut war. Jeder Officier und Unterofficier erhielt also, unter dem Siegel der Verschwiegenheit , die Weiſung , sich mit 1 seinen Leuten am anderen Morgen um 7 Uhr auf dem Allarmplag ein zufinden ; das Geheimniß wurde gut bewahrt.
Da man auf der
großen Hauptstraße nicht herausmarschiren wollte,
die Paſſage
durch den mit polnischen Truppen besezten Brückenkopf aber doch Lärm verursachen konnte, so ging man oberhalb der Stadt über den festgefrorenen Strom, nicht ohne Besorgniß, jeden Augenblick von den feindlichen Batterien beschossen zu werden. Nichts regte fich ― noch war es dunkel ; glücklich war man drüben, und der Marschall erfuhr erst den Abzug, als Alles in Sicherheit war. Leicht hätte hier das 1. Bataillon seine Fahne verlieren können.
Der Portepee-Fähnrich v. Didron *) war nicht inſtruirt
*) Starb 1852 als Oberst - Lieutenant a. D. , nachdem er bis zum Mai 1848 ununterbrochen 36 Jahre im Regiment gedient hatte.
206
worden und wußte nur, daß man aus Tilſit gehe.
So marschirte
die Fahnenfection ganz harmlos über den Brückenkopf, wo ihr noch obenein von der polnischen Wache die üblichen Honneurs erwiesen wurden.
Denselben Weg schlugen auch die Officier
und Packpferde ein, da sie über den glatten Eisspiegel nicht fort kommen konnten .
Bei Amt Bauteln vereinigten sich die preußi
schen Truppen beider Colonnen , und ein Ausbruch der Freude erfolgte über dieses glückliche Unternehmen, der nicht zu beſchreiben ist.
11 Es begann das Gefühl , daß ein unermeßlich folgenreicher
,,Schritt geschehen sei , emporschwellend neues Leben und neue „Kraft zu entzünden.“
Aber es war erst ein Schritt geschehen, der noch der könig lichen Sanction bedurfte *) .
Diese mußte erst erfolgen , ehe die
*) In Bezug auf das in Droysen's Biographie Bd . 1. S. 380 Gesagte ſei es erlaubt, hier ein paar intereſſante, im Staatsarchiv (Acten des Staats kanzlers über den Krieg 1812) vorhandene Documente anzuführen, welche noch nicht veröffentlicht worden sind. Der König von Neapel hatte von Napoleon bei seiner im November ers folgten Abreise von Wilna den Oberbefehl über die Reste der Armee erhalten, und richtete bei seinem Eintreffen in Königsberg folgendes Schreiben an König Friedrich Wilhelm III.: » Monsieur mon frère, l'Empereur, en partant pour sa capitale, daigna me » confier le commandement de la grande armée, et en entrant dans les états de >>Votre auguste Majesté, mon premier soin est de lui en donner avis. Je me » félicite d'avoir sous mes ordres des troupes de Votre Majesté ; je connais leur »n bravoure , et j'aurai bientôt, j'espère, le bonheur de pouvoir Lui annoncer de »nouveaux succès. Je ne puis me dispenser de profiter de cette circonstance "» pour donner de justes éloges à la brillante conduite que Ses régiments de >> cavalerie ont constamment tenue sous mes ordres pendant tout le cours de » cette campagne. Mr. le Major de Zieten s'est fait particulièrement distinguer. »> Je dois aussi payer un juste tribut de reconnaissance aux sujets de Votre » Majesté pour l'accueil véritablement fraternel qu'en ont reçu les troupes de >> l'Empereur et les troupes alliées ; j'en ai rendu compte à mon auguste beau " frère ; j'ai aussi à me louer des autorités de Königsberg.
207
Kraft, welche im Gemüthe des Volkes so lange schlummernd ge halten war, in einer bestimmten Richtung ihre Gewalt äußern konnte. Lange schon waren die Geister in Gährung ; der Anblick » Sire , la guerre entraîne après - elle des maux inévitables , mais je prie »Votre Majesté d'être bien convaincue que je les adoucirai , dans Ses états, >>» autant qu'il le sera eu mon pouvoir , et que je ferai tous mes efforts pour » les mettre à couvert de l'invasion de nos ennemis communs. Je serai sur >>tout heureux si je puis persuader Votre Majesté de mes sincères sentiments » d'amitié. » Sur ce, Monsieur mon frère, je prie Dieu qu'il Vous ait eu sa sainte et » digne garde. Votre affectionné frère »Königsberg le 21 Décembre 1812. Napoléon ( Murat). « Der König antwortete : » Monsieur mon frère. Je remercie infiniment Votre Majesté des sentiments » d'amitié et d'affection qu'Elle veut bien m'exprimer dans Sa lettre du 21 du » mois c. que j'ai eu l'honneur de recevoir par Son aide de camp. J'ai été » d'autant plus charmé de Sa mission qu'il ma tranquillisé sur l'état de la santé » de Votre Majesté, en m'annonçant qu'Elle est parfaitement remise de Sa con »tusion. Le témoignage flatteur que Vous rendez , Sire , à la bonne conduite » de mes troupes , et en particulier au Major de Zieten , me fait éprouver la »plus vive satisfaction . Votre Majesté connaît trop bien le métier de la guerre » pour ne pas savoir apprécier le véritable courage. J'espère que les Prussiens >> qui se trouvent actuellement sous Ses ordres continueront de mériter Son » approbation. » C'est avec une entière confiance , Sire , que je remets en Vos mains le »sort de mes provinces , qui peut - être dans ce moment , vont éprouver le » malheur de la guerre. L'humanité de Votre Majesté les adoucira en mainte >> nant une exacte discipline et en protégeant Mes Sujets contre toutes les ré » quisitions arbitraires. » Je prie Votre Majesté de croire , que personne ne l'intéresse plus que » moi à Sa gloire et à Sa prospérité, et que la noblesse de Son caractère m'a >> toujours inspiré pour Elle une amitié aussi sincère que constante. » Sur ce, Monsieur mon frère, je prie Dieu etc. Charlottenbourg le 29 Décembre 1812. « Ein Schreiben des Generals v. Bülow, d. d. Königsberg, den 19. Decem ber 1812, wo er interimiſtiſch das Militär - Gouvernement führte, an den König,
208
des Elends , in welchem die Trümmer der großen Armee heim kehrten , konnte den Durst nach Rache nicht stillen.
,, Preußen,
# wir haben unsere Unabhängigkeit erfochten , es wäre uns füß, „ gemeinschaftlich mit Euch die Eurige wiederherzustellen ! " lautete der Schluß einer in jenen Tagen in allen Städten Ostpreußens verbreiteten russischen Proclamation , welche deutlich genug auch der Ausdruck der preußischen Wünsche war. Der General v. Yorck übergab im Laufe des Januar den Befehl des Corps an den General- Lieutenant v . Maſſenbach, und die Truppen blieben um Tilſit bis zur weiteren Entscheidung stehen. Dieser Zeitraum wurde dazu benutt, Bekleidung und Aus rüstung wieder herzustellen und die gelichteten Reihen vollzählig zu machen.
Das Regiment empfing hier Erfagmannſchaften aus
Ostpreußen und man hatte vollauf zu thun.
Eine beſondere Auf
merksamkeit mußte man auf den Geſundheitszustand der Soldaten richten , da der Uebergang aus den höchsten Anstrengungen und Entbehrungen in die augenblickliche Ruhe des Friedens immer von gefährlichen Veränderungen in dem Körperzustande begleitet ist, und hier noch der Umstand hinzutrat, daß die Reſte der Armee, „ die Isolirten “, wie sie genannt wurden , den Keim tödtlicher sagt u. A.: „ Ich hoffe, daß das 10. Corps Memel erreichen wird, um sich über „die Nehrung zurückzuziehen , da die Nachricht angekommen ist , daß es abges schnitten sei. Betrübend iſt es, daß eigentlich bei der ehemaligen großen Armee „Niemand sich um das Commando bekümmert. Sie haben keine andere Idee, „als hinter der Weichsel das Sammeln der Truppen zu verſuchen. Ich werde „mein Möglichstes thun, um die französischen Generale zu bewegen, hier etwas „Bedeutendes zu sammeln , um gegen Gumbinnen vorzugehen, damit man we ,,nigstens Königsberg möglichst lange im Befiß erhält , um den Rückzug über „die Nehrung möglich zu machen. . . . .“ Man sieht deutlich, daß die Anschauungen der Dinge hier anders waren, als im Geiste des Generals v. Yorck, und daß vorläufig an eine solche Wen dung der Dinge nicht gedacht wurde.
209
Krankheit und Ansteckung in sich trugen und überall zurückließen. Typhus und Augenkrankheiten brachen im Lande aus und setzten die Bevölkerung in Schrecken.
Vielleicht hat nur die edle und
erhebende geistige Aufregung jener Zeit dem Umgreifen solcher Plagen das Gegengewicht gehalten.
Alle Tage mußten die Sol
daten compagnieweiſe ſpazieren geführt werden ; eine sehr wohl thätige Einrichtung, da sie in Momenten der Ruhe geneigt sind, ganz und gar auszuspannen und sich nicht vom Fleck zu rühren. Nach der Mitte des Monats Januar erfolgte der Befehl an die Truppen des Corps, sich der Oder zu nähern; das Re giment sette sich daher in kleinen Märschen in Bewegung und ging am 19 ten über die Weichsel. An Belohnungen führten heim : 1. Den Orden pour le mérite : Capitain v. Gußmerow, 11
v. Bose,
Seconde - Lieutenant v. Lilienström, !!
v. Schack.
2. Die goldene Verdienst - Medaille: Unterofficier Baumblüth. 3. Die silberne Verdienst - Medaille:
Feldwebel Senneke,
Unterofficier Bräß,
Unterofficier Bohn,
"1
Dennerlein,
Hartje,
Gefreiter Pohlmann,
11
Möck,
Füsilier Neumann,
11
Blankenhagen,
11
Riepcke,
"1
Schlee,
11•
Moldenhauer,
11
Schulz,
"1
Schwabe.
"1
Mörs,
-
#1
14
210 4. Mittelst Allerhöchster Cabinetsordre wurden belobt: Capitain v. Kesteloot,
v. Lukadou,
"1
Sec.-Lieut. Neander v. Peters hahden,
11
Marschall v. Bieber ſtein,
Port.-Fähnrich v. Eberhardt, "1
Graf Lüttichau,
Unterofficier Thiele,
Musketier Merkmann, " "I
Meyer, Walter II.,
11
Schulz III.,
11
Meißner,
Füsilier Zilm,
11
Bohne,
11
Köhn,
"
Schwanebeck,
"1
Lubahn,
11
Jahrmann,
"1
Schiller,
??
Kaffka.
"
Gebhardt,
Es hatten den Heldentod gefunden 28 Unterofficiere und Gemeine, deren Namen nicht mehr zu ermitteln sind. Verwundet waren 12 Officiere (Capitains v . Gußmerow, v. Bose , Premier - Lieutenants v. Rexin, v . Steinäcker, Seconde Lieutenants v. Frankenberg , v. Schenk , v. Schack, v. Barfuß II., r. Höpfner, v. Flotow , v. Eichstädt , v. Münchow I.), 164 Unter officiere und Gemeine. Es wurden gefangen 2 Officiere (v. d. Horſt und v. Lüderig) und 40 Unterofficiere und Gemeine.
Viertes Buch.
Der Feldzug von 1813 bis zum Waffenſtillstand.
Der General v. Yorck, indem er die Convention an der Mühle von Poscherun schloß, hatte sein Benehmen dem Urtheil Sr. Ma jeſtät des Königs sogleich unterworfen und indeſſen die Zeit be nußt, in Verbindung mit den Ständen der Provinz Preußen, das große und schwere Werk der Aufstellung einer größeren Armee ins Leben zu bringen.
Noch war der Zweck dieser Bewaffnungen
nicht öffentlich ausgesprochen , und doch war kein Mann in Ost preußen, der sich ihm entzogen hätte; es handelte sich aber auch darum, daß das ganze Land zu gleicher Zeit mit demselben Eifer und derselben Hingebung mitwirkte.
Den ersten Anstoß hierzu
gab der Aufruf an das Volk vom 3. Februar 1813, sich zu den kommenden Ereignissen durch freiwilligen Eintritt in das Heer vorzubereiten.
Wir wissen , wie dieser Aufruf wirkte und wie
schaarenweise die Waffenfähigen sich um das Panier des Königs sammelten.
Aber immer noch blieb es ungewiß, ob Preußen für
oder wider Rußland ſtreiten und , was damit zuſammenhing , ob der König die That des Generals v. Yorck gutheißen werde. Dieser qualvollen Ungewißheit machte, in Bezug auf den General, endlich der am 11. März erlassene Armeebefehl ein Ende, wonach der General v. Yorck wegen der Convention für vorwurfsfrei er klärt und in seinem Commando bestätigt wurde.
14 *
212
Nun erst konnte er sich, und seine Untergebenen mit ihm, der großen Zeit und der großen That erfreuen, die hinter ihnen lag ; der Corpsbefehl vom 16. März war der Ausdruck der Ge fühle beider.
"! Se. Majestät der König unser Monarch hat mit Sr. Ma „ jestät dem Kaiser von Rußland eine innige Allianz geſchloſſen, ,,und die unter meinem Commando stehenden Truppen, der noth „ wendigen Uebereinstimmung der Operationen wegen , unter das
"1 Commando des Kaiserl. Ruſs. Generals der Cavallerie, Grafen ,,v. Wittgenstein , eines Feldherrn gestellt , der sich in dem letzten „ Kriege durch große Thaten ausgezeichnet hat.“ „ Kameraden ! Nachdem wir eine beschwerliche Campagne mit
11 Ehren bestanden, den Ruhm der alten preußischen Disciplin von „ Neuem bewährt, und uns dadurch die Achtung von Freund und „Feind erworben haben, gehen wir jetzt einem heiligen Kampfe ,, entgegen ; denn es gilt die Unabhängigkeit unseres Vaterlandes, 11 es gilt, ob wir Preußen bleiben oder ob wir die schmählichen Fesseln eines wüthenden Eroberers tragen sollen." 11 Wir wollen uns den Kampf nicht leicht vorstellen ,
wir
"„ ſehen aber die Möglichkeit, ihn ganz und glücklich auszukämpfen ; "1 wir wollen daher fest und entschloſſen auf Gott und unseren „ Muth vertrauen, und entweder ſiegen oder ehrenvoll untergehen.“
17 Mit Rührung erfülle ich aber jetzt noch die Pflicht , den „ Herren Generalen , Brigadiers , Commandeurs der Regimenter ,, und Bataillone, dem ganzen Officier - Corps, so wie den braven ,,Truppen überhaupt, meinen Dank für das Vertrauen zu sagen,
"1 das sie mir sowohl während des Feldzuges , als in einer ſpä "/, teren ungewiſſen Zeit, „ haben.
mit unbezweifelter Zuversicht erwiesen
Die Sache hat sich aufgeklärt , und ich werde es für
,,meine erste Pflicht halten ,
Sr. Majestät dem Könige und dem
,,ganzen Vaterlande die hohe Resignation
in's hellste Licht zu
„ſeßen , mit welcher das Corps die großen Anstrengungen und
213
"1 Entbehrungen eines seiner Meinung nicht entsprechenden Krieges "1 ertragen ; wie es unter diesen Umständen nie vergessen, was es ,,sich und seiner Ehre schuldig ; und wie es selbst bei der fürch „ terlichsten Kälte, bei der von unsern vormaligen Bundesgenossen "1 gleichzeitig ganze Corps auseinander liefen , ohne einen Feind „ zu sehen oder ihn gesehen zu haben, - dennoch muthvoll und „formirt seinen beschwerlichen Rückzug fortsette. " ,,Das große und beispiellose Elend , in das die französische
11 Armee wohlverdient und durch eigene Schuld gerathen , unsere Resignation weniger bemerkbar werden.
ließ
Das Bewußtsein
aber, Alles ertragen zu haben, was zu ertragen war, kann und „ muß uns allein schon zur Genugthuung gereichen.
Mit Ver
,,gnügen werde ich jetzt, so wie vor, und in der Folge, gern die „ Männer Sr. Majestät zur Belohnung empfehlen ,
welche sich
,,durch Beispiel vor ihren Untergebenen und Kameraden ausge "1 zeichnet haben.
Auch in diesem neuen Kampfe rechne ich mit
„ Zuversicht auf das volle Vertrauen des Corps, so wie auf eine " feste Beharrlichkeit bei den Mühseligkeiten, die mit jedem Kriege „ verknüpft sind , und deren Ueberwindung den Ruhm des Sol "! daten ausmacht. “ Während des Marsches des Yorckschen Corps auf Berlin waren die russischen Vortruppen des Generals v. Wittgenstein ihnen weit voraus geeilt und hatten sich schon Mitte Februar dort gezeigt.
Dieses Erscheinen war das Signal für die gesammte
Bevölkerung, sich zu regen ; schaarenweiſe marſchirten Freiwillige nach Breslau , und die franzöſiſche Besatzung verließ die Haupt stadt, um es nicht zu einem Kampf mit dem Volke kommen zu laſſen. Die Luft war also rein ,
als am 17. März die Truppen
vor Berlin anlangten ; ja noch mehr , an demselben Tage erließ der König den 11 Aufruf an mein Volk, " den „ Aufruf zur Bil dung der Landwehr und des Landfturmes. "
214
11 So wenig für Mein treues Volk, als für Deutsche, be „ darf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher ,, jezt beginnt.
Klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor
"1 Augen. " 11 Wir erlagen unter der Uebermacht Frankreichs. Der Friede, "1 der die Hälfte Meiner Unterthanen Mir entriß, gab uns seine " Segnungen nicht ; denn er schlug uns tiefere Wunden, als selbst ,,der Krieg.
Das Mark des
Landes
ward
,,Hauptfestungen blieben vom Feinde beseßt,
ausgefogen .
Die
der Ackerbau ward
„ gelähmt, so wie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer ,,Städte.
Die Freiheit des Handels ward gehemmt, und dadurch
,,die Quelle des Erwerbes und des Wohlstandes verstopft. "1 Land ward ein Raub der Verarmung. “
Das
„ Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlich
" lichkeiten hoffte Ich, Meinem Volke Erleichterung zu bereiten "1 und den franzöſiſchen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es ſein 11 eigener Vortheil sei ,
Preußen seine Unabhängigkeit zu laſſen.
"1 Aber meine reinsten Absichten wurden durch Uebermuth und „ Treulosigkeit vereitelt , und nur zu deutlich sahen wir , daß des „Kaiſers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langſam ver derben mußten ; jezt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täu "I ,,schung über unseren Zuſtand aufhört. '
"1 Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern , Litthauer ! „ Ihr wißt,
was Ihr seit 7 Jahren geduldet habt , Ihr wißt,
" was Euer trauriges Loos ist, wenn wir den beginnenden Kampf „ nicht ehrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit , an den #1 großen Kurfürsten , den großen Friedrich. Bleibet eingedenk der
#1 Güter , die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften ; „ Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und „ Wiſſenſchaft.
Gedenket des großen Beiſpiels unserer mächtigen
,,Verbündeten der Russen, der Spanier und Portugiesen ; selbst ,, kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in
215
,, den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen ;
erinnert
,,Euch an die heldenmüthigen Schweizer und Niederländer." „ Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden,
" denn unser Beginnen ist groß, und nicht gering die Zahl und ,,die Mittel unserer Feinde.
Ihr werdet jene lieber bringen für
"1 das Vaterland , für Euren angeborenen König , "I fremden Herrscher,
als für einen
der , wie so viele Beispiele lehren , Eure
11 Söhne und Eure legten Kräfte Zwecken widmen würde, die Euch „ ganz fremd sind .
Vertrauen auf Gott , Ausdauer, Muth , und
,, der mächtige Beistand unserer Bundesgenossen werden unseren
"1 redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn gewähren.“ " Aber welche Opfer auch von Einzelnen gefordert werden ,, mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie „ hingeben , für die wir streiten und ſiegen müſſen ,
wenn wir
„ nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu ſein.“
"1 Es ist der lezte entscheidende Kampf, den wir bestehen für „ unsere Existenz, unſere Unabhängigkeit, unseren Wohlstand. Keinen ,, anderen Ausweg giebt es , als einen ehrenvollen Frieden , oder „ einen ruhmvollen Untergang.
Auch diesem würdet Ihr getrost
,, entgegengehen , um der Ehre willen , weil ehrlos der Preuße ,,und der Deutsche nicht zu leben vermag. „ mit Zuversicht vertrauen.
Allein wir dürfen
Gott und unser fester Wille werden
,,unserer gerechten Sache den Sieg verleihen ,
mit ihm
einen
„sichern glorreichen Frieden, und die Wiederkehr einer glücklichen "Beit.
Breslau, den 17. März 1813.
Friedrich Wilhelm."
――― Vom frühen Morgen an war die Stadt in freudiger Bewegung , unzähliges Volk sammelte sich in den Straßen , die vom neuen Königsthor nach dem Schloß führten, ein paar Hun dert freiwillige Jäger standen am Thor, das Yorcksche Corps zu empfangen. Se. Königl. Hoheit Prinz Heinrich von Preußen, be gleitet vom General Wittgenstein und vielen Generalen , ritten
216
dem Corps entgegen und begrüßten es; dann folgte der feierliche Einzug, und zum ersten Male seit einem Jahre fanden die Fah nen wieder ihren Ehrenplag in der alten Burg unserer Könige. Das Leib - Regiment blieb in Berlin , und es wurde sofort mit der größten Thätigkeit an der Wiederherstellung der Ausrü ſtung, an der Einstellung der Erſaßmannſchaften gearbeitet. Schon jezt fanden sich viele freiwillige Jäger beim Regiment ein, welche schnell zur vollen Zahl der für die Detachements bestimmten Stärke anwuchsen. Um diese Rüstungen und Formationen in dem , was das Regiment betrifft ,
genauer kennen zu lernen ,
müſſen wir auch
die, seit einem Jahre verlassenen beiden anderen Bataillone des Regiments ins Auge fassen. Das Leib- Grenadier - Bataillon
1 war mit einem Theil der in der Mark im vorigen Jahre stehen gebliebenen Truppen Anfangs Mai 1812 nach Schlesien marſchirt und hatte in Breslau und Umgegend seine Quartiere erhalten. Dort hatte es mit den in Schlesien versammelten Truppen ( 1 Ba taillon Garde, ostpreußisches Grenadier - Bataillon, westpreußisches Grenadier- Bataillon , Garde - Jäger - Bataillon , und 14 Schwa dronen) im Herbſt die Felddienſtübungen mitgemacht. Nach den Allerhöchsten Cabinetsordres vom 20. December 1812 und vom 12. Januar 1813 wurde eine neue Truppenformation befohlen.
Die Bataillone der mobilen Armee wurden auf den
Etat von 801 Köpfen gesetzt. Jedes alte Linien - Bataillon erhielt ein Reſerve-Bataillon.
Das Leib- Grenadier-Bataillon gab 5 Offi
ciere, 20 Unterofficiere, 60 Grenadiere zum Stamm eines Ba taillons ab , welches 1. brandenburgisches Reserve - Bataillon ge nannt wurde,
und completirte sich selbst,
wie dieſes Bataillon,
durch die in großer Zahl aus den Marken herbeigeeilten Krümper. Auch mußte es die sämmtlichen Bekleidungsstücke für das Re
217
serve - Bataillon anfertigen laſſen.
Alles dies geschah aber mit
solchem Eifer, daß Mitte März bereits das Reserve - Bataillon sowohl als das Jäger-Detachement complet, völlig bewaffnet und bekleidet,
und sogar ziemlich ausgearbeitet waren.
Man
muß
aber nicht glauben, daß dieser Zustand der Ausrüstung nichts zu wünschen übrig gelassen hätte.
Das Grenadier - Bataillon mußte
mit den schon 2 Jahr getragenen Montirungen ins Feld rücken ; es war Mangel an Stiefeln und Kochgeschirren ; die Vaterlands liebe mußte alle diese Mängel ersehen.
Das Reserve - Bataillon
rückte zunächst nicht mit ins Feld, sondern wurde, wie wir später sehen werden, zur Formation eines neuen, des brandenburgiſchen Infanterie -Regiments, verwendet.
Den Befehl über das Jäger
Detachement erhielt der Capitain v. Quadt; zugetheilt wurden Lieutenant v. Gäde, Lieutenant v. Manstein, 2 Unterofficiere und 1 Hornist.
Das Depot Bataillon des Leib- Infanterie - Regiments
war, wie erwähnt, im Jahre 1811 in der Stärke von 400 Mann errichtet und beim Ausmarsch in Berlin belassen worden, wo es längere Zeit die einzige Infanterie - Besatzung bildete. In der Mitte des Monats Januar 1813 verbreitete sich in Berlin das Gerücht, die Franzosen, welche sich noch dort befänden, hätten die Absicht , den König in Potsdam aufzuheben und fort zuführen.
Das Bataillon wurde während dieser Zeit in der Ca
ferne confignirt, erhielt scharfe Patronen und mußte ſich Tag und Nacht zum Ausmarsch bereit halten.
Es war Befehl gegeben, daß
beim ersten Lärm , wozu die Glocken das Signal geben sollten, das Bataillon ausrücke und nach Potsdam marschire.
Die Tage
vergingen indeß ruhig, und es bleibt nur zu bewundern, daß die französischen Behörden in Berlin alle diese auffälligen Maßregeln ruhig ansahen.
218
Am 20. Januar erhielt das Bataillon die Bezeichnung drittes Musketier - Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments ; es hatte sich ebenfalls schon auf den Etat von 20 Officieren und 801 Mann gesezt , und für den Ausmarsch nach Breslau bereit gemacht. Zu dem Ende sollte etwas für die Bekleidung geschehen. Der Premier - Lieutenant v. Maſſow *) wurde nach der Lausitz ge schickt, um Tuch zu requiriren; dies kam aber leider erst an, als das Bataillon schon auf dem Marsch nach Schlesien war und ist dann von demselben auch nicht benugt worden. hatte am 24. Januar 1813 stattgefunden.
Der Abmarsch
In Liegniß erhielt der
bisherige Commandeur , Hauptmann v. Platen , eine andere Be stimmung ; Major v. Ledebur übernahm das Commando.
Außer
ihm waren noch einige Officiere dem Bataillon zugetheilt , und das Corps war folgendes : Hauptleute: v. Bibow, v. Luck, v. Zastrow; Premier - Lieutenants : v. Maſſow (Compagnieführer), v. Kampß L., v. Kampt II., v. Schönermark, Graf Pinto ; Seconde = Lieutenants : v. Lenz , v. Rosenbruch, v. Stwolinski, du Plessis, v . Wüldknik, v. Oppen, v. Tecklenburg, v. Lillje ström, v. Brederlow, Graf v. Rödern, Wonicke. Das Bataillon hatte kein Jäger - Detachement, zählte aber 60 Frei willige in Reihe und Glied.
Das Grenadier- und das 3. Musketier - Bataillon wurden in Schlesien der unter dem General - Major v. Röder formirten Reserve - Brigade zugetheilt, und zwar mit dem Regiment Garde, Normal - Bataillon,
*) Starb als Oberst - Lieutenant a. D. in Guben.
219
Garde -Jäger - Bataillon (nebst 1 Bataillon freiwilliger Jäger der Garde), 1. ostpreußischen Grenadier - Bataillon. Diese Brigade rückte am 23. März aus Breslau , nachdem ein feierlicher Gottesdienst stattgefunden, traf am 4. April in Dresden ein und ging dann zur Schlacht von Groß - Görſchen.
Den An
theil dieser beiden Bataillone an diesem Tage werden wir später zu berichten haben.
Die freiwilligen Jäger. Der Aufruf vom 3. Februar hatte Zweck, Stärke und Dienst verhältnisse der freiwilligen Jäger genauer bestimmt , und es iſt hier nur das zu erwähnen , daß jedes alte Linien - Regiment die Führer des Detachements geben , die Jäger ihre Officiere und Unterofficiere selbst wählen , auch sodann später aus ihnen die Würdigen und dazu Brauchbaren zu Officieren avanciren sollten . Die Auswahl der Führer sollte mit großer Umsicht und Sorg falt geschehen , wie eine weitere Cabinetsordre vom 15. Februar befahl; es mußte darnach für eine besondere Auszeichnung gelten, zu einem solchen Detachement commandirt zu werden , da nur Officiere von ſolider Dienstkenntniß , Umſicht und Feſtigkeit als dazu geeignet erachtet wurden.
Es waren viele junge Männer
von Bildung, außerdem auch oft schon gesezte, erfahrenere Leute, welche in die Jäger - Compagnien traten ;
ein solches Material
erheischte sorgsame, umsichtige und bei aller Nachsicht feste Be handlung. Jedes Detachement sollte die Stärke von 4 Officieren, 15 Ober jägern, 3 Horniſten und 182 Jägern erhalten , welche sich mit Büchsen und, wo dies nicht thunlich, mit Gewehren zu bewaffnen hatten.
Die Opferfreudigkeit des Volks , deren zahllose einzelne
Züge noch heute einen erwärmenden, erhebenden Eindruck machen,
220
hatte auch den Aermeren den Eintritt in die Detachements er möglicht ; von allen Seiten strömten Beiträge aller Art zur Aus rüstung der Jäger, und nur die Grenzen unserer Aufgabe halten uns ab , näher auf die Erwähnung dieses schönen Zeichens der Vaterlandsliebe einzugehen. Es konnte nicht fehlen, daß das Leib - Regiment großen Zu lauf in seiner alten Garnison fand.
Die etatsmäßige Stärke
der für die 3 Bataillone errichteten Detachements war sehr schnell erreicht ; doch die Formation konnte bei den überhäuften Ge schäften, die sich in dieser Zeit auf Jeden drängten, nicht sobald vollendet werden , da das Regiment stündlich seinen Ausmarsch erwartete.
Der Oberst - Lieutenant v. Reuß, welcher als inactiver
Officier in Berlin lebte , hatte allein schon 50 Jäger gesammelt, welche dem Füsilier - Bataillon vorläufig überwiesen wurden.
Aus
der Zahl der übrigen Freiwilligen wurden unter dem Hauptmann v. Diebitsch dann 2 Detachements unter dem Lieutenant v. Felden und Lieutenant v. Uklanski formirt , welche die Ausbildung im Schießen und kleinen Krieg sogleich begannen.
Aus diesen De
tachements ist dem Leib - Regiment ein wahrer Schatz der tüch tigsten und bravsten Männer erwachsen, und die Armee sah später viele höhere Officiere in ihren Reihen, welche aus ihnen hervor gegangen waren.
Man kann mit besonderer Genugthuung be
richten , daß die Jäger - Detachements des Leib - Regiments sich bald die allseitige Zuneigung der sämmtlichen Mitglieder erwar ben, und daß sie den Geist ächt militärischer Kameradschaft, der das Regiment immer ausgezeichnet hat , voll in sich aufnahmen. Wir werden in den Beilagen eine namentliche Liste sämmtlicher Jäger mit den nöthigen Perſonalnotizen bringen. In Bezug auf die tactische Verwendung der Detachements hatte der König festgesetzt, daß sie in allen Theilen wie eine Com pagnie formirt, bei Paraden auf dem rechten Flügel der Bataillone, beim Exercieren 50 Schritt aufmarschirt hinter dieſen , bei der
221
Formation der Angriffscolonne aber sich als 3. Staffel der Co lonne aufstellen sollten.
Sie durften von den Regimentern und
Bataillonen nicht entfernt , auch nicht auf besonders gefährliche Posten gestellt, wohl aber zum zerstreuten Gefecht besonders ver wendet werden. In der Regel tiraillirten sie dann mit den Zügen des 3. Gliedes, eindoublirt oder ihnen zur Seite ; beim Füsilier Bataillon traf der Major v . Guzmerow anfangs die Anordnung, als 4. Glied —
hinter jeden Mann des 3. Gliedes einen Jäger
zu stellen, so daß eine Schüßenrotte aus einem alten Füsilier und einem Jäger bestand. Es darf nicht befremden,
daß wir späterhin die Jäger
Detachements in einer verhältnißmäßig geringen Stärke auf treten sehen.
Diese meist sehr jungen Leute, der Anstrengung des
Dienstes überhaupt, besonders aber der Märsche und Unbequem lichkeiten des so rapiden Feldzuges vollkommen ungewohnt, konnten unmöglich den Bewegungen der Maſſen folgen, ohne ihren reichen Zoll an den Kriegsgott abzutragen.
Sehr viele, welchen der pa
triotische Eifer und die Unkenntniß der Sache ihre Kräfte als groß genug hatte erscheinen laſſen , mußten zurückbleiben ; andere wurden gleich anfangs verwundet und konnten erst später wieder herankommen ; so lichtete sich ihre anfangs so wohl geschlossene Reihe; diejenigen aber , welche kraftvoll und zähe genug waren, hielten aus bis ans Ende und haben gewiß durch ihr Beispiel auch auf die alten Soldaten gewirkt.
Stiftung des eisernen Kreuzes. Am 10. März erließ Se. Majestät der König die Urkunde, wonach die für den bevorstehenden Krieg zu verleihende Aus zeichnung für Verdienst um das Vaterland nur in dem eisernen Kreuz bestehen sollte.
Es waren das Großkreuz und 2 Klaſſen
gestiftet, welche anstatt des Ordens pour le mérite und der
222
Militär- Ehrenzeichen 1. und 2. Klasse gegeben wurden.
Das
eiserne Kreuz sollte von Hoch und Niedrig auf gleiche Weise er worben und getragen werden : ein schöner , der allgemeinen Er hebung entsprechender Gedanke , gleich klar, dem Hohen wie dem Niedrigen, dem Gelehrten wie dem Ungelehrten , und wohl ge eignet, einen edlen Ehrgeiz anzufachen.
Das Officier - Corps.
Auch hierin hatten sich bedeutende Veränderungen zugetragen. Schon bald nach der Rückkehr aus Kurland hatte der General v. Yorck, unter nachträglicher Genehmigung Sr. Majeſtät, ſämmt liche Portepee-Fähnrichs des Regiments : v. Eberhardt, v. Schildt, Schmalz, Stockmar ,
Graf Lüttichau , v. Didron , v. Billerbeck,
Becker, Heim, Struve, Abel, sowie die Feldwebel Tiesler, Mentes und Pleß zu Officieren ernannt, und von ihnen die größte Zahl zu den neuen Reservetruppen in Ostpreußen versett ; es blieben nur v. Eberhardt, v . Schildt, Graf Lüttichau, v. Didron und Heim beim Regiment. Am 26. März wurde der Regiments - Comman deur, Oberst-Lieutenant v. Zielinski, zum interimiſtiſchen Brigade Commandeur ernannt, und der Major v. Zepelin zum interimi stischen Commandeur schied
des Leibregiments.
Der Major v. Both
aus dem Regiment und trat zum Stabe des Generals
Grafen Wittgenstein; an seine Stelle kam der zum Major be förderte Capitain v. Gußmerow ( d . h. als interimistischer Com
I mandeur des Füsilier-Bataillons), während der Major v. Derßen das 1. Bataillon commandiren sollte.
Capitain Graf Schwerin,
vom ehemaligen Regiment Herzog von Braunschweig , ward als Compagnie - Chef ins Leibregiment versett. Endlich wollen wir hier noch vorgreifend erwähnen, daß der noch nicht ganz geheilte Major Graf v. d . Golt als Commandeur
1
223
des 1. Reserve - Bataillons am 17. April aus dem Regiment schied, und die Rangliste wurde daher beim Ausbruch der Feindseligkeiten folgende : Commandeur: Oberst- Lieutenant v. Zepelin. Major v. Bülow, Grenadier - Bataillon. "1
v. Beher, 2. Bataillon.
17
v. Derzen, 1. Bataillon.
"
v. Guzmerow, Füsilier - Bataillon.
Premier - Capitain v. Kesteloot, Füsilier - Bataillon.
"1
"
v. Hagen, 3. Compagnie.
"1
11
"
"1
v. Dallmer, 4. Compagnie. v. Sanit, Grenadier- Bataillon.
11
"1
v. Bose, Grenadier - Bataillon.
"1
"1
"1
H
v. Diebitsch, 5. Compagnie. v. Quadt, Grenadier - Bataillon.
11
11
v. Lukadou, Füsilier - Bataillon.
"1
"1
Graf Schwerin, 6. Compagnie.
Stabs - Capitain v. d. Heyde, 8. Compagnie. "
"1
v. Rüllmann, Füsilier - Bataillon.
11
11
v. Reuß, 1. Compagnie .
11
"
v. Holleben, 7. Compagnie.
11
"1
v. Rexin, Füsilier - Bataillon.
11
"
v. Häusler, 2. Compagnie.
Premier - Lieutenant v. Prüfchenk, Grenadier - Bataillon. =
11
11
v. Steinäcker, Füsilier - Bataillon.
11
v. Kahlden, 2. Compagnie.
"
"1
v. Werder, Regiments - Adjutant.
"
11
"
=
" "
11
11
=
=
11
=
11
v. Lilljeſtröm, Adjutant, Füſilier - Bat.
v. Schenk, Füsilier - Bataillon. v. Frankenberg, Füsilier - Bataillon. v. Mach, 1. Compagnie. v. Treuenfels, 4. Compagnie.
224
Seconde - Lieutenant v. Uflanski, 1. Compagnie. 11
v. Eberhardt, Adjutant, 2. Bataillon.
11
"1
Kingel, 1. Compagnie.
11
11
v. Zenge, 2. Compagnie.
"1
"1
v. Schack, Füsilier - Bataillon.
11
"1
v. Gäde, Grenadier - Bataillon.
"
11
v. Barfuß I., Grenadier - Bataillon.
11
"1
v. Linger, 6. Compagnie.
11
"1
v. Wille, 7. Compagnie.
"
"
v. Pröck I., 5. Compagnie.
"1
"
v. Kameke, 8. Compagnie.
11
"1
"1
"1
v. Koch, 7. Compagnie. v. Zollikoffer I., Grenadier - Bataillon.
11
"1
v. Strank, Grenadier - Bataillon.
11
12
Neander v. Petershayden, Füsilier - Bat.
11
11
v. Arnstädt, 3. Compagnie.
"1
!!
v. Elsner, 6. Compagnie.
"1
11
v . Wildermeth, 1. Compagnie.
11
"1
"1
"1
v. Wuſſow I., 4. Compagnie. v. Foller, Adjutant, Grenadier - Bat.
"1
11
v. Zschüschen, Grenadier - Bataillon.
11
?
11
"
v. Bieberstein,
11
"1
v. Felden, 3. Compagnie.
11
"
v. Chevallerie, 2. Compagnie.
"1
"
v. Barfuß II., Füsilier - Bataillon.
"
Dumas de l'Espinol, Füſilier - Bat.
11
"1
v. Schulenburg, 5. Compagnie.
11
"1
v. Münchow I., 5. Compagnie.
11
"1
"
"1
v. Müller, 6. Compagnie. v. Bornstädt, 1. Bataillon.
"
"1
v. Gorszkowski, Füsilier - Bataillon.
"1
"1
v. Lüderiz, Füsilier - Bataillon.
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If
225
Seconde - Lieutenant Hartwich, Füsilier - Bataillon.
"1
"1
v. Münchow II., 7. Compagnie.
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v. Wuſſow II., 2. Compagnie.
11
"1
v. Selasinski, Füsilier - Bataillon.
"1
v. Wohna, Füsilier - Bataillon.
11
v. Eickstedt, Füsilier - Bataillon.
11
v. Plehwe, 2. Compagnie.
11
11
v. d. Horst, gefangen.
"1
"1
v. Höpfner, Füsilier - Bataillon.
11
#
v. Lisniewski, 1. Compagnie.
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11
v. Diezelski, Füsilier - Bataillon.
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11
v. Zollikoffer II., Grenadier - Bataillon.
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v. Flotow, Füsilier - Bataillon.
11
11
v. Beher, Füsilier - Bataillon.
11
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v. Helmrich, 1. Bataillon.
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11
Graf Lüttichau I., Grenadier - Bataillon.
11
11
v. Herrmann, 8. Compagnie.
"
"1
v. Manstein, Grenadier - Bataillon.
"
11
v. Flant, Grenadier - Bataillon.
-
11
"1
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Stockmar, Füsilier - Bataillon.
11
v. Eberhardt II., 5. Compagnie.
"1
"
Graf Lüttichau II., 4. Compagnie.
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11
v. Homeyer, gefangen.
"
11
v. Didron, 2. Compagnie.
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11
Heim, 3. Compagnie.
17
"1
11
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v. Pröck II., 6. Compagnie. v. Schildt, Grenadier - Bataillon.
"
11
v. Cranach, Grenadier - Bataillon.
11
11
v. d. Golz, Grenadier - Bataillon.
11
11
Sennecke, Füsilier - Bataillon.
·
" 11
= -
Aggregirt : Premier - Lieutenant v. Boden, Füsilier - Bataillon. 15
226
Premier - Lieutenant v. Hundt, Füfilier - Bataillon. Seconde - Lieutenant v. Germar, Grenadier - Bataillon. 11
Graf v. Rödern, !!
11
"?
Unterstab:
Regiments -Chirurgus Neumann. "1
11
Wiedemann, Gren.-Bataillon.
"
??
Hartmann, Füsilier - Bataillon.
Regiments - Quartiermeister Kersten . Zur Orientirung über die Verhältnisse der auf den Schau plaz tretenden Armeen haben wir noch zu erwähnen , daß die von Napoleon neugebildete Armee sich zum Theil im Marsch nach der Elbe , zum Theil schon in den wichtigsten Punkten an diesem Fluß festgesezt hatte.
Zunächst war es der Vicekönig von
Italien mit etwa 50,000 Mann , in und um Leipzig , Dresden, Torgau, Wittenberg und Magdeburg, welcher die Rüstungen und den Anmarsch der Franzosen einerseits decken , andererseits die Rüstungen Preußens stören sollte. Gegen diese Kräfte sollten die nunmehr vereinigten Ruſſen und Preußen unter dem General der Cavallerie Grafen Wittgen stein operiren.
An Russen waren für den Augenblick disponibel
15,000 Mann ; dazu trat das neue Corps des Generals v. Yorck mit etwa 16,000 Mann.
Von Schlesien her sollte dann unter
dem General der Cavallerie v. Blücher mit den dort versammelten Preußen und Ruſſen , etwa 36,000 Mann , gegen Leipzig vor gegangen werden. Während dessen wurden
überall,
nicht blos in Preußen,
ſondern auch in Mecklenburg und Hamburg , Lübeck u. s. w. die Rüstungen fortgesetzt ; das Leibregiment hatte seinen besonderen Antheil daran , indem Capitain v. Lukadou mit 1 Unterofficier, 1 Spielmann und 16 Gemeinen nach Hamburg zur Bildung einer hanseatischen Legion unter Oberst Tettenborn entſendet wurde und Ende März dahin abging.
227
Am 21. März erschien der Erlaß Sr. Majestät des Königs an die Armee, in welchem zuerst öffentlich und bestimmt Sein Wille, Erkämpfung der Unabhängigkeit, ausgedrückt war : „ Vielfältig habt Ihr das Verlangen geäußert, die Freiheit „ und Selbstständigkeit des Vaterlandes zu erkämpfen. Der Augen „ blick dazu ist gekommen ; es ist kein Glied des Volkes, von dem „ es nicht gefühlt würde. Freiwillig eilen von allen Seiten Jüng „ linge und Männer zu den Waffen. Was bei dieſen freier Wille, „ das ist Beruf für Euch , die Ihr zum stehenden Heere gehört. „ Von Euch , geweiht das Vaterland zu vertheidigen , ist es be „ rechtigt zu fordern, wozu Jene sich erbieten." „ Seht, wie so Viele Alles verlaſſen, was ihnen das Theuerste ,, ist, um ihr Leben mit Euch für das Vaterland zu geben . Fühlt „also doppelt Eure Pflicht.
Seid Alle ihrer eingedenk am Tage
,,der Schlacht, wie bei Entbehrung , Mühseligkeit, innerer Zucht. ,,Des Einzelnen Ehrgeiz - er sei der Höchste oder der Geringste ,,im Heere -- verschwinde im Ganzen. Wer für das Vaterland „fühlt, denkt nicht an sich.
Die Selbstsüchtigen treffe Verachtung,
,,wo dem allgemeinen Wohle es gilt ; diesem weiche jetzt Alles . „ Der Sieg geht aus von Gott ! Zeigt Euch seines hohen Schutzes „ werth durch Gehorsam und durch Pflichterfüllung ; Muth, Aus „dauer, Treue und strenge Ordnung sei Euer Ruhm . Folgt dem „ Beispiel Eurer Vorfahren , seid ihrer würdig und Eurer Nach 11 kommen eingedenk.“
"1 Gewisser Lohn wird den treffen, der sich auszeichnet ; tiefe „ Schande und strenge Strafe den, der seine Pflicht vergißt."
11 Euer König bleibt stets mit Euch, mit ihm der Kronprinz
"1, und die Prinzen seines Hauses. ,,
Sie werden mit Euch kämpfen
Sie und das ganze Volk werden kämpfen mit Euch, und an
,, unserer Seite ein , zu unserer und zu Deutschlands Hülfe ge
11 kommenes , tapferes Volk, das durch hohe Thaten seine Unab „hängigkeit errang.
Es vertraute seinem Herrscher, seinen Führern, 15 *
228 „ feiner Sache, seiner Kraft , —
und Gott war mit ihm!
So
„ auch Ihr ! Denn auch wir kämpfen den großen Kampf um des Vaterlandes Unabhängigkeit.“ "IVertrauen auf Gott,
Muth
und
Ausdauer sei
unſere
" Losung ! "
Ausmarsch des Regiments aus Berlin ; Eröffnung der Campagne. Noch nicht 10 Tage waren seit dem Einrücken verflossen, als das Regiment auch schon am 26 ſten den Befehl zum Aus marsch erhielt. Das Corps des Generals v. Yorck hatte seit dem Verlaſſen Kurlands
eine
neue
Zuſammenſeßung
erfahren ,
indem
neue
Truppentheile dem Corps zugetheilt und in 2 Divisionen formirt waren, wie folgt :
1. Division : General = Lieutenant v . Kleist. Avantgarde: 3 Bataillone 2. ostpr. Regiments ; 3 "1 Colbergschen Regiments ; 4 Escadrons 3. Huſaren - Regiments ; 1 reitende Batterie. 1 Fuß Gros : 1. Brigade : General - Major v. Hünerbein.
3 Bataillone 1. ostpr. Inf.- Regiments ; 2 Compagnien ostpr. Jäger - Bataillons ; 4 Escadrons 1. Huſaren - Regiments ; 1 reitende Batterie. 1 Fuß 2. Brigade : Oberst v. Horn. 3 Bataillone Leib - Inf. = Regiments ; 3
"1
Regiments Nr. 5 (aus den bei
den westpr. Regimentern combinirt) ;
229
3 Bataillone Regiments Nr. 6 (aus den bei den schlesischen Regimentern) ; 1 reitende
Batterie.
1 Fuß
}
Reserve- Cavallerie : General - Major v. Coßwandt. 8 Escadrons . Reserve Artillerie : 3 Batterien. Die 2. Division unter dem General-Lieutenant v. Bülow enthielt in 15 Bataillonen, 12 Escadrons und 5 Batterien die der ostpreußischen Brigade zugetheilt gewesenen Truppen.
Am 27. März versammelten die in Berlin gestandenen Trup pen sich zum Ausmarsch im Lustgarten (heute Platz Museum).
vor dem
Der Plaz war damals noch lediglich Exercierplag und
durch die Marmorstatue des "1 alten Dessauers " geziert , welche mit Behagen auf die Werke der Nachkommen herabsehen konnte, und heute mit einem Lorbeerkranz geschmückt wurde .
Die Truppen
formirten ein Viereck ; ein Altar ward von Trommeln erbaut, und der Brigadeprediger Schulz *) hielt, wie immer, eine Predigt voll Kraft und Begeisterung .
Unter dem Geläute der Domglocken
ertheilte er ihnen den Segen, und selten ist wohl von einer grö ßeren Menschenzahl inniger gebetet worden als dort.
Das Volk,
welches sich der Feier angeschlossen hatte , Greise und Kinder, Mütter und Jungfrauen, drängte sich hinzu
es war ein Mo
ment lauter Rührung. „ Das macht mir die Soldaten zu weich, 11 das Predigen und Weinen," sagte General v. Yorck; er trat vor den Altar , und unterbrach die Stille
durch folgende Worte :
„ Kameraden, drei Tugenden sind des Soldaten höchster Ruhm : „ Tapferkeit, Ausdauer, Mannszucht ! Von uns aber , die wir in ,,den Kampf für eine heilige Sache ziehen , erwartet das Vater *) Starb 1835 als Director der Ritterakademie zu Brandenburg ; war Yorck's und Erzieher seines Sohnes. Freund ein
230
"1 land noch Etwas Höheres,
ein edles menschliches Betragen
,,selbst gegen den Feind . Um aber das höchste der Güter , die „ Befreiung des Vaterlandes, zu erkämpfen, müſſen wir auch bereit „sein, das Höchste einzusehen. Von diesem Augenblicke an gehört „ Keinem von uns mehr sein Leben ; Keiner muß darauf rechnen, "1 das Ende des Kampfes erleben zu wollen ; ein Jeder sei freudig bereit , in den Tod zu gehen , für das Vaterland und für den "1 König! " Dann zu dem Leibregiment hingewendet, sagte er mit erho bener Stimme: ,, Soldaten, wir gehen ins Feuer, Ihr sollt mich
" an Eurer Spize sehen, thut Eure Pflicht !
Ich schwöre es Euch,
Euch sieht das unglückliche Vaterland nicht wieder! " Der Oberst v. Horn ergriff die Hand des Generals und rief: „ Ich und mein Regiment , und die anderen alle , werden ,,unsere Pflicht erfüllen, und für das Heiligste kämpfen."
Der
General zog den alten Waffengefährten an seine Bruſt : „ Ja von „ Ihnen , mein lieber Horn , bin ich dessen überzeugt ! " Keiner,
Es war
der sich von diesem Austausch der Gesinnungen zwei
solcher Männer nicht tief ergriffen fühlte.
Beim Leibregiment
gab sich auch gleich das Gefühl durch Worte kund : „Ja , das „ foll ein Wort ſein ! " rief ein Mann , und Alle wiederholten : „ Ja, das soll so sein! " General v. Yorck trat aus dem Viereck, und die Bürger brachten ihm ein Lebehoch, er wehrte es mit den Worten ab : ,,Jetzt ist dazu nicht Zeit, wartet bis wir wiederkommen ! "
Nun
bestieg er sein Pferd, die Truppen setten sich nach dem Leipziger Thor in Bewegung .
Ganz Berlin gab das Geleite und nahm
Abschied; Menschen , die sich nie gesehen hatten , umarmten sich ; die zum Opfern und zur Liebe entflammten Herzen theilten mit, was sie hatten, und es wurden noch während des Marsches viele Geschenke an die Soldaten gemacht. sichtbar über dieser Stunde.
Die göttliche Weihe schwebte
231
Bei Schöneberg hielt Se. Majestät der König und ließ das Corps vorbeimarschiren ; beim Leibregiment geruhte Er aner kennende Worte der guten Haltung in Kurland zu äußern. Die freiwilligen Jäger des Regiments gingen vor der Hand wieder nach Berlin zurück, um ihre Ausrüstung zu vollenden und Schieß übung zu halten ;
nur die 50 Jäger des Füsilier - Bataillons,
welche hiermit fertig waren, blieben bei demselben. Die ersten Märsche waren auf Roßlau an der Elbe ge= richtet, wo das Regiment am 2. April anlangte.
Am 4ten ging
das Füsilier - Bataillon nach Deſſau, das 1. Bataillon nach Roß lau; das 2. ging am Abend 10 Uhr über die bei Roßlau erbaute Brücke und bivouacirte. Am 5 ten war das schöne Gefecht von Dannigkow und Möckern, an welchem leider das Regiment nicht Theil nahm.
Am 6 ten wurden die Cantonnirungen allarmirt,
und man rückte über Leizkau auf Dannigkow, wo ein Bivouac bezogen ward.
Am 7 ten wurde über die alte Elbe bei Rondau
vor , am 8ten bei Elbenau wieder zurückgegangen. wurde Cöthen mit 8 Bataillonen belegt.
Am 10 ten
Während des 10 Tage
dauernden Aufenthalts ward eine größere Recognoscirung gegen Bernburg unternommen.
Es schien dem Vicekönig von Italien
darauf anzukommen, die hier versammelten alliirten Truppen fest= zuhalten ; eine seiner Bewegungen wurde die Veranlaſſung zu der Unternehmung, an welcher das ganze Leib - Füsilier - Bataillon und 200 Mann von jedem der beiden Musketier - Bataillone, unter Führung des Capitains v. Hagen , Theil nahmen.
Der Feind
hatte mit etwa 2000 Mann Infanterie und 150 Pferden vor wärts Bernburg sich aufgestellt, zog sich aber ohne Gefecht zurück. Das Füsilier - Bataillon hatte gegen den Willen des Generals v. Yorck versucht „ anzubeißen “, und wurde von ihm deshalb sehr hart angelassen. Ein erfahrener Soldat wird sich nicht wundern , daß der General, wie hier, so auch bei anderen Gelegenheiten, mit allem
232
Ernst und aller Schärfe die alten Dienstordnungen aufrecht zu halten suchte.
11 So tapfer die am 5. d. M. zum Gefecht gekommenen Trup „ pen gewesen sind ," sagt der Parolebefehl vom 7. April , „ ſo „ drückend ist für Se. Excellenz gewesen zu vernehmen, daß im ,, Dorfe Dannigkow Unordnungen , selbst Excesse verübt worden „ find ...... Ein Jeder im Corps wird mit der größten Strenge ,, darauf wachen, daß unsere im Auslande wohl bewährte Ehre ,,rein erhalten wird , und wird hiermit wiederholentlich erklärt, „ daß der, so sich eine unerlaubte Gewaltthätigkeit an dem Privat ,,eigenthum , wessen Namens es auch sei , zu Schulden kommen „ läßt, vor ein Kriegsgericht gezogen und als Schänder unſerer „ Ehre erschossen werden soll."
Und am 9. April : !! Mit Bedauern müſſen Se. Excellenz bemerken ,
daß der
„ Dienst sich sehr vernachlässigt zeigt, indem Cantonnements ge „ funden sind , die keine Feld - Wachen und Vedetten aufgestellt ,hatten . . . ."
Am 14. April : „ Den Nichtjägern im Corps wird auf das Strengste ver „ boten , in der Cöthener Forst zu schießen ; diejenigen , so wirk ,,liche Jäger sind , wissen von selbst, daß jetzt Schonzeit ist und „ werden hoffentlich die Jagdgeſetze respectiren .... Auch haben Se. Excellenz bemerkt, daß Soldaten das Brod verkaufen." „ Se. Excellenz haben bemerkt, daß die freiwilligen Jäger sich "I, nicht strenge genug nach den gegebenen Befehlen und militä
"!‚ rischen Vorschriften richten.
Ordnung und Gehorsam
ist die
"1 erste Pflicht des Soldaten , und werden die Herren Comman 11 deure angewiesen , bei dergleichen Vorfällen ohne Ansehen der "1 Person zu handeln."
Und endlich am 23 ten ward besonders
der Cavallerie vorgeworfen ,
daß sie „ den Felddienſt nachlässig
ausübe, und der Trunk in derselben überhand nehme."
Hier
233
kommen wir an die wunde Stelle.
Gerade in Zeiten , welche
eine gewaltige Aufregung des Gemüths hervorrufen
und doch
nicht Gelegenheit bieten , dieser Aufregung im Kampf ein Object der Befriedigung zu geben, gerade dann muß aufmerksam ver hütet werden, daß diese Aufregung nicht zur Wüstheit, zur Roh heit umschlage, und zwar , weil wenige Menschen dann sich im Gleichgewicht halten können.
Es ist eben die größeste Kunst und
die größeste Arbeit des Führers , das Gemüth der Truppe in seiner Gewalt zu behalten, den überschäumenden Geiſt nicht eher sprudeln zu laſſen, als bis es gilt.
Das Gemüth des Soldaten
muß diese Spannkraft besigen , sich loszulassen und zu verhal ten, - alle anderen Anzeichen sind vom Uebel. Uns gereicht es aber zur Freude, berichten zu können, daß das Regiment sich ge= rade jezt des Lobes seiner Vorgesetzten würdig machte. In ihm herrschte der ernste und strenge Ton des Dienstes , der in dem freundlichen Verhältniß der Kameradschaft zwiſchen Officiere und Soldaten seine Milderung findet. --Am 19. April rückte unter großem Jubel das freiwillige Jäger - Detachement des Lieutenants v. Uklanski, 15 Oberjäger 3 Hornisten 260 Jäger stark, ein ; etwas später, am 26 ten kam auch Hauptmann v. Diebitsch mit 3 Oberjägern 219 Mann an. Es wurden nunmehr, der Lieutenant v. Uklanski als Führer des Detachements des 1. , der Lieutenant v. Felden zum Führer des vom 2., und Premier - Lieutenant v. Rexin zum Führer desjenigen des Füsilier - Bataillons ernannt. Das Heranrücken der großen Massen Napoleons machte sich unterdeſſen immer fühlbarer , und die Verbündeten eilten , ihre Corps in der Gegend bei Leipzig zu vereinen.
Das Corps v. Yorck
ſezte seinen Marsch auf Zwenkau fort ; mit ihm ging das Füſilier Bataillon des Regiments, während in Schkeudiß ein Detachement unter dem Major v. Zepelin aus den 2 Musketier - Bataillonen des Regiments, 2 Escadrons und 4 Geſchüßen stehen blieb und
234
sich am 29ten mit den Truppen des General v. Kleist vereinte, welcher an diesem Tage Halle gegen feindliche, starke Angriffe ver theidigt hatte.
Das Detachement des General v. Kleist bestand
so aus 2 Bataillonen Leibregiments , 1 Bataillon erſten west preußischen Regiments , 1 Bataillon zweiten ostpreußischen Regi ments, 2 Compagnien ostpreußischer Jäger, 4 Escadrons bran denburgscher Husaren, 8 Geſchüßen und einigen ruſſiſchen Truppen, zusammen etwa 5½ Bataillone, 12 Escadrons, 24 Geſchüße = 5000 Mann.
Die Abtheilung des Majors v. Zepelin passirte
am 30ten die Elſter und Luppe und nahm später eine Stellung bei Rückmannsdorf zur Deckung der Straße von Merseburg nach Leipzig.
Der Feind hatte schon bis Zöschen pouſſirt.
Napoleon, in dem Glauben , die Alliirten ſeien bei Leipzig und Borna in zwei getrennten Massen aufgestellt, hatte geeilt, sich auf die bei Leipzig stehenden Kräfte zu werfen und sie zu schlagen, ehe der andere Theil herangeeilt sein würde.
Der Vice
könig von Italien hatte sich am 29. April nach einem für das 2. ostpreußische Infanterie - Regiment höchst ruhmvollen Gefecht in den Besitz von Merseburg gesezt und sich so mit Napoleon's Vorhut vereinigt.
Für den folgenden Tag hatten alle rückwärts
marschirenden Corps die Ordre, auf Leipzig zu eilen , während Marschall Neh mit seinem Corps
ihre Bewegungen
in
einer
Aufstellung bei den Dörfern Groß- und Klein - Görſchen decken follte. Die französische Armee war zum größten Theil am Morgen des 2. Mai in dem Raum von Weißenfels bis gegen Leipzig in der Stärke von 120,000 Mann , worunter aber nur 5000 Reiter. Auf der Seite der Verbündeten überſah man am 1. Mai die Lage Napoleon's ; es ward beschlossen, ihn am folgenden Tage in der Mitte jener Linie mit Nachdruck anzufallen und ausein ander zu treiben , während General v. Kleist bei Lindenau und rückwärts Stand halten sollte.
Aus diesem Verhältniß entſtand
235
die Schlacht von Groß - Görſchen , und wir werden den Antheil des Regiments nunmehr leicht aufklären können.
Der zweite Mai. Die beiden Musketier - Bataillone waren mit der Abtheilung des General v. Kleist am 2. Mai um 4 Uhr Morgens nach Lindenau zurückgegangen und dort zu nächst in der Reserve verwendet worden.
Auf diese Stellung
stießen zwischen 9 und 10 Uhr die Vortruppen des Corps v. Lau riston, welches sich bald in einer so überlegenen Stärke entwickelte, daß es darauf ankommen konnte , den Rückzug auf dem einzigen nach Leipzig führenden Damme mit Ordnung auszuführen. Es war Sonntag ; das herrliche Frühlingswetter, besonders aber Neugierde, hatte eine Menge gepußter Menschen aus Leipzig gelockt, welche sich das Lager besahen und auch wohl die in der Ferne rollenden Donner als interessante Scenerie des Schau spiels betrachteten. Wer hätte an einen Rückzug glauben mögen ? Officiere und Soldaten brannten vor Ungeduld , sich mit dem Feinde zu meſſen und hofften auf Arbeit.
Da flogen die Kano
nenkugeln heran ; die Zuschauer verschwanden blizesſchnell und der Ernst trat in den Vorgrund. Wiederholentlich hatte der brave Major v. Beyer, der Held von Labiszyn, die Officiere des 2. Bataillons vor die Front ge rufen, um eine seiner originellen Ansprachen zu halten. 1! Dies ,,ist ein heiliger Krieg , meine Herren , hier giebt es kein Rück "1 wärts ; man muß alle Brücken dahin als abgebrochen betrach „ ten." — Da kam plößlich der Befehl zum Abmarsch nach Leipzig.
11 Mir nicht gefällt ! " antwortete betrübt der Major, und mußte für heute doch noch die Brücken benutzen.
Das 1. Bataillon allein
follte zur unmittelbaren Vertheidigung mit 2 schwachen ruſſiſchen Jäger - Bataillonen und 4 3pfündigen Kanonen zurückbleiben. Der Major v. Derzen mußte mit Handschlag dem General v. Kleist
236
versprechen , die 4 Geſchüße nicht im Stich zu laſſen. Er ließ nun das Bataillon in den Gräben und zwischen den Zäunen von Lindenau debandiren und bald griff der Feind mit Hige diese Aufstellung an.
Es entwickelte sich schnell ein Gefecht auf sehr
nahe Entfernung ; man mußte Kolben und Bajonnet gebrauchen, um die von allen Seiten anstürmenden Tirailleurs sich vom Halse zu schaffen. Nachdem das Gros des General v. Kleiſt den Damm passirt hatte, ward auch Lindenau verlassen ; zuerst sollten die Ge schütze zurückgehen. Das eine derselben war demontirt, dem an deren waren die Pferde getödtet - als nun die Mannschaften durch ihre Hände sie fortbringen wollten, mußte man aufs Neue mit dem Feinde im wahren Sinne des Worts handgemein wer den, um die Kanonen zu retten.
Der Lieutenant v. Wilder
meth, Adjutant des Bataillons, sammelte in dem Wirrwar des Dorfgefechts einige freiwillige Jäger und Tirailleurs und führte sie mit dem Rufe : „ Und wenn der Kerle noch einmal so viele „ wären , die Kanonen sollen sie doch nicht haben ! " darauf los ; ein französischer Officier und die nächsten seiner Leute wurden auf den Kanonen erschlagen und diese zurückgebracht.
Ebenso hieben
der Unterofficier Bormann und der Musketier Priem einen schwer verwundeten russischen Stabsofficier , der gefangen fortgeschleppt werden sollte, mit Kolben und Bajonnet heraus.
Selbst der brave
alte Regimentsarzt Neumann blieb nicht zurück; unerschrocken, wie immer, war er, wo es am meisten Verwundete gab, mußte jedoch schließlich sein Geschäft einſtellen , als ihm das Verbindezeug vom Feinde genommen wurde.
So ging es zurück; an der Elſterbrücke
wurde Front gemacht und durch einen kurzen, aber festen Angriff der dicht folgende Feind zum Stußen gebracht. Fechtend und langſam passirte das Bataillon den letzten Damm, während der Lieutenant v. Wussow I. mit den 4 Schüßenzügen und Lieutenant v. Uklanski mit 2 Jägerſectionen die Arrieregarde bildeten. In Leipzig ſtellte es sich auf dem Fleischerplatz auf und die Brücke über die Pleiße
237
ward erst abgebrochen, als der letzte Mann ſie paſſirt hatte. Hier bei zeichneten sich die Musketiere Ziem und Peter durch Furcht losigkeit und Entschlossenheit aus ; während der Erstere die Bohlen beseitigte, hielt der Andere die feindlichen Schüßen, die wohl keine Patronen mehr hatten, durch sein Feuer zurück. Mit dem größten Unmuth hatte das 2. Bataillon den Kampf unthätig mit ansehen müſſen ; man hatte sogar deutlich im Laufe desselben bemerkt, wie die feindlichen Colonnen von der Leipziger Straße weg auf Groß - Görschen abbogen.
Man wußte, daß Ge
neral v. Bülow sich bei Halle schlug und hegte deshalb Besorg nisse
aber der General ließ die Stadt räumen und nur ihre
Ausgänge beobachten.
Der Feind folgte nicht.
Am Nachmittag
ging das Detachement dem höheren Auftrag gemäß noch bis Bors dorf zurück und besette den Uebergang über die Partha ; jedoch auch hier war troßdem, daß man noch immer den Kanonendonner von Groß- Görschen hörte, keines Bleibens ; noch Abends wurde Wurzen erreicht und dort der Mulde - Uebergang besetzt. Das 1. Bataillon hatte heute 6520 Patronen verschossen. Die freiwilligen Jäger hatten unter dem tapferen Uklanski ihre Feuertaufe rühmlich bestanden.
Der Verlust des ganzen Regi
ments bestand in 2 Jäger : Kühlbrunn, Fahrenholz ; 5 Todten { 3 Musketiere : Wook, Meisner, Kurze. 1 Officier (Lieutenant v. Wussow I. ), 30 Unterofficiere, Jäger und Musketiere verwundet. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten später Orden oder öffentliches Lob : Majors v. Zepelin , v . Derßen ; Capitain v. Reuß ; Lieutenants v . Uklanski , v . Wussow I., v. Wildermeth, v. Arnstedt; Unterofficiere Pohlmann ,
Giese , Bormann ; Oberjäger
Müller, Rohde, Guhse, Adler ;
238
Hornist Trumpf; Musketiere Priem, Peter , Ziem ; Jäger Harz, Mertens ; Regimentschirurgus Neumann. Schlacht bei Groß- Görschen. Wir haben den Leser daran zu erinnern , daß das Leib Grenadier- und das 3. Musketier - Bataillon in Breslau dem Corps des Generals v. Blücher zugetheilt wurden und in der Reserve - Brigade dieses Corps ihre Stelle hatten.
Am frühen
Morgen des 2. Mai hatte sich das Corps v. Blücher bei Groitsch, das Corps v. Yorck (bei welchem das Füſilier -Bataillon geblieben war) bei Audigast versammelt und beide traten nun jenen Marſch nach dem Schlachtfelde an , welcher durch die unglückliche Di rection der Colonnen, durch das fortwährende Kreuzen und Stocken der Maſſen ſo ſehr verzögert ward, daß dieser Verzögerung haupt sächlich der Ausgang der Schlacht beizumeſſen ist.
Dieses ewige
Aufrücken und Halten war um so ermüdender für die Truppen, als ihnen dadurch kein Augenblick der Ruhe gegönnt war. Nachdem endlich Alles bei Pegau über die Elster gegangen war, marschirten die Truppen vor den beiden Monarchen , dem König von Preußen und dem Kaiser von Rußland , vorbei ; es sollte für Viele der letzte Ehrengruß sein.
Dann entwickelten sich
die Brigaden und zwar die Reserve- Brigaden hinter den beiden anderen, zwischen Dannusen und Werben Marschall Neh hatte in der Nacht die Dörfer Groß- und Klein - Görschen , Caja und Rahna besezt , aber nicht vermuthet, in dieser Richtung angegriffen zu werden, da es ihm an Ca vallerie zur Erkundung fehlte. Als daher um 12 Uhr, noch während die Corps v. Yorck und v. Berg ( Ruſſen ) im Aufmarsch begriffen waren , eine ruſſiſche 12pfünder Batterie durch Abfeuern aller Geschüße das Signal zur Schlacht gab, waren die Franzosen vollständig überrascht und
239
verloren das Dorf Groß- Görschen durch einen entschloffenen An griff der Avantgarde.
Die 4 Dörfer bilden gewissermaßen ein
Viereck, deſſen Spiße , Groß - Görſchen , den Verbündeten zuge wendet war , und dessen Seiten , nicht über 1500 Schritt lang, einen von Gräben, Baumreihen und naſſen Wieſen durchschnittenen Raum einschließen. Um diese Dörfer und in dieſem Raum wurde nun fast ausschließlich gekämpft.
Alle Vortheile des Terrains
waren somit auf Seiten der , für ein solches Gefecht besonders fähigen französischen Infanterie , während die preußische , welche hauptsächlich hier verwendet wurde und auch wegen der geringen Intelligenz der Ruſſen nur zu verwenden war, jeden Schritt vor wärts mit Strömen Blutes erkaufen mußte.
So gelang es denn,
die 4 Dörfer nach einander zu erobern, jedoch nur auf kurze Zeit ; der Feind führte frische Reserven heran , welche die auseinander gekommenen Angreifer wieder warfen. Wurden dann diese wieder verstärkt, so gelang es ihnen wohl, den einen oder anderen Graben und Abschnitt wieder zu nehmen, bis sie so durch das Feuer ge litten hatten, daß sie den feindlichen Reserven nicht mehr Stand halten konnten.
Dieses Hin- und Herwogen ist der allgemeine
Charakter der Schlacht ; wir werden jezt den Antheil unserer ein zelnen Bataillone berichten. Das Leib- Grenadier - Bataillon. Nachdem die Reserve - Brigade ihre Aufstellung bewirkt hatte, rief der Commandeur , Major v. Bülow , die Officiere des Ba taillons zusammen und sprach: „ Meine Herren, ich wünsche Ihnen „ und den Leuten Glück zu dem heutigen Tage, der so sehnlichst „ von uns Allen erwartet worden ist.
Gewiß habe ich nicht nöthig,
„ Jemanden an seine Pflicht zu erinnern.“
Und als die Officiere
eintraten : „ Ich mache die jüngeren Herren noch besonders darauf „ aufmerksam, ihre Pläße nicht zu verlaſſen.“ Während nun die Brigaden Klüx
und Ziethen sich in
240
Groß- und Klein- Görſchen schlugen, in dieſen mörderischen Dorf gefechten aber aufgelöst die Heransendung eines Bataillons nach dem anderen aus der Reserve benöthigten , traf die Reihe auch das Leib-Grenadier-Bataillon.
Major v. Bülow führte dasselbe,
gefolgt von einer Escadron Ulanen , durch Groß- Görſchen und gerieth jenseits gleich in die Gefechtswirren, denn es schlossen sich ihm
die in dicke Tirailleurschwärme aufgelösten Bataillone an.
Unter wirksamem feindlichen Geſchüß- und Tirailleurfeuer wurde deployirt und avancirt. Zwischen die Dörfer hindurch zog sich ein breiter und tiefer trockener Graben, welcher gewissermaßen die mittlere Grenze des Vorschreitens geworden war : er wurde überschritten. Etwa 150 Schritt jenseits desselben sank Major v. Bülow tödlich ver wundet vom Pferde ; auch der Fahnenträger , Portepee - Fähnrich v. Schierstädt , wurde erschossen.
In diesem Augenblick drangen
die feindlichen Tirailleurschwärme unter lautem Ruf: „ en avant ! vive l'Empereur! " wieder vor ; gleichzeitig stürzte sich eine feind liche Escadron Dragoner (Badenſer) auf das Bataillon und ge rieth in dasselbe, bevor Carree formirt werden konnte. Ein dicker Knäuel, stand die Maſſe erst eine Zeit lang fest, bewegte sich dann, die feindlichen Reiter fest eingekeilt , rückwärts nach dem Graben, wo sie sich auflöſte und die Reiter von den Pferden ge schossen wurden.
Hier sammelte der Hauptmann v. Bose das Bataillon und führte es aufs Neue, doch in Colonne, vor gegen die im Graben aufgestellten Tirailleurs.
Es wiederholte sich derselbe Act.
So
kam ein Bataillon nach dem anderen in diesen Schmelztiegel, der zulezt auch das festeste Gefüge auflösen mußte. · Hin und her wälzten sich die ungeordneten Massen, bis es gegen 9 Uhr Abends dem Hauptmann v. Bose gelang , einen Theil des Bataillons zu sammeln und durch
Groß- Görschen zurückzuführen .
Erst die
Dunkelheit machte dem Gefecht und Schießen ein Ende ; es be
241
gann aber nun das Sammeln dieſer zersetzten Maſſen und die ganze Nacht ging hin , ehe die Abtheilungen sich einigermaßen geordnet hatten, denn kein Bivouacfeuer erhellte die Dunkelheit. Das Detachement der freiwilligen Jäger unter dem Haupt mann v. Quadt war beim ersten Vorgehen des Bataillons rechts neben Groß- Görſchen vorbeigegangen und hatte ein Erlengehölz besezt, auch einige Tirailleurs an den Graben entsendet.
Dieſe
lezteren nahmen Theil am Gefecht und hatten während des Hin und Herschwankens einen feindlichen Cavallerie - Angriff zu be stehen, der noch glücklich genug abgewehrt ward . Die Verluste waren bedeutend. Todt: Major v. Bülow ; Sec. - Lieutenant v. Gäde ; Portepee Fähnrich v. Schierstädt ; Oberjäger Gorski ; Unterofficiere Bohn, Pieper ; Jäger Franke, Gallecke, Schmückert, Schumacher, Züllichau, Rüdiger;
Grenadiere Bohm , Schormäz , Buchter , Hagen, Wegener, Weitge, Kuhn , Köppen , Mittag , Schuft, Hoch , Betz, Steffen, Tiede, Litter, Schulz, Margilier, Specknick, Erſt ling, Küster, Liepe, Störmann, Gottschalk, Wahl. mithin 2 Officiere, 35 Unterofficiere, Jäger und Grenadiere. Verwundet : Capitain v. Prüſchenk ; Sec.- Lieutenants v. Bar fuß, Graf v. Rödern, Graf Lüttichau I., v. Flanz, v. Cra nach, v. Sahr, v. d . Golk ; Portepee - Fähnrich v. Platen. mithin 8 Officiere, 32 Jäger, 139 Unterofficiere und Grenadiere. Vermißt: 29 Grenadiere.
Gefangen : 2 Grenadiere. Total: 10 Officiere und 257 Mann. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten später Orden oder öffentliches Lob : Capitains v. Bose, v. Quadt, v. Prüschenk; Sec. - Lieutenants
Graf Rödern, v. Foller II.; 16
242
Feldwebel v. Boden *), Grätz, Perschel; Compagnie-Chirurgen Heydecker und Köhler (waren während des ganzen Gefechts in der Schüßenlinie beim Verbinden thätig) ; Jäger Hausmann, Kröber ; Grenadiere Bielefeld und Konenberg. Das 3. Musketier - Bataillon wurde ebenso , wie das Grenadier - Bataillon , verwendet ; gerieth auf gleiche Weise in die Gefechtswirren und focht zuleßt auch, in dicken Tirailleurschwärmen aufgelöst.
Von einer Leitung des Ge
fechts wird nichts berichtet ; es scheint dieses bei der Verwundung des Commandeurs wie der meisten Officiere ſehr erklärlich.
Der
Verlust war ebenfalls bedeutend. Todt: Unterofficiere Braun, Rheims, Gippert; Musketiere Altmann , Bergemann ,
Dahms ,
Heidemann,
Liebenberg , Plög , Schüler, Schröder , Schwabe , Witte, Dambeck, Hennig, Merten, Lize, Deliz, Kohling, Lange, Maaß, Rockwit, Schulz, Ziß, Nürnberg, Friedrich, Trapp, Apfel, Christ, Töltge.
Verwundet : Major v. Ledebur ; Capitains v. Luck, v. Bibow ; Lieutenants v. Kampt , Gr. Pinto , v. Schildt I., v. Stwo linski, v. Rhöden , v. Schildt II.; und 131 Unterofficiere und Gemeine. Vermißt: Lieutenant v. Oppen und 40 Mann. Totalverlust: 10 Officiere, 201 Unterofficiere und Gemeine. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen: Major v. Ledebur ; Capitains v . Luck, v. Zastrow ; Bataillons arzt Marchand ; Feldwebels Watz , Lorenz,
Stahl ,
Lütke , Kapitki ,
Eugen ;
Unterofficiere
Schulz, Renz , Wegner,
Viereck ; Bataillons-Tambours Weinbrenner, Horn, Schaale; Musketiere Schulz, Janecke, Sens, Riet, Liepe, Mollenhauer.
*) Der nunmehr verstorbene Staatsminister v. Bodelschwingh war, als Westphale, unter dem Namen „ v . Boden“ ins Jäger - Detachement getreten.
243
Das Füsilier- Bataillon. Nachdem das Yorcksche Corps seine Stellung links hinter dem v. Blücherschen Corps eingenommen , bildeten das Füsilier Bataillon und das 1. oſtpreußische Infanterie- Regiment eine kleine Brigade auf dem rechten Flügel.
Die Monarchen ritten während
des Gefechts um die 4 Dörfer an der Front herunter und ver nahmen überall den freudigsten Zuruf und die Bitte , bald ins Feuer geführt zu werden.
Diese große Parade feierte der Feind
insofern mit, als er Kugeln und Granaten herüberschickte. Während man noch müssig unter dem Gewehr stand, sprengte ein französischer Jäger zu Pferde so heftig an das Bataillon heran, daß er den neben Major v. Guzmerow haltenden Lieute nant und Rechnungsführer Dumas de l'Espinol vom Pferde riß. Es kam zwar bald ein preußischer Garde du Corps hinterher ; der Franzose wehrte sich aber unmittelbar an der Tête des Ba taillons so verzweifelt , daß der Kampf erst durch einen Füsilier zum Vortheil des Garde du Corps entschieden werden mußte. Es kam auch hier, gegen Nachmittag , Schüßenzüge formirt wurden
die Zeit, wo die
und vorgingen.
Die freiwilligen
Jäger waren als 4. Glied so placirt, daß in jeder Schüßenrotte. ein alter kriegserfahrener Füsilier
neben einem der Jünglinge
stand, wodurch auch für spätere Zeit eine sehr glückliche Verbrü derung durchgeführt wurde.
Die Schüßen geriethen bald , an
dem bereits erwähnten Graben, ins Gefecht. merow ,
Der Major v. Guß
vielleicht nicht sehr wissenschaftlich durchgebildet ,
aber
immer auf dem Fleck und aufmerksam , hatte mit der Karte in der Hand alle Bewegungen beobachtet und war bald zu seinem Adjutanten in die sehr gerechtfertigten Worte ausgebrochen : „ Das geht ja heut' wie Kraut und Rüben durch einander."
Das Ba
taillon deployirte, als die Schüßen im Vorgehen stockten ; es trat an und empfing dicht an dem voll französischer Voltigeurs stecken 16 *
244
den Graben ein so heftiges Feuer, daß sogleich der Major , die meisten Officiere und eine beträchtliche Anzahl der Mannschaften verwundet wurden. Die obere Leitung hörte im ersten Augen blicke auf;
aber die braven Füsiliere stürzten
ohne Aufenthalt
gegen den Graben vor und verjagten das , was vor ihnen war. Frische Kräfte des Feindes zwangen sie jedoch wieder zum Zurück gehen ; sie schlossen sich als Tirailleurschwarm einem neu heran gekommenen Bataillon an.
So wogte auch hier der Kampf hin
und her, bis es gegen Abends 9 Uhr gelang , die Füsiliere zu ſammeln und aus dem Gefecht zu ziehen.
Capitain v. Kesteloot
führte das Bataillon , welches zuerst den Anblick einer schwachen Compagnie gewährte, nach dem Floßgraben in ein Bivouac, wo man die finſtere kalte Nacht ohne Feuer zubrachte.
Die Verluste
waren höchst bedeutend. Todt: Major v. Guzmerow *), Seconde-Lieutenant v. Flotow. Füsiliers Roth, Radloff, Remes , Gohl , Lewin, Hammel, Lahe, Judith ; außerdem 4 Unterofficiere 33 Mann, deren Namen nicht zu ermitteln sind.
Verwundet : Capitains v. Kesteloot (leicht) , v. Rexin ; Se conde-Lieutenants v. Eickstedt, v. Beher, Stockmar, v. Se lasinski, v. Schenk; 20 Unterofficiere, 4 Spielleute und 260 Füsiliere. Total: 9 Officiere , 319 Unterofficiere und Gemeine. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen , erhielten Orden und Lob: Major v. Gußmerow ; Capitains v. Kesteloot, v. Rexin ; Sec. Lieutenants Hartwich, v. Neander, v. Eickstedt, v. Beyer ; Jäger Hering; Unterofficier Zeige, Füsiliere Liepe, Riez.
*) Lebte allerdings unmittelbar nach der Schlacht , ſtarb aber bald nach her an den Folgen der Trepanirung ; er hatte einen Schuß im Kopfe gehabt.
I I I
245
Die Schlacht von Gr.- Görſchen iſt ,
nach dem Urtheil der
Zeitgenossen wie der kundigsten Historiker , nicht deutlich und ge ordnet zu schildern ; es war ein wesentlich durch Adjutanten und Galopins geleitetes Schlachten und von einer ſyſtematiſchen Ver wendung der Brigaden nicht viel zu erkennen.
Deshalb haben
wir uns auch lediglich auf die Anführung der Theilnahme der einzelnen Bataillone eingeschränkt.
Das Regiment hatte seinen
reichlichen Beitrag zu den Opfern gegeben , welche den hohen Zweck erreichen helfen sollten.
Es waren von 5 Bataillonen, mit
denen es am 2. Mai den Tanz eröffnen half, gewürdigt , den Heldentod zu sterben 4 Officiere und 105 Mann ; verwundet und vermißt 26 Officiere und 694 Mann. Hierbei ist noch zu erinnern , daß nur das Grenadier - Bataillon und das 3. Mus ketier - Bataillon in der etatsmäßigen Stärke von 801 Köpfen auftraten ; wogegen die 3 anderen Bataillone bedeutend schwächer erscheinen. Nach den Rapporten Ende April's zählte : das 1. Bat. zum Dienst : 16 Offic. 41 Unteroff. 371 Gem.; 14 "1 = 2. 11 41 354 "1 11 "1 11 13 46 375 11 11 "1 Füf.-Bat. "1 "1 "1
und die Jäger - Detachements : des 1. Bataillons 15 Oberjäger 167 Mann ; "1
2.
"
Füsilier -Bat. 15
11
15
11
185
11
"1
181
"I
Der erstaunlich geringe Stand der Bataillone ist daraus erklärlich, daß auf dem Rückmarsch von Rußland über 800 Mann frank in den Lazarethen zurückblieben, beinahe 200 andere zu den Reſervetruppen commandirt waren. Mochte aber auch der Ausgang der Schlacht nicht von den erwünschten Folgen begleitet sein , Alle hatten doch die Genug thuung , sich ihrer Vorgänger würdig geschlagen zu haben.
Der
alte Muth und Sinn der Grenadiere v. Waldenfels, der Schill schen Füsiliere, der braven Colbergschen Reserve - Bataillone , er
246
war noch lebendig und kräftig, und ließ auf beſſere Tage hoffen. Die Armee trat am folgenden Morgen unbehindert ihren Rück zug an, da sich die französischen Streitkräfte unverhältnißmäßig gemehrt hatten und ein Erfolg von weiteren Angriffen nicht ge hofft werden konnte.
Hatten doch auch die jungen Conſcribirten
Napoleon's so tapfer geschlagen, wie man es kaum erwartete.
Das Leib - Grenadier- und 3. Musketier - Bataillon brachen mit der Reserve - Brigade am 3 ten, nach Mitternacht, auf und gingen über Pegau in ein Bivouac bei Frohburg. Der Platz war schlecht gewählt ; er befand sich auf einer nackten Höhe ; als gegen Abend sich ein heftiger Sturmwind erhob , kühlte er die Atmosphäre so ab , daß sich Alles wieder im Winter glaubte und bei dem Mangel an Lebens- und Lagerbedürfniſſen ſehr zu leiden hatte. An Ruhe war auch nicht zu denken ; denn die Kälte zwang die Leute, auf den Beinen zu bleiben.
Am Morgen des
4. Mai paſſirte ein Transport französischer Kriegsgefangener, etwa 2000 Mann, den Plaz.
Es gereicht den preußischen Truppen
gewiß zur Ehre, daß sie, ungeachtet der im Kampfe erregten Er bitterung, dieſe Unglücklichen nicht allein ruhig und ernst an sich vorüberziehen ließen, sondern auch das Wenige, was sie noch an Brot und Branntwein selbst besaßen , mit ihnen theilten.
Gern
gestand man hier seinem Feinde zu, sich brav geschlagen zu haben ; denn es fanden sich gar viele Jammergestalten darunter, die kaum den Knabenjahren entwachsen waren. Der Rückzug ward in den Tagen vom 4. bis 12. Mai bis nach Baußen fortgesetzt.
Das Wetter und die Verpflegung beſſer
ten sich hier; die Zeit bis zur Schlacht von Baußen ward auch zur Inſtandſeßung der Ausrüstung, zum Schanzen- und Batterie bau fleißig benußt.
247
Das Füsilier - Bataillon bestand auf dem Rückzuge mit dem Yorckschen Corps am 7ten ein Arriergarden - Gefecht bei Coldiß, wo es glücklicher Weise nur 7 Mann verwundet hatte.
Am 10 ten vereinte es sich mit dem
1. und 2. Musketier- Bataillon, welche unter General v. Kleist am 2ten Abends ein Bivouac bei Wurzen bezogen hatten.
Wenn sich auch Verſtimmung über den
sehr eiligen Rückzug zeigte, so ist doch mit großer Sicherheit an zunehmen , daß diese kleine , fast nur aus Infanterie beſtehende Maſſe gar keinen Einfluß auf die Ereignisse bei Groß- Görschen ausüben konnte. Jede Offensive wäre ihr sicher sehr schlecht be kommen , und ein längeres Verweilen hätte auf den Entschluß Napoleon's keine andere Wirkung weiter ausgeübt , als die wir gesehen haben. Der weitere Rückmarsch an die Elbe ging ohne erwähnens werthe Ereignisse vor sich.
Am 7 ten stießen 4 Reserve-Bataillone
unter Major v. d. Golz zum Detachement und nach mehrfachem Alarmiren rückte das Ganze am 9 ten und 10ten über die Elbe zum Yorckschen Corps bei Gräfenhainichen, mit dieſem am 11ten und 12ten in anstrengenden Märschen ins Lager bei Baußen. Dort wurde das Detachement des General v. Kleist aufgelöst. Eine besondere Plage dieses Rückzuges war die , in Folge des Winterfeldzuges wahrscheinlich entstandene , contagiöse Augenent zündung.
Bei jeder Compagnie sah man bis zu 30 Mann mit
vom heftigsten Schmerz geschlossenen Augen von den Kameraden führen; verschont blieb fast Niemand aus den unteren Graden. Bei den Officieren fand sich die Krankheit erst später , jenseits des Rheins, ein. Im Lager von Baußen mußte viel an den Befestigungen gearbeitet werden, viel aber war auch im Inneren der Truppen
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theile zu thun. Es war eine der hervorstechenden Richtungen in der großen Thätigkeit des trefflichen Oberst - Lieutenants v. Zepelin, für das materielle Wohl seiner Untergebenen mit allen Kräften zu sorgen ; oft waren seine Bemühungen gesegnet , wenn andere Truppen darbten.
Bei Baußen fing der Mangel schon an recht
drückend zu werden ; da gelang es ihm , den Aufenthalt großer Viehheerden auszumitteln , die in dem benachbarten Spreegebiet versteckt waren.
Der Lieutenant v. Didron, ein Lausitzer, war so
glücklich, einen Transport von 80 wohlgenährten Ochsen ins Lager zu führen und wurde mit Triumph empfangen.
So konnte man
sich zu den neuen Anstrengungen vorbereiten.
Am 16. Mai erhielt das Corps eine neue Eintheilung : 1. Brigade : Oberst v. Steinmeß . 1. ostpreußisches Infanterie - Regiment ;
Leib - Infanterie - Regiment ; 2 Escadrons 1. schlesischen Husaren - Regiments ; 6pfündige Batterie Nr. 1 ; Reitende Batterie Nr. 2. 2. Brigade : Oberst v. Horn. Combinirtes Regiment Nr. 5 ; Combinirtes Regiment Nr. 6 ; 2 Escadrons 1. schlesischen Husaren - Regiments ; 6pfündige Batterie Nr. 2 ; Reitende Batterie Nr. 3. Reserve = Cavallerie : Oberst v. Corßwandt. Litthauisches Dragoner - Regiment ; 1. westpreußisches Dragoner - Regiment. Reserve = Artillerie : 12pfündige Batterie. 10 Bataillone (incl. 6 Jäger - Detachements) ; 12 Escadrons ; 4
Batterien.
Was die Stärke dieser Truppen anbetrifft, so war sie eine
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höchst geringe. Die 3 Bataillone des Leibregiments hatten, wenn der Verlust bei Groß- Görſchen von der Stärke vor der Schlacht abgerechnet wird, 1. Bataillon . . . . . . 16 Officiere 387 Mann, 182 11 " Jäger -Detachement . . 2 . Summa 18 Officiere 569 Mann ; 2. Bataillon ..
... 14 Officiere 389 Mann, 200 "I " Jäger -Detachement .. 2 Summa 16 Officiere 589 Mann; Füsilier - Bataillon . . . 13 Officiere 101 Mann, Jäger - Detachement
2
"
196
"1
Summa .. 15 Officiere 297 Mann *). Deswegen waren auch vorläufig die beiden Füsilier-Bataillone der Brigade , nebst dem diesseitigen Jäger - Detachement, in ein Bataillon unter dem Capitain v. Penzig combinirt worden. Ganz ebenso wird es sich mit den anderen Regimentern ver halten haben; das Corps zählte nicht mehr als 5673 Combat tanten ! Am 16ten wurde den Truppen die Allerhöchste Cabinets ordre vom 14. Mai bekannt gemacht , wonach die Stabsofficiere, wenn sie Abtheilungen führten und dabei in den Bereich des Flintenschusses kämen , vom Pferde steigen und den Dienst zu Fuß verrichten sollten. Während die Alliirten die Stellung hinter der Spree bei Baußen auf dem rechten Spree-Ufer besetzt hielten und zu einer
*) Das Beiheft zum Militär - Wochenblatt pro März , April , Mai 1847 weist für die beiden Musketier - Bataillone 1264, für das Füfilier - Bataillon 356 Mann auf. Die Tagesrapporte des Corps sind uns nicht bekannt ge worden ; es kann aber die Differenz von 106 Mann für die beiden Musketier Bataillone und 60 Mann für das Füfilier - Bataillon auch darin ihren Grund haben, daß von den leichter Verwundeten mehrere wieder zum Corps gekom men find.
250
neuen Schlacht vorbereiteten, befand sich die Mehrzahl der feind lichen Corps seit dem 15. Mai auf dem Marsche nach Bautzen einerseits , andererseits aber gingen auch durch Parteigänger und aufgefangene feindliche Correspondenzen im Hauptquartier Nach richten darüber ein , daß Marschall Neh und General Lauriston mit ihren Corps über Luckau und Senftenberg im Anmarsch auf Baußen seien.
Das Armee - Commando beschloß von dieser Ge
legenheit einen möglichst günstigen Gebrauch zu machen, und jene beiden Corps, noch vor ihrer Vereinigung mit Napoleon's Haupt kräften, anzugreifen und zu schlagen.
Zu diesem Zweck wurde der
russische General der Infanterie, Graf Barclay de Tolly, beauf tragt , mit dem Corps v. Yorck und den beiden ruſſiſchen Corps v. Langeron und Rajewski, zusammen also mit etwa 23,000 Mann, gegen Königswartha vorzugehen. Gefecht bei Königswartha - Weissig am 19. Mai *). Am 18. Mai Abends nach 9 Uhr versammelte sich das Corps v. Yorck in seiner Aufstellung bei Kreckwit und marschirte nach Mitternacht, die Brigade v. Steinmetz an der Tête, in der Rich tung auf Gotta am Löbauer Wasser ab. Nachdem man unter öfterem Stocken und Wiederaufrücken beim Dorfe Gotta das Waſſer passirt hatte und sich auf einem langen Damm befand, wurde gehalten, Kehrt gemacht und wieder nach Gotta zurückgegangen. Nach einem zweistündigen Halt wurde wieder angetreten und durch einen ununterbrochenen Marsch von 14 Stunden endlich Hermsdorf an der Spree Nachmittags 2 Uhr erreicht. Unterdeſſen waren die russischen Truppen auf einem beque *) Verfasser folgt in seiner Darſtellung zum Theil der oben erwähnten Abhandlung im Militär-Wochenblatt, erlaubt sich aber einige Zusäße und Ab änderungen in dem , was das Regiment betrifft, auf Grund der Erzählungen des General - Lieutenants a. D. v. Münchow und anderer Augenzeugen.
251
meren und kürzeren Wege marschirt und vor Johnsdorf,
Meile
östlich Königswartha, eingetroffen ; ihre Spigen hatten den Feind bei diesem Städtchen gefunden.
Dieser wurde in einem über
raschenden Angriff mit großem Verlust geworfen.
Es war eine
zur Verbindung der Hauptarmee bei Baußen mit den anmarſchi renden feindlichen Corps von Ney und Lauriston von dort ent sendete italienische Division , welche sich nun auf die Têten des Corps Ney repliirte. Neh befand sich auf der Straße von Hohers werda auf Königswartha ; Lauriston auf dessen linker Seite im Marsch über Mortka auf Weissig. Nachdem General v. Yorck bei Hermsdorf angelangt war, wollte er dem sehr ermüdeten und etwas auseinandergekommenen Corps einige Ruhe gönnen, deren es sehr bedürftig war.
Diese
Ruhe war indeſſen nicht von langer Dauer, denn der Hauptmann v. Selasinski überbrachte den Befehl des Generals Barclay de Tolly, daß das Corps sogleich in der Richtung auf Wartha vor gehen solle. Der Marsch geschah in folgender Ordnung : Spize: 1 Officier und 20 Huſaren. 1 Zug Füsiliere des Leibregiments, Lieut. v. Wohna. Füsilier - Bataillon des 1. ostpr. Regiments .
11
11
des Leibregiments.
Brigade v. Steinmez.
11
v. Horn.
General v. Yorck befand sich vor den Füsilieren.
Man hatte
das Dorf Weissig noch nicht erreicht, als in dem Walde, westlich davon, Schüsse fielen ; gleich darauf meldete der Officier von den Husaren zurück, daß der Wald vom Feinde besetzt sei. Oberſt-Lieutenant v. Steinmez ließ nun sofort das combinirte Füsilier-Bataillon munteren Schrittes gegen den Wald vorgehen ; es stieß in demselben auf französische Tirailleurs , welche ge worfen wurden.
Inzwischen besetzte das 1. Bataillon des ost
252
preußischen Regiments das Dorf Weissig gegen Steiniß zu ; die reitende Batterie Nr. 2 fuhr am Eichberge, westlich Weissig (einer Höhe, von der man das waldige Terrain umher übersah ) auf und beschoß die Têten der sich bei Steinitz zeigenden feindlichen Truppen. Unterdeſſen waren die Brigaden im Marsch geblieben und die Brigade Steinmetz zwischen dem Eichberge und
hatten sich
Weissig - die Brigade Horn weiter rückwärts in Reserve aufgestellt, um die weiteren Maßregeln des Feindes, welcher offen bar stärker erschien, abzuwarten. Etwas nach 4 Uhr kam jedoch ein neuer Befehl an den General v. Yorck,
die Richtung auf Wartha zu verlaſſen und
schleunigst auf Johnsdorf abzurücken, um den im Gefecht stehen den Ruſſen als Reserve zu dienen ; - ein Befehl, der durch das Erscheinen der Neyschen Truppen hervorgerufen war. So ungünstig dieser Befehl für die Lage der Expedition auch werden konnte, er mußte vollführt werden. Während also die Brigade v. Horn nach Johnsdorf ausbog, erhielt Oberst-Lieutenant v. Steinmeß den Auftrag, mit dem com binirten Füsilier - Bataillon, dem 1. ostpreußischen Regiment, dem 1. westpreußischen Dragoner - Regiment und 1 reitenden Batterie die Arrieregarde zu machen.
Weissig ward geräumt ; das com
binirte Bataillon erhielt Ordre, den Wald zu verlaſſen ; es hatte sich fortwährend in heftigem Feuergefecht mit den Franzosen be funden. Inzwischen kam gegen 5 Uhr der Hauptmann v. Selasinski aufs Neue vom russischen General mit der Genehmigung zurück, daß General Yorck nach seinem Antrage die Stellung bei Weiſſig halten solle ; zugleich trafen auch neben der Brigade v. Horn russiche Verstärkungen, etwa 1500 Mann, ein. Nunmehr machte die Arrieregarde Front und suchte die frü heren Posten wieder einzunehmen.
Das combinirte Füsilier - Ba
253
taillon ging vor ; die beiden Bataillone des 1. Regiments gingen an die Lisière des den Eichberg umgebenden Waldsaums ; das combinirte Füsilier - Bataillon der Brigade v. Horn beseßte einen kleinen Wald zwischen dem Eichberge und Weissig ; die Batterie und das Dragoner - Regiment waren noch unterwegs. Der Feind ließ indessen den Wald nochmals durch 4 Ba taillone angreifen und diese gegen das Eine Füsilier - Bataillon vorgehen, welches sich mit größter Bravour wehrte.
Vier andere Bataillone gingen gegen den Eichberg vor, der jedoch von den Ostpreußen behauptet ward ; gelang es ja ein zelnen feindlichen Trupps ,
in den Waldſaum einzudringen, fo
wurden sie mit Salven empfangen und von den bereit gehal tenen Soutiens wieder zurückgeworfen. Dieser zähe Widerstand bewirkte noch kräftigere Angriffe des Feindes, gegen die der Eichberg nicht gehalten werden konnte. Mehr fache Versuche der Ostpreußen, ihn wieder zu nehmen, mißlangen bei der großen Ueberzahl des Feindes, der sich sehr tapfer schlug ; man hielt aber doch vorläufig den diesseitigen Rand der Waldblöße. Unterdessen war die Brigade v. Horn und die Reserve Cavallerie herangekommen. Das Leibregiment hatte ſeine Schüßen und Jäger die des 1. Bataillons rechts , jene des 2. Ba taillons links der großen Straße nach Steiniz vorgezogen; Oberst v. Horn unterstützte
mit 2 Bataillonen seiner Brigade
den rechten Flügel; die beiden anderen sollten die combinirten Füsiliere ablösen. Schon hatten die Brandenburger Blicke in den Wald ge= than, aus dem das Gewehrfeuer so heftig schallte , daß ein Au genzeuge es dem „ Wirbel der Trommeln " vergleicht , als gegen 6 Uhr Abends der Hauptmann v. Schack, Adjutant des Generals v. Yorck,*) an die noch vor dem Walde befindliche Reſerve heran *) Derselbe Schack , welcher früher bei den Schillschen Füfilieren ſtand und nachmals als General und Chef des Stabes des 2. Corps ſtarb.
254
sprengte und den Befehl brachte, es solle sogleich ein Regiment gegen den Wald vorgehen.
Da aber in diesem Augenblicke noch
mehrere Regimenter vereint waren und alle nach der Ehre ſtrebten, wurde Hauptmann v. Schack um einen bestimmten Befehl ersucht. Er kam gleich zurück und sagte, das Leibregiment solle vor gehen; die große Straße ward
mit der Hand
T
als Direction
I gegeben. Oberst- Lieutenant v. Zepelin ließ nunmehr die beiden Ba taillone in der Angriffscolonne eine kleine Linksſchwenkung aus führen und auf ganze Distance auseinander ziehen ; es wurden die Schützen erreicht, welche sich in den Intervallen anhingen und das Avanciren durch geschlagenes und in Klafter aufgesetztes Holz in sehr unbequemer Weise fortgesetzt. eine lichte Stelle des Waldes.
So gerieth man an
Plöglich erhielten die Colonnen
heftiges Feuer; Major v. Zepelin, in der Absicht, dieses nicht blos auf die Têten sich concentriren zu laſſen und dasselbe weniger wirk sam zu machen, befahl zu deployiren und Salven zu geben. Dieses Manöver mußte verunglücken, weil die Intervallen zu klein gewor den und mit Schützen vollgestopft waren.
Die Têtenzüge gaben
ihr Feuer ab ; die anderen deployirten im „ Marsch Marsch! " General Yorck rief: „ Macht nicht so viel Umstände ! und geht „ darauf los ! “
Beide Bataillone nahmen , wie auf Commando,
das Gewehr zur Attaque rechts und saßen im Nu mitten im Feinde. Es begann nun eine
entsetzliche Mordscene.
Das Com
mando hatte eigentlich aufgehört , da alle höheren Officiere vom Pferde geschossen und fast alle anderen ebenfalls verwundet waren. Die Musketiere rissen sich ihre Opfer am Lederzeug oder am Kragen aus den Gliedern und würgten sie an den Kehlen ab ; wer verwundet gefallen war und noch kriechen konnte, kroch heran und würgte mit.
Ein solcher Anlauf war unwiderstehlich und die
Franzosen wichen so zurück, daß man sie außer Gesicht verlor.
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Wie weit die aufgelöste Masse beim Verfolgen gekommen ist, läßt sich heute nicht mit Sicherheit bestimmen.
Dichter Wald
hinderte den Meisten die Aussicht ; Einige entsinnen sich rechts vorwärts ein Dorf, welches vom Feinde besetzt war , durch eine Lichtung gesehen zu haben ; wahrscheinlich Weissig .
Man fing an
sich zu sammeln ; ein Theil des 1. Bataillons schloß sich rechter Hand einem Angriff auf den Eichberg an, während man auf der linken Seite rückwärts heftiges Gewehrfeuer vernahm. Hierhin wendete sich, da man vor sich nichts mehr sah , ein Theil des Der Adjutant des 2. Bataillons , Lieutenant 2. Bataillons. v. Wildermeth, körperlich schwächlich und kurzsichtig , mit der Brille vor den Augen , aber brav und energisch , zeichnete sich hierbei dadurch aus , daß er die Leute sammelte und eine solche Abtheilung mehrere Male gegen den Feind links führte. Der Hauptmann v. Holleben,
noch unterstützt von den Lieutenants
v. Herrmann und v . Elsner , sammelte endlich die Schüßen des Regiments so viel als möglich und führte das Gefecht am rechten Flügel, im Verein mit dem zu einem erneuten Angriff vorgehenden Bataillon des westpreußischen Regiments. Doch es war Abend geworden, und das Waldesdunkel hin derte die Streitenden ihren Feind
zu erkennen.
Theils dieser
Umstand, theils daß die hin- und herfließenden Wogen schwächer in ihrem Schlage, in ihrer Maſſe wurden , bewirkten , daß Alles sich einen Ausgang aus dem Walde zu erkämpfen strebte.
Der
Angriff der Westpreußen war mißglückt, auf allen Seiten fluthete es zurück; an den Todten mußte man sich die Richtung nach dem Waldſaume suchen.
Hier mühten sich Officiere des Stabes
der Truppen die Einzelnen zu sammeln und den Feind am Nachdrängen zu hindern.
Es war eine schwere Aufgabe, auf der
weiten Ausdehnung sich zurechtzufinden.
Alle die einzelnen Ge
fechtsscenen zu ordnen, welche hier erzählt werden, erscheint kaum möglich; nur das erhellt , daß auch der Rückzug oft durch die
256
überhand nehmenden Massen des Feindes gestört und mit dem Bajonet erkämpft werden mußte. Eine der Abtheilungen , auf einer kleinen Schonung ange= kommen, erkannte in der Richtung nach Johnsdorf zu eine ge schlossene feindliche Masse.
Als der Führer, Hauptmann v. Hol
leben, zu feuern befahl , rief der Lieutenant v. Elsner, welcher Ruſſen zu erkennen glaubte (an den leinenen Czakotüberzügen) : „ schießt nicht, es sind unsere Leute! " da erfolgte eine Salve des Feindes, und der brave junge Officier lag getödtet bei den Seinen. Allmälig gelang es, das Regiment, oder vielmehr die Ueber reste desselben, diesseits der Waldliſière zu sammeln.
Hier war
es, wo der feste und umſichtige Lieutenant Stern v. Gwiazdowski *) mit 4 Geſchüßen in einer vortrefflichen Aufstellung , den Sam melnden zum Mittelpunkt dienend , durch sein Feuer den vor prellenden Feind kräftig zurückwies ――― ein Kamerad aus Kurland! Bei seinen Geschüßen hatten sich Jäger und Musketiere, die meisten leicht verwundet, gesammelt und als Bedeckung Dienste geleistet. Gleichzeitig hatten aber auch die Brigade v. Horn bei Weiſſig und die litthauischen Dragoner durch ihre entschlossenen Angriffe die vordringenden Feinde so zurückgewiesen, daß sie an ein Vor drängen vorläufig nicht mehr dachten. Im ersten Moment des Sammelns repräsentirte Feldwebel Wengler mit etwa 40 Mann das 1. , Hauptmann v. d. Heyde mit etwa 80 Mann das 2. Bataillon. Allmälig vereinten sich auf dem Plaze, von wo aus man vorgegangen war, die noch übrigen Mannschaften ; es hieß, daß hier bivouakirt werden sollte. Wie waren die Reihen gelichtet ! Die Tirailleurzüge, welche später zurückkamen, zählten nicht mehr als 10 Mann ; faſt alle Officiere waren außer Gefecht gefeßt, kaum wußte man , wer Compagnien
*) War zuleßt Commandeur des 5. Artillerie - Regiments und lebt als General a. D. in Berlin.
257
und Bataillone führen sollte.
Nachdem man unter solchen Um
ständen einige Zeit verweilt hatte, kam der Oberst - Lieutenant v. Steinmeß und beauftragte den Lieutenant v. Münchow II., mit den 4 Schützenzügen des 2. Bataillons gegen den Wald vorzu gehen und zu sehen , ob der Feind noch in der Nähe sei , jedoch kein Gefecht herbeizuführen.
Vorposten waren eigentlich nicht auf
gestellt ; man wollte sich aber gegen einen Ueberfall schützen. Lieute nant v. Münchow hatte sich mit Vorsicht der Liſière auf 30 bis 40 Schritt genähert, als er starkes Feuer erhielt und die Branden burger auch gleich wieder Lust zeigten sich zu verbeißen. Auf wieder holte Mahnung des Brigade-Commandeurs gingen ſie aber zurück und es ward nun ein Bivouac, aber ohne Feuer, bezogen.
Nur
General v. Corßwandt ließ sich ein sogenanntes „ Stehfeuerchen “ dicht beim Regiment anzünden , an welchem sich bald , der Kälte wegen, zahlreiche Gäste einfanden. Dies Feuer diente wohl den aufmerkſamen Franzosen als Zielscheibe, denn plöglich fielen vom Eichberge her 2 Kanonenschüsse und auch Flintenschüſſe, von denen die ersteren das Feuer so gut trafen , daß die glühenden Scheite auseinanderfuhren und der Feldjäger Brehmer getödtet ward. In diesem Moment war General v. Yorck vor der Front noch mit Anordnungen beschäftigt ; auch auf seine Umgebung fielen von E rechts her Gewehrschüsse, welche unter Anderen einen seiner Ad jutanten , den Hauptmann v. Rohr, schwer verwundeten.
Der
General befahl sofort an die Gewehre zu treten; — man erwartete einen Angriff, aber es blieb Alles ruhig. So wurde denn um Mitternacht aufgebrochen
und
die
Truppen rückten nach einem sehr ermüdenden Nachtmarsche über Klix ins Lager bei Guttamelde. In jeder Weise hatte sich das preußische Corps in dieſem so merkwürdigen Treffen seines Rufes würdig bewiesen.
„ Im
„ Allgemeinen finde ich mich verpflichtet," sagt der General v. Yorck in seinem Bericht, „ Eurer Königlichen Majestät die mir unter 17
258
,, gebenen Truppen Allerhöchst Dero Gnade zu empfehlen , weil „ selbige nicht nur mit der größten Anstrengung , Bravour und „ Ausdauer, besonders am 19. d . M., gefochten, sondern sich auch 11, durch Ordnung und Folgsamkeit bei Ertragung der größten Fa "!, tiguen immer rühmlichst ausgezeichnet haben ; wobei es mir nur „sehr schmerzhaft ist , Eurer Königlichen Majestät den erlittenen
"1, ansehnlichen Verlust so vieler braven, Eurer Majestät und dem „ Vaterlande innigst ergebenen Männer melden zu müſſen ."
„ In diesem Gefechte , welches in jeder Beziehung eines der !! merkwürdigſten
in der
neueren Kriegsgeschichte bleiben wird,
,, weil ein an Anzahl so geringes Corps , nach einem höchst be „schwerlichen und langen Nachtmarsch , ohne Ausruhen , den un 11‚ gleich überlegenen Feind , unter sehr ungünstigen äußeren Um „ ſtänden , von 4 Uhr Nachmittags bis gegen 11 Uhr Nachts, 11, mit dem beſten Erfolge bekämpfte, haben Eurer Königlichen Ma ,,jestät Truppen die glänzendsten Beweise von Tapferkeit, Beharr= „ lichkeit und Folgsamkeit abgelegt und sich in jeder Beziehung „höchst musterhaft benommen.
Besonders haben sich selbige in
„ den äußerst kritischen Momenten der theilweise durch die Um „ ſtände nöthigen Rückzüge , bei dem gänzlichen Mangel an Mu "1 nition und bei dem Verlust fast aller ihrer Commandeure und „ Stabsofficiere, dennoch zum Theil von selbst und unter Anfüh „ rung junger Officiere wieder gesammelt „ augenblicklich „ ſie ,
und geordnet ,
sich
wieder mit frischen Patronen versehen , worauf
unaufgefordert,
von Neuem gegen den Feind vorrückten,
„ um denselben anzugreifen oder das erkämpfte Terrain zu be „ Haupten . . . . Aber auch ein alter Kenner und Führer, der Oberst - Lieu tenant v. Steinmetz , sprach sein Lob speciell über das Leibregi ment aus.
Zunächst wird des Hauptmanns v. Holleben ge
dacht , 11 der die Tirailleurs des 2. Bataillons führte, und mit „ Muth und Entschloſſenheit die Liſière vertheidigte, bis der An
259
„ griff von Neuem geschah, wobei er mit den Tirailleurs auf den „ Feind
eindrang. "
Auch der Hauptleute
v. d. Heyde und
v. Reuß, und des Lieutenants v. Treuenfels wird gedacht,
"1 indem dieselben , nach dem Zeugniß des Officier - Corps , ihre „ Pläße mit der größten Tapferkeit vertheidigten." „ Ich habe Gelegenheit gehabt , manch' schönen Beweis von „ Muth_und Entſchloſſenheit unserer Officiere zu sehen ..... Vom ,,Leibregiment ist es Lieutenant v. Eberhardt, der ein außer „ ordentlich braver Officier ist,
und der Feldwebel Wengler.
„Ich kenne diesen letteren Braven von der Belagerung von Col ,,berg her, und habe mich innig gefreut, hier aufs Neue zu sehen, "1 wie er mit großem Eifer die Leute zusammenhielt, sammelte und wieder vorführte."
Auch wird der Oberjäger Erdmann
genannt, der sich, gleich Feldwebel Wengler , würdig gezeigt, in die Reihe der Officiere aufgenommen zu werden.
Major v. Hiller bedauert "1 einen ausgezeichnet heldenmü "1 thigen Unterofficier vom Leibregiment , der sich stets voran zu
„ halten trachtete, dessen Namen leider nicht mehr zu nennen ist.“ Und schließlich General v. Yorck nochmals : „hatte jedoch ,
„ Der Feind
als das Leibregiment auf ihn stieß , den Wald
„ schon gewonnen , und wurde dasselbe nun in ein äußerst hart „ näckiges Gefecht verwickelt , wobei es alle seine Stabsofficiere „ verlor,
und aller Bravour ungeachtet, durch welche
„ dieses Regiment sich immer auszeichnet ,
den Feind
„ nicht abhalten konnte, durch den Wald zu gehen.“ Wir haben nun die zu nennen , deren Hingebung solches Lob hervorrief. Es starben den Heldentod : Premier -Lieutenant v. Hundt; Seconde - Lieutenants v. Elsner, v. Linger, v. Arnſtädt, v. Helmrich ; Feldwebel Balke ; Sergeants Adolphi, Joseph, Schubert ; Jäger Hävelke, Albert, Horn , Mewes , Krone, Lücke , Schwizki; 17 *
260
Hornist Trumpf ; Musketiere Lehmann ,
Millner , Meyer,
Schüß , Schrader , Schröder , Fickinger, Nolte, Otto, Fauſt, Henkel, Knietsch , Schulz V. , Liebenau , Günther , Scharff, Windig, Haase, Engelmann , Gutknecht, Hauderson, Zweig, Stein, Thielke ; Füsiliere Gallwad, Klopsch. Verwundet wurden : Majors v. Zepelin, v. Derzen, v. Beher ; Capitains v. Hagen, v. Diebitsch, Graf Schwerin, v. Häus ler, v. Rüllmann ; Prem.-Lieutenants v. Werder, v. Uklanski ; Sec.-Lieutenants Heim, v. Müller, v . Pröck I., v. Pröck II. Außerdem 361 Unterofficiere und Gemeine.
Gefangen und vermißt : 2 Jäger und 83 Mann. Summa : 19 Officiere und 482 Mann . Innerhalb 17 Tagen hatte so das Regiment 49 Officiere und 1278 Mann theils todt, theils verwundet.
Hiervon kommen an : Todten: auf das " " " " " "
1. Bataillon 2 Off. 2 "1 2. " - " Jäger- Bat. Füsil. -Bat. - "
13 Mann ; 18 " 12 " 3 "
Verwundeten :
9 5 -
Off. 67 Mann ; " 124 " 59 " " " 118 "
Vermißten: 21 Mann ; 30 " 23 "1
"
Im ganzen Yorckschen Corps war kein Truppentheil , der auch nur die Hälfte dieses Verlustes gehabt hätte.
Die ganze
Brigade v. Steinmeß zählte nur 664 Mann Verlust ; das Leib regiment allein hat davon Zwei Drittel geliefert ; die Brigade v. Horn hatte nur 186 Köpfe aufzuweisen. Das ganze Corps zählte 951 Köpfe Verlust ; das Leibregi ment allein davon mehr als die Hälfte.
Sein Antheil am Ruhm dieses theuer erkauft ,
und wird
Tages ist also
ihm hoffentlich auch
in
demselben Maße zugemessen. Auch die Fahne des 2. Bataillons hatte einen Schuß am Fahnenstock erhalten.
261
Das schwerste war der Verlust an alten Soldaten , an er probten, schon
in Colberg bewährten Kriegern.
Die Zukunft mußte, da sie nicht wieder ersetzt werden konnten, zeigen, ob das Regiment den Geist derselben ganz in sich aufgenommen hatte ! Ausgezeichnet hatte sich ein Jeder ; es war schwer, die Ver dienste der Einzelnen herauszuheben. Das Regiment erhielt Orden, welche Nachbenannten durch Wahl zuerkannt wurden :
Oberst - Lientenant v. Zepelin ; Majors v . Derzen , v. Beher ; Capitains v. Hagen, Graf Schwerin, v. Holleben, v. d. Heyde; Premier - Lieutenants v. Reuß , v. Werder, v. Felden ; Se conde - Lieutenants v. Wildermeth , v. Treuenfels , v . Eber hardt I., v. Lilljeſtröm, v. Frankenberg ; Feldwebel Wengler ; Unteroffic. Grundt, Brunnow, Holzkamm, Chalons, Braun ; Oberjäger Sperling ; Jäger Manche, Meher ; Musketiere Arndt, Michaelis, Grahm. Schlacht von Baußen den 20. und 21. Mai. Das
1.,
2. und Füsilier - Bataillon.
Bei Gottamelde trat einige Ruhe ein. Hier konnte man den Verlust übersehen , und der Rest der beiden Musketier - Ba taillone, an dienſtfähiger Mannschaft noch 21 Officiere, 62 Unter officiere und 556 Mann zählend, ward auf Befehl des Generals v. Yorck zu einem Bataillon unter Hauptmann , Graf Schwerin combinirt; während Hauptmann v. Kesteloot
die Füsiliere
des
Regiments und des 1. ostpreußischen Regiments führte. Die Jäger der beiden Bataillone traten unter Befehl des Lieutenants v. Fel den, die der Füsiliere unter Lieutenant Hartwich. Noch ehe die Kanonen sich hören ließen , wurde das Regi ment zum Antreten gerufen.
Der Prinz August von Preußen
war erschienen , und die Geschichte des Regiments darf es nicht unerwähnt laſſen, wie dieser tapfere Prinz demselben für das am gestrigen Tage bewiesene Benehmen seine Anerkennung und als
262
Preuße seinen Dank ausdrückte.
Lob wiegt oft nicht schwer, aber
mit dem Bewußtsein, es verdient zu haben, wiegt es doppelt aus dem Munde und Herzen eines solchen echten Kriegers. Als gegen Mittag des 20ten der Geschüßkampf die Schlacht eröffnete, rückte das Yorcksche Corps in die Gegend von Litten und ward hier meist zur Deckung von Batterien verwendet. Diese waren hinter Erdaufwürfen etablirt und die Bedeckungen meist gut gesichert, so daß letztere wenigstens nicht viel litten. Nachmittags kam ein russischer Stabsofficier zu der Batterie, bei welcher das Füfilier-Bataillon aufgestellt war, und fragte nach einem Truppentheile. Der Hauptmann v. Kesteloot trat an ihn heran , um Bescheid zu geben ; in demselben Augenblick crepirte eine Granate in der Nähe, und riß ihm die rechte Hüfte entzwei. Er ward sogleich in ein Gehöft in der Nähe getragen , welches der Sammelplag von vielen Schwerverwundeten geworden war. Leider war es unglücklich gewählt.
Es ward durch eine Granate
angezündet, und am anderen Tage war es mit allen Verwundeten verbrannt.
Der Brave, der hier eines so schrecklichen Todes starb,
war ein höchst verdienter und im Regiment geliebter Officier. Man erzählt sich , daß er die Gewohnheit gehabt , beim Angriff, ſtatt zu commandiren, den Füſilieren stets zugerufen habe : „ Füſi „ liere, immer rascher, immer rascher ! " und diese Art zu ermun tern in wachsendem Tempo bis zu dem erreichenden Punkte fort sezte.
Schade, daß er nicht bei anderer Veranlaſſung und unter
jenem Zuruf, ſein Ziel erreichend, gefallen ist! Am 21. Mai, dem zweiten Schlachttage, war das Loos des Regiments ebenfalls das des Zusehens.
Glücklicher Weise
waren die feindlichen Kugeln so höflich , meist zu hoch zu gehen oder zu früh zu fallen.
Der so hoch geachtete und kameradschaft
liche Brigadeprediger Schulz war mitten unter den Kriegs leuten. Als aber der Kampf nach und nach heftiger, der Kugelregen dichter wurde, da ſtand er plößlich auf, nahm voll Begeisterung
263 das Wort, und hielt unter dem Gesang der feindlichen Geschosse eine so herrliche und entflammende Rede, daß wohl nie ein Priester auf besserem Platz gestanden hat und jeder Soldat gern , wie am 19 ten, im heißesten Kampf gewesen wäre. Gegen das Ende der Schlacht, da das Blüchersche Corps seine Höhen verlassen mußte , erhielt General v. Yorck, leider zu spät, den Befehl, sie wieder zu nehmen. Es war Zeit verloren gegangen; der Feind hatte sie benutt, sich mit seinen Garden und mehreren Batterien dort festzusetzen.
Man gelangte bis Litten ;
dieses Dorf war aber so vollgepfropft von zurückgehenden Ab theilungen, daß eine Entwickelung unmöglich und der Verfuch auf gegeben werden mußte.
Man hatte nun das Schauspiel, daß in
der Entfernung von 400 Schritt in einer zurückgehenden ruſſiſchen Munitionscolonne durch eine Granate ein Fahrzeug getroffen und nun unter furchtbarem Krachen ein Wagen nach dem andern in die Luft gesprengt wurde.
Auf weite Entfernung bedeckten zer
rissene Menschen und Pferde das Feld .
Nachdem die Schlacht
abgebrochen war , nahm das Yorcksche Corps eine Stellung auf den Burschwitzer Höhen zur Deckung des Rückzuges .
Es
zeigte sich hier die ganze Festigkeit und Umsicht des Generals v. Yorck in ihrem vollsten Glanze.
Das Corps hielt Stand, bis
auch die letzte Abtheilung durchgegangen , die lezte Kanone ge rettet war, dann folgte es. Sturm und Regen vereinten sich, den Nückmarsch und das Bivouac bei Weißenberg zu belästigen. Der Verlust beſtand in 1 Officier (v. Kesteloot), 2 Mann an Todten und 3 Mann an Verwundeten.
Das Leib- Grenadier- und das 3. Musketier - Bataillon ſtanden am 20. Mai mit der Brigade v. Röder in der Reserve, vorwärts Preitig , auf dem rechten Flügel der Armee.
Jenes
wurde am 20 ten nicht gebraucht ; dieſes beſeßte anfangs Kreck
264
wiß, ward hier aber von einem Bataillon der Klürfchen Brigade abgelöst, und beide bivouaquirten dann bei Preitit . Am 21ten rückte die Brigade ins Centrum und stellte sich ins 2. Treffen hinter die russischen Garden ; um Mittag zog sie aber wieder nach Preitik , welches , in hellen Flammen stehend, schon vom Feinde occupirt war.
Die Tirailleurs des Leib - Gre
nadier - Bataillons gingen mit dem Normal - Bataillon vor, warfen den Feind und besetzten das Dorf.
Das Musketier - Bataillon
entſendete am Morgen die 3. und 4. Compagnie nach Bliskowiz zur Unterſtüßung der Garde - Füsiliere ; gegen Mittag , nachdem sich schon ein ziemlich heftiges Gefecht entwickelt hatte, trafen auch die beiden anderen Compagnien ein.
In einem Gehölz vor dem
Dorfe verwendet , fanden im Laufe des Kampfes der Premier Lieutenant Graf Pinto und der Seconde - Lieutenant v. Breder low Gelegenheit, die feindlichen Tirailleurs mit dem Bajonet zu rückzuwerfen und sich dabei hervorzuthun.
Als die Angriffe der
Franzosen auf dem rechten Flügel übermächtig wurden, ging das Bataillon zur Brigade zurück. Vom Leib- Grenadier - Bataillon war der Verlust : Todt : Lieutenant v. Strank ; Unterofficier Schulz ; Grenadiere Seeburg und Drücke ; Verwundet : 1 Mann.
Bom 3. Musketier - Bataillon waren Todt: Lieutenant v. Rosenbruch ; Unterofficier Schreinsdorf; Tambour Bock ; Musketiere Brook, Becker, Reuter, Huhn, Kokahn, Ramberg, Schröder, Dreger; Verwundet : 34 Mann.
Totalverlust: 2 Officiere und 58 Mann. Es erhielten Orden für dieses Gefecht : Vom 3. Musketier - Bataillon : Capitains v. Zastrow, v. Lukadou ; Seconde - Lieutenant v. Bre derlow ;
265
Feldwebels Waz , Eugen , Voßbruch ;
Unterofficiere Kapiţki,
Viereck; Musketiere Becker , Steindorf, Wachters , Hertel, Lenz, Jaenicke.
Der Waffenstillstand. Es läßt sich nicht hinwegleugnen, daß der nun folgende fort gesezte Rückzug anfing, Verstimmung unter den Truppen hervor zurufen.
Sie hatten keinen Ueberblick über die Lage der preußi
schen oder der russischen Armee, konnten nicht glauben , daß mit ihrem immer bereiten Muthe sie dem Feinde nicht Stand halten würden. Mit Mangel und Entbehrung täglich kämpfend, bot sich das Aequivalent der Nahrung , der Sieg , ihnen nicht dar , und man muß es dankbar anerkennen , daß sie diese schwere Pflicht bis zum letzten Augenblick getragen haben.
Die Ruſſen hatten
nicht diesen moralischen Halt; sie gestehen selbst ein, daß nach dem 21. Mai Unordnung in der Armee geherrscht habe. Armee zog sich über Bunzlau und Hainau
Die
auf Schweidnitz,
zwar vom Feinde verfolgt, aber nicht aufgehalten , zurück.
Das
Regiment hat keine besonderen Erlebnisse von diesem Marsch zu
berichten.
Am
24. Mai
bestand
es
ein
unbedeutendes
Arriergarden =- Gefecht bei Siegersdorf mit einem Verlust von 8 Mann. Nachdem anfangs Juni die Armee um den Zoptenberg sich vereint hatte, das Regiment am 6ten in die Stellung bei Jor dansmühle gerückt war, erfolgte am 7ten die Verkündigung, daß zu Poischwig ein Waffenstillstand abgeschlossen sei , und die Ba taillone erhielten folgende Cantonnirungsquartiere :
1. Bataillon : Großburg und Schweinebraten, 2. Bataillon: Kruschwitz,
•
Füsilier - Bataillon : Krausenau, 3. Bataillon : Maßwiß,
das Grenadier - Bataillon nach Wüst - Waltersdorf.
266
Die erste Aufgabe war die Ergänzung der Lücken, welche in den Officiercorps und in der Stärke der Mannschaften durch die Kugeln gerissen waren. Wir wissen, daß die neu formirte Landwehr vieler Officiere bedurfte, zu welchen ein vortreffliches und schon erprobtes Mate rial sich in den Feldwebeln der Linienregimenter sowohl , als in den freiwilligen Jägern fand.
Schon am 5. Juni, bei Jordans
mühle, versammelten sich die von den Truppen dazu vorgeſchla genen Individuen vor der Wohnung des Generals v. Yorck und erfuhren dort, daß Se. Majestät sie zu Officieren ernannt habe. Um dieselbe Zeit war die gesammte Mannschaft des 3. Reserve Bataillons des Leibregiments , welches deren nach der früheren Bestimmung 5 zählte, in die 3 alten Bataillone ( 1. und 2. und Füsilier - Bataillon ) eingereiht worden , wodurch denselben etwa 600 Mann im Ganzen zuwuchsen.
Allerdings schlecht bewaffnet,
bekleidet und ausgebildet, zum Theil blutjung, zum Theil Halb invalide, war dieser Ersat nur ungenügend. Was nun die Reserve - Bataillone anbetraf, so hatte das Regiment zwar schon in Königsberg eine bedeutende Anzahl von Officieren und Mannschaften zur Formation abgeben müssen, sie standen aber mit ihm sonst in keiner dienstlichen Beziehung .
Das
Regiment selbst gab die Mittel zur Formation von 4 Reserve Bataillonen her, von denen wir des einen, vom Leib - Grenadier Bataillon , schon Erwähnung gethan haben.
Ferner war durch
eine Cabinetsordre vom 3. März bestimmt,
daß das Reserve
Bataillon des Leib- Grenadier - Bataillons das 1. und das des 1. ostpreußischen Grenadier - Bataillons das 2. Reserve - Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments heißen sollten. 4 Reserve - Bataillonen noch ein fünftes .
So trat zu den
Jenes dritte war mit
einer offenen Ehrenerklärung, wie wir eben sahen, vertheilt ; das 1. und 2. Reserve - Bataillon wurden nun zu einem branden burgischen Infanterie - Regiment , und das 4. und 5. zum
267
12. Reserve - Regiment , jezt 24. Infanterie - Regiment, com binirt. Eine weitere wichtige Veränderung geschah durch die Aller höchste Cabinetsordre vom 22. Juni :
11 Der hohe Muth , womit Meine braven Truppen in dem „ jeßigen Kriege den alten Ruhm der preußischen Waffen bewährt „ haben, hat Mich bewogen, der Armee einen ausgezeichneten Be ,,weis Meiner Zufriedenheit mit ihrem Geist und ihrer Pflicht
" erfüllung zu geben, daß Ich aus ihrer Mitte zwei ausgezeichnete, ,,tapfere Bataillone *), verbunden mit dem ebenso braven Normal ,,Infanterie - Bataillon, zur Garde erheben und aus denselben das ,, 2. Garde - Regiment zu Fuß formiren werde.
Indem Ich solches
„ der Armee hiedurch bekannt mache , halte Ich Mich überzeugt, „ daß diese Auszeichnung sie auch in der Zukunft zur höchsten
"1 Kraftanstrengung ermuntern wird. Friedrich Wilhelm." Die Compagnien des bisherigen Füsilier - Bataillons wur den, wie sie standen , versett ; nicht so die Officiere, deren Ver ſeßung aus dem königlichen Cabinet ſelbſt angeordnet ward. Zum 2. Garde - Regiment zu Fuß kamen : Prem.-Capitain v. Rüllman,
v. Rexin,
11
v. Wildermeth,
"1
v. Lukadou;
"
Hartwich,
"1
v. Plehwe,
Stabs-Capitain v. Lilljeström,
11
v. Werder;
v. Eberhardt I.,
Sec.-Lieut. v. Schack,
"1
Neander v. Peters-
"
v. d. Horst,
"1
v. Flans,
"1
Marschall v. Bieber
-
Prem.-Lieut. v. Schenk, 11
Sec.-Lieut. v. Eickstedt,
11
stein ; Regiments - Chirurg. Hartmann.
hayden, *) Das 1. Bataillon des Colbergschen Regiments und das Füßilier - Ba taillon des Leib - Regiments.
268
Das bisherige 3. Musketier - Bataillon rückte nunmehr, wie es stand, als Füfilier - Bataillon in das Regiment ein. Für das Officiercorps war dies kein günstiger Zuwachs, nur insofern, als sich die Herren vom bisherigen 3. Bataillon größtentheils sehr langer Dienstjahre und alter Patente erfreuten. war es ein höchst würdiger Zuwachs .
Jedenfalls aber
Nicht blos bei Groß
Görschen, sondern auch bei Baußen hatte sich das Bataillon sehr brav geschlagen , wie dies auch Se. Majestät der König eines Tages im Lager vor dem Bataillon öffentlich zu erklären ge ruhten.
Endlich wurden Major v. d . Golz zum Commandeur des 12. Reserve - Regiments versett;
Major v. Carlowig zum Commandeur des Leib - Grenadier - Ba= taillons, Capitain v. Dallmer zum Major im 2. ostpreußischen Regiment ernannt; nur Major v. Beher , seiner bei Königswartha erhaltenen schweren Wunde wegen, als Oberst-Lieutenant pensionirt.
Diesen
ausgezeichnet tapferen und ehrenwerthen Mann zu ver lieren, war dem Officiercorps schmerzlich; es hat ihm bis an sein Lebensende das ehrendste Andenken bewahrt. Es wurden endlich zu Officieren avancirt : die Feldwebels Wengler, Weberling, Paris, Regner ; die Unterofficiere Greiser, Plöntig, Laube, v . Schlichting ; die Oberjäger Rohde, Guſe , Borkenhagen , v. Beher, Behrendt, Hartmann, Seefisch, Laurent, Spiller ; (diese sämmtlich zur Einstellung bei der Landwehr be= stimmt) die Oberjäger Hegewaldt und Wilberg im Regiment, und Müller, Kosack, Zimmermann, Holfelder, Sperling und v. Creilsheim in den Jäger - Detachements.
269
Durch anderweitige Ernennungen und Beförderungen wurde nun Anfangs August die Rangliste des Officiercorps folgende : Regiments - Commandeur : Major v. Zepelin ( ad int. Brigade Commandeur). Major v. Derten (ad int. Regiments - Commandeur). "I
v. Ledebur, Füsilier - Bataillon (bleſſirt).
11
v. Hagen, 1. Bataillon (bleſſirt).
"
v. Carlowitz, Grenadier - Bataillon.
??
v. Bose, 2. Bataillon.
Pr.-Capt. v. Diebitsch (blessirt),
"1
Pr.-Lieut. v. Barfuß, Füſ.,
Gr. Schwerin (ad int. 1. Bat.),
11
v. Lenz, Füs.,
"
v. Stwolinski,
"
v. Luck (ad int. Füſ.
"1
v. Schildt, Gren.,
11
v. Wüldknit, Gren.,
11
v. d. Heyde,
11
du Plessis,
11
v. Reuß, Gren.,
"1
v. Pröck I., Reg.- Adj.,
v. Holleben,
11
v. Kamece,
v. Zastrow, Füs.,
11
v. Koch,
Bat.),
=
"1
11
11
v. Zollikoffer I., Gren.,
v. Prüschenk, Gren.,
11
v. Lilljeström,
"
v. Steinäcker, Füs.,
"1
v. Wussow I.,
=
v. Häusler, Gren.,
11
11
v. Foller, Gren.,
v. Massow,
11
v. Zschüschen,
"1
v. Felden, Adj. bei der
St.-Capt. v. Kahlden, Gren., 11 "
v. Kampk,
"1
v. Schönermarck,
11
Gr. Pinto, Füs.,
Pr.-Lieut. v. Frankenberg, =
"1
"1
7. Brigade,
??
v. Chevallerie,
11
Dumas de l'Espinol,
v. Mach,
"
v. Schulenburg,
v. Treuenfels,
"1
v. Münchow I.,
"I
=
v. Uklanski, Jäger,
"I
v. Müller, Füs.,
"
Kinzel,
"
v. Lüderitz,
"1
v. Zenge, Gren.,
11
v. Münchow II.,
270
Pr. -Lieut. v. Wussow II., com mand. z. Gen.-St.,
"
v. Selasinski,
Sec.-Lieut. v. Didron, "
Heim,
"1
v. d. Golt I., Gren.,
v. Wohna,
"1
v. Schildt II.,
"
v. Höpfner,
"
v. Pröck II.,
"1
v. Lisniewski,
"1
v. Cranach,
"
v. Diezelski,
"1
Sennecke,
"1
v. Zollikoffer II., Gr.,
"1
v. Foller II., Gren.,
11
v. Tempelhof,
=
"
Sec.-Lieut. v. Beher II., Füs., Gr. Lüttichau I., Gr.,
=
v. d. Golt II.,
v. Herrmann,
"
v. Alvensleben, Gr.,
"1
v. Manstein,
11
Hegewaldt,
11
Stockmar,
"1
v. Schenkendorf,
"1
v. Eberhardt, Füs.,
"1
Monig,
11
Graf Lüttichau II.,
"
Hering,
"1
v. Homeyer,
"I
Magdorf.
=
11 "1
Officiere des Jäger - Detachements :
Sec.-Lieut. v. Boden, Gren.,
Sec.-Lieut. Zimmermann,
"1
Jacobi, Gren.,
"1
11
"1
Sperling,
11
Jungmeister, Gren., Müller II.,
"
v. Creilsheim.
11
Kosack,
Holfelder,
Unterstab: Regiments - Quartiermeister Kersten, Gren. Regiments - Chirurgus Neumann. 11
11
Wiedemann, Gren.
Bataillons - Chirurgus Marchand.
Der andere Theil der im Waffenstillstand zu erfüllenden Pflicht war die unablässige Sorge, die Soldaten sowohl möglichst
271
gut auszurüsten, als in die neuen Organismen durch Exercitium, Arbeit und Lehre die nöthigen soldatischen Kenntnisse hineinzu bringen.
Die in die alten Regimenter vertheilten Ersatzmann
schaften sowohl, als die Reserve- und Landwehr - Bataillone , er freuten sich, wie bekannt , Bewaffnung.
der mangelhaftesten Bekleidung und
Eine am 12. Juli von dem General v . Yorck über
10 Bataillone und 4 Schwadronen abgehaltene Revue muß in dieser Beziehung einen sonderbaren Anblick gewährt haben , denn der Regimentsbefehl von selbigem Tage sagt darüber Folgendes : „ Obgleich Se. Excellenz heute ihre Zufriedenheit im Ganzen „ bezeigt haben, so haben sie dennoch über das Nichtreinhalten der
11 Gewehre, Flicken der Jacken und Nichtannähen der Knöpfe , so ,,wie überhaupt über die Reinlichkeit im Anzuge öffentlich ihren „ Unwillen geäußert, und dem Herrn General v. Horn aufgetragen, "1 mit aller Strenge darauf zu halten u. s. w. —“ Zwar gab man die Erlaubniß , daß die Truppen während der Erntezeit den Landleuten beim Gewinn der Früchte helfen durften , doch wurde daneben mit Leidenschaft exercirt und Feld dienst geübt.
Besonders galt dies von den Landwehren , die oft
im Exerciren Ausgezeichnetes leisteten. Den ganzen langen Sommer tag hindurch sah man ganze Bataillone mit Zähigkeit die Uebungs plätze für sich behaupten und so drillen, daß am Ende die höheren Vorgesetzten einschreiten mußten.
An der taktischen Ausbildung
hat es meist nicht gelegen, wenn später die Rotten sich durch Krankheit lichteten , sondern an der schlechten Bekleidung , an der Verpflegung und der auch wohl nicht genügenden inneren Dis ciplin , welche den Soldaten leichter über solche Strapagen hin wegführt. Ende Juli endlich fand die neue Formation der Armee in 4 Corps statt.
Das 1. Corps, des Generals v. Yorck, erhielt in
Folge derselben nachstehende Eintheilung :
272
1. Brigade: Oberst v. Steinmez. 4 Gren.-Bataillone (darunter das Leib- Gren.-Bat.), 5. schlesisches Landwehr- Regiment, 13. "1 "1 11 2 Jäger - Compagnien, 4 Escadrons,
1 6pfündige Fuß - Batterie. 2. Brigade : Herzog Carl von Mecklenburg - Strelitz . 1. ostpreußisches Infanterie - Regiment, 2. " 11 "I 6. schlesisches Landwehr- Regiment,
4 Escadrons mecklenburger Husaren, 1 6pfündige Fuß - Batterie. 7. Brigade : Chef: General - Major v. Horn. Brigade - Commandeur : Oberst - Lieutenant v. Zepelin. Leib - Infanterie - Regiment, Thüringisches Bataillon, Landwehr , Brigadier : Oberst v. Welgien. 4. schlesisches Landwehr - Regiment, Bataillon v. Courbière, "
v. Kottulinski,
11
v. Knorr,
11
v. Reichenbach,
15. schlesisches Landwehr- Regiment,
Bataillon v. Sommerfeld, "I
v. Pettenkofer,
"1
v. Reibnitz, v. Wedell,
"
3. und 4. Compagnie Garde - Jäger,
3 Escadrons des brandenb. Huſaren - Regiments, 2 des 3. schles. Landw. - Cav. - Regts., "/ 1 6pfündige Fuß- Batterie.
273
8. Brigade: Chef: General - Major v. Hünerbein. Brandenburgisches Infanterie - Regiment, 12. Reserve - Regiment, 14. schlesisches Landwehr- Regiment, 1 Escadron des brandenb. Husaren - Regiments,
2
des 3. schles. Landw. - Cav.- Regts .,
1 6pfündige Fuß- Batterie. Reserve - Cavallerie : Oberst v. Jürgas. Litthauisches Dragoner - Regiment, Brandenburgisches Ulanen - Regiment (Nr. 3), Ostpreußisches National - Cavallerie - Regiment, 1. neumärkisches Landwehr - Cavallerie - Regiment, 5. schlesisches 10. "
"1
"
"
11
"/
11
Reserve - Artillerie : Oberst v. Schmidt. 2 12pfündige Batterien, 2 6pfündige Fuß - Batterien, 1 3pfündige Fuß - Batterie, 2 reitende Batterien, 2 Compagnien Pioniere. 44 Bataillone, 4 Comp. Jäger , 44 Escadrons , 13 Bat terien ; 37,738 Combattanten. (Das thüringische Bataillon, ursprünglich aus den für Na poleon ausgehobenen Contingenten der sächsischen Herzogthümer formirt, war am 13. April von einer preußischen Streifpartei unter Rittmeister v. Colomb überfallen und zur Capitulation ge bracht.
Es stand unter dem Major v. Lyncker, wurde anfänglich
vor Glogau verwendet , dann durch französische Ueberläufer voll zählig gemacht und darauf der Brigade v. Horn überwiesen. Deſſen Brandenburger sahen diesen Zuwachs anfänglich mit sehr aufmerkſamen kritischen Blicken an ; sie behaupteten auch, es würde 18
274
dort französisch gesprochen. Das tüchtige Benehmen der Thüringer, welche gute Schüßen waren, glich indessen Alles aus.
Nach der
Schlacht von Leipzig trat das Bataillon wieder unter die Befehle ſeiner Landesherren.) Nachdem die Truppen am 5. August , man kann wohl er messen mit welcher Freude , die Anweisung , sich schlagfertig zu machen, erhalten hatten , marschirte die 7. Brigade am 9ten ins Lager bei Rogau, wo auch die anderen Brigaden eintrafen . Nach dem Rapport hatte das Regiment heute folgende Stärke : Grenadier - Bataillon : 18 Off. , 56 Uoff. , 15 Spl ., 4 Chir., 717 1 " 1 " 132 dessen Jäger - Det.: 3 " 15 " 45 " 152 " 47 " 11 " 1955 die 3 Bataillone : 5 " 5 " 26 " 2 " 246 die Jäger :
Gem. Jäger. Gem. Jäger.
Am 11. August fand eine Parade des ganzen Corps vor den Monarchen statt.
Die vorbereitenden Befehle mögen ein Bild
vom Zustande der Ausrüstung geben :
"1 Regimentsbefehl.
Die Herren Officiere erscheinen in Cza
„ kots , weißen Hoſen und Torniſtern ; wer keinen hat , borgt sich
"1 einen von den Jägern.
Die Herren Majors werden im ersten
"/ Gliede keine weißen Jacken, kein schwarzes Lederzeug, noch irgend ,, etwas, was nicht probemäßig ist, dulden." Obgleich man eigentlich wohl nicht mehr wußte, was denn eigentlich probemäßig sei , somit die Sachen nehmen mußte, wie sie da waren, so geruhten Ihre Majestäten doch Sich wohlgefällig über den Zustand der Truppen zu äußern. Es wurde bekannt gemacht, daß in der Nacht vom 10 ten zum 11ten die Kriegserklärung Oesterreichs an Frankreich und zugleich alliirterseits die Auffündigung des Waffenstillstandes ge schehen sei, demnach die Feindseligkeiten am 15. August beginnen follten. Der General der Cavallerie v. Blücher hatte den Befehl über die schlesische Armee , bestehend aus
275
dem Corps v. Yorck, dem russischen Corps v. Sacken, dem "1 " Graf Langeron, erhalten. Zugleich ward im Lager bei Rogau unter dem Oberſt-Lieute nant v. Lobenthal eine Avantgarde für das 1. Corps gebildet : Füsilier - Bataillon 1. ostpr. Infanterie - Regiments, 2. 11 11 11 "1 Leib= 11 "1 "1 11 2 schlesische Landwehr - Bataillone, Brandenburgisches Ulanen = Regiment,
2 Escadrons 2. Leib - Husaren - Regiments , 1 Escadron schlesische Landwehr - Cavallerie, = 1 Fuß Batterie. 1 reitende
5 Bataillone, 8 Escadrons, 2 Batterien. Am 15. Auguſt brach die Avantgarde, am 16. die schlesische Armee gegen Jauer und Löwenberg auf: „ Mit Gott, für König und Vaterland ! "
18 *
Fünftes Einleitung
des
Buch. Feldzuges.
Gefecht am Hörſelberge den 19. Auguſt. Die schlesische Armee rückte am Fuße des Riesengebirges vor ; die Avantgarde des 1. Corps traf am 18ten in Adeldorf, an der Straße von Goldberg auf Löwenberg , --- das Gros bei Gold berg ein.
Jene hatte feindliche Bivouacsplätze bei dem Grädiß
berge, zwischen Hainau und Löwenberg, entdeckt ; ebenso auf dem die ganze Gegend übersehenden Hörselberge bei Löwenberg . In der Nacht zum 19 ten um 2 Uhr brach die Avantgarde gegen Löwenberg auf.
Als sie am Grädißberg vorbei durch Deut
mannsdorf (1 Meile vor Löwenberg) gegangen war, ließ Oberst= Lieutenant v. Lobenthal, nachdem die Schüßenzüge des 1. ostpreu ßischen Füsilier - Bataillons zur Besetzung des Dorfes zurückgelassen waren, die Tête der Colonne links herausbiegen und ging in den südlich gelegenen Wald . Hier formirten ſich die Schüßendiviſionen der übrigen Bataillone und rückten sogleich gegen den Hörfelberg vor.
Die Schüßen des neuen Füsilier - Bataillons repräsentirten
zum ersten Male das Regiment ; sie hatten , unter Hauptmann v. Zastrow, den äußersten linken Flügel.
Als sich die Linie dem Fuße des Berges näherte , gingen ihr von der Höhe die feindlichen Voltigeurs eilig entgegen. Der Hauptmann v. Zastrow gab sofort den Befehl, einen Anlauf mit
277
dem Bajonet gegen die Berge zu machen und erst zu schießen, wenn der Feind sie und den buschigen Grund dahinter verlassen hätte.
Dies geschah mit großer Entschlossenheit.
Ungeachtet der
vortheilhaften Aufstellung des Feindes hinter Gebüsch und Stein geröll ward er auf die hinterliegenden Höhen unter den Schuß einer Batterie zurückgedrängt. Kräften
Nunmehr drückte er mit frischen
gegen die linke Flanke und zwang die Schützen zu
weichen , bis das Soutien derselben vorging und ihn nochmals zurückwarf. Ein neuer Angriff mit Reserven auf die Mitte der diessei tigen Linie hatte denselben Erfolg ; da aber erschien der Major v. Krosigk mit dem Füsilier - Bataillon des brandenburgischen Re giments auf dem rechten Flügel und drang mit dem Bajonet gegen die linke Flanke des Feindes vor. Dies war das Signal zu einem erneuerten Vorgehen.
Der
Lieutenant v. Beher mit seinem Zuge (ihm hatte Lieutenant Sen necke sich freiwillig angeschlossen) erstieg mit „ Hurrah " den Berg, trieb Alles vor sich her, und da die anderen Züge folgten, wurden die Franzosen ( 3 Bataillone mit einigen Geschützen ) so aufge scheucht, daß sie schleunigst ihre Stellung aufgaben und sich, von einigen Kanonenschüſſen begleitet , Bober zurückzogen .
auf das jenseitige Ufer
des
Während dieses Gefechts war das Bataillon zur Sicherung der rechten Flanke gegen Ludwigsdorf verdeckt aufgestellt worden. Es vereinte sich nach dem raschen und glücklichen Ausgange mit dem Gros ,
welches
an den hohen Thalrand des Bober bis
Braunau ging und ein Bivouac bezog.
Die beiderseitigen Vor
poſten ſtanden sich sehr nahe gegenüber ; und die jungen Soldaten konnten sich darüber gar nicht beruhigen. Sie meinten, man müſſe jeden Franzosen gleich niederschießen, so wie man seiner ansichtig würde ; da von jenen Gleiches mit Gleichem vergolten wurde, so schossen sich in der ersten Stunde die Gegner so müde, daß sie
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endlich stopften ; es trat gegen Abend vollständige Ruhe ein. Ja man ging sogar von beiden Seiten nun so weit, unter Lachen und Scherzen Wasser aus dem Flusse zu holen.
Der Verlust
des Bataillons betrug nur 4 Verwundete; unter ihnen Lieutenant Sennecke (leicht ).
Besonders
bemerkt werden
die Lieutenants
v. Beyer , Sennecke, v. Eberhardt, v. Cranach, v. Selaſinski, und der Compagnie - Chirurgus Nichterlein, der regelmäßig mit in die Feuerlinie ging. Am 20. Auguſt blieb die Avantgarde in der Stellung bei Braunau, ohne daß etwas gegen den Feind versucht wäre. Das Gros des 1. Corps war ohne Gefecht ebenfalls am Grädigberge vorbeimarschirt, auf welchem sich während des An griffs der Avantgarde der Feind , ohne berücksichtigt zu werden, gezeigt hatte.
Alle Brigaden waren am 20. und 21. Auguſt vor
Löwenberg vereinigt.
Gefecht bei Löwenberg den 21. Auguſt. Während der Nacht und am Morgen des 21 ten fiel ein feiner Sprühregen, der jede Fernſicht verhinderte. Um 8 Uhr klärte sich das Wetter auf und von Neuem_be gann das Schießen zwischen den Vorposten. Um diese Zeit wurde der Hauptmann v. Holleben mit den Schüßenzügen des 1. Bataillons unter Befehl des Majors v. Sohr gestellt, welcher eine Recognoscirung mit diesen und einer Esca dron Brandenburger Husaren über Tirkwitz ( 1 Meile von Löwen berg) machte, den Bober passirte und jenseits bald auf den Feind stieß ; er war so überlegen , daß der Rückzug angetreten werden mußte.
Es
ging dabei etwas
eilig her; der Entschlossenheit
des Lieutenants v. Lisniewski , welcher die Arrieregarde führte und unter dem Feuer die Brücke zerstören ließ , verdankt man, daß der Verlust gering war.
Leider wurde bei dieſer Gelegenheit
279
ein im ganzen Bataillon in hoher Achtung stehender Unterofficier Damm gefangen *).
Mittlerweile war es im feindlichen Lager lebendig geworden ; großes Vivatgeſchrei und emsiges Durcheinanderlaufen ließen auf etwas Außerordentliches schließen.
Der Kaiser Napoleon war an
gelangt und hatte auch sogleich den Vormarsch des Corps v. Ney befohlen.
Gegen Mittag verstärkte der Feind seine Vorposten ;
diesseits geschah ein Gleiches : das Gewehrfeuer ward lebendig in der ganzen Ausdehnung der Aufstellung.
Die Avantgarde trat
unter die Waffen, als der Feind einige Bataillone an die Brücke vorrücken ließ ; eine preußische Batterie fuhr auf und begrüßte jene; bald flogen Kugeln und Granaten hinüber und herüber. General v. Blücher zog es unter den eingetretenen Umſtän den, der allgemeinen Instruction gemäß, vor, hier keine Schlacht anzunehmen und befahl den Rückzug.
Gegen 2 Uhr begann die
Avantgarde langsam dem Gros zu folgen.
Das Füsilier - Ba
taillon des Leib - Regiments mußte sich zuvörderst etwas links schieben, um verdeckt längs des Höhenrandes fortzugehen. Dieser Bewegung folgten die Schüßen im Thale nicht sogleich.
Der
Lieutenant Müller, Adjutant des 2. Bataillons, hatte vom Pferde steigen und den steilen Thalrand zu Fuß hinabklettern müſſen ; ſo erhielten jene den Befehl nicht zeitig genug und blieben zurück. Der Feind passirte inzwischen den Bober und seine Caval lerie sette auf die Schüßen an.
Sie zogen sich fechtend und
anfänglich von Bäumen im Thal gedeckt zurück; als sie aber die Höhe hinanwollten, war auch der Feind schnell hinterher ; sie *) Damm rettete sich jedoch noch am selbigen Tage. Von einem franzö fischen Küraſfter fortgeführt , war der Reiter so unvorsichtig , den Damm das geladene Gewehr tragen zu lassen. Dieser benußte denn auch diese Sorglofig keit; er ließ den Franzosen etwas vorreiten , schoß ihn dann vom Pferde und schwamm mit Gepäck und Waffen durch den Bober. Als er zurückkam, lauter Freudenruf: ,,Damm ist wieder da ".
280
formirten ein Knäuel, traten in eine fumpfige Stelle und blieben hier so lange umzingelt, bis endlich vom Bataillon 2 Züge zur Degagirung entfendet wurden. Feinde zu entziehen.
Es gelang glücklich, sich dem
Den ferneren Rückzug machte das Bataillon
mit den brandenburgischen Füsilieren ; die Avantgarde bezog ein Bivouac bei Wilhelmsdorf.
Dort kam während der Nacht der
Befehl zur Auflösung der Avantgarde und zum Einrücken der Truppentheile in ihre Brigaden. Während des Gefechts hatte sich ein alter Officier des Regiments , Lieutenant v. Röder *) , Adjutant des Oberſt - Lieute nants v. Lobenthal, sehr thätig und brav gezeigt.
Stets zu Pferde
in der Feuerlinie, gab er den jungen Leuten ein schönes Beiſpiel der Unerschrockenheit. Der Verlust des Bataillons war : Todt : Lieutenant v. Schildt (ſtarb gleich nach dem Gefecht an seinen Wunden ) ; Füsiliere Balzer , Bock, Müller , Bugge, Rackwitz, Ganzer, Peter und Wilhelm Liesengang, Breh. Verwundet : 25 Unterofficiere und Füsiliere. Gelegenheit zur Auszeichnung fanden : Lieutenant v. Beher, Füsilier Reetz,
"1
Steindorf,
Sennecke ;
11
Meyer,
Unterofficier Förster,
11
Bauer,
"
v. Eberhardt,
"1
"I
Zilm,
"1
Viereck,
"1
Jahn;
"1
Schulze,
und wieder Chirurgus Nichterlein. Außer den Füsilieren und den Schüßen des 1. Bataillons waren vom Regiment Niemand in das Gefecht gekommen.
Die
Officiere des 1. Bataillons im Gegentheil hatten ganz friedlich
*) Lebt als General a. D. zu Goſchüß bei Neumarkt.
281
vom hochgelegenen Park des Schloſſes Holstein aus das schöne Schauspiel eines Gefechts aus der Vogelperspective.
Unterſtüßt
durch den Genuß eines lange entbehrten splendiden Dejeuners mußte dies eine angenehme Unterhaltung sein. Das 2. Bataillon hingegen mußte mit
einem Landwehr
Bataillon während der Nacht Soutien der Vorposten bilden und unterm Gewehr bleiben. Am 22. Auguſt wurde uuter dem Oberst Welzien eine Arriere garde aus den 3 Bataillonen des Leibregiments und 2 Bataillonen schlesischer Landwehr gebildet, welche um 11 Uhr dem Corps folg ten. Sie rückten ohne Gefecht ins Bivouac, hinter der Kazbach bei Dohnau. Am 23 ten , während des Gefechts bei Goldberg, rückte die wieder vollständige 7. Brigade nach Jauer ; am 24ten vereinigte sich dort die Armee.
Sie sah nicht mehr so frisch aus wie beim
Abmarsch. Fortwährende Regen, grundlose Wege, zum Theil sehr schlechte Nahrung , alles hatte sich verschworen , den Anfang so schwierig als möglich zu machen.
Die Bekleidung durchnäßt, die
Stiefel und Schuhe verdorben ,
die Kräfte durch beschwerliche
Märsche und Anstrengungen angegriffen, die Krankenzahl hoch ge= stiegen : dies war der äußerliche Zuſtand — innerlich aber war, besonders in den alten Regimentern, noch immer der schöne En thusiasmus lebendig.
Es läßt sich nicht abstreiten , daß der gute
Wille und die Hingebung der Truppen im höchsten Grade in Anspruch genommen worden , verwendet war.
daß ihre Lebenskraft erschöpfend
Sie schien aber sich immer neu gebären zu
wollen : der Tag sollte kommen , wo sie mit Wucher die Zinſen des daran gesetzten Capitals einlöseten.
282
Schlacht an der Kazbach den 26. Auguſt. Das Yorcksche Corps brach am Morgen um 5 Uhr auf. Kein Lichtblick der Sonne wollte den Weg erhellen ; es war, als wolle der Himmel den Preußen nicht helfen und ihnen allein die Arbeit und die Ehre des Tages lassen.
Sturm und Regen be
gleiteten die Colonnen bis Brechtelshof und Triebelwig , wo sie sich neben dem Corps v. Sacken so aufstellten , daß die 2. und 8. Brigade in die erste Linie, die 7. Brigade in Reserve kam ; die 1. Brigade aber bei Schlaupe die Verbindung mit dem links bei Hermsdorf stehenden Corps v. Langeron zu erhalten trachtete. Bei der 7. Brigade wurden erst die Gewehre zusammengeseßt, Anstalten zum Kochen gemacht - die Feuer wollten aber nicht brennen; es war ein mageres, schlechtes Mittagessen.
Nachdem zwei feindliche Corps bei Nieder - Krahn und Doh nau die Kazbach und wüthende Neiße überschritten und ihre Ent wickelung auf dem diesseitigen Plateau begonnen hatten, trat die schlesische Armee an, um den Feind zurückzuwerfen.
Die russische
und preußische Cavallerie, gefolgt von russischer Infanterie und der diesseitigen 2. und 8. Brigade, stürzten sich nach heftigem Artillerie feuer so entschlossen auf den Feind, daß er nach kurzer, wenn auch heftiger Gegenwehr geworfen wurde, der Kampf ward von Seiten der Infanterie nur mit Kolben und Bajonet geführt : es war dies die Gelegenheit für das brave 12. Regiment, seinen Muth zu zei gen, indem es 2 feindliche Bataillone niedermachte. Die 7. Brigade blieb während der glänzenden Thaten ihrer Kameraden leider nur eine müssige Zuschauerin und ſah mit Neið die Trophäen des Tages , Schaaren von Gefangenen und feind liche Batterien vorüberführen.
Sie bezog am Abend einen Bi
vouac bei Bellwighof; allerdings mußte das Siegesgefühl für den Mangel aller Lebensbedürfnisse entschädigen.
Gegen Abend stei
gerte sich das Unwetter bis zum fürchterlichsten Orkan, der auch
283
die ganze Nacht hindurch tobte.
Bis auf die Haut durchnäßt,
auf durchweichten Stoppelfeldern , fand Niemand ein Plätzchen zum Ruhen ; wo man sich legen wollte, sammelte sich das Waſſer sogleich in einer Pfütze an. Dieser Sieg aber war der Anfang 11 der immerwährenden Verfolgung des Feindes bis an den Rhein “. Am Morgen des 27. Auguſt erhielt die 7. Brigade die Be stimmung, als Avantgarde des 1. Corps den Feind zu verfolgen. Zu diesem besonderen Zweck wurde dem General v . Horn die Cavallerie - Brigade des Oberst v. Kazeler überwiesen.
Diese leg
tere ging voraus - Alles eiligst hinunter in's Thal der wüthen den Neiße und bei Nieder- Krahn über die Brücke, wo auch das Waſſer den Leuten schon bis über die Hüften reichte.
Der Weiter
marsch konnte nur auf einem Wege ausgeführt werden , der im wahren Sinne des Worts
durch stehen und stecken gebliebene
Fahrzeuge aller Art verbarricadirt war.
Nach vielem Halten und
Ausbiegen, wobei man bis an die Knie in den Moraſt gerieth, wurde die Brücke bei Kroitsch erreicht. Unter gewöhnlichen Verhältnissen hätte man hier Halt ge macht, denn der Fluß rauschte in furchtbarer Schnelle und Waſſer menge vorüber : aber heute gab es kein Hinderniß , man mußte hinüber , um auch keinen Franzosen entwischen zu laſſen.
Ein
Bauer ging mit einer langen Stange voraus, um eine Furth zu probiren, die Truppen folgten ; es war freilich alle Munition trog der größten Sorgfalt verdorben.
Da aber die Cavallerie Vor
sprung genommen hatte, folgte ihr zunächst das Leib - Füsilier Bataillon und das schlesische Landwehr - Bataillon v. Sommerfeld bis etwa eine Viertelmeile über Kroitsch hinaus. Die Brigade blieb im Dorf. Am 28 sten erfolgte Weitermarsch bis Hahnau, wo die ganze Brigade untergebracht wurde. Rein ausgeplündert, bot die Stadt nichts dar ; nur was die Einwohner zu verstecken gewußt hatten,
284
etwa 100 Brode, brachten sie freiwillig.
Der Hunger mußte er
tragen werden ; größere Noth als er, verursachte der Zustand der Bekleidung.
Sie hatte sich fast aufgelöst ; schon mußten viele Leute
barfuß gehen.
Doch fand man wenigſtens Gelegenheit, die Sachen
zu trocknen *) . Am 29 ſten trafen endlich auch die Munitionswagen ein und es konnte der Mangel an Patronen dadurch wenigstens ersetzt werden, daß jeder Füsilier und Schüße 30, der Rest der Mann schaften 10 Patronen erhielt. Trotz des Drängens und Treibens aus dem Hauptquartier, war es den Führern der Avantgarde nicht möglich geworden, dem Feinde so dicht auf zu folgen, als man es bei günſtigeren Wegen hätte erreichen können.
Die Soldaten waren so ausgehungert
und abgemattet, daß sie kaum noch marschiren konnten ; die Land wehr- Bataillone hatten sich fast aufgelöſt : „ ein großer Theil “, sagt der Bericht des Generals v. Horn , "1 ist des Hungers wegen nach Hause gegangen " (was in den Nachtmärschen leicht möglich war).
Andere, die Ober- Schlesier , blieben wohl aus Mangel
an gutem Willen zurück. Die 7. Brigade gelangte am 29 ſten bis Gnadenberg ; dort hatte der Feind sich gesetzt.
Noch durfte sie, troß der Bitte des
Generals um Unterstützung, nichts unternehmen.
Auch das Haupt
quartier, welches immer trieb, unterließ es wohl, genügende Nach richten und Instructionen zu geben.
So ward aber doch endlich
die Brigade am 30. August gegen Bunzlau dirigirt, wo der Feind Stand hielt.
*) In Haynau lebte der Lieutenant Gramsch , vom Grenadier - Bataillon Waldenfels uns bekannt , als Postmeister. Dem alten Kameraden ward von den Officieren zahlreicher Besuch, und keiner verließ sein Haus, ohne wenigstens durch Brod und Branntwein erquickt zu sein. Die Officiere benußten die Ge Legenheit , ihre Kleider zu trocknen und saßen inzwischen größtentheils im ada mitischen Zustande um den Tisch herum.
285
Gefecht bei Bunzlau am 30. Auguſt. Bunzlau liegt etwa 800 Schritt vom rechten Boberufer ent fernt, der hier mit einem Arme, das Mühlenfließ genannt, eine kleine Insel umschließt.
Die Straße nach Görlitz überschreitet
auf 2 hölzernen Brücken die beiden Flußarme und steigt dann in der langen Vorstadt Tillendorf zum jenseitigen Thalrande auf wärts.
Auf der Insel befindet sich links der Straße eine Reihe
kleiner Gärtnerwohnungen von Fachwerk; rechts liegen umzäunte Gärten , jenseits unmittelbar an den Brücken die ersten Häuser von Tillendorf.
Oberhalb der beiden Brücken befindet sich die
Obermühle mit einer Passage für Fußgänger.
Der Strom war
stark angeschwollen. General v. Horn hatte die Absicht, durch Umgehung der Stadt und directen Angriff auf die Brücken , ein Straßengefecht zu vermeiden.
Der Oberst v. Kazeler erhielt zu dem Ende den
Auftrag ,
dem
mit
brandenburgischen
Ulanen - Regiment ,
den
Schüßenzügen des Füsilier - Bataillons und den beiden Jäger detachements des Regiments gegen den Bober vorzugehen.
Zu
gleich sollten ihm 2 russische Bataillone und eine 12pfündige Batterie als Reserve folgen, während das Leib-Füſilier-Bataillon und 2 schlesische Landwehr - Bataillone Anſtalten zum Scheinan griffe gegen die Stadt träfen. Als der Feind diese Bewegungen erkannt hatte , verließ er eiligst die Stadt und zog sich nach Tillendorf zurück ; ein Ba taillon, am Mühlenfließ aufgestellt, nahm ihn auf.
Sonderbarer
Weise hielt es sich nach vollständiger Erfüllung dieses Auftrages noch auf. Die Jäger und Schüßen des Regiments waren , der Ca vallerie im Trabe folgend , auf der Crête des Thalrandes ange langt , als sie das feindliche Bataillon bemerkten und nun durch eine Schlucht verdeckt ins Thal hinabstiegen.
Sie schlichen sich
286
so geschickt an die Brücke, daß der Führer, der brave Hauptmann v. Zastrow , sogleich 2
Schüßenzüge ( Lieutenants v. Beher
und v. Cranach ) im raschen Anlauf die Franzosen angreifen laſſen konnte, während 2 andere Züge in Reserve blieben.
Der
Feind ward mit Hurrah geworfen und floh über beide Brücken nach Tillendorf.
Jäger und Füsiliere drängten sich mit den Flie
henden zugleich vor, warfen mehrere Officiere über das Geländer in den Fluß und Alles wälzte sich so über die Inſel bis nach Tillendorf. Hier wurden die Verfolger von der Reserve des Feindes empfangen und ſo zurückgewiesen, daß sich die Meiſten nur durch schleunigen Rückzug über die Brücken, ja der Lieutenant Müller II. und der Jäger Humme nur durch Schwimmen retten konnten. Leider ward hierbei der brave Hauptmann v. Zastrow nebst zwei Unterofficieren und 17 Mann gefangen.
Er hatte sogleich die
beiden anderen Züge den Kirchhof von Tillendorf befeßen lassen und mußte sich hier, ungeachtet tapferster Gegenwehr, ergeben. Der Feind steckte mit Hülfe schon früher getroffener Vor bereitungen die Brücke in Brand. Inzwischen waren auch das Füsilier - Bataillon und die bei den Landwehr - Bataillone auf der Insel angekommen ; es konnte indeß vor der Hand nichts weiter geschehen , als eine Schüßen linie am diesseitigen Ufer zu entwickeln und ein lebhaftes Feuer zu eröffnen.
General v. Horn ließ 2 Geschüße (Lieutenant v. Mi
lewski) herbeiführen ; sie proßten faſt unmittelbar in der Schüßen linie ab und eröffneten ihr Feuer : doch bald war fast die ganze Bedienung verwundet und auch
eine Kanone demontirt.
Die
Füsiliere hatten ihre wenige Munition schon fast verschossen, als auch die beiden Musketier - Bataillone des Regiments herankamen und sie ablösten. Die 5. und 6. Compagnie besetzten nunmehr die Häuser auf der Insel; die 7. und 8. Compagnie erhielten vom General den
287
Befehl, die Brücke zu stürmen.
Diese brannte schon, auch hatte
der Feind mit vieler Standhaftigkeit es so weit gebracht, von 2 Jochen die Bohlen abzubrechen ; nichts desto weniger bemühten die Soldaten sich, zunächst das Feuer zu löschen.
Mit Hülfe
einiger Einwohner wurde das Wasser sogar in Czakots herbei geholt.
Der Unterofficier Schwizki und Jäger Meher standen
dabei auf der Brücke, als ob es sich um das Löschen eines Koch feuers handele und gossen einen Czakot nach dem anderen aus. Der Lieutenant v . Cranach mit einigen Füsilieren, die Tambours Fröhlich und Stagow trugen Bretter und Balken herbei ; der Lieutenant Müller II. stieg in den Fluß, schwamm zum nächsten Pfeiler, kletterte an demselben empor und befestigte die Balken. Alles das geschah unter dem wirksamen Feuer des Feindes. Nachdem die Paſſage nothdürftig hergestellt war , nahmen Fröhlich und Stagow ihre Trommeln , schlugen den Sturm marsch, und unter der heldenmüthigen Anführung des schon ver wundeten Lieutenants v . Lisniewski stürzten sich die Compagnien über die Brücke.
Es folgte ein schlesisches und ein russisches Ba
taillon, und so mit Nachdruck angegriffen , wurde der Feind aus feiner Stellung gedrängt ; er verließ Tillendorf und trat den Rück zug an.
Der Erfolg , theuer durch den Tod des heldenmüthigen
v. Lisniewski, auch Fröhlichs, erkauft , kam zur rechten Zeit, denn die Musketiere hatten ihre Munition verbraucht und ein Cosacken Regiment mußte , durch den Bober schwimmend , die Verfolgung übernehmen. Lieutenant v. Koch *) besetzte mit der 6. Compagnie die jen seitige Dorflisière , die beiden Bataillone das Dorf selbst; der Rest der Brigade folgte auf die Insel und schickte sich dort zum Ruhen an; man glaubte, daß alles abgethan sei. General v. Horn recognoscirte das Terrain vorwärts und kehrte, als er den Feind überall im Rückzuge sah, nach Bunzlau zurück.
*) Jeßt General der Infanterie zur Disposition.
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Hier war auch der General v. Sacken eingetroffen, und in der Hoffnung, für heute nicht mehr beunruhigt zu werden, setzten fich die Generale mit ihren Umgebungen zur Tafel. Man genoß des Augenblickes Gunst und erfreute sich seiner Gaben, als plöß lich Lieutenant v. Münchow II., Adjutant des 2. Bataillons ,.mit der Meldung eintrat, der Feind sei mit verstärkter Macht umge dreht und im Angriffe. „ Das ist nicht möglich, bleiben Sie ruhig ſizen, Herr General," rief der Major v. Rudolphi vom Stabe dem Brigade- Chef zu ; auch General v. Sacken schien der Nach richt keinen Glauben schenken zu wollen : aber der General war nicht gewohnt, von seinen Officieren unrichtige Meldungen zu er halten ; er stand auf, warf sich auf's Pferd und jagte zum Fluſſe. Kaum war Bunzlau verlassen , als auch ein Kanonenschuß dem Lieutenant v. Münchow als Zeuge beitrat und vom General mit einem kräftigen „ Donnerwetter " begrüßt ward. In der That waren die Kosacken gegen Abend mit der Kunde zurückgesprengt, der Feind ſei im Anmarsch begriffen.
Der Lieu
tenant v. Münchow überzeugte sich selbst davon : eine starke feind liche Infanterie - Colonne ( Bayern ) mit Geſchütz drang lebhaft vor , warf die Vorposten zurück und griff Tillendorf mit solcher Entschlossenheit an , daß die Truppen vom jenseitigen Ufer kaum Zeit hatten, ihren Rückzug auszuführen.
Das Gefecht ward von
beiden Seiten mit großer Erbitteruug geführt, fast nur mit Kolben und Bajonet ; mit dem legten Zuge des russischen Jägerbataillons brach auch die Brücke wieder ein.
Der General traf ein, als
der Feind schon eine Batterie so günſtig placirt hatte , daß die Truppen auf der Insel wirksam beschossen werden konnten.
Sie
mußten nach Bunzlau zurückgehen , während die Schüßen beider Musketier - Bataillone an der diesseitigen Brücke blieben.
Troß
eines am späten Abend versuchten Angriffes von russischen Ba taillonen behauptete sich der Feind die Nacht hindurch auf seinem Posten.
289
Das Gefecht hatte viele Opfer gekostet und zwar von den bravsten Männern des Regiments. Es waren gefallen oder zum Tode verwundet : Lieutenant v. Lisniewski, Unterofficiere Kapitki und Bohm , Tambour Fröh lich, die Musketiere Fließ, Keusch, Last, Wegener, Thiele, Siegel, Schuster, Schmohl ; die Füsiliere Houn, Gräf, Menzel, Däubrich. Es waren verwundet die Lieutenants v. Wuſſow I., Müller II. (hatte sich die Füße verbrannt) und 121 Unterofficiere, Jäger und Gemeine. Gefangen waren der Hauptmann v. Zastrow, 4 Jäger und 29 Mann. Total : 4 Officiere, 166 Unterofficiere, Jäger und Gemeine.
Die Tradition ist reich an Beispielen des Heldenmuthes. Zunächst erwähnten wir des braven Hauptmanns v. Zastrow ( zuleßt Generalmajor und Commandeur der 15. Landwehr - Brigade) . Er war von so ritterlichem Muthe beseelt, daß bei ihm der Gedanke an Flucht gar keinen Raum gewinnen wollte. Als bei der größten Wahrscheinlichkeit , abgeschnitten zu werden, einzelne Jäger von Rettung sprachen, verwarf er solche Vorschläge als eines echten Preußen durchaus unwürdig und kämpfte für ſeine Perſon, bis ihm der Säbel aus der Hand entwunden wurde. Als Gefangener nach Dresden geführt , verfiel er dort in eine gefährliche Krankheit und erlangte ſeine Befreiung erst mit der Uebergabe jener Stadt. Die mit ihm Gefangenen waren glücklicher als er ; sie wurden auf dem Transport in Weißenfels durch den General v. Thielemann befreit , vollständig bewaffnet und bekleidet , und meldeten sich im December wieder beim Negiment. Als während des heftigsten Gefechts an der Boberbrücke das eine Geschüß des Lieutenants v . Milewski demontirt war , führte Lieutenant v . Neander eine Haubize herbei. Auch die Bedienungsmannschaft dieser war bald außer Gefecht gesezt, und es wurden vom Regiment Freiwillige zum Ersaß derselben vorgerufen. Sogleich traten die Musketiere Pirius , Leske , Jahrmann , Fahl, Krüger, Schwabe , Müller , Bielke , Füsilier Leist und Unterofficier Neuter an die Haubize und zeichneten sich durch Unerschrockenheit und Geschick so aus, daß das Feuer sogleich wieder begann , und jene Leute nach dem Gefecht mit den größten Lobeserhebungen von dem Artillerie - Officier entlassen wurden. 19
290
Nachdem der Feind den ersten Anlauf der Jäger und Schüßen in Tillen dorf abgewiesen hatte , waren Lieutenant Müller II. , der Jäger Humme und einige Füsiliere von der Brücke abgeschnitten. (Humme war aus Halle, wo die edle Schwimmkunst schon zu alten Zeiten durch die sogenannten Halloren ge pflegt und gelehrt wurde.) Jene eilten, von Franzosen verfolgt, nach der Ober mühle; aber auch hier waren Feinde zuvorgekommen, und es blieb nichts übrig, als sich zu ergeben oder in den Wellen fein Glück zu versuchen . Mit den Worten : „ Nun Humme, zeigen Sie, was Sie von den Halloren gelernt haben ! „Lieber durch Wasser und Tod , als gefangen durch Deutschland !" stürzte sich Lieutenant Müller in den Fluß ; Humme folgte, nachdem er seine Büchse abge= schoffen , und beide erreichten glücklich das andere Ufer. Müller bedauerte nur den Verlust seiner Tabackpfeife. Die Füsiliere, welche nicht schwimmen konnten, geriethen in Gefangenschaft. -Unterofficier Hahn *) von der 9. Compagnie, gehörte zu den mit dem Hauptmann v. Zastrow Abgeschnittenen. Ein äußerst braver, ehrenwerther und höchst moralischer Soldat, - ſchon ſein Aeußeres documentirte ſeine Tüchtigkeit und flößte seinen Untergebenen Achtung ein - mit einem Wort , ein Muster bild eines Unterofficiers , hatte er bei Groß - Görschen einen Capitain aus der Tirailleurlinie gefangen genommen und zum Soutien gebracht. Hier überreichte ihm der Gefangene seine gefüllte Börse unaufgefordert ; Hahn , bescheiden wie immer, nahm nur die Hälfte des Geldes und gab die andere dem Officier mit ehrerbietigen Worten zurück: „Herr Hauptmann, ich danke gehorsamst, nehmen „Sie das gefälligst zurück , verwahren Sie es recht sorglich , denn in Ihrer „Gefangenschaft dürften Sie es gewiß gebrauchen! " So eilte er wieder zu seinem Schüßenzuge. Mehrere Stunden nachher , wie das wohl im Gefecht zu gehen pflegt, führte ihn der Zufall zu einem Soutien von einem anderen Ba taillon , wo er feinen Gefangenen wieder fand , klagend , daß ihm nicht allein fein Geld , sondern auch sein Mantel genommen und eine nicht gute Behand lung zu Theil geworden sei. Hahn , entrüstet darüber , langt in seine Tasche, nimmt mehrere erbeutete Louisd'ors, steckt sie ihm heimlich in die Hand, hängt ihm seinen eigenen Mantel mit den Worten um : „Herr Hauptmann , nehmen „Sie den meinigen," und eilt abermals zu seiner Pflicht zurück. Am Spätabend nach der heutigen Gefangennehmung nun wurde er, anſtatt nach Dresden, in eine franzöſiſche Officierhütte gebracht, und von dem Bewohner freundlich angesprochen : „ Seßen Sie Sich zu mir, wir wollen ein wenig plau „dern. Hat die preußische Armee noch viele so kräftige , rüstige Soldaten , wie *) Erzählt vom Herrn General- Lieutenant v . Cranach Excellenz.
291 „Sie sind ? “ „O ja, ich gehöre zu den weniger Kräftigen.“ - " Waren Sie ,,bei der Schlacht von Lüzen ?“ - „Ja, Herr Lieutenant." - „Haben Sie nicht „Ja, Herr Lieu „einen Officier aus der Feuerlinie gefangen genommen ?“ ,,tenant. " " Würden Sie ihn wohl wieder erkennen ? “ ―― „ Ich glaube „wohl." - Gleich nach dieser Antwort trat ein Officier in die Hütte und richtete an Hahn , der natürlich gleich aufgestanden war , die Frage: „Kennen ,,Sie mich ?" Sehr verlegen und ängstlich antwortete Hahn - - denn er glaubte, es würde ihm nun wohl eine halbe Stunde schlecht gehen .- „zu Befehl, Herr „Hauptmann.“ Da ergriff der Officier mit Rührung beide Hände des wackeren Unterofficiers , dankte ihm mit den herzlichsten Worten und sagte : „Was ich jezt habe , theile ich wieder mit Ihnen !" So ward Hahn wie ein Freund von dem dankbaren Franzosen, der in der Nacht nach der Schlacht bei Gr. Gör schen seine Freiheit durch die Flucht erlangt hatte , drei volle Tage bewirthet und behandelt und dann nach Dresden abgeliefert. - Im Jahre 1816 starb dieser Ehrenmann im Lazareth zu Frankfurt a. O. in Folge großer Anſtren gungen während der Feldzüge. Friede seiner Asche! ― Beim zweiten Vorgehen über die Brücke war der Lieutenant v . Cranach mit seinem Zuge hinter dem Feinde her geeilt , als er plöglich seinen Namen hinter sich schreien hörte. Zu seinem größten Erstaunen kommt ſein Brigadier, General v. Horn , zwei vollſtändig bewaffnete Franzosen mit dem ruſſiſchen Kantschu vor sich transportirend und sagt: „Nehmen Sie diese Kerls hier an „ Sich!" Er hatte es nicht verſchmäht , von der Gelegenheit Gebrauch zu machen, um dem Feinde zu schaden ; er war aber auch der Erste , wo es galt, Menschlichkeit zu zeigen. Bei derselben Gelegenheit das linke Boberufer recog noscirend, gelangte er bei drückender Hiße in einen Kiefernwald , aus welchem ein penetranter Leichengeruch entgegenwehte. Man fand bei näherer Unter suchung 4 nackte Gestalten , in den lezten Zügen neben einander liegend ; es waren Franzosen , welche , schon vor Wochen in einem Gefecht mit den Ruſſen verwundet, hier von mitleidigen Landleuten so lange am Leben erhalten waren, wie diese es eben verstanden. General v . Horn ließ die Unglücklichen sogleich in einem Wagen nach Bunzlau bringen. - Wir erwähnen dieses und des folgenden Falles, weil dadurch ganz unwahre Erzählungen gerade über General v. Horn entstanden sind , nach denen man ihn für einen herzlosen Menschen hätte halten müssen, was er gewiß nicht war. Als nämlich die Boberinſel zum ersten Male erobert worden war , hatten die Franzosen auch hier gelegene Wohnungen in Brand gesteckt. Einige Be wohner Tillendorfs , dessen vorderste Häuser ebenfalls brannten, hatten zwei Franzosen gefangen und brachten sie vor den General v . Horn mit der An 19 *
292 schuldigung der Brandstiftung. Er warf den beiden Soldaten ihr Benehmen mit harten Worten vor und ließ sie nach Bunzlau abführen. Später hatte fich das Gerücht verbreitet , er habe sie lebendig in das Feuer der brennenden Häuser werfen lassen ; dem war aber durchaus nicht so . Die Veranlassung dazu gab ein Franzose, welcher irgend wie , vielleicht um zu plündern , oder ſich zu verstecken , in ein brennendes Gebäude gerathen war und nun nicht wieder heraus konnte. Dieser Mensch erfüllte die Luft mit seinem Jammer geschrei ; gerettet konnte er nicht werden ; es kam nur darauf an, seinen Qualen ſchnell ein Ende zu machen ; wozu sich endlich auch der Musketier Arndt der 7. Compagnie verſtand und ihn todt schoß.
Für das Gefecht erhielten Orden und Lob: Capitain v. Holleben,
Unterofficier Zastrow,
11
Seidel,
Pr.-Lieut. v. Uklanski,
11
Geißler,
v. Lenz, " Sec.-Lieut. v. Münchow I.,
11
Schwizfi,
"1
v. Steinäcker,
Jäger Schönfeld,
"1
Müller II.,
"1
Döminger,
11
v. Manstein,
"1
Dorn,
"
v. Herrmann,
"I
Jahn,
Port.-Fähnrich Wesenfeld,
"1
Meyer,
Feldwebel Kühne,
11
Röll,
11
Luckas,
"
Remmert,
"
Reichelt,
"1
Herms, Sennecke,
11
Oberjäger Neuendorf,
11
Klaren,
"
John,
Unterofficier Müller, Reuter, 11
11
Rühle,
11
Pirius,
"1
Leske,
Steinke,
"
Jahrmann,
Damm,
"1
Seist,
Schiller,
"1
Schwabe,
=
"1
Musketier Meyer,
=
"1
Hornist Graßnick, Tambour Stagow,
293
Musketier Müller,
Füsilier Klarbaum,
"1
Rühlke,
"
Tappert,
11
Krieger,
"
Becker,
"
Fahl,
Comp.-Chir. Seiffert.
Füsilier Grabow,
Der General v. Horn hatte in Folge des sehr hartnäckigen Kampfes ( mit den Resten von 3 franzöſiſchen Corps ) doch das Resultat errungen , daß der Bober kein Hinderniß mehr für die H Das gestrige Gefecht bei Bunzlau kommt
schlesische Armee war.
„ auf Rechnung derjenigen , die eine Versäumniß in der Verfol „ gung der Feinde ſich haben zu Schulden kommen laſſen,“ schrieb General v. Blücher an General v. Yorck ; wir haben gesehen, daß die Truppen wohl genügend geleistet hatten, was zu leisten war; so lagen die Sachen auch nicht , daß man die Franzosen ohne Weiteres hätte führen können , wie man wollte. schon seit
Nachdem nun
dem Ausbruch der Feindseligkeiten das Commando
der Avantgarde dreimal gewechselt hatte, wurde am 31. August unter dem Obersten v. Kazler eine neue Avantgarde formirt , in der wohl einzelne Truppentheile später wechselten ,
der Führer
aber bis 1814 derselbe geblieben ist. Infanterie der Avantgarde. Major v. Hiller. 1. ostpreußisches Grenadier - Bataillon, Leib - Grenadier - Bataillon, Füsilier - Bataillon 1. oſtpreußischen Inf. - Regts., 11
11
12. Reserve - Regiments,
1. Bataillon 13. schlesischen Landwehr - Regts., 14. 2. " 11 " 4. 14. 11 "1 "1 "I 1 Compagnie Garde - Jäger,
2 Compagnien oftpr. Jäger - Bataillons,
294
6pfündige Batterie Nr. 24, 10. schlesisches Landwehr- Cavallerie - Regt., 5 reitende Haubigen . Cavallerie : 1. westpreußisches Dragoner - Regiment, 2. Leib -Husaren - Regiment, Brandenburgisches Ulanen - Regiment,
2 Escadr. freiw. Jäger brandenb. Hus. -Regts., reitende Batterie Nr. 3. Diese Avantgarde marſchirte am 31 ten, uachdem das ganze Corps v. Yorck sich vorwärts Tillendorf concentrirt hatte , um 3 Uhr Nachmittags ab und ging bei Naumburg in ein Bivouac. Das Leib- Grenadier - Bataillon, welches bisher fast unthätig ge blieben war , sah sich nun auch in der Lage, mit dem Feind wieder einige Worte sprechen zu können.
Während wir die 3 an
deren Bataillone des Regiments auf einige Zeit verlassen werden, wollen wir
das Leib - Grenadier - Bataillon vom 1. September bis 4. October begleiten. Bis zum 4. September ward der Vormarsch der Armee über Görlig auf Reichenbach fortgesetzt.
Am 4ten stießen russische
Truppen zur Avantgarde, deren Befehl der kaiserlich russische Ge neral - Lieutenant Wassiltschikoff übernahm.
Er versammelte die
ganze Cavallerie der Avantgarde und ging gegen den Feind bei Hochkirch, in der Richtung auf Baußen vor.
Als die Cavallerie
auf die Arrieregarde der Feinde stieß, wurden aus den Bataillonen die Schüßen vorgezogen , und Major v. Klüx ging mit diesen, dem Füsilier - Bataillon des 1. Regiments und den 3 Jäger Compagnien zur Recognoscirung vor.
295
Gefecht bei Hochkirch. ,,Der Feind," sagt die Relation des Majors v. Carlowitz, ,, welcher bedeutende Verstärkung ,,5 Uhr zum Angriffe vor.
erhalten hatte ,
ging Abends
Das Leib- Grenadier-Bataillon mußte
zur Deckung der Batterie v. Vahrenkamp den Pitschenberg auf ,, dem linken Flügel besetzen und vertheidigen.
Die Tirailleurs
11‚ des Bataillons unter Hauptmann v. Reuß besetzten das dicht ,,unter dem Berge liegende Dorf Breitendorf und die davor ge= ,, legenen Remisen.
Das Bataillon hatte eine bedeutende Kano
,,nade auszuhalten, als der Feind die leichten Truppen der Avant „ garde zurückwarf.
Nachdem die Gehölze vor Breitendorf und
,,auch das Dorf selbst verloren waren, mußte das Bataillon sich „ auf der linken Seite des Berges aufstellen, um den Abzug der „ zurückgehenden Truppen zu decken. Hier wurde es in Front und „ Flanke mit Geschütz und Gewehrfeuer heftig beschossen ; trat aber ,, um 9 Uhr den Rückzug über Krappe auf Gloffen an." Es hatte auch den Angriff franzöſiſcher Cavallerie abzuwehren, was mit der gewohnten Ruhe und Festigkeit geschah.
Napoleon
war gegenüber angekommen und hatte mit der ihm eigenen Vehe menz die Offenſive ergriffen. Hieraus erfolgte , der allgemeinen Instruction gemäß, das Ausweichen der schlesischen Armee. Der Verlust des Bataillons bestand in 1 Todten und 22 Ver wundeten. ――― Es fanden Gelegenheit sich auszuzeichnen : Capitain v. Reuß; Seconde - Lieutenant v. Schildt,
v. d. Golz ;
"1
Unterofficier Kuphal,
Hornist Weber ; Grenadier Albrecht, "1
Thielow,
11
Schneeberg,
Wegener,
"1
Negendank,
"1
"
Krause;
"
Steffen,
"
Borchert,
"
Schröder.
Jäger Hanke, 11 - Ferchner;
296
Am 5ten ward der Rückzug nach Reichenbach fortgesetzt, wo eine Stellung auf dem Töpferberg genommen wurde. Hier war es, wo die Cavallerie unter Waſſiltſchikoff's Führung ein sehr hitiges aber ehrenvolles Gefecht bestand .
Der Feind ſezte seinen
Druck fort und der Rückzug verlängerte sich bis zum 8ten , wo endlich, in Folge der bei der Nordarmee erfochtenen Siege , die Armee wieder Luft bekam, und nunmehr die Avantgarde ununter brochen im Vorrücken auf Bautzen blieb.
Der 15. September
ist aus diesen Tagen von größerem Intereſſe insofern , als hier zum ersten Male unmittelbare Verbindung zwischen der Avant garde und den österreichischen Truppen stattfand.
Gefecht bei Bischofswerda am 22. September. Als Nachmittags
4 Uhr der Feind mit starken Colonnen
aus dem jenseits Harta ( 2 Meilen westlich Bischofswerda ) ge= legenen bedeckten Terrain debouchirte , und die diesseitigen Vor truppen zurückdrängte , handelte es sich darum , die Stellung bei Bischofswerda so lange zu halten, bis jene aufgenommen waren. "1 Nachdem die Vorposten angegriffen wurden,“ sagt die Relation, „ und der Feind deutlich zu erkennen gab , daß er die Poſition ,,haben wolle, erhielt ich vom Herrn Major v. Hiller den Befehl, „ mich mit dem Bataillon rechts von Bischofswerda aufzustellen. „ Sobald dieses geschehen, bemerkte ich, daß in dem von Bischofs ,,werda rechts gelegenen Walde , jenseit der Höhe , auf welcher „unsere Batterie placirt war , sich ein heftiges Tirailleurgefecht „ entsponnen haben mußte, welches der Stadt immer näher kam. „ Hierdurch sowohl, als auch dadurch, daß das schnelle Vorrücken ,,des Feindes der noch feststehenden und wirksamen Batterie ge „ fährlich werden konnte, bewogen , schickte ich meine Jäger und „ Schüßen nach dem Walde, um das Debouchiren des Feindes zu ,,verhindern und die Flanke der Batterie zu decken. Als meine
297
"1 Tirailleurs vielleicht noch 20 Schritt von der Liſière des Waldes " entfernt waren , trat der Feind schon heraus ; der Lieutenant „ v. Zollikoffer I. , welcher die Jäger und Schüßen führte , ging „ ihm alsogleich mit dem Bajonet entgegen , warf und verfolgte ,,ihn in den Wald hinein." ",,In der angebogenen Liste habe ich mich deshalb veranlaßt ,,gefunden , den Lieutenant v. Zollikoffer , auch den Lieutenant „ Jakobi vom Jägerdetachement, wegen ihrer in allen Gefechten ,,sich stets gleich bleibenden großen Bravour und rühmlichen En ,,couragirens der Leute, nebst den besonders als brav distinguirten „ Jägern und Schüßen zur Belohnung in Vorschlag zu bringen.“
" Nachdem das Bataillon ein anhaltendes Kanonenfeuer aus „ gehalten und meist Alles , was im Gefecht war , aufgenommen ,,hatte, erhielt ich den Befehl, mich in einem hinter dem Bataillon „ befindlichen Grunde , zum Schutz vor dem heftigen Feuer, auf „ zustellen , wo ich die letzte Infanterie und Cavallerie aufnahm ,,und mich dann in der alten Position hinter Bischofswerda ,,wieder aufstellte . . . . ." Der Verlust des Bataillons betrug 3 Mann
an Todten
und 16 Verwundete (worunter 5 Jäger). Gelegenheit zur Auszeichnung fanden : Sec. - Lieut. v. Zollikoffer, Jäger Woiteck ; Grenadier Müller, Jakobi ; " Unterofficier Bold; Der Grenadier Schneeberg ging bei
"!
Bent.
allen
Gelegenheiten
freiwillig mit den Schüßen vor , obgleich er im 1. Gliede ſtand. In einem recht lebhaften Momente lief er allein in die feindliche Tirailleurlinie, schoß einen Mann nieder , packte einen anderen am Kragen und führte denselben unter dem allgemeinen Jubel der Kameraden und dem Feuer des Feindes herüber. Der Rückzug ward am folgenden Tage bis gegen
298
Roth - Nans liz fortgesetzt.
Das Bataillon gehörte zu den Vorposten , welche
Major v. Klüx commandirte. ernsthaftes Gefecht einzulassen.
Er hatte den Befehl, sich in kein Gegen 6 Uhr Morgens drängte
der Feind an ; der Major v. Carlowit erhielt den Befehl, sich mit noch 2 Bataillonen und 3 Escadrons Ulanen vor Petschepliz aufzustellen und den Feind aufzuhalten.
Er entwickelte Tirailleurs
und führte das Gefecht sehr ruhig und glücklich , bis die Avant garde sich bei Gardau sammelte und ein Bivouac bezog.
Am folgenden Tage gedieh endlich im Hauptquartier Blücher's der folgenschwere Entschluß zur Reife, mit der ganzen schlesischen Armee rechts abzumarſchiren , zwiſchen Torgau und Wittenberg über die Elbe zu gehen und so von Norden her , unterſtüßt von der Armee des Kronprinzen von Schweden, Napoleon anzugreifen. Es war Zeit, nicht allein zu entschiedenem Operiren, sondern auch die so schrecklich ausgesogene Gegend, in der sich die Heere nun über 4 Wochen hin- und herbewegt hatten, zu verlaſſen. Der Mangel konnte durch die Verpflegungsvorrichtungen nicht gedeckt werden , da ein immerwährend stürmisches und regnigtes Wetter den Nachschub erschwerte, ja fast unmöglich machte. Das Leibregiment trat mit dem Corps am 26. Septem ber den Marsch nach der Elbe an, welcher Gelegenheit gab, die Truppen öfters einzuquartieren und ihre Ausrüstung etwas her zustellen. Ueber Camenz , Krakau , Oschäßchen , Herzberg und Jeſſen traf am 2. October das Corps in der Nähe der Elbe bei War tenburg ein. Jubel.
Das 2. Bataillon war an diesem Tage in großem
Es hatte die ostpreußischen Jäger, mit denen es in Kur
land so lange im Lager bei Bergfried in schlimmer Zeit in in
299
nigster Kameradschaft gelebt hatte, heute zum ersten Male feitdem wiedergesehen.
Es brach ein so herzlicher Jubel unter den Sol
daten aus , daß die Führer auf dem Marsche die Gewehre zu ſammenſtellen ließen, um den Ergießungen der Waffenbrüderſchaft Raum zu geben.
Sie sollten bald nachher eine neue Taufe er
halten.
Uebergang über die Elbe bei Wartenburg, den 3. October. Morgens um 5 Uhr verließ die 7. Brigade ihren Bivouac und erreichte um 7 Uhr die bei dem Dorfe Elster über die Elbe gelegten Brücken.
Hier war das Yorcksche Corps gleichsam wie
zu einem großen Festtage versammelt.
Es zählte heute zum Ge
fecht folgende Stärke : Infanterie .. 20000 Mann, Cavallerie .. 3800 und Pferde, "1 Artillerie . 1500 2200 Pferde, "1 Pioniere
150
11
in Summa über 25600 Combattanten. Das Regiment hatte heute ziemlich genau folgende Stärke : 46 Officiere, 142 Unterofficiere, 7 Chirurgen, 43 Spielleute, 1894 Mann incl. Jäger. Seit dem Abmarsch aus Schlesien war somit ein Abgang von 4 Officieren, 36 Unterofficieren, 322 Mann und Jägern gewesen. Das Grenadier - Bataillon hatte heute noch : 18 Officiere, 52 Unterofficiere , 5 Chirurgen , 14 Spielleute und 638 Mann und
einen Abgang von 3 Officieren , 19 Unterofficieren und
213 Mann gehabt *) . *) Zum Verständniß des Nachfolgenden ist die Benußung des im Militär Wochenblatt pro November und December 1844 gegebenen Schlachtplans uner läßlich. Einige werthvolle Notizen verdanken wir der Güte des Herrn Gene rals v. Cranach .
300
-Die Elbe macht bei Elster einen bedeutenden Bogen nach Osten ; der rechte Thalrand dominirt den linken dabei so, daß der Uebergang schwerlich gehindert werden konnte. das Terrain aber bei weiterem Vorgehen.
Ungünſtig ward
Dort ging auf der
Sehne des Bogens ein Damm quer durch die von Lachen und Sümpfen und dichten Waldstellen bedeckte Niederung ; hinter die sem Damm liegt in der Mitte desselben das Dorf Wartenburg, zu welchem von Elster aus ein schmaler Fahrweg führte, während sich vor ihm ein damals ziemlich breiter , todter Elbarm durch fumpfige Wiesen zog. Solchergestalt war Wartenburg als eine Art Festung zu be trachten ; denn hinter dem Damm stand der Feind völlig gedeckt und konnte weithin das Vorterrain bestreichen, ſeine Geſchüße ge deckt entwickeln, ja selbst unter Umständen wirkſame Ausfälle vor bereiten, während es unmöglich war , seine Aufstellung direct zu umfassen oder überlegenes Geschützfeuer davor zu entwickeln . auf weitem Umweg über das beinahe
Nur
Meile südlich gelegene
Dorf Bleddin war eine Umgehung leichter auszuführen.
Die Grenadier - Brigade hatte, weit voraus, das Gefecht er öffnet.
Die 7te verweilte noch diesseits der Elbe, wo der Ge
neral v. Horn , auf einer Trommel ſizend , auf das ferne Feuer horchte. Als das Regiment , Füsiliere an der Tête , herankam, rief er : „ Das ist einmal wieder eine schöne Musik, Gottlob, daß
11 wir sie wieder hören ! "
Es rückte die 2. Brigade ab ; nun kam
auch General v. Blücher , man nahm die Gewehre in die Hand und, von seinem herzlichen Zuruf begrüßt, rückten die Bataillone, fröhlich ein „ Prinz Eugen , der edle Rttter " anstimmend , über die Brücken. Jenseits gerieth man bald in ein fumpfiges Gelände, mit einzelnen starken Bäumen bestanden.
Nach Passirung eines Strei
301
fens von dichtem Erlenholz bog die Tête links aus , folgte an fänglich der Richtung gegen Bleddin, überschritt einen ſumpfigen Graben und schwenkte darauf rechts , so daß Wartenburg rechts lag.
In einem lichten Eichenwald wurde Halt gemacht. Der Prinz Carl von Mecklenburg hatte mit seiner 2. Bri
gade den erſten Versuch gemacht, Wartenburg geradezu anzugreifen, aber Unkenntniß des schwierigen Terrains, wovon keine nur einiger maßen genügende Karte existirte, hatte endlich darauf geführt, ihn auf Bleddin zu dirigiren.
An die Stelle der 2. Brigade war die
Brigade v. Steinmetz getreten, welche den Angriff gegen Warten burg in der Front fortseßen und dazu noch 4 Bataillone der er steren verwenden sollte. Während dessen sollte die 7. Brigade zur Unterstützung des Prinzen stehen bleiben und Wartenburg angreifen, wenn er über Bleddin dem Feinde in die rechte Flanke gekom men wäre.
Das Füsilier- Bataillon. Nachdem die Brigade einige Zeit im Eichenwald gestanden, hin und wieder Kanonenkugeln erhalten hatte, wurde das Füſilier Bataillon mit den Thüringern zur Sicherung der Verbindung mit der 2. Brigade gegen den Sau - Anger , eine dicht füdlich War tenburg liegende Wiese hinter dem Damm , vorgezogen.
Dort
hatten schon andere Truppen, unter ihnen die schlesischen Grena diere, blutige Köpfe erhalten.
General v. Horn gab den Com
mandeurs strenge Weisung, nur schwache Schüßenabtheilungen auf zulösen, übrigens aber immer geſchloſſen zu bleiben. Capitain v. Luck, der die Füsiliere führte, ein ausgezeichnet braver Mann , ließ den Hauptmann Graf Pinto mit den Ti railleurs vorgehen.
Die Lieutenants v. Beher und v. Cranach
schwärmten mit ihren Zügen aus ; das schlesische Bataillon zog seine Schüßen ein, ohne die Füsiliere abzuwarten, also wohl etwas übereilt, denn der Feind folgte ihnen mit Geſchrei, in dem Glau
302
ben , daß die Preußen sich zurückzögen.
Es war ein kritischer
Augenblick für die beiden jungen Officiere.
"1 Was thun wir ? " rief
v. Beher zum Lieutenant v. Cranach; „ drauf auf die H …… .e ! “ war die Antwort, und ohne Beſinnen oder gar mit Schießen sich aufzuhalten, stürzten die Füsiliere sich auf den Feind . Hätte
in
diesem
Augenblick Unentschlossenheit
oder
nur
Mangel an Gefechtsübung sich gezeigt , so hätte der Feind den Angriff durch einen kräftigen Ausfall zurückweiſen und das Loos des Tages auf lange hinausschieben , vielleicht auch den Prinzen Carl in eine üble Lage bringen können.
So aber ward er im
erſten Augenblick muthig empfangen, zurückgeworfen und von den Füsilieren so hart verfolgt, daß die Lieutenants v. Cranach und v. Beyer schon bis auf den Damm über den Sumpf hinwegdran gen. Hier empfing sie aber ein so heftiges Feuer, daß die beiden Officiere schwer verwundet ― und viele Leute mit ihnen - fich zurückziehen mußten. Nunmehr ward allmälig die Feuerlinie verstärkt und die Fü siliere mußten sich in einen zehrenden und langwierigen Kampf einlaſſen, der nach und nach das ganze Bataillon , wie auch die Thüringer absorbirte und viele Opfer kostete.
Eine Entscheidung
konnte das Bataillon trotz aller Ausdauer hier nicht erringen. - Unterdessen hatte der Prinz Carl den Marsch gegen Bleddin fortgesetzt und den dort stehenden Feind nach heftigem Gefecht über das Dorf hinaus geworfen, worauf er sich mit dem disponibeln Rest seiner Brigade, 2 Bataillonen und 9 Geschüßen, rechts gegen Wartenburg wendete , um hier zur Erreichung des Zweckes mitzuwirken.
Diese Bewegung jedoch ward durch Um
stände aller Art so aufgehalten, daß troß der dringenden Wünsche des Generals en chef es vorläufig zu keinem entscheidenden Resultat kam , -- hier ebenso wenig als in der Front, wo die Brigade Steinmetz in einem blutigen Kampf sich fruchtlos ab mühte.
303
Die Masse der verwundeten Füsiliere, welche der General v. Blücher zurückkommen sah , hatten ihn unruhig gemacht , und schon wollte er das russische Corps v. Langeron zur Unterſtützung verwenden, als die Entscheidung des Tages von den Preu ßen errungen ward.
Die beiden Musketier - Bataillone. General v. Horn war, als die Kräfte der Thüringer und der Füsiliere zur Neige gingen, vorgeritten, um sich zu orientiren. Von Norden nach Süden, in der Ausdehnung einer halben Meile, tøbte der Kampf ; auf dem Gefechtsfelde der Brigade, faſt hinter jedem Baume, lag
ein todter
oder verwundeter Füsilier und
zeugte von der Hartnäckigkeit des Feindes.
Die Brigade war
durch Abgaben allmälig auf die beiden Musketier-Bataillone des Leibregiments und ein schlesisches Landwehr - Bataillon reducirt worden ; man erfuhr von Adjutanten, wie zweifelhaft der Tag ſei. Als der General zurückkehrte , machte er seinem Aerger in kräftigen Worten Luft , über die Verzettelung der Brigade und ließ das 2. Bataillon zur Unterſtüßung der Thüringer rechts an die Feuerlinie heranrücken.
Man stand noch im Walde , hatte
aber Wartenburg ganz rechts in der Flanke.
Die Jäger und
Schützen beider Bataillone, unter den Capitains v. Holleben und v. d. Heyde , mußten in die Feuerlinie rücken , rechts neben den Füsilieren.
Nochmals ritt der General in die Feuerlinie, um sich
die Gelegenheit anzusehen ; er kehrte unzufrieden zurück : „ ſo wie ,,die Sachen gingen , würde man nicht recht vorwärts kommen." ` Er bat den eben erscheinenden General v. Yorck, ihn eine Ent scheidung versuchen zu lassen ; dieser ging darauf ein , er hatte schon befohlen ,
daß Oberst v. Welzien mit 2 Landwehr - Ba
taillonen weiter rechts den Damm stürmen solle, und blieb mit Horn halten, um die Ausführung abzuwarten.
304 Die braven Landwehr - Bataillone drangen vor ; aber von furchtbarem Feuer empfangen, hielten sie an, fielen ins Schießen und kamen mit aller Hartnäckigkeit nicht vorwärts .
Das war
das Loos aller Versuche auch bei der Brigade Steinmeß geweſen. Nun sollte das Leibregiment es versuchen.
„ Ießt wäre es wohl
Zeit," sagte General v. Yorck, und das 2. Bataillon erhielt den Befehl vorzurücken ; das 1. und das schlesische Bataillon folgten in einiger Entfernung. Als das 2. Bataillon der fumpfigen Schlanke vor dem Damm sich näherte und in die Feuerlinie trat, erhielt es heftiges Feuer, und schon war es daran , das Feuer zu erwiedern ; schon stürzte das Pferd des Generals v. Horn vor der Tête von einer Kugel tødt zusammen , da arbeitete der Alte sich mit einem kräftigen Fluch hervor, ergriff das Gewehr eines erschossenen Musketiers und rief: „ Dem Dinge da muß ein Ende gemacht werden ; ein „Hundsfott, wer noch einen Schuß thut ! Zur Attaque Gewehr „ rechts ! "
Und Allen voran durchwatete er den Morast ; das
Bataillon marschirte in Linie auf, hinter ihm her, auf den Wall, mit dem Bajonet dem Feinde zu Leibe. Dieser verlor die Besinnung ; seine 5 Bataillone kehrten um, und wagten es nicht wieder Front zu machen.
Unterdessen war
auch Oberst Welzien mit den beiden Landwehr - Bataillonen noch mals vorgegangen , hatte den Damm erstiegen und sich Warten burg zugewendet, fand aber doch dort heftigen Widerstand , bis die Tirailleurs des 1. Bataillons unter dem Hauptmann v. Hol leben, gefolgt vom Bataillon selbst, zur Unterſtüßung herankamen. Mit unwiderstehlicher Bravour gingen sie vor ; der Angriff gelang. Das Dorf ward nun erst dem Feinde entrissen ; er verließ es aufgelöst und nur einige Artillerie, rückwärts Wartenburg aufge ſtellt, suchte zunächst die Verfolger zu hemmen . Aber schon hatte General v. Horn durch den Lieutenant v. Barfuß den Befehl an Hauptmann v. Holleben gesendet, dieſe
305
Geschütze zu vertreiben.
Die Lieutenants v. Chevallerie , v. Die
zelski, v. Uklanski , Graf Lüttichau mit ihren Zügen , denen sich die ganze 8. Compagnie unter dem Lieutenant v. Koch anschloß, vollführten den Befehl und eroberten 2 Kanonen, wobei ein fran zösischer Officier, keinen Pardon annehmend , heldenmüthig ſtarb. Zugleich wendete der General sich mit 2 Landwehr - Batail lonen, gegen diejenigen feindlichen Truppen , welche dem Füsilier Bataillon gegenübergestanden hatten und nun sich durchzuschlagen versuchten ; sie zerstreuten sich beim ersten Angriff; das ganze Feld jenseits des zweiten Dammes war mit Flüchtlingen überſäet . Auf sie traf endlich die Colonne des Prinzen Carl, um eine reiche Ernte an Gefangenen und Trophäen zu sammeln. Der Hauptmann v. Holleben mit den Schüßen des 1., zwei Zügen des 2. Bataillons und sämmtlichen Jägern des Regiments sezte die Verfolgung des Feindes fort, und zwar, durch die Be reitwilligkeit der Leute ermuthigt, bis an den Brückenkopf von Wittenberg.
Als gegen Abend der Befehl zum Zurückgehen ein
traf, hatten sie ein bespanntes Canon nicht allein genommen, ſondern auch, wie bei Bunzlau , zur Beschießung der Flüchtlinge verwendet; auch drei bespannte Pulverwagen und 80 Gefangene erbeutet. Am späten Abend war das ganze Regiment wieder im Bi vouac bei Wartenburg vereinigt. mung herrschte im Lager.
Fröhliche und erhobene Stim
Es fehlte nicht an Lebensmitteln und
Lagerbedürfnissen ; die Soldaten schwelgten im Genuſſe der Pflau men, welche die großen Obſtplantagen darboten und schon während 7 Daher der Name
der Schlacht vielfach Liebhaber gefunden hatten.
der " Pflaumenschlacht “, den dieser Tag erhielt. Aber höher lohnte das Bewußtsein wohl erfüllter Pflicht, und Vieles fand man sich gegenseitig zu berichten.
Vor Allem bewunderten die Soldaten,
wie General v. Horn aufs Neue unverlegt aus dem Kampfe her vorgehen konnte, da er doch Allen voraus immer im Feuer ge 20
306
wesen war.
Der General v. Yorck hatte ihm gleich nach dem
Gefecht seine Anerkennung in folgenden Worten bezeigt : „Horn, ,,gegen Euch ist doch der Bahard nur ein Lump gewesen ! " An seiner Seite war sein Adjutant, Lieutenant v. Manstein, schwer in der Bruſt verwundet, gefallen ; der Major v. Boſe durch einen Prellschuß vom Pferde geworfen, der Oberst-Lieutenant v. Zepelin zum zweiten Male im Feldzuge blessirt. Wenn auch dem 2. Bataillon die Ehre des Tages gebührt, so muß doch nicht vergessen werden , daß das Füsilier - Bataillon ihm vorgearbeitet hat.
Der Verlust des letteren betrug
an Todten : 2 Unterofficiere und 55 Füsiliere ; an Verwundeten : 5 Officiere, 12 Unterofficiere und 209 Fü
filiere. Der des 2. Bataillons 89 Todte und Verwundete, und zwar todt : Seconde - Lieutenant v. Creilsheim und Hegewaldt (so schwer verwundet, daß sie gleich nach der Schlacht starben) ; Jäger Buch ; Unterofficiere Gehe, Arndt, Dehahl, Streicher, Stuhr, Schwarz ; Musketiere Koch, Hock, Hübner, Dann holzer , Dorenzer, Labow , Domann , Richter , Lehmann, Matthias, Ackmann, Beister, Neumann ; Füsiliere Herrmann, Ziesmer, Forholz, Kuckel, Runge, Straß burg, Dähne, Noll, Sommer, Rehmann , Kasenow , We gener, Henke, Krüger, Buchholz, Feldt , Günther , Arndt, Bathe, Rackwitz, Ellmann, Albrecht, Schulz, Bruhmüller, Beischwanz , Döring , Hartwig , Ohl , Pikatius, Sommer, und mehrere Andere, deren Namen nicht zu ermitteln ; verwundet : Oberst-Lieutenant v. Zepelin ; Capitain v. Kamp ; Lieutenants v. Beyer, du Plessis, v. Cranach, v. Manſtein ; und 350 Unterofficiere und Gemeine. Vom ganzen Corps hatte das Regiment wiederum die meiſten Opfer gebracht. Der Gesammtverlust des Corps betrug 67 Of ficiere und 1548 Mann ; das Regiment zählte also ein Viertel
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desselben zu dem seinen, und war doch noch nicht einem Zehntel der Stärke des Corps gleich. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten Orden oder öffentliches Lob : Major v. Derzen; Capitains v. Holleben, v. Kampß, Graf Schwerin ; Premier = Lieutenant v. Stwolinski ;
Sec. = Lieuts. v. Koch, v. Diezelski , v. Chevallerie, v. Schulen burg, v. Herrmann, v. Münchow II., v . Müller II., v. Man stein, Holfelder; Jäger Alteh ,
Giese , Meyer,
Schönfeld , Fröter , Wittstock,
Krausnick; Feldwebels Duft, Hermes, Sennecke ; Unterofficiere Geiseler , Neuhaus , Dekahl, Müller , Klamann, Baumblüth , Pohlmann , Gutsmuths , Gieche , Herrmann, Hofmann, Andres , Bohne , Schiller , Schneider , Ziethen, Grünberg, Wickler, Chalons ; Compagnie - Chirurgus Nichterlein, Hoffmann ; Musketiere Dänzer , Bilefeldt , Rosenbaum, Ladewig , Kosak, Voigt, Peter, Engel, Walter , Nicke , Adebald , Köppen, Wegner, Jahnmann ; Füsiliere Zennecke, Voß, Hartwich, Ströming, Schulze, Rudat, Wolf, Pekatius, Damm.
Ueber die Entscheidung der Schlacht und das Verdienst der selben haben einige Schriftsteller, man weiß nicht, in welcher Ab sicht oder Ansicht , sich bemüht, Meinungen zu behaupten, welche am Tage der Schlacht , unter dem frischen Eindrucke der That sachen, von Niemandem getheilt worden sind, weder vom General en chef, noch vom General v. Yorck, noch von den Soldaten.
„ Während der Prinz Bleddin wegnahm, wurde mit dem in Wartenburg stehenden Feinde tiraillirt," sagt C. v. W. in seinem 20 *
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Werke zur Kriegsgeschichte der Jahre 1813 und 1814. „ Da dies „ jedoch Menschen kostete, auch die Umgehung länger dauerte, als ,, man anfänglich glaubte, so wurde der General v. Horn un „ geduldig , führte Truppen von seiner Brigade auf einen der „ zum Eingang führenden Dämme, warf die dort stehenden Trup „ pen und drang mit ihnen zugleich ins Dorf.“ Höchst wahrscheinlich ist der Herr Verfaſſer unzufrieden ge weſen, daß General v. Horn nicht auf seine Benachrichtigung, wann es an der Zeit sei , gewartet hat.
Der General v. Yorck
muß also auch „ ungeduldig “ geworden sein ; ja der General v. Blücher ist, wie wir oben erzählten , „ ungeduldig " geworden. In der That, der General v. Yorck hatte ein Recht dazu, da die ganze Laſt des Tages vom Hauptquartier auf seine und ſeines Corps Schultern , gegen seine Vorstellung und Ansicht , worden war.
gelegt
Er ſette aber diesem Allen seinen Gehorſam, ſeine
unerschütterliche Ruhe und sein scharfes Auge für jede Gefechts verwickelung entgegen.
Und wenn „ Ungeduld “ das entscheidende
Moment im Charakter der beiden Generale war , nun so wollen wir Alle Gott um einen kleinen Theil dieser Untugend bitten. "1‚ Prinz Carl von Mecklenburg war der Held dieſes Tages," heißt es ferner in den „ Memoiren des Generals v. Reiche." Dieser in der That heldenmüthige Prinz hat gewiß auf diesen Titel nicht Anspruch gemacht.
Denn wenn auch ein Theil
der feindlichen Kräfte durch den Angriff auf Bleddin von Warten burg abgezogen wurde, so lag die Entscheidung doch nicht dort, da der Feind bis zum lezten Moment des Kampfes , trog der Erfolge bei Bleddin , seine Stellung mit größter Hartnäckigkeit vertheidigte.
Der Weg auf Wittenberg blieb ihm immer offen.
Wenn Horn's Angriff mißglückte , so hätte ohne Zweifel der des Herzogs sehr schlimme Folgen gehabt ;
und wagte der Herzog
einen Angriff vorher, so lag die Sache ganz ebenso ; er wäre en détail geschlagen worden.
Unter Entscheidung im taktischen
309 Sinne versteht man überall nur das Brechen der feindlichen Gliederung und Schlachtordnung , so, daß der Feind den Bruch nicht wieder heilen kann und seine ganze Linie denselben in merkbarer Weise mitempfindet.
Hier war der „ Bruch " so
gründlich, und lediglich durch den General v. Horn und das Leib regiment geschehen, daß die Splitter dem Prinzen entgegenkamen er brauchte sie nur aufzulesen. Wo sind zuerst feindliche Ge ſchüße genommen ? Der Hauptmann v. Holleben mit den Schüßen und Jägern des Leibregiments war es, der zuerst sich in den Besitz solcher sette.
Nicht waren es , wie eine andere Relation
sagt, zwei Geschüße der prinzlichen Brigade, welche den aus dem Dorf abziehenden Franzosen das Geleit gaben , sondern die zwei feindlichen, von Musketieren des Leibregiments bedien ten Geschüße.
Es waren, wir können sie nennen, die Musketiere
Rosenbaum und Jahrmann, welche die bei Bunzlau erlernte Ge schicklichkeit hier aufs Neue anwendeten. Eine interessante Epiſode wird die Anschauung des Prinzen Carl von Mecklenburg selbst in helles Licht seßen. Beim 2. Bataillon fehlte gleich nach dem Gefechte die Fahne, und der Portepee - Fähnrich Kühne, welcher sie getragen, mit ihr. Niemand konnte Auskunft darüber geben ; so viel nur wußte man gewiß,
daß sie nicht in Feindes Hand gerathen sei ; möglicher
Weise war der Fähnrich mit ihr irgendwo erschossen liegen ge blieben.
Lieutenant v. Pröck II.*) ward mit einigen Leuten zum
Suchen entsendet und kam so nach Wartenburg, wo er den Ge neral v. Blücher mit den Generalen v. Yorck und Prinz von Mecklenburg im Gespräch auf der Dorfstraße stehen sah.
Er
meldete dem General v. Blücher seinen Auftrag , und vernahm hiebei aus dem Munde des Prinzen folgendes Urtheil über das Regiment:
*) Lebt noch zu Guben als Oberst - Lieutenant a. D.
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,,Ja ! der General v. Horn ist wohl zu beneiden, er hat das ,, Leibregiment, und mit dem jagt er den Teufel aus der Hölle." — Seinen Auftrag konnte er jedoch nicht erledigen ; er mußte un verrichteter Sache wieder zurückkehren.
Erst spät Abends traf
Portepee-Fähnrich Kühne wieder mit der Fahne ein ; er hatte sich bei der Verfolgung dem Zuge des Lieutenants Koch angeschlossen und war von diesem endlich zurückgeschickt worden .
Am 4. October Mittags brach das Yorcksche Corps auf und rückte etwas weiter gegen Kemberg, in ein Bivouac zwischen Lams dorf und Rakith , vor.
Auf dem Marſche dahin ward dem Re
giment, und insbesondere dem 2. Bataillon, eine ihm vom Feld herrn zugedachte hohe Auszeichnung zu Theil.
General v. Yorck
war mit seinem Stabe am Wege halten geblieben , und ließ die Truppen vorbeidefiliren.
Als das 2. Bataillon in seine Nähe
kam , fragte er : „ Ist dies das 2. Bataillon vom Leibregiment ?" Auf die Bejahung entblößte der Feldherr sein Haupt, und sprach die denkwürdigen Worte : "1 Das ist das brave Bataillon , vor dem die ganze
,,Welt Respect haben muß !" und bis der lezte Mann vorüber war, behielt er und sein Gefolge den Hut in der Hand. Der General war nicht verschwenderisch mit Lobsprüchen um so mehr kann das Regiment stolz auf eine solche Auszeich nung sein, und sie wird für alle Zeiten als einer der Glanzpunkte seiner Geschichte dastehen. Mit dem Uebergang über die Elbe war der Wendepunkt der Geschicke dieses Feldzuges erreicht.
Das Bewußtsein von den
Folgen dieses Tages durchdrang auch die letzten Soldaten und gab ihnen jene Zuversicht des Sieges , welche alle Schwierigkeit verachten lehrt.
Nun drängten sich von meilenweitem Umkreise
her die Schaaren gegen Leipzig zusammen, wo mit prometheischem
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Troß der Bedränger Europa's bis
auf den lezten Augenblick
seine Herrschaft vertheidigte. Es ging die Nordarmee über die Elbe, die böhmische Armee in die Ebenen Sachſens hinab ; von Tag zu Tag zogen sie enger ihre feurigen bannenden Kreise.
Das Yorcksche Corps erhielt den
rechten Flügel der schlesischen Armee ; es marschirte über Gräfen heinichen auf Jeßnitz , und gegen Halle ; man betrat wieder jene Gefilde, in denen die Würfel schon einmal gerollt hatten.
Am
11ten war das Corps bei Halle concentrirt, blieb dort bis zum 14ten, um sich zum letzten entscheidenden Kampf vorzubereiten. Auch das Leib - Grenadier - Bataillon , welches
die Schlacht bei
Wartenburg nicht mitgemacht hatte, sondern mit der Avantgarde während des Flankenmarsches die Elbe longiren mußte, war nun herangekommen, und als das Corps am 15 ten gegen Schkeudig aufbrach, war es wieder unter den Vortruppen. Als diese Schkeudig passirten, wurden sämmtliche Bataillone neben einander in Colonnen formirt , die Schüßen vorgezogen und so in der Richtung auf Leipzig in Marsch gesetzt.
Es zeigten
sich feindliche Truppen bei Hähnichen ; aber unter der ruhigen und braven Führung des Capitains v. Prüschenk wurden sie ohne Weiteres angegriffen und geworfen. Bivouac bei dem Dorfe.
Die Avantgarde blieb im
Die schlesische Armee war auf diese Weise am nächsten am Feinde ; sie sollte den ersten Stoß machen.
Am Abend des 15. October hatte das Regiment ziemlich sicher folgende Stärke zum Dienst : Leib- Grenadier - Bat. 14 Offic. 610 Unteroff. und Gemeine ; • 3 51 Mann ; "1 dessen Jäger 1. Bataillon .. 12 · 640 "1 11 2.
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Füsilier - Bataillon Jäger in Summa
·
312
Schlacht bei Möckern am 16. October. Mit dem frühen Morgen begann Alles sich zur Schlacht vorzubereiten.
General v. Blücher ritt im Lager herum , als er
feine Befehle ertheilt hatte, und sprach in seiner kraftvollen Weiſe mit den Soldaten , hier anfeuernd , dort scherzend : „ Langt nur „tüchtig zu," sagte er zu denen vom Leibregiment, 11 es wird heute ?? ein tüchtig Stück Arbeit geben.“ Im Hauptquartier des ersten Corps erwartete man noch die Disposition ; der General hatte seine Officiere fürſorglich zu einem Mahle um sich vereinigt , die Pferde ſtanden gesattelt vor der Thür.
Da trat Graf Brandenburg mit der Disposition zur
Schlacht ein.
Yorck erhob sich , sein Glas in der Hand , sagte
ſein Lieblingssprüchlein : „ Anfang , Mitte und das Ende, Herr
"1 Gott zum Besten wende," leerte das Glas und seßte es ſtill hin.
Die Anderen desgleichen. In feierlicher, ernst erhobener Stimmung gingen sie zur
Schlacht, in der der Kampf der Entscheidung über das preußische, das deutsche Vaterland gekämpft werden sollte. Um 11 Uhr trat das Corps , links abmarſchirt , die Bewe gungen an. Bei der Lüßschenaer Ziegelei bog die Tête, 8. Bri gade , links aus und formirte sich zum Angriff auf Lindenthal ; die 7. und 1. folgten rechts in 2 Treffen ; die 2. bildete die Re serve. Die Infanterie der Avantgarde folgte der Elster auf Wahren. Die russischen Corps der Armee marschirten auf dem linken Flügel; die Langeronsche kam bei Radefeld zuerst an den Feind, noch ehe das Yorcksche Corps seinen Aufmarsch vollendet hatte. Der Feind zog seine Vortruppen nach kurzem Gefecht zurück und zeigte eine Aufstellung in der Richtung von Möckern gegen den Rietschkebach, östlich. Das Yorcksche Corps folgte dieser unerwarteten Bewegung (da man glaubte, der Feind werde über Widderitsch zurückgehen
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und dahinter eine Schlacht annehmen) , auf die eigene Entschlie ßung des Generals durch eine Rechtsschwenkung, durch welche die 7. Brigade vorwärts Lindenthal, die 8. links davon, die erſte Brigade rechts neben der 7. und die 2. in Reserve kam . Möckern war stark vom Feinde besetzt , welcher seine Front mit einer überlegenen Anzahl von Geschüßen verstärkt hatte, und etwa eben so stark, als das 1. Corps war.
Dieses sollte nun,
den Umständen angemessen , den Kampf auf dem rechten Flügel beginnen und dabei den linken bis zur vollständigen Ankunft der Russen zurückhalten. Wir werden den Angriff der Avantgarde , bei welcher sich noch immer das Leib- Grenadier-Bataillon befand, zuerst betrachten, um den Antheil desselben kennen zu lernen. Nach kurzem Gefecht war der Feind aus Stahmeln und Wahren vertrieben worden, die erſten Vorboten des Sieges waren in einem österreichischen Jägerdetachement erschienen, welche hinter dem Rücken der Franzosen über die Pleiße gelangten und fröh lich begrüßt wurden.
Inzwischen hatte man die Besetzung von
Möckern entdeckt, welches hart an der Pleiße den Stützpunkt des französischen linken Flügels bildete. Die Avantgarde erhielt etwa um 2 Uhr den Befehl, Möckern zu nehmen , da jeder Angriff auf die feindliche Stellung durch dieses Dorf und die rechts von ihm stehende große Batterie flan firt ward. Das Füsilier - Bataillon des 2. ostpreußischen Regiments, das Landwehr - Bataillon Graf Wedell, 2 Jäger - Compagnien und das Leib- Grenadier - Bataillon entwickelten sich zum ersten Angriff, lezteres in Reserve. Er ward durch das Feuer einer Batterie und die Jäger ein geleitet.
Leider fand man , daß vom Flusse her das Dorf nicht
zu umgehen war , daß der Feind mit der ihm eigenen Umſicht und Schnelligkeit jedes Haus, jedes Gehöft zur hartnäckigſten Ver
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theidigung eingerichtet, Schießscharten in die Mauern geschlagen und die Zugänge verrammelt hatte. Nachdem die Jäger und Füsiliere die ersten Vertheidiger etwas mürbe gemacht, ging das Bataillon Wedell vor und stürmte die Liſière, drang in die Dorfstraße ein , ward an einer Quer straße von den feindlichen Soutiens empfangen und mußte nach einem sehr nahen Feuergefecht wieder zurückgehen.
Der Feind
folgte ; nunmehr ward das Leib - Grenadier- Bataillon vorgezogen und der Angriff erneuert. Die Grenadiere hatten, mit den Schüßen und Jägern vorgehend, an der Querstraße dasselbe Schicksal : aus allen Fenstern , von den Dächern herab beschossen , in der linken Flanke und Front von frischen Kräften empfangen , mußte dieser Angriff scheitern, da der Feind auf ihn alle seine Aufmerkſamkeit verwenden konnte. Es fehlte an der genügenden Einleitung durch Artillerie und an einem gleichzeitigen Angriff auf die östliche Liſière. Schon war beim Rückzuge eine Haubize vom Feinde ge nommen, als ein wiederum erneuerter, mehr umfassender Angriff mit fast allen Bataillonen der Avantgarde sie wieder rettete.
Nun
stürmte der tapfere Major v. Hiller unter dem Ruf „ Es lebe der König " mit Trommelschlag die Straße ; er drang unaufhalt sam durch das Feuer des Feindes und die Gluthen der schon brennenden Häuser bis
an die jenseitige Liſière.
Dort jedoch
empfing ihn ein so wirksames Kartätschfeuer , es hatte das um das Dorf gegangene Bataillon so tapfern Widerstand , so nach drücklichen Angriff erfahren , daß aufs Neue gewichen , die ganze verworrene Masse gesammelt und geordnet werden mußte. Auf diese Weise hatten die braven Truppen ganz fruchtlos ihre Angriffe bis zur vollſtändigen Erschöpfung und Vernichtung fortgesezt ; es konnte kein Reſultat erreicht werden. Inzwischen aber war das Corps von Lindenthal aus halb rechts herangezogen und der einleitende Geſchüßkampf gegen die
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Mitte und den rechten Flügel des Feindes begonnen worden. Die 2. Brigade, auf den rechten Flügel gekommen , erhielt nun den Befehl, mit ihren 6 Bataillonen und 7 Schwadronen den Angriff auf Möckern zu secundiren , indem sie die östlich des Dorfes aufgestellten Truppen des Feindes angriffe.
Gleichzeitig ordnete
Major v. Hiller seine geschmolzenen Bataillone und beide gingen vorwärts .
Der Prinz selbst führte ein Bataillon an den Feind,
welcher die Anhöhe beim Dorf mit schwerem Geschüß und da hintergestellter Infanterie hielt. Im ersten Moment gelingt es , den Feind zurückzudrücken, Möckern wieder zu nehmen ; aber das furchtbare Kartätschfeuer der Batterie lichtete die Reihen der Ostpreußen. Von einem fran zösischen Marine - Bataillon auf nahe Distance mit einer Salve empfangen, wird ein Bataillon nach Möckern hineingeworfen . Bei verstärktem Angriff wird der Prinz selbst schwer verwundet , je doch gelingt es einen Augenblick, die Batteriebedeckung zum Rück zug zu zwingen und die Geſchüße zu nehmen , als frische Ba taillone des Feindes die Brigade in Front und linke Flanke nehmen und ihr die Trophäen entreißen.
Sie muß zurückgehen.
Im Dorfe Möckern hatte indeſſen das Feuer der eingeniſte ten feindlichen Tirailleurs nicht zum Schweigen gebracht werden können ; man entschloß sich, es häuſerweise zu erobern.
Haufen
von 30-40 Jägern , Grenadieren und Wehrmännern bildeten sich , um mit der größten Hingebung diesen Zweck zu erreichen ; ein wüthender Kampf entbrennt, indem der Feind auf Tod und Leben jeden Schritt breit Terrains vertheidigt.
In dieſem ent
setzlichen Gemenge fielen die Majors Graf Wedell und Rekowski ; es wurden die Majors Hiller, Klür und Thiele schwer verwundet ; alle höhere Leitung hörte eine Zeit lang auf, mit dem besten Blute ward der Acker befruchtet. Nun rückten auch die 8 schwachen Bataillone der 1. Bri gade des Oberst Steinmez, ohne einen Schuß zu thun, mit dem
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Bajonet gegen das Dorf und die links von ihm stehenden Feinde vor.
Mit großer Bravour gingen die Landwehren drauf; aber
ein mörderisches Feuer empfängt sie von der Höhe aus dem Dorf. Ihre Führer fallen zum Theil — der Angriff wird gebrochen . Das 2. Treffen der Brigade erneuert ihn ; über Haufen von Todten und Verwundeten stürmt Alles hinweg, um den Preis zu erringen.
Auch dieses Mal noch hält die feindliche Schlachtord
nung den Andrang aus ; aber sie ist doch so weit erschüttert, daß die Krisis des Tages überstanden ist.
Der Major v. Sohr mit
3 Schwadronen des brandenburgischen Huſaren - Regiments geht durch die Bataillone vor und entwickelt sich vorwärts in dem Augenblick, wo der Feind durch bereit gehaltene Reſerven die 1. Brigade zurückwerfen will.
Mit gewohnter Verachtung der von
allen Seiten drohenden Gefahr stürzen sich die Husaren schnell auf die feindlichen Maſſen, vernichten zwei Carrees, nehmen Ge schüße; durch einen Theil der Cavallerie der Avantgarde unter ſtüßt , werfen ſie ſich auf feindliche Cavallerie : überall wird der Feind zersprengt, auseinander getrieben und in ein wildes Gewirr aufgelöst, weicht er endlich.
Auf dem rechten Flügel der Preußen
neigt sich die Waage zu ihren Gunſten. Während das Gefecht um Möckern lebhafter wurde , hatte die 7. Brigade allmälig eine Stellung gegenüber der feindlichen Artillerie eingenommen.
Sie war zur Deckung gegen deren Feuer
in einer Senkung aufgestellt , und es zeigte sich auch, daß die Kugeln des Feindes meist zu hoch gingen und der verursachte Verlust unbedeutend blieb.
Immer jedoch mußte man erwarten,
daß der Feind die Diſtancen richtiger schäßen und mehr Erfolg haben werde. Noch immer blieben die Ruſſen zurück, und es war keine Hoffnung vorhanden , daß die Preußen ihre thätige Hülfe erfahren würden.
Man sah auf dem rechten Flügel die Wogen
des Gefechts immer höher und höher steigen und die Schaaren der Verwundeten rückwärts das Feld bedecken.
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* Da erschien plötzlich, vom General v. Yorck entsendet, sein Adjutant Graf Brandenburg als willkommener Bote beim General v. Horn , und berichtete auf deſſen Fragen über den Stand der Sachen Folgendes : „ Die Gefechtsverhältnisse auf dem rechten „ Flügel feien so nachtheilig , daß der General v. Yorck besorge, ,,das Gefecht abbrechen zu müssen ; jedoch möge General v. Horn "1 einen eintretenden günstigen Augenblick zu benutzen suchen.“ Der Adjutant des Generals v. Horn, Lieutenant v. Barfuß, erhielt nun den Befehl, nach dem rechten Flügel zu reiten , um die gegen wärtige Lage des Gefechts im Dorfe und bei demselben zu er funden. Als der Lieutenant v. Barfuß bei Möckern ankam , sah er, wie dasselbe so eben von der preußischen Infanterie genommen war, und das 2. Leib-Huſaren-Regiment sich vorbewegte, um die erlangten Vortheile zu verfolgen.
Er eilte mit der Meldung vom
Gesehenen zu General v . Horn zurück. Ohne Zaudern faßte dieser seinen Entschluß.
Er commandirte
an die Brigade „ Stillgestanden ", und richtete mit seiner Allen vernehmlichen Donnerstimme folgende denkwürdige Worte an sie : „ Kinder, wir haben einen schönen Tag! „ Seht, dort stehen die Franzosen , die Jahre lang Euren
11 Eltern und Euch so viel Leids zugefügt haben; heute wollen ,, wir es ihnen vergelten!
" Wir werden jezt auf die große Batterie losgehen und ſie „ nehmen ; schießt nicht viel, sondern geht mit dem Bajonet drauf, stoßt sie nieder : wenn sie kalt sind , thun sie Euch ,, nichts mehr. - Brigade Marsch** )! " *) Die nachfolgenden Data verdanken wir einer Mittheilung des Herrn Generals v. Barfuß, dermalen Adjutant der 7. Brigade. **) Andere Traditionen lassen den Schluß folgenden sein : „Kinder, schießt nicht viel ! Ihr wißt, bei Wartenburg ging's mit dem „Kolben am besten ! Macht's wieder so, murkst sie Alle ab, kalt sind sie mir „am liebsten!"
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Es waren 8 Bataillone in der Schlacht ; das Leibregiment und die Thüringer im zweiten Treffen.
Graf Schwerin * ), welcher
das 1. Bataillon führte, hatte um die Erlaubniß gebeten , es in das erste Treffen zu stellen , damit ihm , gleich dem zweiten bei Wartenburg, Gelegenheit zur Auszeichnung gegeben würde. Aber die beiden anderen Bataillone waren nicht gesonnen, ihm den Vorrang so ohne Weiteres zu laſſen.
Als die Brigade
antrat , schritt das zweite Treffen dergestalt aus , daß bald nur eine Linie von Bataillons - Colonnen sich im Trabe und unter Eine feindliche Cavallerie
schallendem Hurrah vorwärts bewegte.
Abtheilung brach hervor ; aber die Soldaten mochten ihr wohl zu resolut aussehen, sie drehte um und ließ sich nicht wieder blicken.
Ein tiefer trockener Graben ward hastig durchklettert
und der Ruf: „ die Huſaren sind schon da! " trieb zu größerer Eile an. Man befand sich in der wirksamsten Kartätschschußweite ; eine Büchse sette gerade vor der Fahne des 2. Bataillons auf, entlud sich und die Kugeln riſſen im Nu den Capitain v. Kampß und alle Unterofficiere der Fahnenſection nieder. Das Bataillon spaltete sich so in zwei Hälften , welche erst beim weiteren Vor gehen wieder zuſammentrafen. Nahe bei der Batterie angekommen , wurde diese von der Bedienungsmannschaft ( Marine - Artilleriſten ) verlaſſen , und die dahinter stehenden Colonnen wurden sichtbar ; etwa in der Stärke von 3 Bataillonen. Boden geschlagen.
Diese Maſſen wurden überrannt und zu In diesem Augenblick war es , daß eine von
links herankommende russische Batterie einige Schüſſe in die dichten Massen that ; man kehrte sich nicht daran ; es galt nun, sich der Artillerie zu versichern, von der einige Geschüße abfahren wollten. Es konnte nicht fehlen , daß die Bataillone hiebei auseinander
*) Starb vor Kurzem als General a. D. auf Wolfshagen bei Prenzlau.
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kamen ; und obgleich der Feind sich zum Theil aufgelöst in die Flucht begeben hatte, so war der Augenblick kritisch, da die Leute nicht mehr in der Hand der Führer waren .
Gerade in solchem
Zustande war es, daß sich eine kleine feindliche Cavallerie- Abthei lung, etwa 2 Escadrons , plötzlich in der rechten Flanke zeigte und Miene machte, einzuhauen. Jedermann fühlte das Gefährliche der Lage, da zugleich viele Soldaten der eben durchbrochenen feindlichen Maſſen , welche sich auf die Erde geworfen und todt gestellt hatten , hinter her aufstanden und ihre Gewehre in den dicken Haufen abschossen.
In diesem Augenblick ergriff Hauptmann
v. Holleben die Fahne des 1. Bataillons und ſammelte durch seinen Ruf einen kleinen Kern um sich, mit dem er bald als Zeiger für die Uebrigen diente.
Mit einem anderen schnell vereinten Trupp
ging General v. Horn den Reitern entgegen , die auch wirklich Kehrt machten und abzogen.
Es ist möglich, daß zwei in der
Nähe haltende, nur schwache Landwehr - Escadrons jene Reiterei abhielten, den Moment energisch zu benutzen. Mittlerweile war auch links die 8. Brigade vorgerückt. ,,Was
11 die Poesie von Spartanermuth dichten , was
der Pinsel der
„ Künſtler uns von Römerkühnheit malen möge," sagt der Bericht des Generals v. Hünerbein , 11 es wird durch das , was in dieser „ Schlacht vorging, unendlich übertroffen...... Giebt es schönere „ Handlungen der Unerschrockenheit und Aufopferung, als die des „ Lieutenants v. Sellin , der mit dem Lieutenant v. Favrat und „ 7 gemeinen Soldaten sich in ein mit Ordnung zurückgehendes feindliches Carree drängt und eine bespannte Kanone herausholt? "1 Eines Lieutenants v. Eberhardt (unseres Regiments), der während „ der Attaque von einer Kartätschkugel zu Boden gestreckt, von ,,seinem Bataillon zertreten , noch ehe solches den Feind erreicht,
11‚ keuchend mit einer bedeutenden Kopfwunde wieder vor demselben 11 erscheint und ,,Feind! "
ausruft: „ Kinder , ich muß auch mit in den
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Endlich hatte General v . Yorck auch die Reserve - Cavallerie losgelassen ; an der Spiße der litthauischen Dragoner war er mit gezogenem Säbel darauf losgejagt. Auf allen Punkten der Schlacht begann ein Einhauen und Niedermezeln, welchem nur die Dunkel heit ein Ende machte. General v. Horn ließ nun die Brigade ſammeln und blieb so lange unter den Waffen stehen , bis der Vorpostendienst an geordnet war.
Dann ward ein Bivouac auf dem Schlachtfelde,
Front gegen Eutrißsch, bezogen ; es wurden aber nur „ Strohfeuer “, der Nähe des Feindes wegen , angezündet.
Auf Befehl des Ge
nerals ward nun die , nur noch sehr schwache Regimentsmuſik geholt ; bevor jedoch ihr Spiel begann, stimmte Musketier Hensel der 6. Compagnie, welcher durch Gesang und Scherz seine Kame raden oft erheitert und sich den Namen des „ Cantors " erworben hatte, das alte Lied : „ Nun danket alle Gott, mit Herzen, Mund
" und Händen, der große Dinge thut, an uns und allen Enden,“ mit lauter Stimme an ; gleich jenem alten gläubigen Grenadier von Leuthen, und wie dort, ward auch hier dem Herrn der Heer scharen ein lautes Danklied gesungen.
Auf allen Stellen der
Wahlstatt ward dem vor Allem Ehre gegeben , der heute aufs Neue die Flügel über uns gebreitet hatte. Aber auch Vielen hatte er Prüfung auferlegt.
Wer hätte
nicht einen Bruder, einen Verwandten, einen Freund zu beklagen gehabt !
Das Corps hatte schwer gelitten.
Die Bataillone waren
fast ganz, 3 Brigaden der Führer verwaiset ; von 16,800 Mann Fußvolks waren nur 9000 übrig geblieben.
Es ist zu verwundern,
daß das Leibregiment einen verhältnißmäßig schwachen Verlust hatte. Es starben den Heldentod : Unterofficiere Werdermann, Girem, Bellin ; Musketiere Jädemann , Leizmann , Reuter , Ballerſtädt , Ban semer, Bock, Graßnick, Schwitzke, Winkel ; Füsilier Regeling. Verwundet wurden :
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Capitain v. Kampß ; Premier-Lieutenants v. Barfuß, v. Pröck¡I.; 70 Unterofficiere und Gemeine.
Beim Leib - Grenadier - Bataillon jedoch waren die Opfer größer.
Es waren :
gefallen : Capitain v. Kahlden ; Unterofficier Ziebel ; Grenadiere Knospe, Wildebald, Schulz, Neuendt, Püschenik, Bruchmann, Bähr, Geßler, Pollack, Setkorn, Tiez , Plagemann , Schmidt , Leo, Lemke, Sa lomon, Dillſchau, Appel, Rohde, Knock, Rohr, Schneider, Bothe, Miethke, Lake, Runge ; verwundet : Capitain v. Prüſchenk; Sec. - Lieuten. v. d. Golz, v. Zollikoffer II.; 90 Unterofficiere und Grenadiere; in Summa 4 Officiere und 117 Mann . Gelegenheit zur Auszeichnung hatten Alle gefunden ; beim Regiment könnten wir keinen Namen besonders vorführen,
es
müßte denn der des Hauptmanns v. Holleben sein. Beim Leib-Grenadier-Bataillon rühmt der Bericht vorzugs
weise des „ gewiß selten so braven Benehmens des Capitains „ v. Prüschenk, der mit einem vortrefflichen Beiſpiele von Muth ,,und Besonnenheit die Tirailleurs anführte , und erst , nachdem
"1 er die dritte Wunde erhielt, sich vom Kampfplag entfernte. 11 Gleichmäßig ist der Lieutenant Jungmeister vom Jäger - De „ tachement ausgezeichnet brav gewesen." Es werden ferner noch genannt : der Premier - Lieutenant v. Zenge ; Sec.-Lieutenants v. Foller I., v. d . Golz I.; Feldwebel Schmidt, Raabe, Dummer ; Oberjäger Lenz ; Unter officiere König, Schlichting, Krause, Grabow, Rühl, Negen dank, Kufahl, Dertel ; Hautboist Pörschel ; Grenadiere Winkel mann, Schramec, Schmerling, Gnörrich, Schulz, Bergande, Bellin, Lakemacher, Weber.
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Der Unterofficier Negendank wird als „ der tapferste Soldat " bezeichnet.
Der Unterofficier Schlichting, früher schon 7 mal ver
wundet, erhielt heut die 8. Kugel ; er dachte an Alles eher , als an das Zurückgehen. Die Brigade hatte 24 Kanonen ; das Regiment für sich noch 4 bespannte Geschütze erbeutet. Als eine besondere Trophäe und Andenken an jenes blutige Handgemenge bewahrt unser 2. Bataillon einen Tambourſtock, der noch heute im Dienste geführt wird.
Er wurde wegen seines
großen silbernen Knopfes für einen Adler gehalten und vom Unter officier Kallenecker aus der Mitte des feindlichen Haufens heraus geholt.
Auf dem Knopfe las man bis vor Jahren noch die In
schrift: 14ième Regiment de ligne de l'armée Impériale française. Es wurden folgende Worte darunter eingegraben : „ Vom Unter
"1 officier Heinrich Kallenecker in der Völkerschlacht bei Leipzig er ,,beutet, den 16. October 1813."
Am 17. October vereinte ein Gottesdienst das Corps ; der Sonntag ward unter dem weiten Himmelsdom ernſt und feier lich begangen. Dann reihten sich die 1. und 8. Brigade unter dem General v. Hünerbein zu einer, die 2. und 7. Brigade unter General v. Horn zu der anderen Division zusammen, aus welchen beiden das Yorcksche Corps weiterhin bestehen sollte. Auch beim Regi ment ging eine Veränderung vor : der Capitain v. Luck ward zum 1sten und Hauptmann v. Holleben als interimistischer Com mandeur zum Füsilier - Bataillon versezt. Am Vormittag beritten die Generale v. Yorck, v. Horn und v. Sacken die Wahlstatt.
Dort , wo das Leibregiment und die
Landwehren ihr Gericht gehalten hatten und die Todten in großen
323
Haufen umher lagen, wendete sich Yorck zum Brigadier : „ Aber,
"1 lieber Horn, ist das wohl erlaubt ? " — ,, Na, es sind ja fast nur „Franzosen !" war die begütigende Antwort.
Weiterhin bemerkte
er eine Marketenderin vom Regimente, bei einer Leiche emsig be schäftigt.
In steter Feindschaft mit diesen Leuten lebend, glaubte
er auch jetzt nur, daß die Frau plündere, und rief voll höchsten Zorns : „ Will das Weib sich wohl im Augenblick fortscheeren ! " Diese blieb ruhig vor sich hin bei ihrem Geschäfte.
Nun schickte
der General den Major v. Schack ab , das Weib fortbringen zu lassen ; als er aber auch diesen sich theilnehmend mit der Frau unterhalten sah, konnte er sich nicht mehr halten und ritt selbst zur Gruppe hin.
Die Frau richtete sich nun verlegen und er
schrocken nach dem General um und sagte mit tiefster Betrübniß : „ Ich wollte ja nur meinen Mann einbuddeln ". Der alte Kriegs mann ritt tief bewegt weiter, nachdem er die Arme reich be schenkt hatte. Gefecht bei Gohlis am 17. October. Das Corps v. Sacken rückte hierauf gegen Leipzig vor, um den Feind, welcher sich in Gohlis festgesetzt hatte, zu vertreiben. Es sollte den Eingang nach Leipzig erzwingen, kam aber nicht zu Stande und erbat sich Unterſtüßung.
Das Füsilier - Bataillon des
Leibregiments und das combinirte des 1. und 2. oſtpreußischen Re giments, die Jäger des Leibregiments und die Thüringer mußten den Ruſſen zu Hülfe eilen , welche sich noch im Orte befanden. Sie stellten sich verdeckt und geschlossen auf den Straßen auf ; nur der Lieutenant v. Uklanski mit den Jägern rückte an die Ufer der Luppe, wo sich ein eigentlich ganz zweckloses Feuer entſpann. Wir kennen diesen „, wahrhaft edlen und prächtigen Menschen " schon von Colberg her, wo er sich den Orden pour le mérite er worben hatte. 11 Wird der heutige Tag entscheidend sein? " fragte er seinen Freund, den Hauptmann v. Holleben, als er vorging : — 21 *
324
nur zu bald sollte er für ihn selbst der entscheidendste werden. Als der Feind gegen Abend zurückging , folgte Lieutenant v. Uk lanski mit seinen Jägern bis zum Rosenthal ; dort traf ihn mitten unter ihnen die tödtliche Kugel. „ v. Uklanski hatte einen wahrhaft kindlich frommen Sinn ; „ er zeigte sich ängstlich und besorgt bei einem Gewitter oder in „ der Gefahr, die Andere umgab.
Aber er war ein Held im hef
„ tigſten Gefechte und persönlich unverzagt in der größten Gefahr. 11 Er war schon bei Halle mit der Fahne in der Hand , bei Col ,,berg und bei Königswartha verwundet worden. Kurz und rühm „ lich war sein Leben , aber sein Name wird in der Geschichte
" des Leibregiments und in dem Andenken seiner Freunde fortbe „, ſtehen ! “ Es waren außerdem 15 Mann verwundet.
Der Lieutenant
Holfelder *) übernahm das Commando des Jäger - Detachements. ,,Auf der Höhe seiner Stellung hielt Yorck mit seinem Stabe,
" das große Panorama des Kampfes zu überschauen. „ feuer
ringsum
Kanonen
am Horizont ; brennende Dörfer , auffliegende
„ Pulverwagen, anhaltendes Dröhnen der Luft, Zittern der Erde ; "‚ man merkte, daß eine Weltschlacht geliefert wurde." Zwischendurch ein jubelndes Hurrah und schmetternde Fan „ faren :
es ist der Empfang der beiden sächsischen Kavallerie
11 Regimenter,
die zu den Verbündeten übergegangen und von
„Blücher dem Yorckschen Corps zugewiesen sind .
Selbst Yorck
"1, ward ergriffen , als Holleben , jener Tapfere vom Leibregiment, ,,in des Bruders Arme stürzte **)."
Das Leib-Grenadier-Bataillon wurde auf Schkeudig detachirt, um dem zurückgehenden Feinde den möglichen Rückzug über die *) Lebt als General - Lieutenant a. D. zu Berlin. **) Droysen, Thl. 2. , Seite 371., kl. Ausg. Dieſer Bruder des Hauptmanns v. Holleben war später General - Major und Commandeur der 10. Cavallerie Brigade.
325
Elster zu verwehren.
Es fand sich nichts ein ; am 18ten Abends
sezte das Bataillon seinen Marsch mit dem Corps nach Halle fort.
Die Verfolgung bis zum Rhein. Am 18. October Abends 8 Uhr erhielt das Yorcksche Corps die Bestimmung , die Uebergänge der Saale bei Merseburg und Halle gegen den Feind zu sichern. Es ward sogleich aufgebrochen und die ganze Nacht hindurch marschirt.
Die Division von Horn traf um 9 Uhr Morgens
am 19ten bei Halle ein , und blieb in Stadt und Umgegend . An diesem Tage erhielt Hauptmann v. Holleben , des Thüringer Landes kundig, den Befehl , mit einem Detachement berittener freiwilliger Jäger und Kosacken voraus zu eilen und Nachrichten. über die fliehende franzöſiſche Armee einzusenden ; an seiner Stelle übernahm Hauptmann v . Steinäcker das Commando des Füsilier Bataillons. Am 21ten wurde bei Petschkendorf eine neue Avantgarde unter dem Oberst Graf Henckel gebildet , zu welcher das 1. Ba taillon des Regimentes stieß,
und
welche aus 6 Bataillonen,
3 Compagnien Jäger, 1 österreichischen Jäger-Bataillon, dem bran denburgischen und 2. Leib - Husaren - Regiment, 1 sächsischen Ula nen - Regiment und zwei Batterien bestand. Sie marschirte über Laucha gegen Freiburg.
Nachdem die vorausgeeilte Cavallerie
einen Transport von 3000 Kriegsgefangenen, meist Desterreicher, befreit hatte, war die Infanterie auf Zscheiplig gegangen und bildete dort den rechten Flügel des Corps , welches inzwischen ebenfalls die Unstrut erreichte ; mit ihm die beiden anderen Ba taillone des Regiments.
Gefecht bei Freiburg am 21. October. Das scharf und tief eingeschnittene Thal der Unstrut, wel ches bei Freiburg nach vielfältigen Krümmungen der Saale sich
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direct zuwendet, und dessen steile Ränder schwer zu ersteigen sind, gewährt dem Feinde eine vortheilhafte Aufstellung.
Unter dem
Schuße einer noch diesseits sich behauptenden Arrieregarde suchte er die jenseitigen Wege mühsam zu überwinden ; die Lage der Burg Zscheipliß, welche er gut besetzt hatte, begünstigte ſeine Ab sichten.
Das 1. Bataillon , so wie die beiden anderen , sendete
die Schüßenzüge vor ; auch die Thüringer schwärmten aus , und in einem weiten Bogen wurde der Feind zu umfaſſen , immer tiefer hinabzudrängen gesucht.
Es entstand ein sehr hartnäckiges
Tirailleur-Gefecht, welches aber der starken Position des Feindes wegen kein taktisches Resultat hatte.
Der Feind entkam mit dem
Verlust von 18 Geschüßen und vielen Munitionswagen.
Es ist
nicht zu übersehen, ob man ihm nicht Schlimmeres hätte zufügen können; wenigstens berechtigt der bedeutende Verlust des Corps zu solcher Frage.
Das Regiment verlor an diesem Tage 4 Of
ficiere, 93 Mann an Todten und Verwundeten. Es waren gefallen : Unterofficier Meyer ; Grenadiere Herz berg, Voigt, Bierschröder , Puhlmann , Krüger , Wegner, Jäkels, Dräger ;
Musketiere Schiller, Thomas, Stabenack, Thale. Verwundet : Lieutenants v. Mach, v. Schenkendorf ( verließ erst nach der dritten Verwundung das Gefecht) , v. Die zelski, v. Boden *) ; 80 Unterofficiere und Gemeine. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen : Seconde = Lieutenants v. Chevallerie, Monig , v. Münchow I., v. Schenkendorf, v. Boden, v. Selasinski, v. Eberhardt; Portepee - Fähnrich Kühne ; Unterofficiere Marks, Repke, Wohl berg, Stahl; Musketier Möwes ; Füsiliere Klein , Bott , Weiland , Andres, Dräger. *) Der nachmalige Minister v. Bodelschwingh, erhielt einen Schuß durch die Lungen, der auch später Ursache seines Todes ward .
327
Bei den Schützen des 1. Bataillons waren die Patronen ausgegangen und die Officiere schickten nach Ergänzung derselben. Diesen Umstand benutzten mehrere Leute , aus eigenem Antrieb ihren fechtenden Kameraden Kochgeschirre mit Eſſen in die Feuer linie mitzunehmen, welches von diesen wohlgemuth verzehrt wurde. Die Ueberbringer verharrten im heftigsten Feuer ruhig so lange, bis sie die geleerten Kochgeschirre zurücknehmen konnten.
Gegen Morgen des 22 sten brach die Avantgarde wieder auf; der Feind hatte den linken Thalrand verlassen und die Brücken zerstört ; man mußte also diesseits verweilen und die kostbare Zeit zur Ergänzung der Fußbekleidung benußen . Das unnützeſte Möbel der Bagage, der Kaſſenwagen, - denn er enthielt nicht einen Pfennig — ward hier zurückgelaſſen, da er zerbrochen war. Mit leichterem Herzen wurde also der Marsch am 23 ſten fortgesett; aber mit größeren Beschwerden , als sie bis dahin vorgekommen waren. „ Dieſe theils in unwegsamen Gebirgsgegenden , theils „ über erweichte Thonäcker ausgeführten und mit nicht zu beſchrei "1 benden Mühseligkeiten verknüpften Märsche ," sagt der Bericht des Grenadier-Bataillons, „ wurden den Truppen sehr nachtheilig. "1 Was die vorkommenden Hindernisse den Marsch am Tage auf „hielten , mußte , um den Feind nicht aus den Augen zu lassen, „ des Nachts zum größten Verderben der Truppen eingeholt wer ,,den.
So ereignete es sich häufig , daß bei dem besten Willen
,, und ganzer Hingebung zur guten Sache dennoch der Bivouacs „ plag nur von wenigen Soldaten erreicht wurde , die ohne Ge ,,fühl für Nahrung oder Bedürfnisse auf dem kalten Boden finn „ los hinfielen ; so daß dadurch die Officiere genöthigt wurden, „ sich Lagerbedürfnisse in eigener Person herbeizuschaffen.
Zum
„ Abmarsch hatte sich dann das Häuflein wieder gemehrt." Wir verweisen auf die anderweitig schon beigebrachten Er zählungen, um zu erwägen, ob der General v. Yorck nicht Recht
328
hatte, über die rücksichtslose und wohl zum Theil unnüße Kraft verschwendung , welche das Hauptquartier der Armee verlangte, seine Bitterkeit zu empfinden und auszusprechen. Gefecht am Hörselberge bei Eisenach den 26. October. Am 26. October war das Corps dem Feinde auf dem Rück zuge zuvorgekommen. Die Reserve =- Cavallerie sah ihn auf der Straße von Gotha nach Eisenach eilen, den Paß nach Süden zu gewinnen ; so sehr sie auch eilte , ihm den Weg zu verlegen , so konnte sie doch in dem schwierigen Terrain nichts gegen seine Schüßen ausrichten ; sie mußte zurückgehen und die Infanterie des Corps abwarten, welche Nachmittags eintraf.
Die Infanterie
der Division v. Hünerbein sollte hinab in das Thal , um bei Eichrodt dem Feinde den Weg zu versperren.
Deſſen Lage bewog
ihn zur heftigsten Anstrengung und Gegenwehr.
Auf dem linken
Flügel, wo das Leib - Grenadier - Bataillon im zweiten Treffen stand , entspann sich ein wohlgenährtes Tirailleurfeuer ; indeß be hauptete sich der Feind in dem difficilen Terrain bis tief in die Nacht; es konnte nichts ausgerichtet werden. Die große Kälte während der Nacht, bei der man Morgens mehrere Soldaten todt gefroren fand , kam zu den entfeßlichſten, bis zu diesem Augenblicke überstandenen Mühseligkeiten noch hinzu . Von den anderen Bataillonen kam an diesem Tage nichts ins Gefecht.
Vom Thalrande des Hörselbaches hatte man tief
unter sich das Schauspiel eines Nachtgefechts , das noch dadurch intereſſanter wurde, daß die auf der Höhe placirte Brigade-Batterie Granaten mit schwacher Ladung in die nahen feindlichen Truppen warf. Am 27sten gegen Mittag , nachdem der Feind sich bei der Wartburg vorbeigezogen , brach das Corps auf und folgte.
Die
Zustände bei der französischen Armee offenbarten sich hier und dort an den herumliegenden Leichen, todten Pferden, verdorbenem
329
Kriegsmaterial ; die Kosacken belästigten sie fortwährend.
Der
Marsch des Yorckschen Corps war durch Heſſen dirigirt, über Weglar , Weilburg , Usingen auf Wiesbaden.
In Usingen hatte
man eine kleine, spaßhafte Genugthuung für früheren Aerger. Viele Leute des Regiments erinnerten sich, als geborene Berliner, wie 1807 das Bataillon Naſſau-Usingen, im Napoleonischen Dienst, längere Zeit in Berlin Garniſon haltend, Tag für Tag die Straßen mit einer so häßlichen , einförmigen Musik durchzog , daß sie von der Straßenjugend zu einem paſſenden Text gesetzt und an allen Ecken gesungen wurde. Heute hatte sich die Musik des Regiments jene Melodie eingeübt, und jedes Dertchen von Nassau erhielt sein Ständchen. Es war Mitte November, als das Corps v. Yorck in der Nähe des Rheins eintraf und die Bestimmung erhielt, die Blockade von Mainz zu übernehmen.
Von den Höhen bei Ebenheim und
Nordstadt ward der lang ersehnte Anblick des Rheins mit tauſend fachem Hurrah begrüßt.
Nach so langen Entbehrungen und so
unfäglichen Beschwerden war dies der erste Tag , an dem sich Und doch, wie Wenige
Alles der reinsten Freude hingeben konnte. konnten es !
Das Corps hatte sehr gelitten , nur 9000 Mann
waren bis hierher gekommen von 37,800 Mann , welche vor vier Monaten ausgerückt waren.
Nach dem Eintreffen einigen Ersages
zählte Ende November das Regiment folgende dienstthuende Stärke : Grenadier - Bataillon : 8 Off., 17 Unteroff., 269 Mann;
1. Bataillon :
6
11
34
"1
378
"
2. Bataillon :
12
"
35
"1
397
11
8
11
28
"
419
11
Füsilier - Bataillon :
Die Jäger - Detachements des 1. und 2. Bataillons hatten nur noch 2 Officiere und 55 Jäger ! Es wurden bleſſirt geführt bei den drei Bataillonen :
und frank:
16 Officiere 406 Mann, 12 640 "1 "1
330
Während der nun folgenden Ruhe, die bis Ende des Monats December dauerte, war die Zeit gegeben , die Lücken zu füllen, die Ausrüstung und Bewaffnung wenigstens etwas wieder herzu stellen.
Diesem Zweige des Dienstes, so wie der Pflege der Ge
ſundheit, der Disciplin , des innern Halts der Truppen ward sofort von allen Seiten die größte Thätigkeit gewidmet.
In den
guten Quartieren, bei dem nicht schweren Vorpostendienst erholte sich Alles bald ; schlimmer aber stand es mit der Bekleidung. Sie bot nur noch ein buntes Gemisch von Jacken in allen mög lichen Farben , selbst abgeschnittenen grünen und weißen franzö ſiſchen Reitermänteln dar.
Die alten franzöſiſchen Mäntel waren
so fadenscheinig geworden , daß sie des Mitnehmens kaum werth waren.
Jedes Bataillon erhielt eine Beihülfe von 200 Ellen
grauen Tuches, welche aber zum Ersatz der Beinkleider dringender verbraucht wurden.
Sodann war es eine neue Sorge , den ein
treffenden Ersag paſſend einzureihen und tactisch einzuüben ; um so nothwendiger, als mehrere Bataillone zu den Vorposten stoßen und sogleich deren Dienst mit aller nöthigen Kenntniß versehen mußten.
Vorzugsweise waren
auch die jungen Leute
in den
Formen des Schüßengefechts zu üben ; auch die Landwehren be durften dringend einer gründlichen Schule. Die so großen Anstrengungen folgende Ruhe , der Mangel an Bewegung , deren man bis dahin so reichlich genossen hatte, auch wohl die von der franzöſiſchen Nervenfieberarmee zurückge lassenen Keime der Ansteckung verursachten Anfangs December einen Rückschlag in dem Gesundheitszustande des Corps, welcher die größten Bedenken und die größte Sorgfalt erheischte. Eine Unzufriedenheit des Generals v. Yorck mit den Maßregeln , die der Vorposten - Commandeur , Hauptmann v. Holleben getroffen hatte, führte zu einer Bestrafung desselben, die von dem tapferen und so thätigen Officier gewiß sehr bitter empfunden werden mußte. Auf eine von ihm deshalb an den General gerichtete Rechtferti
331
gung antwortete der General folgende, ihm wie dem Empfänger gleich ehrenvoll bezeichnende Worte : ,,E. H. Rechtfertigungsschreiben vom 15. d. M. beantworte
",ich, um Sie zu überführen, daß die von Ihnen angeführten " Gründe nicht hinreichend. ſind , um Sie von aller Schuld frei , zusprechen. Wenn Sie meinen ausdrücklichen Befehl, alle Kranken „ ohne Ausnahme von den Vorposten sogleich herzuschicken, genau „ befolgt hätten, so würden Sie keine Präsenskranke gehabt haben, " von denen Sie in Ihrem eigenen Briefe reden.
In einer Nacht
"1 können nicht von einem Bataillon 58 Menschen erkranken ; so „ plöglich und schnell fangen Epidemien nicht an; und zeigten sich „ schon früher Spuren ansteckender Krankheiten , so durfte um so ,,weniger mit der Fortſchaffung der Kranken aus Bieberich ge ,,säumt werden.
Ferner ist es eine falsche Ansicht ,
wenn Sie
"1glauben, nicht nöthig zu haben, Sich um den Geſundheitszustand „ einer zum Vorpostendienst Ihnen anvertrauten Truppenabtheilung „ zu bekümmern.
Die Sorgfalt für den Gesundheitszustand der
"1Soldaten ist zu wichtig , als daß sie nicht ein Gegenstand der
"1vorzüglichsten Aufmerksamkeit eines jeden Befehlshabers „ müßte.
sein
Und weil ich diese hohe Pflicht erkenne, wie sie erkannt
„ werden muß, und durchaus will, daß sie von Jedem besonders „ beachtet werde, so mußte ich zur Aufrechthaltung meiner in dieser ,"Hinsicht schon oft wiederholten Befehle ein Beispiel statuiren.“
"1Es thut mir leid, daß dies in Euer Hochwohlgeboren einen "1Officier getroffen, deſſen militärischen Eigenschaften ich gern Ge „ rechtigkeit widerfahren lasse. Wenn ich Sie polizeilicher Fehler „ wegen strafen mußte, so wird dieſes niemals irgend einen Einfluß auf die Gesinnungen der Hochachtung haben , die Sie mir und „ dem ganzen Corps auf dem Schlachtfelde einzuflößen wußten, "Iund es wird mir jederzeit angenehm sein zu bestätigen, daß ich ,,Ihre Verdienste erkenne und zu schäßen weiß.
Wiesbaden, den 21. December 1813 .
v. Yord."
332
Oberst Graf Henckel erzählt in seinen Memoiren , daß, als am Tage nach der Schlacht von Leipzig der General v. Yorck ihm ein Vivat , für die Befreiung von mehreren tausend Gefan genen , gebracht habe, ihm diese Anerkennung aus dem Munde dieses Mannes mehr werth wäre als eine Andere gewesen sei. Ebenso muß man hier mit dem hochverehrten Einſender empfin den , wie der strenge General auch seinen Tadel zu verfüßen wußte, und die obige Urkunde hat für die Geſchichte des Regi ments ein so hohes Interesse , als es für die Familie des Em pfängers ein werthvolles Andenken bleiben wird. Aber nicht blos Arbeit, sondern auch Belohnungen und Ge nüſſe wurden den Kriegern geboten. Zum ersten Male seit längerer Zeit wurde den Officieren Sold gezahlt, und Niemand war dar über in Verlegenheit , wie die plöglich erworbenen Reichthümer anzuwenden seien.
Mußte man am 30. November sich zu einer
großen Revue wieder eine paradenmäßige Bekleidung verſchaffen, so war es auch nicht minder nothwendig, des Abends im Wies badener Theater mit der nöthigen Eleganz zu erscheinen, oder auf den Bällen zu glänzen , welche die Anwesenheit der Monarchen herbeiführte.
Auf jener Revue geruhte auch Se . Majestät dem
Regiment in den huldenreichsten Ausdrücken Ihre Zufriedenheit auszusprechen für sein gutes Verhalten bei allen Gelegenheiten des vergangenen Feldzuges.
Auch die Wiederkehr des denkwür
digen Tages der Convention von Tauroggen wurde am 29. De cember festlich begangen, freilich war dabei so vieler Dahin geschiedenen in ernſter Wehmuth zu gedenken !
Selbſt der Glanz
der Schauspiele und Höfe konnte die Schatten nicht verbergen . War es nicht auf jenem Balle in Wiesbaden , wo der König, den Hauptmann v. Röder erblickend, der 3 Brüder verloren hatte, mit den Worten anredete : "1 Ihre Familie hat viel verloren, brave
11, Männer, die dem Vaterlande noch hätten große Dienste leisten „ können ; habe großen Theil daran genommen, hat mir sehr Leid
333
,,gethan, sehr Leid ! " Und wo auf die Entgegnung, daß wie diese, so jede preußische Familie gern Blut und Leben für Se. Majestät gäbe, der König tief bewegt antwortete : „ Nicht für mich , nicht ,,für mich! der Gedanke wäre nicht zu ertragen ; aber nach Gottes 11 Rathschluß für die gerechte Sache und für das Vaterland ; -
11 das ist aber auch das Einzige , was Einen bei so großen Ver ,,lusten trösten kann ! " Und doch war es so ; welcher Preuße hätte nicht sein Herz höher schlagen gefühlt bei dem Gedanken , daß sein König , der ihm in aller Entbehrung, in jeglicher Gefahr ein leuchtendes Vor bild gewesen , nun wieder das angestammte Erbe seiner Väter besaß ; daß Sein väterliches und wohlwollendes Regiment wieder in altem Glanz
und der alten Selbstständigkeit daſtehe!
Wie
jubelnd empfingen Ihn seine treuen Soldaten an jenem Tage, wo er sie zum ersten Male seit so langer Zeit, gebeugt von Ehren aber nicht von der Hand des Feindes , im Angesicht des alten deutschen Stromes wiedersah. Wer auch keine Ehrenzeichen, keine Beförderung erhalten hatte, mußte ihn nicht dies Hochgefühl, das volle Bewußtsein treuer Pflichterfüllung schöner lohnen , als alle Auszeichnung es vermochte ? Doch wenigstens eine Erinnerung an die glorreiche Vergan genheit wollte der König einem Jeden verschaffen in der Stiftung der Denkmünze. clamation :
Am 24. ( ! ) December erließ Er folgende Pro
,, An Mein Kriegsheer." " Das verhängnißvolle Jahr 1813 neigt sich seinem Ende. "In seinen thatenreichen Abschnitten wurde der schwere Kampf
" für die gerechte Sache auf eine unvergeßlich glorreiche Weise, ,,unter Gottes Beistand, bis an den Rhein vollbracht.
Der Feind
„ ist über den Rhein gewichen , und die noch von ihm beſeßten
", Festungen fallen.
Alle Meine tapferen Krieger haben sich eines
11 Andenkens dieses ewig denkwürdigen Jahres würdig bewiesen.
334
„ Für Auszeichnung der Einzelnen ist das eiserne Kreuz gestiftet ; „ aber Jeder, der in diesem Kampf vorwurfsfrei gefochten hat,
!! verdient ein ehrendes Denkzeichen , vom dankbaren Vaterlande ,,gereicht, und Ich habe deshalb beschlossen, eine solche Denkmünze „ von Metall aus dem eroberten Geschütz mit einer paſſenden In „ ſchrift und mit der Jahreszahl 1813 prägen zu laſſen , die an ,, einem Bande, dessen Farbe ich noch bestimmen werde, am Knopf „ loch getragen wird, und die nach errungenem ehrenvollen Frieden ,,jeder Meiner Krieger ohne Ausnahme erhalten soll , der im „ Felde oder vor einer Festung wirklich mitgefochten , und der „ während der Dauer des jeßigen Krieges seinen Pflichten treu „ geblieben ist und sich keines Excesses schuldig gemacht hat." „ Das Jahr 1814 wird , wir dürfen es unter Gottes fer „ neren Beistand hoffen, die Thatenreihe glorreich schließen , und „ dann ist dieses ehrende Denkzeichen auch diesem Jahre geweiht. „ Wer in beiden Jahren mitgekämpft , erhält die Denkmünze mit „ der zweifachen Inschrift.“
Friedrich Wilhelm."
Zwar hatten bis Ende December 1813 die Truppen des Yorckschen Corps vielen Ersatz an Recruten und Reconvalescenten erhalten, doch aber die Kriegsstärke noch nicht erreicht.
Indeſſen
wurde die alte Brigade- Eintheilung wieder hergestellt, und es bleibt dabei nur zu bemerken, daß an Stelle der noch immer an ihren Wunden krankenden Generale v . Steinmetz, Prinz von Mecklenburg und des versetzten Generals v. Hünerbein die Generale v. Pirch II. die 1., Oberst v. Warburg die 2., General- Lieutenant Prinz Wil helm Königl. Hoheit die 8. Brigade übernommen hatten. Das Corps zählte am 1. Januar 1814 in 31
Bataillonen,
44 Escadrons und 13 Batterien :
630 Officiere, 18,931 Unterofficiere, Jäger und Gemeine und 4109 Pferde.
335
Das Regiment aber hatte nach dem Rapport desselben Tages folgende Stärke : Grenadier-Bataillon 12 Off. 38 Unteroff. 11 Spiell. 1 9 11 "1 dessen Jäger-Detach. 2 11 17 11 43 1. Bataillon 20 11 "1 13 39 2. 6 11 11 11 11
Füsilier - Bataillon
11
"1
67
18
647
"1
630
11
4
11
1
"1
111
"1
36
11
5
"
651
"1
3 "I
Jäger -Detachement
668 Mann ;
Summa 58 Off. 169 Unteroff. 34 Spiell. 2774 Mann. Wir lassen zu einem paſſenden Schluß dieses Buches die Rangliste des Officiercorps am 1. Januar 1814 mit dem Ver zeichniß der bereits erworbenen Orden folgen : Regiments-Commandeur : Oberst-Lieutenant v. Zepelin (O.p.1.m.) (E.K.2 .) (R.A.2 .) (R.W.4 .) ( ad int. Brigade - Com mandeur). Major v. Derzen (O.p.l.m.) (E.K.1 .) (R.W.4.) (ad int. Regi ments - Commandeur) . "1
v. Ledebur (O.p.l.m.)
"1
v. Carlowig (O.p.1.m.) (E. K.2 .), Grenadier - Bataillon.
(E.K.2 .) (R.A.2 .)
(verwundet),
Füsilier - Bataillon.
"1
v. Hagen (E.K.2 .) (krank und abwesend), 1. Bataillon.
"1
v. Bose (O.p.1.m. ) (E.K.2 .) (R.W.4.), 2. Bataillon.
Capitain v. Diebitsch (O.p.l.m.) (ad int. 1. Bataillon). "
Graf Schwerin (E.K. 1. ) (R.W.4.) , commandirt zur
11
v. Luck (E.K.2.).
Adjutantur.
=
v. d. Heyde (E.K. 2.).
11
v. Reuß. O (E.K. 2.), Gren.
!!
v. Holleben (E.K.2 .) (ad int. Füſilier - Bataillon).
=
11
??
=
v. Zastrow (E.K.2.) (R.W.4.).
1
=1
v. Häusler, Gren .
=
v. Prüschenk, Gren.
11
336
Capitain v. Steinäcker (E.K.2 .) . Stabs - Capitain v. Massow.
"1
11
v. Kampt (E.K. 2.).
"
"1
v. Schönermarck.
"
"1
Graf Pinto (E.K. 2.).
"1
v. Frankenberg, Gren.
"I
Premier - Lieutenant v. Mach, Rechnungsführer. · v. Treuenfels. " "1 11
"1
Kinzel, Führer des Jäger - Detachements.
"1
11
v. Zenge, Gren .
11
11
v. Barfuß (E. K.2.).
11
"1
v. Lenz.
??
"1
v. Stwolinski.
"1
"1
v. Schildt, Gren.
"I
"1
v. Wüldknit, Gren.
Seconde - Lieutenant du Plessis . #1
"
11
11
v. Pröck. v. Kamecke.
11
11
v. Koch (E.K.2.).
"1
11
v. Zollikoffer I. (E.K.2.), Gren.
11
"1
v. Lilljeström.
"1
"1
v. Wuſſow I. (Lieutenant v . Wuſſow II. war mit Lieutenant v. Felden zum General Stabe versetzt.)
(E.K. 2.), Gren.
11
v. Foller
11
"1
v. Zschüschen, Gren.
11
"1
v. Chevallerie (E.K.2.).
11
11
Dumas de l'Espinol.
"1
"1
v. Schulenburg .
=
11
=
v. Münchow I. (E.K. 2.), Adjutant d . 2. Bat.
11
v. Müller I. (E. K.2 .), Adjutant d . Füſ.-Bat.
11
"I
v. Lüderiz.
=
"
"1
337 Seconde - Lieutenant v. Münchow II., Brigade - Adjutant. !!
??
v. Selasinski.
"
11
v. Wohna, Adjutant des Regiments .
11
"1
v. Höpfner.
"
!!
v. Diezelski.
"
11
v. Zollikoffer II., Gren.
"
"
v. Beher (E. K. 2.).
"1
"I
Graf Lüttichau I., Gren.
"1
"
v. Herrmann, Adjutant d. 1. Bataillons.
"1
"
"
"1
v. Manstein. Stockmar.
#1
11
v. Eberhardt.
"1
11
Graf Lüttichau II.
11
"1
"1
"
v. Homeyer. v. Didron.
19
"
Heim O.
11
"
v. Pröck II.
་་
11
v. Schildt.
11
11
v. Cranach.
"
11
Sennecke O, Rechnungsführer.
11
11
v . Foller II. (E.K. 2.), Gren .
"1
11
"
11
v. Tempelhof. v. Alvensleben.
"
11
Hegewaldt.
"
"1
v. Schenkendorf.
11
"1
Hering (E.K.2 .) (R.G.5.).
11
#1
Magdorf.
11
v. Ernest.
"
v. Tesmar, Gren.
11
v. Ricaud.
=
Kühne.
==
"1
"1
"1
22
•
338
Officiere der Jäger : Seconde - Lieutenant v. Bodelschwingh (E.K. 2.), Gren. Jacobi. " "1
"1
"
11
11
Jungmeister. Müller II.
11
"1
Kosack.
"1
11
Zimmermann.
11
"
Holfelder (E.K.2 .) . Ueberzählig :
Premier - Lieutenant v. Holleben (W.g.V.M. ). "
11
v. Rüdgisch.
"
11
v. Rhöden.
Seconde -Lieutenant v. Dechen. "?
Franke.
11
Menzelius. !! 11 Regiments - Chirurgus Neumann . 11
11
Wiedemann, Gren.
Bataillons - Chirurgus Marchand (E.K.2. ), Füs. Das Regiment zählte 27 eiserne Kreuze im Officiercorps ; es ist daraus zu ermessen, daß der Orden nicht leicht zu ver dienen war!
Sechstes
Der Feldzug
Buch.
von
1814 .
Die schlesische Armee, nachdem sie hauptsächlich dem Vaterlande die Freiheit erstritten hatte, sollte nun den Kampf um die Siche rung dieses köstlichen Besizes beginnen.
Nicht allein das Gefühl
der kriegerischen Mannhaftigkeit und erprobter Tüchtigkeit begleitete ſie über den Rhein ; es war noch ein Höheres : die in jedem Ein zelnen feste Ueberzeugung , daß der Herr der Heerschaaren mit seiner Hand das große Werk beſchüße, daß eine neue, ſchöne Zeit für Alle herannahe, in der sich die Völker ihrer schwer errungenen Ruhe würden erfreuen können . Sinnig hatte der Feldmarschall seinem Heere dies durch die Anordnung angedeutet , daß am Neujahrstage 1814 die verschie denen Theile desselben das linke Rheinufer betreten sollten. Be reits am 30. December waren die Brigaden des Corps v. Yorck zwischen Bingen und St. Goar concentrirt , und in der Nacht vom 31. December zum 1. Januar begann die Ueberbrückung des Rheins durch russische Pontonniere. Sie fand durch Schadhaftigkeit der Pontons einigen Aufent halt; es dauerte lange, ehe die 8. Brigade, die zuerst vorgehende, hinüberkam. Erst am 2. Januar war die 7. Brigade im Stande, die Brücke zu passiren. 22 *
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Vom Leibregiment war die 8. Compagnie zur Bedeckung des Hauptquartiers der schlesischen Armee abcommandirt und blieb daher bei
diesem ; das Füsilier - Bataillon dagegen bildete mit
5 Schwadronen schlesischer Landwehr - Cavallerie und 4 reitenden Geschüßen ein Detachement unter dem Obersten Grafen Henckel, mit dem Auftrage, im weiteren Vormarsch die rechte Flanke des Yorckschen Corps zu sichern und die Straßen zur Mosel und Saar zu beobachten. selben.
Wir verfolgen zunächst die Schicksale des
Zug des Obersten Grafen Henckel. Das Detachement erreichte gegen Abend des 2. Januar noch das Dorf Ellern , eine Stunde vorwärts Rheinböllen , auf dem Wege nach Simmern. Hier befand sich schon ein Vorposten des Corps von der Brigade des Prinzen Wilhelm von Preußen, deſſen Commandeur vor weiterem Vorrücken warnte , da sich der Feind in dieſer Gegend zu sammeln suche und leicht überlegen auftreten fönne. Auch ein eben eintreffendes Schreiben des Generals v. Yorck ermahnte zur Vorsicht, verlangte aber, daß der Feind aus Argen thal verjagt werde , weil er dort nur einige 100 Mann , sicher aber Simmern stärker besetzt habe, und im letteren Ort sich die feindlichen Truppen in der Stärke von 8-10,000 Mann zu ſammenzögen. In Argenthal, bis wohin man nun vorging, fand man nichts mehr vom Feinde, und die Besorgniſſe über die Stärke des Geg ners waren verschwunden , als ein zweiter Brief vom General v. Yorck einlief und zur Vorsicht ermahnte, da der Feind , den Meldungen des Generals v. Hünerbein zufolge, vielleicht bei Sim mern und Kirchberg sehr stark sei. Es war beinahe Mitternacht; das Bataillon fand in Argen thal einige Erfrischung und Ruhe, deren es nach dem langen
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und beschwerlichen Marsche bedurfte.
Aber Geist und Wille des
selben waren vortrefflich , und nachdem die schnell gesammelten Lebensmittel vertheilt und genossen waren, wollten die Spötteleien und Wize über Feind und Freund nicht enden.
Man hörte :
„Heute müſſen wir doch noch den Franzosen das neue Jahr an
"1 schießen, sonst wären wir ja unhöflich beim ersten Besuch u. s. w." Soldaten dieser Art konnten ihren Führern nur Vertrauen er wecken.
Denn anfänglich schien bei dem Oberst Graf Henckel
der Gedanke des Aufgebens Raum gefunden zu haben ; aber ein Blick auf die kampfbereiten Füsiliere reifte einen beſſeren Ent schluß, und der Versuch eines Ueberfalls auf Simmern schien überdies ohne besondere Gefahr möglich. Um
1 Uhr setzte sich die Colonne nach Simmern in Be
wegung . Simmern liegt in dem ziemlich tief eingeschnittenen Thal der Simmer , diesseits ; es sollte mit einer nicht mehr ganz ge= schlossenen Mauer umgeben sein und hatte verschließbare Thore. Der Frost hatte die links der Stadt liegenden ſumpfigen Wiesen gangbar gemacht.
Hiernach ward folgende Marsch - Dispoſition
entworfen :
2 Schüßenzüge als Vortrupp, 2 Schüßenzüge als Soutien ; 150 Schritt dahinter : 1 Compagnie zur Unterſtüßung des Angriffs ; 150 Schritt dahinter :
3 Compagnien, 2 Escadrons,
2 reitende Geschütze ; 150 Schritt dahinter : 3 Escadrons, 2 reitende Geschütze.
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Disposition zum Angriff:
" Die Schüßen greifen an, was sie vor sich Feindliches fin „ den, und suchen sich schnell des Thores zu bemächtigen .
Ihr
" Soutien unterstützt sie im Nothfalle hiebei ; sowie das Thor ge "1 nommen iſt, rückt die Unterſtüßungs - Compagnie nach und, sobald ,,der Feind weicht, mit Vorsicht weiter."
"1 Die 2 ersten Schwadronen rücken, sobald die ersten Schüsse „ gefallen sind ,
nahe bis zur Unterſtüßungs - Compagnie heran,
„ und sobald die Meldung eingeht , daß das Thor erobert ist, ,,traben sie links ab und suchen über die gefrorenen Wiesen den ,,Weg und die Brücke nach Birkenfeld - Kirchberg zu gewinnen."
" Beim ersten Schuß macht Alles , außer den 4 Schüßen „ zügen, halt, und wartet weitere Befehle ab." „ Kein Pferd beim Vortrupp ; Rauchen und Sprechen ver „ boten ; Vier Mann bilden die Spiße ; keine Seitendeckung; Mann ,,schaften mit Hacken und Beilen beim Vortrupp zur Hand.“ Man hatte vielleicht eine Stunde in dunkler aber sehr ru higer Nacht zu märſchiren gehabt ; eben begann der Weg sanft abzufallen und links abzubiegen, als plötzlich schon etwas rückwärts ein „ qui vive “ erscholl und gleich darauf mehrere Schüsse von daher knallten : man war nah am Ziele.
Schnell eilte der Vor
trupp vorwärts, fand aber das Thor schon geſchloſſen und ward durch lebhaftes Infanteriefeuer empfangen. Der Ueberfall war also mißlungen, der erste Angriff ſogar abgeschlagen. Die Schüßen wurden zurückgezogen und hinter eine Kapelle aufgestellt ; es blieb nichts übrig als das Thor einzuschießen und zu einem ernsthaften Angriff zu schreiten.
Ohne Zaudern wurde.
eine Kanone vorgeholt ; sie schlug aber beim Abproßen um und fiel in einen Graben.
Bald jedoch rasselte ein zweites Geschütz vor,
und der erste preußische Kanonenschuß donnerte auf Frankreichs Boden!
Zugleich eilten nun die Füsiliere vor , und obgleich die
343 " Kugel hoch über das Thor hinweg geflogen war , so hatte doch der moralische Eindruck des Geschüßdonners
die Zuversicht so
gesteigert, daß es gelang, das Thor zu sprengen. Der Lieutenant Sennecke, jener Brave, der schon in Colberg, in Rußland gefochten und Auszeichnung erworben hatte , führte, auf sein besonderes Ansuchen, die Spize, und warf sich der Erste heran, um jeden Versuch, das Thor wieder zu verschließen , zu vereiteln.
Einen Franzosen , der dies eben thun will , ergreift er
noch zwischen beiden Thorflügeln und hält ihn dort, Bruſt an Brust ringend, mit Hülfe des Unterofficiers Viereck so lange fest, bis die Nachfolgenden den Weg öffnen und nun über die Wache herfallen.
Die Unterſtüßungs - Compagnie rückte ans Thor ; die
beiden Escadrons folgen dem Weg über die Wiesen ; schnell wird die Hauptstraße, der Markt vom Feinde gesäubert.
Als die Vor
truppen dem Feinde folgten , rückte die Compagnie auch auf den Markt, erhielt aber hier plößlich in der linken Flanke Feuer, und es zeigte sich , daß jene dem Feinde nicht in der Richtung auf Birkenfeld, sondern auf Coblenz gefolgt waren, ohne dorthin etwas entſendet zu haben. Es gelang in diesem sehr kritischen Moment noch glücklich, den Feind in der linken Flanke zurückzuwerfen und die Stadt bis zum Birkenfelder Thor zu gewinnen ; von einer Verfolgung mußte der Dunkelheit wegen jedoch abgestanden werden.
Auch die
beiden Schwadronen hatten nicht über die Wiesen kommen können und umkehren müſſen. Während des Feuerns in der Stadt erkannten die Vortruppen ihren Irrthum und kehrten nun schnell nach der Stadt zurück, um ihn wieder gut zu machen.
Leicht hätten sie hier auf die
eigenen Kameraden schießen können , wenn die Einwohner Sim merns in diesem Moment nicht, auf eigenen Antrieb, die Fenster erleuchteten und so jedes Versehen dieser Art vermeiden halfen. Inzwischen waren die vor der Stadt Harrenden, durch das
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lebhafte Feuer in Unruhe verseßt, ihren Kameraden Hülfe bringend zur Stadt gestürmt, fanden aber schon jede Gefahr beseitigt, welche bei stärkerer Besetzung leicht hätte verderblich werden können.
So endete diese Unternehmung noch glücklich genug um 4 Uhr Morgens, und zwar mit dem sehr geringen Verluste von 14 Leichtverwundeten.
Dagegen wäre beinahe der feindliche Ge
neral Ricard gefangen worden. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen :
Capitain v. Holleben ; Seconde- Lieutenants v. Eberhardt, Sennecke, v. Cranach ; Unterofficiere Viereck, Kulatsch ; Füsiliere Dietrich und Urowski. Oberst v. Henckel sagte in seinem Bericht, „ daß der Haupt ,, mann v. Holleben und sämmtliche Tirailleur-Officiere mit seltener „ Unerschrockenheit gefochten hätten , und er sich glücklich schäße, „ folche Truppen unter seinen Befehlen zu haben.“ Das Gefecht zeigt, wie bei solchen Städteangriffen es höchst nothwendig ist, zunächst die Straßen zu durchstreifen und zu säu bern und sich möglichst von der Lage des Marktes und der Straßen zu unterrichten ; denn sehr leicht konnte , durch ein ſeit wärts bereit gehaltenes Soutien, der Feind die Vortruppen vom Gros abschneiden und wohl gar gefangen nehmen .
In seiner
steten Vorsicht hatte General v. Yorck es nicht an Mahnungen fehlen lassen und sicher hätte er einen Unfall ſehr ſtrenge gestraft. Aber freilich muß der Stimmung der Zeit Rechnung getragen werden, welche den Muth und die Unternehmungslust aufs Höchste gespannt hatte. Das Detachement blieb bis 11 Uhr Vormittags in Sim mern , von den Einwohnern in ihrer Freude reichlich bewirthet ; marschirte sodann aber nach Kirchberg weiter und gelangte nach anstrengendem Marsch von 4 Meilen am 4. Januar bis Thalfang. Oberst v. Henckel erfuhr hier, daß der Feind sich nach Saar brück zurückzöge, und da er offenbar zu schwach war, gegen den
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selben etwas Wirksameres zu unternehmen , so wendete er sich auf Trier, um die Verbindung mit dem 3. Corps und einen Uebergang über die Mosel zu eröffnen. Zugleich aber kam es darauf an, den Feind über die Stärke
des Detachements irre zu führen, die ganze Gegend möglichst zu alarmiren und so jeden Gedanken an längeres Verbleiben beim Feinde zu unterdrücken.
Es wurden also Wagen mitgenommen,
auf welche die Füsiliere sich seßten , um schnelle Streifzüge in die Umgegend zu machen und überall die Nachricht von der An näherung bedeutender Truppenmassen zu verbreiten.
So gelang
es dem Major v. Ozerofski mit 4 Schwadronen Landwehr - Ca vallerie und
den Lieutenants v. Beher und v. Eberhardt mit
60 Tirailleurs, bei einer schleunigen Recognoscirung gegen Trier, die feindlichen Truppen zurückzuwerfen und die ganze Gegend bis Conz und Siersk in Schrecken zu bringen.
Der Lieutenant v. Che
vallerie wurde mit 40 Füsilieren gegen Grevenmachern detachirt, um im Verein mit 60 Pferden unter dem Rittmeister v. Often der Besagung von Luxemburg die Verproviantirung der Festung zu erschweren. Der Feind war einmal in der Flucht , daher glückte Alles. Am 5. Januar gelang es dem Major v. Ozerofski vor Trier an zukommen, um sich dort so lange vor der Stadt, troß der Nähe bedeutender feindlicher Cavallerie, zu behaupten, bis das Detache ment heranrückte, und durch weit verbreitete Bivouac - Feuer den Feind so täuschte, daß er am anderen Tage Trier ohne Gefecht räumte.
Die Municipalität empfing den Obersten feierlich, ihm
die Schlüssel der Stadt überreichend ; Hauptmann v. Holleben wurde sogleich zum Commandeur ernannt und man schritt zur Sicherung der sehr ansehnlichen Beute an Gefangenen und Vor räthen. Außer 800 Mann, theils Kranke theils Geſunde, wurden noch viele Conscribirte vorgefunden , welche man in die Heimath entließ ; ein großes kaiserliches Tabacksmagazin ward versteigert
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und brachte die hübsche Summe von 100,000 Francs ein ; Officiere und Leute wurden neu gekleidet - kurz, man wußte kaum, was man mit dem Reichthum beginnen ſollte. In Trier blieb das Detachement bis zum 14. Januar, wäh rend das Corps von Yorck bis zur Saar vorging und seinen Uebergang über diesen Fluß bei Merzig und unterhalb Saarlouis bewerkstelligte.
In dieser Zeit wurden von den Officieren des
Bataillons Streifzüge nach allen Richtungen ausgeführt.
Der
Lieutenant v. Eberhardt ging bis gegen Thionville ; der Lieutenant v. Beher fing am 9ten einen Transport Gewehre auf; der Lieu tenant v. Cranach trat sogar als Pirat auf, indem er einen Trans port von 400 Mann Kranker auf Kähnen erbeutete. fangenen
mehrten sich so ,
gung lästig wurde. eben erwähnte
Die Ge
daß ihre Bewachung und Verpfle
Das intereſſanteſte Beispiel ist aber der
Streifzug des
Lieutenant v. Chevallerie gegen
Luxemburg. Dieser Officier war mit dem Rittmeister v. Osten schnell vor Luxemburg geeilt und hatte Nachrichten über den Zuſtand dieſer Festung eingesammelt, wonach die Besatzung kaum 3000 Mann, meiſt Conſcribirte, zählen sollte.
Der junge feurige Mann schöpfte
die Hoffnung , daß hier vielleicht ein Handſtreich mit Erfolg be gleitet sein könnte, und schlug dem Oberst v. Henckel vor , mit 1000 Mann einen Ueberfall zu wagen, wobei er als Führer einen ihm bekannten verborgenen Weg in die Stadt benußen wollte. Während er die Antwort auf seinen Vorschlag erwartete, verhin derte er durch eine zweckmäßig gewählte Aufstellung die Versuche der Besatzung, sich die Mittel zur vollständigen Armirung der Festung zu verschaffen. Der Bericht kam zu Händen des Feldmarschalls Blücher und war eine willkommene Neuigkeit im Hauptquartier desselben.
Die
Unternehmungsluft der großen Hauptarmee war bei jedem Schritt vorwärts in Frankreich schwächer geworden, insonders weil man,
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ohne den Besitz der Festungen, sich nicht halten zu können fürch tete.
Dem kühnen Sinn des Feldmarschalls war dies nicht ge
gemäß, und so wurde denn ein solcher Bericht zunächſt ein Mittel, die Besorgnisse des Fürsten Schwarzenberg zu zerstreuen ; sodann aber faßte man wirklich Feuer und General v. Yorck ward mit Absendung
einer Brigade zum Zwecke eines Handstreichs
Luxemburg und später auf Metz beauftragt.
auf
Zugleich aber erhielt
Oberst v. Henckel auch directen Befehl vom Feldmarschall, einen solchen Versuch zu wagen. Die Lage von Luxemburg ist nun allerdings nicht die, einen Handstreich auch nur im Entfernteſten zu begünstigen ; außerdem aber wurde die Besatzung noch in derselben Zeit bedeutend ver ſtärkt und war bis auf 8000 Mann gewachsen. Wohl oder übel mußte nun Oberst Graf Henckel den ihm durch eigene Schuld gewordenen Auftrag zu erfüllen suchen, während General v. Horn mit seiner Brigade von Thionville , bis wohin er eben gelangt, ihn unterstützen sollte.
Das Schlimmste dabei war eben das täg
liche Allarmiren der Besaßung gewesen , welche aufmerksam ge macht worden sein mußte. So sehr General v . Horn sich auch bemühte, den höheren Anforderungen zu entsprechen , war es doch zunächst nicht mög lich, früher als am 18ten vor der Festung anzutreffen , und es zeigte sich nun erst die alle Wahrscheinlichkeit des Erfolges hinter sich lassende Gewagtheit der Sache.
Der General v. Yorck über
zeugte sich ebenfalls davon und es gelang nur mit Mühe , das Hauptquartier des Feldmarschalls und ihn selbst von dem Ent wurfe abzubringen, der sicher eine Menge braver Leute ohne den mindeſten Nutzen gekostet hätte. Das Yorcksche Corps
war unterdeß über die Saar und
Mosel vorgegangen und zu ähnlichen Projecten bestimmt gewesen. Namentlich sollte General v. Horn mit seiner Brigade es ver ſuchen , Thionville , eine kleine Festung , zu überrumpeln.
Sie
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hatte 2000 Mann Besaßung und eine der Sache des Kaisers Napoleon ergebene Bürgerschaft , einen tüchtigen Commandanten und war auch sonst im Stande , sodaß es sich bald zeigte , daß hier nichts Wichtiges zu bewirken sei. Am 14. Januar Abends spät erhielten die Musketier - Ba taillone des Regimentes den Befehl, aus den Cantonnirungen zu rücken.
Der Marsch geschah in aller Heimlichkeit und Jeder
mann glaubte an einen Sturmverſuch.
Dem war indeß nicht ſo.
Bald klärte sich der Zweck auf. Es sollten die Dörfer im Rahon der Festung aussouragirt und hierin der Besaßung zuvorgekom men werden.
Auf ein vorher bestimmtes Zeichen begann das
Geschäft des Ausräumens überall zugleich, und bevor noch der Morgen graute , waren die mitgenommenen Wagen mit Lebens mitteln , auch Vichheerden , schon unterwegs.
Zum Schluß er
theilte General v. Horn noch dem Commandeur seiner Artillerie den Auftrag : ,, Nun , Kamerad , werfen Sie einige Granaten in ,,die Festung, daß die alten Weiber vor Schreck aus den Bet ,, ten fallen." Hierauf ging die Brigade gegen Luxemburg in der schon erwähnten Art vor. Am 21. Januar, troßdem daß der Plaz sich überall sturmfrei zeigte, sollte ein Versuch zur Escaladirung gemacht werden ; es fand sich jedoch, daß die Besatzung ein De tachement zur Fouragirung ausgesendet hatte , auf welches ver geblich Jagd gemacht wurde.
Hierdurch ward der Feind natür
lich allarmirt und der Versuch unterblieb.
Am Nachmittag ritt
der Major v. Derzen in Begleitung des Lieutenants v. Mün chow II. und zweier Husaren allein gegen die Festung vor , pas sirte ungehindert die Außenwerke und kam bis an das verschlos sene Hauptthor , bis endlich den Franzosen der Spaß doch zu übertrieben erschien und die Gruppe mit Gewehrfeuer begrüßt wurde.
Sie kam noch glücklich davon.
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Nachdem die Absichten gegen Luxemburg aufgegeben worden waren, erhielt Oberst Graf Henckel den Befehl, mit seinem De tachement gegen Longwy zu rücken, fand jedoch auch hier keine Veranlassung, etwas Ernsthaftes zu unternehmen.
So marschirte
er denn nach St. Mihiel , wo ihm der Auftrag , die Spiße der Avantgarde des nunmehr wieder vereinigten Corps von Yorck zu bilden, zu Theil wurde.
Hier traf auch zur großen Freude des
Bataillons der bei Bunzlau in Gefangenschaft gerathene Haupt mann v. Zastrow wieder ein.
Die durch das Thauwetter grund
los gewordenen Wege erschwerten den Weitermarsch gegen die Marne im höchsten Grade.
„ Da Auflösung der Wege und Ueber
,,schwemmungen immer abwechselten," meldet Oberst Graf Henckel am 30. Januar ,
„ so bin ich erst gestern Abend um 9 Uhr in
Sermaize eingerückt.
Da viele Leute die Schuhe verloren hat
„ ten, so habe ich, was sonst beim Leib - Füsilier - Bataillon ,,nie vorkommt, sehr viele Traineurs gehabt, die aber nun bei ,,nahe alle wieder herangekommen sind." Diese Erscheinungen hatten eine beſondere Bedenklichkeit durch die immer allgemeiner werdende Bewaffnung
des französischen
Landvolks erhalten , welches anfing , die einzelnen Detachements zu belästigen und Nachzügler, die bei so schwierigen Umständen sich beim besten Willen finden, aufzuheben und zu tödten.
Gerade
der Osten Frankreichs ist sehr bonapartiſtiſch gesinnt und enthält sehr kriegerische Elemente in seiner Bevölkerung .
Nach Kräften
wurden daher die paſſirten Ortſchaften entwaffnet ; es konnte aber nicht verhindert werden, daß die seitwärts liegenden einen kleinen Krieg auf eigene Hand führten. Das Leib- Grenadier-Bataillon hatte während des Vorrückens des Corps keine besondere kriegerische Thätigkeit gehabt, wohl aber vom Rheinübergang an die ermüdendsten Märsche machen müssen. Nach einer kurzen Einschließung von Thionville durch die Brigade rückte es ebenfalls mit derselben gegen Vitrh vor.
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Gefecht bei Vitry am 1. Februar 1814. Das Corps von Yorck war am 31. Januar vor Vitry (le françois ) vereinigt.
Da dieser Ort, am rechten Ufer der
Marne, einen wichtigen Uebergang über diesen Fluß deckte , und bei gut erhaltenen Wällen alter Befestigungsart eine Besatzung von 600 Mann und 4 Geſchüßen hatte, so beschloß der General, sich seiner zu bemächtigen. Das Detachement des Oberst Graf Henckel war für dieſen Tag durch das ostpreußische Grenadier-Bataillon und das 2. Leib Husaren - Regiment verstärkt und unter die Befehle des Generals v. Birch gestellt worden.
Diese Truppen sollten den Angriff ein
leiten, der Rest der 1. Brigade als Soutien folgen. Der Hauptmann v. Holleben ließ hier die 4 Compagnien des Bataillons, mit ihren Schüßenzügen, in der Form der Com pagnie - Colonnen auseinanderziehen , und den Angriff beginnen. Es fand sich aber, daß die Wälle gut mit Geschütz versehen und die Gräben voll Waſſer waren ; ein Sturmverſuch konnte daher mit Aussicht auf Erfolg nicht gewagt werden.
General v. Yord
befahl den Rückzug ; und es ist nur der hier vielleicht zum ersten Male angewendeten Taktik der Compagnie - Colonnen zu danken, daß er ohne großen Verlust durch das Geſchüßfeuer ausgeführt wurde.
Es geschah wohl, daß die Artillerie Granaten in die
Stadt warf; obschon nun dieſe an mehreren Orten zündeten , so überzeugten die Führer sich doch, daß der Platz durch einen Sturm nicht zu nehmen sei.
Ein Bivouac ward bei Ecriennes bezogen.
Der Verlust des Füsilier - Bataillons , welches in dem ungleichen Kampf die größte Kaltblütigkeit gezeigt hatte,
betrug 2 Todte
(Füsilier Lehmann und Witte) und 6 Verwundete. Oberst Graf Henckel ging nun zur Deckung
der rechten
Flanke mit seinem Detachement nach Vitry le brulé, und ſendete Patrouillen gegen Châlons vor.
351 Am 30. Januar , so hatte man nämlich in Erfahrung ge bracht, war der Marschall Macdonald mit seinem Corps vor Châlons angelangt, und bereitete sich vor, zur Armee des Kaisers zu eilen, welche bei Brienne concentrirt werden sollte. Er hatte einen Artilleriepark von 40 Geschüßen auf Vitrh vorausgesendet, dem es bei dem nebligen Wetter des 1. Februars gelungen war, durchzukommen ; der Führer aber war in die Hände einer preu ßischen Patrouille gerathen, und man errieth nun die ganze Wich tigkeit, welche Vitrh für die schlesische Armee haben konnte. Es ward am 3. Februar ein Sturm auf diesen Platz beab sichtigt; während
dessen sollte aber der Oberst Graf Henckel,
unterſtüßt von der Reserve - Cavallerie , die Straße auf Châlons verfolgen und letzteren Ort bedrohen.
Gefecht bei La Chaussée am 3. Februar 1814. Die beiden leztgenannten Truppenabtheilungen waren
am
2ten rechts der Chaussée vorgegangen , und bei St. Amand im Bivouac geblieben, nachdem sie im dichtesten Schneegestöber auf feindliche Cavallerie gestoßen waren.
Zu ihnen stieß am Abend
noch die Avantgarde unter dem General v. Kazler. Der Feind hatte von Châlons aus ein bedeutendes Corps aus allen Waffen gegen Vitry entsendet , wahrscheinlich um die Unternehmung
auf diesen Ort zu stören und
die preußischen
Kräfte von ihm, während seines Marsches dorthin, abzulenken. Er hatte in und bei La Chauffée , Marne, bivouaquirt ,
einem Dorfe an der
und als die preußische Avantgarde am
frühen Morgen des 3. Februar vorrückte, fand sie ihn schon im Begriff, aus dem Dorfe zu debouchiren. Diesen Augenblick erfaßte der allzeit thätige General v. Kaz ler; er warf sich mit der zu beiden Seiten der Chauſſee ent wickelten preußischen Cavallerie auf den Feind und jagte ihn mit Verlust von 4 Geſchüßen durch das Dorf zurück.
Oberst Graf
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Henckel, welcher diesem Angriff zur rechten Seite gefolgt war, entsendete die Schützenzüge des Füsilier =- Bataillons nach La Chaussée; nach kurzer Zeit warfen diese , in Verbindung mit denen des 1. und 2. ostpreußischen Regiments, die feindliche In fanterie aus dem Dorfe.
Der französische Führer hatte darauf
jenseits desselben eine neue Aufstellung genommen ; es entſtand vor dem Angriff derselben eine Pause, welche durch das Feuer der Geschüße ausgefüllt wurde.
Während derselben zog sich Ge
neral v. Jürgas mit der Reserve - Cavallerie nach dem rechten Flügel und veranlaßte den Feind ,
deſſen linke Flanke bedroht
ward, seine Stellung aufzugeben und sich hinter die Moire zurück zuziehen.
Der Rückzug des Feindes über das Defilee war offen
bar zu spät erfolgt ; denn noch steckten Infanterie und Geschüße darin , als die sie deckende Cavallerie von der heranstürmenden preußischen zum Frontmachen gezwungen ward. Der Anprall der litthauischen Dragoner war so heftig und geschlossen,
daß der
Feind, vollständig zersprengt, sich in Unordnung zu retten ſuchte. Inzwischen waren auch die Schüßenzüge des Leib - Füſilier - Ba taillons und der Ostpreußen herangekommen und begannen den Angriff auf die diesseits des Baches liegenden Gehöfte, in welchen der Feind indeſſen ſtandhaft sich vertheidigte.
Nach dem Bericht
des Grafen Henckel haben die Schüßen der Füsiliere zwei Mal ihre sämmtlichen Patronen verfeuert. Ueber diesem Gefecht brach der Abend herein und General v. Yorck befahl abzulassen. Bivouac bei Dampierre.
Das Füsilier - Bataillon rückte in ein Es hatte in dem Gefecht 1 Todten und
8 Blessirte gehabt.
Gelegenheit zur Auszeichnung fanden die Lieutenants v. Che vallerie, v. Beher, v. Cranach ; die Unterofficiere Kukatsch, Henkel ; die Füsiliere Eberling, Sibach, Rühle und Damm.
353
Die 7. Brigade war an diesem Tage nicht im Gefecht ge= wesen und brach am 4ten von St. Amand le brulé gegen Châ lons auf; nachdem der Feind sich schon in der Nacht eilig gegen diesen Ort zurückgezogen und sich in demselben zur Vertheidigung eingerichtet hatte.
Dem Marschall Macdonald war es durch den
Wechsel der Schicksale hier nochmals beschieden, seine ehemaligen Untergebenen sich feindlich gegenüber sehen zu müſſen , und zwar in einer Lage, die für ihn sehr zweifelhaft war. Châlons deckt den Uebergang über die Marne, auf welchem die kürzeste Straße nach Paris führt ; und da wenige Tage vor her Feldmarschall Blücher Napoleon bei Brienne geschlagen und sich zum Marsch auf die Hauptstadt mit der schlesischen Armee entschlossen hatte, so war es für General v. Yorck von der größten Wichtigkeit, diesen Ort in seine Gewalt zu bringen. Er dirigirte das ganze Corps dorthin und ließ den Angriff gegen die südliche Vorstadt durch die Artillerie und die Infanterie der Avantgarde beginnen. Die 7. Brigade, noch Nachmittags auf dem Marsche, erhielt wiederholentlich die Aufforderung, ihr Eintreffen zu beschleunigen, um die seit dem Morgen unterstützen.
im Gefecht stehenden Truppen zu
Erst gegen sieben Uhr Abends erreichte man den
Kampfplay. Die Beschaffenheit der Stadtumfassung erleichterte die Ver theidigung.
Sie besteht aus einer hohen, festen, crenelirten Mauer
mit einem tiefen Graben ; davor zieht sich fast um die ganze Stadt ein Boulevard (breite Allee), der von den Franzosen sehr geschickt in die Vertheidigung gezogen war. Schon als Wohnort von 50,000 Menschen von Bedeutung, genießt die Stadt einen alten Ruf der Hauptniederlage des Champagnerweins, jenes so köstlichen Products eines sonst sehr unfruchtbaren Landstrichs, von dem sich namentlich in den Vorstädten bedeutende Depots vorfinden. Das Gefecht in der südlichen Vorstadt war sehr hißig ge 23
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worden , doch ohne merkliches taktisches Resultat geblieben.
Der
Erfolg war vielmehr ein in den Annalen der Kriegsgeschichte selten vorkommender geworden .
Einige der durch Kälte, Hunger
und Ermüdung findig gewordenen Ostpreußen waren auf Wein keller gerathen, und bald, beladen mit Flaschen des verführerischen Getränks, die Wegweiser für die Anderen geworden ; es entſtand das großartigste Champagnergelage, welches wir zu nennen wüßten, wenn sich auch die heutige Generation , Jugend und Alter , viel in solchen Dingen versucht haben mag. Die Wirkungen des Weins zeigten sich in dem ohne Ord nung fortgeführten Kampf. Hier gingen Einige, mit Flaschen im Arm, gegen die feindliche Stellung vor , um ihren Muth und Todesverachtung, freilich ohne weiteren Zweck, zu zeigen ; Andere lagen berauscht herum und vergaßen Alles , Mühe und Gefahr und Pflicht.
Als der commandirende General endlich durch seinen
betrunkenen Reitknecht die Lage kennen lernte, ward der 7. Bri gade der Befehl gegeben, die betrunkene zweite abzulösen.
General
v. Horn ordnete demgemäß an, daß die Vordertruppen zu ersetzen und sodann die Ordnung in der Vorstadt überhaupt herzustellen sei; ― das lettere war das schwierigere, weil man hierbei mit den eigenen Kameraden zu thun hatte, die meist nur durch Ge walt aus den Häusern und Kellern vertrieben werden konnten. Bei der Gelegenheit fand man denn Niederlagen von 10,000 Flaschen, in großen Sandbergen aufgeschichtet , noch unberührt liegen ; da gegen auch andere Stellen , wo sich der roheste Uebermuth im Zerstören erschöpft hatte.
Denn
nicht zufrieden , so
viel als
möglich fortzuschleppen, hatten Soldaten mit Kugeln in die Fässer und Flaschen geschossen, so daß der Wein auf dem Fußboden fluthete und die Leute darin bis an die Knie umherwateten. Alle Eimer und Kochgeschirre waren im Gange.
Nachdem die Ord
nung einigermaßen wiederhergestellt und für genügende Sicherheits maßregeln gesorgt war , bezog die 7. Brigade in der Vorstadt
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St. Memmie, auf frisch gefallenen Schnee und bei recht empfind licher Kälte, ein Bivouac. Gegen 11 Uhr Nachts erlosch erst das Feuer ; nach Mitter nacht wurden die Feindseligkeiten überhaupt eingestellt , weil der Marschall Macdonald mit dem General v. Yorck einen Vertrag abgeschlossen hatte, wonach die Stadt am anderen Morgen von den Franzosen geräumt werden sollte. „ Das Füsilier - Bataillon befand sich beim Detachement des „ Grafen Henckel , isolirt auf einer kahlen , mit Schnee und Eis ,,bedeckten Höhe, den Weg nach St. Menehould deckend." „ Die Nacht war unangenehm , kein Holz zum Feuer vor
" handen ; die glühenden Kugeln, mit denen die Reserve - Artillerie „ die Stadt bis zum Abend beworfen hatte, konnten zwar mancherlei „Hoffnungen für die Zukunft erwecken , aber für den Augenblick „ waren die Wünsche des Leibes und Magens doch dringender. ", Da rief dem am spärlichen Feuerchen ſizenden Commandeur ein "1‚Füsilier in fröhlichster Stimmung zu, daß er köstliches „ Berliner „ Weißbier “ gefunden habe , und reichte dabei eine Flasche_wohl verpfropften Landesgetränks.
Eine "I Berliner Blonde ", noch so
schön , hätte diese Wirkung nicht erzeugt.
Neues Blut floß
„ durch die Adern , und die jugendliche Elaſticität und Schwung „ kraft war , wie in Tausend und eine Nacht , hier durch die „ Zauberkraft einer blonden Fee wieder erwacht.
Auch der Kreis
,, der ihren Commandeur umlagernden Füsiliere hatte sich ohne „ Zweifel durch das kräftige Weißbier, Gott weiß auf welchen "I Wegen, gestärkt, und schon begannen unter ihnen wieder Necke ,,reien und Muthwillen , die unzertrennlichen Begleiter der Bi ,,vouacsheiterkeit am traulichen Feuer, als Jemand sich ungerufen ,,zu ihnen drängte.
" Wer kein Holz bringt, darf nicht ans Feuer ! "
„ rief man dem Ankommenden zu. Aber plötzlich entſtand ein Auf 11 springen , ein Plazmachen im Kreise, und „ Herr Hauptmann, „ der Prinz ! " wurde diesem zugerufen.
Und in der That, die 23 *
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,,jugendliche Erscheinung war kein Anderer, als der Prinz Friedrich "1 von Preußen , der muthige damalige Begleiter des Yorckschen
"1 Corps , und wie derselbe , in der Umgebung des Generals , in ,,wichtigen Momenten jener Zeit, oftmals den wohlthätigsten Ein „ fluß auf dieſen ausgeübt, und vom ganzen Corps als ein guter „ begleitender Genius angesehen wurde, dies ist schon hinlänglich
11 anderweitig erörtert.
Hier , in dieser Nacht, empfand auch der
,,liebenswürdige Prinz die Kälte und suchte bei den heiter ge ,, wordenen Füsilieren ein möglichst gutes Unterkommen.
Schnell
"1 wurde eine Decke gefunden, diese über einen umgestürzten Stuhl
", gelegt , und so , am besten Orte des Feuers , dem hochgeehrten „ Gaſt die Lagerstätte bereitet. " ,,Auch für andere Bedürfnisse sorgten die Wirthe.
Denn
11 die Füsiliere hatten alle Reste ihrer „ Berlinerinnen “ versammelt,
11 und der hocherfreute Prinz, schon damals den lezteren nicht ab "I geneigt, erquickte sich dadurch sichtlich. Noch nach vielen Jahren 11 erzählte der Prinz von dieſer lustigen Nacht im Füsilier - Lager
" und der Labung durch Champagner - Neigen." Wohl ist, beim Mangel , ein erlaubter Genuß der höchſte, den der leibliche Mensch empfinden
kann ;
dagegen
Ueberfluß leicht zum Uebel und zu großem Nachtheil.
führt der Die preu
ßische Geschichte kennt ein ähnliches Beispiel übertriebenen, uner laubten Genuſſes , wie in der Schlacht von Prag die Huſaren durch Erbeutung von Branntweinvorräthen für die zweite Hälfte des Tages fast ganz gefechtsunfähig wurden : und hier, welch' ein trauriges ,
wahrhaft schauerliches Todtenfeld betrat in der
Vorstadt St. Memmie die 7. Brigade.
Aber kein Mäßigkeits
Apostel darf hier den Stab brechen : ein nächtliches Gefecht nach einem höchſt ermüdenden Wintermarsch; Mangel an Allem, nur nicht an Hunger und Durst ; Kaffee, Fleisch, Brod wurden nicht gefunden - der eifrigste Mäßigkeits -Apostel hätte in vollen Zü gen mitgetrunken !
357 Am 5. Februar um 8 Uhr früh erfolgte eine heftige Explosion, und es ergab sich, daß der Feind bei seinem Abzuge einen Brücken pfeiler gesprengt habe, und zwar den, welcher einen für Napoleon errichteten Triumphbogen getragen . den, bemerkte man
Als es wirklich hell gewor
drüben in den Mauertrümmern feindliche
Schüßen, welche die Wiederherstellung der Brücke durch ihr Feuer verhindern sollten; wurde doch an der Seite des commandiren den Generals einer seiner Ingenieur-Officiere erschossen. Obgleich die freiwilligen Jäger und Musketiere des Leibregiments , welche man hier poſtirte, ein sehr lebhaftes Feuer eröffneten , so gelang es doch nicht, die feindlichen Schüßen aus ihren Verstecken zu vertreiben, und erst eine Section ostpreußischer Jäger, welche aus den nächsten Häusern von oben herab ihre sicheren Kugeln ent sendete, machte dem Dinge ein Ende. Die Arbeit an der Brücke konnte nun ungestört beginnen. Um 9 Uhr rückten Abtheilungen des Corps in die Stadt ; von jeder Brigade bivouaquirte ein Bataillon auf dem Markte, die anderen wurden theils einquartiert, theils in nahe gelegene Ortschaften verlegt.
Unter die Truppen wurde nun mit Ordnung
Wein vertheilt ; beim Regiment kam auf jeden Officier wie auf je 3 Mann eine Flasche Champagner. Diesen Wein behielt jedoch der Rechnungsführer des 1. Bataillons, um ihn zu verpacken und für schlechtere Zeiten zu bewahren. Es waren 4 Mann verwundet worden. Das Detachement des Oberst Graf Henckel wurde hier auf gelöst und das Füſilier - Bataillon trat in ſein Verhältniß zurück. Am 4. Februar Nachmittags um 4 Uhr rückte die Brigade aus Chalons ab und ging auf Epernah.
In Bourfault fand
General v. Horn das eben für den Marschall Macdonald_auf getragene Frühstück, welcher zu zeitig von der preußischen Avant garde gestört worden war.
Der Wirth präsentirte die Gläser,
welche unter Scherzen geleert wurden.
358
Das Leib- Grenadier - Bataillon war mit der 1. Brigade vor Vitrh stehen geblieben und hatte dort bis zum 5ten an höchst beschwerlichem Dienst Theil genommen.
Da endlich verließ der
Feind den Ort, welcher sofort besetzt ward, während die Brigade den Marsch zur Vereinigung mit dem Corps bei Chateauthierry antrat, uud diese am 8 ten bewirkt wurde. Die 7. Brigade hatte an diesem Tage den Verlust eines eben so tapferen als allgemein beliebten Officiers zu beklagen ; es war der Lieutenant v. Milewsky , welcher bei Bunzlau so trefflich im Verein mit dem Regiment gewirkt hatte.
Er ertrank_beim Ueber
setzen über die Marne in einer schlechten Fähre. Durch die Märsche war die Fußbekleidung der Soldaten so ruinirt worden , daß viele barfuß - im Februar , bei schmelzen dem Schnee, auf Chauſſeen ! — gehen mußten. litten an dieſem empfindlichen Mangel.
Auch die Officiere
Zugleich fing die schon
auf dem Marsche von der Elbe nach Bautzen erschienene Augen krankheit wieder an lästig zu werden ; namentlich 3 Officiere des Re giments (Lieutenants v. Chevallerie, v. Lilljeſtröm und v. Müller I.) wurden davon ergriffen ; so daß man beim Weitermarsch von Cha teauthierry nur die mit Schuhwerk versehenen Soldaten mitnahm, alles Uebrige, wie die Augenkranken, aber dort zurückließ. Es sind deshalb die Bataillone während
der Vorgänge vom
11. und
12. Februar als verhältnißmäßig schwach anzunehmen, obgleich sich schon früher ihre Reihen durch Reconvalescenten wieder etwas dichter gemacht hatten.
Gefechte bei Montmirail und Chateauthierry am 11. und 12. Februar. Ein Ueberblick der Vertheilung des im Marsche auf Paris begriffenen schlesischen Heeres
am
11 ten
dürfte
nicht uner
wünscht sein.
Das Hauptquartier des Feldmarschalls war in Vertus :
359
Corps v. Kleist
La fère Champenoise. "
v. Kapczewitsch
"1
v. Yorck zwischen Chateauthierry und Vifforti.
#1
v. Sacken im Marsch auf La ferté sous Jouarre.
"1
v. Aſuwioff im Gefecht mit Napoleon bei Champeaubert.
Dieses lettere war am 10 ten schon von Napoleon, der sich plötzlich gegen die so auseinander gezogenen Theile Blüchers ge wendet hatte , fast ganz aufgerieben ; der Feldmarschall ertheilte nun dem General v. Sacken den Befehl, nach Montmirail zurück zugehen, und dem General v. Yorck den, sich mit ihm zu vereinigen. In Chateauthierry erfuhr man erst am 10 ten in der Nacht etwas Näheres über die Lage der Dinge, so wie den Befehl, daß die schlesische Armee sich bei Vertus concentriren solle ; jedoch hatte man noch keine bestimmte Meldung über die Erfolge des Kaisers und daß die beabsichtigte Concentrirung vor der Hand unmöglich geworden sei.
Der General v. Sacken , statt bei La ferté über
die Marne nach Chateauthierry zu gehen , war schon im Marsch auf Montmirail, der Befehl des Feldmarschalls ward alſo nach Kräften ausgeführt. Die 7. und 1. Brigade erhielten den Befehl zum Vorrücken *) ; die 2te blieb in Chateauthierry.
Um 10 Uhr Vormittags gelangte
General v. Horn nach Viffort. Bis hierher war der Weg noch erträglich ; ein ehemaliger Steindamm hatte auch geholfen , die *) Ein junger Officier der schlesischen Landwehr, Lieutenant Kubisky, der an diesem Tage Ordonnanzofficier beim General v. Yorck war, überbrachte dem General v . Horn den Befehl zum Vorrücken ; da er schon fürchtete, zurückgehen zu müssen, ohne sich mit den Franzosen gemessen zu haben, vermißte er in dem Befehl die Weisung , wohin er vorrücken solle. " Er ließ sogleich beim Gene ral v. Yorck anfragen , wohin er marſchiren solle. Der junge Officier erfüllte feine Aufgabe mit bangem Herzen; doch Yorck empfing ihn ruhig und entließ ihn mit den Worten : „ Na , wohin solls denn anders gehen , als gegen den Feind ? " Mit diesem Befehl zu Horn zurückgekehrt, hörte er : „ Na, das ist doch noch ein vernünftiges Wort ! " - Eine andere Erzählung über dieſen Vorfall eristirte in derberen Worten, ist aber ungenau.
360
8 Geschütze der Brigade mitzubringen; außerhalb desselben aber war es für Menschen und Pferde fast unmöglich , fortzukommen. Es trafen die Meldungen ein, daß Kaiser Napoleon in Montmirail sei, die Reserve-Cavallerie eine halbe Meile vorwärts bei Fontenelles feindliche Detachements gefunden habe; daß General v. Sacken von La ferté zurückgegangen und in der Gegend von Vieux Maisons (1 Meile südwestlich Viffort) stehe.
Endlich hörte man von Mont
mirail her einzelne Kanonenſchüsse : es ward klar, daß Sacken schon im Gefecht stand. General v. Yorck hatte die Ansicht, daß Napoleon bedeutend überlegen sei und es sich für General v. Sacken nur um schleu nigen Rückzug auf Chateauthierry handle.
Dieser jedoch glaubte,
bis Montmirail vorgehen zu können und ließ sich in ein blutiges Gefecht ein , in welchem sich bald im Laufe des Vormittags die Franzosen, ihm allein, überlegen zeigten und seinen linken Flügel ſo zurückdrückten, daß die Gefahr , von den Preußen getrennt zu werden, einleuchtete.
General v. Yorck konnte auf jene Meldungen seine Ansicht nicht mehr durchführen ; er mußte eingreifen , um den Rückzug der Russen nach Chateauthierrh zu decken *).
General v. Horn ging mit der 1. Brigade gegen Fontenelles vor, wo er zwischen
*) Die Angaben über die Gefechte des 10. Februar sind , mit der neuen Generalstabskarte Frankreichs verglichen, gar nicht zu verstehen, und nur, wenn man die alte Caſſiniſche Karte vor Augen hat, einigermaßen in Zuſammenhang zu bringen. Im 12. Bande der „ Geschichte der Kriege in Europa 2c.“ findet man für das Gefecht von Montmirail beide Karten zur Vergleichung neben einander gestellt. Namentlich ist hiebei zu erwähnen , daß die ferme Bailly, bis zu der sich Sacken's linker Flügel ausdehnte, nicht mit dem Dorfe gleichen Namens zu verwechseln ist und auch auf der neuen Karte nicht gefunden wird ; daß die in den Berichten erwähnten les Tourneux nicht die auf der neuen Karte 2000 Schritt links der Straße von Chateauthierry nach Montmirail ver zeichneten sein können. Sowohl Plotho als Droysen und Damiß ſeßen dieſen Umstand nicht ins Licht, und ihre Darstellung wird dunkel; allein der kritische Militair kann sich wenigstens einiges Licht verschaffen.
361
3 und 4 Uhr, die 7. Brigade etwas später, eintraf.
Um dieſe
Zeit stand der rechte Flügel Sacken's im Gefecht bei Marchais, der linke bei der ferme Pailly ; an diesen schloß sich die 1. Bri gade an , in dem Moment , da Napoleon seinen entscheidenden Stoß gegen Sacken's linken Flügel richtete.
Die 7. Brigade mar
schirte links der 1. auf, und während die 1. die Gehöfte les Tour neux besetzte, occupirte die 7. ein Gehölz vor ihrer Front. Der Stoß Napoleon's gegen Paillh gelang , die Ruſſen mußten es verlaſſen , während schon die Truppen ihres rechten Flügels sich hinter Paillh fort gegen Chateauthierry ziehen mußten, da sie auch durch ein lange gegen die Uebermacht geführtes Ge fecht Marchais nicht mehr halten konnten. In diesem Moment der Gefahr mußte die 1. Brigade Pailly ſtürmen ; das 1. ostpreußische, das westpreußische , das Leib - Gre nadier - Bataillon und 3 schwache schlesische Landwehr - Bataillone führten den Angriff aus, wurden aber schon mit einem so mör derischen Kartätschfeuer empfangen, daß fast alle Führer verwundet wurden und die Bataillone zu stußen begannen und wichen. Der Feind benutte den Moment und bemächtigte sich des Busches zwischen les Tourneux und der Pariser Straße , um nun von hier aus die beiden Corps zu trennen.
Obgleich das
Leib-Grenadier-Bataillon sofort Front machte, versuchte es dennoch vergeblich und mit Verlust den Busch wiederzunehmen. Nunmehr mußte General v. Yorck zunächst an die Sicher stellung des eignen Rückzugs denken.
Die Front der beiden
Brigaden ward so geändert, daß der rechte Flügel etwas zurück stand , und die Brigaden zu beiden Seiten von les Tourneux entwickelt waren.
Letzteres wurde vom Leib - Füsilier - Bataillon
besetzt; rechts daneben die beiden Musketier - Bataillone, hinter ihnen das 13. schlesische Landwehr-Regiment.
Unter ihrem Schutz
ward die 1. Brigade gesammelt, während es zugleich dem General Sacken gelungen war, den größten Theil seines rechten Flügels
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zurück und gegen Chateauthierry zu ziehen.
Es war fast dunkel
geworden , als der Feind aus einem Busche vor Tourneux vor brach; die Füsiliere wieſen dieſen Angriff entschieden zurück.
Bei
seiner Wiederholung wurde nun der Feind durch Bataillone der 1. Brigade, denen sich Lieutenant v. Eberhardt mit seinem Schüßen zuge anschloß , aus jenem Busche geworfen und so dem Gefecht ein Ziel gesezt. Um 7½ Uhr erlosch das Feuer, General v. Horn bezog ein Bivouac bei les Tourneux , verblieb dort bis Mitter nacht und zog dann nach Viffort ab.
Der Feind verhielt sich
vollkommen ruhig ; selbst das Geſchrei der Ruſſen, welche mit der größten Anstrengung ihre Geschüße fortzubringen suchten, ließ er unbeachtet, wohl aus dem einfachen Grunde, daß er auch der Ruhe und Ordnung bedurfte. Der Rückmarsch nach Viffort gehört zu den schwierigsten und mühseligſten des ganzen Krieges . In dem tief aufgeweichten Boden blieb Alles stecken, und viele Leute verloren ihre Schuhe. Die Lieutenants v. Eberhardt, v. Cranach, v. Tempelhof und v. Beher machten den Marsch barfuß mit und gaben so ein edles Beispiel der Hingebung und Ausdauer.
Daß dieses Beispiel feine
Wirkung ausübte, werden wir bald sehen ; aber auch unmittelbar regte sich in den Soldaten der Ehrgeiz , es ihren Führern gleich zu thun , ja ihnen ihren Dienst leichter zu machen.
Ein Füsilier
zog sich seine Schuhe aus, als er bemerkte, daß Lieutenant v. Eber hardt die feinigen hatte stecken laſſen müſſen , und bot sie ihm mit den Worten an : „ Herr Lieutenant, ziehen Sie meine Schuhe "1 an ; ich kann eher von der Compagnie in dieser bedrängten Zeit ,, entbehrt werden, als Sie ! " Obgleich v. Eberhardt dieses Opfer nicht annehmen mochte, denn es war eine kalte Nacht und die Steine scharf, so half ihm das nichts ; der ehrenwerthe Füsilier bestand auf seiner Bitte und erhielt so einen tüchtigen Officier dem Dienste.
Wir bedauern herzlich , den Namen dieſes braven
Mannes nicht mehr erfahren und nennen zu können. -
363
Um 6 Uhr Morgens am 12. Februar brach der General v. Horn von Viffort auf und ging bis les Noues zurück , wo um Mittag hinter einer Schlucht zu beiden Seiten der Straße eine Aufstellung genommen wurde, um die Ankunft der Reserve Cavallerie abzuwarten. Um 2 Uhr Nachmittags langte General v. Kazler mit der Arrieregarde, vom Feinde gefolgt, an, zog sich durch die Stellung und ging nach Chateauthierrh zurück.
Allmälig rückte die feind
liche Infanterie nach und es entspann sich längs der Front ein mattes Schüßenfeuer .
Da die Franzosen mit 2 Colonnen gleichzeitig gegen diese Stellung manövrirten , so befahl General v. Yorck, den Rückzug langsam anzutreten.
Während die Truppen sich in Bewegung
setten, fand sich auch General v. Sacken ein, und veranlaßte den General, nochmals Front machen zu laſſen, da noch viel ruſſiſches Geſchüß zurück sei und zum Heranbringen Zeit gewonnen werden müſſe. Die beiden Brigaden nahmen deshalb bei den Pachthöfen von Trinité eine neue Aufstellung in ähnlicher Weise ; die Schüßen züge des Füſilier-Bataillons beſeßten die Heckenumfaſſungen des selben und dehnten sich 1 nach links aus ; daneben in niedrigem Gestrüpp 2 Schüßenzüge des 1. Bataillons und dahinter als Soutien das 15. schlesische Landwehr-Regiment.
Während dieser
Zeit war es jedoch schon der feindlichen rechten Colonne , wobei viele Cavallerie,
gelungen ,
die Aufstellung
zu umgehen ;
die
Schüßen mußten weiter rückwärts in kleinen Waldremisen eine gesichertere Aufstellung suchen.
Der Feind besezte nunmehr das
Gehöft Trinité mit Infanterie. Es entstand eine Pause. Auf dem rechten Flügel der Füsiliere commandirte der Lieutenant v. Beher. Etwas aufgebracht darüber, daß ihm sein Pferd erschossen worden, spähte er nach einer Gele genheit , den Feinden beizukommen und sie aus dem Gehöft zu
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jagen. Trotz des Abredens seines Kameraden v. Cranach lief er etwas vor, um die feindliche Aufstellung zu erkunden, als plöglich ein Schuß aus dem Gehöft fiel und ihn die Kugel gerade ins Herz traf.
Einer der bravsten, tüchtigsten und geschäßtesten Offi
ciere des Regiments war dahin !
Er liegt auf dem Kirchhof zu
Chateauthierry begraben. Kein Denkstein schmückt das Grab dieses jungen Helden, aber in den Herzen seiner sämmtlichen Kameraden hat er sich ein dauerndes Denkmal errichtet *). Mittlerweile war General v. Jürgaß mit der Reserve - Ca vallerie auf dem linken Flügel angelangt.
Er versuchte die feind
liche Reiterei zu werfen ; sein Angriff scheiterte aber vollständig an der Ueberlegenheit des Feindes sowohl als seiner guten Hal tung ; das Gewirr des nur kurzen Gefechts ward von den Füsi lieren benutt, im schnellsten Lauf die Straße zu gewinnen .
Gar
mancher, ereilt von den Reitern, rettete sich durch Niederwerfen. Die Schüßen des 1. Bataillons, so wie das 15. schlesische Land wehr-Regiment (in 1 Bataillon formirt) waren zu weit von der Straße entfernt und diesen Versuch mochten sie nicht wagen ; sie blieben in den Gehölzen, doch ohne ihrem Schicksal zu entgehen. Sie wurden bei weiterem Vorgehen der Franzosen faſt ſämmtlich gefangen, und das Landwehr-Bataillon beinahe aufgelöst. Es war ein schlimmer Moment für die braven Füsiliere , welche, wie ein edeles Wild von allen Seiten gehetzt , mit der höchsten Kraftan strengung sich zuſammenzuhalten versuchten.
Wie Mancher ſank
auf den Tod ermüdet zusammen, ohne Rettung zu finden! Nach dem voreiligen Abzug der russischen und dem ge= zwungenen der preußischen Cavallerie , blieb nur noch das bran *) Kurz vor dem Gefecht schlief v. Beyer lang ausgestreckt auf der Straße. Mehrere Kameraden beneideten dieſen festen Schlaf und weckten ihn scherzhaft, worauf er etwas unwillig ausrief: „ Gönnt mir doch den Schlaf! " Dann sprach er, halb träumend, von der „dreitägigen Herrmannsschlacht bei Paris,“ die er noch zu erleben hoffte !
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denburgische Husaren-Regiment bei der Infanterie.
Sie war auf
beiden Seiten vom Feinde umgangen , und durfte nur in der eisernſten Ausdauer einen Schimmer der Erlösung sehen. Es war ein Glück, daß ihr der rechte Mann nicht fehlte, ſie zuſammenzuhalten.
Dem General v. Horn war die Führung
des Rückzugs übertragen , und wie immer war er der Fels, an dem die feindliche Fluth sich brach. Die Straße von Montmirail nach Chateauthierrh führt vor ihrem Absteigen ins Thal der Marne über eine wellenförmige, meist offene, doch von Ravins durchfurchte Hochebene. In einiger Entfernung vom rechten Flügel der preußischen Aufstellung zog sich eine mit dichtem Unterholz bestandene Waldfläche bis gegen das in der Thalebene liegende Dorf Nogentel ; die Straße aber schneidet sich als Hohlweg tief in den Thalrand ein und läuft dann gerade über Wiesenboden und von Kastanienalleen begleitet etwa 1800 Schritt weit bis zur Vorstadt von Chateauthierry, welches selbst am rechten Ufer der Marne am Thalrand liegt. An der steinernen großen Brücke fehlte ein Bogen, den die Fran zosen früher gesprengt hatten ; für den Augenblick war die Paſſage durch ein unter der Oeffnung geankertes Schiff hergestellt; weiter unterhalb war eine Pontonbrücke angefahren.
In der Vorſtadt
standen 2 Bataillone ostpreußischer Infanterie zur Vertheidigung. Ein Theil der 1. Brigade , das 1. oſtpreußische , das Leib und das schlesische Grenadier - Bataillon nebst den Resten des 5. und 13. schlesischen Landwehr-Regiments , zog sich, von dichten Schwärmen feindlicher Tirailleurs
verfolgt ,
über den weichen
Boden der Hochebene in das Gehölz von Nogentel ; erlitt aber schon während dessen bedeutenden Verlust. Die 7. Brigade, der sich der Rest der 1. anschloß , folgte in Carrees auf der Straße; den Beschluß machten das westpreu ßische Grenadier- und zulezt das Füſilier-Bataillon Leibregiments secundirt von den brandenburgischen Huſaren.
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Diese kleine Arrieregarde sah sich auch sogleich von dem heranstürmenden ſiegestrunkenen Feinde umringt und lebhaft an gegriffen. Hauptmann v. Holleben hatte Carree formirt und den Füsilieren jedes willkürliche Schießen auf das Strengſte untersagt. Um sich gegen das Heranprellen einzelner Reiter und deren Cara binerfeuer zu sichern, wurden wenige Schüßen auf nahen Abstand vorgezogen, die beim ernſten Angriff sich unter die Bajonette des Bataillons flüchten sollten. Der weiche, zähe Boden gestattete der Reiterei keine heftige Gangart, man sah sie daher in geschlossenen Reihen und im Trabe heranrücken und konnte deutlich die Gesichter erkennen , auch die Aufmunterungen der Officiere hören.
Auf 50 bis 60 Schritt
ließ dann der Hauptmann v. Holleben mit größter Ruhe feuern, und da gegen die dichte Mauer kaum eine Kugel fehlte, so über schlugen sich Roſſe und Reiter in der weiten Bresche.
Stußen,
Umdrehen und Davonjagen war dann Eins und das laute Schreien und Commandiren verhallte in der Ferne.
Nachdem ein paar
Angriffe auf so glückliche Weise abgeschlagen worden ,
benutte
das Bataillon die Pause , um einige hundert Schritte Terrain zu gewinnen ; betrachtete man aber noch den Raum bis an das Ziel, die Vorstadt, so erschien doch immer die Rettung noch zweifelhaft. Dem Füsilier - Bataillon war jedoch an diesem Tage ein glückliches Loos und eine beneidenswerthe Waffenthat beſchieden, denn an seiner Seite waren die treuen Waffengefährten in ſo mancher Stunde der Gefahr, die brandenburgischen Husaren unter dem tapferen Major v. Sohr , versammelt.
Mit lauter Stimme
rief er den Füsilieren zu : „ Denen da drüben wollen wir jetzt zeigen , daß wir Brandenburger sind ! " und steigerte Zuversicht und Ausdauer bis auf den höchsten Grad.
Jezt wäre es wohl
keiner Reiterei der Welt geglückt, diese zum Kampf auf Tod und Leben eng verbrüderten „ Heurichs " zu überwältigen.
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Der fernere Rückzug wurde jetzt unter wechselseitiger Un terſtützung fortgesetzt ;
dabei
eine Abtheilung versprengter und
umzingelter Husaren mit dem Bajonet befreit, ein feindliches Dragoner - Regiment, welches den Weg verlegen wollte, mit dem Bajonet vertrieben. Und als General v. Horn, seiner Gewohnheit getreu , im Augenblick der Gefahr bei den Lezten zu sein, ins Carree sich hatte aufnehmen laſſen, war die Sicherheit so fest ge worden , daß nach seinem Zuruf :
„ Schießt doch nicht mehr! “
Husaren und Füsiliere wie zur großen Parade an der feindlichen Reiterei vorüberzogen. Nicht so glücklich erging es der 1. Brigade , welche den Rückzug durch das Gehölz von Nogentel genommen hatte , und nun auf die offene Niederung trat, wo der Feind schon zum Em= pfang bereit stand .
Der übereilte Marsch durch das verworrene
Geſtrüpp und die Erschöpfung der Leute hatten , ungeachtet aller Anstrengungen der Officiere die Nachzügler heranzubringen , die Bataillone zum Theil außer Schlagfähigkeit gesetzt.
Auch 2 Ka
nonen und 1 Haubize hatte man stecken laſſen müſſen. Als die Ba taillone nach der Kastanienallee drängten, um sich vor die Arriere garde (7. Brigade) zu schieben, hieb die feindliche Cavallerie mit Erfolg ein ; vom Leib- Grenadier-Bataillon wurden allein 2 Offi ciere 65 Mann gefangen.
Bei dieser Gelegenheit war es , daß
2 russische Jägerbataillone unter Oberst v. Heidenreich , die als Soutien aufgestellt waren und denen sich die Reſte des 15. schle sischen Landwehr - Regiments angeschlossen hatten , und auseinandergesprengt wurden.
niedergeritten
Die Russen bewiesen eine so
sichere Haltung, daß der Hauptmann v. Holleben die Blicke seiner Füsiliere dahin lenkte; aber sie gaben ihr Feuer zu früh auf die noch geschlossene Cavallerie ab, und diese, nicht durch die Salven in ihrer Ordnung genügend erschüttert , waren am Viereck, ehe die Ruſſen wieder zum Feuer fertig waren. Durch das Einschieben der 1. Brigade zwiſchen Chateauthierry
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und die 7 te entſtand ein entſeßliches Gedränge, und hier war es eben ganz besonders die unerschütterliche Seelenstärke des Generals v. Horn, welche großen Verlust abwendete.
Die feindliche Caval
lerie, vielleicht unter den Augen Napoleons selbst ( „ ein kleiner General im lederfarbenen Ueberrock war immer dicht hinter mir her," erzählt Graf Henckel ) , war dicht an die Chauſſee herange rückt , und ihr widerfuhr die Ehre, daß die Huſaren und das Füsilier- Bataillon wie in Parade vorüberzogen.
Bei der Vor
stadt empfingen jedoch die Abtheilung des Majors v. Stockhausen und die schweren Batterien vom anderen Ufer die Dränger , ſie so lange zurückhaltend , bis Alles über die Marne gelangt war. Sodann folgten auch die beiden Bataillone, die Ankertaue des Schiffes wurden gekappt , und die Feinde konnten nun die Ver folgung nicht fortseßen. Die Füsiliere wurden in der Stadt von den Generalen v. Yorck und v. Sacken empfangen und erhielten die größesten Lobeserhe bungen über ihr tapferes Benehmen.
Leider war der Hauptmann
v. Holleben durch eine Karabinerkugel, wenn auch nicht gefährlich, verwundet worden. General v. Horn ſagt in seinem Bericht über das Verhalten der brandenburgischen Husaren und des Leib-Füsilier-Bataillons, "1 daß selten einzelne Truppentheile, selbst bei den glücklichsten hart ,, näckigsten Schlachten, Gelegenheit finden, sich auf eine so hervor
" stechende Art auszuzeichnen.“ Aber es hatte diese Waffenthat nicht blos Muth, ſondern auch die furchtbarste Anstrengung erfordert, deren der menschliche Körper fähig ist.
Die Schüßen und ihre Officiere , welche sich,
theilweise getrennt vom Bataillon , durch Wald und Gestrüpp vor der Cavallerie retten mußten, fanden nur in dem Gedanken noch die letzte Kraft, daß sie vielleicht gefangen in Paris einziehen müßten.
Glücklich, wessen Körper diese Hezjagd aushalten konnte ;
gar viele sind blos den Anstrengungen derfelben erlegen.
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Der Verlust des Regiments war in den Tagen vom 11. und 12. Februar:
Todt: Lieutenant v. Beyer ; Unteroffic. Luhmann, Boder ; Grenadiere Kaiser, Schmitz dorf, Neuendt, Ottow, Zillmer, Dräger, Orthibes, Weber, Reichenbach, Erdmann, Hogaz, Rühl, Heinze, Stabenow ; Füsiliere Hinge, Stabenow. Verwundet: Hauptleute v. Holleben, v. Frankenberg ; Lieute nants v. Zollikoffer I. und II., v. Tempelhof, v. Franken ; außerdem 104 Unterofficiere und Gemeine. Gefangen : Capitain v . Häusler ; Seconde-Lieutenants Stock mar, Graf Lüttichau II., und 87 Unterofficiere und Gemeine. Die Zahl der Gefangenen war im ersten Moment noch größer ; aber viele fanden später noch Gelegenheit, sich zu befreien ; unter anderen auch der Lieutenant v. Dechen *) , der, von einem fran zösischen Kürassier an der Halsbinde gepackt, fortgeschleppt wurde. Er löste geschickt die Schleife und lief davon.
Vermißt wurden 5 Mann ; Totalverlust: 10 Officiere und 213 Mann. Gelegenheit zur besonderen Auszeichnung fanden : Capitains v. Holleben, v. Luck, v. Reuß, v. Diebitsch, v. Za strow ; Lieutenants v. Eberhardt, Stockmar , v. Höpfner ; Feldwebel Jurth ; Unteroffic. Albrecht, Krause, Nöck, Repcke, Krenzlin, Dobel ; Füfiliere Vogler, Brünning.
Eine der interessantesten Erscheinungen dieser Tage ist die Freundschaft zwischen den Truppentheilen, die Waffenbrüder schaft, welche so wirksame , glänzende Thaten vollführen half. Seit dem Waffenstillstande war das brandenburgische Huſaren
*) Wurde zum drittenmale zum eisernen Kreuz vorgeschlagen. 24
370
Regiment (das jetzige dritte) mit dem Leib - Infanterie - Regiment in ein treues Kameraden - Bündniß , eine militärische Wahlver wandtschaft getreten.
Man focht mit ritterlicher Aufopferung
mit und für einander; wo man sich sah, einzeln oder in größeren Abtheilungen , war
der freudige Ruf „ Heurich “
Gruß und
Losung. Der lange Frieden, der so manchen Brauch in Vergessenheit brachte, läßt auch jezt die alten Heurichs still aneinander vorüber ziehen, aber der erste Kanonenschuß an der Grenze des Vater landes führt sie hoffentlich wieder zur alten brüderlichen Hingebung für einander zusammen.
Was bedeutete der Ruf „Heurich “, der
in der Geschichte dieser beiden Regimenter seinen Ursprung hat ? Die Tradition darüber ist vielgestaltig ; in jeder ihrer Formen spielt aber ein Escadron - Chirurgus dieſes Namens die Haupt rolle, welcher beim Aufenthalt des Yorckschen Corps in Preußen oder Kurland bei einer komischen Scene von allen Seiten gerufen ward und dessen Name nun bekannt wurde.
Nach und nach ward
er die Bezeichnung für alle Truppen , die einander achteten und gern sahen , aber er ward auch denen verweigert, welche ihren Ruf nicht fleckenrein erhielten. Nachdem die Truppen unter dem General v. Horn die Marne passirt hatten, bezogen sie auf dem Thalrande ein Bivouac ; das Füsilier-Bataillon jedoch erhielt als Auszeichnung Quartier in der Stadt.
Hauptmann v. Zastrow übernahm das Commando des
Bataillons und führte es bis zum Ende des Feldzuges. Am 13. Februar, Nachts um 1 Uhr, trat das Yorcksche Corps den Rückzug nach dem allgemeinen Sammelplaß der schlesischen Armee, Rheims, an.
Leider konnten die Truppen wenig Vorräthe
mitnehmen, da in großer Eile aufgebrochen wurde ; so z. B. mußten fie die aus einer hochedlen Stammschäferei gelieferten Fleischvor räthe liegen lassen.
So konnte der Zug zu den mühseligsten
werden , welche die Armee auszuführen hatte.
Aber nicht allein
371 dies , sondern auch der immer empfindlichere Mangel an Fuß bekleidung ist allen Theilnehmern in lebendiger Erinnerung. Wohl nahm man Häute frischgeschlachteten Viehes und band sie nach Art der Sandalen um die Füße, dieser Nothbehelf hielt aber nur für kurze Strecken vor , und erst in Rheims selbst fanden sich einige Mittel, dem Mangel abzuhelfen. Hier erfuhr man denn auch erst die ganze Bedeutung der lezten Tage und konnte ermeſſen , in welcher Gefahr die Sache der Verbündeten geschwebt hatte.
Der Hauptmann v. Steinäcker,
welcher, von seinen Wunden wieder hergestellt, sich beim Regiment einfand , brachte die Nachricht vom Unfall des Kleiſtschen Corps bei Etoges , in Folge deſſen ſich das Corps um 11 Uhr Nachts sammelte und nach Châlons abmarschirte.
Dort traf man nach
einem langen Marsch von 16 Stunden ein ; die ganze schlesische Armee war wieder zusammen.
Freilich ,
um Vieles schwächer,
ermatteter, abgerissener , als vor 14 Tagen.
Auch die 8. Com
pagnie, welche wir am 2. Januar zum Hauptquartier als Stabs wache abrücken sahen , trat hier wieder zum Regiment , und wir wollen ihre Schicksale in diesem inhaltsschweren Zeitraum be trachten. Die 8. Compagnie vom 2. Januar bis zum 16. Februar. Das Amt der Stabswache war kein leichtes, denn die Be wachung der Bagagen des Hauptquartiers , die Ehren- und ſon stigen Sicherheitspoſten nahmen Anfangs faſt die ganze Compagnie in Anspruch.
Später regelte sich der Dienst so ,
daß täglich
1 Unterofficier und 24 Mann die Wache hatten , immerhin bei täglichen Märschen eine angreifende Sache.
Für die Leute war
es aber doch lehrreich , alle Tage die hohen Personen zu sehen, die man sonst nur bei Schlachttagen sah ; auch kamen sie mit den Russen viel zusammen, bei denen der Feldmarschall sich bis zum 27. Januar aufhielt.
24 *
372
Am 28 sten rückte das Hauptquartier nach Brienne , einem Städtchen mit einem großen Schloß, in welchem Kaiſer Napoleon ſeine militärische Erziehung erhalten hatte.
Dieses liegt auf einem
Bergkegel, auf deſſen westlichen Abhange sich die Stadt erstreckt ; westlich wird der Fuß desselben von der etwa 600 Schritt ent fernten Aube bespült.
Von der Stadt nach dem Schloß hinauf
führt eine schnurgerade Allee ; in der Mitte derselben lag ein zur Zeit unbewohntes Landhaus . Der Feldmarschall hatte sein Quartier im Schlosse genommen, die 8. Compagnie und die Bagage nach der Stadt geſchickt, ja selbst die Wache in dem erwähnten Landhause unterbringen laſſen und nur einen Doppelposten behalten.
11 Mehr brauche ich hier
„ nicht, ich will mich schon allein bewachen," waren des alten Helden eigene Worte an den Hauptmann v. d. Heyde.
Dieser
erhielt im Laufe des Vormittags den Befehl, die Bagagen nach Bar sur Aube vorauszuschicken , wohin sie auch unter Führung des Lieutenants Heym mit 30 Mann abging.
Nachmittags sollte
der Rest der Compagnie eben dahin nachfolgen. Am Nachmittag gegen 3 Uhr ,
als der Feldmarschall bei
Tafel ſaß *) , fuhr der Feind Geschütz gegen das Schloß auf, welches den äußersten Vorposten der Armee bildete , und bestrich damit die Straße so, daß die Wachtmannschaft in große Gefahr gerieth und sich nur durch plattes Legen auf den Boden decken konnte.
Da jedoch der Feldmarschall selbst sich in seinem Diner
nicht stören ließ, so konnte sie auch ruhig auf ihrem Posten ver harren. Der Befehl für den Abmarsch des Restes der Compagnie traf inzwischen nochmals ein.
Während durch das Hornsignal
die Wachtmannschaft zurückgerufen ward, von der Niemand fehlte, hatte sich der Hauptmann v. d. Heyde zu Pferde fortbegeben ; man
*) Vergl. v . Müffling's „ Erinnerungen “ S. 107.
373
vermißte ihn aber nicht sogleich, da es schon zu dunkeln begann. Es war die Zeit, zu welcher die russische Cavallerie in der Nähe den Angriff auf die Franzosen machte und sie etwas zusammen hieb. Lange wartete die Compagnie auf die Rückkehr ihres Haupt manns, bis endlich sein Allen wohlbekanntes Reitpferd ledig und mit blutigem Sattelzeug sich einfand und Vermuthungen über ein geschehenes Unglück Raum gab.
Höchst wahrscheinlich hatte der
Hauptmann noch jene Unternehmung mitansehen wollen und war dabei zu Tode gekommen.
Der Unterofficier Mewes bat sogleich
um Erlaubniß ihn aufzusuchen , wozu er mehrere Musketiere er hielt.
Sie fanden die Leiche bald ; eine Gesellschaft französischer
Voltigeurs
war
um sie mit Plünderung beschäftigt und wies
jede Störung mit Schüſſen zurück.
Erst nach der Schlacht von
Brienne, am 2. Februar , als das Hauptquartier wieder aufs Schloß kam, fand der Lieutenant Heim die Leiche entkleidet, durch eine Kanonenkugel zerrissen , wieder ; sie wurde feierlich auf dem Kirchhof in Brienne beigesetzt.
Das Regiment betrauerte den
Verlust eines wegen seines ritterlichen Charakters hochgeschäßten Mannes *). Der Lieutenant v. Ernest führte die Compagnie nach Arsonval. Als der französische General Chateau am Abend mit 2 Bataillonen den Ueberfall auf das Schloß ausführte, war die 8. Compagnie nicht mehr in Brienne.
Sie blieb während der Schlacht am
1. Februar in Trannes und marschirte am 3ten nach St. Ouen, kam am 7ten nach Vertus , am 8 ten nach Etoges , in derselben Nacht wieder nach Vertus, und zog am 10 ten nach Châlons, wo sie am 16 ten wieder zum Regiment trat. *) Das Pferd war eine sehr häßlich gezeichnete Schecke mit Stußohren, ein höchst widerspenstiges Thier , auf welchem schon der zweite Reiter den Tod gefunden hatte. Es galt zwar als Unheil bringend, blieb aber noch lange im Regiment, und war zulegt im Besit des Lieutenants v. Schenkendorf, nachmals General-Major und Commandeur der 4. Cavallerie - Brigade.
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Die Soldaten betrachteten mit Recht den Dienst im Haupt quartier als eine Auszeichnung , welche noch besonders dadurch einen hohen Werth erhielt, daß der Feldmarschall zum Defteren seine Zufriedenheit über ihr gutes Benehmen aussprach. Er unter hielt sich wohl auch mit ihnen, kannte Viele bei Namen , und hörte dann besonders wohlgefällig zu, wenn er trockene Antworten und Bemerkungen über die vielen alten häßlichen Weiber, schlechte Quartiere und dergleichen vernahm.
Die Reihen des Yorckschen Corps waren so gelichtet, daß es nothwendig wurde, die schwachen Bataillone, namentlich der Land wehr, zusammenzuſeßen , um doch einigermaßen widerstandsfähige Truppenkörper zu haben.
Wie nach der Schlacht von Leipzig
wurden außerdem je zwei und zwei Brigaden zu Diviſionen ver einigt, so daß die 1. und 7. Brigade die Diviſion des Generals v. Horn , die 2te und 8 te jene Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm v. Preußen bildeten.
Die 8 Landwehr - Bataillone der
7. Brigade wurden in Eines (v . Sommerfeld) zuſammengeworfen ; das Leib- und das westpreußische Grenadier-Bataillon traten zu ſammen unter den Befehl des Major v. Carlowiß ; und die dis ponibel gewordenen Officiere der Landwehr wurden dem Regiment so zugetheilt, daß jede Compagnie einen derselben erhielt. Nachdem diese Vorbereitungen getroffen waren , setzte das schlesische Heer sich nach der Aube zu in Marsch, um im Verein mit der Hauptarmee Napoleon eine Schlacht anzubieten. Am 19ten war das Yorcksche Corps im Bivouac bei Sommeſons. Dem Leibregiment wurde hier, und im Besonderen den Füsilieren, eine ausgezeichnete Ehre zu Theil .
Während des Marsches be
gab der Feldmarschall sich zum Regiment , ließ dasselbe vorbei marſchiren , lobte die Tapferkeit und innere Ordnung desselben, und empfing die Füsiliere mit den Worten : „ Ja, daß dies meine
" braven Füsiliere sind, die den Angriff der feindlichen Cavallerie
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„ nicht fürchten, das wußte ich wohl.
Aber Ihr habt sie ja selbst
,,mit dem Bajonet angegriffen und verjagt; der König soll Euch 11 kennen lernen ! " Ein alter Officier *) berichtet hierüber in folgenden Worten : ,, Am Morgen des folgenden Tages an der Tête der Compagnie " mit noch einem Officier marſchirend, sah ich den General v. Gnei=
"1 senau heranreiten.
„ Ist dies das Füſilier-Bataillon vom Leib
,,regiment? ,, fragte er mich ; als
ich es bejahte , nahm er seine
„ Müße ab, behielt sie in der Hand und sagte: „ Ich gratulire zu „ dem glänzenden Siege ! " Während ich für artig hielt, gleichfalls
" meine Müße abzunehmen (denn mein Czakot war schon längst " dem Wetter erlegen) und
neben dem Pferde zu gehen , befahl
,,der General, sie aufzusetzen und nachdem ich das gethan, fragte
"1 er ferner, „ wie oft haben Sie die französische Cavallerie attafirt? " "1 dann erst sette er die feinige auf und wandte sich an die Fü „ filiere : „ Füsiliere, ihr seid brav gewesen ! " „Herr General , dat „ wette wi woll! " antwortete einer ganz naiv ,
ein Schäfer des
„Herkommens, ein ehrenwerther Soldat.
Der General lächelte, ,,fügte aber hinzu : ,, Noch eine Schlacht, und wir gehen als Sie „ ger aus diesem Lande nach Hause.“ „ In diesem Augenblick erscholl das Commando : „ In Züge
11 aufmarschiren ,“ und sobald wir ein wenig geordnet waren, ließ ,,uns der Feldmarschall bei sich, mit Gewehr über, vorbeimarschiren. " Er redete das Bataillon mit den Worten an : „ Füsiliere, wenn
„ ich Euch sehe, freue ich mich ; Euer Benehmen kam mir nicht „unerwartet ; ich werde gewiß nicht unterlassen , es Sr. Majestät "1 dem Könige zu melden."
Ich habe zwar nur die erſten Worte
„ verstanden , denn so wie der erste Zug an den Feldmarschall „herankam, erscholl aus allen Kehlen : „ Unser Vater Blücher soll „ leben, Hurrah ! “ und so gings von Zug zu Zug ; als aber das
*) Herr General-Lieutenant v. Cranach.
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11 Bataillon vorüber war, wandte er sich an den Führer, Haupt "1 mann v. Zastrow, den er von Alters her kannte und „ Du “ nannte :
" Die Leute werden mich durch ihre Freudenbezeigungen nicht ver ,,standen haben , so wie Du aber ins Bivouac kommst , wieder „hole ihnen da, was ich gesagt habe! "
Der Befehl wurde treu
,,lich ausgeführt und mir werden die eben aufgezeichneten Worte " nie aus der Seele erlöschen." Am 21. Februar ging die schlesische Armee in die Stellung bei Mery an der Seine.
Das Regiment stand während des Ge
fechtes der Vortruppen in Reserve , nahm keinen Theil an dem selben und hatte die Gewehre zusammengesetzt.
Ein heftiger Wind
verursachte sogar, daß man vom Schießen nichts hörte.
Aller
dings verirrten sich hin und wieder Kanonenkugeln auch hierher, doch konnte man ihnen schon ausweichen und es war am Abend nur eine Gewehrphramide verwundet.
Dieselbe Kugel hatte ne
benbei noch den moralischen Erfolg, eine Gruppe junger Herren, welche die Langeweile um eine Trommel zum Würfelspiel verſam melt hatte, aufzuscheuchen. Am 23 ten ging die Bagage des Regiments unter dem Lieu tenant v. Mach nach Arcis sur Aube zurück (mit ihr auch der wohlerhaltene Champagner von Châlons , welcher sich jedoch nie wieder hat blicken lassen).
Es war dies das erste Anzeichen des
großen Rückzuges , den die Hauptarmee beginnen und in den ſie die schlesische verwickeln wollte.
Wir wissen aber auch , wie der
heutige Tag , Dank der Energie und dem Muthe des Feldmar schalls , die Wendung der Geschicke des Feldzuges gebar.
Am
25 ten richtete die schlesische Armee ihren Marsch nicht gegen Bar sur Aube , sondern auf Sezanne.
Der Weg nach Paris war
aufs Neue und entscheidend angetreten. Zunächst nach dem rechten Ufer der Marne.
Am 27ten
war das Corps v. Yorck bei Sept - sorts und La ferté - sous Jouarre ; es war ihm leider nicht gelungen, die Vereinigung des
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Marschalls Mortier , mit dem Marschall Marmont , welcher von Châlons eiligst direct auf Meany und Paris gegangen war , zu verhindern.
Als nun noch am 28 ten die Meldung eintraf, daß
Napoleon sich an die Fersen der Blücherschen Armee geheftet hatte, um ihr den Weg auf Paris zu verlegen, mußte am 1. März die Division v. Horn die Marne passiren, ließ zur Deckung der Brücke bei Sameron das Bataillon Sommerfeld zurück, und marschirte nach Mary. Hier formirte sich eine Avantgarde aus dem combi nirten Grenadier-Bataillon, dem Leib-Füsilier- Bataillon und dem ostpreußischen National- Cavallerie- Regiment, unter Major v. Clau sewitz, welche gegen Croneh vorgehen, die Brücke über den Ourcq besetzen und den Uebergang des Corps vorbereiten sollte. Major v. Clausewitz fand die Brücke zerstört und nun blieb dem Corps nichts übrig , als in dem entsetzlichsten Wetter und im schlechtesten Wege auf Fulaines über den Durcq zu gehen. Am 4ten gelangte man endlich, Dank der unerwarteten Uebergabe von Soissons, über die Aisne ; das Corps ging ins Bivouac bei Vaillery, und fand dort einen Transport von Erfagmannschaften, die sogleich in die Bataillone vertheilt wurden.
Die Stärke des
Regiments betrug hierauf: 1. Bataillon 20 Off. 34 Unteroff. 501 Gemeine und Spiell.; 2. 16 "1 35 470 11 " " "1 "1 509 Füsilier-Bat. 16 "1 25 11 "1 "/ "1 4 26 2 " Jäger -Det. 11 " "1 11 Die Stärke des Grenadier -Bataillons war nicht zu ermitteln,
sie dürfte der der anderen Bataillone gleich anzunehmen sein. Die Erſatzmannschaften waren gut bekleidet und bewaffnet , brachten jedoch keine Kochgeschirre mit, was späterhin sehr unangenehm gefühlt wurde. Ebenso hatte das Regiment die Freude , seinen genesenen Commandeur, Oberst v. Zepelin, wieder eintreffen zu sehen. In kleinen Märschen näherte sich das Corps v. Yorck bis
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zum 8. März der Stellung, welche die schlesische Armee bei Laon einnehmen sollte ; es bildete hier den linken Flügel. Die Märsche und Gefechte des Corps seit dem 6. Februar bis zum 8. März hatten die Reihen weniger durch das Schwert als durch die außerordentlichen Strapazen und Entbehrungen ge lichtet.
Der Abschnitt , den das Corps zuletzt durchzog , gehört
" zu den reichsten und gesegnetesten Provinzen Frankreichs ; aber nur in den Thälern findet sich der dichtere Anbau und auf den Höhen war wenig für eine gesicherte Unterkunft gethan.
Es war
Frühjahr; ein fortwährendes Wechseln der Temperatur machte den Boden so weich, daß man nur auf den Kunſtſtraßen sich fort bewegen , auf den Nebenwegen und Traversen dagegen gar nicht fortkommen konnte.
Menschen und Thiere wateten hier sogleich
bis an die Knie im tiefsten Schlamm.
Mit Sonnenuntergang
fror es ; aber die Morgensonne thaute den Boden wieder auf; ein fortwährender Zugwind, durch keinen Baum, keinen Strauch aufgehalten, pfiff über die Gefilde und drang durch die naſſen Kleider bis auf Mark und Bein. Glücklich, wer sich einmal für die Nacht in ein Haus drücken und dennoch fand man in diesem auch nicht eine Spur
konnte;
von der gemüthlichen Heimlichkeit, die der Deutsche dort zu finden gewohnt ist.
Ein Haus , wie das andere, bot einen weiten Flur
mit schlecht gepflastertem Fußboden ; drinnen fand man eine zahl reiche Gesellschaft , auch mit bösem Gewiſſen , vor einem großen Kamin; ein spärliches Feuer wärmte nur durch die Erinnerung an die heimischen Oefen ; kein Tiſch, kein Stuhl — alles hölzerne war schnell verschwunden. Wurde die Thür geöffnet, so fuhr der Wind heulend durch den Schornstein und peitschte das an den Wänden aufgehängte Lederzeug.
Stallungen oder Scheunen gab es nicht ; der eine Gaul des Bauern fand wohl sonst sein Unterkommen. Die alten Soldaten versicherten, daß sie in Rußland bei 24 Grad Kälte nicht so viel
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ausgestanden ; da ſei doch ein Pelz, ja ab und zu eine Hütte zu haben gewesen , und daß man trocken auf dem Leibe blieb , dazu hätte das fortwährende Jucken
und Reiben
geholfen.
Zwar
fehlte es auch hier nicht an Ungeziefer, aber es mußte sein Da fein selbst verwünschen, denn es verhielt sich viel ruhiger, als das russische. Im Bivouac, welcher stets nahe an einen Ort bezogen ward, herrschte anfangs eine trostlose Existenz.
In nassen Kleidern, mit
zerrissenem Schuhwerk bis über die Knöchel im Schmuß steckend, nirgends Schuß gegen Regen und Wind, kein Holz, kein Stroh, feine Lebensmittel : so vergingen die ersten zwei Stunden.
Nach
und nach kehrten die Fouriere, so nannte man die ausgesandten Sucher, mit ihrer Beute zurück : Reste von abgetragenen Häuſern ; Thüren , Weinpfähle , Tiſche , ſelbſt Kinderwiegen , Alles mußte dienen ; besonders waren die Weinpfähle gesucht , da sie schnell brannten. Zwar war diese Art zu requiriren streng verboten , doch wurde sie hier geduldet , weil sonst Nichts ins Lager gekommen wäre. Dabei hatte man vor dem „ Alten " entsetzliche Angst und sette gegen seine Hütte förmliche Vorposten aus , um nicht von ihm überrascht zu werden. schaffung der Lebensmittel.
Aehnlich ging
es mit der Herbei
Das Commiſſariat ließ sich so wenig
ſehen , wie seine Colonnen ; und wenn sie kamen , verlangten ſie gar noch mitzuessen, oder nahmen sich selbst wohl gar das Beste vorweg.
Die Ortschaft in der Nähe des Bivouacs ward dem
Truppentheil angewiesen ; da aber Alles geflüchtet war, so konnte man sehen, wie man etwas bekam.
In der Regel bildeten Ka
ninchen , Rüben , Wurzeln, auch wohl Tauben und Hühner, und wenn es hoch herging, ein Schaf die Elemente der Küche.
Den
Feinsten gelang es wohl, eine alte Französin zum Kochen mitzu bringen , welche dann zur Ergözung der Soldaten ihre lebendige Zunge in Thätigkeit setzte.
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Schwer kann man sich eine Vorstellung von der Gegend machen, wo auf kurze Zeit ein Bivouac gewesen. Wie durch Zau berei schwand alles Gebaute vom Erdboden ; die Gegend ward über Nacht eine andere, und in dieses Bild paßte der Soldat mit seinem verwilderten Aeußeren malerisch ganz vortrefflich hinein. Jeder verwünschte das Land , von dem man sich so viel ausge malt hatte, und Niemand begriff, wie die Franzosen so viel We sens von ihrem „ belle France " machten. Dem General r. Yorck war dieses Treiben schon lange ärger lich; die höheren Officiere hatten genug darüber zu hören ; bald fand er auch Gelegenheit, sich gegen den Soldaten darüber aus zusprechen.
Die Ankunft des wohlgenährten , frischen und gut
bekleideten Bülowschen Corps aus den reichen Triften Holland's gab den Anlaß , Vergleichungen anzustellen. sie seien solcher Dinge nicht gewohnt.
Von ihnen hieß es,
Allerdings hatten sie noch
keine Meisterschaft im Bivouaquiren ; aber man konnte die gute Anlage dazu in der Schnelligkeit erkennen , mit der ſie die Vor stadt von Laon, Vaux, in Schutt legten.
Schlacht bei Laon am 9. März. Morgens um 7 Uhr stellte sich die Armee auf; das hohe Laon war vom Bülowschen Corps besett ; neben Vaux formirten sich auf dem linken Flügel die Diviſion Prinz Wilhelm K. H. im ersten , die v. Horn im zweiten Treffen ; links von ihnen das Corps v. Kleist. die Ruſſen.
Südlich Laon's auf dem rechten Flügel standen
Während dieſe ſich ſeit 9 Uhr schlugen, hatten die
Preußen Muße. Erst gegen 3 Uhr Nachmittags rückte das französische Corps Marmont auf der Straße von Rheims vor und nahm nach kurzem von der diesseitigen Avantgarde geleisteten Widerstande das Dorf Athies in Besit .
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"1 Schon mehrere Stunden hatte die Kanonade auf dem rechten „ Flügel fortgedauert. Alle Augenblicke erwarteten wir die Angriffs ,,colonne des Feindes vorrücken zu sehen, aber es geschah Nichts. ,,Dies erregte zuletzt die Vermuthung, daß die Absicht des Feindes „ für den heutigen Tag wohl nur sein müſſe, uns von allen Seiten „ zu cerniren , zu recognofciren und erst am folgenden Tage eine „ Schlacht zu liefern.
Es fing an, dämmerig zu werden, und für
!! die Nacht mußte eine Partei genommen werden.
Da sagte ein
„ Officier, ich glaube Schack II . oder Lüzow , man müſſe , wenn ,,es finster geworden sei , angreifen.
Er sagte es mir ; ich sagte
"1 es weiter, sehr erfreut über die Sache, bloß ärgerlich, nicht ſelbſt ,,den Einfall gehabt zu haben , und so kam es in einem Nu zu „ den Ohren des Generals v . Yorck, der aber ohne Zweifel glaubte, „selbst die Idee gehabt zu haben.
General v. Yorck war also der
„ Meinung, daß man zur Offensive übergehen müsse.
Ich glaube
„ nun erst wurde ich hingeschickt ; aber es kann auch sein, daß ich „ schon früher da gewesen war, um den General v. Zieten (Com „ mandeur der Reserve- Cavallerie des Corps v. Kleist) zu befragen,
"1‚ ob er mit der Cavallerie einen Weg zum Angriff würde finden „ können. Kurz, ich erinnere mich, dem General v. Yorck um diese „ Zeit die Anzeige gebracht zu haben, daß der General Zieten die „ Mittel finden würde, zum Angriff überzugehen." So erzählt der verewigte Graf Brandenburg in seinen Auf zeichnungen über die Schlacht von Laon , in welcher er noch im Stabe des Generals v. Yorck diente. Er ward zum Feldmarschall zur Genehmigung des Vorschlages entsendet, fand unterwegs den Grafen Golt mit dem nämlichen Auftrage zum General v . Yorck geschickt.
11 Sobald Graf Golt sich entfernt hatte, berief der General ,,v. Yorck alle commandirenden Officiere und unter ihnen auch „ den General v. Kleist zu sich.
Das Kanonenfeuer hatte bei der
„ tiefer werdenden Finsterniß aufgehört.
Dieser Moment war einer
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„ der brillantesten des Generals. Hatte er auch vielleicht nicht die „ Idee des Nachtangriffs ſelbſt gehabt , so war doch die Dispo „sition dazu , die er nun mündlich mit viel Kürze, Klarheit und „ Bündigkeit seinen Unterbefehlshabern ausgab , wenigstens zum „ bei weitem größten Theil sein eigenes Werk.
Sie bestand in
"Folgendem :
"1 Die Cavallerie sollte über Stippes gegen die große Straße „ von Corbeug vordringen ; " „ die eine Hälfte des Corps , unter Prinz Wilhelm K. H., „ sollte über Athies gegen eine kleine dahinter gelegene Fichten „ höhe vordirigiren ; "
"1 die andere Hälfte unter General v. Horn sollte gegen die „ Windmühlen vorgehen, wo am Tage die feindlichen Batterien „, gestanden hatten ; "
"1 das Kleiſtsche Corps sollte längs der großen Straße vor ,,brechen ; " "1‚ übrigens sollte nicht geschossen, sondern Alles mit dem Ba
,,jonet abgemacht werden." „ Bis Alles dies in Ausführung gebracht wurde , war es
11, vollkommen finster geworden ; die Nacht wurde nur erhellt durch ,,die Flamme des brennenden Dorfes Athies und durch eine un „ zählige Menge von Wachtfeuern , welche auf dem Berge von
"1 Laon brannten, wo mit einbrechender Dunkelheit Friede geworden ,, war.
Der Anblick dieses Berges war einzig schön .
Er sowohl
„ als das brennende Dorf trugen nicht wenig zum guten Ausgang „ dieses nächtlichen Angriffs bei ; denn es waren Funken, an denen „ man sich mit Leichtigkeit orientiren konnte.
Die Leichtigkeit des
11 Wirrwarrs ist aber das große fast unübersteigliche Hinderniß, „ an dem solche nächtlichen Angriffe fast immer scheitern. " Zur Ausführung folgte die 7. Brigade anfangs der 1., rückte aber bald ganz zur Ausfüllung des zwischen dem Kleiſtſchen und Yorckschen Corps entſtehenden Raumes ins 1. Treffen ; der Lieu
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tenant Kinzel ward mit dem Jäger- Detachement und
einem
Schüßenzuge des Leibregiments ( 1. Bataillons ) zur Erhaltung der Verbindung mit dem Kleistschen Corps rechts detachirt.
Er
löste einen Theil derselben in eine weite Postenkette auf. Zuerst kam Prinz Wilhelm an den Feind .
Er warf zwei
feindliche, sorglos in Athies stehende Bataillone über den Haufen. nach dem Fichtengehölz .
Plötzlich erklangen die Hörner, Sturm
marsch, Hurrah's, Siegesgeschrei ; von paniſchem Schreck ergriffen, floh der Feind. In derselben Zeit auch war die Division v. Horn vorge gangen.
Yorck war an der Seite seines alten Waffenbruders.
Ohne auch nur auf einen Posten zu stoßen, kam man den feind lichen Batterien nahe.
„ Da stehen die Kanonen ! " sagte Horn.
„ Ich sehe sie wohl ! " sagte Yorck. „ Darf ich sie nehmen ? “ „ In „ Gottes Namen drauf! “
„ Der General v. Horn ließ," sagt
Yord's Bericht, „ nach seiner gewöhnlichen Entschlossenheit das
",,feindliche Geschüß nur einmal zum Schuß kommen , ehe es in "1 seine Hände fiel ; " was nicht niedergestochen wurde, lief davon. Auch Lieutenant Kinzel *) hatte Glück.
11 Diese Officiere,"
sagt der Bericht des Generals v. Horn , „ entledigten sich nicht
", allein des ihnen gewordenen Auftrags vollkommen, sondern der " Lieutenant Kingel drang auch mit solcher Kühnheit gegen den „ vor ihm liegenden Windmühlenberg vor , daß er dem Feinde ,, 1 Kanone, 1 Haubige und einen Pulverwagen abnahm."
Der
Feind hatte sich aber hierbei sehr hartnäckig vertheidigt. Der Verlust war unbedeutend, da die Schnelligkeit des Vor rückens dem Feind imponirte und er nur wenig Kartätschschüsse *) Starb als Oberst a. D. zu Berlin. Auf dem Invaliden - Kirchhofe ziert eine einfache, große Granitplatte die Nuheſtätte dieſes braven liebenswür digen Mannes, den man zu jener Zeit den „schönsten Officier des Regiments " nannte. Eine einfache Inschrift sagt, daß dieſes Denkmal ihm von den frei willigen Jägern des Regiments errichtet sei.
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thun konnte. Freilich ging es nicht ohne einige Donnerwetter ab. Als zur Attaque geschritten ward, hieß es : „ Tambours ſchlagen! “ Keine Trommel ließ sich hören. „ Wollen die verf ..... Tambours wohl schlagen ! " wetterte der General nochmals . eine Trommel schüchtern hören.
Da ließ sich
Es war die einzige, welche noch
ein ganzes Fell hatte. Die beiden preußischen Corps setzten auf höheren Befehl die Verfolgung nicht weiter fort, sondern rückten vom Wahlplaße wieder in ihre Bivouacs .
Während der Nacht geriethen beim
Regiment mehrere Hütten in Brand.
Das Feuer pflanzte sich
rasch fort, und nur mit vieler Mühe gelang es der Brigade Batterie, welche noch angespannt hatte, ihre Fahrzeuge in Sicher heit zu bringen. Man hatte 10 Mann Verwundete. Ausgezeichnet hatten sich besonders : Premier - Lieutenant Kingel; Oberjäger John ;
Unterofficier Pohlmann ;
Compagnie - Chi
rurgus Seiffert ; Jäger Belcke , und Musketier Kehrberg. „ Dieſes Siegen ohne Kämpfe , " ſagt Graf Brandenburg, ,,war ein einziges Schauspiel.
Der Sturmschritt, das Hurrah
"1 rufen, die Flügelhörner, das Siegesgeſchrei, dazu die Dunkelheit, ,,das brennende Dorf, im Hintergrunde der flammende Berg, ,, alles dies that, verbunden mit dem Gefühl des Sieges, dieſem "1 Göttergefühl, eine Wirkung, die in Wahrheit nicht in Worte zu „faſſen, in dieſen Friedenszeiten nicht zu denken ist.
Die Caval
,,lerie war ebenfalls vom Sieg gekrönt ....
Ein feindliches Ba
"/ taillon zog sich ,
geschlossen auf der
"1 Straße zurück.
Sturmschritt schlagend ,
An der Ordnung , die in ihm herrschte, ver
„ muthete man, daß sich Marschall Mortier in seiner Mitte befun „den habe ....
In der allgemeinen Verwirrung erkannten sich
,, unsere Soldaten an den Worten „ Hurrah “ und „ Heurich." Kein
" Franzose konnte es nachsprechen, und wie weiland in der sicilia
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„ nischen Vesper die für Franzosen angesehen wurden , die das „ Wort ciceri nicht aussprechen konnten , so wurden hier alle die ,,dafür gehalten , die diese beiden Worte nicht ,,konnten !"
herausbringen
45 Kanonen, 131 Munitionswagen, 2500 Gefangene waren die Trophäen dieser Schäferſtunde.
„ Bei Gott, Ihr alten Yorck
„ ſchen seid ehrliche brave Kerls , wenn man sich auf Euch nicht „ mehr verlassen könnte,
da fiele der Himmel ein ! " sagte der
Feldmarschall bei der Meldung vom Ausgange. Vom Dorfe Athies war nichts als der hölzerne Kirchthurm und ein Haus stehen geblieben ; in letzterem ließ sich General Yorck nieder.
Am 10ten früh 7 Uhr setzten sich beide Corps zwar gegen Béry au bac in Marfch kehrten aber jenseits Fetieux - die Ge schichte hat es uns in diesen Tagen erzählt, aus welchen Grün wieder um. den 3m Bivouac herrschte Mangel , das alte Treiben begann wieder ; die Einwohner selbst kamen , um Brod zu erbetteln.
Rings um nur Trümmer und Schutthaufen ; em
pfindliche Kälte machte den Anblick dieser Kehrseite des Krieges nur noch deutlicher.
Auf den 11 ten Abends um 5 Uhr wurde das
Corps brigadenweise nach einander zum Gottesdienst bei Athies befohlen.
Als der würdige Prediger Schulze bei der 7. Brigade
im Feuer der Rede mit der Hand auf den zum Theil abgedeckten Thurm, den stummen Zeugen der Zerstörungswuth, hinwies (man hatte das Leibregiment besonders im Verdacht) und Aller Blicke sich dorthin wendeten , fügte es ein glücklicher Zufall , daß der Thurm eben voll Soldaten anderer Regimenter steckte , mit dem gänzlichen Abtragen emsig beschäftigt.
Nach dem Schluß der
Rede, als man eben glaubte, sich so reingewaschen zu sehen, nahm der Feldherr selbst das Wort : „ Mit Dank und Stolz erkenne er, „ daß er und sein Corps gestern das Rüstzeug Gottes gewesen sei, 25
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,, über den hochmüthigen Feind ein strenges Gericht zu halten ; „ aber so tapfer seine Preußen wieder im Gefecht gewesen, so tief ,,verlege, ja empöre ihn ihr rohes, verwildertes Verhalten ; Plün „ dern und Zerstören scheine ihre Loſung zu ſein ; das Gotteshaus, „ das die wilde Flamme unversehrt gelaſſen , ſei durch ihre fre „ velnde Hand zerstört.
" Die stummen Steinwände werden Euch
„ vor Gott verklagen."
Dann wies er auf den Stern auf seiner
Brust: 11 Kennt Ihr den Stern ? Kennt Ihr seine Umschrift ? Sie ,,bedeutet: „ Jedem das Seine."
Das ist Preußens Wahlspruch.
„Habt Ihr ihn wahr gemacht?
Gebrochen habt Ihr ihn ; den
"1 Stern habt Ihr befleckt ; des Königs Wahlspruch habt Ihr zur „ Lüge gemacht , seinen und des Vaterlandes Namen geschändet,
11 Euren und meinen Ruhm mit Füßen getreten.
Ihr seid nicht
,,mehr das Yorcksche Corps , ich nicht mehr Euer General ; eine "1 Räuberbande seid Ihr, ich bin Euer Räuberhauptmann ! " Dann stellte er ihnen vor, was die Folgen ihrer Raubsucht feien, wie sie mit der strengen Zucht auch den rechten Soldaten muth davon gäben ; die westpreußischen Grenadiere erinnerte er daran , daß sie ihren schwerverwundeten Führer in Feindeshand gelassen hätten.
Er forderte endlich das Versprechen, fortan wie
brave Preußen einen ehrlichen Krieg , nicht mehr einen Räuber krieg führen zu
wollen ;
es möge von jeder Compagnie
ein
Mann vortreten und ihn mit Handschlag Namens Aller Beſſe= rung geloben. Zuerst trat General Horn zu ihm : „ für das Leibregiment „ gebe ich Euer Excellenz die Hand " ; dann viele einzelne, Unter officiere und Gemeine ; sie gelobten , daß es besser werden solle. Hinterher folgte nun die Vorlesung eines strengen Tagesbefehls, der schon früher gegeben war.
,,Der Ruf des Corps kann mir,
"‚ kann den Mitgliedern desselben nicht gleichgültig sein.
Es ist
„ nicht genug, daß der Soldat tapfer ist, daß er den Tod nicht „ scheut ; er muß auch wissen , was er seiner Ehre schuldig ist.
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" Leider ist das 1. Armee-Corps auf dem Punkte, seinen Ruf, den ,,es durch Ströme vergossenen Blutes erkauft, durch Verläugnung ,,aller Militair - Gesetze, aller Ordnung und Zucht zu verlieren .
11 Die Exceſſe nehmen überhand , und statt durch gutes Betragen
11 uns rühmlich von den Verwüstern unseres Vaterlandes zu un ,, terscheiden, bemüht sich unser Soldat, es ihnen mit Grausamkeit „ gegen die unglücklichen Bewohner gleich zu thun."
Nun folgten
die Strafandrohungen für die Uebertreter der Gesetze und die, welche letteren nicht den gehörigen Nachdruck zu geben wüßten. Es wird bezeugt , daß von dieſem Tage an im 1. Corps keine derartige Unordnung mehr vorgekommen ist. Am 11. März wurde von beiden preußischen Corps Yorck und Kleist eine Avantgarde gebildet, welche unter die Befehle des Generals von Kahler gestellt wurde.
Zu derselben stieß das Fü
filier-Bataillon des Leibregiments. Zur Orientirung bemerke man, daß Napoleon sich nach der Schlacht gegen Rheims wandte, dort den General St. Priest schlug und ſodann, unter Zurücklaſſung der Corps von Marmont und Mortier gegen das schlesische Heer, die Hauptarmee aufsuchte. Auf unserer Seite hingegen sollte den beiden Marschällen gefolgt, die Marne paſſirt und Napoleon im Rücken angegriffen werden. In den Tagen vom 20. bis zum 22. März geschahen aber bei Arcis sur Aube die Schläge , welche die Hauptarmeen zum Marsch auf Paris brachten. Das Füsilier-Bataillon vom 10. bis 27. März. Die Avantgarde folgte am 12. März der Reserve- Cavallerie des Corps v. Kleist nach Béry au bac an der Aisne.
Während
die Cavallerie dort den Fluß passirte , blieb die Infanterie zur Haltung des Ueberganges stehen; namentlich das Füſilier-Bataillon sollte die steinerne Brücke vertheidigen.
Zu dem Ende wurde 25 *
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eine Feldwacht auf dem jenseitigen Thalrande ausgesetzt, das Post gebäude an der Brücke, wie ein großes maſſives Haus, zur Ver theidigung
eingerichtet und darin die Schüßenzüge unter dem
Hauptmann v. Steinäcker aufgestellt. Am 14. März gegen Mittag war noch ein russisches Jäger Bataillon in die Stadt gerückt und lagerte auf dem Marktplaße. Um 2 Uhr geschah es , daß der Feind plößlich die vorgerückten Cavallerie - Feldwachen zurückwarf; zu ihrer Aufnahme wurde ein Füsilierzug jenseits aufgelöst und die Reiterei konnte sich unter dem Schuße dieser Maßregeln über die Brücke zurückziehen.
Un
mittelbar hinter ihr folgte aber die feindliche Cavallerie mit 6 Ge schüßen, welche so schnell abgeprozt hatten, daß die Füsiliere noch vor der Brücke mit Kartätschen beschossen wurden. Dies Feuer that keine Wirkung ; es kam Alles glücklich über die Brücke zurück und das Bataillon stellte sich nun so auf, daß der rechte Flügel an die Brücke, der Rücken dicht an die Häuſer reihe der Stadt gelehnt war. Es zeigte sich keine französische Infanterie ; dagegen ſeßte die Artillerie ihr Feuer lebhaft fort, besonders gegen das Postgebäude. Da die Füsiliere aus den oberen Etagen desselben munter , wie wohl auf große Entfernung, antworteten, und die Artillerie keine rechte Wirkung von ihrem Kugelfeuer bemerkte, begann sie Gra naten zu werfen, welche bald den im Rücken des Bataillons lie genden Stadttheil in Brand seßten. Dicke Rauchsäulen stiegen empor, Kohlen und Brände fielen von den Dächern , und der Aufenthalt fing an auch ohne den Feind bedenklich zu werden ; aber es wurde ausgehalten, bis der Befehl zum Räumen der Position anlangte. Das Bataillon machte links um, ging vor die Stadt, for mirte dort Colonne und seßte so den Marsch, mit der größten Ruhe und Ordnung, weiter fort.
Im Freien erschien der Rauch
als ein Bundesgenosse, denn er hinderte die franzöſiſche Artillerie
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an der Umsicht und hielt sie vom weiteren Feuer ab, bis endlich das Bataillon eine gute Strecke schon zurückgelegt hatte.
Nun
aber erfolgte Schuß auf Schuß ; die Kugeln setzten zu beiden Seiten der Colonne auf, tödteten aber nur 2 Mann, welche zu= fällig etwas zurückgeblieben waren. Ebenso glücklich kamen die Schüßenzüge aus dem Poſthauſe, sowie das russische Jäger - Bataillon davon ; das letztere legte die Strecke von der Stadt bis außerhalb der Schußweite im Trabe (Laufschritt) geschlossen zurück.
Der Feind folgte nicht , obgleich
feine Cavallerie hier wohl Gelegenheit zu reicher Beute gehabt haben würde. Es waren gefallen : Feldwebel Duft ; Füsiliere Zarg und Köppen. Die Avantgarde blieb in ihrer Aufstellung bis zum 18. März, ohne einen Versuch zur Wiedererlangung der Brücke zu machen. Als sie am genannten Tage vorging , sprengte der Feind die Brücke, die Infanterie mußte also aufs Neue dicht an der Aisne bivouakiren , während die Cavallerie bei la Pecherie eine Furth benutzte und bis Ventelah poussirte. Nach Herstellung der Brücke am 19 ten zogen die Truppen nach Fismes , wo vor der Stadt ein Bivouac bezogen und auch der 20. März ruhig abgewartet wurde. Dann rückte die Avantgarde bis zum 25. März über Cha teauthierry, von wo aus die Cavallerie derselben unter General v. Kazler auf Sezanne , die Infanterie unter Oberst v. Klüx auf Etoges vorging.
Man vernahm den Kanonendonner von La fère
Champenoise , fah am 26 sten russische Abtheilungen nach der Richtung ziehen, aus der man eben kam, und mußte endlich selbst den Rückweg antreten.
So geschah es , daß die Avantgarde bei
Vieuxmaisons hinter das Corps zu stehen kam, welches inzwischen eine andere Richtung verfolgt hatte.
390
Das Leib - Grenadier - Bataillon und die beiden Musketier - Bataillone bis zum 27. März. Das Lager bei Laon ward zum großen Jubel der Armee am 12. März aufgehoben ; die dunkle Wolke , welche über dem Hauptquartier gelastet hatte, zerstreute sich allmälig.
Aufs Neue
ergriff das schlesische Heer die Offensive , jedoch gegen die Ge wohnheit, vorsichtig.
Sechs Tage blieb das 1. Corps im Bivouac
bei Craonne (dort exercirten die Bataillone !) ; dann folgte langſames Vorrücken gegen Chateauthierry, wo zur freudigen Erhebung die Nachricht vom Siege bei Arcis sur Aube eintraf. Nun verbreitete die Versicherung, daß Alles ungeſäumt auf Paris losgehen solle, unbeschreiblichen Jubel. Der Feldmarschall war mit den russischen Corps auf Châ lons und Etoges gegangen, und General v. Kazler war im Be griff, mit der Avantgarde des Yorckschen Heerestheiles die Ver bindung mit dem Feldmarschall aufzusuchen.
Am 25 sten , dem
Tage des Gefechts von fère Champenoise , war es den Mar schällen Marmont und Mortier gelungen, sich durch Eilmärsche vor der unabsehbaren Maſſe der Cavallerie der Hauptarmee zu retten , ja sogar am Vorckschen Heertheil vorbei , welcher leider seiner Cavallerie sich heute beraubt sah.
Sie kamen in la ferté
gaucher an , als auch die preußische Infanterie dort eben an langte ; nun erſt überſah man vollſtändig die Lage der Dinge. Sogleich mußte die Diviſion v. Horn die Rolle einer Avant garde übernehmen, um den weichenden Feind mit allem Nachdruck auf Paris zu verfolgen.
Sie fand ihn zuerst bei Chaillh , auf
der Straße nach Coulommiers, in der Stärke von 2 Bataillonen, 1 Escadron. Die Division hatte 100 Pferde der National - Cavallerie an ihrer Tête, mit denen General v. Horn sofort auf den Feind losging.
Als der Rest des Regimentes anlangte, führte er es
1
391
mit solchem Nachdruck heran , daß die feindlichen Bataillone ge worfen , und ihnen 1 Adler, mehrere Officiere und 300 Mann Gefangene, auch viele Wagen abgenommen wurden. Coulommiers mußte der Feind verlassen , als auch die In fanterie der Division heranzog ; schon hatte sie sich zum Bivoua quiren eingerichtet , als ein Befehl eintraf, einer von Sezanne anrückenden feindlichen Colonne auszuweichen und nach Revais zu gehen, wo sie in der Nacht um 12 Uhr anlangte. Es ist hier der Ort zu erwähnen , daß die franzöſiſchen Truppen überall , wo sie in dieser für sie so schrecklichen Zeit vereinzelt schlagen mußten, mit wahrhaft heldenmüthiger Ausdauer und vieler Ehre sich vertheidigten. Welche Anstrengungen hatte es nicht gekostet, den kleinen Heertheil von Pacthod bei fère Champe noise zu überwältigen ; es war das letzte verzweifelte Ringen, die Gegenwehr des zum Tode verwundeten Löwen.
Leider blieb die
schlesische Armee nicht im directen Vorgehen , sondern zog sich nördlich nach La ferté sous Jouarre , um das rechte Ufer der Marne zu gewinnen. schwachen Feind.
Dort erreichte die Division v. Horn den
Der General
erhielt 2
russische Bataillone,
2 Cavallerie- Regimenter und eine Brückenequipage zur Dispo sition und suchte nun die Brücke von Trilport zu erreichen.
Gefecht bei Trilport am 27. März. Schon auf dem Wege dorthin traf er den Feind bei Jouarre selbst; ließ ihn aber sogleich durch das combinirte Grenadier Bataillon angreifen.
Der Feind ward über die Marne geworfen ;
die Division sette ihren Marsch auf dem diesseitigen Ufer fort und stieß nochmals bei St. Jean
auf Infanterie , welche das
dortige Defilee vertheidigte. Ohne sich zu besinnen , sandte der General das National
Cavallerie- Regiment dem Feind in die Flanke und hieb zugleich
392
mit der Jäger-Escadron in eigener Person ein.
Das ganze De
tachement, etwa 100 Mann, wurde gefangen. Nachmittags um 3 Uhr langte er in der Gegend der auf dem linken Ufer der Marne liegenden Stadt an, fand die Brücke zerstört, aber nichts vom Feinde.
Er ließ daher etwa 500 Schritt
diesseits ein Bivouac beziehen , und der russische General Ema nuel begann den Bau einer Pontonbrücke. Da Alles sicher schien , wurde inzwischen ein großer Theil der Leute zum Beitreiben von Lagerbedürfnissen entsendet.
Plöß
lich erſcholl Geſchüßfeuer vom jenseitigen Ufer und kein geringer Schreck fuhr den Unsrigen in die Glieder so überrascht zu ſein. Die günstig aufgefahrene Brigade - Batterie antwortete sogleich ; ebenso zwei leichte Geschütze der Kosacken, welche sich sehr ge= schickt hinter dem Schutte etablirten.
des
zerstörten Bogens der Brücke
Es entstand eine lebhafte Kanonade, während welcher
ganze Haufen von Soldaten aus Trilport und den nahe gelegenen Dörfern zurückeilten, ihre schon eingesammelten Vorräthe im Stich Lassend.
Der Bivouacsplay ward mit Kugeln und Granaten be
worfen. Das Kaliber der feindlichen Geschütze so wie ihre Zahl war den diesseitigen überlegen.
Der General Emanuel ließ daher zur
weiteren Förderung der Sache die beiden russischen Bataillone auf Kähnen über den Fluß gehen und auf dem rechten Ufer vorrücken, als sie dort von feindlicher Infanterie mit Ueberlegen heit angegriffen und geworfen wurden.
Der Feind besezte mehrere
in der Nähe des Flusses gelegenen Büsche und sein Feuer ward immer lebhafter. Zu
dieser Zeit
war
aber
die Brücke fertig
geworden.
Der Oberst - Lieutenant v. Hiller ging nunmehr mit dem Leib Grenadier - Bataillon und dem 2. Bataillon des Leibregimentes (welches mit dem 1. um die Ehre gelooft hatte) zur Degagirung der Russen über.
393
Diese hatten anfangs dem im Dorfe Pomeh eingenisteten Feinde gegenüber eine Stellung genommen , waren aber allmälig bis gegen die Brücke zurückgegangen. Nunmehr bewog der Oberst Lieutenant v. Hiller sie, wieder vorzugehen und seine rechte Flanke zu sichern, welches auch mit Schnelligkeit und vieler Bravour von ihnen geschah.
Oberst-Lieutenant v. Hiller richtete seinen Angriff gegen den linken Flügel des Feindes.
Er befahl dem Hauptmann v. Reuß,
mit den Tirailleurs des Leib- Grenadier - Bataillons den Feind aus einem vorliegenden Gehölz zu delogiren, „ welches durch diesen „wahrhaft tapfern und einſichtsvollen Officier mit der größten " Schnelligkeit bewirkt wurde." Während dieses geschah, deployirten die Truppen im feind lichen Feuer, und der Oberst - Lieutenant ließ Sr. Majestät ein dreimaliges Lebehoch bringen ; dann befahl er den Angriff mit klingendem Spiel. Das Leib-Grenadier- Bataillon auf dem rechten Flügel diri girte er, nachdem der Feind aus einem seine Stellung deckenden trockenen Graben delogirt war , durch den Wald in deſſen linke Flanke, refusirte dagegen seinen linken Flügel, wegen des heftigen Kartätschfeuers. Dieser Bewegung schreibt der Oberst - Lieutenant den glück lichen Erfolg des Gefechts zu .
Denn der Feind war in der That
ſtark genug , um ihn zurückzuwerfen , da die Brigade nicht nach rückte , auch keine Cavallerie, wie verheißen , folgte.
Der Feind
erneuerte seinen Angriff mit überlegener Kraft gegen die Tirail leurs des Hauptmanns v. Reuß, und zwang ihn das Gehölz zu verlassen.
Auch schien der Feind die diesseitige linke Flanke tour
niren und rechts mit Cavallerie drohen zu wollen.
Unser braver,
„ herrlicher Anführer, Oberst-Lieutenant v. Hiller," sagt der Bericht, „gab mir sogleich den Befehl, mit dem Gros des Bataillons ,, unter Vornehmung des rechten Flügels in den Wald zu gehen
394
,,und so dem Feind in den Rücken zu kommen.
Diese Bewegung
,,war vom besten Erfolg." Der Feind, zugleich vom 1. Bataillon in der Front heftig bedrängt , gab nach und trat eilfertig den Rückzug nach Meaux an.
Auch hatte die feindliche Cavallerie,
welche auf die Tirailleurs des Grenadier - Bataillons einhieb , zu attaquiren versucht ; aber theils durch die "1 ungemein brave Ver ,,theidigung " des Lieutenants
v. Wimmer vom westpreußischen
Grenadier - Bataillon , theils durch die diesseitige Cavallerie war sie zum Abzuge bewogen. Nur wenige Schüßen konnten noch, bei großer Ermüdung, bis Meaux herankommen ; als die Dunkelheit hereinbrach, wurde das Gefecht beendet , welches über 2 Stunden gedauert hatte. Die Division bezog ein Bivouac zwischen Trilport und Meaux. Ein junger hoffnungsvoller Officier des Regimentes ,
der
Lieutenant v . Höpfner , war durch eine Kugel in den Kopf ge tödtet worden ; man bestattete ihn um 9 Uhr Abends auf dem Kampfplate.
Außerdem waren gefallen : die Grenadiere Lüdeke,
Böhme, Reckling, Gnorlich und Musketier Zietemann .
An Ver
wundeten zählte man 4 Officiere (die Lieutenants v. Alvensleben, Raabe, Magdorf, Bahr, lezterer von der Landwehr) und 20 Un terofficiere und Gemeine. Es hatten Gelegenheit gefunden sich auszuzeichnen und er hielten Orden und öffentliches Lob : Lieutenants v . Alvensleben, Raabe, Magdorf; Unterofficiere Kozde, Rodenwaldt, Dahms, Herrmann ; Grenadier Schnameck; Musketiere Wolter und Sturm . Während des ganzen Tages waren die Truppen auf den Beinen gewesen und daher im hohen Grade ermüdet.
Statt zu
kochen, zog es ein Jeder vor, der viel nöthigeren Ruhe zu pflegen. Obgleich die Fouriere Lebensmittel empfangen hatten, so begehrte ihrer doch Niemand, und rathlos standen die sorgsamen Pfleger bei ihren Schäßen.
Da wurde mitten in der Nacht das Bivouac
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durch einen furchtbaren Knall alarmirt. da man nichts anderes vermuthete, Ueberfall ausgeführt habe.
Alles lief zum Gewehr,
als daß der Feind einen
Als nun Todtenstille eingetreten war,
und Alles der weiteren Aufklärung harrte, benutte der kaltblütige Fourierschüße Klein der 1. Compagnie , der das Fleisch bewacht hatte, den Augenblick, und rief mit lauter Stimme : „ Leib - Com „ pagnie nach Fleesch kommen ! "
Ein allgemeines Gelächter ant
wortete ihm ; und da inzwischen die Nachricht einging , daß der Feind in Meaux ein bedeutendes Pulvermagazin gesprengt habe, so troch Jeder wieder in sein Lager. Gefecht bei Claye am 28. März . Die gestern wieder herangekommene Avantgarde und bei ihr das Füsilier-Bataillon, rückte mit Tagesanbruch durch Meaux und folgte der Straße auf Paris.
Ein Zug des 2. Leib-Huſaren-Regi
mentes hatte das an der Straße, hinter dem Ourcq liegende Dorf Claye schon passirt, als er plößlich auf feindliche Cavallerie stieß. Das Füsilier-Bataillon des 1. ostpreußischen Regimentes in Sectionen folgte als Soutien (General v. Kazler, Oberst v. Klüx und ihr Gefolge befanden sich an der Tête desſelben) ; die übrigen Truppen dahinter in der gewöhnlichen Marschordnung ; nur das Füsilier-Bataillon des Leibregimentes war von der Chauſſee links ausgebogen und nahm die Richtung auf den südlich der Straße liegenden Wald , Petits bois." Während die ostpreußischen Füsiliere noch durch das Dorf marschirten, stürzte eine feindliche Cavallerie-Abtheilung aus einem Versteck, warf die Huſaren über den Haufen, jagte in die Straße hinein und ritt die Füsiliere, welche nach keiner Seite ausweichen konnten, fast um.
In diesem Augenblick kam das brandenbur
gische Husaren - Regiment angetrabt , nahm das Gefecht auf und trieb die Feinde in wildem Getümmel sogleich wieder durch Clahe in das jenseits liegende waldige Terrain.
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Nunmehr wurde die Infanterie der Avantgarde so dirigirt, daß Oberst v. Lettow mit den Bataillonen des Kleistschen Corps sich links durch 99 Petits bois " auf das südlich der Straße lie gende Vorwerk Montſeigle wandte, Oberst v. Klüx mit denen des Yorckschen Corps an der Chauſſee blieb. Die Straße wird füdlich von einem waldigen Höhenzuge auf etwa 1000 bis 1500 Schritt begleitet, an deſſen nördlichem Abhange Montſeigle liegt , während sie selbst in der Höhe dieses Vorwerks durch das Dorf Villeparisis zieht. Zwischen Villeparisis und Clahe zieht sich vom Höhenzuge über die Straße gegen Norden der Wald von Clahe , in der Breite ( von Ost nach West) von etwa 1000 Schritt. Dieser Waldabschnitt war als ein Hauptſammelplag für das bewaffnete Landvolk bekannt , und wurde in Colonnen , Schüßen vor der Front , von den Bataillonen der Yorckschen Infanterie angegriffen , auf deren linkem Flügel das Leib - Füsilier - Bataillon marschirte.
Die Lisière wurde ohne erheblichen Widerstand ge=
nommen, im munteren Schritt die Bewegung fortgefeßt und fort während der Feind, der sowohl Linientruppen als Garden zeigte, getragen.
Es konnte bei dem Waldgefecht nicht fehlen, daß die Ba taillone des Kleistschen Corps , welche indessen in ein heftiges Gefecht um den Besitz von Montſeigle geriethen , auch die Füh lung rechts etwas verloren.
Die westpreußischen Füsiliere, so die
rechte Flanke des Feindes angriffen, gewannen Raum ; die ostpreu ßischen dagegen, die neben ihnen in der Front vorgingen, wurden grob zurückgewiesen : es entstand unmittelbar die Gefahr , daß beide Colonnen getrennt würden . Oberst v. Lettow ließ sogleich den Hauptmann v. Steinäcker mit dem Leib-Füsilier-Bataillon etwas heranziehen, um den Kampf bei Montſeigle den Ostpreußen leichter zu machen.
Die Schüßen
vor, das Bataillon in Colonne, griff der Hauptmann v. Steinäcker,
397
unterſtüßt von der größten Bravour der Füsiliere, den Feind an ; es gelang, ihn durch den Wald ins Thal zu werfen, wo auch die ostpreußischen Jäger hinzukamen und dem Feinde 1 Capitain, 2 Lieutenants und über 100 Mann Gefangene abgenommen wur den.
Während dieses Vordringens gerieth das Bataillon wieder
an die Chauſſee diesseits Villeparisis hinter die Truppen des rechten Flügels, welche eben ihrerseits den Ort angriffen und den Feind daraus verjagten.
Sie hatten kein leichtes Spiel und eben
falls schweren Verlust gehabt.
Oberst Klüx hatte sie selbst gegen
den Feind geführt. Während die Avantgarde bei Claye focht, hatte die Division v. Horn ſich in Marsch gesezt , Meaux paſſirt und ein Bivouac bei Souillh bezogen.
Sie nahm keinen Theil am Gefecht.
Am 29 sten , nachdem die russische Cavallerie unter Graf Pahlen bei Villeparisis angelangt war, rückte die Avantgarde bis Grand Drancy vor.
Morgens um 8 Uhr war ein 24 stündiger
Waffenstillstand mit dem Feinde abgeschlossen worden ; die preußi schen Corps sammelten sich bei Clahe und lagerten dort bis 11 Uhr. Se. Majestät der König wollten die Truppen sehen , und dieſe wurden nun zu beiden Seiten der Straße aufgestellt.
Mit ju
belndem Hurrah empfingen ihn die treuen Soldaten ; dann brachen sie auf; die Diviſion v. Horn ging bis Aulnah , 3 Stunden vor Paris. Wer mag die stolze Freude beschreiben, mit der von hier die Kuppel des Domes der Invaliden erblickt wurde ? Schlacht von Paris am 30. März. Unterhalb des Einflusses der Marne in die Seine , erstreckt fich zu beiden Seiten des vielfach gekrümmten und meist tief ein geschnittenen Stromes in gewaltiger Ausdehnung die Weltstadt, von deren Besit das Wohl und Wehe der Dynastien Frankreichs abhängt.
Die größere Hälfte liegt auf dem nördlichen Ufer des
hier von Ost nach West fließenden Stromes, welcher bald nach dem
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Austritt aus der Stadt einen füdlichen Bogen macht und dann gegen Nordosten zu bis St. Denis geht. Eine große Anzahl bedeutender , massiv erbauter Vorstädte umgiebt hier die Stadt, dicht an ihre Thore , Barrieren , heran tretend.
Von Oſten her zieht sich ferner bis dicht an die Stadt
heran ein Höhenzug von Kalkbergen , welche sanft gegen Norden abfallen und deren Fuß dort von dem Canal de l'Ourcq_beglei tet wird , welcher schon von Trilport her dem Marnelaufe folgt. Durch diesen Canal wird also das ganze, in der Schlacht betretene Terrain in 2 große , ganz verschiedene Abschnitte getheilt : den östlichen, bergigen, und den nördlich - westlichen , ebenen.
Dieser
letztere Abschnitt endigt vor Paris in einer schmalen Erhebung, welche zum Ourcq-Canal abfällt, dem Montmartre genannt, welcher damals nur auf der pariser Seite bebaut , auf seiner Höhe mit Windmühlen besetzt war. Vom Ourcq-Canale ab heißen die Vorstädte des ebenen Theils : La Villette (dicht am Canal) la Chapelle, Montmartre, Batignolles ; vor Batignolles auf 1000 Schritt Entfernung liegt Aidny . Die des bergigen Theils sind : Petite Villette, Belleville, Charonne, Vin cennes. 1000 Schritt vor Petite Villette liegt, am linken Ourcq Ufer, Pautin, weiterhin Romainville. Für die Vertheidigung der Stadt war in der Eile geschehen, was auszuführen möglich war ; jedoch war es überhaupt zu spät, noch etwas nachhaltiges zu leisten.
Napoleon hatte hartnäckig
immer diesen Gedanken der äußersten Noth von sich abgewiesen. Die Nationalgarde , die Veteranen , viele kampffähige Leute aus der Classe der Tagearbeiter waren herangezogen und bewaffnet ; die Vorstädte und Barrieren (Thore) durch kleine Erdwerke und Pallisadirungen bewehrt; der Montmartre war mit Batterien aus allen Kalibern armirt worden. Zur Orientirung sei noch erinnert, daß Napoleon mit ſeinen Hauptkräften sich in den lezten Tagen in den Rücken der Haupt
1 1
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armee geworfen hatte und heute erst nach Troyes kehrt war.
zurückge
Die Marschälle Marmont und Mortier übernahmen die Ver theidigung des Vorterrains mit ihrem , zusammen 24000 Mann zählenden Corps, während der König Josef Bonaparte das Ganze, Marschall Monceh die Leitung im Innern der Stadt führte. Der Waffenſtillstand hatte zu keinem Reſultat geführt.
Nach der
Disposition fiel der Hauptarmee der Angriff auf Belleville und Romainville zu ; von der schlesischen Armee sollte das Corps Lan geron den Montmartre angreifen , die Corps v. Yorck und Kleist gegen La Chapelle vorgehen. die beiden Armeen.
Der Ourcq-Canal schied also auch
Das Leib-Grenadier- und die beiden Musketier-Bataillone. Nachdem das Langeronsche Corps zuerst aufgebrochen war, die feindlichen Vorposten vertrieben , das Städtchen St. Denis durch eine Abtheilung eingeschlossen und den Marsch gegen die Westseite des Montmartre fortgesetzt hatte , folgten um 8 Uhr Morgens auch die preußischen Corps .
Sie erreichten gegen 10 Uhr
Aubervilliers, wo die Schwenkung der Russen abgewartet wurde. Jenseits Aubervilliers führte von Südosten nach Nordwesten, aus dem Durcq in die Seine, das damals noch trockene Bett des Canals von St. Denis, welches vom Feind mit Geſchüß und Tirailleurs vertheidigt ward. Die Schüßenzüge der beiden Musketier - Bataillone gingen zur Vertreibung des Feindes aus dieser Position vor. Das Gefecht machte sich bald lebhaft; um 1 Uhr Mittags ward jedoch erst zur Entscheidung geschritten, als die Russen ihre Linksschwenkung vollendet hatten.
Der Feind ward sogleich aus
seiner Stellung im Canal geworfen, und nun entwickelten sich die beiden preußischen Corps dergestalt, daß die Diviſion v. Horn den
400
rechten Flügel bildete, die beiden Musketier-Bataillone im 1 sten, das Grenadier - Bataillon im 2. Treffen.
Nach Ueberschreitung
des Canals wurde eine Linksdrehung ausgeführt ,
so daß das
1. Bataillon sich an die Straße nach St. Denis lehnte, und mit den Ruſſen jenseits derselben in Verbindung blieb. So ward munter gerade auf La Chapelle vorgegangen ; bald gerieth man in das sehr wohl unterhaltene Feuer der Batterie auf dem Montmartre, welche besonders viel mit Granaten warf. Auch die östlich gelegene butte des moulins machte sich durch ihr Feuer lästig.
Eine der Granaten schlug in eine Proße der Bri
gade - Batterie, sprengte sie in die Luft und hierbei wurde der Hauptmann v. Diebitsch tödtlich verwundet. Bald war La Chapelle erreicht und der Feind erschien mit Tirailleurs und geschlossenen Linien auf der Höhe , gegen welche nunmehr zum Sturm geschritten wurde. Der Hauptmann v. Maſſow mit den Schüßen des 1. und Lieutenant v. Koch mit denen des 2. Bataillons, welche schon bis her mit vielem Muth die feindlichen einzelnen Ausfälle zurückge schlagen , hatten sich schon zum Angriff der Liſière vorbereitet ; schon war durch den Sturmschritt der nachrückenden Bataillone und die wirksamen Schüſſe der Brigade - Batterie ein Theil des feindlichen Geſchüßes
zum Schweigen gebracht, schon war der
Erfolg unter den alten Führern so gut wie entschieden , als ein Königlicher Flügel-Adjutant die Nachricht vom abgeschlossenen Waf fenstillstand überbrachte.
Ein allgemeines Freudengeſchrei erſcholl
längs der ganzen Schlachtlinie und die Truppen machten Halt, wo sie standen. Obgleich der Regiments - Adjutant Lieutenant v. Wohna sogleich den Befehl zum Einstellen der Feindseligkeiten an das Corps v. Langeron beförderte, so wollten doch die Russen nicht von der Ehre abstehen , den Montmartre mit stürmender Hand erobert zu haben, daher dort das Gefecht noch einige Zeit anhielt.
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Etwas später rückte die Division v. Horn durch La Chapelle und stellte sich an der Barriere von La Villette auf; einige Ba taillone setzten sogar ruhig die Gewehre zusammen.
Man stand
hier französischen Nationalgarden gegenüber, welche die durch Pa lisaden befestigten Zollhäuser besetzt hatten und konnte deren Be kanntschaft machen, was auch nicht ohne Nngen blieb.
Der Oberst
v. Zepelin, um den glücklichen Ausgang zu feiern, ließ sich durch einen derselben Austern und Champagner aus der Stadt besorgen, welcher Während deſſen war
Auftrag mit Ehrlichkeit ausgeführt wurde.
der Feldmarschall in einem Hause dicht in der Nähe beschäftigt, die Capitulationsbedingungen festzustellen.
Abends spät ging die
Diviſion in den Bivouac am Montmartre zurück; die höheren Officiere richteten sich in den Windmühlen ein ; Alles gab sich nach der schweren Arbeit der wohlverdienten Ruhe hin.
Nur
Einer blieb wach ; es war der General v. Yorck, welcher bis in die Morgendämmerung hinein auf der Höhe umherging und den Blick auf die eroberte Stadt heftete.
Das Füsilier- Bataillon. Die Avantgarde rückte aus dem Bivouac bei Dranch gegen den Ourcq - Canal, welchen sie bei Pantin im Kanonenfeuer paſ sirte.
Bald erhielt das Bataillon den Befehl, eins der rechts
vorliegenden Gehöfte zu besetzen, wo sich schnell ein sehr lebhaftes Gefecht entspann, welches, mit Erbitterung geführt, bald das ganze Bataillon in Anspruch nahm.
Zweimal rückte der Feind auf dem
rechten Ufer des Canals mit Uebermacht vor und drängte die wenigen dort stehenden Füsiliere zurück, wodurch die Schüßen des Bataillons in der Flanke gefaßt und am weiteren Vorgehen ge= hindert wurden. Der Lieutenant Klisch vom 15. schlesischen Landwehr - Regi ment, jetzt beim Bataillon zur Dienstleistung , vertheidigte mit 2 Zügen das Gehöft, und seine Bravour und richtige Postirung 26
402
der Leute trug viel dazu bei, daß das Bataillon die Position bis zum Ende des Gefechts behaupten konnte. Ebenso zeichneten sich die Lieutenants v. Cranach und du Plessis aus, indem sie zweimal mit Tirailleurs zwischen dem Gehöft und dem Canal vorrückten und die andringenden feindlichen Garde Grenadiere zurückwarfen .
Der Kampf wurde oft mit Kolben und Bajonet ausgefochten ; der Verlust ward auf beiden Seiten beträchtlich. Während des Gefechts hatte das Bataillon eine besondere und unerwartete Freude.
Se. Königliche Hoheit , der jeßige
Prinz von Preußen , kam mit dem englischen General Stuart, dem General v. Müffling und einem Gefolge höherer Officiere dahergeritten, erkundigte sich nach dem Gange des Gefechts, und lenkte sein Pferd nach dem, als Brennpunkt des Kampfs bezeich neten Gehöft.
Vergeblich baten die höheren Officiere den ritter
lichen Herrn, sich nicht aussehen zu wollen ; ohne ein Wort zu erwiedern sah er sich die Lage der Dinge in nächster Nähe an und kam dann ebenso ruhig, ungeachtet des heftigsten Kugelregens, wieder zu dem an der Brücke in Sicherheit haltenden Gefolge zurück.
In den Officieren und Soldaten erweckte diese vor ihren
Augen sich begebende Handlung des furchtlosen Prinzen ein Herz erhebendes Gefühl, wenn schon ein Jeder über den Ausgang be sorgt war. Mit dem Vorrücken der preußischen Garden gegen Pantin hörte auch hier das Gefecht auf, da das Bataillon sich ganz ver schossen hatte.
Es blieb an der Brücke als Soutien für die ſo
Heldenmüthigen Garden zurück und bezog am Abend vouac.
ein Bi
Leider war der Hauptmann v. Zastrow, welcher heute
das Bataillon führte ,
und
durch seine
persönliche Bravour
und einſichtsvolle Führung viel dazu that, daß das Bataillon einen ruhmvollen Tag hatte, worden.
in der Tirailleurlinie verwundet
403
Es starben den Heldentod : Hauptmann v. Diebitsch ; Lieutenant Menzelius ; Oberjäger Meher ; Unterofficiere Seist, Beilau, Buder ; Jäger Jahn ; Grenadiere Weiß , Müller ; Musketier Hönow ; Füsiliere Herold, Lobes, Gericke, Anders, Gestrich, Magde burg. Es wurden verwundet : Hauptmann v. Zastrow ; Lieutenants v. Eberhardt, Zimmermann, Franke; und 45 Unterofficiere und Gemeine. Summa des Verlustes : 6 Officiere, 58 Unterofficiere und Ge meine. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten Orden und öffentliches Lob : Oberst v. Zepelin ; Capitains v. Zastrow, v. Reuß, v. Maſſow, v. Mach; Lieutenants du Plessis , v. Wohna , v. Didron , Kühne, Franke, Graf Lüttichau I., v. Herrmann, v. Koch, v. Cranach ; Unterofficiere Rezlaff, Giesche , Buchholz , Voßberg ,
Repcke,
Möck, Herrmann, Zennecke ; Compagnie - Chirurgen Seiffert, Nichterlein ; Grenadiere Seist, Krenzlin, Liebach; Füsiliere Marquardt, Zerrahn, Meher, Bonaneck, Bein, Rahn,
Trappe.
Mit der aufgehenden Sonne des 31. März war auch schon Alles im Lager lebendig. Ein heißes Dankgebet zum Lenker der Schlachten ―――――― wohl mag es selten inniger emporgestiegen sein als hier, wo seine Hand so sichtbar Alles geführt hatte - ver einte die Bataillone über der Flur, welche wieder den Segen des Friedens genießen sollte. in die
Dann bereiteten sie sich zum Einmarsch
zu ihren Füßen liegende " Stadt vor.
26 *
404
Es wäre den braven Truppen wohl dieser kurze Augenblick des Triumphes , diese einfache Befriedigung ihrer Neugierde zu gönnen gewesen ; höhere Rücksichten hatten es aber anders bestimmt. Nur die Garden wurden der Ehre theilhaftig , im Gefolge der Monarchen die Straßen von Paris zu betreten ;
alle übrigen
Truppen richteten ihren Marsch auf weiten Umwegen nach der neuen Bestimmung.
Still und schweigend zogen sie um die Stadt,
und zwar die Grenadiere und die Musketiere nach Auteuil, die Füfiliere etwas weiter nach Sevres.
Das 1. Bataillon hatte die
Leiche seines bisherigen Führers , des Hauptmanns v. Diebitsch, mit sich genommen , um sie mit Ehren zu bestatten.
So mußte
dieser Brave, der von Colberg her schon ein Vorkämpfer geweſen war, fern von der Heimath sein Grab finden ! Und noch bedurfte es, nach vielem Hin- und Herreden , der ernstesten Sprache des Siegers , um den katholischen Geistlichen in Auteuil zu bewegen, einen Begräbnißplaß auf dem Kirchhof anzuweisen, den er durch einen Kezer nicht entweiht wissen wollte.
Am Nachmittag wurde
der Hauptmann v. Diebitsch mit militärischen Ehren in die Grube gesenkt, von seinen Kameraden innig betrauert. Das Grenadier - Bataillon kam am 1. April nach Boulogne (gegenüber St. Cloud) ; die übrigen Bataillone gingen am 2. April über den Pont de Jena nach Palaiseau, wo das ganze 1. Corps bis zum 10ten im Lager blieb. Das Füsilier-Bataillon dagegen bildete vom 2. bis 10. April die Spitze der Avantgarde , in Verbindung mit 2 Compagnien schlesischer Schüßen unter Hauptmann v. Neumann , und rückte am 3ten ins Lager bei Limours , wo man vielleicht noch das lette Heranstürmen des entthronten Machthabers erwartete. Seine verzweifelten Anstrengungen waren vergeblich, ſeine Macht zerrann ; am 4. April wurde eröffnet, daß keine Feindselig keiten mehr stattfinden , der französische Bürger nicht mehr unser Feind , sondern unser Alliirter in dem gemeinsamen Werk ſein
405 sollte, Napoleon's Macht zu vernichten und der Welt den Frieden wiederzugeben. So war der dräuende Abgrund geschlossen, der so viele und edle Opfer verschlungen hatte.
Was der Menschheit heilig und
ehrwürdig sein soll, trat wieder in seine alten Rechte. Preußen , voll Vertrauen um seinen König geschaart , sollte wieder aus den Trümmern größer und mächtiger erstehen, als es je gewesen.
Es ward ihm der gerechte Lohn für den Muth und
die Hingebung , mit der es sich zum Herrn seines eigenen Ge schicks gemacht. Das Leibregiment hatte seinen reichen Antheil an den Ehren des Sieges mit großen Opfern erkauft.
Im Feldzuge von 1814
waren gefallen : verwundet :
5 Officiere 39 Mann, 13 214 11 11 87 " gefangen und vermißt: 3 " Summa:
21 Officiere 340 Mann.
Der Verlust des Jahres 1813 mit 78 Officieren 2402 Mann hinzugerechnet, giebt also 99 Officiere 2742 Mann an Todten, Verwundeten und Vermißten.
Bom Juli 1813 bis 5. März 1814 waren in verschiedenen Malen 2200 Mann als Ersaß eingestellt worden . Es wurden an Trophäen unmittelbar im Gefecht erbeutet: bei Wartenburg : 1 Kanone, 2 Pulverwagen;
bei Leipzig: bei Laon :
4 Kanonen ; 1 Kanone, 1 Haubige, 1 Pulverwagen ; 7 Geschütze, 3 Wagen;
bei Luxemburg : 1100 Gewehre, 200 Carabiner.
Die Gefangenen sind nicht gezählt worden. Außerdem wurden im Januar 1814 erbeutet : 3 Schiffe mit Effecten, 2 Tabacksmagazine und mehrere
Depots.
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Die erworbenen Orden und Ehrenzeichen werden wir am Schlusse des siebenten Buches aufführen.
Am 10. April wurde die Avantgarde aufgelöst, die Brigade v. Horn marschirte nach dem Departement du Pas de Calais ab. Ueber Abbeville , Breteuil , Amiens , Heselin , Arras langten die Bataillone des Regimentes am 20 ſten in Boulogne sur mer, Montreuil und Etaples an, wo sie bis zum 7. Mai verblieben. Während dieses Aufenthaltes wurde das alte Brigadever hältniß wieder hergestellt. Capitain v. Holleben kehrte nach Heilung seiner Wunden, zur Freude seiner Füsiliere, wieder zurück, um sogleich ein intereſſantes Commando zu erhalten.
König Ludwig XVIII. landete auf seiner
Rückkehr nach dem Reich seiner Vorfahren bei der Stadt Boulogne. Preußischerseits wurde ein alter Freund der Füsiliere , General Major Graf Henckel von Donnersmarck, dorthin gesendet , um Sr. Majestät die Honneurs zu erweisen ; er brachte 1 Escadron brandenburgischer Husaren mit ; ebenso waren auch 2 Escadrons französischer Lanciers zum Empfange des Königs erschienen. Bevor nun dieſe Truppen, zu denen das in Boulogne liegende Füſiler Bataillon stieß, sich zur Parade aufgestellt hatten, entſtanden Rei bungen zwischen den Lanciers und den Preußen , die damit be gannen, daß jene sich ein Geschäft daraus machten, den Preußen die grünen Laubzweige , das Wahrzeichen der Alliirten , von der Kopfbedeckung zu schlagen.
Natürlich kam es bald so weit , daß
beide Theile handgemein wurden, bis es endlich gelang , Frieden zu stiften, ehe der König ankam. Mit lautem Hurrah_empfangen, war es eines seiner ersten Geschäfte , sich durch den Marschall Monceh die Officiere vorstellen zu lassen. Am Ende dieser Prä sentation wandte Se. Majestät sich an sein Gefolge mit den Wor ten: "1 Sie sind meine Kinder , diese da aber (die Preußen) sind
"1 meine wahren Freunde. " Die Mißhelligkeiten sollten wohl damit
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beendigt werden.
Jedoch war es ein Glück, daß am anderen Tage
die Lanciers als Begleiter des Königs wieder abzogen , da die Aufregung sehr bald wieder hohe Wellen schlug.
In Montreuil
machte General v. Horn die Honneurs , welche aber nicht durch solche Fälle getrübt wurden. Leider hatte auch in dieser Zeit die Brigade den Schmerz, ihren alten geliebten Führer scheiden zu sehen.
General v. Horn
war zum Commandanten von Magdeburg ernannt worden und ging zu seiner neuen Bestimmung ab.
Es konnte nicht fehlen,
daß er den herzlichsten Abschied von seinen Kindern , dem Leib regiment , nahm , die er durch so viel Stürme und Drangſale immer mit Ruhm und Ehren geleitet hatte.
Besser als er konnte
fein Nachfolger nicht sein, wohl aber war es Jedem schwer, seinem Vorbilde zu gleichen und seinen Fußtapfen zu folgen . Vom Niemen bis an den Ocean, Regiment unzertrennlich von Regiment, hatten beide ein Ganzes gebildet, wie es in der Armee nicht wieder zu finden war.
Ihm war es zu danken , daß der Sieg immer an
unsere Fahnen gefesselt blieb und daß es keinen Tag gab, wo der Feind den Rücken unserer Bataillone gesehen hätte. Bald darauf verließ auch das ganze Regiment den franzöſi schen Boden und marschirte nach Namur, während das Grenadier Bataillon in Lüttich Quartier erhielt.
Auch General v. Yorck hatte
sein Hauptquartier in Namur, und feierte die Wiederkehr des Tages von Königswartha, 19. Mai, durch ein glänzendes Fest, zu welchem von dem in Namur selbst stehenden 1. Bataillon mehrere Officiere und 8 Mann eingeladen waren. Wir erwähnen dieses an sich ge= ringen Umstandes, weil der General einen das Regiment im hohen Grade ehrenden Trinkspruch ausbrachte: „ Auf das Wohl des
" Leibregimentes , dessen Tapferkeit an diesem Tage ich ,,den Orden pour le mérite mit Eichenlaub verdanke ! " Von Namur aus wurden in dieser Zeit auch die freiwilligen Jäger in die Heimath zurückgeführt.
Der Lieutenant Müller II.
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erhielt diesen beneidenswerthen Auftrag , den sich wohl viele mit ihm gewünscht hatten.
Denn zu jener Zeit von Belgien nach der
Mark zu reisen , war ein ebenso kostspieliges und zeitraubendes Unternehmen, wie heute eine Reiſe von Madrid nach Petersburg sein würde. Der Postenlauf, schlecht geregelt, bot kaum alle Woche zwei Mal, und nur in großen Städten , Gelegenheit zum Fort kommen dar ; Chauſſeen , eine Seltenheit , erleichterten das Fort schaffen eines vollgepfropften Wagens nicht , und so konnte es selbst den vermögenden Officieren nur alle Decennien einmal ein fallen, eine weitere Urlaubsreise zu machen.
Zu jener Zeit wurde
es als eine besondere Gunst angesehen, wenn man eine Marsch route erhielt, vermittelst deren der Beurlaubte durch Vorspann alle Tage 3-5 Meilen machte , um in 3 Wochen vom Rhein nach Berlin zu kommen. Der Jäger Abschied vom Regiment mag ihnen leicht geworden sein ; daheim winkte ihnen ja der frohe und verdiente Lohn und Genuß, die Liebe Aller, für die sie vor einem schweren und langen Jahre gegen den Feind gezogen waren.
Aber ihr Herz schlug hoch
bei allen Erinnerungen an diese jugendliche Erhebung, und lange Jahre haben die freiwilligen Jäger des Leibregimentes in regel mäßiger Wiederkehr die Tage zu Berlin gefeiert , welche ihnen im Jahre 1813 und 1814 ins Gedächtniß geprägt waren. ――― Es iſt dem Hiſtoriographen fast schmerzlich , nun der Auf lösung des alten ersten Corps zusehen und berichten zu müssen, wie die Forderungen der neuen Zeit, die für Preußen heranbrach, mit nagender Kraft, nach und nach, ein Glied nach dem anderen von dem, durch so viel Gluthen, so viele schwere Hammerschläge, zusammen geschweißten Werkzeuge ablösten. Vorweg erwähnen wir, daß alle alten Grenadier-Bataillone aus dem Verbande des Corps geformt und nach Berlin gesendet wurden. Dort stiftete am 14. October eine Allerhöchste Cabinetsordre
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die beiden Grenadier- Regimenter # Kaiser Franz " und " Kaiser Alexander "; das Leib - Grenadier - Bataillon trat als 1. Bataillon zum Regiment Kaiser Alexander über.
Es marschirte am 6. Sep tember von seinem Cantonnement Diekirch ab , und rückte am 12. October in Berlin ein , wo es sogleich auf den Friedensetat
gesetzt wurde. Langsam sich gegen die neue Grenze des Vaterlandes zu be wegend , kam am 19. Juni das Regiment in die Gegend von Arlon, wo General v. Yorck sein Hauptquartier hatte.
Am 4. Juli
war er von seiner Reise nach London zurückgekehrt ; schon hatte man erfahren , daß er vom König zum Oberbefehlshaber der Truppen
in Schlesien
ernannt sei.
er die Generale und Stabsofficiere von ihnen zu nehmen.
Am 6. Juli versammelte des Corps ,
um Abschied
In ergreifender Rede schilderte er die
kriegerischen Thaten des Corps , dankte den Führern für ihren Muth und Eifer.
Dann wandte er sich an jeden Einzelnen ; er
wähnte kurz der Actionen , in denen sich Jeder ausgezeichnet ; es war bewunderungswürdig , wie er auch nicht das Geringste ver gessen hatte.
Denen , die er besonders auszeichnete , gab er die
Hand ; vor allem dem General v. Horn , der seinen Thränen freien Lauf ließ ; mit Wärme sprach er zu Sohr : „ Ich werde
"1 es nie vergessen, was ich Ihnen schuldig bin." Dann gedachte er derer, die dem stolzen Kreise noch fehlten ; derer, die den Helden tod gefunden, von Groß- Görſchen bis Paris manch' edles Opfer. Am 7. Juli erschien sein Abschiedsbefehl an das 1. Armee Corps :
" Se. Majestät der König haben geruht , mir das General ,,Commando von Schlesien zu übertragen und " Commando des 1. Corps abzurufen.
mich von dem
Ich bin im Begriff, zu
,, meiner neuen Bestimmung abzugehen und darf nun nicht län " ger zögern , Euch meinen braven Soldaten des 1. Corps das „ lezte Lebewohl zu sagen. Mit schwerem Herzen erfülle ich dieſe
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„ Pflicht ; mit schmerzlicher Rührung trenne ich mich von meinem „ Corps, welches in drei blutigen Feldzügen so heldenmüthig focht „ und sich durch jede militairische Tugend auszeichnete. E3 ,,war ein Theil des 1. Corps, welches in Curland der preußischen ,, Armee ein Beispiel des Gehorsams, der Tapferkeit und des Edel ,, muthes gab.
Im Stamm des 1. Corps lebten damals die Tu
,, genden unserer Väter von Neuem auf und dankbar erkannte es
!! das Vaterland , in deſſen Hauptſtadt die Gelübde niedergelegt ,,wurden, die uns dem Siege oder dem Tode weihten." „ Ihr habt Euer Wort gehalten , Soldaten des 1. Corps ! „ Ihr waret die Ersten , die bei Dannigkow den Rücken des ge
"1 schlagenen Feindes sahen.
Die Tage von Groß - Görschen und
"1 Königswartha werden Euch zu ewigem Ruhm gereichen; an der „ Kazbach gabt Ihr das Signal zu aufeinander folgenden Siegen, ,,die das Vaterland befreiten. Mit hoher Rührung sah ich Euch " damals die angeschwollenen Ströme Schlesiens durchschreiten,
"1, und Eurer bei Wartenburg bewiesenen Tapferkeit verdanke ich "1 den Namen , den ich zur Ehre des 1. Corps durch die Gnade ,,Sr. Majestät forthin führen soll.
Die Völkerschlacht, durch die
,,in den Ebenen von Leipzig Deutschlands Freiheit errungen wurde, „ sie ward von Euch Soldaten des 1. Corps siegreich eröffnet. "1 Stets die Ersten in heldenmüthigem Handeln , waren die von „ Euch errungenen Trophäen das Unterpfand der Siege , welche
"1‚ der fremden Tyrannei auf Deutſchlands Boden ein Ziel ſeßten. ,, Aber nicht Deutschland allein, auch das fremde Land, von dem ,,das gemeinsam geduldete Unheil ausgegangen war, ist Zeuge
"1 Eurer kriegerischen Thaten und Eurer Mäßigung gewesen .
In
„ den Gefechten von St. Dizier und La Chauffée, in den Schlach "1 ten von Laon und Paris habt Ihr den Weltfrieden erkämpfen „ helfen.
Ehrenvoll habt Ihr das Werk begonnen, ruhmvoll habt
,,Ihr es beendigt !
Zweihundert und fünfundzwanzig mit den
„Waffen in der Hand auf den Schlachtfeldern eroberte Kanonen,
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,,auch der dem Vaterlande aus der Hauptstadt Frankreichs zurück ,,geführte Siegeswagen sind Trophäen, die dem 1. Corps ein blei ,,bendes Denkmal in den Annalen des befreiten Vaterlandes zu
"1 sichern ! " „ Ich fühlte mich hochgeachtet, als ich an Eure Spite trat ; ,,jetzt ist es mein höchster Stolz und begründet die Freude mei „ nes Alters, Euer Führer gewesen zu ſein.“
"1 Empfangen Sie nun, meine Herren Generale , im Augen ,,blicke der Trennung meinen Dank für Ihre Unterſtüßung in „ Augenblicken der Gefahr ; für Ihre mit seltener Aufopferung durch ,,Talent und durch ein leuchtendes Beispiel dem Vaterlande ge= „ leiſteten Dienste.
Sie meine Herren Brigadiers aller Waffen
,,die Anerkennung der ausgezeichnetsten Führung Ihrer Abtheilun ,, gen an so manchen blutigen, ruhmvollen Tagen.
Empfangen
"1, Sie meine Herren Stabs- nnd Subaltern - Officiere den Dank, ,, den ich Ihnen mit inniger Rührung für Ihre in dieſem heiligen „ Kriege bewiesene Tapferkeit und für die heldenmüthige Ertragung „ so außerordentlicher Mühseligkeiten „ meines Herzens zolle !
und Fatiguen von Grund
Sie haben ein hohes Verdienſt um den
" schönen Geist, der in unseren Soldaten lebt ; denn Ihr Stand ,,punkt erlaubte es Ihnen , unmittelbar auf ihn zu wirken und „ gern und freudig neigte sich der Soldat zu dem Beiſpiele , mit , dem Sie ihm auf der Bahn der Ehre und des Ruhmes vor ,, angingen ! " „ Ich wende mich jetzt zu Euch, meine braven Unterofficiere ,,und Soldaten , die Ihr mir so viele Beweise Eurer Tapferkeit, ,,der Verleugnung Eurer selbst, Eures Gehorsams und Eures „ Vertrauens gegeben habt.
Wie soll ich Euch die Empfindun
„ gen ausdrücken , von denen mein Herz bei der Trennung von 11 meinen Kindern so voll ist ? Wie soll ich Euch würdig danken für „ die Ausdauer, die Ihr von den Ufern der Düna bis zur Seine „ an heißen Schlachttagen, im Angesichte des Todes, bei den an
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„ gestrengtesten Mühseligkeiten , in zwei Winterfeldzügen und bei " Entbehrungen aller Art bewiesen habt ? Mitten unter den Schreck ,,niſſen eines mit Erbitterung geführten Nationalkrieges, der seine „ Schritte durch Barbarei und Verwüstung bezeichnete , habt Ihr ,,bewiesen , daß der wahre Soldat der Menschlichkeit nicht fremd ,,werden darf.
Die Zeugnisse feindlicher Generale und Obrig=
„ keiten sind schöne Denkmäler des Geistes, der unter Euch wal ,,tet, und Eure Schritte zum Ruhm und zur Menschlichkeit ge= "1 leitet hat. - Ich danke , ich danke Euch , als Euer bisheriger ,,Führer, als Euer Vater, als Euer Freund. 11 So lebt denn sämmtlich wohl, Ihr Gefährten dreijähriger „Kämpfe und Anstrengungen, vergeßt einen General nicht, der mit schmerzlichen Gefühlen und inniger Rührung aus Eurer Mitte „tritt, der Euch liebt und ehrt, und nehmt mich freundlich wieder ,,auf, wenn das Vaterland wieder eines Yorckschen Corps be „ dürfen sollte.“ Arlon, den 7. Juli 1814. Graf Yord v. Wartenburg. Das Regiment hatte sich veranlaßt gefühlt , dem General Grafen v. Gneisenau bei Gelegenheit ſeiner Standeserhöhung die aufrichtigſte Theilnahme zu bezeugen und es erfreute sich der hier folgenden Antwort : An den Königlichen Oberst v. Zepelin.
"1 Die mir durch Euer Hochwohlgeboren übermachten Glück „ wünsche zu der mir durch die Gnade des Königs gewordenen ,, Standeserhöhung von Seiten eines Regiments , daß seit seiner "1 ersten Bildung bis jetzt stets Beweise einer erhabenen , seltenen „ Tapferkeit abgelegt hat, haben mich sehr beglückt und ich bin nicht ,,wenig stolz auf den Umstand, daß dieses vortreffliche Regiment · "1 seinen ersten Feldzug unter meiner Befehlführung zu Kolberg ge
" macht hat.
Schon damals that sich unter den Officieren jener
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„ Geist einer Tod und Gefahren verachtenden Tapferkeit hervor, „ der sich seitdem , wie viele ihrer auch der Krieg weggerafft hat, "!‚ unter ihren Nachfolgern fort erhielt.
Die Jahrbücher der preu
,,ßischen Monarchie werden, wenn sie dereinst von der Verdunkelung „ und dem nachherigen glorreichen Wiederaufglänzen des preußischen "1 Namens reden , der Thaten des Leibregiments rühmlich erwäh ,, nen, die Tage nennen, wo es in diesem heftigsten und beispiel ,, lofesten aller Kriege , die die Geschichte kennt , sich mit Ruhm „ bedeckte, und es als eine der Hauptstüßen der Monarchie , der „ späteren Nachwelt bezeichnen.“ „ Ich erneuere hiermit den Tribut der Hochachtung für das „ Leibregiment, der ihm von allen Vaterlandsfreunden gebührt und „ beſonders von mir, der ich deſſen alter Waffengefährte bin ; deſſen „ Ruhm ich gründen sah und der in dem jezt beendigten Kriege „ so glorreich sich bewiesen hat.
Ich bitte Ew. Hochwohlgeboren,
,,das Organ dieſer meiner Gesinnungen gegen Ihr Regiment zu „ sein , und die Herren Officiere desselben zu versichern , daß ich , mich sehr glücklich in der Ueberzeugung fühlen werde, in ihrem „ wohlwollenden Andenken fort zu leben."
Aachen, den 7. Juli 1814. Graf v. Gneisenau.
und
An den Oberst v. Zepelin. "1 Empfangen Ew. Hochwohlgeboren meinen verpflichteten Dank ,,für Ihre Glückwünsche zu der mir gewordenen Standeserhöhung. "/ Was hiervon auf Rechnung der Tapferkeit der Officiere kommt, ,,weiß und erkenne ich ; ein anderer Theil gebührt dem Glücke, ,,dessen ein Soldat nie entbehren kann und das kaum nur durch „ Beharrlichkeit allenfalls zu bezwingen ist. Verdienstlichkeit ist dabei das Kleinste. -
Der Anhang meiner Es würde mir und
,,dem großen Publikum sehr intereſſant ſein, zu wiſſen, wie viele
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„ Officiere des Leibregiments seit seiner Errichtung bis jezt ver ,,wundet und geblieben sind , und Ew. Hochwohlgeboren würden „ mich sehr verbinden , wenn Sie mich mit einer Liſte versehen „ wollten , die die Namen der Officiere und den Tag ihrer Ver "1,wundung oder ihres Todes enthielte."
Graf v. Gneisenau.
General v. Pirch II. übernahm das Commando des Corps und die Friedensübungen begannen mit großem Eifer.
Das Re
giment mochte wohl gut gefochten haben, exerciren konnte es nicht zur Zufriedenheit des neuen Führers ; deshalb ward Alles gethan, um ihn zufrieden zu stellen.
Ab und zu fand sich doch wohl noch
ein Tag, der alten gemeinsam getragenen Leiden und Freuden zu gedenken.
Eines solchen erinnerte man sich am 16. October, im
Verein mit den benachbarten brandenburgischen Husaren, den alten Heurichs, von denen man aber bald auch getrennt wurde. October marschirte das Leibregiment nach Cöln.
Ende
Siebentes Buch.
Das
Jahr
1815 .
Das „ heilige “ Cöln hatte unter franzöſiſcher Herrschaft, beſonders durch die Folgen der Continentalsperre , eine sehr untergeordnete Rolle gespielt.
Handel und Gewerbe hatten geruht und die alte
Bedeutung kaufmännischer Größe war vollständig vernichtet worden. Dagegen hatte die Stadt die gründlichsten Versuche erdulden müſſen, zu einer französischen gemacht zu werden ; die alten deutschen Namen der Plätze und Gaſſen waren in französische umgetauft ; französische Sprache galt in dem amtlichen Verkehr , französische Obrigkeiten hatten regiert , und es hätte wenig Zeit bedurft, um selbst aus den Schulen die Muttersprache zu verdrängen. Es schien jedoch das deutsche Gemüth , der Sinn für des angestammten Vaterlandes und die eigene Ehre nicht erstorben zu sein , denn die preußischen Soldaten wurden herzlich und gaſtfrei empfangen.
Der Aufenthalt des Leibregiments in Cöln ist reich
an freundlichen Erinnerungen , hervorgebracht durch ein höchst glückliches Verhältniß zwischen Bewohnern und Besaßung.
In
den gebildeten Familien fanden die Officiere überall Zutritt und ſie waren gern gesehen.
Ebenso gern suchten diese ihrerseits diese
Beziehungen zu erhalten und auszubilden.
Von dem glänzenden
Ball, welchen sie der Stadt zu Ehren gaben und den die Generale v. Kleist, v . Thielemann und v. Pirch verherrlichten, hat man noch lange gesprochen.
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Nebenher mußte freilich den Anforderungen des Dienſtes streng Genüge geleistet werden.
Uniformirung und Ausrüstung,
Exercitium und Ausbildung im Felddienst, alle Zweige erfuhren häufige Prüfung durch die höheren Vorgeseßten, welche alle mög liche Thätigkeit entwickelten, um den Truppen wieder den äußeren Glanz zu verschaffen , der in den Kriegen etwas gelitten hatte. Wir gedenken jedoch vornehmlich hier nun der Einführung des Gebrauchs der Compagnie - Colonnen durch den Capitain v. Hol leben, welcher noch immer das Füsilier-Bataillon führte und bald Gelegenheit finden sollte , dieſe ſeine Schöpfung praktiſch zu er proben. Kurz nach der Jahresfeier der preußischen Besizergreifung Cöln's im Jahre 1815 wechselte das Regiment wieder seinen Aufenthalt und es wurde nach Coblenz und dem Moselthal ver legt, hatte auch auf dem Hinmarsch das Schauſpiel, einem fäch sischen Garde-Bataillon zu begegnen. Obgleich wohl die ſtrengſten Befehle zur Vermeidung aller Mißhelligkeiten mit den alten Feinden gegeben waren, so blieben die anzüglichen Reden doch von beiden Seiten nicht aus.
Das „ Ihr werdet uns auch noch nicht hei
„ rathen ! “ aus dem Munde der Sachsen ward noch lange spottend nachgesprochen. In die Ruhe des Lebens im reizenden Moselthal fuhr am 7. März wie ein Bliz die Nachricht , daß Kaiſer Napoleon seine Insel Elba verlassen habe und an der französischen Küste gelandet sei.
Große Aufregung ; am Wiederausbruch des Krieges zweifelte
Keiner; bald kam auch Befehl, sich marschfertig zu halten , und da die Ergänzung zur Kriegsstärke aus der Mark nicht schnell genug heranzuziehen war , mußte das Gouvernement am Rhein für die Einstellung von Ersaß aus den neu erworbenen Landes theilen sorgen.
Die Zahl desselben ging auf 600 Mann , und
es würde ungerecht sein, diesen neuen Preußen nicht das Zeugniß guter Führung in und außer dem Gefecht , des Gehorsams und
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einer besonderen Findigkeit und Gewandtheit als Soldaten zu geben. Ein schönes Beiſpiel ihrer Zuverlässigkeit und Treue darf hier nicht verschwiegen werden .
Major v. Holleben hatte nach der
Beendigung des Feldzuges das
interimistische Commando des
ganzen Regimentes übernommen und führte dasselbe von Paris in seine Friedensgarnisonen an der Oder.
In der Nähe von
Metz angekommen, erbaten sich sämmtliche Rheinländer durch ihre Officiere einen Urlaub nach der Heimath, um an dem beſtimmten Tage beim Rheinübergang
zu Mainz wieder einzutreffen.
Die
Billigkeit des Wunsches ward berücksichtigt und mit Vertrauen gewährt; und noch mehr, man ließ die Mannschaften mit Gewehr und Ausrüstung ziehen und ermahnte sie, sich derselben als gute Soldaten zu bedienen.
Auf allen Straßen wandelten nun die
glücklichen Rheinländer zur Heimath- und am bestimmten Tage fanden sie sich, theils von ihren Verwandten zu Fuß und zu Wagen begleitet, beim Regiment wieder ein. Kein Mann fehlte ; kein Exceß war begangen worden; alle waren dankbar und traten unverdroſſen den weiten Marsch zur Oder an. In anderen Trup pentheilen sollen manche Desertionen vorgefallen sein.
Im Leib
regiment dagegen hatte Vertrauen Vertrauen erweckt! " Im Monat April erschien demnächst die neue Eintheilung der Armee.
Das Leibregiment war dem 3. Armee - Corps zuge
theilt, welches unter dem General - Lieutenant v. Thielemann die 9. , 10. , 11. und 12. Brigade nebst der zugehörigen Reserve Cavallerie und Artillerie vereinigte , Truppentheilen bestand.
und meist aus märkischen
Unter dem General - Major v. Borde
ſtanden in der 9. Brigade :
das Leib - Infanterie - Regiment; "1 11 30. " "
1. kurmärkische Landwehr - Regiment ;
2 Escadrons 3. kurmärkischen Landw. - Cavall.- Regts.; 6pfündige Fuß - Batterie Nr. 8. 27
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Am 8. April erhielt das Regiment Ordre , nach Vianden abzumarſchiren , wo es am 24 ſten anlangte. Hier war es , wo in Folge der neuen Formationen viele Officiere aus dem Regi mente schieden, welche demselben seit seiner Stiftung angehört hatten und eine Zierde desselben gewesen waren.
Die Majors
v. Derzen , v. Hagen , v. Boſe , die Premier - Lieutenants v. Lenz, du Plessis , v. Stwolinski wurden mit Vortheil versezt ; Major v. Derzen trennte sich nicht aus dem alten Verbande , dem er so lange in höchst verdienstlicher Weise vorgestanden, ohne Beweise der innigsten Anhänglichkeit zur Erinnerung mit sich zu nehmen . Das 1. Bataillon hatte sich am Tage seiner Abreise an der Land straße bei Nachtmauderscheid aufgestellt ,
und
als der verehrte
Führer anlangte, ward ihm unter präsentirtem Gewehr ein herz liches Lebewohl gebracht * ) . Nachdem der größte Theil des Ersatzes eingetroffen war, rückten die Bataillone über Trier , Luxemburg nach Cineh ( im füdlichen Belgien ) , wo sogleich Anstalten zu längerem Aufenthalt gemacht, Hüttenlager errichtet und vollſtändiges Lagerleben geführt wurde, das nicht ohne einen gewiſſen Lurus war.
Vor der Mitte
des Regimentes stand eine mit aller Eleganz errichtete Hütte für das Officier-Corps ; in dieser gab man eines Tages dem General Lieutenant v. Thielemann zu Ehren ein Fest , bei welchem aus dem Umstande, daß der größte Braukessel aus Cineh zur Bowle ge braucht wurde, auf die übrige Ausstattung geſchloſſen werden mag. In diese Zeit fällt auch , beiläufig bemerkt , die Einführung des neuen Officier - Etats, wonach bei der Infanterie die Stabs officiere aus der Zahl der Compagnie - Chefs schieden und statt der Stabs - Capitains wirkliche Compagnie- Chefs ernannt wurden, welche zwei Gehaltsklassen zu 1200 Thaler und zu 600 Thaler bildeten.
*) Die Rangliste des Regimentes für 1815 geben wir in der Beilage.
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Fast täglich trafen aufs Neue freiwillige Jäger aus der Hei math hier ein ; viele darunter , welche schon den vorigen Feldzug mitmachten. und zwar :
Am 1. Juni wurden drei Detachements gebildet,
das des 1. Bataillons 4 Oberjäger 3 Hornisten 129 Jäger unter Lieutenant v. Manstein ; das des 2. Bataillons
7 Oberjäger 1 Hornist 116 Jäger unter Lieutenant Heim;
das des Füsilier - Bat. 8 Oberjäger 1 Hornist 156 Jäger unter Lieutenant v. Eberhardt ; ſo daß das Regiment 19 Oberjäger 5 Horniſten 401 Jäger in seinen Reihen hatte.
Alle Jäger des Füsilier - Bataillons waren
dieses Mal aus den mit Büchsen Bewaffneten gebildet ; jedoch führte die Ungleichheit der Kaliber derselben später zu Ver legenheiten , weil die Zeit , Kugelformen anzuschaffen , nicht mehr übrig war. Nachdem Ende Mai schon das Regiment von Cineh weiter gegen Namur geschoben war, erhielt es am 15. Juni Marschordre. Die 9. Brigade sammelte sich vor Namur, ging nach Beauvallon ins Lager, wo wenig Ruhe zu finden war und die Jäger zur Noth noch einige Munition erhielten. Kaiser Napoleon hatte am 12 ten Paris verlassen und war bei seiner Nordarmee erschienen.
Am 14. Juni Abends zwischen
9 und 10 Uhr kam von den Vorposten die Nachricht vom Marsche der Franzosen auf Charleroi. Die für den Feldzug sogleich disponibeln preußischen Kräfte, in
4 Corps von Charleroi bis Namur unter dem Feldmar
schall Fürst Blücher von Wahlstatt aufgestellt , sammelten sich schleunigst; das 3. Corps zwischen Sombref und Balatre hinter Fleurus. Am 16. Juni hatte hier das Regiment folgende Stärke : 27 *
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1. Bataillon) 20 Off. 56 Unteroff. 23 Spiell. 647 Gem. 5 Chir. 1 11 10 129 11 ――――― 11 1 11 Jäger 11 12 668 11 3 11 " "1 2. Bataillon) 16 "1 52 2 1 8 116 " — "1 " "1 "1 Jäger 17 #1 13 53 704 11 5 " Füs.-Bat. " "1 2 1 10 156 " " Jäger " 11 " Summa
56 Off. 189 Unteroff. 53 Spiell. 2420 Mann.
Schlacht bei Ligny den 16. Juni. Gefecht bei Sombref. Nachdem von 2 Uhr Morgens bis 11 Uhr Vormittags ohne Aufenthalt marschirt worden war, erreichte die Brigade das Rendez vous des Corps bei Marciveau, von wo nach zweistündiger Ruhe das Corps nach der Stellung hinter dem Ligny-Bache aufbrach. Die 9. Brigade besetzte den Abschnitt zwischen der Brücke auf der Chauſſee Namur nach Charleroi und Sombref; und zwar wurden die 4 Musketier-Bataillone des Leib- und 30. Infanterie-Regiments nebst 2 Haubißen der Batterie Nr. 18 als Reſerve dicht hinter dem Dorfe, das 2. Bataillon des 1. kurmärkischen Landwehr- Regiments auf der Chauſſee, an der Brücke über den Ligny-Bach, endlich das Füsilier-Bataillon 30. Regiments und das 3. Bataillon 1. kurmär kischen Landwehr-Regiments zur Verbindung jener beiden Truppen maſſen in Schüßen aufgelöst.
Das 1. Bataillon des Landwehr
Regiments stand hinter dieſen als Reserve.
Major v. Holleben erhielt den Auftrag, sich mit dem Leib Füſilier-Bataillon und den 6 Geſchüßen der Batterie No. 18 in dem Theile von Sombref festzusetzen , welcher südlich auf dem Höhenrande des hier gekrümmten Baches liegt und den Namen Mont-Botriaux führt. Zu dem Ende ging Hauptmann v. Steinäcker mit den Schüßen zügen in den vorliegenden Grund , löste 2 derselben an dem mit
421
Gebüsch bewachsenen Rande des Baches auf und stellte die beiden anderen als Soutiens verdeckt dahinter. Lieutenant v. Chevallerie besetzte mit der 12. Compagnie den mit einer ſteinernen Mauer umfaßten Kirchhof; Capitain v. Treuen fels kam dahinter zur Reserve ; Lieutenant v. Eberhardt beseßte mit den freiwilligen Jägern das massive Pfarrgebäude.
Kirche
und Pfarre sollten den Kern der Vertheidigung bilden, und, ſelbſt bei der Eroberung des Dorfes durch den Feind , nicht verlassen werden. Premier-Lieutenant v. Holleben stand mit der 10. und 11. Com pagnie als Haupt-Reſerve am diesseitigen Dorfeingange ; er hatte einzelne Schüßen in den der Pfarre zunächst gelegenen Gehöften placirt, um freie Räume zu bestreichen.
Die 6 Geschüße unter
Hauptmann Sannow proßten auf einer höher gelegenen Stelle am Kirchhofe ab und bestrichen den gegenüberliegenden Thalrand. Während das Gefecht bei St. Amand und Ligny immer leb hafter tobte und der tragische Donner der Schlacht auf dem rechten Flügel schon lange rollte, zeigten sich dem 3. Corps gegenüber wenig feindliche Abtheilungen. Auf dem äußersten linken Flügel desselben bei Tongrines und Tongrinelle sah man wie bei Sombref nur einzelne Schwadronen , welche den über den Bach mit der Bri gade-Cavallerie vorgegangenen Major Graf Finckenſtein zurückwar fen , dann aber verschwanden.
Später etablirte der Feind eine
Batterie gegenüber Mont Potriaux, welche sich mit der unſrigen in eine lebhafte Kanonade einließ und darin bis zum Abend aus harrte.
Troß ihrer Granaten brach kein Feuer im Dorfe aus ;
auch litt die Besatzung desselben wenig ; mehr die Kanoniere, welche öfter Schuß hinter der Kirchhofsmauer suchten . Vom Dache der Pfarre war der Feind deutlich zu übersehen, doch muß es überhaupt schwer gewesen sein , eine Aussicht bis gegen Ligny hin zu gewinnen.
Gegen 4 Uhr wurden die bei
Tongrines stehenden Theile des Corps ernsthafter vom Feinde
422 beschäftigt; nach und nach verwickelten sich die 10. und 11. Bri gade so in dies Gefecht, daß nur noch wenig Bataillone für ein etwaiges offensives Verfahren vom linken Flügel aus disponibel blieben. Nun erschien , wohl gegen 7 Uhr , vor Mont Potriaux ein feindliches Bataillon , gegen den Bach eine starke Tirailleurkette poussirend.
Die Füsiliere standen verdeckt und von den Officieren,
namentlich Lieutenant v. Cranach, war das Verbot gegeben, früher zu schießen, als das Signal dazu gehört wurde.
Man ließ den
Feind, der auf der Niederung gar keine Deckung fand , aber im Vorgehen lebhaft schoß, bis auf 80 Schritte herankommen ; dann erfolgte das mit höchster Spannung erwartete Signal „ Char giren ! " „ Ich gestehe," ſagt General v. Cranach, „ daß ich nie eine ähnliche Wirkung gesehen habe."
Sie war auch so entscheidend
und augenblicklich, daß Alles, was vom Feinde noch laufen konnte, davonging. Um dieselbe Zeit war auch General v. Hobe mit einem Theil der Referre- Cavallerie und 7 reitenden Geſchüßen auf der Chauffee nach Chaleroi über den Bach vorgegangen. Nach kurzem Gefecht endigte diese Offensive jedoch so unglücklich gegen die überlegenen Kräfte des Feindes, daß Alles schleunigst den Rückweg suchen und man sogar 5 Geschüße dem Feinde überlassen mußte. In diesem höchst kritischen Moment konnte es der feindlichen Cavallerie gelingen , mit der fliehenden preußischen zugleich das Defilee zu überschreiten und der feindlichen Infanterie den Paß zu eröffnen. Lieutenant Schrötter *) befand sich in diesem Moment mit dem Schüßenzuge der 1. Compagnie und einer Section Jäger, unter dem Oberjäger Sarez, glücklicher Weise an der Brücke. Nach
*) Blieb 1849 als Bataillons - Commandeur im 24. Infanterie - Regiment im Straßenkampfe zu Iserlohn . Seine Ernennung zum Commandeur des 35. Infanterie-Regiments war ihm noch nicht zugegangen.
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dem der lezte preußische Dragoner das Defilee paſſirt hatte, schob der aufmerksame Unterofficier Plähn den Schlagbaum vor und sperrte die Paſſage für den Augenblick.
Die nachjagenden feind
lichen Reiter stußten erst unmittelbar an der Barriere, und da die hinteren heftig drängten, entſtand bald ein verworrener Knäuel, der weder vor noch zurück konnte.
Sogleich lenkten alle Schüßen
ihr Feuer dorthin ; auch die Batterien sendeten ihre Kugeln in die dichte Masse, welche einen bedeutenden Verlust erlitt, ehe ſie aus dieser übeln Situation sich herausgewickelt hatte. — Wahrschein lich die Vortheile der eigenen Cavallerie wahrnehmend, hatte jenes feindliche Bataillon wieder Front gemacht und sein Vorgehen gegen Mont Potriaux erneuert, war aber eben so, wie vorhin, abgewiesen worden. Nun konnten es die Lieutenants v. Cranach, v. Müller III. und Köhler nicht mehr ruhig mit ansehen.
Unter lantem Hurrah
folgten sie mit ihren Füsilieren über den Bach dem Feinde, welcher eilig zum jenseitigen Thalrande zurückwich.
Dort aber rückten
Reserven vor; die Füsiliere mußten zurück und wurden so von Mont Potriaux abgedrängt, daß sie erst nach langem Suchen einen Weg durch die Niederung nach Sombref finden konnten .
Sie
kamen auf diese Weise erst nach Beendigung des Gefechts zum Bataillon zurück. Es war so eine Lücke in der Linie entstanden, welche Major v. Holleben sogleich durch die 10. Compagnie ausfüllen ließ, hinter der die 11. als Soutien aufgestellt wurde.
Von dieser letteren
blieb ein Zug des Lieutenants v. Salviati am Ausgange von Potriaux.
Auch Lieutenant v. Eberhardt hatte mit seinen Jägern
die Pfarre verlaſſen und sich in die Feuerlinie begeben , wo nun ein sehr heftiges Gefecht sich entwickelte. Man wollte aber den abgeschnittenen Kameraden zu Hülfe eilen.
Bei dieſer Gelegenheit
wurde der Premier - Lieutenant v. Holleben, Bruder des Majors, und erst vor einem Jahr in alter Anhänglichkeit aus würtem
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bergischen Dienst in preußischen getreten , durch einen Schuß in die Brust tödtlich verwundet.
Ein großer Theil der Jäger wurde
ebenfalls nach Sombref zu abgedrängt. keine Vortheile, trozdem
Doch errang der Feind
das Gefecht bis
in die
tiefe Nacht
fortdauerte. Gegen 11 Uhr ließ Major v. Holleben die 9. Compagnie am Lignhbach aufstellen und sammelte die übrigen Abtheilungen am Kirchhofe von Mont- Potriaux.
Im
ersten Augenblicke fehlten
Hauptmann v. Steinäcker, Lieutenants v. Cranach, v. Müller III., Köhler und v. Eberhardt mit ihren Mannschaften ; sie fanden sich aber zum Trost des Commandeurs bald wieder ein. Vor Beendigung des Gefechts hatte General v. Borcke noch mit den beiden Musketier - Bataillonen des 30. Infanterie - Regi ments einen Ausfall aus Sombref versucht, war aber bald wieder heimgekehrt.
Die Brigade sammelte sich in der Nacht bei jenem
Dorfe, ging darauf bis zu den einzelnen Gehöften von Point du jour und machte dort bis 2 Uhr Morgens Halt. Es waren gefallen :
Premier - Lieutenant v. Holleben ; Jäger Rose ; Füsiliere Geiſe, Meier, Dennicke, Schulz, Klubfch, Neumeister, Buſchlack, Schöppe, Lux, Brunnow. Verwundet :
87 Unterofficiere und Gemeine. Vermißt : 13 Mann. Summa 1 Officier und 111 Mann. Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten Orden und öffentliches Lob:
Major v. Holleben ; Capitain v. Steinäcker; Premier = Lieutenant v. Müller I.; = Seconde -Lieutenants v. Eberhardt , v. Cranach, v. Müller III.,
v. Dettinger;
425
Oberjäger Loth; Unterofficiere Plähn , Zerrahn , Kramer, Me bus, Thür; Jäger Schulze, Hufeland, Köhler ; Füfiliere Domſcheid, Ohlert, Simon, Sperber, Koppe, Schulz VI. , Dreher, Bonaneck; Hornist Neuhaus. Als ein seltsames Ereigniß möge erzählt werden , wie der Musketier Feder der ersten Compagnie, beim Schützenzuge des Lieutenants Schrötter, durch den Luftdruck einer Kanonenkugel denn anders war es nicht zu erklären - vollständig taub und stumm ward, und auch nicht wieder geheilt worden ist.
Die preußische Armee war nicht geschlagen , sondern nur zum Rückzug genöthigt.
Geschlagen ist eine Armee , wenn der
Feldherr nicht mehr das Ganze ſeines Heeres in der Hand hat, wenn es ihm zu Stücken zersprengt ist, zu deren Vereinigung er Zeit bedarf; oder wenn er solche Verluste erlitten hat, daß er den Kampf mit den Resten nicht fortseßen kann .
Hier aber
war das Ganze als solches zusammen und in der Hand des Feld herrn geblieben, frei in seiner Entschließung für den nächsten Tag. Wäre die preußische Armee geschlagen gewesen, in der Weiſe wie Napoleon es versuchte, so hätte nie das 3. Corps sich mit den beiden anderen noch in derselben Nacht vereinen können, es wäre abgedrängt worden.
Hier vereinte es sich vollständig bei Point
du jour mit den beiden anderen Corps, trat sodann den Rückzug ―――― wobei die 9. Brigade die Arrieregarde bil auf Gembloux andete
, ohne daß der Feind folgte. Gegen Morgen traf man bei Gembloux auf das 4. Corps
und machte Halt.
Der General-Lieutenant v. Thielemann begab
sich zum Füsilier - Bataillon und lobte sein gestriges Benehmen mit dem Zusag : " wie das muthige Vorgehen auf den jenseitigen „Thalrand wohl die Ursache gewesen sei , daß der Feind seinen
"1 glücklichen Cavallerie-Angriff nicht weiter benuzt habe.“ (Major
426
v. Holleben hatte indeſſen kurz zuvor den betreffenden Herren seine Ansicht und Meinung deutlich zu erkennen gegeben und das Eigen mächtige des Verfahrens derselben gerügt.) In ununterbrochenem Marsch von 11 Uhr Vormittags bis Morgens 4 Uhr des 18. Juni langte das 3. Corps vor Wavre an. Bei schlechtem Wege, finsterer Nacht und strömendem Regen hatte es in 18 Stunden 3 Meilen zurückgelegt !
Die 9. Brigade kam
einmal ganz von der an der Tête marschirenden Cavallerie ab, mußte längere Zeit halten und Officiere nach allen Richtungen entſenden, um die Verbindung aufzusuchen.
Schließlich war aber
die ganze Armee am 18ten Morgens bei Wavre versammelt, während Napoleon die Fühlung an der Klinge verloren hatte, bis erst am 17 ten Abends Marschall Grouchh die Spur der Preußen bei Gembloux wiederfand.
Er bivouaquirte dort und
folgte am anderen Tage nach Wavre. Gefecht bei Wavre am 18. Juni. Dem 3. Corps ward bei Wavre die Aufgabe, den Marsch der drei übrigen Corps auf Belle - Alliance, wo die Briten und Deutschen unter dem 11 eisernen Herzog " Brust an Brust mit dem Feinde rangen, zu decken und die Uebergänge über die Dhle zu halten. Die 9. Brigade ward zu dem Ende vor der Dyle, hinter der Reserve - Cavallerie, verdeckt aufgestellt ; das
Leib - Füsilier
Bataillon , in Compagnie - Colonnen auseinandergezogen , an der Tête.
Es ward abgekocht ; das 4. und ein Theil des 2. Corps
defilirten über den Fluß, letteres schon mit dem nachdrängenden. Feinde engagirt. General v. Borcke schickte den Premier - Lieutenant und Ad jutanten des Füsilier-Bataillons v. Müller I. zum commandirenden General zur Anfrage : „ wie die 9. Brigade sich aufstellen solle, ,,wenn sie ebenfalls die Dyle passirt habe." Die Antwort lautete:
427
11, die Brigade solle , nachdem sie Truppen zur Vertheidigung von „ Wavre und Nieder-Wavre entfendet habe, sich jenseits der Stadt ,,auf der Chauffee nach Brüssel aufstellen und dort weitere Be ,,fehle abwarten." Beim Andrängen des Feindes zog zuerst Oberst v. d . Marwig mit der Reserve- Cavallerie ab ; ihm folgte ein zur Vertheidigung von Wavre bestimmtes Detachement unter Oberst v. Zepelin, nämlich : das Füsilier - Bataillon 30. Infanterie - Regiments ;
"1
3. Bataillon 1. kurmärkischen Landwehr - Regiments ;
2 Compagnien 2. Bataillons 30. Regiments ; 2 Escadrons Landwehr- Cavallerie. Dem folgte der Rest der Brigade. Da aber inzwischen die Brücke bei Wavre merkwürdiger Weise - verbarricadirt war, mußte das Gros den Umweg nach Nieder - Wavre einschlagen. In dem Augenblicke, als der General v . Borcke sich auf der Brücke befand , kehrte Lieutenant v. Müller mit seinem Bescheid vom Commandirenden zurück ; der General entließ aber den Offi cier , ohne ihn anzuhören , mit den Worten : „ Ich weiß schon." Während die Brigade das Defilee bei Nieder-Wavre paſſirte und das Füsilier - Bataillon sich noch auf dem rechten Ufer befand, sprengte eine feindliche reitende Batterie in der Carriere vor, proßte ab und beschoß die Truppen , doch ohne Wirkung. an der Brücke waren die Schüßenzüge
Unmittelbar
des Bataillons
unter
Hauptmann v. Steinäcker noch einmal gezwungen Front zu machen, da ein Trupp feindlicher Cavallerie heranprallte.
Durch dies
Halten kam die Schüßendiviſion vom Bataillon ab , und als es später die Dyle paſſirte, befand sich Oberſt-Lieutenant v. Ditfurth, Commandeur des 30. Infanterie - Regiments , an der Brücke mit den Anordnungen zur Vertheidigung beschäftigt.
Dieser forderte
den Hauptmann v. Steinäcker dringend auf, ihn zu unterſtüßen, was nicht gut abgelehnt werden konnte.
428
Während dessen hatte die Brigade (das Leibregiment, das 1. Bataillon 30. Regiments, 2 Bataillone 1. kurmärkischen Land wehr-Regiments), 6 Bataillone und 8 Geschüße, in ihrem Weiter marsch auch die Chauſſee nach Brüſſel überschritten. Major v. Hol leben erlaubte sich, den General an den vom Lieutenant Müller überbrachten Befehl zu erinnern ; dieser erwiederte, daß durch den Hauptmann und Brigade- Adjutanten v. Schöning anderweitige Be stimmungen eingegangen seien.
Man folgte Anfangs der Richtung
nach Ohain (also gerade dem linken Flügel der Engländer) , be gegnete der 4. Brigade, deren Chef, General Graf Henckel , die Füsiliere freundlichst begrüßte, bog sodann, bereits in der Dunkel heit , links ab und gelangte in der Nacht nach St. Lambert, wo ein Bivouac bezogen wurde. General v. Clausewitz , dermalen Chef des General - Stabes beim 3. Corps, sagt im 8. Bande Seite 135-136 seiner Werke Folgendes : „ Die 9. Brigade, welche sich, nachdem der Feind be
11 deutende Kräfte entwickelte , über Nieder - Wavre abzog ,
ging,
,,nachdem sie Wavre mit 2 Bataillonen besetzt und ein drittes „ dahinter gestellt hatte, mit den übrigen 6 Bataillonen, 2 Schwa
"1, dronen und 8 Geſchüßen durch ganz unerklärliche Mißver „ ſtändnisse, anstatt bei la Bavette als Reserve stehen zu bleiben,
" den anderen Armee - Corps nach, um sich über Neuf Cabaret „ nach Couture zu begeben , wohin früher die Bestimmung des ,, Corps gewesen war.
Es bemerkte kein Mensch dies Mißver
„ständniß , weil in dem Augenblick, wo General v. Borcke durch ,,die Stellung zog , die Entwickelung der feindlichen Streitkräfte
"1‚ vor der Front gerade die Aufmerksamkeit beſchäftigte. Erſt Abends ,,7 Uhr etwa .... entdeckte sich's, daß General v. Borcke, anstatt ,,bei der Reserve- Cavallerie stehen zu bleiben, weiter marſchirt war.“ Wir haben das „ unbegreifliche Mißverständniß “ oben nach den Berichten der Augenzeugen aufzuklären versucht.
Die 9. Bri
gade sollte bei la Bavette stehen bleiben, welches auf der Straße
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nach Brüssel liegt.
Sie erhielt später , nach Wagner , aber den
Befehl (durch wen , wird nicht gesagt ) im Marsch zu bleiben. Nun war ihre Marschrichtung ganz zuerst auf Couture gegeben worden, sie ging also über St. Lambert dorthin. Was sie eigentlich in Couture gesollt hat , ist schwer zu begreifen ; besonders wenn man berücksichtigt , daß sie am anderen Morgen wieder von St. Lambert zurückkehrte. Hierdurch wurde die Vertheidigung der Dyle im höchsten Grade erschwert. Die Schüßenzüge des Füfilier - Bataillons am 18. und 19. Juni. Sobald Hauptmann v. Steinäcker sich dem Oberst - Lieutenant v. Ditfurth willfährig gezeigt, mit seinen Füsilieren bei der Brücke von Nieder -Wavre stehen zu bleiben, zog dieser die Abtheilungen des 30. Infanterie- Regiments nach der Stadt Wavre, ebenso sam melte Major v. Bornstedt die beiden Compagnien des 1. furmär kischen Landwehr- Regiments, welche an der Dyle aufgelöst waren. Dieser Fluß ist hier an 10-15 Fuß breit, war wohl 4 Fuß tief, hat sumpfige, bewachsene Ufer ; der linke, diesseitige Thalrand tritt hier bedeutend zurück.
Die Brücke, von Holz , war so ver
barricadirt, daß die Paſſage nur für einzelne Fußgänger durch Hinüberklettern bewerkstelligt werden konnte. Major v. Bornstedt disponirte nun so über die Truppen, daß der 1. Zug, Lieutenant v. Müller III., jenseit der Brücke hinter Büschen und Vertiefungen postirt ward ; der 2. Zug, Lieutenant v. Dettinger,
an der Brücke und in
den zunächst liegenden Häusern , und der 3. Zug, Lieut. v. Cranach, ach, geſchloſſen zunächſt der Brücke Köhler, " 4. 11 11
und verdeckt hinter einem maſſiven Hauſe
aufgestellt wurden. Weiter rückwärts ſtanden als Hauptreſerve die beiden Com pagnien Landwehr.
430
Während der Feind die auf dem rechten Ufer gelegene Vor stadt von Wavre besezte und um den Besitz des dortigen Haupt überganges ein heftiger Kampf entbrannte , erschien vor Nieder Wavre nur ein feindliches Bataillon mit 2 Escadrons und einem Geschütz, welche sich verdeckt hinter einem Gehöft aufstellten, ein zelne Trupps vorſendeten und diese sich mit den Füſilieren des Lieutenants v. Müller herumschießen ließen. Sobald es dunkel ward, löste der 1. Zug den 4. ab und das Gefecht hörte auf. Die Nacht verging ohne Störung ; Patrouillen brachten in Erfahrung , daß drüben Elsasser seien, da man viel deutsch sprechen höre. Dem Feinde war es inzwischen gelungen , den Uebergang bei Limale zu gewinnen . Am 19 ten um 4 Uhr Morgens begann der Kampf in Wavre aufs Neue ; der Feind hatte bei Limale mit ſeinen Hauptkräften das linke Ufer gewonnen und nöthigte nun das 3. Corps zum Rückzuge. Wohl traf jetzt die Nachricht vom Siege bei Belle - Alliance ein und wurde mit Jubel begrüßt ; aber der Feind drückte noch immer mit überlegenen Kräften, so daß endlich Wavre aufgegeben und der Rückzug nach Brüssel´angetreten werden mußte. Hauptmann v. Steinäcker war eigentlich vergessen worden ; er entdeckte nur durch zufälliges Hinaufreiten auf die Höhen den Abzug der Truppen , sammelte sogleich seine 4 Züge und ging zurück,
ohne weiter gedrängt oder von Cavallerie belästigt zu
werden, was ihm allerdings sehr unangenehm fallen konnte. Das Corps bezog ein Bivouac bei Achtenrode. Der Verlust der Schützen bestand in 13 Leichtverwundeten. Es wurden öffentlich belobt : Hauptmann v. Steinäcker, Lieutenants v. Cranach, v. Dettinger, v. Müller III., v. Horn (als Adjutant) ; Portepee - Fähnrich v. Nimptſch ; Unterofficier Oestreich ; Füsiliere Gutkelch und Burgmeher.
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Am Abend des 18 ten war zu Belle - Alliance der schönste Sieg seit Roßbach und Leuthen erfochten worden.
Des Feindes
Macht vollständig zertrümmert, wälzte sich in aufgelöſten Haufen zurück, und "1 der letzte Hauch von Mann und Roß " ward daran gesetzt, ihn nicht zur Besinnung kommen zu laſſen.
Erſt in Paris
fanden die Reſte der Armee Napoleons einigen Halt. Die Brigade erfuhr am späten Abend des 18ten die Nach richt vom Siege; man war sehr unzufrieden, daß man nichts dazu beigetragen hatte.
Am Morgen des 19 ten erfuhr man durch den
Oberst v. Stengel , der von Limale über St. Lambert zurückging, die Dinge von Wavre und ging nun sofort zum Corps zurück. In dem schmalen Waldsteige, der sich seitwärts Fromont nach St. Robert erstreckt, stieß die Spitze auf eine feindliche Cavallerie Abtheilung , welche abgesessen war.
Die diesseitigen 2 Schwa=
dronen flankirten sogleich dagegen und das Leib-Füſilier-Bataillon suchte durch Laufen den Waldrand zu erreichen, kam aber zu spät an, um noch wirksam feuern zu können. Man übersah nun die Ebene von Neuf- Cabaret und bemerkte. viele feindliche Cavallerie , welche den Weitermarsch der Brigade in dem offenen Terrain hindern mußte.
Der General ließ halten,
fandte das 2. und Füsilier - Bataillon nebst der Brigade - Batterie vor, und ließ den Feind beobachten, bis er sich abzog. Da noch keine Nachricht vom Corps
eingegangen
war,
ließ der General halten , ein Bivouac beziehen und Vorposten nach allen Richtungen hin ausstellen. Während der Nacht erhielt der Lieutenant v. Herrmann ,
Adjutant des 1. Bataillons , den
Auftrag, den commandirenden General aufzusuchen und ihm Mel dung über die Vorgänge bei der Brigade zu machen.
Es gelang
diesem Officier, die unsichere Gegend glücklich zu passiren und ſeinen Auftrag auszuführen.
Die Brigade erhielt den Befehl, über
Limale auf Gemblaux abzumarſchiren und dort das Corps abzu warten, welches fast gleichzeitig dort eintraf.
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Am 21 ſten Morgens 5 Uhr brach das Corps, die 9. Bri gade in der Avantgarde,
nach Fleurus auf.
Hier hatte das
Füsilier - Bataillon die Freude , die 13 im Gefecht von Sombref Vermißten wiederzufinden.
Sie waren , verwundet, gefangen ge
nommen und in ein Lazareth geschafft worden , wo sie gute Be handlung erfuhren.
Ebenso fielen die 5 Geschütze der reitenden
Batterie des General v. Hobe wieder in die rechtmäßigen Hände. Nach kurzem Aufenthalt ward der Marsch über Charleroi nach Marchienne au pont fortgesetzt ; der Feind hatte hier 2 Ge schüße stehen lassen.
Man hatte 6 Meilen gemacht.
Ohne Un
terbrechung ging es am 22 sten weiter , wo am Abend der erste feindliche feste Plaß , Beaumont , nach einem Marsch von über 3 Meilen, erreicht ward. keinen Aufenthalt.
Die Thore waren offen ; man fand
Am 23 sten rückte man nach Avesnes , über
3 Meilen; am 24 ſten nach Nouvion, 2½ Meile ; am 25 ſten über Guise nach Homblieres , 3 Meilen ; am 26 sten bei St. Quentin vorbei über Guiscard nach Nohon , 8 Meilen; am 27 sten nach Compiegne, 3 Meilen. 28 Meilen zurückgelegt.
So hatte das 3. Corps in 7 Tagen über In Compiegne bezog die 1. Compagnie
die Ehrenwache beim Feldmarschall, welcher den Oberst v. Zepelin mit den Worten anredete : „ Nun, Zepelin, nur noch einige Tage,
" und Alles ist vorbei !
Ermahnt nur die Truppen , daß sie sich
„ hier gut führen und die Anstrengungen mit willigem Muth er ,,tragen ; bald sollen sie besser gebettet werden! " Da es in der Absicht des alten Helden lag , dem Feinde auch nicht einen Augenblick zum Sammeln Ruhe zu geben, waren die Märsche eilig und anstrengend ; dennoch blieb das Regiment immer geschlossen und Niemand zurück.
General v. Thielemann
sprach oft seine Anerkennung über die musterhafte Disciplin aus. Am 30. Juni langte das 3. Armee- Corps, bis dahin in einer Colonne marschirend , über Gonesse in Argenteuil (an der Seine) an; hier blieb die Reſerve- Cavallerie ſtehen, die übrigen Truppèn
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sezten Marsch während der Nacht fort , und erreichten St. Ger main am 1. Juli Morgens um 6 Uhr.
Dort bezog das Corps
Bivouacs hart am linken Ufer im Thale der Seine ; die 9. Bri gade jedoch in der Erwartung eines baldigen weiteren Vormarsches, da sie die Avantgarde bilden sollte. Schon in Gonesse war der Oberst v. Sohr beauftragt wor den, mit seiner Cavallerie - Brigade (bestehend aus dem branden burgischen und pommerſchen Huſaren- Regiment, 6 Schwadronen), bei St. Germain die Seine zu überschreiten, in der Richtung der Straße von Paris nach Orleans vorzugehen und der Hauptstadt ihre Verbindungen mit dem Westen und Süden zu
entziehen.
Am 30. Juni fand er in St. Germain ſchon 2 Bataillone, 4 Schwa dronen unter dem Oberst v. Colomb ; er ging auf Marly (gerade südlich von St. Germain) vor und bezog ein Bivouac. Das etwa 2 Meilen entfernte Versailles war vom Feinde verlassen und sollte nur von National- Garden bewacht sein.
In
Paris selbst hatte sich gesammelt , was von feindlichen Truppen noch kampffähig war ; Marschall Davouft hatte den Befehl er griffen, und suchte wenigstens die Armee mit Ehren aus der zer fallenden Herrschaft des Tyrannen zu retten. General Excelmans hatte von dem Vordringen preußischer Cavallerie etwas Genaueres erfahren und sich die Erlaubniß er beten, mit 3 Bataillonen , 8 Cavallerie - Regimentern und 1 rei tenden Batterie von Vaugirard (Vorſtadt von Paris) aus einen Ueberfall zu versuchen.
Gefecht von Versailles und St. Germain am 1. Juli. Nachdem Oberst v. Sohr bei Versailles seine Schwadronen etwas hatte futtern lassen , und nur so lange sich aufhielt, als Zeit dazu nothwendig war, trat er seinen Marsch auf Villa coublay an. 28
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General Excelmans hatte die Diviſion Piré auf Rocquancourt poussirt und dieses Dertchen so wie Le thénay dahinter durch die Infanterie beseßen lassen, während er selbst mit den 4 anderen Regimentern und 1 Batterie über Villacoublay (zwischen Paris und Versailles) in der Front angreifen wollte. Mit aller Vorsicht näherte sich die preußische Cavallerie dem letteren Orte. Regimenter im
Nahe demselben sah man plötzlich 2 französische Trabe debouchiren und
aufmarschiren.
Oberst
v. Sohr entwickelte sich sogleich , griff an , warf die Franzosen durch das Dorf, sah aber beim Herauskommen 2 friſche Regi menter zu beiden Seiten der Chauffee geschlossen vorgehen. Es gelang noch zur rechten Zeit die Huſaren kehrt machen und zurückgehen zu lassen ; der Feind drückte jedoch nach, und es entſtand ſchnell ein sehr stürmisches Rückzugsgefecht , welches an fänglich abwechselnd von den beiden Regimentern geführt ward, bald aber dazu führte, daß, je mehr die braven Huſaren auf der einen Seite Luft machten, auf der anderen Seite das Netz desto enger sich zusammenzog.
So gestaltete sich zuletzt ein wahrer
Sturmritt in bunter Mischung von Freund und Feind ; so mancher Franzose, nicht Herr seines Pferdes , noch seiner Waffe, ward im Vorüberjagen mit brandenburgischen Säbelhieben bedient. Bei Versailles hielt der Feind etwas an ; Oberst v. Sohr versuchte sogleich, jenseits die Leute einzeln und truppweise zu sammeln.
Man hoffte, daß von St. Germain aus sich Hülfe
nähern würde ; das Schicksal hatte es aber anders beschlossen ; die tapferen Reiter sollten den bitteren Kelch des Unglücks bis auf den letzten Tropfen leeren . Nachdem v. Sohr etwa 150-200 Pferde zusammen hatte, trat er den Rückzug auf Rocquancourt an , da längeres Warten auf die in der wilden Jagd auseinander getobten und gesprengten Husaren nur verderblich und ungewiß war.
In der Nähe von
Rocquancourt traf ihn jedoch das zweite Ungewitter. Ein neues
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feindliches Cavallerie - Regiment kam ihm entgegengetrabt ( von Piré) -- nun galt es, den höchsten Preis für das Leben zu er ringen , und mit hoch erhobenem Säbel , im gestreckten Galop, ging Alles, dem Führer nach, in den Feind. Dieser ward abermals durchbrochen und die kleine Schaar jagte an das Dorf heran ( welches hart an der Straße liegt ), als sie plötzlich von allen Seiten , aus jeder Hecke Feuer erhielt. Sie war am Ziel ihrer Unglücksbahn.
Oberst v. Sohr führte
seine wenigen Reiter , rechts ausweichend , leider in einen Sack weg; sie kamen auf einen von Mauern umschlossenen Raum, auf den sich von allen Seiten das Feuer der feindlichen Infanterie entluð.
Es war ein entsetzliches Morden.
Dicht zusammengekeilt,
fielen die Verwundeten nicht zur Erde, sondern ihrem Nebenmann in den Sattel ; jählings mit den Pferden in einander geschoben, konnten diese Opfer weder rückwärts noch vorwärts .
Hier ward
der Oberst verwundet , als er , von einem franzöſiſchen Officier zur Ergebung aufgefordert, ihm eine derbe Antwort gab ; hier fiel wie ein Held, seines glorreichen Vaters würdig, Graf Hein rich Yord, Sohn des Feldmarschalls , der sich daheim vielleicht schon des glücklichen Wiedersehens mit seinem Lieblinge freute. Nur Wenigen gelang es sich durchzuhauen; zwei der tapferſten Regimenter der Armee, 11 wahre Heurichs ", waren vernichtet. — Die 9. Brigade hatte bei der Brücke von St. Germain ruhig in ihrem Bivouac des weiteren Befehls geharrt. Der Tag verstrich in dem reizenden Thale gewiß in schönen Hoffnungen ; man begann zu pußen , zu reinigen ; Niemand dachte mehr an einen Aufbruch.
Die meisten höheren Officiere waren zur Be
sichtigung eines nahen Gestütes fortgeritten ; viele Leute badeten sich in der Seine; viele träumten, als sie die vielen französischen Parlamentairs ab- und zuführen sahen , von einem friedlichen Einzug in Paris und hofften der ruhigsten Nacht sich erfreuen zu können.
28 *
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Da hört man Schüsse fallen , die sich wiederholen , näher kommen ; Alles wird aufmerkſam, ſtille ! Und gleich darauf kommt ein Husaren - Officier, Lieutenant v. Kroh von den brandenbur gischen, auf schaumbedecktem Roß , mit zerbrochenem Säbel und abgeschossenem Piſtol herangesprengt , und fragt nach dem Com mandirenden.
Major v. Holleben erhebt sich.
„ Das sind die
"1, Reſte des Regimentes ," sagt der Officier , auf einige gefolgte Huſaren zeigend, „ der Oberst ist verwundet und gefangen ! “ „ Was ,,bedeutet das Schießen? " fragt der Major.
„ Das sind
die
" Franzosen." Wie ein Lauffeuer war die Nachricht durch naheſtehende Fü- siliere dem Bataillon mitgetheilt ; dieses hatte, die Folge ahnend, schnell umgehangen ; ohne Weiteres hieß es : „ Gewehr in die Hand!“ um dem unvermeidlichen Kampf sogleich entgegenzugehen .
Mit
Blizesschnelle war Alles zusammen ; das Bataillon schlug raschen Schrittes den Weg nach Versailles ein.
Auf halbem Wege bis
zur Höhe von Marly eilte der tapfere Brigade - General, von St. Germain kommend, dem Bataillon nach, und versprach unter Genehmigung der begonnenen Bewegung mit der ganzen Brigade zu folgen. Die Schüßenzüge wurden herausgezogen , der 1. unter den Lieutenants v. Müller III. und dem braven Sennecke rechts , der 2. unter Lieutenant v. Dettinger vor der Front, der 3. und 4. unter v. Cranach und Köhler links vorgesendet ; das Bataillon folgte in
"1 Sectionen aus der Tête abgezogen ", während die Jäger unter Lieutenant v. Eberhardt die Queue bildeten. An der ersten Hauptbiegung , welche die Straße vor der Erreichung des Plateaus von Versailles macht, gerieth der erste Schützenzug in Weingärten , mußte abbrechen , so daß eine Sec tion unter Sennecke in der rechten Flanke blieb und Lieutenant v. Müller III. sich mit dem Rest nach dem linken Flügel zog. Auf der Höhe ward das Bataillon
von einem ,
auf der
437
Chauffee, hart am Park von Marlh stehenden Bataillon mit Feuer begrüßt; die Füsiliere achteten dies nicht , blieben im Marsch, und der Feind verschwand. Seinen Rückzug deckten aber zwei Geschüße , welche sogleich und nicht ohne Wirkung feuerten. Vereinzelte Huſaren und ledige Pferde jagten heran ; feindliche Flanqueurs sandten Carabiner fugeln - dies Alles steigerte die muthige Aufregung der Füsiliere so, daß sie der Kanonen auch nicht achteten, und ihr Vordringen feine Grenze fand. Währenddeß hatte
die Brigade sich geordnet ; Lieutenant
v. Koch war mit den Schüßenzügen des 2. Bataillons ins Seine thal entfendet, Capitain Graf Pinto folgte mit denen des 1. Ba taillons
auf der Straße nach Marly , dahinter das Füsilier
Bataillon 30. Regimentes. General v. Borcke war eben jetzt beim Füsilier - Bataillon eingetroffen und befahl dem Major v. Holleben, sich unaufgehalten auf den Feind zu stürzen , damit die Brigade zum Debouchiren auf die Höhe Zeit und Raum gewinne.
Es bedurfte indeß einer
solchen Aufforderung nicht , denn Alle fühlten , daß die Heurichs gerächt werden mußten. So gelangte das Bataillon , noch manches Opfer im ab wechselnden Kampf mit den Geſchüßen laſſend, bis vor die erſten Gehöfte von Rocquancourt.
Dort waren
2 Escadrons ,
den
Rücken gegen ein Mauer - Defilee, quer über die Chauſſee aufge= stellt, weiter rückwärts ein Geschütz.
Diese ließen die Füsiliere,
welche unter dem Blasen aller Horniſten und Schlagen der Tam bours vollständig trabten , nahe herankommen , drehten dann um und geriethen beim Abzug durch das Defilee ins Stocken, so daß sie eine Anzahl Menschen und Pferde verloren.
Das Geschütz
auf der Chauſſee hatte jedoch Zeit , zwei Kartätschenschüſſe abzu geben, welche mit voller Wirkung in die Têtenfection trafen. Das Bataillon theilte sich in 2 Hälften und nahm rechts und links
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der Chauffee Stellung.
Es schien eine Krisis einzutreten , denn
man durfte nicht lange passiv bleiben , ohne daß der Feind zum Angriff überginge.
Infanterie desselben zeigte sich weiterhin
und Cavallerie auf dem rechten Flügel derselben ; es mußte etwas Neues, Belebendes geschehen. Eine Bewegung der 12. Compagnie unter Lieutenant v. Chevallerie entschied nochmals für die Füsiliere. Sie zog sich, vom hohen Korn gedeckt, links heraus, näherte sich der Cavallerie ungesehen und begrüßte sie mit Feuer , daß sie ab schwenkte und das Bataillon nun dreift zum Angriff auf die In fanterie vorgehen konnte. Diese gab zwar zwei Salven ab, ward aber unerschrocken angegriffen und suchte das Weite. Die Schüßen folgten bis an die Thore von Versailles, deſſen Lichter man bei bereits eingetretener Dunkelheit im Thale glänzen fah. Der General befahl nun, das Gefecht einzustellen ; das Ba taillon sette Vorposten aus und entfendete die 12. Compagnie zur Sicherung der linken Flanke nach St. Cloud. Das Füsilier - Bataillon 30. Infanterie - Regiments war von Courciennes aus zur Umgehung des Feindes in der linken Flanke vorgesendet, blieb aber beim raschen Vorgehen der Füsiliere immer zurück und erreichte Rocquancourt erst in dem Augenblicke, als das Gefecht aufhörte.
In der Dunkelheit glaubte der Comman
deur noch zur rechten Zeit angelangt zu sein , um angreifen zu können ; er ließ seine Schüßen vorgehen, so daß diese hinter den ausgeschwärmten 3. und 4. Zug des Leib -Füsilier-Bataillons ge riethen und sie für Feinde ansahen.
Premier-Lieutenant v. Müller
hörte das Knacken der Hähne und es gelang ihm noch rechtzeitig, das Versehen aufzuklären, ehe ein Unglück geschah.
So blieb der Ruhm und die Arbeit, die Heurichs gerächt zu haben, den „ Heurichs,“ denn keine anderen Truppen hatten an diesem denkwürdigen Gefecht Theil genommen. Es wäre wohl gut gewesen , hätte man Cavallerie bei der Hand gehabt, um die Strafe nachdrücklicher zu machen.
439
Aus unserer Erzählung, welche durchweg nach den Berichten der Augenzeugen abgefaßt ist, geht zur Genüge hervor, daß dem Oberst Sohr keine Wahl freistand , als er auf den Feind stieß. Abgesehen aber davon ist dies noch klarer für alle die, welche das so bedeckte, schwierige Terrain kennen, in welchem er vorgehen mußte. Mit 6 Schwadronen konnte er sich dort nicht auf Viertelstunden weit sichern, denn um jede zum Versteck geeignete Dertlichkeit vor her zu durchsuchen , hätte er entweder sich ganz in Patrouillen auflösen, oder wie eine Schnecke kriechen müssen. Das Unglück des Tages fällt auf diejenigen, welche ihm den Befehl gaben, mit 600 Reitern in dieser Gegend an der Haupt ſtadt, ohne Rückhalt , vorbeizumarschiren : das konnte kein Feind ruhig dulden, und man mußte es sogar als ein Glück anſehen, daß sich überhaupt noch 200 Husaren retteten. Der Verlust des Bataillons war nicht unbedeutend. Es starben den Heldentod : Füsiliere Prat, Streit, Koster, Jean, Schneider, König. Verwundet wurden, größtentheils schwer : 86 Mann. Der Königliche Herr hat für diesen verhängnißvollen Tag große Belohnungen
an Officiere
und Soldaten gespendet ;
es
empfingen aus der Klaſſe der Unterofficiere mehrere das eiserne Kreuz erſter , viele das der zweiten Klaſſe ; viele verdienten noch eine öffentliche Auszeichnung.
Wir haben zu nennen :
Major v. Holleben ; Capitain
v. Treuenfels ;
Premier - Lieutenants
v. Chevallerie,
v. Müller I.; Seconde-Lieutenants v. Salviati, Neuendorf, Sennecke, v. Cranach ; Portepee -Fähnrich v. Nimptsch ; Unterofficiere Dobel, Hahn, Zerrahn, Renner, v. Puttkammer, Hertel, Marquard, Lucke, Hensel ; Jäger Walter, Wettin;
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Stabshornist Schaale; Hornist Engel ; Tambour Rittner ; Füsiliere Schulz, Lücke, Rudat, Rupprecht, Wiese, Trenſchke. Zwei Beispiele, die den Geist der Truppen in jener Zeit, ihrer innigen Verbrüderung würdig, darstellen, können wir beson ders anführen. Der Stabshorniſt Schaale, ein junger feuriger Soldat, war im hißigsten Moment des Kampfes mehr, als seine Stellung ge bot, weit vorangeeilt, um das Commando durch sein Hornſignal
" Rasch avanciren! " zu unterstützen. im
Mehrere Male rief er mitten
Gefecht seinen Kameraden zu : „ Es lebe der König ! "
Am
Ende des Gefechts erhielt er einen Schuß durch beide Backen ; nichts desto weniger gab er sich alle Mühe , den Frontdienst zu thun; beim Abgeben von Signalen versuchte er die Löcher mit den Fingern der linken Hand zuzuhalten.
Er erhielt das eiserne
Kreuz erster Klasse. Der Brigade - General hatte seine beiden Cavallerie - Ordon nanzen, einen Unterofficier von den Husaren , einen anderen von den Dragonern , dem Bataillon beigegeben , um durch sie Mel dungen zu erhalten ; aber ihr Muth und ihre Theilnahme bei dem lebhaften Gefecht ließen sie eine andere Rolle übernehmen ; und sie flankirten gemeinschaftlich auf unserer linken Flanke gegen die französischen Plänkler , die sich leicht von seitwärts Kenntniß von der Schwäche ihres Feindes verschaffen konnten, aber von den braven Unterofficieren stets in der nöthigen Entfernung gehalten wurden.
Zwei so kühne Reiter mochten wohl die Anwesenheit
noch anderer vorausseßen lassen.
Um 3 Uhr Morgens des 2. Juli brach die Brigade auf, paſſirte Verſailles und machte jenseits Halt, um die Gegend durch suchen zu lassen.
Auch hier fanden sich noch Husaren ein, und
herrenlose Pferde wurden gefangen.
Ein Bürger der Stadt er
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kundigte sich vorsichtig, ob die Truppen auch Preußen ſeien, und führte dann einen verwundeten Officier herbei, den er in seinem Hause verborgen hatte. Der Marsch ging sodann auf Châtillon, noch 1 Meile west lich Paris , welches besetzt war und sogleich angegriffen werden sollte.
Der Feind verließ es aber sogleich und es ward eine Auf
stellung beim Orte genommen, in welcher am Abend bivouaquirt wurde. Unterdessen waren auch die 2 anderen Corps der Armee herangerückt.
Das 1. Corps folgte dem 3 ten bis Rocquancourt und
wandte sich im Seinethal gegen Issh ; das 4 te kam nach Ver failles (das 2. Corps war vor den Festungen).
In den blutigen
Gefechten bei Meudon, Sevres und Issh wurde der letzte Wider stand des Feindes gebrochen.
Am 3. Juli wollte bei Sevres das
Gefecht wieder beginnen ; selbst vor der Front des 3. Corps, wo man bis dahin ruhig gestanden hatte, engagirten sich die Truppen. bei Montrouge, um den Feind von seiner Rückzugsstraße nach Orleans abzudrängen.
Um 9 Uhr jedoch lief an der Schüßen
linie der Befehl herunter, daß nicht mehr geschossen werden solle ; etwas später traf auch die Nachricht vom abgeschlossenen Waffen stillstand ein. Die Brigade verblieb während der nächsten Tage in der innegehabten Stellung im Bivouac.
So endete in 16 Tagen der Feldzug, welcher dem Corſen auf immer Krone und Macht aus den Händen wand. am 2. Juli waren es 8 Jahre ,
Gerade
daß der Waffenſtillſtand am
Wolfsberge das blutige Ringen Colberg's um die Ehre preußischer Waffen beschloß ; dieser Tag war durch die Capitulation von Paris würdig gerächt und gefeiert.
Der heitere Friede lächelte wieder
über der so lange erschütterten und geängstigten Erde des Vater landes, deſſen Opfer gnädig der Lenker der Schlachten angesehen
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hatte.
Möge es ihm in künftigen Gefahren nicht an helden
müthigen Nachahmern jener Vorbilder , nicht an der göttlichen Hülfe fehlen, welche allein Alles herrlich hinausführt !
Am 5. Juli ward der Tagesbefehl des Feldmarschalls ver lesen , den wir , ein schönes Denkmal kriegerischer Beredsamkeit, hier anführen ;
"1‚ Brave Officiere und Soldaten der Armee des Niederrheins ! „ Ihr habt große Dinge gethan , tapfere Waffengefährten ! Zwei Schlachten habt Ihr in drei Tagen geliefert ; die erste war un „ glücklich, und Euer Muth nicht gebeugt ; mit Mangel habt Ihr „ gekämpft , und Ihr truget ihn mit Ergebenheit, und bezwungen „ durch
ein widriges
Geschick, tratet Ihr mit Entſchloſſenheit
„ 24 Stunden nach der verlorenen Schlacht den Marsch zu einer ,,neuen an, mit Zuversicht zum Herren der Heerscharen, mit Ver „ trauen zu Eurem Führer, mit Trotz gegen Euren ſiegtrunkenen, "1 übermüthigen , eidbrüchigen Feind , ---- zur Hülfe der tapferen ,,Britten, die mit unübertreffbarer Tapferkeit einen schweren Kampf ,,fochten.
Die Stunde der Entscheidung aber sollte schlagen und
„ kund thun, wer ferner herrschen solle, ob jener ehrsüchtige Aben „ teurer oder friedliche Regierungen.
Das Schicksal des Tages
,,schwankte furchtbar, als Ihr aus dem Euch vorliegenden Walde ,,hervorbrachet, gerade in dem Rücken des Feindes mit dem Ernst ,,der Entschlossenheit und dem Selbstvertrauen geprüfter Soldaten, „ Rache zu nehmen für das vor 48 Stunden erlittene Unglück. „ Da donnertet Ihr in die erschrockenen Reihen des Feindes hinein, „ und schrittet auf der Bahn des Sieges unaufhörlich fort.
Der
„Feind in seiner Verzweiflung führte nun seine Geschüße und „Waffen gegen Euch, aber Euer Geschütz schleuderte Tod in seine „ Reihen und Euer starkes Vorschreiten brachte ihn in Verwirrung,
11 dann zum Weichen und endlich zur regellosen Flucht.
Einige
,,hundert Geschüße mußte er Euch überlassen und seine Armee
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„ ist aufgelöst, noch wenige Tage Anstrengung wird sie vollends „ vernichten , dieſe meineidige Armee , die ausgegangen war , um ,,die Welt zu beherrschen und zu plündern. -Alle großen Feld herren haben von jeher gemeint, man fann mit einer geschlagenen
"1 Armee nicht sogleich wieder eine Schlacht liefern ! Ihr habt den „ Ungrund dieser Meinung dargethan und gezeigt , daß tapfere, ――――― " geprüfte Krieger zu überwinden sind , aber nicht zu beugen. ,,Empfanget hiermit meinen Dank, Ihr unübertrefflichen Soldaten ! „ Ihr meine hochachtbaren Waffengefährten , groß ist der Name, „ den Ihr Euch gemacht habt, so lange es Geschichte giebt, wird ,,sie Eurer gedenken ; auf Euch unerschütterliche Säulen Preußens „ ruht mit Sicherheit das Glück Eures Königs und feines Hauſes ! ", Nie wird Preußen untergehen , wenn Eure Söhne und Enkel " Euch gleichen. Hauptquartier Morbles le château, den 20. Juni 1815. v. Blücher." Am 8. Juli endlich wurde ein lang ersehnter Wunsch be friedigt ; das 3. Corps marſchirte in Paris ein.
Nachdem sich
der commandirende General an die Spitze gesezt hatte , rückten die Bataillone , in dicht geschlossenen Colonnen , nach der Mitte, über den Pont de Jena, die Esplanade der Invaliden, die Boule vards bis zum anderen Ende der Stadt , wo die 9. Brigade, nachdem sie bis Abends 6 Uhr gestanden, endlich einquartiert ward. Das Füsilier-Bataillon allein, zu den Vorposten commandirt, nahm nicht an dieſem freudigen Tage Theil, sondern war schon nach Ville juif abmarſchirt.
Leider dauerte der Triumph nicht lange,
denn am anderen Tage rückte die 9. Brigade nach Corbeil ab, wo das Füsilier - Bataillon wieder zu ihr stieß ; es handelte sich darum , bis an die Loire vorzugehen,
da hinter derselben die
französische Armee aufgelöst und beurlaubt werden sollte. Der fernere Aufenthalt in Frankreich , der aus diesem Ge ſchäft hervorging, bot des Angenehmen so Vieles dar, daß er in
444
der Erinnerung der Mithandelnden einen Glanzpunkt bildet. Das des Krieges müde und der endlichen Feststellung seiner Verhält nisse frohe französische Volk nahm die Truppen der Alliirten gut, man kann sagen herzlich auf; wir haben dies namentlich von der Stadt Orleans zu berichten.
Später wechselte der Aufenthalt in
den Orten des so reichen und schönen Loirethals, und wer diese reizenden Gelände, mit ihren Gärten, Weinbergen, schönen Wäl dern , prachtvollen Schlössern gesehen hat , wird begreifen , daß gar mancher Brandenburger sich sein Vaterland eben so von der Natur begünstigt wünschte.
Die Einquartierung war so vertheilt,
daß sie den Einwohnern nicht drückend erschien ; der Soldat war ein gern gesehener Gast; er half, wo er konnte , in Haus und Feld, und die Leichtigkeit des Umganges mit dem Volke , beson ders dem weiblichen Geschlecht , manchmal vergessen.
machte ihm die Heimath wohl
Früchte , welche er daheim nie sah , welche
nur auf den Tafeln der Reichſten erschienen, waren hier dem Aerm ſten zugänglich; so die Melonen und Pfirsiche , die prachtvollen Birnen, welche wir mit Mühe unter unseren Himmel mit ihren französischen Namen verpflanzt haben.
Ein Musketier des 1. Ba
taillons, ärgerlich darüber, daß ihm, aus Zufall, noch keine Me lonen vorgesetzt worden waren, nahm in der Aufregung ein Fran kenstück, begab sich auf den Markt , um doch ein Exemplar zu erwerben.
Bei seinem Begehr ſtand die Verkäuferin, erfreut über
die Aussicht, auf, ein großartiges Geschäft zu machen, und fragte mit vielen Knigen , wo denn der Korb und der Träger für die Menge der Waare sei, welche sie für einen solchen Preis liefern wolle. Der Soldat ward ganz verdußt ; er gab den Handel auf ―― so etwas war ihm noch nicht vorgekommen. Auf der anderen Seite verführten die seltenen Leckerbiſſen zu übermäßigem Genuß ; es kamen Ruhrfälle vor, und der Regiments - Commandeur erließ einen Befehl , zu welchem sich vielleicht nicht sobald wieder Ver anlaſſung bieten dürfte :
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"1 Eine so wohlthätige Wirkung der Genuß reifen Obstes zur „ Verbesserung der Geſundheit und der Säfte auch zur Folge hat, „ ebenso nachtheilige Folgen entstehen durch den übermäßigen Ge nuß desselben.
Ich habe in Erfahrung gebracht, daß viele Sol
,,daten ganze Melonen auf einmal verzehren ; das kann nichts " Anderes als Verderbniß des Magens und bösartige Fieber nach "sich ziehen.
Die Herren Compagnie - Chefs müſſen den Leuten
,,gründliche Begriffe " von dem hohen Werth guter Gesundheit „ beibringen.
Die Melonen sind schöne und gute Früchte , sie
,, dürfen aber nicht im Uebermaß genossen werden ; zwei bis drei "1, Scheiben ist schon das Möglichste ; sie müssen auch nicht pure,
" ,,sondern mit etwas Pfeffer und Salz genoffen werden; auch wird ,, ein kleines Glas Branntwein darauf bewirken , daß der Magen „ nicht so gekühlt wird.“ Auch mancher andere Mißgriff gab zu Rügen Veranlassung, wie der Befehl des commandirenden Generals vom 27. Auguſt zeigt: ,,Der Capitain v. X .... vom 27. Infanterie - Regiment hat „ sich erlaubt, auf Kosten seines Wirths ein Diner von 20 Per „sonen geben zu lassen ; es wird solchem ein öffentlicher Verweis
11 gegeben." Im Monat September verließ das 3. Armee - Corps dieses Capua, um nach Paris zu gehen.
Nachdem Se. Majeſtät, in der
Uniform des Regimentes, dem Einmarsch des Corps beizuwohnen geruht hatten, wurde das Regiment in die südlichen Stadttheile einquartiert ;
es war schon in Orleans
eine Janitscharenmusik
beschafft worden und diese heute zum ersten Male in vollem Glanz erschienen.
Das Regiment gab von heute ab alle Tage
die Ehrenwache bei Sr. Majeſtät, welche sich das Officier - Corps vorstellen ließen und es mit den schmeichelhaftesten Worten be ehrten. Auch in Paris war für die Officiere und Soldaten reichlich
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gesorgt und kein Bedürfniß war vergessen. Den Stabs -Officieren standen während des ganzen Tages Equipagen zu Gebote ; außer der vollständigen Verpflegung erhielten alle Chargen noch eine bedeutende Zulage ; der Soldat erhielt Alles, was er nur brauchte, Taback, Seife, Nähnadeln, Zwirn u. s. w . Hatte er im Loirethal seine pomologischen Kenntniſſe , Dank den Compagnie - Chefs , er weitert, so mußte er hier im Jardin des plantes Zoologie, im Louvre Aesthetik in einem Umfange ſtudiren, daß er es mit einem kleinen Humboldt aufnehmen konnte.
Nichts desto weniger wurde
fleißig exercirt, daß Viele ordentlich in Leidenschaft geriethen und eines Sonnabends befohlen werden mußte : ,, Morgen ist Sonntag und exercirt Niemand." Der Aufenthalt in Paris dauerte an zwei Monate -
wie
wir hören, hat troß der reichen Verpflegung dort Niemand etwas gespart, höchst wahrscheinlich, weil sich im Palais royal der Mild thätigkeit ein weites Feld eröffnet hatte
; im October wurde
der Rückmarsch nach der Grenze angetreten. Für den zum 13. Re giment als Commandeur verseßten Oberst - Lieutenant v. Ledebur übernahm in Meaux Major v. Holleben die Führung des Leib regiments, während Oberst v. Zepelin die Brigade in Stelle des ebenfalls versetten
Generals v. Borcke commandirte.
Vorweg
gingen die freiwilligen Jäger unter den Lieutenants v. Manstein, v. Eberhardt und Heim; sie schieden vom Regiment mit der Ge wißheit, sich ein ehrenvolles Gedächtniß gestiftet zu haben.
Am
4. December ging das Regiment bei Mainz über den Rhein, durch Heſſen und Thüringen ; nach zweimonatlicher ſtolzer Reiſe endlich fam, am 6. Januar 1816 , das Füsilier - Bataillon nach Cottbus, das 1. Bataillon nach Crossen und das 2. Bataillon „ entdeckte " Guben, als die zukünftigen Garnisonen des Regiments. Der commandirende General war zu einer anderen Stelle berufen und nahm seinen Abschied vom Officiercorps in folgenden Zeilen, an den Oberst v. Zepelin gerichtet :
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"1 Da ich morgen nach Berlin abgehe , so sehe ich mich des "1 Vergnügens beraubt , Ihnen , mein verehrter Herr und Freund, ,,und dem trefflichen Leibregiment mich persönlich zu empfehlen. „ Indem ich Ihnen schriftlich Lebewohl sage, bitte ich Ew. Hoch ,,wohlgeboren nochmals ,
mich dem Regiment und den Herren
„Officieren zu empfehlen.
11 So lange das preußische Heer ein Leibregiment haben wird, „ so lange wird es um die Monarchie keine Noth haben. v. Thielemann."
Rangliste für Monat Mai 1815. Commandeur : Oberst v. Zepelin (O.p.1. m.) (E. K. 1.) (R.A.2 .) (R.W.4.) (ad int. Brigade - Commandeur). Major v. Ledebur (O.p.l.m. ) (E.K. 2.) (R.A.2 .) (ad int. Regi ments - Commandeur).
"
v. Holleben (E.K.1 . ) (R.W.4.), Füsilier - Bataillon.
"
v. Zastrow (E.K.1 .) (R.W.4.), 2. Bataillon.
Capitain v. Prüſchenk (E.K.2 .) (R.W.4 .) ( ad iǹt. 1. Bataillon). "1
v. Steinäcker (E.K.2.), Füsilier - Bataillon.
"1
v. Massow (E.K. 2.), 2. Bataillon .
11
v. Kampt (E.K, 2.), 2. Bataillon.
"
Graf Pinto (E.K.1 .) (R.W.4 .), 1. Bataillon.
11
v. Mach (E.K.2.), 1. Bataillon.
!!
v. Treuenfels, Füsilier - Bataillon.
11
Kinzel (E.K.2.), 1. Bataillon.
"
v. Barfuß (E.K.2 .), Adjutant bei der Brigade.
Premier - Lieutenant v. Kamecke, 1. Bataillon. v. Koch (E.K. 2.), 2. Bataillon.
11
v. Rüdgisch, 2. Bataillon .
"1
11
v. Rhöden, 2. Bataillon .
"1
11
v. Holleben (W.g. M.), Füsilier - Bataillon.
"1
v. Chevallerie (E. K.1 .), Füſilier - Bataillon.
=
11
11
=
"
448
Premier - Lieutenant v. Schulenburg (E.K.2 .), 2. Bataillon. "1
"1
v. Münchow I. (E.K.2 .), 2. Bat. , Adjutant.
11
"1
v. Müller I. (E.K. 2.), Füſ. - Bat., Adjutant.
"1
"
v. Münchow II. (E.K.2.) , Brig. - Adjutant.
"1
"
v. Gorszkowski.
Seconde - Lieutenant v. Selafinski, Füſilier - Bataillon. "
"1
v. Wohna (E.K.2 .), Regiments - Adjutant.
"
11
v. Diezelski (E. K.2 .), 2. Bataillon.
"1
"1
v. Herrmann (E.K.2 .) , 1. Bat. , Adjutant.
"1
11
v. Manstein (E.K.2 .), 1. Bataillon.
11
11
v. Eberhardt (E.K.2 .), Füsilier - Bataillon.
!!
"
Graf Lüttichau, Füsilier - Bataillon.
"
"1
v. Didron I. (E.K.2 .), 1. Bataillon.
"
"1
Heim O, 2. Bataillon.
v. Cranach (E. K.2 .), Füsilier - Bataillon. v. Pröck, 1. Bataillon.
!!
"1
"1
"1
"1
"
Sennecke
"
"1
v. Tempelhof, Füsilier- Bataillon.
"1
"
v. Schenkendorf, 2. Bataillon.
11
11
Holfelder (E.K.2 .), 1. Bataillon.
"
"1
Müller II. (E.K.2.), 1. Bataillon.
(E.K.2 .), Füſilier - Bataillon.
"
"
Kosack, 1. Bataillon.
"1
11
Zimmermann (E. K.2 .), 2. Bataillon .
"1
11
Hering (E.K.2 .) (R.G.5.), 1. Bataillon.
"1
"
Magdorf (E.K.2 .), 2. Bataillon.
11
"1
v. Dechen, 2. Bataillon.
11
!!
Franke (E. K. 2.), 1. Bataillon.
"1
"1
Kühne (E.K. 2.), 2. Bataillon.
"
11
v. Oettinger, Füsilier - Bataillon.
"
11
Schrötter, 1. Bataillon.
"
"1 =
"I
v. Müller III. (E.K.2 .), Füſilier - Bataillon. Krüger, Füsilier - Bataillon.
449 Seconde - Lieutenant Kolloch, 2. Bataillon.
"
"
v. Salviati, Füsilier - Bataillon.
11
"1
v. Barnekow, 1. Bataillon.
11
"
Wesenfeld (E.K.2.), Füsilier - Bataillon.
??
"
Schmidt, 2. Bataillon.
"
#1
Köhler, Füsilier - Bataillon.
11
??
Graf Boos - Waldeck, 1. Bataillon.
"1
"1
Neuendorf, Füsilier - Bataillon.
"1
"I
Collin, Füsilier - Bataillon.
"1
"1
Zweigelt, 1. Bataillon.
11
"1
Wenzel, 2. Bataillon.
11 .
"1
v. Wobeser, 1. Bataillon.
"I
"1
v. Horn, 1. Bataillon.
Portepee - Fähnrich Jagdmann. v. Didron. " "
11
11
Schütz.
?? v. Nimptsch. Regiments- Chirurgus Neumann (E.K. 2.). Bataillons - Chirurgus Marchand (E.K.2 .), Füſilier - Bat.
29
Achtes Buch. Chronik der Friedensjahre von 1815 bis 1858.
Das neue Preußen, wie es fortan in der Reihe der Großmächte sein sollte, mußte eine dieser Bedeutung
entsprechende größere
Armee erhalten , und mit großer Thätigkeit wurde in den erſten Friedensjahren daran gearbeitet , die erworbenen Provinzen dem so erprobten Vertheidigungssystem des alten Bestandes der Mon archie einzupassen. Zunächst behielt man noch die alte Brigade - Eintheilung äußerlich bei und änderte nur die Standorte und Erſaßbezirke der alten Regimenter , so weit dies , der neuen Einrichtungen wegen, nothwendig erschien. Das Leib - Infanterie - Regiment wurde noch 1815 der pom mersch - brandenburgischen Inspection zugetheilt und stand in der Truppen = Brigade zu Frankfurt , unter dem General - Major v. Brause, bestehend aus
dem Leib - Infanterie - Regiment, 27. Infanterie - Regiment, 4. Kürassier = Regiment, 8. Husaren - Regiment. Es erhielt als Canton die Kreise der Neumark, Regierungsbezirk Frankfurt, überwiesen.
Wir werden nun das Wichtigste der Er
lebnisse jedes Jahres anführen.
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1816. Am 16. Januar begann die Demobiliſirung der Armee ; die Trainsoldaten wurden entlassen , die Pferde abgeliefert. Die beiden Musketier - Bataillone erhielten am 18. Januar Fahnenspißen mit dem eisernen Kreuze und den Bändern der Denkmünze ; das Füsilier - Bataillon ging leider leer aus , da dessen alte Fahne nun dem Füsilier-Bataillon 2. Garde-Regiments angehörte. Die jetzige Fahne des Bataillons wurde aus anderen in Berlin zurückgelassenen Fahnen ausgesucht ; so daß das Regi ment nur noch 2 der bei der Stiftung ihm verliehenen Fahnen besißt und die anderen abgegeben hat.
Auch erhielt das Regiment in diesem Jahre die Nummer 8 auf den Schulterklappen.
Zugleich geruhten aber Seine Ma
jeſtät , ihm eine Garnitur schwarzer Haarbüsche zum Geschenk zu machen , und dem Füsilier - Bataillon zur Auszeichnung Taschen bleche auf den Patronentaschen zu bewilligen.
Später , im De
cember , kamen als neuer Schmuck die messingenen Schuppen ketten hinzu. Die Allerhöchste Cabinetsordre vom 26. März lautet :
11‚ Um dem Leib - Infanterie - Regiment einen Beweis Meines „ Wohlwollens zu geben, will Ich dem Füsilier-Bataillon desselben „ den Schild auf der Patronentasche in eben der Art zugestehen, 11, wie es die Füsilier-Bataillone der Grenadier-Regimenter tragen, ,,und dem ganzen Regiment bestimme Ich eine Garnitur Haar „ büsche nach der jezigen Form als Geschenk.
Ich trage Ihnen
, auf, dem Regiment dieses Merkmal Meines Wohlwollens bekannt "1 zu machen und das Weitere zu verfügen. Friedrich Wilhelm."
Leider verlor im Monat April das Regiment seinen alten hochverehrten Führer in 3 Feldzügen , den Oberst v. Zepelin ; er ward als Commandeur der 16. Infanterie-Brigade an den Rhein verseßt.
Vorläufig übernahm Major v. Holleben das Commando, 29 *
452
bis der neu ernannte Commandeur, Oberst-Lieutenant v. Grabow, eintraf. Zugleich wurden von der aufgelösten Landwehr 2 Majors, 9 Hauptleute, 4 Premier- und 16 Seconde-Lieutenants dem Regi mente aggregirt.
Das 1. Bataillon erhielt Frankfurt a. d. O. als Garniſon. 1817. Major v. Holleben wurde zum Commandeur des Rheinischen Schüßen-Bataillons ernannt. Mit großem Schmerz sah ihn das Regiment, welches ihm viel verdankte, aus seiner Mitte scheiden. In England hatte sich eine Gesellschaft „ Waterloo - Gefell schaft “ gebildet, welche es sich zur Aufgabe machte, die Wiederkehr des 18. Juni alljährlich durch Unterstützung verwundeter Krieger zu feiern.
In diesem Jahre erhielt das Regiment von ihr in
2 Raten 312 Thaler zur Vertheilung übersendet.
Zugleich wurde,
gemäß der Königlichen Verordnung von 1813, dem Regiment für die eroberten Kanonen ein Geschenk von 350 Stück Dukaten be willigt.
Das Füsilier - Bataillon bekam die Garnison Lübben.
1818. Aus dem Leibregiment und dem 24. Regiment wurden 3 Ba taillone combinirt, welche an den Herbstübungen der Garde-Corps Theil nahmen.
Dieses combinirte Regiment wohnte am 19. Sep
tember, der Grundsteinlegung des Denkmals auf dem Kreuzberge, „ den Gefallenen zum Gedächtniß, den Lebenden zur Erinnerung, ,,künftigen Geschlechtern zur Nachahmung," bei. ―― 1819. Im Frühjahr ward
das 1. Bataillon nach Cüſtrin ,
Füsilier - Bataillon nach Frankfurt versett.
das
In demselben Jahre
marschirte das Regiment zur großen Revüe nach Stargardt in Pommern.
453
1820. Nochmals große Revüe bei Stargard ; hinterher kam das 1. Bataillon nach Soldin, wo es 3 Monate blieb und alsdann nach Lübben versetzt wurde. In diesem Jahre erfuhr das 3. Armee Corps eine neue Zuſammenſeßung, in welcher es noch heute be steht. Die 5. Division, unter dem General-Lieutenant v. Brause, vereinte darin die 5. Infanterie - Brigade (8. und 12. Infanterie Regiment), die 5. Landwehr- (8. und 12. Landwehr-Regiment) und 5. Cavallerie-Brigade, (2. Dragoner-, 3. Ulanen-Regiment) . 1821. Die 5. Infanterie - Brigade combinirte zur Theilnahme an den Herbstübungen der Garde-Corps ein Regiment ; der Rest der Division übte bei Frankfurt von nun an regelmäßig alle Jahr. Am 25. November ward der Tag des 25 jährigen Regierungs antritts Sr. Majestät festlich begangen. 1822 und 1823. Das 3. Armee-Corps versammelte sich im letzten Jahre bei Mittenwalde und rückte in das Zeltlager bei Berlin, wo es mit dem Garde-Corps die Herbstübungen abhielt.
1824. Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm v. Preußen (Sohn) übernahmen das Commando des 3. Armee- Corps.
1825. Dieses Jahr brachte dem Regiment zwei besondere Auszeich nungen.
Zunächst hatte schon vor längerer Zeit sein alter hoch
verehrter Führer General-Feldmarschall Graf Yorck v. Wartenburg ihm ein Andenken an die glorreiche Zeit versprochen , wo er es unter seinen Augen hatte fechten sehen.
454
Seine Wahl war eine so höchst würdige und das Regiment so ehrende, wie es sich nur ersinnen ließ.
Es bestand in dem,
von Sr. Majestät zu seiner Standeserhöhung ihm verliehenen, in großem Maßstabe gemalten Wappen ; somit andeutend , daß das Leibregiment sich zurechnen dürfe.
Dies
einen kleinen Theil dieser Auszeichnung Geschenk ,
welches dem Speisesaal des
Officier - Corps zur Zierde dient, war von folgendem Schreiben begleitet : An den Königlichen Oberſt-Lieutenant 2c. Herrn v. Grabow. ,,Meine Verheißung, dem von Ew. Hochwohlgeboren befehligten
"1 Hochlöblichen Leib - Infanterie - Regiment mein Wappen in einem "1 Gemälde zu übermachen, ist auf keine Weise in Vergessenheit ge „ kommen, sondern die Erfüllung derselben ist nur durch Verzöge ,,rungen der Künstler, die das Wappen anfertigen sollten, so lange ,,aufgehalten, daß ich es jetzt erst übersenden kann, da es denn nun „ in der Hoffnung unbeschadeten Empfanges hierbei erfolgt. ― Ich
"1, widme es dieſem tapferen Regimente, deſſen Großthaten ich mehr " mals Zeuge war und deren ich mich öfters lebhaft erinnere „ zu dem Andenken , welches es daran gütigst für mich erhalten. „ will , und wofür ich daher verbindlichst dankbar bin.
Dabei
„ wünsche ich angelegentlichst, daß dieſe tapfere Truppenabtheilung
"1, in der möglichst längsten Dauer für Preußen die Stüße der Treue, der Schutz der Verfassung und der Ruhm des Volkes " bleiben möge ; so lange mein hinſinkendes Leben noch währt, ,,werde ich immer freundlichen Antheil daran nehmen.
Zugleich
,, empfehle ich mich dem ehrenwerthen Corps der Officiere , be „sonders denen, welchen ich noch bekannt bin, mit der Verſicherung ,,meiner Hochschätzung und bitte Ew. Hochwohlgeboren, solche auch „ noch besonders für Sich ausschließlich gütigst anzunehmen. Klein Dels, den 22. September 1825.
v. Yorck."
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Unter dem Wappen befindet sich in goldener Inschrift : ,,Dem tapferen Leib- Infanterie-Regiment zum Andenken an ,,seinen dankbaren Anführer in drei Feldzügen General - Feld „ marschall Graf Yorck v. Wartenburg. Das Regiment erfreute sich ferner des hohen Glückes und der Auszeichnung, seinen verehrten Führer auf dem Felde der Ehre, den General - Lieutenant v. Horn , als zweiten Chef wieder an seiner Spitze zu sehen.
Derselbe war im Jahre 1820 zum com
mandirenden General des 7. Armee - Corps ernannt worden und Se. Majestät der König hatte ihm nun neuerdings wiederum einen hohen Beweis von Gnade und Anerkennung gegeben.
Nach Ueber
reichung des ersten Rapports , traf nachstehendes schmeichelhaftes Schreiben ein:
An den Königlichen Oberst Herrn v. Grabow.
" Ew. Hochwohlgeboren sage ich für den überschickten Rapport ,,und die Rangliste des Leib-Infanterie- Regiments, so wie für den
"1 Ausdruck Ihrer Gesinnungen gegen mich meinen verbindlichsten " Dank." „ Ich erkenne die Allerhöchste Gnade Sr. Majestät mich zum , zweiten Chef dieses in jeder Hinsicht so ausgezeichnten Regiments ,,zu ernennen um so inniger, als sich die schönsten Erinnerungen ,, meines militairischen Lebens an jene Zeit knüpfen , wo ich die „ Ehre hatte , das Regiment unter meinen Befehlen zu haben.
"1 Es wird mir zur großen Freude gereichen, Ew. Hochwohlgeboren „ bald persönlich meine hohe Achtung und meine Freude zu bezeu ,,gen, daß Se. Majestät das Commando dieses Regiments Ihnen ,, anvertraut haben. ― Meine ehemaligen und mir stets werthen
"1 und lieben Waffengefährten, die mit mir so oft die Freuden des aber auch oft große Entbehrungen und Anstrengun
,, Sieges,
,, gen aller Art, so wie Mißgeschicke theilten, stets und unter allen
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,, Umständen aber den Ruhm tapferer Ehrenmänner und wackerer ,, Preußen behaupteten, ―――― diese wohl bald wiederzusehen, ist mein „ sehnlichster Wunsch. Ich werde daher die nächſte große Zusam ,, menziehung des 3. Armee - Corps benutzen , zum Regimente zu ,, reisen, um die Ehre zu haben, es in Parade vor Sr. Majestät „ vorbeizuführen. Indem ich Ew. Hochwohlgeboren ersuche, ſich ,,meiner aufrichtigen Hochachtung überzeugt zu halten, bitte ich Sie, 11 mich dem ganzen Regimente recht angelegentlich und freundlich ,,zu empfehlen , - von meinen treuen Waffengefährten bin ich
"1‚ überzeugt, daß ſie mich ebenso wenig vergessen werden , als ihr "1 Andenken mir nie entfremden kann und wird !
Münster, den 14. October 1825, v. Horn."
1827. Im August ward wiederum das 3. Armee- Corps im Zeltlager bei Teltow versammelt.
Während der Feld - Manöver mit dem
Garde-Corps stand das Regiment in Kezin, Pareß und Gegend ; Ortschaften, über welche Se. Majeſtät das Patronatsrecht ausübten. Neben einer trefflichen Aufnahme erfreuten sich die Leute außer ordentlicher Königlicher Gnaden- Geſchenke. In demselben Jahre ward der Regimentsarzt Dr. Neumann als Generalarzt verabschiedet und das Officier-Corps überreichte ihm zur freundlichen Erinnerung einen silbernen Pokal. Das 1. Bataillon erhielt nach dem Manöver die Garniſon Frankfurt, das Füſilier - Bataillon die Garniſon Küſtrin. 1828.
Am 25. März feierte das Officiercorps das funfzigjährige Dienstjubiläum seines zweiten Chefs . keit im Anhange.) ·
(Näheres über die Festlich
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1829. General - Lieutenant v. Horn überſandte am 25. März mit einem Schreiben sein Bildniß.
Es war das letzte Zeichen der
Erinnerung des alten Helden an sein Regiment und deswegen ein um so werthvolleres.
Am 31. October entschlief er nach
kurzem Krankenlager, zum Schmerze seines Königs und der Armee; das Regiment legte auf drei Tage Trauer an. 1830. Im Herbste dieses Jahres war die Diviſion bei Frankfurt versammelt und vom Regimente ein combinirtes Bataillon zur Bestreitung des Wachtdienstes nach Berlin commandirt.
Noch
während der Divisions - Uebungen traf in Folge der in Frankreich ausgebrochenen Juli - Revolution für das 3. Armee - Corps der Befehl ein, sofort die Garnisonen des nach dem Rhein abmar schirten 4. Armee - Corps zu besetzen.
Das Regiment gelangte
am 28. September nach Magdeburg, dem vorläufigen Ort ſeiner Bestimmung. Im ersten Augenblick gewann Alles ein kriegerisches Ansehen.
Die Bataillone wurden auf die Stärke von 678 Mann
gebracht; Reserven und Landwehr waren bereit, sich auf den erſten Ruf bei ihrer Fahne zu versammeln und in der Festung herrschte eine große Thätigkeit. deſſen ungestört.
Preußens Friedensverhältnisse blieben in
Zur Beseitigung
einiger
durch unbeschäftigte
Fabrikarbeiter in Burg herbeigeführten Exceſſe marſchirte das Füsilier - Bataillon dorthin ,
kehrte aber nach Zurücklaſſung der
9. Compagnie wieder nach Magdeburg zurück. Am 11. October starb der General - Feldmarschall Graf Yorck v. Wartenburg; die Armee legte auf drei Tage Trauer an. 1831. Am 1. Februar verlor das Regiment einen geschätzten Officier, den Major v. Rohr, Commandeur des 2. Bataillons, durch einen
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Unglücksfall auf der Jagd , indem sein Gewehr sich entlud , als er im Begriff war in den Schlitten zu steigen , und der Schnß ihn tödtlich traf. Die Annäherung der aſiatiſchen Cholera an die vaterlän dischen Grenzen veranlaßte das Wiederaufleben des Cordonſyſtems. Das Füsilier - Bataillon marſchirte im August zur Besetzung eines Abschnitts der Oder und Wartha nach Küstrin und der Umgegend und setzte Vorposten aus.
Das Bataillon war indessen im Felde
gegen den Feind von Fleisch und Blut glücklicher gewesen ; die Seuche brach durch, zeigte sich in Berlin und setzte ungehindert ihren Weg nach dem Westen Europa's fort.
An der Elbe waren
ähnliche Sicherheitsmaßregeln getroffen, hatten aber gleichen Erfolg wie an der Oder ; so waren vom 1. Bataillon Commandos nach Aken, Barby und Schönebek gesandt worden. Am 28. August erfolgte der Tod des General - Lieutenants Graf v. Gneisenau und die Armee legte wieder auf drei Tage Trauer an.
1832. Am 31. März wurde Oberst v. Grabow als Commandeur zur 8. Infanterie-Brigade versezt und Oberſt-Lieutenant v. Werder erhielt das Commando des Regiments.
Den 30. Juni verließen
die beiden Musketier - Bataillone Magdeburg und kehrten in ihre Garnison zurück; das 2. Bataillen rückte am 13. Juli in Guben ein, an einem der heißesten Tage des Jahres, und verloren hier bei die 6. , 7. und 8. Compagnie in Folge der Hize 5 Mann durch Schlagfluß , Aerzte.
trok der sorglichsten Hülfe von Seiten der
Am 24. August wurde das 3. Armee - Corps im Zeltlager bei Teltow versammelt , und Se. Majestät geruhten allergnädigst zu befehlen, daß während des Präsentirens beim Regimente von nun an der Dessauer Marsch geblasen werden sollte.
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1834. Am 20. Mai verliehen Se. Majestät mittelst Allerhöchster Cabinetsordre den beiden Musketier - Bataillonen als Ersatz für die jetzt abgenutzten Fahnenflaggen jedem zwei blauſeidene Fahnen bänder, worauf in reicher Goldstickerei „ Colberg 1807 " angebracht war, sowie beim 1. Bataillon das Wappen Ihrer Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Wilhelm von Preußen, beim 2. Bataillon das Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin Liegnitz nebst der Jahreszahl 1833. Die Allerhöchste Cabinetsordre lautete : „ Ich habe vor 25 Jahren dem 1. und 2. Bataillon des
„ 8. Infanterie - Regiments , ( genannt Leib - Infanterie - Regiment) „ jedem eine Fahne mit der Inschrift „ Colberg " in Anerkennung „ ihrer rühmlichen Theilnahme an dieser denkwürdigeu Belagerung ,,der Festung im Jahre 1807 verliehen.
Die Zeit hat die Fahnen
,,flaggen und mit ihnen die Inschrift zerstört , da ich aber diese ,, wohlerworbene Auszeichnung der Bataillone gern dauernd er ,,halten sehen möchte, so habe ich beschlossen , das Andenken zu 11 erneuern. Ich übergebe daher dem Regimente die beikommenden
„ von meiner Schwiegertochter, der Prinzeſſin Wilhelm von Preußen, „Königliche Hoheit, und meiner Gemahlin der Fürstin v. Liegniß „ Durchlaucht, für das 1. und 2. Bataillon beſtimmten Fahnen ,, bänder , und erwarte, daß die Bataillone auch bei jeder neuen ,,Veranlassung den vor dem Feinde des Vaterlandes erworbenen " Ruhm mit treuer Beständigkeit zu behaupten und immer zu be Friedrich Wilhelm ." ,,wahren wissen werden. Die Befestigung dieser Bänder fand unter größter Feierlich teit statt; das Regiment sandte an Se. Majestät den König , an die Frau Prinzeſſin Wilhelm Königliche Hoheit und an die Frau Fürstin Liegniß ein unterthäniges Dankschreiben für so huldreich verliehene Auszeichnung und erfreute sich der gnädigsten Antwort schreiben.
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„ Auf Veranlassung Sr. Majestät des Königs ist mir die ,, Genugthuung zu Theil geworden , dem 1. Bataillon des königl. „, 8. Infanterie - (Leib) - Regiments das Fahnenband zu überreichen, „ deſſen Empfang zu seiner ehrenwerthen Bestimmung ich aus der " Anzeige vom 6. d . M. mit beſonderem Vergnügen ersehe.“ „ Es hat mich sehr gefreut, dem Bataillon auch Meinerseits
"1 ein dauerndes Zeugniß der Anerkennung seines Heldenmuthes ,,zu widmen , welche es bei der ruhmvollen Vertheidigung von ,, Colberg 1807, auf welche die Inschrift sich bezieht, und in den „ späteren glorreichen Feldzügen bewiesen hat.
Ich begleite das
,,selbe ebenso gern mit dem festen Vertrauen, daß das Bataillon ,,ihn auch in der Zukunft immer bewähren wird , als mit der
" Versicherung Meines besonderen Wohlwollens. Auguste, Prinzessin von Preußen geb. Herzogin zu Sachsen." Eines gleichlautenden huldvollen Schreibens der Frau Fürstin v. Liegniz Durchlaucht erfreute sich auch das 2. Bataillon.
1835. Am 1. Februar feierte der ehemalige Major und Comman deur des 2. Bataillons , zur Zeit Oberst a. D. und Postmeiſter in Stargard, v. Beher, sein 50jähriges Dienst - Jubiläum.
Vom
Officiercorps erging ein herzliches Glückwunschschreiben , welches dem Jubilar durch den Oberst v . Zastrow überreicht wurde.
1836. Se. Majestät geruheten Allergnädigst der Muſik am 1. Januar zwei Ventil-Trompeten zum Geschenk zu machen. Am 5. December verlor das Regiment durch ein ruchloses Verbrechen, in dem Lieute nant Wenzel, einen geschätzten Kameraden.
Zur Beaufsichtigung
der Divisionsschüler in Frankfurt commandirt, ward er auf dem Flur der dortigen Kaserne durch einen Piſtolenſchuß von der Hand
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des Portepee - Fähnrichs v. Arnstedt niedergestreckt ; die That ver anlaßte niedrige Nachsucht. 1837. Am 12. Februar feierte das Officiercorps das funfzigjährige Dienstjubiläum des ehemaligen tapferen Führers des Regiments, jezigen General - Lieutenants v . Zepelin.
Den 24. Auguſt ver
sammelte sich das Armee - Corps im Zeltlager bei Teltow ; doch zeigten sich cholera - ähnliche Krankheits- und Sterbefälle und waren Veranlassung , daß die übliche Lagerzeit abgekürzt wurde.
Am
15. December erhielten die Regimenter an den Fahnenstücken Be schläge.
1838. Am 30. März erhielt Se. Königliche Hoheit der Prinz Wil helm das General- Commando des Garde- Corps ; und das Regi ment wird dadurch mit Dankbarkeit an die Zeit erinnert, in welcher es bei allen Gelegenheiten das Glück hatte, sich einer be sonderen Zufriedenheit des hohen Königlichen Herren zu erfreuen. Das Commando des 3. Armee Corps übernahm nun General v. Thiele II.
Am 2. Mai waren 25 Jahre seit dem blutigen
Gefecht bei Königswartha verflossen ; der einzige noch seit jener Zeit im 2. Bataillon dienende Officier , Capitain v. Pröck, bat daher um die Erlaubniß , die von einer feindlichen Flintenkugel am Fahnenstock beschädigte Stelle durch eine silberne Platte be zeichnen zu dürfen.
Die Bitte erlangte höheren Orts Aufmerkſam
keit , kam auch zur Kenntniß Sr. Majestät des Königs , worauf folgende Allerhöchste Cabinetsordre erſchien : „ Vom 8. Infanterie- ( Leib- ) Regiment kann die verlegte "1 Stelle des Fahnenstockes der Fahne des 2. Bataillons mit einer ,, silbernen Platte belegt und diese
mit der Aufschrift versehen
,,werden : „ Zerschoffen bei Königswartha den 19. Mai 1813." Friedrich Wilhelm."
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Im Juli wurde bei Gelegenheit eines längeren Aufenthaltes Ihrer Majestät der Kaiſerin von Rußland in Müncheberg , der Major v. Wohna und
Lieutenant v. Holwede nebst 30 Mann und der Musik vom Regimente dorthin als Ehrenwache_com mandirt. 1839. Am 30. März wurde der commandirende General-Lieutenant
v. Thiele II. in gleicher Eigenschaft zum 8. Armee- Corps verſeßt, und der General- Lieutenant v. Wehrach übernahm das Commando des 3. Armee- Corps ; der Oberst v. Werder wurde zum Comman deur der 5. Infanterie - Brigade befördert und Oberst - Lieutenant de Marées vom Grenadier-Regiment Kaiser Alexander übernahm das Commando des Regimentes.
1840. Der 7. Juni wurde durch das Hinscheiden Sr. Majeſtät des Königs Friedrich Wilhelm III. ein Trauertag , welcher das ganze Vaterland in tiefen Schmerz versenkte.
Nicht nur, daß Er
während seiner langen , gesegneten Regierung mit Seinem Volke jeglichen Schmerz und jegliche Freude getheilt , daß Er an der Spite desselben zur Befreiung des Vaterlandes Sein Leben daran gesetzt hatte : es war eben so sehr der milde Ernst, der gottesfürchtige Sinn , die Gradheit und Schlichtheit des könig lichen Gemüths, welche Ihm die wahre Ehrfurcht und Liebe des Volkes gesichert hatten.
Die Armee vor Allem , die Ihm ihre
Organisation verdankt, wird
mit Gottes Hülfe
ein lebendiges
Denkmal dieses Königs bleiben, und in ihr beſonders das Leib regiment , welches Seine Schöpfung ist und so vielfache Beweise Seines Wohlwollens erfuhr. Den 8. Juni leisteten die Bataillone Sr. Majestät Friedrich Wilhelm IV. den Eid der Treue.
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1842. Am 1. Juni wurde das Gehalt der etatsmäßigen Premier und Seconde - Lieutenants der Armee in der Art erhöht, daß sämmtliche Premier-Lieutenants das volle Gehalt und die Seconde Lieutenants eine monatliche Zulage von 3 Thalern erhielten.
1843. Im Juli erhielt das Regiment Percussions - Gewehre und neue Bekleidungsgegenstände ,
nämlich Waffenröcke und Helme,
welche lettere mit Roßschweifen, anstatt der früheren Haarbüsche, geschmückt waren.
Im September wurde das Armee - Corps bei
Frankfurt zusammengezogen , und Se. Majestät der König , die Prinzen Wilhelm, Karl und Albrecht von Preußen , so wie der Herzog von Braunschweig, Königl. Hoheit, wohnten einem Gottes dienste des Corps auf dem Felde des Dorfes Clistow bei.
Am
Schlusse desselben wurden die Fahnen einiger Landwehr-Bataillone feierlichst eingeweiht und den Truppen übergeben.
Während des
später abgehaltenen Feldmanövers bei Frankfurt geruhte Se. Ma jeſtät die 7. Compagnie anzureden und über die Zweckmäßigkeit der Helme zu befragen.
Auch Se. Königliche Hoheit der Prinz
von Preußen erinnerte sich seines alten Armee- Corps in den huld reichsten Ausdrücken.
Das Corps marschirte dann in die Ge
gend von Alt - Landsberg , wo in Gemeinschaft mit dem Garde Corps und einigen anderen herangezogenen Cavallerie-Regimentern Manöver mit Bivouacs
und
engen Cantonirungen abgehalten
wurden ; daran schloß sich eine große Parade aller versammelten Truppen bei Lichtenberg unweit Berlin im neuen Ajuſtement aller Waffengattungen ; sie gewährte einen freudig überraschenden An blick und schloß die Uebungen.
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1844. Am 11. Februar waren nun 30 Jahre seit dem Gefecht bei Chateauthierry vergangen, welcher Gedenktag nicht ungefeiert ver fließen sollte.
Der General - Lieutenant v. Holleben , damaliger
Commandeur des Füsilier-Bataillons, überreichte daher im Namen der Füsiliere des Regimentes , dem damaligen Commandeur des brandenburgischen Husaren-Regimentes
jetzigen General Lieu
tenant a. D. v. Sohr — das nachstehende Programm : Erinnerung an den 11. Februar 1814. Parole : Chateauthierry ; Feldgeschrei : Heurichs.
"I Neben uns , den Füsilieren des Leibregimentes, lagen dem "1 Tode geweiht auf blutiger Erde die Waffenbrüder aus dem fernen 11 Norden. Sie hatten den Schwerdtern des siegestrunkenen Feindes „ nicht widerſtanden ! Und wir, noch ein kleines Häufchen, obgleich
" glücklicher dem wüthenden Anlauf begegnend, mußten den Rückzug ,,zu jenem Thale, jener Brücke gewinnen.
Da hörte man Trom
"‚petenſchall , es war der Appell unserer Heurichs ! und um uns "sammelten sich racheschnaubend die treuen blauen Brüder, die ,,treuesten Gefährten so manchen Kampfes."
"I Denen da drüben wollen wir jetzt zeigen , daß wir Bran
"1 denburger sind ! " so sprach ihr edler Führer, und entzündet zur ,,lichten Flamme war der in der Preußen Herzen stets glimmende ,,Funke: Vaterlandsliebe und Soldatenehre.
Alles fühlte von
„ diesen Worten begeistert die ganze Wichtigkeit des drangvollen ,,Augenblickes : daß opfernd, Größeres zu retten sei ; - und was „ man im nahen Auge des großen Welterschütterers und seiner „ Blize, dem Namen Preußen ! wie dem vom Vaterlande so hoch „, gestellten Namen Yorck ! schuldig sei, und in dieſem Geiſte begann ,, der Kampf, wurde er fortgeführt und durch treue Waffenver
",brüderung erfocht die kleine Schaar im Rückzug ihren Sieg.“
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„Heute nach 30 Jahren iſt die Erinnerung jenes Tages den ,, wenigen Theilnehmern noch frisch und getreu geblieben ; darum „ gedenken ſie in Dankbarkeit des edelen Sohr und seines tapferen „ Regimentes. Und neben jenen Beiden glänzt in heiliger Erinne „ rung noch ein Name, der des heldenmüthigen v. Horn! " „ Leibregiment, brandenburgische Huſaren , Horn und Sohr, ,,die Führer , sind Namen , welche die Geschichte ohne Trennung ,, vereinigen wird .
Und wenn einst der lezte Appell erschallt, dann
,,werden auch sie sich wiederfinden , die Füsiliere bei ihren Heu ,,richs sich sammeln und was dort zu erwarten , zu hoffen , das
"1 wollen sie unter dem Zurufe : ,,Im Tode treu wie im Leben, ――――― auch dort brüderlich ,,theilen ! " Füsiliere des Leibregimentes im Yorckschen Corps vom 11. Februar 1814. Im Namen ihrer Kameraden ! Am 2. Juni traf Se. Majestät der König um Mitternacht in dem festlich erleuchteten Guben ein, und geruhte am folgenden Tage in der Uniform des Regimentes das 2. Bataillon zu be sichtigen, so wie auch , sich jeden Officier vorstellen zu laſſen. Einige Tage später hatte auch das 1. Bataillon sich derselben Auszeichnung zu erfreuen!
1845 . Am 30. März durchbrach mit hoher Fluth die Neiſſe die schüßenden Dämme bei Guben und bedrohte die Stadt mit großer Wassersnoth; es wurde um militärische Hülfe gebeten , und die Leute des 2. Bataillons arbeiteten rastlos Tag und Nacht, um größere Gefahr abzuwenden , und sahen sich in der Anerkennung der Bürgerschaft über ihre erfolgreichen Leiſtungen belohnt.
Am
25. Juni erhielt der Oberst de Marées den nachgesuchten Abschied 30
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als General-Major und der Oberſt- Lieutenant v. Chamier erhielt einstweilen das Commando des Regiments. 1846. Die 5. Division erhielt im Februar die Bestimmung, zum Schuße der Personen und zur Aufrechthaltung der Ordnung im Großherzogthum Posen sich bei Meserit zu concentriren. Das Re giment marschirte am 20sten dorthin ab und verblieb bei Meserit bis zum 1. März , wo der Marsch in das Innere des Groß herzogthums fortgesetzt wurde.
Am 14. April kehrte die Division
nach Zurücklassung eines Detachements, bestehend aus : dem 2. Dragoner - Regiment,
dem 2. Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments, dem Füsilier - Bataillon des 12. Infanterie - Regiments, unter dem Befehl des Oberst - Lieutenants v. Holleben , mandeur des Dragoner - Regiments ,
Com
wieder in die Garnisonen
zurück. Während des Aufenthalts im Großherzogthum Posen erhielten die Truppen der Division vom Hauptmann aufwärts die halbe Feldzulage, die Lieutenants doppelte Tischgelder und die Leute vom Feldwebel und Wachtmeister abwärts einen täglichen Zuschuß von 8 Pfennigen. Bei den außerordentlichen Anstrengungen wäh rend großer Märsche, bei ungünstiger Jahreszeit und Witterung auf grundlosen Wegen , meist sehr weitläuftigen Quartieren und den Mißverſtändnissen, welche eine fremde Mundart nur zu leicht veranlaſſen kann , zeigte sich der alte treffliche Geist, welcher das Regiment von jeher beseelte ; denn weder Klagen noch außerordent liche Bestrafungen fielen vor. Das 2. Bataillon vom 15. April bis 10. October. Das Detachement des Oberſt - Lieutenants v. Holleben erhielt folgende Cantonnirungen :
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2. Dragoner - Regiment : Pinne, Neustadt, Birnbaum, Zirke ; 2. Bataillon des Leib - Infanterie - Regiments : Schwerin ; Füsilier - Bataillon vom 12. Infanterie - Regiment : Meseriß. Der Aufenthalt in Schwerin bis zum 3. September war unter den gewöhnlichen Friedensverhältniſſen und fand kein außer ordentliches Ereigniß statt.
Anfangs August erhielt das Detache
ment die Bestimmung, während der Herbstübungen des 5. Armee Corps
in Schlesien die Festung Posen zu beseßen ; vor dem
Abmarsche dahin fand noch vom 20. bis 27. August zwischen dem 2. Bataillon und der 4. Escadron einerseits und dem Füsilier Bataillon und der 3. Escadron andererseits eine höchst lehrreiche Felddienstübung statt, mit abwechselnden Bivouacs an der unteren Obra zwischen Meseriß und Schwerin, welche Uebung der General Major v. Stülpnagel leitete. Der strenge Dienst in der Festung Posen und ihrem Fort Winiarh, noch mehr aber die im Bataillon herrschenden nervösen Fieber nahmen die Kräfte der Leute ganz außerordentlich in An spruch; jedoch war der Aufenthalt in vieler Beziehung höchst lehrreich.
Die großen Festungsanlagen in neuester Manier , die
aufgehäuften Kriegsvorräthe aller Art gaben Gelegenheit, die Leute mit den wissenswertheſten Gegenständen bekannt zu machen ; auch wurde ihre Aufmerksamkeit durch gebotene nothwendige Vorsicht in stets reger Spannung erhalten ; denn nicht allein die Wacht mannschaft im Dienſt, ſondern die ganze Besatzung hatte fort während scharf geladene Gewehre, und ein zufällig bei der Wacht parade losgegangener Schuß überzeugte die Bewohner der Stadt von jenen ernſten Maßregeln.
Nachdem aber am 30. September die beiden Musketier Bataillone des 18. Infanterie - Regiments wieder in Posen ein gerückt waren, verließ am 2. October das Bataillon, begleitet von den Commandanten, General-Lieutenant v. Steinäcker und Oberst v. Helldorf, die Stadt und Festung und betrat am 10. October, 30 *
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nach einer Abwesenheit von beinahe acht Monaten , wieder die Grenze des Weichbildes von Guben.
Diesen letteren Augenblick
wußten die Leute höchſt ſinnig zu feiern, indem sie unaufgefordert ihre Helme mit grünem Laube schmückten. Am Heidekruge, dem ersten bewohnten Orte auf Gubener Gebiet, eine Meile von der Stadt, hatte der Magistrat derselben zum Empfange ihrer Garnison ein feierliches Entgegenkommen veranstaltet.
Eine Deputation, den Bürgermeister an der Spiße,
begab sich in die Mitte des zur Colonne aufgeſchloſſenen Batail lons und begrüßte dasselbe mit den herzlichsten Worten ; dann fanden die Leute im grünen Walde lange und reich besetzte Tische aufgestellt, welche ein höchst splendides Frühstück darboten.
Darauf
rückte das Bataillon in die Stadt und brachte auf dem Markt plage den Orts- und Kreisbewohnern ein dreimaliges Lebehoch. Abends fand ein glänzender Ball ſtatt. Das 1. und Füsilier-Bataillon hatten, nachdem sie im Früh jahr aus dem Großherzogthum Posen zurückgekehrt waren, im Herbste die gewöhnlichen Uebungen in der Division bei Frankfurt. Am 31. December wurde mittelst einer Cabinetsordre eine Ver änderung der Dislocation eines Theiles der Armee befohlen ; in Folge davon erhielt das 2. Bataillon Soldin, das Füſilier - Ba taillon Königsberg i. N. als Garnison, in welche im October 1847 übergesiedelt wurde. 1848. Bekanntlich kürzte die zu Paris am 24. Februar ausgebrochene Revolution die Regierung Königs Ludwig Philipp ab und brachte die in den Gemüthern durch die schlechte Literatur der Zeit her vorgerufene Aufregung in Deutschland zum Ausbruch.
Auch in
Berlin zeigte sich die Bevölkerung zu tumultuarischen Auftritten schon 1847 geneigt ; die Verleihung einer freisinnigen Verfaſſung, durch welche der König in jenem Jahre sein Volk beglücken wollte,
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genügte Vielen nicht, welche sich größeren Beruf zur Mitregierung zutrauten.
Allmälig steigerte sich eine dumpfe Unzufriedenheit,
und zwar eine solche , welche nur aus Uebermuth entsteht , zur Leidenschaft; Begriffsverwirrungen und anmaßendes Absprechen traten an die Stelle besonnener Erwägung ― kurz , das „ Volk von Berlin " fühlte sich berufen, mehr Freiheit zu genießen , als ihm von einem weisen Landesvater beschieden werden konnte.
Als
daher in Wien am 15. März die Rebellion in helle Flammen ausbrach, vergaß Berlin Alles , was es seinem Regentenhause verdankte, und eine Maſſe unheimlichen Gesindels, vermischt mit vielen ausländischen Agenten, versuchte, gestützt auf die gesinnungs lose Haltung der Bürgerschaft,
der Regierung durch Frechheit
abzutrozen, was dieſe ihr wohl gestatten möchte. Am 16. März mußte die Garniſon von Berlin, nachdem sie mit endloser Geduld allen Unbilden der Volkshaufen zugesehen, den ge setzlichen Gebrauch von ihren Waffen machen, um diese zu zerstreuen. Schon Anfangs März hatten die Infanterie - Regimenter des 3. Armee - Corps den Befehl erhalten, sich auf die Kriegsstärke zu sezen ; zugleich sollten das 2. und Füsilier - Bataillon sich mit dem 1. in Frankfurt a. D. vereinigen und die Reserven ihnen dorthin nachfolgen. Am 11. März ward inzwischen das 1. Bataillon auf der Eisenbahn nach Halle befördert, wo ein Beobachtungscorps an der sächsischen Grenze formirt wurde, um etwaigen Aufſtänden in Leipzig und Sachsen gegenüber die öffentliche Ruhe zu sichern. Als die beiden anderen Bataillone, kaum mit der neuen Einrichtung des Gepäckes fertig geworden, in Frankfurt eintrafen , wurden am 17. das Füsilier - Bataillon und die 5. und 7. Compagnie nach der Umgegend von Berlin entsendet, wohin auch am 18. März die 6. und 8. Compagnie nachfolgten. An diesem Tage traf auch das 1. Bataillon wieder von Halle bei Berlin ein, und die Ba taillone wurden folgendermaßen einquartiert :
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Regimentsstab : Berlin (Hôtel de Russie) ; 1. Bataillon : Briß, Rixdorf, Treptow ;
2.
"1
Lichtenberg, Weißensee, Hohen - Schönhauſen ;
Füsilier - Bataillon : Friedrichsfelde, Marzahn. Der Oberst v. Chamier erhielt um 3 Uhr Nachmittags am 18. März, als die Volksaufregung einen bedenklichen Grad erreicht hatte, den Befehl, sich mit dem Regiment auf dem Alexanderplatz aufzustellen. Er ritt sofort nach Lichtenberg und Friedrichsfelde, während die Adjutanten den Befehl nach den übrigen Cantonnements mit Lebensgefahr zu bringen sich bemühten, und allarmirten die dor tigen Abtheilungen.
Als Sammelplatz war dem 2. und Füsilier
Bataillon der Gasthof „ die neue Welt “ vor dem Frankfurter Thor, dem 1. Bataillon der Frankfurter Bahnhof angewiesen. Mit Jubel vernahmen die Compagnien dieſen Ruf; mit Haſt rückte man aus , und der Marsch ward so beschleunigt , daß der Weg von
Meilen von mehreren in kaum einer Stunde zurück
gelegt wurde. Schwache Leute, welche in den Cantonnirungen als Wache zurückgelassen wurden , boten vergeblich ihren glücklichen Kameraden Geld an für einen Tausch ( manche gingen bis zu 2 Thalern ) ; Compagnien , welche um 2 Uhr mit Kranken und Maroden in die Quartiere gerückt waren, marschirten um 4 Uhr ferngesund aus ; Niemand wollte zurückbleiben, das gesammte Leib regiment seinen bedrohten König beſchüßen. Um fünf Uhr standen das 2. Bataillon , sowie die 9. und 11. Compagnie an der „ neuen Welt. "
Schon während des Nach
mittags war Major Graf Lüttichau , Commandeur des Füsilier Bataillons , in Begleitung des Lieutenants v. Kayserlingk , Ad jutanten des 2. Bataillons, nach Berlin geritten, hatte aber nicht weit vordringen können.
Es waren Barricaden errichtet, und dies
sowohl als die höchst ungezogene Haltung des Straßenpöbels, (den damals Zeitungsschreiber das „ edle hochherzige Volk " nannten)
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hatte beide Officiere zur Umkehr veranlaßt.
Indeß war dieser
Ritt von Nußen gewesen ; man wußte nun genau , was es galt, und woran man war. Um 5 Uhr traf beim Obersten von Chamier eine Ordonnanz des in Berlin commandirenden General- Lieutenants v. Prittwit mit dem Befehl ein „ das Regiment solle bis an das nächſte Thor rücken." Offenbar war dieser Befehl der Zeit nach zuerst gegeben, und nur wegen der Verhältnisse später als der andere angelangt. Der Oberst suchte daher nichts desto weniger in die Stadt ein zurücken , da ein längerer Aufenthalt am Thor ohne Nuzen war und dem Pöbel dadurch mehr Zeit zur Errichtung von Hinder nissen gelassen sein würde. Das Frankfurter Thor war verschlossen ; wie im Mittelalter zeigte sich auf der Mauer ein unbewaffneter Polizei - Beamter, der unverständliche Worte sprach.
Ein entseßliches Geſchrei begleitete
von innen seine Rede ; auch andere Personen haranguirten die Soldaten von dieſem Standpunkte herab. Nach vergeblicher Auf forderung, das Thor zu öffnen, wurde endlich dem Dinge dadurch ein Ende gemacht, daß die mit Aexten versehenen Mannschaften, vorgezogen, das Thor einhieben.
Alles verlief sich, und der Oberst
rückte ein bis an die Ecke der Krautsgasse und Frankfurterstraße, wo sich auch die 10. und 12. Compagnie endlich anſchloſſen. Auf dieser Stelle standen die beiden Bataillone, in Zug colonnen dicht aufgeschlossen , etwa 4 Stunden, und zwar unter Verhältnissen, wie sie wohl noch nie preußischen Truppen zuge muthet wurden : eingekeilt in dichte Menschenmaſſen, welche, durch Wuth und Trunk aufgeregt, sich zu den tollsten Exceſsen bereit zeigten ; vor sich die zum Theil abgedeckten Häuser der Weberſtraße und Krautsgaſſe , auf denen sich Kopf an Kopf drängte , endlich betäubt von unaufhörlichem ekelhaftem Geſchrei. Inzwischen stiegen Raketen in die Luft; Feuerfrösche und andere Feuerwerkskörper fuhren umher; und von allen Seiten naheten sich Aufforderungen
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an die Soldaten, überzutreten : ſeien doch auch schon die Garden übergegangen ; alle dieſe Nichtswürdigkeiten wurden jedoch mit still schweigender Verachtung angehört ; Niemand nahm die angebotenen Erfrischungen an.
Von ferne her hörte man einzelne Kanonen
schüsse, sonst war nichts von den Gefechten in der Stadt zu be merken.
Der abſtehende Wind und die hohen Häuſermaſſen ver
hinderten jede Verbreitung des Schalls. Gegen 9 , Uhr wurden , wie auf Commando , die Häuser in der Frankfurter Allee illuminirt : es hieß , die Truppen ſeien alle übergegangen und der König habe in alle Forderungen ge willigt. Mit wüſtem Geheul wurden diese Nachrichten vom Volke empfangen ; die Aufforderungen an das Regiment wurden drin gender; sie sollten jedoch bald schweigen.
Durch einen in der
Bedrängniß und Eile der letzten Tage leicht erklärlichen Zufall waren die Zündhütchen für die Reserve - Mannschaften des 2. Ba taillons liegen geblieben ; Niemand hatte weiter daran gedacht, bis jetzt Einzelne sich dessen erinnerten.
Die Stamm - Mann
schaften theilten in der Schnelle von ihrem Vorrath mit ; die dadurch im Bataillon entstehende Bewegung ward
vom Pöbel
mißverstanden ; er drängte sich an das Bataillon heran und rief sein Bravo in dem Glauben, das Bataillon wolle wanken. Plötzlich aber von ihrem Irrthum überzeugt, staute die Menge ebenso heftig zurück und drückte sich in die Häufer hinein.
Ein heller Feuer
schein / ging aus dem Westen her auf und in den teufliſchen Spuk strahlte mit mildem Licht der Vollmond hinab. Um diese Zeit waren die 1. und 2. Compagnie auf dem Stralauerplatz angelangt und hatten sich mit dem Regiment durch Patrouillen in Verbindung gesetzt ; dagegen waren die 3. und 4. Compagnie, auf hohen Befehl, während ihres Marsches nach Berlin auf den Anhaltischen Bahnhof dirigirt worden. Es war 10 Uhr vorbei, als der Hauptmann a. D. v. Loos (ſtarb in Paris als Hauptm. vom Gen. - Stabe) in Civilkleidern sich
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zum Oberst v. Chamier durchwand, und ihm den Befehl brachte, mit dem Regiment nach dem Alexanderplatz zu rücken . Er mußte Schuß in der Colonne suchen , das Volk hätte ihn ermordet. Der Oberst ließ nunmehr durch drei Trommelwirbel der Menge deutlich machen , daß jeder Widerstand mit Gewalt der Waffen unterdrückt werden würde.
Als Antwort darauf erfolgte , was
offenbar schon längst mit Raffinement vorbereitet war : ein entſeß licher Steinhagel von den Dächern, Schüsse aus vielen Fenstern fie wurden ohne Weiteres von den Leuten beantwortet.
Welche
materielle Wirkung die freiwillige Salve gehabt hat, konnte nicht festgestellt werden ;
einige Kerls
in Blousen stürzten aus den
oberen Stockwerken auf das Pflaster herab ; die heulende Menge zerstob ; die Bataillone schritten vor und zunächst wurden die Barricaden an der Ecke so weit geräumt , daß man sie einzeln passiren konnte.
In Reihen gesetzt , bewegten sich nun die Ba
taillone an den Häusern entlang, um sich etwas vor den Ziegel und Pflastersteinen zu sichern , welche, nebst anderen beweglichen Gegenständen, von den Dächern herab auf die Straße flogen. Alles diente den Empörern zur Waffe , selbst der Ekel , den ſie durch gewisse Projectile zu erregen suchten. Das Füſilier-Bataillon und die 5. Compagnie erreichte durch die Landsberger , die 6., 7. und 8. Compagnie durch die Kaiser straße den Alexanderplatz.
Während dieses Zuges , wo vielleicht
jede Colonne 7 Barricaden zu übersteigen hatte, war es physisch unmöglich, den Zusammenhang der Compagnie zu erhalten ; Alles drängte nach vorwärts , schoß hier und dort nach den Fenstern (wie denn unter anderen Hauptmann v. d. Osten einen Mann im zweiten Stockwerk erlegte, welcher sich durch Feuern bemerkbar machte), und so geschah es in den, zwischen den Barricaden offen gehaltenen Räumen, daß einzelne Soldaten, welche durch Fall oder Sturz von den Barricaden auf Augenblicke vereinzelt waren, mit Haken in die Häuser gezogen und dort auf empörende Weiſe be
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handelt wurden.
Ebenso konnte aber auch nicht verhindert werden,
daß ihre Kameraden blutige Revanche nahmen, und dazu, so wie zur Befreiung Anderer, in einzelne Häuser drangen, ohne die ge wöhnlichen Höflichkeitsformen zu beobachten. Auf dem Alexanderplatz stand General- Major v. Möllendorff mit Truppen des Garde - Corps ; dort war Zeit zum Sammeln, und die Gelegenheit dazu um so besser, als der Plaß durch den Brand eines hölzernen Circus hell erleuchtet ward.
Aus einigen
Häusern an der Landsberger Seite ward auf die Truppen ge schossen, ―――― ſie erwiederten dieses Feuer nun mit einem Eifer, der selbst den alten Engländer des Majors v. Didron *), der ohne Reiter die Frankfurterstraße hinuntergaloppirte , in Lebens gefahr brachte.
Denken wir uns , wie die jungen Soldaten aus
dem tiefen Frieden der kleinen neumärkischen Städte, ohne Arges zu wähnen, plötzlich mitten in das höllische Getreibe der Empörung versett und auf die nichtswürdigste Weise empfangen wurden ; wie sie durch das mehrſtündige Warten und den langen „ Dauer lauf" aufgeregt sein mußten , so wird dieser Wuthausbruch voll ständig erklärt und gerechtfertigt. Gegen 12 Uhr rückten unter der Führung des Majors Grafen Lüttichau (der Oberst war inzwischen durch einen schweren Steinwurf genöthigt worden, abzuſißen und sich zu erholen **) das 2. und Füsilier-Bataillon nach dem Schlosse ab ; die 1. und 2. Com pagnie besetzte die Bäckerei und das Strohmagazin. In fester Ordnung durchschritten die Bataillone die verödete
Königsstraße, welche, mit Trümmern überschüttet , einen wüsten
*) Der würdige Besizer starb wenige Jahre darauf als Oberſt-Lieutenant a. D. zu Lübben. **) Daß der Oberst von einem Unfall betroffen ſei, erfuhr man erſt hier ; einzelne Compagnien verlangten sogleich, nochmals zurückzugehen , um ihren Commandeur wieder aufzusuchen. Wir erwähnen dieses kleinen Zuges nur, um den Geist des Regimentes zu bezeichnen.
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Anblick bot.
Abtheilungen des 1. Garde - Regimentes , an den
Ecken aufgestellt, begrüßten die Bataillone mit freudigem Hurrah; und als die langen Grenadiere sich über die " kleinen Kerls " wun derten, erhielten sie zur Antwort : „ Ja wohl klein, aber nett, und ,,60 Patronen in der Tasche!" Um Mitternacht rückte , die Herzen erhoben und mit freu digem Muth, das Leibregiment in die alte Burg seiner Könige ein. Nun hatte es keine Noth mehr; ehe hätte der lezte Mann verbluten müſſen, bevor dieses Heiligthum von den frechen Fäusten der Empörer besudelt wurde. Während der Nacht und gegen Morgen ſtanden : das 2. Bataillon im Schloßhofe ; die 8. Compagnie die Seite nach dem Lustgarten beseßend ; die 6. Compagnie nach dem Zeughauſe detachirend ; das Füfilier - Bataillon mit der 9. Compagnie am Mühlen damm und die Eckhäuser des kölnischen Marktes, mit der 10. das Rathhaus besezend ; mit der 11. und 12. Compagnie am Eingang der breiten Straße. Die Nacht verging ruhig.
Ein Bild des regesten Kriegs
lebens gaben der Schloßhof und der Schloßplatz , auf welchen Pulver- und Granatwagen ab- und zufuhren , um die Truppen mit Munition zu versorgen ; zahlreiche Patrouillen brachten Ver haftete ein ; an Lebensmitteln war kein Mangel, und wenn auch dem Ernſteren manch' trüber Gedanke über das Ereigniß durch den Sinn fuhr, die jugendlichen Schaaren freuten sich, ihre Proben abgelegt zu haben und erwarteten mit wahrer Ungeduld die Fort sehung des Kampfes. Der König in seinem landesväterlichen Herzen hatte es anders beschlossen.
Am 19 ten mit Tagesanbruch wurden die be=
kannten Proclamationen mitgetheilt und den Truppen Befehl ge geben, jede Feindseligkeit einzustellen.
Es ist mit Gewißheit anzu
nehmen , daß das „ heldenmüthige “ Volk ſeinerseits
wohl jede
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fernere Berührung
mit den Truppen vermieden haben würde,
auch wenn Alles dies nicht geschehen wäre.
Wie dem nun aber
auch sei , um 11 Uhr wurden die Abtheilungen des Regimentes gesammelt und die Bataillone erhielten den Auftrag , nach ihren Cantonnirungen abzumarſchiren. Aus dem Benehmen des Pöbels bei diesem Rückmarsch kann. man auf seine Nichtswürdigkeit schließen. Das Füsilier - Bataillon ging durch die Leipzigerstraße zum Potsdamer Thor, und längs der Communication nach Friedrichs felde, um durch den Umweg die versperrten Straßen zu ver meiden. Das 2. Bataillon marschirte direct wieder durch die Königs- und Frankfurterstraße.
Der Major v . Didron, in deſſen
ehrenhaftem Sinn ein Gedanke an neue Schwierigkeiten nicht auf kam
und der den ganzen Höllensabbath
als abgemacht ansah,
ahnte nicht, daß er doch noch ernste Augenblicke sehen würde. In der Königsstadt angelangt, wurde das Bataillon allmälig von neuen Volkshaufen umgeben, die durch die schamlosesten, gemeinsten Beschimpfungen in einen bodenlosen Abgrund der Verworfenheit blicken ließen. Aus den Fenstern zeigte man blutige Tücher; auf einem Kellerhalse war auf einem Stuhle eine nackte Leiche be= festigt, über und über mit Blut besudelt.
Es war eine Scene,
bei welcher nur eines zweifelhaft blieb : ob dieses Volk mehr Ver achtung und Ekel als Haß einflößen könne.
Es war Sonntag !
An der Ecke der Weberstraße war in der Nacht von Neuem eine hohe Barricade errichtet , welche den Weitermarsch hinderte.
In
Straßen und Fenſtern drängten sich die Menschen in entschieden drohender Haltung.
Das Bataillon war dicht geschlossen ; jedem
Mann kochte das Blut ; es bedurfte nur eines kleinen Anlaſſes, um in einem weniger disciplinirten Haufen die Wuth_zum Aus bruch zu bringen.
Da fielen aus einem Fenster 2 Schüsse dicht
hintereinander, wahrscheinlich aus einem Doppellauf , denn beide Kugeln durchlöcherten den Helm des Feldwebels Horn der 5. Com
477
pagnie.
Im Nu knackten die Hähne , und es mußte die ganze
Autorität der Officiere , jede Faser der Disciplin angestrengt werden , um ein Blutbad zu vermeiden , wie es vielleicht ohne Gleichen gewesen wäre.
Der Major ließ Kehrt machen und unter
der Führung des Dachdeckermeisters Schirop nahm das Bataillon einen anderen Weg nach dem Stralauer Thor und von da in die Cantonnements *) .
Daß die zurückgebliebenen Officierburſchen
bis aufs Hemde rein ausgeplündert und mißhandelt wurden, ver steht sich von selbst. Doch dürfen wir auch nicht unterlassen , zu berichten , daß vielfältig brave Männer sich
die Rettung
und Soldaten angelegen sein ließen .
exponirter Officiere
So z. B. wurde der Ad
jutant des Füsilier-Bataillons, Lieutenant v . Hüllessem, bei einem Ritt von der Frankfurterstraße nach dem Stralauer Thor von der wüthenden Menge umringt , troß der heftigsten Gegenwehr, vom Pferde geriſſen und schon wollten einige der Schurken ihn mit ſeinem eigenen Säbel niederstechen, als es dem braven Fabrik besizer Herrn Jakob Franck (Holzmarktstraße 35) gelang, ihn den Händen der Cannibalen zu entziehen und sicher bei Seite zu ge leiten.
Auch der Beſizer des Hôtel de Ruſſie , Herr ? , hat ſich
mit Aufopferung bemüht, diesen Officier wie den Oberst v. Cha mier, am anderen Morgen sicher aus der Stadt zu bringen. Man möge sich nicht wundern , daß die Anstrengungen , Stein würfe, Pferdestürze, Mißhandlungen, welche diese Officiere erlitten hatten, sie für Stunden vollſtändig dienstunfähig machten.
Solchen
Erlebnissen sind die härtesten Naturen nicht gewachsen. *) Hauptmann v. Stenzsch ging mit Herrn Schirop als Parlamentair auf 300 Schritt voraus , um die Hindernisse zu beseitigen. " Es war ein „schlimmer Gang," sagt der verehrte Mann,,, aber die Belohnung blieb auch " nicht aus , sie kam nur 30 Jahr zu spät. Auf dem Stralauer Plaz war „ ein Haufe von Weibern versammelt, fie fielen mir auf die Versicherung, daß „ Friede und Alles vorbei sei , der Reihe nach um den Hals und küßten und ,,herzten mich tüchtig. Keine dieser Schönen zählte unter funfzig Lenzen. "
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Es liegt nicht im Plane dieser Arbeit , den Kampf an den anderen Brennpunkten zu erzählen, welche durch die unsichtbaren, ihrer Sache kundigen Leiter des Aufstandes bald die Hauptangriffe der Truppen auf sich zogen.
So viel ist indeß schon hier zu
sagen , daß die Leitung der Truppen eine systematische, wenn auch höchst schwierige war und daß jeder Punkt , den sie an griffen, auch schließlich überwältigt worden ist. Wie das Vertrauen des Königs vom Berliner Volke er wiedert wurde , darüber erzählt die Geschichte bis zum Monat November 1848 warnende Beispiele für alle die, welche glauben, eine empörte , wahnsinnige und verderbte Menge nur mit Güte zur Ordnung zurückführen zu können. Von dem Verlust von 3 Officieren, 17 Unterofficieren und Gemeinen an Todten, 14 Officieren, 239 Unterofficieren und Ge meinen an Verwundeten, welche dieser Tag den Truppen kostete, kommen auf das Leibregiment 1 Officier (Lieutenant v. Zawadzki), 27 Unterofficiere und Gemeine.
So wurde von den Berlinern
der 3. Einzug des Leibregimentes gefeiert.
(Der 2. hatte gerade
45 Jahre zuvor, am 17. März 1813, stattgefunden.) Für lobens werthes Benehmen an diesem Tage erhielten später Lieutenants Bothe und v. Gorszkowski den rothen Adlerorden IV. Klasse ; Unterofficier Hoppe und Musketier Edler das allgemeine Ehren zeichen.
Am 20. März erhielt das Regiment Befehl, sich in Weißensee zu sammeln , und trat den Marsch über Pankow auf Spandau an.
In Pankow erschöpften sich die Bewohner in Lobeserhe
bungen über die Haltung der Truppen und beschenkten ſie mit einem
reichen Vorrath von Lebensmitteln.
Zum
ersten Male
konnten sich die Officiere wieder im kameradschaftlichen Kreise zusammensehen und nach dem Beispiel der Vorfahren den Bund erneuen, der die preußischen Herzen in der Liebe und Hingebung
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zu ihrem Könige stark macht.
Denn die Officiere sind das Regi
ment; sie erhalten im Frieden den Geiſt desselben, ſie ſind allein, beim steten Wechsel der Personen, das constante Element desselben. Das 1. Bataillon kam nach Charlottenburg. Nach wenigen Tagen wurde das Regiment nach Magdeburg beſtimmt. Beim Durchmarsch durch Potsdam hatte es die Ehre, vor Sr. Majestät in Parade zu stehen ; Allerhöchstdieſelben sprachen sich huldreichst über die Leistungen aus und befahlen einen Vorbei marsch.
Da sich Niemand darauf gerade vorbereitet hatte, war
das Ajustement ein so sonderbares, wie es wohl selten in Pots dam gesehen worden ist.
Durch den Straßenkampf in Berlin
waren vielen Leuten Helme und kleine Ausrüstungsgegenstände verloren gegangen; dagegen hatten zwei ,, Lustigmacher " eine Eule und ein Eichkäßchen erwischt , welche sich auf den Torniſtern ein ― Auf der Eisenbahn wurden die Truppen
Quartier gesucht hatten. weiter befördert.
Von Magdeburg ging die 8. Compagnie als mobile Colonne nach Seehausen, Hölensleben , Harpke, Weferlingen und zurück, um den Bewohnern zu zeigen, daß sich noch Soldaten genug in des Königs Dienst befänden ,
um die Ordnung im Lande zu
erhalten. In Sommerschenburg wurde die Gelegenheit nicht ver fehlt, den Manen des verewigten Feldmarschalls v. Gneisenau eine andächtige Erinnerung zu weihen. Die Hoffnung, daß das Regiment , welches in dieser Zeit mobil gemacht werden sollte, zu einem bei Bamberg zu concen trirenden Corps stoßen würde, ging leider nicht in Erfüllung. Dagegen ward es am 8. Mai auf die Eisenbahn gesezt und nach Glogau gebracht. Während der Fahrt hatte es sich in Frankfurt sowohl als in Glogau der glänzendsten Aufnahme, dort von Seiten der Bürgerschaft, hier von Seiten der Kameraden, zu erfreuen. In der Provinz Posen war eben durch das Gefecht bei Wreschen der lezte Widerstand der Aufſtändischen gebrochen und
480
es gab für den guten Willen nichts weiter zu thun , als ver borgene Waffen zu suchen und kleine Märsche durch das Land zu machen, um die Gegenwart der Macht des Königs dem be thörten Landvolke immer lebendig vor Augen zu bringen.
Daß
beim Suchen nach Waffen auch manchmal intereſſantere Gegen stände, als Ungarwein und Honig , gefunden wurde , mußten die Mönche im Kloster Gostyn erfahren. gung im Ganzen sehr einförmig .
Doch war diese Beschäfti
Die Provinz war in Militär
districte eingetheilt, in welchen die Truppen die Ordnung zu be wachen hatten.
Der des Leibregiments und 1. Ulanen- Regiments
stand unter dem Commando des General - Majors v. Thümen. Obgleich ein höchſt liebenswürdiger , ritterlicher Vorgesetzter und Kamerad, litt derselbe wohl eben so sehr wie seine Untergebenen unter der unangenehmen Bestimmung, und so kam es denn, daß der Aufenthalt in den kleinen Städtchen durch die später erfol gende Heranziehung des 1. und Füsilier - Bataillons nach Posen auf sehr willkommene Weise abgekürzt wurde.
Im Herbst dieſes
Jahres ward das Regiment zu seinem großen Leidweſen jedoch zum 5. Armee - Corps versezt und bildete mit dem 5. Regiment die 10. Brigade unter dem General v. Knobloch.
Unter Leitung
dieses beim Regiment im dankbarsten Andenken stehenden Vor gesetzten wurde das Füsilier-Bataillon mit dem neuen Zündnadel gewehr bewaffnet und ausgebildet. Der Aufenthalt in der Provinz und Stadt Posen gewährte anfangs keine freundlichen Seiten.
Auf dem Lande und in den
kleinen Städten hatte man bei den bekannten Gesinnungen der Bewohner auf keine leidliche Aufnahme zu rechnen .
In den er
bärmlichen Hütten , denen die Heimlichkeit des deutschen Hauſes fehlt, auf der unreinlichen Lagerstätte, wo unsichtbare Mächte den allgemeinen Familienpelz aus einer Ecke in die andere zerrten, war die Mannschaft gezwungen , die Bekleidung Winterhalbjahres auf dem Leibe zu tragen.
während des
Die schlechte Kost,
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das schlechte Wasser, die theilweis fumpfige Gegend : Alles dies erzeugte bald Seuchen und manche Compagnie zählte weit über 50 Kranke an gastrisch - nervösen Fiebern. das Schicksal der Leute.
Die Officiere theilten
Die Kirchhöfe der Provinz sowohl als
der Festung zeugen von der Wahrheit des hier Ausgesprochenen, denn der Verlust des Regimentes vom 13. Mai 1848 bis zum October 1849 betrug : 3 Officiere, 8 Unterofficiere, 1 Chirurgus und 178 Gemeine an Todten. Rechnet man hinzu, daß in dem nämlichen Zeitraum 2 Unterofficiere und 227 Gemeine in Folge überstandener Krank heiten entlassen werden mußten, so ist der Totalverlust von 3 Offi cieren, 10 Unterofficieren und 405 Gemeinen eben so groß als derjenige der in Schleswig und Baden verwandten Truppen, welche doch noch Ruhm , Ehre, und nach Umständen Wohlleben gehabt haben.
Verhältnißmäßig am schlechtesten war das Unterkommen
der Mannschaft in Posen selbst ; das Quartierwesen befand sich nicht auf der Höhe, die die starke Garnison erforderte.
Man
verlangte von dem Soldaten , daß er es sich im 5. Stock im engen Dachraum bequem mache , wo er kaum Platz zum Liegen fand.
Daß es ihm in solcher Einsamkeit und Enge nicht erträglich
war, daß er das Freie suchte und nur in den engen Straßen fand, daß sich bei dem ungezogenen Benehmen der Jüdenſchaft kleine Straßenercesse ereigneten , war nicht zu verwundern.
Unter so
unangenehmen Tagen verstrich endlich das Jahr 1848.
1849. Das erste und inhaltvollste Ereigniß dieses Jahres ist der Neujahrsgruß des Königs an sein Heer, den wir zum bleibenden Gedächtniß hier aufbewahren wollen : ,,Ich wünsche Meinem herrlichen Kriegsheere, Linie und Land „ wehr, Glück zum neuen Jahre.
Am Schluß des verhängnißvollen
„ Jahres 1848 aber sage Ich dem Heere aus wahrestem Herzens 31
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,,bedürfniß anerkennende Worte für sein unvergleichliches Verhalten „ während desselben.
In dem verflossenen Jahre, wo Preußen der
„ Verführung und dem Hochverrathe ohne Gottes Hülfe erlegen „ wäre, hat Meine Armee ihren alten Ruhm bewährt und neuen ,,geerndtet. König und Volk blicken mit Stolz auf die Söhne des ,, Vaterlandes .
Sie hielten ihre Treue, als Empörung die fried
„ liche Entwickelung der freisinnigen Inſtitutionen ſtörte, denen Ich ?? Mein Volk besonnen entgegenführen wollte.
Sie schmückten ihre
„ Fahnen mit neuen Lorbeeren , als Deutschland unserer Waffen ,, in Schleswig bedurfte.
Sie bestanden siegreich Mühseligkeiten
„, und Gefahren, als im Großherzogthum Posen die Insurrection ,,zu bekämpfen war.
Ihre Mitwirkung zur Erhaltung der Ord
,,nung in Süd- Deutschland erwarb dem preußischen Namen neue „ Anerkennung . -— Als endlich im Vaterlande selbst die Gefährdung
" des Gesetzes das Einschreiten der bewaffneten Macht und das ,,Zusammenziehen der Landwehr erheischte, verließen die wackeren „ Landwehr - Männer freudig Haus und Hof, Weib und Kind, „ und Alle , Linie und Landwehr , rechtfertigten Mein in ſie ge ,,setztes Vertrauen und die bewunderungswürdige Organisation, ,,welche der hochselige König unserem Heere gegeben hat. Ueberall „ hat die Armee ihre Pflicht gethan. Höher noch als diese Thaten 11, schlage Ich aber die Haltung an , welche die Armee Monate „ hindurch bewährt hat, als sie abscheulichen Schmähungen, Ver ,,läumdungen und Verführungen ihren vortrefflichen Geist und
?? edle Mannszucht entgegenstellte.
Ich kannte Meine Armee, wo
„ Ich rief, stand sie bereit, in voller Treue, in voller Disciplin. „ Mehr hätten die Truppen in Preußens glorreichster Epoche nicht ,,leisten können.
Ich danke den Generalen, Officieren, und Sol
,, daten des stehenden Heeres und der Landwehr in Meinem Namen 11 und im Namen des Vaterlandes.
Potsdam, den 1. Januar 1849.
Friedrich Wilhelm." (ggez.) v. Strotha.
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Am 2. Januar wurde Oberst v. Chamier als Commandeur der 13. Landwehr - Brigade nach Münster versett.
Wir verloren
einen Führer, der sich die Liebe und Achtung seiner Untergebenen in feltem hohem Grade angeeignet hatte. vom
Major v. Hofmann
3. Infanterie - Regiment trat an seine Stelle.
Im Laufe
dieses Jahres wurde das Regiment demobil gemacht. Am 4. December wurde der nunmehrige Oberst - Lieutenant v. Hofmann als Commandeur zum 3. Infanterie - Regiment ver sezt und durch den Oberst v. Manstein, bisher Commandeur des 21. Infanterie - Regiments , ersetzt.
Mit Freuden sah das Re
giment wieder einmal einen aus seinen Reihen hervorgegangenen Führer an seiner Spite.
1850. In Folge der Maßnahmen der preußischen Regierung zur Regelung der Hessischen Verhältnisse erhielt das Regiment am 9. October Befehl, sich marschfertig zu halten ; um zum 3. Armee Corps überzutreten. Das 2. Bataillon ging am 19. October direct nach Küſtrin ; das 1. Bataillon am 21. October über Stettin auf der Eisenbahn nach Berlin ; von wo es jedoch schon am 23sten nach Erfurt befördert ward.
Se. Königliche Hoheit Prinz Albrecht fanden sich
auf dem Bahnhofe ein und wünschten dem Bataillon Glück zu seiner ehrenvollen Bestimmung. In Erfurt brachte eine telegraphische Depesche die Nachricht, daß das Bataillon zu dem in Weimar und Hessen aufzustellenden Corps unter Befehl des General - Lieutenants Grafen v. d . Gröben stoßen sollte.
Alle Kranken und Recruten wurden in Erfurt zurück
gelassen, so daß das Bataillon nur mit 350 Mann seinen Marsch nach der hessischen Grenze fortsette.
Es war der Division des
General-Lieutenants Fürsten Radziwill zugetheilt und stand zunächst in der Reserve bei Lengsfeld.
31 *
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Alle Anstalten wurden getroffen , um einem Einmarsch der österreichischen und bairischen Truppen schnell entgegenzutreten, Fanale errichtet und die Wege zur schnellen Versammlung re cognoscirt. Am 2. November Morgens 2 Uhr rückte das Bataillon von Lengsfeld nach Geysa ab ; traf dort um 9 Uhr ein, und verblieb nach einer Vorbewegung gegen Hünefeld und obligatem Zurück gehen in Geysa als Soutien für eine gegen die baierische Grenze vorgeschobene Jäger - Compagnie.
Man war 17 Stunden auf den
Beinen gewesen . Bald darauf zur Division des Generals v. Bonin verseßt, trat das Bataillon zu deſſen Avantgarde über.
Die Erinnerung
an die Märsche dieser Zeit, welche theils unter strömendem Regen in tief aufgeweichtem Boden , theils in finsterer Nacht gemacht wurden, ist keine sehr angenehme, doch waren die Leute freudigen Muthes, der sich noch steigerte, als am 6 ten nach Verlesung einer sehr vorsichtig gestellten Kriegserklärung die Gewehre geladen wurden. Die Avantgarde ging bis an den Haunbach vor, wobei ſich der sonderbare Fall ereignete , daß eine Ulanen - Schwadron in Nieder- Dürlos, sich einquartieren wollend, schon Baiern fand. Wahrscheinlich hatten auch diese die Weisung, vorsichtig Krieg zu führen : es fiel kein Schuß und die Schwadron ging ruhig zurück. Endlich am 8. November nahm die Avantgarde (1. Bataillon des 8. , 2. Bataillon des 15. Infanterie - Regiments, 2 Schwa dronen des 5. Ulanen - Regiments und 1 reitende Batterie) Stel lung bei Margarethenhaun.
Morgens um 8 Uhr stieß auf die
Vorposten des Fürſten Radziwill eine baierische Truppenabtheilung. Nachdem einige Schüsse aus weiter Entfernung gewechselt worden waren , gingen die Feldwachen auf die Replis zurück,
und es
wurden auf Grund eines Allerhöchsten Befehls die Feindseligkeiten eingestellt. Dies war "1 die Schlacht bei Bronzell ", von der man bei der Division v. Bonin , in größter Spannung der Entwickelung
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der Lage harrend , nur Schüsse hörte.
Sie endigte mit einem
höchst beschwerlichen Rückmarsch, da der fortwährende Regen alle Wege grundlos gemacht hatte.
Man mußte die mit Lebensmitteln
beladenen Bauerwagen, die man mit sich führte, vollständig ent lasten. An der „ Kalten Herberge " traf das ganze Corps zuſammen und hatte dort Gelegenheit , das einzige Opfer dieses Feldzuges, einen verwundeten Trompeter- Schimmel zu sehen und zu bedauern. Bekanntlich wurde die Armee in dieſen Tagen mobil gemacht, um den weiteren Verhandlungen zum Hintergrund zu dienen ; daraus erfolgte ein längerer Aufenthalt des combinirten Corps in dieser Gegend , bis es am 10. December aufgelöst ward und am 14ten das Bataillon den Rückmarsch zum 3. Armee - Corps antrat.
General - Lieutenant Graf v. d. Gröben
gab ihm das
Geleite aus Vacha, und sprach sich wohlwollend über sein Ver halten aus. Auf der Eisenbahn gelangte man nach Jüterbogk und traf am 18. December in Liebenwerda ein, während die beiden anderen Bataillone schon Anfangs des Monats nach Elsterwerda und Um gegend befördert worden waren. 1851 und
1852.
Am 4. Januar erhielt das Regiment Ordre, zu einem in der Priegniß zu formirenden Corps, unter Befehl des General - Lieute nants v. Wuſſow, zu stoßen.
Es marſchirte daher am 6ten aus
ſeinen Cantonnements ab und traf am 12 ten in Potsdam ein, wo es die Ehre hatte, von Sr. Majestät besichtigt zu werden. Allerhöchstdieselben geruheten hier ,
dem Obergefreiten Friedrich
der 7. Compagnie, welcher seit 1804 im Dienſt, von der Stiftung des Regiments an bei der Fahne desselben geblieben ist, so viel Thaler zum Geschenk zu machen , als er Lebensjahre zählte ; es waren 64. Das Officiercorps des 1. Garde - Regiments gab dem unſerigen ein glänzendes Diner.
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Bei Wittenberge und Perleberg wurden die Truppen am 20. Januar vereinigt ; 11 Bataillone, 12 Schwadronen und 3 Bat terien.
Um die Angelegenheiten zwischen Dänemark und dem deut schen Bunde friedlich zu Ende zu führen , war auch schon ein österreichisches Corps unter dem Feldmarschall Lieutenant v. Lege ditsch nach Hamburg entfendet worden. Im Verein mit diesem ſollten die preußischen Truppen Holſtein beseßen, die Entwaffnung der dortigen Armee herbeiführen und Rendsburg sichern. Zu dem Ende wurden das 1. und 2. Bataillon nach dieser Festung com mandirt , während das Füſilier - Bataillon vorläufig in Perleberg und Gegend verblieb.
Das 1. und 2. Bataillon vom Februar 1851 bis Juli 1852. Die Besetzung von Rendsburg geschah am 9. Februar in Gemeinschaft mit 2 Bataillonen des österreichischen Regimentes Fürst Karl Schwarzenberg Nr. 19, unter Commando des Obersten Baron v. Paszthory.
Zum Commandanten der Festung ward für
2 Monate der österreichische General - Major Signorini ernannt. Die erste Bekanntschaft mit den neuen Kameraden war ledig lich auf ein sehr verwundertes gegenseitiges Anschauen beschränkt, da sie Ungarn waren und wenige von ihnen ebenso wenig deutsch, als die Brandenburger ungarisch sprachen.
Der erste Eindruck,
den diese Gestalten auf den preußischen Soldaten machten, ward durch Wizbolde erläutert , welche behaupteten , schon früher die Bekanntschaft mehrerer von ihnen , in bürgerlicher Kleidung als Reisende für Maufefallen und Drathwaaren - Geschäfte gemacht zu haben. Die Festung machte einen schwermüthigen Eindruck ; die Ein wohner waren kalt und wortkarg und die wenigen zurückgeblie benen holsteinischen Militärs ſchloſſen ſich absichtlich von den Preußen ab.
Ihre Verstimmung war erklärlich, aber nicht in dem
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Grade berechtigt, wie sie gezeigt ward.
Die Straßen waren eng,
öde und leer ; hier zeigten sie noch deutliche Spuren der vor Kurzem erfolgten Zerstörung durch
Explosion
eines
riums ; dort aber viel Wohlhabenheit und Reinlichkeit.
Laborato Traurige
Erinnerungen weckten die vielen Krüppel und Schwerverwundeten, welche, noch von der Jdstedter Schlacht her , ihr sieches schmer zensvolles Leben hier herumschleppten ; so mancher blühende Jüng ling unter ihnen sah eine dunkele, sorgenschwere Zukunst vor sich. Anfangs verging kein Tag , an dem nicht die dumpfen Klänge österreichischer oder preußischer Trommeln ein Opfer nach dem anderen dieses unglücklichen Kampfes zu Grabe geleiteten ; der Kirchhof gab Zeugniß , wie viele ihrer schon auf den Altar des Vaterlandes dargebracht waren. Mit Schwierigkeiten war es verknüpft, auf einem sehr engen Raum über 4000 Mann unterzubringen; noch schwerer aber war es, unter diesen so verschieden denkenden und empfindenden Leuten ein einigermaßen erträgliches Verhältniß zu bewahren. Um allen Reibungen so viel als möglich vorzubeugen , war jeder Nationa lität ein Quartier der Stadt angewiesen , in dem sie sich einzu richten hatte.
Das Kronwerk war ausschließlich von Dänen be
sett, welche, durch die Eider von der Stadt getrennt , in gar keine Berührung mit den Bundestruppen und der Bevölkerung kamen. In der Festung diesseits aber war die alte Stadt den Oester reichern, das „ Neuwerk " mit seinen Baracken den Preußen zum größten Theil angewiesen.
Diese Einrichtung verblieb , bis das
Regiment die Kriegsreserven entließ und der Ausfall durch das 2. Bataillon 24. Infanterie-Regiments gedeckt wurde. Man brachte dies lettere ohne alle Rücksicht auf bestimmte Stadttheile in Bür gerhäuser unter, und da die Wirthshäuser, in denen der Soldat sich wohl fand, überall zerstreut lagen, so konnte es an Gelegen heit zu Reibungen nicht fehlen. Die beiden Officiercorps suchten durch gegenseitiges Ent
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gegenkommen das gute Einvernehmen der Soldaten nach Kräften zu fördern, und das wurde ihnen in so fern leichter, als in beiden die deutsche Sprache Umgangssprache war.
Nur die Holsteiner
stießen ab ; und wo sich dann Schlägereien entwickelten, kamen sie meist von diesen her. Der Dienst war abwechselnd von beiden Truppen gethan und es war von Intereſſe, die Sitten und Gebräuche der Oester reicher kennen zu lernen.
Leider waren Mißverständniſſe und, in
ihrer Folge , Verstimmungen nicht zu vermeiden ; die Ursachen waren so mannigfach, so wenig vorherzusehen , daß man ihnen selten rechtzeitig entgegentreten konnte ; dann erfolgte wohl eine Verständigung; so recht klar kam man aber nie auseinander. Bemerkens- und nachahmungswerth war das sichere und entschiedene Auftreten der österreichischen Truppen in allen Ver hältnissen.
Es wurde weniger geschulmeistert und ein kleines Ab
weichen von der Linie nicht berücksichtigt, welche bei uns ſo ängstlich innegehalten werden muß, um ewigen Rücksichten und unaufhör lichen Reclamationen Rechnung zu tragen.
Und doch herrschte, in
dienstlicher Ausübung, bei Jenen eine sehr feste Disciplin. Manche schöne und kameradschaftliche Stunde hat jedoch die österreichischen und preußischen Officiere vereint, deshalb sei hier mit Recht aller Kameraden des Regimentes Schwarzenberg in freundlicher Erinnerung gedacht.
Tage des Glanzes und der Ver
einigung waren vornehmlich die Geburtstage beider erhabenen Monarchen. Auch das Vernehmen mit der Bürgerschaft war allmälig ein vertraulicheres geworden.
Aus dem warmen Händedruck, und
den Worten vieler Rendsburger konnte man am Tage des Ab schiedes schließen, daß man uns ungern heimwärts ziehen sah.
Am 18. Februar verließen die Bundestruppen Rendsburg, und die Dänen nahmen die alte deutsche Eiderfeste in Besit.
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Aus den Cantonnements bei Perleberg war inzwischen das Füsilier-Bataillon nach Berlin, September 1851 , gezogen worden, und war im Frühjahr 1852 der Ehre theilhaftig , in Charlotten burg während des Aufenthaltes Ihrer Majestäten den Wachtdienst zu thun und sich vielfacher Beweise königlicher Huld zu erfreuen. Als daher das Regiment wieder ganz dem 3. Armee- Corps zurück gegeben ward, erhielt das 1. Bataillon die Stadt Prenzlau , das 2. Bataillon Küstrin zur Garnison. Die Stadt Prenzlau hatte ihrer neuen Besatzung einen recht herzlichen, ehrenden Empfang bereitet, der , von der Umgegend durch zahlreiche Theilnahme noch bedeutender gemacht, nicht ver fehlen konnte , die entsprechendsten Gesinnungen im Bataillon zu erwecken, und ein besonderes Intereſſe durch die Theilnahme des von der Schlacht von Wartenburg her wohlverdienten alten Re gimentsmitgliedes, nunmehrigen Obersten a. D. Grafen Schwerin Wolfshagen erhielt.
Der Magistrat der Stadt und der verehrte
Landrath des Kreiſes , Herr v. Stülpnagel, hatten durch anſehn liche Geschenke auch den Unterofficieren eine besondere Freude be reitet.
Aus dem friedlichen Leben dieser Zeit hebt sich der Em
pfang des hochseligen Kaisers Nicolaus von Rußland Majestät in Berlin heraus, welcher durch eine glänzende Truppenverſamm lung in Berlin gefeiert ward .
Auch das 1. Bataillon rückte zu
diesem Zwecke nach der Hauptstadt. Se. Majestät der König hatten durch Stiftung der hohenzollerschen Medaille allen Denen, welche in den Jahren 1848 und 49 in der Armee dienten , einen Be weis königlicher Anerkennung gegeben. Am 1. Juli fand der schon früher angeordnete Wechsel des 1. und Füsilier - Bataillons statt, so daß dieses nach Prenzlau, jenes nach Berlin kam.
War dieſes Wechseln für die Füsiliere
auch recht hart, so konnte ihnen doch die Anerkennung der höchsten Vorgesetzten , namentlich des General - Lieutenants v. Möllendorf, Commandeur der Garde - Infanterie, "1 daß das Bataillon stets
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seinen Neid erregt habe ", den Schmerz der Trennung einiger maßen versüßen. Das Jahr 1852 sah die beiden letten Officiere aus dem Regiment scheiden , welche seit 1813 noch in demselben gedient und die Feldzüge in demselben mitgemacht hatten.
Zunächst hatte
der Oberſt-Lieutenant v. Pröck auf sein Ansuchen den Abschied er halten. Das Officiercorps suchte durch Ueberreichung eines kunst vollen Geschenkes dem würdigen Officier, welcher allen Schlachten und Gefechten des Regimentes, ohne je einen Tag von der Fahne abwesend zu sein , beigewohnt hatte, die Stunde des Abschiedes leichter zu machen. Sodann ward am Schlusse der Herbstmanöver der Oberst v. Manstein auf dem Uebungsfelde zum Commandeur der 4. Bri gade ernannt. Wenn die lezte Mahnung des verehrten Führers an das Regiment die war „ sich stets zu erinnern, daß der Ruhm seiner Fahnen und seines Namens nicht auf dem Paradeplag, ſondern mit Strömen von Blut auf dem Schlachtfelde erkauft sei ", einen tiefen Eindruck auf seine Untergebenen machte, so suchte das Officiercorps durch Ueberreichung eines Degens beim Abschiede ihm die Versiche rung zu geben , daß es diese Worte zu beherzigen sich bemühen werde. An seine Stelle trat der bisherige Commandeur des mecklenburg - strelitzschen Bataillons, Oberst - Lieutenant v. Sydow. Auch das 1. Bataillon hatte die Ehre , in Charlottenburg, gegen das Ende des Jahres, den Dienst im Schlosse zu versehen. 185 3. In diesem und den folgenden Jahren verblieb das Regiment in seinen Garnisonen und verließ dieselben nur während der Herbst übungen , welche für dieses Jahr anfänglich in der Diviſion bei Frankfurt a. D. , dann in den gemeinschaftlichen Manövers des Garde = und 3. Armee- Corps zwischen Müncheberg und Berlin stattfanden.
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1854. Das Regiment vereinigte sich zu den Herbstübungen in Frankfurt a. D.
Nach denselben wurde das 1. und 2. Bataillon
mit Zündnadelgewehren bewaffnet.
1855. Der Versammlungsort des Regiments zu den Diviſions übungen war in diesem Jahre Müncheberg. 1856. Die 5. Division vereinigte sich zu den Herbstübungen in und um Küſtrin.
Der größere Theil Detachementsübungen fand in
der Umgegend von Zorndorf statt.
3m December hatte das
1. Bataillon die Ehre, in Charlottenburg den Dienst im Schloſſe zu versehen.
1857. In diesem Jahre wurde der Oberst v. Sydow , welcher sich um das Regiment vielfach verdient gemacht hatte, zum Comman deur der 25. Brigade und zu seinem Nachfolger im Commando des Regiments der Oberst Marschall v. Sulicki ernannt. Am 30. April fand die Feier des 50jährigen Dienſtjubiläums des Obergefreiten Friedrich in Küstrin statt.
Der Jubilar ward
am Morgen durch eine Deputation zu der vor seiner Wohnung aufmarschirten 7. Compagnie geführt, woselbst ihm durch den Chef derselben eine Ansprache gehalten und ein mit bezüglicher Inschrift versehenes Faschinenmesser als Geschenk von der Compagnie über reicht wurde. Gegen Mittag fuhr der Commandeur des Bataillons mit dem Adjutanten nach der Wohnung des Obergefreiten Friedrich, überreichte demselben ein Geldgeschenk von 50 Thalern , welches Se. Majestät aus eigener Schatulle Allergnädigst zu übersenden
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geruhte ; andere 50 Thaler , welche der Kriegsminister Excellenz für den Jubilar bewilligt hatte, und eine goldene Ankeruhr nebst Kette als Präsent von dem Officiercorps , und begab sich dann mit ihm nach dem Paradeplag, wo die versammelten Officiere ihre Glückwünsche aussprachen. Hierauf fand in dem militärisch decorirten Officier- Speisesaal ein Festessen statt , zu welchem die Feldwebel und Deputationen der Unterofficiere und Mannschaften des Regiments herangezogen waren. Der alte Friedrich war sichtlich gerührt und zeigte dies be sonders beim Lesen des von dem Regiments - Commandeur erhal tenen ehrenden Schreibens, welches wir wörtlich folgen lassen:
An den Obergefreiten Friedrich der 7. Compagnie.
11 Sie feiern heute ein schönes und feltenes Fest : dasjenige „ des funfzigjährigen Dienſtjubiläums als Soldat in Reih' und „ Glied, und zwar in den Reihen des Leibregiments Sr. Majestät, „ deſſen ruhmvolle Kriegsjahre Sie miterlebten und
"1 Kriegsthaten Sie Antheil hatten.
an deſſen
Sie haben diese lange Dienſt
„ zeit in der ehrenvollſten Weise und als ein braver Soldat hinter ,, legt , nicht blos insofern Sie dem Feinde gegenüber Treue und „Hingebung für Se. Majestät und
das Vaterland bewährten,
„ sondern auch weil Ihre ganze Führung eine musterhafte war. „ Durch Ihr Beispiel übten Sie stets den besten Einfluß auf die „jüngere Mannschaft aus, von welcher in den langen Jahren so „ viele Geschlechter an Ihnen vorübergingen , die sämmtlich und "gleichmäßig dasselbe gute Vorbild des pflichtgetreuen Soldaten „ in Ihnen fanden.
Sie feiern daher heute einen wahren und
,, wohlverdienten Ehrentag und das ganze Leibregiment feiert den ,,selben mit Ihnen .
Es beglückwünscht Sie, den braven alten
„ Kameraden, daß das Schicksal Ihnen das Glück zu Theil werden
493
,,ließ, funfzig Jahre hindurch Sr. Majestät dem Könige mit dem „ Gewehre in der Hand zu dienen , einst tapfer vor dem Feinde ,,und dann als musterhafter Soldat im Frieden.
Es beglück
„ wünscht Sie, daß Ihnen vergönnt wurde , dieſen Jubeltag in ,,der Gesundheit eines noch frischen Greises zu verleben .
Es
,,wünscht Ihnen von Herzen die wohlverdiente Fortdauer des „ Wohlergehens auf dem übrigen Theile Ihres Lebensweges. Die Officiere, Unterofficiere und Soldaten des Leib - Infanterie - Regiments.
In ihrem Namen : Der Oberst und Commandeur (gez.) Marschall von Sulicki.
Die Herbstübungen fanden anfänglich in Frankfurt a. O. ſtatt. Dann vereinigte sich das 3. Corps zu den gemeinschaftlichen Ma növers mit dem Garde - Corps zwischen Berlin und Spandau.
1858. Der 26. Auguſt dieſes Jahres war der funfzigste Jahrestag des Regiments als Leibregiment und wurde als ein Festtag an gesehen. Das gerade zu den Herbstübungen in Frankfurt a. D. ver einigte Regiment hat den Tag , wenn auch nicht als ein Jubi läum, so doch als einen Tag des freudigsten Jubels und als ein patriotiſch - ſoldatisches Familienfest gefeiert.
Die gesammte Mann
schaft wurde Vormittags nach dem Brigade - Exerciren auf dem Kunersdorfer Schlachtfelde mit einem Frühstück bewirthet und das Regiment hierbei von einer Deputation der sämmtlichen in Frank furt lebenden , aus dem Leibregiment stammenden Veteranen mit Lorbeerkränzen für die Fahnen und mit einer schönen und ehrenden Ansprache begrüßt. Beim Einrücken in die Stadt sah es sich auf der Oderbrücke von einer inzwischen „ zu Ehren des Leibregiments "
494 errichteten großartigen Ehrenpforte und von dem feierlichen Em pfang durch das gesammte Veteranen - Corps, zum Theil Wunden und Kriegsdecorationen tragende, alle Stände vertretenden Männer in wahrhaft herzerhebender Weise von Neuem überrascht.
Das
Regiment dankte mit drei kräftigen Hurrahs den würdigen Kriegern und wurde in Parade durch ihr Spalier hindurch in die Stadt geführt. Das Festdiner war in dem schönen Saale der Loge.
Das
Officiercorps des Leibregiments als Gastgeber hatte die höheren Befehlshaber der Diviſion und die im Orte lebenden früheren Officiere des Regiments, sowie die Deputation der Veteranen dazu eingeladen.
Der zu diesem Zwecke benutte Saal war auf ſinn
reiche Weise mit den Fahnen des Regiments, mit dem Delgemälde des Generals v . Horn, des Heros des Leibregiments, das er mit ſeinem Kriegsdegen dem Regimente zum Andenken gegeben, sowie mit allen den reichhaltigen Emblemen geschmückt, welche aus der kriegerischen Vergangenheit dieſes viel geprüften Regiments so leicht zu entnehmen waren. Nachdem der Herr Diviſions - Commandeur, General Vogel v. Falckenstein , das Lebehoch auf Se. Majestät ausgebracht und die Musik des Regiments das Preußen - Festlied ,, Heil Dir im Siegerkranz " gespielt hatte, nahm der Herr Regiments - Comman deur, Oberst Marschall v. Sulicki das Wort und hielt nachfol gende Rede: „ Der heutige Tag ist ein Festtag für das Leibregiment.
Es
" erlebt an demselben sein 50jähriges Bestehen unter diesem Ehren ,,namen.
Der Tag ist kein Jubiläum , wohl aber ein Tag des
„ Jubels, ein patriotisch - soldatischer Familien- Festtag.
Die Freude
"1 an diesem Feste ist dem Regimente durch den ehrenvollen und „ herzerhebenden Empfang reichlich erhöht worden , welcher das ,,selbe bei seinem heutigen Einrücken überraschte und das hier ver ,,sammelte Officiercorps fühlt sich beglückt, daß so viele seiner
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,,Vorgesetzten und anderer verehrten Gäste an seinem Familien „ Feste Antheil zu nehmen die Güte haben.
Auch freut es uns
„Herzlich, mehrere ehemalige Regimentskameraden hier unter uns " zu sehen.
Ich nenne diese Herren nicht unsere Gäſte : ſie ſind
,,nur in ihren alten Familienkreis zurückgekehrt ; sie sind unser
11,liebes Eigenthum.
Auch sehen wir es als eine glückliche Fügung
„ an , daß sich einer der früheren und um das Regiment hoch
" verdienten Commandeure in unserer Mitte befindet, und zwar ein Mann, welcher schon als junger Officier unter jenen Fahnen ,, geblutet hat.
Wir sind auch überzeugt, daß alle frühere An
„ gehörige des Regiments , besonders jene hochwürdigen älteren „ Männer, welche mit dem Degen die Geschichte des Regiments ,,verfaßt haben und denen der Himmel noch das wohlverdiente, „ ruhmreiche Alter fristete, zu dieser Stunde im Geiſte unter uns
"1 weilen.
Es hat sich bei Gelegenheit dieser Feier eine so all
„seitige und wahrhaft rührende Anhänglichkeit und Liebe aller "1 ehemaligen Mitglieder des Regiments , welchem Stande und ,, welcher Zeit sie angehören mögen der neueren oder der Zeit ,, der Thaten - an den Tag gelegt, daß ich berechtigt bin zu " sagen :
„ Wer jemals
dem Leibregiment
angehörte ,
„ dessen Herz bleibt dem Leibregiment ! " Es kann nicht " meine Absicht sein , hier die Geschichte des Regiments zu er „ zählen.
Gleich derjenigen aller jener alten, unter einander gleich
„ berechtigten preußischen Kern - Regimenter, ist auch sie der Armee ,,bekannt. Gleichwohl ziemt es sich und ist sogar am * heutigen
11„ Tage, einem Geburtstage des Regiments, geboten, daß wir, und „ zwar mit hohem Stolze , seiner Entstehung gedenken , genau so, ,,wie es dem Enkel wohl ansteht, sich seines Ahnherren, des „ Stifters des Hauses und deſſen Ruhmes mit Befriedigung zu So erinnere ich denn daran , daß das Regiment 1 „ gleich seinem Zwillings - Waffenbruder, dem zur selbigen Stunde ,,erinnern.
" und zur selbigen Stelle geborenen , aus demselben Blute ent
496
,,sprossenen und auch mit demselben Blute getauften Regiment „ Colberg — aus jener Beſazung gebildet worden ist, welche in ,,den Jahren 1806/7 in einer dem Vaterlande und der Geschichte „ gleich unvergeßlichen Weise die berühmte Vertheidigung von Col „ berg führte
aus Männern , welche in getreueſter Hingebung
„für ihren König , ihre Mitbürger und ihren damals bedrohten ,,preußischen Namen, den ihnen anvertrauten Posten felsenfest und „ ünbesiegt behaupteten , zu einer Zeit , wo Alles überfluthet und ,,weggeschwemmt wurde, -aus jenen heldenmüthigen Bataillonen, ,,welche in der Zeit des Unglücks, wo der Staat und die Armee „ zu Fall gekommen waren, dem Feinde und dem Vaterlande die „ ersten sicheren Anzeichen davon gaben , daß auf den tiefen Fall „ die glänzende Auferstehung folgen würde.
Ich erinnere daran,
,,daß des hochseligen Königs Majestät in Anerkennung dieses Ver „dienstes und mit den Worten : Ich ernenne das Regiment „ zu
Meinem
Leibregiment ,
demselben
einen
beſonderen
,,Namen und eine besondere Stellung zu der Allerhöchsten Person ,,des Monarchen verlieh, indem der König sich damit zum obersten
" Commandeur, zum Chef des Regiments erklärte. „In den nun folgenden Kriegen, besonders in den Befreiungs „ kriegen , hat das Regiment , nunmehr das Leibregiment , ſeine „ Würdigkeit, so entstanden, so geehrt und geheißen zu ſein, reich „ lich dargethan.
Der Name „ Leibregiment " hatte in der ganzen
"1 Armee einen gar guten Klang, einen Klang, der — obwohl der ,,Friede nur zu geneigt ist, Manches zu verwischen und Vieles zu - noch jetzt nicht ganz verhallt ist. Es war eine ,, vergessen , — „ Freude für unsere Herzen, als wir noch vor wenigen Tagen aus „Hohem Munde vernahmen , das Erscheinen des Regimentes in
"1 Berlin in dem Jahre 1848 sei so gewesen , daß man erkannt, sei noch das alte Leibregiment." ,,Gleichwohl, meine Herren , und unerachtet dieser Episode ,,stehen die langen Friedensjahre nach jener großen Zeit,
stehen
497
„ wir, das jetzige Geschlecht , als die thatenlosen Erben eines be „rühmten Namens da.
So mögen wir denn an dem heutigen
„ Tage , einem Abschnitt in der Geschichte unseres Regimentes, „ uns mit der lebendigen Ueberzeugung erfüllen, daß uns mit der „ großen Erbschaft auch große Verpflichtungen überkamen ! Der 11 Ruhm verpflichtet ! Adm auch der Ruhm der Väter. Erinnern „ wir uns in Pietät und in Ehrfurcht jener bis in den Tod Ge
11 treuen und Tapferen, welche den Ruf, den Ruhm des Regi welche das Regiment zum Leibregiment " mentes geschaffen , „ gemacht haben.
Geloben wir zu dieſer Stunde und im Angesicht
„jener edelen Fahnen, welche so Herrliches vollbringen sahen und ,,welche dem Regimente auf den Bahnen des Ruhmes vorange „ tragen wurden, ― geloben wir, nachzustreben wenigstens den „ Vätern , damit , wenn Gott es so fügt und der König „ abermals ruft, das Regiment sein möge, was es war : „ das Leibregiment. " „ Wenn ich, der ich durch des Königs Gnade und nächſt der ,, Allerhöchsten Person in diesem Augenblicke an der Spize des "1 Regimentes stehe, - wenn der Commandeur selbst , gegen den „ Gebrauch, ein Lebehoch auf das Regiment ausbringt, so geschieht
11 das im Hinblick auf das alte Leibregiment ; es geschieht im Ge ―――― „ dächtniß seiner Helden, derer, welche noch leben es sind nur ,,wenige und der vielen , welche längst die Erde deckt , sei es " an den Dünen der Ostsee oder in den Ebenen Nord - Deutsch ,,lands, ―――― sei es im fremden Lande ! Es geschieht — laffen Sie, „ meine Herren vom Regimente, mich es in Ihrem Namen und
"/, mit Freudigkeit aussprechen , - es geschieht in dem felsenfesten "1 Glauben :
Wenn die Stunde
„ schlagen sollte, so wird
der
Prüfung für uns
das Regiment darin wohl
" bestehen ; es wird seiner Entstehung und seiner Ge „ schichte würdig befunden werden. ,,in diesem Hinblick
In diesem Glauben,
im Hinblick auf des Regimentes ruhm 32
498
,,reiche Vergangenheit und auf seine hoffnungsvolle Zukunft rufen ,, wir - wir selbst: Hoch unser Regiment , das Leib „ regiment hoch! " Es bedarf der Erwähnung nicht , daß die Wirkung dieser Rede eine tiefergreifende war.
Das sind Worte , die jedes dem
Leibregimente angehörende Herz
entzünden mußten.
Einer der
früheren Commandeure des Regimentes , der General - Lieutenant v. Manstein, dankte im Namen der früheren Mitglieder, schilderte in kerniger und lebendiger Soldatensprache, wie sich der alte gute Geist in diesem Regimente erhalten und auch in der Neuzeit trefflich bewährt habe.
Der Redner ließ dann einen Blick in die
Zukunft desselben thun , verhieß , welche soldatischen Tugenden ſtets in demselben zu finden ſein würden und forderte zum Schluß die anwesenden älteren Kameraden desselben auf, dem heutigen Leibregiment ein Hoch zu widmen, das aus voller Brust ertönte. Es war ein schönes, ein glückliches Fest, ― welches bei der fröhlichsten, äußeren Form die Quelle seiner Freude im innersten des Gefühls schöpfte, bei welchem, erwärmt und belebt durch die großen Erinnerungen, der Soldat sich getragen fühlte in dem lebendigen Bewußtsein seines schönen Berufes und feines edelen Verhältnisses zu seinem König, zu seinem Vaterlande - und zu seiner eigenen Fahne!
Beilagen.
32 *
1
I.
Nachrichten über die lezten Lebensjahre des Generals v . Horn.
Wir müssen leider bekennen , daß die Versuche, genauere Nachrichten über das Leben des Generals v. Horn zu erhalten, fruchtlos gewesen find. Dies liegt einestheils in der Entfernung des Zeitraums seiner Wirksamkeit von der Gegenwart, anderentheils in der Anspruchslosig= keit und Bescheidenheit des Verewigten ; es war nicht seine Sache, von sich zu reden oder reden zu laſſen. Namentlich aus seinen jüngeren Jahren fehlen die historischen Quellen. Sein Mannesalter verfloß im Feldlager - dort haben wir ihn begleitet; der Abend seines Lebens war heiter und ruhig und floß in ungestörtem Frieden dahin. Nur das Gesammt -Resultat liegt uns vor Augen, daß er überall sich die Verehrung und Liebe seiner Untergebenen und seiner Mitbürger in einem seltenen und hohen Grade erwarb. Zunächst in Magdeburg, wohin ihn das Vertrauen des Königs nach den Feldzügen als Commandant berief, tritt dies deutlich hervor. Er liebte den unbefangenen „ durch kein Ceremoniell gepreßten “ Umgang. Der General v. Horn brauchte nicht zu besorgen, daß er in solchem an Achtung und Würde verlöre. Die hohe gebietende Gestalt , das ehr würdig bedeutende Haupt , die Strahlenkrone eines durch glänzendſte Hingebung erworbenen Rufs , die durch so viel schwere Kämpfe und einen festen Charakter erprobte sichere Haltung ; das waren Schild wächter genug, um den Leichtfertigen und Unbescheidenen vor jeder zu dreiſten Annäherung zurückzuschrecken. Da mochte er es wohl lieben, mit dem tüchtigen Bürger sich im schlichten Umgange zu unterhalten, und noch einmal, im wohlverdienten Genusse der Ruhe des Friedens, mit ihm jene Zeiten des gemeinsamen Kummers zu verleben. Daneben erfreute ihn die frische Bewegung der Jagd und wer, auf Meilen
502 in der Runde , hätte nicht dem " alten General " ein schönes Treiben zu verschaffen sich bemüht ! Bald wurden seine Festtage auch Festtage für den großen Kreis seiner Freunde. Alljährlich ward sein Geburts tag in Magdeburg (30. October ) gefeiert und die Stadt verherr lichte einen derselben durch die Aufrichtung seines Bildniſſes in ihrem Rathhause. Wie hätte es in Westphalen, in Münster, wohin er im Jahre 1820 als commandirender General des 7. Armee = Corps ging , anders sein sollen ? Er war gerade der rechte Mann für das knorrige, ehrenfeste, wahrhaftige Volk der Westphalen. Er hatte nie Westphalen unter seinem Befehl gehabt ; sie kannten ihn nur durch Hörensagen, und wie kurze Zeit dauerte es , daß er in der ganzen Provinz nur unter dem einen Namen , Vater Horn " bekannt und wie ein Vater geliebt war ? Noch heutiges Tages wird man Zeuge der wunderbaren Gewalt, die dieser Mann über die so schwer zugänglichen Gemüther dieses Volkes ausübte. Da war es kein Wunder , wenn der Tag seines 50jährigen Jubiläums zu einem wahren Festtag für Münster und das Münſter land sich gestaltete. „ Wie nun seit dem Jahre 1820 der ehrwürdige " Held unter uns gelebt," sagt ein Münstersches Blatt bei dieser Gele genheit, " wie er durch verständige Verwaltung seines hohen Amtes sich ,,die allgemeine Hochachtung , durch seine liebenswürdigen persönlichen " Eigenschaften, durch offene Freundlichkeit und Wohlwollen, durch ein ,, natürliches, herzliches Betragen gegen Jedermann sich die Liebe, An „ hänglichkeit und Verehrung Aller erworben, die ihm nah oder fern, " hoch oder niedrig ſtanden, das ist längst bekannt und sprach sich auf ,, rührende Weise am Jubelfest des Helden aus , das nicht nur von " Militair- und Civilbeamten, sondern von allen Ständen der Provinz „ Westphalens, und besonders den Einwohnern von Münster, von gan= zem Herzen gefeiert wurde." Und so mag denn auch berichtet werden, wie weit die Theilnahme an diesem Feste sich erstreckte , wie der König , die Prinzen und die alten Waffengefährten Horn's es ihm ausdrückten, was er ihnen allen gewesen: „ Mit besonderer Theilnahme habe Ich erfahren, daß Sie am " 25. d. M. die Feier Ihrer 50jährigen Dienste begehen." " Indem ich Ihnen zu diesem Ereigniß Glück wünsche und die " ,, ausgezeichneten und treuen Dienste, welche Sie während dieses ganzen
503 „ Zeitraums unter allen Verhältnissen geleistet haben, so wie die stets „bewiesene Anhänglichkeit an Meine Person dankbar anerkenne, gereicht "‚ es Mir zum besonderen Vergnügen, bei dieſer Gelegenheit dies Aner „ kenntniß auch öffentlich durch die Verleihung Meines schwarzen Adler „ ordens, deſſen Insignien hier beigefügt sind , zu bethätigen. " " Hiernächst wünsche Ich durch ein außerordentliches Geschenk von " 3000 Thalern eine anderweite Sorge von Ihnen zu entfernen, und „ Sie dadurch in den Stand zu sehen, die ferneren Jahre Ihres Lebens ,,ungetrübt Meinem Dienst zu widmen." „Mein Wohlwollen und meine Werthschätzung werden Sie auch " ,,ferner begleiten. Berlin, den 14. März 1828.
Friedrich Wilhelm.“
" Sehr werther Herr General. Die seltene Feier , die für Sie ,,in wenig Tagen eintritt, oder besser und wahrer gesagt, meine Freund " schaft und Hochachtung für Sie und mein Herz fordern mich auf, " Ihnen in diesen Zeilen meine Glückwünsche darzubringen. Ich wünsche " Ihnen viele und schöne Tage und Jahre , mein bester General ; ob „ in Frieden oder Krieg, das wird Gott beſtimmen, nur das weiß Ich, „ daß Sie für Ihren Ruhm und für des Königs Sache gleich ersprieß " lich sein werden, so oder so. " Die ganze Armee sieht Sie wie einen Vater an, und diejenigen, " welche Sie persönlich kennen, preisen sich glücklich, — so auch ich — „ König, Armee und Land nehmen Antheil an dem schönen Tage, den "! Sie erleben werden. Gott erhalte und mehre Ihnen solches Glück " und uns Allen solche Feldherrn.“ „ Mit treuer Verehrung und Freundschaft
Friedrich Wilhelm K. P.“ Von besonderem Interesse ist ein Glückwunschschreiben Sr. Ma jestät des Kaisers Nicolaus I. , damals im Feldlager an der Donau gegen die Türfen. „Mein lieber General-Lieutenant. Mit wahrem Vergnügen habe „ Ich aus Ihrem Schreiben ersehen, daß Se. Majestät der König an ,,dem Tage Ihres Jubelfestes Ihnen einen neuen Beweis gegeben, ,,wie sehr Se. Majestät Ihre Verdienste und ausgezeichneten Dienst , „ anerkennen. Da Ich weiß , daß Ihre guten Wünsche gewiß Ihren " alten Waffengefährten begleiten, so ist es Mir besonders lieb, Ihnen
504 Meine herzliche Theilnahme von einem Orte sagen zu können , wo „ wir jetzt die Bahn betreten, die Sie so ehrenvoll durchlaufen. Gern " , würde Ich Ihnen dies mündlich sagen ; möge bei der Unmöglichkeit ,", es zu thun, Mein hierbei folgendes Portrait Ihnen ein Beweis davon „fein und von der ausgezeichneten Achtung, mit der Ich verbleibe Ihr wohl affectionirter alter Freund Nicolas. Casalik bei Brailof, den 13/25. Mai 1828. Auch Ihre Majestät die Kaiserin schloß sich diesem ſo kaiserlichen Wohlwollen durch ein besonderes Schreiben und Geschenk an.
In der Stille des Landlebens weilte, seit langem fern von krie gerischer Beschäftigung und fern von seinen alten Freunden, ein Mann, der vor Allen Zeuge des Verdienstes unseres Helden gewesen ist. In das Dunkel seines Lebensabends leuchtete jetzt noch einmal die Erin nerung an die gewaltigen Zeiten , in denen Beide die wahren Vor fechter (Promachoi) der Armee waren ; die Erinnerung an den gro ßen König, dem Beide als jugendliche Krieger noch in demſelben Regi ment v. Luck gedient, unter dem sie ihren ersten Waffengang gemacht, dessen zürnender Blick den Einen in lange Noth gestürzt, dessen Lächeln dem Anderen den ersten Weg so leicht gemacht ! Der Eine gebeugt von der Last des Kummers über den Verlust fast all' seiner Lieben, der Andere im frohen Genuß der Gnade , die ihn so glücklich und wunderbar beschützt hatte! Und doch fand Feldmarschall Yorck den beredtesten Ausdruck für diese Erinnerungen. Er schrieb: " Entschuldigen Sie , hochgeschätzter General, daß ich alle Titel „ beseitige. Wenn das Herz im reinen Gefühl spricht, darf kein Cere " moniell es pressen. Zufällig erfahre ich, daß der 25. d. M. der Tag „ Ihrer funfzigjährigen Dienſtfeier iſt. Ich fühle den innigsten Drang, „ Ihnen an diesem feierlichen Tage die redlich dankbare Hand zu bie „ ten, und von ganzer Seele zu dieſem ſchönen , mit Ruhm gekrönten „Feste Glück zu wünschen. Wer könnte dies auch wohl redlicher und ,, inniger thun als ich ? “ „ Schwerlich giebt es außer uns ein paar ältere Kriegsgefährten. " Als Sie heute vor einem halben Jahrhunderte Ihre Dienste began= ,,nen, gingen wir gleich darauf zu Felde. An der Weichsel und am „ Narew fanden wir uns auf dem Felde der Ehre wieder zusammen ;
505 und in der Zeit, worin das gekränkte Vaterland für seinen erhabenen „ Monarchen und für eigene Existenz die Waffen ergriff, vereinte mich " mein glückliches Geschick wieder mit Ihnen." „ Vom Niemen bis zur Seine war ich fast täglich Zeuge Ihrer „ Kühnheit und Ihrer Thaten. Mit jezt noch staunendem und dank " barem Herzen sehe ich zurück auf Ihren großen Willen und Ihre „ hohe Kraft bei Groß - Görschen , an der Kazbach , bei Wartenburg, ,,beim blutigen Möckern , beim herrlichen Laon ; immer sehe ich den " muthbeseelten Horn vorauf und den Sieg ihm folgen. Mein alter ",tapferer Freund ! Im Rückblick auf jene großen Momente Ihres " Lebens muß ein Gefühl so treu erfüllter Pflicht Ihnen den heutigen
" Tag zu einem herzerhebenden Feste machen." Der König erkennt Ihre Verdienste in Ihrer hohen Stellung, „ das Vaterland zählt Sie unter die tapfersten, an nichts verzweifeln ,,den Führer, und wenn die Geschichte treu und wahr bleibt, so wird „ Ihr Name und Ihr Andenken dem Heere noch in spätester Zeit ein ", aufmunterndes Beispiel sein." „ Nehmen Sie diese aus der Innigkeit meiner Seele gesprochenen " Gefühle und meine herzlichsten Glückwünsche als einen unumſtößlichen „ Beweis meiner unwandelbaren Dankbarkeit an, und überzeugen Sie " Sich, lieber Horn, daß Niemand.redlicher als ich wünsche : es möge die Gottheit Sie so gesund und heiter als möglich erhalten, und Sie „ recht lange ungetrübt die Früchte der herrlichen Saat Ihrer langen " Laufbahn genießen lassen. Behalten Sie mich in Ihrem Andenken "‚ und glauben Sie, daß ich bis zum letzten Athemzug mit wahrhafter " Hochachtung bleiben werde, Lieber General,
Ihr alter Freund und Waffengefährte Yord. Klein Oels bei Ohlau, den 25. März 1828.
Das Leib-Infanterie-Regiment ward an diesem Tage durch eine besondere Deputation in Münster vertreten , welche aus dem Oberst v. Grabow, dem Premier-Lieutenant und Regiments-Adjutanten Hering und dem Unterofficier Brunkow bestand, welcher lettere schon seit der Vertheidigung von Colberg im Regimente diente, und persönlich vom General gekannt war. Sie überreichten im Namen des Officier- Corps dem Jubilar einen kostbaren Degen mit dem innigen Wunsche, daß er
506 denselben noch lange zum Glück des Regiments und der Armee tra= gen möge. Die Antwort war von einem Geschenk begleitet , welches fortan dem Regiment ein unschätzbares Kleinod bleiben sollte. Es war dies derselbe Degen, welchen der General so lange geführt und der nament lich in den Feldzügen gegen Napoleon ihm gedient hatte. Dazu kam folgendes Schreiben an den Oberst v. Grabow : „ Es ist meinem Herzen Bedürfniß, Euer Hochwohlgeboren das jenige noch schriftlich zu wiederholen, was ich Ihnen bereits mündlich zu äußern die Ehre hatte. Das Officier-Corps Ihres unterhaben ,,den Regiments gab mir durch das schöne Geschenk eines Degens bei " Gelegenheit der Feier meines Dienst - Jubiläums einen rührenden " Beweis seiner Anhänglichkeit. Die Erinnerung an die merkwürdige " Zeit, wo ich die Ehre hatte, dies Regiment zu führen, gehört zu den " schönsten meines Lebens ; der von Ihnen mir übergebene Degen bewei " set mir , daß mein Andenken auch dem Regiment noch schäzbar ist. „ Empfangen Sie und die Herren Officiere dafür die Versicherung " meines herzlichsten Danks . Wenn ich nicht im Stande bin , dem „ Regimente ein meinen Wünschen entsprechendes Zeichen meiner Ge „sinnung zu geben , so bitte ich Sie , doch demselben den beikommen ,,den Degen , den ich in den Jahren 1812 , 1813 und 1814 führte, „ zu übergeben. War ich im Stande , mit dieſem Degen mir einigen „Ruhm zu erfechten , so danke ich dies lediglich der ſo preiswürdigen „Tapferkeit des Regiments ; dies anzuerkennen bin ich daher der Wahr „ heit schuldig , und bitte , auf dem Gefäße die Worte eingraben zu „ lassen :
", Dem Officier- Corps des 8. Infanterie-Leib-Regiments widmet „ der General - Lieutenant v. Horn diesen Degen, welchen er in den „ Feldzügen von 1812 , 1813 und 1814 führte , als Denkmal ſeiner „Hochachtung und Dankbarkeit, zur bleibenden Erinnerung an jene "Zeit. "
" Je werther das Regiment mir stets ist und bleiben wird, desto „ inniger bitte ich um deſſen freundliches Andenken ; ich bitte Euer „Hochwohlgeboren , dies den Herren Officieren , Unterofficieren und „ Soldaten gütigst mitzutheilen , und insbesondere noch für Sich die „Versicherung meiner ausgezeichnetesten Hochachtung und Freundschaft zu genehmigen. Es gereichte mir zur größten Freude, Ihre persön=
507 "‚ liche Bekanntschaft bei einer so angenehmen Veranlaſſung zu machen. " Mit aller Hochachtung nenne ich mich Euer Hochwohlgeboren ganz ergebenſten Freund
v. Horn." So zierten denn schon zwei Denkmale den Ort, wo das Officier Corps des Regimentes seine Versammlungen hält , zur ernſten , an= spornenden Erinnerung an die Geber. Sie sollten noch durch ein drittes eben so werthvolles im Jahre 1829 vermehrt werden. Der Regiments - Commandeur erhielt am 16. August dieses Jahres fol gendes Schreiben : Münster, den 16. August 1829. An den Königlichen Oberst Herrn v. Grabow .
" Ew. Hochwohlgeboren danke ich verbindlichst für die mir unter „ dem 29. d. M. eingesandte Rangliste und den Rapport pro Juli des " Ihrem Commando anvertrauten braven Regimentes, so wie für die " anderweitigen über die Verhältnisse desselben mir mitgetheilten Nach ,, " Irichten , indem ich nie aufhören werde , in jeder Beziehung den leb "‚ haftesten Antheil am Regimente zu nehmen.“ „ Da es mir nicht unbekannt geblieben ist , daß mehrere Ihrer „Herren Officiere den für mich so ehrenvollen Wunsch geäußert haben, mein Bildniß zu besigen, so würde ich schon früher nicht angestanden " haben , denselben zu erfüllen , wenn es nicht bisher an einen geeig " neten Maler hier gänzlich gefehlt hätte." " Mit großem Vergnügen habe ich indeß die erste sich mir darge ", botene Gelegenheit benußt, mein Bildniß möglichſt treu darſtellen zu „ laſſen, und zwar in der Uniform, die mir stets die ehrenvollste und „ liebste war und bleiben wird." " Ew. Hochwohlgeboren habe ich demnach die Ehre , beikommend " mein Bildniß für das Leib - Infanterie - Regiment ganz ergebenst zu
"‚ übersenden , und verbinde ich damit den lebhafteſten Wunsch , daß ,, dasselbe darin einen Beweis meiner innigsten Achtung und der Ge= " fühle finden möge, die ich für das Regiment hege. Bemerken muß " ich hierbei noch ganz ergebenst , daß gegen meinen Willen von dem " Maler dadurch ein Versehen herbeigeführt ward, daß der Orden der " Ehrenlegion mit aufgeführt worden ist. Nur einmal in meinem Leben ,,habe ich diesen Orden getragen, als ich nach Verleihung desselben mich
508 „ bei dem französischen Marschall Macdonald meldete, ich betrachte „ ihn daher als zu meinen Decorationen eigentlich nicht gehörig.“ ,, Empfehlen Ew. Hochwohlgeboren mich sämmtlichen Officieren. ,,bes Regimentes und versichern Sie allen Unterofficieren und Sol „ daten , welchen ich noch bekannt bin , meines steten Andenkens , ge " nehmigen Sie selbst aber die erneuerte Versicherung meiner beson ,,deren Hochachtung. v. Horn." Es ist hiebei zu bemerken, daß gleichzeitig auch eine Medaille zu Ehren des Generals geschlagen wurde, welche sein Bildniß im Profil enthält und wesentlich zur Ergänzung des Bildes dient , welches wir uns nun machen können. Denn gerade von dieser Seite traten seine ausdrucksvollen , markigen Züge recht prägnant hervor. Seine Ma jestät der hochselige König ließen Sich eine Copie jenes Bildes an fertigen , welche fortan in Ihrem Empfangszimmer , in dem stolzen Kreise der Blücher, Wellington, Kleist, Bülow ihren Platz fand. - Es war der letzte Freundschaftsbeweis, den der alte Held dem Regimente erwies. Am 30. October , seinem Geburtstage , im fünf undsechszigsten Jahre eines schweren und mühevollen Lebens , schied er nach kurzem Krankenlager fanft von hinnen. - Auf dem Kirchhofe zu Münſter ziert ein sinnvolles eisernes Denkmal die Ruhestätte dieses unvergleichlichen Mannes.
II. Aus dem Leben des Generals der Infanterie v. Holleben.
Im Vorworte ist dankbarlichst der Unterstützung Erwähnung geschehen, welche unserem Geschichtswerke von Seiten einiger , früher im Regi mënte gestandenen , jezt im Ruhestande lebenden höheren Officiere durch die Zuwendung von Material zu Theil geworden ist. Ganz besonders hat der in Coblenz lebende General der Infanterie a. D. v. Holleben dem Unternehmen ein lebhaftes Intereſſe gewidmet und es auf das Förderlichste durch Beiträge , unter anderen auch dadurch unterstützt, daß Seine Excellenz so gütig war, eine kurze biographische Skizze zur Benutzung zu geben, in welcher der Herr General mit der ihm eigenthümlichen geistvollen Lebendigkeit einige Momente aus seinem soldatischen Leben, von dessen erstem Jahre an, in leichten aber mar kirten Zügen zu Papier gebracht hat. Diese Handschrift ist gleich inter essant durch ihren Inhalt wie durch ihre Fassung. Sie giebt , neben ihren ernsteren Partieen , manches nach der Natur gezeichnete , frische Lebensbild aus dem früheren Soldatenthum und anziehende Situa= tionen aus des Verfassers eigenen Erlebnissen , unter anderen auch eine Beschreibung der Reiſe , vermittelst welcher der damalige , 1806 in französische Gefangenschaft gerathene Lieutenant v. Holleben sich im Winter 1807, ranzionirte und glücklich von Thüringen zur Armee des Königs nach Ostpreußen gelangte , und welche auch der Weg gewesen ist , der ihn schließlich zum Leibregiment geführt hat. Dieser lettere Umstand bringt freilich nur eine mittelbare Beziehung zu der Geschichte des Regimentes, allein diese Reise mit den anderen erwähnten Erlebnissen bietet so vieles und ſo ſehr patriotisches Intereſſe, daß wir, mit Genehmigung des Herrn Verfaſſers , wenn auch in ver kürzter Form, so doch dem Wortlaut des Manuſcripts möglichst getreu, den Inhalt in den oben bezeichneten Grenzen hier wiedergeben, in der Ueberzeugung, dem Leser damit eine willkommene Zugabe zu bieten.
510 Der General v. Holleben ist im Jahre 1784 in Rudolstadt geboren und der Sohn des fürstlich-schwarzburgischen Landjägermeisters v. Holleben und einer geborenen v . Nostih. Nach einer Erziehung im elterlichen Hause, an deren gutem Erfolge weniger der pedantische Hofmeister und die sogenannte „ französische Mammfell " als das leben dige Vorbild und die Lehren des braven Elternpaares Theil hatten, wurde der Knabe im 14. Jahre Soldat. Er trat in das in Ansbach garnisonirende preußische Infanterie - Regiment v. Laurens wurde nach einigen Jahren in demselben Officier.
und
Die glückliche Zeit der Junkerschaft und die ersten Jahre des jungen Officiers vergingen in der damals für die militärische Jugend gebräuchlichen Weiſe, getheilt zwischen ſtrenger Praxis des gewöhnlichen Dienstes und manchem fröhlichen, ausgelaſſenen Streiche, bei welchem forgloser Muthwille und gutmüthiger Humor gleichen Theil hatten, und zu denen der jugendliche , frische Sinn um so mehr getrieben wurde, je ſtrenger das eigentliche Dienſtleben und je weniger Gelegen= heit zu ernsteren Beschäftigungen vorhanden war. Es war noch die Zeit, in welcher der Soldat, in glücklicher Unberührtheit von Staats dingen, keinen politischen Act kannte, als die Feier des Geburtstages seines Fürsten und Herrn , und in welcher das fröhliche Dahinleben des jungen Officiers — nach vollbrachtem Dienſte — ungestört blieb von wissenschaftlichen Anforderungen und unangefochten von gelehrten Anwandlungen. Es gab weder Veranlassung noch Gelegenheit zum Studiren. Der junge Officier lauschte den Erzählungen älterer Kame= raden über den Krieg, den dieselben kannten. Das nährte den kriege= rischen Sinn, gab aber keine wissenschaftliche Belehrung. Es war noch nicht die Zeit gekommen , in welcher , wie heutiges Tages hin und wieder sogar in den Bataillonsschulen an Gelehrsamkeit streifende Cursus über militärische Dinge gehalten werden, und wo man ſtellen weise zu sehen bekommen hat, daß Unterofficiere eine Patrouille von 10 Mann mit dem Plane in der Hand führen und sich dabei ge wöhnen, statt die Augen auf das grüne Feld zu richten , die Nase in das Papier zu stecken. Natürlicher Weise sind wir weit entfernt , der älteren ganz unwissenschaftlichen Zeit das Wort reden zu wollen, allein die Praxis und das Können mögen zuweilen doch wohl gewonnen haben, was das Wiſſen verlor. Des jungen Holleben frischer Lebensmuth und sein lebendiges Temperament ließen ihn nicht den Leßten sein in jenen ausgelaſſenen
511 Einfällen von Muthwillen und Humor, deren ganzes heiteres Genus man mit dem Titel Fähnrichsstreiche zu bezeichnen pflegt und welche, wie ihre Vettern , das Geschlecht der Pagen- und Studentenstreiche, im Aussterben begriffen sind, und bald nur noch dem Reiche der Mythe angehören werden. An der einen dieser fröhlichen Poſſen wollen wir aber nicht schweigend vorübergehen, vielmehr dieſelben, alle Anſtands bedenklichkeiten bei Seite setzend, erzählen, da sie originell genug ist : Nach hinterlegtem einförmigen und alltäglichen Dienst , die enge Casernenstube und die strenge Aufsicht im Rücken und Fröhlichkeit im Herzen erging sich eines Sommertages eine luftige Gesellschaft, nämlich ein Trupp Junker, längs der Wiesen der Rezzat bei Ansbach. Man entdeckte einen aus dem Wasser ragenden , breiten menschlichen Rücken. Sofort erkannte das schnelle Auge des Junkers v . Holleben die Gelegenheit zu einem Handstreich. Blitzschnell ist die Disposition gemacht und ausgeführt , der Junker entkleidet und auf dem Rücken des arglosen Badenden. Ohne Zaum und Sporen und trotz allen Widerstrebens blieb der Reiter Herr des Wasserrosses , das endlich, gebändigt und durch den lustigen Streich zuletzt mehr selbst belustigt als erzürnt, sich fügte und nunmehr seine Freiheit wieder erhielt. Ein bejahrter Mann erhob sich aus den Fluthen , aber welche Entdeckung und welcher Schrecken an seinem Rocke zeigte sich das Band des rothen Adler-Ordens, welcher damals nur noch in einer , also in der höchsten, Klasse existirte. Der breite Rücken hatte zu keiner geringeren Perſon gehört als zu derjenigen Sr. Excellenz des Hofmarschalls Voit v. Salzburg , eines vornehmen und allgemein hochgeachteten Herrn , der in seinen alten Tagen noch in die unerwartete Lage ge rathen war , als Remonte zu dienen. Die Liebenswürdigkeit und der Verstand des so arg gemißbrauchten alten Hofmarschalls zeigten sich aber im besten Lichte, als er dem beſchämten jungen Mann nicht nur den tollen Streich verzieh, sondern ihn auch zum nächsten Sonntag zur Tafel einlud, wo er dann den Junker als einen zwar sehr kühnen aber vortrefflichen Reiter präsentirte. Dabei hatte das lustige Reiter stückchen noch die gute Folge , daß Holleben auch ferner zuweilen die am Sonntag von der Frau Feldwebelin zu Mittag servirten schwarzen Leberklöße mit der guten Tafel des Herrn Hofmarschalles vertauschen durfte. Die Geschichte mußte hier schon erzählt werden, um dem Andenken eines so seltenen Exemplars eines in solchem Grade liebenswürdigen Hofmarschalles den verdienten Tribut zu zollen.
512 Bald umtobte im Jahre 1805 der österreichisch-französische Krieg das glückliche Ländchen Ansbach , eine friedliche Insel im stürmischen Meere , auf welcher zahlreiche Emigranten und auch die Höfe von Baiern , Würtemberg und Baden eine Zuflucht gesucht und gefunden hatten. Der bekannte Durchmarsch des franzöſiſchen Marſchalls Berna dotte durch das neutrale ansbachische Gebiet störte dieſes Verhältniß. Es ist hier nicht die Gelegenheit , auf die Veränderungen einzu gehen, welche die politische Lage Preußens durch jene politische Unver schämtheit des französischen Imperators erfuhr ; allein aus den Er lebnissen des damaligen Lieutenants v. Holleben ist es interessant, zu erwähnen, daß das Regiment Laurens , als es in Folge der Ber= nadotteschen Gebietsverletzung nach Baireuth marschirte, wo sich unter dem General Blücher ein kleines preußisches Corps zusammenziehen sollte, bei Nürnberg auf die Colonne des tapferen Erzherzog Fer dinand traf, welche sich der Capitulation von Ulm entzogen hatte und auf dem Rückzug nach Böhmen begriffen war , und auf die fie unter Murat lebhaft verfolgenden Franzosen. Das Regiment wurde Augenzeuge mehrerer Gefechte und gerieth mitten in den Krieg, jedoch nicht als ganz unparteiiſcher Dritter. Es fand Gelegenheit, den öſter reichischen Waffenbrüdern hülfreich zu sein. Erschöpft durch Gewaltmärsche und durch die lebhafte Verfolgung des stürmischen Murat näherte sich die österreichische Colonne allmälig einer theilweisen Auflöſung und ließ auf ihrem Wege , wegen Ent kräftung der Bespannung , zahlreiches Geſchüß und auch Mannschaft zurück. Das Regiment Laurens rettete mehrere hundert der erschöpf ten Soldaten , indem man aus ihnen ein viertes Glied bildete. Die Officiere wurden auf andere Weise geborgen. Zwei Officiere , von Rosenberg, wurden als Bauern verkleidet bei dem Vorspann durch gebracht. Ein ganz erschöpfter junger Officier fand Aufnahme in der Kutsche des Feldpredigers. Auf der Höhe von Betzenstein, einem nürn bergschen Amte , zog das Regiment mit seinen Schüßlingen an den letzten französischen Truppen vorüber. Es waren zwei aufmarschirte Cavallerie-Regimenter, welche, die eroberten Fahnen des österreichischen Regiments Erzherzog Karl vor ihrer Fronte sehr prahleriſch entfaltet, bei dem Vorübermarsch der Preußen förmlich salutirten. " Was mögen " unsere österreichischen Kameraden empfunden haben," sagt der General v. Holleben , als er diese Erlebnisse erzählt ! " und wir ahnten „ nicht, daß nach weniger Zeit uns selbst Aehnliches treffen würde ! " —
513 Die Befürchtung , zu weit von dem Gegenstand dieses Aufſages abzukommen , verbietet , die höchst interessanten Aufschlüsse und Be trachtungen wiederzugeben, welche das Memoir des Generals v. Hol leben über die damalige preußische Politik und die Abtretung der fränkischen Landestheile im Austausch gegen Hannover enthält. Das ansbach - baireutsche Regiment Laurens wurde in deſſen Folge zum Theil aufgelöst , unter rührenden Beweisen der Treue und der echt= preußischen Gesinnung seiner braven Mannschaft. Das Jahr 1806 — unseligen Andenkenstraf das wieder hergestellte Regiment in Mag deburg. Es fand ſein unverdient trauriges Ende in der Uebergabe dieses Hauptplates der Monarchie ! —— Vorher empfing jedoch Hol leben die Feuertaufe ; er machte das erste Gefecht , jenes Erlebniß, dessen Eindruck jedem Soldaten ein bleibender sein wird. Er erhielt mit 40 braven Schüßen des Regimentes einen Auftrag gegen den Feind, den er, nach einem hißigen und verwickelten Gefechte, und für welches er und seine Mannschaft durch Gouvernementsbefehl belobt wurden, glücklich ausführte. Der Lieutenant v. Holleben erhielt in Magdeburg noch einen anderen sehr ehrenvollen Auftrag , nämlich Se. Majestät den König, bei Dessen Abreise aus der Festung, zu geleiten, da die Straßen durch die von der Saale kommenden Armeetrümmer vielfach gesperrt waren. Ohne bestimmte weitere Instruction glaubte der junge Officier in Wolmirstädt sich an Se. Majestät mit der Frage wenden zu müssen, ob seine Begleitung weiter befohlen würde? Der König entließ ihn. Diese nicht gerade gebotene und darum vielleicht voreilige Anfrage hatte indessen einen entscheidenden Einfluß auf sein Schicksal. Nach Magdeburg zurückgekehrt , theilte er die Gefangenschaft der Garniſon. Die gefangenen Officiere wurden auf ihr Ehrenwort in Freiheit gesetzt. Wer eine Heimath hatte, eilte dahin, " sich zu verbergen ". Ein heimathloser Kamerad und ein jüngerer Bruder Holleben's, Junker im Regiment Kleist , begleiteten ihn in das väterliche Haus. Der 17jährige Knabe hatte bei der Uebergabe seinen Fahnenſtock zertrüm mert, Krone und Namenszug auf seinem Leibe verborgen . Er über gab später das gerettete Kleinod dem Kriegsministerium und wurde ebenfalls schriftlich belobt. Die Orden wurden damals sehr sparsam gegeben. Es läßt sich begreifen , daß für den Familienkreis in Rudolstadt der Winter 1806/7 kein glücklicher war ; da machten die Franzosen 33
514 im Februar Anstalten , die auf ihr Ehrenwort in die Heimath ent Lassenenen preußischen Officiere nach Frankreich zu transportiren. Dieses widerrechtliche und gewaltthätige Verfahren gab die legale und glückliche Veranlassung sich des gegebenen Versprechens für entbunden und verpflichtet zu halten, einem Schicksal zuvorzukommen, das bereits mehrere Kameraden getroffen hatte. So war wenigstens die Logik der Gefangenen; ob die Franzosen sie anerkannt haben würden , ist eine andere Frage. Das Herz trieb den jungen Officier zu dem königlichen Herrn, zu der Armee und den Waffenbrüdern zurück, welche , um die Perſon des vom Schicksal hart getroffenen Monarchen und an den jenseitigen Marken des Staates, den ehrenvollen, wenn auch unglücklichen, letten Kampf mit der Uebermacht bestanden. Wo sie aber finden und wie dahin gelangen , da auch Sachſen inzwischen der feindlichen Allianz beigetreten war und die sächsischen Beamten sich zum Theil_fehr_fran= zosenfreundlich zeigten ! Vom Vater reichlich mit Geld und als Reserve mit den Gold stücken , welche die sorgliche gute Mutter in den verborgenen Theilen der Kleider eingenäht , mit dem Segen der Eltern und mit feſtem Muth im Herzen ausgerüstet , wurde , in Begleitung des in gleicher Lage sich befindenden Waffengefährten , den schweren Tornister auf dem Rücken, zu Fuß und in möglichst unscheinbarer Gestalt die Reiſe durch Sachsen und Böhmen zunächst nach Schlesien angetreten. Wir können die treuen und muthigen Wanderer nicht auf allen einzelnen Schritten dieser siebenwöchentlichen winterlichen Fußreise be gleiten. Sie war ein Unternehmen , das durch Leiden , Entbehrung und Fatiguen aller Arten, so wie durch die Gefahren, denen sie aus sezte , wohl mehr Hingebung , Standhaftigkeit und Muth verlangte, als manche Großthat auf dem Schlachtfelde. Eines Erlebniſſes aber müssen wir besonders gedenken . Durch die Hülfe eines braven Familienfreundes und ehemaligen fächsischen Officiers , eines Herrn v. Willisen , glücklich durch Sachsen auf österreichisches Gebiet gelangt , kehrten die Reisenden in Leitmerit in ein Wirthshaus ein und nahmen, als sie eine Tafel für das öster reichische Officier - Corps gedeckt fanden, um alle Berührung zu ver meiden, an einem Tischchen in der Ecke Plaß. Der muthwillige Reiter der dicken Excellenz in der Rezat hatte sich verwandelt, sagt das Memoir ; - das Unglück macht nüchtern , vorsichtig und bescheiden !
515 Das Incognito aber ließ sich nicht durchführen. Die österreichischen Officiere erkannten bald die beiden preußischen Kameraden und begeg= neten ihnen auf das Herzlichste , indem sie sich über diese Gelegenheit freuten , die Pflicht der Dankbarkeit zu erfüllen , da vor zwei Jahren bei dem Rückzug von Ulm mehrere von ihnen bei preußischen Kame= raden hülfreiche Unterstüßung gefunden. Wunderbare Fügung ! Es waren wirklich mehrere von den, wie schon erzählt, durch das Regiment Laurens Geretteten unter ihnen , unter anderen auch der Officier, der in der geistlichen Kalesche eine Zuflucht gefunden hatte. Die preu= ßischen Officiere zögerten natürlich länger nicht , sich zu erkennen zu geben. Das war ein schöner Augenblick in den Tagen des Unglücks ! sagt der General v. Holleben in seinen Notizen ; wir aber wollen noch hinzufügen, daß der Instinct und das waffenbrüderliche , solda tische Gefühl die beiderseitigen Armeen vielleicht von der Spaltung fern hielten, welche in jener Zeit die Politik der Cabinette auf un freundlich auseinander gehende Wege trieb. Durch den Commandeur der Oesterreicher erfuhren die Reisenden die eben eingetroffene Nachricht , daß die preußischen Angelegenheiten in Schlesien eine übele Wendung genommen. Schweidniß hatte capi tulirt und das Corps des Fürsten Pleß war über die österreichische Grenze auf Troppau gedrängt worden. Die Reise wurde nunmehr auf Troppau fortgesetzt. Unterwegs schlossen sich anderweite Ranzio nirte aus Schlesien und Franken an , Officiere und Soldaten. Sie waren zum Theil ohne alle Mittel ; da sie aber durchgebracht werden mußten, so öffneten sich die geheimsten Falten in Hollebens Kleidung und die von der sorglichen Mutterhand darin geborgenen goldnen Füchse erhielten ihre Freiheit wieder. In Troppau erlangte Holleben durch den Fürsten Pleß die Auszahlung von dreißig Thalern zur Unter stützung der Hülflosen, besonders der gemeinen Soldaten, welche sonst in die Lage gerathen wären , österreichische Dienste zu nehmen. Wir führen diese Sache an , des merkwürdigen Umstandes wegen , daß er nach etwa 20 Jahren, als Commandeur des Schützen - Bataillons in Wetzlar, das Geld an den Fiscus zurückzahlen mußte. Er meint über diesen Act der Pünktlichkeit , daß, wenn Alles im Staate , und auch Seitens der Diplomaten die Zahlen und Grenzen, so scharf berechnet worden wäre, wie es die Ober -Rechnungskammer gethan, ― so wäre Manches anders gekommen. Das Corps des Fürsten Pleß zeigte die Symptome der völligen 33 *
516 Auflösung. Schon deswegen durfte von einem Verbleiben bei demselben nicht die Rede sein, auch wenn nicht an sich schon das Hauptquartier des Königs in Ostpreußen das Ziel des Unternehmens gewesen wäre. Die Reise dahin konnte aber nur durch das, den Preußen und Deut ſchen feindliche und in voller Insurrection begriffene Polen und zwar, zur Vermeidung des Kriegsschauplages , auf weiteren Umwegen vor sich gehen. Schon die Sprache drohte zu einer Verrätherin zu werden und Verderben zu bringen. Aber alle klar vor Augen liegenden Schwierigkeiten und Gefahren konnten die Standhaftigkeit des Ent schlusses , den viele der anderen preußischen Officiere mit Achselzucken und als abenteuerliche Idee behandeln , nicht schwanken machen. Die Gefährten waren, außer Holleben und seinem Freunde Sarnowski, die Lieutenants v. Uttenhofen und v. Scriba , so wie ein Ober Feuerwerker der ehemaligen Besaßung von Plaſſenburg, dieſer lettere, wie sich später ergab , leider ein Mensch von zweideutiger Denkungs weise und der Kameradschaft, in welche er aufgenommen worden war, nicht würdig. Nachdem in Troppau, im Gasthofe " Zu den sieben Kurfürsten " eine wenig ergiebige Auction mit allen überflüssigen Dingen abgehalten und der Ränzel erleichtert worden war, wurde der Marsch auf Krakau eingeschlagen und man gelangte im weiten Kreiſe um Warschau herum bei Pulawy über die Weichsel und glücklich an den Narew. Unterwegs begegneten den Reisenden Hunderte von Franzosen und Baiern, welche sich in dem kläglichsten Zustande befanden und erzählten , bei Eylau von den Preußen geschlagen worden zu sein. Geschlagen , ―――――― und von den Preußen ! welch herrlicher Klang ! Die glücklichen Anzeichen mehrten sich ; auch von dem blutigen Kampfe bei Pultusk erhielt man Nachricht und dieselbe spornte zum rüſtigen Vorwärtsschreiten. Auf dem Wege von Pulawh nach Wengrow endlich stieß man auf die ersten Kosackenposten. Sie wurden mit einem Freudenruf begrüßt, gleich dem Land , Land ! des Columbus. Die Aufnahme, welche die preußischen Ranzionirten in Wengrow von dem dort commandirenden russischen General Axe es sei erlaubt, seinen Namen nicht zu nennen - erfuhren , war solchem Freuden taumel nicht sehr entsprechend und zum mindesten weniger edel , als das Unternehmen , welches die treuen Männer bis diesem Augenblick so standhaft durchgeführt. Ja, die eigentlichen Reiſetrübsale begannen erſt jetzt , wo man zu glauben berechtigt schien , sie hätten. ihr Ende
517 erreicht. Der General behandelte die preußischen Officiere mit weg werfendem Stolze. Was wollen Sie ? war die Frage. Auf die Entgegnung des Lieutenants v. Holleben , daß er mit seinen Kameraden zur Armee des Königs wolle , und daß er Se. Excellenz um die nothwendigen Mittel dazu bitte, ward ihm der Bescheid : Eine preußische Armee existirt nicht, außer einem kleinen Corps unter Lestocq bei der Armee des Generals Bennigsen und einem Theil der Garniſon von Danzig , und Ihr König kann Sie nicht brauchen ! Empört über dieses Benehmen des Generals - der, wie Hol leben nebenher bemerkt , später im Jahre 1812 , als Gouverneur von Riga , keine eben glänzenden Geschäfte machte und den mittel mäßigen Kopf aber keine Ansprüche auf Hochmuth dargethan hat — entgegnete der preußische Officier : Nun , Excellenz , die Flüchtlinge von Ehlau haben es uns selbst gestanden, daß sie von den Preußen geschlagen wurden, und zu dieſen werde ich mich begeben und wenn ich als Officier keine Anstellung finde, werde ich als Gemeiner dem Könige dienen ! Schneller noch wie Troppau verließen die Reisenden das russische Hauptquartier, durch die Freigebigkeit des Generals mit zwölf russi schen ungenießbaren Commisbroden unter die Arme gegriffen. Fast ohne Geldmittel, abgerissen, erschöpft, nahmen die Wanderer in der harten Winterzeit die schlechten polnischen Wege von Neuem unter die mangelhaft beschuheten Füße und marſchirten rüſtig weiter, aber ihr Ungemach sollte den höchsten Grad noch erst erreichen , als Holleben der Rest seines disponiblen Vermögens , einige Louisd'or und die filberne Klappe seiner Flöte, bei einem Nachtlager unter Um ständen der nichtswürdigsten Art gestohlen wurde. Wir waren arm, wie Bettler! sagt der General. Nur die Gastfreundschaft der preußi schen Domainenbeamten, deren rothe Dächer den Wanderern eben so freundlich winkten , als sie darunter freundliche Aufnahme fanden, fristete ihr Leben und war Balsam für ihre Leiden. Wie groß diese Leiden gewesen, läßt sich aus dem Eindruck schließen, den das patrio tische Benehmen jener Beamten machte. Die Dankbarkeit gegen die braven Menschen ist noch jetzt nach fünfzig Jahren in dem Herzen des verehrten Generals nicht erloschen oder nur vermindert. Er dankt ihnen noch heutigen Tages auf das Lebhaftefte , obgleich sie wahr
518 scheinlich nicht mehr leben , so wie auch Er selbst der Einzige ist, der von seinen Reisegefährten noch unter den Lebenden sich befindet. Wer konnte den getreuen Wanderern verdenken , daß sie , nach einer unter Mühseligkeiten und Gefahren aller Art standhaft voll brachten siebenwöchentlichen Pilgerfahrt zu ihrem soldatischen und vater ländischen Heiligthum, nämlich zu dem Orte, wo ihr König und Landes herr weilte, mit den Thürmen von Königsberg zugleich das Ende ihrer Beschwerden und den Hafen erblickten, in welchem sie und ihre Hoff nungen geborgen sein würden ! Es wurde ihnen aber nicht eine Auf nahme zu Theil, wie sie das Gefühl hatten , dieselbe bei den Ihrigen erwarten zu dürfen. Der Gouverneur von Königsberg, der bekannte General Rüchel, empfing die sich Meldenden keineswegs freundlich. Er träumte damals noch von einer Vertheidigung von Königsberg und wendete daher ſeine Aufmerksamkeit ausschließlich dem Ober-Feuerwerker zu. Sie kann ich brauchen, sagte er zu demselben ! Sie sind mir vor Allen willkommen, denn Artilleristen habe ich nothwendig ! Der sogleich von der Gnaden sonne Beſchienene nahm auch alsbald ein hochmüthiges Wesen gegen ſeine minder gut behandelten Reisegefährten an. Bei der Vertheidigung von Königsberg hat er übrigens nicht geholfen , weil es zu derselben gar nicht kam ; dagegen ist er später , nach hergestelltem Frieden , wo er anderweitig verwendet worden war , mit einer ihm anvertrauten königlichen Kasse unsichtbar geworden. Der längst gehegte Verdacht der Reisegesellschaft , daß sie in dem schlechten Kerl einen Judas mit sich führte, und daß er auch am Besten gewußt hat, wo der in Polen entwendete letzte Zehrpfennig geblieben war , findet darin seine volle Rechtfertigung. Erst nach langer Zeit und vieler Mühe gelang es Holleben, eine Anstellung in dem neuerrichteten neumärkischen Reserve-Bataillon zu erhalten. Das Bataillon war nach Colberg bestimmt, von wo aus, im Verein mit einer Truppenlandung auf Rügen , unter Blücher, eine Demonstration in Pommern, im Rücken der franzöſiſchen Armee, gemacht werden sollte. Blücher's Unternehmen kam zu spät und scheiterte daher; dagegen begann die ruhmvolle Vertheidigung der in zwischen vom Feinde angegriffenen Festung Colberg. Mit dem Eintritte in das neumärkische Reſerve-Bataillon gehörte Holleben, thatsächlich genommen, bereits dem Leibregimente an und er blieb demselben, wie man im wörtlichen Verstande sagen kann, mit
519 Leib und Leben eigen die Kriege hindurch und zuletzt als der interi mistische Regiments - Commandeur , als Seine Majestät im Jahre 1816 dem Major v. Holleben eine andere Stellung zuwies. Des Herrn Generals anziehendes Manuscript führt seine persön
lichen militärischen Erlebnisse über diesen Zeitpunct hinaus bis zu dem Beschlusse seiner ruhm- und ehrenreichen dienstlichen Laufbahn. Es enthält werthvolle und anziehende Angaben und Aufſchlüſſe über spätere wichtige Momente der Heeres- und vaterländischen Geschichte , deren Veröffentlichung vielleicht einer späteren Zeit beschieden sein wird. Da überdem dieser Aufsatz nicht die Prätension haben kann, eine Bio graphie Sr. Excellenz zu schreiben und die Bedeutung zu würdigen, welche der verehrte Herr General als höherer Truppenführer und als Lehrer , auf dem praktischen so wie auf dem literarischen Wege , für die Armee gehabt hat und haben wird, so mußte die Entsagung geübt werden , nicht weiter aus der reichlichen Quelle zu schöpfen. Eines Ereignisses aus seiner späteren Lebenszeit mag indeſſen hier Erwähnung geschehen , da dasselbe in genauer Beziehung zu einem Momente der Regimentsgeschichte steht. Der bereits im Ruhestande lebende General der Infanterie v. Holleben empfing im Jahre 1857, als die Stadt Colberg das fünfzigjährige Jubiläum ihrer Befreiung feierte, von derselben mit einem schmeichelhaften Schreiben das Ehrendiplom als Colberger Bürger. Wahrlich, er hatte diese schöne und öffentliche Anerkennung gar wohl verdient, welche neben dem Empfänger auch den Geber ehrt. Bekannt lich war der Lieutenant v . Holleben im Juni 1807 von dem Com mandanten von Colberg , Gneisenau , über See mit der wichtigen Sendung in das Hauptquartier des Königs , nach Piktupöhnen, betraut worden , um für die höchſt dringlich gewordene Unterſtüßung und die Rettung der Festung zu wirken. Während seiner Bemühungen für diesen Zweck wurde der Waffenstillstand abgeſchloſſen und mit der Nachricht davon der Hauptmann v. Leslie nach Graudenz, der Lieu tenant Dallmer nach den schlesischen Festungen gesendet, Holleben aber nach Colberg zurückgeschickt. Französischer Seits wurden ihm dabei durch Verzögerung der Pässe für die Landreise nach Colberg alle mög lichen Schwierigkeiten in den Weg gelegt: Man hoffte noch in der letzten Stunde die Uebergabe der auf das Aeußerste bestürmten Feste. Noch im Hauptquartier des Generals Loison , vor Colberg, während der fortgesetzten heftigsten Beschießung, bereitete man trotz der franzö
520 sischen Päſſe, der Beförderung des Abgesandten aus den Trancheen in die Stadt jeden Aufenthalt. Endlich , unter dem tobenden Gefechte, den Geschossen von Freund und Feind gleich preisgegeben, ohne Par lamentair, brachte der treue Bote die Waffenſtillstandsnachricht in die Stadt, und die Stadt weiß, welchen Dienst er auch ihr damit geleistet hat. Der Himmel beschützte ihn auf diesem gefahrvollen Wege , denn die Folgen sind nicht - oder vielleicht wohl --- zu berechnen, die es gehabt hätte, wenn er erschossen und die mit sich getragene Nachricht mit ihm begraben worden wäre. Der Feldjäger, welcher aus Vorsicht zugleich per See mit der Waffenstillstandsnachricht abgesendet worden war , traf zwar pünktlich , aber erst mehrere Tage nachher , ein. Der General bemerkt bei seinem Gange aus den französischen Laufgräben in die Festung: Eine Gunst des Glücks war es, daß die braven Pom mern der Feldwache des Lieutenants v. Repke , auf dem Lauenburger Damm, damals noch nicht mit Zündnadelgewehren bewaffnet waren. Den Antheil des verehrten Generals an Demjenigen , was das Leibregiment in den Kriegen 1813–1815 geweſen und geleistet, giebt die Regimentsgeschichte. Es sprechen dort die Thaten und es bedarf hier weiter nicht der Worte. Wir vermögen aber noch nicht, dieſen Auf satz zu schließen, ohne vorher an Königswartha, Möckern, La Chaussée, Chateauthierry, St. Germain zu erinnern, glorreiche Namen, mit denen der Name Holleben für immer in enger Verbindung steht.
III .
Nochmals
Colberg .
Um den Fluß der Erzählung nicht zu hemmen , haben wir die bei den einzelnen Actionen vorgefallenen Beweise von Heldenmuth und ehrenhafter Gesinnung auf diesen Anhang verwiesen, obgleich wir sehr wünschten, daß der Leser sich aus jener Erzählung und diesen Denk würdigkeiten ein reicheres und lebendigeres Bild der Zustände vor die Seele brächte. Von besonderem Interesse ist hierbei ein Brief des Hauptmanns v. Röder, in der Eröffnungszeit der Belagerung an seinen bei der Armee in Preußen stehenden Bruder geschrieben, welchen derselbe vor langen Jahren dem Historiographen des Leibregiments zur Benußung übergab. Aus dieser Familie dienten neun Brüder in der Armee ; ihrer sind drei gewürdigt worden den Heldentod zu sterben , und außerdem vier Brüder ihr Blut für ihren König zu vergießen , zum Theil verstümmelt zu werden. In Colberg stand ein 14jähriger Bruder bei der Compagnie seines älteren Bruders, und erregte durch ſeine männliche Besonnenheit und Tapferkeit die Aufmerksamkeit des Commandanten , die Bewunderung seiner Untergebenen , so daß ihm die wichtigsten Posten anvertraut werden konnten, er sogar am leßten Gefechtstage die Compagnie seines Bruders führte. Er starb als Adjutant des Generals v. Jagow den Heldentod in der Schlacht bei Dresden. Der Bruder , an welchen das folgende Schreiben gerichtet ist, ward nach dem Frieden, auf Ansuchen des Officier - Corps des 2. pommerschen Reserve- Bataillons, vom Könige in das Leibregiment versett; er hat nach einer langen, ehrenvollen Dienstzeit das Zeitliche gesegnet, nicht ohne " mit ganzem Herzen an der Erinnerung jener Zeit und an dem Leibregiment zu hängen, wo er in höchst glücklichen kameradschaftlichen Verhältnissen stand , indem eine seltene Ueberein stimmung und Gesinnung in demselben herrschte “.
522
Der Brief lautet folgendermaßen : Colberg , den 23. Juni 1807. „ Ich bedurfte vieler Zeit, um eine genaue Relation meiner bis herigen Ereignisse und meiner jeßigen Lage machen zu können , und der Dienst läßt mir nur wenig Muße; ich benutze eine der seltenen Stunden, wo uns einige Ruhe umgiebt , um mein ziemlich gepreßtes Herz zu erleichtern und Dir , mein theurer Bruder , einige sich auf meinen Zustand beziehende Aphorismen zuzusenden. Ich bin gesund und Ferdinand ist es auch , das ist das Beste, was ich Dir von uns sagen kann , obwohl unter anderen Umständen unser Standpunkt der glänzendſte und wünschenswertheste sein könnte. Seit zwei Monaten erfahren wir , was es heißt , in einer belagerten Festung zu sein ; seit vier Wochen ertragen wir aber vorzüglich alle Beschwerden und Gräuel, die es in dieser Situation nur giebt. Bru der, was ist der Krieg im offenen Felde gegen den Belagerungskrieg ! Wer den letzteren einmal ganz genossen hat, hat hier mehr als ein paar regelmäßige Feldzüge erduldet ! Doch wo möglich einiger Zusammen hang in meiner Darstellung und alſo erſt die Lichtſeiten derselben. Stolz und froh blicken wir bisher von unserer moralischen Höhe auf die in Knechtſchaft und Erbärmlichkeit versunkene Welt herab. Seit dem Monat November troßt Colberg allen feindlichen Versuchen, und steht mit Ueberlegenheit dem Feinde gegenüber. Eine tapfere Garniſon umgiebt die Festung in guten, Meile fast von der Stadt entfernten Positionen. Fast alle Gefechte mit dem Feinde fallen zu unserem Vor theil aus ; den häufigen Ausfällen folgt Sieg und Ehre und eine Menge Gefangener. Wir imponiren dem Feinde aufs Höchste , und stehen, geachtet von ihm , als eine herrliche Ausnahme in der schänd lichen Zeitgeschichte da. Wir haben zwei Commandanten, wie sie seit Jahrhunderten wohl nicht auf einem Flecke gewesen sind , so viel Talent , Entschlossenheit, Einsicht und Unveränderlichkeit vereinigen Gneisenau und Stein mez. Seit vier Wochen hat sich der Feind unseren Außenposten mit Approchen genähert, uns furchtbar bombardirt und kanonirt und unſern Wirkungskreis natürlich von der einen Seite etwas eingeschränkt. Der Wolfsberg , eine erst kürzlich von uns etablirte Schanze , ist förmlich belagert worden, und nach einer beiſpielloſen Vertheidigung, wie Loiſon es öffentlich erklärt , mit Capitulation übergeben , seitdem aber wieder von uns gestürmt , demolirt und eine Haubize erobert worden. Seit
523 diesen vier Wochen hat es fast täglich kleine oder größere Gefechte und Ausfälle gegeben , deren Reſultat meistens brillant gewesen ist. Der Hafen führt uns noch immer Bedürfniſſe zu, und unser äußeres Verhältniß ist bis jetzt also noch so gut als möglich , wird sich aber ebenfalls vielleicht bald ändern und wir sehen alle Nacht der Eröff nung der 1. Parallele gegen den entschiedenen und jetzt schon beschränk ten Angriffspunkt entgegen. Im Innern sieht es nicht minder vor theilhaft aus . Die Besatzung besteht aus lauter braven, ehrlichen und unverdroffenen Leuten. Thätigkeit und Dienſtſtrenge sind an der Tages ordnung ; der Bürger ist sehr gut gesinnt und bringt willig Opfer. -Mein persönlicher Standpunkt ist nicht minder angenehm und ehrenvoll. Seit dem Tode des 2. Commandanten, Capitain v. Walden fels, ist es Steinmetz geworden, und ich commandire interimistisch das Bataillon. Zugleich steht der in diesem Augenblick wichtigste Terrain abschnitt unter meinem Befehl; die Gegend nämlich , auf welcher wir durch die feindlichen Approchen von zwei Seiten sehr beengt sind und einem doppelten Hauptangriff entgegensehen , die Gegend rechts und links vom Lauenburger Damm, den unser Bataillon beſeßt, bis rück wärts an die Festung , in deren Außenwerken das Bataillon in Erd hütten campirt. Gneiſenau , der mich schon sehr lange kennt , hat ein großes Zutrauen zu mir und verläßt sich bei dieſem wichtigen Theil der Vertheidigung ganz auf mich ; auch hat er mich schon insgeheim zum 2. Commandanten ernannt, wenn einer der beiden jeßigen bleibt. Bei der Garniſon genieße ich recht viel Achtung, wozu mein Betragen bei mehreren Gelegenheiten, wo man mit mir ziemlich zufrieden war, vielleicht Veranlassung gab. Auch erscheine ich mir als praktischer Soldat viel besser, als mich die theoretischen Schulfüchsereien befürchten ließen; ich habe Zutrauen zu mir selbst, und sehe , daß ich nicht der schlechteste bin, der einem solchen Wirkungskreise vorsteht. Die interessanteste Partie ist mein Bataillon, ein himmlisches Volk, bei dem wir nichts von Excessen und Deſertion seit der Formation wissen. Auch leben wir alle in einem Verhältnisse zu einander , wie es in. der Armee wohl nicht leicht wieder vorkommt ; wie Vater und Kinder, in der Regel immer milde und herzlich , und strenge nur bei Trägheit und Nachlässigkeit, der einzige Fehler, der zuweilen vorkommt. Die Jungen sind brav und haben sich gleich von Anfang in allgemeine Achtung und den ausgezeichnetsten Credit gesetzt. Ich war so glücklich, gleich den zweiten Tag nach unserer Ankunft ein sehr heftiges Vor
524 postengefecht mit ihnen zu entamiren , wobei ich durch den Czakot ge ſchoſſen wurde, und dieselbe Nacht noch einige feindliche Wachtfleſchen mit ihnen wegnahm, demolirte und Gefangene machte. ――― Mein Corps Officiere ist eine Elite von herrlichen Menschen ; ich würde weitläufiger , als es die Zeit zuläßt , wollte ich über diesen Gegenstand schreiben ·―――――― nur so viel, daß es die Quelle meiner wenigen Feierstunden und der einzigen Genüsse ist , welche die Gegenwart mir vergönnt. Denke Dir, welcher Geist uns nach jeder glücklichen Expe dition beseelt ; ich werde unendlich von den guten Menschen geliebt, und mit den schmeichelhaftesten Beweisen ihrer Achtung überhäuft. Darf ich Dich erst aufmerksam machen, wie glücklich ich dadurch bin ? Ferdinand ist eine seltene Erscheinung, mit 14 Jahren commandirt er auf dem wichtigsten Posten, in seiner Tour, zur höchsten Zufriedenheit - Der Junge macht mir viel Freude, aber seiner Vorgesetzten. auch wegen seiner Dreiſtigkeit im Feuer viel Beſorgniß. Colberg steht nun allein auf sich da, und wenn der fressende Schmerz ums Vaterland etwas gestillt iſt, tritt die Ansicht der eigenen Lage an dessen Stelle. Wir haben nun keinen politischen Zweck mehr, und nur noch das einzige Ziel, als die leßten würdigen Preußen des großen Friedrichs zu enden. Vor der Bresche im Hauptwall iſt, glaube und hoffe ich, an keine Capitulation zu denken, und der Gedanke, ein immer glänzendes Blatt in der Weltgeschichte errungen zu haben, ist die einzige Entschädigung , die einzige Hoffnung , die uns winkt ; nur wenige werden den Zeitpunkt der Capitulation erleben. Die höchste Kraft ist bei unserem Gouvernement an der Tagesordnung ; und Menschenblut wird uns nie zu feigen Rücksichten Veranlassung ge= ben. Auch unser Bataillon hat schon viel verloren, ich habe nun bei meiner Compagnie 23 Bleſſirte im Lazareth; zwei todte, einen gefangenen und zwei blessirte Officiere zählen wir beim Bataillon, und bei der innigen Bruderliebe, die uns verbindet, kannst Du unsere bitteren Empfindungen dabei denken. Dresler , der selten herrliche Junge, ist wie ein Held mit den fürchterlichsten Schmerzen an einer Bleſsſur durch eine Kanonenkugel gestorben. Bruder ! mit dieſen Gräueln, die einen umgeben, gehört wahrhaftig viel Muth dazu, fich Entschlossenheit und festen Willen zu erhalten ! — Als die neuformirten Regimenter Colberg verließen, ereignete es sich , daß die Brüder des Gefallenen , zu einem letzten Beſuch des
525 Grabes des theueren Dahingeschiedenen ausgehend, eine große Anzahl Soldaten ihres Bataillons im Thor begegneten. Beim Befragen, wohin sie wollten, sagten die Leute : „ Wir Alle können ja Colberg nicht ver laffen, ohne von dem Grabe unseres guten Hauptmannes Abschied zu nehmen !" Selbst das Pferd, das der Gefallene in den Gefechten ge ritten hatte und später von den Brüdern benußt wurde , sahen die Soldaten nie ohne Bewegung , und einmal hörte der Bruder einen Soldaten sagen: „ Die Schecke hätte eigentlich auch den Orden ver Noch im Sterben sagte er zum Major v. Gneisenau : „Ich dient! " bin der Lette, der als freier Preuße stirbt." Gedenken wir nun noch eines braven Officiers, des Lieutenants Köhler von den Jägern, der in 6 Monaten vom Jäger zum Officier befördert worden war, sich die Verdienst - Medaille und den Verdienst Orden erworben hatte. Der Major v. Gneisenau sagt in einem Schreiben über ein Gefecht vom 27. Juni von ihm : „ Die vorige Nacht sind wir wieder angegriffen. Unter dem Schutz dieses Angriffs wollten die Feinde ihre Parallele vollenden. Wir haben ihnen aber die Zähne so gewiesen , daß ihre Arbeiter , Holländer und Sachsen, die Flucht ergriffen haben. Alles steht noch auf den vorigen Punkten. Aber ich habe wieder einen vortrefflichen Officier durch den Tod ver loren ; brav wie ein Löwe , verständig und wachſam , den Lieutenant Köhler von den Jägern. Ich habe viel Unglück in dieſem Punkt.“ In seinem Bericht an den König sagte der Major von ihm : „ ich liebte ihn wie meinen Sohn."
IV. Kurze Geschichte der Garnison - Compagnie des Regiments.
Die Compagnie wurde im Jahre 1808 als Versorgung theils halb Invalider, theils lang gedienter Leute errichtet , und anfänglich auf den Etat von 3 Officieren, 1 Feldwebel, 8 Unterofficieren, 2 Tambours und 60 Gemeinen gesetzt, welcher indeß später sehr wechselte. Die Uniform der Officiere war die des Regiments ; die Gemeinen trugen bis zum Jahre 1810 die Montirungen ihrer früheren Batail lone, wie diese bei ihrer Organiſation im Jahre 1807 angegeben worden sind ; erhielten sodann aber durchweg weiße Rabatten-Aufschläge und dreieckige Hüte, wahrscheinlich um dieſe bei der Armee abgeſchafften Stücke aufzutragen. Noch in demselben Jahre wurde aber die ganze Bekleidung , wie sie im Regimente befohlen, eingeführt. Beim Ausmarsch des Regiments von Colberg nach Berlin folgte die Compagnie später und wurde nach Spandau verlegt. 1813 wurde die Compagnie auf ein Bataillon von 800 Mann gebracht, marschirte während des Waffenstillstandes nach Glatz, entließ in Schlesien 500 Mann zu den Feldbataillonen und kehrte bald wieder nach Spandau zurück. 1815. Im März wurde die Compagnie wieder auf die Stärke von 1100 Mann gebracht; 2 Compagnien unter Major v. Koferit marschirten nach Wesel , die eine ging darauf nach Jülich, die andere nach Aachen, und aus beiden wurde später das Garnison - Bataillon Nr. 26 formirt. Aus den beiden in Spandau gebliebenen Compagnien wurde in derselben Zeit das Garnison - Bataillon Nr. 28 formirt und mit dieser neuen Organiſation hörte auch der Verband zum Regimente, welcher überhaupt während des Krieges nur noch dem Namen nach stattgefunden hatte, gänzlich auf.
527 1820 wurden in der Armee wiederum Regiments - Garnison Compagnien errichtet. Die des Leibregiments erhielt Küstrin als Garnison und bestand bis zum Jahre 1837, wo diese Truppen Abtheilungen gänzlich aufgelöst wurden. Chefs der Regiments - Garnison - Compagnie waren : Capitain v. Mikulit von 1820-1831 , Major v. Wülfniß von 1831-1837.
ས.
Chronologisches Verzeichniß der Kriegsereignisse,
an denen das Leib - Infanterie - Regiment Theil genommen hat .
1807. 19. Juli 1812 .
Belagerung von Colberg Gefecht bei Eckau . • bei Mesothen " beim Lauschkrug .· " beim Garossenkrug • "
29. 30. 1. 29.
" beim Samsonkrug bei Baldohn . " bei Dahlenkirchen " Blockade von Riga Schlacht bei Groß - Görschen Gefecht bei Lindenau . • bei Colditz " bei Königswartha "
Schlacht bei Baußen . Gefecht bei Siegersdorf • " am Hörfelberge " bei Löwenberg • Schlacht an der Katzbach Gefecht bei Bunzlau . • " bei Hochkirch . bei Bischofswerda " " bei Wartenburg . Schlacht bei Mödern . • Schlacht bei Leipzig • • Gefecht bei Freiburg .• • " am Hörfelberge •
• • •
September 1812. September 1812 . October 1812. October 1812.
15. November 1812. 16. November 1812. ? 2. Mai 1813. 2. Mai 1813. 5. Mai 1813. 、 19. Mai 1813. 20. und 21. Mai 1813.
24. Mai 1813. •
• •
•
•
19. August 1813. 21. August 1813. 26. August 1813. 30. August 1813. 4. September 1813. 22. September 1813. 3. October 1813. 16. October 1813. 18. October 1813. 21. October 1813. 26. October 1813.
529 3. Januar 1814.
Gefecht bei Simmern Einschließung von Luxemburg " von Thionville von Vitry " Gefecht bei La Chauſſée . bei Châlons " bei Chateauthierry " bei Montmirail " bei Méry . " Schlacht bei Laon . Gefecht bei Bery au bac bei Trilport • " bei Claye • " Schlacht bei Paris
•
3. Februar 1814. 4. Februar 1814. 11. und 12. Februar 1814.
•
•
Schlacht bei Ligny Gefecht bei Wavre bei St. Germain " bei Châtillon . "
Straßenkampf in Berlin
Januar 1814.
•
•
22. Februar 1814. 9. März 1814. 14. März 1814. 27. März 1814. 28. März 1814. 30. März 1814. 16. Juni 1815. 18. Juni 1815 . 1. Juli 1815. 2. Juli 1815.
18. März 1848.
X
34
VI. Gedächtnißtafel *) .
Es farben den Heldentod für König und Vaterland im Freiheitskriege 1813 bis 1815 .
=
10. Sec.-Lieut. v. Flothow = v. Gäde 11. = 12. v. Linger = 13. Helmrich 14. v. Arnſtädt = 15. v. Elsner = 16. v. Strang = 17. Rosenbruch = 18. v. Schildt = 19. v. Lisniewski = 20. v. Creilsheim = 21. Hegewaldt = 22. v. Beher = 23. v. Höpfner = 24. Menzelius
28. Unterofficier Bohn 29. Pieper = Braun 30. = 31. Reihns = 32. Adolph = 33. Bellin = 34. Joseph 35. Schubert 36. Schulz = 37. Schreindorf = 38. Kapitki = 39. Ziebel 40. Boder 41 . Werdermann 42 . Görn = 43. Meyer
44. 45.
=
=
3. Capitain v. Kesteloot = 4. v. Kahlden 5. v. d. Heyde = 6. v. Diebitsch 7. Prem.-Lieut. v. Hundt ፡ 8. v. Uklanski 9. v. Holleben
25. Port.-Fähnr. v. Schierstädt 26. Feldwebel Duft 27 . = Balke
= =
1. Major v. Bülow 2. v. Guzmerow
Lumann
=
Seist 46. Oberjäger Gorski = 47. Meyer 48. Jäger Franke
*) Ist leider nicht vollständig, da die Listen nicht herbeizuschaffen find.
531
=
102.
=
Schönemann 103. 104. Jahn 1 05. = Rose = 106. Busch 107. 69. Hornist Trumpf 108. 70. Tambour Brock 71. Fröhlich 109. = 72. Kusch C 110. = 111. 73. Lust = 74. Wegener 112. = 75. 113. Siegel 114. 76. Gren. Knood = 77. Schmitzdorf 115. = Weiß I. 78. 116. 117. 79. = Müller 118. = 80. Weber = 81. Reichenbach 119. 120. = 82. Kaiser 83 . 121 . = Neuendt 122. 84. Erdmann = Bohn 85. 123.
= = = = ፡
= = =
= = = = = =
124.
=
Schermanz
=
=
=
86.
= = = =
= =
Gottschalk 146. 147. Wahl 148. Voth 149 . Radloff 150. Remes 151. Gohl Savin 152. Hammel Lahne Judisch Saburg Drücke
153. 154.
155. 156. 157.
Schümann 158. Schaale 159. Knospe 160. Hilbedahl 161. 162. Bähr
= =
=
Schwizki Schmiedel Rode
125. Gren. Gepler = Pollack 126. = Setkorn 127. 128. Tit = Plagemann 129. = Schmidt 130. = Leo 131. Benke 132 . = 133. Salomon ፡ 134. Schulz = 135. Nauen ፡ 136. Buschnick = Bruchmann 137. = 138. Dillschau = Appel 139. = Gutling Specknick 140. 141 . = Rohde Erstling =-Rohrschneider 142. Küster = Bothe Liepe 143. = Miedke Störmann 144. Laate Möwes 145.
=
=
= = =
= =
62. 63. 64. 65. 66. 67. 68.
87. Gren. Buchter = Hagen 88 . 89. Wegener 90. Weitze = Kuhn 91. = Köppen 92. = Mulad 93. = 94. Schust = Wod 95. = Betge 96. = 97. Steffen 98. = Fiede 99. = Lutter = 100. Schulz = Marzelier 101.
=
49. Jäger Gallece = 50. Schmückert 51. Züllichauer = 52. Rüdiger = 53. Kammer 54. Fahrenholz = 55. Kühlbrunn = 56. Hevelke = 57. Albers = 58. Horn = Mowes 59. = 60. Krone = 61. Liefe
Runge = Herzberg = Voigt = Bierschröder = Buhlmann = . Krüger = Wegener = Jaukes a Dräger = Ottow = Zillmer = Dräger = Orthibes = Lübecke = Böhne = Reckling = Gnörlich 34 *
532 163. Must. Dölit | 201. Musk. Danhölzer 239. Füs. Balzer = = 164. 202. Derneger 240. = Bord Köhling = = 165. 203. 241. = Müller Labow Lange = = 204. 166. Domann 242. = Bugge Maaß = = 167. 243. = Ganzer 205. Richter Rackwitz = = 168. 206. 244. = Liesengang I. Albrecht Schulz = 169. 207. Betz Mathias 245. = Liesengang II. = 170. Ackmann 246. Brey Nürnberg 208 . 171. = = 209. 247. = Haun Beister Faust = = 172 . 210. Jädemann 248. Liebenau Deuberich = = 173. 211 . Günther Liezmann 249. Gräf = 174. 212. 250. = Menzel Mellner Reuter = = 175. 213. Schulz Ballerstädt 251 . = Ziesener = = 176. Bansemer 252. = Forholz Schwitzke 214. = = Bock 253. = Kutel 177. 215. Winkel = = =3 Runge 178. Graßnic 254. k 216. Fickinger 179. = = 217. Nölte Schilbe 255. Strasburg = = Otto 180. 218. Thomas 256. = Rackwit 219. = = 181. Schulz Stabernack, 257. Scharf 182. Thale 258. = Grimm Schwartz 220. 183. = 221. = Zietemann 259. = Albrecht Windig 222. = 184. Hönow 260. = Schulz Haase 185. 261 . = Gretsch Engelmann 223. Füs. Altmann = 186. 224. = Bergemann 262. = Gurisch Stein = 225. = Dahms 187. Thielde 263. = Lessing 188. 226. = Heidemann 264. = Lange Becker = 227. = Liebenberg 189. Müller Bord 265. = 190. 228. = Plötz Reuter 266. = Beischwan g 229. = Schüler = 191 . 267. = Bruchmüller Huhn = 192. Rochan 268. = Dähne 230. = Schröder 231. = Schwabe = 193. Randow 269. = Noll = 194. 270. = Sommer Schröder 232. = Witte = 195. = Dambeck 271 . = Baate Bamberg 233. 196. = ፡ = Lormann 272. Hennig Kosatz 234. = = Merten 197. 235. 273. Fließ Casenow = 236. 198. 274. = Wegener Lize Hoch = 199. 275. = Henke 237. = Gallewad Koch = 200, 276. Krüger 238. - Klopsch Hübner = =
=
= =
=
= =
=
=
= =
=
=
= =
=
533
= = =
Seeger Hinge Stabenow
=
Zarg Berner
=
=
= =
Hogatz Rühl
305. Füs. Lur 306. = Brunow 307. = Praz 308. = Streit 309. = Köster 310. = Jean 311. 312. 313. 314. 315. 316. 317. 318.
=
Schneider
=
284. 285. 286. 287. 288. 289. 290.
291. Füs. Herold 292. ፡ Löbis 293. = Gericke Ander 294. 295. = Gestrich 296. = Magdeburg 297. = Giese 298. = Meyer 299. = Denice 300. Schulz 301. = Klubsch 302. = Neumeister 303. = Buselack 304. = Schöppe
=
277. Füs. Buchholz 278. = Feldt 279. = Günther 280. = Arndt 281. = Haase 282. = Lehmann 283. = Witte
König Wilhelm
= = = = = =
Herrmann Döring Ohl Bikatius Regling
Es wurden verwundet :
7. Capitain v. Luck = 8. v. Bibow = 9. v. Prüschenk = 10. v. Kesteloot = 11. v. Rexin = 12. v. Kampt = 13. Graf Pinto = 14. v. Rüllmann = 15. Graf Schwerin = 16. v. Häusler = 17. v. Frankenberg = 18. v. Holleben 19. v. Zastrow 20. Prem.-Lieutenant v. Werder = = 21. v. Uklanski 22 . = = v. Mach
23. Sec.-Lieut. v. Barfuß = 24. Graf Rödern = 25. Graf Lüttichau I. 26. v. Flanz 27. v. Cranach 28. v. d. Goltz I. = 29. v. d. Golt II. = 30. v. Zollikoffer I. 31 . = v. Zollikoffer II. = 32. v. Schildt I. = 33. v. Schildt II. = 34. v. Saher = 35. v. Eichstädt = 36. v. Beher 37 . Stockmar 38. v. Selasinski 39. v. Schenck = 40. v. Stwolinski = 41. v. Rhöden = 42 . v. Wussow I. = 43. v. Pröck I. = 44. v. Pröck II.
= = =
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Oberst-Lieutenant v. Zepelin Major v. Ledebur = v. Bose = v. Beher = v. Derzen = v. Hagen
=
534 45. Sec.-Lieut. v. Müller I. 53. Sec.-Lieut. v. Tempelhof 54. = 46. Müller II. Magdorf 55. 47. Raabe Heim v. Alvensleben 56. 48. du Plessis = 57. 49. v. Manstein France = = 58. 50. v. Eberhardt v. Bodelschwingh = = 59. 51. v. Diezelski Zimmermann 52. v. Schenkendorf und 2262 Unterofficiere, Jäger und Gemeine. Verlust überhaupt : todt: verwundet :
24 Offic., 316 Unteroffic., Jäger u. Gem. (ſoweit = 59 = 2262 sich ermitteln läßt) = = 623 n gefange u. vermißt : 5
88 Offic., 3201 Mann. Den größten Verluſt erlitt das Regiment bei Groß - Görſchen : 28 Officiere und 750 Mann. Unter den Bataillonen läßt sich der Verlust nur speciell beim Grenadier - Bataillon feststellen , da hier die Listen vollständig sind. Dasselbe hatte an Todten: 4 Officiere, 98 Unteroffic., Jäger u. Gemeine, = = = = 413 an Verwundeten : 10 = = = 71 2 : an Gefangenen = = = = 314 an Vermißten: =
Summa: 16 Officiere, 616 Mann.
VII. Ehrentafel.
Es hatten Gelegenheit sich auszuzeichnen und erhielten Orden : I. Den Orden pour le mérite mit Eichenlaub : Oberst v. Zepelin, Major v. Holleben. II. Das eiserne Kreuz erster Klasse : Oberst Major = =
v. Zepelin v. Derzen v. Holleben v. Carlowitz v. Bose Capitain v. Luck
Capit. = = = = =
v. Steinäcker | Pr.-Lt. v. Chevallerie S.-Lt. v. Münchow II. v. Reuß = Gr. Schwerin v. Cranach ፡ Sennecke Gr. Pinto = v. Barfuß v. Bodelschwingh
v. Zastrow Unterofficier Zerrahn Stabshornist Schaale.
=
III. Das eiserne Kreuz zweiter Klasse :
Lieut. v. Herrmann = b. Müller I. = Müller II. = = = = =
=
Capit. v. Prüschenk Lieut. v. Eberhardt I. = v. Eberhardt II. = Capitain v. Kampt v. Wussow I. = = v. Frankenberg v. Massow = ፡ v. Brederlow v. Treuenfels = = v. d. Heyde v. Manstein = = b. Münchow I. v. Werder = = v. Wussow II. v. Rexin = = v. Resteloot v. Felden = v. Wildermeth v. Lukadou = v. Quadt v. Lenz
=
Major v. Ledebur = v. Beher ፡ v. Hagen
= =
Holfelder v. Stwolinski v. Schulenburg v. Diezelski v. Koch Kinzel Zimmermann v. Mach v. Wohna
=
=
536
Magzdorf du Plessis v. Dettinger v. Salviati Neuendorf v. Uklanski Monig v. Höpfner Sperling v. Beher v. Schack v. Neander v. Alvensleben
= = = = = = = = = = = = = = =
v. Foller I. v. Foller II. Jacobi
= =
= ፡ = = = = =
Giesler Andres
Grünberg Thür Grosse Dummer Grätz Jurth Ortel
Porschel Schmidt
P. -Fähnr. v. Nimptsch = v. Puttkammer Comp.- Chir.Nichterlein = Köhler = Heydecker = Seiffert
Jungmeister Graf Lüttichaut I. Raabe Oberjäger Graf Rödern = v. Schildt I. = Stockmar = v. Zenge = v. Wülkniz ፡ v. Zollikoffer I.
=
Eugen Voßbruch Gutsch
Ne
Bohne
= = = = = = = = ፡ =
= = =
Guse Heidenreich Luther
= =
Wittstock Wesenfeldt
Förster Zilm Giese Völker
Schiller Zastrow Seidel Müller Hende Walter
Hoffmann Gieche Gutsmuths Schulz Marks Kukatsch Henkel Dobel Krenzlin
= = = =
Hoffmann John Krausnic
v. Zollikoffer II. Unterofficier Jahn Zeige Reg.-Chir. Neumann = Wiedemann Lohrenz Lüdtcke Bat.-Chir. Marchand Grundt Feldwebel Wengeler = Challons Walz = =
Unterofficier Arndt = Buchholz
= = = = ፡
France
Feldwebel Reichelt Hermes Sennede
=
= = = = = = = = =
v. Didron Kühne
=
Lieut. = = = =
= = = = =
Bohlmann Dahms Voßberg Möc Kallenecker
Repce Plähn Cramer Mebus Bergmeier Hahn Köppen Wickler Holzkamm Zieten Damm
Destreich Rodenwold Och Bormann Mandelkow
537 Tambour Ritter Musketier Peters = Michaelis = Arndt Köhler = Claren Brahm Hensel = v. Gabain Döniges Meyer = Claus Meyer Schnöcker = Walter Lemcke Herm = Röl = Köhn Bielefeld = = Bolk Nölte Altag = = Schulz König Ladewig = = Belcke Dräger Kotzde = Krause I. Farreau Kohlmezz = = Krause II. Kehrberg Handtke = Sturm al Kuph Forchner = = Negendank Frenzel Zander = Röbele Hausmann Retzlaff = = Kröber Röhl Jahrmann = = Rühl e Ziem v. Schlichting = = Gr. Schlippen Albrecht Priem = Bellin bach Engel = Gren. Bielefeldt Mewes Süß = Nicke Wannenberg Stahl Viereck = Panzer Maaß = = Bergande Rühlke Jäger Hering = = Schneeberg Manche Elsling = = = Schramed Meyer Wegener = Schröder Adebald Schulze = Steffen Harz Vogt = = Moldenhauer Schönfeldt Schwabe = = Hufeland Fahl Hautboist Porschel = John Bt.-Tamb.Weinbrenner Milchert = = Leste Tröter Hornist Trumpf = = = Remmert Niemand Neuhaus = = = Engel Sessow Rosenbaum = = Lukas = Niedermeyer Hensel = = = Wettin Grasnick Nicolai = = Müller Tambo Stago ur w Ballhorn Jäger = = =
Christoffel Giese Grabe
=
=
=
= =
Schneider Neuhaus Völker Lücke
= = = =
Unteroff. = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
=
=
1111
=
11 11
=
|| ||
11
538
Füsilier Liepe Becker = Jänicke =
=
= = = = = = = = =
Senß Wahlert Hertel Beitz Gestrich Steindorf Bauer Damm
Füsilier = = = = = = = = =
Ohlert Schulz Bonanec Gutkelch
Frentsche Rupprecht Sperber Rudat Huhn
=
Wiese
Glade Dräger
Marquardt Meyer
= =
Musketier Pirius = Wolter
Koppe Hagemüller Boldt
Füsilier = = = = = = = = = = = =
Weylandt Trapp
Tappert Rein Ries Vogler Reuter Grabow Liebach Klein Grasnick Domscheid Piebach Haafe.
IV. Kaiserlich russische Orden. 1. Den St. Annen - Orden zweiter Klasse : Oberst v. Zepelin Major v. Derzen
Major v. Ledebur = v. Carlowiz.
2. Den St. Annen- Orden dritter Klasse : Lieutenant v. Wulckniß und Lieutenant v. Brederlow. 3. Den St. Wladimir - Orden vierter Klasse: v. Zepelin v. Dertzen v. Ledebur v. Carlowitz
Major v. Holleben v. Bose =
Oberst Major = =
Capitain v. Prüschenk = v. Zastrow
Capitain Graf Pinto Lieut. v. Zenge = v. Wussow II. = Hartwig.
4. Den St. Georgs - Orden fünfter Klasse:
| Unteroffic. = = P.-Fähnr. v. Nimptſch = v. Puttkammer = Unteroffic. Krause = = Negenbank
Feldwebel Grunberg Challons
Brunnow
=
Holzkamm Kapitki
=
Feldwebel Walz = Eugen Peters = Reichelt = Bohne = Gutsch
Reetz Domscheid Destreich
539
= = =
= = = = ፡ = ፡ =
= = ፡ =
= = = = = = = = = = = = = = ፡ = =
Boßberg Möc Kallenecer Schulz Krenzlin Kramer Mebus Dahms Wickler Zastrow Walter Stahl Groffe Wengler Grundt Voßbruch Jahn
Förster Zilm Giese Völker Arndt
Buchholz Schiller Seydel Müller
Geiseler Andres Bohne Hoffmann Gutsmuths Henkel
Unteroffic. = = = = = = =
Repce Sennecke
Sieche Marks Pohlmann Hente Kukatsch Lütce Vierec
Oberjäger Müller John Wittstock Wesenfeldt
Musketier = = = = = = = = = = = =
Michaelis Arndt Brahm Meyer
Zander Kehrberg Dräger Schnöckert Herm Ladewig Kohlmey Bielefeld Nölte
Comp. Chir. Seiffert Füsilier Reet = = Schulz Nichterlein = Koppe Hoffmann = Bat. -Tambour Wein Marquardt ፡ brenner Meyer = Ohlers Jäger Hausmann = = Adebald Kröber = = Hering Schulz =. = Manche Bergmeier = = Gutfelch Meyer = = Frentsc he Harz = = Rupprecht Schönfeldt Bonanec = Hornist Trumpf = = Glade Neuhaus
=
Unteroffic. Dobel = Plähn = Thür
Tambour Ritter = Stagow Grenadier Schneeberg Musketier Peters = Lorenz = Röbele = Koppin Sturm
Damm = = = = = = =
Gestrich Becker Jänicke
Senß Wahler Hertel Steindorf
VIII.
Verzeichniß *) der vom Königl. Leib - Infanterie - Regiment in den Feldzügen von 1812, 13 und 14 vermißten und bis zum Mai 1815 nicht zurückgekehrten Mannschaften, mit Ausschluß des Leib- Grenadier- und ehemaligen Füsilier- Bataillons, deren Nachrichten nicht eingezogen werden fonnten.
Leibcompagnie. 1. Musk. Carl Bartel, 26. August 1813 an der Katzbach. = 2. Friedrich Bleifus, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 3. Joachim Fehlow, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 4. Carl Wilhem Friedrich, 12. Febr. 1814 bei Chateauthierry. = 5. Johann Hoff, 16. September 1812 bei Riga. = 6. Christian Holz, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 7. Chriſtian Huckwitz, 26. September 1812 in Kurland. = 8. Gottfried Jäckel, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 9. Andreas Köhler, 16. September 1812 bei Riga. = 10. Friedrich Wilhelm Krause, August 1813 . = 11. Carl Friedrich Kremsow, Januar 1814 bei Kreuznach. = 12 . Johann Gottfried Kühne, Sept. 1813 Gegend von Baußen. = 13. Christian Friedrich Langwisch, 16. Oct. 1813 bei Leipzig. = 14. Heinrich Marggraff, Februar 1814. = 15. August Mudrich, 16. October 1813 bei Leipzig. = 16. Michael Dehmke, September 1813 bei Löwenberg. = 17. Friedrich Palm, Februar 1813. = 18. Johann Paul, 25. September 1813. = 19. Joachim Prestin, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau. *) Dieses Verzeichniß dürfte eine nothwendige Ergänzung jenes der Heldentod für König und Vaterland Gestorbenen" bilden.
den
541 20. Musk. Johann Joachim Quißow, März 1813 bei Laon. = 21. Friedrich Ramson, 30. März 1814 bei Paris (bleſſirt). 22. Carl Rietenbach, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 23. 2 Gottfried Sauer, September 1813. = 24. Christian Schmidt, 30. Aug. 1813 bei Bunzlau (bleſſirt) . = Friedrich Schmidt, Februar 1814. 25. = 26. Gottfried Schüznick, August 1813. = 27. Christian Spielhagen, Januar 1814. =
= =
Joachim Steht, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Friedrich Tasch, 19. Mai 1813 bei Königswartha.
=
Friedrich Wergin, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau.
11
28. 29. 30 .
2. Compagnie. 1. Unterofficier Gottfried Meſſing, 19. Mai 1813 bei Königswartha . 2. Musk. Gottfried Dancker II. , 26. September 1812 bei Riga. = 3. Gottfried Schmiedice, 19.- 28 . Decmb. 1812 auf dem Rück zuge aus Kurland. 4. Gottfried Wichmann, 19.-28. Decmb. 1812 auf dem Nück
=
zuge aus Kurland.
3. Compagnie. 1. Unterofficier Christian Brosent, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 2. Tambour Friedrich Dümpfling, 28. October 1812 in Curland. 3. Hornist Christian Eckel, 19. October 1813. 4. Must. Johann Joachim Beermann, 26. Aug. 1813 an der Katzbach. = 5. Friedrich Berg, 30. December 1813. = 6. Johann Bringmann, 29. December 1813. = 7. Johann Brunow, 29. December 1813. = 8. Heinrich Bullerhan, 25. Februar 1814 . = 9. Carl Friedrich Chriſtell, 21. September 1813. = 10. Johann Eling, 10. October 1813 bei Leipzig. = 11. Joachim Engel, 26. December 1813. = 12. Johann Feil, 26. August 1813 an der Kazbach. = 13. Christian Friese, 17. September 1813. 14. Johann Gottlob, 30. März 1814 bei Paris. = Friedrich Grieß, 21. Januar 1814. 15. = 16. Joh. Großkopf, in den Gefechten vom 16.- 21 . Oct. 1813. 17. = Johann Friedrich Guthke, 3. Oct. 1813 bei Wartenburg.
=
542 18. Must. Johann Haude, 16. October 1813 bei Leipzig. = 19. Johann Hausfeld, 3. November 1813. = 20. Johann Andreas Huhn, 16. October 1813 bei Leipzig. 21 . = George Lehmann, 22. März 1814 bei Mont- Maire. 22 . Christian Conrad Leihe, 16. October 1813 bei Leipzig. 23 . = Johann Leihe, 2. November 1813. = Friedrich Leppin, 6. Januar 1814. 24.
=
Wilhelm Möllenhoff, 5. Januar 1814.
=
Gottfried Müller, 16. October 1813 bei Leipzig. Johann Christoph Mundt, 5. Januar 1814.
=
30. 31. 32. 33. 34.
=
25. 26. 27 . 28 . 29.
= = = = = = =
Christian Friedrich Nicolai, 21. Oct. 1813 bei Freiburg. Johann Reinecke, 27. September 1813. Christian Stadach, 28. November 1813. August Wilhelm Studier, 28. November 1813. Johann Gottlieb Thiele, 30. August 1813 bei Bunzlau. Christian Friedrich Thiemecke, 17. November 1813. Heinrich Wilde, 19. Mai 1813 im Gefecht bei Leipzig (?) .
4. Compagnie . 1. Musk. Johann Ahlerdt, 19. Mai 1813 bei Königswartha gefangen. = 2. George Balul, 1. Juni 1813. = 3. Johann Beschednick , 22. Dec. 1812 Retirade in Kurland. = 4. Friedrich Gewert, 22. December 1812 Retirade in Kurland. = 5. Aug. Haberlandt, 19. Mai 1813 bei Königswartha gefangen. = 6. Andreas Schröder, 19. Mai 1813 bei Königswartha gefangen. = 7. Johann Werniß, 29. December 1812 Retirade in Kurland.
5. Compagnie. 1. Tamb. Samuel Ziegeliß , 20. Dechr. 1812 Retirade in Kurland.
6. Compagnie. 1. Unteroff. Johann Schutsch, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 2. Tambour Carl Bell, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 3. Musk. Carl Bendschneider, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 4. Carl Beikmann, 16. October 1813 bei Leipzig . 5. Friedrich Brandt, 21. October 1812 in Kurland. = 6. Jakob Czamberci, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = Friedrich Ebel, 5. Februar 1814 bei Châlons. 7. =
543 8. Musk. Ludwig Erhardt, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 9. Ephraim Elwig, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = Friedrich Fänder, 16. October 1813 bei Leipzig . 10. = 11. Johann Fickinger, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 12. Christian Fischer, 9. Januar 1813 bei Kreuznach. = 13. Carl Fröde, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 14. Joachim Haase, 5. Februar 1814 bei Châlons. = 15. Johann Haupt, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = Samuel Hirsekorn, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 16. 17. Gottfried Janke, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 18. Gottfried Jordan, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 19. = Christoph Johat, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 20. = Friedrich Jordan, 26. August 1813 an der Katzbach. = 21. Johann Kunke, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 22. Johann Kerst, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 23. Gottfried Köppe, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 24. Gottlieb Koppe, 26. August 1813 an der Kaßbach.
=
= =
= := = = = = = = = = = = = = = = =
32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42 . 43. 44. 45.
=
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
=
Gottfried Krüger, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Friedrich Leppin, 26. August 1813 an der Kazbach. Joachim Lemke, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Christian Liepe, 30. August 1813 bei Bunzlau. Martin Lübke, 30. August 1813 bei Bunzlau. Jonas Michaelis, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Jakob Milit, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Christian Ottow, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Friedrich Detterlein, 11. Februar 1814 bei Chateauthierry. Johann Dslowski, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Gottfried Pieper, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Paul Rosenmüller, 3. October 1813 bei Wartenburg . Gottfried Scherwinski, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Carl Schwarz, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Philipp Schilbe, 21. October 1813 bei Freiburg. Friedrich Schreck, 3. October 1813 bei Wartenburg. Georg Schildge, 30. März 1814 bei Paris . Johann Schnißer, 23. October 1813 bei Freiburg. Friedrich Sengespek, 5. Februar 1814 bei Châlons. Christoph Siege, 22. Mai 1813 bei Baußen. Michael Weitschies, 19. Mai 1813 bei Königswartha.
544 46. Musk. Johann Wenzel, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 47. Johann Weiland, 27. September 1812 bei Ecau. = 48. Albrecht Windig, 19. Mai 1813 bei Königswartha.
7. Compagnie. 1. Must. Christian Barts, 19. Mai 1813 bei Königswartha . 2. Heinrich Buchholz, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 3. Gottfried Degbrodt, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 4. Friedrich Demann, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 5. Johann Dierkopf, 11. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 6. Christian Fricke, 30. August 1813 bei Bunzlau . = Michael Hahn, 11. Februar 1814 bei Chateuthierry. 7. = 8. Christian Hanne, 3. October 1813 bei Wartenburg . = 9. Friedrich Hemann, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 10. Friedrich Hennig, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 11. Johann Hernicke, 27. März 1814 bei Maux. = 12. Friedrich Hübner, 16. October 1813 bei Leipzig. = 13. August Janice, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 14. Wilhelm Kluge, 19. Mai 1813 bei Königswartha. =
=
Johann Koch, 16. October 1813 bei Leipzig. Christian Kuröber, 11. Februar 1814 bei Chateauthierry.
= =
Wilhelm Lohauſen, 16. October 1813 bei Leipzig. Friedrich Marten, 19. Mai 1813 bei Königswartha.
= =
Gottfried Mattner, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau. Gottlieb Michaelis, 21. October 1813 bei Freiburg.
= = ፡
Christian Möwius, 11. Februar 1814 bei Chateauthierry. Gottlieb Müller, 19. Mai 1813 bei Königswartha.
= =
= = ፡ = = =
Johann Mundt, 16. October 1813 bei Leipzig. Martin Pech, 21. October 1813 bei Freiburg. Johann Pottasch, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Chriſtian Querhammel, 21. October 1813 bei Freiburg. Friedrich Regeser, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Gottfried Sprecher, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Joachim Thiede, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Wilhelm Techow, 21. October 1813 bei Freiburg.
=
31. 32 . 33 .
=
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23 . 24. 25. 26. 27 . 28. 29. 30 .
Friedrich Wegener, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau. Christian Wiese, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau.
=
Michael Wollwage, 3. Octobar 1813 bei Wartenburg.
545
8. Compagnie. 1. Unteroff. August Schubert, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 2. Musk. Peter Bergemann, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 3. Ludwig Döbberin, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 4. Johann Fruck, 20. December 1812 Retirade in Kurland. = Friedrich Gersdorff, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 5. = 6. Friedrich Gramsch, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 7. Christian Hensche, 30. December 1813 . = 8. Christian Jordan, 20. Dec. 1812 Rückmarsch von Kurland. = Carl Jühling, 19. Mai 1813 bei Königswartha . 9. = 10. David Köhler, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 11 . Gottfried Koppe, 24. October 1813 bei Eisenach. = 12. Joh. Christian Kunhardt, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 13. Wilhelm Lamprecht, 27. October 1813 bei Eisenach. = 14. Wilhelm Lehmann , 2. Januar 1814 beim Rheinübergang. = 15. Martin Lehmann, 28. Jannar 1814 bei Brienne. = 16. Martin Lipt , 10. Januar 1814 bei St. Wendel. Gottfried Mauch, 9. Februar 1814 bei Vertus . Carl Merten, 30. März 1814 bei Paris.
= =
= = =
= = = = = = = = = =
33. 34. 35. 36.
Carl Lüdtke, 21. Februar 1814 bei Châlons .
= = =
26. 27. 28. 29 . 30. 31. 32 .
=
17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
Friedrich Meyer, 19. Februar 1814 bei Châlons. Christian Mießner, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Christian Mitau, 28. Februar 1814 bei Soiſſons. Gottfried Mudrick, 9. Februar 1814 bei Vertus . Gottlieb Müller, 9. Februar 1814 bei Vertus. Friedrich Pockels, 21. December 1812 Retirade in Kurland. Martin Rathke, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Jakob Rosentreter, 3. October 1813 bei Wartenburg. Erdmann Rubow, 30. März 1814 bei Paris. August Runkel, 21. October 1813 bei Freiburg. Matthias Schattler, 19. Mai 1813 bei Königswartha. Martin Scheil, 3. October 1813 bei Wartenburg.
Gottlieb Schilling, 11. Januar 1814 bei Châlons. Andreas Schmack, 3. October 1813 bei Wartenburg. Carl Seefeld, 21. October 1813 bei Freiburg. Johann Strauch, 16. October 1813 bei Leipzig. Friedrich Stroß, 19. Mai 1813 bei Königswartha. 35
546 37. Must. Johann Thiem, 20. December 1812 Retirade von Kurland. = 38. Gottfried Völcker, 19. Mai 1813 bei Königswartha. = 39. Christian Winne, 30. December 1813 bei Wiesbaden. = 40. Carl Zinne, 20. December 1812 Retirade von Kurland.
9. Compagnie. SON + ∞i að
1. Füfilier Andreas Buſſe, 30. August 1813 bei Bunzlau. = 2. Andreas Both, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 3. Michael Bannecke, 21. August 1813 bei Löwenberg. = 4. Christian Dücker, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 5. Carl Liese, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 6. Samuel Letter, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 7. Johann Meike, 21. Mai 1813 bei Baußen.
10. Compagnie. 1. Füsilier Friedrich Bergemann, 2. Mai 1813 bei Lüßen. = 2. Christoph Museholdt, 2. Mai 1813 bei Lüßen.
11. Compagnie. 1. Füsilier Peter Ahlburg, 30. August 1813 bei Bunzlau. = 2. Martin Brüning , 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 3. Gottlieb Belling, 30. Auguſt 1813 bei Bunzlau (gefangen). = 4. Friedrich Eschner, 2. Mai 1813 bei Lüzen. = 5. Joachim Enderling, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 6. Wilhelm Karwiz, 18. October 1813 bei Leipzig. 7. Johann Gottfried Lange, 2. Mai 1813 bei Lüßen. = 8. Carl Medebeck, 3. October 1813 bei Wartenburg. = 9. George Rausch, 2. Mai 1813 bei Lüßen. = 10. Ludwig Randow , 21. Mai 1813 bei Baußen. = 11. Friedrich Rolle, 18. October 1813 bei Leipzig. = 12 . Martin Töpfer, 21. Mai 1813 bei Baußen. = 13. Johann Tuchliz, 21. Mai 1813 bei Baußen. = 14. Christian Wegert, 30. August 1813 bei Bunzlau.
12. Compagnie. 1. Füsilier Carl Dauß, 21. Mai 1813 bei Baußen. = 2. Friedr. Wilhelm Hojatz, 19. Febr. 1814 bei Chateauthierry.
547 3. Füfilier Johann Rühl, 12. Februar 1814 bei Chateauthierry. = 4. Friedrich Seeger , 12. Februar 1814 bei Chateauthierry (blessirt und gefangen). In Summa : 224. Davon im Feldzug 1812 in Curland 16 M. Den größten Verlust hatte die 6. Compagnie mit 48 Mann ; den ge= ringſten . die 5. Compagnie mit 1 Mann und zwar in Kurland ; = = 2 Mann; 10. = 4. jede - 4 Mann. 12. }
=
=
35 *
IX.
Namentliches Verzeichnißz des
freiwilligen Jäger-Detachements des Leib- Grenadier-Bataillons in den Jahren 1813 und 14.
=
= =
Carl Abel Julius Freitag Carl Grabow
August Lege Philipp Villain Friedrich Tarreau I. Friedrich Schulz Daniel Tarreau II. Heinrich Böhm Ferdinand Mäller Ferdinand Koch Carl Hering Ferdinand Lipce
=
46. 47. 48 . 49. 50.
፡ = =
=
43 . 44. 45.
= =
=
=
=
20. Jäger Ernst Bräutigamm 21. = Ferdinand Dödting = 22. August Godt 23 . = Heinrich Schlick 24. Johann Fritsche 25. David Lunemann
34. 35. 36. 37 . 38. 39. 40. 41. 42.
= =
5. Oberjäger Ferdinand Pätel = Louis Schütz 6. = 7. Louis Brunnert = 8. Heinrich Frenzel = 9. Eduard Brese 10. Carl Dalitsch = 11. Carl Rohnthaler 12 . Heinr. v. Gorzki Andres Meyer 13. 14. Ludw. Kühlbrunn = 15. Wilhelm Derling = 16. Daniel Labitzki = 17. Bernh. Krakowitz 18. Hornist Ferdinand Demski 19. Ferdinand Mary
26. Jäger August Vetter = 27. Carl Janicke = Benzmann Carl 28. 29. = August Schüler 30. = Carl Sommer 31. = Ferdinand Bibend I. 2 32. Carl Bibend II. 33 . = Carl Kammermeier = =
1. Sec.-Lieut. Ernst v. Boden = 2. Wilhelm Jacobi = 3. Joh. Jungmeister 4. Feldwebel Carl Wiesinger
Ferdinand Frontin Martin Henschel
= =
Wilhelm Reinhold Ferdinand Ohms
= =
549 51. Jäger Wilhelm Plochow 52. = Johann Füller = 53. Wilhelm Rode = 54. Wilhelm Pichler = 55. August Knoll = 56. Ferdinand Leonhardt = 57. Heinrich Bott = 58. Ferdinand Franz = 59. Friedrich Rey = 60. Georg Rolfi = 61. Carl Rolfs = 62. Jacob Gerst = 63. Carl Kanaske = 64. Carl Lindner = 65. Christian Friedrich = 66. Gottfried Pazko = 67. Carl Bertram = Carl Vogel 68.
69. 70. 71 . 72 . 73 . 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88.
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
Friedrich Renner Friedrich Weck Carl Jahn Heinrich Fiebelkorn Ludwig Gallece Andreas Schulz Carl Bahr
Ferdinand Bauer Ludwig Hold Carl Bergmann Carl Köhler Johann Vogel Eduard Bentheim Jehann Pascal Wilhelm Hoffmann Christian Bauer August Bauer Carl Behrenz
Johann Becker Carl Friedel
89. Jäger Gottlieb Füzer = 90. Carl Heine 91 . = Louis Schlenkt 92. = August Knoll 93 . = Carl Gelpke 94. = Eduard Bröse 95. = Joh. Reppenhagen = 96. Ludwig Reppenhagen = 97. Joh. Zimmermann = 98. Otto Wolf = 99. Ferdinand v. Schildt = 100. Johann Zigler = 101. Albert Zigler = 102. Carl Stephani = Wilhelm Lüttcke 103. = 104. Ludwig Cabanis = 105. Ferdinand Gundlach = 106. Ferd. Meinhardt 107. 108. 109. 110. 111. 112 . 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120.
121. 122. 123. 124. 125. 126.
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
Ernst Karbe Johann Schaub Adolph Thinel Franz Hermes Heinrich Mosner Friedrich Renner August Pecholdt August Wiesener August Döring Georg Fetter Johann Franke Johann Johann Johann Johann
Goldtschmidt Hirschberg Hausmann Züzer
Lazarus Zülchauer Samuel Kroh Carl Leidel Heinrich Leffmann Carl Bohl
550
= = = = = = = = = = = = = = = = = = =
Friedrich Kalmann Benjamin Nisch Ferdinand Zacher Isaak Gutmann Carl Feldner Adolph v. Schwarz Carl Kröber Christian Kröber
187. 188. 189.
Georg Parsky Gottlieb Schober
Carl Irrgang Johann Woited Johann Kraht Johann Götschmann Gabriel Kreidemeier F. v. Griesheim Gottlob Rahe Louis v. Plüskow
Louis Hirsekorn Georg Schönschmidt Wilhelm Lübeck Emil Pfund Wilhelm Kurt Eduard Schmiedel
Gottfried Henkel
=
Christian Zahn
=
150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158.
= = = = =
=
134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141 . 142 . 143. 144. 145. 146. 147. 148 . 149.
159. Jäger Johann Forchner Simon Sachse 160. = 161. Gottfried Schneider = Eduard Lehnert 162. = 163. Carl v. Seydlig = 164. Rudolph Köhler = Carl Speer 165. = 166. Ernst Klose I. = 167. Abäus v. Schimonski = 168 . Gottlieb Fondera = 169. Carl Klose II. = 170. August v. Tempelhof = 171 . Ernst v. Lange = 172. Carl Brauns = 173. Johann Handtke 174. = Georg Ternier = 175. Carl Faberius = 176. Friedrich Krümling = 177. FerdinandHolzerland = 178. Johann Raabe = 179. Ferd. v. Dehrmann = 180. Wilhelm Schröder = 181. Adolph v. Kröcher = 182. Jacob Schmückert = 183. Ferdinand Köhl = 184. Johann Schumacher = 185. Ludwig Fachwit = 186. Ernst Bernicke
=
127. Jäger Samuel Bich = 128. Wilhelm Hennig 129 . = August Heusch = 130. Martin Mett 131 . = Gottlieb Ruhsig = 132. Ernst Gödulla = 133. Heinrich Wolff
Ferdinand Hartsch Georg Kunze
=
551
Namentliches Verzeichniß des
freiwilligen Jäger - Detachements des 1. Bataillons in den Jahren 1813 und 14.
17. Jäger August Flöricke = 18. Wilhelm Möwes 19. = Carl Wenzel = 20. Traugott Wunsch = 21. August Blume
= = =
22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
Carl Zach Carl Cosemundt
Wilhelm Rudorf Johann Zinzenhofer -Wilhelm Stöckert Carl Rour Carl Pietack = Felix Löpel =
41. 42 . 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49.
50. 51 . 52 . 53. 54. 55. 56. 57. 58.
= = = = = = = = = = = =
14. Hornist Ludwig Trumpf = 15. Friedrich Herold 16. = Ludwig Körger
30. Jäger Johann Arnold = Carl Fomer 31. Carl Golt 32. = 33. Heinrich Krüger 34 . Ludwig Noack 35. Wilhelm Marniß = 36. August Rose 37 . = Carl Kunst = 38. Ferdinand Simon = 39. Carl Gausd = 40. Alexander Liebert = =
mà
1. Oberjäger Ferd. Neuendorf = 2. August Neuendorf = 3. Louis Bouc = 4. Friedrich Wundahl = 5. Paul Bullert = 6. Wilhelm Voigt = 7. Christian Schulze = 8. Wilhelm Löwe = 9. Christian Walter 10. = Heinr. Fegebeutel = 11. Carl Wesenfeldt = 12 . Carl Schmidt = 13. Carl Krausnick
= = = = = =
Johann Lundt Carl Wilke Friedrich Weinhold Carl Mäste
Friedrich Richter Wilhelm Heyne Heinrich Börsch Friedrich Sauer Ludwig Kühlbrunn Ferdinand Struhe
Heinrich Sessa Carl Sommer Wilhelm Mart Ludwig Seeliger August Stenger Friedrich Seifert Friedrich Kirchner Friedrich Stäckert
552
59. Jäger Friedrich Müller 97. Jäger Ludwig Schlegel = Samuel Köhler = 98. 60. August Giersch 99. = = 61. August Gädicke Friedrich Keil = = 100. 62. August Siebmann Friedrich Horn 101 . = = Gottlieb Ehmann 63. Ludwig Hagendorf 102. = = 64. Wilhelm Kuhle Friedrich Schulze = = 103. 65. Wilhelm Kraat August Wiegert = = 104. 66. Carl Töplin Ludwig Meyer 67 . = = 105. Wilhelm Kanow Friedrich Strubel = = 68. 106. Carl Kleinvogel Friedrich Kaden 1 = 0 = 7. 69. Friedrich Lieske Wilhelm Kühne = = 108. 70. Philipp Braun Rudolph Arendt = = 71 . Heinrich Seiffert Wilhelm Mangelsdorf | 109. = = 72. 110. Louis Remmert August Luther = = Gottlob Winzer Carl Schwill 111. 73. = = 74. 112. Carl Görit Carl Noll = = 113. 75. Ferdinand Weißer Wilhelm Friedrich = = 76. 114. Carl Heyse Christian Wildau = = 115. 77. Friedrich Bauer Friedrich Schönau = = 116 . 78. Ludwig Mertens Wilhelm Alttag = = 79. 117. August Wernicke Ludwig Lankner = = 118. 80. Friedrich Harendt Johann Kiesling = = 119. 81. Carl Braun August Preuß 82 . = = 120. August Arendt August Bandow = = Carl Gohe 121. 83. Ludwig Freter = = 122. 84. Carl Ditterlein Christoph Lukas = = 123. Gottlob Seidlitz 85. Wilhelm Losack = = 86. 124. Friedrich Kühne August Vieweger = = 125. 87. Wilhelm Hamillon Ludwig Koch = = 126. 88. Carl Ganzauge Ferdinand Eplée 127. = = 89. Gottlieb Schreinert Louis Durand = = 128. 90. Carl Bothe Carl Hübener 129. = = 91. Johann Wundahl Wilhelm Dannenberg = 92 . 130. Carl Glüer Carl Naumann = = 131. David Lesser 93. Wilhelm Engel = 132 . 94. August Knake Wilhelm Zach = = 133. 95. Wilhelm Dobecke Wilhelm Schönemann = = 134. 96. Carl Berger Carl Algenstädt =
=
553
142. 143. 144. 145. 146 . 147 .
148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156 . 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163.
= = = = = = = = = = = = =
=3 = = = = = = = = = = =
164. 165. 166. 167.
=
168. 169.
= =
Lebrecht Herrmann Ferdinand Baurath Christoph Röhl Friedrich Sanne Carl Münner Wilhelm Beßmann Wilhelm Buch Carl Herold Friedrich Rammholz Friedrich Luck
Benjamin Gley Philipp Kühne Johann Frieske August Kühne Friedrich Luft Wilhelm Ramin Wilhelm Bremer
Friedrich Hungar Wilhelm Fleischmann Friedrich Bartholomä Samuel Struck Wilhelm Gerlach Carl Reusch
Christoph Reusch Carl Walter Wilhelm Goldammer Jesaias Simon Franz Winkler
170. Jäger Wilhelm Stendel = 171. Carl Bilz 172. Carl Grau = 173. Carl Schildbach = 174. Heinrich Haase = 175. Friedrich Balms = 176 . Carl Schulz = Louis Blume 177. = 178. Johann Wagner 179. = Carl Strahl = 180. Sebastian Jentsch = 181. Wilhelm Scheer = 182. Heinrich Rollius = 183. Johann Möring = 184. Abraham Becu = 185. Wilhelm Fettgießer = 186. Friedrich Gadebusch = 187. Siegmund Bergmann = 188. Ferdinand Löffler = 189. August Kulicke = 190. Ferdinand Thierry = 191 . Heinrich Uhlemann = 192. Friedrich Schröder = 193. Friedrich Knebel 194. = Ferdinand Hökel = 195. Heinrich Bößel = 196. Friedrich Rehme = 197. Carl Weiße
=
135. Jäger Gottlieb Schulz = 136. Wilhelm Luther 137. = Heinrich Voigt 138. = Heinrich Schröder = 139 . Wilhelm Boße = 140. Ludwig Graßnick = 141 . Friedrich Lemm
198. Oberjäger Müller = 199. Zimmermann = 200. Kosack = 201 . Rhode 202. = Hegewaldt
203.
Franke.
554
Namentliches Verzeichnißz des freiwilligen Jäger - Detachements des 2. Bataillons in den Jahren 1813 und 14.
1. Sec.-Lieut. Carl Holfelder
30. Jäger August Müller = 31. Theodor Bock 32. = Heinrich Wernicke = Anton Auer 33. = 34. Ferdinand Dornbusch = 35. Adolph Hofschildt = 36. Ludwig Fischer I. = 37. Justus Heller = 38. Ludwig Selle Heinrich Kühne = 39. Carl v. Scheidt Carl Kallin = = 40. Carl Lorenz Wilhelm Kliefert I. = = 41. Carl Moriz Götz = 42. Moritz Stemmler Ferdinand Geyer = = 43. Wilhelm Dames I. Ludwig Hevelke = = Carl Möwes Wlh. v. Creilsheim | 44 . = 45. Gottlieb Kranz Hornist Gottlieb Richter = = Gottlieb Bohlmann 46. Ferdinand Werner = = 47. Friedrich Ruppila Ludwig Becker = 48. Joachim Wobisser Jäger Heinrich Defleur = = 49. Andreas Hansen August Sarez Gottlieb Bosse N = 50. Ferdinand Horst = = 51 . Johann Köhler Ludwig v. Haack = = 52. Roland Adolph John = = 53. Adolph Claren Holland = = 54. Jakob Zweigelt Heinrich Haack I. = = David Schmächting 55. August Rietz = = Carl Döniges 56. Gerhard Zappe = = 57. Carl Stöber Carl Rettig = = 58. Schönfeld Ludwig Pohlenz II.
2. Oberjäger Wilhelm Seefisch = 3. Jakob Laurent = 4. Carl Hachtmann = 5. Gustav Sperling = Carl Spiller 6. = 7. Friedrich Willberg = 8. August Hoyke
16. 17. 18. 19. 20. 21 . 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
=
9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
555
=
11
=
=
= =
Heinrich Ducros Theodor Mertens II. Carl Bahl II.
130. 131 . 132. 133. 134.
= = = = =
11
94. 95. 96.
97. Jäger David Neigt = 98. Friedrich Suppa = 99. Friedrich Humme = Gottlieb Räder 100. 101. = Funk = 102. Schlöth = 103. Wilhelm Reuth = 104. August Arendt II. = 105. Ferdinand Klingener = 106. Louis Schnittlage 107 . = August Clemens = 108. Heinrich Mouzon 109. Christmann Kühl III. = 110. Franz Obst II. = 111. Friedrich Dames II. = 112. Benjamin Küster = 113. Krüger II. = 114. Rittershausen = Laue 115. = 116. Friedrich Schöneberg = Johann Sander 117. = 118. Friedrich Schwinger 119. = Ferdinand Pauly = 120. Gottlieb Hammer = 121 . Wilhelm Ring = 122. Heinrich Richter = Gottlieb Behmann 123. 124. = Gustav Bär = Samuel Manche 125. = 126. Carl Dorn I. 127 . = Wilhelm Montien = 128. Friedrich Wernit = 129. Wilhelm Sachse II. =
59. Jäger Samuel Brieskorn = 60. Holzhauer = 61. Friedrich Helbig = 62. Carl Schneider I. = 63. Carl Jänice II. = 64. Samuel Lizz = 65. Johann Hübner 66. Friedrich Ludewig = 67. August Obst I. = 68. Wilhelm Ahlspach = 69. Gustav Sachse = 70. Wilhelm Gerhardi = 71. Friedrich Punger = 72. Wilhelm Fournier = 73. Gottlieb Lohrenz II. = 74. Götz II. = 75. Wilhelm Domac = 76. Ferdinand John II. = David Mittelhaus 77. = Gottlieb Kühl I. 78. = 79. Heinrich Müller III. = 80. Carl Bendin = 81. Ludwig Hensel = 82. Wilhelm Böttcher = 83. David Bölcke = 84. Peter Dominique 85. Gottlieb Lubow = 86. Heinr. v. Saborowski = 87. Vettifert II. = 88. Carl Patker = 89. Jänice I. = 90. Friedrich Kolldorf = 91. Friedrich Arendt I. = 92. Christoph Wittstock = 93. Johann Elsner
Delt Nickel Nensee Licht Christian Dürre
556
=
=
Friedrich Steffin Wilhelm Franke Heinrich Erdwich Gottlieb Weißbach
= = = = = = = = =
= = = = 2 = = = = =
= =
164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171 . 172.
Heinrich Grabe
= =
162. 163.
=
149. 150. 151 . 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161.
Friedrich Blomen Carl Neumann Joh. Zimmermann Wilhelm Augustin Carl Nüsté Christoph Grätz Dollfuß Carl Loose
Carl Holkewitz August Henschel Ferdinand Bahns Friedrich Sävemann Johann Vaillant Carl Palzow
Friedrich Springel Carl Haack III. Friedrich Kuzbach Ferdinand Lange Ludwig Günther
173. Jäger Ferdinand Krüger I. = 174. Gottlieb Wiedecke = 175. Christoph Müller I. = 176. Friedrich Dahlenburg = 177. Meyer Löbel = 178. Gottfried Guthle 179. = Johann Kayser = 180. Ernst Bartorff = 181 . Georg Albers = 182. Wilhelm Ritter = 183. Ferdinand Giese 184. Ferdinand Klein 185. Johann Schliminski = 186. Samuel Dittweiler I. = 187. Wilhelm Kuhnert = Carl Jürgaß 188. = 189. Ludwig Mertens I. = 190. Carl Fürbötter = Louis Gerrat 191 . = 192. Ferd. Dittweiler II. = 193. August Lehmann = 194. Wilhelm Joseph = 195. Ferdinand Kühl II. = 196 . Carl Berger = 197. Kofiak = 198. Wilhelm Kulig = 199. Nischelski = 200. Ludwig Pätel II. = 201. Ferdinand Swoboda = 202. Jakob Friese = 203. Carl Schlösser = 204. Adolph Negler = 205. Carl Müller II. = 206. Wilhelm Schulz I. = 207. Johann Städe = 208. Bernhard Julius 209. = Ferdinand Päßel I. = 210. Wilhelm Worgitki = =
135. Jäger Friedrich Quinstädt = 136. Gottlieb Polenz I. = 137. Friedrich Lemke = 138. Johann Henoch 139. Carl Bremer = 140. Carl Fischer II. = 141. Franz Sessa 142. = Wilhelm Haffer 143. Wilhelm Traufelder = 144. Friedrich Pieper = 145 . Ferdinand Lindow = 146. Pierre Muret = 147. Wilhelm Meißel = 148. Christian Kropaczec
557 211. Jäger Carl Balzer = Kullad 212. 213. Johann Hartmann = 214. Heinrich Kleinwächter = 215. Carl Moser = 216 . August Metzold 217 . = Louis Wolff = 218. August Böhme
219. Jäger Ferdinand Bolle = Carl Meyer 220. = 221 . Carl Heyer = Ferdinand Linke 222. 223. = Ferdinand Schwinger = 224. Ludwig Siebmann 225. = HeinrichSchneider II.
=
Namentliches Verzeichnißz des
freiwilligen Jäger- Detachements des Füsilier - Bataillons im Jahre 1813 .
= = =
40.
= = = = = = =
12. Jäger Carl Erpel = 13. Heinrich Buchholz 14. Ludwig Lüttge 15. Ludwig Seeger = 16. Friedrich Krone = 17. Carl Lübecke = 18. Carl Schwanefeldt 19. ፡ Wilhelm Wachstädter Gottlieb Löffler 20.
28. 29. 30. 31. 32 . 33. 34. 35. 36 . 37 . 38 . 39.
=
=
9. Chirurgus Johann Vierling 10. Hornist Carl Baganz = 11. Carl Loose
21. Jäger Friedrich Lehne 22 . = Julius v. Cornring = 23. Ludwig Tamm = 24. Moritz Seeligmann 25. August Bartholdi = 26. Lorenz Sonnenburg = Wilhelm Ulrich 27.
=
1. Feldwebel Gottlieb Frenzel 2. Oberjäger Albinus Ladentin. 3. Friedrich Tibbe = 4. Carlv.Heidenreich = 5. Heinrich Schütz = 6. August Klautsch = 7. Heinrich Bourguet = 8. August Lutter
= =
Ernst Kunz Wilhelm Monicke Carl Bier August Horn Adolph Caspari Carl Gumthau Wilhelm Monig August Rodlack Friedrich Pretkow Carl Lichtenfeld
Friedrich Fischer Carl Thiele Gottlieb Stübing
= = =
558
= = = = .: =
Christoph Heinrich Mathias Heil Christoph Fiek Auguſt Junge Friedrich Hering Christ. Freudenberg Carl Viehweger Ferdinand Sehne Eduard Ballhorn Friedrich Schmellich Friedrich Glodisch Carl Remschel Albert Schulz
Ferdinand Röde
= = =
August Gerhardt Heinrich Fontane Carl Grefe
=
Wilhelm Tree Carl Beisker Carl Stifelius
= = = = = = = = = = =
August Brundow Friedr. Heiligenstädt August Schwendy August Winkler August Krauſe Friedrich Breddin Eduard Ihn
=
= =
=
Wilhelm Rhode
108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116.
=
Heinrich Deege Ferdinand Damm
=
Friedrich Jäger Friedrich Behrens Gustav Kriele
103. 104. 105 . 106. 107.
= = = = = =
=
=
Carl Schröder
= = = =
84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91 . 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98 . 99 . 100. 101 . 102.
=
74. 75. 76. 77. 78.
79. Jäger Carl Bracken 80. Carl Thesing = 81. Friedrich Edler = 82. Moris Normann = 83. Gustav Krug =
41. Jäger August Urig 42. = Carl Stübelt = 43. Friedrich Baumgarten = 44. Wilhelm Christoffel = 45. Carl Christoffel = 46. August Rogge = 47. Heinrich Haase = 48. Carl Mietag = 49. Carl Schmidt = 50. Carl Röseler = 51. Wilhelm Götsch 52. Carl Kiesewetter = 53. Ferdinand Köhn = 54. Ludwig Schmidt = 55. Johann Naucke = 56. Friedrich Meher = 57. August Heldt = 58. Carl Kurzin = 59. Friedrich Zapel = 60. Louis Schütler = 61. Wilhelm Fuchs = 62. Wilhelm Stein 63 . = Wilhelm Neumeister 64. August Dartsch 65. Ferdinand Spaltholz = Carl Danz 66. 67 . = Gottlieb Voigt 68. = Ferdinand Bielefeld 69. = Albert Itig = 70. Moritz Izig 71 . = Johann Lindebold = 72. Eduard Westfeldt 73 . = August Lenze
Friedrich Franz Adolph Thiele Carl Strimpenthal
=
Ferdinand Wenzel
559
=
Ferdinand Weinhold August Liecke Carl Schonermark August Dubois Wilhelm Michel Wilhelm Hoppe Christian Damm Ferdinand Schulz Gottlob Heer
= =
Gottfried Harte Friedrich Elter Friedrich Reichel Carl Mägen
=
Heinrich Dorrmann
=
143. 144. 145 . 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154.
= = = = = = = = = = =
Friedrich Fick Friedrich Fabricius
=
174. 175. 176. 177. 178. 179 . 180. 181 . 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191 . 192.
= = = = = = = = =
= = = = =
=
=
139. 140. 141 . 142 .
155. Jäger Adolph Schmidt = 156. Samuel Stürmer = 157. Carl v. Schulz = 158. Wilhelm Hoffmann I. 159. Gottlob Borsbörgen = 160. Wilh. Hoffmann II. = 161 . Friedrich Kumm = 162. Friedrich Wartenberg = 163. Carl Sander 164. = Ludwig Maler = 165 . Heinrich Rosenthal = 166. Gottlob Prozen = 167. Franz Gericke = 168. August Möwes 169. = Heinrich Marcuse = 170. Georg Möbius 171 . = Rudolph Melzer = 172. Wilhelm Kammer = 173. Wilhelm Dietrichy =
117. Jäger Wilhelm Kaumann 118. Erdmann Deblin = 119. Heinrich Berger = 120. Franz Gaden = 121 . Adolph Wolff = 122. Friedrich v. Boc = 123. Ludwig Sander = 124. Ludwig v. Koplow = 125. Ferdinand Rühle = 126. Carl Fersch 127. Carl Heinrich = 128. Carl Debon 129. = Wilhelm Wille = 130. Carl Greiling = 131. Johann Klein = 132 . Wilhelm Kaufen = 133. August Dahlmann = 134. August Rudolphi = 135. Johann Bahlsen = 136. Ludwig Sturm = 137. Carl Buddée = 138. August Schulz
= = = =
Wilhelm Pohl August Suppius Wilhelm Rosenberg Christian Gart August Heidrich Heinrich Otto Ferdinand Schulze Gottlob Schulze
Ludwig Nadler George Müller Ferdinand Franz Heinrich Stavenow Johann Blankenstein Gottlob Niesch
Johann Schlegel Carl Andree Ferdinand Adam Carl Reich Wilhelm Schulz
560
Wilhelm Zesch Franz Eichmann
246. 247. 248. 249. 250. 251 . 252. 253. 254. 255. 256. 257. 258. 259. 260. 261. 262. 263. 264. 265. 266. 267.
= =
Otto Spalding Ferdinand Jadow
= = = = = = = = = = = = = = = = =
Ludwig Kauer Robert Canabäus
=
August Kölner Friedrich Müller Gottfried Ziederich Wilhelm Feige August Breininger Johann Kattge Daniel Coßmann Wilhelm Schulz August Pfeifer Heinrich Kiesel Carl v. Ciriach Friedrich Beseke Christoph Schlegel Samuel Werner
Carl Zepernick Eduard Zucker Carl v. Bülow
= =
Friedrich Gladisch Friedrich Rohde Wilhelm Tralles
=
=
= = =
Friedrich Korn . Carl Faller
243. 244. 245.
=
=
227. 228. 229. 230.
231. Jäger Paul Wiedemeyer = 232. Carl Sonnenberg = 233. Carl Schöndorf = Friedrich Gart 234. 235 . = August Kindler = 236. August Blankenhorn = 237. Wilhelm Heinski = 238. Georg Schrödter 239. = Friedrich Heitfeld = 240. Johann Moores 241. = Friedrich Behrend = 242. Adolph Hartwich
=
193. Jäger Ludwig Jacob = 194. August Stephani = 195. Carl John = 196. Friedrich Würtenberg = Gottlob Schneider 197. = 198. Heinrich Dubois = 199. Anton Wigand = 200. Johann Schober = 201. Wilhelm Mahwald 202. Ferdinand Reiser = 203. Heinrich Wacker = 204. Carl Rohde = 205. Carl Labes = 206. Carl Möser = 207. Friedrich Wienecke = 208. Heinrich Pallis = 209. Johann Conrad = 210. Louis Rousselt = 211. August Pistor = 212. Ludwig Henning = 213. Friedrich Selling = 214. Siegfried Henning = 215 . Herrmann Pensch = 216. Gottlob Drescher = 217. August Köhler = 218. Herrmann Bahnert = 219. Carl Köhler = 220. Samuel Schulz 221. August Tönnies 222. = Nathan Cohen = 223. Wilhelm Appold = 224. Wilhelm Meyer = 225. Gottfried Tenon = 226. Ferdinand Bender
Heinrich Rohde.
561
Namentliches Verzeichniß des
freiwilligen Jäger - Detachements des 1. Bataillons im Jahre 1815.
* 30. Jäger Ludwig Frehmann = 31. Simon Gans 32 . Friedrich Gengerich 33. = Friedrich Gentner 34. Gottfried Geschke * 35. = Johann Geschner
=
= =
Ferdinand Göring I. Wilhelm Göring II. Carl Göte Friedr. Grauenhorst Eduard Grube
= =
Friedrich Handke Andreas Hans
= = = = = = = = = = =
46. 47. * 48 . * 49. 50. 51 . * 52. 53. 54. * 55. 56. 57 . 58 .
=
Franz Gesell Ferdinand Giese Carl Glür Wilhelm Göcker
=
43. 44. * 45 .
= =
=
40. 41 . 42.
= =
36. * 37 . * 38. 39.
=
1. Feldwebel Heinrich Boffe 2. Oberjäger August Flöricke = 3. Ludwig Schiele *4 . August Strielach *5. Hornist August Geschke = 6. Carl Kaltwasser 7. Friedrich Stülzer 8. Jäger Gottlieb Artope = *9. Friedrich Baacke = * 10. Johann Baldamus = * 11. Friedrich Balde 12 . August Bandau = 13. Ferdinand Bauroth = 14. Wilhelm Bendin = 15. Carl Bernau = 16. Franz Beutler = 17. Ernst Blanquart * 18. = Albert Bock = 19. David Bölcke ፡ 20. Wilhelm Bosse I. ፡ 21. Christian Bosse II. * 22 . = Joseph Braun = 23. August Dahme = 24. Friedrich Dingler = * 25. Wilhelm Döpliz 26. Wilhelm Drewit 27 . Carl Driesener = 28. Louis Durand 29. = Carl Eberhardt
=
Wilhelm Heicke Friedrich Helbig Heinrich Hende Georg Hendert Lebrecht Herrmann Eduard Herz August Hildebrandt Friedrich Hildmann Georg Hoffmann Carl Immermann Ferdinand Kaden Carl Kiest 36
=
=
=
= =
562
=
=
=
Friedrich Nicolai Wilhelm Lieske Carl Delze Wilhelm Pieper Friedrich Böhn Carl Polenz
Wilhelm Pattgießer
106. 107. 108. 109. * 110. 111. * 112. 113. 114. * 115. 116. * 117. * 118. 119. * 120. 121 . 122. * 123. 124. 125. 126. 127. * 128. 129. 130. 131. * 132.
* 133 . 134.
= = = = = = = =
= = = = = = = = = = = = = =
=
= = = = = = =
104. * 105.
=
= =
90. 91. 92. 93. 94. 95. 96.
*97. Jäger Friedrich Rabe = 98. Ferdinand Reich = *99. August Regale = 100. Ferdinand Rhodes = 101 . Wilhelm Niel = * 102. Carl Rithaupt = 103. Joh. Rittershausen =
59. Jäger Ludwig Klein = 60. Ludwig Kneisel 61 Carl Knust * . 62. Carl Kober = 63. Friedrich Kranz I. 64. Gottlieb Kranz II. * 65. = Heinrich Kreutz = * 66. Wilhelm Krumsich = Elias Kuhn * 67 . = 68. Ferdinand Lange = Gottlieb Lange 69. = * 70. Friedrich Lehmann = 71. Wilhelm Lehmann = 72. Friedrich Lemm = * 73. Balthasar Leiniger = 74. August Leisering * 75 . Carl Lemcke = * 76. Wilhelm Liebig = * 77 . Carl Loose = 78. Friedrich Loude = * 79. August Lutter = 80. Gustav Mann = 81. Carl Marhold = * 82. Carl Metzkow 83. = Adolph Mewes * 84. = David Meyer * 85. = Ferdinand Moll 86. Carl Motta = * 87 . Moritz Mosener = Carl Müller 88. * 89. Wilhelm Neukranz
= = = = = = =
Friedrich Röhrig Christian Rohland August Rose Friedrich Rotte Carl Ruckstuhl
Franz Rumler Ludwig Runge August Sarez Gottlieb Schäfer
August Scharf Friedr. Schiminski 3.Schimmelpfennig Samuel Schirmer Carl Schneider Carl Schönberg Wilhelm Schrader Carl Schulze Heinrich Schulze Heinrich Sessons Carl Stein Wilhelm Stendel Gottfried Stöcker Albrecht Stosch Friedrich Thenz Mathias Thron Heinrich Uhlemann Friedrich Voigt Johann Wagener Wilhelm Wandel Friedrich Wangelin August Weber
563 * 143. Jäger August Zürcher = 144. Johann Bene = 145 . Georg Löwe = 146. Christian Nickel = 147. v. Thesmar 148. Heinrich Dankwort = Carl Böttcher 149 . 150. Heinrich Bauroth =
=
135. Jäger Gottfried Wegener Gottlieb Weißback 136. = 137. Franz Wentis = 138. Friedrich Werner = 139. August Winkler = 140. Ferdinand Wolff = 141 . Johann Wolter = 142. Andreas Zink =
Anmerkung. Die mit * bezeichneten Jäger wurden zum 30. Infanterie - Reg. verseßt.
Namentliches Verzeichniß des
freiwilligen Jäger - Detachements des 2. Bataillons im Jahre 1815 .
8. Hornist Friedrich Zoller 9. Jäger Friedrich Adler = * 10. Carl Arnold *11. = Gottfried Amberger * 12. = Carl Bunger * 13. Ludwig Behrens * 14. = Friedrich Binder = 15. Wilhelm Buhlert = 16. Wilhelm Braun = 17. Christoph Beischott = 18. Abraham Beckh
19. Jäger Philipp Braun * 20. = Heinrich Bendorf 21. = Johann Brüht 22 . = Heinr. Buschenhagen 23 . = Friedrich Colberg = 24. Carl Colberg = * 25. Ludwig Talichow = 26. August Dosch 27 . = Wilhelm Dünz = Gottlieb Ehmann 28.
29. 30. 31. * 32 . * 33. * 34. * 35. * 36 .
= = = = =
1. Feldwebel FriedrichPlothow * 2. Oberjäger Andreas Boschke = *3. Adam Tannenberg = * 4. Anton Freiwald = 5. Carl Klemm 6. Gottfried Kögler = 7. Carl Meyer
= =
Carl Freundt Ludwig Fischer Friedrich Friede Carl Fenner Carl Gundemann Friedr. Gildemeister Friedrich Geißler Carl Gericke 36 *
=
564
= = = = = = =
Wilhelm Hoffmann Carl Holzhauer Carl Hempe David Jonas
Wilhelm Jenth Carl Köhler Wilhelm Krüger Heinrich Kliefert Ferdinand Klein August Krikau Wilhelm Klessen Eduard Krüger
Ferdinand Kunow Heinrich König Carl Kämpfe Friedrich Kränice Heinrich Kunth
=
Heinrich Lange Friedrich Lehmann Friedrich Luft Johann Leipold Wilhelm Lüdecke
=
August Lichtenacker
=
August Lange
=
=
90. 91. * 92. * 93 .
94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. * 101. * 102. * 103. * 104.
* 105. * 106 . * 107 . 108. 109. 110. 111. 112 .
= Ludwig Peters = August Preuß = Friedrich Philipp = • Carl Plothow = Christoph Rüdiger = Carl Rauschert = Ludwig Rotsch = Ferdinand Rosener Wilhelm Rehfelde = August Robe = Wilhelm Röder Daniel Richter = Daniel Rehfeldt = Carl Schadow = Adolph Schiller = Friedrich Schaabe = Friedrich Schönau = Friedrich Steindel = Traugott Schulz = Gottlieb Scheinert = Ludwig Sommer" = Carl Schiefelbein =
= = = = = = =
August Heine Gottfried Hindenuth
Carl Magdeburg August Müller Johann Mendel Christoph Neumann Friedrich Neumann
=
=
Ferdinand Hülsen Gottfried Harte
Wilhelm Lange Carl Müschke
=
= = = = =
73. 74.
=
63. 64. 65. 66. 67. * 68. 69. * 70. 71. 72.
=
Eduard Hankwitz
= = = = = =
60. 61. 62 .
= =
81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. *88 . * 89 .
=
46. 47 . 48 . 49. * 50. * 51 . * 52. * 53. * 54. 55. * 56 . *57. * 58 . * 59.
75. Jäger Carl Losenski = *76. Friedr. Lehmann II. 77. Christoph Lukas 78 . Carl Lubitz = 79. Daniel Lesser = 80. David Ludwig
= =
37. Jäger Gottlieb Grell * 38. = Gottfried Jablonski 39 . = Johann Glienece = 40. Friedrich Gutke 41. == August Gosebruch = 42. Tobias Götze = 43. Wilhelm Heinemann = 44. Carl Hempel = 45. Leopold Horn
#
Heinrich Schwarz Friedrich Schönfeldt Friedrich Stavera
565 113. Jäger Heinrich Stolle 114. J Carl Schellhaas 115. Adolph Schön * 116. Franz Todt = 117. Theodor Thesky = * 118 . Carl Utge = 119. August Vogel = *120. Friedrich Weinholz = * 121. Friedrich Windt = * 122. Gottfried Wagener = * 123. Friedrich Winter = * 124. Wilhelm Winkel
* 125. Jäger Wilhelm Wilke = 126. Friedrich Weile = 127. Friedrich Werner = 128. Friedrich Wielke = 129. Christoph Wernicke = 130. Wilhelm Wisch = 131. Gottfried Weber = 132. August Wiese = 133 . Carl Zschech = * 134. August Zinkernagel = * 135. Wilhelm Zürcher = 136. Ferdinand Köhler.
= = =
Anmerkung. Die mit * bezeichneten Jäger wurden zum 30. Infanterie - Reg. verseßt.
Namentliches Verzeichnißz des freiwilligen Jäger - Detachements des Füsilier - Bataillons im Jahre 1815.
8. 9. 10. 11. 12 . 13. 14.
= = =
4. 5. 6. 7.
August Loth Heinrich Lehmann Joh. Lambatteur
August Lange August Radice Johann Wenzlow Hornist Friedrich Schöneberg Jäger Friedrich Albrecht = Friedrich Becker = Carl Brose = Carl Baier
= =
15. Jäger Heinrich Böttcher = 16. Ludwig Böckel = 17. Heinrich Böckel 18. Friedrich Bold = 19. Carl Bendin = 20. Wilhelm Bonnet = 21. Friedrich Behrens = 22. Heinrich Dietrich = 23. Ernst Döhlert 24. = Wilhelm Dreger = 25. Mathias Döhlert
=
1. Unterofficier Bonin. 2. Oberjäger Wilhelm Hufeland = 3. Carl Karchow
26. 27 . 28.
= = =
August Eichmann Ludwig Ehlert Friedrich Ebenau
566
= =
= =
Jakob Munk
= =
Friedrich Möhricke Eduard Maaß
=
=
64. 65. 66.
67. Jäger Carl Mochow = 68. Christoph Möhring 69. = Heinrich Mouzon = 70. Heinrich Müller = 71. Carl Möwes = 72. Carl Neupert = 73. Wilhelm Niese = 74. Wilhelm Nethe ፡ 75. Wilhelm Nicolaus = 76 . Carl Ohrenschall 77. Philipp Poillon = 78. Heinrich Pätel = 79. August Brieß = 80. Daniel Rose = 81. Ferdinand Rauschnick = 82. Ulrich Reise = 83. Heinrich Ramm = 84. Wilhelm Radice = 85. Heinrich Rau = 86. Wilhelm Rackwit 87 . = Ludwig Röbelt = 88 . Christian Röder 89. = Heinrich Rahn = 90. Wilhelm Reinhold = 91. Carl Reinbote = 92. Wilhelm v. Schenck = 93. Ferdinand Schwaß = 94. August Seidel = 95. David Saße = 96. Heinrich Sohn = 97. Wilhelm Sandner = 98. Friedrich Stärkman = 99. Friedrich Schulz = 100. Carl Schmidt = 101. Heinrich Schartow 102. Carl Seeliger = 103. Ferdinand Schulz B 104. Friedrich Sanne ፡
29. Jäger Gottlieb Erbsmehl 30. Ferdinand Eger = 31. Christoph Ehrenberg 32. Gottfried Fröhlich 33. Heinrich Friedrich = 34. Julius Friedemann = 35. August Graumann = 36. Johann Gäde = 37. Gottfried Gäde = 38. Carl Godier = 39. Heinrich Grabe = 40. Friedrich Garlipp = 41. Friedrich Goßlar = 42. Eduard Großkopf = 43. Gottlieb Geschke = 44. August Grundmann = 45. Wilhelm Hempel = 46. Heinrich Hezel = 47 . Carl Heffe = 48. Conrad Holleder = 49. August Haack = 50. Samuel Hammer = 51. August Hirte = 52. Samuel Hoffmann 53. Johann Johanson = 54. Friedrich Jänide = 55. Carl Jänicke = 56. Carl Jordan 57 . = Wilhelm Klein = 58. Friedrich Koch = 59. Adolph Köhler = 60. Conrad Kiesewetter 61. = Ludwig Lehrmann 62 . = Cunibert Lenz 63. = Adam Lincke
567
105. Jäger Samuel Struck = 106. Sigismund Seiffert 107. = Gottlieb Schulz = 108. Carl Steinmüller = 109. Carl Schilling = 110. Joseph Schmidts = 111. Gottlieb Schulz = 112. Heinrich Schneider = 113. Ludwig Scholz = 114. Heinrich Schulz = 115. Gottlieb Strohberger = 116. Heinrich Schröder 117. = Friedrich Swoboda " 118. Friedrich Sander = 119. Friedrich Schweißer
120. Jäger Friedrich Schulz = 121 . Andreas Tiebe 122. = Wilhelm Trautfelder = 123. Carl Wolter = 124. Friedrich Weber = 125. Carl Wolert = 126. Wilhelm Walter = 127. Carl Weltin 128. = August Weltin 129 . = Friedrich Winkler = 130. Wilhelm Weise = 131 . Carl Zimmermann = 132 . Adolph Zöller = 133 . Wilhelm Zinzenhofer 134.
=
Heinrich Köhler.
Im Leibregimente dienten demnach überhaupt 1305 freiwillige Jäger.
X.
Namentliches Verzeichniß der sämmtlichen Officiere, welche seit dem 1. September 1808 bis zum August 1859 aus dem Regimente geſchieden sind.
1808. Sec.-Lt. Eggers , Abschied . 1809.
Pr.-Lt. v. Kuhnheim, als Rittm. d. 2. brandenb. Huf.-Reg. aggr. St.-Cap. v. Stülpnagel, Abschied. Sec.-Lt. v. Repcke I. ) aus den Listen = v. Repce II. gestrichen. = v. Platen, gestorben. = v. Glöden, Abschied. = v. Quistorp, gingen mit = v.Hertel, dem Major = v. Stankar, v. Schill u. wurden a. d. = v.Pannwitz, Reg.-Listen = v.Mach II., = gestrichen. v.Wedell, = v.Fock, Abschied. St.-Cap. v. Pezold, Abschied. Sec.-Lt. v. Vietinghof, z . 3. ostpr. Inf.-Regiment verſeßt. Cap. v. Arenstorff, Abschied. = v. Dörenberg, desgl. = v. d. Gruben, zum 3. oftpr. Inf.-Regiment verſeßt.
Cap. v. Wittken, zum Colbergschen Regiment versett. Sec.-Lt. v. Diemar, Abschied. = v. Röder I., desgl. = v. Röder II., desgl. = Kayser, z. 4. ostpr. Inf. Regiment versetzt. St.-Cap. v. Lyncker, Abschied. 1810.
Sec.-Lt. Gramsch, als Postmeister in Haynau versorgt. = v. Jalowiecki, Abschied. = v. Zweiffel, desgl. = v. Hüser, ins Cadetten =
Corps versetzt. v. Liebermann, ins 2. ost
= =
preuß. Inf. Reg. versett. v. Koc, gestorben. Staat, Abschied.
Major v. Steinmeß , als Comm. 3. Colb. Reg. verſeßt. Sec.-Lt. Palm, Abschied.
aggr. St.- Cap . v . Steinmez, dgl. Pr.-Lt. v. Hugo, desgl.
569
1812.
Cap. v. Nazmer, als Major ins
=
1. ostpreuß. Inf.-Regiment versetzt. v. Uttenhofen, ins 1. schles.
Inf.-Regiment verseßt. Pr.-Lt. v. Gräwenig , z. d. Garde= Ulanen versett. aggr. Pr.-Lt. v. Brockhausen, Absch. = = v. Langen, zu Garni fontruppen versetzt.
aggr. Sec.-Lt. v. Krohn, aus den Listen gestrichen. Cap. v. Petersdorff, Abschied. Sec.-Lt. v. d. Horst I., desgl. = v. Brandenstein , in den Generalstab versett. aggr. Major Prinz Leopold von Hessen-Homburg, Abschied. = Sec.-Lt. v. Haß, zum pomm. Huf. Regiment versetzt. Fabe, als Forst-Inspector in Crossen versorgt. Cap. v. Schauroth, Abschied. Major v. Reuß, desgl. Sec.-Lt. v. Kobelinski, zu Garni
=
1811.
aggr. Sec.-Lt. v. Röbel, Sec.-Lt. v. Brugner, = v. Clausius,
Abschied .
aggr. Stabs-Capit. v. Resten als Oberförster versorgt. Sec.-Lt. v. Sprenger,
sontruppen versett. aggr. Stabs-Cap. v. Tuchsen, zur Gendarmerie versetzt. Prem.-Lieut. Ludwig zu Garnison- | Cap. v. Bülow, als Major zum truppen verseßt. 3. ostpr. Inf.-Reg. verseßt. aggr. Capit. v. Lobenstein , zum Normal-Bataillon versetzt. Sec. Lt. v. Gagern, desgl.
aggr. Sec.-Lt. v. Krosigk, Abschied. Sec.-Lt. v. Bismark, desgl. = v. Rauch , zum Normal
aggr. Major v. Bornstädt, z. 1. west
Bataillon versetzt.
tantur versett .
aggr. St.-Cap. v. Dzwonskowski, 3. Garnisontruppen versett. Stabs- Cap. v. Wedel, in die Adju tantur versetzt. Cap. v. Plothow, Abschied. Oberst-Lt. v. Horn, als 1. Comman= dant nach Colberg versett.
1813.
Pr.-Lt. v.Pirch, in Pregel ertrunken. Sec.-Lt. Abel, = v. Billerbeck, zu neu Becker, Tiesler, = formirten = v. Boden, Reserve Menser, = Truppen Pleß, = Struwe, versetzt. = b. Rosen, = b. Herzberg, =
preuß. Inf. - Reg . verſeßt. Pr.-Lt. v. Schack I., in die Adju tantur verseßt. Sec.-Lt. v. Pogwiſch, Abschied. = v. Schütz, in die Adju
Reservetruppen versezt. Major v. Zielinski , als Brigade Commandeur verseßt . = v. Both, i. d.Generalſt. vers. = v. Goltz, als Command . des 12. Reserve-Reg. verſeßt. Stabs-Cap. v. Platen, zu Garni ſontruppen verseßt. Pr. Lt. v. Sanit , zu Reserve truppen versetzt. Major v. Gußmerow, an der bei
Sec.-Lt. v. Plehwe, = v. d. Horst, =
Cap. v. Sanit, zu neu formirten
Garde 2.eg R .-Zum .zu verseßt Fuß
570
v. Flanz, v. Bieberstein, v. Eichstädt, Cap. v. Quadt, Sec.-Lt. v. Brederlow, = =
Major v. Beher, Abschied. Cap. v. Bibow, z. 2. Armeecorps versetzt. Sec.-Lt. v. Wille , zu Garnison truppen versett.
Groß-Görschen erhaltenen Wunde in Prag gestorben. bei Groß v. Bülow, Sec.-Lt. v. Gäde, Görschen = v.Flothow, geblieben.
aggr. Sec.-Lt. v. Schildt, b . Löwen berg geblieben. Sec.-Lt. v. Lisniewski, b. Bunzlau
aggr. Pr.-Lt. v. Hundt, Sec.-Lt. v. Linger, = v. Elsner,
burg gebl. Hegewaldt, Stabs-Cap. v. Kahlden, b. Mödern geblieben. Pr.-Lt. v. Uklanski, bei Leipzig gebl. Sec.-Lt. Monig, gestorben . = Sperling, Abschied. = v. Tecklenburg , zu Gar
bei Königs war =ge tha blie ben .
=
= =
v. Arnstädt, Helmrich,
Cap. v. Kesteloot, bei Baußen Sec.-Lt. v. Strank, geblieben. = Rosenbruch, -Regiment Garde 2. Zum
Cap. v. Dallmer, als Major ins
= = =
geblieben. v. Creilsheim,) b. Warten
nisontruppen verſeßt. v. Wittich, Abschied. v. Wussow II.,) in d. Gene v. Felden, Fralstab vers.
1814. Cap. v. d. Heyde, b. Brienne gebl. Sec.-Lt. v. Beyer, b. Chateauthierry geblieben. v.Höpfner,b.Trilport gebl. Cap. v.Diebitsch, b.Paris geblieben. Sec.-Lt. Menzelius , desgl.
=
zu
Pr.-Lt. v. Lilienſtröm, = v. Schenck, = v. Eberhardt I., Sec.-Lt. v. Schack II., = v. Neander, = v. Wildermuth, = Hartwich,
. versetzt Fuß
2. ostpr. Inf.-Reg. verſeßt. Cap. v. Rullmann, = v. Rexen, ፡ v. Lucadou, = v. Werder,
= =
Cap. Graf v. Schwerin, als Major ins 2. westpr. Inf.-Reg. verf.
Cap. v.Lud, z.Gendarmerie verseßt. | Major v. Derßen, = aggr. Sec.-Lt. Meißner, Abschied. v. Hagen, = Sec.-Lt. Sabbarth , desgl. v. Bose, = › Biefke, desgl. Pr.-Lt. v. Lenz, = = v. Stwolinski , v. Wussow I., in die Gen zum Grenadier Alexander Kaiſer .-R versett egiment
Pr.-Lt. v. Zenge, = v. Scheldt I., = v. Wuldknit, Sec.-Lt. v. Faller I., = v. Zschieschen,
= = = = = = =
du Plessis, v. Holleben, bei Sombref
geblieben. Sec.-Lt. v. Kollin, gestorben. Pr.-Lt. v. Münchow II. , in die Adjutantur versetzt. Sec.-Lt. v. Selasinski, zu Garn. Truppen versett. Major v. Ledebur, als Comm. z. 13. Inf. Reg. verseßt.
v. Lüderitz, v. Zollikoffer, Grafv.Lüttichau I., v. Stockmar,
Cap. v. Barfuß I., in die Adju= tantur versetzt.
v. Schildt II., Jacobi,
Sec.-Lt. France, Abschied. = v. Barnedow, i. 33. Inf.
Jungmeister, v. Alvensleben,
Regiment versetzt. aggr. Pr.-Lt. Couriol, zur Gens darmerie versetzt. Sec.-Lt. v. Tempelhoff, gestorben.
v. Faller II., v. Thesmar, aggr. Sec.-Lt. v. Raabe, Sec.-Lt. v. Sad, Sec.-Lt. v. Bodelschwingh, zum 2. Garde-Reg. versett. 1815 . Cap. v. Schonermark, ins Kaiser Alexander-Gr.-Reg. vers. Sec.-Lt. v. Zenge, desgl. = Dumas de l'Espinol, Absch. Pr.-Lt. v. Pröck I. , desgl. Sec.-Lt. v. Riccaud, desgl. = v. Ernest, desgl.
1816.
Oberst v. Zepelin , als Brigade Comm. n. Coblenz versett. Sec.-Lt. Holfelder , in die Adju= tantur versett. aggr. Sec.-Lt. Fiesler, Abschied. Maj. v. Lavierre, i. 25. Inf.
=
= = =
= =
darmerie verseßt. Major v. Carlowitz, Cap. v. Reuß, = v. Häusler, = v. Frankenberg,
formi neu zu rten Truppen Rhein am verseßt .
571
Regiment versetzt. Sec.-Lt. Bellardi, z. Stamm des 3. neumärk. Landwehr Regiments verseßt. Cap. v.Hergaß, ins 27. Inf. Regiment versett. Pr.-Lt. v. Chevallerie, desgl.
572 aggr. Cap. v. Brause, ins 29. Inf.- | Capit. v . Görzke, mit Wartegeld Regiment versetzt. verabschiedet. = Sec.-Lt. Haymann, Abschied. | Sec.-Lt. Sennecke, desgl. Graf Solms-Rödel aggr. Pr.-Lt. Winkler, desgl. Sec.-Lt. v. Dechen, ins Ingenieur heim, desgl. Corps versetzt. 1817. = Kühne, mit Wartegeld ver=
=
=
abschiedet. Major v. Holleben, als Comm. z. rhein. Schüßenbat. versetzt. aggr. Sec.-Lt. v. Arnim, desgl. = = v. Steinäcker, zum 8. rhein. Maj. v. Schmude, z. 4.frank Landw.-Regiment versetzt. furter Landw.-Reg. versetzt. Sec.-Lt. v. Cranach, zum Garde- | Major v. Prüschenk, dem 9. Inf. Regiment aggregirt. Jägerbataillon versetzt. aggr. Pr.-Lt. v. Keller, ausgesch. aggr. Major v. Göppingen , ins = Dobbert, z. 2. Pots 33. Inf.-Regiment versett. Sec.-Lt. Luck, damer Landw.-Reg. vers. verab= = = Laue, Sec.-Lt. Krüger, i. 10. Inf. schiedet. Cap. Hoffmann, Regiment versetzt. = Sec.-Lt. Günz, zum Berliner 1820. Landw.-Regiment versett.
= = =
=
=
schieden. Renner, desgl.
Cap. v. Schulenburg, zum Kaiſer Alexander-Gr.-Reg. vers. = v. Kamecke, mit Wartegeld Pr.-Lt. v. Diezelski, verabschiedet. aggr. Cap. d'Elpons
38. Inf. Reg. verseßt. Pr.-Lt. v. Herrmann, i. Cadetten Corps versett. Sec.-Lt. Schütz , mit Wartegeld ausgeschieden. Wenzel, desgl. aggr. Cap. v. Pichowski, = = v. Rothenburg, = = Dreyzettel, = = Groffe, Bigage, = Braat, = Pr.-Lt. Kahlenberg, =
Wartegeld ausgeschieden .
aggr. Pr.-Lt. Feige, i. 35. Inf. = Sec.-Lt. Manz, Regiment = = Riedel, verseßt. = = Spahns, = = Steinsdorf, ausge
aggr. Sec.-Lt. Schneller, gestorben. = Pr.-Lt. v. Tecklenburg , ins
=
1818.
1819. Cap. v. Rüdgisch, Sec. Lt. v. Horn , in die Adju tantur verseßt.
ш
aggr. Cap. Rudloff, in die Armee verseßt.
573
aggr. Sec.-Lt. Eldner, ausgesch. = Pr.-Lt. Luckowit, pensionirt. Cap. v. Mach, mit dem Charakter als Major ausgeschieden. aggr. Sec.-Lt. Camuri, ausgesch. = = Walter, desgl. Sec.-Lt. v. Puttkammer, desgl.
aggr. Pr.-Lt. Stargardt, d. 26. 3n fanterie-Regim. aggregirt. Pr.-Lt. Mazdorf, penſionirt. Sec.-Lt. Wesenfeldt, als Pr.-Lieut. penſionirt. 1826.
1821 .
aggr. Cap. Schneider, mit Inacti vitäts-Gehalt entlaſſen .
Pr.-Lt. v. Schenkendorf, zum Kaiser
1827.
Alex .- Gren .-Regt. verſetzt. Sec.-Lt. Jachtmann , Abschied. v.Salviati, ins Cadetten
Regim.-Arzt Neumann , penſionirt . Major v. Knuth, desgl. Sec.-Lt. Altermann, desgl. = v. Jasmund, desgl. Cap . Knappe v. Knappstädt, a. Maj. ins 12. Landw.-Rg. verseßt.
Corps versett.
aggr . Sec.-Lt. In u.zu Knyphausen, dem 13. Inf.-Regt. aggr. Sec.-Lt. v. Kunowski, zum Garde Jäger-Bataillon verseßt.
1828.
Sec.-Lt. v. Zawadzki, gestorben. 1822.
1829. aggr. Pr.-Lt. Kosack, Abschied. = Sec.-Lt. v. Schikalowski, dgl. = Maaß, desgl. Sec.-Lt. v. Dettinger, desgl. ፡
1824.
1825. Cap. v. Schaper, aggr. Cap. Fiedler, = v. Westin, = = v. Carisien, = Pr.-Lt. Bock, = Sec.-Lt. Cascorby, = = Hildebrandt,.
Inactivitäts G -mit e halt ausgeschieden .
aggr. Pr.-Lt. Zimmermann, Absch. = Sec.-Lt. Schulze, desgl.
Cap. v. Koch, als Major ins 31. In fanterie -Regiment verſeßt. Sec.-Lt. v. Schmidt auf Altenstädt, der 3. Art.-Brig. aggregirt. Sec.-Lt. v. Rüben, entlaſſen. = v. Arnim, dem 3. Ulanen Regiment aggregirt. General der Infanterie und 2. Chef v. Horn, gestorben. 1830.
Sec.-Lt. v. Beversdorf, gestorben. Oberſt-Lt. v. Zastrow, als Comm. zum 30. Inf. -Regt. versett. Cap. Kinzel, als Major ins 8. Land wehr-Regiment versetzt.
Cap. v. Treuenfels, als Major zum | Major v. Burski, als Comm. d. 3. u. 12. Landw.-Regt. versetzt. 4. Schüßen-Abth. verseßt.
574 aggr. Cap. Rumſchöttel, als Major | Pr.-Lt. Schrötter , als Cap. ins 25. Inf. Regt. verſeßt. penſionirt. Sec.-Lt. v. Wedell-Parlow, Absch. | Cap. Rohde , mit Charakter als 1831 . Major v. Rohr, gestorben. Oberst Lt. v. Bresler, als Comm. zum 31. Inf.-Regt. verſeßt. Maj. v. Kampt, dem 6. Infanterie Regiment aggregirt. Bat.-Arzt Marchand, a. Garniſon Staabsarzt n. Küſtrin verſ. Sec.-Lt. Mylius , penſionirt. Pr.-Lt. Müller II., als Cap. pens. 1832.
Sec.-Lt. v. Bülow, entlaſſen. Oberst u. Comm. v. Grabow, als
Major verabschiedet. 1835 .
Sec.-Lt. v. Schwemmler, Abschied. = v.Winterfeld, zum 2. Inf. Regt. verſeßt. Cap. v. Herzberg, mit d. Charakter als Major verabschiedet. 1836.
Sec.-Lt. u. Rechnungsführer Johl, Abschied. Sec.-Lt. v. Borde II., desgl. Pr.-Lt. v. Borde I. , in den Ge neralstab verſeßt.
Comm. z. 8. Inf.-Brg. vers. | Regim.-Arzt Streicher , gestorben. Oberst v. Björnstierna, als Comm. Cap. v. Rhöden, als Chefz. 32.Inf. zum 13. Inf.-Regt. verſeßt. Regts.- Garn.-Comp. verf. Sec.-Lt. Bieth, Abschied . Sec.-Lt. v. Treskow, Abschied. = Jahn, mit Charakter als Major Graf Pinto, gestorben. Pr.-Lt. verabschiedet. Pr.-Lt. Wadzeck, pensionirt. Sec.-Lt. v. Schierstädt, d . 24. Inf. 1833. Sec.-Lt. Scobel, Abschied. = Freiherr v. Moltke, in den Generalstab versetzt. Major v. Stwolinski, gestorben.
Regiment aggregirt. Sec.-Lt. Wenzel, meuchl. erschossen. = v. Knobelsdorf, gestorben.
Sec.-Lt. Otto, mit Charakter als Pr.-Lt. verabschiedet.
Cap. v. Gorszkowski, mit Charakter
1837.
als Major pensionirt. Cap. v. Münchow, mit Charakter | Cap. v. Manſtein, als Major ins als Major verabschiedet. 23. Landw.-Regt. versett. Sec.-Lt. v. Schmieden, Abschied. Pr.-Lt. Neuendorf, als Capitainins 30. Inf. Regt. verseßt. 1834. Sec-Lt. Penkuhn, gestorben. Pr.-Lt. Zweigelt, gestorben. 1838. Cap. v. Müller, als Major zum 1. Landw.-Regt. verſeßt. Major v. Albedyl, penſionirt.
575
1839.
1842.
Major v. Prizelwitz, als Oberst-Lt. und Comm. zum 26. Inf. Regiment versett. Major v. Wohna, ins 12. Landw.
Maj. v. Schulenburg, ) mit Penfion 3. Disposit. Capit. v. Müller, gestellt. Köhler,
26. Inf. Regt. verseßt. Major v. Rüdgiſch, penſionirt. Sec.-Lt. v. Ketinghoff, entlassen. = v. François, z. 2. Garde Regiment versett. Oberst v. Werder, als Comm. zur 5. Inf.-Brigade verſeßt.
1840 . Major v. Meusel, als Oberſt-Lt. pensionirt. Sec.-Lt. v. Dittmar, gestorben. = v.Manteuffel, m. Charak ter als Pr.-Lt. pensionirt. = Auer, ins 1. Infanterie
Regiment versett. Pr.-Lt. v. Wulffen, gestorben.
1841 .
=
Regiment versetzt. Pr.-Lt. Sorge, als Capitain ins 24. Inf. Regt. verſeßt. = Thür, als Capitain ins
Capit. Kolloch, gestorben. Pr.-Lt. v. Sybug , als Capit. in die Adjutantur versett. aggr. Sec.-Lt. v. Düringshofen, ins 12. Inf.-Reg. versett. Sec.-Lt. v. Westien, gestorben. 1843.
Sec.-Lt. v. Rerin, Abschied. aggr. Sec.-Lt. v. Göben, in den Generalstab verseßt. Sec.-Lt. Knackfuß , ins 29. Inf. Regiment versett. = v. Zeuner, Abschied. = v. Hartmann , aus dem = =
Dienst entlassen. Graf Pinto, desgl. v. Tempelhoff, i. 5. Inf. Regiment versett.
1844. Sec.-Lt. v. Gaudh , dem Kaiser Franz-Gr.-Reg. aggregirt. = = v. Werder II., 3. 28. Inf. Regiment versett. v. Elstermann III., unter d. gesetzl. Vorbeh. entlassen. = v. Cosel, dem 21. Inf. Regiment aggregirt. Hptm . Hänel, m. d. Charakter = v. Wobeser, als Major pens. Sec.-Lt. Kroll, zum 34. Infanterie
=
Cap.Heim, als Major ins 25.Land wehr-Regiment verſeßt. Cap. Hering, als Maj. ins Landw. Bat. 40. Inf.-Rgts . versetzt. Sec. Lt. v. d. Luttde, gestorben. Pr.-Lt. v. Frankenberg, als Cap.ins 4. Inf.-Regt. verſeßt.
Regiment versett.
576
1845. Oberst de Mardes, als General - Major pensionirt. Sec.-Lieut. v. Legat, gestorben. Oberst v. Bock, als Commandant nach Weichselmünde versett. Sec.-Lieut. v. Uechtriß , mit dem Charakter als Pr.-Lieut. penſionirt.
1846. Oberst-Lieut. v. Wiedbug, als Commandeur zum 25. Inf.-Reg. versetzt. Sec.-Lieut. Rödlich , als Prem.-Lieut. ins 30. Inf.-Regiment versetzt. Hauptmann v. Didron I., als Major penſionirt. = Lüben, gestorben. Sec.-Lieut. Serger, Abschied mit Pension. 1847. Prem.-Lieut. Geibler, als Hauptmann penſionirt. Major v. Eberhardt, als Oberſt- Lieutenant penſionirt. Sec.-Lieut. v. Vietinghoff, gen. v. Scheel, zum 19. Inf.-Reg. versett. Oberst-Lieut. v. Röder, als Commandeur zum 9. Inf.-Reg. verſeßt. Sec.-Lieut. Graf v. Schmettau, als Pr.-Lt. ins 21. Inf.-Reg. versetzt. aggr. Sec.-Lieut. Jacobi, ins 12. Infanterie - Regiment verſeßt. = = v. Stoff, genannt v. Reitenſtein, ins 31. Infanterie Regiment versetzt. Sec.-Lieut. v. Bode, ins 15. Infanterie - Regiment versett. Hauptmann Hünchen, als Major pensionirt. Sec.-Lieut. v. Ostrowski, als Prem.-Lieut. pensionirt. = v. Stückradt, Abschied mit Pension. 1848. Sec. -Lieut. v. Kamede, als Prem.-Lieut. verabschiedet. Hauptmann v. Poser, als Major ins 15. Inf.-Regiment verseßt. = v. Nimptſch, als Major ins 12. Landw.-Regiment verſeßt. Major v. Didron, als Oberſt - Lieutenant penſionirt. Prem.-Lieut. Hoffmann, als Hauptmann penſionirt. aggr. Major Fröbing, mit Penſion zur Disposition gestellt. Sec.-Lieut. v. Schaper, zur 4. Artillerie - Brigade versett. Major Graf v. Lüttichau, ins 8. Landwehr - Regiment verseßt. Hauptmann v. Didron, als Major pensionirt.
577 Sec.-Lieut. v. Berg, als Prem.-Lieut. verabschiedet. = v. Schrabisch, gestorben. Prem.-Lieut. Schneider, gestorben. aggr. Major Schober, dem 12. Infanterie - Regiment aggregirt. Prem.-Lieut. v. Hagen, in die schleswig -holsteinsche Armee übergetreten. Regimentsarzt Dr. Jenisch, als Generalarzt pensionirt. 1849. Oberst v. Chamier, als Commandeur der 13. Landw. - Brigade verſeßt. Aggr. Major Hoffmann, mit Penſion zur Disposition geſtellt. Sec.-Lieut. v. Werder, gestorben. Hauptmann v. Elstermann, dem 6. Infanterie - Regiment aggregirt. Sec.-Lieut. v. Knobelsdorf, Abschied. =
v. Haugwitz, mit dem gefeßlichen Vorbehalt, Abschied. Oberst-Lieut. v. Hoffmann, zum 3. Infanterie - Regiment verseßt. 1850. Hauptmann Magenhöfer, als Major penſionirt. Sec.-Lieut. v. Forstner, mit dem gesetzlichen Vorbehalt entlaſſen. = v. Leyser, gestorben. Aggr. Oberst v. Chamier, als General - Major pensionirt. Major v. d. Heyde, in das 22. Infanterie - Regiment verſeßt. Sec.-Lieut. v. Welczeck, mit dem gesetzlichen Vorbehalt entlassen.
1851. Prem.-Lieut. v. Zawadzki, als Hauptmann penſionirt. Sec.-Lieut. v. Wendstern, mit dem gesetzlichen Vorbehalt entlassen. Rechnungsführer Sec.-Lieut. Kund penſionirt. Major Graf v. Brühl, ins 24. Landwehr - Regiment verseßt. = Gräwe, mit Pension verabschiedet. Hauptm. v. Kracht, als Major in das 8. Landw.- Regiment verseßt. 1852. Major v. Fallois, in das 1. Garde - Regiment zu Fuß versett. = Baron v. Pröd, als Oberst - Lieutenant pensionirt. Hptm. v. d. Often, als Major z. Landw. -Bat. des 35. Inf.-Reg. versetzt. Sec.-Lieut. v. Pannwitz, als Pr.-Lieut. ins 5. Jäger-Bataillon verseßt. Oberst v. Manstein , zum Commandeur der 3. Inf. -Brigade ernannt. 37
578 1853. Oberst v. Manstein, à la suite des Regiments , Command. der 3. Inf. Brig., mittelst A. C.-O. vom 22. März 1853 zum General Major ernannt. Hauptmann u. Compagnie - Chef v. Dömming, mittelst A. C.-O. vom 9. August 1853 zum Major und Commandeur des 2. Bat. (Prenzlau) 24. Landwehr - Regiments ernannt. Prem.-Lieut. v. Ribbeck, mittelst A. C.-O. vom 12. September 1853 der Abschied mit dem Charakter als Hauptmann , der Er laubniß zum Tragen der Regim. - Uniform , mit den vorge schriebenen Abzeichen für Verabschiedete , Aussicht auf An stellung als Plazmajor und der gesetzlichen Pension bewilligt. Sec.-Lieut. v. Greiffenberg, mittelst A. C.-O. vom 12. Sept. 1853 der Abschied mit dem Charakter als Prem.-Lieut., der Erlaubniß zum Tragen der Armee - Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen f. Verabschiedete u. der gesetzl. Pension bewilligt.
1854. Sec.-Lieut. Lenz, mittelst A. C.-D. vom 24. Jan. 1854 zum 35. Inf. Regiment versetzt. Oberst-Lieut. v. Stentsch laut A. C.-O. vom 4. März 1854 als Com mandeur zum 2. Bat. (Soldin) 8. Landw.-Regts . versetzt. Sec.-Lieut. Horster, laut A. C.-O. vom 18. April 1854 entlassen. = v. Grabow, laut A. C.-O. vom 18. April 1854 entlassen. Hauptmann u. Comp.- Chef v. Stückradt, mittelst A. C.-O. vom 9. Mai 1854 unter Beförderung zum Major in das 20. Infanterie Regiment versezt. Hauptmann u. Comp.- Chef v. Holwede, mittelst A. C.-O. vom 25. Juli 1854 zum Major und Commandeur des 1. Bat. (Ruppin) 24. Landwehr - Regiments befördert. Sec.-Lieut. Gottschalk, laut A. C.-O. vom 21. November 1854 in das 4. Artillerie - Regiment versetzt. = v. Schenkendorff, mittelst A. C.-O. vom 10. December 1854
in das 24. Infanterie - Regiment versett. 1855. Prem.-Lieut. v. Courbière , laut A. C.-O. vom 6. Januar 1855 mit der gesetzlichen Pension der Abschied bewilligt.
579 Hauptmann Hevelfe, laut A. C.-O. vom 8. Februar 1855 zum Major und Commandeur des Landwehr-Bataill. (Wrießen) 35. In
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fanterie -Regimentes befördert. Hauptmann v. Winßingeroda , mittelst A. C.-O. vom 8. März 1855 mit der gesetzlichen Pension zur Disposition gestellt.
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Sec. -Lieut. v. Hindenburg, laut A. C.-O. vom 19. Februar 1856 in das Kaiser Franz =- Grenadier - Regiment versetzt. Hauptmann v. Unruhe, laut A. C.-O. vom 14. April 1856 zum Major und Commandeur des 1. Bataillons (Ruppin) 24. Landw.
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Regimentes befördert. Sec.-Lieut. Kuhlwein II. , laut A. C.-O. vom 8. Mai 1856 mit dem gesetzlichen Vorbehalt entlassen. = à la suite Graf v. Schwerin , mittelst A. C.-O. vom 21. Juni 1856 verabschiedet .
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Prem.-Lieut. v. Falkenhauſen, laut A. C.-O. vom 14. Juli 1856 unter Beförderung zum Hauptmann zum 2. Inf.- (Königs-) Regt. versett u. als Adjutant zum General- Commando 5. Armee Corps commandirt.
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Major Freiherr zu Putliz , laut A. C.-O. vom 7. September 1856 zum 24. Infanterie-Regiment versetzt. Prem.-Lieut. Kuhlwein, laut A. C.-D. vom 11. October 1856 der Ab schied mit der gesetzl. Penſion, dem Charakter als Hauptmann, Aussicht auf Civilversorgung und der Erlaubniß zum Tragen der Regiments - Uniform mit den für Verabschiedete vorge= schriebenen Abzeichen bewilligt.
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1857. Major v. Stückradt , am 25. Februar 1857 an einer zurückgetretenen Grippe mit hinzugetretenem Lungenschlage gestorben. Hauptmann v. Hartung , laut A. C.-D. vom 14. Februar 1857 der Abschied mit dem Charakter als Major, der Erlaubniß zum Tragen der Regiments - Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen, Aussicht auf Civilversorgung und der gesetzlichen Pension bewilligt.
Sec.-Lieut. v. Kracht II., laut A. C.-O. vom 3. März 1857 z. 2. Garde= Regiment zu Fuß versett. 37 *
580
Sec.-Lieut. v. Schlippenbach , laut A. C.-O. vom 10. März 1857 zum 3. Ulanen-Regiment (Kaiser von Rußland) verſeßt. Oberst v. Sydow, laut A. C.-O. vom 4. April 1857 zum Commandeur der 25. Infanterie-Brigade befördert. Sec.-Lieut. Freiherr v. Reißenstein, laut A. C.-O. vom 14. April 1857
zum Kaiser Alexander- Grenadier- Regiment verseßt. Oberst-Lieut. v. Rieben , laut A. C.-D. vom 7. Mai 1857 zum Com mandeur des 27. Infanterie-Regimentes befördert. 1858. Sec.-Lieut. v. Funk , laut A. C.-O. vom 16. Januar 1858 in das 38. Infanterie-Regiment versetzt. Hauptmann v. Hüllessem , laut A. C.-O. vom 9. Februar 1858 mit dem Charakter als Major, der Erlaubniß zum Tragen der Regiments - Uniform mit den für Verabschiedete vorgeſchrie benen Abzeichen und der gesetzl. Penſion der Abschied bewilligt. Oberst-Lieut. v. Frankenberg , laut A. C.-O. vom 6. März 1858 der Abschied mit dem Charakter als Oberst, der Erlaubniß zum Tragen der Regiments - Uniform mit den für Verabschiedete vorgeschriebenen Abzeichen und der gesetzl. Pension bewilligt. Hauptmann v. Kracht, laut A. C.-O. vom 6. März 1858 unter Beför derung zum Major zum Commandeur des 2. Bataillons (Cöslin) 9. Landwehr - Regimentes ernannt. Prem .-Lieut. v. Gerdtell I., laut A. C.-O. vom 8. April 1858 in das 27. Infanterie - Regiment verseßt. Sec.-Lieut. Forselius, laut A. C.-O. vom 13. April 1858 der Abschied mit dem Charakter als Prem. - Lieut. , der Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform mit den für Verabschiedete vor geschriebenen Abzeichen und der gesetzlichen Pension bewilligt. Sec.-Lieut. v. Hartung, laut A. C.-O. vom 22. April 1858 aus dem Dienste entlassen. Oberst Lieut. v. Stüdradt , laut A. C.-O. vom 3. Juni 1858 unter Stellung à la suite des Regimentes zum Commandanten von Magdeburg ernannt. Hauptmann v. Horn, laut A. C.-O. vom 8. Juni 1858 unter Beför derung zum Compagnie- Chef ins 16. Infanterie-Regiment. Sec.-Lieut. v. Stutterheim , laut A. C.-O. vom 8. Juni 1858 mit der gesetzlichen Pension unter dem gesetzlichen Vorbehalt entlassen.
581 Sec.-Lieut. Schumann, laut A. C.-O. vom 7. August 1858 unter dem gesetzlichen Vorbehalt verabschiedet. Oberst -Lieut. v. Brause , laut A. C.-O. vom 22. November 1858 mit
der Führung des 38. Infanterie-Regimentes beauftragt. Hauptmann v. Schack, laut A. C.-O. vom 9. December 1858 unter Ernennung zum Compagnie- Chef ins 17. Inf.-Regt. verſeßt. 1859. Sec.-Lieut. Freiherr v. Rechenberg, laut A. C.-O. vom 19. Januar 1859 ins Kaiser Franz- Grenadier - Regiment versett. Hauptmann v. Beyer I., laut A. C.-O. vom 19. Mai 1859 unter Be förderung zum Major ins 2. Inf.- (Königs-) Regt. verſeßt. Oberst Marschall v. Sulicki , laut A. C. -O. vom 31. Mai 1859 zum General - Major befördert. Sec.-Lieut. Desterheld, laut A. C.-D. vom 31. Mai 1859 als Prem. Lieut. zum 12. Infanterie - Regiment versetzt. Prem. = Lieut. v. Zychlinski , laut A. C.-O. vom 13. Auguſt 1859 mit dem Charakter als Hauptmann , der Regim. - Uniform, Aus ficht auf Civilversorgung und Pension der Abschied bewilligt.
Rangliste der Officiere des 8. Infanterie- (Leib-) Regiments pro 1859.
1. Oberst v. Bojanowski *) (R.A.0.3 . m. S. — D.K.) , Etab. D. K. 2. Oberst - Lieutenant v. Tiedemann ( R. A. O. 4. m. S. H.S. E. H. 2. ), 1. Bataillon. 3. Major v. Debschitz (D.K.), Füsilier - Bataillon. 4. v. Dewit (D.K. ), 2. Bataillon. " 5. " v. Greiffenberg (R. A.O. 4.-D. K. ) , 1. Bataillon. 6. Hauptmann Freiherr v. Blomberg (D.K.), 2. Bataillon. 7. Bronijch (D. K. ), Füsilier - Bataillon. " 8. " v. Beyer (D.K.), Füsilier - Bataillon. 9. " Elstermann v. Elster (D.K.), 1. Bataillon. 10. " v. Kayserlingt (D. K.) , Füsilier - Bataillon. 11. v. Seydlig I., Füsilier - Bataillon. " 12. v. Sydow I., 1. Bataillon. " 13. " v. Zglinicki (D.K.) , 2. Bataillon. 14. " Baron v. Rheinbaben, 2. Bataillon. 15. " Bothe (R.A.0.4.-D.K.), 2. Bataillon. 16. " du Trossel (D.K.), 1. Bataillon. 17. v. Unruhe, 1. Bataillon. " 18. " Kassner, Füsilier - Bataillon. 19. " v. Kracht, Füsilier - Bataillon. 20. " Graf Find v. Finckenstein, 1. Bataillon.
*) Wurde in Stelle des durch A. C.-O. vom 31. Mai 1859 zum General Major beförderten und später zum Commandeur der 31. Jufanterie - Brigade ernannten Obersten Marschall v. Sulicki durch A. C.-O. von demselben Tage als Commandeur des Leib - Infanterie - Regiments vom 1. Bataillon ( Berlin ) 2. Garde -Landwehr- Regiments verseht.
583 21. Hauptmann v. Kameke, Füsilier - Bataillon. 22. v. Voß, 1. Bataillon. " 23. v. Studniß, 2. Bataillon. " 24. " v. Bagensky, Füsilier - Bataillon.
25. 26. 27. 28. 29.
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v. Sydow II., 1. Bataillon. v. Klinguth, 1. Bataillon. v. Seydlig II., 2. Bataillon. v. Gerdtell, 2. Bataillon. Blum, 2. Bataillon.
30. Premier Lieutenant v. Mellenthin, Füsilier - Bataillon. 31. " v. d. Hagen, Füsilier - Bataillon. " 32 . " " v. Winterfeld, Füsilier- Bataillon. 33. v. Wolff, 1. Bataillon. " " 34. " " v. Gorszkowski I. (R. A.0.4.), 2. Bataillon. 35. " v. Tippelskirch, 1. Bataillon. " 36. Strempel, 1. Bataillon. " " 37. v. Steinbach , 1. Bataillon . " " 38. v. Gorszkowski II., 2. Bataillon. " " 39. v. Kretschman, 2. Bataillon. " " 40. " Röstel, 2. Bataillon. " 41. " " Dallmer, Füsilier - Bataillon. 42. Seconde - Lieutenant Vogel v. Falckenſtein I., 1. Bataillon. 43. " " Cohen van Baren, Füsilier - Bataillon. 44. Geißler, 1. Bataillon. " " 45. Stülpner, 2. Bataillon. " " 46 . " " Freiherr v. Massenbach, 2. Bataillon. 47. " v. Wulffen, 1. Bataillon. " 48. " " v. Kamece, Füsilier - Bataillon. 49. " " Freiherr v. Eckardstein, 1. Bataillon. 50. Werner, 2. Bataillon. " " 51. v. Borkowski, 2. Bataillon. " " 52. " " Kroll, Füsilier- Bataillon. 53. " " Groß, Füsilier- Bataillon. 54. Wackermann, 2. Bataillon. " " 55. " " v. Franckenberg, 1. Bataillon. 56. " " v. Jasmund, Füsilier - Bataillon. 57. " v. Kracht, 1. Bataillon. " 58. " " v. Wiluci I., 2. Bataillon,
584 59. Seconde - Lieutenant 60. " " 61 . " " 62. " " 63. " " 64. " " 65. " " 66. n " 67. " " 68. " " 69. " " 70. " " 71. " " 72 . " " 73. " " 74. " " 75. " " 76. " " 77 . " " 78 . "1 " 79. " "
v . Wedell, 1. Bataillon. Vogel v. Falckenstein II., 1. Bataillon. v. Klinguth, Füsilier - Bataillon.
v. Röder, Füsilier - Bataillon. v. Leithold, 2. Bataillon. Baron v. Lüßow, 1. Bataillon. v. Lewinski, 2. Bataillon. v. Michalowski, 1. Bataillon.
v. Wiluci II., 2. Bataillon. Tapper, 2. Bataillon. Freiherr v. Richthoffen, 1. Bataillon. von den Brincken, Füsilier - Bataillon. v. Seelhorst, Füsilier - Bataillon. Freiherr v. Patow, 1. Bataillon. Hugo, 2. Bataillon. v. Renthe - Fink, 1. Bataillon. Baron de la Motte - Fouqué , 1. Bataillon. v. Kamienski, 1. Bataillon.
Freiherr v. Schleiniß, 2. Bataillon. v. Hake, Füsilier - Bataillon. Beelitz, 2. Bataillon.
Aggregirt. Ueberzähliger Major v. Pirch (D.K.) , 1. Bataillon.
à la suite . 1. Oberst v. Stückradt (R. A. O. 4.-D. K.-R. St. 2), 2. Bataillon. 2. Hauptmann Spieker, 2. Bataillon.
Portepee - Fähnriche.
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1. Portepee - Fähnrich 2. " " 3. " " 4. " " 5. " " 6. " " 7. " "
Baron v. Hammeſtein, Füsilier - Bataillon. Wittke, 1. Bataillon.
v. d. Delsnitz, 1. Bataillon. Lichtenstein, 1. Bataillon. v. Groote, 1. Bataillon. v. Rohr, Füsilier - Bataillon. Werth, Füsilier - Bataillon.
585
Avantageure. 1. Graf v. Brühl. 2. Freiherr v. Manteuffel *) . 3. v. Garnier.
4. v. Zizewiz. 5. v. Debschit. Untersta b.
1. Oberstabsarzt Dr. Wendt, Stab. 2. Bataillonsarzt Dr. Pahl, Füsilier - Bataillon. 3. Assistenzarzt Carius, Füsilier - Bataillon. 4. Dr. Rüppel, 1. Bataillon. " 5. Dr. Wolff, 2. Bataillon . " 6. " Dr. Steinhausen, Füsiler - Bataillon. 7. Zahlmeister I. Kl. mit Sec.-Lieut.-Char. Burgmeyer (R. A. O. 4. D.K.), Füsilier-Bat. 8. Mätkow, 1. Bataillon. " 9. " Kund (O.A.) , 2. Bataillon.
*) Geboren den 26. September 1846. Wurde auf mündlichen Befehl Sr. Königl. Hoheit des Prinz - Regenten am 17. Juni 1859 dem Regimente überwiesen.
Berichtigungen.
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