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German Pages 729 Year 1874
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Geschichte
des
Zieten'schen
Husaren-Regiments .
Bon
Armand Freiherr von Ardenne, Sec.-Lieut. im Zieten'schen Husaren- Regiment.
JML
Mit zwei Portraits in Stahlstich und zwei Abbildungen in Buntdruck.
Berlin 1874. Ernst Siegfried Mittler und Sohn Königliche Hofbuchhandlung. Kochstraße 69. 70.
269,203.3
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MAY 28 1932 LIBRARY
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Sr. Königlichen Hoheit
dem General- Feldmarschall
Prinz
Friedrich
Karl
in tiefster Ehrfurcht gewidmet
vom
Verfaſſer.
Inhalts - Verzeichniß.
Seite 1. Kapitel.
8. Kapitel.
9. Kapitel.
10. Kapitel. 11. Kapitel. 12. Kapitel. 13. Kapitel. 14. Kapitel. 15. Kapitel.
Vom Frieden von Tilſit 1807 bis zum Beginn der Frei heitskriege im Frühjahr 1813 . Speziell Feldzug 1812 Die Freiheitskriege . A. 1813 B. 1814 C. 1815 . D. Offupation in Frankreich und am Rhein Die Friedenszeit bis 1848 . Die Feldzüge 1848 und 49 . Friedenszeit bis 1864 Feldzug 1864 • Feldzug 1866 Feldzug 1870/71 und Offupation in Frankreich
*) Die Zahlen der Kapitel 5 und 6 sind verdruckt.
1 2 583
Errichtung der Leibhuſaren bis zur Formirung des aus ihnen hervorgehenden Zieten'schen Husaren - Regiments. 1729-41 . . . 2. Kapitel. Periode von der Stiftung des Zieten'schen Huſaren - Regi ments als solches bis zum Frieden von Dresden 1745 3. Kapitel. Friedensperiode von 1745-56 4. Kapitel. Der siebenjährige Krieg • 5. Kapitel.*) Zeit vom Hubertsburger Frieden bis zum Tode Friedrichs des Großen 1786 . . 6. Kapitel. Vom Tode des großen Königs bis zum Frieden von Baſel 1795, umſchließend die Expedition nach Holland und die Rheinkampagnen Speziell die Rheinkampagnen 7. Kapitel. Vom Baseler Frieden 1795 bis zum Frieden von Tilsit 1807 .
19 57
194
219 229 260
287 293 344 344 439 484 518 520 529 539 545 559 595
Vorwort.
Schon im Jahre 1840 wurde das Zieten'sche Husaren -Regiment vom General - Kommando des 3. Armee = Korps aufgefordert, seine Geschichte zu schreiben.
Der damalige Rittmeister v. Griesheim
unterzog sich der umfangreichen Arbeit und sammelte bis zum Jahre 1848 ein reiches Material, das leider seit dieser Zeit ungenügt liegen blieb, da ein vielbewegtes Leben den genannten Offizier an dem Abschluß seiner Aufgabe hinderte. Als im Jahre 1872 S. K. H. der Prinz Friedrich Karl dem Verfasser die Geschichte des Regiments zu schreiben befahl, wurden die bereits gesammelten Materialien dem Letteren bereitwilligst und gütigst überlassen ; dieselben sind bei der Beschreibung der schlesischen und Freiheitskriege ausgiebig
benutzt worden.
Die große Anzahl
vortrefflicher gedruckter Quellen , welche die Militair - Literatur der letzten 25 Jahre darbietet, machten es dem Verfasser möglich, die Lücken auszufüllen , das bereits Vorhandene zu ergänzen. trat
dann eine Reihe von Memoiren , Briefen ,
Dazu
Tagebüchern , die
nach und nach in den Besitz des Verfassers kamen , sowie endlich die Kenntnißnahme der Akten des
großen Generalstabes sowie der
geheimen Kriegskanzlei , welche theilweise sehr werthvolle Gewißheit über unsichere Begebenheiten brachten.
Die letzten beiden Kriege
sind nach den Papieren des Regiments und nach der Erinnerung des Verfassers bearbeitet - gerade über diese zeigte sich das vorhandene Material am dürftigsten . Das vorstehende Buch hat den Zweck, die fast vergessenen Groß thaten des Regiments der jetzigen Generation zu erzählen , so weit
dies auf dem gedrängten Raum eines einzigen Bandes möglich ist. Der Verfasser hat sich bemüht so zu schreiben, daß ein Verständniß der Begebenheiten allen Mitgliedern des Regiments möglich ist, und besonders auch den Unteroffizieren und Husaren in faßlicher Weise die heroischen Kämpfe früherer Zeiten vorzuführen, um sie zur Nach= eiferung anzuspornen.
Der Verfasser.
Erster Hauptabschnitt.
I
ܐܢ
1. Kapitel. Errichtung der Leibhuſaren bis zur Formirung des aus ihnen her vorgehenden Zietenſchen Husaren-Regiments 1729-41 . Der Anfang des 18. Jahrhunderts läßt in den meisten Staaten Europas einen entſchiedenen Rückſchritt der Kavallerie bemerken. Das Feuergefecht war in den Schlachten große Hauptsache geworden und die Kavallerie, um ihre Präponderanz nicht ganz zu verlieren , griff zu dem allerverkehrtesten Mittel, indem sie ihrerseits das Feuergefecht aufnahm und beinahe zu ihrer alleinigen Fechtweise machte. Da durch ging denn natürlich der Kavallerie das offensive Element, wel ches allein in allen künftigen Zeiten Erfolge ermöglichen wird , ver loren und wir sehen denn auch im preußischen Heere unter der Re gierung Friedrich Wilhelms I. eine Reiterei , die nichts weniger als den Anforderungen genügte , die man an eine berittene Truppe zu stellen berechtigt ist.
Große und schöngewachsene aber ungelenke Leute,
die wenig im Gebrauch ihrer Riesenglieder geübt waren , saßen auf Pferdekoloſſen, die etwas elephantenartiges hatten. (Frédéric his toire de mon tems.) Die Kavallerie mußte zu Fuß alle Unmög= lichkeiten des komplizirten und verwickelten Infanterie- Ererzier-Regle ments korrekt ausführen können und bestieg nur 2 Mal in der Woche ihre Gäule, um auf diesen in schädlicher Weise geschonten Thieren einige schwerfällige Evolutionen auszuführen.
Der König selbst liebte
die Infanterie und hielt nicht allzuviel von der Reiterei, ſein militä risches Evangelium aber , der Prinz von Dessau , haßte die letztere geradezu und wo es galt, ihr entgegenzutreten , geschah es ganz ge wiß. Um so mehr muß es Wunder nehmen , daß die Wiege der Huſarenwaffe, die doch ein Urbild aller echt kavalleriſtiſchen Tüchtig keit ist, in jener Zeit gestanden hat,
noch mehr aber ist es anzuer
kennen, daß ihr erlauchter Gründer, der König Friedrich Wilhelm I. 1 v. Arbenne, Zietensches Hus.-Regt.
2 von vornherein ihr von Herzen zugethan war und Alles gethan hat, um sie vorwärts zu bringen und sie zn fördern. Schon im Jahre 1721 waren 2 Kompagnien Huſaren in sehr geringer Stärke formirt worden nach Analogie der ungarischen National-Kavallerie, deren Kleidung ihnen auch gegeben wurde. Ihre Errichtung war ein Verſuch, wie er in jener Zeit, die sich in militairischen Organisations -Experimenten gefiel , nicht selten war. Man attachirte die Husaren einem Dragoner-Regiment in Ostpreußen und in dieſem unglücklichen Verhältniß , das der neuen Waffe weder Selbstständigkeit noch Anregung bot , waren sie eher ein Impediment für die Dragoner als eine auf geſunden Prinzipien fußende und aus sich selbst weiter entwickelnde Truppe. Die regulären preußischen Truppen, denen jede Unregelmäßigkeit ein Gräuel war, betrachteten die Husaren als weit unter ihnen stehend , als eine Art Polichinelle, ein Urtheil, was lange genug anhielt.
Nun reiste der König aber
1729 zu seinem Schwiegersohn , dem Markgrafen von Baireuth, der ihm das Korps seiner Leibhusaren als Ehren- Eskorte entgegen schickte. Diese waren schlanke Gestalten, gewandte Reiter und hatten ein echt martialisches Ansehen. Der geschmackvolle Anzug stand ihnen vortrefflich, und dem König gefielen diese ewig muntern und ſchneidig reitenden Gesellen so sehr , daß ihm der Markgraf dieselben als Ge schenk anbot, das freudig angenommen wurde. Aus diesen Leuten , die durch Angeworbene in Ungarn, ausge ſuchten Leuten der beiden Huſaren-Kompagnien in Preußen und einige schöne Grenadiere verstärkt wurden, errichtete der König 1730 eine Leibhusaren-Kompagnie in der Stärke von 3 Offizieren, 6 Unteroffi zieren, 1 Trompeter, 1 Fahnenschmidt und 60 Huſaren *). Als Uniform erhielten sie weiße Dolmans und Pelze mit gelben Schnüren, weiße Schoitasch's und Filzmüßen. der Obrist v. Beneckendorff.
Befehlshaber wurde
Sein Patent als Rittmeister hat einen zu originellen Wortlaut und ist als quasi Stiftungsurkunde zu intereſſant , als daß wir es unsern Lesern vorenthalten wollten; es lautet : „ Nachdem Seine Königl. Majestät in Preußen,
Unser aller
gnädigster König und Herr, von der zu errichtenden Frey Com pagnie Husaren zu disponiren allergnädigst guth gefunden.
Als
*) Der König sprach dabei aus : „Dieses Korps Husaren errichte ich vor mir selber".
3 haben Sie dieselbe Dero Obrist Lieutenanten bey dero Armée, dem von Beneckendorff, in Erwegung Seiner guten qualitäten und besitzenden Krieges Erfahrenheit in der Charge als Rittmeister in gnaden conferiret und anvertrauet.
Thun das auch hier mit
und in Kraft dieses Patents , dergestalth und also daß aller höchst gedachter Seiner Königl. Majeſtät und dero Königlich hohen Hauſe derselbe auch hie bey getreu, hold und gewärtig seyn, dero Nußen und bestes über all suchen und befördern , Schaden und Nachtheil aber so viel an Ihm ist, verhüten , warnen und abkehren, was Ihme von denen ſo demselben vorgeſeßet ſeind, von Zeith zu Zeith committiret und anbefohlen wird , treulich und fleißig , so Tages als Nachts exequiren , und bewerkstelligen Sich davon nichts ab halten laſſen, daß die Ihme anvertrauete Frey- Compagnie Huſa ren bald möglichst in completten und untadelhaften Stande ge sezet, demmegemäß auch beständig darin erhalten und immer mehr und mehr in Aufnahme gebracht werde , ohnabläſſig sorgen, denen Leuthen was auf Sie gereichet und gezahlet wird , ohne unzuläs sige abzüge guth thun. Sich auch übrigens in allen vorfallenden Kriegesoccasionen mittelst willigſter und ohngescheuter daranseßung Leibes und Lebens dergestalth verhalthen und bezeigen solle , wie es einem getreuen Diener und rechtschaffenen Rittmeister von einer Frey Compagnie Husaren eignet und gebühret, gemäß ist.
auch desselben Eides Pflichten es
Dahingegen wollen Seine Königliche Majeſtätt dero
Riitmeister von Beneckendorff bei dieſer Charge und der Ihme anvertraueten Frey Compagnie Husaren , nebst allen demselben daher zustehenden Praerogativen und Gerechtsamen zu aller Zeith in gnaden schüßen und mainteniren . Das zu Urkundt. Gegeben Berlin d. 8. Octbr. 1730. Als Lieutenant dieses Korps wurde Hans Jochim v. Zieten er nannt , ein schon zweimal verabschiedeter Offizier von unanſehnlicher
Gestalt, der in Folge ungerechter Berichte das schlechteste Renommée hatte und den nur die empfehlenden Worte der Generale v. Budden brock und v. Flank
mit vieler Mühe beim König durchsetzten. Zieten, ein Soldat durch und durch, von festem offenem Charakter, hatte den Schmerz, daß sein Monarch ihn wie ein Schulknabe unter die Aufsicht seines Chefs stellte und daß dieser ihn ohne alle die Rückſichten behandelte, die ſein vorgerücktes Alter (er war 29 Jahr) erforderten.
In dieser
prekären Situation wußte er doch sein emi 1*
4
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nentes kavalleriſtiſches Talent zur Geltung zu bringen und als der König 1731 eine zweite Kompagnie (4 Offiziere, 7 Unteroffiziere, 1 Trompeter, 80 Husaren) errichtete , wurde Zieten Rittmeister und deren Chef. 1733 fam denn in rascher Folge noch eine dritte Kom pagnie hinzu und wurden in demselben Jahre die drei nun vorhan denen Kompagnien zu Eskadrons kompletirt , die „ Königliche Leib Husaren" hießen und in die Armee einverleibt wurden , während sie bis dahin eine königliche Haustruppe gewesen waren.
Auch die Uni
form wurde geändert. Die Farbe der Dollmans wurde roth, die der Pelze blau, mit 18 weißen Schnüren verziert (die Offiziere hat ten goldene), zur Kopfbedeckung dienten Filzmüßen. Bis zu diesem Zeitpunkte hatten die Husaren wenig militairische Ausbildung ; sie begleiteten meist Se. Majestät auf Reisen und die erste Erwähnung, die sie bei einem Chroniſten finden , kennzeichnet sehr die Beurtheilung , die man ihnen zu Theil werden ließ ; der selbe sagt: !! Die Husaren bestehen meist aus Teutschen und zwar solchen Leuten, die dem König schon unter der Infanterie gedient, doch die gehörige Länge nicht ganz gehabt , dagegen ramaſſirt oder unter setzt sind. Etliche, auch Offiziere, sind geborene Ungarn, der Kom mandant aber ein Herr von Beneckendorff, ein geborener Teutscher. Derselbe hatte lange Jahre unter den Husaren in Kaiserlichen und nachher in Fürstlich Oettingenſchen Diensten gestanden. Die Pferde, solche Husaren beritten zu machen, ließen Se. Majeſtät der König aus Ungarn kommen und es waren die meisten darunter so wild, daß ihre Reuter, die in der Reuterei ohnedieß noch ziemlich uner fahren gewesen, nicht selten abgeworfen und auf die Erde ge schmissen worden, Dergestalt, daß etlichen die Rippen im Leibe ent zwey, andern aber Arme oder Beine gebrochen. ---- Diese Husaren sind bestimmt den König
auf Reisen zu begleiten ,
ob sich gleich
Ihre Majestät ſonſt niemalen escortiren laſſen , außer wann Sie über das polnische territorium nach dero Königreich Preußen gehen. " Wie bunt zusammengewürfelt die Leute dieses Husaren-Korps waren, das erhellt auch aus einer Ordre des Königs vom 10. Febr. 1731, wonach ,,der Graf Dohna Obrist eines Infanterie- Regiments 5 fleine
Kerls auszurangiren, die zu den Husaren kommen sollten“ .
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5
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In einer anderen Ordre heißt es : „ Das Mrgfl. Albrechtsche Regiment habe 6 Mann abzugeben 5 Fuß 4 Zoll groß, leichte Kerls , die als Husaren dienen können, und gute Gesichter haben , schwarzköpfige Lente, die sicher find , Landeskinder und keine Diebe , auch unbeweibt und leichte Reiter. " Wie sehr der König seine Gnade mehr den Leibhusaren als den in Preußen ſtationirten zuwandte , geht schon daraus hervor , daß er erſteren eine beſſere Löhnung zuerkannte und ihnen Remonten für den Preis von 50 Thaler pro Stück zukommen ließ , während die der Preußischen Husaren nur 20 kosten durften. Der König ließ die Huſarenpferde in Ungarn ankaufen , wohl weil er meinte , daß die Kopie der ungarischen Waffe nicht gelingen könne, ohne ihr dasselbe Material zu geben , was das Original besaß. Nach einer Be merkung in Königs Kollektanéen ritten die Husaren lauter Schimmel. Man gab in jener Zeit sehr viel auf äußerliche Schaustellung und scheute keine Mühe, theilweise auch die Kosten nicht, ſolche mög lichst prächtig zu machen. Nach dem zweiten schlesischen Kriege hörte das auf und die Pferde wurden gleichmäßig aus allen Farben genommen , nur die
Trompeter scheinen die Schimmel beibehalten zu haben.
Die Kaval
lerie-Regimenter remontirten sich sonst zu dieser Zeit meist Dänemark, Hannover und Mecklenburg durch freien Ankauf.
aus
(Siehe Menzels Geſchichte der preußiſchen Remontirung.) Hier mag denn auch die erste Rangliste der 3 Eskadrons ihren Platz finden, während ſonſt in dieſer Hinsicht auf den Anhang ver wiesen werden muß : Obristlieutenant von Beneckendorff, Rittmeister von Zieten. " von Kladowsky (Ungar. ) Lieutenant Wiegk (Ungar.) " "
von Plötz
von Jarkas (Ungar.) von Millewitz " Kornett von Makay (Ungarn. ) " von Liptay " von Marketiz. Der Obrist Beneckendorff führte die Leibschwadron ,
wie denn
überhaupt jeder Regimentskommandeur die Verwaltung einer Kompagnie
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der Eskadron sich vorbehielt , da damit nicht unerhebliche pekuniäre Vortheile verbunden waren. Jeder Chef erhielt nämlich eine be= stimmte Summe Geldes , die zur Instandhaltung der Monturen und Armaturen hinreichen mußte,
etwaige Ersparnisse kamen aber nicht
dem Staate, sondern dem betreffenden Führer zu Gute und in die ſem Sinne zu sparen galt für so gerechtfertigt , daß Friedrich der Große selbst zu einem hülfsbedürftigen Offizier, der ihn um Unter stützung bat, sagte: ,,Er hat lange genug eine Kompagnie gehabt, da hatte Er
Zeit für sich selbst zu sorgen. “ Die Husaren wurden übrigens noch immer so als zur maison du roi gehörig betrachtet, daß der König die Bekleidung der Offiziere selbst besorgte. So finden sich öfter Befehle an den Kammerdiener Eversmann, Säbeltaschen, Schabracken u . s. w. für die Offiziere des Leibkorps Huſaren zu beſorgen. Das Verhältniß der jüngeren Offiziere war auch ein eigenthümliches ihrem Rittmeister gegenüber. Sie mußten in seiner Familie ihre Mahlzeiten halten und waren über haupt in ganz anderer Weise von ihm abhängig als heutzutage. So konnte es denn auch nur kommen , daß Zieten als ältester Lieutenant von dem Obristen in einer Weise beaufsichtigt und gemaßregelt wer den konnte , die unserer Zeit als unvereinbar mit dem Geist der Offizierkorps erscheinen muß.
Als nun Zieten Rittmeister geworden war, kam es zwiſchen ihm und seinem an Willkühr gewöhnten Vor gesetzten bald zu heftigen Auftritten , die, wie wir sehen werden, in
der Folge die ernſteſten Zerwürfniſſe hervorriefen. Das Leben unter Offizieren war meistens ungemein roh , beson ders waren wüste Trinkgelage etwas Alltägliches und in Folge da von Streitigkeiten und Duelle ebenfalls sehr gewöhnlich.
So hatte
Zieten, als er noch bei der Infanterie stand , Zweikämpfe ſogar mit Sergeanten zu bestehen und später, als er vor seiner Aufnahme in die Husaren in einem preußischen Dragoner - Regiment diente, mußte er mehrere Male gegen seinen Rittmeister den Degen ziehen, der sich nicht entblödete, ihn auf offener Straße anzufallen.
Der Geist, der
im Offizierkorps herrschte, zeigte sich natürlich bei den Husaren . Es war außerdem ein Vorurtheil, recht wilde Kerls anzuwerben, die im bürgerlichen Leben zu gar nichts mehr zu brauchen waren. Die grau ſame Behandlung , die man nun dieſen tollen Köpfen zu Theil wer den lassen mußte, um sie in Disziplin zu halten ,
war aber nichts
weniger als geeignet, wahre Freude am Dienst in ihnen zu erwecken.
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Während nun die Landeskinder trotzdem treu bei der Fahne aushiel ten, wurde das zusammengeworbene Volk deshalb nicht selten fahnen flüchtig und die Furcht vor größeren Deſertionen hat sogar in groß artigem Maaßstabe die ganzen taktischen Verhältnisse des 18. Jahr hunderts beeinflußt. So schreibt denn z . B. Beneckendorff am 3. Juni 1735 an den König : *) „ Es ist der Rittmeister von Kladowsky aus Beliz herüberge kommen und mir gemeldet , wie daß der Ungar Trentschiny, so Ihro Königl. Majestät zuletzt zum Korporal allergnädigst ernennet, welcher sich lange Zeit hier herumgetrieben ,
anjezo sehr schlecht
aufführet, sogar verlauten laſſen, daß er davon laufen wolle. Nun befürchtet der Rittmeister von Kladowsky , daß er ihm noch einige Ungarn mitzudeſertiren verführen möchte.
Allem Unheil aber zu
vorzukommen habe Königl. Majestät allerunterthänigst befragen wollen, ob dem Korporal Trentschiny dimittiren soll.“ Man fing aber doch bereits an , die Husaren , zu denen man im Ganzen viel Vertrauen hatte, dazu zu verwenden, Deserteurs wie der einzufangen. So lautet eine Königliche Ordre: „ Der Obristl. von Beneckendorff sowohl, als alle Oberoffiziers Unteroffiziers und Huſaren sollen sich alle Paſſagen und Schleich wege nach Mecklenburg und nach dem Sächsischen bei Berlin, Potsdam, Spandau, Beliz, Sothen, Oranienburg, Fehrbellin und Neubrück, auch Wusterhausen kundig machen, daß sie solche sowohl bei Tage als bei Nacht finden können, damit, wenn ein Schelm sich finden sollte, der desertiren wollte, sie gleich auf den Pässen Lärm machen können, und sodann die Bauern auch aufſigen, nach jagen und aufsuchen helfen müssen, welche solches zu thun schuldig ſind.“ Das erste Jahr hatte Zieten als Eskadronführer entſchiedenes Unglück. Die Infanteristen , die ihm zugewiesen waren und die er erst zu Husaren machen sollte, hatten ihm einige Pferde arg gedrückt. Das Unglück wollte , daß der Obriſtlieutenant Beneckendorff seine Schwadron (die noch in Beliz ſtand) besichtigte.
Der Rapport, den
dieser über die gedrückten Pferde an den König machte , erzürnte den hohen Herrn so, daß er Zieten mit einigen Wochen Arrest bestrafte. **)
*) Der König schrieb an den Rand : „ Soll ihn den abſchiet geben als cornet. " **) Intereſſant ſind die Kosten der damaligen Uniformen. Ein mit Pelz be= septes Camisol eines Huſaren kostete 4 Thlr. 19 Gr. 9 Pf., ein solches ohne Pelz
8 Das Intereſſe des Königs war im Jahre 1733 schon äußerst lebhaft seinen Husaren zugewendet.
Der Monarch fühlte , daß er
einen sehr glücklichen Griff mit ihrer Gründung gethan.
So schreibt
er unter dem 21. September an Beneckendorff : " Ihr sollt mir berichten, wie viel untüchtige Unteroffizier Ihr bei dem corps Husaren habt, die nicht capable campagne thun zu können , auch wie viel Pferde nicht so rasch sein und nicht fort kommen können, welches ich morgen früh unfehlbar wissen will. Es sollen auch die schweren Leute verabschiedet und Mir solche ange zeigt, an anderen Stellen aber andere Unteroffiziere vorgeschlagen werden und müsset Ihr suchen hübsche Kerls anzuwerben, die Ihr mir aber erst weisen sollt, denn Ihr keinen annehmen sollt, den ich nicht erst gesehen.“ Der König strafte und dokterte ſelbſt an seinen Huſaren.
Er
schreibt den 17. November : ,,Euch zur Antwort , daß Ihr den Husaren Mauther ablösen und 12 Mal durch 200 Soldaten Steigriemen laufen lassen sollet. Den kranken Wachtmeister von Eurer Escadron müſſet Ihr brav ſchwißen laſſen, alsdann er wohl wieder besser werden wird.“ Als ein von Beneckendorff geworbener Husar gestohlen hatte, schrieb der König : ,,Warum werbet Ihr solchen Krop an, da Ihr doch wohl wisset, daß Ihr lauter gute Leute, ſo ehrlich sein und auf die man sich verlassen kann , anwerben sollet .
Inzwischen befehle ich Euch,
daß in einem Kreise dem gewesenen (!) Husar Schulze durch den Büttel der Säbel zerbrochen, er zum Schelm gemacht und aus dem Kreise gestoßen werde. " Es lag in dem Charakter der Zeit und in dem verhältnißmäßig langandauernden Frieden, daß die Huſaren- Eskadrons nicht den leich ten Dienst so erlernen konnten , wie er der Waffe eigenthümlich sein soll. Es war deshalb von großer Wichtigkeit, daß die Gelegenheit im Jahre 1735 sich darbot , die neuen Truppen im Kriege sich aus bilden und vervollkommnen zu lassen. Seit dem Jahre 1734 năm lich führte wie bekannt Frankreich einen seiner Raubkriege gegen das
3 Thlr. 11 Gr. Die Treffen eines Unteroffiziers 4 Thlr. 4 Gr. , die Trompeter Montirung, weil sie von rothem Tuch war, wurde nebst Treſſen mit 9 Thlr. 5 Gr. 6 Pf. mehr berechnet als die Montirung eines Huſaren, leßtere koſtete mit Pferdeausrüstung ohne Waffen 39 Thlr. 3 Pf.
9 deutsche Reich, und König Friedrich Wilhelm sandte sein Kontignent ebenfalls an die bedrohte Rheingrenze. Unter diesen war denn auch eine Abtheilung vou 120 Husaren, halb aus dem Berliner, halb aus dem Preußischen Korps gebildet und dem Rittmeister von Zieten untergestellt. In der sehr umfangreichen Instruktion, die er erhielt, steht auch Folgendes : ,,Der Rittmeister von Zieten kampirt mit seinen Husaren bei den kaiserlichen Husaren
auf dem rechten Flügel.
Wenn die
kaiserl. Huſ. auf Parthey gehen, so soll er alle Tage 1 Subaltern Offic. mit 20 Pferden mitschicken. Wenn aber von den kaiserlichen Huſar ein Major abkommandirt wird , dann soll der Rittmeister von Zieten mit 60 Pferden , auch je nach Umständen mit dem ganzen corps mitgehen, bis auf einen Subalternen und 20 Pferde, die stets im Lager bleiben. dicht bei einander steht,
Wann die Armee mit der feindlichen so sollen sie brav
mit
des Feindes
Vortruppen chargiren, wenn auch schon das ganze corps Husaren dazu ausgehen sollte, und sollen sie alsdann zeigen, daß sie brave Leute sein, dabei sie aber auch jedesmal ihre Sachen mit Verstand anzufangen haben. Auf die ordre und Gewohnheiten bei den kaiſerl. Huf.
desgl. auf die Haushaltung soll er wohl Acht geben, solche
absehen und sie etc. etc.
bei seinem unterhabendem
corps introduziren
Man sieht also , daß der König die kommende Campagne so recht als Schule betrachtet wissen wollte und dabei rückhaltslos die ungarischen Husaren als Lehrmeister anerkannte. Die Bestandtheile von Zietens Eskadron waren sehr verschieden. ________ Die Husaren der beiden Korps haßten sich untereinander in dem Grade, daß dadurch beinahe eine ernste Kalamität hervorgerufen wor den wäre. Als Zieten nämlich das Weimarische Land paſſirte, nahm ihn dessen Souverän mit der größten Gastlichkeit auf.
Husaren und
Offizieren wurden die glänzendsten Festlichkeiten gegeben und bei der allgemeinen Trunksucht jener Tage kam es , daß beinahe Alle des Guten zu viel thaten. Der Fürst bat nun Zieten, ihm ein Husaren= manöver vorzuführen und ging dieser bereitwilligst darauf ein, entwarf rasch einen Plan und ließ seine Offiziere gegeneinander manövriren. Wie nun die Abtheilungen in einer Attacke, aufeinander stießen, brach die alte Eifersucht unter den noch trunkenen Husaren in hellen Flammen hervor. Aus dem Spiel ward bitterer Ernst; die Waffen wurden nachdrücklich gebraucht und nur den allergrößten Anstrengun
10 gen der energischen Offiziere gelang es , ein allgemeines Blutbad zu verhüten.
Mehrere Husaren
aber waren schwer verwundet, und
Zieten hegte mit Recht die größte Besorgniß , daß der König die Sache erfahren könnte. Glücklicherweise aber existirte damals noch keine klatschsüchtige Tagespreſſe, und Dank den Bemühungen des Fürſten, der die Verwundeten bestens pflegen ließ und dann geheilt der Es kadron nachschickte, kam Zieten glücklich aus der heiklen Angelegenheit heraus. Am Rhein angekommen , schlossen sich seine Huſaren einem österreichischen Parteigänger, dem General Baronay an, der im kleinen Kriege einen großen Ruf sich erworben hatte.
Das beſcheidene urd
doch feste und beſtimmte Auftreten Zietens, ſowie die offenbare Brauch barkeit seiner zwar rohen, aber die Bravheit an ihrer Stirn tragen den Truppe , erweckten das besondere Wohlwollen des ebenso edlen als tüchtigen Mannes , der
es sich in hohem Grade angelegen sein
ließ, seine neueu Schußbefohlenen in die Bahnen einzuführen, die die leichte Kavallerie zu eigener Tüchtigkeit und hohem Ruhm bringen. Man führte damals den kleinen Krieg in anderer Weise und aus an deren Gründen wie heutzutage. In jeziger Zeit wird jedes unnöthige Gefecht vermieden ,
das keinen sonderlichen Erfolg verspricht.
Die
Unternehmungen der damaligen Zeit tragen oft den Charakter von Raufereien an sich, die kaum der einen Partei den Sieg ließen. Außerdem war das Verpflegungswesen der Armee ein so komplizirtes, aber auch so wichtiges , die Störung desselben auf feindlicher Seite für die eigene Armee so vortheilhaft, daß eine große Anzahl Unter nehmungen darauf gerichtet waren. Man schlug sich um jeden Wagen Stroh, um jedes Faß Mehl, wie der große Friedrich selbst während eines seiner Feldzüge klagt.
Das Requiſitionsſyſtem konnte man
wegen des damaligen Zustandes der Armeen nicht anzuwenden wagen, aller Proviant, alles Futter mußte aus Magazinen entnommen wer den, die durch endlose Kolonnen mit der Armee in Verbindung stan= den. Letztere durfte sich von den Magazinen nicht zu weit entfernen, oder dieſe mußten ihr mit ihrem ganzen Apparat folgen. Trafen aber die Kolonnen nicht ein, so hungerte die Armee, und deshalb war das Wegnehmen feindlicher Fouragetransporte von der größten Wichtig Daneben wurden durch kombinirte Detachements Dörfer ganz feit. ausfouragirt, da die Magazinverpflegung nicht ausreichen wollte. Die Franzosen zerstörten außerdem Alles, was sie nicht fortschleppen konn ten. Die österreichischen leichten Truppen waren nun Meiſter in diesen Affairen, und Zieten hatte Gelegenheit , sich auch tüchtig darin
11 auszubilden. Im Juni 1735 schickte man Zieten mit 2 Offizieren und 60 Mann im Anschluß an andere österreichische Truppen nach Mainz, um dort die feindlichen Fourageure zu stören . fingen einen französischen Offizier.
Die Husaren
Das war der erste kriegerische
Erfolg. In einem bald darauf stattfindenden kleinen Rencontre fiel der Wachtmeister der Eskadron ― der erste preußische Husar, der vor dem Feinde gefallen ist. Zieten lernte auch bald auf seinen eigenen Füßen stehen und sein Ehrgeiz ließ ihn die Bitte wagen , selbst eine größere Unternehmung ausführen zu dürfen.
General Baronay gab ihm denn den Auftrag,
den Feind durch ein schwieriges Defilé zu umgehen und die Vor truppen desselben in ihren Quartieren zu überfallen. Zu diesem Be hufe wurden ihm noch 300 ungarische Husaren zur Verfügung ge= stellt.
Der erste Theil der Aufgabe wurde glänzend gelöst.
Die
feindlichen Quartiere wurden alarmirt, theilweise aufgehoben und eine allgemeine Verwirrung hervorgerufen. Die feindlichen Soutiens aber kamen rasch und in großer Stärke heran , schlossen einen weiten Bogen um ihre Angreifer, für welche es hohe Zeit wurde , sich zu= rückzuziehen.
Die Ungarn thaten dies auch im richtigen Moment.
Die preußischen Husaren aber, die in falschem Ehrgefühl einen Rück zug für ſchimpflich hielten ,
wollten troz Zietens Befehlen nicht zu
rückgehen. Eine rasche Attacke warf zwar die zunächst stehenden Feinde zurück, aber der Kreis schloß sich nun eng um die kleine preußische Schaar, die endlich zurückgehend das nothwendig zu pasſi rende Defilé nicht mehr erreichen konnte.
In dem Moment,
wo
Zieten zu einer zweiten verzweifelten Attacke anzusetzen sich bereit machte, brachen plöglich aus einem Gehölz 1200 österreichische Reiter unter Baronay hervor. Derselbe war seinem Liebling heimlich ge folgt, um ihn aus der Gefahr zu reißen, wenn es etwa nothwendig werden sollte. Die überraschten Franzosen wurden total aufgerollt und erlitten sehr empfindliche Verluste. Es ist mehrfach angezweifelt worden, daß Baronay ſich anfänglich zurückgehalten hat, und Zieten seine Nähe nicht ahnte. Zieten hat aber in späteren Feldzügen dasselbe gethan und ist heimlich dem oder jenem feiner zu hitzigen und verwegenen Offiziere gefolgt. In der Folge lernten auch Zieten's Huſaren, daß die Tüchtigkeit der leichten Kavallerie nicht in ihrer Tollkühnheit, ſondern in kaltem Muth, verbunden mit der richtigen Benutzung der Verhältnisse , beſtehe. Jedenfalls wurde ihre Bravour bereits aner Zieten und kannt. Der General v. Flanz schreibt an den König :
12
seine Husaren wurden wegen ihrer Bravour und guten Conduite von den Kaiserlichen sehr gerühmt. "
Die Scharmützel folgten sich nun
rasch, obwohl , wie General Flanz bald darauf schreibt, die Husaren klagten, daß sich keine Renkontres ereignen wollten. Man erbeutete am 6. Juli 11 Pferde, öfters Fouragewagen, einzelne Gefangene 2c. Am 14. Juli bei einer Rekognoszirung attaquirten 16 Huſaren eine ganze französische Dragoner = Eskadron. Dieselbe gab stehenden Fußes eine Salve blessirt. Am
und ein Husarenpferd wurde unbedeutend
Die Franzosen zogen sich dann eiligst zurück. 4.
August hatte
eine
Patrouille
von
1 Wachtmeister,
1 Unteroffizier und 12 Husaren sich zu weit vorgewagt ; sie wurde von 120 franzöſiſchen Husaren umzingelt.
Trotzdem schlug sie sich
durch mit dem Verlust des Unteroffiziers und zweier Husaren. Am 15. August versuchten die Franzosen dasselbe.
Die diesseiti
gen Husaren waren 65 Pferde stark bei der Affaire, der Feind hatte 150, mußte aber nach Zurücklaſſung vieler Todter und 31 Gefange ner eiligst fliehen. Einer unserer Husaren erhielt 4 Kugeln und starb an demselben Tage. So lernten unsere Huſaren mehr und mehr den Ungarn ihr Handwerk ab und zeichneten sich so durch List , Gewandtheit und Bravour aus, daß bei dem bald darauf folgenden Frieden ihnen und besonders ihrem Führer die allerglänzendsten Zeugnisse gegeben wer den konnten. Der König ernannte denn auch, hocherfreut darüber, am 29. Januar 1736 Zieten zum Major und sagte in einem eigen händigen Schreiben, „ daß solches in consideration seiner guten Qualitäten , er worbener Kriegs- Experience und in vorigjähriger campagne rühm lichst bezeugter vigilance und Tapferkeit geschehe. " Daß die durch Zieten gesammelten Erfahrungen nun auch den beiden andern Eskadrons zu Gute kamen , läßt sich denken. Aber gerade der Umstand , daß er als Lehrer auftrat , brachte ihm wieder die ärgerlichsten Differenzen mit seinem neuen Chef, dem Obristen v. Wurm , einem früheren Infanteristen , der in seine nunmehrige Stellung nichts als seinen Dünkel und seine Rohheit als renommirter Raufbold mitgebracht hatte.
Der Oberstlieutenant von Beneckendorff
war kaſſirt und Wurm zum Chef der Husaren ernannt worden, weil er durch seine Verbindungen mit dem ruſſiſchen Feldmarschall Mün nich dem König sehr schöne große Rekruten zugeführt hatte. seiner Zeitgenossen giebt
Einer
an, er sei der größte Renommiſt gewesen,
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der damals existirt habe und hätte bereits 4-5 Menſchen im Duell entleibt.
In demselben Jahre wurde die Eskadron Zieten's, die noch
in Belizz stand, zu den andern beiden nach Berlin verlegt.
Die Ver
hältnisse spizten sich so zu, daß es endlich zum Eclat kam .
Bei der
Remontevertheilung , die auf Königlichen Befehl durch das Loos ge schehen sollte , hatte Wurm die Eigenmächtigkeit , die schönsten Pferde für seine Eskadron auszusuchen.
Zieten ging auf sein Zimmer und
machte ihm Vorstellungen. Wurm zog bald den Degen , es kam bei verschlossenen Thüren zu einem erbitterten Zweikampf, in dem beide Gegner stark verwundet wurden.
Der König war krank und erfuhr
davon Nichts . Wurm aber schwor Zieten Rache und suchte sie, wie wir sehen werden, später in nicht chevaleresker Weise zur Ausführung zu bringen.
So kam das Jahr 1740 heran , in welchem Friedrich
Wilhelm I. das Zeitliche segnete. zu bekannt , als hielten.
Die historischen Verhältnisse sind
daß wir einen Blick darauf zu werfen für nöthig
Friedrich II. trat als Rächer des bitteren Leides auf, das ſeinem gewaltigen Ahnen, dem großen Kurfürſten, vom Hauſe Habsburg an gethan war, und rasch die Initiative ergreifend , marſchirte er in Schlesien ein. Das Leibhusarenkorps , das im Dezember 1741 die Grenze überschritt , hatte eine etatsmäßige Stärke von 21 Ober-, 22 Unteroffizieren , 6 Trompetern, 3 Feldscheeren, 3 Feldschmieden, 402 Gemeinen.
Die Oesterreicher, die sich momentan zu schwach
fühlten, um heftigen Widerſtand zu leisten, zogen sich überall zurück, Friedrich war im Besitz der Provinz , ehe er selbst es glaubte, und die Armee hatte in dem ersten Feldzuge nicht recht Gelegenheit, ihre Stärke abzumessen und sich selbst zu prüfen. Die Husaren vollends fanden keine Gelegenheit, sich hervorzuthun, man betrachtete ſie überall mehr als Laſt , denn als Hülfe , und war eher geneigt , sie bloszu stellen , als sich ihrer mit Schonung zu bedienen. So befahl z . B. der Feldmarschall Schwerin im Anfang des folgenden Jahres bei einer Rekognoszirung dem Lieutenant v. Millwitz , mit seinem Zug das en ligne aufgestellte Dragoner-Regiment v . attaquiren.
quirte dann auf die Worte des Feldmarschalls : Courage"
Liechtenſtein zu
Der brave Offizier machte eine Gegenvorſtellung , atta „ Er hat wohl keine
ohne Besinnen den Feind und fand mit der Mehrzahl
seiner Leute den Heldentod . Das Faktum iſt hiſtoriſch feſtgeſtellt. Die Anwort des Feldmarschalls berichtet aber nur Frau v. Blumen thal in ihrem Werke über das Leben Zieten's.
Die wenigen Husaren
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waren aber auch sonst in der allerübelsten Lage den vortrefflichen leichten Truppen des Feindes gegenüber, die von routinirten Führern, wie Trenk, Nadasdy , Gilhany u. s. w., befehligt wurden. *) So waren 26 Huſaren in der Gegend von Neiße in Gefangenſchaft ge rathen, und auch sonst muß man eingestehen , daß die österreichiſchen Husaren ihre Gegner mindestens im Schach hielten. Der geniale junge König Friedrich aber vergaß über seine großartigen Entwürfe auch das anscheinend Kleine nicht. Im Winter 1741 erhielten die Husaren eine höchſt ſachgemäße und praktiſche Inſtruktion für ihren Dienst, und ihre Zahl wurde insofern verstärkt , als die 3 Schwa dronen der preußischen Husaren (v. Bronikowsky) unter dem Major v. Soldan herangezogen und mit den Leibhusaren vereinigt wurden. Diese Truppe bildete aber vor der Hand noch kein organiſches Ganze ; Uniform und Verwaltung waren verschieden und der mittlerweile zum Oberst avancirte v. Wurm hatte nur insofern das Ober kommando ,
weil er der älteste Offizier war .
Als die Campagne
41 begann , nahmen die Huſaren zum ersten Male den ihnen gebüh renden Platz in der Avantgarde ein. Im Marschbefehl für den 24. März ist schon befohlen, daß je eine Patrouille von 100 Pfer den Kavallerie und 100 Husaren von jedem Flügel aus nach dem Einrücken ins Lager auf Rekognoszirung ausgehen soll. Im Marsch befehl für den 8. Juni heißt es , daß sämmtliche Huſaren die Avantgarde haben sollen. Am 18. März stieß die Avantgarde unserer Husaren, bei der sich gerade der Oberst und Flügel- Adjutant Graf Haake befand,
auf dem Marsche nach Frankenstein plötzlich auf
200 ungarische Huſaren. Sofort attaquirten die Preußen den Gegner, der ihnen auch nicht aus dem Wege ging . In der folgenden Melee, die 1/4 Stunde lang dauerte,
wurden von den Oesterreichern allein
1 Lieutenant , 1 Wachtmeister , 1 Korporal, 27 Husaren gefangen. Der preußische Verlust bestand in einem todten und einem verwun deten Pferde. Es kam fernerhin zu einigen kleinen Scharmüßeln, bei denen der König theilweise selbst zugegen war. So warf in der Gegend von Baumgarten der Lieutenant Ritter mit 40 Huſaren eine feindliche Schwadron zurück.
Der König exponirte sich bei dieſem
*) Hier eine Musterkarte dieſer Edlen : Panduren , Tolpatschen , Kroaten, Macedonier, Kollapiner, Storbaviter, Slavonier, Bosnier, Karlstädter , Szege diner, Theisser, Marosher, Klementiner , Tußer, Szeller , Wallachen , Dalmatier, Warasdiner, Sauſtröhmer.
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fleinen Gefecht übrigens so , daß er selbst sein Benehmen eine Etourderie nannte. Noch besser gelang ein Ueberfall bei Leipa . Die sonst so wachsamen feindlichen Husaren wurden gänzlich über rascht und trotz großer Ueberzahl total auseinander gesprengt.
40 Ge
fangene waren die Trophäen des Renkontres ; der tiefe Schnee ver hinderte nur , daß der Sieg nicht noch glänzender wurde , da das Nachsetzen dadurch unmöglich war.
Die Sachen näherten sich übri
gens nun der ersten großen Entscheidung.
Die Oesterreicher unter
Neipperg stellten ſich endlich zur Schlacht , die bei Mollwit ausge fochten wurde. Die preußische Infanterie marſchirte in 2 langen Linien auf, deren Distanzen in den Flanken durch einige Grenadier Bataillone ausgefüllt waren. Auf beiden Flügeln , und besonders auf dem rechten, stand die Kavallerie unter General Schulenburg, noch unterſtüßt nach Art der Taktik Guſtav Adolph's durch Infanterie Abtheilungen, die zwischen die Schwadronen vertheilt waren. Der geschickte
österreichische Kavallerie- General Römer fiel mit 20 E3
kadrons die preußische Kavallerie in dem Momente an, wo sie, um eine Viertelschwenkung zu machen, gerade mit Eskadrons rechts ge schwenkt war.
Natürlich wurden die Preußen schmählich geworfen.
General Schulenburg fiel und seine Reiter stoben in wilder Flucht vom Schlachtfelde weg , so daß sich selbst der König mit fortgerissen sah. Die brave preußische Infanterie rettete die Schlacht dadurch, daß sie ein großes Karree formirte (die Flanken waren , wie vorhin erwähnt, durch einige Grenadier-Bataillone gebildet) und dem Reiter ſturm der Desterreicher stundenlang Troz bot.
Warum die preußiſche
Kavallerie so schmählich hier abſchnitt, das ſagt ein Urtheil Friedrich's des Großen am besten : „la cavalerie était composée de très grands hommes montés sur des chevaux énormes , c'étaient des colosses sur des élephans ,
qui ne savaient ni maneuvrer ni com
battre. Les officiers étaient des économes qui regardaient leur compagnies comme des fermes , qu'ils faisaient valoir le plus qu'ils pouvaient. " Die Pferde sollen bis 19 Hand, das ist über 6 Fuß hoch ge wesen sein. Die Husaren waren glücklicher- oder unglücklicherweise zur Be deckung der Bagage kommandirt worden , und Zieten sah von hier aus, wie man Kavallerie nicht führen dürfe. Einige feindliche Hu sarenschwärme, die sich in die Nähe wagten, wurden mit Erfolg zu=
16 rückgeworfen,
als
aber die Schlacht einen ungünstigen Verlauf zu
nehmen drohte, fielen einige Husaren über die eigene Bagage her und fingen an sie zu plündern, ſo daß die bedauerlichſten Exceſſe zu beklagen waren. Dies veranlaßte denn auch den König den Befehl zu ertheilen , daß Weiber , Husaren und Packknechte , die beim Plün dern ertappt würden, sofort gehängt werden sollten *) .
Als nach der
Einnahme von Brieg der König ein Lager bei Strehlen bezog und eine längere Ruheperiode eintrat , wurden die Zügel der Disziplin bei den Husaren sehr straff angezogen und die wilden Elemente unter den Leuten lernten sich fügen. Ein gewaltiger Hemmschuh in der Entwickelung der Husaren war die Persönlichkeit ihres Kommandeurs v. Wurm.
Unfähig,
dünkelhaft von Charakter, lebte er mit seinen
Offizieren in permanentem Unfrieden.
Bei einer nächtlichen Rekog
noszirung marſchirte er im Kreis herum , ohne den Feind zu finden und bei einer bald darauf folgenden Gelegenheit wurde er an seinem Major v. Zieten geradezu zum Verräther.
Man war auf feindliche
Huſaren gestoßen und hatte sie in raſchem Anlauf über ein Defilee zurückgeworfen. Vor diesem blieb Wurm aber stehen und ließ sich von wieder vorgeschobenen Flanqueurs ruhig beschießen. Zieten fragte Wurm: Herr Oberst, wollen Sie denn die Kerle nicht fortjagen?" Dieser antwortete : Herr Major, Sie sind ja sonst so brav, thuen Sie es doch mit Ihrer Schwadron. " Zieten that es unter dem Vorbehalt, daß Wurm ihm den Rück
zug durch das Defilee deckte, verfolgte den Feind eine weite Strecke, machte mehrere Gefangene und wollte nun , als der Feind Succurs erhielt, sich zurückziehen. Wurm aber war indessen abgezogen , weit zurückgegangen, und Zieten entkam mit genauer Noth der gänzlichen Vernichtung. Vor der Front machte Zieten seinem Chef Vorstellungen über diese That , der aber statt aller Antwort wüthend auf ihn ein hieb.
Zieten war jedoch ein sehr geschickter Reiter und Fechter und
Wurm stürzte mit einem mächtigen Kopfhieb vom Pferde.
Zieten
*) Wie wenig man die Husarenwaffe überhaupt zu achten geneigt war, geht aus einer Ordre hervor, worin gesagt ist : „Wenn feindliche Husaren oder dergleichen Gesindel sich hinter die beiden Treffen herumb schleichen sollte, so müssen die Commandeurs Rechts um Kehrt machen lassen und hier und da ein Peloton darauf feuern laſſen.“
17 rapportirte nun den ganzen Sachverhalt Sr. Majestät und Wurm erhielt eine derbe Zurechtweisung , während Zieten zum Obrist Lieutenant avancirte. Letzterer hatte übrigens fast an demselben Tage das Glück, dem Feind einen Geldtransport abzunehmen , was ihm natürlich die Gnade ſeines Monarchen nicht verringerte. Um dieſe Zeit, es war im Mai 1741 , war der österreichische General Baro nay, der alte Lehrmeister Zietens, seiner Armee mit einem detachirten Korps vorangeschickt worden und hatte beim Dorfe Rothschloß eine feste Stellung eingenommen. Das Dorf war in seiner ganzen Front ausdehnung von moraſtigen Wieſen geschützt , welche nur durch einen schmaleu Damm durchschnitten wurden ; dieser aber war durch Enfilir und flankirende Batterien und Infanterieposten so unter Feuer ge= halten ,
daß eine Annäherung auf demſelben faſt unmöglich ſchien. Der Generaladjutant des Königs , der nachmalige General v . Win terfeld, erhielt nun mit mehreren Bataillonen und den Huſaren, die Zieten seit Wurms Verwundung führte, den Auftrag, diese feste Po ſition anzugreifen. Hier sezte Zieten einen hohen Einsatz auf eine Karte. Mit ſchmaler Kolonne ging er in langem Galopp über den Damm , mehrere hundert Kroaten wurden niedergehauen und ein öſterreichiſches Kavallerie-Regiment so überrascht und in einen von einem tiefen Bach umflossenen Winkel gedrängt, daß es sich gefangen geben mußte *) Der General Baronay hatte kaum noch Zeit dieſem Schicksal dadurch zu entgehen, daß er auf einer über diesen Bach geworfenen Planke sich an das andere Ufer rettete. Der chevalereske Mann hatte aber die Hochherzigkeit, am folgenden Tage Zieten sagen zu laſſen , daß er nun in ihm , seinem früheren Schüler , seinen Meiſter gefunden habe.
Der König war über diese erste Großthat ſeiner
Kavallerie sehr erfreut, besonders da er bis jetzt gar nichts davon gehalten hatte. So schreibt er z . B. nach Mollwitz an den Fürst von Dessau: ,,Unsere Infanteristen sind lauter Cäsaren und die Officiers
davon lauter Helden ; aber die Kavallerie ist nicht werth , daß ſie der Teufel holt ; kein Officier geht mit ſie um“. In einem zweiten Brief heißt es, daß die Kavallerie ansinge sich zu bessern, da sie meist in Partheien zu 150 Pferden auszöge und oft Erfolg hätte.
Der Schluß aber ist doch :
Die einzige Brücke über diesen Bach war gebrochen. v. Ardenne, Zietenfches Huf.-Regt.
2
18 „wobei ich doch sagen muß , daß es mit unsern Officiers von der Kavallerie nicht so gehen will, wie es sich gebührt “ . Unermüdliche Thätigkeit , eiserne Strenge brachten es übrigens doch schon nach 3 Monaten so weit , daß der König sich folgender maßen äußerte: „ es hat an der Ignoranz und Unwiffenheit vieler Offiziere gelegen, welche nicht die gehörige Ambition gehabt und mehr Pächter als Officiere gewesen sind. Ich hoffe aber, es wird nun besser gehen, wie es denn auch schon angefangen hat". Am Tage nach dem Treffen von Rothschloß hatte Wurm wieder das Kommando übernommen. Scham, Aerger und Eifersucht ließen ihn ein tolles Unternehmen wagen, um seine tief erschütterte Reputation wieder her zustellen.
Kopflos stürzte er sich mit den 3 Schwadronen der preu
ßischen Husaren auf einen überlegenen Feind, wurde umzingelt, durch brochen, verlor eine Menge Gefangener und wäre ganz aufgerieben worden , wenn Zieten mit den Leibhusaren nicht plößlich erschienen wäre und durch eine glänzende Attaque dem Feinde alle gewonnenen Vortheile abgejagt hätte. Die so außerordentlich glorreiche That veranlaßte den König die 3 preußischen und 3 Leibhusaren - Schwadronen unter dem Befehl Zietens zu einem Regiment zu vereinigen.
Zieten wurde zum Oberſt
befördert, nachdem er kaum einige Tage Oberst-Lieutenant gewesen war und erhielt den Orden pour le mérite *). abschiedet.
Wurm wurde ver
Die Kabinetsordre, erſchienen am 24. Juli 1741, lautete
folgendermaßen :
"1 Nachdem wir Allergnädigst gut befunden, mit unserm Leib forps -Husaren eine Aenderung zu treffen und aus bewegenden. Gründen resolviret , den Obersten v. Wurm von dem bisherigen Kommando desselben gänzlich zu dispenſiren : so haben Wir bei dieser Gelegenheit die von Unserm bisherigen Obristlieutenant bei gedachtem Leibkorps -Husaren, den Hans Joachim v. Zieten
Uns
und Unſerm Königlichen Hauſe geleiſteten, tren allcrunterthänigſten Dienste erwogen und billig zn sein erachtet , denselben als einen tapfern und braven Officier , welcher bei so vielen Kriegsbegeben heiten eclatante Proben seiner besondern Tapferkeit und Bravour
*) Der Orden pour le mérite war an Stelle des etwas zu zahlreich ver liehenen Ordens pour la générosité im Jahre 1740 gestiftet worden und hieß gewöhnlich nur „der Orden“.
19
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bezeigt zu rekompenſiren und denselben nicht allein zu unserm Obersten zu ernennen, sondern ihm auch die 3 Schwadronen von Unserm Leibkorps -Husaren nebst noch 3 andern Schwadronen als ein besonderes Regiment zu konferiren“ .
2. Kapitel. Periode von der Stiftung des Zietenſchen Huſaren-Regiments als solches bis zum Frieden von Dresden 1745. Das neu geschaffene Regiment fand bald Gelegenheit als ge schlossenes Ganze aufzutreten und sich gleich von vornherein des Kö nigs Anerkennung zu verschaffen. Friedrich hatte nämlich immer noch einen starken Mangel an leichten Truppen. ――― Nun war man in der Nachbildung der ungarischen National-Kavallerie so glücklich gewesen, man wollte es deshalb auch einmal mit der polnischen ver suchen.
Der Oberstlieutenant v. Nazmer erhielt deshalb den Befehl
in Preußen ein Ulanen-Regiment zu bilden und wurden ihm zu dieſem Behufe die reichlichsten Mittel zur Verfügung gestellt.
Das neue
Regiment war denn auch bald komplet und erſchien im Lager von Strehlen, wo der König noch immer mit der Armee stand. Die neue Waffe erregte allgemeines Aufsehen. Pferde und Leute waren kräftig und schön, die Uniform geſchmackvoll und man erwartete von ihnen das Außerordentlichste. Um nun ihre militairische Brauch barkeit zu konstatiren, schickte sie der König auf eine Expedition in die Gegend von Grottkau , sandte aber Zieten heimlich nach, um etwaige Fehler mit seinem Regiment wieder gut zn machen. Die Ulanen fanden denn auch bald den Feind, den sie suchten und atta firten ihn mit großem Ungestüm , aber ohne Reserve und ohne zu bemerken, daß feindliche Schwadronen ihrer Flanke sich näherten. Die Folge blieb natürlich nicht aus , sie wurden bald umringt und in dem engen gepreßten Handgemenge war ihnen die ungewohnte Lanze in der ungeübten Hand mehr ein Hinderniß als eine Waffe. Es wird erzählt, daß viele Ulanen dadurch sattellos geworden seien, daß sie die Spitze der Lanze zu tief gesenkt und damit den Boden getroffen hätten, wurden.
wodurch sie natürlich aus dem Sattel geſchnellt Als nun Freund und Feind in wildem Knäuel ſich zurück 2#
20 wälzten und die Vernichtung des Ulanen-Korps unvermeidlich ſchien, brach Zieten in seiner überraschenden Weise aus seinem Versteck her vor und warf den doch auch bereits in Unordnung kämpfenden Feind mit leichter Mühe zurück.
Leider fiel bei dieser Gelegenheit Zietens
alter Kamerad, der brave Rittmeister v. Kladowsky , ein Charakter, an den Zieten Zeit seines Lebens
mit Rührung zurückdachte.
Je
mehr Friedrich nun von den Ulanen erwartet hatte , desto mehr be rührte ihn die erhaltene Schlappe unangenehm . Er verwandelte das Regiment deshalb später in ein Husaren - Regiment und versuchte nicht weiter, Lanzenreiter zu bilden. Am 1. April des folgenden Jahres schrieb er z. B.: „ Ich bin mit unsern Offiziers : Kavallerie, Infanterie und Huſaren wo möglich noch besser zufrieden als voriges Jahr ; un ſere Infanterie ist niemals so admirable gewesen, die Ulanen allein sind das Brod nicht werth". Desto mehr war Friedrich aber mit dem Zietenſchen Regiment zufrieden , was auch aus der Kabinetsordre vom 1. Oktober 1841 hervorgeht : „ Se. Königliche Majestät wollen, daß in denen zu dero aller höchstem Gebrauch zu fertigenden Listen von der Armee, das Zie tensche Korps Husaren denen andern Husaren Regimentern vorge sezt werden soll. " Man fing überhaupt schon an , die Husaren höher zu schäßen, sie werden in der Ordre de bataille aufgeführt und in der Schlacht wird ihnen eine Stelle zugewiesen. 1741 :
Es heißt unter dem 14. August
„ Das sämmtliche corps Husaren soll hinter dem linken Flügel derer beiden Treffen der Cavallerie halten , auf daß, wenn etwa daselbst von dem Feinde etwas durchkäme, sie sich mit solchen Leu ten meliren und sie repoussiren sollen , es mag vom Feinde ſein, was oder wieviel es will. " Der kleine Krieg ging nun mit seinen Neckereien, Ueberfällen und Hinterhalten weiter. Man kann hierbei den wenigen leichten Truppen Friedrichs gar
nicht genug Anerkennung zollen. Die leichten Truppen des Feindes waren an Anzahl wenigstens unendlich überlegen und ließen dem . preußischen Heere keinen Augenblick Ruhe. Der Rittmeiſter Ritter des Zietenschen Regiments vertheidigte sich bei einer dieser zahl reichen Vorpostengefechte mit 60 Husaren mit größter Energie und
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――――――
Umsichtigkeit gegen einen weit überlegenen Feind, der ihn bei Ulmen dorf zu überfallen suchte. Im rechten Moment fam ihm der Ritt meiſter Lediwary mit einer Schwadron zu Hülfe und es gelang dieſem die hartbedrängten Kameraden zu degagiren. Leider fiel der Retter ſelbſt in der Attaque, da er zu weit vor seiner Eskadron sich in den Feind stürzte. So tam denn der Winter heran , der zu damaliger Zeit ge
wöhnlich keine kriegerischen Ereignisse brachte.
Beide Armeen brauch ten diese Zeit verhältnißmäßiger Ruhe , um die im Lauf der Kam pagne erlittenen Verluste wieder zu ersetzen. Die Regimenter rückten bei Beginn eines Krieges aus , ohne einen Ersagtruppentheil in der Garniſon zurückzulaſſen , die Augmen tation an Mann und Pferd mußte also im Winter geschehen , wo man ruhte. Diese Unthätigkeit war auch schon deßhalb geboten, weil im Winter die Wege so grundlos waren , daß in der That größere Truppentheile keine Bewegungen ausführen konnten, selbst wenn man die Unmöglichkeit der Verpflegung durch weit eutlegene Magazine unberücksichtigt lassen wollte. Jedes Regiment mußte nun nach Kräften Leute anwerben und ausbilden und daß Zieten dies nicht verabsäumte, ist wohl zu denken. Dies machte aber in diesem Winter um so mehr Schwierigkeit, als die Zahl der Schwadronen von 6 auf 10 erhöht wurde. Das Re giment wurde nach der neuen Formation in zwei Bataillone getheilt, deren zweites zum Kommandeur den Major v . Soldan erhielt. Charakteriſtiſch iſt ein Brief, den der König an Zieten während dieſes Winters schickte. Er bemißt erst genau Rationen und Portionen bis in die kleinsten Details , dann kommt eine ernste Aufforderung, allen Unordnungen und Zügellosigkeiten der Husaren aufs Entſchiedenste entgegen zu treten und die Quartierwirthe ( in Schlesien) durchaus zu schonen. Der Schluß lautet : Es soll sich auch kein Offizier unterstehen, aus dem Quartier stande etwas zu fordern oder zu nehmen, es sei unter dem Namen von Tafelgeldern, douceurs wegen zu haltender guter Ordnung, oder wie es sonst genennt werden mag allerwegen ich deßhalb denen sämmtlichen Offiziers größere Winterquartier-Douceurgelder bezahlen lassen werde. Ihr habt Euch sammt dem Regiment auf das Genaueste darnach zu achten und wohl darauf zu halten, daß Allem Vorstehenden stricte nachgelebet werde , mich deßhalb an Euch halten will. "
widrigenfalls ich
22
-
Aus diesen Zeilen geht hervor , daß der preußische Offizier der damaligen Zeit den Krieg noch als eine Gelegenheit betrachtete , ſich zu bereichern. Man darf deshalb nicht allzu hart urtheilen. Die Gewohnheiten der barbarischen Kriegführung im 30 jährigen Krieg lagen noch nicht allzuweit zurück, und anderntheils mußte das oft befohlene "I Plündern "
das
Aneignen fremden Eigenthums
nicht
illegitim erscheinen lassen. Hat doch der König selbst bei einer ſpäte ren Gelegenheit dem Zietenſchen Regiment als Belohnung die Er laubniß gegeben, sich ――――― allerdings genau beſtimmte ――――― douceurs von der feindlichen Bevölkerung zu verſchaffen. Zieten brauchte er übrigens am allerwenigsten Schonung des Landes und Enthaltſamkeit anzuempfehlen. Nach dem zweiten ſchleſi schen Kriege bestanden seine ganzen Ersparnisse aus 800 Thalern. Wenn er Befehl zum Plündern bekam , ließ er oft nur die Fenster einschlagen und die Möbel in Unordnung durcheinander werfen.
Er
hielt den Jammer der still duldenden Bevölkerung für groß genug, um ihn nicht selbst noch vermehren zu wollen. Die Winterquartiere des Regiments lagen übrigens Orten Wohlau, Gurau , Miliz , Trachenberg , Mezibor ,
in den Sulau,
Prausnit, Auras, Tschirnau und man kann sich denken , daß das Offizierkorps sich bald nach der Sommer-Kampagne sehnen lernte. Die Ruhe wurde übrigens bald genug gestört. Schon am 15. Januar 1742 erhielt zieten Befehl, sich mit dem Korps des Generals Schwerin, der Olmüş belagern sollte, zu vereinigen. Remonten und Rekruten mußten deshalb theilweise in den Quartieren zurückgelaſſen werden, dennoch war das Regiment komplet und sehr gut beritten. Am 25. Januar 1742 paſſirte das Regiment Breslau, das ſich am 26. Dezember
an Feldmarschall Graf Schwerin ergeben hatte.
Vor Olmütz angekommen, fand Zieten die Festung bereits in preußi ſchen Händen und hatte nun anstatt einer langwierigen Belagerung die Freude , als Avantgardenführer des Schwerinschen Korps tief in das Herz der österreichischen Monarchie einzudringen.
Den 7. Febr.
war der König während eines zehuſtündigen Marſches beim Regi ment, dessen eines Bataillon die Avantgarde hatte. Es war kalt, der Marsch ging auf schmalen, glatteisigen Wegen dahin. Dennoch blieb der junge Monarch äußerst heiter, und sein Beispiel feuerte seine ganze Umgebung an. Während das Gros der Armee nur bis in die Gegend von
23 Tabor gelangte, erreichte das Zietenſche Regiment Stockerau, ein Dorf, welches kaum eine Meile von Wien entfernt ist. Es hat somit den Ruhm
von allen preußischen Truppen bis
zum Jahr 1866 am nächſten der österreichiſchen Hauptstadt geweſen zu sein.
Es blieb aber 1742 wie 1866 nur ein frommer Wunsch
der preußischen Husaren, die Stephanskirche im Innern zu bewun dern, und sie mußten sich begnügen, ihren herrlichen Thurm in blauer Ferne aufsteigen zu sehen.
Das Erscheinen Zietens vor Wien brachte
übrigens einen paniſchen Schrecken hervor , und die österreichischen Truppen ließen vor der Hand Sachsen, Bayern und Franzosen, ihre anderen Feinde, unbeachtet , um sich auf die gefährlicheren Preußen zu stürzen. Unſere Huſaren fingen vor Wien am 7. März einen sehr wichtigen Kourier, deſſen Papiere dem König die geheimsten Pläne seiner Gegner enthüllten. Schwerin mußte sich auf Befehl des Königs zurückziehen, und die Oesterreicher bereiteten nun einen Gegenstoß vor und zwar diesmal von Ungarn aus . Dort war näm lich durch die thatkräftige Königin Maria Thereſia die ganze Wehr kraft der kriegerischen Nation aufgeboten worden. Die Armeen wuchsen dort in der That aus dem Boden, und wenn auch diese nichts weniger als durchgebildeten Nationaltruppen. nicht allen Anforderungen genügen konnten , ſo erseßte doch die ihnen angeborene Tapferkeit und Lust und Liebe zum Krieg das Meiſte. So hatte sich bei Skaliz (nicht zu verwechseln mit dem im nördlichen Böhmen) ein Korps von 8000 Mann gebildet, ſtarke Magazine an gelegt und schickte sich an,
in Mähren einzubrechen , welche Provinz
Friedrich noch größtentheils besezt hielt. Um den Stoß zu pariren, wurde der Prinz Dietrich von Dessau mit einem kleinen Korps de tachirt.
Die Avantgarde hatten wieder die Zietenschen Huſaren.
Bei Göding kam es zum ersten Zuſammenstoß.
Das dortige
Schloß wurde von 350 Ungarn tapfer vertheidigt .
Die Huſaren
nahmen sie aber doch nach heftigem Kampf größtentheils gefangen. Das Gros des Feindes zog sich nun hinter die March zurück, deren Brücken sämmtlich, aber so ungeschickt abgebrochen wurden , daß der verfolgende Zieten einige mit leichtester Mühe wiederherstellen konnte. Er überfiel den Feind , der in der Stärke von 3500-5000 (die Angaben schwanken) hinter der March lagerte, und sein plögliches Erscheinen, sowie der moralische Eindruck des Gödinger Gefechts be wirkten, daß die Ungarn nur wenige Kanonenſchüſſe abgaben und dann in wilder Eile flohen.
Die angelegten feindlichen Magazine wur
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den zerstört und ein abgesprengter Haufe von 300 Mann des Feindes am folgenden Tage in Ungarisch Brodt ohne weiteren Kampf gefan gen. Ein in der Nähe noch herumschweifendes ungarisches Scharf schützenkorps unter dem Grafen Scherotin schlich sich in diesen Tagen in den Rücken des preußischen Korps, um seine Bagagen und Kolon nen abzufangen. Einige geschickte Husaren - Patrouillen rapportirten aber die Lage des ungarischen Verstecks . Zieten's Regiment um zingelte dasselbe (es war ein kleines Gehölz) und holte dann das Dragoner-Regiment Posadowsky heran , das absigen und den Feind zu Fuß angreifen mußte. Die Dragoner waren damals noch so sehr berittene Infanterie, daß sie Bajonettflinten trugen. des Gefechts war ein vollständiger.
Der erste Erfolg
Kaum einer der eingeschlossenen
Ungarn entkam und der größte Theil derselben wurde getödtet. Nach diesen zahlreichen Erfolgen ging der Prinz von Deſſau nach Ollmüz zurück, wo ihn der König, der mit der großen Armee ſich nach Böh men zog, mit 19 Bataillonen und 25 Schwadronen zurückließ. hatte sich
aber der König
entfernt, so stürzten sich die
Kaum Oester
reicher unter Karl von Lothringen in großer Ueberzahl auf die Hand voll zurückgebliebener Preußen , die ein feſtes , verschanztes Lager be zogen und nun in die allermißlichste Lage geriethen . Die Kroaten und Ungarn schnitten ihnen alle Zufuhr ab , keine Patrouille konnte sich ungestraft aus dem Lager entfernen und selbst einzelnen Kourieren wurde es unmöglich ,
die bewegliche Kette
der feindlichen leichten
Truppen zu durchbrechen. Der Mangel stieg denn auch bald in dem Grade, daß der Prinz um jeden Preis den Durchbruch wagen zu müssen glaubte.
Dieser Rückzug war für die preußischen Truppen
ganz außerordentlich anstrengend und aufreibend.
Zieten führte die
Arrieregarde, und es gelang ihm dieſelbe ſo glänzend zu führen , daß selbst von dem Train des Korps nur wenig dem Feind in die Hände fiel, so unausgesetzt derselbe ihm auch in den Eisen saß und so uner müdlich er von ihm angegriffen wurde. Dazu kam, daß das Wetter sehr rauh und kalt wurde, daß der Marsch häufig durch äußerst schwierige Bergpässe führte, und man kann nicht anders sagen, als daß der Plan der großen Offensive, den der König im Anfang des Jahres entworfen hatte, gründlich gescheitert war.
Nichtsdestoweniger
waren die Preußen doch die bei Weitem gefürchtetsten Gegner Marie Theresiens, und als Friedrich nur wenige Wochen nach den eben ge schilderten Vorgängen die Schlacht von Chotusitz den 17. Mai ge= wann, da verstand sich das stolze Herz der Kaiserin, Schlesien ihrem
25 großen Rivalen abzutreten. In dieser letten Schlacht, wo preußische Kavallerie zum ersten Male in größeren Massen glücklich auftrat, wurde sie von der österreichischen Kavallerie mit dem Feuergewehr, von der ungarischen Infanterie aber mit geschwungenem Säbel an - so wunderbar hatten sich die Verhältnisse verschoben. gegriffen Zieten muß in der Reserve gestanden haben (Blumenthal I. 100), die nicht zur Aktion kam. Jedenfalls hat sein Regiment an diesem Tage nicht attakirt. Friedrich schrieb übrigens über diese Schlacht an den Fürsten von Deſſau : „ Unsere cav. hat ihre Sache brav u. wie die Helden gethan. Die Relation ist von mir u. nichts gelogen." Das letzte kleine Scharmützel im ersten schlesischen Kriege hatte das Regiment bei Pardubit, wo es zur Deckung von Magazinen be ſtimmt, einen Angriff feindlicher Panduren abſchlug, einen Hauptmann und 30 Mann tödtete und den Rest total auseinander sprengte.
Nachdem das Regiment nun in seine Garniſon Berlin zurück gekehrt war , erhielt es insofern eine Verschönerung seiner Uniform, als die Mannschaften Müßen von amerikanischem Schuppenpelz, die Offiziere solche von Zobel erhielten, im Sommer wurden Filzmühen getragen.
Die Unteroffiziere erhielten braune ,
Pelzverbrämung an der blauen Wintermontur.
die Husaren weiße Das Reitzeug wurde
mit Muscheln besetzt und die Schabraken reich betreßt. des Graf Lippe).
(Siehe Hsbch.
Es begann jetzt eine Zeit der thätigsten Arbeit.
Die Forma
tionen waren ja alle inmitten des Krieges geschehen und es gab be greiflicherweise tauſenderlei zu thun, um nur im Aeußern den Anfor derungen zu genügen. Dazu kam, daß die Husaren ein neues Regle ment erhielten , das Friedrich selbst geschrieben hatte. Die darin ausgesprochenen Prinzipien waren meist denen analog, welche die un garischen Husaren befolgt hatten.
Friedrich vermied glücklich Alles
das , was nicht für seine Preußen paßte, und der Verfasser wird in der Folge noch auf dies Reglement zurückkommen.
Großer Werth
wurde auch auf die theoretische Ausbildung der Offiziere gelegt, welche Dispositionen und schriftliche Arbeiten dem Könige vorzulegen hatten.
Es geht meist im Volk die Sage, Zieten sei mit der Feder
26 kein Held gewesen - allein der große Mann leistete auch hierin das Seinige, wie aus folgendem Briefe Friedrichs hervorgeht : „Mein lieber Oberst v. Zieten Ich habe Euer Schreiben vom 9. d. Monats nebst den von Euch und den sämmtlichen Ritt meistern Eures Regiments über eine zu machende Parthie gefer tigten schriftlichen Dispositionen erhalten und bin mit solchen sehr wohl zufrieden, wiewohl ich unter denselben Eure und die des Rittmeisters Ostrowsky für die allerbesten befunden habe.
Ihr
sollt inzwischen den Rittmeistern Eures Regiments sagen ,
wie
ihnen die Fertigung von dergleichen Dispoſitionen nicht indifferent ſein müſſe , indem derjenige Officier, der einen guten Entwurf solcher Dispositionen macht , sich auch eher zu helfen weiß und Alles gut disponiren kann , wenn er im Ernste solche zu machen nöthig hat". Es ist übrigens wunderbar ,
daß der große König bei seinem
Verſtändniß für die Kavallerie es über sich gewinnen konnte, einige alte Sergeanten von der Infanterie, die Zeit ihres Lebens noch auf keinem Pferde gesessen hatten, als Offiziere in das Zietenſche Regi ment zu versetzen. Trotz Zietens inständigem Bitten blieben dieſe Leute beim Regiment, wo sie natürlich zu gar nichts zu brauchen waren und sich selbst sehr wenig glücklich fühlten. Das Regiment ritt auch jetzt noch Schimmel. Der General Kaltow meldete den 24. Juni 1743 dem König : „ Wegen der Schimmel für das Zietensche Regiment iſt ein Roßhändler nach der Walachei geschickt , welcher versprochen, nach Möglichkeit gute Schimmel aufzukaufen liefern" .
und Ende Juli einzu
Lange sollte sich übrigens das Regiment nicht friedlichen Be schäftigungen widmen. Der österreichische Erbfolgekrieg war weiter gegangen und die Erfolge Marie Theresiens waren so bedeutend, ihre Absicht, Friedrich Schlesien wieder abzunehmen , sobald sie nur mit den andern Feinden fertig wäre , so offenkundig ausgesprochen, daß es der König vorzog , lieber selbst wieder die Offenſive zu er greifen. In 3 starken Kolonnen brach das preußische Heer 1744 in Böhmen ein. An der Tete der einen, die der König selbst führte, befand sich auch das Zietenſche Regiment. Die ersten Feinde, auf die es stieß, waren die bekannten Baronayſchen Huſaren. Sie sollten aber wie bei Rothschloß den Zietenschen gegenüber kein Glück haben.
27
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Am 29. Auguſt fam es bei Smetſchau Munczitay zu einem scharfen Gefecht, bei welchem 60 der ersteren todt blieben und 36 gefangen wurden.
Zieten befehligte an diesein Tage außer 500 Pferden seines
Regiments
300 von den schwarzen, 400 von den grünen Huſaren.
Der preußische Verlust betrug 1 Todten, 13 Blessirte.
Der Anfang
war also wieder gut und versprach das Beſte und in der That folgte dem ersten Sieg Erfolg auf Erfolg. Das einmal überfallene un garische Regiment nahm seinen Rückzug nach Prag und da Zieten dieselbe Richtung hatte, so blieben seine Husaren speziell immer mit diesem ungarischen Regiment in scharfer Fühlung (es wurde nach dem Kommandeur
Esterhazy genannt) .
Die Preußen bewunderten die
schönen Uniformen ihrer Gegner und besonders gefielen ihnen ihre Säbeltaschen. Im Siegesübermuth schnallten sie sich dieſelben an. So entbrannte ein wahrer Feuereifer, sich eine solche Säbeltasche zu verschaffen, so daß es beinahe für Schande galt , keine zu besigen . Das Esterhazysche Regiment muß übrigens beim Eingang dieses Feldzuges beinahe ganz aufgerieben worden sein, denn als Zieten vor Prag ankam, hatten fast alle seine Leute die fremden Säbel taschen. Nachdem die Hauptstadt Böhmens sich nach kurzer Bela gerung ergeben hatte, wurde der General von Nassau mit 20 Ba taillonen und 40 Schwadronen (worunter die 10 unſeres Regiments) gegen Tabor und Budweis entfendet. Am 19. September brach man von Prag auf. 3 Meilen weit ging der nächste Marsch bis Steierzim.
Wo der Feind war, wußte Keiner.
Da man den feind
lichen leichten Truppen viel Unternehmungslust zutraute , blieb die Armee unter dem Gewehr. Unsere Huſaren wurden bis an die Sa zawa vorgeschoben , um die dortigen Brücken zu offupiren. Den 20. September ging es bis Beneschau. schwerlich.
Der Marsch war sehr be
Der Regen goß in Strömen hernieder.
ſah man zuerst wieder den Feind.
Bei Miletſchin
In scharfem Rennen holten unſere
Huſaren 4 davon ein und brachten sie als Gefangene zurück; in der folgenden Nacht wurde nicht geruht , sondern marſchirt . Man kam durch einen dichten großen Wald.
Die böhmischen Waldpfade waren
damals noch schlimmer und enger wie heute.
In tiefem Schweigen.
eilten die Soldaten durch den zähen Schlamm , stolperten über die Baumwurzeln und rannten gegen die Bäume.
Als
der
Morgen
graute, sah man, daß die Bäume lichter wurden und unsere Husaren, die wie gewöhnlich die Avantgarde hatten , kamen auf freies Feld. Es war der 23. September.
Wieder sahen ſie feindliche Huſaren
28 vor sich.
Der gescheuchte Feind hatte sich im Norden von Tabor
festgesetzt und es kam zu einem ernstlicheren Gefechte.
Das Regi
ment attakirte speziell bei dem Dorfe Kolkot , nahm -abermals 160 feindliche Husaren gefangen und jagte den Feind bis nach Tabor hinein. Leider fiel hierbei der brave Rittmeister v . Wieck. Im Tagebuch des Herzogs von Nassau steht , daß besonders unser Regi ment an diesem Tag mit größter Force attakirt habe. Tabor wurde, nachdem der Feind sich in seine ziemlich primitiven Festungswerke hineingezogen hatte, cernirt.
Nach dreimaligen Ausfällen , die leicht
zurückgewiesen wurden, und bei denen unsere Husaren mit dem Feinde ſcharmutirten, kapitulirte das Garnison.
Städtchen
gegen freien Abzug der
Eigenthümlich und die Kriegführung der damaligen Zeit
charakteriſirend iſt, daß man die Bürgerſchaft aufforderte, dem König von Preußen den Eid der Treue zu schwören , was diese auch ohne Weiteres that. In ununterbrochenem Siegeslaufe ging es nun auf Budweis vor. Die Märsche nach diesem nächsten Ziel waren höchst mühsam.
Das böse Wetter wollte kein Ende nehmen und selbst die
höchst kurz und nur die militairische Situation berücksichtigenden Re lationen aus jener Zeit können sich der Klagen über das grausige Unwetter nicht enthalten. Feinde in Budweis stehe.
Zunächst wußte man gar nicht, was vom Man sandte deshalb einen Bürger Tabors
als Spion ab, für dessen Treue der Bürgermeister und die ange sehenſten Bürger mit ihrem Kopf haften mußten.
Dieſe etwas eigen
thümliche Weise zu kundschaften hatte aber den Erfolg, daß der ge preßte Spion eiligst , nachdem er das Nöthige gesehen, zurückkehrte und meldete: „ Budweis sei nicht allein mit Croaten, Panduren, Waras dinern besetzt, sondern es werde auch scharf Wache gehalten und examinirt. Auf der Höhe ständen kleine Partheien , die Brücken seien alle ruinirt." Ausgeschickte Patrouillen unseres Regiments fingen auch 2 feind liche Husarenweiber , die ebenfalls aussagten , Budweis ſei ganz ab geschlossen und mit Husaren und ungarischer Infanterie gesperrt. Die Stadt war wie die meisten Städte der damaligen Zeit noch mit den Resten der mittelalterlichen Befestigung umgeben ,
die geschickt ver
stärkt dem Ort eine verhältnißmäßige Bedeutung gaben. Dazu kam, daß die Moldau und Malsch theilweise ausgetreten waren und in Verbindung mit fumpfigen Wiesen die Annäherung gegen die Stadt sehr erschwerten.
Der einzige sichere Zugang wurde durch einen
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Damm gebildet, der das Moldau-Ufer entlang lief und von starken Kroatenschwärmen unter Feuer gehalten wurde. Die preußische In fanterie unter dem Prinzen von Heſſen-Darmſtadt hätte, wenn ſie es überhaupt vermocht , diesen Damm nur mit den blutigsten Opfern forciren können. Zieten wurde deshalb mit seinen und den Husaren von Nazmer abgeschickt, um den Feind auf irgend welche Weise zu Er ging auf dem andern Ufer in aufgelöster Ordnung delogiren. vor, als wenn er die Pferde tränken wollte. Die Kroaten eröffneten nun zwar ein äußerst scharfes Feuer gegen ihn, allein trotz desselben gelang es dem Husaren Lenz (nachmals einer der bravsten Offiziere) Die gelben Husaren als Soutiens zurück eine Furth zu finden. laſſend, stürzte sich nun Zieten in gewohnter Schnelle durch den Fluß Unter den Kroaten wurde ein gewalti auf den überraschten Feind . ges Blutbad angerichtet, der Rest, aus 70 Mann bestehend, gefan gen genommen, und als nun auf der passirbar gewordenen Straße die preußische Infanterie schnell nachrückte , versuchte die Stadt gar keine weitere Vertheidigung, sondern kapitulirte unter dem ersten Ein druck der erlittenen Niederlage. Am 1. Oktober wurde in ähnlicher Dieselbe lag auf einem Weise die Veste Frauenburg genommen. Auch steilen Berge , weithin von Sümpfen und Teichen umgeben. hier konnte die Annäherung nur auf einem schmalen Damm ſtattfin Bei Rothschloß war eine ähnliche Affaire aber prächtig ge den. glückt. Ehe die preußische Infanterie daher zum eigentlichen Angriff fam , jagte Zieten mit seinem und dem Nahmer'ſchen Regiment über den Damm. Das jenseitige Ende war von den Oesterreichern fahr lässiger Weise nicht besetzt. Die Husaren kamen in den todten Winkel, saßen ab und begannen den Berg hinanzuklettern. Die Desterreicher aber gingen dem ferneren Kampf aus dem Wege und kapitulirten Der kühne Coup hatte auf preußischer Seite gegen freien Abzug . kaum eine Schramme gekostet. Die große Armee folgte dem naſſauiſchen Korps auf dem Fuße und bezog bei der Stadt ein befestigtes Lager. Der König hatte also Gelegenheit, die Schwierigkeit der Verhältnisse und das außerordentliche Geschick seiner Truppen während dieſes Er war denn auch Gefechts in eigener Person schätzen zu können. so zufrieden mit den letzteren und im Speziellen mit Zieten , daß er ihn zum General-Major ernannte und das Patent bis zum Februar dieses Jahres zurückdatirte. Diese Anti-Datirung hatte ihren Grund wohl auch mit in einem Schreiben Zietens , der im Anfang des Jahres sich beim König darüber beklagt, daß einige jüngere Oberſten
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(Ungarn) Generale geworden waren. Damals hatte der König nicht sehr gnädig geantwortet und Zieten den Rath gegeben, sich mit sei nem jetzigen Range zu begnügen , bis er, der König , es für gut be finden würde, ihn zu avanciren. In Folge des Gefechts erinnerte sich der König an Zietens Gesuch und berückſichtigte es in Bezug auf das Patent. Dem Soldaten der heutigen Zeit erscheint es allerdings wunder bar, daß Offiziere ohne Weiteres direkt an ihren Monarchen schrie ben und ihn quasi zur Rede stellten , wenn sie sich in ihren persön lichen Interessen benachtheiligt glaubten. Das bezügliche Schreiben des Königs lautete folgendermaaßen : ,,Mein lieber Obrist v. Zieten! Da ich resolviret habe, in Folge der treuen und distinguirten Dienste, welche Ihr mir in allen bisher vorgefallenen Occaſionen erwiesen habt, Euch zum General-Major bei den Huſaren dergc ſtalt zu avanciren, daß Ihr Euren Rang als General-Major vom 1. Februar dieses Jahres an zu rechnen habt, auch das deshalb auszufertigende Patent von solchem Tage datirt werden soll, so habe ich Euch solches in Gnaden bekannt machen wollen. Uebri gens habe ich zugleich an die Feldkriegscaſſe die Ordre geſtellt , daß Euch das gewöhnliche Feldtractement als General - Major , nebft der Verpflegung
auf einen besondern Adjutanten,
vom 1. dieſes
Monats an aus der Feldkriegskasse bezahlt werden soll. Euer wohlaffectionirter König."
Ich bin
Bis dahin war der Feldzug denn äußerst glänzend verlaufen. Nun befolgten aber die Oesterreicher dieselbe Taktik, wie sie später die Russen 1812 und Wellington in Spanien ausführte. Alle Dörfer, die Friedrich antraf, waren verlassen, alle Lebensmittel ver nichtet , versteckt oder von den Bewohnern mitgenommen.
Die ent
ſeßlich schwerfällige Magazinverpflegung , die in dieser Zeit noch schwieriger wurde , weil Friedrich weit von seiner Operationsbasis entfernt war, wurde fast zur Unmöglichkeit, da die leichten Truppen Batthianys und 10,000 ungarische Huſaren jede rückwärtige Verbin dung abgeschnitten hatten und nicht ein einziger Brotwagen die Armee des Königs erreichen konnte.
Dieselbe gerieth in der That
in die allerbedenklichste Lage. Friedrich suchte unter allen Umständen eine entscheidende Schlacht zu liefern. Allein von falschen Führern und schlechten Nachrichten irregeleitet, stieß er in die Luft und mußte sich endlich zu einem sehr gefährlichen Rückzug auf Prag entschließen.
31 Der Prinz Carl von Lothringen, der vom Rhein herbeigeeilt , durch eine sächsische Armee ansehnlich verstärkt war, drückte nun mächtig nach und die preußische Arriéregarde hatte einen sehr schweren Stand. Am 4. Oktober schon wurde das Korps des Prinzen von Naſſau mit der Armee des Königs bei Wodnian und Schemestize vereinigt. Unser Regiment war sofort, als die rückwärtigen Bewegungen be begannen, der Arriéregarde zugetheilt worden. So hatte Friedrich am 9. Oktober die Moldau bei Tein passirt,
war mit der Armee
bis Bechin gegangen und Zieten mit 2 Bataillonen Grenadieren St. Surin und Jeet , seinem eigenen und dem Huſaren - Regiment von Rüsch und 2 Geschützen in der ersteren Stadt zurückgelassen. Dieselbe lag ganz auf dem linken Ufer der Moldau , welches die Preußen besetzt hielten. Eine größere Brücke , die an das andere Ufer führte, wurde durch eine Redoute , eine zweite kleinere durch 2 Kompagnien und 2 Geschütze gedeckt. Zieten stand mit der Kavallerie außerhalb der Stadt und zwar so, daß sein rechter Flügel an diese sich anlehnte. Der Feind stieg nun die bewaldeten Höhen am andern Ufer der Moldau herab und die Vorposten begannen auf die preußische Kavallerie zu feuern.
Derselbe Husar Lentz , der sich bei
Budweis so ausgezeichnet hatte, wurde hier so von seinem Kampfes eifer erfaßt,
daß er seinen Platz im Gliede verließ und sich in die
Moldau stürzte, um an das andere Ufer zu schwimmen.
Mehrere
Husaren folgten ihm und die beiden ersten Schwadronen vom rechten Flügel , welche glaubten , es wäre befohlen , den Fluß zu paſſiren, stürzten sich nach, kamen auch glücklich durch und konnten am ande deren Ufer aufmarschiren. Hier hatten sich unterdessen zwei starke Kolonnen Panduren und Kroaten aus dem Walde heraus entwickelt und diese wurden denn sofort von den beiden Schwadronen attackirt. So ungestüm und schneidig ihr Angriff auch war , so wären sie der großen Ueberzahl gegenüber doch ohne Frage vernichtet worden, wenn Zieten, der mit höchstem Erstaunen das Gefecht sich entwickeln gesehen. hatte, mit der ganzen Kavallerie nicht ebenfalls über den Fluß ge sezt wäre.
Die Zietenschen Husaren attackirten in schräger Richtung
von vorn, die schwarzen Husaren den Feind in Flanke und Rücken, und so wurden die beiden Schwadronen nicht nur degagirt, ſondern Unterdeß hatte
dieser Theil des feindlichen Korps total aufgerieben.
der Feind einen energischen Angriff auf die Brücken gemacht, wo die braven Grenadiere sich aber mit solcher Energie vertheidigten, daß der Feind
immer wieder mit blutigen Verlusten zurückweichen
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mußte. Nun gingen aber stromauf und stromab größere Abtheilungen desselben über den Fluß , Zieten sah sich in der Gefahr auch im Rücken gefaßt zu werden und mußte an den Rückzug denken. Die Infanterie nahm die Geschütze in die Mitte. Die beiden Husaren-Regimenter deckten die Flanken. Der Feind drängte von allen Seiten auf die Handvoll Preußen und die Husaren. mußten noch 2 Mal nach beiden Seiten durch wüthende Attacken sich Luft machen. Auch in diesen kritischen Momenten verlor Zieten nicht einen Moment seine Kaltblütigkeit und wußte bei einer dieser Attacken durch 3 Eskadrons seines Regiments dem Feind so glücklich in die Flanke zu fallen , daß derselbe weit entfernt auch nur den geringsten Vortheil zu erlangen, vielmehr die allerempfindlichsten Verluſte erlitt. Das Gefecht dauerte von 12 Uhr Mittags bis 9 Uhr Abends. Zieten gewann die Straße von Bechin und bezog kaum eine Meile von Tein seine Bivouats .
Einige 60 Preußen lagen todt auf dem
Platz, 100 waren verwundet. Zieten vergaß die Letteren in der Hiße des Tages nicht, ſondern ließ sie auf Karren legen und es ge lang ihm , sie nach Tabor zu retten. Die Desterreicher waren stark gewesen : 2000 Panduren , 4000 Kroaten , das Infanterie - Regiment Grünne und 2350 Reiter. Nach österreichischen Berichten die Huſaren Regimenter Baronay , Esterhazy , Ghilani und von denen Festetics, Nadasdy und Kalnoki je 350 Pferde. Panduren von Trenck 2000 Mann, Kroaten unter Graf von Armiſtadte 4000 Mann.
Von der
Kavallerie kommandirte Pferde 2000. Infanterie-Regiment von Grünne 2000 Mann. Zieten ordnete übrigens die strengſte Untersuchung an, wer der Husar gewesen , der zuerst in die Moldau gesprungen sei .
Niemand
verrieth aber den Lentz, obgleich es wohl Vielen bekannt war. Zieten sah sich daher genöthigt , einen Befehl zu erlassen , wonach bei ähn lichen Vorfällen die Betreffenden vor ein Kriegsgericht gestellt und unter Umständen erschossen werden sollten. In den gedruckten Nach richten, Band I, S. 370, heißt es:
" Es ist diese Aktion wohl eine kleine Bataille zu nennen. Sie hat den Preußen nur 1 Offizier und 65 Mann gekostet an Todten, an Blessirten 6 Unteroffiziere, 121 Gemeine. Der feindliche Ver lust war eher über als unter 600 Mann. Als Alles vorüber, hatten die Grenadirs von 60 Patronen nur noch 6.
Unsere Husaren beider
Regimenter hausten dergestalt unter dem Feind , daß sie keinem Tol patschen und Kroaten Pardon gaben , sondern Alles niederhieben,
33 weshalb nur ein Panduren-Kapitän, 3 Lieutenants und 47 Huſaren als Gefangene eingebracht sind. " Der Lieutenant von Belling (der nachmalige berühmte General) war von Zieten abgeschickt worden, um dem König den Stand des Der Lettere hatte sofort 10,000 bis 12,000 Gefechts zu melden. Mann detachirt, um seiner Arrieregarde zu Hülfe zu kommen. Diese Truppen stießen aber erst Abends 10 Uhr zu Zieten. Als nun der ganze große Erfolg des Gefechts , die beispiellose Tapferkeit seiner Truppen dem König recht klar wurde, belohnte er sie damit, daß er sich selbst an ihre Spite sette und sie durch das große Lager der Armee führte . Alle Soldaten stürzten aus den Zelten und der all gemeine Jubel, die stürmischen Glückwünsche aller Kameraden mögen ein schöner Lohn gewesen sein ; Zieten erinnerte sich noch im spätesten Alter mit großer Freude dieses hohen Ehrentages. große König zu belohnen.
Wie wußte der
Leider fielen die in Tabor zurückgelassenen Verwundeten des Regiments sowie der Lieutenant Lange mit 30 Husaren bei der bald darauf erfolgenden Kapitulation von Budweis dem Feinde in die Hände, da Friedrich seinen Rückzug vor der Hand weiter fortzusehen gezwungen war. Ueberhaupt blieb die Lage der Armee eine prekäre. Der Prinz von Lothringen wich sorgsam einer größeren Schlacht aus, oder wußte in solchen Positionen die Preußen zu kotoyiren, daß er nicht anzugreifen war.
Es mußten mancherlei komplizirte Manöver
angewendet werden, um den Feind zu beschäftigen und irre zu führen, und vielfache Detachirungen größerer Abtheilungen sollten den von allen Seiten anrückenden Feind abhalten.
So wurde Zieten auch
wiederum einem Streifkorps (Herzog von Nassau) beigegeben ,
das
in der Gegend von Kammerburg ein feindliches Korps delogiren sollte, welches auf die Rückzugslinie des Königs drückte. Die Avant garde des preußischen Korps bildeten 300 Husaren des Regiments unter Oberst - Lieutenant von Billerbeck.
Der Marsch führte durch
hohe und steile Gebirgszüge ; ungangbare Straßen, schlechte Verpfle gung und die Feindseligkeit der Bevölkerung machten ihn sehr müh sam und beschwerlich.
In einer Nacht hatte sich Billerbeck in einem
engen Thal vollständig verirrt und doch machte die Nähe des Feindes ſichere Nachrichten äußerst nothwendig. Endlich entdeckten einige Huſaren einen kleinen Saumpfad, dem man auf gut Glück folgte. Nach einem stillen und vorsichtigen Marsch kam die Tête der Reiter an ein 3 v. Ardenne, Zietenſches Huf.-Regt.
34
――――
kleines Dorf; eine Patrouille , die sich heranschlich ,
ergab , daß der
Feind unterlassen hatte, es zu besetzen . Sofort wurde es nun um stellt und der Schulze herausgeholt. Unter Androhung sofortigen Todes und Verbrennung des ganzen Dorfes forderte man ihn auf, einer kleinen Patrouille von 6 Husaren , der er beigegeben wurde, irgend Jemanden in die Hände zu liefern, der über die Stellung der Desterreicher genau unterrichtet sein könnte. Der erschreckte Bauer führte die Patrouille denn auch zum Hause eines Hirten , der als Führer in der Gegend weithin bekannt war. Es gelang den Huſa ren durch List den mißtrauischen Alten zu fangen und in der That erhielt man von dieſem ſo detaillirte Nachrichten, daß der Herzog von Naſſau mit verhältnißmäßig geringen Verlusten ſeinen Auftrag auszuführen im Stande war. In Kollin stieß das detachirte Korps wieder zum Könige , der nun die Elbe passirte und enge Kantonne ments auf dem rechten Ufer derselben bei Pardubitz bezog. Die Flußlinie wurde durch Husaren-Patrouillen im Auge gehalten,
da
natürlich der Feind irgendwo den Uebergang versuchen mußte, den man dann energisch zu verhindern beabsichtigte. linie aber in dieſer Weise zu bewachen ,
Eine längere Fluß
gehört bekanntlich zu den
allerschwierigsten Aufgaben, besonders aber machten die zahlreichen Waldungen und Dickichte , die damals die Elbufer bedeckten , diesen Auftrag noch unangenehmer , da die Nächte schon lang und meistens sehr dunkel waren . So gelang es denn in der Gegend von Teinitz einigen ungarischen Husaren, die Elbe zu paſſiren und sich in einem Dickicht, das an der Straße lag , die von Teinig nach Der Prinz dem Lager des Königs führte , unbemerkt einzuniſten. von Lothringen beabsichtigte nämlich bei Teinig
eine Pontonbrücke
zu schlagen und da überzugehen ; ſollte ihm von den Vorposten Wider stand geleistet werden , so hatten diese Ungarn den Auftrag, rück wärts geschickte preußische Meldungen abzufangen und so etwaige Unterstützung der preußischen Vorposten zu verhindern. Um die Wachsamkeit der Preußen einzuschläfern, ließ der Prinz eine große Menge Sturmleitern in auffallender Weise anfertigen und sorgte da für , daß die Preußen einige Kouriere mit falschen Nachrichten auf fingen, so daß man allgemein glaubte , es sei auf eine Belagerung von Prag abgesehen. In der Nacht vom 18. - 19. November näherten sich die Oesterreicher in tiefster Stille der Elbe, Teinig ge rade gegenüber.
Eine Pontonbrücke wurde geschlagen und schon be
gannen die Teten dieselbe zu überschreiten, als endlich eine Husaren
35 Patrouille es bemerkte und Alarm gab.
Der Oberst-Lieutenant von
Wedell mit seinem Bataillon und Zieten mit drei Eskadrons seines Regiments , die in der Nähe kantonnirt hatten , gingen nun in aller Eile der Elbe zu, um den Feind thunlichst aufzuhalten. Die gegen- . überliegenden Höhen waren von einer formidablen feindlichen Ar tillerie besetzt, die feindlichen Kolonnen am diesseitigen Ufer schon theilweise aufmarschirt. Das Bataillon Wedell stürzte sich mit höchster Bravour auf den Feind, und es gelang ihm, diesen wieder vollſtän dig über die Brücke zu werfen , und am Kopf derselben sich so zu postiren, daß es, im todten Winkel stehend, dem feindlichen Artillerie Damit hatte man sehr viel ge= feuer nicht mehr ausgesetzt war. wonnen. Die Brücke wurde unter kräftigem Feuer gehalten, und man konnte hoffen , den Feind genügend lange aufzuhalten, bis der König Succurs brächte. Um dieſen aber zu avertiren , wurde der Kornet Panko des Zieten'schen Regiments zurückgeschickt. Der un glückliche Offizier fiel aber in den erwähnten Hinterhalt und man hat von ihm ebensowenig als von den nach ihm geschickten Offizieren und Ordonnanzen je wieder etwas gehört.
Zieten hielt sich unter
deß mit der Kavallerie bereit, einzugreifen, wenn die Infanterie end lich zurückgedrängt werden sollte.
Dieser Moment trat denn nach
der heldenmüthigsten Gegenwehr endlich ein; der Feind drängte mit Ungestüm nach und ging mit ansehnlichen Massen über die Brücke . Da brach Zieten mit zwei Schwadronen vor, drang in die Feinde. ein und erregte eine solche grenzenlose Panik , daß sich alles in wilder Flucht wieder über die Brücke wälzte, viele österreichische Grenadiere sich in die Elbe stürzten und dort ertranken und die Preußen wieder ihre vorige Position einnehmen konnten.
Hier wurde Zietens Pferd
erschossen, ein Korporal sprang von dem seinigen, es seinem General anzubieten.
Zieten nahm das Anerbieten nicht an, weil der Korpo
ral ein österreichischer Deserteur war und bei etwaiger Gefangenschaft sicher erschossen worden wäre. Daß der General während des Hand gemenges diese Rücksicht nahm, ist wohl ein schöner Zug seines edlen Herzens , der ihn ebenso
als Mensch ehrt,
wie seine
Großthaten
ihn als Helden verherrlichen. Ein anderer Unteroffizier gab Zieten dann sein Pferd , schloß sich der kämpfenden Infanterie an und er= reichte später glücklich seine Eskadron. Der erste dieser beiden Braven Das Gefecht hieß Forkard, der Name des zweiten ist unbekannt. wurde natürlich immer heftiger, die Oesterreicher schlugen noch mehrere Brücken, und nachdem die Preußen viele Stunden auf das Hart 3**
36 näckigste und Glücklichſte gekämpft hatten, mußten ſie ſich zum Rück zuge entschließen. Der Prinz von Lothringen gewann den erſtrebten Uebergang und bivouakirte mit der ganzen Armee bei Teiniz . Die preußische Tapferkeit entlockte ihm aber den Ausspruch : ,,Die Kaiſerin-Königin könnte sich glücklich schäßen, wenn ſie 11 Offiziere hätte wie diese Helden. ' Dem Oberst - Lieutenant von Wedell verschaffte dieser Tag den Beinamen des preußischen Leonidas . Dieses Gefecht zwang aber doch den König , seine Winterquartiere in Schlesien zu nehmen.
Der
Rückzug dahin war wieder von all' dem Ungemach begleitet , das einer retirirenden Armee in Feindesland , schlechten Wegen, Regen und Herbststurm nicht erspart zu werden pflegt. Unser Regiment war wieder in der Arrieregarde und raufte sich Tag für Tag mit den Oesterreichern herum.
Nun hatte man dieſen
aber, wenn sie zu arg nachdrängten , des öfteren schon ſo ſcharf die Zähne gewiesen,
daß sie sich doch mehr in respektvoller Entfernung
zu halten begannen.
Verluste gab es aber doch noch genug.
So
wurden auf einer Patrouille vor Königgräß 2 Husaren todt geschossen, weil der sie kommandirende Kornet nicht wußte, daß diese Stadt von Desterreichern besetzt war. Letztere hatten die Preußen ganz nahe herankommen lassen, ehe sie feuerten. Als die Armee die Metau er reicht hatte und dort eine Nacht und einen Tag gelagert hatte, wurde der Feind wieder sehr dreist. Rings in den Büschen schwärmten die Kroaten, knallten hier und da, überfielen die Posten und alarmirten die Lager so unaufhörlich, daß der König endlich Infanterie-Bataillone gegen das "1 Geschmeiß ", wie er die Kroaten und dergleichen zu titu liren pflegte, vorgehen lassen mußte.
Das Pelotonfeuer schaffte dann
Ruhe wenigstens für einige Stunden. So erreichte die Armee dezi mirt, müde und verhungert die schlesische Grenze, dabei war aber auf diesem gefahrvollen Rückzug weder im Mindesten die Haltung und Disziplin der Truppen erschüttert, noch ihr trotziger Muth, ihr reges Siegesbewußtsein geschwunden. Die Desterreicher konnten sich des Erfolges rühmen, ihren Gegner mit Geſchick aus Böhmen hin ausmanövrirt zu haben. Durch die errungenen Vortheile aber über müthig gemacht, fielen sie auch in Schlesien ein, wo sie mit den ab getriebenen und erschöpften Soldaten leichtes Spiel zu haben glaub ten. Der König brach aber mit drei Korps, unter Dessau, Lewaldt und Nassau gegen sie auf, und es gelang ihm in energischem Gegen stoß die Oesterreicher zu einem sehr eiligen fluchtartigen Rückzug zu
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nöthigen, der ihnen sehr viele Leute kostete.
Das Zieten'ſche Regi
ment bildete die Avantgarde des Deſſauischen Korps . Am 16. Januar attakirte das Regiment mit dem von Malachowsky vereinigt die Vor truppen des Generals Ghilany bei Jägerndorf und verfolgte sie bis in die Vorstädte. Der Feind verlor 80 Mann und retirirte eiligst der Grenze wieder zu. Eine Relation des alten Fürsten von Dessau sagt über das Gefecht: „ Als wir die Höhe genommen und man einiger Trupps feind licher Reiterei gewahr wurde, machte unsere Linie Front und ging gerade auf den Feind los .
Die Huſaren-Regimenter Zieten, Bro
nikowsky und Malachowsky mußten attaquiren und reüſſirten ſo wohl, daß Alles, was nur feindlich war an Cavalerie, Dragonern und Huſaren, schleunigst die Flucht ergriff und pêle mêle in der größten Bestürzung die Straße nach Jägerndorf verfolgten und dieweil die flüchtigen Haufen die Defilées nach Moidelburg paſſiren mußten, so erhielten unsere Husaren den Vortheil dabei , daß Ver schiedene niedergehauen wurden und einige 60 zu Kriegsgefangenen gemacht. " Es war in jenen Tagen übrigens Kälte. Ein Kämpfer jener Zeit schreibt :
eine
bittere grimmige
„ So kurze Zeit nun dieser Zug gedauert, so viel hat die Armee dabei ausgestanden und hätte uns sowohl als dem Gegenpart die Winterkampagne verleiden mögen, denn wir haben mehr gegen Wind und Wetter als gegen den Feind gekämpft.“ In sieben Tagen war Schlesien von dem Feinde gesäubert. In den tief verschneiten Hohlwegen des Iſargebirges , durch welches sich der Feind in seiner Flucht wälzte, pflückte das Regiment ſeine letzten Lorbeeren im thatenreichen Feldzuge. Wenn nun auch die preußische Armee in diesem Feldzuge in einzelnen bedeutenden Treffen siegreich gewesen, wenn sie auch in eklatanter Weise dargethan hatte , daß sie an moralischer Kraft ihren sämmtlichen Gegnern weit überlegen war, so
erwies sich doch der
Erfolg der Kampagne im Ganzen und Großen für Friedrich durch aus nicht günstig. Mit der kühnsten Offensive hatte er das Jahr begonnen, war tief in das Innere der österreichiſchen Monarchie gedrungen; das Ende des Jahres ſah ihn auf seine eigenen Provin zen zurückgeworfen, deren Grenzen gegen einen dreiſt und übermüthig gewordenen Feind vertheidigend. Der Grund, warum der ungestüme
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strategische Angriff des großen Königs so wenig geglückt war , lag hauptsächlich in der Unmöglichkeit, genügende Subſiſtenzmittel für die Armee zu schaffen. Friedrich hatte sich zu weit von seiner Operations basis, d . h. von seinen Magazinen entfernen , seine Proviantkolonnen hatten einen zu weiten Weg machen müssen ,
um die Armee zu er
reichen und war ihm durch die leichten öſterreichischen Truppen zu viel Schaden zugefügt worden , als daß die Verpflegung hätte eine gere gelte sein können.
Der Mangel alſo hatte Friedrich beſiegt, wie er
ja in der Kriegsgeschichte so oft sonst unbeſiegbare Heere vernich tet hat . Friedrich beschloß deshalb in der nächsten Kampagne in seinen eigenen Ländern die Oesterreicher abzuwarten , die die schwierigen Pässe des Jsar- und Riesengebirges zu überschreiten hatten.
In der
Gegend von Frankenſtein bezog das preußische Heer endlich die Win terquartiere ―――― von dort aus konnte man in gleich schneller Zeit die Zuckmantel und die bei Landshut gelegenen Pässe erreichen. Die kurze Winterruhe that auch unserem Regiment Noth. Der Feldzug 1744 war äußerst anstrengend, äußerst verluſtreich geweſen. Pferde und Menschen waren erschöpft und deshalb galt es, mit größter Energie die Lücken zu ergänzen. Schon aber hatte das Regiment einen Ruf durch ganz Europa sich errungen. Die kriegslustigen Abenteurer, die dazumal noch in Menge sich herumtrieben, eilten, sich anwerben zu laſſen und aus dem Vaterlande strömten die Freiwilligen in verhält nißmäßig großer Anzahl herbei .
Wie sehr man bereits im Auslande
die Verdienste Zietens und seines Regiments zu würdigen wußte, geht wohl auch daraus hervor , daß die Kaiserin von Rußland dem ―— Regiment 300 Remonten zum Geschenk machte es war dies eine Auszeichnung, die man um ſo höher schäßen mußte, als dieſe Monarchin sonst sich ängstlich hütete, ihre Neutralität irgend wie zu verlegen. In der heutigen Zeit würde wohl selbst die größte Sympatie eines neutralen Monarchen nicht wagen dürfen , sich durch ein solches Ge ſchenk zu äußern ― in diesem Falle mag der Eindruck beim Wiener Hofe kein sehr angenehmer gewesen sein.
Auch Friedrich wollte nicht
unterlassen, seinem erprobten Zieten seine besondere Zufriedenheit zu geben. Er erließ deshalb unter dem 30. Dezember 1744 folgende Kabinetsordre an ihn: 11Mein lieber General-Major von Zieten! Um Euch eine Marke meines Wohlgefallens über Euren bis herigen Eifer zu geben, habe ich reſolvirt und befohlen, daß Ihr
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diejenige Pension von 700 Thlrn., welche der verstorbene Oberst von Varenne aus der Hofstaatskasse gehabt, nicht weniger diejenigen. 500 Thlr., so
er aus dem Geldrischen Subsidienetat jährlich be
kommen, hinwiederum haben und bekommen sollt ; Ich bin Euer wohlaffectionirter König
Friedrich. Der König zog seine Armee , als es Frühling werden wollte, in engere Kantonnements bei Ottmachau und Patschkau zuſammen und fandte den Markgrafen Karl mit einem Korps von 10,000 Mann nach Jägerndorf, um Oberschlesien zu decken. Dagegen thaten die Desterreicher einen ebenso glücklichen als kühnen Schachzug. Ein Korps von etwa 20,000 Mann schob sich zwischen den König und den Markgrafen, so daß ersterer dem lezteren auch nicht die geringste Nachricht zukommen zu laſſen im Stande war. Desgleichen longirte ein österreichisches Korps die Oder von Ratibor bis Kosel , stand also
dem Markgrafen in der linken Flanke und im Rücken , schnitt
ihm alle rückwärtigen Verbindungslinien ab und machte dadurch seine Verpflegung äußerst schwierig.
Der österreichische Feldherr hoffte
nun, daß der König dem Markgrafen zu Hülfe eilen würde .
Wäh
rend der Erstere nach Südosten ging , glaubte er bei Landshut in Ruhe mit seiner großen Armee die Defileen passiren zu können , um dann in Schlesien einzubrechen.
Friedrich erkanute den geschickten
Plan seines Gegners und beſchloß seinen Standort jedenfalls nicht aufzugeben, wohl aber den Markgrafen an sich zu ziehen, um dann mit ganzer · Kraft über den Prinzen von Lothringen herfallen zu können. Nun war es aber , oder schien es wenigstens ganz unmög lich, dem Markgrafen Nachrichten zu geben , daß er Jägerndorf ver laſſen und sich mit dem Könige vereinigen sollte. Er hatte außerdem den Befehl, abzuwarten , bis er Nachrichten erhielte, es waren ihm also die Hände gebunden. Es lag überdies die größte Gefahr im Verzuge, denn mit jedem Tage wurde die Möglichkeit des Rückzuges des Markgrafen fraglicher. In dieser peinlichen Verlegenheit befahl der König zuerst dem Rittmeister von Probst vom Zieten'schen Regi ment mit 120 Huſaren und drei ausgesuchten Offizieren , worunter der Lieutenant von Belling, den Versuch zu machen , bis Jägerndorf vorzudringen. Der Weg betrug ungefähr 9 Meilen. Mit der größten Vorsicht gelang es , unentdeckt bis in die Gegend von Neu stadt zu kommen, das ungefähr auf der Mitte des Weges lag. Hier, in dieſem kleinen Städtchen, das auch noch eine Spur mittelalterlicher
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Befestigung an sich trug , hatte der Markgraf einen Theil seiner Bagage und eine Handvoll Leute zurückgelaſſen, um sie zu beſchüßen ; die Desterreicher lagerten in der Nähe und machten von Zeit zu Zeit einen Versuch, das Städtchen zu nehmen, wurden aber immer wacker abgeschlagen.
Die ganze Gegend wimmelte deshalb von Panduren
und Husaren und eine feindliche Patrouille entdeckte die Schwadron des Rittmeisters von Probst. Diese alarmirte zwei Kavallerie-Regi menter, die so geschickt Probst den Rückzug zum König abſchnitten, daß er sich nur nach Neustadt retten konnte. Er schlug sich aber dahin mit großem Geschick durch und machte noch mehrere Gefangene dabei .
Von Neustadt aus gelang es dem Lieutenant von Belling mit
diesen Gefangenen und einem Rapport des Rittmeisters zur Armee des Königs sich durchzuschleichen.
Letterer erfuhr nun zwar dadurch
die ungefähre Stärke des Feindes, sowie daß seine Hauptstellung bei Leobschütz sei.
Das änderte aber in der Situation nichts und die
Lage des Markgrafen sowohl , wie die des Königs wurde immer un ____ angenehmer. Ein größeres Korps zu detachiren war unmöglich dann würde Friedrich zu schwach geworden sein, um dem Prinzen von Lothringen entgegen zu treten. In dieser Noth beschloß der König, die Sache in Zietens Hände zu legen. heißt es :
In dem Befehl
"1 Er sollte , was es auch kosten möge, alles daran wagen, mit seinem Regiment bis nach Jägerndorf durchzukommen, um dem Markgrafen Carl den Befehl zu überbringen, daß er sogleich aufbrechen, die Magazine von Troppau und Jägerndorf, was da von nicht fortzuschaffen wäre, ruiniren, sich mit den Feinden in nichts Ernsthaftes einlassen und mit forcirten Märschen nach Frankenstein marschiren sollte, um zu dem Könige zu stoßen. " Hinzugefügt war : "Zieten solle diese Ordre dem ganzen Regiment bekannt machen, damit, wenn auch nur ein einziger Husar durchkäme, der Markgraf auf allen Fall von dem Willen des Königs unterrichtet würde." Man muß sich die Lage Zietens recht vergegenwärtigen, um zu begreifen, daß dieser letzte Zusatz nicht gerade geeignet war, ihn zu ermuthigen.
Wenn man sich selbst fragt,
was man wohl unter
diesen Verhältnissen gethan haben würde, so kommt man eher auf alle anderen wenig ausführbaren Mittel, nur nicht auf das , Zieten in seiner Verschlagenheit ausfindig machte.
was
Der Feind kannte
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nämlich die Zieten'schen Husaren bloß in ihrer rothen Uniform und ihren Feldmüßen. Sie hatten dieselbe auch noch im Winter getra= gen, da eine Garnitur Winterpelze, die in Berlin für sie angefertigt wurden, noch nicht angekommen war. Gerade um diese Zeit aber traf sie ein, sowie eine Garnitur Pelzmüßen.
In der neuen Tracht
ſahen die Husaren aus wie die vom ungarischen Regiment Spleny, was wie Patrouillen gemeldet hatten, mit im Lager zu Leobschütz ſtand.
Auf alle dieſe kleinen Umstände gründete Zieten ſeinen Plan,
deſſen Grundgedanke war, sich als Desterreicher aufzuspielen und den Feind durch diese Maskerade zu überlisten. In dem Befehl des Königs gefiel ihm sehr wenig, daß er jeden einzelnen Husaren mit seinem Auftrag bekannt machen sollte -- diese Maßregel würde die Leute wohl stutig gemacht und ihnen einen Theil der Zuversicht geraubt haben ; denn die Sache war so gefähr lich, daß die Chancen des Erfolgs mehr als zweifelhaft erſchienen. Dazu kam nun noch, daß Zietens Plan , um zu gelingen , ganz ge heim gehalten werden mußte. Er zog deshalb mit dem Regiment (nach einigen Nachrichten waren es nur 7 Eskadrons des Regiments ) aus, ohne auch nur einem seiner Offiziere mitgetheilt zu haben, um was es sich handele. Bei Ottmachau wurde die Neiße paſſirt und man kam rasch in die Gegend von Neustadt. Hier hörte man Kanonendonner, und Zieten erkannte, daß die Oesterreicher wieder einen Angriff auf das Städtchen machten.
Er führte das Regiment sofort in ein dichtes
Gehölz und ließ es sich so gut wie möglich verstecken. Die Offiziere drangen in ihn, er möchte doch der schwachen Besatzung von Neustadt zu Hülfe kommen, Zieten lehnte dies aber mit den Worten ab : ,,die in Neustadt sind brave Leute und werden sich schon ihrer Haut wehren. " Das Regiment fütterte hier in aller Stille ab, und als die Ka
nonade aufhörte und der Feind abzuziehen schien, trabte Zieten eiligst durch das nördliche, also dem Feinde abgekehrte Thor von Neustadt hinein, ließ das erstaunte Regiment auf dem Marktplag aufmarſchiren, und bestieg ſelbſt den Kirchthurm, um den abziehenden Feind zu be obachten. Von hier aus sah er ihn denn in zwei getrennten Ko lonnen dem Lager von Leobschütz zu marschiren. Hier durchfuhr ihn sich dreist einer dieser Kolonnen anzuschließen, der Gedankenblitz die ja nach Süden, also in der Richtung seines Zieles marſchirten, und kaum war der Gedanke, so ungeheuerlich er auch erschien , in
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ihm aufgestiegen, so traf er auch sofort die nöthigen Vorkehrungen, ihn auszuführen. Er verhehlte sich dabei nicht, daß wenn er erkannt, sein Loos ein sicherer Untergang sein würde, aber ſei es, daß er in der That keine andere Möglichkeit sah, seinem Auftrag nachzukommen, sei es, daß die Eigenthümlichkeit der Gefahr , die übermüthige Keck heit seines Planes auf ihn den kigelnden Reiz ausübte, dem große Männer so oft geneigt sind , nachzugeben, kurz, er scheute vor der Gefahr nicht zurück. Die speziellen Anordnungen , die er nun traf , um die Oeſter reicher irre zu führen, zeugen wieder von seiner geriebenen Schlau heit. Die Eskadrons marſchirten einzeln , in beliebiger Formation, hatten aber den Befehl, in der Nähe des Lagers etwas aufzuſchließen und näher an einander sich zu halten.
Einige geborene Ungarn
mußten voraus reiten und ihre Landsleute in ihrer Landessprache an reden an der Tete der Eskadrons mußten auch Ungarn reiten, um ungarische Lieder zu singen - es war ausdrücklich verboten, den Säbel zu ziehen, oder gar einen Schuß abzugeben.
So marſchirte
man mit absichtlich zur Schau getragener Sorglosigkeit ,
ohne alle
Sicherheitsmaßregeln kühn mit dem Feinde, der es sich natürlich nicht träumen ließ, daß Zieten ihm auf den Fersen säße . Das Regiment zog an einem öſterreichischen Dragoner-Regiment vorbei, ohne daß dieses irgend welche Notiz von ihm nahm ― meh rere Feldwachen und Dorsposten wurden passirt, ohne daß diese den leichtesten Verdacht schöpften . ―― Man kann ungefähr ermessen, in welcher Spannung und mit welch klopfendem Herzen ein Jeder von Zietens Heldenschaar so harmlos an den sonst bitter bekämpften Feinden vorbeizog ―――― welche Erleichterung Jeder fühlte, wenn wieder die momentane Gefahr vorbei war ; ergreift doch noch heutzutage den, welcher diesen kühnsten aller Ritte verfolgt , ein eignes Gefühl der Spannung und Erwartung. Nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr befand sich unser Held in der Mitte seiner Feinde. Die Sonne schien hell und klar und be leuchtete das rege, militairische Treiben. dem Auge darbot , war höchſt intereſſant,
Das Schauspiel , das sich aber nichts weniger als
beruhigend für unsere Preußen. Der ganze Plan wimmelte von Sereschanern und Kroaten, die in ihren blutrothen Mänteln weithin leuchteten. Der Weg führte über einen Berg , dem zur Linken Leobschütz in einem Thale lag.
An die Stadt angelehnt, war das
Lager für die regulären österreichischen Truppen.
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Man hatte einen vollständigen Einblick und sah wie alles in vollster Thätigkeit war.
Die Infanterie kochte schon ab und die Ka
vallerie war größtentheils beim - Absatteln begriffen, während einige Regimenter noch gesattelt standen und wieder andere eben erst im Begriff waren,
in ihr altes Bivouak zurückzukehren.
Rechts von
dem Berge lagen verschiedene Teiche und ein stark von Kroaten be ſettes Dorf.
Ein österreichischer General kam harmlos des Wegs
geritten, fing mit Zieten ein Gespräch an , freute sich sehr seines Wohlseins und that ihm zu wissen, daß sein Regiment auch bald nachkäme.
Er war wie vom Donner gerührt ,
als Zieten seinen
Husaren zurief: " Nehmt ihn gefangen, er ist ein Desterreicher." Zeit zum Entfliehen war nicht mehr vorhanden und so mußte er sich wohl entschließen, den sonderbaren Zug als Gefangener mit zumachen. *) Noch eine gute Meile marschirte Zieten unerkannt durch die Kroaten, indem er immer das österreichische Hauptlager auf 1000 Schritt zu seiner Seite hatte, da schwenkte ein Dragoner - Regiment, das vor Zieten marſchirte , links ab, um in das Lager einzurücken. Nun kam der kritische Moment. Zieten hatte die Eskadrons schon vorher etwas mehr zusammengezogen , er marschirte ruhig den Weg weiter und fing an anzutraben.
Das war natürlich sehr auffällig
und ein österreichischer Posten erkannte bald seinen Feind.
Nun lief
wie ein Lauffeuer der Ruf „Zieten, Zieten und Preußen “ durch das Lager, das bald einem aufgeſtörten Ameisenhaufen ähnlich sah. Zieten ließ die Pferde gehörig austraben und gewann in der ersten allge meinen Verwirrung einen tüchtigen Vorsprung.
Bald aber saßen ihm
mehrere Regimenter in den Eiſen und es begann ein fortwährendes scharfes Scharmoutieren seiner Arrieregarde , welche der Oberst v. Billerbeck führte. Die Preußen durften ſich natürlich auch nicht auf die kleinste Attaque einlassen, mußten sich vielmehr begnügen, den möglichst ausgedehnten Gebrauch von ihren Karabinern und Pistolen zu machen. Die Lage des Regiments war übrigens durch aus keine sehr angenehme. Der Kreis der Verfolger zog sich mehr und mehr zusammen und die eigenen Pferde waren durch den langen. Marsch äußerst ermüdet.
*) Nach einer ungedruckten Ueberlieferung wurden auf dieſe Weiſe zwar kein General, aber ein Kapitain Pfeiler sammt seinem Adjutanten gefangen genommen.
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Zur Linken Zietens breitete sich in großer Ausdehnung ein tiefer Sumpf aus , in dessen Längenrichtung ein kleiner Bach floß. Als nun der General eine Brücke bemerkte , die über den leztern führte, verließ er kurz entschlossen den Weg, zog darüber und ließ durch die Billerbeck'sche Schwadron den nachrückenden Feind aufhalten, bis die Brücke abgebrochen war. Er gewann dadurch Deckung seiner rechten Flanke und wenn die Billerbeck'sche Schwadron auch nicht unanſehn lich litt und der Oberst selbst ziemlich stark verwundet wurde, so hatte das Regiment nun doch beinahe gewonnen Spiel .
Es machte
sogar noch einen Offizier und mehrere Gemeine zu Gefangenen , die trotz des eiligen Ritts mitgenommen werden konnten. Der General hatte übrigens während des Kampfes die Freude, einem ſeiner alten Kriegskameraden vom Rhein Leben und Freiheit zu schenken. Dieſer lag auf der Erde, ohne sich aufrichten zu können und Zietens Pferd, das vor dem liegenden Manne scheute, machte einen gewaltigen Sprung. Dadurch wurde dieser bewogen, sich nach der Ursache umzusehen und nun gleich von dem andern erkannt und mit den Worten : „Zieten, Zieten rettet" um Hülfe angefleht.
Es ist einer der schönsten Züge
in Zietens Charakter, daß er selbst in der größten eigenen Noth und Gefahr stets Andere zu beſchüßen und zu bewahren trachtete, und er gab somit einem Husaren den Befehl, rasch abzuſißen, dem Liegenden aufzuhelfen und dafür zu sorgen, daß er unverlegt und frei bliebe. Der Markgraf unterdessen, der das häufige Schießen vernom men hatte, war mit einem Theil ſeiner Garniſon
aus Jägerndorf
ausgerückt und als er erkannte, daß ein preußisches Regiment vom Feinde verfolgt wurde, schickte er ein Kürassier - Regiment entgegen, um dasselbe aufzunehmen.
Nun lagerten aber auf der Höhe von
Peterwig unmittelbar nördlich von Jägerndorf einige Tausend un garischer Husaren und mit unnöthiger Tapferkeit attaquirten die Küraſſiere dieſe Uebermacht, die dem herannahenden Zieten wegen der Terrainverhältnisse und wegen der doch großen sie trennenden Die Kürassiere Entfernung kaum hätte gefährlich werden können. wurden denn auch trotz ihrer unerschrockenen Attaque bald umringt und in blutigem Handgemenge übel genug zugerichtet. Bieten sah plötzlich seitwärts vorwärts diesen großen Kampf sich enga giren und da er bald erkannte, daß seine Landsleute bedeutend den Kürzern zogen, brach er nun selbst auf den Feind ein, allerdings nicht im gewohnten raſchen Tempo, denn die Pferde waren zum Um fallen müde.
Es gelang denn auch mit mächtigen Opfern die Kü
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rassiere zu degagiren, und endlich stand der ersehnten Vereinigung mit dem Markgräflichen Korps nichts mehr entgegen. - Welch ein Moment! Man kann sich wohl den Empfang denken, der unserer Heldenschaar zu Theil wurde. --- Der Jubel war grenzenlos und übertraf noch den , welcher im Lager nach dem Treffen von Mol dauthein losgebrochen war.
Instinktiv fühlte jeder Soldat des Mark
grafen, daß die Kühnheit der Husaren ihm selbst zu Gute komme, und deshalb bewies er den kühnen Reitern in stürmischer Soldaten art seine Dankbarkeit.
Als nun gar bekannt wurde , wie man die
Oesterreicher getäuscht und an der Nase herumgeführt habe, wie man mitten durch ihr Lager marschirt sei, da wollte das Lachen und Froh locken kein Ende nehmen und in der Ausgelassenheit wurden die Hu saren von den Pferden geriſſen und von ihren begeisterten Kameraden umarmt und gefüßt. Wie herzlich mag Zieten selbst sich gefreut haben, daß er seine gefürchteten Gegner Festetics , Gilhani , Karoli u. s. w. so meisterhaft überlistet hatte ; wie warm mag auch der Dank des Markgrafen gewesen sein , daß er ihn durch sein Geschick und ſeine Kühnheit endlich aus der quälenden Ungewißheit gerissen, die so verderblich zu werden drohte. Den Königlichen Befehl sofort befolgend , begann der Markgraf am 22. Mai ſeinen denkwürdigen Rückzug .
Die Husaren von Broni
kowsky und die Küraſſiere von Rochow , sowie das Infanterie-Regi ment von Bock bildeten die Avantgarde. Dann folgten 400 Wagen mit Mehl und das Gros der Infanterie, die Artillerie und Bagagen. Die Arrieregarde war
zusammengesetzt
aus
den Küraſſieren von
Geßler, den Dragonern des Regiments Württemberg und den Zieten schen Husaren.
Die Oesterreicher , die die Absicht und die Marsch
direktion der Preußen unschwer errathen konnten, hielten die Höhen von Peterwitz und besonders den Hullberg, an deſſen Fuß die Straße vorbeiführte, aufs Stärkste mit Artillerie besetzt und hatten überhaupt die Absicht, den Marsch des preußischen Korps jedenfalls zu verhin dern.
Kaum hatte der Markgraf Jägerndorf verlassen,
als 2 Ka
nonenſchüsse vom Hullberg aus das Zeichen zu einer gewaltigen Ka nonade gaben, in welche sich auch bald genug das Knattern der Musketen mischte. Am Hullberg angekommen, machte die Avantgarde Front gegen die Batterien, um der Bagage Zeit zu laſſen , vorbei zumarschiren - trotz des ungeſtümen Drängens seiner Unterführer ließ sich aber der Markgraf nicht bereden ,
entgegen der Königlichen
Instruktion einen größeren Angriff zu wagen.
Die österreichischen
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Kugeln thaten übrigens den Regimentern weniger Schaden als den Wagenkolonnen auf dem Wege, die aber doch ohne bedenkliche Ver luste davonkamen. Nur einige Kanonen und etliche Bagagewagen verfuhren ſich in einer etwas schmalen Stelle des Weges und die Oesterreicher stürzten sich in hellen Haufen auf die leichte Beute. Der General Schwerin aber , der die Dragoner von Würtem berg führte, warf sich auf das österreichische Teten-Regiment Gilhani, durchbrach es, nahm ihm zwei Fahnen ab und attaquirte dann das dahinterstehende Regiment Esterhazi ,
das
ihn mit einem wüthenden
Feuer empfing. Ein österreichisches Dragoner-Regiment wollte Schwerin nun auch noch in die Flanke nehmen, allein Zieten fiel ihnen selbst mit seinem ganzen Regiment in Flanke und Rücken und sprengte ſie vollſtändig auseinander. Während er selbst aber in voller Arbeit war , kamen neue feindliche Husaren- Regimenter, denen er nur einige rasch gesam melte Swadronen
entgegenwerfen konnte.
In diesem etwas kriti
schen Moment brachen die Geßlerschen Kürassiere vor und leisteten den Zietenſchen Huſaren denselben Dienst , den diese den Dragonern von Würtemberg erwiesen. So hatten sich diese drei Regimenter auf das Wirkſamſte unter ſtützt und einem weit überlegenen Feind nicht nur seine Beute abge jagt, sondern ihn auch total geschlagen und auseinander gesprengt, Die österreichischen Regimenter ließen 1400 Todte und Verwundete auf dem Plate liegen - eine Zahl, die genügend die Wirkung der preu ßischen Schwerter kennzeichnet. Die Oesterreicher hatten aber wie immer brav und ohne Tadel gefochten und so war auch der preußi sche Verlust kein unbedeutender und unser Regiment mußte den Tod der drei Lieutenants v. Sternberg , v. Klinggräff und v. Schack be flagen, außerdem waren 29 Husaren todt oder verwundet, 53 Pferde desgleichen. Unter den wunderbar einfachen und bescheidenen Bericht, den. Zieten später dem Könige einreichte, schrieb dieser eigenhändig : ich wäre sehr mit seiner klugen conduite sowohl , als so viel bravour zufrieden. " Sämmtliche Stabsoffiziere des Regiments erhielten wegen ihrer Großthaten den Orden pour le mérite . Der Markgraf bewerkstelligte nun , ohne noch sehr vom Feinde belästigt zu werden, seine Vereinigung mit der Königlichen Armee bei
47 Frankenstein.
Friedrich zog
dann noch ein wenig nordwestlich bis
Schweidniß, um dort seinen Hauptgegner , den Prinzen von Lothrin gen, zu erwarten und in offener Feldschlacht zu schlagen. Dieser österreichische Feldherr befolgte oft genug die Grundsäge, durch welche seiner Zeit der römische Konsul Fabius cunctator den großen Hannibal in Schach hielt. Das ganze Jahr vorher war er zu keiner entscheidenden Schlacht zu verlocken gewesen , die Friedrich ſehnlich wünſchte. Nun endlich, als das schöne Schlesien vor ihm Lag - der König selbst sich bis ins Herz seiner Provinz hatte zu endlich entschloß er sich von seinen Bergen herabzusteigen, um in den sonnigen Ebenen der neuen preußischen Provinz das Schlachtenglück zu versuchen. Unser Regiment ſtand im Verein mit vier Bataillonen und den Dragoner -Regimentern Bay rückziehen müſſen , da
reuth und Nassau auf Vorposten auf dem Weinberge von Sedlig und war von hier aus Zeuge, wie die österreichische Armee am 2. und 3. Juni aus den beschwerlichen Engpäſſen der böhmischen Gebirge sich entwickelte. Am 4. kam es denn zur ewig denkwürdigen Schlacht von Hohenfriedberg, an welcher das Regiment nach der Ordre de bataille mit 10 Schwadronen Hallasz-Huſaren und 5 Schwadronen Alt-Würtemberg die Reserve-Kavallerie des rechten Flügels bildete, welche der General Bronikowski zu führen die Ehre hatte. Der Ge neral v. Zieten führte die Reserve-Kavallerie des linken Flügels, worunter auch das Regiment Bronikowsky. Der Tausch der Führer ist wunderbar, aber nicht anzuzweifeln , da die sehr genauen Ordres de bataille jener Zeit alle darin übereinstimmen.
(Archiv des Gene
ralstabes. ) Die Schlacht entwickelte sich, wie mehrere , die Friedrich in der Folge noch schlug , echellonsweise. Die Infanterie-Abtheilungen wurden , sowie sie zum Aufmarſch kamen, sofort in das heftigste Gefecht verwickelt. Eine sehr günstig postirte Batterie, die die österreichische Linie von links her enfilirte, unterstüßte zwar den preußischen Aufmarsch aufs Wirksamste - troßdem aber wurde das Gefecht ein äußerst er bittertes und theilweise schwankendes . Nur erst 10 Schwadronen Kavallerie vom linken Flügel unter General Kyau hatten das Strigauer Wasser
paſſirt, das hier auf
das Unangenehmste die freien Bewegungen der Kavallerie hemmte, als unglückseliger Weise die einzige Brücke , die beim Dorfe Gräben über dasselbe führte, zusammenbrach.
Zieten aber , dem es nicht ge
48 fallen hatte, daß man sich ganz allein auf dieſen zweifelhaften Ueber gangspunkt verließ, hatte vorher das Flüßchen rekognosziren laſſen und eine Stelle gefunden, die zur Noth passirbar war. Ohne Zögern führte er nun sämmtliche Reſerve-Kavallerie hindurch und jetzt wurde alles niedergeworfen , was vom Feinde sich entgegenstellte. Unser Regiment kam speziell mit sächsischen Karabiniers zuſammen, auch mit den österreichischen Regimentern Hohen- Embs und Sachsen-Gotha. Als die feindliche Kavallerie todt , verwundet oder in voller Flucht war, brach der General v. Geßler mit dem Bayreuthſchen Dragoner-Regiment in die in ihrer Flanke nicht mehr gedeckte feind liche Infanterie ein. Ueber diese berühmteste aller Attaquen, die preußische Kavallerie jemals
auszuführen die Ehre hatte, ist hier
nicht der Ort, weiter zu sprechen. Nur soviel sei angeführt, daß das brave Regiment nicht weniger als 22 Bataillone über den Haufen ritt und die Schlacht allein ent schied. Das Zietenſche Huſaren-Regiment hatte nicht einen ähnlich hervorragenden Antheil an der Schlacht , obgleich es die feindlichen Regimenter übel zurichtete , hatte aber auch keine sehr großen Ver luſte (von Offizieren war keiner gefallen). Ein naiver österreichischer Bericht beschreibt die Katastrophe wie folgt : "1Der General der Kavallerie, Baron von Berlichingen, konnte umb so weniger reüſſiren, als einestheils der inzwiſchen befindliche Morast es nicht gestattete, dem Feind in die Flanke zu fallen und andern Theils der Feind den Angriff nicht erwartete , sondern oberhalb dieses Morastes durch die hinter seiner Cavalerie postir ten Husaren mit einer außerordentlichen Behendigkeit einbrechen und in die dieſſeitige Cavalerie einhauen ließ. Dadurch verloren unsere Regimenter die contenance dermaaßen , daß alle nur er denkliche Mühe , gütiges Zusprechen , schärfste Bedrohung , ja die von unseren Herren Generalen und Officiers ſelbſt unternommene Erlegung (!) vieler dergleichen Flüchtigen nichts mehr verfangeu wollte. etc. " Es war dies die erste große rangirte Schlacht, in welcher unser Regiment thätigen Antheil nahm und zwar die Schlacht, die wie mit einem Zauberschlage die preußische Kavallerie als die gewichtige furchtbare Waffe erſcheinen ließ , als welche sie im Lauf des ganzen vorigen Jahrhunderts geglänzt hat.
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Unbegreiflich und wirklich imponirend ist der gewaltige Um schwung, der im Geist und in der Tüchtigkeit der preußischen Kaval Lerie seit Mollwitz sich vollzogen hatte. ― Mag man der Tüchtigkeit --des Materials an und für sich der Thätigkeit der Unterführer noch so sehr Gerechtigkeit widerfahren lassen - unbestreitbar bleibt es das Verdienst des Königs, mit tief eingreifender Energie die Waffe reformirt und ihr den todesmuthigen, stürmisch heroischen Geist ein gehaucht zu haben ,
der ihr in der Schlacht von Hohenfriedberg die
erſten unvergänglichen Lorbeeren einbrachte. Friedrich selbst konnte nicht anders als seine Armee aufrichtig bewundern. Er schrieb am 4. Juni Abends noch an den Herzog von Dessau: „ Was ich Ihnen gestern angezeiget, ist heute wahr worden. So hat sich die Armee, Cavalerie, Infanterie und Hußaren nih malen distinguirt. 1 Diese Sache ist die beste , die ich gesehen habe und die Ar mee sich surpassiret hat, so war ein Gott ist, ein Jeder in ſeinem ambt." In der Instruktion für seine Generale schrieb Friedrich später : „ Erst seit der Schlacht von Hohenfriedberg fann man den Zeitpunkt festsetzen, daß meine Reuterei das geworden ist, was sie werden sollte und jetzt ist." Dem Führer der österreichiſchen Kavallerie, einem Baron v. Ber Lichingen, war aber die Wandlung der preußischen Reiterei so unan genehm, daß er sich nicht entblödete, während des Handgemenges in der unpassendsten Weise über sie zu schimpfen. Der hier schon öfter erwähnte Husar Lentz des Regiments hörte die lauten Worte, ritt auf ihn ein und hieb ihn über den Kopf, so daß der Hut und die stäubende Puderperrücke herunterfielen, worauf der General sich ge fangen gab. Aber auch nach der Gefangennahme blieb er in fortwährendem Schimpfen und sein allerdings etwas komischer Zorn machte sich in der gemeinsten Weiſe Luft.
Lentz und einige seiner Kameraden , die
ihren hohen Gefangenen zurücktransportirten , ertrugen die Beleidi gungen still und ohne sie sofort zu strafen , was wohl Soldaten der heutigen Zeit nicht gethan haben würden .
Als
aber zufällig der
König des Weges einher kam , beschwerten sie sich , worauf der Mo narch in seiner freundlichen Weise, die er oft dem gemeinen Mann gegenüber vorwalten ließ, antwortete : 4 . Arbenne, Zietensches Hus.-Regt.
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„ Seid ruhig, Kinder ! Ihr seid brave Kerls und habt Eure Schuldigkeit gethan. Macht es nur bei allen Gelegenheiten ſo. “ Der österreichische General erfuhr eine herbe zurechtweisung, die ihm aus solchen Munde wohl Strafe genug sein mochte.
Es ist
vielleicht an der Zeit, die späteren Schicksale des Husaren Lenk hier anzuführen. Nachdem er noch vielfach Proben des höchsten Muthes und rück sichtslosester Todesverachtung gegeben hatte, wurde er Offizier und avancirte dann mit seinen neuen Kameraden weiter. 1786 ward er in den Adelsstand erhoben und 1793 als Oberst und Kommandeur
des Regiments pensionirt. Der hochverdiente Veteran starb 1805, sah also glücklicherweise nicht die Schmach seines geliebten Vaterlan des, die ihm wohl das Herz gebrochen haben würde. Nach der Schlacht von Hohenfriedberg zog sich der Prinz von Lothringen in aller Eile nach Böhmen zurück. Große und energische Verfolgungen nach den Schlachten waren nach den enormen Verlusten, die gewöhnlich dieselben brachten, damals felten ausführbar, ſo ſehr ſie Friedrich auch wünschen mochte.
Dies
mal wurde aber vom Schlachtfelde ab der Feind scharf verfolgt. Eine sächsische Relation sagt: „ Wir Andern haben uns bei 7 Stunden retiriret und ſind beständig verfolget und bei jeder Gelegenheit canoniret worden. Die Meisten sind Art von worden. "
aus Mattigkeit zurückgeblieben und auf solche
denen preußischen
Husaren
erschossen
oder
gefangen
Am 5. Juni, also am Tage nach der Schlacht, wurde ein Korps unter dem Befehl des General Dumoulin formirt, das dem abziehen den Feind möglichst viel Schaden zufügen sollte.
Unser Regiment
gehörte auch mit dazu und der Feind war doch so in seiner Organi ſation erſchüttert, daß ſich den Huſaren bei Faulbrück eine Menge Desterreicher fast ohne Schwertstreich gefangen gaben. Der Prinz von Lothringen bezog nun ein Lager zwiſchen König grät und Pardubiß, der König das ſeinige dicht dabei, bei Chlum. Hier lagen die beiden Gegner drei Monate lang einander gegenüber, ohne etwas Ernstliches gegen einander zu versuchen. Friedrich ver mochte diesen Stand der Dinge auch in Ruhe mit anzusehen, da er einen Theil von Böhmen gründlich aussouragiren laſſen konnte und seinen Stammlanden keine Gefahr drohte. Gelang es ihm doch auch dadurch, den Gegner mürbe zu machen, der ja noch gegen Karl VII.
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und Frankreich ununterbrochen zu kämpfen hatte.
Diese Zeit der
Ruhe brachte aber den Huſaren-Regimentern den allerangeſtrengteſten . Dienst. Die leichten österreichischen Truppen, wie immer in großer Ueber zahl, umschwärmten das preußische feſte Lager wie ein Mückenſchwarm, und Jeder, der es verließ, konnte gewiß sein, ihren scharfen Stachel zu fühlen. Besonders wenn die Proviant-Kolonnen unterwegs waren, die alle 5 Tage von Schweidnitz zur Armee abgeschickt wurden, kam es regelmäßig zu scharfen Scharmüßeln und der kleine Krieg mit all aufreibenden Neckereien, Ueberfällen und Handstreichen zeigte
ſeinen
sich in voller Blüthe.
Hier war nun natürlich ein weites Feld für den Ehrgeiz geschaffen, namentlich da man in damaliger Zeit sich oft nur schlug, um sich zu schlagen. So hatte der Major v. Rohr vom Zietenschen Regiment mit dem Major Meyer eines Dragoner-Regi ments eine Unternehmung verabredet , die nichts weniger als die Aufhebung eines ganzen Ulanen-Regiments bezweckte, welches zwischen
Königgrät und Smirsiz kantonnirte. Jeder der beiden Offiziere er hielt von seinem Regiments - Chef 200 Pferde. Zieten aber, der zwar wohl die Tüchtigkeit seines Majors kannte, aber zugleich die Heftigkeit seines Charakters bei dieser schwierigen Affaire fürchten zu müſſen glaubte, ließ bald nach dem Abmarsch des kombinirten Detachements sein ganzes Regiment satteln und folgte in der Stille nach. Der Angriff auf die feindlichen Quartiere gelang vollständig. Die überraschten Ulanen , denen man eine sehr große Anzahl Gefangener abnahm , flohen in regelloser Flucht nach Kö niggrät . Anstatt aber nun die Gefangenen zurückzuschicken , sich zu railli ren und dann den geschlagenen Gegner zu verfolgen ――――― ſtürmten die wenigen Preußen, in ihrer Mitte die ihnen sehr hinderlichen Ge fangenen, ohne sich zu railliren, hinter dem Feinde her. Vor Königgrät angekommen, wurden die österreichischen Ulanen von ihren Truppen aufgenommen , die nun ihrerseits in geschlossenen Massen auf das schwache und in größter Unordnung befindliche preußische Häuflein losgingen . Wenn vielleicht auch die Husaren auf ihren raschen und leichten Thieren sich gerettet hätten , obgleich auch ihre Pferde keinen Athem mehr hatten , so wäre dies doch den Dra gonern nicht möglich geweſen, die sich entweder gefangen geben , oder in die Pfanne hauen laſſen mußten. In dieser Noth erschien Zieten wie ein rettender Engel und als die Desterreicher ihn erkannten, war 4*
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sein bloßes Erscheinen hinreichend, sie von ferneren Angriffen abzu halten. Zieten selbst mag wohl bei dieſem Scharmützel lebhaft an sein erstes selbstständiges Auftreten im Jahre 1735 zurückgedacht haben, wo die Verhältnisse ja fast dieselben waren.
Für seine Offi=
ziere war dies Gefecht jedenfalls eine gute Lehre, die nicht ohne Ein druck blieb. Leider hatte der muthige und brave Major v. Rohr nicht lange mehr Gelegenheit , von seinen gewonnenen Erfahrungen Nußen zu ziehen, denn er wurde bald darauf in einem kleinen Scharmützel von einer Kanonenkugel zerrissen. Bald nachher ward das Regiment eskadronsweise einzelnen Ba taillonen zuertheilt, um die Grenze von Schlesien decken zu helfen. Zieten mit 2-3 Eskadrons stieß zum Dumoulinschen Korps, welches in die Gegend von Skaliz und Trautenau geschickt wurde, um von dort des Königs Zufuhren zu sichern.
In dieser Zerstreutheit war
es dem Regiment nicht vergönnt, an der Schlacht von Sorr theil zunehmen, welche Friedrich am 30. September schlug.
Nach diesem
Siege, der an und für sich genügend schien, den Oesterreichern den Frieden wünschenswerth zu machen, ging Friedrich nach Schleſien zurück, um dort die Winterquartiere zu beziehen. Er that es ver hältnißmäßig früh in diesem Jahre, weil doch der Feldzug ein sehr blutiger und verlustreicher gewesen war und die Regimenter einiger Zeit bedurften, um sich zn erholen und zu kompletiren. Der Feldzug schien beendet und der König begab sich selbst nach Berlin allein noch sollte ein blutiger Akt in dem großen Kriegs drama gespielt werden. Der sächsische und österreichische Hof näm lich, tief ergrimmt über die unerhörten Erfolge ihres unterschätzten Gegners, beschlossen mit einem Schlag dem Feldzug
ein Ende zu
machen und zwar durch nichts weniger als durch eine Ueberrumpelung von Berlin.
Die Sache schien um ſo eher möglich, als dazumal die
sächsische Grenze noch über Jüterbogk hinausging und außerdem machte die Kühnheit des Planes den Erfolg schon halb gewiß. Friedrich aber bekam doch Nachrichten von der Sache, stellte 5000 Mann zur provisorischen Deckung von Berlin auf, ließ den alten Deſſauer in aller Stille eine Armee an der sächsischen Grenze ſammeln und reiste selbst eiligst wieder nach Schlesien, wo er am 15. November in Liegnitz ankam.
Die große Armee ward rasch wieder zuſammenge
zogen und da es galt, die Feinde, denen dieſe Bewegungen doch nicht ganz verborgen bleiben konnten, zu täuschen, ließ Friedrich überall
53 aussprengen, er werde nach der Mark zurückgehen , während seine Absicht war , den Prinzen von Lothringen , der nach der Lausitz ge= rückt war , zu überfallen und nach Böhmen zurückzujagen. Die Desterreicher im Glauben Friedrich eile in aller Hast nach der Mark, marſchirten in aller Ruhe in verschiedenen Kolonnen nach Norden und der Prinz von Lothringen gab als Vereinigungspunkt derselben das Dorf Katholisch Hennersdorf an , ohne eine Ahnung zu haben, daß die Armee des Königs ihm auf dem Fuße folge. Die Preußen mar schirten auch in verschiedenen Kolonnen, von denen die beiden mittleren hauptsächlich aus Infanterie, die beiden äußeren aus Kavallerie be standen.
Der König führte in Person eine Kolonne des Centrums
und hatte als Avantgarde das Zietenſche Regiment bei sich.
Da die
Desterreicher immer in Bewegung waren , so hatte dasselbe schweren Dienst, weil es die Feinde keinen Moment aus den Augen verlieren und sie nicht ahnen lassen durfte, daß sie beobachtet und verfolgt würden. Am 20. oder 21. November stießen unsere Husaren zuerst wieder auf den Feind — sächsische Ulanen, die eiligst vor den plöz lich erſchienenen Preußen entflohen und zwar die Meldung nach Dresden brachten,
aber ihre bei Katholisch Hennersdorf stehenden
Regimenter ungewarnt ließen.
So näherte sich Zieten am 23. No
vember dem Dorfe Katholisch Hennersdorf, welches von den drei sächsischen Kavallerie-Regimentern v. Dalwih, v. Obyrn und v. Vig thum, sowie von dem Jnfanterie- Regiment Saxen Gotha besetzt war. Ein großer Wald, welcher ziemlich bis an das Dorf heranreichte, hatte die Husaren glücklich verborgen, die erst kurz vor dem Dorfe auf eine feindliche Vedette stießen ; dieſe meldete zwar nun, daß preu ßische Huſaren heranzögen, da aber nur einzelne Flankeurs an der Waldlisiere sich zeigten, glaubten die Sachsen, daß nur eine schwache Patrouille sich ihnen nähere und ließen sich in ihrer Ruhe nicht weiter stören.
Für Zieten war ein Angriff auf das Dorf sehr bedenklich,
beſonders da die Kolonne des Königs,
welche von einem Müller
burſchen falsch geführt und auf morastige Wiesen gekommen war, viel Zeit verloren hatte und noch weit zurück war. Nach echter Kaval leriſtenart beschloß er aber dennoch den Feind eher anzugreifen, als möglicherweise von ihm sich angreifen zu lassen.
Er hatte so oft
das unmöglich Scheinende versucht und sein Soldatenglück ihn noch nie im Stich gelassen. Er ließ daher dem Könige melden : "1 Groß-Hennersdorf sei vom Feinde stark besetzt; er würde
54 den Feind aber angreifen und ihn so lange aufhalten, bis er von einem Theile der Armee unterstützt werden könnte ". Das Dorf war eine halbe Meile lang und lag in seiner Län genrichtung quer vor den Preußen. Zieten theilte nun ſein Regiment in drei Theile -- eine Abtheilung sollte das eine Drittel des Dorfs, welches rechter Hand lag, angreifen, eine zweite das Drittel zur linken. Diese Schwadronen sollten alle in langem Galopp die breite Dorfstraße herunterjagen und überall die feindliche Kavallerie im Auf ſizen hindern und in der ersten Verwirrung möglichst vernichten. Zieten selbst behielt sich mit einigen Schwadronen die Mitte des Dorfes vor, wo er mit Recht die Infanterie vermuthete .
Als nun
die preußischen Schaaren sich zeigten, war diese so ziemlich raſch auf dem Plaze, und Zieten, der nun im Marsch-Marsch in das Dorf hineinjagte, erhielt von den Regimentsgeſchüßen ein mörderisches Kar tätschfeuer auch zeigten sich bereits einige sächsische Reitertrupps, die sich zu Schwadronen zuſammenzuziehen anfingen.
Die fächſiſche
Infanterie stand in dicht gedrängter Masse auf der Dorfstraße es kam zu einer furchtbaren Attake, die der General in Person weit vor der Spitze seiner Braven führte. Selten mag wohl Kavallerie ein solches Blutbad in feindlicher Infanterie angerichtet haben - der Kampf gehört zu den erbittertsten, die Zieten je zu bestehen hatte, dafür war aber auch der Erfolg ein glänzender und vollständiger. Fast das ganze feindliche Regiment wurde in Stücke gehauen und der ganze Rest sammt allen Kanonen , Fahnen und was sonst das Regiment noch mit sich führte, gefangen genommen. Die übrigen Eskadrons hatten ihren Auftrag nicht so rasch ausführen können ; das Dorf war lang, che man an die Enden kam, war es dem säch sischen Obersten O'Byrn gelungen, ein gut Theil der sächsischen Ka vallerie zu sammeln und die nun ihrerseits zerstreuten Zietenschen Huſaren zum Dorf wieder hinauszuwerfen. So gingen auch die schon eroberten sächsischen Kanonen wieder verloren. Die Reste der sächsischen Infanterie sammelten sich zum Quarré hinter einem Zaun, ihre Kavallerie stand ihr zur Linken. Zieten hatte mittlerweile auch wieder gesammelt - zwei Attaken hielten die Sachsen noch muthvoll aus und wehrten sich brav, als aber die schwarzen Husaren v. Ruesch, die alten Kameraden von Moldauthein und noch andere preußische Kavallerie - Regimenter heranjagten, da schwand für die Sachsen die lezte Hoffnung auf Erfolg und ein Jeder wandte sich zu wilder Flucht. Sämmtliche Kanonen , Standarten und Pauken fielen den
55 Siegern in die Hände.
Die Sachsen verloren 4 oder 6 Kanonen,
(die Angaben differiren) , 2 Standarten, 3 Fahnen, Pauken und allein an Gefangenen 1050 Mann.
mehrere Paar
Als der König noch an demselben Abend im Triumph seinen. Einzug in das eroberte Dorf hielt, hatte Zieten die Freude, ihm die große Menge der
eroberten Trophäen selbst
zu Füßen legen zu
können. Er bat sich als Lohn für sein Regiment ein Paar der eroberten ſilbernen Pauken aus , eine Bitte, die auch der General Rüsch auszusprechen sich erlaubte.
Der Monarch willfahrte gern
dieſem Anliegen und ſeit dieser Zeit führen beide Regimenter bis auf den heutigen Tag bei ihrer Musik 2 Pauken zum ewigen Andenken an den ruhmreichen Tag von Katholisch Hennersdorf. Der Verluſt des Regiments war übrigens nicht so groß, als Zieten anfänglich gefürchtet.
Er hatte zwar viele blessirte Leute und Offiziere, von
letteren war aber keiner tödtlich verwundet worden. Zieten ſelbſt aber hatte einen Schuß ins Bein bekommen, wahrscheinlich von einem seiner eigenen Leute, der ihn in der Attake auf gut Glück abgefeuert. Die Wunde war zwar nicht gefährlich, jedenfalls aber hinderte sie ihn, den Feldzug bis zu seinem Ende mit durchzukämpfen.
Er begab
ſich behufs seiner Herstellung nach Görlitz und in der Pflege seiner Gemahlin, die sofort zu ihm eilte, genas er in verhältnißmäßig kurzer Zeit. Am Abend war bei der großen gemachten Beute viel Jubel im preußischen Lager. humoristischer Weise :
Eine Relation beschreibt das in ungewohnt
„ Die Sorgfalt und Fleiß, welchen unsere Huſaren angewendet, noch vor der finstern Nacht mit Auspackung der feindlichen Ba gagen fertig zu werden, kann fast Niemand sich vorstellen. Jeder mann war unermüdet, die ehrlichen Sachsen von der Bagage, welche allezeit eine große Beschwerlichkeit vor ein Korps, zu be freien und stückweise in Verwahrung zu nehmen“ . Der König schrieb am 27. November: ,,Unsere Husaren haben bessere equipage als fein officier von der Armee. Sie schleppen sich mit magnifiquen Pferden und Kutschen herum und ist Alles für ein Spottgeld zu haben “ . Es ist vielleicht hier der Ort, über die dem Regiment verliehenen Pauken noch Einiges anzuführen. Die Auszeichnung war an und für sich eine große. Die leichte Kavallerie führte sonst keine Pauken, da sie zu ihren Pferden und ihrem Dienſt nicht paſſen. Friedrich der Große suchte aber, wo es nur immer anging, den esprit de corps
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56
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zu heben und zu fördern, in richtiger Erkenntniß, daß in ihm kein unwichtiger Faktor des Sieges liege.
Allemal wenn das Regiment
in den Krieg zog, deponirte es die Pauken mit angemessenen Feier lichkeiten im Berliner Zeughaus und so geschah es auch, als es im verhängnißvollen Jahr 1806 gegen die Franzosen zog . Dort ver schwanden sie dann und lange Zeit hatte man keine Ahnung, wo sie hingekommen waren. Der verstorbene General - Lieutenant v. Cors wandt, welcher 1809 zum Kommandeur des Regiments ernannt wurde, giebt aber in einem Schreiben vom 18. März 1821 an, daß er in Erfahrung gebracht: „ Sie wären, nachdem 1806 Berlin von den Franzosen be droht worden, aus dem dortigen Zeughauſe nach Spandow ge= bracht und von dem damaligen Kommandanten vor Uebergabe der Festung ins Wasser versenkt worden". Dort ruhen also die werthvollen Trophäen des Regiments auf dem ſtillen Grunde der Havel oder der Spree und wenn je in ſpä tern Jahrhunderten eine glückliche Hand sie wieder ans Tageslicht fördert, wird man in ihnen wohl nicht mehr die beredten Zeugen des Ruhmes vom alten Zietenſchen Regiment erkennen. Als das Regi ment im Jahre 1819 aus Frankreich zurückkehrte, wurden ihm vom 4. Departement des Kriegsministeriums ein Paar kupferner Pauken überſandt, die ihm aber als nicht passend für den Dienſt der leichten Kavallerie durch eine Kabinetsordre vom 15. August 1821 wieder entzogen wurden. Mit tiefem Bedauern sah das Regiment die Er innerung an einen seiner ruhmvollſteu Tage schwinden - mit desto größerer Freude aber wurde es erfüllt, als am 23. November 1857 des Königs Gnade ihm wieder das Führen der Pauken gestattete. Seit dieser Zeit begleiten dieſe das Regiment bei allen Friedens übungen, und der echt militairische Klang , den diese Instrumente der Feldmusik verleihen, ruft wohl oft ein freudiges Erinnern an die Großthaten der früheren Kameraden wach. Wenn das Regiment in den Krieg zieht, bleiben ſie natürlich in der Garniſon zurück. Im Jahre 1874 endlich beschenkte S. K. H. der Prinz Friedrich Carl das Regiment mit einem Paar außerordentlich kostbarer und kunſt reich gearbeiteter silberner Pauken, die wohl ſelbſt die bei Katholisch Hennersdorf erbeuteten weit in den Schatten stellen dürften. Das Gefecht von Hennersdorf war für das Regiment die lehte ernstere Affaire in der Kampagne 1745. Es ist bekannt, daß der greise Fürst von Deſſay in der blutigen Schlacht von Keffelsdorf
with Ansty W L Parade Uniform der Officiere bis 1807.
Ber' 2
57 den Frieden von Dresden vorbereitete, der Friedrich seine schlesischen Beſizungen ungeschmälert ließ. Hochgefeiert und berühmt zog das Zietenſche Regiment in seine Friedensgarniſonen mit dem frohen und ſtolzen Bewußtsein, seine Pflicht im höchsten Grade erfüllt zu haben. Das 1. Bataillon kehrte in seine alte Garnison Berlin zurück, wäh= rend das 2. in die Mecklenburgischen Städte Parchim, Plauen und Lübs verlegt wurde, waren.
die damals der preußischen Krone verpfändet
3. Kapitel. Friedensperiode von 1745-56. Wenn nun auch nach den beiden großen Kriegen, die Friedrich so glücklich zu Ende gebracht hatte , der Besitz Schlesiens auf ewige Zeiten
der
preußischen
Monarchie
gesichert
und
die
allgemeine
Kriegswuth ihrem Erlöschen nahe zu sein schien, so ruhte man doch in der preußischen Armee durchaus nicht auf den errungenen Lor beeren ,
vielmehr
mit eiserner
war
man
durch
einen
überaus
eifrigen
und
Strenge betriebenen Friedensdienst bemüht , sich die
vollste Kriegstüchtigkeit zu wahren . Nach jedem Friedenschlusse hielt es der König für geboten, auf's Ernsteste seinen Offizieren in Erin nerung zu bringen, nun erst recht alle ihre Kräfte und all ihr Ge schick anzuwenden, um ihre Truppen immer besser und vollkommener zu machen. ― So erhielt denn auch Zieten am 1. Januar 1746 ein Schreiben, worin der Monarch die großen Verdienste seines Re giments rühmend anerkennt, gleichzeitig
aber das Vertrauen aus
spricht, „daß jeder Offizier bemüht sein wird , nichts zu negligiren, um die gute Ordnung und Disziplin , durch welche meine Armee bis jetzt unüberwindlich gewesen , auf alle Art und Weise völlig wieder einzuführen und solche zu erhalten allen Fleißes bemüht sein werden. " Eine trübe Wolke hatte sich für kurze Zeit zwischen Zieten und seinem Könige am Schluß des Feldzuges 1745 gelagert. In seiner offenen Freimüthigkeit schrieb Zieten an den König und legte ihm Er erhielt folgende Antwort :
dar, was ſein Herz bedrückte.
58 Mein lieber Generalmajor von Zieten. Ihr könnt gewiß versichert seyn , daß es mir recht leid ge= than hat, aus Eurem Schreiben vom 30. v. M. zu ersehen, wie Ihr in dem Gedanken steht, als ob ich etwas gegen Eure Person hätte, oder sonst mit Eurem Dienst nicht zufrieden wäre.
Ihr
könnt fest glauben, das weder das eine noch das andere ist, und daß viel mehr ich Euch als einen rechtschaffenen Officier eſtimire, und von Eurem treuen, geschickten und guten Dienst sehr satisfait bin. Daß ich aber zu Zeiten dem General von Winterfeld be sonders Commission gebe, dieses oder jenes nach meinen ihm ins geheim bekannt gemachten Absichten auszurichten u. Euch deshalb meine Intentionen , wie die Umstände
es
erfordern , bekannt zu
machen, solches kann mir wohl unmöglich gewehret, noch darunter die Hände gebunden werden, um so weniger, da solches in ge wissen Expeditionen geschieht , und Ihr dadurch in dem Euch ge bührenden Rang und Anciennität nicht das Geringste verlieret . Ich hoffe also, daß Ihr Euch darunter völlig beruhigen, und viel mehr gewiß versichert seyn werdet , daß ich bin Euer wohl affectionirter König . Hauptquartier Görlitz, den 3. Dezember 1745 . Friedrich." Auch erhielt Zieten einen fernern Beweis königlicher Gnade nach der ersten Revue durch das Geschenk eines kostbaren türkischen Säbels, welchen folgender Brief begleitete : Mein lieber Generalmajor von Zieten. „ Ich habe mir das Vergnügen machen wollen, Euch mit bei kommendem türkischem Säbel ein Präsent zu machen, in der Per ſuaſion, daß Euch solches nicht unangenehm sein und ich solchen in recht gute Hände gebracht haben werde." Es scheint hier am Plaße zu sein, einen Blick auf Zietens Cha rakter zu werfen. Der große Held ist so sehr die hervorragendste Persönlichkeit in der Geschichte unseres Regiments , daß wir nicht umhin können , die warmen Worte, welche seine Biographie in der Zeichnung seines Charakters niedergeschrieben hat, theilweise hier an zuführen: "Zieten fam aus diesem Kriege in wohlverdientem Besitz allgemeiner erhöhter Achtung, Bewunderung und Verehrung zurück. Er hatte sich als einen Anführer gezeigt, der es mit den berühm testen Generalen seiner Zeit aufnehmen durfte , der Weisheit mit
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Muth , Entschlossenheit mit Standhaftigkeit, Wachsamkeit, Klug heit und Verschlagenheit mit Gegenwart des Geistes vereinte, der mit falter Bedachtsamkeit seine Pläne entwarf und mit Flammen eile und Kraft sie ausführte, den seine Fassung und Besonnenheit mitten im Getümmel der Schlacht auf keinen Augenblick verließ, der nie zur unrechten Zeit, nie am unrechten Orte befahl und handelte; der auf alle unvorhergesehenen Fälle gefaßt, sie augen blicklich zu nutzen und seine Maßregeln dagegen zu nehmen ver stand, dessen militairischer Blick schnell und untrüglich war, der Alles übersah und in Alles eindrang ; der, er mochte angreifen oder sich vertheidigen, nach gleich meisterhaften Dispositionen ver fuhr ; der zu jedem Wageſtück aufgelegt, für seine Person gegen Alles, was die Natur Furchtbares aufbieten konnte , im höchsten Grade furchtlos und bereit zur Ausführung jedes kühnen Unter nehmens war, dem Alles, was er bisher unternommen, gelungen; unter deſſen Anführung noch nie ein preußischer Krieger dem Feinde den Rücken zugekehrt. - Er hatte sich als einen Mann von festen Grundsägen, von unerschütterlicher Rechtschaffenheit, von brennender Vaterlandsliebe und Diensteifer, von edlem Stolz und zartem Ehr gefühl bekannt gemacht, der sich durch keinen Widerſtand von dem Wege der Pflicht ableiten ließ ; der an seinem Könige mit grenzen loſer Liebe und Treue hing , ihm jeden noch so schweren Beweis von Unterwerfung und Gehorsam gab und sich selbst und Alles, was ihm theuer war, nur nicht seine Ehre, seine Grundsäge, seine Religion und sein Vaterland, für seinen Regenten aufzuopfern be reit stand ; der Alles , was ungerechte Bereicherung heißt, bis in ſeine unmerklichſten
Aeußerungen verabscheute
und unter seine
Würde hielt; der keinen Eigennutz und keine Anmaßung kannte. Seine Untergebenen hatten grenzenlose Ehrfurcht vor ihm und ge horchten ihm unbedingt, weil sie seine Einsicht, seine Vaterlands liebe kannten , und weil sie wußten , daß er sie nur, wo es ſein mußte, dem Tode entgegen führte,
und daß Sieg der Ausgang
ſeiner meisten Unternehmungen war.
Sein Name wurde allgemein
berühmt. Man räumte ihm willig einen Platz unter Friedrichs ersten Feldherrn ein. Nicht nur Bewunderung und Achtung, auch das allgemeine Vertrauen und die Liebe vieler Tausende ruhte auf ihm . Er hatte die schönen sittlichen Tugenden, welche von früher Jugend an sein Eigenthum waren, auch unter dem Getümmel der Waffen nicht
vernachlässigt.
Geleitet , bewacht,
unterstützt von
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den Grundsäßen einer eben so reinen als warmen Gottesfurcht, war seine Moralität sich nicht allein treu geblieben, sondern hatte auch, gleich seinen übrigen Talenten und Kräften, durch Erfahrung und Uebung immer größere Reife und Festigkeit erhalten. So gewöhnlich man damals die Pflichten des Soldaten von denen des Menschen gänzlich trennte, so wenig war das jemals bei ihm der Auch unter dem Geräusch des Krieges schwieg die Stimme der sanfteren, menschlichen Gefühle nicht in seiner Brust, und weit
Fall.
entfernt, dadurch, daß er dieser Stimme Gehör gab, ſeinen Stand herabzuwürdigen , hatte er ihn vielmehr veredelt . Er war ein strenger. General im Felde ; in dem, was der Dienst forderte, fand bei ihm keine Nachsicht statt, weil er selbst immer alles Mögliche that und kein innerer Vorwurf eigener Nachlässigkeit ihm unzeitige Schonung gegen Andere abforderte. Dagegen vergönnte und ver schaffte er aber in den Tagen der Ruhe seinen Untergebenen auch Bequemlichkeit und Pflege und suchte ihnen durch Freundlichkeit in Wort und Blick jede Last zu erleichtern . Offiziere und Soldaten wußten, daß er mit Vatertrene für sie sorgte und keinen verließ, der seines Rathes , Fürworts oder seiner Hülfe bedurfte. Im höchsten Grade gerecht und unpartheiisch duldete er keine Art von Kränkung und Unterdrückung . Er ahndete jedes Vergehen ebenso unerbittlich durch angemessene Strafen, als er jede edle Gesinnung und Handlung, die zu seiner Kenntniß kam, mit dem empfindungs vollsten Beifall belohnte . Auch im feindlichen Lande vergaß er über den Krieger den Menschen nicht. Nicht zufrieden damit, sich selbst alles ungerechtfertigten Raubes an fremdem Eigenthum zu enthalten, war er auch Freund, Vater und Beschützer des bedrängten Landvolkes in den feindlichen Staaten. Was war daher natür licher, als daß seine Krieger ihn noch mehr liebten, als fürchteten, daß man im ganzen Lande auf ihn aufmerksam war undseine Erhaltung erwünschte, daß er in allen Ständen eine große Anzahl Freunde hatte, die an Allem, was ihn anging, lebhaften Antheil nahmen ; daß nicht im Vaterlande allein, sondern auch in dem Herzen der Völker, unter denen er als feindlicher Befehlshaber gestanden, der uneigennützige , menschenfreundliche , edelmüthige Zieten sich Altäre errichtet hatte." Daß ein solcher General nach den ruhmvollen Feldzügen , die er nun durchgefochten , nicht die Hände im Frieden in den Schooß legte, sondern Alles that, um sein Regiment in der vollen Zucht der
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Disziplin, in der vollendeten Ausbildung und Tüchtigkeit zu erhalten, welche bis dahin ihm solche gewaltige Erfolge gesichert hatten, ist wohl begreiflich. Wir halten es aber hier für unerläßlich, einiger maßen auf die Grundlage der Ausbildung zurückzukommen , welche Zieten in Form des von Friedrich selbst geschriebenen Reglements für die Huſaren zu Gebote stand.
Das Reglement ist sehr selten
geworden und wir wollen deshalb einige der intereſſanteſten Punkte anführen , besonders da noch heutzutage viel daraus zu lernen ›
ist.
Außerdem fällt dadurch ein scharfes Schlaglicht auf die Ver
hältnisse des Dienstbetriebes und die Anschauungen , welche damals maßgebend für die leichte Kavallerie,
wohl auch noch heute ihre
Gültigkeit nicht verloren haben.
I. Theil , I. Titel : Ein Regiment Huſaren besteht aus : 10 Eskadrons,
36 Ober-Offiziers, 80 Unter-Offiziers, 10 Trompeter, 1020 Husaren, 10 Fahnen- Schmiede, 1130
Pferde ohne die Offiziers - Pferde incl. der 10 Feldscheers, weil sie bei den Husaren beritten sind . Der Unterstab besteht aus : 1 Regiments Quartiermeister, 1 Regiments -Feldscheer,
2 Büchsenmachers, 2 Schäfter. Eine Eskadron ist stark:
3 Ober-Offiziers, 8 Unter-Offiziers, 1 Trompeter, 102 Husaren, 1 Fahnen-Schmied, 1 Feldscheer. NB. fadrons.
Die 6 mehreren Offiziers stehen bei den 6 ältesten Es
II. Titel. Wie
ein Regiment Husaren sich
segen und rangiren soll.
in
Esquadrons
62
I. Artic . Die Esquadrons werden in drei Glieder gestellet und in 3 Züge eingetheilt und ein jedes Glied bestehet aus 34 Pferden, also der mittelste Zug 12 Rotten, die andern beyde aber jeder 11 Rot ten hat. III. Artic . Die Ober- Officiers werden bei die Esquadrons eingetheilt, als: Bey die Esquadrons wobei 4 Offiziers stehen, führet der Rittmeister den ersten Zug ; der älteste Lieutenant führet den 2. Zug und der Cornet den 3. Zug.
IV . Articel. Die 8 Unter-Offiziers werden eingetheilet , als einer auf dem rechten Flügel, einer bei den 2. Zug, einer bei den 3. Zug, einer in das 1. Glied auf dem linken Flügel, einer schließt den ersten Zug, einer den 2. Zug und zwey schließen den 3. Zug. V. Artic . Die Trompeter marschiren vorne vor dem Ritt = Meister, und der Feldscheer und Fahnen-Schmidt auf den Seiten der Esquadron . VI. Artic . Wenn die Esquadrons solchergestalt abgetheilt sind und abzu marchiren befohlen wird, so commandirt der chef auch jeder Ritt Meister kurz auf einander an seine Esquadrons : Zwey hintersten Glieder vorwärts schließet Euch Marche! Wann die zwey hintersten Glieder geschlossen sind, so comman diret der chef und ein jeder Ritt - Meister an seinen Mittelzug Marche ! und marchiret aus der Mitte ab, und der Zug zur rechten und zur linken Hand folgen nach. Anmerkg . Ist nach dem Anhang vom 12. Juny 1743 geän dert u. geschieht seitdem wie bei den Küraſſieren und Dragonern vom rechten Flügel. IX . Artic. Wenn die Esquadrons
aufmarschiret sind ,
einer jeder 30 Schritt Distance sein .
so muß zwiſchen
――
63
X. Artic. = Die Leib Esquadron hält auf dem rechten Flügel, die älteste nach der Leib- Esquadron auf dem linken Flügel und die übrigen Esquadrons nach ihrer ancienneté vom rechten und linken Flügel nach der Mitte zu.
XI. Artic . Die Husaren müssen Alle die Augen nach der rechten Hand haben und wenn das Regiment en Bataille ſtehet, so sollen zwischen jedem Gliede 8 Schritt Intervalle sein.
III. Titel. II. Artic. Sobald eine jede Esquadron mit Zügen vorbey marſchiret iſt, ſo müſſen die Züge auf das Commando : Formiret die Esquadron ! dergestalt aufmarchiren , daß der 1. Zug rechter und der 3. Zug linker Hand des vordersten Zuges im Galopp aufmarchiren. NB. Wenn eine Esquadron mit Zügen abbrechen soll, so
muß der Zug aus der Mitte auf das Commando : Formiret eure Züge ! so weit vorgaloppiren , daß der 1. und 3. Zug sich hinter selbigen im Galopp sezen kann ; hernach wenn die Züge sich hinter einander gesetzet und die ordinaire distance zwischen den Zügen haben, die Esquadron wieder mit einem ordinairen Schritt mar chiren muß. III. Artic . Wann ein Regiment Esquadronweise vorbeymarchiret ist und die Esquadrons auf dem Platz, wo sie gestanden, wieder mit Glie dern geschlossen aufmarchiret sind, so reitet der chef in die Mitte vom Regiment und commandiret : Mit 4 rechts umkehret euch!
Mit 4 rechts herstellet euch! Mit ganzen Esquadrons rechts umkehret schwenket euch! Mit ganzen Esquadrons rechts umkehret herstellet
euch. (Ebenso links .) NB. Der Flügel, welcher sich schwenket , muß allezeit im vollen Galopp sich schwenken.
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IV. Artic.
Wenn die Schwenkung vorbey ist, so commandiret der chef: Mit Zügen fallt von die Flügels aus ! Worauf die 1. Züge von allen Esquadrons im Galopp aus fallen, den Säbel in der Hand hangen lassen und sogleich 2 Glieder formiren, das 1. Glied den Carabiner abfeuert, hernach das 2. Glied vorrücket und auch den Carabiner abfeuert , dann das 1. Glied wie der vorrücket und eine Pistohle abfeuert,
auch das 2. Glied wieder
vorrücket und eine Piſtohle abfeuert , dann das erste Glied wieder vorrücket und die 2. Pistohle abfeuert , auch das 2. Glied wieder vorrücket und die 2. Pistohle abfeuert. NB. wenn die ersten Züge zurückjagen , so sehen sie sich hinter den mittelsten geschlossenen Zug von ihrer Esquadron ,
laden ihre
Carabiner und Piſtohlen und schließen sich auf den rechten Flügel des mittelsten Zuges in gerader Linie.
V. Artic. Sobald die ersten Züge von allen Esquadrons ausgefallen , so formiren die 2 geschlossenen Züge von allen Esquadrons 2 Glieder. NB. Es sollen, wann Commandos , anch ganze Esquadrons gegen den Feind ausgehen und mit selbigem agiren, solche allezeit in 2 Glieder formiret sein , derhalben auch die Husaren bey der Revue nach den Schwenkungen mit 4 und mit ganzen Esquadrons ihre maneuvres in 2 Gliedern machen, folglich die Züge, welche von die Flügels
ausfallen,
in 2 Gliedern an den mittelſten Zug auf beide
Flügels sich wieder anschließen sollen.
VI. Artic . Sobald nun die ersten Züge den Carabiner und beide Pistohlen abgefeuert haben und sich umkehren, so fallen die 2. Züge von allen Esquadrons auch aus und machen es wie die ersten Züge. VII. Artic . Sobald die 3. Züge von allen Esquadrons ihre Carabiner und Pistohlen abgefeuert und zurückkommen, so müſſen die 2 geſchloſ senen Züge von allen Esquadrons im Galopp 30 Schritte mit dem Säbel in der Faust avanciren, im Sattel fich heben und einen Hieb thun, um die Züge, welche ausfallen, zu fecundiren.
Die dritten
Züge setzen sich kurz hinter den 2. geschlossenen Zug von ihren Es
--
65
S
quadrons, laden den Carabiner und Pistohle und schließen sich an den 2. Zug auf den linken Flügel in gerader Linie.
VIII. Artic. Der Chef commandiret :
Die zwey Esquadrons aus der Mitte vorwärts Marche! Worauf eine jede Esquadron 2 troupes formiren , zwischen jeden troupe 50 Schritt Intervalle nehmen und in gerader Linie 600 Schritt vorwärts traben und der Officier von einen jeden troupe commandiret : Halt! richtet euch! Mit 4 rechts umkehret euch! Alsdann das 2. Glied von den 4 Troupes Front nach die 8 stehende Esquadrons haben und stille stehen bleiben. Aumkg. des Verfassers :
Diese beiden Esquadrons sollten den
Feind martiren, auf den das übrige Regiment attaquiren sollte.
IX . Artic . Der Chef commandiret : Mit ganzen Esquadrons fallt Flügelweise aus! Worauf die Commandeurs der 1. und 2. Esquadron und die Commandeurs von der 9. und 10. Esquadron commandiren : Marche! Mit Zügen schwenket Euch! Marche ! Worauf die Züge im starken Trabe sich schwenken, zugweise hinter einander zur rechten und linken Hand der 4 Troupes welche den Feind vorstellen bis 400 Schritt abwärts von der Seite galoppiren. NB.! Sowohl die Esquadrons vom rechten als auch vom linken Flügel müſſen im währenden Ausfallen und ehe sie noch gegen die Flanke vom Feinde gekommen, einige Rotten aus dem 3. Zuge dem Feinde einzeln entgegenschicken , denselben zu beunruhigen und Zeit zu gewinnen, um gegen des Feindes Flanken sich mit den Es quadrons zu formiren und Posten zu faſſen.
X. Artic . Wenn nun die beiden Esquadrons sowohl vom rechten als linken Flügel soweit vorwärts galoppiret haben, daß die 2. Esca dron von jeden Flügel gegen die Flanke und die erste schon im Rücken der Esquadrons, welche den Feind vorstellen, zugweise dicht 5 v. Arbenne, Zietenſches Hus.-Regt.
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hintereinander stehen, so commandiren die Commandeurs von den Esquadrons : Links und rechts schwenket Euch, formiret die Es quadron. XI. Artic. Die Commandeurs lassen 6 Rotten vom rechten Flügel einer jeden Esquadron ausfallen , gegen die Flanken und von hinten um die Esquadrons, welche den Feind vorstellen, einzeln weit aus ein einander herumschwärmen und die Pistohlen abfeuern. Hernach, wenn die 6 Rotten die Pistohlen abgefeuert haben und wieder zurückkom men, die folgenden 6 Rotten wieder abfallen, herumschwärmen und die Pistohlen abfeuern ; Womit solange continuiret wird, bis marche geblasen wird und die Esquadrons den Feind attaquiren. XII. Artic. Von den 4 Esquadrons ,
welche halten geblieben, sollen auch
von jeder Esquadron aus dem 1. Zuge vom rechten Flügel 6 Rot ten, sobald die Esquadrons auf den Flanken den Feind zwacken, von vorn gegen den Feind ausfallen, herumschwärmen und die Piſtoh len abfeuern. Die 4 Esquadrons hingegen avanciren im kurzen Schritt etwa 200 Schritt hinter ihnen her, mit dem Säbel in der Faust und bleiben alsdann so lange halten, bis sie sehen, daß der Feind zu wanken anfängt und in confusion geräth; marche
alsdann
geblasen wird und nicht allein die 4 Esquadrons von
vorne, sondern auch die Esquadrons, welche in den Flanken gehal ten, den Feind von hinten und von der Seite mit dem Säbel in der Faust und mit einem Geschrey attaquiren, bis auf 12 Schritt heran jagen, im Sattel sich heben, einen Hieb thun und darauf Halt com mandiren." Dann wurde Appell geblasen und das Regiment formirt. In einer Anmerkung heißt es : Die Huſaren sollen niehmals ihre ganze force eher gegen den Feind engagiren, sondern allezeit einen starken Hinterhalt so lange behal ten, bis ſie ſehen, daß der Feind in confusion gebracht nud sie ihm überlegen sind ; Alsdann der Feind mit der ganzen force geschlossen attaquiret und auf ihn eingehauen wird. Dann wird der Grundsatz ausgesprochen, daß der Feind schwär mend verfolgt werden soll; hierauf folgt eine Anmerkung :
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,,Sr. Majestät werden am Meisten darauf sehen , daß die Esquadrons sich lernen geschwinde railliren. " Dann wird die Aufstellung des Regiments zu Fuß in 2 Ba taillons vorgeschrieben, sowie das Gefecht zu Fuß. Hierauf heißt es : Nachdem die Escadrons an die Pferde gelaufen , wird aufge sessen.
Dieses
muß ohne Tempo und so geschwind wie in der
Welt nur möglich geschehen , worauf Sr. Königl. Majestät inſon derheit mit sehen werden." Titel VI. "1 Sr. Königl. Majestät verlangen , daß ein Huſar zu Pferde so adroit sein soll , daß er, wenn das Pferd in vollem Laufe ist, mit der Hand von der Erde was aufheben und einer dem andern im vollen Jagen die Müße abnehmen kann. Die Huſaren-Pferde müssen alle auf die Schultern geritten u. auf die Kruppen ge wandt werden , damit ein Hussare ſich auf einen Plaz wie ein Thaler groß mit seinem Pferde tummeln und wenden kann wie er will. "
"1 Die Offiziers müssen darauf halten, daß die Huſſaren sehr kurz reiten und zwar dergestalt , daß ſie, wenn ſie ſich im Sattel heben, zwey Hände zwischen dem Leibe und Sattel halten können. " Ferner heißt es : „ Damit ein Offizier von den Husaren eine rechte Idee be kommen, was ſein metier mit sich bringe, so haben Sr. Königl. Majestät folgendes hierher seyen laſſen : Es muß ein Huſſaren - Offizier den Feind rekognosciren und auf die feindliche Armee Achtung geben, bei dergleichen commando von einem Offizier nichts weiter gefordert wird , als daß er das jenige, was er sehen soll, recht siehet , und dem kommandirenden Offizier davon Rapport abstattet. Weshalb ein Offizier bei solchem Kommando so viel möglich evitiren muß , sich mit dem Feinde einzulassen, weilen dieſes nicht die Absicht, warum er ausgeschicket ist. Die Hussaren werden fer ner gebraucht, weite Vorposten vor der Armee zu halten, damit der Feind die Armee niemals überfallen kann.
Bei dergleichen Vor
Posten wird hauptsächlich von ihnen erfordert, daß sie ihr Terrain zu judiziren uud den Posten, wo sie sich setzen, wohl auszusuchen wissen. Ingleichen werden die Hussaren gebrauchet, kleine Pa trouilles um die Armee herum zu thun, um die Deſertion dadurch 5*
68 zu verhüten. Hierbey ist vornehmlich zu observiren , daß sie be ständig eine Patrouille auf die andre ausschicken , damit von der Armee nichts durchkommen kann.
Ferner werden die Huſſaren ge
brauchet, auf Partheyen gegen den Feind zu gehen, welches ge schiehet, um den Feind Abbruch zu thun, ihm die fourage und Lebensmittel zu benehmen und die subsistance dadurch schwehr zu machen.
Imgleichen feindliche
Escortes zu
überfallen ,
dem
Feinde in die Bagage zu kommen, selbigen in seinem marche auf zuhalten , kleine Detachements zu enleviren und überhaupt dem Feinde en detaille allen möglichen Abbruch zu thun.
Ferner
werden die Hussaren gebrauchet , die Contributiones und Brand Schatzungen beyzutreiben und die Avant Garde wenn die Armee marchiret zu machen, Wobey sie vor und seitwärts fleißig gut patrouilliren und, wenn sie feindliches gewahr werden, den komman direnden General bey Zeiten davon avertiren müſſen.
Die Huſſa
ren werden auch zur Arrière Garde gebrauchet um die Bagage zu decken. " Im Artikel III. heißt es : „Ein jeder Obrist von den Huſſaren muß sich in Krieges Zeiten 2-3 espions halten, welche er zu Allem gebrauchen kann und gens de sac et de corde sein müſſen ; Sr. Königl. Majestät werden ihnen das Geld, was dergleichen Leute kosten, allemahlen vergüten. Wenn auch sonst Stabs- oder andere Officiers durch espions sichere Kundschaft vom Feinde ein ziehen, so werden ſie ſich bei Sr. Majeſtät beſonders rekommandiren. “ Ferner im Artikel XIII: Die Chefs von den Regimentern müſſen darauf halten, daß ein jeder Commandeur von seiner Esquadron die besten 10 Huſſaren (welche keine Wind Beutels ſondern vernünfftige, kluge und brave Kerls sind und auf derer ihren Rapport man sich in allen Stücken verlassen kann) aussuche und ihnen die 10 bei einer jeden Esqua dron befindlichen gezogenen Röhre gebe.
Diesen Leuten müssen
auch die besten Pferde von der Esquadron gegeben werden und sollen selbige in Friedenszeiten sich fleißig im Schießen nach der Scheibe exercieren. Imgleichen müssen die Officiers dieſe 10 Huſſa ren in Friedenszeiten zum rekognosciren dreſſiren und ihnen alle Vortheile, so hierbey zu observiren, beibringen, damit sie in Kriegs zeiten desto bessere Dienste von ihnen haben und sich in allen Stücken auf sie verlassen können . "
69 In dem Titel, wie die Huſſaren die Vor-Poſten ausſeßen sollen, heißt es: „Die Feld Wacht von die Hussaren muß eine gute Ecke vor der Feld Wacht von der Cavalerie voraus gesetzt werden." In einem der folgenden Artikel : " Wenn ein Officier rekognosciren reitet, so ist der Zweck, um eigentlich zu erfahren , was der Feind vorhat, oder auch von ge wissen Umständen Nachrichten einzuziehen, welche der kommandirende Also General von der Armee gründlich zu wissen benöthigt ist. muß auch derjenige Officier von den Hussaren , welcher deßwegen oder um zu patrouilliren ausgeschickt wird, sich nichmals mit dem Feinde einlassen, es wäre denn , daß der Feind viel schwächer wie er, auch er gewiß sei, gute Leute oder Gefangene zu bekommen. " Hiernächst : „ Diejenigen Officiers von den Hussaren, welche am Meiſten ambition haben , müssen dahin bedacht seyn, dem Feinde allen Tort, wie sie nur können anzuthun : Wofern nun Officiers find, welche dergleichen Projet gemacht haben, so sollen ſie ſolche Sr. Königlichen Majestät melden ,
alsdann ,
wenn Sie ſolche thunlich
finden, ihnen die Execution davon aufgetragen werden soll. "
Ferner: „Wenn die Huſſaren attaquiren , so müssen sie allezeit den Säbel in der Hand hangen haben und so mit Carabiner und Pistohlen feuern. “ Wenn wir die leitenden Grundsätze betrachten, welche in diesem Reglement hervortreten, so finden wir, daß es dem Könige vor allen Dingen darauf ankam , ſeine Huſaren zu außerordentlich gewandten Reitern, geschickten Flankeurs , findigen Patrouillen und guten Schützen auszubilden. Die Offiziere auch in den niederen Chargen sollten ein ſelbſtän diges flares Urtheil über größere kriegerische Verhältnisse haben und kaltblütige verſtändige Meldungen abzufassen verstehen. Von ihrer Energie, Schlauheit, Unermüdlichkeit , Vorsicht und Bravour wurde das Höchste verlangt. Alle Exerzierevolutionen werden in raſcher Gangart ausgeführt , sie sind einfach, nicht gekünſtelt , auch dem ge= meinen Mann leicht verständlich. Die Attake schulgerecht geritten, bei der schweren Kavallerie der Prüfstein bei jeder Revue, wird in der Karrière ausgeführt ,
aber erst dann, wenn durch das Feuerge
fecht der Flankeure der Feind in Unordnung gebracht ist.
Von die
70
―――
sem Necken der Flankeurs wird der ausgedehnteste Gebrauch gemacht sie sind recht eigentlich dazu da , den Feind mürbe zu machen. Bei jeder Attake soll versucht werden , den Feind. in die Flanke zu nehmen, niemals soll ohne Reserve attafirt werden. Die Schwärm attake findet gleiche Anwendung wie die geschlossene. Der Vorposten dienst ist genau geregelt und auf einen unternehmenden Feind berech net. Weit vor der anderen Kavallerie stehen die Huſaren-Feldwachen äußerst exponirt , sie sind in der That das Auge und das Ohr der Armee.
Wie sehr man darauf Gewicht legte ,
geht daraus hervor,
daß man vom 1. Mai bis Mitte September im Frieden täglich Feld wachen aussette, die alle Morgen 9 Uhr abgelöst wurden, alſo auch in der Nacht stehen blieben. Daraus , daß die Husaren verwandt wurden , die Deſertionen durch Patrouillen zu verhindern, daß man ihnen im Lager selbst die Beobachtung der ganzen Armee anvertraute, geht hervor, daß man das größte Zutrauen zu ihrem eigenen inneren Halt hatte. In der That wurden die Husaren auch nicht mit der fast barbarischen Strenge behandelt , wie sie sonst wohl in der Armee für unumgänglich nöthig gehalten ward, und der freien Entwickelung der einzelnen Individualität war vielmehr Raum gegeben als bei allen anderen Waffengattungen. Jedem Offizier übergab man ein Exemplar des Reglements, das er versprechen mußte gegen jeden Unberufenen geheim zu halten.
Man
war so sehr geneigt zu glauben, daß die Kenntniß des Reglements dem Feind großen Vortheil bringen könne, daß der Offizier auf Pa trouille u. s . w . sein Reglement nicht bei sich tragen, ſondern in ſei nem Koffer auf dem Feld-Equipagewagen sicher unterbringen mußte, damit ,
wenn etwa seine Person vom Feinde gefangen würde , doch
das Reglement nicht in dessen Hände fiele. Nach dem Tod des Offi ziers wurde deshalb auch das Reglement eingezogen. Ob und wie weit es damals gelungen ist , dem Feinde die Grundfäße , nach denen man verfuhr, geheim zu halten, steht dahin. Doch ist es wohl kaum anzunehmen, daß es dem Feinde bei den immerhin wenn auch vereinzelt vorhandenen zweifelhaften Elementen in dem Offizierkorps der preußischen Husaren nicht gelungen ſein ſollte, ſich über Alles zu informiren, was ihm wissenswerth erscheinen konnte. Pekuniär waren die Offiziere damals verhältnißmäßig ungleich besser gestellt wie heut zutage. Es scheint nicht unintereſſant, das mit einigen Ziffern anſchaulich zu machen.
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―――
Ein Oberst-Lieutenant bekam monatlich : An Stabs-Traktement 69 Thlr. 16 Sgr. 23 16 "I Douceur " "I 16 5 Rationen à 1 Thlr. 8 Sgr. 6 "1 "I 40 Als Rittmeister 11 !! 8 4 Rationen à 1 Thlr. 8 Sgr. 5 " "
Summa 145 Thlr.
8 Sgr.
In den Bestimmungen ſtand dabei noch ein NB .: „Wann bei einem Regiment Executions geschehen und der gleichen Regimentsunkosten vorfallen , so muß der Obriste solche Unkosten allein bezahlen.
Desgleichen dem Obristen das Geld vor
die monathliche gestempelte Assignation abgezogen werden. “ Ein Major bekam: An Stabs-Traftement 35 Thlr. Sgr. 16 2 2 Rationen à 1 Thlr. 8 Sgr. 11 11 --40 Als Rittmeister "1 "1 5
"
"
Summa 83
"1
"1
4 Rations à 1 Thlr. 8 Sgr.
Ein Rittmeister : Gehalt 4 Rations à 1 Thlr. 8 Sgr.
40 Thlr. - Sgr. 8 5 11 11
Ein jeder Stabs-Offizier und Rittmeister bekam außerdem: 5 Thlr. 15 Sgr. 4 Pf. Gewehrgeld Zur Reparation der Mun 12 11 3 "1 4 " dirung Zur Arzeneh vor die 2 11 13 "1 2 " Pferde Summa
12 Thlr. 16 Sgr. 9 Pf.
„ NB. Hiervon muß der Rittmeister das Gewehr nebst Pistohlen und Säbels , Sattel und Zeug und die ganze Mun dirung im Stande halten, die Pferde Arzeneyen und alle Unkosten, welche bei der Esquadron vorfallen, bezahlen.“ Es scheint, als wenn von diesem Gelde nicht viel Ersparniſſe gemacht werden konnten. Der große Vortheil aller Eskadronschefs bestand aber darin, daß sie für die ganze Ausrüstung ihrer Leute und Pferde eine große Summe erhielten, von der sie je nach ihrer Ver waltung und nach ihrem Geschick , die Sachen zu schonen, einen nicht umbedeutenden Theil ersparen konnten. An Revuetagen u. s. w. mußte
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das Regiment immer glänzend und neu ausgerüſtet ſein, aber während des Garniſondienſtes bekam der Soldat die beſſeren Sachen felten zu sehen und trug im Sommer nur einen Anzug von grobem Drillich. So konnte denn ein Rittmeister im besten Falle mehrere tausend Thaler jährlich ersparen , ohne daß dies ihm nur im Geringsten von Jemand verdacht wurde. Deshalb durfte man auch den höheren Chargen diese Einnahmequelle nicht nehmen, und so behielten die Obersten und Regimentsinhaber ihre Leibſchwadronen und deren Verwal tung. Eine eigenthümliche Seite des Offizierlebens war die patriarchaliſche Gewohnheit der Schwadrons - Offiziere, in der Familie ihres Ritt meisters ihre Mahlzeiten einzunehmen.
Da die Offiziere nach ihren
Chargen nicht gleich hohe Geld- und Naturalbeiträge in die ritt meisterliche Küche lieferten, so hatten nur die, welche den höchsten Beitrag gaben , das Recht, bis ans Ende der Mahlzeit zu bleiben. Der Fähnrich mußte sich vor dem Braten entfernen . Für unsere Anschauungen hat dies eine unendlich komische Seite, allein die allge= meine Sitte hielt jedes peinliche Gefühl, was man heutzutage wohl für unausbleiblich glauben würde, fern und man war überzeugt, daß es für die Erziehung der jungen Offiziere nichts Beſſeres fönnte.
geben
Ein Lieutenant befam :
20 Thlr. Sgr. 2 16 ་་ "1 Summa 22 Thlr. 16 Sgr. 15 Thlr. - Sgr. Ein Kornet 2 16 "1 2 Rations ?? Summa 17 Thlr. 16 Sgr.
monatlich 2 Rations
,,NB .
Hiervon wird monatlich so viel abgezogen, daß die
2
??
12
meister, welcher zugleich Auditeursdienste thut 17
="
18
Ein Husar
=
69
Mundirung den 1. Mai eines jeden Jahres bezahlt werden kann.“ 5 Thr. ――――― Egr. Ein Wachtmeister bekam 4 Ein Korporal #1 4 Ein Trompeter 11 "1 3 Ein Fahnenschmied 11 11 Ein Feldscheer "1 14 "1
Ein Regiments- Quartier
1
11
73 „ NB.
Auf einen Unteroffizier , Trompeter, Fahnenschmied
und Husaren werden monatlich 4 Groſchen, folglich jährlich 2 Thaler und in 2 Jahren 4 Thaler zur kleinen Mundirung bezahlet, wo von ein jeder in 2 Jahren bekommt : 4 Hembden à 10 Gr. 2 Paar Stiefelsohlen à 6 Gr.
1 Thlr. 16 Gr. 12 "1 "1
Die Stieffel werden im 2. Jahr vorschuhet und die Vor schuhung kostet Die eisernen Absätze
,,NB.
1
2
4 " Summa 3 Thlr. 10
11 "1 gr.
Die alten Sporen werden wieder angemacht.
Von
den übrigen 14 Groschen können entweder, wann es nöthig ist, die Stiefel jährlich 2 mahl versohlet oder einigen Burschen noch ein Hembde mehr gegeben werden. "*) Was die Remonten des Regiments anbetrifft , so waren diesel
ben nach heutigen Anschauungen außerordentlich klein.
Die größten
waren 5 Fuß hoch. Allein sie gehörten zu der zwar häßlichen, aber zähen und ausdauernden Ukräner Race, die selbst für geringes Futter dankbare Dienste leisteten und einmal tüchtig durchgeritten alle Eigen schaften eines guten Soldatenpferdes entwickelten. Als Remonten waren diese Pferde allerdings sehr unbändig und ein Transport der selben aus dem Innern von Rußland mag nicht gerade zu den ange nehmsten Aufgaben gehört haben. Größtentheils kauften Juden und Armenier Heerden von jungen Pferden weit im Osten und führten ſie den Kommandos entgegen. Diese nahmen sie ihnen ab und hatten. mit den Wildfängen ihre liebe Noth. Zahlreiche Roßhirten mußten auch dann noch den Zug begleiten. Da Rußland und Polen die Pferdeausfuhr nicht gern sah, so hatte der Führer eines solchen Kommandos alle möglichen Schwierig feiten zu überwinden und vielfache Plackereien auszustehen, bis zu wirklichen Gefahren steigerten.
die sich
Rußland war damals noch
ein erstaunlich unkultivirtes Land und gegen einen Ueberfall durch Banden von Pferdedieben und dergleichen Gelichter mußten die Kom mandos sehr auf der Hut ſein.
*) Nach einem unbetitelten Etat 1739 erhielten die Husaren des Leibkorps 3 Thlr, also 12 Gr. mehr wie die andern Huſaren.
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Unser Regiment erhielt jährlich 105 Remonten, welche im ersten Jahre 4 Monate lang, nämlich vom 1. Juni bis Ende September auf Grafung gegeben wurden. Ueber das Ausrangiren war bestimmt, daß nach der Revue und nach dem Exerziren die zum Dienst ganz und gar untüchtigen Pferde sogleich abgeschafft werden sollten, damit die vacanten Rationen der Pferdekaſſe zuflöſſen. Der König setzte 1751 die Anzahl der jährlichen Remonten auf 94 herab, 1768 aber kehrte man zu der Zahl 105 zurück. Das Regiment zählte 1130 Pferde, der Preis für die Remonten des Zie tenschen Regiments wurde auf 37 Thlr. in Dukaten zahlbar fest= gestellt.
Die andern Huſaren - Regimenter erhielten Remonten, die
nur 31 Thlr. kosten durften. ferner :
Der König beſtimmte im Jahre 1751
11 Es sollen keine Pferde, so lange solche capabel sind , cam pagne zu thun, abgeschafft werden und es ſollen lauter Wallach’ſche und Ukrain'sche Pferde gekauft werden.
Die Regimenter können
die Pferde selbst in der Ukraine und Wallachey durch Officiers und commandirte Unterofficiers und Husaren oder durch Roß händler ankaufen lassen.
Ein Viertel Stuthen,
wenn sie nicht
trächtig und gefohlet haben und daher mager ſind, aber sonst gute Pferde sind , können genommen werden.
Alle Pferde müſſen ge
sund, rasch, lang gestreckt, nicht vorsättlich, wohl geschlossen und nicht baumleibig und überhaupt ohne allen Mangel sein. Die Hälfte Pferde bei dem Regiment v. Zieten müſſen weil die Pferde mit 3 Thlr. höher bezahlt werden, 5 Fuß und die andere Hälfte 4 Fuß 11 Zoll groß sein und die Remonten bei allen Regimentern müssen nicht älter und jünger als 4, 5 und 6 Jahr alt sein". Nach dem siebenjährigen Kriege befahl der König : ,,Da ich zum soulagement der Subalternoffiziere bei den
Dragoner und Huſarenregimentern resolviret habe, denenselben Ge legenheit zu verschaffen, die Pferde, só sie im Dienſt gebrauchen, wohlfeiler als bisher geschehen, zu erhalten, so ist meine Intention, daß ihnen solche mit den jedesmaligen Regiments- Remonten anzu kaufen und sich kommen zu lassen, hinfüro erlaubt sein soll" . Die Rationssäge im Frieden waren festgesetzt auf : 225 Mezen Hafer,
4 Mezen Häcksel, 6 Pfd. Heu, 4 Pfd. Stroh.
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Das Gewicht des Hafers auf 45 Pfd . pro Scheffel . Während der Manöver und überhaupt für alle Truppenzusammenziehungen im Frieden ſtellten ſie ſich auf :
3 Mezen Hafer, 6 Mezzen Häcksel,
6 Pfd. Heu, 5 Pfd. Stroh. Die Remontirung des Regiments scheint in der Friedensperiode von 1745-56 nicht immer gut ausgefallen zu sein, denn in einem Schreiben vom 10. Oftober äußert der König seine Unzufriedenheit dem General Zieten darüber, daß die Remonten des Regiments sehr schlecht seien und auf dem Marsch dergestalt übertrieben und verhitt worden, daß bereits 15 krepirt wären, weshalb der Major v. Ostrowsky, der die Remonten geholt, in Arrest gesezt werden solle. Ebenso meldet der General v. Zieten unter dem 25. Mai 1756 dem Könige, daß der Major v. d. Dollen wegen der sehr schlechten Remonte, die er gebracht und von der bereits sehr viele krepirt , die übrigen der Grafung bedürftig seien, zur Untersuchung gezogen sei. Hier muß zur Entschuldigung dieser Offiziere gesagt werden, daß die jungen Pferde oft ſelbſt die Anfänge der Dreſſur wegen ihrer vorherigen Wildheit nicht aushielten und fielen.
Andere konnten das
Futter nicht vertragen, das damals manchmal aus gequollenen Erbsen oder Roggen bestand, um sie dick zu machen. wurde übrigens später abbestellt.
Dieser Mißbrauch
Diese Art der Remontirung hatte
natürlich ihre großen Nachtheile, aber sie war billig und man erhielt, wenn die Pferde die ersten beiden Jahre bei den Regimentern aus gehalten hatten , und Ausdauer.
einen felddienſtfähigen Schlag von seltener Härte
Zieten, der zu guter Soldat war, um nicht einzusehen, daß der Frieden recht eigentlich durch eine sorgfältige Ausbildung von Mann und Pferd den Keim kriegerischer Großthaten in sich trage, hielt mit Strenge und Eifer darauf, daß Zucht und Ordnung im Regiment gepflegt wurden. Nun verursachte aber die Dislocirung deſſelben in der Gleichmäßigkeit der Ausbildung die größten Schwierigkeiten. Das 2. Bataillon, das in den kleinen Mecklenburgischen Städten Parchim, Plauen und Lübs stand, war dem Auge des Generals voll ständig entzogen, da bei den damaligen Verkehrsmitteln öftere In ſpizirungen ganz unmöglich waren. In den kleinen abgelegenen Gar nisonen hatten aber die Husaren eine ungleich größere Freiheit, als
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in Berlin, wo die strengste , eisernſte Disziplin herrschte und nicht allein das Auge Zietens , sondern noch andere hohe Vorgesetzte und selbst der König unablässig wachten, daß auch nicht der kleinste Ver stoß gegen dieselbe einträte. So kam es denn, daß im 2. Bataillon öfters Excesse verübt wurden, die um so bedauerlicher waren, als sie bis zu den Ohren des Königs drangen.
So schreibt der König in
diesem Jahre bei Gelegenheit der Beſtätigung eines kriegsgerichtlichen Erkenntnisses gegen einen Husaren wegen attentirten Mords : ,,daß Offiziere wie Gemeine sich der désordre und wilden Wirth schaft ergeben hätten und worin ihnen Allen der Major X. mit seinem exemple vorginge ". Zur damaligen Zeit dienten viele unbändige und wilde Charaktere unter den Husaren, die nur durch große Strenge in Zucht gehalten werden konnten. Besonders waren die Ungarn und Polen, deren viele als Husaren sich anwerben ließen, durch ihren Hang zur Trunk sucht und zum Händelſuchen sehr störende und unbequeme Elemente für die Truppe, wenn auch ihre Tüchtigkeit im Kriege bald ihre Fehler im Frieden vergessen ließ. — Alljährlich kamen nun die Schwadronen aus Mecklenburg zu den großen Manövern nach Berlin. Dort ereigneten sich natürlich Ungehörigkeiten in noch höherem Grade , und Zieten hatte viele Unannehmlichkeiten durch dieselben zu ertragen. Der große Mann war aber sowohl zu hochherzig, als auch zu ein sichtsvoll, um zu versuchen, den vermehrten Uebermuth seiner Husaren durch schlecht angebrachte Grauſamkeit zu unterdrücken, so sehr auch die damaligen Strafen ihm dazu die Hand habe geboten hätten. Sein ernstes
und würdiges Auftreten und einige kurze gewichtige
Ermahnungen brachten zunächst die Offiziere zu der Erkenntniß, daß sie auf ihre Leute beſſer hätten einwirken ſollen. Gegen die Huſaren zeigte der General zwar die nothwendige Strenge, aber zugleich eine unpartheiische Gerechtigkeit.
Und wenn auch der Einzelne ihm viel
leicht durch seine Rohheit Unannehmlichkeiten zugezogen hatte, so ließ er es die Andern nicht entgelten, und thaten darum seine Leute im Allgemeinen redlich das Ihrige, um ihrem schwärmerisch verehrten Chef jeden Vorwurf zu ersparen. Zieten erkannte, daß das beste Mittel, die Ordnung aufrecht zu erhalten, in der Erweckung des Ehrgefühls beruhe. Deshalb erschien er im Dienst niemals mit dem Stock, den sonst alle Ober- und Unteroffiziere in der Armee für un entbehrlich hielten .
Sein Beispiel, wohl auch sein Befehl brachten
es dahin, daß seine Offiziere bald seinem Beispiel folgten.
Selbst
77 das Fluchen wollte er möglichst abstellen, da ihm der Nutzen desselben fraglich erſchien. Doch werden seine Bestrebungen hierin wohl nicht von sonderlichem Erfolg gekrönt gewesen sein, weil dieser Fehler zu tief in den Gewohnheiten der ganzen Armee eingewurzelt war. So wurden denn der Klagen über das Betragen der Mannschaften bald sehr wenig, und ein vorzüglicher Geist, eine begeisterte Liebe für Zieten und ein reges Ehrgefühl herrschte mit den allergeringsten Ausnahmen durchgängig im ganzen Regiment. Daß Zieten noch den wissenschaftlichen Eifer seiner Offiziere zu fördern wußte, beweist der Umstand, daß alle Offiziere auf das Buch „ die Feldzüge des Mar ſchall von Luxemburg " pränumerirten, ein Werk das damals 4 Fried richsd'or kostete. Ende der vierziger Jahre verschönerte des Königs Gnade be deutend die Uniform des Regiments . Die Königin Sophie Dorothea, die Gemahlin Friedrich Wilhelm I., hatte dem Regiment schon früher 12 Tigerdecken geschenkt. Der König vermehrte diese Anzahl beträcht lich und verzierte sie reich in orientaliſchem Geschmack mit Halbmonden, Agraffen und Ketten.
Für die
Stabsoffiziere und Eskadronchefs
verordnete er ferner, daß sie an Revuetagen einen mächtigen Adler lerflügel, über dem eine Krone befestigt war, auf der Pelzmüze tra gen sollten.
Rechnet man dazu die schöne reiche Uniform der Leute,
das kostbare Sattelzeug
(das ganze Regiment trug mit Muſcheln
besetztes Riemenzeug), so kann man sich leicht vorstellen, welch gran diosen Anblick das Regiment in Parade geboten hat. Im Jahre 1750 kam ein wunderbares und zu jener Zeit dop pelt merkwürdiges Avancement eines Zietenschen Offiziers vor. Unter dem 27. Mai 1750 heißt es in einem königlichen Schreiben an Zieten:
"1Wir mögen Euch hiermit in Gnaden nicht vorenthalten, daß wir Allergnädigst gut befunden, den Rittmeister Eures unterha benden Regiments v. Liptay zum Oberstlieutenant zu ernennen und zu declariren, wennen Ihr diese Veränderung bei dem Regi ment. bekannt machen u . dieserhalb nöthige Vorsehung thun könnet “. Weßwegen der König diese außergewöhnliche Beförderung hat vor sich gehen lassen, ist nicht aus den Akten zu ersehen. Liptay, der seit Gründung des Regiments ununterbrochen in demselben ge dient hatte, muß ein überaus tüchtiger Offizier gewesen sein, denn schon am 27. Januar 1751 ernennt ihn eine Königliche Kabinets
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Ordre zum Kommandeur des Seydligschen Husaren-Regiments, das wie das unsrige volle 10 Eskadrons stark war. Bis jetzt hatte Zieten in seines Königs Gnade und Freundschaft immer den Lohn seiner Treue und seines Strebens gefunden . Es sollten aber noch einmal über den versuchten Helden trübe Tage kommen, wo ihm die Zuneigung seines geliebten Souverains verloren ging. Wie jedes große Verdienst Neider findet, so war es auch mit dem Zietens
der Fall.
Diese waren durch das stille,
abge=
schlossene Wesen Zietens , das manchmal wohl in Schroffheit aus arten konnte, unangenehm berührt worden und suchten ihn aus dem Herzen des Königs zu verdrängen. auch scheinen muß, so
So ungeheuerlich dieser Versuch
gelang er doch nur zu gut.
Nach und nach
lich der König den immer wiederkehrenden Klagen über das Zietensche Regiment doch sein Ohr und begann zu glauben,
daß Zieten auf
seinen Lorbeeren ausruhe, ohne Eifer im Frieden sei und seine Leute nicht in Ordnung im Frieden zu erhalten vermöge. den König gegen Zieten selbst.
einzunehmen, that
Sehr viel, um
auch dessen Benehmen
Zieten, wenn er im Recht zu sein glaubte, war dann bei
aller Bescheidenheit von einem unbeugſamen Troß und eisiger Kälte. Er trat in Folge dessen allen Anfragen und Erinnerungen seines Monarchen mit einer schneidenden Gereiztheit entgegen, wie sie Fried rich nur sehr selten geboten wurde. Der große Mann zeigte sich aber wieder darin, daß er das schroffe Auftreten seines Generals dieſem nicht verwies, noch viel weniger deswegen ihn bestrafte. Im Jahre 1750 war das Verhältniß schon gespannt genug, wie aus folgendem Briefe zu ersehen ist .
Der König schreibt:
,,Mein lieber Generalmajor von Zieten. „ Ich habe erhalten, was Ihr wegen des Huſaren Paſch zu seiner Entschuldigung habt anzeigen wollen. Nun ist es zwar ganz Recht, daß Ihr den Major von Vigh habt in Arrest sezen lassen. Allein es ist dadurch sowohl in Ansehung der Offiziere als der Gemeinen die Negligence und Unordnung noch nicht ge= hoben und kann es nicht fehlen, es muß solche daher entstehen, daß Ihr Euch um Nichts bekümmert und einen Jeden machen lasset, was er will, welches allein daraus deutlich abzunehmen ist, daß das, auf der sächsischen Grenze auf Postirung stehende Kom mando bisher noch keinen einzigen Deserteur eingebracht hat, so unfehlbar hätte geschehen müssen, wenn die Leute in ordre wären und ihr devoir zu thun gehörig angehalten würden.
Und soviel
79 insonderheit das Schwören der Rekruten betrifft, so sehe ich keine Ursache, warum Ihr solches nicht selbst in Eurem Quartier thun laſſen könnet , wenn Euch nicht die gar zu große Bequemlichkeit und die unzeitige Kondescendenz gegen die Offiziere daran behinderte. Indessen will ich noch hoffen , daß Ihr ins Künftige Alles besser vigiliren und das Regiment einmal wieder in ordre bringen werdet, damit ich ferner sein kann Euer wohlaffektionirter König. “ Das war nicht der einzige Brief dieser Art, den Zieten erhielt, und wie tief den Helden die Vorwürfe geſchmerzt haben mögen, kann wohl Jeder ihm nachfühlen. An der Königlichen Tafel kam es bald darauf zu einem Ge spräch über einige Gefechte, bei denen Zieten betheiligt gewesen war. Dieser saß stumm da
als der König ihn fragte, wie es ihm ge
lungen sei, den Feind zu besiegen, antwortete er furz : „ Wenn ich Stärke und Position des Feindes erkannt hatte, marschirte ich gerade auf ihn los, griff ihn an und schlug ihn. “ Der König schwieg ――― und die Sache blieb beim Alten, nur daß der König selbst oft bittere Bemerkungen über Zieten gegen seine Umgebung aussprach. Einmal wagte der Prinz von Anhalt einige vertheidigende Worte für Zieten zu sagen und an Rothschloß und Katholisch Hennersdorf zu erinnern. Der König wies das aber mit den Worten zurück : „ Seinetwegen kann ich keinen Krieg Garnison taugt er den Teufel nichts . “
anfangen und in der
In dieser Zeit kam ein ungarischer Abenteurer mit Namen Nadytschzander nach Berlin und suchte in preußische Dienste zu treten. Der König, welcher in jedem Ungarn das Ideal eines Huſaren ver körpert sah, nahm ihn zwar nicht sofort an, beschloß aber doch, mit ihm und den neuen Theorien, die der Fremde in prahlerischer Weise aufstellte, einen Verſuch zu machen.
Die Feinde Zietens wußten es
so einzurichten , daß diese Versuche mit dessen Regiment angestellt wurden, und der General hatte den Schmerz , daß ein hergelaufener Wicht laut über seine Schwadronen zu schimpfen und sie zn tadeln wagte, ja daß dieser ihn selbst sogar mit einer zur Schau getragenen, frechen Geringschätzung behandelte. Der Ungar ließ vor allen Dingen die rohesten und brutalſten Leute anwerben , vorzüglich viele Ungarn, und jeder Ausbruch von Wildheit wurde von ihm als ein Zeichen von Muth eher gefördert als bestraft.
Er selbst behandelte Offiziere wie Huſaren mit weg
80 werfendem Hochmuth und redete erstere sogar oft mit Schimpfworten an. Es gehörte die unbedingte Achtung vor des Königs Willen dazu, um die Offiziere im Gehorsam diesem Menschen gegenüber zu halten.
Dafür traf diesen aber auch der glühendste Haß des Re
giments, der nur auf eine Gelegenheit wartete, um hoch emporzu lodern. So war der Herbst 1753 herangekommen , in welchem große Manövre in der Umgegend von Spandau abgehalten werden sollten. Vor deren Beginn fragte der König Zieten nach seinen Dispositionen . Dieser entgegnete aber verdrossen : 11 Auf dem Plaze werde ich schon wissen, was ich zu thun habe. "
Der erste Revuetag brach an. Der König sah das Regiment, vor der Front stand der Pauken schläger.
Der Anblick verdroß den Monarchen, der überhaupt in ge
reizter Stimmung war.
Er jagte ihn mit den Worten :
,,er taugt nichts " hinter die Front. Beim weiteren Inspiziren des Regiments folgte Tadel auf Tadel , so daß Zieten endlich den Säbel einsteckte und ausrief:
"1 Es gab eine Zeit, wo wir unsere Schuldigkeit thaten ; als man uns brauchte, taugten wir wohl etwas !" Der König entgegnete heftig : „ Ja, damals taugtet Ihr viel, aber durch Eure Nachlässigkeit taugt Ihr gar Nichts mehr. " Zieten behielt den Säbel in der Scheide und sein Regiment wurde in mehrere Abtheilungen getheilt und verschiedenen Detache ments zugewiesen. Eine der Aufgaben, die der König stellte, war eine große Fou ragirung, die General von Winterfeldt zu leiten hatte und die Na dytschzander stören sollte. Die Ungeschicklichkeit des Letteren zeigte Er selbst entfernte sich zu weit von sich hier im grellsten Lichte. seinem Korps und wurde von dem Rittmeister von Reißenstein unse res Regiments, der zu dem Detachement des Generals Winterfeldt gehörte, gesehen.
Er jagte sofort auf ihn zu, schlug einen Arm um
seinen Hals und riß ihn vom Pferde. Laut jubelnd sprengten nur auch einige Husaren hinzu und halfen ihn gefangen nehmen. Durch die schnell anwachsende Zuschauermenge wurde er zu Fuß zum Könige geführt.
Das Volk , das ihn durch die Erzählung der Hu
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saren kennen und hassen gelernt hatte, warf ihn in seiner Wuth mit Steinen und mit Koth, und so gelangte der armselige Prahler in jammervollem Zustande vor den König. Dieser konnte sich bei dem Anblicke des Lachens nicht enthalten, und als das Volk sah, daß der König nicht wegen der seinem Schützling angethanen Unbill zürnte, fehlte wenig, daß es diesen zerrissen hätte. Naditschzander wurde in einem Maulthierwagen als Gefangener in das Hauptquartier gebracht, und seine Rolle war mit einem Male zu Ende gespielt. Daß der König doch die Gehaltlosigkeit des fremden Abenteurers erkannt hatte, dafür spricht eine geheime Disposition, die wir in dem nur noch als unicum im Besit Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl befindlichen Tagebuche des Herzogs Ferdinand von Braunschweig vorfinden. gendes:
Der König bestimmte da im Stillen Fol
"1 Ein Huſar, welcher sich unter den feindlichen Trupps uner kannet mit meliret und nachdem dessen Position genau observiret, sich wieder weggeschlichen , kennt den Oberstl. Nogy Sandor u. weiß, in welcher Gegend er sich aufhält. Der Rittm . Reizenſtein giebt ihm also noch 3 gut berittene vernünftige Huſaren zu als welche suchen müssen , ihn zu Gesicht zu bekommen und ihn nicht. wieder aus den Augen zu lassen.
Er wird gewiß allezeit mehr
hinter als vor seine troups sich befinden und die Höhen suchen, wo er das mehreste übersehen kann. Die Husaren müssen sich also hinterwärts herumzuschleichen suchen und wenn sie ihr tempo abgesehen, ihn mit einmahl überfallen.
Sie müssen sich vorher ab
theilen, der eine fällt dem Pferd in die Zügel, zugleich ergreift ihm der andere die rechte Hand mit dem Säbel, der 3. hält ihm die linke Hand und der 4. faßt ihn von hinten um den Leib . " Dem feinen spottenden Zug, der manchmal in des Königs Cha rakter hervortrat, war durch das Gelingen des Anschlags jedenfalls ein volles Genüge geschehen.
Trotz des Sturzes seines Rivalen
konnte Zieten aber doch nicht gleich wieder die Königliche Gnade sich erwerben. Im folgenden Jahre attaquirte das Regiment nach der Ansicht des Königs so schlecht, daß er zu Zieten sagte : Ich habe genug gesehen, geht mir aus den Augen. " Zieten nahm das wörtlich, ließ sofort das Gewehr einnehmen und trabte mit dem Regiment vom Plaze weg ; der König ließ es ruhig geschehen. Trotz der offenbaren Ungnade hatte Zieten den 6 v. Ardenne, Zietensches Hus.-Regt.
82 Muth im Jahre 1755 ,
als er bei dem eingetretenen Avancement
benachtheiligt zu sein glaubte , deswegen an seinen Monarchen zu schreiben. Die Antwort wies Zietens Bitte ruhig ab — ohne ihn ― zurechtzuweisen. Die moralischen Qualen, die Zieten ſo reichlich zu erdulden gehabt, hatten seine ohnehin schwache Gesundheit sehr zerstört. 1756 kam er um seinen Abschied ein - wie schwer mag das dem Helden geworden sein. Der König wies das Gesuch meh rere Mal zurück, Zieten erneuerte es immer wieder. Wenn die sonst so geistreiche Biographien Zietens bei
allen
diesen Vorfällen den General v. Winterfeldt der gemeinſten Intriguen und des hämiſchſten Neides beschuldigt, so spielt die Frau der Schrift stellerin einen Streich .
Die aufgefundene Korrespondenz Winterfeldts
mit dem Könige weist bis zur Evidenz nach, daß erſterer ein Cha rakter von ariſtideischer Reinheit und nichts weniger war als ein feiger Verläumder, nur so viel ist historisch, daß Zieten und Winterfeldt sich mehr aus dem Wege gingen als sich aufsuchten, weil ihre Charaktere grundverschieden waren . Immer mehr verdüsterte sich aber jezt der politische Horizont, und immer sicherer wurde es , daß es bald wieder zu neuem Krieg kommen mußte und gerade jezt sollte ein alter , versuchter General die Armee verlassen? Es ist bekannt, wie von Wien und Dresden aus eine groß artige Koalition gegen den großen König
ins Werk gesezt wurde.
Die Königin Maria Thereſia entblödete sich nicht , um Frankreichs Hülfe zu gewinnen, die Buhlerin Ludwigs XV. 11liebe Kousine “ zu nennen. Die russische Kaiserin haßte Friedrich, weil er mit seiner scharfen Zunge sie beleidigt hatte , und so stand der König plöglich mit 3 Damen im Kampf, die nur leider im Stande waren, hundert tausende von Männern für sich und ihre rachsüchtigen Zwecke einzu sezen. Daß Friedrichs wachsames Auge die Pläne seiner Feinde längst durchschaute, ist längst bekannt. Als er den Krieg als unaus bleiblich erkannte, sorgte er in aller Stille für die möglichste Schlag fertigkeit seines Heeres, seine Bewaffnung und Ausrüstung . All der kriegerische Lärm konnte aber Zieten in seinem Vorhaben, den Dienſt zu quittiren nicht wanken machen. Sein körperlicher Zustand war auch beunruhigend genug ; seines heißgeliebten Königs Ungnade hatte ihn zu tief in's Herz getroffen. So saß der wackere General
eines Abends
allein in seiner
Wohnung , als plöglich der große Friedrich ſelbſt in ſein Zimmer
83 trat.
Die Unterredung soll lang und ernst gewesen sein.
Der Leut
seligkeit und der Herzlichkeit eines solchen Königs konnte aber auch der trotzige Sinn Zietens nicht widerstehen.
Als sein König ihm
endlich sagte: „ Ein so treuer General kann unmöglich beim nahen Ausbruch eines gefährlichen Krieges seinen König und sein Vaterland ver
lassen und beide haben auf ihn als den redlichen Patrioten ihr ganzes Vertrauen geſetzt. " Da stürzte er zu seinen Füßen nieder und schwor unter Thränen von Neuem ewige Treue. Der König ernannte ihn bald darauf und zwar am 12. August 1756 zum General- Lieutenant. Ein wie scharfer Beobachter Zieten war, beweist, daß er beim Beginn des Feldzuges sich einen ganz jungen Menschen, in dem er aber ein großes Talent erkannt hatte, nämlich den Fahnenjunker von Köhler zum Adjutanten ausbat, eine Wahl , die er nie zu be reuen hatte.
Das darauf bezügliche Schreiben des Königs lautet :
„ Wir haben auf Eure an Uns
gethane allerunterthänigste
Vorstellung den Fahnenjunker Eures unterhabenden Huſaren- Regi ments von Köhler zum Kornet ernannt und zugleich agreiret, daß Ihr denselben zum Adjutanten bei Euch nehmen könnet. Welches wir Euch hiermit in Gnaden bekannt machen und Euch das von Köhler Patent von uns vollzogen hierneben zufertigen lassen wollen. "
4. Kapitel. Der siebenjährige Krieg.
A. Feldzug 1756. Ehe wir uns zu den kriegerischen Begebenheiten des siebenjäh rigen Krieges wenden, scheint es unerläßlich, die beiderseitigen Streit kräfte und die Fechtweise der damaligen Zeit in aller Kürze zu be trachten, denn nur so wird man die außerordentlichen Verdienste des Regiments in jenem schweren Prüfungskampf der jungen preußischen Monarchie verstehen und würdigen können. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Karte, so fällt uns sofort die außerordentlich un günstige strategische Lage des preußischen Staates auf.
Langgezogen, 6*
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84
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zerrissen, ohne Verbindung liegen die preußischen Provinzen , schwach und unvollkommen nur durch Festungen geſchüßt. — Ueberall beinahe offen dem Andringen des Feindes preisgegeben. Die Altmark, Brandenburg, Pommern und das noch nicht bo russificirte Schlesien hingen zusammen. Weit ab durch einen breiten Strich polnischen Landes getrennt lag Ostpreußen und noch weiter nach Westen die kleinen Enklaven Ost-Friesland, Cleve, Minden und die Grafschaft Mark. Kaum 5 Millionen Einwohner zählte der kleine arme Staat, und
er sollte gegen die Koloſſe Frankreich, Rußland, Oesterreich
kämpfen , deren erdrückende Macht zwanzigmal größere Hülfsmittel für den Kampf zu verwenden im Stande war. Deßhalb bleibt der Heldenkampf des großen Friedrich wohl das Glänzendste, was die preußische Ruhmesgeschichte aufzuweisen hat. Fragen wir, wodurch es Friedrich möglich wurde, endlich sogar als Sieger hervorzugehen, so nennen wir nach seiner Feldherrngröße und der Hingebung seiner Truppen vor allen Dingen seine absolute Königsmacht, die alle Hülfsmittel des Staates ohne Bedingung und Reserve seiner königlichen Weisheit zur Verfügung stellte. Willig und ohne Murren hat das preußische Volk die ungeheuren Lasten dieses Krieges getragen. _____ Friedrich hatte nie nöthig , Zwangs maaßregeln anzuwenden, und die rührende Treue seiner Unterthanen hat ihm nach eigenem Geständniß oft Thränen ausgepreßt. Nun läßt sich zwar nicht leugnen, daß die damalige preußische Armee nicht in dem Grade ein Volksheer war wie heutzutage. Nach dem Kan tongesetz Friedrich Wilhelm I. hatte zwar jede Kompagnie ihren Aushebebezirk und diese Rekruten wurden nicht etwa geworben, son dern wurden dem Gesetz nach eingestellt, wohl aber existirten im gan zen Reich preußische Werbebüreaus, und wer irgend einen schönen gut gewachsenen Körper hatte, wurde ohne Weiteres angeworben, mochten seine moralischen Antezedentien noch so zweifelhafter Natur sein. Deshalb kamen denn rohe und gemeine Elemente in die Armee, die nur durch fortwährende peinliche Ueberwachung und durch grau same Strafen zusammengehalten werden konnten.
Wenn man aber
oft behaupten hört , daß diese Ausländer die Hälfte der Truppen stärke ausgemacht hätten, so ist das wohl übertrieben. Verfaſſer dieses hat viele Regimentslisten der damaligen Zeit zu sehen Gelegenheit gehabt.
Die Ausländer sind darin immer mit rother Tinte ver
zeichnet.
Im Jahre 1756 beträgt aber ihr Prozentſatz höchſtens 1/3
85 Am Ende des siebenjährigen Krieges gar nur 1/7 des Beſtandes. Es ist das auch natürlich, wenn man bedenkt, daß im Lauf des -Krieges die preußischen Werbungen im Reich aufhören mußten und daß bei den enormen Verlusten der preußischen Armee das Ge findel sich wohl hütete, den gefährlichen blauen Rock anzuziehen. Die schärfste Ueberwachung der Mannschaften blieb aber natürlich noth wendig. Gegen Deſertionen mußten die umfassendſten Maßregeln ge troffen werden. Sogar die Bivouaks legte man nicht gern in die Nähe von Wäldern und hohen Getreidefeldern , immer aber streiften Husaren-Patrouillen um die Lager herum, ein Beweis , welch hohes Vertrauen man in diese Truppe setzte. In der That war ein freie rer, leichterer Ton bei den Husaren-Regimentern und der Stock wurde da weit weniger geschwungen wie bei der Infanterie und Kavallerie. Die Besorgniß, die Leute möchten auseinanderlaufen, war aber natür lich auf die Fechtweise von größtem Einfluß. Das zerstreute Gefecht, mithin Dorf- und Waldgefechte, wurden. grundsätzlich möglichst vermieden. Die sämmtliche Infanterie bildete in der Schlacht eine große kompakte Masse, in zwei Treffen aufge stellt. Die Bataillone mit nur 12 Schritt Abstand. Alles bewegte sich mit peinlicher Genauigkeit, jedes Bataillon war das nothwendige Glied einer Kette. Die Zerstörung eines Kettengliedes riß die ganze Linie auseinander.
Der Angriff geschah peloton- oder zugweise, in
dem die Züge des Bataillons
einzeln eine Salve abgaben, zuletzt
kam dann der Bajonet-Angriff, von dem der König sagte: „ Er repondire dafür, daß der Feind nicht wieder stoße. " Während die Infanterie fast immer im Centrum stand, waren die selbstständigen Kavallerie-Korps auf den Flügeln. Hier konnten große Reiterführer auf den richtigen Moment warten, um in den wankenden Feind einzubrechen und die Schlacht zu entscheiden. Faßte man die feindliche Infanterie in die Flanke , so war sie meist verlo ren ―――― die langen Linien wurden aufgerollt und eine Wiederherstel lung der komplizirten Schlachtordnung ward unmöglich. Die Dispo sition zur Schlacht lag in der Ordre de bataille - war das Gefecht einmal eingegangen, so entwickelte es sich von selbst -- die Infante rie-Führung hörte dann auf. -Ein sehr wichtiges Moment bildete die Verpflegung der Armee.
Das Requisitions - System hätte die
ſelbe binnen Kurzem zu Grunde gerichtet.
Im Großen und Ganzen
mußten deshalb Magazine die Truppen erhalten.
86 Der schwerfällige Apparat, der unendliche Wagentroß hängte sich deshalb wie ein Bleigewicht an alle Bewegungen - der kleine Krieg fand hier das günstigste Terrain. war so gut wie ein Sieg .
Eine Proviant-Kolonne abfangen,
Gerade hierin haben aber die preußischen
Husaren Ungeheueres geleistet. Oft veranstaltete Friedrich auch große Fouragirungen im feindlichen Lande, um die Magazine zu füllen. Dabei kamen aber die Truppen den Führern nicht aus der Hand und sie requirirten eben für die Magazine, nicht unmittelbar für sich selbst. Da die Lager meist in der Ordre de bataille aufgeschlagen wa rer, so ergab eine Rekognoszirung derselben genau die Absicht des Feindes, in welcher Formation er sich zu schlagen gedenke , deßhalb waren die Rekognoszirungen der leichten Kavallerie von der aller größten Bedeutung, und der König streifte mit seinen Huſaren oft weit vor der Armee, um mit seinem klaren Auge die feindlichen Ab sichten zu durchschauen. Nach dieser Rekognoszirung wurde dann der Anmarsch zur Schlacht geregelt. Im Sommer 1756 hatte Friedrich ein Heer in der Stärke von ungefähr 160,000 Mann. Der 11 jährige Frieden mit seinen rast losen Uebungen hatte die Soldaten zu dem denkbar höchsten Grad von Ausbildung
gebracht, und mit stürmischem Jubel begrüßte das
herrliche Heer die Nachricht der Kriegserklärung . Zu bemerken ist hier über die Mobilmachung , daß sie noch ungleich raſcher sich voll zog, als heutzutage. Die Kompagnien hatten ihre Urlauber, als der politische Horizont sich zu umdüstern anfing, eingezogen, und weil sonst alle Ausrüstungsgegenstände stets vorhanden waren und die Re gimenter im Frieden die volle Kriegsstärke hatten, so konnte es kom men, daß ein Regiment an demselben Tage ausmarschirte, an welchem es die Ordre bekam. Die Gegner des Königs hatten diesen durch politische Ueber Listung verderben wollen, er vergalt ihnen das durch eine ſtrategiſche Ueberraschung, indem er plötzlich in Sachsen einfiel , die wichtigen Städte Torgau, Leipzig, Wittenberg ohne Widerstand nahm und Herr von Sachsen war, staunen erholt hatten.
ehe seine Feinde sich recht von ihrem Er Der Einmarsch geschah in drei Kolonnen,
von denen der König in Person die eine, die Herzöge Ferdinand von Braunschweig und von Bevern die beiden andern führten. Als Rendezvous war die Umgegend von Dresden bestimmt. Unser Re
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Regiment gab je Armeen.
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ein Bataillon zur Avantgarde der beiden ersten
Der Chef des Regiments befand sich beim Herzog von Braun schweig .
Die Kolonne des Königs marschirte am 28. August aus der Gegend von Berlin ab, schlug die Straße über Jüterbogk, Pretsch, Torgau ein und erreichte seine Stellung bei Pirna am 10. Septem= ber. Das Korps des Herzogs Ferdinand rückte über Weißenfels, Zeit, Altenburg und Freyberg und bezog ebenfalls genau am 10. September sein Lager bei Cotta 2c., eine Meile südlich von Pirna. Auf diesem Marsch fanden unsere Husaren wenig zu thun, denn die schwachen Garnisonen in Sachsen leisteten nirgends Wider stand, sondern zogen sich in wilder Eile zurück. So wenig war man in Sachsen auf den plötzlichen Anfang des Krieges gefaßt gewesen, daß der allmächtige Minister Brühl nicht einmal die Regimenter aus Polen herangezogen hatte, so daß die Armee eines Landes , das da mals beinahe die Größe von Preußen hatte, nur aus 17,000 Mann schlecht ausgerüsteter Truppen bestand. Da Brühl das für die Ar mee bestimmte Geld stets für sich verbrauchte, so war nichts vorhan den und die Magazine leer. Man that nun in Sachsen das Ver kehrteste, was man in dieſer bedrängten Lage thun konnte. Ein zu ſammen berufener Kriegsrath entschied sich dafür, bei Pirna ein festes Lager zu beziehen und Entsatz aus Oesterreich abzuwarten . Auf dem Plateau zwischen Königstein und Lilienstein wurde die unglückliche Armee zusammengepfercht und mit einem Kranz von Re douten umgeben.
In weiterem Kreise lagen bald die preußischen
Truppen in einer festen Cernirungslinie und so hermetisch wurden die Sachsen von der Außenwelt abgeschlossen , daß selbst die geschick ten österreichischen Botschafter nur in den seltensten Fällen zu ihnen gelangen konnten. Da das Lager, wie Friedrich wußte, sehr unge nügend mit Proviant versehen war , so kam es darauf an , alle Zu fuhr möglichst zu verhindern. Hier hatte denn unser Regiment wieder reichlich Gelegenheit, seine Wachsamkeit und Verschlagenheit zu bethätigen .
Vielfach wur
den auch einzelne Vedetten und Posten angegriffen resp . aufgehoben. Den 22. September erhielten unsere Husaren das erste Feuer, und ein Unteroffizier wurde in Lang-Hennersdorf erschossen. dies das erste Preußenblut, welches in diesem Kriege floß.
Es war
88 Das sächsische Volk, das stets sehr treu zu seinem Herrscher ge halten hat, nahm den größten Antheil am Schicksal der Armee und die Bauern versuchten fort und fort einzeln oder in Schaaren mit Brotsäcken sich durchzuschleichen, zu bringen.
um sie ihren hungernden Soldaten
In der waldigen, gebirgigen Gegend schien dies verhält
nißmäßig leicht , und unsere Huſaren , die faſt unausgesetzt dazu ver wandt wurden, diese kleinen und großen Proviantzüge abzufangen, hatten einen sehr mühseligen, wenn auch nicht gefahrvollen Dienst. Bald machte sich denn auch ein entsetzlicher Mangel bei den Sachſen sichtbar, die aber standhaft so lange wie möglich auszuhalten versuch ten. Der österreichische Feldmarschall Browne ' hatte unter dessen ein mächtiges Heer gesammelt und zog nun heran , um die Sachsen zu entsetzen. Friedrich selbst ging deshalb nach seiner böhmi schen Armee , die unter Keith und Schwerin versammelt war und schlug am 30. September die denkwürdige Schlacht bei Lowosit , in welcher er gegen eine beinahe doppelte Uebermacht einen entscheiden den Sieg davon trug. Leider hatte unser Regiment nicht die Ehre, an diesem Ruhmestage mitzukämpfen , sondern mußte sich der für die Kavallerie immer wenig erfreulichen Aufgabe einer Belagerung weiter unterziehen. Als für die Sachsen die Hoffnung auf Entsaß durch Browne geschwunden war, beschloß die brave Armee nach entsetzlichen Entbehrungen den Versuch zu machen sich durchzuschlagen. Am 11. Oktober sollte sie über die Elbe gehen. Ein fürchterliches Un wetter hielt sie aber unvermuthet am Ufer fest, weil es verhinderte, daß die Pontons herankamen. Friedrich, der nun durch die Zuſammen ziehung des Feindes am anderen Ufer leicht die Absicht des Ueber ganges errieth, verstärkte natürlich seine Position, und als die Sachsen endlich die Elbe hinter sich hatten, sahen sie sich vor einer von Kanonen starrenden feindlichen Position , die wohl als unangreifbar gelten konnte.
Drei Tage lagerten die Unglücklichen ohne Nahrung
im strömenden Regen.
Am 15. Oktober mußten ſie ſich endlich dem
Sieger übergeben , der in barmherzigſter Weise nun die elenden ver Die Vorbereitungen Hungerten Gestalten speisen und tränken ließ. dazu waren schon tagelang vorher getroffen worden.
So war denn
gleich bei Beginn des Feldzuges die ganze Armee eines der erbittertſten Feinde Preußens vernichtet und unser Regiment konnte wohl einen Theil des Ruhmes für sich beanspruchen. Blutig war die Kampagne ――― für dasselbe nicht gewesen es wird außer dem gefallenen Unter offizier wohl kaum einen Mann verloren haben.
89 Bald nach der Kapitulation von Pirna bezog man die Winter quartiere, die dem Regiment südlich von Pirna angewiesen wurden. Von hier aus hatte es die böhmische Grenze zu überwachen , da sich die preußischen Heereshaufen alle aus Böhmen zurückgezogen hatten. Ganz Europa glich in diesem Winter einem ungeheuren Waffenlager, besonders Oesterreich und Frankreich rüsteten auf das Lebhafteſte und selbst Schweden bereitete sich in Verkennung seiner protestantischen Dem Regiment Intereſſen zu einem Feldzuge gegen Preußen vor. ſtand also im nächsten Feldzuge sicher eine blutige Thätigkeit bevor, und wahrhaftig ! diese Aussicht war nicht trügerisch, und auf den Schlachtfeldern von 1757 sollte sich das Zietenſche Regiment unsterb liche Lorbeeren holen.
Friedrich war natürlich auch nicht müßig und
vermehrte sein Heer um 40,000 Mann. Einen sehr glücklichen Hu farencoup führte in dieser Zeit der Lieutenant von Legrady vom Regiment aus. Zieten berichtet darüber unter dem 21. Februar 1757 aus Zwickau : „ Er habe den Lieutenant von Legrady, der früher in Bücke burgischen Diensten gestanden habe, in seiner vorigen Montirung nach Mühlhausen auf Kundschaft geschickt. Dieser habe ſo vortreff liche Anstalten gemacht , daß 353 feindliche Remontepferde, welche in 4 verschiedenen Zügen von Langensalza aufgebrochen , am 17. und 18. enleviret worden. " Dann heißt es wörtlich : „ Der Lieutenant Legrady hat bei dieſer Expedition gar sehr recht seine Sache gemacht und gezeiget , daß er ein verschlagener und gut zu gebrauchender Mensch ist und sich gegen den auf Wer bung liegenden österreichischen Rittmeister so zu cachiren gewußt, daß er, ohne daß dieser was soupconiren können, fast täglich mit ihm in Gesellschaft gewesen, auch von selbigem eine Adreſſe an den Kaiserlichen Oberst von Wangenheim erhalten. Ich kann also Ew. Majestät sagen, daß er meine Approbation hat als ein capabler Mensch und da er selbst keine Mittel hat, so unterstehe ich mich Eure Königliche Majestät für ihn anzuflehen , ihm zu ſeiner Equi birung und Equipage was zufließen zu lassen. " Diese Affaire zeigt, daß man um die Mittel, dem Feind zu
chaden nicht gerade verlegen war . Die That erschien tollkühn genug. Denn wurde Legrady erkannt, so war der Tod am Galgen ihm ge wiß. Zietens Brief beweist aber, wie vortrefflich er für seine Unter gebenen sorgte , die in ihm nicht nur den Vorgesetzten, sondern recht
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eigentlich einen gütigen Vater sahen. Der König war mit dieſem Coup übrigens sehr zufrieden. Er ließ die Pferde nach Torgau in ein Depot schaffen und bewilligte dem Lieutenant von Legrady 150 Thaler. Eine eigenthümliche Maßregel war in jener Zeit die, nebst dem vollen Kriegsetat noch eine Anzahl Ueberkompletter ins Feld zu nehmen. Da auf einen Ersatz während der Kampagne durch Ersatz truppen und dergleichen nicht gerechnet werden konnte , so war dies die einzige Möglichkeit , die Lücken auszufüllen.
Im Februar 1757
erhielt deshalb Zieten die Benachrichtigung vom König ,
daß ſein
Regiment außer der bereits befohlenen Augmentation von 60 Ueber kompletten noch 60 dergleichen haben sollte , zugleich mit einer Ver mehrung von fünf Kornets .
Er möge sich deshalb mit dem Major
und Flügeladjutanten von Kruſemark darüber in Verbindung ſeßen. Dies Schreiben beweist , daß der König selbst auf eine blutige und verlustreiche Kampagne rechnete.
B. Feldzug 1757. Im April 1757 rückte denn nun auch das preußische Heer in Die Anführer derselben fünf großen Heersäulen in Böhmen ein. waren der König , der Herzog von Bevern, Feldmarschall Schwerin, der Prinz von Preußen und der Prinz Moritz von Dessau. Lezz terem war auch unser Regiment unterstellt und wurde sofort zur Avantgarde verwendet. Der Marsch des Korps führte über Comotau und scheint mit großer Schnelligkeit ausgeführt und mit großen Strapazen verbunden geweſen zu ſein.
Unter dem 30. April ſchreibt
nämlich Zieten aus Scharwatez an den König : ,,Daß die Pferde , die seit dem 10. dieses Monats Tag und Nacht keine Ruhe gehabt , sondern beständig in Marsch gewesen, ganz abgetrieben , müde und in den gebirgigen Gegenden verbället und lahm wären, ſo daß sie gar nicht mehr fortzubringen. " Der Feind zog sich überall in Eile zurück und hielt nirgends Stand. Nur bei Basberg gelang es , ein feindliches Kommando zu überraschen und 33 Mann gefangen zu nehmen. Bei Linah vereinigte sich Moritz von Deſſau mit dem Könige , der hier seinem verdienten General von Zieten den höchsten preußischen Orden des schwarzen Adlers zu verleihen geruhte. Am 27. machte der König an der Spitze unseres eine Rekognoszirung
Regiments gegen die die
in der Gegend von Budin Stellung des Feldmarschalls
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Browne und Zieten griff mit ſeinen Huſaren und den zur Avantgarde gehörenden Dragonern an demselben Tage die Arrièregarde Brownes an und machte eine Anzahl Gefangene. Ueberhaupt brachte jezt jeder Tag kleine Scharmützel mit den leichten Truppen des Feindes und alle die Anschläge des kleinen Krieges kamen zur Ausführung. So wurden auch den Oesterreichern ihre Magazine von Budin, Maiti nowes und Commotit weggenommen , eine Ueberraſchung, die ſie in arge Verlegenheiten setzte. Bei diesem Vormarsch war der aufmerk samste Schüler Zietens der nachmalige General von Seidlig, dem der König ein Kürassier- Regiment anvertraut hatte. Dieser talentvolle Führer hatte es sich selbst vom Könige als eine Gnade erbeten, unter dem von ihm hochverehrten General v. Zieten den Feldzug beginnen zu dürfen. Die Armee des Königs kam am 5. Mai an der Mol dau an. Es war bestimmt , daß sie sich dort mit der Kolonne des Feldmarschalls Schwerin vereinigen sollte. Die Armee war schon im vollen Uebergange , als die Nachricht kam, daß der Feldmarschall erst am anderen Morgen eintreffen könne. Das brachte den König in die allergrößte Verlegenheit.
Die feind
liche ganze Armee , unmittelbar sich auf die Festung Prag stüßend, ſtand gerade seinem Uebergangspunkte gegenüber und konnte ihn hier ſicher vernichten.
Vor allen Dingen kam es darauf an , den Oeſter
reichern kein Schwanken zu zeigen.
Der König ließ deshalb das
Defiliren seiner Truppen auf einer einzigen Brücke ruhig fortsetzen und zog nur wenige Generale , darunter Zieten in das Geheimniß. Zieten selbst erhielt mit seinen 40 Eskadrons , darunter unsere 10, den Auftrag , den Uebergang zu mastiren und den Oesterreichern Sand in die Augen zu streuen. Er rückte deshalb sofort vor und zog einen weiten Kreis um die Armee, die nach dem Uebergange zwischen Trachirn und Czisnit gelagert wurde. Jedenfalls gelang es ihm, daß kein Deſerteur zu den Oesterreichern durchkam, die ſonſt wohl unstreitig angegriffen hätten , so aber verblieben sie in der ge wöhnlichen Unthätigkeit.
Am 6. Morgens vereinigte sich Schwerin,
der die ganze Nacht marschirt war, mit dem Könige , der nun die ebenfalls vereinigte feindliche Armee unter Browne und dem Prinzen von Lothringen anzugreifen beschloß, besonders da Daun mit einer dritten Armee ebenfalls sich langsam näherte. Der Plan zur Schlacht war der , daß der Prinz Moritz von Dessau bei Branick über die Moldau gehen und die Oesterreicher im Rücken fassen sollte, während der König ihre Front angriff. Leider aber war der Fluß angeschwollen,
92 so daß einige Pontons fehlten.
So stand nun der muthige Heeres
haufen des Prinzen Moritz unthätig und sah nur die fliehenden Desterreicher in der Ferne, welche er , wenn er auf dem anderen Der Prinz mußte Ufer gestanden, mit Leichtigkeit vernichtet hätte. Flüchtlingen einzelne Kugeln sich begnügen , mit seiner Artillerie den allein die Front der in König der denn hatte So nachzusenden. Schlacht zu schlagen und es kamen somit nur etwa 64,000 Preußen ins Gefecht, die etwa 80,000 Desterreicher aus einer unerhört starken Poſition vertreiben sollten. Von jeher ſcheint es aber dem preußischen Heere vorbehalten zu sein, seine Gegner in formidablen Stellungen anzugreifen. Friedrich der Große kehrte sich auch sehr wenig daran, ob sein Feind hinter Schanzen und auf Bergen stand. So sagte er bei einer späteren Gelegenheit : 11 Und wenn die Oesterreicher auf dem Zobtenberge oder den Kirchthürmen von Breslau stünden, so müßten wir sie angreifen. " Bei Prag beruhte die Stärke der österreichischen Position nicht allein auf einer Reihe stark verschanzter steiler Hügel, sondern vor allen Dingen in dem für die Preußen äußerst ungünſtigen Angriffs Terrain. Der linke österreichische Flügel war unangreifbar ―――― der König befahl deshalb dem Feldmarschall Schwerin, den rechten öster reichischen Flügel anzugreifen , denselben zu tourniren und dann die feindliche Armee aufzurollen.
Er selbst kommandirte das Zentrum.
Der Anmarsch der preußischen Infanterie führte über schmale Dämme, abgelassene Teiche , morastige Wiesen, durch alle Arten von Defileen -- furz und gut er war unendlich mühsam. Nun muß man in Er wägung ziehen , daß man damals in anderer Formation als in Linie absolut nicht angreifen zu können glaubte. Vorwärts der Defileen, deren Passirung natürlich schon unendliche Opfer kostete, mußten sich also die langen Linien unmittelbar im Kartätschfeuer der österreichischen Batterien formiren , um dann mit scharf geschultertem Gewehr und in einer cadence von 75 Schritt in der Minute gegen dieselben loszugehen. Der erste Angriff der Preußen überraschte den Feind , der gerade beim Abkochen beschäftigt war. Bald aber stand das öſterreichiſche Heer in Schlachtordnung und es begann eine fürchterliche Kanonade. Die preußischen Regimenter von Meierrinck und Tresckow sanken bis an die Knie in den Morast, aber mit unerschütterlichem Muthe dran gen sie vorwärts und nach vielſtündiger Arbeit hielt das erſte preußi sche Treffen ungefähr um 1 Uhr aufmarschirt; sofort begann nun der Angriff auf die Batterien -- das Regiment von Winterfeldt ward
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- als die Trümmer zurückfluthete n, rief das hier nahezu vernichtet Grenadierbataillon Wreden : „Kameraden laßt uns heran, Ihr habt Ehre genug. " Wahrlich, bei solcher Hingebung kann man nicht von einer vor wärts geprügelten Soldateska reden, wie man oft die Krieger des großen Königs nennen hört hier lag sicher eine tief gefühlte Be geisterung zu Grunde. Allein das feindliche Feuer war zu überge waltig, die Regimenter ſanken unter dem Kartätschenregen zusammen. wie die Halme eines Getreidefeldes beim Mähen - erst langsam, dann schneller eilten die wenigen Ueberlebenden zurück. Der erste Sturm der preußischen Infanterie war abgeschlagen. Die Oesterreicher, die wohl gemerkt hatten, daß ihr rechter Flügel von Friedrich ange griffen werden würde, hatten ihre ganze Kavallerie dort massirt. Sie war ungewöhnlich stark und in mehrere Treffen formirt. Der preußischen Kavallerie, welche unter dem ritterlichen Prinzen von Schoenaich stand, war es endlich auch gelungen, durch die vielen Terrainhinderniſſe ſich hindurch zu arbeiten, und sie bereitete sich zur Attacke vor, während
die preußische Reserve-Kavallerie
30 Schwadronen stark (darunter unser Regiment) unter dem General Zieten noch weiter zu rückstand. Mit größtem Muth stürzten sich nun die Regimenter des Prinzen von Schoenaich auf die imposante gliternde Maſſe der feind lichen Kavallerie. Der Tag war glühend heiß und ein ungeheurer Staub wirbelte auf, so daß die Regimenter bald wie in dunkler Nacht ritten. Dennoch stürzte sie sich in vollſtem Laufe in den Feind und durchbrachen in gewaltigem Anlauf das erste Treffen. Der Staub aber verbarg dem preußischen Führer , daß die Flügel des Feindes herumschwenkten, die eingedrungenen preußischen Schwadronen stie= ßen auf das zweite Treffen und wurden zugleich in Flanke und Rücken attackirt deshalb brach sich hier die Attacke und fluthete wild zurück , der Prinz von Schoenaich fiel und nun wälzte sich der wirre Haufe der preußischen Kavallerie gerade zu derselben Zeit in voller Flucht zurück , als die Trümmer des ersten Treffens der Jn fanterie durch die österreichischen Batterien die blutigen Abhänge hin untergeschmettert wurden. Die linke Flanke der Preußen stand dem verfolgenden Feind offen - die Schlacht schien verloren , der General von Zieten, der an dieſem denkwürdigen Tage außer unserm Regimente noch die Werner'schen Husaren und 10 Schwadronen Dragoner kommandirte, hatte vom König den Befehl bekommen , un ter allen Umständen so lange auf seinem Platz zu bleiben, bis er
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―――
weiteren Befehl erhielte. Zieten , der die Gefahr und Schwierigkeit des preußischen Angriffs wohl erkannt hatte , konnte aber, als seine Besorgniß sich erfüllte und ein Strom von Flüchtlingen sich zurückwälzte , nicht umhin, den Ausgang zweier schmalen Dämme ,
welche die einzige
Rückzugsstraße bildeten , durch seine Dragoner zu beſeßen , während ſeine Husaren in der rückwärtigen Stellung vor der Hand blieben . Hier stemmte sich der würdige General mit seinen Dragonern mit aller Kraft den Flüchtlingen entgegen.
Sein Ansehen und ſeine
Energie brachten es nach unendlicher Anstrengung dahin, daß die Flüchtlinge sich raillirten und daß aus der Furcht ein brennender Racheðurst wurde , die erlittene Niederlage dem Feinde heimzuzahlen. Nun säumte Zieten auch nicht mehr, ohne Befehl des Königs in die Schlacht einzugreifen. Er ließ seine Huſaren auch heranholen mit dem Befehl an seinen stellvertretenden Kommandeur, den General Werner, er möge in möglichst langer Kolonne anmarſchiren, um den Feind über die Zahl der nahenden Verstärkung zu täuschen. Werner trabte deßhalb in weitem Bogen über Biechowitz und Unter-Micholup in Zugkolonne vor und
eine endlose Staubsäule bezeichnete seinen
Marsch. Die österreichische Kavallerie hielt in Folge dessen in ihrer Verfolgung inne und fing an sich wieder zu formiren. Zieten nahm seine Kavallerie in das erste Treffen, die vorhergeschlagenen Regi menter folgten als zweites und nun ging es vorwärts . Vor dem Anreiten gab Zieten noch folgende meiſterhafte Disposition : „Meine Herren, die Flucht unserer Freunde sieht zwar nicht günstig aus, desto ehrenvoller ist aber der Augenblick, da wir alles wieder gut machen
und einen der größten Siege erfechten können.
Hier haben Sie meine Disposition . Sobald die noch ankommenden Flüchtlinge uns nur ein wenig Platz gemacht haben, marschirt der General Werner mit seinen Husaren und den Dragonern
v. Blankensee links in Zügen ab
und ſucht der feindlichen Kavallerie die rechte Flanke abzugewinnen, während der Zeit werfen die Dragoner v. Stechow und die Hu saren v. Zieten alles über den Haufen, was unsere Flüchtlinge verfolgt, brechen durch die feindliche Reiterei und suchen in die feindliche Infanterie einzudringen , um wo möglich die Batterie ihres rechten Flügels unbrauchbar zu machen. vallerieregimenter folgen mit Intervallen
und
Alle übrigen Ka unterſtüßen den
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Angriff. Die Tambours schlagen sobald die Regimenter anmar schiren, Marsch“ *). Unser Regiment ,
das
darnach dürstete , jezt
bei der
ersten
größeren Gelegenheit dem König zu zeigen, was es werth sei, traf zuerst auf ein Regiment feindlicher Kürassiere. Der Kommandeur desselben hielt 50 Schritt vor der Mitte desselben und als die Hu ſaren heranbrauſten, rief er ihnen warnend zu : „Husaren seid ihr toll, seht ihr nicht, daß wir Küraſſiere ſind “. Er ward sofort vom Pferde gehauen, und wenn nun auch seine Kürassiere ansingen, an den Husarenangriff zu glauben und eine Salve mit ihren Karabinern gaben und mit ihren langen Stoßpa laſchen sich dann weit auslegten, so wurden sie, weil sie im Halten natürlich nicht dem mächtigen Stoß einer in der Karriere befind lichen Masse widerstehen konnten, doch leicht geworfen und auf ihrer Flucht fast ganz vernichtet. Dieser Vorfall beweist, daß man den Huſaren doch noch nicht ganz einen ebenbürtigen Plaz neben der Linien-Kavallerie anweiſen wollte.
Dies waren übrigens nicht die einzigen Feinde, die unsere
Husaren an diesem Tage bekämpften. Gemischte Haufen der ver schiedensten Regimenter traten ihnen entgegen - aber waren nicht mehr im Stande sie aufzuhalten. Der Prinz von Lothringen ver suchte vergeblich Ordnung in seine Schaaren zu bringen. Die große Anstrengung und die starke geistige Erregung zogen ihm einen Brustkrampf zu, so daß er die Sprache verlor und einige Stun Während auf dem den das Oberkommando niederlegen mußte. äußersten linken Flügel der preußischen Stellung der erste Erfolg er rungen wurde, hatte der Feldmarschall Schwerin, in eigner Perſon, die Fahne in der Hand, seinen Grenadieren voranstürmend, den Hel dentod gefunden. Der Fall eines berühmten Führers lähmt entweder den Muth der Truppen, oder er entflammt sie zur höchsten Begei= sterung . Hier war das Lettere der Fall — die preußische Infan terie übertraf sich selbst in ihrer Tapferkeit, und als man den für unangreifbar gehaltenen linken österreichischen Flügel doch
angriff,
die dortigen steilen Höhen wirklich erstieg und 7 große Redouten des Feindes mit stürmender Hand nahm da war eine Schlacht ge wonnen, wie wenige in der Weltgeschichte geschlagen worden sind . Nun fragte man nach Huſaren, um den erfochtenen Sieg auszu
*) Die Dragonerregimenter führten Trommeln .
――― beuten.
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General Zieten sollte sofort
die Verfolgung übernehmen.
Leider aber hatten die Huſaren nach wildem Siegesritt , der ſie bis an die Ufer der Moldau führte , das österreichische Lager erbeutet und dort große Mengen von Spirituosen und guten Weines ge= funden. Nach gewonnener Bataille glaubte eiu Jeder ein Recht zu haben, seinen Durst zu löschen, der bei der gewaltigen Hize des Leider thaten hier die Sieger des Tages die Leute sehr quälte. Guten zu viel und Zieten mußte, als er den Befehl zum Nachsetzen erhielt, dem König die traurige Meldung machen: ,,daß er nicht im Stande sei , hundert nüchterne Husaren aufzutreiben, mit denen für heute noch etwas anzufangen wäre. “ Man kann auch nicht annehmen, daß Zieten hier zu viel gesagt hat. Man denke nur an die Besetzung von Chalons im Jahre 1814, woselbst eine Brigade des York'schen Korps sich so betrunken hatte, daß sie 24 Stunden marſchunfähig war. Und wenn man auch be klagen muß, daß gar keine Verfolgung uach der Schlacht bei Prag stattfand, wodurch ohne Zweifel dem Feinde ein ganz gewaltiger Schaden zugefügt worden wäre , so darf man doch nicht die Regi menter, die nach heißer Schlacht einen zu kräftigen Trunk gethan haben, des äußersten Grades von Indisziplin beſchuldigen , wie es wohl hin und wieder geschehen ist. Die Verluste in der Schlacht waren übrigens ungeheuer. Friedrich giebt den feinigen auf 18000 Mann, den der Oesterreicher auf 24000 Mann an.
Nach solchen
Verlusten wäre eine recht energische Verfolgung wohl kaum möglich gewesen, auch wenn die Leute Wasser statt Wein getrunken hätten. Der größte Theil der geschlagenen feindlichen Armee warf sich in übereilter Flucht in die Festung Prag , so sehr der zum Tode ver wundete Marschall Browne dagegen rieth.
Eine große Anzahl von
Flüchtigen erreichte aber auch die Daun'sche Armee , die sich bei Kollin sammelte, und während deshalb der König mit der Haupt armee die denkwürdige Belagerung von Prag begann , war er ge= zwungen, den Herzog von Bevern mit etwa 18 Bataillonen*) Daun gegenüberzustellen.
Zieten mit 43
Schwadronen ,
worunter unser
Regiment, folgte bald als Succurs. Der König überschäßte übrigens vorläufig die Bedeutung der gewonnenen Schlacht - er glaubte Daun gar nicht fürchten zu müssen.
Er schrieb an seine Mutter :
*) Die Stärke stieg nach und nach, da der König bataillonsweise bis in den Juni hinein Verstärkungen schickte.
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97
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"1 Ich bin mit meinen Brüdern gesund .
die Oesterreicher verloren.
Der Feldzug ist für
Ich habe mit 150000 Mann freie
Hände. Wir sind Meister von einem Königreich, das uns Geld und Mannschaft geben wird. Ich werde einen Theil meiner Truppen absenden, den Franzosen ein Kompliment zu machen, mit den übrigen will ich die Desterreicher verfolgen. " Die Daun'sche Armee verstärkte sich von Tag zu Tag. Unsere Huſaren bekamen bei Böhmisch Brodt zuerst Fühlung mit ihr. Der Lieutenant von Probst sprengte mit seinem Zuge bis in das feindliche Lager und seine Leute beschossen die Fahnenwachen mit Pistolen. Daun , der diese kühnen Reiter wohl für Vorläufer einer großen Armee hielt, zog sich in der Nacht bis Planian zurück . Die Lage des Herzogs von Bevern, einem so mächtigen Feinde gegenüber, wäre eine sehr bedenkliche gewesen, wenn Feldmarschall Daun nur ein wenig unternehmungslustiger war. Er ließ sich aber von dem viel schwäche ren Feinde noch lange Zeit necken, ehe er ihm zu Leibe ging. So nahm ihm Zieten mit 4 Bataillonen und 1100 Pferden, unter denen einige Schwadronen unseres Regiments, das sehr bedeutende und wichtige Magazin von Suchdol weg . Unsere Husaren machten hier eine sehr schöne Attaque auf dichte Kroatenschwärme, welche die Höhen, auf denen die Johannis - Kapelle sich befindet , besetzt hatten. Diese Höhen mußten aber vom Feinde gesäubert werden , ehe man die Stadt selbst angreifen konnte. Die Kroaten fielen größtentheils den Husaren als Gefangene in die Hände die Wegnahme des großen Magazins war aber für die Oesterreicher ein sehr empfindlicher Schlag. In gleicher Weise wurden die Magazine von Kuttenberg und Neuhof genommen und Daun schien vor seinem so viel schwächeren Gegner solche Furcht zu fühlen , daß er bis Haber zurückging und der Herzog von Bevern allabendlich da sein Lager aufschlagen konnte, wo Daun am Morgen noch gewesen war. Unsere Husaren neckten sich in dieser Zeit weidlich mit den leichten Truppen des General Na dasdy, der die Arrieregarde Dauns bildete.
Doch kam dabei nicht
allzuviel heraus, denn die Oesterreicher hatten den Befehl, nirgends Stand zu halten und zogen sich bei jeder Annäherung preußischer Truppen schleunigst zurück. Am 11. Juni aber stießen 16000 Ver sprengte zu Daun - es waren dies die Reste. des österreichischen rechten Flügels bei Prag v. Ardenne, Zietensches Hus.- Regt.
nun war doch die Uebermacht gar zu 7
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groß und Dann beschloß deshalb seinem Feinde zu Leibe zu gehen. Am 12. Juni begannen seine Vorwärtsbewegungen. Im preußischen Lager hatte man sich so an die österreichische Unthätigkeit gewöhnt , daß, als eine Patrouille unserer Huſaren die Annäherung des mächtig angeschwollenen feindlichen Heeres meldete, sie beim Herzog keinen Glauben fand.
Der General Zieten kannte
aber seine Husaren und war überzeugt , daß , wenn sie Nachrichten brachten, dieselben immer Glauben verdienten. Mit großer Mühe brachte er es dahin, daß der Herzog ihm einige Bataillone und an Kavallerie außer unserem Regiment noch 30 Schwadronen anver traute, um damit eine unumgänglich nothwendig gewordene größere Rekognoszirung zu machen . Es kam dem scharfblickenden und klar denkenden General Zieten darauf an , die Höhen von Maleschau zu gewinnen, von wo aller Voraussetzung nach die ganze feindliche Armee und ihre Bewegungen zu sehen sein mußten. Das war aber keines wegs eine leichte Aufgabe. Die Oesterreicher hatten nämlich verschiedene Schleusen geöffnet, Deiche durchstochen u. s. w. ,
um die Umgebungen dieſer wichtigen
Höhen unter Waſſer zu sehen .
So blieben nur schmale Landfinger
welche bis zu dieſen reichten, und hier hatte der Feind reichlich seine Kroaten und leichten Truppen eingenistet, ebenso wie in den Wäl dern , welche den Fuß und die Seitenabhänge der Hügel bedeckten . Da galt es denn rasche Entschlossenheit. Unsere Husaren und ein großer Theil der übrigen Kavallerie jagten im Galopp über die schmalen Landzungen.
Der überraschte Feind wurde
aus seinen
Verstecken herausgetrieben, niedergehauen und gefangen genommen, ehe er sich recht zum Widerstand sammeln konnte. Eine kleine Abtheilung regulärer feindlicher Infanterie warf Zieten mit Leichtigkeit von dem Höhenrücken herab, den sie ihm noch streitig zu machen versuchte. Oben auf dem Gipfel angekommen, sah Zieten seinen Argwohn, daß der Feind etwas Größeres unternähme, Die ganze feindliche Armee war deutlich zu sehen und bestätigt. Zieten hatte Ursache über ihre Stärke sich zu verwundern . Es muß hier noch erinnert werden, daß durch den damaligen Modus im La gern genau die Stärke einer ruhenden Armee festgestellt werden konnte. Vor den scharfgerichteten Zeltreihen standen die Fahnen. Auf den Zelten höherer Befehlshaber flatterten die Kommandoflaggen ----- das ganze Heer lagerte in der ordre de bataille. Zieten sah nun, daß Daun in kluger Berechnung seinen rechten Flügel und sein
99 Centrum , welche man , ohne im Besitz der Moleschauer Höhen zu sein, hätte erblicken können , ruhig lagern ließ, während sein linker Flügel, der nur von diesen Höhen aus sichtbar , in einem Linksab marsch begriffen war und offenbar
den Zweck hatte , das in aller
Ruhe lagernde Bevernsche Korps in der Flanke anzugreifen. Daß dieser einfache und geschickte Plan sehr viel Aussicht auf Erfolg hatte, war klar und Zieten trat deshalb eiligst seinen Rückzug an, um den Herzog zu warnen. Derselbe war schwer genug auszuführen, denn die Desterreicher fielen nun in voller Wuth über Zieten her, der die schmalen Defileen im Rücken in eine sehr unangenehme Situation gerieth. Unser Regiment,
das die Arrieregarde zu übernehmen hatte,
fand noch mehrfach Gelegenheit , die nachdringenden Truppen Na dasdy's durch entſchloſſene Attaquen in kleineren Abtheilungen zurück zuweisen, so daß, als der Abend zu dunkeln anfing, Zieten und sein braves Korps glücklich beim Herzog eintraf, welcher der drohenden Gefahr durch einen schleunigen Rückzug auf Kollin entgangen war. Dieser Tag hatte die äußersten Anstrengungen von Mann und Pferd erfordert.
Bei glühender Hitze und nachdem ein Theil des
Regiments die Nacht vorher auf Vorposten gewesen, waren die Schwadronen seit 4 Uhr früh bis in die sinkende Nacht ununter brochen in höchster Thätigkeit gewesen. Der Herzog von Bevern, der in der That alle Ursache hatte, Zieten zu danken, that das auch in rückhalsloser Weise. Am 14. vereinigte sich der Herzog bei Kaurczim mit dem Kö nige, der mit 10 Bataillons und 20 Eskadrons von Prag herbei geeilt kam, mit der Absicht, Daun anzugreifen und zu schlagen.
Ge
lang ihm dies, so war die 50000 Mann starke Besatzung von Prag gezwungen, sich in Bälde kriegsgefangen zu geben und der Krieg hatte damit aller Wahrscheinlichkeit ein ruhmreiches Ende . Friedrich erwartete dies auch mit Bestimmtheit. Bis jetzt überall Sieger, schien er an keine Möglichkeit einer Niederlage zu glauben. Dieser eminente Geist war jetzt von dem Schimmer seines Kriegsglücks fast — geblendet nnd tadelte den Rückzug des Herzogs als unnöthig . Alle Anstrengungen, den Königlichen Herrn zu überzeugen, Daun er glaubte nur die Truppen rücke vorwärts , waren vergebens Nadasdys vor sich zu haben und traf in Folge dessen Maßregeln, welche der Kriegslage in sofern nicht entsprachen , als er thatsächlich 7*
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nicht bloß das Korps Nadasdy , sondern die ganze Armee Dauns vor sich hatte. Zieten war natürlich unglücklich über diesen Irrthum seines Herrn und soll nach Gaudi am 15. Juni bei der Parole mit naſſen Augen geäußert haben : „ er sähe des Königs Unglück vor Augen, weil er die ihm ge gebenen Nachrichten vom Feinde , die gewiß wahr glauben wollte. "
wären,
nicht
Der König hatte die Absicht, Daun, den er hartnäckig in einem Lager bei Golz Jenikau glaubte, zu umgehen und marschirte deshalb am 17. Juni nach Suchdol und Kuttenberg.
Als die Avantgarde
aber aus Strozschütz defilirte, fand sie sich plötzlich der gesammten Daun'schen Armee gegenüber, welche in gewohnter Weise eine ganz formidable Position eingenommen hatte und dem Angriff ihres schwäche ren Gegners entgegensah.
Die Ueberraschung des Königs war groß,
dann aber sich schnell in das Unvermeidliche fügend , beschloß er den Feind anzugreifen und gab für den 18. Juni, den Tag der Schlacht, die meisterhafteſten Dispoſitionen. Die österreichische Stellung ſtützte sich zumeist wieder auf ſteile verschanzte Höhen , auf deren Abhängen theilweise undurchdringliche Wälder und tiefe Hohlwege lagen. Eine sehr zahlreiche , schwere Artillerie, welche überdem meisterhaft poſtirt , sich gegenseitig unter ſtützen konnte, machte einen Angriff zu einem höchst gewagten Unter nehmen. Der König Friedrich beschloß den rechten Flügel der feindlichen Stellung anzugreifen. Der rechte preußische Flügel unter dem General von Manſtein sollte zurückgezogen stehen bleiben, um dadurch die feindliche Ueber legenheit zu fesseln und zu verhindern , daß der angegriffene Flügel wirksam unterstützt wurde. Der linke preußische Flügel unter Gene ral von Hülsen hatte die schwere Rolle des Sturmes auf die ver derbenspeienden feindlichen Batterien erhalten. Auf diesem Flügel stand auch der General Zieten, der an diesem Tage schon 100 Es kadrons befehligte sein Regiment stand natürlich auch unter seinem Befehl.
Der Angriff der preußischen Infanterie geschah mit
unerhörter Bravour. Wenn die Wirkung des feindlichen Kartätſchen feuers auch noch so entsetzlich war, „ immer vorwärts " hieß doch die Parole. Sieben Mal wurden die stürmenden Bataillone zurückge schmettert, sieben Mal erklommen sie über die Leichenhügel der Ka meraden hinweg die steilen Höhen.
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―――
Endlich waren die Höhen von Krzezor mit ihren Batterien ge nommen. In der gleichen Zeit hatte auch die preußische Kavallerie nicht gefeiert. Nadasdy , der hier seinem alten Feinde Zieten ent gegen stand, brach mit seiner ganzen zahlreichen Kavallerie vor , um den schwankenden preußischen Flügel zu attaquiren. Zieten aber wußte ihm selbst halb die Flanke abzugewinnen und traf ihn dann mit so mächtigem Stoß, daß die österreichische Kaval lerie in wilder Eile zurückfluthete und auch die leichten Truppen zu Fuß in ihrer Flucht mit sich fortriß.
Zieten hatte diese Attaque
mit nur 30 Eskadrons gemacht, unter welchen die zehn unseres Re giments sich befanden. Wir können demselben alſo nachrühmen, daß es bei Kollin nicht mit besiegt worden ist, denn der linke preußische Flügel, auf welchem unser Regiment blieb , wahrte bis zuletzt seine gute Haltung und rettete die Armee vor dem Verderben. Vier Mal brachen die Husaren Nadasdys (5000 an der Zahl) in dieser Schlacht vor. Vier Mal wurden sie von der Kavallerie Zietens zurückgeworfen.
Immer aber brach sich die Verfolgung un
serer Husaren an einem von Kroaten stark besetzten Wäldchen.
Eine
weit ausholende Umgehung des rechten feindlichen Flügels war un möglich, weil ſonſt die linke Flanke der eigenen Infanterie bloß ge stellt worden wäre.
So mußte Zieten in verhältnißmäßiger Unthä
tigkeit dem Gange der Schlacht zusehen, durch die Verhältnisse, oder wenn man will, durch das Verhängniß gefesselt . Bis jetzt war die Schlacht gut gegangen, der Sieg schien ſicher ― - schon hatte Daun einen Zettel an die Unterführer geschickt mit den Worten: Die Retraite ist nach Suchdol. " Da ließ sich der General Manstein verlocken , in unzeitigem Kampfeseifer vorzugehen.
Da
durch erhielt die ganze preußische Stellung eine schiefe Richtung
= mannigfache Irrthümer , die bei der damaligen Kampfordnung be sonders verderblich waren, ließen eine heillose Verwirrung einreißen . Dieser Moment wurde von sächsischer Kavallerie meisterhaft benutzt, welche in die stockende in Unordnung befindliche preußische Infanterie einhieb und furchtbare Verheerung unter ihr anrichtete. Der General Zieten, welcher auch in Folge eines falschverstan denen Befehls mit 2 Kürassier-Regimentern nach dem Centrum geeilt Da war, stürmte an der Spize dieser Schaar gegen den Feind. ſtreifte eine Kartätschkugel den Kopf des Helden, der ohnmächtig vom Pferde sank. Er wäre sicher den Desterreichern in die Hände ge=
102 fallen , wenn nicht einer seiner Ordonnanzoffiziere , der Kornet von Berge vom Regiment Krockow Kürassiere mit großer Aufopferung bei seinem General ausgeharrt, diesen mühsam auf sein Pferd ge hoben und so gerettet hätte.
Es
gelang dem braven Offizier mit
seiner theuern Last den Wagen des Prinzen Morig von Deſſau zu erreichen, wo Zieten dann verhältnißmäßig wohl geborgen war. Der Gerettete schenkte seinem Retter gleich sein bestes Pferd und veran laßte später, daß letterer zu seinem Regiment versezt wurde. In unsern Reihen hat denn Herr v. Berge lange gedient, wurde sogar Kommandeur des Regiments und starb 1793 in der Rheinkampagne an einer Operation, der er sich in Folge einer bei Hochkirch erhal tenen Wunde unterwerfen mußte. Als der Rückzug endlich von der preußischen Armee angetreten ward, imponirte die Haltung des linken Flügels und der Zietenſchen Kavallerie dem Feinde so, daß die Führer desselben , wie Archenholz erzählt, mit dem lauten Geſchrei : „ Halt! Halt ! " ihre Truppen zu Die letzteren rückriefen, welche die Preußen verfolgen wollten. raillirten sich bei Nimburg und der König
konnte nun die Verluſte
der gewaltigen Schlacht ermessen. Von 30,000 Mann waren 8000 _______ gefallen welch Verhältniß! Leider ist es dem Verfasser nicht möglich gewesen, die speziellen Verluste des Zietenschen Regiments in dieser für dasselbe so ruhmreichen Schlacht festzustellen . Mit einem Schlag war nun die Kriegslage verändert. Die Belagerung von Prag mußte aufgegeben werden und nun drängten Franzosen, Russen, Schweden und Reichsvölker in gewaltigen Massen gegen die schwache Preußenſchaar, die Böhmen fast ganz aufzugeben und sich nach Sachsen und Schlesien zurückzuziehen gezwungen war. Die leichten österreichischen Truppen umschwärmten wie ein Bienen schwarm die preußische Armee und beeinträchtigten die Zufuhr in einer so bedenklichen Weise, daß der König selbst sich an die Spitze unseres Regiments zu setzen beschloß, um dem Kroatengesindel einmal eine ernste Lektion zu geben. Das Regiment zeigte sich dieser hohen Ehre aber auch werth. Es war bei Opatkan am 26. Juni, wo es dem König gelang, die leichten Truppen des Feindes zusammenzutreiben und dann durch eine rasche energische Attake zu vernichten. Die Husaren erschlugen hier mehrere hundert Kroaten und der König selbst hielt diese Unternehmung für so gelungen, daß er an den Prinzen von Dessan, welcher in Nimburg stand, schrieb, die
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Gegend sei nun wieder frei und die Verpflegung werde wieder ihren ungestörten Fortgang haben. Man kann sich denken, daß dieser Erfolg seiner Husaren, noch dazu unter den Augen seines königlichen Herrn erfochten, wesentlich den General Zieten in seiner Heilung unter stützte. Außerordentlich zeichnete sich auch 5 Tage später die Eskar dron des Major v. Seelen aus . Das Lager des Königs befand sich nämlich bei Disnowa, das Bataillon v. Kleist stand vorwärts desselben bei den Pässen von Wellmina, um diese wichtigen Zugänge auf alle Fälle zu halten.
Der
österreichische General Laudon, de
jezt schon anfing von sich reden zu machen, griff das Bataillon Kleist mit 1200 Kroaten an. Dasselbe formirte Karree und hielt die
Schwärmangriffe der
wilden Krieger volle drei Stunden aus, verlor aber dabei 7 Offiziere und 205 Mann. Als der Major v. Seelen, der mit 100 Pferden beim Pascopol stand, das Knattern des Gewehrfeuers hörte, eilte er so rasch als möglich dem Schalle nach und kam gerade zu rechter Zeit,
um
das hart mitgenommene Bataillon zu degagiren.
wüthende Attake sprengte die Kroaten vollständig auseinander.
Eine Viele
wurden niedergehauen, viele gefangen ; der König war so erfreut über diesen Koup, daß er dem Major v. Seelen den Orden pour le mérite zu verleihen geruhte. Dieser talentvolle Offizier war dem König schon von früher her auf das Vortheilhafteste bekannt. Im Jahre 1755 war er als Ritt meister vom Könige und zwar auf Empfehlung des General Zieten zu einer schwierigen, die höchste Gewandtheit erfordernden Sendung nach der Reichsstadt Ulm verwandt worden, bei welcher es sich darum handelte, einen dort verhafteten preußischen Werbeoffizier, den Lieute nant v. Heyden, zu retten, der das Unglück gehabt hatte, im Eifer seines Werbegeschäfts einen Rekruten gegen seine Absicht zu tödten. und deshalb zum Tode mit dem Strang verurtheilt war . Da alle Verhandlungen des Königs mit dem Magistrat von diesem schnöde abgewiesen waren, so befreite Seelen seinen Kameraden halb mit List, halb mit Gewalt und bezeigte einen ungewöhnlich hohen Grad von Entschlossenheit und geriebener Schlauheit. In dem Werke der Frau v. Blumenthal über den General Zieten ist diese interessante Episode ausführlich beschrieben. Seelen war durchaus
der Liebling Zietens und wir werden diesen treuen,
braven Offizier noch öfters sich auszeichnen sehen, bis er bei Hoch kirch als Kommandeur des Regiments den Heldentod fand.
104 Nach der Schlacht von Kollin war Friedrichs Lage eine ver zweifelte. Sagten doch viele seiner bravsten Offiziere : "I Dies ist unser Pultawa ". Der König schrieb seine eigene Denkungsart kenn zeichnend an den Lord Marschall : „ Das Glück hat mir diesen Tag den Rücken zugekehrt. Ich hätte es vermuthen sollen , es ist ein Frauenzimmer und ich bin nicht galant. Damen, die mit mir Krieg führen.
Es erklärt sich für die
Wie sehr würde der große
Friedrich Wilhelm erstaunen, wenn er seinen Enkel mit den Russen, Desterreichern, fast ganz Deutschland, Schweden und hunderttausend Franzosen im Handgemenge sehen sollte.
Ich weiß nicht, ob es mir
eine Schande sein wird, zu unterliegen ; aber das weiß ich, daß es keine Ehre sein wird, mich zu überwinden". In solchen verzweifelten Momenten war der König stets geneigt, eine große Entscheidungsschlacht zu wagen.
Nach dem äußerst schwie
rigen Rückzug aus Böhmen, bei welchem unser Regiment unter seinem wiedergenesenen Chef immer in der Arrieregarde sich befand, hatte der König ungefähr 40,000 Mann beisammen. Er zog deshalb den Desterreichern entgegen, die mit ihrer Hauptmacht bei Zittau standen. Wieder wollte der König den doppelt so starken, siegreichen Feind mit seinen abgematteten und geschlagenen Truppen angreifen, allein diesmal war es der Prinz Heinrich, welcher den König bewog, von diesem Vorhaben abzustehen. Mittlerweile waren die Franzosen in großer Anzahl in Franken eingebrochen, und Friedrich mußte sich nothgedrungen gegen diesen neuen Feind wenden, besonders, da der Herzog von Cumberland, der die einzige ihm verbündete Armee, aus Engländern, Hannoveranern und Braunschweigern zusammengesetzt, führte, bei Hastenbeck von den Franzosen sich hatte schlagen lassen. Friedrich zog deshalb mit 18,000 Mann gegen Westen und ließ gegen die Oesterreicher den Herzog von Bevern mit dem Rest der Armee zurück, dem er die Generale v. Winterfeldt und v. Zieten beigab. Da unser Regiment natürlich bei seinem Chef blieb, so folgte es diesmal zum ersten Male nicht dem Könige und es entging ihm deshalb die Ehre,
an der denkwürdigen, luſtigen Schlacht von
Roßbach Theil zu nehmen, die den prahlerischen Franzosen so herrlich den Mund stopfte. Während der König aber fern war, kamen schwere Zeiten über die preußische Armee.
Im fernen Ostpreußen war der greise Feld
marschall v. Lehwaldt bei Jägerndorf von einer übermächtigen ruſſi schen Armee zurückgedrängt worden, und in Schleſien, wo beinahe der
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lezte Pfeiler der preußischen Macht in der Armee des Herzogs v. Bevern stand, kamen auch Tage der härtesten Bedrängniß. Fried rich ſchrieb ſelbſt in diesen Tagen an den Herzog : „ Das sind schwere Zeiten, weiß Gott! ――――――― und solch beklommene Umstände, daß man ein grausam Glück gebraucht, wickeln".
um sich aus
allem Dieſem durchzu
Unser Regiment ſtand zu Anfang September mit einem Korps von 15 Bataillonen und 40 Eskadrons unter dem Befehl des Ge neral v. Winterfeld bei Moys
in der Nähe von Görlig.
Gegen
über stand das Korps des General Nadasdy, jedenfalls eines der thätigsten Gegner
der
preußischen Armee.
Winterfeldt hatte
die
Aufgabe, die Zugänge nach Schlesien zwischen Neiße und Queis zu decken. Ein Punkt seiner Stellung war der Jäckelsberg, der den rechten Flügel der preußischen Stellung bildete ; derselbe war von zwei Bataillonen vertheidigt, die sich daselbst durch Verhaue eine Art Verschanzung gebildet hatten . Der General Nadasdy erkannte aber, daß diese Position von einer benachbarten Höhe, dem Galgen berge, leicht zu beschießen sei und er besetzte deshalb am 7. September im Schuße eines
dichten Nebels
eine große Batterie,
diesen Punkt
die den Jäckelsberg
und
errichtete dort
mit Kugeln überschüttete.
Als Nadasdy glaubte, die beiden Bataillone gehörig mürbe gemacht zu haben, griff er sie mit nicht weniger als 42 Grenadier-Kompag nien an ; die Preußen hielten sich aber sehr brav und wieſen den Angriff zwei Mal ab . Als aber der dritte Sturm heranwogte , mußten sie die verthei digte Position verlassen und kamen in eine sehr üble Lage. Hier griff unser Regiment, das allerdings nicht vollständig zur Stelle war, auf's Glücklichſte in das Gefecht ein. Der Major v . Möhring stürzte ſich mit etwa 500 Pferden auf die verfolgenden Oesterreicher und trieb sie zurück. Durch diese Attaque gewann man außer dem augen blicklichen Erfolge auch noch Zeit, und diese war koſtbar. Der General v. Winterfeldt war nicht der Mann , seine Sache so bald verloren zu geben. Vom Hauptquartier Görlig, wo ihn die Nachricht des Gefechts getroffen hatte, flog er herbei und setzte sich selbst an die Spitze mehrerer Bataillone, um die verlorene Poſition wieder zu gewinnen. Das schien allerdings ein gewagtes Unternehmen Angesichts der un geheuren feindlichen Uebermacht, allein preußischerseits war man in diesem Kriege nicht gewohnt, nach der Zahl der Feinde zu fragen.
106 Der Sturm wurde denn auch gewagt und fiel sehr blutig aus . Die Preußen gelangten allerdings auf die Höhen, allein ihr braver General erhielt dabei die Todeswunde , und als immer neue öster reichische Kräfte sich entwickelten , mußte das soeben erst schwer Er rungene wieder aufgegeben werden. Unser Regimeut hatte unter persönlicher Leitung seines Chefs, der auch noch die andere Kavallerie vorzog , die Ehre , den Rückzug decken zu helfen, und die Oesterreicher wagten nicht , die abziehenden Preußen zu verfolgen. Wie schwer Friedrich der Tod seines Lieblings Winterfeldt ge wesen sein mag , geht aus den Worten hervor , die er bei seinem Abmarsch gegen die Franzosen an ihn gerichtet hatte : „ Vald hätte Ich vergessen, Ihm seine Vorschrift zu geben. Nur diese weiß Ich für Ihn, erhalte Er sich Mir. " Nach dem Tode Winterfeldt's übernahm der General Fouqué das Kommando über das verwaiste Korps , dessen Nachhut General Zieten wieder mit äußerstem Geschick führte. Die Kavallerie hatte abermals sehr schwere Tage , denn die Kroaten, Panduren und Husaren des Feindes saßen ihr Tag und Nacht in den Eiſen.
Die
Patrouillen waren damals so gefährlich , daß man oft zu Verkleidum gen seine Zuflucht nehmen mußte.
Einzelne geschickte Husaren wur
den als Pächter , Forstleute , Schulmeister verkleidet , und als solche mußten ſie ſich in das feindliche Lager begeben , oder Nachrichten zu einem andern Detachement bringen und dergleichen . Für jede ge= Lungene Ausführung eines solchen Auftrags bekam dann der Be treffende 6 Dukaten ausgezahlt.
Zieten ließ auf diesem Rückzug
gegen die verfolgenden Kroaten durch Abtheilungen unseres Regiments einen Hinterhalt legen. Die Kroaten, die sich ganz sicher glaubten, gingen mit ihrer gewöhnlichen Dreistigkeit vor und fielen dann in großer Anzahl den sie plötzlich umzingelnden Huſaren in die Hände. So gewann die Armee die Uebergänge über Neiße und Queiß. In gleicher Weise wurde der Uebergang über den Bober bewerkstel ligt, indem Zieten eine Abtheilung von 500 Feinden in Birkenbrück ſo glücklich angriff, daß kaum einer entkam.
Hier allerdings waren von
unserem Regiment nur geringe Abtheilungen engagirt. man
unter
fortwährenden Kämpfen Liegnitz
am
19.
So erreichte September.
Aber auch hier sollte die gehezte Armee keine Ruhe finden.
Der
Prinz v. Lothringen, der immer den Preußen gefolgt, war mit ihnen in Schlesien eingedrungen, und da der Herzog v. Bevern vor Allem
107
nun die Hauptstadt der Provinz decken zu müſſen glaubte, zog er in aller Eile und in Gewaltmärschen nach Breslau. Auf dieſem meiſter haften Rückzuge, auf welchem man zwei Mal die Oder passiren mußte, hatte unser Regiment abermals die Arriérgarde, und als man endlich am 2. Oktober das bestimmte Lager hinter der Lohe errichtete, war der Zustand von Mann und Pferd ein trauriger. Die unablässigen, gewaltigen Anstrengungen hatten beide hart mit genommen. Die vielfachen Unglücksfälle waren die Veranlassung, die Hoff nung auf beſſere Zeiten ſelbſt in muthigen Herzen zu ersticken , und die ganze Armee befand sich in einer düstern, verzweifelten Stimmung. Dazu kam , daß auf den hin und her sich kreuzenden Märschen das Verpflegungswesen sich durchaus nicht als genügend erwies , vielmehr oft der bitterſte Mangel eintrat, welchem durch Fouragirungen abzu helfen sowohl die Nähe des zahlreichen Feindes , als die loser ge= wordene Disziplin der meisten Truppen verbot.
Im Lager hinter
der Lohe fand man endlich Zeit, die Truppen etwas zu reorganisiren und sie ausruhen zu laſſen. Der Prinz v . Lothringen lagerte sich dem Herzog v. Bevern gegenüber und blieb uathätig, während General Nadasdy Schweidnitz, diese wichtigste aller schlesischen Festungen, zu belagern begann.
Man
darf wohl annehmen, daß in unserm Regiment der Kleinmuth nicht ſehr Platz griff.
Der General Zieten , der in dieser Zeit wirklich
Uebermenschliches leistete, war dem Regiment ein zu leuchtendes Vor bild , und bis dahin hatte ja auch dasselbe eigentlich nie einen Miß erfolg in seinen Annalen zu verzeichnen gehabt ; wenn auch einige Bataillen, in denen es betheiligt gewesen , verloren gegangen waren, ſo hatte doch das Regiment in ihnen faſt immer partielle Siege er fochten. Ein kräftiger Korpsgeist, ein kühnes Selbſtvertrauen , die hierdurch entstanden waren, ließen unsere Husaren selbst in dieſer ſo schweren Zeit die Köpfe hoch tragen.
Dies beweist eine Expedition,
welche der unermüdliche Zieten sie in Begleitung der Werner'schen Husaren machen ließ. Außerordentlich oft haben die Zieten'schen Husaren mit diesen braven Kameraden vereint gefochten und wieder holt haben sich die beiden Regimenter in edlem Wettstreit an Tapfer feit überboten. Unser Regiment stand auf dem linken Flügel des Lagers , und von hier aus erhielt es Befehl, mit dem schon genannten Regiment v . Werner das Dorf Klettendorf zu überrumpeln, wo der Feind mit
108 einer Anzahl seiner unvermeidlichen Husaren sich festgesezt hatte. Der Angriff glückte glänzend . Der Feind , als er die preußischen Regimenter herankommen sah, zog sich eilig aus dem Dorfe, nachdem er es nur schwach durch einige Kanonenschüsse zu vertheidigen ver sucht hatte.
Die preußischen Husaren waren aber rasch zu beiden
Seiten des Dorfes vorbeigegangen , und als der Feind ſeinen über eilten Rückzug antreten wollte , wurde er von beiden Seiten ange griffen und erlitt einen Verlust von mehreren hundert Todten und Verwundeten.
Dieser Erfolg , sowie die Nachricht von der lustigen
Reiterschlacht bei Roßbach, hoben den Muth wieder ungemein. *) Leider kamen gleich wieder harte Schläge des Schicksals . Die Festung Schweidnitz übergab sich mit einer Besatzung von 6000 Mann bereits am 11. November, und nun, nachdem noch das Nadasdy'sche Korps gegen den Herzog v. Bevern disponibel geworden, war deſſen Lage geradezu eine verzweifelte. Er stand einer dreifachen Ueber macht gegenüber ; der König , noch weit entfernt , verlangte von ihm in allen seinen Briefen einen Sieg. Der Herzog wurde durch sein bisheriges Mißgeschick ängstlich und schwermüthig . Als deshalb der Prinz v. Lothringen am 22. November dem Herzog die Schlacht anbot, so nahm er sie an, wenn auch unter den ungünstigsten Verhältnissen. Er hatte den 80,000 Desterreichern etwa 28,000 Preußen ent gegen zu stellen. - Jene waren Sieger , diese durch verschiedene Niederlagen niedergedrückt. Den linken Flügel der preußischen Schlachtordnung kommandirte General Zieten, dem zu seinen 12 Bataillonen noch 4 Regimenter Infanterie und im Ganzen etwa 50 Eskadrons unterstellt waren. Der General Nadasdy stand an diesem Tage wieder seinem alten Gegner Zieten gegenüber und griff ihn mit vollen 30,000 Mann an. Das erste Treffen Zieten's war durch eine Reihe kleiner Re douten verstärkt und bestand aus den Regimentern Leftwitz, Geßler, Markgraf Friedrich
und den Bataillonen Schulz
und Angenelli.
Nadasdy versuchte zuerst anzugreifen, indem er ihnen die linke Flanke mit einer starken Abtheilung Infanterie und Kroaten abzugewinnen suchte.
*) Von der preußischen Kavallerie schreibt ein französischer Schlachtenbericht : Elle arrivait en muraille et d'une vitesse incroyable .
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Diese Bewegung blieb aber Zieten nicht verborgen und nach einem starken Artilleriefeuer ließ er die Abtheilung des Feindes durch seine Huſaren und die v. Werner, sowie durch die Dragoner v. Bai reuth und Normann attackiren. Diese berühmten Regimenter machten hier wieder ihrem Namen volle Ehre. Die feindliche Infanterie , die meist aus Ungarn und Württem bergern bestand , wurde vollständig über den Haufen geritten und verlor eine große Menge Gefangener. Während dieſes glücklichen Gefechts war es den starken Kolonnen der Grenadiere Nadasdy's gelungen, sich des wichtigen Dorfes Kleinburg zu bemächtigen, welches das Bataillon v. Angenelli auf's Aeußerste vertheidigt hatte. Zieten schickte drei Bataillone vor , um das Dorf wieder zu nehmen , und die Husaren-Regimenter v. Zieten und v. Werner sollten diesen An griff unterstützen. Hier entspann sich denn ein furchtbarer Kampf, und die Säbel der Husaren fanden wieder reichliche Arbeit. Sie attackirten mitten in das Dorf hinein , wie damals bei Katholisch Hennersdorf, und 4 Kompagnien österreichischer Grenadiere wurden hier vollständig in Stücke gehauen. Dreizehn Kanonen fielen hier den Siegern in die Hände.
Aus Mangel an Bespannung konnten
aber nur 4 fortgeschafft und gerettet werden ; die übrigen mußte man im Dorfe stehen lassen, welches in Brand aufgegangen war und vollſtändig zerstört wurde. Auf dem linken Flügel der preußischen Schlachtordnung wogte der Kampf unentschieden den ganzen Tag . Zieten mit ſeiner geringen Truppenzahl blieb unerschüttert in seiner Position. Anders aber war es im Centrum und auf dem rechten Flügel. Troß der größten Tapferkeit bog sich und brach doch der dünne Riegel , den hier die preußischen Bataillone dem wuchtigen Stoß der gewaltigen feindlichen Massen entgegenzusetzen vermochten. Keineswegs aber war hier der Rückzug der Preußen ein übereilter . Schritt für Schritt nur wichen sie der Uebermacht, und als die Sterne am Himmel sichtbar wurden, war nur ein schmaler Terrainſtreifen dem Feinde in die Hände ge= fallen. Die Preußen hatten 6000 Mann , die Oesterreicher aber 18,000 Mann verloren (Archenholz), man kann daraus abnehmen, wie sehr erschüttert die letzteren waren. Die preußischen Generale drangen nun stürmisch in den Herzog, eine nächtliche Ueberrumpelung des feindlichen Lagers zu versuchen. Leider aber war der Oberfeldherr dazu nicht zu bewegen, sondern überließ dem Prinzen v. Lothringen das Schlachtfeld, was dieſer am
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andern Morgen zu seinem großen Erstaunen bemerkte .
Es ist nie
vollkommen klar geworden, wer den Befehl zum Rückzug gegeben hat. Der Herzog will es nicht gethan haben.
Dem König war erst ge=
rüchtweise zu Ohren gekommen , der Herzog habe die Oesterreicher besiegt. Aeußerst erfreut darüber befahl er bei seiner Armee, daß Victoria geschossen werden sollte.
Er selbst schrieb die frohe Kunde
an alle seine detachirten Generale. Er erhielt die traurige Nachricht vom Gegentheil gerade , als er die Briefe abschicken wollte. Die versiegelten Briefe, welche nun natürlich nicht abgingen , liegen noch jetzt uneröffnet im geheimen Staatsarchiv in Berlin. ――――――― Mit welchen Gefühlen mag der große König sie bei Seite gelegt haben ! Unbeug sam im Unglück , befahl er nun dem Herzog v. Bevern , Breslau wenigstens bis auf den letzten Mann zu halten.
Er schrieb an ihn :
,,Ew. Liebden müſſen Mir mit Ihrem Kopf davor repondiren, daß die Stadt in 14 Tagen nicht übergeben werde." Leider erhielt der Herzog dieſen Brief gar nicht mehr , denn 2 Tage nach seiner Niederlage fiel er den Kroaten in die Hände. Dem Kommandanten von Breslau, dem General v. Lestwitz, sank nun auch der Muth.
An demselben Tage schloß er die schimpf
liche Kapitulation von Breslau, die dem Feinde diese reiche Stadt mit ihren großen Hülfsmitteln ohne Schwertstreich überlieferte.
Der
General v. Kyau führte den Rest der Armee nach Glogau , erhielt aber schon am 27. den Befehl, das Oberkommando an den General Zieten abzugeben.
Lestwitz und Kyau wurden, weil sie den Fall
von Breslau verschuldet , vor ein Kriegsgericht gestellt.
Zieten er
hielt den Befehl , bei Parchwiß an der Katzbach ſich mit dem Könige zu vereinigen. Er führte den gefährlichen Marsch glücklich aus und brachte 30 Bataillone und 100 Eskadrons , zusammen etwa 18,000 Mann, seinem Herrn zu. Wie groß war der Glücksumschwung seit der Schlacht von Prag gewesen.
Dort stand Friedrich auf der Höhe seiner Erfolge ; jezt
galt es ein letztes Ringen um die Existenz. Die Schlachten von Hastenbeck, Groß - Jägerndorf, Moys und Breslau waren verloren ; Breslau selbst und Schweidnitz waren in Das des Feindes Händen , mithin die ganze Provinz Schlesien. ― Heer, welches der große König noch hatte, betrug 32,000 Mann und wie waren diese abgematteten , gehezten Schaaren im Stande, jezt noch ihren Feinden entgegen zu treten,
von denen allein die
Desterreicher, an 100,000 Mann ſtark, sie leicht vernichten zu können
111 glaubten und
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das schwache preußische Häuslein nur spottend die
,,Berliner Wachtparade" nannten .
Jetzt schaute ein Jeder auf den
König, von dem allein Rettung zu erwarten war . Alles kam darauf an, daß die Armee die rechte freudige Sieges zuversicht wieder fühlen lernte.
Dazu halfen besonders die Truppen,
welche die Roßbacher Schlacht mitgemacht hatten. Da wurde manch lustiger Schwank erzählt , und wenn dort der König Friß die Fran zosen geschlagen hatte, warum sollte er denn nicht jetzt die Oester reicher schlagen ? Der König übertraf in dieser Zeit sich selbst. Ueberall war er die treibende Kraft , half bald da, bald dort und wußte durch seine flammenden Worte seinen Kriegern eine solche tief innerliche Begeisterung , einen solchen Todesmuth einzuhauchen , daß selbst der gemeine Mann fühlte , daß es jetzt gelte , zu ſiegen oder zu sterben. Was von der Armee übrig geblieben, war aber auch ein tüch tiger, fester Kern.
Alle Schwachen waren den Strapazen erlegen,
alle Feigen und Zweifelhaften waren davon gelaufen.
Was hier
sich noch beim großen König befand, das war die Elite seiner kampf erprobten, treuen Schaaren, bereit, für das Vaterland und den ge liebten König zu sterben. Die Oesterreicher hatten ihre Stellung südlich der Oder genom men und zwar so, daß ihre Frontlinie senkrecht zur Flußlinie stand . Ihr großes Heer dehnte sich gegen 100,000 Mann stark fast eine Meile aus war aber diesmal in einer Ebene aufmarschirt. Ihr rechter Flügel lehnte sich an das Dorf Nypern ― dann ging die Front in etwas zurückgezogenem Bogen hinter den Dörfern Frobelwitz und Leuthen entlang und endigte auf dem linken Flügel etwas vorspringend in dem Dorfe Sagſchütz, welches auf einem Hügel gelegen und durch starke Batterien vertheidigt war. Der linke Flügel fand außerdem noch eine vortreffliche Anleh nung an ſumpfigen, von Bächen und Teichen durchſchnittenen Wieſen. Den rechten Flügel befehligte Luchesi, den linken Nadasdy, als Leiter des Ganzen fungirten Daun und der Prinz Carl von Lothringen. Am 4. Dezember begann der König seinen Vormarsch gegen die Desterreicher.
Er selbst befand sich mit den Regimentern Zieten,
Werner , Puttkamer , Szeculi und Seidlig Husaren , zuſammen 40 Eskadrons an der Tete. Die Zuversicht der Oesterreicher war so groß, daß sie die Dreistigkeit hatten, weit vor ihrer Front im Städt chen Neumarkt eine große Bäckerei und Magazine anzulegen und diese
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112
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nur mit 2 Bataillonen und 500 Husaren zu schützen. Die Infan terie der preußischen Avantgarde war noch weit zurück, als die Hu sarenpatrouillen dem König dies meldeten. Dieser beschloß, ohne weiteren Succurs abzuwarten, das Städt chen auzugreifen . Einige Eskadrons vom Puttkamerschen und von unserm Regiment saßen deshalb ab, schlugen die verrammelten Thore mit Aerten ein und stürmten die dahinter in aller Eile aufgeworfenen Barrikaden.
Sowie der Eingang frei war stürzten sich andere Es kadrons in vollem Lauf in die Straßen und hieben in den überraschten Feind ein, der nun sein Heil in der Flucht suchte und zum entgegen= gesetzten Thore in ungeordneten Schaaren hinausströmte. Hier aber standen bereits die Husaren von Szeculi und der Reſt unſeres Regi ments, die sich mit aller Wuth auf den verhaßten Feind stürzten und ein fürchterliches Blutbad anrichteten. Was nicht niedergehauen wurde, wurde gefangen und zu alledem erbeutete man noch 80,000 Brod portionen. Der ganze preußische Verlust belief sich auf 22 Todte und Verwundete. Dieses Gefecht beweist recht deutlich, daß Kavallerie auch recht gut zu Fuße kämpfen kann, wenn Noth an Mann iſt, ohne nur irgend ihren kavalleristischen Schneid zu verlieren. Dieser Coup steigerte die Hoffnungen auf eine glückliche Entscheidung bedeutend und der Muth der Soldaten entflammte bis zur tollkühnsten Ver wegenheit. Am Abend dieſes Tages versammelte der König ſeine Generale und Stabsoffiziere und hielt ihnen jene denkwürdige Rede, die in ihrer Kraft und Einfachheit unübertroffen dasteht . Jedes der Worte des Königs athmet Seelengröße und todesmuthige Entschlossen heit, und um den Geiſt, der damals in der preußiſchen Armee herrschte, zu veranschaulichen, können wir nichts Beſſeres thun, als seine Worte hier wiederzugeben. Der König sagte : Ihnen , meine Herren , ist es bekannt , daß es dem Prinzen Carl von Lothringen gelungen ist , Schweidnitz zu erobern, den Herzog von Bevern zu schlagen und sich zum Meister von Breslau zu machen, während ich gezwungen war, den Fortschritten der Fran zosen und Reichsvölker Einhalt zu thun. Ein Theil von Schlesien, meine Hauptstadt und alle meine darin befindlich geweſenen Kriegs bedürfniſſe ſind dadurch verloren gegangen und meine Widerwärtig keiten würden aufs Höchste gestiegen sein , seßte ich nicht ein unbe grenztes Vertrauen in Jhren Muth, Ihre Standhaftigkeit und Ihre Vaterlandsliebe, die Sie bei so vielen Gelegenheiten mir be wiesen haben. Ich erkenne diese dem Vaterlande und mir geleisteten
113 Dienste mit der innigsten Rührung meines Herzens . Es ist fast keiner unter Ihnen, der sich nicht durch eine große , ehrenvolle Handlung ausgezeichnet hätte und ich schmeichle mir daher, Sie werden bei vorfallender Gelegenheit Nichts an dem mangeln laſſen, was der Staat von Ihrer Tapferkeit zu fordern berechtigt ist. Dieser Zeitpunkt rückt heran ; ich würde glauben , Nichts gethan zu haben, ließe ich die Oesterreicher im Besitz von Schlesien. Sie es sich also gesagt sein:
Lassen
Ich werde gegen alle Regeln der
Kunst die beinahe dreimal stärkere Armee des Prinzen Carl_an greifen, wo ich sie finde.
Es ist hier nicht die Frage von der
Anzahl der Feinde , noch von der Wichtigkeit ihres gewählten Postens ;
alles Dieses hoffe ich , wird die Herzhaftigkeit meiner
Truppen und die richtige Befolgung meiner Dispoſitionen zu über winden suchen.
Ich muß diesen Schritt wagen , oder es ist Alles
verloren : wir müssen den Feind schlagen, oder uns Alle vor seinen Batterien begraben lassen. So denke ich - werde ich handeln. Machen Sie diesen meinen Entschluß allen Offizieren der Armee bekannt ; bereiten Sie den gemeinen Mann zu den Auftritten vor, die bald folgen werden und kündigen Sie ihm an, daß ich mich berechtigt halte, unbedingten Gehorsam von ihm zu fordern. Wenn Sie übrigens bedenken , daß Sie Preußen sind , so werden Sie ge wiß sich dieses Vorzugs nicht unwürdig machen ; ist aber Einer oder der Andere unter Ihnen, der sich fürchtet , alle Gefahren mit mir zu theilen, der kann noch heute seinen Abschied erhalten, ohne den geringsten Vorwurf von mir zu leiden. " Eine heilige Stille herrschte in dem weiten Kreiſe ,
und der
König fuhr lächelnd fort : „ Schon im Voraus hielt ich mich überzeugt, daß Keiner von Ihnen mich verlaſſen würde. Ich rechne also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den gewiſſen Sieg. Sollte ich bleiben und Sie für Ihre mir geleisteten Dienſte nicht belohnen können , ſo muß es das Vaterland thun. Gehen Sie nun ins Lager und wiederholen Sie Ihren Regimentern , was Sie jetzt von mir gehört haben. Das Regiment Kavallerie, was nicht gleich, wenn es befohlen wird , sich unaufhaltſam in den Feind stürzt , lasse ich nach der Schlacht absitzen und mache es zu einem Garniſon- Regiment. Das Bataillon Infanterie , das , es treffe , was es wolle , nur zu stocken anfängt , verliert die Fahnen und die Säbel und ich laſſe 8 v. Ardenne, Zietenſches Hus.- Regt.
114 ihm die Borden von der Montirung schneiden.
Nun leben Sie
wohl, meine Herren ; in Kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder. " Der Morgen des 5. Dezembers brach an, trübe , nebelig und düster.
Der König befand sich bei der Kavallerie der Avantgarde,
die aus einigen 40 Eskadrons Husaren bestand und den erprobten Zieten als Führer hatte. Bei dem Dorfe Borna, das noch ungefähr eine halbe Meile vor dem österreichischen rechten Flügel lag, stieß man auf drei sächsische Dragoner- und zwei österreichische Huſaren Regimenter.
Zu dieser schwachen Vorsichtsmaßregel hatten sich die
Oesterreicher doch bequemt, um einen etwaigen Anmarsch der Berliner Wachtparade zu entdecken. Aber keine Vedette, keine Patrouille be gegnete den in aller Stille vortrabenden preußischen Husaren- Schwa dronen. Der Feind erkannte sie erst , als es zu einem geordneten Rückzuge zu spät war. Die Puttkamerſchen Huſaren, ſowie die von Seidlig attackirten in der Front, unser Regiment ! und das von Szeculi in Flanke und Rücken der Feind wurde glänzend gewor fen, der feindliche General von Nostig fiel und 3 Standarten , viel Bagage, 11 Offiziere und 540 Gemeine fielen den Siegern in die Hände.
Wie die wilde Jagd stürmten die Huſaren dem Reſt ihrer
geschlagenen Gegner nach und nur unmittelbar vor der österreichiſchen Hauptstellung waren sie zu bewegen, von der Verfolgung abzulassen. Nachdem nun der König diesen Vorposten des Feindes vernichtet hatte, lag ihm Nichts mehr im Wege, die feindliche Aufstellung gründ lich zu rekognosziren. Dicht vor der Front der Oesterreicher lag ein sanfter Höhenrücken, der gerade hoch genug war, um ihnen die Bewegungen des preußischen Heeres zu verbergen.
Nur die auf den
rechten österreichischen Flügel losmarschirende preußische Avantgarde unter General Wedell war vom rechten österreichischen Flügel zu sehen. Als nun dieses schwache Häuschen herankam , glaubte der auf dem rechten Flügel kommandirende General Luchesi , es sei auf ihn abge sehen und schickte die dringendsten Bitten an den Oberfeldherrn um Unterstützung. So wurde denn auch die ganze österreichische Reserve-Kavallerie nach diesem Flügel geschickt, wo sie, wie wir sehen werden, vor der Der König nämlich , der von den Hand zu gar nichts nige war. Höhen von Frobelwitz die ganze gewaltige Entwickelung der feind lichen Streitkräfte beobachten konnte, sah bald ein, daß ein Angriff in der Front bei dem Mißverhältniß der Stärke nicht möglich sei.
―――
115
Der rechte österreichische Flügel schien aber sehr verſtärkt zu ſein, theilweise war er auch hinter dichtem Gebüsch verborgen und entzog sich der Rekognoszirung. Friedrich entschloß sich , den linken Flügel unter Nadasdy anzugreifen, der meist nur leichte Truppen und Hülfs Die Avantgarde völker (Bayern und Würtemberger) kommandirte. erhielt demnach, als sie in der Höhe von Borna augekommen war, den Befehl rechts abzuschwenken ―――― an ihrer Tete marschirten sechs Bataillone unter Wedell, um, wenn die Front wieder hergeſtellt wäre, die rechte Flanke zu sichern- dann kam das rechte Flügel-Kavallerie korps, dann in 2 Parallelkolonnen die beiden Infanterietreffen des Zentrums dann endlich das linke Flügel-Kavalleriekorps unter dem würdigen General von Driesen.
Als nun die kleine preußische
Schaar den Rechtsabmarsch antrat, hielt der Prinz von Lothringen denselben für einen Rückzug, welcher wohl beim Anblick der formidabeln österreichischen Uebermacht befohlen worden sei.
Der Feldmarschall
Daun machte auch die weise Bemerkung : ,,Diese Leute gehen, wir wollen sie nicht stören. " Während des Marsches seiner Armee blieb der König umgeben von seinen Huſaren, auf dem erwähnten Höhenzuge und kotoyirte die Seinen mit seinem Adlerblick , jede ihrer Bewegungen überwachend . Unſer Regiment, das dem königlichen Herren auch gefolgt war, konnte sich nun mit aller Ruhe die Feinde ansehen , mit denen es binnen. Kurzem handgemein werden sollte. Dann wurde es bald an die Spiße der marſchirenden Kolonne gesendet. Kaum
glaublich aber erscheint es, daß keines der vielen öster
reichischen Kavallerie-Regimenter auch nur die kleinste Patrouille auf jene Hügel schickte , von denen aus die marſchirenden preußischen Kolonnen deutlich zu sehen und ihr Endzweck unschwer zu errathen gewesen wäre. Der österreichische Koloß blieb in dumpfer Ruhe liegen und ließ die bunte schillernde Schlange der preußischen Schaaren sich um seinen linken Flügel wickeln , welchen sie bald so tödtlich stechen sollte. Die preußischen Bataillone marſchirten unter dem lauten Geſang des Chorals : Gott du frommer Gott" in die ihnen angewiesene Stellung . - Der König fragte Zieten,
dessen wahre Religioſität ihm genugsam bekannt war : 8*
116 „ Meint Er nicht , werde?"
―――
daß ich mit solchen Leuten heute ſiegen
Es hatte sich jedes einzelnen Mannes eine feierlich fromme, opferfreudige Stimmung bemächtigt, wie sie vielleicht die Kreuzfahrer fühlten,
als sie die Schlacht von Jeruſalem schlugen.
Es war der
Mittag herangekommen und die Armee hatte nun folgende Aufstellung . Die Kavallerie des rechten Flügels unter Zieten aus den Regimen tern Garde du Corps, Gens'darmen, Seidlig , Markgraf Friedrich, Prinz Schönaich, Würtemberg , Alt-Krockow und den Husaren von Zieten und v. Werner bestehend, stand füdöstlich von Schriegwig, also etwas den linken österreichischen Flügel debordirend, ihre rechte Flanke deckten 6 Bataillone der Avantgarde. Die beiden großen Infanterietreffen des Zentrums erſtreckten ſich vom Dorfe Schriegwit bis hinter Lobetinz und waren etwa parallel dem lange gestreckten Dorfe Leuthen aufgestellt, das selbst senkrecht zur öster reichischen Stellung stand.
Man sieht hieraus ,
wie sehr Friedrich
sich nur auf den Angriff des linken Flügels der Oesterreicher beschränkte. Die Kavallerie des linken preußischen Flügels, 40 Eska drons , stand bei Radaxdorf , alſo in der Höhe des feindlichen Zen trums . Der General Nadasdy, als er ſah, wie der König seine Bataillone einschwenken ließ und das preußische Heer in der fast typisch gewordenen Schlachtordnung aufmarschirt erblickte , war keinen Augenblick im Zweifel, daß sein Flügel angegriffen werden sollte. Er schickte des halb nicht weniger als 10 Offiziere an den Prinzen Carl, um die Sachlage zu melden und um Unterstützung zu bitten. Allein , da man höheren Orts für die Ansicht sich entschieden. hatte, daß die Preußen abzögen , so belächelte man die übertriebene Vorsicht Nadasdy's und glaubte nicht eher an den Beginn der Schlacht, bis der Kanonendonner vom linken Flügel seine überzeugende Sprache redete. Zuerst griff preußischerseits der General Wedell mit seinen Bataillonen die Höhen des Dorfes von Sagschütz an, sie wurden erstiegen , gestürmt , der Feind in das Dorf hineingeworfen, dieſes ſelbſt dann genommen und als der Feind sich um eine Batterie östlich des Dorfes sammelte , wurde er wieder angegriffen , total ge= schlagen und seine Batterie erobert. Das war das Entrée des Kampfes .
Mittlerweile bereitete sich der General Zieten mit der Kavallerie des rechten Flügels vor , die kämpfende Infanterie zu unterſtüßen . Seine Regimenter standen in 3 Treffen ; die Husaren im dritten.
117 Da, als gerade das Signal „ Marsch“ ´ geblasen werden sollte trabten die Zieten'schen Husaren , vom wackeren Seelen geführt, welcher ihr Kommandeur geworden war , nach vorn und seßten sich vor die Kürassiere des ersten Treffens. Es war das feine That des Uebermuthes — sondern der Drang,
zuerst an den Feind zu kommen, hatte ihnen hinten keine Ruhe ge= Laſſen. · Den Drang nach Vorwärts soll man aber in einer Truppe nie unterdrücken, und der würdige Chef des Regiments mag sich über dasselbe wohl mit Recht gefreut haben, jedenfalls ließ er ihm den eingenommenen Ehrenplay. Das Terrain aber ,
das
das Regiment
zu
passiren hatte,
war sehr beschwerlich und ungünſtig . Man mußte durch tiefe Wiesen, Bäche mit sumpfigen Rändern den Weg nehmen und konnte es nicht anders als in schmaler Front und verhältnißmäßig langsam. So kam es , daß nur eskadrons- - höchstens regimenterweise attaquirt werden konnte. Als unsere Husaren und die vordersten Abtheilungen der Kürassiere auf die etwa 30 Eskadrons starke Kavallerie Na dasdy's stießen, schien es anfänglich zweifelhaft, wer den Sieg davon tragen würde.
Hier aber errang die preußische Kavallerie und ganz besonders unser Regiment, das an diesem Tage sich selbst übertraf, unvergänglichen Ruhm. Nach hartem Kampf wurden die österreichi
schen Schwadronen geworfen, und sofort ging es auf die feindliche Infanterie. Neue Hindernisse breite Gräben, welche von Infan terie besetzt waren, hemmten den Anlauf. Aber unverzagt wurde die Unmöglichkeit versucht und es gelang.
Die feindliche Infanterie ward attaquirt , über den Haufen geworfen und von einem panischen Schrecken erfaßt unser Regiment machte hier allein nicht weniger als 2000 Gefangene, eine Zahl, welche für sich allein spricht. So groß war der Schreck des Feindes , daß ein Kornet von Quernheimb
unſeres Regiments mit 10 Huſaren einige Hundert Feinde gefangen nahm , die sich ihm jammernd und wehklagend ergaben. Zufällig fam er mit seiner Beute beim Rücktransport beim König vorbei, der ihn sofort zum Rittmeister ernannte und ihm den Orden pour le mérite verlieh. Da der Kornet in seiner neuen Stellung sich gleich auf dem Schlachtfeld einige große Taktlosigkeiten gegen seine bishe rigen älteren Kameraden erlaubte, so wurde auf Bitten Zietens dieſe Beförderung rückgängig gemacht, und der Kornet avancirte in seiner Tour weiter und soll ein sehr braver und geschickter Offizier ge
118 worden sein. Bandgeld.
Für seine That erhielt er übrigens noch 100 Dukaten
Der General Nadasdy war aber durch diesen Kavallerieangriff total geschlagen, trotzdem er mehr als dreifach so stark war wie die angreifende, etwa 8000 Mann zählende preußische Avantgarde.
Die
Reste seines flüchtigen Korps lösten sich vom Ganzen ab, flohen bis in die Gegend von Liffa und konnten erst da mühsam zum Stehen und Sammeln gebracht werden .
Die österreichische Armee machte
nun eine Arschwenkung links , bei der etwa das Dorf Leuthen den Pivotpunkt bildete; im Dorfe und hinter demselben sammelten sich ungeheure Haufen Infanterie, die dort nach Tempelhof zuweilen bis 100 Mann tief aufgestellt war. In dieser dichten Masse wütheten die preußischen Geschüße mit verheerender Wirkung und Friedrich gab endlich seinem Infanterietreffen des Centrums den Befehl, das Dorf Leuthen anzugreifen. - Die Schlacht nahte sich ihrer Entschei dung. Der Angriff der Preußen geschah in Bataillonsechelons, welche sich mit 50 Schritt Abstand folgten. Nun war aber damals der Kampf um Dörfer den Preußen eine sehr ungewohnte Arbeit und sie kamen dabei auseinander. Troßdem warfen sie die Dester reicher aus Leuthen heraus , aber selbst daraus zu debouchiren, war nicht möglich.
Der Feind stand in zu kompakten Maſſen noch hinter
dem Dorf aufmarschirt.
Hier glaubte nun die österreichiſche Kaval
lerie unter Luchesi die anscheinend bloß gestellte Flanke der preußi aber aus dem Angreifer schen Infanterie angreifen zu müſſen wurde sie die Angegriffene. Von Radaxdorf her brauste der alte Driesen mit seinen 40 Eskadrons heran die Oesterreicher selbst in die rechte Flanke fassend. Lettere wollten entfliehen und sich hinter ihre Infanterie zurückziehen, aber ihr Entschluß kam zu spät. Das erste preußische Treffen hatte sie gefaßt, das dritte saß ihnen schon in Flanke und Rücken ; es kam zu einer fürchterlichen massacre, welches die österreichische Kavallerie nahezu vernichtete. — In wilder Eile stürzte sie sich auf ihre eigene Infanterie, ſie in der Flucht mit ―――――――― sich fortreißend. Der Schreckensruf: „ Alles ist verloren" durch lief die österreichischen Reihen und Alles wälzte sich in eiligster Flucht davon in der Richtung auf Lissa . Nadasdy konnte hier wieder eini germaßen den Rückzug decken - wurde aber auch bald in die allge meine Rückwärtsbewegung mit hineingezogen. Welch ein Sieg!
Der Feind hatte im Ganzen 27,000 Mann,
116 Geschütze , 51 Fahnen ,
4000 Wagen verloren.
Luchesi war
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119
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Man konnte diesen Sieg einen der entscheidendsten nennen, der je errungen worden ist. Selten hat eine Armee ein Lied mit grö todt.
ßerem Rechte gesungen , als die preußische am Abend der Schlacht, als sie den Choral : „ Nun danket alle Gott " anstimmte. Friederich überließ sich selbst keiner Ruhe. Mit seinen Husaren und einigen Grenadierbaatillonen marschirte er noch am Abend bis Lissa , wo er im dortigen Schlosse plötzlich unter eine Schaar österreichischer Offi ziere trat. Sein einfaches ,,bon soir Messieurs " zeigte ihnen an , daß sie Gefangene ſeien.
Unermüdlich saß General Zieten mit un
serem Regiment und denen, die vor der Schlacht seine Avantgarde gebildet hatten, dem Feinde in den Hacken. Noch 3500 Gefangene fielen ihm in die Hände , sowie 3000 Wagen. Die Trümmer der feindlichen Armee litten außerdem unendlich durch Desertion ; Breslau wurde wieder genommen und ganz Schlesien von den Oesterreichern rein gefegt, welche in Böhmen nur einige 30,000 Mann von ihrer großen Armee wieder sammeln fonnten. Ueber 50,000 Mann hatten sie durch und seit der Schlacht von Leuthen verloren. Die Husaren - Regimenter Zieten und Werner saßen dem Feinde Tag und Nacht auf den Fersen und scheuchten ihn. auf, wo er sich nur niederlaſſen wollte.
Diese rastlose Verfolgung
trug sehr viel zur Zerſetzung der feindlichen Armee bei, und die Wir kung unseres Regiments auf dieser Verfolgung , mag wohl mindestens ebenso werthvoll gewesen sein, wie sein Erfolg auf dem Schlachtfelde selbst.
Wie sehr der König den Werth einer solchen Verfolgung er
kannte, beweist ein Brief, den er am 9. Dezember aus Durian an Zieten schickte. Er lautete: „Ich verlange, daß Ihr den Feind noch immer weiter pouſſi ren und verfolgen und ihm keine Ruhe lassen sollt. Ich rekom mandire Euch, den Feind bei Leibe nicht stille stehn, noch die Zeit zu laſſen, ſich zu recolligiren ; und ob ich zwar wohl glaube, daß Eure Leute müde und etwas fatiguirt sind, so kann es doch gegen wärtig nicht anders sein und müſſet Ihr bedenken, daß der Feind noch weit müder und fatiguiret sein muß ; daher Ihr ihn dann nicht eher ruhen und verlassen, vielmehr immer pouſſiren und verfolgen müßt, bis daß Ihr solchen in den Gebirgen sehet. Ein Tag Fa tigue in diesen Umständen, mein lieber Zieten, bringt uns in der Folge 100 Ruhetage. ſeſſen. "
Nur immer dem Feind in den Hoſen ge
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120
―――
Noch in mehreren Briefen stachelte der König Zieten zur eifrig ften Verfolgung an. An Weihnachten aber, als endlich die beschneiten Gipfel des Riesen- und Isergebirges einer weiteren Verfolgung des Feindes diktatorisch ein Ziel setzten , schreiben:
konnte der König an Zieten
,,Was bei Angreifung der feindlichen Arrieregarde u.
bei
Verfolgung des Feindes geschehen ist, ist sehr gut. Ich werde ihm des Kommando auf die Postirung gegen die böhmische Grenze geben.
Den Major Kleist mit den Husaren von Szeculi muß er
nach Goldberg schicken, um den Feind von da wegzujagen.
Die
Husaren-Regimenter Puttkamer und Seidlig sollen auf Poſtirung stehen bleiben. Seinem Regiment und dem von Werner will ich Winterquartier geben.
Er muß auch Anstalt machen, daß das
Regiment wieder complett wird, die Pferde habe ich schon. " Zieten antwortete :
" Wegen Complettirung meines Regiments
an Mannſchaften
werde alle mögliche und baldige Maßregeln treffen. " Daß das Regiment im Laufe des Feldzuges ganz enorme Ver luste gehabt haben muß, ist klar, und man muß der Thätigkeit Zie tens und seiner Offiziere alle Anerkennung widerfahren lassen, wenn er schon am 2. März 1758
melden konnte : Sein Regiment ſei
wieder complett , ja über complett.
Dabei war man bestrebt ge
wesen, auch während des Feldzugs dem Regiment wenigstens einige Verstärkung zuzuführen . Aus einem Schreiben Zietens vom 24. August 1757 geht das hervor.
Dasselbe ist auch aber deshalb in
teressant, weil es beweist, daß der König über die Ernennung jedes einzelnen Kornets selbst bestimmte und die deshalb eingegangenen Vorschläge der Regiments - Kommandeure sorgfältigst prüfte . Schreiben lautet :
Das
,,Da mir von dem gefangenen Lieutenant Wewer meines unterhabenden Regiments gemeldet worden, daß der gleichfalls ge fangen gewesene Kornet von Bachenschwanz , den ich aber Euer Königlichen Majestät schon neulich als Seconde-Lieutenant in Vor schlag gebracht, darob gestorben sei ;
So habe Euer Majestät
unterthänigst bitten wollen , den ältesten Kornet von Gruben an dessen Stelle wiederum zum Seconde - Lieutenant und den Unter offizier Christian Schröder, einen gut gedienten Mann, zu avanciren. Und sowie Euer Königl. Majestät mir unter
dem 7. Juli
durch den Obersten von Kruſemarck allergnädigst bekannt machen
―――
121
-
lassen, daß jede Esquadron meines unterhabenden Regiments mit 1 Officier, 2 Unterofficiere und 24 Gemeine augmentiret wer den solle ; So habe ich zur nöthigen Anschaffung der dazu erfor derten Leuten den Lieutenant von Probst nach Berlin gesandt, der Pferde wegen aber den Lieutenant Wichert nach Breslau gesandt, und nun von solchen die Nachricht erhalten , daß sie mit einem so wohl als dem andern ziemlich zu Stande gekommen wären . Ew. Königl. Majestät habe also hierdurch allerunterthänigst anflehen wollen , die dergestalt nöthige 10 Officiers mir auf fol gende maße , als 1 ) die beyde bisher als aggreirt gestandene Lieutenants Alexander von Legrady und Wilhelm Heinrich von Schau zu Seconde-Lieutenants und da dieſe beyde noch mit keinen patenteen versehen gewesen, ersterer aber bereits vom Januario c. und zweyter Martio c. an von Ew. Majestät tractament genossen, so hoffe auch, daß Höchstdieselben die Gnade haben werden, ihnen dergestalt ihre neu zu erhaltenen patente erteilen zu lassen. " ( gut. " Eigenhändige Bemerkung des Königs) . 2) den ehedem in herzoglich Würtembergischen Dienst als Lieutenant, seit 3 Mo nath aber ben
meinem
Regiment als
Volontair gestandenen
v. Booſe, einen tüchtigen Menschen, gleichfalls zum Seconde- Lieu tenant und 3) die Unterofficiers Albrecht Stein Heinrich Ludwig Kannholz Siegfried Gottschalk Otto von Quernheimb Friedrich Korb Friedrich Fabricius Casimir Schulze zu Cornets allergnädigst zu accordiren, ich getröste mich hier unter gnädigster déferirung und erſterbe in treuſter Devotion Ew. Königl. Majestaet aller unterthänigst treu gehorsamster Knecht H. J. v. Zieten." Für einige Monate konnte sich nun unser Regiment der Ruhe in seinen Winterquartieren in Schlesien erfreuen , wenn anders man seine unausgesetzte Thätigkeit in Bezug auf die Vorbereitungen zur nächsten Kampagne Ruhe nennen kann. Kriegerische Vorfälle kamen in diesem Winter nicht mehr vor , außer der Belagerung von
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122
Schweidniß, welche Festung gerade in die Hände der Preußen fiel, als die ersten Strahlen der Aprilsonne alle Armeen wieder ins Feld riefen.
C.
Feldzug 1758.
Die Augmentation seiner Armee wurde dem König sehr er schwert durch eine pestartige Seuche, die in diesem Winter sehr zahl= reiche Opfer forderte. Der König selbst nennt sie in einem Briefe an den Prinzen Heinrich die ungarische Krankheit.
Anderen Notizen
zufolge soll sie aus der schlechten Qualität des vertheilten Kommiß brotes entstanden sein. Diese Annahme hat viel für sich,
da sie fast nur unter den Soldaten ihre Opfer forderte. Die unglücklichen Erkrankten wurden über den ganzen Körper mit Geschwüren bedeckt und starben einen qualvollen Tod.
Trotz der großen Abgänge, die deshalb seine ge
lichteten Regimenter
abermals auszuhalten hatten, erreichte es der König doch im Frühjahr in toto 143,000 M. aufzustellen, davon 37,000 M. Kavallerie. Außerdem noch 60,000 M. Garniſontruppen.
Freilich war die Armee nach allen vier Himmelsgegenden vertheilt und bei der Armee des Königs sind nach seiner eigenen Aussage beim Beginn der Operationen kaum 90,000 M. gewesen. Unser Offizier-Korps erlitt noch vor dem Beginn der Feind seligkeiten eine Veränderung, wie aus dem Schreiben des Königs an Zieten vom 6. April hervorgeht : " Ich habe auf Euer Schreiben vom dritten dieses den Ritt meister Heinicke zum Major bei Eurem Regiment ernannt und da dieser Major eigentlich beim ersten Bataillon steht, so approbire daß ihm die Langensche und dem Rittmeister v. Nagy die Heinickesche Esquadron conferiret werde. Um den Oberst - Lieu tenant von Teuffel und den Rittmeister von Reizenſtein ist es Ich,
Schade, daß Ihr solche vom Regiment verlieret, indeſſen da ſie beide zum Husarendienst nicht mehr tüchtig sind, so will ich dem Ersteren den verlangten Abschied geben und den Letteren ander weitig zu placiren suchen". Die Rüstungen der Feinde des Königs waren ungeheuer ge wesen, und das Schlimmste von Allem war, daß die Stärke ihnen den Muth gab, offensiv vorzugehen.
Die Russen brachen nach der
Mark auf, die Schweden selbst rührten sich, ein großes französisches Heer kam sengend und brennend nach Franzosenart wieder heran
123 gezogen, und die Oesterreicher, welche ihr ganzes Völkergemisch auf geboten hatten, stellten nicht weniger als 130,000 Mann auf. Reichsarmee wollen wir gar nicht zählen. war, faßte der König den Vorsatz,
Die
Als Schweidnitz gefallen
erst den Oesterreichern einen
Schlag zu versetzen, dachte dies am wirksamſten zu thun, wenn er die Veste Olmüßt belagerte, die auf dem Wege nach Wien lag, und auf deren Besit man in Desterreich merkwürdiger Weise bis auf die allerneueste Zeit den höchsten Werth legte.
Sprach doch selbst der
sonst so verständige Erzherzog Karl das Paradoxon aus, das Olmüß das ganze Land bis Wien beherrsche , als ob eine einzelne Poſition ein weites
offenes Land
auch nur im geringſten ſchüßen
könne. Genug, der König beschloß die Festung zu belagern und brach am 27. April mit seiner Avantgarde von 17 Bataillonen, 20 Eskadrons Huſaren (unserm Regiment und dem von Putkamer) und 13 Eskadrons Kavallerie von Neiße auf. Der General Zieten mit 12 Bataillonen blieb in Landshut und sollte durch falsche Gerüchte und Manövers die Absicht des Kö nigs verbergen.
Der Kommandeur unseres Regiments
war noch
immer der Oberst v. Möhring . Unter deſſen Führung traf es am 29. April bei Troppau ein. Am 2. Mai bivouatirte es bei Gibau . Von hier aus wurde der Oberst-Lieutenant v. Seelen mit 500 Hu faren nach Littau detachirt, um diesen Ort in Besit zu nehmen. Die Stadt war aber stark befestigt und die Brücke über die Morawa abgebrochen, so daß die Huſaren den Ort nicht ſelbſtſtändig erobern, sondern die Ankunft der Infanterie abwarten mußten. Als dann der Feind aus
der Stadt vertrieben wurde,
nahmen ihm unsere
Husaren wenigstens noch 31 Gefangene ab. Am 5. Mai brach der König mit 30 Eskadrons Huſaren, be ſtehend
aus den Regimentern Zieten, Putkamer und Werner unter
Führung des Generals v. Werner und 20 Eskadrons Dragoner von Littau auf, um den General de Ville aus Olschau zu vertreiben, einem Städtchen, das südlich von Olmütz gelegen, bei der beabsich Als Oberst tigten Cernirung der Festung von Wichtigkeit war. Werner bei Olschau ankam, fand er es stark besetzt .
Zwei
Eska
drons Husaren (von welchem Regiment ist nicht zu ersehen geweſen) mußten abſißen und zu Fuß das Städtchen stürmen. Vergeblich versuchte der General de Ville die sogenannte Miſolinka - Brücke zu vertheidigen ―― er wurde bis hinter das Städtchen Prosnig zurück getrieben.
Nach dem Treffen hatte unser Regiment die Ehre den
124
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König nach Littau zurückzugeleiten. Auf dem Marsche dahin machte es die Rekognoszirung in unmittelbarer Nähe des Monarchen mit, welche dieser mit dem Obersten v. Valby von den Ingenieuren vom Tafelberg aus gegen die Werke von Olmüß unternahm . Nach dem Erfolg von Olschau begann die Einschließung von Olmüş. Der König deckte das eigentliche Belagerungs -Korps durch 4 vorgeschobene Lager. Unser Regiment war Anfangs in dem bei Aschmeritz gelegenen, am 11. Mai aber verlegte es der König in das bei Prosnis und postirte es vor seinem rechten Flügel auf Vor posten gegen Kosteleß , wohin von der Armee täglich ein Major und 150 Mann Infanterie zur Unterſtützung der Husaren gegeben wurden. Zweihundert Husaren des Regiments blieben aber im Lager von Aschmeritz und gehörten zum Korps, welches unter dem Befehl des Feldmarschall v. Keith stand . Der feindliche Heerführer Daun, der nichts mehr haßte und fürchtete, als eine Offenſivschlacht gegen den König, war weit entfernt einen energischen Versuch zum Entſag der Festung zu machen.
Seine Thätigkeit beschränkte sich, den König
durch seine leichten Truppen möglichst zu haranguiren und zu be lästigen, Munitions- und Proviant-Kolonnen abzufangen, kurz alle Neckereien des kleinen Krieges
möglichst zu betreiben .
Dies war
dem preußischen Heer insofern sehr lästig, als die preußischen Ma gazine und Artilleriewerkstätten über 18 Meilen von Olmüz entfernt waren und durch die steilen Gebirgswege ein Fahren vollgepackter, zerbrechlicher Wagen beinahe eine Thorheit genannt werden konnte. Der Ueberfall solcher Convois war wegen der vielen Wälder und der Anhänglichkeit der Landbewohner für die Desterreicher außeror dentlich leicht und lohnend, für die preußischen Begleitkommandos war hingegen die Bewachung solcher Wagenkolonnen ein sehr beschwer liches Ding, wobei viel Mühsal und wenig Ehre im günſtigen Falle, im
ungünstigen aber Verlust von Reputation und Leben zu holen
war. Bei den Unternehmungen des Feindes zeichnete sich jetzt wieder sehr der General Laudon aus, ein Offizier, dem Friedrich dereinst den Eintritt in seine Dienste wegen seiner unansehnlichen Geſtalt sehr ungnädig verweigert hatte. Gegen diesen wurde am 21. Mai ein kleiner Schlag geplant, an dem unser Regiment größtentheils Theil nehmen konnte. In der Nacht vom 21. zum 22. wurde er überfallen, und unſere Husaren fanden Gelegenheit bei seinem Rückzug auf Komit 1 Kapi tain und 1 Lieutenant von den Husaren nebst 48 Kroaten gefangen
125 zu nehmen.
Daß diese Zeit eine wahre Unzahl von kleinen Pa
trouillengefechten ergab, ist leicht zu denken . Der Feind war übrigens durch diesen Ueberfall keineswegs zurückgeschreckt, sondern dachte vielmehr eifrig daran, den erlittenen Verlust unserm Regiment heim zuzahlen.
Bald darauf überfiel er
deshalb, durch einen Deſerteur
geführt, unser Bivouak bei Kostelet, und wenn das Regiment auch rasch zu Pferde war, so drang er doch, von der Nacht begünstigt, in das Bivouak des ersten Bataillons ein.
Hier können wir von der
unerschrockenen Pflichttreue eines Husaren Lange berichten. Derselbe stand als Posten vor dem Zelt des Obersten v. Möh ring . Als die feindlichen Husaren in das Lager eindrangen, ver wehrte er ihnen den Eintritt in das Zelt mit solcher Bravour, daß die beabsichtigte Plünderung des Zeltes nicht gelang . Das nach der Vertreibung des Feindes später zurückkehrende Regiment fand den braven Husaren auf seinem Posten, der, als der Säbel ihm bei der Vertheidigung zersplittert war, mit Kolbenhieben seines Karabiners sich gewehrt hatte. Letterer war von 20 Säbelhieben getroffen sein wackerer Inhaber aber war ebenfalls von mehreren Hieben zer fleischt worden, die glücklicherweise sämmtlich nicht gefährlich waren. Der feindliche Ueberfall wurde übrigens dadurch abgeschlagen, daß unser zweites Bataillon wie der Blig im Sattel saß
und den
durch das Eindringen in das Lager des ersten Bataillons in Unord nung gerathenen Feind geordnet und entschlossen angriff und ihn somit zurückwarf. Der Ueberfall wurde 3 Nächte hintereinander wiederholt, so daß unsere Husaren in steter Allarmbereitschaft sein und die größte Wachsamkeit beweisen mußten. Diese nächtlichen Gefechte blieben natürlich nicht ohne Verluste und bei einem derselben fand der Lieutenant v. Jürgaß einen ehren vollen Tod. Die Belagerung von Olmütz wollte unterdeſſen gar keinen rechten Fortgang nehmen. Geschickte Belagerungen waren damals nicht gerade die Stärke der preußischen Armee, und Friedrich war so wenig geneigt für den Belagerungstrain und für das Korps der Ingenieur offiziere etwas zu thun, daß Beide in einem traurigen Zuſtand blie ben. Der Oberst Balby, der die Belagerungsarbeiten leitete, hatte überdem die Transcheen auf eine Entfernung von 1800 Schritt er öffnet und die ganzen Arbeiten schritten überhaupt so langsam vor wärts, daß der König an den Feldmarschall Keith schrieb :
126 Tout ce que Balby écrit, mon cher maréchal, n'est que du verbiage, qui doit servir de manteau à l'ignorance et au peu d'expérience des ingénieurs “ . Die lange Belagerung forderte natürlich mächtige Zufuhren, und eine Hauptkolonne von 4000 Wagen brach am 21. Juni von Neiße auf, um dem König Geld, Rekruten, Proviant, Vieh und Munition zu bringen. Die Generale Zieten und Werner wurden mit etwa 8-10,000 Mann entgegengesandt, um den Transport zu geleiten. Hierunter befanden sich auch 300 Husaren unseres Regiments unter dem Befehl des Majors v. Samoggy . Es war natürlich, daß der Feind diesen Transport, der eine Länge von 8-9 Meilen hatte, abzufangen suchen mußte, da ſein Verlust für den König von Preußen die Aufhebung der Belagerung bedingte.
Der Anschlag war auch
sehr leicht auszuführen, weil die kleine Anzahl Preußen auf der langen Linie vertheilt, nirgends einen nachhaltigen Widerstand zu leiſten im Stande war. Als deshalb der General Laudon, unterſtüßt von den intelligentesten Partheiführern mit etwa 18,000 Mann den endlosen Convoi überfiel, so war alle Klugheit Zietens umſonſt und der größte Theil der Wagen kam in die Hände der Oesterreicher. Die Wege waren auch kaum mehr für Fuhrwerk gangbar, da es 36 Stunden ununterbrochen geregnet hatte, die Gewehre wollten nicht mehr losgehen und bei den ersten Kanonenschüssen der Oester reicher ergriff die Fuhrknechte ein solch panischer Schrecken, daß sie die Stränge durchhieben und auf ihren elenden Gäulen zu entfliehen suchten. Unsere Husaren machten in Verbindung mit einigen andern Eskadrons bei Domstädtel zwar eine glückliche Attake, welche den Feind zurücktrieb, das allgemeine Unglück war aber dadurch nicht mehr aufzuhalten. 900 Rekruten aus der Mark und aus Pommern fochten hier wie die Löwen und fielen bis auf 65, die sich zu ihrem König durch Zieten selbst gerieth so in die Enge, daß er sich mit dem Reſt ſeiner Truppen nach Troppau und von da nach Neiße zurück ziehen mußte und erst später wieder zum König stoßen konnte. Die Belagerung von Olmit mußte nun aufgehoben werden und der schlugen.
König mußte an den Rückzug denken.
Mit dem bei einer langwierigen Belagerung aufgehäuften unge heuren Troß war das Angesichts eines überlegenen kühn gewordenen Feindes keine Kleinigkeit, um so mehr als der Feldmarschall Daun im Rücken des Königs alle Pässe nach Schlesien stark hatte besetzen
127 laſſen und deshalb
die preußische Armee schon gefangen
glaubte.
Friedrichs Entschlossenheit durchkreuzte aber die Entwürfe des öster reichiſchen Cunctators , indem er seinen Rückzug unerwartet nach Böhmen nahm . Unser Regiment wurde bei dieſem meiſterhaften Rückmarſch theils dem Feldmarschall Keith zugewiesen, der die Arrieregarde führte, theils behielt es der König bei sich in der Avantgarde. Beide Ab theilungen hatten sich täglich mit der Unzahl der sie umschwärmenden leichten österreichischen Truppen herumzuschlagen.
Am 12. Juli bot
ſich einem der Offiziere unseres Regiments, dem Lieutenant Kords hagen, Gelegenheit, einen glänzenden Huſarencoup auszuführen. Der ſelbe war mit 50 Husaren vom König an den Feldmarschall Keith behufs Befehlüberbringung geschickt worden . Bei seinem Ritt dahin sah er das Kürassier = Regiment v. Bredow von 1100 Mann feind licher Kavallerie angegriffen und
in ziemlich übler Lage.
Dieses
Regiment hatte nämlich einen Wagenconvoi zu decken, der gerade einen Hohlweg passiren mußte, war bei der Attake geworfen und im Begriff, auch in den Hohlweg getrieben zu werden.
Der Lieutenant
Kordshagen befann sich keinen Augenblick, ſondern stürzte sich sofort mit seiner kleinen Schaar so entschlossen in den Feind,
daß dieser
ſtuzte und ansing zu fliehen, so daß er mit Hilfe der sich wieder Der Feind sammelnden Kürassiere vollständig geschlagen wurde. verlor 40 Todte und 6 Offiziere, 238 Mann an Gefangenen.
Wir
wollen über den braven Offizier gleich an dieser Stelle noch Einiges mittheilen: Kordshagen wurde im Jahre 1718 in dem Dorfe Spornit bei Parchim in Mecklenburg - Schwerin als Kind
einfacher Bauersleute
geboren. Im Jahre 1742 trat er bei den Zietenſchen Huſaren ein, wo er nach 10jähriger Dienstzeit Wachtmeister wurde. 1757 avan cirte er zum Lieutenant und erhielt 1762 als Rittmeister die Schwa dron.
Er fehrte mit dem Verdienstorden in die Garnison zurück.
Schon als Unteroffizier gab er seinem armen Vater von dem ſpär lichen Gehalt eine Zulage. Seine Aeltern ehrte er in dem Grade, daß er jedesmal seinem Vater, wenn er zufällig zu den Mittagsge sellschaften kam, die dieser gastfreie Mann mit dem gefälligsten An stande gab, den obersten Platz an seiner Tafel einräumte und als dann zu den Freunden ſtatt aller Entschuldigung mit kindlicher Ehr erbietung sagte : „ Dieser ist mein Vater ". Der Regiments -Kom mandeur v. Prittwiß , der einst Zeuge einer solchen Scene kindlicher
128 Ehrfurcht gewesen, erzählte dies dem Könige. brach darauf in die Worte aus :
Der große Monarch
„Wer so edel denkt, so edel handelt, der verdient auch adlig zu sein". Kordshagen wurde in
den Adelstand
erhoben
und starb
als
Major 1773. Seine Familie erlosch mit seinem einzigen Sohne, welcher als Rittmeister unseres Regiments den 3. November 1806 bei Kriwit löwenbrav gegen die Franzosen fechtend auf dem Bette der Ehre fiel.
Am 12. Juli kam der König bei Königgrätz an, wo er einige Der General Laudon, der sofort in die linke Flanke der
Zeit blieb.
preußischen Stellung bei Opatschkau gegangen war, konnte dort nicht stehen gelassen werden. Der König ging daher selbst mit 7 Ba= taillonen, unserem Regiment und den Dragonern v. Normann seinem gefährlichen Gegner zu Leibe. Ein feindliches Husaren - Regiment, welches bei Mockerey der diesseitigen Kavallerie sich entgegenzustellen versuchte, wurde glänzend geworfen und hinter seine Infanterie ge jagt.
Daß Laudon hier glücklich entkam, lag bloß in dem Umstand, daß die preußische Infanterie der Kavallerie nicht hatte folgen können und deshalb nicht in das Gefecht miteingriff. Laudon verſuchte nun unsere Husaren und die Normannschen Dragoner durch das ungarische Infanterie - Regiment Haller aufzuhalten , welches aus dem Dorfe Sadel ein wüthendes Feuer gegen dieſe eröffnete . Nichtsdestoweniger wurde das Dorf ſelbſt attakirt, 30 Mann von der nun schnell den
Rückzug antretenden Infanterie niedergehauen und 1 Kapitain nebst 96 Mann gefangen genommen. Da der König bald seinen Rückzug aus Böhmen fortzusehen gezwungen war, so ging das Necken und Scharmußiren mit der feind lichen Kavallerie immer weiter. Ein bedeutenderes Gefecht bestand das Regiment bei Czernilow am 29. Juli mit feindlichen Husaren, in welchem von letzteren 1 Offizier und 45 Mann gefangen genom men wurden.
Leider blieb hier der Rittmeister Nagy unseres Re
giments nebst 6 Husaren todt. An demselben Tage stieß auch Zieten mit seinen versprengten Truppen wieder zum Könige, der seinem versuchten General über das unverschuldete Unglück keinen Tadel aussprach. Als die Armee glücklich in Schlesien angekommen war , überließ der König dieselbe größtentheils dem Feldmarschall Keith und brach mit nur 14,000 Mann nach der Neumark auf, um vereint mit dem dort gegen die Ruſſen
―――
129
――
aufgestellten General Graf Dohna dieſen entsetzlichen Feinden das weitere Eindringen in die preußischen Staaten zu verwehren.
Unser
Regiment gehörte mit zu den Truppen, welche den König begleiteten, während sein Chef in Schlesien zurückblieb. Wenn der König gegen einen neuen Feind sich zu wenden gezwungen war , dann that er es wie ein gereizter Löwe und stürzte auf ihn mit aller Schnelligkeit und Wuth.
So
zog
er denn mit seinem Häuflein in gewaltigen
Märſchen den Ruſſen entgegen , legte in 11 Tagen 35 Meilen zu rück und stand an der Oder unweit Cüstrin , ohne daß die Russen eine Ahnung davon hatten.
Diese letteren waren mit einem wahr
haft grausigen Vandalismus verfahren.
Alles, was nur eine thierische
Wildheit zu ersinnen im Stande ist, war von diesen Horden begangen worden. Ueberall sahen die preußischen Krieger rauchende Trümmer von einst wohlhabenden Dörfern und mußten von den unglücklichen Landleuten die Erzählung von dem endlosen Jammer hören , den die Russen ihnen zugefügt. Bei Güſtebieſe ging der König zuerst mit einer Schwadron unseres Regiments auf einer Pontonbrücke über die Oder. Die Armee folgte ihm auf dem Fuße. Gerade hier strömten ganze Schaaren von Landvolk zusammen und erzählten ihrem König treu herzig ihre Leiden , mit der Bitte , sie von dem teufliſchen Feinde zu befreien. Friedrich war durch die Verwüstung seiner armen Neumark so entrüstet, daß er seinen Soldaten den Befehl ertheilte, in der Ba taille keinen Pardon zu geben. Die Russen erfuhren das und nahmen sich das Gleiche vor, und ſo wurde die bald darauf folgende Schlacht mit einer grenzenlosen Erbitterung geschlagen , so daß sie zu den blutigsten gehört , welche die Geschichte zu verzeichnen gehabt hat. Am 21. August hatte sich der König mit dem Grafen Dohna vereinigt, der bis dahin wenig gegen die Schweden und Ruſſen zu thun gehabt. Seine Truppen (fast lauter ostpreußische Regimenter) ſahen deshalb sehr propre aus. Friedrich bemerkte das , zeigte auf ſeine abgeriſſenen Schaaren und sagte die berühmten Worte : "Ich bringe welche mit , die sehen aus wie die Grasteufel, aber sie beißen. " Dieſe Grasteufel schlugen sich nachher auch ein gut Theil beſſer wie die Dohna'schen Truppen , die der König später scharf zu tadeln hatte. Am 25. August kam es denn zu der glorreichen Schlacht von Zorndorf. 9 v. Ardenne, Zietenſches Hus.- Regt.
130
-
32,000 Preußen hatten gegen 50,000-60,000 Ruſſen zu fechten. Unter dem Sieger von Roßbach , dem von seiner Wunde wieder ge nesenen Seydlig, war eine große Kavalleriemaſſe von etwa 7000 Rei tern auf dem linken Flügel der preußischen Stellung vereinigt. Unser Regiment stand im zweiten Treffen des großen Kavallerie Korps.
Rechts an die Kavallerie schloß sich das Dohna’ſche Korps,
dann kamen die Infanterie-Regimenter , die der König aus Schlesien mitgebracht hatte ; auf dem rechten Flügel und hinter dem Centrum stand noch etwas Kavallerie.
Vor der Mitte der preußischen Stel
lung lag das große Dorf Quartſchen, vor der Seidlig’ſchen Kavallerie lag der theilweis sumpfige, vielfach von Gräben und von kleinen Wasserläufen durchschnittene Zaber- und Galgengrund. Stellung bestand in einem ungeheuren Viereck.
Die russische
Tief gedrängt ſtan=
den die ruſſiſchen Infanterie-Bataillone , furchtbar durch das Gewicht ihrer Maſſen, zäh und hartnäckig durch ihre an Stumpfſinn grenzende Gleichgültigkeit gegen die Gefahr, unerschütterlich im rasendsten Feuer, aber ungeschickt und unfähig , etwas Anderes zu thun, als auf dem Fleck zu stehen, zu fechten und zu sterben. Hoch zum Himmel züngelten die Flammen des brennenden Dorfes Quartschen, welches die Russen ohne Grund angesteckt hatten, als die preußische Artillerie ihre ersten Kanonenschüsse auf die star ren Massen der Feinde abgab. Die Wirkung der Geschosse war hier furchtbar. Die Kanonenkugeln zogen blutige Furchen und eine einzige soll auf einmal 42 Grenadiere zuſammengeschmettert haben.
Nachdem die fürchterlichste Kanonade eine Weile gedauert hatte, ging die Infanterie des linken preußischen Flügels vor. Der Angriff geschah aber nicht mit der Präciſion und der Ordnung, welche der König bei seiner Infanterie gewohnt war. Der Vormarsch ſtockte, und als große Massen russischer Kavallerie auf die Wankenden ein brachen, stürzten diese in eiliger Flucht nach rückwärts , so daß der russische Oberfeldherr , Graf Fermor , schon die Siegesnachricht nach Seidlitz , welcher den Fortgang des Kampfes mit äußerster Aufmerksamkeit verfolgte , glaubte jetzt den Augenblick
Petersburg sandte.
gekommen, mit seiner Kavallerie eingreifen zu müſſen. Die Muße von einigen Stunden hatte er dazu benußt , die Uebergänge über die Zaber und die Beschaffenheit des ganzen Terrains rekognosciren zu laſſen. An einigen fumpfigen Stellen , die besonders wichtig waren, hatten ganze abgesessene Regimenter arbeiten müssen, um sie durch abgehauenes Buſchwerk und Erdſchüttungen paſſirbar zu machen. An
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131
der Spize seiner eigenen Kürassiere, unseres Regiments und der Husaren v. Malachowsny flog der ritterliche Führer die Zaber ent lang, dann rechts schwenkend passirte er sie gerade, als er in der Höhe der russischen Kavallerie war. schreiblichen Wuth attaquirt.
Diese wurde mit einer unbe
Durch einen Stoß wurde sie ausein
ander gesprengt, in die Sümpfe geworfen oder niedergehauen. Zu gleicher Zeit hatten mehrere andere preußische Regimenter, darunter die Gardes du Korps und die Gensd'armes , die russische Infanterie angegriffen , die mit ihrem betäubenden Hurrahruf vor gebrochen war, um die fliehende preußische Infanterie zu verfolgen. Mit aller Macht stürzten sich die geharnischten Geschwader in die schwer sich heranwälzenden compacten Massen.
Die halten zwar -
die preußischen Reiter brechen in sie hinein , aber unbeweglich stehen die slavischen Krieger und ein übermenschliches Gemezel beginnt jeßt. Seidlig hatte nach Vernichtung des ihm entgegentretenden Theiles der feindlichen Kavallerie rasch seine Husaren und Kürassiere wieder gesammelt. Die kaum ſich verſchnaufenden Pferde mußten sofort im vollſten Laufe ihre Reiter den mit der russischen Infanterie kämpfenden Kame raden zu Hülfe tragen.
In Flanke und Rücken der feindlichen
Quarrees brechen die nun gesammelten 30 Schwadronen ein, unter ſtützt von 15 weiteren Schwadronen und 2 Dragoner - Regimentern. Hier wüthete jeder einzelne Reiter mit aller Furie , die nur Haß, Alle Regimenter Rachsucht und Aufregung hervorbringen können. ――― wetteiferten mit einander; sie waren unter einander gekommen, der Husar focht neben dem Küraſſier , der Dragoner neben dem Hu saren. Die Ruffen standen in der That wie die Mauern. Augen zeugen versichern, daß selbst ein Schuß in den Leib nicht hinreichend war, sie nieder zu werfen.
Man arbeitete sich hinein in den gräu
lichen, blutigen, von Staub und Pulverdampf verfinſterten Knäuel, wenn die stampfenden Pferde hindurch gebrochen waren , machten die Reiter Kehrt und nahmen von Neuem die blutige Bahn , bis der größte Theil der Lebenden in einen Leichenhaufen verwandelt war, unter dem noch die Schwerverwundeten den Kampf gegen einander mit den Zähnen und Fäusten in grimmigſter Wuth_fortſeßten. *) Endlich hatte man den ganzen Zaber- und Galgengrund rein gefegt. Während Seydlig seine keuchenden Schwadronen ungefähr auf ihren
*) Das Handgemenge dauerte eine volle Stunde. 9*
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frühern Standort hinter dem Dorfe Zorndorf, das nun auch in Flammen stand, zurückführte, um sie dort zu ordnen, fielen die Reſte des geschlagenen russischen Flügels über die eigene Bagage her, schlugen die Branntweinfässer auf, und selbst aus dem Staube die elle Flüssigkeit aufſaugend , geriethen dieſe Wütheriche in einen Zu stand sinnloser Trunkenheit , in welchem sie meist im Verlauf der Schlacht gefangen, oder wie die tollen Hunde niedergeschlagen wurden. Es war 2 Uhr Mittags geworden. Die Dohna'ſchen Regimenter waren wieder gesammelt und sollten noch einmal vorrücken , diesmal, um das Zentrum der Russen und ihren linken Flügel anzugreifen. Die einmal geschlagenen Bataillone waren aber an diesem Tage nicht mehr die früheren Helden, - sie wichen abermals zurück und die nachſtürmenden Kolonnen der Russen eroberten eine große Anzahl preußischer Kanonen, an denen die Kanoniere, bis zuletzt ihre Schul digkeit thuend, niedergehauen wurden. Abermals stand der Ausgang der ganzen Schlacht auf dem Spiele.
Da brauste vom linken Flügel der unvergleichliche Seidlig
abermals heran , diesmal mit der ganzen Kavallerie.
Dem linken
Flügel der Russen gegenüber formirte sie sich in 3 großen Treffen, dann bliesen an 400 Trompeter das schmetternde Signal der Attaque, und so schnell die ermüdeten Pferde noch laufen konnten, ging es vorwärts . w Unser Regiment befand sich hier im 3. Treffen mit den anderen Husaren-Regimentern vereint. Zuerst wird wieder russische Kavallerie geworfen und in die Brüche von Quartschen gejagt.
Immer feſt geſchloſſen, geht es dann
vorwärts — troß eines sprühenden Kartätſchfeuers werden die ruſſi schen Batterien genommen , die verlorenen preußischen Kanonen wer den wieder erobert , dann immer weiter gegen die geschlossene Infan terie des russischen Zentrums hinter dem Galgengrund vorgegangen. Von Neuem beginnt hier ein unerhörtes Gemezel - zu gleicher Zeit rückt der rechte preußische Infanterieflügel unter eigener Führung des Königs vor und unterstützt den Reiterangriff. Es waren dies die alten braven Regimenter , die der König bracht hatte:
aus Schlesien mitge
Prinz von Preußen , Forcade, Kalkstein, Asseburg und
mehrere Grenadierbataillone.
Diese wetteiferten mit der Kavallerie
an Tapferkeit , und als das Dunkel der Nacht einbrach, gingen die legten wirren Haufen der Ruſſen in regelloser Flucht zurück. Todt müde lagerten sich beide Heere - das eine zum Fliehen, das andere zum Verfolgen unfähig. Bis spät in die Nacht kämpften noch Reiter
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schwärme miteinander. Ueber 1000 Kosaken, welche die Verwundeten mordeten und beraubten , wurden von den preußischen Husaren in die Schäferei von Quartschen gejagt , diese angezündet und die sich wie die Rasenden Wehrenden dort sämmtlich niedergehauen oder in die Flammen geworfen. Die Verluste der Schlacht waren ungeheuer. 10,000 Preußen, 20,000 Russen deckten todt oder verwundet die Wahlstadt.
Die Verlustlisten dieser Schlacht sind noch vorhanden
und wir können deshalb genau die unseres Regiments angeben. Todt waren : Major v. Heinicke , Rittmeister v. Frankenberg, Lieutenant v. Möllendorf, Kornet Offenius . Schwer verwundet : die Rittmeister v. Reitenstein und v. Rohr , die Lieutenants v. Schenk, Kordshagen , v. Gröben, v. Bohse, v. Schulz und der Kornet von Schulz ; leicht verwundet noch 9 andere, so daß 21 Offiziere außer Gefecht waren. Von Unteroffizieren und Husaren waren 140 todt oder bleſſirt
109 Pferde waren todt, 65 hatten Wunden, 20 wur
den vermißt. Der König war von der Kavallerie entzückt. Er schrieb noch am Abend der Schlacht an seinen Bruder Heinrich : „ La bataille de Quartschen fut gagnée à deux heures, aprês quoi nous avons été sur le point d'être battus tota lement et par trois succès différents , où je n'ai pas toujours trouvé tout le secours possible dans l'infanterie , je les ai battus; je suis fort content de la cavalerie." Am anderen Tage sollte nach dem Willen des Königs der Rest der Russen vernichtet werden.
Allein die eigene Armee war doch zu
hart von der Schlacht mitgenommen. Auch genügte eine einſache Kanonade , um die Russen aufzuscheuchen, die eiligst ihren Rückzug über Landsberg an der Warthe antraten und für dieses Jahr keine weitere Gefahr dem König brachten.
Am 20. Auguſt aber mußte
unser Regiment schon wieder nach der Nieder - Lausitz aufbrechen, wo der unermüdliche Laudon seine schädlichen Streifereien mit großer Kühnheit ausführte. Der Marsch dahin ging über Küstrin und Frankfurt ― am 10. September, als die Armee des Königs auch in diese Gegend kam ,
nahm dieser unser Regiment als persönliche Be
deckung mit nach Dresden, wo er sich mit dem Prinzen Heinrich über die ferneren Maßregeln des Krieges verständigte. Dann kam das Regiment mit seinem königlichen Herrn wieder in das Lager der großen nunmehr vereinigten Armee, die jetzt dem Feldmarschall Daun, ihrem alten Feinde, wieder gegenüber stand.
Interessant ist das Ur
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theil, welches der König in einem Briefe an seinen Bruder Heinrich über seine verschiedenen Feinde fällt. Er sagt da: Bref! les Autrichiens sont de tous nos ennemis ceux, qui entendent mieux la guerre , que les Russes les plus féroces et les Francais les plus légers." In einem Briefe an den Lord-Marschall sind die Worte zu Lesen : „ Bis der Schnee fällt, werde ich auf dem Seile tanzen müſſen. Wie oft gäbe ich gern die Hälfte des Ruhms , von dem Sie mir schreiben, für ein wenig Ruhe hin." Daun hatte ein festes Lager bei Stolpen bezogen , der König beſchloß, ihn heraus zu manövriren durch Bedrohung ſeiner Zufuhren in der rechten Flanke. Daun setzte sich denn auch am 6. Oktober zur Deckung seines großen Magazins von Zittau in Bewegung. Der König folgte ihm auf dem Fuße und lagerte sich beim Dorfe Hochkirch unmittelbar vor seinem Feinde, der wie gewöhnlich ein festes Lager bezog . Der König hatte hier 39 Bataillone, 76 Eska drons, zusammen etwa 30,000 Mann. Daun stand ihm mit 90,000 Mann gegenüber. des Königs war eine ungemein gefahrvolle.
Die Stellung
Die wichtigen Steinberge , welche rings die Gegend beherrschen, besaßen die Oesterreicher. Ohne obige war aber das Lager der Preußen ganz unhaltbar, denn in weitem Bogen umgaben die Oester reicher dasselbe , während das ihrige ganz als unangreifbar gelten mußte.
Die Generale des Königs thaten ihr Möglichstes, eine Aen
derung der preußischen Stellung herbeizuführen. Der König war aber so sehr von der Lethargie des österreichischen Feldherrn über zeugt, daß man ihn nicht bewegen konnte , seine gefahrvolle Lage zu verlassen.
Selbst gegen größere Vorsichtsmaßregeln war der König
eingenommen. Troß aller Gegenvorstellungen mußte die Kavallerie abſatteln und die Infanterie wurde meist in Quartiere vertheilt, da die Jahreszeit schon anfing, sehr rauh zu werden. Am 13. Oktober hatte der Oberst von Seelen, der jetzt unser Regiment führte , eine größere Rekognoszirung gemacht und
eine ameiſenartige Bewegung
im österreichiſchen Lager entdeckte. Obgleich Alles darauf hindeutete, daß die Oesterreicher einen Angriff wagen würden , so konnte der königliche Herr diese Ansicht doch nicht theilen. Ja, als der Marschall Keith im Kriegsrath ausrief:
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―――
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„ Wenn die Deſterreicher uns hier nicht angreifen, ſo verdienen sie alle gehängt zu werden"! antwortete der König in seiner graziösen Weise : ,,Wir müssen hoffen, daß sie sich mehr vor uns, als vor dem Galgen fürchten.“ Dennoch hatte der König wohl selbst das Gefühl der Gefährlich keit seiner Lage, denn in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober wollte er ſelbſt den österreichischen Heerhaufen unter dem Prinzen von Ba leider aber ward er selbst schon am 14. den-Durlach überfallen in aller Frühe überfallen. So hängen oft die Geſchicke von dem un Die Generale Zieten benußten Verstreichen weniger Stunden ab. und Seidlitz, welche hier den größten Theil der Kavallerie befehligten, waren übrigens so durchdrungen von einem bevorstehenden Angriff der Oesterreicher, daß sie selbst gegen den Befehl des Königs ihre Regi menter gesattelt behielten ,
eine Maßregel , die sehr dazu beitrug,
wenigstens einigermaßen das Andringen des Feindes anfänglich auf zuhalten. Unser Regiment befand sich in der Nacht vom 13. zum 14. Oktober auf Vorposten mit einem Freibataillon. Die Nacht war vollſtändig dunkel und stürmiſch und ein dichter Regen ſtrömte herab. Im österreichischen Lager brannten die Wachtfeuer auf ihrer gewohn ten Stelle, sonst hörte man viel Singen und Lärmen von Arbeitern, die Bäume fällten und dergleichen.
Dieser Lärm sollte das dumpfe
Getöse , die noch so leise ausgeführte größere Truppenbewegungen immer verursachen , möglichst verbergen. Unsern Huſarenpatrouillen kam aber das Ding unnatürlich vor und sie entdeckten, daß das ganze feindliche Lager in Bewegung war. Ihre Meldungen machten den König anfänglich stubig - als aber Stunde auf Stunde verrann, ohne daß der Feind kam, wurden die wenigen Vorſichtsmaßregeln, welche der König angeordnet hatte, wieder zurückgenommen und nun lag das ganze preußische Lager in tiefem Schlafe. Da meldeten sich plöglich bei unseren Huſarenfeldwachen eine große Menge Deſerteure ―――― nicht etwa Gesindel von den leichten Truppen , sondern ganze Schaaren von den besten Grenadierbataillonen der österreichischen Armee. Sie wurden entwaffnet und man wollte sie bis Tagesan bruch auf den Feldwachen behalten, um sie dann am Morgen weiter rückwärts zu transportiren , da die Dunkelheit der Nacht das nicht rathsam erscheinen ließ. In der Stunde von 4-5 Uhr Morgens Die Husaren, nahmen aber diese Deserteurzüge immer mehr zu. welche nun wohl Unrath merkten , wollten doch dieselben nach dem
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Lager führen , als mit dem Glockenschlag 5 Uhr der österreichische Angriff begann . Die Pseudo-Deserteure warfen sich auf die Feldwachen
hier
und da gelang es ihnen, ſie zu überwältigen, die wenigen preußiſchen Vortruppen wurden von der gewaltigen Macht des andringenden Feindes wie Spreu auseinander gerissen, einige preußische Batterien wurden erobert , die Geschütze umgekehrt und die eigenen Kugeln er weckten die Schlafenden zu einem traurigen Erwachen. ſich aber die preußische Disziplin im hellsten Lichte.
Hier zeigte
Als die Alarm
trommeln zu rasseln anfingen , stürzten die Soldaten halbnackt in die Glieder und nur die Inhaber der vordersten Zeltreihen wurden vom Feinde erwürgt.
Der alte Zieten führte außer unserm Regiment in
dieser Schreckensnacht noch die Dragoner von Czettriß und von Nor mann und die Kürassiere von Schoenaich. Das Korps des General Laudon, das noch durch die ganze Reserve -Kavallerie verſtärkt war und dem preußischen Lager fast
ganz im Rücken stand , trieb dieſe
Regimenter von den Meſchwizer Höhen im ersten Anlauf herab und hinter das Dorf Hochkirch. Hier herrschte im Anfang eine grausige Verwirrung . Alles schrie , tobte , fluchte und lief durcheinander die zurückkommende Kavallerie wirkte auch nicht ermuthigend . mußte also der Feind zuerst abgehalten werden.
Hier
Zieten nahm des
halb unser Regiment und die Dragoner von Czettrig und raſſelte in dunkler Nacht wieder dem Feind entgegen. Der Angriff, wenn er auch erfolglos sein mußte, ließ doch etwas Zeit gewinnen . Als des halb Laudons Kavallerie die Unsrigen mit Uebermacht zurückwarf, so hatte sich während dieser Zeit die Infanterie doch einigermaßen ge ſammelt. Die Dunkelheit war den Oesterreichern auch ungünſtig, da sie den Feind nicht sahen und oft gegenseitig sich bekämpften. Ohne die Dunkelheit wäre unser Regiment sicher vernichtet worden ,
denn
der Feind faßte es in Flanke und Rücken. So aber kam es ohne zu große Verluste bei der Infanterie wieder an. Eine Stunde später, also ungefähr um 6 Uhr , hielt es Zieten wieder für noth wendig, einzugreifen. Mit denselben Schwadronen stürzte er sich abermals auf den Feind, allein von 4 Regimentern des Generals Lasch empfangen, brach sich die Attake und wurde blutig abgewiesen. Man hatte eigentlich bei der preußischen Armee keine Ahnung, Zu der dunkeln Oktobernacht war noch ein wie die Sache stand. undurchdringlicher Nebel gekommen , der die Finsterniß vollständig
137 machte.
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Nur die Flammen des brennenden Dorfes Hochkirch über nächste Umgebung mit einem unheimlichen , röthlichen
gossen ihre
Schimmer und bei den ausblißenden Salven sah man die glitzernden Grenadiermüßen der Preußen und die scharf sich abgrenzenden glän zend weißen Linien der Desterreicher. Der Geschichtsschreiber Archenholz, der die Schlacht mitgekämpft, erzählt, daß die Soldaten sich nach den Köpfen getappt haben, um, je nachdem sie die preußische Blechhaube oder die österreichische Pelz grenadiermüße zu fassen bekommen hätten , sich zu unterſtüßen oder zu bekämpfen. Der eigentliche Brennpunkt des Kampfes war der Kirchhof des Dorfes . Hier stand das 2. Bataillon des Regiments Markgraf Carl unter dem Major von Langen. Diese Schaar wehrte sich mit einer Bravour
ohne Gleichen.
Von 7 feindlichen
Regimentern angegriffen, hielt sie zäh den ihr zur Vertheidigung an vertrauten Ort fest und leistete dadurch dem König und der Armee einen unendlich wichtigen Dienst.
Nach einstündigem rasendem Kampf
waren alle Patronen verschossen.
Der Rest der Tapferen versuchte
sich durchzuschlagen ; der heldenmüthige Major von Langen, von 11 Wunden bedeckt, starb im stolzen Gefühl, seine Pflicht gethan zu haben, vor den Augen der eindringenden Feinde.
Zieten , der nie
unterließ, wenn irgend möglich, den tapfer Unterliegenden zu unter stützen, kam noch einmal vorgebraust, diesmal mit seiner ganzen Ka vallerie.
Im ersten Treffen unser Regiment, das nach Rache schnob
und die Dragoner von Zettrit , im zweiten Schönaichs Kürassiere und die Dragoner von Normann. Wie die wilde Jagd kam die Attaque im Dunkel der Nacht heran die completten Maſſen der ungarischen und wallonischen Grenadiere wurden gesprengt und es begann ein rasendes Gemezel. Sieben brennende Dörfer warfen jezt weithin ihr trauriges Licht und die endlich einbrechende Morgen dämmerung gab dem Auge einen , wenn auch beschränkten Gesichts kreis .
Die Attaque unserer Kavallerie blieb deshalb weder in Be
zug auf Ort noch Zahl der Angreifer verborgen, und eine zahlreiche Masse österreichischer Reiter stürzte sich von Steindörfel her auf die Sieger und trieb sie, ungeordnet wie sie durch das Einhauen waren, zurück. Unser Regiment bedeckte sich in dieser fürchterlichen Nacht mit uuvergänglichem Ruhm .
Nicht im Mindesten durch den Schrecken
des nächtlichen Blutbades, die Ueberraschung, die Ueberlegenheit des Feindes, die Schwierigkeit des Terrains verwirrt, behielt es feine ſtolze Haltung und stürzte sich in das tiefe Dunkel der Nacht auf
-
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dem halsbrechenden Terrain gegen den Feind, als ob es bei dem hellen Scheine der Sonne auf ebenem, glatten Boden ritte. Der K. Königl. Prinz Ligne schreibt in seinem Tagebuche : „Die Zieten'schen Husaren bedienten sich in der Dunkelheit der Feuerwaffe gegen das Vorbrechen unserer Infanterie aus dem Busch. Später jagten sie an deren Front hinunter , um ihr in den Rücken zu kommen. Man konnte sie gar nicht mehr los werden." Der herrliche Oberst von Seelen unseres Regiments erhielt bei der lezten Attaque die Todeswunde - er wurde nach Hochkirch hineingetragen und dort von den bestialiſchen Kroaten niedergemacht. Er war kurz vorher Kommandeur des Regiments geworden. Bevor er bei Hochkirch an der tödtlichen Wunde niedersank, schaffte er seinen Zögling und Freund, den tollkühnen Lieutenant von Probst des Regiments, vom Schlachtfelde, der, obwohl an seiner Seite schwer verwundet , doch nicht zurückbleiben wollte. Als man in einiger Entfernung beschäftigt war , ihn zu verbinden, wurde der sterbende Seelen in seinen weißen Mantel gehüllt , an ihm vorüber getragen. Der matte, schon mit dem Tod kämpfende Held ließ dem Verwundeten Lebewohl sagen , ohne ihn noch einmal sprechen zu wollen, um seiner zu schonen und selbst standhaft in den letzten Augenblicken zu bleiben. Wie sehr Zieten den braven Seelen schätzte, geht aus einer Erzählung hervor , die wir in seiner Biographie fin den.
Zieten hatte sich vor dem Kriege alle seine Offiziere portrai
tiren und die Bilder in seinem Saale in Wustrau aufhängen laſſen. Als ein Besucher nach dem Kriege das Bild von Seelen betrachtete, ſagte Zieten : „ Der Mann , wir Alle!"
den Sie da anſehen , war mehr werth, wie
Der große König hatte Seelen auch in sein Herz geschlossen, Oft sagte er ihm, in Erkenntlichkeit für dessen geleistete Dienste , er wolle ihn königlich belohnen und reich machen, was Fortuna bis da= hin freilich versäumt hatte. Seelen antwortete darauf lächelnd, reich könne er wohl nicht bleiben, weil er es nicht lassen könne, mit An deren zu theilen.
Sonst ist der Verlust unseres Regiments, wie nach
den meisten Schlachten im 7jährigen Krieg, nicht genau zu beſtimmen. auf Groß, übergroß war er jedenfalls . Zorndorf ―――――― Hochkirch diesen beiden Schlachtfeldern verlor das Regiment Helden, Verlust nicht zu verschmerzen war.
deren
Auch der Feldmarschall Keith
V
139
www.cd
befand sich unter den Todten. Er starb in der Kirche von Hochkirch. Mit ihm deckten die Leiber von 9000 Preußen den blutgetränkten Erdboden. Fast die ganze Artillerie war in Feindes Hand gefallen, der selbst 8000 Mann verloren hatte. * ) Die Präziſion und Diszi plin der Preußen war so groß, daß, als endlich der Morgen graute, der König leicht die Ordnung herstellte und sich unbehelligt bis nach den unweit gelegenen Kreckwiter Höhen zurückziehen konnte, während die Oesterreicher in wirren Haufen auf dem Schlachtfelde herumliefen. Nur ihre Kavallerie versuchte unsere Arrieregarde anzugreifen, allein Seidlig deckte dieselbe mit seinen Reitern in so imponirender Weise, daß die Oesterreicher bald nur von ferne zu folgen wagten.
Daun
führte seine Armee in das Lager bei Kittlig zurück und ließ wieder den ambrosianischen Lobgesang
anstimmen.
Der Papst hatte die
Freundlichkeit , ihm als Dank für den Sieg über die Kezer einen. geweihten Hut und Degen zu schicken . Ein Pasquill in Wien ließ auf der Klinge die Worte lesen : „ Du ſollſt nicht tödten. " Der König selbst war leicht verwundet , ein Pferd ihm unter dem Leibe er schossen. Eine Eskadron unseres Regimentes
hatte die Ehre,
nach der
Schlacht den König in seine Mitte zu nehmen und ihm als persön liche Deckung zu dienen.
Nach wenigen Tagen war Friedrich schon
so weit wieder gekräftigt, daß er im Fluge nach Schlesien eilen konnte, um die belagerten Festungen Neiße und Kosel zu entsegen. -Daun blieb mit seiner großen Armee unthätig und ließ nur durch leichte Truppen den König verfolgen.
Mit diesen hatten unsere Hu
saren, die wieder in der Arrieregarde sich befanden, einige leichte Gefechte am 29. Oktober bei Pfaffendorf und am 1. November beim Uebergang über die Queiß. Bei Annäherung des Königs suchten die österreichischen Belagerungskorps eiligst das Weite und Daun , der nicht noch eine Schlacht in diesem Jahre zu schlagen wünschte, räumte die Lausitz und zog sich wieder nach Böhmen zurück, so daß der König am Schluß des Jahres trotz der Schlappe von Hochkirch wie der ganz Schlesien und Sachsen vom Feinde befreit sah.
Unser Re
giment gehörte in diesem Winter zu den Truppen, welche auf der
*) Der in seiner Einfachheit wahrhaft großartige Befehl des Königs nach der verlorenen Bataille lautet: ,,Es wird den Regimentern frisch Pulver ausgegeben , die Bursche bleiben die Nacht hindurch angezogen.“
140
wxxx.c
Grenze postirt waren, obgleich der vergangene Feldzug der verluft reichste war, den es bis dahin erlebt. Man hatte ihm die Be wachung der Grenze von Landshut bis Greiffenberg übertragen. In den damaligen Zeiten war der Chef eines Regiments für den Ersatz an Mannschaften und Offizieren verantwortlich.
Der König befahl
deshalb im Dezember dem General Zieten , ihm Vorschläge für die Besetzung der vacant gewordenen Offizierſtellen einzureichen. Dieser machte folgende Vorschläge. 1) Zum Kommandeur den Major v. Zettmar von Möhring Husaren. 2) Zum Major und Kommandeur des 2. Bataillons den Ritt meister v. Hundt v. Werner Husaren. 3) Zuni Rittmeister und Chef der erledigten Schwadron des Obersten v. Seelen den Premier- Lieutenant v. Prittwig von Normann Dragonern. 4) Zu Sefonde - Lieutenants : a) Den Fähnrich v. Drösel, bisher dem Regiment aggregirt. b) Den Lieutenant Erich von Wolfrath Huſaren. c) Den Fähnrich v. Luck des Regiments Baireuth. d) Kornet v. Holzen. e) Kornet v. Schladen von Schönaich Cürassiren. f) Kornet v. Lediwary vom Regiment Meinecke. g) Kornet v. Romberg vom Regiment Markgraf Friedrich. Von den Offizieren seines Regiments schlug er folgende zum Avancement vor : 1 ) Den Major v. Samogy zum Kommandeur Regiments von Möhring.
des Huſaren
2) Den Rittmeister v. Troschke zum Major eines anderen Re giments. 3) Den Rittmeister v. Herrmann zum Chef der Schwadron von Hundt bei Werner Husaren. 4) Den Premier Lieutenant v. Legrady zum Stabsrittmeister beim Regiment. 5) Die Sekonde -Lieutenants v. Weber, v. Probst, Kordshagen zu Premier Lieutenants. 6) Die 6 ältesten Kornets zu Sekonde-Lieutenants und die Un teroffiziere Voigt , Volontair de Chaſtre , v. l'Estocq, Unteroffizier Velten zu Kornets.
Fahnenjunker
141
――――――
Der König war mit diesen Vorschlägen sämmtlich einverstanden. In einem Schreiben vom 19. Dezember an Zieten heißt es am Schluß : ,,Uebrigens werde ich die erforderlichen Ordres an die re spektiven Regimenter sowohl, als auch an die Kriegskanzlei nach Berlin wegen der von Euch vorgeschlagenen und von Mir appro birten Besetzung der vakanten Offiziersplätze bei ment sogleich ergehen lassen. "
D.
Eurem Regi
Feldzug 1759.
Die Augmentation in diesem Winter fiel dem Könige außer ordentlich schwer. Es mußten Rekruten in Mecklenburg, Anhalt und dem Reich ausgehoben werden .
Das menschenarme Preußen that
auch das Möglichste und aus freiem Antriebe traten die wehrfähigen Männer, wenn nicht in die Armee ,
doch wenigstens in die von den
Provinzen seit der Schlacht von Kollin in patriotischer Hingebung errichteten Nationaltruppen, die dem Staat von großem Nußen wa ren. Trotz der enormen Verluste gelang es unserem Regiment, sich zu complettiren. Es zählte in den ersten Monaten des Jahres nicht weniger wie 1670 Köpfe. Den neu zum Regiment gekommenen Of fizieren fiel es meist sehr schwer, sich ihre kostbare Equipage zu ver schaffen, auch hatten Viele der bleſſirten Offiziere Pferde, Uniformen u. s. w . verloren. Es dürfte deshalb von Interesse sein , einen Brief Zietens hier anzuführen, der von Neuem beweist , wie er fort und fort für sein Regiment sorgte, wie ein treuer Vater für seine Kinder. Er schreibt an den König : ,,Da auf Eurer Königlichen Majestät Befehl, die vacante von Seelensche Schwadron dem gewesenen Lieutenant des Nor mannschen Regiments von Prittwitz am 1. Januar dieſes über geben ist, so ist dergestalt des Rittmeisters Tractement von 2 Mo naten November und December
à 50 Thlr. in summa 100
Thlr. vakant geblieben. " Ich frage bei Eurer Königlichen Majestät hiermit allerunter thänigst an, wie Höchstdieselben es in Ansehung derselben gnädigst gehalten haben wollen. Die einem Schwadronschef kompetirenden 500 Thlr. Winterquartier douceurs wäre ich der Meinung dergestalt zu theilen, daß der Wittwe von Seelen , besonders da des ver storbenen Obersten meiste Sachen bei Hochkirchen verloren und
142 ihre Umstände so schlecht sind,
davon die Hälfte und die andere
Hälfte dem neuen Rittmeister von Prittwitz zufallen, womit hof fentlich beide Theile billig zufrieden seyn können. Hiernächſt ſind von denen zeither bei meinem unterhabenden Regiment geweſenen unbesetzten Plätzen sieben hundert fünf und dreißig Thaler an Tractement vakant geblieben.
Wenn es aber sowohl denen von
der Kavallerie hierher zum Theil gesetzten Offizieren sehr schwer fällt wegen Veränderung ihrer Montirung und Equipage Rath zu schaffen, als auch unter denen, welche aus dem Regiment selbst zu Offizieren vorgeschlagen worden und von Eurer Königlichen Ma jeſtät akkordirt ſind, ſich verschiedene finden, welche nicht das Ver mögen haben, sich aus ihren Mitteln in den erforderlichen Stand zu sehen, hier nächst aber auch einige Officiere als der Lieutenant Kordshagen, Fabricius und mehrere beim Regiment sich befinden, welche in der Ruſſiſchen Bataille und der Affaire bei Hochkirchen nicht nur bleſſirt, sondern auch beinah um Alles gekommen sind : so habe Eure Majestät allerunterthänigst bitten wollen, ob Höchſt dieselben nicht in höchsten Gnaden geruhen möchten, diese sieben hundert fünf und dreißig Thaler vacante Officier Tractamente, in Betracht der vorangeführten Umstände, bei dem Regiment zu laſſen, damit ich in Proportion der schlechten Umstände, und Verlustes eine Repartition treffen, und
einem solchen, um desto geschickter
sich zu der künftigen Campagne machen zu können , davon etwas zufließen lassen könne “ u . s. w . Ein eigenthümliches Licht auf das
damalige Nachrichtenweſen
wirft der folgende Brief des Königs an Zieten, den wir hier anfüh ren wollen, um zu zeigen, wie sehr man neben den unausgesetzt durch Patrouillen und Ueberfälle,
Deserteurs und Gefangene einge
zogenen Nachrichten bestrebt war, durch Spione Auskunft zu erhalten. Der König schreibt : „Ich befehle und recommandire Euch hierdurch auf das Aller beste, daß Ihr Euch darauf appliciren sollet , gute zuverläßige Spione zu bekommen, durch welche Ihr allemal exact und prompt erfahren könnt , vor hat und
was der Feind in Eurer dortigen Gegend macht, intendiret,
weßwegen Ihr kein Geld, insonderheit
wenn es große Spione find, die Ihr bekommen könnt, sparen sollt, sie mögen, insonderheit, die großen, kosten, was sie wollen, welches Alles ich Euch ersehen und bezahlen lassen werde. "
143 Heutzutage vertritt das Spionenwesen zum großen Theil die plauderhafte Preſſe ; die umherschnüffelnden Zeitungskorrespondenten der eigenen Partei sind in ihrem Bestreben, intereſſante Artikel zu bringen, die besten Spione des Feindes ;
daher die eigene Erschei
nung in neueren Kriegen, daß Patrouillen ausgesendet werden müſſen zur Erbeutung von Zeitungen. Während die anderen Truppen in den Winterquartieren lagen, wurde der General v. Wobersnow mit einem kleinen Korps nach Posen gesandt, um dort die von den Russen errichteten großen Ma gazine zu zerstören. 500 Pferde unseres Regiments unter dem neuen Kommandeur, dem Major v. Zettmar, erhielten Befehl , diese Expe dition zu begleiten. ordentlich.
Die Strapazen auf diesem Zuge waren außer
Der Frost hatte nachgelassen Schlackerwetter war eingetreten .
und
ein
recht
widerwärtiges
Die an und für sich abscheulichen Wege waren dadurch zu einem tiefen, zähen Morast geworden .
Die marschirende Armee verdarb ſie
natürlich vollends, so daß die Pferde unserer Husaren oft bis an den Bauch in den Morast einsanken.
Dazu kam, daß in den polnischen
Landstrichen, welche neutral waren (obwohl alle kriegführende Mächte da ruhig marschirten) , keinerlei Lieferungen ausgeschrieben werden durften. Darauf ließ der König mit eiserner Strenge halten, um die Polen nicht zu reizen .
Umsonst aber erhielten die preußischen Sol
daten in den schmußigen , armseligen polnischen Dörfern nichts ,
als
höchstens eine Menge Ungeziefer, und da die Magazin-Verpflegung durch die abscheulichen Wege noch bei Weitem schwieriger war wie ehedem, so mußten die Truppen argen Mangel leiden. Bodenlose Sumpfwege, eisiger mit Schnee vermischter Landregen, knurrender Magen, ein müdes, verhungertes Pferd zwischen den Schenkeln, ewige Heßereien mit einigen zerlumpten Kosacken, ―――― das kann dem Soldaten schon etwas die Laune verderben und dieser Zug nach Polen wird nicht zu den angenehmsten Erinnerungen unserer alten Kameraden gehört haben.
Jedenfalls erreichte man, was der König
befohlen hatte ; die ruſſiſchen Magazine wurden vollständig zerstört. Mitte Mai kam das Detachement des Generals v. Wobersnow wieder zur Armee nach Schlesien ; unsere Husaren mußten aber an der schlesisch-polnischen Grenze ſtehen bleiben, um den beutegierigen, ewig herumstreifenden Kosacken die Wege zu weisen.
Mit dieſem
144 Gesindel, das damals wirklich mehr einer zerlumpten Räuberbande glich, als der Kavallerietruppe eines organisirten Staates, auch durch aus mehr die Instinkte der ersteren theilte, machte man kurzen Pro zeß, wenn man seiner habhaft wurde. Der Kommandeur v. Belt mar, dessen Gegenwart in diesem zersplitternden Grenzkriege, der nur kleinen Patrouillen Gelegenheit gab ,
etwas zu erreichen ,
nicht von
Nöthen war, erhielt vom König eine Berufung nach Schlesien.
Dort
hatte der König eine Armee von etwa 50,000 Mann wieder unter seinem speziellen Oberbefehl. Offensive zu ergreifen.
Das war zu wenig, um die gewohnte
Dem Adler wurden die Schwingen lahm
und der große König mußte sich auf die Vertheidigung ſeiner Pro vinzen beschränken.
Kaum jemals war auch die Stimmung des Kö
niglichen Herrn düsterer als in jenen Tagen. sich in diesem Jahre zeitig.
Die Feinde rührten
Die Desterreicher hatten gewaltige Heere unter Daun, Laudon, Beck, Haddick u. s. w. zusammengezogen und stießen schon im Marſch da und dort tastend durch das Gebirge, um kleinere Abtheilungen der Preußen zu erhaschen. Wie schon erwähnt , stand der Rest unseres Regiments in der Gegend von Greifenberg . Diese Stadt war von
einem Grenadier-Bataillon unter dem
Oberst v. Düringshofen besetzt. Die Garnisonen der in der schwach und ziemlich weit entfernt.
Nähe liegenden
Städte waren
Der General Beck beschloß des
halb, dieses Bataillon aufzuheben und paſſirte daher vom 25. bis 26. März die Grenze mit 6000 Mann, die in drei Kolonnen ge theilt, konzentrisch auf Greifenberg marſchirten.
Unſere wachsamen
Huſaren-Patrouillen bemerkten aber die Bewegung des Feindes und der Oberst v . Düringshofen erhielt bei Zeiten richtige Meldungen. Er schickte zwar nun sein Gepäck eiligst nach Löwenberg, blieb aber selbst zu lange in Greifenberg, so daß er bei seinem endlichen Ab zuge vom Feinde auf dem Klingberge gestellt und zu einem Gefecht gezwungen wurde. Unsere Husaren, die 4 Eskadrons stark, unter dem Befehl des neuen Majors v. Hundt standen, waren natürlich eiligst zu dem bedrohten Bataillon gestoßen, als der Feind Miene machte, es anzugreifen.
Unter dem Befehl des Obersten v . Dürings
hofen wurden sie nun bei der Infanterie gehalten, die bald von den österreichischen Kolonnen umringt wurde und trotz des energiſchſten Widerstandes jetzt ihren Untergang vor Augen sah.
Als Dürings
145 hofen selbst schwer verwundet zusammenbrach, ergab sich der Reſt des Bataillons dem Feinde. Unsere Husaren, welche standhaft be= reits mehrere Angriffe des Feindes hatten zurückschlagen helfen, konnten natürlich nicht daran denken, sich ebenfalls gefangen zu geben, obgleich sie außer Stande waren ,
ihren Kameraden von der Infan
terie zu helfen und der Feind sie rings umschlossen hatte. Der Seydlitz'sche Grundsatz, geben darf,
daß kein Kavallerist sich gefangen
der noch ein Pferd zwischen den Schenkeln hält,
galt
auch bei unserem Regiment ganz unbedingt. Major v. Hundt theilte deshalb seine Eskadrons in kleine Abtheilungen, die sich nach allen Richtungen hin in den Feind stürzten und sich durchzuschlagen ver suchten. Dem bei weitem größeren Theile gelang dies in der That und so kamen die Husaren mit verhältnißmäßig geringem Verluſt davon, obwohl der Anfang des Feldzuges nicht gerade sehr glückverheißend war. Und in der That sollte die Kampagne 1759 die unglücklichſte werden, die der große König je geführt hat. Die 500 Pferde, welche an der schlesischen Grenze standen, stießen in den ersten Tagen des Juni zu der Avantgarde des Generals Graf Dohna, der mit einem kleinen Korps den Russen die Spitze bieten sollte.
Dieser Auftrag
war so schwer, daß er einen höchst begabten Feldherrn zu seiner Ausführung verlangte. Der König hatte Dohna gerathen, in raſchen Bewegungen über die einzelnen vorbrechenden Kolonnen der Russen herzufallen, hatte ihm vor allen Dingen das ,,divide et impera" als Motto seines Verhaltens angewiesen. Dohna war aber eine etwas unentſchloſſene Natur ; er ließ sich langsam von den Russen zurücktreiben, vermied ſorgſam jedes ernſtere Treffen und so kam es , daß unsere gegen die Russen kämpfenden Husaren im Anfang dieses Feldzuges sich keine sonderlichen Lorbeeren erwerben konnten.
Der Rest des Regiments blieb bei der ſchleſiſchen
Armee und machte am 3. Juli eine große Rekognoszirung unter dem General v. Seydlig gegen die Daunsche Armee und bezog nach der selben das Lager von Hußdorf. Von hier aus wurden 200 Zietenſche Husaren unter Major v. Hundt nach Schoosdorf und 200 Mann Infanterie unter Major v. Lossow nach dem Greifenstein gesendet, um längs der Queiß zu patrouilliren. Am 4. Juli zeigte sich ein starkes feindliches Kavallerie - Detachement bei v. Ardenne, Zietensches Hus.-Regt.
Greifenberg ,
vom 10
General
146
Laudon selbst angeführt. Die beiden Majors v. Hundt und v. Lossow zogen sich bei seiner Annäherung , ohne gesehen zu werden , zurück, lockten die Gegner deshalb über die Defileen von Liebenthal, und als die feindlichen Teten die dahinter liegende Ebene betraten, warfen ſie sich, durch 200 Husaren , welche ihnen aus dem Lager entgegen ge schickt waren, verstärkt, mit solchem Ungestüm auf den Feind, daß der selbe
vollständig überrascht und über die Defileen zurückgeworfen.
wurde.
Sein Verlust betrug 1 Offizier und 97 Dragoner vom Re
giment v. Löwenſtein.
Preußischerseits waren 1
Offizier (Name
unbekannt) und 17 Huſaren gefallen. Am 22. Juli gingen die Schwadronen unseres Regiment (5 an der Zahl) welche sich bei der Armee des Königs befanden, mit einem kleinen Korps, das der Herzog von Würtemberg kommandirte , über Bober und Queiß nach Freywald , um den General Laudon zu re fognosziren.
Da der Herzog bald die Stärke des Gegners erkannte,
zog die kleine preußische Schaar am 24. Juli ſich wieder an die Armee des Königs heran, die damals bei Bürau lagerte.
Der
Feldzug in Schlesien und Sachsen war diesmal voller künstlicher Manöver. Die preußische Armee war schon zu klein, als
daß sie hätte
offensiv verfahren können und es bedurfte der ganzen Klugheit des Königs und des genialen Prinzen Heinrich von Preußen , um den Feind immer in gehörigem Respekt zu halten. Die Ruſſen machten aber indeß immer größere Fortschritte,
denen durchaus Einhalt ge
than werden mußte. Da der König in die Persönlichkeit des Gene rals Graf Dohna kein großes Vertrauen sette, so schickte er den General Wedell, den preußischen Leonidas, den wir bei Teinitz kennen gelernt haben, und der bei Leuthen die Avantgarde geführt hatte, zur dortigen Armee und zwar mit der unbeschränkten Gewalt eines Dik tators .
Der König sagte ihm bei seinem Abgange zur Armee : ,,Greife Er die Ruſſen an und schlage Er sie!"
Wedell, welcher glaubte , dem Königlichen Herrn unbedingt ge horchen zu müssen und der wohl wußte, daß man seinem Vorgänger vor allen Dingen Unthätigkeit vorgeworfen hatte, beschloß deshalb unter allen Umständen die Ruſſen anzugreifen. So kam es denn zu der denkwürdigen Schlacht von Kay, an welcher die fünf Eskadrons des Regiments, welche sich bei der Dohna’schen Armee befunden hatten, mit theilnahmen .
147 Die Preußen waren an diesem Unglückstage 27,000 Mann, die Ruſſen 72,000 Mann ſtark. Außerdem besaßen die Letzteren eine dreimal so starke Artillerie wie ihre Gegner. Beim Dörfchen Kay an der Oder, nach welchem die Schlacht benannt wird, kam es zum Zuſammenstoß.
Um 1 Uhr Mittags paſſirten unſere Huſaren, die
in der Avantgarde waren, das Dorf
und fanden schon bei Glogfen
einen großen Haufen Koſaken und Huſaren, die sie vereint mit der Kavallerie der Avantgarde angriffen und nach heftigem Gefecht zurück jagten. Bald gewahrte man die große ruſſiſche Aufstellung vor dem Dorfe Palzig. schwierig.
Der Anmarsch der preußischen Truppen war sehr
Moräste engten das Angriffsterrain so ein, daß man nur
in der Front von einigen Bataillonen kämpfen konnte und das Unge stüm
der vereinzelt angreifenden preußischen Truppen sich an der
starren Unbeweglichkeit der tief aufgestellten russischen Maſſen brach. Auch die Kavallerie konnte an diesem Tage trotz allen Muthes das schwankende Schlachtenglück nicht an die preußischen Fahnen fesseln. Fast die gesammte preußische Kavallerie machte eine prächtige Attafe auf die Infanterie des rechten russischen Flügels , welche vollständig durchbrochen wurde - allein die aus dem 3. Treffen in großer Ueberzahl herbeieilende
russische Kavallerie
entriß den preußischen
Reitern die mühsam errungenen Erfolge und trieb sie in Unordnung wieder zurück. Der General von Wedell versuchte noch dadurch die Schlacht zu gewinnen, daß er ein Kavallerie-Korps, darunter die fünf Schwadronen unseres Regiments, dem Feinde in die linke Flanke und Rücken entsendete . Allein das ungünstige Terrain machte es auch diesen braven Regimentern , zu denen außer unseren Husaren die von Malachowsky und Rüsch gehörten, unmöglich , rasch vorwärts zu kommen .
Das Ueberraschende ihres Angriffes , welches das Kri
terium jeder kavalleriſtiſchen Unternehmung ist, ging jedenfalls ver loren. Die leichten russischen Truppen, welche die Bagage zu schützen hatten, setzten den preußischen Geschwadern den nachhaltigsten Widerstand entgegen und so blieb auch diese Unternehmung ohne allen Erfolg und die Schlacht wurde für die Preußen total verloren. General Wedell wurde verwundet, mit ihm deckten nicht weniger ――――― ein unge
als 238 Offiziere und 7910 Mann das Schlachtfeld heurer Verlust.
Unsere Husaren hatten die Ehre , den Rückzug
zu decken , der mit derselben Ordnung vor sich ging , wie der nach dem Ueberfall von Hochkirch. Nur die Artillerie hatte , wie es damals nicht anders sein konnte,
dabei größere Verluste. 10*
Die Be
-
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148
dienungsmannschaften der Geschüße ,
oder vielmehr die Fahrer der
selben waren damals keine Soldaten, sondern Fuhrknechte, welche na türlich bei jeder Gelegenheit , die ihr Leben in Gefahr brachte, aus riſſen und die Kanonen im Stich ließen.
So kam es denn, daß vor
dem Eingang eines Hohlweges ein Theil unserer preußischen 12pfünder, die damals die Poſitionsartillerie bildeten, stehen blieben. Sie wären sämmtlich eine leichte Beute der verfolgenden Ruſſen geworden , wenn unsere Huſaren, die diese Kanonen auf der Arrieregarde vorfanden, nicht mit äußerster Energie Alles gethan hätten, sie zu retten. Während ein Theil mit den nachdrängenden Kosaken und Huſaren ſcharmugirte, spannte der andere die Huſarenpferde mit den Fouragir leinen vor die Geſchütze , und wirklich gelang es den kleinen , abge triebenen Husarenpferden , ihre schwere Last davon zu schleppen , so daß der bei weitem größte Theil dieser Artillerie gerettet werden fonnte. Wer je die Schrecken und die Aufregung eines Rückzuges mitgemacht hat,
wird zugeben müſſen,
daß dieſe That kaltblütiger
Entschlossenheit unseren Husaren so viel Ehre macht, wie eine gelun gene Attake.
Die Russen zogen unaufhaltsam weiter nach Krossen
und bedrohten abermals wie im vorigen Jahre das Herz der preußischen Staaten. Nach der Schlacht von Kay hatte sich auch der General Laudon
und der
größte
Theil seines Heeres mit dem
General Soltikow , dem Führer der Russen, vereinigt und diese nun mehr
100,000
Mann starke Armee wälzte sich unaufhaltsam in
der Richtung auf Berlin. Todesstoß gegeben werden.
Dort sollte der preußischen Monarchie der Da mußte denn der König wieder selbst
zu helfen suchen. Dieser sah düster genug in die Zukunft , machte sein Testament und sagte in der denkwürdigen Zusammenkunft mit ſeinem Bruder Heinrich , dem er den Oberbefehl über die ſchleſiſche Armee gab: Jetzt ist es Zeit, da man sagen kann : Herr, ist es möglich, ſo laß diesen Kelch an mir vorüber gehen ! " Der Prinz Heinrich raffte Alles
zusammen ,
was in Sachsen
und Schlesien von Truppen ſtand und begann Daun gegenüber die meisterhaften Manöver , welche diesen Feldherrn so
einschüchterten,
daß er wie gewöhnlich nur eine Reihe von festen Lagern bezog, an statt über seinen schwächeren Gegner herzufallen .
Der König konnte
diesmal aus Schlesien keine Truppen mitnehmen.
Nur der General
v. Fink, welcher in Sachsen mit 10,000 Mann gestanden hatte, er Hielt Befehl, zu seiner den Russen gegenüberstehenden Armee zu
-
149
―――――
stoßen. Die 5 Schwadronen unseres Regiments unter dem Kom mandeur v. Zettmar, die bei der schlesischen Armee standen, beglei= teten den König auf seinem Marsche nach Sagan.
Von dort kehrten
sie zur Armee des Prinzen Heinrich zurück, der keine Husaren mehr entbehren konnte. Als der König in den ersten Tagen des Auguſt ſeine Armee glücklich in der Nähe von Frankfurt vereinigt hatte, zählte sie unge= fähr 45000 Mann. Es waren aber unter diesen Truppen viele Rekruten, und der König fürchtete, sie würden sich nicht alle mit dem Heldenmuth seiner Soldaten von Lowoſitz und Prag schlagen.
Und
doch schlugen sich in der folgenden Schlacht die Regimenter durch gängig mit der glänzendsten Bravour. richt, daß Prinz Ferdinand von
Am 9. August kam die Nach
Braunschweig die Franzosen bei
Minden geschlagen habe. Das war ein Lichtblick, und der König sagte zu dem Kourier : „ Weil ich im Begriffe bin, die Ruſſen anzu greifen, so bleiben Sie so lange hier, bis ich Ihnen das Gegen kompliment mitgeben kann". Die in der That bald folgende Schlacht bei Kunersdorf ist ein solcher Glanzpunkt in der Geschichte des Regiments,
daß
es von
Interesse ist, sie etwas genauer zu betrachten. Am 11. August ging der König etwa 2 Meilen nördlich von Frankfurt über die Oder, da die Stadt selbst bereits den Ruſſen in die Hände gefallen war. Die Brücken wurden beim Dorfe Reitwein geschlagen und hier der General v. Wunsch mit den Musketier-Re gimentern Gablenz , Anhalt- Bernburg , Tresckow , dem Freiregiment Wunsch, dem Freibataillon Colignon und 5 Schwadronen Mala chowski-Husaren zurückgelaſſen. Die Armee des Königs zog noch am 11. August über die Dörfer Detscher, Frauendorf und Gohliß, welche letteren von den Husaren der Avantgarde erst von Kosakenschwärmen geſäubert werden mußten, in die Gegend von Leiſſow und Bischoffee, woselbst sie bivouakirte. Dieses Lager stand der russischen Armee schon vollständig in der linken Flanke, welche aber hier durch das sogenannte Hühnerfließ und undurchdringliche Brüche gedeckt war.
Der König ritt an dem
ſelben Tage auf die Trettiner Höhen, welche kaum eine Meile von der russischen Stellung und zwar fast in dem Rücken derselben lagen und rekognoszirte von da aus den Feind . Ein Umstand machte das Kriegführen zu damaliger Zeit äußerst schwer, es war das der Mangel an Karten.
Selbst der König hatte nur sehr unzuverläſſige
-
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Pläne, auf denen kaum die Lage der größeren Ortschaften genau angegeben war. So konnte er auch nicht die Lage und Stärke der russisch-österreichischen Stellung recht beurtheilen.
So
viel sah er,
daß von Norden aus, also im Rücken des Feindes, der Angriff nicht stattfinden könne, denn da machte ihn die Oderniederung möglich.
ganz un
Er beschloß daher die feindliche Stellung von der linken
Flanke her aufzurollen wie bei Leuthen, und informirte sich deshalb bei Landeskundigen über die Beschaffenheit des Terrains .
Der Ma
jor v. Linden von der früheren Frankfurter Garniſon verschwieg ihm aber aus Mangel an Verständniß die wichtigsten Dinge wie z. B., daß in dem großen dichten Walde, der etwa 2000 Schritt vor der feindlichen Stellung sich hinstreckte, und welchen die Armee beim Anmarsch paſſiren mußte, große Seen und Teiche lagen, welche die Bewegung äußerst erschwerten, sowie daß die feindliche
Stellung
durch mehrere gewaltige Schluchten in feste Abschnitte zerlegt sei, die der Vertheidigung zu neuen Stützpunkten werden mußten. Hinter dem rechten russischen Flügel lag das Laudonsche Korps. Der König, welcher es sah, wollte nun wenigstens wissen, ob dieses den Russen, von denen es durch Moräste getrennt zu sein schien, würde Hilfe bringen können. gend genau fannte.
Er fragte einen Förster, der die Ge
Dieser Mann war aber durch die Majestät des
Königlichen Auges so verblüfft, daß er gar nicht zu sich kommen konnte und die Frage des Königs endlich verneinte und doch führte ein für alle Waffen gangbarer Knüppeldamm vom österreichischen zum russischen Lager. Wie wir sehen werden, entschied sogar der General Laudon durch rechtzeitige Unterstützung die Schlacht. Noch am 12. August, es war Morgens um 2 Uhr, setzte sich die preußische Armee in Marsch, um in weitem Bogen um den linken Flügel der Russen herumzumar schiren und ihn dann concentrisch anzugreifen. General Fink blieb deshalb bei Bischoffee mit seinem Korps halten. Dieses Dorf liegt genau in der Verlängerung der feindlichen Schlachtlinie.
Der vorhin
erwähnte Wald zog sich längs der letteren hin in der Entfernung von 2000-3000 Schritt. Auf dem freien Terrain zwischem dem Walde und den Russen sollten die Preußen sich zum Angriff for= miren. Als man sich aber endlich aus dem Walde herausgearbeitet hatte, fand man, daß das freie Terrain durch eine Kette breiter Teiche und
Seen, die senkrecht auf die Feinde zuging, in zwei
Hälften geschnitten war, so daß die preußische Aufstellung unzusam
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menhängend wurde und die Kavallerie unter Seydlik, bei der sich 3 Schwadronen unseres Regiments befanden,
westlich dieser Teiche
ſich aufstellen mußten, alſo außer Stande war, den Angriff der In fanterie zu unterstützen.
Auf dem Angriffsfelde der preußischen In
fanterie , die nun östlich der Teiche aufmarschirte, lag das große Kunersdorf. Die Russen hatten es Tags zuvor in Brand gesteckt, und so hinderte es wenigstens nicht mehr den Anmarsch der preußi schen Bataillone. Auf dem rechten Flügel der Infanterie stand auch noch etwas Kavallerie, darunter die beiden anderen Schwadronen unſeres Regiments * ), und wie wir sehen werden, war es ein großes Glück, daß sie so standen. Die russische Stellung zerfiel in drei große Abschnitte - linfer Flügel die Mühlberge, Centrum die Spitzberge - beide von ein ander durch den tiefen Kuhgrund getrennt.
Rechter Flügel die Ju
denberge, vom Centrum durch den rothen Grund geschieden. Hinter dem rechten Flügel das Laudonsche Korps . Alle diese Hügel waren mit Schanzen gekrönt
und mit Batterien garnirt, die Abhänge der
Berge durch Verhaue, Wolfsgruben und alle möglichen Hinderniß mittel faſt unersteigbar gemacht. Der König ließ die Bataille von dem Artillerie - Oberst v . Müller durch eine gewaltige Kanonade er öffnen.
Die Batterien, welche theilweise die russische Stellung voll
ständig enfilirten, hatten eine ganz gewaltige Wirkung . Dann gingen die 8 Bataillone der Avantgarde gerade wie bei Leuthen zum ersten Angriff auf die Mühlberge vor.
Diese über alles Lob
erhabenen
Truppen waren die Bataillone Billerbeck, Lubath , Heyden , Born stedt, Schwarz , Oesterreich und das Regiment v. Bredow. Der Anmarsch war meisterhaft. Die Russen unterhielten von ihren Schanzen ein rollendes Schnellfeuer, aber da das plongé der Bruſt wehren zu gering war, marschirten die Preußen meist im todten Winkel.
Erst etwa 100 Schritt von den Schanzen saßen die Kar
tätschladungen einiger Batterien, aber nun war es zu spät. Im Nu waren die Schanzen erstürmt, von einer Batterie zur anderen wurden die Flüchtlinge geworfen, so daß binnen weniger als einer halben Stunde die Mühlberge gestürmt, 70 Kanonen erobert und der linke russische Flügel total geschlagen war .
Hätte Seydlig nun hier sein So aber
können, so wäre die Schlacht rasch entschieden worden.
*) Wir erinnern, daß 5 Schwadronen bei der Armee des Prinzen Heinrich geblieben waren.
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mußte seine brave Kavallerie unthätig jenseits der Seen halten. Nach dem ersten Erfolge kam eine längere Pause - in der drückenden heißen Mittagsschwüle spielten nur einzelne Kanonenkugeln. Der König nannte sie Mücken ――― nur stachen sie besser. Die Russen Ruſſen hielten noch den vordern Rand des Kuhgrundes ―――― da mußten sie hineingeworfen werden.
Die beiden
großen Infanterietreffen
des
Centrums schwenkten deshalb links und die Attake begann von Neuem. Hier war der Kampf ein furchtbarer. Endlich nach gewaltigem Ringen waren die Russen wieder mehrere hundert Schritt zurück in den Kuhgrund geworfen, wieder 20-30 Kanonen erobert. Der Kuhgrund selbst bot aber nun den Preußen ein gebieterisches Halt. Er war eine 700 Schritt lange und 60-80 Schritt breite , sehr tiefe Schlucht mit steilen Rändern , welche ein Ersteigen sehr er schwerten (gegenwärtig sehr abgeflacht) . Unterdessen war auch das Korps des General Fink herangekommen und setzte sich anf den rechten Flügel der stürmenden Infanterie, die in langgestreckter Linie die schmale Flanke der russischen Stellung zu beiden Seiten weit überflügelte. Auf dem diesseitigen Rand des Kuhgrundes wurden viele Ge schütze aufgefahren ; die Russen thaten das Gleiche auf dem jensei tigen und in der Entfernung von 80 Schritt sprühten sich die Kar tätschen entgegen. Hinter den russischen Kanonen standen unzählige Bataillone, welche ebenfalls ein rasendes Kleingewehrfeuer unter hielten.
Dennoch stürzten sich die braven Bataillone der preußischen Avantgarde hinab in den Kuhgrund und dann die andere Seite hin auf in diesen verderbenspeienden Krater , und wunderbarer Weise
gelang es ihnen abermals die Russen zu werfen und alle Kanonen zu erobern. Archenholz giebt an, daß deren Zahl 180 betragen habe. Unterdessen hatte der General Wunsch, der am Tage vorher mit seinem Detachement bei Reitwein stehen geblieben war , auf Befehl des Königs einen Handstreich gewagt auf Frankfurt und es glücklich erobert. Diese Stadt lag auf der rechten Flanke der Ruſſen ; als nun in Folge des Königlichen Angriffs einzelne Flüchtlinge sich nach Frankfurt wenden wollten, donnerten ihnen von dort unver muthet preußische Kanonen entgegen. Jetzt wußten die Russen und Oeſterreicher, daß sie siegen oder sterben mußten, und jetzt waren sie zum verzweifeltſten Widerſtand entschlossen . Der König vergaß den Grundsaß, daß man einem fliehenden Feinde goldene Brücken bauen müsse. Und trotzdem wäre Soltikow auf einem kleinen schmalen
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Wege rechts der Oder abgezogen und dieser Rückzug hätte ihm dann mehr gekostet als die Schlacht, wenn der König ihm Zeit zum Ab ziehen gelassen hätte. Friedrich aber wollte an diesem Tag den Feind vernichten und beschloß den Spizberg anzugreifen. - die - so ziemlich ihr letzter Nothanker. stärkste der russischen Poſitionen Die Kavallerie ſtand dieſer befestigten Stellung in der rechten Flanke, denn die ſiegende Infanterie war schon weit über die vorher erwähnte Seenkette hinübergedrungen. Die Armee des Königs war nicht mehr getrennt. Seydlitz sollte deshalb die mit Schanzen gekrönten Höhen mit der Kavallerie stürmen. Seydlit that es , nachdem er dagegen Im ersten Das Terrain diktirte eine schmale Front. Treffen konnten höchstens zwei Regimenter reiten. Der große An griff begann mit großer Bravour. Hier war aber das Geſchüßfeuer
gerathen.
übergewaltig. Die vollen Kartätſchladungen verwandelten die braven Schwadronen in Leichenhaufen. Seydlitz sank schwer verwundet vom Pferde und ließ dem Könige sagen ,
eine Mücke habe ihn gestochen.
Die 3 Schwadronen unseres Regiments, welche mitattakirten, erlitten hier auch schwere Verluste ― allein wie nach den meisten Schlachten des 7jährigen Krieges fehlen die genauen darauf bezüglichen Angaben. Der Prinz von Würtemberg, Nachfolger von Seydlig , wiederholte immer und immer wieder die Angriffe der Kavallerie, deren Elite hier ihren Tod fand . Unterdessen hatte die preußische Infanterie die Erstürmung des Spitzberges unternommen. Laudon aber war in zwischen mit seinen frischen Kerntruppen den Russen zu Hülfe ge kommen, und an diesem neuen Felsen brach sich die Sturmfluth des Angriffs . 15 Stunden hatten die Preußen schon gekämpft — da ermatteten ihre Kräfte - die menschliche Natur verlangte ihre Rechte. Die Infanterie schwankte und ging zurück. Laudons schwere Reiter massen stürzten auf die Fliehenden, vergeblich warfen . sich einzelne preußische Kavalleriehaufen auf erstere , unter andern die zwei Es kadrons unseres Regiments, die auf dem rechten Flügel der Infan terie beim Beginn der Schlacht gestanden hatten. Ihre Aufopferung war umsonst. Der geschlossene Angriff der Uebermacht schmetterte sie nieder; es brausten die schweren österreichischen Geschwader auf die in panischem Schrecken zurücklaufende preußische Infanterie und richtete ein entsetzliches Blutbad an. Der König that mit der äußersten Verachtung der eigenen Gefahr Alles, um die Fliehenden aufzuhalten. Sein brauner Engländer „ Vogel " der unter ihm über haupt 7 Mal verwundet wurde, bekam hier eine schwere Verlegung.
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Ein anderes Pferd (eines ſeiner beſten), ein Schimmel Brillant, ward auch verwundet und wurde so wild, daß der König einen Schimmel ſeines Adjutanten v . Götze beſtieg, den er später behielt und der unter dem Namen des kleinen Schimmels bald von der ganzen Armee gekannt war. Eine Kugel traf den König ſelbſt — ein goldenes Etui bewahrte das koſt die Kugel fiel abgeplattet zu Boden. Als der König
bare Leben
fah, daß Alles verloren war, sanken die Zügel ihm aus den Händen. und fast geisterhaft starrte sein Auge in das unheimliche Gewühl um ihn her. Da nahten sich die feindlichen Reiter in hellem Haufen, der König wich nicht und die höchste Gefahr war, daß er gefangen wurde.
Der Rittmeister v. Prittwit unseres Regiments , der sich noch
immer mit dem Feind herumschlug, sagte gerade mit bitterem Humor zu seinen Huſaren : „ Kinder, jetzt müſſen wir sehen, wo der Zimmer mann das Loch gelassen hat". Da rief ihm der Unteroffizier Velten zu:
Herr Rittmeister, da steht der König " !
Prittwit sah den König
unbeweglich halten, vom Unglück niedergeschmettert. Er ritt zu dem heißgeliebten Monarchen und schreckte ihn aus seinem Sinnen auf. Der König rief: 11 Prittwiß Rittmeister aber rief:
ich bin verloren. "
Ihro Majestät !
lange noch ein Athem in uns ist ! "
Der unerschrockene
das soll nicht geschehen, so
In diesem Augenblick kam ein
Kosakenschwarm herangebrauſt und überfluthete das ſchwache Häuflein der Vertheidiger des Königs . Prittwitz aber schoß den Anführer vom Pferde und den König in die Mitte nehmend , brach die kleine Schaar Zieten'scher Husaren (nach Archenholz noch 100 Mann start) sich einen blutigen Weg durch das Schlachtgetümmel. Rittmeister Graf zur Lippe, Verfasser des Husarenbuches, nennt diese That die folgenschwerste, welche je preußische Husaren das Glück und die Ehre hatten, ausführen zu dürfen .
Als der König im Kreis der wenigen
Getreuen gerettet wieder auf den Trettiner Höhen stand, wo er am Tage vorher rekognoszirt hatte , da drängte es ihn noch einmal das Schlachtfeld zu überschauen. Die hellen Thränen stürzten ihm aus den Augen und in grenzenloser Wehmuth rief er aus : „ Ich bin ver loren ! Alles ist verloren ! " Diese Erzählung rührt von einem Zieten'ſchen Huſaren her, der hier den König begleitete , dem Husaren Wittkopf, der in späterer Zeit als Zollbereiter in Frankfurt lebte.
Unteroffizier Velten wurde
bald darauf Kornet , avancirte später weiter und wurde 1758, als Rittmeister , geadelt. Er fand den ehrlichen Soldatentod in der Rheincampagne 1793.
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Prittwig wurde königlich belohnt ; er erhielt das Gut Quilitz im Oderbruch, jetzt Neu-Hardenberg . mal von ihm bei Tafel:
Der König sagte später ein
„Prittwitz a sauvé le roi . Lestwitz (Torgau) a sauvé l'Etat. “ Prittwig wurde später Kommandeur des Regiments und starb ebenfalls im Jahre 1793 als hochgeachteter und verehrter General der Kavallerie. In Detscher nahm
der
weiß , was für schwarze nachtet hielten.
König sein Quartier.
Gedanken des Königs
Die Geschichte Seele dort um
In stummem Schweigen lagen seine Leib - Husa
ren um die ärmliche Hütte , bereit, den letzten Blutstropfen zur Vertheidigung des Königlichen Herrn herzugeben. Der Rittmei ster v. Prittwig wurde abgesandt , um von der fliehenden Infan terie so viel als möglich zu sammeln. --- Wirklich gelang es dem wackern Offizier , Könige zuzuführen.
einige Bataillone zusammen zu bringen und dem Was sollten aber diese schwachen Reste helfen?
Die Schlacht war ein wahres Mordfest gewesen ; 8000 Mann waren todt ,
15,000
Mann verwundet ,
172 Kanonen , 26 Fahnen und
2 Standarten waren verloren.
Wenn der Feind verfolgt hätte , so wäre Friedrich und der preußische Staat verloren gewesen, allein Soltikow und Laudon waren auf einander eifersüchtig , die ruſſiſchen Heerführer nach der Schlacht auch meist betrunken , so daß von Ver folgung gar keine Rede war. So konnte der König bei Reitwein ungestört über die Brücken. gehen und seine Flüchtlinge sammeln , so daß er in einigen Tagen doch wenigstens 18,000 Mann wieder bei sich hatte (Archenholz giebt sogar 28,000 Mann an). Unterdeſſen waren die Oesterreicher in Schlesien eingefallen. Fouquet, der mit einem schwachen Detachement die Päſſe deckte, ließ ſie eindringen , warf sich dann aber auf ihre Rückzugslinie , und aus Mangel an Proviant gingen die Oesterreicher nach 12 Tagen wieder dahin, woher sie gekommen waren. Die große Armee v. Daun that Nichts .
Nur auf Dresden
stürzte sich eine starke Armee, wo der General Schmettau nach tapferer Gegenwehr kapitulirte ,
eine Kapitulation , welche von den Dester
reichern auf die gemeinste Art gebrochen wurde. Die 5 Eskadrons unseres Regiments , welche bei der Armee des Prinzen Heinrich standen , hatten , trotzdem sich der Krieg auf diesem Schauplatz nicht in großen Schlachten, sondern in kleinen
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Unternehmungen und Manövern abspielte ,
oft Gelegenheit , ihrem
Namen Ehre zu machen , und einmal hatten sie sogar die Genug thuung, ihrem verehrten Chef, der ein ſelbſtſtändiges Korps komman dirte, einen sehr großen Dienst zu leisten. In den ersten Tagen des September nämlich stand Zieten mit einem Korps von 10,000 Mann in Sorau, vom Prinzen Heinrich, dessen Armee bei Sagan lagerte, gegen Daun vorgeschoben. Die Oesterreicher hatten sich in der lezten Zeit so wenig offenſiv gezeigt, daß selbst der vorsichtige Zieten an keine Unternehmung des Feindes glaubte. Nun war es aber gerade Daun's Absicht, das vereinzelte Zieten sche Korps mit seiner ganzen Macht zu überfallen und ihm seinen Rückzug zum Prinzen unmöglich zu machen. Deshalb sollte der General Beck durch den Sorauer Wald die linke Flanke Zieten's umgehen und auf dem Wege nach Sagan das Defilee bei der Buſchmühle besetzen. In gleicher Weise sollte Ge neral Burkow Zieten die rechte Flanke und den Rücken abgewinnen, während Daun von vorn angreifen wollte. Zieten schickte am 2. September eine 200 Mann starke Patrouille des Gersdorff'schen Husaren-Regiments aus , um den Feind zu beobachten ; es war dies gerade der Tag des beabsichtigten Ueberfalls. Leider bemerkte die Patrouille gar Nichts von den Bewegungen der Heerhaufen und kam mit der Nachricht zurück , Nichts zu sehen sei . Glücklicher Weise war aber tember der Major v. Zettmar unseres Regiments
starken feindlichen daß vom Feinde schon am 1. Sep mit 200 Huſaren
vom Prinzen Heinrich auf Patrouille geschickt worden , und dieser stieß am Abend desselben Tages auf die Avantgarde des Beck'schen Korps und machte 30 Gefangene. Dadurch wurden die Anschläge des Feindes klar. General Beck aber, der sich selbst verrathen glaubte , ging nicht weiter vor und ließ Zieten's Rückzugsstraße frei. Die übrigen österreichischen Kolonnen setzten aber ihre Bewegungen fort, und die Gefahr war für Zieten sehr groß , besonders da er, den Meldungen der Gersdorff'schen Huſaren trauend, an keinen feind lichen Angriff glauben wollte. Seine Vorposten paßten aber gut auf,
und als Daun mit
50,000 Mann heranmarſchirt kam , meldeten sie es bei Zeiten und Zieten kam Dank der vom Feinde unbesetzten Rückzugsstraße glücklich davon. Zu derselben Zeit zeichnete sich auch der Major v . Hundt bei der Armee des Königs sehr aus. Derselbe erhielt am 1. Sep
――――
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w w w indianad. ce
tember den Befehl, mit 200 Zieten'schen Husaren eine Rekognoszirung gegen Lübben zu machen, welches der feindliche General v. Seckendorf Er fand aber Nichts mehr, als ein starkes De
besezt haben sollte.
tachement Kroaten, das sich in einem Walde gelagert hatte. Er überraschte es in dem Grade , daß er Viele niederhieb und nicht weniger als 110 Mann gefangen nahm . Major v. Hundt ging dann noch bis Vetschau vor, fand aber vom Seckendorf'schen Korps Nichts mehr , da es sich auf die Nachricht von der Annäherung des Königs schleunigst entfernt hatte. Am 5. September wurde Major v. Hundt mit seinem ganzen Bataillon dem General Fink zugetheilt , der Dresden, wo , wie wir gesehen haben, General Schmettau belagert wurde, entseyen sollte. Leider hatte aber die Stadt schon kapitulirt, und nun zog General Fink sich nach Torgau , um dort sich mit dem General Wunsch zu vereinigen, der mit einer Hand voll Leuten , etwa 5000 Mann, die dortigen Gegenden besezt gehalten hatte. Nach vielfachen künstlichen Märſchen vereinigte sich auch die Armee des Prinzen Heinrich am 4. Oktober bei Torgau mit diesem Heerhaufen, so daß die beiden Bataillone unseres Regiments zum ersten Male unter dem Kommando des Majors v. Zettmar vereinigt waren. Hier hatte nun der Prinz Heinrich eine ansehnliche Macht zusammen, 53 Bataillone und 101 Eskadrons . Die Folgen der Schlacht von Kunersdorf waren so ziemlich gleich Null geblieben ,
denn der größte Theil von Schlesien und
Sachsen blieb noch in der Hand des Königs, und nur der Fall von Dresden war ein schmerzlicher Verlust. Der Prinz
bezog
bei Zinna und
Siptig ein festes Lager,
und da die Jahreszeit schon vorgerückt war , so glaubte man den Feldzug geschlossen und bereitete sich auf die Winterquartiere vor. Die Feinde Friedrich's waren aber zu sehr vom Glück in dieſem Feldzug begünstigt gewesen und dachten noch nicht daran, die Feind seligkeiten einzustellen. Daun sogar faßte den ungeheuerlichen Plan, das Lager des Prinzen einzuschließen und zu einem zweiten Pirna zu machen. Die Fäden des Nezes wurden aber vom Prinzen gleich von Anfang an zerrissen. Der Herzog v. Aremberg sollte dem Prinzen in den Rücken gehen , dieser aber wandte sich so entschlossen gegen ihn, daß er eiligst den Rückzug antrat. So wohlfeilen Kaufs sollte er aber nicht davonkommen.
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―――
Der preußische General v. Platen fiel mit dem Dragoner-Re giment Jung Platen, den Huſaren v . Gersdorff und 500 Huſaren, kombinirt aus den Regimentern v. Zieten und Möhring , auf ſeine Arrieregarde, die der General v. Gemmingen führte . Lezterer hatte 4 Bataillone, 8 Grenadier-Kompagnieen und ein Küraſſier-Regiment unter seinem Befehl. Kavallerie vereint
Dieses letztere wurde von der preußischen
angegriffen
und leicht überwältigt ,
dann aber
stürzten sich die siegenden Reiter mit Ungestüm auf die feindliche Infanterie, welche sie muthig erwartete. Es kam zu einer glänzen den Attaque. Der Feind wurde, weil er sich etwas ungeschickt hinter einer Höhe postirt hatte, die einem Theil der heranbrauſenden preußi schen Schwadronen bis zuletzt Deckung verlieh , total auseinander gesprengt und überritten, ſo daß General v. Gemmingen mit 23 Offi zieren und 1176 Mann in Gefangenschaft gerieth. Das Gefecht fand bei Sadowitz statt.
Die schwachen Reſte
des Feindes verstreuten sich in die Wälder. Dieses glänzende Ge fecht am 29. Oktober war ein rechter Lichtblick in der düſtern Nacht des Unglücks , welche über die preußische Armee hereingebrochen war. Das Schicksal schien aber noch nicht müde, sie zu verfolgen, und den König und seine braven Truppen sollte in diesem Unglücksjahr noch ein schwerer Schlag treffen.
Der König wollte Daun, der sich nach
Dresden gezogen hatte , nicht in Sachsen leiden, sondern ihn noch vor Ablauf des Jahres nach Böhmen treiben. Er schickte deshalb den größten Theil seiner Armee ,
die bis dahin in Schlesien und
der Lausitz gewesen war , unter General von Hülsen nach Sachſen, um sich mit dem Prinzen Heinrich zu vereinigen. - General Fink wurde mit 11000 Mann dem Feind in den Rücken geschickt. General hatte aber einen schweren Stand.
Letterer
Mit einer so kleinen
Schaar in unmittelbarer Nähe des übermächtigen Feindes wurde er selbst umringt und nach tapferster Gegenwehr zur Kapitulation von Maxen am 21. November genöthigt, die ihn und sein ganzes Heer friegsgefangen machte. Das war ein sehr böser Schlag, und der König fühlte sich tief niedergedrückt.
Während der ganzen Dauer des Krieges
konnte
er diesen Verlust nicht verschmerzen, und in seiner Korrespondenz mit seinem Bruder Heinrich kommt er immer wieder auf diesen bösen Tag zurück , welcher ihm alle seine Dispositionen durchkreuzte. Dresden wurde deshalb auch nicht wieder von den Preußen erobert. Am 8. November hatte sich die Armee des General von Hülſen bei
159 Lommatzsch mit dem Prinzen Heinrich vereinigt ; der König übernahm trotz der ihn plagenden Gicht das Oberkommando und ging auf Daun los.
Unser Regiment befand sich in der Avantgarde, welche
General Zieten führte.
Nach dem Tage von Mayen konnte aber
der König nicht daran denken , Daun anzugreifen , der in der Nähe von Dresden wie gewöhnlich in einer unangreifbaren Stellung stand und nach Beseitigung des Fink'schen Korps ungestört seine Zufuhr erhielt. Friedrich bezog trotz der rauhen Jahreszeit mit der ganzen Armee ihm gegenüber von Wilsdorf bis Freiberg ganz enge Kan tonnements, wobei ein großer Theil der Truppen bivouakiren mußte. Unser Regiment stand in der Gegend von Kesselsdorf und hatte, wie das ganze Heer, einen überaus anstrengenden Dienst. Der Winter war ein ungemein harter. Die Soldaten bauten sich Brandhütten, in denen sie Tag und Nacht um die Feuer lagen.
Ein gewaltiger
Mangel an Proviant und Futter stellte sich ein, so daß die Soldaten mit ihrem Kommißbrot sich meist nur Wassersuppen kochen konnten . Archenholz erzählt, die Kälte ſei ſo grimmig gewesen , daß die Sol daten sich in die heiße Asche geworfen hätten, wo die eisigen Glieder durch die schmerzlichsten Brandwunden verlegt wurden.
Die Zelte
waren steif gefroren und ihre Leinwand fühlte sich an wie festes Eis . Auf den Feldwachen krochen die Soldaten, welche nicht Posten stan den, zusammen und übereinander , um sich gegenseitig etwas zu wär men. Die Kavallerie mußte von Abend 7 Uhr ab bis zum andern Morgen die Pferde gesattelt stehen haben und am Tage in Schnee und Eis unausgesetzt auf's Eifrigste patrouilliren. Natürlicherweise kosteten diese Strapazen vielen Tausenden von Leuten das Leben. Friedrich verlor so viel, als ihm zwei große Schlachten gekostet haben würden. Bei den Oesterreichern starben auch im Januar im Zeitraum von 16 Tagen über 4000 Mann.
In dieser gräßlichen
Zeit häufte Daun noch Schanzen über Schanzen und umgab sich mit allen möglichen fortifikatorischen Werken. Ein alter Zieten'scher Husar mit Namen Behrens, der noch 1840 als 105jähriger Greis in Wolfenbüttel lebte, gedenkt in seinen. Aufzeichnungen dieser Zeit als einer äußerst schweren -- alle Kräfte des Geistes und Körpers aufreibenden.
Allen Kriegern , welche die
selbe erlebt haben, wird der Winter von 1759 bis 60 unvergeßlich geblieben sein. Starke Herzen müſſen dazu gehört haben, um wäh rend dieser körperlichen Leiden und nach den entseßlichen Unglücks fällen des vergangenen Feldzugs noch muthigen Sinnes in die Zu
160 kunft zu schauen, noch einen Schimmer von Hoffnung festhalten zu können. Der große König betrieb während dieser Zeit troß aller Hemmnisse den Ersaß seiner Regimenter mit solcher Energie, daß er den Herzog Ferdinand von Braunschweig , der mit 10,000 Mann aus dem fernen Westen ihm zu Hülfe geeilt und gerade au Weih nachten zu ihm gestoßen war, bereits im Februar wieder gegen die Franzosen schicken konnte, eine Maßregel , welche bei seinen Feinden. einen tiefen Eindruck zu machen nicht verfehlte.
E.
Feldzug 1760.
Der Ersatz der Husaren-Regimenter war ein gut Theil leichter als der anderer Truppentheile zu beschaffen. So schreibt z . B. im Winter 1761 der General Golz an den König , daß die Husaren großen Zulauf hätten und ohne Mühe auf 1500 Mann sich com plettiren könnten. Die bessere Behandlung bei den Husaren , das viele Umher streifen, wohl auch die Hoffnung auf Beute brachte das Zuſtrömen zu dieser Waffe hervor. Im Uebrigen sei noch bemerkt, daß die eingestellten Rekruten zum bei Weitem größten Theil Inländer waren; so befanden sich z. B. beim Regiment Werner von 1020 Husaren gegen 900 Nationalpreußen. es wohl ähnlich gewesen sein.
Bei unserm Regiment wird
Zieten erhielt am 8. Februar 1760 aus dem Hauptquartier Freiberg vom König den Befehl, daß das Regiment ohne Rücksicht auf die, welche noch in feindlicher Gefangenschaft wären , mit 1500 Pferden , wie
es sich gebühre ,
vollständig gemacht werden müßte,
weil man nicht wissen könne, was von Jenen sterben, fremde Dienſte nehmen oder sonst wegkommen möchte. Der König war mit Zietens Verhalten während des vergan genen Feldzugs so zufrieden, daß er trotz Beschränktheit eigener Mittel es sich doch nicht versagen konnte , seinem erprobten General eine Belohnung zukommen zu lassen. Er schreibt am 17. April von Freiberg aus: "1 Mein lieber General Lieutenant von Zieten. Ich habe Euch hierdurch bekannt machen wollen, wie ich Euch zu einigem Douceur, wegen der sonst gewöhnlichen Winterdouceur gelder, einen Poſten von 1500 Thalern ausgesetzt und dem Kriegs rath Flesch allhier bereits befohlen habe , solches Geld sofort an
161 Euch gegen Quittung baar auszahlen zu lassen. Ich wünsche, daß ich in meinen jetzigen Umständen im Stande wäre, meine Erkennt lichkeit gegen Eure unermüdeten und rechtschaffenen Dienſte auf eine beträchtlichere Art an den Tag legen zu können. Ihr könnt indeſſen persuadiret sein, daß ich solche nie vergessen und in allen Gelegenheiten gern zeigen werde , daß ich bin Euer wohl affektio nirter König
Friedrich. " Diese Gnade des Königs hatte Zieten aber auch im höchsten Grade verdient. Gerade im tiefsten Unglück zeigte er das unerschüt terlichste Vertrauen , und wo er kommandirte, da riß so leicht keine Unordnung und Verzagtheit
ein.
In diesem schrecklichen Winter
wußte er durch den Zauber seiner Persönlichkeit seinen Husaren den überaus schweren Vorposten- und Patrouillendienst zu erleichtern und sein
mildes
und
dabei
doch so
bestimmtes Wesen feuerte
zur äußersten Anſpannung aller Kräfte an .
sie
Unendlich viel und ſegens
reich wirkte auch Zietens Bestreben, seinen Leuten die nöthige Ruhe und Bequemlichkeit zu verschaffen, wenn das Intereſſe des Dienstes es erlaubte.
Der Husar wußte, daß nicht eine einzige Nacht sein
treues Roß ohne Noth gesattelt stehen mußte, daß nicht ein einziger Marsch zwecklos war. Wie sehr ein solches Bewußtsein den Soldaten hebt , wie sehr das Gegentheil ihn niederdrückt, wird Jeder wissen, dem es einmal vergönnt gewesen ist , einen Feldzug mitzumachen. Allgemein hieß Zieten jetzt in der Armee "I Vater Zieten", ein Name, der keines Kommentars bedarf. Noch nie war der König mit einer so geringen Truppenmacht ins Feld gezogen, wie in diesem Jahre.*) Außer seinen Garniſon truppen hatte er nur 126 Bataillone, 190 Eskadrons , zuſammen etwa 90,000 Mann. Diese standen unter dem König selbst , dem Prinzen Heinrich, General Schmettau und Fouquet in einer langen Reihe von Frei berg in Sachsen bis Landshut.
Der Hauptplan des Königs beſtand
darin , die Vereinigung der ruſſiſchen und österreichischen Armee zu
*) Tief gebeugt, da das vergangene Jahr so verhängnißvoll gewesen war, ſchrieb er an die Herzogin von Sachſen- Gotha : „ Dieu est pour les gros es cadrons." 11 v. Arbenne, Zietenfches Hus.-Regt.
162
verhindern.
Gegen erstere stand Prinz Heinrich
Fouquet sollte
Schlesien decken, der König wollte die Hauptarmee von Daun in Schach halten. Der König machte allen seinen Generalen bekannt, daß er in dieser Kampagne mehr wie gewöhnlich starke Märsche würde machen müssen und befahl ihnen, das den Truppen mitzutheilen und ihnen die Erwartung des Königs auszusprechen, daß sie alle Strapazen standhaft ertragen und bei allen Gefechten sich erinnern sollten, daß sie Preußen seien. Am 25. April kouzentrirte der König seine eigene Armee, wobei unser Regiment hinter der Tribsche bei Meißen ſtand --- ein zelne Detachements unseres Regiments befanden sich weit vor der Front mit anderen Husaren (Kleist und Möhring) auf Vorposten. Am 6. Mai marſchirte das Regiment unter seinem Kommandeur Major von Zettmar geschlossen nach Torgau , ging dort über die Elbe und schloß sich einem Detachement von 600 Dragonern und dem Bataillon Quintus an, welche Truppen dem General Lasch ent gegentreten sollten, der mit einem kleinen Korps die dortige Gegend bedrohte. Das Detachement bezog die Dörfer Triestewitz , Arzberg und Nichtewitz und die Kavallerie beider Parteien neckte sich geraume Zeit hindurch, ohne etwas Ernstliches zu unternehmen .
Am 21 .
aber erhielt der Rittmeister von Prittwig unseres Regiments , der Held von Kunersdorf, den Auftrag, mit 160 Husaren in die Gegend von Kottbus zu marschiren, eines Theils, um diese gegen Streifereien feindlicher Kavallerietrupps zu schützen, andern Theils die Verbindung zwischen der Armee des Königs und der des Prinzen Heinrich zu er halten, welche lettere noch immer zwischen Sagan und Sorau fan tonnirte.
Dieser Auftrag war selbstredend
ein äußerst schwieriger
und gefährlicher , und man hatte deshalb einen so
ausgezeichneten
Offizier zu seiner Ausführung gewählt. Prittwig war bei Kalkowiz zwischen Kottbus und Vetschau hinter Morästen und kleinen Fluß armen der Spree postirt und hatte eines Tages den Rittmeister Schau mit 60 Pferden gegen Alt- Döbern, mehrere kleine Abthei lungen aber als Patrouillen gegen Vetschau und Groß - Döbern de tachirt. General Lasch, dem Prittwig schon einigen Abbruch gethan, beschloß unter allen Umständen diesem das Handwerk zu legen und schickte deshalb 600 Husaren und Dragoner ab, um ihn aufzuheben. Am 27. Mai, gerade an dem Tage , wo Prittwiß durch die eben erwähnten Detachirungen sich geschwächt und nur etwa 70-80 Hu
163 saren bei sich hatte , erschien der überlegene Feind vor seiner Feld wache. Dieselbe zog sich fechtend zurück und Prittwig kam ihr mit Allem zu Hülfe , was er noch bei sich hatte. Die große Uebermacht des Feindes erkennend, entschloß er sich begreiflicherweise sofort zum Rück zuge, der auch mit aller Ordnung und Ruhe angetreten wurde. Als der Feind mit seinen Flankeurs zu ungestüm nachdrängte, ließ Pritt wiß dieſelben durch kleine Abtheilungen zurücktreiben , was dieſe mit gewohnter Einsicht und Tapferkeit durchführten. So war man unter fortwährendem Scharmuziren bis zum Dorfe Papitz gekommen , als plötzlich die Husaren ein starkes feindliches Detachement auf ihrer Rückzugslinie gewahrten. Wir haben oft unser altes Regiment in ähnlichen Fällen mit bewunderungswürdiger Entschlossenheit sich aus der Schlinge ziehen sehen. Wenn hier dies nicht ganz der Fall war, so muß die Kritik bedenken , daß auch der bravsten Truppe etwas Menschliches begegnen kann. Es waren sehr viele neu angeworbene schlecht ausgebildete Rekruten bei dem kleinen Häuflein, das Prittwit hier befehligte ; die Tage von Prag, Kollin, Leuthen, Zorndorf, Hoch kirch, Kunersdorf hatten unter den alten Schnurrbärten gewaltig auf geräumt und viel junges uuerfahrenes Volk ritt im Gliede. Diese Rekruten sahen hier theilweise zum ersten Mal den Feind und nun gleich in solch verzweifelter Lage.
Sie verloren daher den
Muth und fingen an sich zu zerstreuen , nur die alten Leute hielten sich festgeschlossen um Prittwiß, der mit einer wüthenden Attaque fich Luft machte und mit 40 Huſaren ſich glücklich durchhieb. Leider aber fielen 43 Huſaren als Gefangene dem Feinde in die Hände und auch ein Offizier bei seiner Bemühung, die Flüchtigen zu sammeln und zurück zu holen. Dies ist ein dunkler Fleck in der Geschichte unseres Regiments . Ein gewissenhafter Berichterstatter seiner Großthaten durfte auch die sen kleinen Makel nicht unerwähnt lassen. Ist er doch fast der ein zige, welcher auf dem goldenen Ehrenschilde der Zietenſchen Husaren Gegen den Major von Zettmar machte der General sich befindet. Derselbe war mit den übrigen einen ähnlichen Anschlag. Schwadronen des Regiments ihm ein äußerst lästiger Gegner gewor den. Er beschloß deshalb, ihn mit 2000 Mann Kavallerie und eini
Lasch
Zettmar paßte aber seinem Feinde ger Infanterie zu überfallen. scharf auf die Finger und ließ sich nicht so leicht fangen. Er ging zwar erst zurück , als es hohe Zeit wurde , kam aber ohne großen 11*
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www .
Verlust nach Torgau, wo das Bataillon Quintus als Soutien stand und verlor bei dem mehrſtündigen Arrieregarden-Gefecht nur 1 Offi zier und 28 Mann. Bald darauf wurde der General Krockow auf das rechte Elbufer detachirt ( unſer Regiment ihm beigegeben) um den Uebergang des Königs über die Elbe zu decken. Nachdem dieser glücklich ausgeführt, vereinigte sich das Detachement wieder mit der Armee bei Broschwitz, wo der König eine Zeit lang blieb. Von hier aus gab es viele Reibereien mit dem Lascy'schen Korps , das eben falls auf das rechte Elbufer gegangen war. Am 18. brach der König gegen Osten auf in der Absicht, bis nach Schlesien zu gehen. Unſere Husaren, in der Avantgarde befindlich , nahmen an dem Gefecht bei Ober-Rödern Theil. Vier feindliche Dragoner - Regimenter wurden von der preußischen Avantgarde geworfen und ihnen 100 Gefangene abgenommen. Am 19. deckte das Regiment mit den Husaren von Möhring eine Rekognoszirung des Königs . Da Lasch den König fortwährend fotoyirte und, als der Lettere nach Radeburg marschirte, selbst nach Radeburg ging , dem König genau in der rechten Flanke liegend , blieb dieser dort stehen und begab sich am 25. sogar wieder einen Marsch zurück der Elbe zu nach Groß-Döberiz. Am 23. hatte die Wachsamkeit unserer Husaren einen Ueberfall des Generals Lascy bei Zeiten entdeckt und vereitelt, so daß feleien fam.
es nur zu kleinen Plän
Der Mai und der größte Theil des Juni
waren vergangen,
ohne daß auf dem östlichen und südlichen Kriegsschauplatz Etwas von Bedeutung vorgekommen wäre. Da traf die erschütternde Botschaft ein, daß General Fouquet mit seinem Korps nach heldenmüthigem Kampfe vom General Laudon bei Landshut geschlagen und selbst schwer verwundet mit 4000 Mann Infanterie gefangen worden sei . Die Kavallerie hatte sich durchgeschlagen ; daß die Oesterreicher ſelbſt die preußische Gegenwehr eine „ unbeschreiblich brave “ nannten, war nur ein schwacher Trost. Der König schreibt an seinen Bruder nach empfangener Nachricht von Fouquets Niederlage : "1 Vous aurez de la peine à vous représenter mon em barras et ma situation. " Rasch entschlossen wollte nun aber der König selbst auf alle Fälle nach Schlesien.
Unser Regiment wurde der Arrieregarde zu
getheilt und die Armee setzte sich nach Schlesien in Marsch.
Sowie
aber die preußische Armee sich rührte, wurde auch Daun lebendig, der bis dahin in der Gegend von Reichenberg gestanden hatte.
Er
165
gewann dem König einen Marsch ab und marschirte vor seiner Avant garde, während Lasch sich an die preußische Arrieregarde hängte und Vergeblich suchte der König einen der ſie unausgesetzt beunruhigte. beiden ihm stets geschickt ausweichenden Gegner zur
Schlacht zu
zwingen. Besonders ging er Lasch auf den Leib und unser Regiment hieb sich fast täglich mit dessen Kavallerie herum. Bei Nauendorf gelang es ihm , dem Feinde 80 Gefangene abzunehmen. Am 7. Juli machte der König gegen Lasch eine größere Rekognoszirung. Es nahmen daran Theil : General Zieten mit 400 Pferden seines Regi ments, 200 Husaren von Werner und die Dragoner-Regimenter von Czettriz und Normann , sowie das Grenadier - Bataillon von Fal kenhayn. Die übrige Armee hielt Rasttag bei Niedergurke. Die Kavalle rie, etwa 1500 Pferde stark, ging rascher vorwärts , als das Grena= dier-Bataillon folgen konnte. Sehr bald wurde der Feind aufgefunden, und General Zieten machte auf 4 sächsische Dragoner - Regimenter eine herzhafte Attaque, bei welcher sich unsere Husaren unter Führung des Majors von Zettmar sehr auszeichneten.
Die feindlichen Dragoner stoben zurück,
und Lasch, der nicht recht wußte, woran er war , marſchirte mit ſei nem
ganzen Korps
auf, was der König eben wünschte.
Zettmar,
der im eifrigen Verfolgen war, prallte mit unseren Husaren gegen den neuen Feind und wäre vielleicht in eine bedenkliche Lage gekom men , wenn die braven Kameraden ihm nicht eiligst zu Hülfe ge kommen wären. Hier fochten vorzüglich polnische Ulanen sehr brav. Der König, welcher sich mit seiner gewöhnlichen Todesverachtung mitten in das Handgemenge begeben hatte ,
wurde hier beinahe getödtet .
Nur die
Geistesgegenwart eines seiner Pagen rettete ihn (siehe Huſarenbuch des Grafen zur Lippe) . Nach der zweiten Attaque ging die preußische Kavallerie zurück, vom heftig nachdrängenden Feinde verfolgt.
Bei
dem Dorfe Welke war indeß das Grenadierbataillon Falkenhayn an gekommen und die feindliche Kavallerie, welche auch nicht in Ordnung war, hielt es deshalb an der Zeit, umzukehren.
Der König spricht
von dieser Rekognoszirung in der Korrespondenz mit seinem Bruder Heinrich als von einer gelungenen und der Bericht der Frau von Blumenthal in ihrer sonst gut geschriebenen Biographie Zietens iſt wohl nicht ganz hiſtoriſch. Die gute Dame liebt es sehr , ihren
166 Helden lassen.
manchmal die Rolle des Propheten Jeremias ſpielen zu Das Gefecht brachte übrigens 400 Gefangene ein, während
der preußische Verlust sich in Allem
auf 300 Mann belief.
Zu
einer Schlacht ließ sich Lasch aber nicht bewegen und die Lage der Sie war von feind preußischen Armee war keine beneidenswerthe. lichen Heerhaufen fast ganz eingeschlossen und der König faßte daher den
eigenthümlichen Entschluß ,
vorläufig von seinem Zuge nach
Schlesien wieder abzulaſſen und Dresden zu belagern. Dieſe merk -Das Belagerungsheer würdige Belagerung begann am 14. Juli. war selbst von Daun und Lasch cernirt , so daß der König am 23. schreibt : Je fais la vedette ici à trois cotés. " Während der Belagerung, welche man besser ein Bombardement nennen kann, ſtanden 3 Eskadrons unseres Regiments auf den Tölt schener Höhen in der Nähe des Dörfchens Plauen westlich von Dres den. Dieselben hatten den Befehl, die Verbindung der Belagerungs armee mit einem Detachement zu halten , welches zum Schutz einer bei Kadig nördlich von Dresden geschlagenen Brücke aufgestellt war. Zwei Schwadronen waren bei der Belagerungsarmee und fünf Schwadronen auf das rechte Elbufer detachirt ; sie faßten auf den Höhen zwischen Reichenberg und Bordorf Posto. Hier hatten ſie be reits am 15. Juli , alſo am zweiten Tage der Belagerung , unter dem Prinzen von Bernburg im Verein mit 4 Bataillonen Infanterie ein Gefecht gegen die Vortruppen des Feldmarschall Daun , welcher bei der Rückkehr des Königs zur Elbe diesem schleunigst wieder folgte. Seine leichten Truppen wurden zurückgeworfen und zwar bis über das Defilee von Dürrenbülau . Wunderbarerweiſe machte Daun keinen ernstlichen Versuch, die Festung zu entsegen. Nachdem ein Ueberfall mißglückt war, geschah von seiner Seite nichts Ernstliches mehr. Wie schon früher erwähnt , waren aber Belagerungen nicht die starke Seite des großen Königs. Dresden hielt sich, von einer sehr zahlreichen Besatzung gut ver theidigt, länger als man geglaubt hatte, und mun kam aus Schlesien eine neue Schreckensbotschaft , die den König die Belagerung aufzu heben zwang. Laudon war nach seinem Siege über Fouquet vor Glatz gerückt , um diese Festung zu belagern. Der Kommandant war ein windbentliger Italiener mit Namen d'O. Die Jesuiten in der Stadt verſtanden es außerdem , die katholischen Soldaten zum Verrath zu bringen und sie zu veranlaſſen , einige Werke den Oesterreichern ohne
――
167
Kampf zu überlassen. So fiel Glaz und Laudon rückte nun vor Breslau, wo eine minimale Besatzung unter dem heldenmüthigen Tauenzien alle ſeine Stürme abſchlug, die revoltirende Einwohnerſchaft im Zaume hielt und auch noch 9000 Mann Gefangene bewachte. Binnen Kurzem mußte aber Breslau doch fallen, wenn es nicht ent setzt wurde. Der Prinz Heinrich, welcher mit den Russen genug zu thun hatte, zog sich zwar in starken Märschen nach Schlesien, allein auch Soltikow stand nur 9 Meilen von Breslau.
Der König ent
schloß sich daher, die Belagerung aufzuheben und diesmal, koste was es wolle, nach Schlesien zu ziehen. Mit der verunglückten Berennung
Dresdens schließt sich die
lange Reihe von Unglücksfällen , welche mit der verlornen Schlacht bey Kay beginnend, den König betroffen hatten. Jetzt fing sein Glücks stern an wieder zu leuchten. Die Armee marschirte denn am 31. Juli in aller Stille von Dresden ab. Dennoch war Daun's Armee bald wieder vor seiner Avantgarde und Lascy folgte seiner Nachhut. Die Preußen mar schirten in 3 Kolonnen ; unser Regiment mit dem Freibataillon de Courbière hatte die Spitze der einen.
Es kam natürlich während
dieses Gewaltmarsches , der über Elbe , Spree, Neiße , Queis und Bober ging , zu vielfachen Reibereien der beiderseitigen leichten Ka vallerie. Am 7. August machte das Regiment einen schönen Fang, indem es einen starken feindlichen Posten bei Bunzlau überraschte und ihm 70 Gefangene abnahm.
Friedrich hatte es nun freilich nicht hindern
können , daß Dann sich mit Laudon vereinigt hatte und nun etwa. 100,000 Mann stark war , während die Preußen nur etwa 30,000 Mann zählten. Daun hatte aber große Besorgniß , der König möchte sich mit dem Prinzen Heinrich vereinigen und versuchte deshalb , den König vorher zu überraschen und zu vernichten . Es war in der Gegend von Liegnitz, wo dieser Koup ausgeführt werden sollte.
Daun beab
sichtigte, ein zweites Hochkirch zu liefern. So überzeugt waren die Oesterreicher von dem Gelingen ihres Plans , daß sie sagten, der Sack wäre nun aufgemacht, worin man den König von Preußen und seine ganze Armee auffangen und ihn sodann zuſchnüren würde. Der König erhielt zufällig am Abend vor der Ausführung der Anschläge des Feindes die Nachricht von diesen Radomontaden. Er erzählte sie selbst seiner Umgebung und sagte
168 Die Desterreicher haben nicht ganz Unrecht,
aber ich denke in den
Sack ein Loch zu machen, das ſie Mühe haben werden, auszubeſſern. In der Nacht vom 14. zum 15. Auguſt beabsichtigte man, den großen König an 4 verschiedenen Punkten anzugreifen, und zwar von Laudon zunächst mit 30,000 Mann ,
der den linken Flügel der preußischen
Armee umfassen sollte. Der Feldmarschall Daun war beauftragt, das Uebrige zu besorgen. Das Lager des Königs zeigte sich einer Vertheidigung sehr ungünstig , und der König verließ es deshalb in derselben Nacht, in welcher die Desterreicher ihren Ueberfall beabsich tigten.
Sowie die Nacht vollständig hereingebrochen war, marſchirte
der König in größter Stille mit der Armee auf Parchwitz und bezog mit derselben auf den Pfaffendorfer Höhen ein Lager.
In dem
zurückgelaſſenen Lager mußten alle Wachtfeuer brennen gelaſſen wer den und eine Anzahl Bauern mußte sie deshalb fortwährend in Brand erhalten; auch mußten Huſaren-Patrouillen umherschwärmen und ſich von Zeit zu Zeit anrufen, damit es den Anschein habe , als wäre die Armee in vollster Ruhe. Unser Regiment war auf dem nächtlichen Marsch in der Avant garde und bezog, nachdem die Armee Halt gemacht, mit dem Grenadier Bataillon Rathenow die Vorposten. Der König war persönlich bei einem Infanterie-Piquet mit dem General Zieten. Ein alter Kupferstich , der weit verbreitet ist, stellt den König auf einer Trommel sigend dar, den alten Zieten neben ihm . In einem alten Soldatenlied , das noch heut zu Tage hin und wieder vom Regiment gesungen wird, heißt es: ,,Auf einer Trommel saß der Held Und dachte seine Schlacht,
Den Himmel über sich zum Zelt Und um sich her die Nacht. " Die ganze Armee gab sich übrigens nicht der Ruhe hin. Alle Truppen lagen das Gewehr im Arm, kein Feuer durfte gemacht, kein lautes Wort gesprochen werden.
Es war eine prachtvolle Augustnacht, und die Soldaten waren. voll froher Zuversicht. Die alten Soldaten erzählten viel von ihren früheren Schlachten, und überall bildeten sich kleine Kreise , die aufmerksam zuhörten und die färglichen Reſte aus Brotbeuteln und Feldflaschen theilten. Unser zweites Bataillon war unter dem bewährten Major v. Hundt gegen
169 Morgen nach Binowiß und Pohlſchildern entsendet worden, um da zu patrouilliren, weil die Armee am andern Morgen in dieser Rich tung weiter marschiren wollte. Die lautlos vortrabenden Huſaren hörten da plötzlich durch die Stille der Nacht ein ſeltſam ſummendes Geräusch, das geübte Ohren bald
als den unausbleiblichen Lärm
erkannten , den größere marschirende Truppenmassen nie werden ver meiden können. Hundt , der spähend vorgeritten war , merkte auch bald, daß österreichische Truppen heranmarſchirt kamen, und die eben eintretende Morgendämmerung ließ ihn deutlich erkennen , daß er es mit einem sehr zahlreichen Feinde zu thun hatte.
Das war eine so
wichtige Entdeckung , wie sie ein Husarenauge nur machen kann. Jezt galt es , den König zu benachrichtigen.
Der schnell vorwärts
marſchirende Feind machte es schwer, Zeit zu gewinnen. Ein gütiges Geschick wollte es , daß der brave Major , der eine so wichtige Mel dung persönlich überbringen zu müſſen glaubte , noch bei Zeiten den Auf sein lautes Rufen: "1Wo ist der
König und Zieten fand.
König?" antwortete dieſer ſelbſt : „ Hier, was iſt, was iſt? " Hundt machte die Meldung , daß der Feind nur noch 400 Schritte vom Lager entfernt ſei. Als der König das nicht gleich glauben wollte , bekräftigte er ſeine Aussage mit einem Huſarenfluche, den der Monarch ſeiner Auf regung wohl zu Gute gehalten haben wird. Er rief dem wieder Davonsprengenden zu : „ Halte er den Feind nur so lange auf als möglich. " Dann traf er ungefäumt seine genialen Maßregeln . Die Armee war im Nu auf den Beinen , und der König hatte gerade noch Zeit , dem anrückenden Laudon einen überaus wichtigen Höhepunkt gerade vor der Nase wegzunehmen. Laudon ſelbſt kam in voller Ruhe und Sicherheit anmarſchirt. Er hielt die Vedetten unſeres Regiments für Bedeckung der Bagage , glaubte also , den König im Rücken anzugreifen, während er auf seine Front ſtieß, auch hatte er nichts weniger als ihn bereits hier zu finden erwartet , da ihm die Veränderung des preußischen Lagers natürlich unbekannt war. So entstand für ihn , der überraschen wollte , selbst eine Ueber raschung, und zwar nicht die angenehmste , denn seine anrückenden Kolonnen wurden sofort troß des Morgennebels ( es war erst 3 Uhr Morgens) mit einem formidablen Geschüß- und Klein- Gewehr-Feuer empfangen.
170
Laudon aber, der fest auf die Unterſtützung Daun's rechnete und ſelbſt 30,000 Mann ſtark war, nahm die ihm angebotene Schlacht an und warf zunächst eine mächtige Kavalleriewolke auf die preußische Reiterei , die auf Friedrich's äußerstem linken Flügel ſtand und der fich , als die Schlacht ihren Anfang nahm , unser Regiment an geschlossen hatte.
Unsere Husaren warfen aber in Verbindung mit
den Dragonern v. Krokow und den Kürassieren v. Seydlig , Mark graf Karl und Prinz v. Preußen in einer gewaltigen Attaque die feindlichen
Geschwader
zurück.
General - Quartiermeister
Ein Augenzeuge,
verstorbene Herr
der
1801
v. Baſſewiß ,
als
welcher
allerdings diese Attaque nur von unserem Regiment , dem v. Krokow und Prinz v. Preußen ausgeführt wissen will , schreibt , die Feinde ſeien mit einer wahrhaft furieuſen Heftigkeit angegriffen und über den Haufen geritten worden. Vom Regiment wurden dabei ver wundet : Lieutenant Kordshagen, v. Truzettel, v. Romberg und der Kornet v. Quast. Der Verlust an Leuten ist leider wie bei den meisten Schlachten
des
großen Königs
nicht
genau feſtzuſtellen.
Laudon versuchte nun mit seiner Infanterie einen allgemeinen Angriff. Bei seinem débouché aus dem Dorfe Panten steckten dieses aber die preußischen Grenadiere in Brand, der Angriff gerieth ins Stocken und mißlang.
Früh Morgens um 6 Uhr war Laudon total ge
schlagen, hatte 4000 Todte und Verwundete, 6000 Gefangene, dazu noch 23 Fahnen und 82 Kanonen verloren. Daun, der verabredeter Maßen das verlassene preußische Lager angriff, war nicht wenig erstaunt, als er die Vögel, welche er fangen wollte, ausgeflogen fand. Er glaubte nun Friedrich auf einer über eilten Flucht, da er den Kanonendonner der Schlacht wegen eines widrigen Windes nicht hören konnte. Als er durch Laudon's Mel dungen anders belehrt wurde, war es zu spät. Einige vereinzelte Reiterangriffe auf den rechten preußischen Flügel , den der General Zieten befehligte , halfen zu Nichts. Lasch , welcher den König im Rücken angreifen sollte, ließ sich nur mit einigen Huſaren sehen. Daun zog deshalb , obgleich er noch doppelt so viele Truppen hatte, wie der König, ab und überließ diesem das Schlachtfeld. Auf solchem ernannte der Monarch seinen treuen Zieten zum General der Kaval Major v. Hundt erhielt den Orden pour le mérite . Der König war übrigens wieder in höchster Lebensgefahr gewesen , hatte einen Prellschuß bekommen und ein Pferd war ihm wieder unter Der König blieb nur 3 Stunden dem Leibe erschossen worden. lerie.
171 nach gewonnener Schlacht stehen; währen dieser Zeit wurden die Verwundeten und die Beute auf Wagen gepackt, und um 9 Uhr setzte sich die Armee nach dem 3 Meilen entfernten Parchwitz in Bewe gung, in dessen Nähe der Russe Tschernitscheff mit 20,000 Mann stand.
Parchwitz liegt noch auf dem linken Oderufer , und da auch Soltikow mit der russischen Hauptmacht auf dem linken Ufer sich befand, so war die Lage des Königs immer noch eine sehr üble. Friedrich ließ aber einen mit falschen Nachrichten versehenen Bauer, der sich als Bote des Königs an den Prinz Heinrich geberden mußte, absichtlich gefangen nehmen. Die Nachrichten klangen für diese Barbaren so schrecklich, daß sie eiligst über die Oder und davon gingen. So war die Verbindung mit Breslau auch dem König wieder frei und die dankbare Stadt ſandte der Armee einen Ehrentrunk, für jedes Bataillon zwei Ohm Wein, für die Offiziere Franzwein , für Generale und Stabsoffiziere Ungarwein. Der König zahlte für die Bataillone von Liegniß jedem Mann 4 Groschen und
an Beutegeld
für jedes
Geschütz
137 Thaler
12 Groschen, für jede Fahne oder Standarte 50 Thaler. Nach der Schlacht von Liegnitz beginnt ein Hin- und Herſchieben der Armeen, dem wir nicht folgen können. Der große König übertraf sich dabei in seiner Kühnheit.
Er
marſchirte einmal mit der ganzen Armee dicht unter den Kanonen des Daun'schen Lagers entlang , so daß der Historiker Gaudi ſagt, nur ein Feldherr, der zugleich König gewesen, habe so etwas wagen können.
Daun ließ sich durch die unerhörten Manöver ſeines genialen
Gegners so in Schrecken sezen, daß er von der Offenſive Abstand nahm und sich in die Grenzgebirge Böhmens ganz verkroch, wohin Friedrich ihm folgte
und
dicht
vor seinen Augen ebenfalls
ein
Lager bezog. Während dieser ganzen Zeit hatten aber die preußischen Waffen gutes Glück ; es wurden mehrere glückliche Treffen geschlagen und unser Regiment hatte in einigen kleinen Affairen wieder Gelegenheit, sich sehr auszuzeichnen. In der Nacht vom 30. - 31 . Auguſt mar schirte es an der Tete der Armee, die einen Handstreich vorhatte. Es war in der Gegend des Zobtenberges, und durch Wald, Berge und Nacht gedeckt, blieben unsere Husaren dem parallel mar schirenden österreichischen Dragoner - Regiment St. Ignon verborgen. Einzelne Patrouillen, welche sich begegneten , ritten aneinander vor
172
――
über, oder hielten sich für Freunde. Sowie aber die Dunkelheit der Nacht dem ersten Schimmer der Morgenröthe wich, erkannten die Husaren den Feind, der nun vom Regiment sofort attakirt wurde und 2 Offiziere und 40 Mann allein an Gefangenen verlor (einige Quellen geben 70 Mann an. Verfaſſer haften Fällen immer der
Dieſes ist aber bei zweifel
niedrigeren Angabe
gefolgt ,
wenn es
sich um eroberte Trophäen und dergleichen handelt) . Ein anderes Renkontre war noch glänzender. Am 12. September befand sich unser Regiment bei der Arrieregarde (es wechselte je nach dem Standort des Feindes die Stelle des Vortrabs oder der Nachhut) . Die Unter nehmung galt vornehmlich dem General Beck. Hierbei veranlaßte wieder die hereinbrechende Dunkelheit , daß ſich dieser verirrte und bei Hohenfriedberg eine Stellung nahm, in welcher er den preußischen Truppen den Rücken zukehrte. Die unſri gen, die ihm zwar nach der orde de bataille auch den Rücken zu kehrten, bemerkten den Fehler des feindlichen Generals, meldeten ihre richtige Entdeckung bei Zeiten und es wurde ein größerer nächtlicher Ueberfall beschlossen. In der Morgendämmerung , die man immer zu dergleichen Unternehmungen wählte, rückte die preußische Angriffs schaar vorwärts . Die leichten Truppen des Feindes hatten aber auch die Augen offen, und General Beck konnte sich noch aus der Schlinge ziehen. Sein Rückzug war aber naturgemäß ein sehr eiliger und unſere Husaren benutzten die Unordnung und fielen über die feindliche Arriere garde her. heit.
Hier lohnte ein wahrhaft glänzender Erfolg ihre Kühn
Denn außer vielen Kroaten, welche niedergehauen wurden, ver
lor der Feind allein an Gefangenen durch den schneidigen Angriff unſeres Regiments 470 Mann und 17 Offiziere.
Unter den leyte
ren befand sich auch der Oberst Dietrich. Am 17. September machte der König schon wieder einen Anschlag auf den Feind und zwar dies mal auf seinem rechten Flügel. Wieder wurde in der Nacht marschirt und bei dem glückverkün denden Hohenfriedberg , welches nur preußischen Ruhm gesehen hat, gelang es unseren Husaren, ein feindliches Piket zu überrumpeln und 1 Offizier und 21 Dragoner davon zu fangen. Diese ganze Zeit war überhaupt eine außerordentlich bewegte. „Rast' ich, so rost' ich! " dachte der König. Hin und her eilte er in gewaltigen Märschen und hielt seinen übermächtigen Gegner Daun in Schach , während
173 Laudon fruchtlose Versuche machte, Glogau einzunehmen, während die ganze Reichsarmee und ein starkes österreichisches Korps
den deta
chirten General Hülsen nicht zu überwältigen vermochte, vielmehr oft bittere Lektionen erhielt ; während ferner die Franzosen troß ihres 130,000 Mann starken Heeres
den kühnen Prinzen Ferdinand von
Braunschweig nicht über den Haufen rennen konnten , die Schweden vom Oberst Belling und General Werner im Zaum gehalten wur den und die Russen endlich ihrem Grimm nur durch entseßliche Ver heerung des offenen Landes, nicht aber durch kriegerische Unterneh mungen Luft zu machen wagten.
Die Wuth der kriegführenden
Partheien war aber aufs Aeußerſte gestiegen. Immer grausamer und blutiger wurde namentlich auch der kleine Krieg, den unsere Huſaren besonders
zu führen hatten.
Die vorübergehende Eroberung von
Berlin durch eine österreichische und russische Kriegsschaar war dem König sehr schmerzlich. Wenn man bedenkt, welchen geringen Theil ſeiner kleinen Monarchie der König nur noch besaß, wie ſpärlich ſeine Hülfsquellen flossen, so überkommt den Epigonen ein Gefühl über wältigender Bewunderung. Welcher König ! Welch ein Heer ! Einer Notiz des Grafen Lippe in ſeinem Huſarenbuch zufolge wären auch 200 Huſaren unſeres Re giments unter dem Kommando des General Werner gegen die Schweden geschickt worden.
Dieselben würden dann den glorreichen
Entsatz der Festung Kolberg und die glänzenden Gefechte mitgemacht haben, die nach dieser Affaire noch geschlagen wurden. Wir können aber darauf nicht genauer eingehen, weil in der bald folgenden Schlacht von Torgau überall das Regiment als vollständig beiſammen ange führt wird. Diese Schlacht bildet den Schlußstein der Großthaten des Jahres 1760. Man hatte auf sie eben so wenig gerechnet wie ſeinerzeit auf Keſſelsdorf oder Leuthen, denn die Jahreszeit war weit vorgeschritten. Der König mußte sie aber wagen , da seine Lage ohne eine gewonnene Schlacht sehr traurig blieb. Der General Hülsen hatte aus Mangel an Subſiſtenz Torgau aufgeben müſſen.
Wittenberg war dann nach tapferster Gegenwehr
als Schutthaufen dem Feinde in die Hände gefallen. Deshalb zog der König nach Sachsen, um nun wenigstens die Mark zu decken. Daun folgte ihm unmittelbar
auf dem Fuße, und nach vielfachem
Hin- und Hermarſchiren bezog er ein festes Lager bei Torgau , wo ihn Friedrich, um der Sachlage mit einem Schlage eine andere Wendung zu geben,
durchaus angreifen zu müssen glaubte .
Ueber
174
remove
ihn und sein ganzes Heer war wieder eine flammende Begeisterung gekommen wie vor Leuthen. Um den Geist zu kennzeichnen , der den Monarchen und seine Getreuen beseelte , ist es wohl angebracht , die Stelle eines Briefes anzuführen, den Friedrich an den Marquis d'Argens ſchrieb. Es heißt darin: „ Nie werde ich den Augenblick sehen , wo ich gezwungen ſein könnte, einen unrühmlichen Frieden zu schließen. Kein Beweggrund, keine Beredſamkeit würde mich dahin bringen , meine Schande zu unterschreiben. Entweder will ich mich unter den Trümmern meines Vaterlandes begraben , oder ich werde meinem Unglücke, wenn ich es nicht mehr zu tragen vermag , ein Ende zu machen. wissen.
Ich bin fest entschlossen , alles noch in diesem Feldzuge
zu wagen, denn ich will siegen oder ehrenvoll sterben. " Der Plan des Königs zur Schlacht war ein genialer - diesmal
sollte ein konzentrischer Angriff ſtattfinden. Die Daun'sche Stellung war halbkreisförmig und lehnte sich links
an die Elbe ; der rechte Flügel war durch fumpfige Wieſen und Teiche gedeckt und verstärkt. Der König wollte die beiden Flügel angreifen , um Daun von der Elbe abzuschneiden und zu vernichten. Der General von Zieten wurde deshalb abgeſchickt, den linken österreichischen Flügel zu ſchlagen. Der König wollte den rechten angreifen. Er paſſirte am 3. No vember früh die Dommitscher Haide in 3 Kolonnen, nachdem Zietens Korps sich schon von ihm getrennt hatte.
Unser Regiment befand
sich an der Tete der rechten Flügelkolonne. Der Wald wimmelte von leichten feindlichen Truppen , die eilends davon stoben , als die preußischen Bataillone herannahten. Nur das feindliche Dragoner = Regiment St. Ignon zog sich nicht bei Zeiten zurück und gerieth somit zwischen die Kolonnen des Königs. Unsere Patrouillen entdeckten es , der König ließ rasch die Ausgänge des Waldes durch Infanterie besetzen und unser Regiment erhielt Befehl, das feindliche Dragoner - Regiment aufzusuchen und
anzu
greifen. Der Major v. Zettmar ließ das Regiment in Zugkolonne links abmarſchiren und trabte durch den Wald. Als man gerade die rechte Seite einer größeren Lichtung entlang ritt, erschien der gesuchte Feind plötzlich in der linken Flanke des Regiments.
Da zu anderer
175 Formation feine Zeit blieb , so ließ Major v. Zettmar eiligst mit Zügen links schwenken und attaquirte in der Inversion. Einer guten Kavallerie ist es von jeher gleichgültig gewesen, ob der linke Flügel bei der Attaque rechts und der rechte links steht. Jedenfalls störte die ungewohntere Formation anch hier nicht das Un geſtüm der Attaque, welche zu den glänzendsten gehört, die Kavallerie je ausgeführt hat.
Kaum ein Einziger der Feinde kam davon, denn
nach einem blutigen Handgemenge gab sich der Reſt des österreichi schen Regiments in der Stärke von 20 Offizieren und 400 Mann gefangen.
Einen sehr schweren Verlust hatte aber das Regiment zu
beklagen: der Major v. Zettmar fiel von einer Pistolenkugel getroffen todt vom Pferde. Schuß abgefeuert.
Der Adjutant des General St. Ignon hatte den
Auch sonst war der Verlust groß, und die an diesem Tage noch folgenden Attaquen sollten ihn noch viel schmerzlicher machen.
Der
Major v. Hundt übernahm das Kommando des Regiments und wurde als Kommandeur bald nach der Schlacht vom König bestätigt. Nach dem ersten glücklichen Erfolg setzte sich das Regiment, das nach Hin terlassung von Bewachungskommandos für die Gefangenen noch etwa 800 Pferde stark war , wieder an die Spitze der inzwiſchen weiter vorgerückten Infanterie. Als die Teten derselben endlich aus der Domitscher Haide herauskamen, ließ der König sofort die 10 Grena dierbataillone der Avantgarde sich zum Angriff formiren , um die Höhen anzugreifen , welche Daun mit nicht weniger als 400 Ge schützen armirt hatte. Unser Regiment deckte hier den Aufmarsch dieser braven Truppen, die mit dem gewohnten Muthe in einen beinahe sicheren Tod gingen. Als der Angriff begann , eröffneten die österreichischen Batterien ein ſolch infernalisches Feuer , daß ſelbſt die ältesten Soldaten ſich eines ſolchen nicht zu erinnern vermochten. Friedrich selbst brach wieder holt gegen seine Umgebung in die Worte aus : „Welch eine schreckliche Kanonade ! Haben Sie je eine ähnliche gehört? " Von
den 6000
Elitetruppen ,
welche
die
verderbenſpeienden
Höhen zu stürmen ſuchten , lagen binnen Kurzem nicht weniger als 5400 in ihrem Blute . Es war hier wohl mit das entsetzlichste Ge mezel, was je vorgekommen ist, seitdem man Schießpulver zu Kriegs zwecken verwendet. Die blutigen Reste der preußischen Heldenschaar kamen einzeln zurück ; die Oesterreicher folgten in dichten Schaaren —
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unser Regiment war von der Kavallerie das einzige , welches schon auf der Wahlstatt sich befand - allein konnte es nicht angreifen und wurde deshalb unthätiger Zeuge auch des zweiten großen Infanterie angriffs, den der König mit dem mittlerweile herangekommenen erſten Treffen machte. Die Regimenter Golz , Manteuffel, Jung Stutterheim trieben die verfolgenden Oesterreicher mit Energie zurück und eroberten so
allein abermals erfolgte ein gewaltiger gar mehrere Batterien ――――― die österreichische Kavallerie brach in die preußischen Gegenstoß abermals Bataillone ein und richtete ein großes Blutbad an ―― flutheten die Trümmer einer geschlagenen Infanteriemaſſe zurück und so bedenklich ward hierdurch die Lage der Schlacht für die Preußen, daß Feldmarschall Daun schon Kouriere mit der Siegesnachricht nach Er selbst war in dieser Schlacht schwer verwundet Wien schickte. worden. Allein endlich hatte die preußische Kavallerie sich aus dem Walde heraus entwickelt ➖➖➖➖ sie war unter Führung des Herzogs von Hol stein. - Unter Seydlig würde sie eher auf dem Plaze geweſen ſein. Die Regimenter Bayreuth, Spaen und Markgraf Karl formirten ſich
znr Attaque, der auch unser Regiment ſich anschloß. Der erste Anlauf war kein ganz günſtiger , weil das Terrain nur kleineren Abtheilungen Raum zum Einhauen gab. Ein zweiter Angriff reüſſirte aber vollſtändig. Wenn auch dem Küraſſier-Regiment Spaen der Löwenantheil des Ruhmes zusteht , so pflückte sich doch auch unser Regiment hier noch reichliche Lorbeeren. Hingegen war der Verlust des Regiments sehr bedeutend , wenn auch der Tod das Offizier-Korps an diesem Tage , außer dem Major v. Zettmar , ver schonte. Blessirt wurden : Der Rittmeister v. Mahlen, die Lieutenants v. Probst, v. Köhler, Truzettel, Gottschalk, Fabricius, v. Hagen und Der Verlust an Unteroffizieren und Husaren iſt nicht genau festzustellen , doch kann er im Verhältniß zu den Offizieren v. Wilhelmi.
nicht anders
als bedeutend gewesen sein. Der Erfolg der preußi schen Kavallerie, welche , wie wir gesehen haben , wenig zahlreich war, konnte nur ein momentaner sein, wenngleich sie einige Tausend Gefangene machte. Von allen Seiten stürzte die zahlreiche öſterreichiſche Reiterei auf sie ein und trieb sie wieder zurück. Es war 5 Uhr Nachmittags geworden und der kurze Herbsttag nahte seinem Ende. In der Abenddämmerung rückte der König noch einmal mit der In fanterie vor. Die Trommeln schlugen den preußischen Marſch, damit
177 die eigenen Truppen daran ein Kennzeichen hätten, allein hier waren alle Anstrengungen umsonst.
Der König , welcher selbst einen sehr
schmerzhaften Streifschuß an der Brust erhalten hatte, ging bis zum Dorfe Elsnig zurück, begleitet von unseren Husaren . — Manch einer mag wohl dabei an Kunersdorf gedacht haben.
Es war eine
tiefe
Dunkelheit geworden, und das Dorf, welches vollgestopft von Ver wundeten lag , bot einen grauenhaften Anblick dar. Der König ließ sich die Kirche öffnen und auf den Stufen des Altars den ersten Verband anlegen . Die Schlacht glaubte er verloren und tief er schüttert traf der große Monarch die Dispositionen für den kommen den Tag . Bald darauf setzte er sich wieder zu Pferde und ritt dem Dorfe Heide zu. Da hörte man von ferne Pferdegetrappel und bald da rauf erkannte man weiße Reitermäntel. Es war der General Zieten, der den König suchte.
Zieten ritt an den König und sagte :
„ Majestät, der Feind ist geschlagen ; er zieht sich zurück. “ Das war eine Ueberraschung für das geängstigte und gequälte Herz unseres großen Königs, wie sie schöner wohl nicht gedacht wer den kann.
Er sprang vom Pferde und umarmte schweigend seinen
treuen General, während seine Umgebung erstaunt und voll Rührung auf ihren tief bewegten dankbaren Souverain sah. Welch ein Mo ment auch für Zieten , welch neidenswerther Lohn für seine Treue und seine Anstrengungen !
Der alte Held war dem ursprünglichen
Plan der Schlacht getreu auf den linken Flügel der Oesterreicher losgegangen und hatte nach riesenhafter Blutarbeit den dort aufge stellten General total geschlagen.
Die
Erstürmung der
Siptizer
Höhen und verschiedene Unterlassungsfünden österreichischer Führer brachten den Preußen endlich den schweren Sieg. Auf dieser Seite wurde trotz der ägyptischen Finsterniß bis Nachts um 10 Uhr ge kämpft. Dieſelben Scenen wie bei Hochkirch wiederholten sich.
Dann
war Zieten eiligst nach dem andern Flügel geritten, um seinem König die frohe Botschaft zu bringen. Ein nächtlicher Ritt über ein Schlachtfeld, besonders bei tiefer Dunkelheit, ist etwas Granfiges — und doch wie mag gerade dieser dem alten General leicht geworden sein. Als Zieten später in der Morgendämmerung an sein Regiment fam, rief er ihm zu: „ Bursche, unser König hat die Schlacht gewonnen und der Feind ist völlig geschlagen. v. Ardenne, Zietenfches Hus.-Regt.
Es lebe unser großer König! " 12
178 Jubelnd antworteten ihm die Husaren:
„Ja, ja unser König Frig soll leben!
Aber unser Vater
Zieten auch, unser Husarenkönig auch. " Die vierzehnstündige eisige kalte Herbstnacht war für alle Par teien eine grauenvolle. In der Dunkelheit irrten viele Abtheilungen umher, nahten sich ihnen Tritte , so horchte man angstvoll , welche Laute den Oesterreicher oder Preußen verriethen.
Je nachdem man
Das oder Jenes wahrzunehmen glaubte, wurde blindlings nach der betreffenden Richtung gefeuert. Die Umgebung des Königs machte ein ganzes Bataillon Kroa ten zu Gefangenen. Das Rauschen der Elbe war für die Oester reicher im Allgemeinen der Kompaß ihrer Bewegungen. Alles stürzte sich nach den Schiffsbrücken, um sich über den Strom zu retten. Wo Truppenabtheilungen an Dörfer kamen, wurden gewaltige Feuer angemacht, um welche sich endlich, von der langen Blutarbeit er mattet, Freund und Feind friedfertig neben einander lagerte. Die Soldaten machten unter einander aus, sich der Partei gefangen zu geben, welche am Morgen das Schlachtfeld behauptet haben würde. Zu
all der Dunkelheit,
der
unsagbaren Verwirrung ,
dem
Hunger, der Ungewißheit und den tausend Schrecken eines gewaltigen Schlachtfeldes kam nun noch ein feiner durchdringender Regen , der die Leiber der Soldaten, selbst derer, die so glücklich waren, an einem Feuer zn liegen, mit erstarrender Kälte durchdrang. nun schon die Gefunden bis tragenden zu
leiden hatten ,
Wenn
an das äußerste Maß des zu Er was
mußten
erst die
unglücklichen
Verwundeten in dieser entsetzlichen Novembernacht zu erdulden haben. Die sanitätlichen Hülfsmittel waren in jener Zeit abſolut ungenügend, und sehr, sehr selten wurde ein schwer Verwundeter geheilt.
Als nun
endlich der Morgen des 4. November graute,
sah der König, welcher sich wenigstens auf ein Nachſpiel gefaßt ge= macht hatte, das Schlachtfeld vollständig vom Feinde geräumt, mit Ausnahme einiger Tausend Versprengter, die nun mit leichter Mühe gefangen genommen werden konnten . Der Verlust der Oesterreicher bezifferte sich auf 20,000 Mann, der der Preußen auf die Hälfte, außerdem hatten aber die ersteren noch den Verlust von 50 Ka nonen und 27 Fahnen zu beklagen.
Die Schlacht von Torgau hatte
für den König den gewaltigen Erfolg, daß nicht nur die Mark und Berlin von den Gefahren einer feindlichen Invasion befreit, sondern auch wieder ganz Sachſen mit Ausnahme von Dresden in preußischem
179
Besitz war. Der einzige Vortheil, den der Feind im ganzen Feld zug errungen, war die Eroberung von Glatz. Die Schlacht von Torgau schließt die Reihe der großartigen , einen überwältigenden Eindruck machenden Schlachten Friedrichs im 7 jährigen Kriege. Die nachfolgenden Treffen machen wohl den Eindruck der ver zweifeltsten Gegenwehr und tragen den Heroismus an der Stirn aber das kühne Angreifen des Feindes, sei er, wo er wolle, hört auf. Der gigantische Kampf, den der König zu beſtehen hatte, mußte sich von da ab weit mehr denn vorher auf die Defensive beschränken. Die Armee konnte nach der Schlacht von Torgau endlich die ersehn ten Winterquartiere beziehen und unser Regiment erhielt dieselben in der Nähe von Gera angewiesen. F.
Feldzug 1761 .
Man hätte glauben sollen,
daß die kriegführenden Herrscher
genug Elend über ihre Völker gebracht hätten, um nun den Frieden zu wünschen.
Niemand ersehnte ihn aufrichtiger als der große König,
der in seiner Korrespondenz mit seinen Generalen und Freunden jeden Erfolg mit der Hoffnung auf Frieden verknüpft. Allein die Damen, welche mit ihm Krieg führten, hatten an demselben zu viel Gefallen und beſchloſſen , ihn bis aufs Aeußerste fortzusetzen. Ge fangene wurden schon längst nicht mehr ausgewechselt, weil Friedrichs schwache Streitmacht verhältnißmäßig nur dadurch gewinnen konnte. Der Menschenbedarf war deshalb immer schwieriger zu be schaffen, ebenso aber das Geld, da die Engländer ihre Subſidien ſeit dem Tode Georg II. nicht mehr zahlten. Dennoch stampfte der König Legionen aus dem Boden. Da seine Provinzen größtentheils verheert waren und der Landmann keine Arbeit fand, ſo griffen jezt viele, viele Tausende nach Säbel und Muskete und kamen als Re fruten zur Armee.
Diese wurden nun im Winter bei Tag und
Nacht in aller Kälte gedrillt und exerziert , so daß sie im Frühjahr wenigstens im Gliede mitfechten konnten. Einen Anhalt , daß unser Regiment abermals
vollständig im
Stande war, sich seinen Ersatz zu schaffen, bietet ein Requiſitions schreiben vom 6. Mai, nach welchem es 1777 Rationen und 1587 Portionen brauchte.
Unser Regiment hatte übrigens
60-61 nur einige wenige Wochen Ruhe .
im Winter
Schon im Januar wurde
der General von Lölhöffel mit einem Detachement zur Streife ins 12*
180 Reich geschickt und 5 Schwadronen unseres Regiments unter dem löwenkühnen General von Prittwitz nahmen daran Theil. Das Generalstabswerk über den 7jährigen Krieg sagt von un seren Husaren: „ Sie waren das Muster einer leichten Reiterei und das wirkliche Faktotum der Expedition. " Im Januar ging der Zug nach Thüringen und dem Schwarzburgschen, um die Lieferungen und Kontributionen einzutreiben. Hier trafen unsere Husaren zum ersten Male wieder ſeit 1735 mit den Franzosen zusammen, die unter dem General Stainville die Gegend beunruhigten. Es kam mit dieſen allerdings nur zu kleinen Neckereien , obgleich unsere Huſaren sicher eifrig die Gelegenheit suchten, mit dem verhaßtesten ihrer Feinde zusammenzutreffen.
Am 25. Januar wurde ein sächsischer Posten in
der Stärke von 1 Offizier und 25 Mann aufgehoben. Im Februar sind die 5 Schwadronen in der Avantgarde unter dem General Syburg, der jetzt das Kommando des Streifkorps
erhalten hatte
und dem Feinde scharf zu Leibe ging . Am 14. Februar jagten un sere Husaren den Franzosen beim Dorfe Meryleben a. Unſtrut in der Nähe von Langensalza 1 Offizier 21 Mann ab , da dieſelben nach gewohnter Weise den Wachtdienst außerordentlich nachlässig be trieben. Der folgende Tag war einer der größten Ehrentage unseres Regiments . Unsere Husaren , welche wieder die Vorhut bildeten, sahen in Langensalza den Feind (meist Sachsen) in großer Menge aufmar schirt.
Beide Theile waren durch den Salza-Bach getrennt, und ehe
die Sachſen den Rand deſſelben besetzen konnten, galt es für unſere Husaren das
Prävenire zu spielen.
Auf einer schlechten halbver
fallenen Brücke ließ Prittwitz deshalb kurz entschlossen seine Schwa dronen den Uebergang versuchen.
Es mußte in der Kolonne zu
Einem geschehen, und wenn auch die morschen Bretter knackten und theilweise brachen ______ es kamen doch Alle glücklich herüber. Ein Glück, daß der Feind so wenig alert war, während des Passirens der Brücke unsere Husaren vollständig in Ruhe zu lassen.
Ehe noch
die letzten Pferde den erbärmlichen Steg überschritten hatten, ging Prittwig mit seinen kampfbegierigen Schaaren bereits zur Attaque vor. Ihnen gegenüber standen große Maſſen sächsischer Infanterie - die mußte der erste Stoß treffen. In Hellem Galopp ging es vorwärts, daß der Schnee aufstiebte, und die Attaque gelang aufs Glänzendste. Garde und ein Grenadierbataillon
Das sächsische Regiment
wurden
vollständig
über den
181
Haufen geritten, und nach einem blutigen Handgemenge gab sich der ganze Rest mit 4 Regimentskanonen und seinen Fahnen gefangen. Die anderen preußischen Truppen , welche mittlerweile herankamen, hatten nach diesem Erfolg, der auf den Feind einen betäubenden und lähmenden
Einfluß nicht
verfehlen
konnte , leichtes Spiel.
Die
Sachsen verloren 70 Offiziere und über 3000 Mann allein an Ge fangenen, und der König hielt das Gefecht für so bedeutend, daß er von Meißen aus ein Bülletin darüber veröffentlichte.
Auf der Ver
folgung brachten unsere Patrouillen überdem noch zahlreiche Gefan gene ein. Am 10. März stand Prittwitz bei Neustadt a. Orla und wurde dort von 2000 Mann unter General Weczey angegriffen. Prittwit zog sich aber geschickt aus der Affaire, wenn er auch leider einen Offizier und 27 Huſaren dabei verlor , die abgeschnitten und gefangen wurden. Weit ging er übrigens nicht zurück, denn General Schenkendorf, der mit einem zweiten Streifforps, wobei das andere Bataillon unseres Regiments unter Major von Hundt sich befand, ebenfalls in dieser Gegend streifte, meldete dem König am Abend des 10. März, daß Major von Prittwig attent die Vorposten des Fein des observire und wieder mehrere Patrouillen verjagt und Gefangene gemacht habe. Die Erfolge, welche im Monat Januar und Februar hier und in Hessen vom Herzog Ferdinand von Braunschweig errungen wurden, brachten beim König die herzlichste Freude hervor. Am 25. Februar schrieb er einen längeren Brief über diese Vorfälle an Zieten voller Glück, voller Hoffnung. Das P. S. lautet:
11 Der Marschall Broglio ist nach Fulda mit 20,000 Mann gekommen ; das ist Alles , was er übrig hat von 60,000 Mann, das kann Frieden machen." Am 9. März wollten 100 Mann des Guascoischen Korps (von Major von Hundt , der gerade der Reichsarmee) Greiz besetzen. mit 100 Husaren dort umherpatrouillirte , wurde derselben zu ihrem Sofort attaquirte er den Feind , warf ihn ohne Unheil gewahr. weiteres über den Haufen und erbeutete 19 Mann und 24 Pferde, ohne auch nur einen Mann zu verlieren. Ende März ging das erste Bataillon unseres Regiments (Prittwig) wieder gegen den Feind vor, der in der Gegend von Jena stand. Der Feind zog am 2. April bei Annäherung unserer Patrouillen langsam nach Saalfeld ab.
182 Beim Dörfchen Schwarza erreichte Prittwiß aber seine Nachhut. 3 Schwadronen Kürassiere und 4 Geschütze suchten die Husaren auf zuhalten. Erstere wurden aber geworfen und die Geschütze erobert. Damit nicht zufrieden, stürzten sich die ſiegestrunkenen Huſaren auch noch auf die feindliche Infanterie, die 2 Bataillons stark schnell Karree formirte und die anbraufenden Schwadronen mit heftigen Salven und Kartätschfeuer aus ihren Regimentsstücken begrüßte. Trotzdem brachen ihre Vierecke unter dem Reitersturm zuſammen, und nicht weniger als 16 Offiziere, 400 Mann, 3 Fahnen und 3 Kanonen wurden die Herrliche Siegesbeute unserer Huſaren, die auch diesmal ohne schweren Verlust davon gekommen waren . Es waren nur 3 Todte und 17 Verwundete zu beklagen. Prittwitz gab seine Gefangenen in Schwarza an die Infanterie und ging dem Feinde nach, der sich auf Saalfeld zurückgezogen hatte. Da er bald erkannte, daß die dortige starke Poſition nicht angreifbar sei, war er im Begriff zurückzugehen , als er gegen Neustadt a. Orla starkes Schießen hörte. Dort war näm lich der Major v . Hundt mit dem andern Bataillon des Regiments an den Feind gerathen. Er bildete mit seinen 5 Schwadronen die Avantgarde des Generals v . Schenkendorf, und entdeckte, auf der Höhe von Saalfeld angekommen, den Feind in der Stärke von 4 Ba taillonen Infanterie und 1000 Pferden. Die feindliche Kavallerie ließ ihre Kameraden zu Fuß im Stich und machte sich schleunigst aus dem Staube. Die Infanterie zog sich größtentheils auf den hohen So schwer ein An und mit Verschanzungen gekrönten Keimberg . griff hier auch sein mußte, so lag er doch zu sehr in dem stür mischen Charakter des Majors v . Hundt, als daß er ihn nicht hätte wagen sollen. Einige Berichte vermelden, daß das erste Bataillon unter Prittwig an dem Angriff Theil genommen habe ――― jedenfalls aber besorgte hier das zweite Bataillon das Meiste und ihm gebührt der Löwenantheil des Ruhms . Durch einige Terrainwellen dem Auge und dem Feuerbereich des Gegners entzogen, trabte Hundt halb um den Keimberg herum, erſchien ſo plötzlich in des Feindes Flanke und ging nun in vollem Marsch, Marſch den ziemlich ſteilen Hügel Eine Attake bergaufwärts gegen starke, vollständig intakte und sogar verschanzte Infanterie, die noch durch Kartätſchſalven unter
hinauf.
das ist gewiß ein schweres Stück Arbeit. Die Reichs stützt wird truppen aber waren durch den unvermutheten Angriff sehr verblüfft, ihr Feuer ging unseren Husaren meist über die Köpfe. Bald befanden sich diese auch mitten zwischen den feindlichen Infanteristen, die nun
183
verloren waren. Nach kurzem Kampf gaben sich 1 Oberstlieutenant, 12 Offiziere, 480 Mann gefangen - viele Wagen, 2 Fahnen, 5 Kanonen wurden
außerdem
erobert.
Die flüchtenden Reste
des
Feindes wandten sich nach Gräfenthal, und auf der Verfolgung wurden noch viele von ihnen gegriffen. Der ganze Verlust des Bataillons betrug an diesem glorreiche Tage 28 Todte und Verwundete, sowie Ein Geschichtsschreiber des vorigen Jahrhunderts schreibt :
40 Pferde.
Der Ruhm dieses Tages muß auf die Rechnung des Regiments v. Zieten geschrieben werden , welches ohne von dem Fußvolk unter stützt zu sein, Batterien erobert, Stücke erbeutet, von welcher außer ordentlichen Begebenheit die Geschichte wenig Beispiele liefert". Der König war über das glänzende Gefecht auch nicht wenig erfreut. Lieutenant v. Wolfrath des Regiments hatte sich wie bei Liegnig, so auch an diesem Tage sehr ausgezeichnet. Auf den Bericht des Ge nerals v. Schenkendorf antwortete der König : „ Das ist ein guter Coup.
Ihr könnt versichert sein, daß ich
Euch und die Officiers, so sich bei der Attaque des sogenannten Keimbergs hervorgethan, bei allen Gelegenheiten zu distinguiren nicht unterlassen werde, welches Ihr ihnen von Meinetwegen sa gen und ihnen nebst denen Truppen in Meinem Namen danken sollet. Ich habe übrigens dem General - Major v. Kruſemark be fohlen, Euch für den Lieutenant von Wolfrath, da sich derselbe so distinguiret hat, den Orden pour le mérite zuzustellen, auch dem Kriegsrath Flesch die Ordre gestellet, ihm als Präsent von Mei- · netwegen 150 Reichsthaler auszahlen zu lassen, anbei an Euch nach einer ihm
von Euch
einzusendenden Note die gewöhnlichen
Kanonen und Fahnen Beutgelder zu remittiren ". Selbst
an den Marquis d'Argens , seinen
vertrauten Freund,
schrieb der König über dieses Gefecht, obgleich sonst in dieser Korre spondenz fast nur von Politik, Philosophie und Kunst die Rede ist. Es hieß in dem Brief, daß unsere Husaren Wunder gethan hätten, eine Anerkennung, die aus dem selten so großes Lob spendenden Munde des Königs doppelt schwer wiegt. Die Kolonnen der Generale Syburg und Schenkendorf, sowie eine dritte unter dem General v. Linden gingen nun concentrisch auf Plauen los. Major v. Hundt mit seinen 5 Schwadronen an der Tete des Schenkendorfschen Korps . Plauen war von 1 Bataillon Bayern,
1
Bataillon Croaten
und 400
Pferden besetzt.
Diese
―
184
Truppen zogen sich aber bei Annäherung
der preußischen Teten.
zurück.
Die Kavallerie salvirte sich eiligst nach Hof. Außerhalb Plauen nahm die Infanterie eine Stellung und warf einige Schanzen auf. Hundt ging mit seinen Schwadronen bei Straßburg über die Elster, so
daß er dem Feind im Rücken stand. Dieser, der nun seines Rückzuges wegen besorgt wurde, verließ seine Verschanzungen und versuchte in Karreeformation die weiter rückwärts nach Hof zu gelegenen größeren Waldungen zu erreichen. Hundt, welcher erst mit einer Schwadron über die Elster gegangen war, beschloß, den Feind auf alle Fälle anzugreifen, um ihn nicht entschlüpfen zu lassen. Die beiden Autoritäten in der Geschichte des 7jährigen Krieges, Tempel hof und Gaudi, gehen hier in ihren Berichten etwas auseinander. Soviel scheint festzustehen, daß man dem Major v. Hundt rieth, die Ankunft der preußischen Infanterie, die noch weit zurück war, abzu warten. Seine Hite verleitete ihn aber, ohne alle Unterstützung den Angriff zu wagen und nach den verbürgtesten Nachrichten nur mit einer einzigen Eskadron; auch sprechen die Verluste der einen Esta dron dafür, daß die andern Schwadronen des Bataillons an dem Choc nicht Theil nahmen. Genug, Hundt setzte sich an die Spitze seiner kleinen Schaar und griff zuerst die Bayern an. Der Erfolg war auch hier ein glänzender.
Das Karree wurde gesprengt, nieder
gehauen und auseinandergejagt, 4 Kanonen erobert und 8 Offiziere und 146 Mann gefangen genommen. Damit noch nicht zufrieden, wandte sich Hundt mit seiner rasch wieder gesammelten Eskadron auch noch gegen die Croaten. Diese aber, friegsgeübt und uner schrocken, wiesen den Angriff durch ruhiges und sicheres Feuer ab . So erreichte das Bataillon die Waldliſiere , wo es sich sofort ein nistete. Hundt, an der rechten Hand schon schwer bleſſirt, hob diese als Panier hoch empor und führte seine Getreuen abermals zum Angriff. Es entspann sich ein furchtbares Gemetel zwischen den Bäumen, denn soweit kamen diesmal die Husaren. Nach Einigen sollen sogar die Eroaten sich rasch durch einen Verhau gedeckt haben, der natürlich dem Einzelkampf der Husaren hinderlicher war. Der Mißerfolg der tollkühnen Attake war vorauszusehen. Hundt fiel, von vielen Wunden bedeckt, mit ihm der Lieutenant Schulz. Die an und für sich schon schwache Eskadron verlor außer diesem Offizier noch 15 Todte und 42 Blessirte. Die wenigen Ueberlebenden gaben den Kampf auf und suchten sich eilig zu retten. Da die Croaten den Wald erreicht hatten, konnten die mittlerweile herangekommenen andern
185 Schwadronen des Bataillons ihnen nichts mehr anhaben, so sehr sie nach Rache für ihren gefallenen Kommandeur dürsteten. Mit Hundt war nun schon der dritte Kommandeur des Regi ments in diesem mörderischen Kriege gefallen. Hundt war ein Mann von seltener Bravour und löwenkühner Entschlossenheit. Dabei war er listig, verschlagen und bei aller Kampfluſt vorsichtig wie sein Lehrer Zieten.
Die Erzählung Warnerys , Hundt sei durch eine spöttische
Aeußerung des königlichen Flügeladjutanten , Major von Anhalt , zu ſeiner übereilten Attake getrieben worden , aller Wahrscheinlichkeit.
entbehrt wenigstens nicht
Auch andere Quellen (wie z . B. Rezow)
Lassen diese Annahmen nicht ganz von der Hand weisen.
Den besten
Nekrolog für den braven Hundt bildet ein Brief des Königs an den General Schenkendorf :
Es heißt da : Ich habe aus Eurem Brief vom 5. dieses mit Leidwesen ersehen, daß wir den braven und würdigen Major v. Hundt, dessen Verlust den bei Plauen erhaltenen Vortheil über den Feind bei Weitem überwiegt , eingebüßt haben , und hättet Ihr , meinem Er messen nach, die Frey Bataillons dort anbringen und die Attaque dadurch erleichtern können. " Auf die Vorschläge wegen der Wiederbesetzung der vakanten Offiziersstellen antwortete der König : ,,Wegen des gebliebenen Majors v. Hundt und Lieutenant Schulz ist der Major v. Rohr zum Kommandeur des Regiments, der Rittmeister v. Legrady zum Major, der Stabs-Rittmeiſter v. Probst zur Hundt'schen Schwadron , der Premier - Lieutenant v. Köhler zum Stabs - Rittmeister, Seconde- Lieutenant v. Wolffrath zum Premier Lieutenant, die Kornets v. Hoppe und v. Kallies zu Seconde-Lieutenants avancirt. " Hundt, sowie Lieutenant Schulz , liegen auf dem Kirchhof zu Plauen begraben. Anfang Mai setzte sich die große Armee des Königs in Bewe gung . Es galt vor allen Dingen , Schlesien wieder zu schüßen , wo General Golz mit einer schwachen Macht nicht im Stande ſein konnte, dem Angriff des übermächtigen Laudon zu begegnen.
Der General
Golz war in einer ähnlichen Lage , wie General Fouquet ein Jahr vorher ; er entging aber glücklich der Vernichtung und konnte sich schon am 13. Mai mit dem König vereinigen, der in 9 Tagen über 30 Meilen zurückgelegt hatte.
In Sachsen blieb Prinz Heinrich mit
L
186
--
einer geringen Macht , ihm gegenüber Daun, der ſeit Torgau noch weniger als
vorher ein unternehmender Feldherr genannt werden
konnte. Um die Vereinigung der Russen mit Laudon zu hindern, wurde Golz mit 12,000 Mann bald wieder detachirt, und zwar gegen die Russen, und Zieten mit 9000 Mann als Verstärkung nach geschickt. Unter diesen Truppen befand sich auch ein Theil unseres Regi ments . Als der brave General Golz plötzlich gestorben war und Zieten das Kommando übernommen hatte, fanden unsere Husaren einige Male Gelegenheit , sich mit Kosaken und ruſſiſchen Dragonern zu messen. Die feindliche Reiterei war bei Weitem zahlreicher als die preußische und verstand ihren Dienst in sofern sehr gut , als sie, ihrer Armee weit vorauseilend, deren Bewegungen verdeckte.
Zieten,
viel zu schwach, um der großen ruſſiſchen Armee entgegen zu treten, hatte bei Storchnest eine feste Stellung genommen und sandte von da aus täglich starke Kavallerie- Detachements aus, um den Feind zu beobachten.
Bei Franciscowa und bei Lubin trafen dann zweimal
bei großen Rekognoszirungen unsere Husaren in Verbindung mit anderen Truppen auf die Ruffen. Beide Male wurden die Kosaken, die am weitesten vorn waren, ohne Mühe geworfen, dann kam die überlegene russische Kavallerie , welche man so lange hinhielt , bis die höheren Offiziere gesehen hatten, was sie sehen wollten , und dann zog man sich eilig zurück. Bei beiden Gelegenheiten büßten die Russen viele Gefangene ein, deren Aussagen von größter Wichtigkeit waren.
Trotz einiger glänzenden Gefechte aber, die einzelne Theile
des Zieten'schen Korps gegen die Russen gewannen , war deren Vor dringen doch nicht aufzuhalten. Anfang August stieß Zieten wieder zum König. Trotz aller Schachzüge, die der lettere gegen seine beiden Gegner Butturlin und Laudon unternahm , konnte er ihre seit 4 Jahren angestrebte Ver einigung nicht länger hindern.
Sie fand am 12. Auguſt ſtatt, und
Friedrich blieb nun nichts Anderes übrig ,
als sich seinen nunmehr
auf 132,000 Mann angeschwollenen Feinden gegenüber bis auf die Zähne zu verschanzen.
Er bezog deshalb das feste Lager bei Bunzel
wit, eine Meile von Schweidnitz, wo er sich durch energiſchſte Thätig keit und durch das Zaudern seiner Gegner binnen wenigen Tagen eine fast uneinnehmbare Stellung schuf. Hier lag er nun mit fünfzig tausend Mann fest , zum ersten Mal gezwungen, eine Schlacht zu vermeiden. Einige Tage, ehe die Armee das Lager bezog , hatte
187 unser Regiment wieder einmal Gelegenheit , in Gegenwart des könig lichen Herrn die höchsten Proben von Entschlossenheit und Kaltblütig keit abzulegen. Daſſelbe ſtand auf Vorposten als rechte Flügeldeckung der bei Moys lagernden Armee mit der Front gegen Groß-Wandris. Der König kam selbst heraus zu den Vorposten geritten, als plötzlich nicht weniger als 4000 Kosaken mit großem Geſchrei herangeſprengt kamen und das Regiment angriffen. Der König schickte sofort in's Lager, um einige Kavallerie holen zu lassen. Hätte unser Regiment sich auf einen Rückzug eingelassen , so wäre es wohl in ein sehr nachtheiliges Arrieregardengefecht verwickelt, worden.
wenn nicht vernichtet
Eine geschlossene Attaque auf den übermächtigen und doch nicht greifbaren Feind, der jedem Druck elastisch auswich, konnte nur einen traurigen Ausgang haben. Ein einziger Umstand war günstig und der Kommandeur v. Rohr wußte ihn geschickt zu benutzen . In einiger Entfernung zu beiden Seiten war ungangbares, oder doch wenigstens sehr schwieriges Terrain , selbst für einzelne Reiter.
Rohr zog des
halb das Regiment ſo auseinander, daß es, wenn auch nur in einer, weite Lücken zeigenden , Linie den ganzen Terrainabschnitt zwischen den Brüchen und Morästen deckte. Die Flügelschwadronen schwenkten rechts und links rückwärts , so daß die Flanken gedeckt waren. Die Schwadronen in der Front wurden wieder in Halbschwadronen aus einandergezogen und vor jede derselben 1 Unteroffizier und 10 Hu saren postirt, die den ausdrücklichen Befehl hatten, nicht zu flankiren, sondern geschlossen zu bleiben und alle Angriffe nur mit Karabiner schüssen zu erwidern.
Die wilden Söhne der Steppe hatten nämlich
eine große Furcht vor dem Feuergefecht , wenigstens damals , wo sie selbst nicht mit Schießgewehren bewaffnet waren.
Einige Kanonen
ſchüſſe jagten jedenfalls ganze Schwärme von ihnen zurück.
Deshalb
halfen denn die geschickten Maßregeln des Major v. Rohr faſt voll ständig. Wo die kleinen vorgeschobenen Huſarentrupps wirklich ange griffen wurden , eilten ihnen einzelne Züge der etwa 150 Schritt weiter rückwärts stehenden Kameraden mit blanker Waffe zu Hülfe, ohne aber die dann stets fliehenden Kosaken weiter zu verfolgen. So vertheidigte sich das Regiment gegen zwei volle Stunden mit dem größten Geschick und ohne allen Verlust. Als dann endlich Sukkurs kam, zogen sich die Kosaken eiligst durch Groß - Wandris und ver schwanden.
Im Lager von Bunzelwitz erhielt unser Regiment und
das Husaren-Regiment v. Möhring den Auftrag, die Verbindung
b.com
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der Armee mit der Festung herzustellen ;
300 Huſaren , aus beiden
Regimentern kombinirt , patrouillirten permanent gegen die russische Armee.
Immerwährende Gefechtsbereitschaft, Alarmirungen und ſehr
färgliches Leben machten diese Zeit zu einer der anstrengendſten . Dabei waren verzweifelt wenig Lorbeeren zu holen. Der König er wartete vom Hunger im feindlichen Lager so viel wie von einer ge wonnenen Schlacht ; er selbst war durch seine Magazine in Schweidnitz wenigstens mit Brot und Hafer reichlich versehen. Um die Verpfle= gung des Feindes noch mehr zu erschweren, warf er Streifkorps auf die Etappenlinien der Russen , die mit höchstem Geschick und vielem. Glück deren Magazine so vollständig zerstörten , daß Butturlin wirk lich nach mehrwöchentlicher Vereinigung mit den Oesterreichern, und man kann hinzusetzen , nach eben so langem Hader, mit dem größten Theil seines Heeres am 13. September abmarschirte und über die Oder zurückging. Darüber war eine Freude im preußischen Lager wie nach gewonnener Bataille. Friedrich beschloß, weil seine Vorräthe in Schweidnitz auf die Neige gingen und Laudon allein keine Lust zum Schlagen zu haben schien, sich seinen Magazinen in Neiße zu nähern und marſchirte deshalb bis Münsterberg. In Schweidnitz blieb nur eine schwache und zweifelhafte Besatzung zurück, nicht in Festungen legen wollte.
da der König gute Feldtruppen
Mit wahrer Genialität entwarf deshalb Laudon einen Plan zur Ueberrumpelung dieser überaus wichtigen Festung , die schon mehrere Male den Herrn gewechselt hatte. Mit einem kühnen Leiterſturm wußte Laudon's Genie und die Tapferkeit seiner Truppen das schwere Stück aufzuführen. Am 1. Oktober fiel Schweidnitz, und mit dem Verlust dieser Festung gingen alle Früchte, die der König durch seine strategischen Talente in diesem Feldzuge gepflückt hatte , verloren. Daß Maria Theresia nur ein Weib war , bewies sie dadurch , daß sie ihren tapfern General Laudon ihre ganze Ungnade fühlen ließ, weil er ihr sein Projekt nicht vorher mitgetheilt. Laudon fürchtete das bligartige Erscheinen des Königs so sehr, daß er 8 Tage trotz seiner doppelten Uebermacht mit der ganzen Armee in Schlachtordnung bivouafirte.
Im fernen Pommern erlag
nun auch die Festung Kolberg einem russischen Angriff nach langer, ehrenvollster Gegenwehr. Die Russen nahmen sogar ihre Winter quartiere in Pommern und in der Neumark. Schlesien mußte den Desterreichern theilweise eingeräumt werden.
Dresden und der größte
189 Theil von Sachsen wurde von Daun festgehalten, und 100,000 Fran zosen standen in Westphalen und Thüringen. Der König nahm sein Hauptquartier in Breslau , unſer Regi ment erhielt seine Winterquartiere in Wilschau und Rothen Sirben. Diese Dörfer liegen südöstlich von Breslau und boten unsern Hu saren wenig Erholung, besonders, da immer ein Theil von ihnen auf Vorposten die Ohlau entlang - gegen den Feind aufgestellt war.
G. Feldzug 1762. Der Winter verging für unsere Huſaren ziemlich ruhig . Nur einmal versuchten die Oesterreicher unter einem Major d'Alton einen Angriff, wurden aber von dem
wachsamen Prittwitz mit blutigen
Köpfen heimgeschickt. Die Augmentation wurde auch in diesem Winter vollständig ge macht und ein späterer Beginn der Feindseligkeiten ermöglichte we nigſtens einigermaßen das Anlernen von Rekruten und das Zureiten der Remonten. Mit den allertrübsten Aussichten waren die Truppen in die Winterquartiere gezogen und bei der Sylvesterbowle mag wohl ein jeder Offizier nicht ohne Sorgen für das Vaterland in das neue Jahr geschaut haben.
Das alte Sprüchwort :
„ Wenn die Noth am
größten, ist auch die Hülfe am nächsten" sollte sich auch wieder ein mal bewahrheiten .
Eine tödtliche Feindin des großen Königs , die
Czarin Elisabeth, ſtarb am 5. Januar und ihr Nachfolger Peter III ., der ein enthuſiaſtiſcher Bewunderer Friedrichs war, schloß nicht nur sofort Frieden, sondern gab alle Gefangenen ohne Lösegeld zurück und versprach sogar ein Hülfskorps gegen die Oesterreicher. Pommern und Preußen konnten dem König nun wieder Geld und Refruten ſtellen, und die Schweden, von ihrem nordischen Bundesgenoſſen ver lassen, beeilten sich auch Friede zu machen.
So war denn die preu=
ßische Nordarmee frei und der König stellte nun zwei große Armee korps in Sachsen und in Schlesien auf.
Letzteres unter seinem eige=
nen Kommando war sogar 78,000 Mann ſtark, und die Oesterreicher lernten wieder vor des Königs Offensive zittern. Trotz aller Hoff = nungen sehnte sich der König als echter Landesvater herzinnig nach Frieden.
Er schreibt an den Marquis d'Argens : ――
„ Das wird der 7. Act unseres Trauerspiels währt zu lange."
das Stück
-
190
Trotz aller Friedenssehnsucht entwickelte der große Friedrich in seinen kriegerischen Affairen auch jetzt wieder eine rastlose Energie, eine unbeugsame Spannkraft.
Ueberall , wo die Kräfte zu erlahmen,
der Eifer zu erkalten drohte, half er nach — oft mit bitterer Strenge. Als Beweis möge eine im März ausgegebene Ordre für die leichte Kavallerie dienen. Sie lautet :
" Alle Offiziere von der Reiterei, die nicht alert auf den Feld wachen, oder sich so überfallen laſſen, daß sie nicht mehr zu Pferde kommen,
oder der Feind ihnen während des Aufſigens auf den
Hals fällt, sollen sofort in Arrest genommen und zum Regiment geschickt werden, wo Kriegsrecht über sie gehalten wird.
Bestra
fung nach Umständen mit aller Rigueur. Vier Monat Festung, außerdem werden 6 Hinterleute im Avancement vorgezogen. Wer beim Patrouilliren, wo nicht eine starke Uebermacht des Feindes behinderlich, an dem gehörigen Dienſteifer manquirt, soll mit eines Monats Gage-Abzug bestraft werden,
auch keine Winterquartiere
beneficia genießen, im Wiederholungsfalle ist ein solcher Officier 1 Monat in Arrest zu schicken; im 3. Fall Cassation. " Im Juni stieß denn endlich der russische General Czernitscheff mit 20,000 Mann zum Könige. Es war ein sonderbares Verhältniß, daß nun die Kosacken mit unsern Husaren vereint kämpfen ſollten. Die russischen Soldaten standen damals auf einer so niedrigen Stufe der Intelligenz, daß es ihnen unmöglich war, die österreichischen und preußischen Uniformen zu unterscheiden , so
große Verschiedenheiten
diese auch zeigten . Der König befahl deshalb, daß die Reiterei, die Frei-Batail lone, die Jäger, die Generale und deren Adjutanten, also alle Die jenigen, die einzeln
oder in kleinen Abtheilungen auf die Ruſſen
ſtoßen konnten, einen weißen Federbusch als Abzeichen tragen ſollten. Dieser Schmuck ist später für Paraden beibehalten und fast von allen europäischen Armeen nachgeahmt worden. Regiment zum
Am 9. Juni hatte unser
ersten Male wieder Gelegenheit, seine Säbel mit
feindlichem Blut zu röthen.
Der unermüdliche Prittwizz hob bei
Nimptsch ein zum Brentano'ſchen Korps
gehöriges Detachement auf
und machte 2 Offiziere und 58 Mann zu Gefangenen.
Das Ver
hältniß der Zahl in Betreff der leichten Truppen war für die Preußen ein günstiges geworden. Der König hatte außer den Linien Husaren noch Frei-Husaren, Frei - Dragoner, Bosniaken und eine große Anzahl Frei-Bataillone errichtet, die nun mehr als genügend
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waren, die Panduren, Kroaten, Sereschaner, Warasdiner,
oder wie
die leichten Truppen der Feinde sonst genannt wurden, im Zaume zu halten. Die Kavallerie schien des Königs Ansicht, daß sie immer beſſer werden müſſe, je länger der Krieg dauere, zu bestätigen . Es geschahen gerade in diesem Jahre Streifzüge von unerhörter Kühn heit, deren glückliche Durchführung ebenso viel Muth_als Geſchick er forderte. Unser Regiment blieb in dieser Kampagne meist beim Gros der Armee und hatte deshalb an diesen Streifen keinen An theil. Gerade als der König die Oesterreicher auf den Anhöhen von Burkersdorf angreifen wollte , erhielt er die Nachricht von der Ent thronung seines russischen Bundesgenossen, den er selbst einen Engel genannt hatte. Da die Nachfolgerin Catharina auch zuerst die feindseligsten Ge sinnungen gegen Friedrich hegte, so erhielt Czernitscheff den Befehl, das preußische Lager zu verlassen. Friedrich bewog aber diesen ihm persönlich ungemein ergebenen General, wenigstens noch einige Tage unthätig stehen zu bleiben, so daß ihn die Oesterreicher noch als Feind ansehen mußten. So schlug Friedrich am 21. Juli das denkwürdige Treffen von Burkersdorf. Da dasselbe fast nur aus dem Stürmen verschanzter Berge bestand, so fiel der Kavallerie nur eine untergeordnete Rolle zu. Fünf Eska drons unseres Regiments standen mit der anderen Kavallerie des Königs in Reserve, die 5 anderen aber bataillirten mit der Be satzung des Silberberger Passes ,
welcher dem König in der linken
Flanke lag und streuten den Oesterreichern so viel Sand in die Augen, daß sie nicht wagten, ihre Stellung zu verlassen.
Nach dem
glücklichen Ausgang des Gefechts , das den Feldmarschall Daun auf die höchsten Gipfel des Eulengebirges jagte, begann Friedrich die abermalige Belagerung von Schweidnitz und zwar diesmal mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln . Daun versuchte einmal die Festung zu entsetzen, wurde aber bei Reichenbach total geschlagen und überließ sie nun ihrem Schicksal, das sich nach 63tägiger Belagerung erfüllte. Während der letzteren stand unser Regiment beim Belagerungs korps und hatte so viel oder so wenig zu thun, als Kavallerie bei dergleichen Gelegenheiten zu thun findet. Nur der Rittmeister v. Köhler fand Gelegenheit, sich in hohem Grade auszuzeichnen. Es war ihm nämlich mit seiner Schwadron eine als Obser der wichtige Posten am Gottesberge übertragen
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vationspunkt äußerst bedeutsame Höhe. Von hier aus unterhielt er direkt mit dem König einen ununterbrochenen Briefwechsel und zeigte ein außerordentliches Verſtändniß , raſche Faſſungsgabe, richtige Be urtheilung. Er erhielt bald darauf den Orden pour le mérite und wie dankbar der König seiner Verdienste gedachte, erhellt daraus, daß er ihn sieben Jahre später mit dem Geschenk einer Amtshaupt manuſchaft beehrte und eigenhändig der Bestallung hinzufügte : ,,Dies ist für die Campagne von 1762." Köhler wurde später kommandirender General in Südpreußen, Gouverneur von Warschau, General- Inspekteur der oberschlesischen Reiterei, Chef eines Huſaren-Regiments und Ritter des schwarzen Adlerordens. Wie recht hatte Zieten 1756 den Fahnenjunker v. Köhler be urtheilt, als er das ungewöhnliche Gesuch an den König stellte , die sen jungen Mann trotz der niederen Charge zum Adjutanten sich neh men zu dürfen. Am 19. Oktober wurde unser Regiment dem General Neuwied zugetheilt, der mit 20 Bataillons, 55 Eskadrons und 60 Positions Geschützen nach Sachsen geschickt wurde, um dort den Prinzen Hein rich zu unterstützen.
Leider kam dieses starke Detachement zu spät,
um an der Reiterschlacht von Freiberg Theil zu nehmen , wo der von seiner Kunersdorfer Wunde wieder genesene Seydlig den Feind nochmals die ganze Schwere seines Armes empfinden ließ. Auch den Auftrag, die Höhen von Weißig unweit Dresden zu besetzen, konnte General Neuwied nicht ausführen, da Daun durch Absendung starker Kräfte unter dem Prinzen Albert von Sachsen ihm zuvorgekommen war. Am 6. November kam aber der König selbst nach Meißen, und da er die Desterreicher in zu guten Positionen fand , so beschloß er, sie wenigstens noch von den Höhen, die ſie dieſſeits des Plauenſchen Grundes besetzt hielten, hinunter zu werfen.
General Neuwied er
hielt den Auftrag der Ausführung. In seiner Avantgarde befand sich Major v. Prittwig mit einigen Schwadronen unseres Regiments . Derselbe wurde nach Erkrankung des Kommandeurs v. Rohr mit der Führung des Regiments beauftragt, obgleich Major v. Mahlen älte rer Offizier war. Dieser scheint demnach übergangen worden zu sein, aber nicht aus dem Grunde, weil er etwa zum Kommandeur nicht geeignet gewesen wäre, denn schon am 23. November 1762 er hielt er das Kleiſt'ſche Dragoner-Regiment.
Ueberhaupt kommt es
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noch einige Male vor , daß jüngere Stabsoffiziere des Regiments mit Uebergehung der älteren zu Kommandeuren ernannt werden, ohne daß sich in der Letteren Stellung etwas geändert hätte . Auch der Major v. Rohr erscheint in den Ranglisten von 62 und Anfang 63 als krank und als Hintermann v. Prittwig angegeben , obgleich er der eigentliche Kommandeur war. — Am 7. November trafen denn die Spitzen unserer Husaren wie der auf die Oesterreicher, die den Landsberg am Tharandter Walde, sowie das unsern Husaren so bekannte Dorf Kesselsdorf ſtark besetzt hielten. Der Landsberg war durch nicht weniger als 3 Bataillone und 15 Schwadronen geschützt. Prittwig aber wagte mit seinen braven Schwadronen, unter denen die des Rittmeister v. Köhler frischen Muthes den Angriff. Es bewahrheitete sich wieder einmal der alte Spruch: "1Frisch gewagt, ist halb gewonnen. " Die feindliche Kaval lerie, mit Ungeſtüm angegriffen, wurde geworfen und wälzte sich auf die eigene Infanterie, wodurch diese so in Unordnung gerieth, daß es unsern Husaren gelang, in die von letterer vertheidigten Verſchan zungen einzudringen und daselbst nach kurzem Kampf 600 Mann gefangen zu nehmen und 4 Kanonen zu erobern. Das war ein herrlicher Sieg und er beschloß in glänzendſter Weise die Großthaten unseres
alten Regiments
im siebenjährigen
Kriege. Einem bald darauf abgeſchloſſenen Waffenſtillſtand folgte im Februar 1763 der für Preußen so glorreiche Friede von Hubertus burg.
Nicht ein Dorf hatten die übermächtigen Feinde dem großen
Könige abnehmen können, und der Name Preuße erhielt in der Welt einen wunderbaren Klang. Die Türken selbst hatten mit dem Preußen könig, dessen Ruf zu ihnen gedrungen war, ein Bündniß gegen Ruß land und Desterreich schließen wollen, ein schöner Plan, deſſen Aus führung Friedrich viel geholfen haben würde.
Einige Daten über
den glücklich beendigten Krieg mögen noch einige Schlaglichter auf die überstandenen Drangſale und Anstrengungen werfen. Die preußische Armee hatte im Kriege 68,227 Zentner Pulver verschossen, ihr Verlust an Todten erreichte die enorme Höhe von 180,000 Mann und mehr als 1500 Offiziere, darunter 31 Generale und 161 Stabsoffiziere.
Die Russen verloren an Todten 120,000,
die Oesterreicher 140,000, Franzosen 200,000, Hannoveraner, Heſſen, Engländer 160,000, Schweden 25,000, Reichsvölker 28,000 Mann. 13 v. Ardenne, Zietenfches Hus.-Regt.
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Also beinahe eine Million kräftiger Männer lag auf den Schlacht feldern eingescharrt, ohne der vielen tausend unglücklichen Invaliden zu gedenken, die mit 1 Thaler monatlicher Pension und der Erlaub niß, den Leierkasten zu spielen, im Lande umherhinkten. Von unserm Offizierkorps waren im Frühjahr 1763 noch 4 Offiziere beim Regi ment, (Außer Zieten der Major v. Rohr, die Rittmeister v. Bar ner, Wichert und Wewer) , welche bei Beginn des Krieges mit ihm ausmarschirt waren . Die Andern hatten meist auf dem Bette der Ehre ihren Tod gefunden, wenn auch Einzelne nach Versetzung zu andern Regi mentern.
4. Kapitel. Zeit vom Hubertusburger Frieden bis zum Tode Friedrichs des Großen 1786. Am 5. März verkündete ein auf weißem Zelter berittener Herold der Stadt Berlin den Frieden. Unser Regiment hatte die Ehre, das Begleit-Kommando für dieſen zu stellen. In neuer Uniform, Lorbeerkränzen und Myrthen an den Müzen zogen unsere Husaren als die erſten Truppen der siegreichen Armee in die Residenz ein. Daß die guten Bürger es sich nicht haben nehmen laſſen, un sere Husaren durch Speise und Trank aufs Kräftigste für die dem Vaterland geleisteten Dienste zu belohnen, läßt sich wohl denken. Ueberhaupt war aber unser Regiment bei Freund und Feind bekannt geworden und von letterem ebenso gefürchtet , als von ersterem ge liebt und hochgeschätzt. Auf allen den alten Kupferstichen , welche Friedrich in den verschiedenen Scenen des 7jährigen Krieges dar stellen, fehlt sehr selten ein Zieten'scher Husar.
Ja, man kann sagen,
es giebt wohl überhaupt kaum ein Bild Friedrichs des Großen aus seiner Zeit, wo, wenn er nicht allein abgebildet iſt, in ſeiner Um gebung nicht ein Zietenſcher Huſar sich befände. Und in der That, mit wenigen Ausnahmen hat unser Regiment fast überallhin seinen königlichen Herrn begleitet, gerade wo die Noth am höchsten sich zeigte.
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Der Name Leibhusaren war nicht nur ein ehrender Titel, son dern eine der Wirklichkeit entsprechende Bezeichnung. Der würdige Chef des Regiments, der alte, hochverehrte Vater Zieten war ein Nationalheld geworden. Ueberall im Lande , sowohl im Schloß als in der schlichten Bauernhütte, hing sein Bild neben dem des Königs und der Held verdiente diesen Plaß , wie kaum ein Anderer. Der Rückmarsch der Armee in die früheren Garnisonen glich überall einem Triumphzuge.
Unser Regiment
marschirte auch in
und Zieten ließ es sich nicht nehmen, es selbst in die Thore der Residenz zu führen . Ein kleiner Vorfall dabei beweist, wie der General das militairische Rangverhältniß aufrecht erhielt. Berlin ein,
Vor der Stadt stehend, schickte Zieten
einen Stabsoffizier an den
Prinzen Heinrich, dieſem als ältesten General die Ankunft des Regi ments meldend . Der Stabsoffizier machte aber aus Versehen einem anderen Prinzen, der jüngerer General wie Zieten war, die Meldung. Als dieser nun dem Regiment entgegenritt, bezeugte ihm Zieten zwar als einem Prinzen des königlichen Hauſes die innigste Ver ehrung seines treu ergebenen Herzens, machte ihm aber keinerlei Seiner soldati Meldung und kommandirte „ Das Gewehr ein !" schen Würde glaubte er dies schuldig zu sein. Dagegen wußte er sich stets unterzuordnen , wenn der königliche Dienst es erheischte. Als der König später die Kavallerie-Inspektionen einführte, kam es, daß Prittwiß, der Inspekteur geworden war , in der Eigenschaft als solcher das Zieten'sche Regiment besichtigen sollte. Zieten selbst ließ es sich als Chef nicht nehmen, seinem viel jüngeren Kameraden und Zögling sein Regiment vorzuführen , so sehr Dieser bat , dies doch dem Kommandeur zu überlassen. Wir weisen nochmals darauf hin, daß dem Chef eines Regiments unter Friedrich dem Großen nicht nur durch diesen Titel eine große Ehre, sondern auch nicht unbedeu tende Pflichten zuertheilt wurden . So lag die fortwährende Ueber wachung des Offizierkorps und die Erhaltung der Kriegstüchtigkeit des Regiments in qualitativer und quantitativer Hinsicht dem Chef ob. In ersterer Hinsicht hatte Zieten nach dem Friedensschluß Meh reres zu thun. Das lange Leben im Felde war Schuld , bei den Offizieren einen etwas rüden Ton,
einige Nachlässigkeit im Anzug und selbst
einige Gleichgültigkeit gegen den haben.
Garnisondienst hervorgerufen zu
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Zieten, der mit aller soldatischen Strenge auf die Befolgung auch der geringsten dienstlichen Vorschrift mit Recht halten zu müſſen glaubte, erreichte es mit dem ihm eigenthümlichen Ernst sehr bald, daß diese kleinen Uebelſtände rasch genug verschwanden.
Der Ernst,
den aber zieten bei solchen Gelegenheiten an den Tag legte , war stets mit einer herzgewinnenden Milde gepaart und eine unzeitige Grobheit ist nie aus seinem Munde gekommen. Dabei war das Zutrauen, das der Held zu der Tüchtigkeit seiner Husaren hatte, wahrhaft rührend . Als er einst in der äußer ſten Vorpostenlinie seines Regiments befindlich, sich ruhig zu Bett legte,
machte ihn ein Offizier eines fremden Regiments, dem für
seine Sicherheit bangte, wortete aber :
auf die Gefahr aufmerkſam.
Zieten ant
„ Es ist nichts zu fürchten ; ich habe ja meine Huſaren bei mir. " Diesen Ausspruch erfuhr das Regiment wieder, und welche Ge fühle er hervorrief, kann sich ein Jeder denken.
Wie sehr der König
die Verdienste des Regiments anerkannte, geht daraus hervor, daß er von den Husaren nur ihm und dem Regiment v . Loſſow verſtattete, alle Eingaben direkt an ihn zu schicken, eine Ehre , die von der Ka vallerie nur die bewährten Regimenter Garde du Korps, Gensd'armes, Seidlitz-Kürassiere, Bayreuth- Dragoner und Auch erhielt das Offizierkorps
etliche Andere theilten.
des Zieten'schen Husaren- Regiments
eine ungewöhnlich große Zahl Orden pour le mérite . Es wurden damit dekorirt: Seelen, Möhring, Samogy, Probst I., Jürgaß, Troschke, Herrmann, Mahlen, Velten, Lenz, Zettmar, Hundt, Pritt wig, Probst II., Köhler, Wolffrath, Berge, l'Estocq, Kordshagen, Drösel, Schulz, Kallies, Köppen, Voigt, Schwarz, Reizenſtein, Möl lendorf, Puttlig, Bila, Breek, Bork, Löweneck, zwei Brüder Quaſt und zwei andere v. Jürgaß, also 36 Offiziere, während von dem so braven Werner'ſchen Husaren-Regiment nur sieben dieſe Auszeichnung erhalten hatten. Der Stab und das 1. Bataillon blieben nach dem Friedensschlusse in ihrer alten Garniſon Berlin , das 2. Bataillon zog aber für das Jahr 1763 nach Neustadt a. d. Doſſe in der Priegnitz; im folgenden Jahre aber marschirte es auch wieder in seine alten Garnisonen in Mecklenburg,
Parchim,
Plaue und Lübs,
die immer noch der preußischen Krone verpfändet waren. Am 4. Ja nuar 1764 wurde der bisherige Kommandeur des Regiments, Major v. Rohr, der in Folge seiner erhaltenen Blessuren schon seit langer
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Zeit dienstunfähig war, versorgt und der nunmehrige Oberst-Lieute nant v. Prittwitz wirklicher Kommandeur.
Daß die Friedensruhe
den kavalleristischen Geiſt nicht verdrängte, dafür sorgte der Eifer der Führer und die Ueberwachung des Königs hinlänglich. Es heißt in einer Verordnung des Jahres 1763 , die am 8. Februar, also un mittelbar nach der Zeit, wo die Friedenspräliminarien acceptirt waren : „Wenn die Regimenter den 16. September von der Grafung zurückkommen, müſſen ſie anfangen gleich zu exerciren, als geſchloſ sene Attaquen machen , hurtig abbrechen und aufmarſchiren , ſich hurtig durch Defileen ziehen, hurtige Schwenkungen machen etc. " Die Husaren = Regimenter wurden alle um 400 Mann ver ringert, eine Maßregel, die Manchen hart genug traf. Friedrich glaubte aber seinem entvölkerten Lande Arbeitskräfte schenken zu müssen und er vertheilte deshalb auch 35,000 Pferde in die Pro vinzen. Gleich nach dem Friedensschluß hatte der alte Zieten den König um den Konsens zu seiner Verheirathung gebeten.
Friedrich, obgleich
ſonſt prinzipiell gegen das Heirathen seiner Huſaren-Offiziere, schrieb ihm: „ Mein lieber General von der Kavallerie v. Zieten! Jch accordire Euch hierdurch mit vielem Vergnügen den von Euch in Eurem Schreiben vom 4. dieses gebetenen Consens zu Eurer vorhabenden Heirath mit einem Fräulein v. Platen und wünsche Euch zu Eurer Verbindung alles Glück und Vergnügen, so Ihr nur dazu wünschen und verlangen möget , wie ich denn, wenn ich wüßte, wo Ihr Euer Hochzeitsfest celibriren werdet, ſelbſt dahin kommen würde, um auf selbigem zu tanzen . " Das Hochzeitsfest wurde übrigens ein äußerst heiteres , da das ganze Offizier - Korps des Regiments mit eingeladen war. Zieten selbst bequemte sich zum Tanzen, obgleich er dies nur 8 Mal in sei nem Leben gethan hat. Am 15. Oktober 1765 stand der König bereits Gevatter bei einem Sohne seines Generals .
Schon am Morgen hatte er an die
Kriegskanzlei folgendes Schreiben erlassen: ,,Se. Majestät befehlen dero Kriegs Kanzlei hierdurch vor den dem General von Zieten jüngsthin gebohrenen Sohn ein Pa tent zum Kornet bei dessen Regiment auszufertigen und nun ge dachten General solches von Sr. Majestät wegen zuzufertigen, "
198 Ein Kornet in der Wiege ist ein eigenes Ding.
Zieten benutte
übrigens das Patent ſeines Sohnes nicht zu deſſen früherem Avance ment , vielmehr mußte er sehr lange warten und mehrere Jahre später wirklich als Kornet gedient haben, ehe Zieten sich auf eifriges Drängen des Königs entschloß, ihn zur Beförderung zum Lieutenant vorzuschlagen. Der König ließ indeß dem etwas frühreifen Kornet seit seiner Geburt monatlich aus seiner Chatulle das gewöhnliche Sefonde-Lieutenantsgehalt auszahlen. In der Rangliste vom 6. De zember 1765 ist er zuerst unter dem Namen : Friedrich, Chriſtian, Ludwig, Emil mit dem Alter von 1 Monat und der Dienstzeit von 1 Monat als überzähliger Kornet aufgeführt. Jeder abgehende Offizier mußte in damaliger Zeit seinem Antrag um Verabschiedung einen Revers beifügen , dessen eigenthümliche Fassung vielleicht von Interesse ist. Wir geben deshalb beispielsweise einen des Premier Lieutenants Peter v. Gayette :
"1 Demnach Seine Königliche Majestät in Preußen mir Endes unterschriebenen
meine demission auf mein allerunterthänigstes
Ansuchen in Gnaden ertheilet , als reverſire ich mich auf den Aller höchsten Befehl und declarire hiermit, daß ich in keine auswärti gen Kriegsdienste zu
gehen, auch keine Civil Bedienung darinnen
zu suchen noch dergleichen ohne Seiner Königlichen Majestät Aller höchsten consenses
anzunehmen , mich kraft und vermöge dieſes
Reverses aufs Feierlichste verbindlich und schuldig gemacht .
Das
zu Urkunde und Bekräftigung dieses Reverſes ist solcher von mir eigenhändig unterschrieben und unterſiegelt. " So geschehen Berlin den 24. September 1765 . Peter von Gayette, gewesener Pr.-Lt. Zietenschen Regiments Husaren. Wir geben hier eine Liste von den Offizieren , die von 1751 bis 1805 freiwillig den Abschied nahmen, als Beweis , wie verhält nißmäßig ſelten zu damaliger Zeit dies vorkam : 1 ) Kornet v. Schierakowsky 1751 . 2) Lt. v. Wildenheim 1752. 3) Stabsrittmeister v. Schenk 1761 . 4) Rittmeister v. Dietrich 1761 . 5) Pr.-Lt. Mayer 1764. 6) Pr.-Lt. de Gayette 1765. 7) Pr. Lt. v. Forsteny 1767. 8) Kornet v. Grüt 1774.
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9) Rittmeister v. Rohr 1777. 10) Oberst v . Legrady 1780. 11) Lt. v. Blumenthal 1783. 12) Oberst v. Krockow 1783 . 13) v. Lücken 1787. Von hier ab werden die Quittirungen des Dienstes häufiger : 14) Kornet v. Engelbrechten 1788. 15) Lieutenant Martius 1788.
16) Kornet v. Nimoiewski 1789. Ohne Revers, wurde Starost v . Strzem. 17) Major v. Kallies 1789. 18) Stabsrittmeister v . Mekling 1789. 19) Lt. v. Holzendorf 1791 .
20) Oberst v. Lenz 1793. 21) Stabsrittmeister v. Lücken 1793. 22) Oberst v. Lücken 1794. 23) Rittmeister v. Bülzingslöwen 1795 . 24) Lt. Lange 1794. 25) Kornet v. Salisch 1795. 26) Lt. v. Knobelsdorff 7798. 27) Pr.-Lt. v. Welzien 1799 . 28) Pr.-Lt. v. Eben 1800. 29) Kornet v. Hohenhorst 1800. 30) Lt. v. Klitzing 1800. 31 ) Pr.-Lt. v. Dembinski 1801. 32) Major v. Berg als Oberst-lt. 1802 . 33) Pr.-Lt. Graf v. Schwerin als Rittmeister 1802. 34) Lt. v. Manteuffel 1803. 35) Pr.-Lt. Graf Schulenburg als Rittmeiſter 1803 . 36) Lt. v. Eckenbrecher 1804. 37) St. v. Derschau 1805.
38) Lt. v. Loschbrand 1805. 39) Rittm. Hellermann als Major 1805. Wie sehr nach dem siebenjährigen Kriege der Werth und die Achtung vor den Husaren gestiegen war, geht daraus hervor, daß der König Offiziere von den Küraſſieren und Dragonern zu ihnen kom mandiren ließ, damit sie den leichten Dienſt erlernen möchten. So waren die Husaren aus
einem Anhängsel der Kavallerie
plötzlich ihre Lehrmeister geworden. Eine Stelle der Verfügung lautet :
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„ Der Unterschied zwiſchen Küraſſiren, Dragonern und Huſaren beſteht vornehmlich in den Pferden , indem während der Zeit , da die Husaren in der Armee stark zugenommen, man für solche noth wendig leichte Pferde hat gebrauchen müſſen ; weil nun die Kavallerie pferde beim Patrouilliren und Rekognosziren nicht zu gebrauchen sind, so verursachet dieses, daß man die Küraſſire nicht anders als zu Feldwachen und zum soutien der Avant- und Arrieregarde bei der Armee gebrauchen kann und also die Officiers von den Kürassir - Regimentern von dem kleinen Kriege , den die leichten Truppen exerciren , keine rechte Experience haben. So sollen sie, um Jdeens vom Patrouilliren , Rekognosciren, von jedem Terrain zu profitiren, sich vor dem Feinde ab und durch Defilees mit wenigem Verlust zu ziehen, die Disposition zu Embuscaden, Ueber❤ fällen zu machen und allerlei dergleichen Manövers , ſo im kleinen Krieg vorkommen, zu erlernen sich äußerst angelegen sein lassen. Und um diese Inconvenienz zu ſuppliiren , ſo befehlen Sr. König liche Majeſtät, daß alle Jahre zu der Zeit, da die Huſaren-Regi menter zuſammen ſind, die munterſten und verſtändigſten Officiers, so die meiste Ambition haben, noch etwas zu lernen und Generals zu werden, vom Stabs Officier bis zum Kornet bei die Husaren geschickt werden sollen , um daselbst von dergleichen Manövers in formirt zu werden.
Zu dem Ende befehlen Seine Majeſtät, daß
die Officiers von den Schlesischen Regimentern zum General Lieutenant v. Werner, die Magdeburgiſchen, Märkischen, Pommeriſchen, zum Regiment v. Zieten und Sie Preußischen zum Regiment von Lossow geschickt werden sollen. " Während nun Seidlig in Schlesien die Schule für die Kavallerie in der Bewegung großer Massen errichtete und es darin bis zu der Meisterschaft brachte , 60 Schwadronen en muraille 300 Schritt in Marsch Marsch attakiren zu laſſen, bildeten die vom König ernannten drei erfahrenſten Huſaren-Generale die Geschicklichkeit im kleinen Kriege aus. Wenn man bedenkt, wie zahlreich die preußische Kavallerie war, so ist leicht zu ermeſſen, eine wie große Anzahl Küraſſier- und Dragoner Offiziere bei den oben genannten drei Husaren-Regimentern zuſammen strömte.
Der Ehrgeiz, bei den Felddienstübungen, die von einer ſo großen Anzahl von Zuschauern begleitet wurden , nicht den Kürzern zu ziehen, mag den Eifer der betheiligten Offiziere wohl um ein Be deutendes gesteigert haben. Während im Jahre 1764 jedes Regiment einen bestimmten Kanton zu seiner Rekrutirung
erhielt , blieben die
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Husaren-Regimenter Zieten, Lossow, Belling und das Bosniaken-Korps auf dem alten Werbefuß und beurlaubten somit eine beliebige Anzahl Soldaten. Die Schwadronschefs mußten für das Ersparte ſo viel Ausländer werben, daß der Etat gedeckt war. Der Ueberschuß floß ihnen zu, ohne daß der König sich darum kümmerte. Nur wenn ein Rittmeister sich beikommen ließ, schwächliche und somit billig anzu werbende Leute, die der König mit dem Namen Krop bezeichnete, in die Glieder einzustellen, so konnte er der Königlichen Ungnade bei der nächsten Revue ganz sicher sein.
Das Königliche Auge , obwohl er
etwas kurzsichtig war, bemerkte jeden Fehler, alles Mangelhafte. So wurde sicher der leiseste Fehler von ihm auf das Härteste gerügt. Der Präsenzstand unseres Berliner Bataillons im Jahre 1776 ist 23 Offiziere (davon 3 verheirathet), 55 Unteroffiziere, 5 Trompeter, 409 Husaren. Jede der Eskadrons hatte 30 Beurlaubte. Das Maximum des Urlaubs betrug 10 Monate.
Zur Aufrechterhaltung
der Disziplin wurden am 17. November 1764 neue Kriegsartikel ausgegeben, die den Soldaten alle 2 Monat vorgelesen wurden und den Nichtdeutschen verdolmetscht werden mußten. Die Subaltern= Offiziere sollten sie alle Monat durchlesen. Der König glaubte über haupt, man müſſe junge Offiziere beſtändig antreiben, um ſie dienſteifrig zu erhalten. Andererseits beurtheilte er Jugendstreiche milde und ver gaß im Alter nicht seine eigene überschäumende Jugendzeit. Auf den Strafantrag eines Regimentsinhabers antwortete er : „Junge Leute sind immer etwas flüchtig und machen wohl sottisen, das muß nicht allemal nach der größten rigueur ge= nommen werden, sondern das kommt auf die Umstände an. “ Der König gab sehr viel anf wiſſenſchaftliche Ausbildung ſeiner Offiziere.
Manche rauhe Husaren-Faust mußte sich dazu bequemen,
den fatalen Schreibkiel in die Hand zu nehmen, oder gar den Pinsel, um ein Croquis zuſammen zu malen. In einem Brief an den Mar schall von Sachsen ( 1745)
erklärt der König speziell das Nach
denken für die oberste Funktion im Soldaten - Metier. im Frontdienst waren in einer Weise streng ,
Die Formen
wie sich der Soldat
der heutigen Zeit kaum eine Idee machen kann.
Wegen unbedeu
tender Exerzierfehler wurden Offiziere sofort vom Plaß aus in Arreſt geschickt und wunderbarer Weise von 2 Unteroffizieren dahin eskortirt. Heutzutage hält man es für unausbleiblich , daß dadurch die Auto rität der Offiziere ungemein leiden müßte dazumal machte dies auf den Soldaten keinen Eindruck.
Das Exerzieren zu Fuß und zu
202 Pferde wurde mit einer wunderbaren Präzision getrieben.
Dabei
wurde viel darauf gegeben , daß die Husaren selbst im Trabe und Galopp annähernd sicher schießen lernten.
Auch heißt es in einer
Verfügung : „ Die Husaren sollen beim Fuß - Ererzieren wohl dreſſirt und angehalten werden , sich hinter Hecken und Mauern zu poſtiren, hurtig und accurat zu schießen. " Wenn in Bezug auf die Reitertüchtigkeit die Huſaren des großen Königs der heutigen Zeit unbedingt als Vorbild dienen können , so können wir von denselben auch wohl lernen, daß ein Gefecht zu Fuß im Nothfall wohl vereinbar ist mit dem stürmiſchſten Reitergeiſt, ſo sehr einzelne Herren , denen es unbequem ist, aus dem Sattel zu steigen, auch dagegen eifern mögen. Auffällig sind auch die langen Attaquen in der Karriere. Der König sagte: ,,Attaquen mit escadrons oder Zügen vom Fleck in der carrière auf 300 Schritt sind auch sehr wohl zu exerciren, indem Reiterei dergleichen thun muß , und diese soutenirt. "
wenn sie hinter Infanterie ſteht
Wie schon früher erwähnt , gingen die Pferde des Regiments einen guten Theil des Sommers auf Grafung . Die des 1. Ba taillons in die Gegend von Könighorst, die des zweiten in die von Ruppin. Diese Zeit wurde zur Ausbildung zu Fuß benut. Im Jahre 74 erließ der König eine neue Instruktion für die Kavallerie, in der es heißt: ,,Wenn die Pferde auf Grafung geschickt sind , soll zu Fuß fleißig marschirt werden. Kerls grad werden. einzeln reiten.
Innerhalb 3 Monat müssen die krummen
Sind die Pferde zurück, so sollen die Bursche
Wer sich dem Korrigiren der Offiziere zuwider
negligirt, muß Hiebe haben. weis vorgenommen .
Demnächst werden die Züge glieder
Ein Trompeter auf 500 Schritt als point de vue für das Gradausreiten des Flügelmanns, kein Kerl darf sich herausdrängen laſſen, ſonſt wird er tüchtig abgestraft.
Dann wird jedes Glied
der ganzen Eskadron zusammengezogen, auf jedem Flügel ein Of fizier, vor der Front der Kommandeur. den ersten 8 Tagen nur im Trabe.
Die Attaque geschieht in
Wenn das gut geht, beginnt
man im Galopp zu attaquiren, wobei allzeit ein point de vue vor gestellt werden soll.
Wenn das Regiment noch 500 Schritt vom
Feinde ist, so wird zum Galopp geblasen ; je näher man heran
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kommt, desto stärker muß geritten werden und auf die letzten 250 Schritt wird die Karriere gemacht . Dabei keiner die Zügel kurz haben soll, sonst reitet man sachte und es wird ein melée, das der angreifenden Kavallerie nachtheilig. Wird der Zügel zu lang, so stolpert das Pferd. - Die Offiziere müssen die Flankeurs gut inſtruiren. Es müssen desfalls
die besten Kerls dazu ausgeschickt und
dressirt werden, und da es Friede ist , so müssen solche patrouil leurs , wenn sie einen Weg oder Dorf recognoscirt und Nichts weiter als ein alt Weib oder schlechte Kreatur sollten ansichtig werden, sogleich an ihren Trupp rapportiren, was sie gesehen, wie sie es gefunden und wohin sie den Weg genommen. “ Das Lettere hat für unsere Zeit eine etwas sehr komische Seite. Die richtige Beobachtungsgabe der Leute läßt sich ja wohl auch auf andere Weise ausbilder . Das Melden von ganz unwichtigen Sachen ſelbſt, von den unbedeutendsten Terraingegenständen ,
das sich bei
manchen Regimentern bis auf den heutigen Tag erhalten hat, beweist aber, daß diese Art und Weise der Erziehung im Felddienst sich sehr in der Armee festgesetzt hat. Um dem Heere selbst im Frieden ein klares Bild von einer Schlacht zu geben , verfiel der König auf die segensreiche und folzenschwere Uebung der Herbstmanöver , von denen das erste im Jahre 1763 abgehalten wurde.
Dasselbe hatte
allerdings meist nur einen markirten Feind zum Gegenstand des Angriffs. Dabei blieben die gwßen Reviten im Frühjahr bestehen, und sie bildeten während des ganzen Winters einen Gegenstand der Furcht und der Hoffnung aller Kommandeure. Die Berliner Garnison, mit hin auch unser erstes Batillon , hatte meist vom 19. bis 21. Mai Man kann sich wohl vorstellen, wie viele Tage vorher man anfing, Alles zu putzen un propre zu machen. Man erzählt sich ja, daß um die weißen Lederhoen prall am Schenkel ansißend zu machen,
Revüe.
die Huſaren und Offiziere ›ieselben naß gemacht hätten. Ein sehr schwieriger Sunkt war auch die Frisur der Husaren. Der Zopf, die zusammengerehte Manneskraft , erforderte zu seiner vorschriftsmäßigen Wickelung eine
bedeutende
Kunstfertigkeit.
mußte eine ganz bestimmte Linge haben, ebenso die Zopfbänder.
Er Er
wurde tüchtig mit Hammeltar eingefettet , daß er seine steife Form, auch ja nicht verlor. Jede Chwadron hatte meist einige Individuen die sich auf das Zöpfeflechten besonders gut verstanden.
Diese be
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gannen nun 24 Stunden vor dem Ausrücken zur Besichtigung das Kopfhaar der ganzen Schwadron zu bearbeiten. Wem der Zopf kunstgerecht gewickelt war, durfte sich nun bei Leibe nicht hinlegen, schlafen, oder sonst etwas thun , was seine Frisur wieder hätte ver derben können. So saßen die Leute oft mit einem Strohbund unter jedem Arm, um nicht einzuschlafen, starr und steif die ganze Nacht. Auf einen guten Schnurrbart wurde viel gehalten. Derselbe wurde nach Husarenart aufgesetzt, so daß die Spizen weit weg stan den. Eine Revüe verlief dann ungefähr so : Das Regiment war abgesessen und stand in 2 Gliedern formirt, etwa 100 Schritt vor den Pferden , die von Landleuten gehalten wurden.
Auf dem linken Flügel jeder Eskadron ſtanden je 12 Ueber
komplette, auf dem linken Flügel des Regiments die Invaliden.
Vor
dem rechten desselben die Rekruten nach In- und Ausländern geſchie den.
Zehn Schritt vor jeder Eskadron die Unteroffiziere, vor dieſen
die Offiziere.
Dann ritt der König, nachdem ſein Auge die Richtung
überflogen, langsam die Front hinab . Wen da sein Flammenauge traf, der vergaß es sein Lebtag nicht wieder. Dabei that der König viele und rasche Fragen, die laut und dreiſt beantwortet werden mußten. — Allzu jurge Fahnenjunker ſchickte der König oft sofort in das Kadettenhaus zuuick.
Unteroffiziere, die
weniger als 12 Jahre gedient und keine Kampagne mitgemacht hatten, mochte der König nicht recht leiden , weil ihnen die Erfahrung ab ginge und nannte sie blancs becs.
Mit einem kühnen, troßigen
Husarengesicht, dem der weiße Schnurrbart ein ehrwürdiges Ansehen gab, sprach der König besonders gern . Nach der Besichtigung zu Fuß ſaß das Regiment in möglichſter Eile auf, wobei die polnischen Pferde of Unordnungen machten. Dann wurden Remonten und Reitabheilungen besichtigt und hernach kam das Ererzieren, bei dem meist die Attake das Kriterium bildete. Ging dasselbe nicht gut , so konnte jes Königs Tadel außer ordentlich herb und verlegend werden ; in einer Instruktion ſagt er selbst: 11 Sollte der Kommandeur vom Jegiment sein devoir nicht thun, so werden seine Königliche Mjestät selbigen sogleich auf dem Exercirplay vom Regiment wegsficken und einen tüchtigeren an seine Stelle sezen, der die ordris mit größerer exactitude und accuratesse befolget. "
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205
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War deshalb der Revüetag glücklich verlaufen , so gab jeder Eskadronchef seinen Leuten einen Ball. Die Offiziere erlabten sich an gutem Ungarwein. — Hatte der König aber getadelt, so sah man nur verstörte Gesichter und Jeder ging dem Andern möglichst aus dem Wege. Nun hat aber unser Regiment fast immer die hohe Be friedigung des Königs sich zu verschaffen gewußt. Der alte Zieten, welcher nie am Revüetage fehlte, hielt auch bis zu seinem Tode die strengste Zucht — und unter einem solchen Lehrmeister und bei den vorzüglichen Elementen des Offizierkorps, den ausgesuchten Remonten und dem Zulauf, den das berühmte Regiment an tüchtigen Werblingen hatte, konnte es nicht anders sein, als daß das Regiment in hohem Grade seine Feldtüchtigkeit beibehielt. Was das Privatleben der Offiziere angeht, so war es wohl ein gut Theil wilder und ungebundener als heutzutage. Besonders die Offiziere des 2. Bataillons konnten in ihren kleinen Garnisonen manche tolle Streiche à la Seydlig ausführen, der dem Bürgermeister von Juliusburg mit der Pistole den Pfeifenkopf zerschoß und über einen Hohlweg wegsetzte, wenn gerade der Wagen einer von ihm viel geplagten Aebtissin hindurchfuhr. Der König verlangte, daß jeder Kavallerieoffizier 5 Meilen rund um seine Garnison Bescheid wiſſe. Die freien Stunden brachten die Offiziere gern in der Nachbarschaft zu, wo sie mit der herzlichsten Gastfreundschaft aufgenommen wurden. Die Ritte dahin waren oft ein kleines Jagdrennen. Es wurde so leicht kein Hinderniß ungesprungen gelaſſen. Einen Schlagbaum ließ man sich nicht gerne aufziehen. Die Parthien gingen entweder zu einem lustigen Junggesellen, der Offizier gewesen war und einen tüchtigen Weinkeller hatte, oder zu Familien, welche schöne Töchter Getrunken wurde im ganzen vorigen Jahrhundert ſehr viel und die damalige Generation hatte wenigstens den Vortheil unver fälschter Weine. Dabei duldete aber der König durchaus nicht, daß besaßen.
ein Offizier Schulden machte, weil er den lähmenden Einfluß der selben wohl kannte, und das Hazardſpiel war nicht nur aufs strengste verboten , sondern wurde auch überall mit Energie unterdrückt. Bei aller Schärfe der Rangunterschiede herrschte im Offizier - Korps ein vorzüglicher Geist echter Kameradschaft und ein Jeder wußte das „ im Dienſt“ und „ außer Dienst“ sehr wohl zu unterscheiden.
Die
Händelsucht war bei vielen Regimentern z . B. beim Loſſow’ſchen und Belling'schen Husaren-Regiment noch ziemlich groß. Im Allgemeinen nahmen aber die Duelle sehr ab und wurden dieselben auch fast
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immer mit dem Degen ausgefochten, wobei der Tod der Kämpfenden selten war. Der Körper des alten General Blücher, der bei den Belling= schen Husaren diente, war vollſtändig mit Hiebwunden bedeckt. Im Jahre 1768 schien es, als sollte es in Polen zu Unruhen kommen. Die Husaren - Regimenter wurden deshalb alle auf 1400 Mann gebracht. Allein der Kriegslärm verstummte wieder und die im Jahre 1772
vorgenommene erste Theilung Polens
ging ohne
kriegerische Ereignisse vor sich. Im Jahre 1775 wurde Prittwit zum General ernannt und erhielt das Regiment Gensd'armes . An seiner Stelle wurde Major v . Probst Kommandeur, obgleich Legrady bereits im Mai 1775 Oberst geworden war und wohl auf die Kom mandeurstelle Anwartschaft hatte. Es ist dies ein neuer Beweis, daß der König bei Besetzung höherer Chargen sich nicht unbedingt an die Anciennetät band und talentvolle Offiziere sehr oft außer der Tour avanciren ließ. Dabei war Legrady durchaus nicht eine per sona ingrata, vielmehr erfreute er sich eines großen Kriegsruhms und war dem König, wie wir wiſſen, bei einer früheren Gelegenheit auf das Vortheilhafteste bekannt geworden. Er blieb auch im Dienst und sogar in unserem Regiment als ältester Offizier. Das Verhältniß zum Major v . Probst mag aber allerdings ein etwas eigenthümliches gewesen sein . Erst 1780 quit tirte er den Dienst. Im Jahre 1778 hatte das Regiment zum letzten Male unter dem großen König Gelegenheit das Schwert zu ziehen. wieder die alten Feinde, die Oesterreicher zu bekämpfen .
Es galt Der junge
aufstrebende Kaiser Joseph II. , den seine Mutter , Maria Theresia, zum Mitregenten angenommen hatte, konnte den Verlust von Schlesien ebenso wenig verschmerzen
als seine Mutter.
Da 3 große Kriege
nicht im Stande gewesen waren , diese Provinz den Händen Fried richs zu entreißen, so suchte man sich in Desterreich anderweitig zu entschädigen , und als der Kurfürst vou Bayern kinderlos ſtarb, machte Desterreich Ansprüche auf dieses Land, die wohl mehr auf Macht als auf Recht gegründet waren. Sei dem aber, wie ihm wolle, da Friedrich nicht zugeben konnte , daß Oesterreich so über mächtig in Deutschland würde, und ihm Alles darauf ankommen mußte, die Habsburgische Macht in Deutſchland zu brechen, so trat er für die Ansprüche des
rechtmäßigen Thronfolgers (Pfalz-Zwei
brücken) ein und machte mit seiner Armee eiuen Einfall in Böhmen.
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207
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Es mag für den greisen König ein eigenes Gefühl geweſen ſein, als er wieder die alten Heerstraßen entlang marſchirte, die früher seine Ruhmesbahnen gewesen waren. die bekannten Stätten,
Auch für die Armee gaben ja alle
wo früher die großen Schlachten geschlagen
waren und über die man nun hinwegzog, den reichsten Stoff zur Erinnerung und zur Hoffnung auf ähnliche Siege. Und dennoch war die Physionomie der Armee eine andere geworden. Die großen Generale, welche am Ende des 7jährigen Krieges noch lebten, waren meist gestorben, oder waren schwache Greise ge= worden.
Der leuchtende Stern für die Kavallerie, Seydlig, war seit
6 Jahren todt und unser alter Zieten hatte trotz der inständigsten Bitten vom König nicht die Erlaubniß erhalten können, ihn in die Campagne begleiten zu dürfen. Liebevoll und gnädig, aber doch sehr bestimmt hatte der Monarch ihn auf seine Schwäche hingewiesen und daß er sich schonen müſſe.
Die betreffenden Briefe lauten :
„ Mein lieber General v. d . Kavallerie von Zieten.
Da ich
sehr beſorge, daß Eure Geſundheitszustände es nicht zulaſſen wer den, die Kampagne mitzumachen, so habe ich in dieser Rücksicht Euch auch nicht mit aufsehen lassen. Es thut mir zwar leid, daß ich Euch zurücklassen soll ; indessen seht Ihr wohl selbst ein, daß Ihr bei Euren avancirten Jahren und schon gehabten vielen fati guen wohl nicht mehr im Stande sein werdet, die Strapazen des Krieges zu ertragen und daß Ihr vielmehr die Ruhe nöthig habt “ . Zweitens : „Ich habe Euch auf Euer Schreiben vom 27 h hierdurch zu erkennen geben wollen, wie es mir leid thut, daß ich Euch zu rücklassen muß und daß Eure Umstände es nicht gestatten, die Kampagne noch mitzumachen. Ich bin indessen von Eurem guten Willen sehr versichert, aber man kann nicht über seine Kräfte gehen und könnt Ihr Euch nunmehr der nöthigen Ruhe bedienen " .
in
Als der alte Held den lezten Brief gelesen hatte, blieb er lange tiefem Schweigen versunken. Endlich rief er aus : „ Ich werde
mir jetzt wohl ein Regiment von Weibern errichten müſſen “ . Der Krieg, welcher sehr blutig zu werden versprach, diese Erwartungen nicht.
Troß
erfüllte
allen Thatendranges des Kaisers
Joseph war doch seine Mutter die eigentliche Herrscherin, und dieſer bangte vor einem Kriege mit Preußen, das sie nun allein bekämpfen sollte, während im 7jährigen Kriege alle Anstrengungen trotz der Alliance mit Rußland und Frankreich vergeblich gewesen waren.
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Die Federn der Diplomaten geriethen daher gleich beim Beginn der Feindseligkeiten in eifrigste Thätigkeit und dann bleibt gewöhnlich für das Schwert wenig zu thun übrig. Der große König hatte auch zu viele Schlachten geschlagen, als daß er sich sehr nach heißen Kämpfen sehnen sollte. Er setzte deshalb seinen hohen Kriegsruhm nicht auf das Spiel und nur in kleinen Gefechten konnten die preu ßischen Truppen beweisen, wohne.
daß der alte Heldengeist noch in ihnen
Unser Regiment verließ schon im April 1778 Berlin mit der großen Armee des Königs, marſchirte mit dieser nach Schweidnig und bezog in der dortigen Gegend Kantonnementsquartiere in Ober Bomsdorf, Bruckstein und Neuhaus. Dort blieb es bis Ende Juni stehen und machte dann in der Avantgarde des Königs den Marsch über das wohlbekannte böhmische Grenzgebirge bis von Nachod.
an das Lager
An der Grenze (man marſchirte von der Grafschaft
Glatz aus in Böhmen ein) ließ der Kommandeur der Avantgarde, der General v . Lossow, durch den Stabstrompeter unseres Regiments Fanfaro blasen und unsere Husaren jagten in hellem Galopp in das Böhmer Land hinein.
Sie hatten also die Chre, den Feldzug zu
eröffnen und bei dem folgenden Scharmüßel mit der österreichischen Kavallerie floß das erste Blut in diesem Feldzuge, gerade wie beim Beginn des 7jährigen Krieges aus den Adern eines Zietenschen Hu Der König rekognoszirte am 6. Juli den Feind und ging bei Ratiborsiz mit 2500 Pferden über die Aupa.
saren.
Am 7. hatte in Folge dessen unser Regiment ein ernsteres Ge fecht, von dem der Graf v. Schmettau, königlich preußischer Oberst, in seiner Relation über den Feldzug 1778 berichtet : „ Den 7. wollte uns der Feind den Besuch des Jahres erwidern.
vorigen
Er kam mit ungefähr 1500 Mann bis an die
Aupa. Von hier schickte er 200 Mann über die Ebene von Skalitz gegen Klomy ; aber 80 (Zietenſche) Huſaren, die unserer Seits hier •
die Feldwacht hatten, griffen ſie mit dem Säbel in der Fauſt an, ohne die von allen Seiten zu Hülfe eilende Unterstützung abzu Nachdem sie eine feindliche Karabinersalve ausgehalten warten. hatten, hieben sie auf sie ein , warfen und verfolgten sie so hitzig, daß sie mit ihnen bis nach Skalitz hineinsprengten. Die Unsrigen machten 2 Offiziere und 25 Mann zu Gefangenen ; die Zahl der österreichischen Todten und Verwundeten blieb uns unbekannt. Auf unserer Seite hatten wir 3 Todte und von den Husaren waren
209 1 Offizier und 8 Mann verwundet. wie gewöhnlich etwas blutig.
Dieſer
erste Auftritt war
Man versicherte uns , der Kaiſer
habe ihn mit seiner Gegenwart auf den Höhen von Skalih beehrt. Die Lieutenants v. Plötz und v. Hirschfeldt erhielten für das Gefecht den Orden pour le mérite . Vom Lager von Nachod aus hatten die Husaren zahlreiche kleine Gefechte, die sich meiſtentheils um Fouragirungen drehten.
Es sah ganz so aus , als hätten beide
Partheien zum Kriegführen noch viel Zeit übrig und brauchten sich nicht zu beeilen. Am 15. Juli war eine größere Fouragirung, welche die Oeſter reicher stören wollten, allein die preußischen Patrouillen kamen noch glücklich davon. Am 20. wiederholte sich dasselbe Spiel ohne einen nennenswerthen Erfolg der Desterreicher. Von unserer Seite wurde. ein Husar erschossen und 2 verwundet. So drehte sich der Krieg um Heu, Hafer und Lebensmittel, so daß der Spottname der Soldaten , welche diesen Feldzug den Kartoffelkrieg nannten (die Oesterreicher nannten ihn Zwetſchenrummel) nicht ganz ungerechtfertigt ist. Die Oesterreicher machten durchaus keine ernstlichen Anstalten, den im Lande eingedrungenen Preußen zu Leibe zu gehen, die sich in Böhmen häuslich einrichteten und durch die Besetzung dieses Landes ihren Zweck vollständig erreichten, ohne ſich auf gewagtere Unternehmungen einlaſſen zu müſſen. Am 7. Aug. fand der Lieutenant v .
Arnstedt
Gelegenheit sich auszuzeichnen.
unseres
Regiments bei
alledem
Ebenfalls bei einer Fouragirung be
griffen, wollten ihn 50 Mann ungarischer Infanterie dabei stören. Arnstedt sammelte aber rasch seine wenigen Leute und machte eine entschlossene Attaque auf dieselben, hieb 8 Mann nieder, nahm mehrere gefangen und zerstreute den Reſt, ſo daß er nun ruhig die begonnene Fouragirung zu Ende führen konnte. Von unseren Husaren war einer gefallen, ein anderer verwundet. Lieutenant v. Arnstedt war auch blessirt. Der Fürst Hohenlohe sagt in einer Relation über dies Gefecht: Der Lieutenant v. Arnstedt habe einen feindlichen Offi zier gefangen genommen. Als nun aber feindliche Husaren erschienen waren, um ihrer Infanterie zu Hülfe zu kommen , habe Arnstedt seine Gefangenen nicht wollen im Stich lassen und dabei einen Hieb über die Schulter erhalten. Jedenfalls war der Orden pour le mérite , den
der brave
Offizier erhielt, nicht unverdient und mag das beste Pflaster für ſeine 14 v. Ardenne, Zietenfches Hus.-Regt.
210 Wunde gewesen sein.
Am 15. brach die Armee aus dem Lager von
Nachod auf und marschirte in mehreren Kolonnen weiter ins feind liche Land.
Unser Regiment war bei der ersten Kolonne des Erb
prinzen von Braunschweig und rückte am 17. in ein Lager. Dort war fast eine Woche lang wieder Ruhe, dann marſchirte das Regiment am 22. zur Kolonne des Königs und neckte sich auf diesem Marsch mit Kroaten herum.
Am 23. waren neue Reibereien
mit diesen noch wohlbekannten Feinden , die diesmal etwas blutiger verliefen, da ein Huſar erschossen, fünf andere bleſſirt wurden. Dann theilte man das Regiment.
Fünf Schwadronen marſchirten am 26.
mit der ersten Kolonne des Prinzen Friedrich von Braunschweig, die fünf andern mit der 2. Kolonne des General v. Ramin ins Lager bei Lauterwasser.
Hier wiederholten sich nun wieder
die kleinen
Kämpfe bei Fouragirungen , die allerdings bei Weitem harmloſerer Natur waren als im siebenjährigen Kriege , wo man um jeden Heu wagen auf das Erbittertste kämpfte. Beim Abzug von dem Lager aus Lauterwaſſer kam es aber zu einem hitzigen Gefecht, in welchem das Regiment 7 Todte und 10 Verwundete hatte. Die Kroaten folgten nämlich den abziehenden Preußen auf dem Fuße und hielten, als die Arrieregarde schwierige Defileen paſſirte, den Moment für geeignet, über unser Regiment herzufallen, das die queue bildete. Daſſelbe mußte deshalb einen Angriff wagen , der ihm zwar Luft machte , aber den erwähnten Verlust eintrug. Die Armee bezog gleich wieder ein Lager bei Wildschütz und der Major v. Köhler er hielt den Auftrag, am 11. September in der Gegend von Trautenau zu streifen, um einige Gefangene zu machen. Er ging mit 500 Pferden des Regiments und dem Infanterie - Bataillon v. Keller vor , griff einige feindliche Patrouillen auf und jagte einzelne Feldwachen bis Keile zurück. Hier aber entwickelte der Feind plöglich eine Kavallerie masse von nicht weniger als 2000 Pferden. Köhler zog sich deshalb eiligst zurück und die Oesterreicher attaquirten nun mit großer Hef tigkeit mehrere Male das Bataillon Keller. Dasselbe formirte aber Quarree und wies alle Attaquen mit einem wohlgezielten und raschen Feuer ab, so daß die Oesterreicher sehr viel , die Preußen aber gar keine Verluste hatten.
Ueberhaupt zeigte sich die Geschicklichkeit der
preußischen Kavallerie gegenüber der feindlichen im vortheilhafteſten Liecht.
Lettere hatte entschieden Rückschritte gemacht, die dem König
schon lange vor dem Kriege bei einem Besuch österreichischer Regi
211 · —— menter in Böhmen sehr
aufgefallen waren.
So schreibt auch ein
Berichterstatter der Berliner Zeitung: ?? Daß wir bis dato bei allen Affairen Gefangene gemacht, die Oesterreicher hingegen fast noch keinen Mann von uns bekom men haben, ist kein Wunder ; es geht nichts über die Gelenkigkeit und Hurtigkeit unserer Husaren. Bei der letzten Fouragirung habe ich selbst gesehen, wie ein preußischer Husar einen österreichischen Huſaren-Offizier schleunigst einholte , obwohl derselbe 20 Schritte Vorsprung hatte und durch einen Hieb in den Nacken vom Pferde stürzte, weil dieser Offizier nicht auf den Zuruf, Pardon zu neh men, gehört." Am 3 Oktober wurde die Hälfte unseres Regiments mit dem die andere Hälfte Prinzen von Hohenlohe nach Friedland detachirt lag im Lager des Königs bei Schazlar.
Am 6. Oktober rückte der
Feind mit 600 Panduren und Husaren gegen das Lager und stieß auf den Rittmeister Velten des Regiments , der mit 100 Pferden Der Feind, welcher es wahrscheinlich auf bei Michelsdorf ſtand. eine Rekognoszirung abgesehen hatte, ließ sich , als Velten ihm ent gegen ging , auf nichts Ernstliches ein und zog sich nach kurzem Ba tailliren zurück. Am 15. Oktober brach die Armee aus dem Lager von Schazlar auf und ging in Kantonnirungsquartiere nach Schlesien. Das erſte Bataillon des Regiments kam nach Nauen und Lindenau zu liegen, das zweite nach Gerbersdorf ; dieſe Dörfer liegen in der Gegend von Unsere Husaren gehörten hier zum Korps des General Landshut. Ramin. Die Vorposten sette man gegen die böhmische Grenze aus , und es kam wieder eine Zeit vollständiger Ruhe. Am 13. Dezember wurden die Winterquartiere bezogen und kam das 1. Bataillon nach Wüstenröhrsdorf, Schreibersdorf, Lippersdorf und Lieder, das 2. nach Ober-Altwallenburg, Dittersbach, Hohen- Giersdorf, Tannen hauſen und Wüſtwaltersdorf. Während des ganzen Winters waren Vorposten-Neckereien, die zwar nicht viel zu bedeuten hatten , aber Am 7. März Pferde und Menschen doch mehr in Athem hielten. wurden indeß die Feindseligkeiten bereits eingestellt , und das Regi ment kehrte in seine alten Garniſonen zurück , jedenfalls mit dem be friedigenden Gefühl , daß die Oesterreicher nicht ihren Willen be kommen hatten. Leider verlor das Regiment beim Marsch in die Heimath seinen bewährten Kommandeur, den Major Probst. 14*
Schon
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beim Ausmarsch kränklich , hatten ihn die Strapazen des Feldzuges so angegriffen, daß er im Mai 1779 ſtarb. Er war ein edler Mann und sehr tüchtiger Soldat und wurde beim Regiment aufrichtig und tief betrauert. An seine Stelle trat der bisherige Oberst-Lieutenant im Wernerschen Husaren - Regiment, v. Krockow, der bereits nannt wurde.
am 4. Dezember 1779 zum Obersten er
In den folgenden Jahren verlor das Regiment noch zwei be rühmte und langgediente Offiziere.
Der Oberst Legrady nahm ſeine
Demission und Köhler wurde zum Kommandeur des Rosenbusch'ſchen Husaren - Regiments ernannt. Als unser erstes Bataillon wieder seinen Einzug in Berlin zu halten sich anschickte , kam ihm sein ge liebter Chef, der nunmehr schon 80jährige General Zieten entgegen geritten. Der alte Herr war zu Hause mit dem innigſten Intereſſe seinen Husaren wenigstens auf der Karte gefolgt und war stolz , daß sie seinem Namen so gut als der kurze Krieg es erlaubt hatte, Ehre gemacht. Als er seine Huſaren wieder sah, war er froh bewegt und gab seiner Freude den herzlichsten Ausdruck. Sonst spürte der alte Held natürlich eine bedeutende Abnahme seiner Kräfte, wenn auch seine zähe Natur und streng geregelte Lebensweise ihn noch aufrecht hiel ten. Um das herzliche Verhältniß zu kennzeichnen, das zwiſchen ihm und seinem Könige herrschte, können wir nicht umhin, einige Züge hier zu erzählen, die ebenso den König als seinen Diener hoch stellen. Als im Jahre 1772
Zieten bei einem Manöver selbst das
Kommando ´übernehmen zu müssen glaubte und deshalb den Säbel zog, rief ihm der König zu : ,,Was soll das ? Auf einem Exercierplatz einen so kleinen Trupp Kavallerie zu führen, ist für Ihn zu klein! Stecke Er
seinen Säbel ja wieder ein.
Ein Degen, welcher dem Vaterlande
so viele Dienste geleistet hat wie der ſeinige , muß nur auf dem Schlachtfeld gezogen werden. Ich nehme die einzige Gelegenheit wo er mir die Freude macht, das Regiment, welches die Ehre hat, seinen Namen zu tragen , bei der Revue vorzuführen. Komme Er her zu mir, “ aus,
und zum Adjutanten Kruſemark gewendet : ,,Krusemart, kommandire Er. "
213
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Dennoch konnte es Zieten nicht unterlassen ,
eine Schwärm
attacke seiner Huſaren mitzumachen. Als dann Appell geblasen wurde, und Zieten wieder zum Könige kam, sagte dieser: „ Mein Gott, Zieten , da hat Ihn der Teufel auch hinführen müſſen. “ Zieten antwortete : "Ja, Ew. Majestät , meine Husaren kann ich doch unmöglich im Stich lassen. Ich muß ihnen doch zeigen , daß ich alter Kerl auch noch reiten kann. " Der König, tief gerührt durch diesen Pflichteifer,
ritt hierauf
mit Zieten vor die Front des Regiments, das nach beendeter Attacke ſtill ſtand und rief, ren zu:
auf den würdigen General zeigend , den Huſa
„ Leute, wenn Ihr jemals vergessen könnt,
daß Der Mann
Euer Chef gewesen ist , so seid Ihr nicht werth, daß Euch die Erde trägt. " In den letzten Jahren bequemte sich Zieten auch auf vieles Bitten des Königs bei den Revuen ohne Tigerdecke und ohne den schweren Adlerflügel zu erscheinen, ſo ſehr ſich ſein Gefühl auch gegen diese Bequemlichkeit sträubte. Wir wollen hier ein Königliches Schreiben anführen, das zu den letzten gehört, die Zieten empfangen hat. ,,Mein lieber General v. Zieten! Mir wird es zwar allezeit Vergnügen machen, einen in mei nem Dienste sich so sehr hervorgethanenen General noch in seinem hohen Alter bei der bevorstehenden Revue an der Spite des ihm anvertrauten Regiments zu sehen, und ich bin es daher sehr wohl zufrieden, daß Ihr ohne Tigerdecke und Adlerflügel blos in Euerm Pelz erscheint.
Sollte es aber gar zu kalt sein, so beschwöre ich
Euch, Eure Gesundheit
zu schonen und lieber gar nicht auf den
Revueplay zu kommen, damit Ihr Euch nicht durch Euern allzu großen Diensteifer unnöthiger Weise eine Unpäßlichkeit zuziehen, oder Euch Schaden thun möget . Wenn man so lange mit Ruhm gedient hat , alsdann kann man in dergleichen Vorfällen sich ohne alles Bedenken der Vor rechte eines Veterans bei den Römern bedienen.
Dies ist der
Rath Eures beständig wohlaffectionirten Königs Friedrich, "
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Ein Mal war Zieten bei der Hoftafel eingeſchlafen , ſein Nach bar wollte ihn wecken, der König verwies ihm das und sagte : „Laß Er ihn schlafen, er hat oft genug für uns gewacht. " Dieser kleine Vorfall ist im ganzen Volke bekannt geworden und ein hübsches Lied, das ihn behandelt, haben unsere Husaren noch im Feldzug 1870 vielfach gesungen. Einer der bekanntesten Kupferstiche aus jener Zeit stellt Zieten dar, wie er in einem Lehnstuhl ſigt und vor ihm der König
im Kreis seiner Generale steht.
Der gütige
Monarch hatte nämlich seinen treuen Diener in Wustrau besucht und als er ihn leidend fand, litt er nicht, daß dieser sich vor ihm er höbe, sondern drückte ihn sanft wieder auf seinen Sitz zurück.
Im
Jahre 1783 überreichten die Offiziere des Regiments ihrem greiſen Chef zur Feier seines 84. Geburtstages eine Ode und eine vom Maler Meil gefertigte
allegorische Zeichnung , die auf Zietens be
währte Frömmigkeit und Tapferkeit Bezug nahm. In demselben Jahre wurde Major v. Wolffradt Kommandeur des Regiments, da der bisherige Kommandeur seinen Abschied nahm. Zieten starb am 26. Januar 1786 im fast vollendeten 87. Lebens jahre heiter und in tiefer Ruhe des Gewissens . Sein Andenken wird durch eine ſchöne Statue auf dem Wilhelmsplaß in Berlin geehrt ſein Ruhm ist unvergänglich. Sein Sarg blieb 2 Tage in Berlin ausgestellt.
Tausende von
Menschen strömten hinzu , besonders viele alte Soldaten und Inva liden. Einer von ihnen trat hervor und von alten Kriegserinne rungen geschwellt, hielt er eine flammende, tief ergreifende Rede. Er verlor sich gleich nachher in der Menge und ſein Name ist unbe Der Leichnam wurde von Zietens Sohn und dem Rittmeister Velten nach Wustrau gebracht, wo er auf dem dortigen Kirchhof begraben liegt.
kannt geblieben.
Allemal, wenn
Zieten-Husaren an dem einfachen
Grabsteine
vorüberziehen, werden dem Andenken des Helden einige Minuten ge widmet. Die Offiziere salutiren und die Trompeter blasen die erste Post des Parademarsches .
Bevor wir von unserem Helden uns
trennen, führen wir noch eine Stelle aus den nachgelassenen Papie ren des späteren General-Lieutenants von l'Estocq an , worin ein unbefangenes Urtheil und ein warmes Lob die Vorzüge des Dahin geschiedenen ehrt. Es heißt da :
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"I Anno 1762 im Frühjahr wählte mich der General Zieten zu seinem Adjutanten, von welcher Zeit an selbiger kein besonderes Korps
mehr
kommandirte ,
sondern
beständig
beim
König im Hauptquartier, oder nahe bei selbigem sich jeder zeit den Feldzug über aufgehalten und allemal das Kommando der Truppen übernahm, sobald der König abwesend war, welches vor nehmlich bei zwei erheblichen Vorfällen geschehn, ein mal im Lager bei Bunzelwitz, wo der König mit ohngefähr der Hälfte seiner und der russischen Armee, die damals schon zu uns ge stoßen war, eine Diversion auf des Feindes linken Flügel bei Adersbach zu machen suchte, während der Zeit der General Zieten den Rest der preußischen und russischen Armee comman dirte und den Auftrag hatte, durch öftere Recognoscirungen des Feindes Front zu beobachten und bei Bemerkung des etwaigen Zurückgehens desselben, sogleich aufzubrechen, nachzufolgen, und sich so wieder mit dem Könige zu vereinigen, welches auch geschehn. Ich konnte bei dieser, wie überhaupt bei allen Gelegenheiten nicht genug die nie zu
ermüdende Emſigkeit und den durch vielfältige
Erfahrungen cultivirten großen Geist bewundern ,
der immer un
trügliche und richtige Folgerungen von des Feindes Handlungen mehrentheils vorherſah u. dann das so glückliche, militärische coup d'oeil in einem Blick Schwäche und Vortheile des terrains und des Gefechts zu übersehen und schleunigst die besten und anwend barsten Mittel zur nöthigen Hülfe oder zur Erreichung seines Plans anzuwenden ; daher man auch vorgibt, der König solle selbst einmal in dem Ausdruck sich geäußert haben: daß Zieten Alles mit dem zweiten Treffen wieder gut gemacht , was Er selber mit dem ersten versehen.
Wie schnell seine Uebersicht in Beurtheilung
der zu nehmenden besten Maaßregeln gewesen, äußerte sich für trefflich im Lager bei Peterswalde, da Daun Schweidnitz ent sezen wollte.
Das feindliche Corps von Lasch hatte Huberdorff
und die Huttberge bei Peile besetzt, welches der General, mich allein bei sich habend, recognoscirte und beim Zurückreiten zum Hauptquartier dem König begegnete. Der König frug , sich zu seiner Suite wendend :
Wem wird
es heute gelten, Mir oder dem Herzog von Bevern ? denn das corps von Peterswalde und das des Herzogs bei Reichenbach deckte die Belagerer von Schweidnitz .
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Ein Jeder befann sich, aber Zieten nahm das Wort und sagte :
" Es mag gelten, wem es will Ihro Majestät, so muß ein Flügel Kavallerie auf die Höhe von Reichen bach, "" welches dann auch geschah, indem der Herzog von Würtemberg mit dem rechten Flügel Kavallerie und reitende Kanonen dahin geschickt wurden .
Wie groß der Erfolg davon gewesen ist , weiß
die Geschichte. (Treffen von Reichenbach.) Auch hier hatte der General das Commando über des Königs Armee, sowohl vor der Affaire, da der König nach den Trancheen von Schweidnitz gegangen, als auch während affaire , da ſich der König zum Herzog von Bevern begab. von L'Estocq. " Schon am 17. August 1786 folgte der König Friedrich der Große dem alten Zieten ins Grab. Auch bei dieſer lezten Reiſe hatte der greise Husar die Avantgarde genommen. Wenn auch das Ableben des Königs lange vorauszusehen war und schon seit mehreren Jahren fast täglich erwartet wurde, so er regte doch die Nachricht eine mächtige Erregung in ganz Europa. Was hatte dem großen Geist die Huſarenwaffe Alles zu danken, was besonders auch unser Regiment.
5. Kapitel.
Vom Tode des großen Königs 1786 bis zum Frieden von Baſel 1795, umschließend die Expedition nach Holland und die Rhein campagnen. Am 1. März
1786
erhielt der bisherige Kommandeur des
Schulenburg'schen Regiments Oberst Baron von Eben das unserige als Chef und avancirte am 27. Juni zum Generalmajor , nachdem der alte Zieten 45 Jahre lang die Stelle als Regimentsinhaber ge habt hatte.
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Bald genug ward dem neuen Chef Gelegenheit wenigſtens einen Theil des Regiments wieder gegen den Feind zu führen. In Holland nämlich , wo der Statthalter Prinz von Oranien die Schwester Sr. Majestät zur Gemahlin hatte , waren Unruhen ausgebrochen.
Die sogenannte Patriotenpartei revoltirte gegen die
bestehende Regierung und nahm die Gemahlin des Prinzen auf einer Reise gefangen.
Der König von Preußen forderte Genugthuung für
die seiner erlauchten Schwester zugefügte Beleidigung , und als ihm dieselbe nicht ward, ließ er 25 Bataillone und 10 Schwadronen in Holland einrücken. Zu den letteren gehörte das erste Bataillon unseres Regiments, das dermalen aus :
der Leib- Schwadron, der Schwadron von Wolffradt, von Lenz,
von l'Estocq, Velten bestand. Wir finden hier also uns wohl bekannte Namen aus dem 7jäh rigen Kriege wieder. Um den folgenden Feldzug beurtheilen zu können , muß man den Feind , der unsern Truppen gegenüberstand, und das Terrain, worin er sich bewegte, in Erwägung ziehen.
Die
feindlichen Streitkräfte bestanden aus nicht viel mehr als bewaffneten Bürgergarden, welche ein abenteuerlicher Graf von Salm zu orga= niſiren, zu bewaffnen und zum Sieg zu führen sich bestrebte. Frank reich war eifrig bemüht, durch heimliche Sendung geschickter Offiziere und Artilleristen die Patriotenpartei zu stärken und den ihm ange nehmen Krieg zu nähren. Die unzähligen Kanäle, die das Land durchziehen , sollten wie zur niederländischen Heldenzeit im Kampf gegen die Spanier eine Hauptrolle der Vertheidigung übernehmen.
Man machte geschickte
Entwürfe großartiger Inundationen, welche die Bewegung der preu ßischen Korps in lästigſter Weise behindert haben würden. Eine Hauptarbeit unserer Huſaren war es deshalb die Durch stechung der Deiche zu hintertreiben und die dahin laufenden Absichten des Feindes auszukunden.
Da ferner der ganze Krieg ein Partei
gängerkrieg war, so hatte unser Bataillon nicht Gelegenheit als ge ſchloſſenes Ganze in rangirten Schlachten zu kämpfen , ſondern das Feld seiner Thätigkeit lag in weitausgreifenden Patrouillen, kleineren
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Ueberfällen und Handstreichen , wie denn auch der ganze Feldzug mit dem Namen einer großartigen Patrouille bezeichnet werden kann . Am 2. August 1787 marschirten unsere Husaren von Berlin ab. Der Marsch ging über Minden, Bielefeld, Hamm nach Wesel, wo sie am 1. September eintrafen. Dort war das Rendez = vous der Armee , deren Oberbefehls haber der berühmte Feldmarschall Herzog Ferdinand von Braun schweig war. Die versammelten Truppen wurden in 3 Diviſionen getheilt; unser Bataillon ebenfalls und zwar die Leib - Schwadron , sowie die der Rittmeister Lenz und Velten zur Division des General-Lieutenant von Gaudi , die beiden anderen unter Kommando des Oberst-Lieute= nant von Wolffradt zur Division des General-Lieutenant von Knobels dorf. Da der Herbst herannahte, wurden die Feindseligkeiten unge fäumt eröffnet. Am 13. September geschah der Einmarsch in feindliches Gebiet, wenn man so sagen darf, denn Holland wurde eigentlich nicht als Feindes Land betrachtet und jedenfalls nicht darnach behandelt. Avantgarde der Diviſion Gaudi führte unser General Eben.
Die Sie
bestand aus seinen 3 Eskadrons Husaren und dem Füsilier-Bataillon Langelair. Die Avantgarde der Division Knobelsdorf bestand unter Füh rung des Obersten von Romberg , aus den beiden anderen Schwa dronen unseres Husaren-Bataillons, zwei Kompagnien Jäger und die Bataillone von Renouard und von Schack.
Der Feldmarschall war
auch bei dieser Kolonne, deren Marsch sich auf Nymwegen bewegte. Da die Prinzessin von Oranien sich dort befand, so hatten die preußischen Truppen die Freude, vor der Schwester ihres Königs zu defiliren. Verfolgen wir zunächſt die Erlebniſſe unſerer Huſaren bei dieſer Kolonne. Während am 14. die Infanterie und Artillerie Ruhetag Hielt, um Proviant und Fourage zu fassen, erfuhr der General Eben, daß die Patrioten beabsichtigten, den großen Damm bei Ewerdingen zu durchstechen.
Ein großer Theil des Landes wäre dadurch ungang
bar gemacht und der Marsch der Preußen auf einige hochgelegene Straßen beschränkt worden, welche die Patrioten dann leicht hätten vertheidigen können. General Eben schickte in Folge dessen eiligst den Rittmeiſter
219 von Meckling, Rittmeister 3. Klaſſe, mit 100 Pferden und 60 Mann Infanterie vor, um den Durchstich zu verhindern. Da die Infanteristen natürlich den Husaren bei raſchem Marsch nicht hätten folgen können , so blieb Meckling mit 70 Huſaren bei diesen und schickte nur den Lieutenant von Seel mit 30 Pferden voraus. Dieser meldete dann bald zurück , daß die Durchstechung durch 200 Mann Infanterie und 20 Kavalleristen gedeckt wurde .
Meckling
rückte deshalb eiligst vor , erreichte Ewerdingen , und da der Feind gar nichts unternahm , ihn daraus zu vertreiben , sondern sich nur schüchtern zu zeigen wagte, so konnte die begonnene Arbeit der Pa= trioten leicht vereitelt werden. Die zum Graben und Schaufeln von den Patrioten gepreßten Bauern liefen auch insgesammt aus einander. Nach diesem
ersten unblutigen und wichtigen Erfolg
erhielt
Meckling Befehl , mit seinem Detachement nach Vianen vorzugehen, einer kleinen, wenige Meilen von Utrecht gelegenen Stadt, die schwach befestigt und am Leck gelegen, eine relative Wichtigkeit hatte.
Die
Rekognoszirung ergab, daß der Feind auch diesen Ort geräumt habe. Jedenfalls war er schon in Eile gewesen, denn unsere Huſaren fan den noch 12 Kanonen, 2 Haubitzen , mehrere hundert Gewehre und viel Munition vor. Das Glück schien aber diese Avantgarde ganz besonders zu begünstigen , denn Meckling erhielt hier die Nachricht, daß eine große feindliche Fregatte im Leck aufgefahren sei und auf einer Sandbank festsite .
Es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß
Husaren feindliche Kriegsschiffe erobert hätten, wenigstens hatten dies Stück schon im geführt.
7jährigen Krieg
die Belling'schen Husaren aus
Meckling schickte deshalb zunächst 30 Infanteristen unter Befehl des Lieutenant von Hollmann an Ort und Stelle.
Dieſelben wurden
von der Fregatte mit Kanonenschüssen empfangen und mußten nach einem ziemlich vergeblichen Feuer auf die Schiffsluken wieder abziehen. Mittlerweile hatte Meckling aber an den General Eben Meldung geschickt, und dieser beeilte sich natürlich mit Allem , was er an So langte er Truppen hatte, seinen Rittmeister zu unterstützen. mit der Leib- Schwadron, einiger Infanterie und mehreren Bataillons geschützen am Ufer des Leck an und ließ den Kapitain der Fregatte durch einen Trompeter auffordern , sich zu ergeben.
Nach einigem
Parlamentiren hißte dieſer dann wirklich die Orangeflagge auf als
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-
Zeichen der Kapitulation und gab sich ohne weiteren Widerstand ge fangen. Das Schiff führte 10 Kanonen und war außer dem Kapi tain mit 1 Lieutenant , 50 Soldaten , 1 Steuermann und 20 Ma troſen bemannt.
Das war ein prächtiger Fang, und an diesem Tage
mag im Bivouak unserer Husaren viel gelacht worden sein.
Der
Herzog von Braunschweig hatte übrigens die Gnade, die Fregatte General von Eben zu schenken, die Ladung im Werth von 10,000 Gulden kam unseren Huſaren zu Gute.
Bei der Diviſion Knobels
dorf begegnete zuerst der Lieutenant Holzendorf unseres Regiments dem Feinde. -Er war am 15. mit 30 Mann vom Herzog auf Patrouille gegen Aspern vorgeschickt worden. Er fand den Ort mit 60 Insur genten besetzt, die bei dem Herannahen der preußischen Husaren davon flohen.
Doch glückte es noch 1 Feldwebel und 5 Mann zu fangen,
die dem Herzoge nicht unwichtige Erklärungen geben konnten . Auf dieses hin sette die Division am 16. ihren Weitermarsch bis nach Seerdam fort.
Der Marsch war äußerst beschwerlich ,
denn der
Regen goß in Strömen herab und der weiche holländische Boden ließ Mann und Pferd tief einsinken . Zum Glück vereitelte eine Patrouille des Lieutenant Grawert mit 20 Husaren an diesem Tage den Durchstich mehrerer Dämme, welcher die fernere Bewegung der Truppen unmöglich gemacht hätte. Am 13. marſchirte die Division nach Merkerken ; unsere zwei Schwa= dronen Husaren bis nach Ameyden. fum.
Dort erfuhren sie die Eroberung der holländischen Festung Gor Wie der Feind geartet war, den die Preußen hier zu be
kämpfen hatten, geht aus einer Patrouille hervor, die ein Major von der Infanterie von Hirschfeldt mit einem Unteroffizier und sechs un serer Husaren machte. Die Namen dieser Braven sind leider der Vergessenheit anheim gefallen.
Der Major war nämlich mit diesen
wenigen Reitern seinem Bataillon vorausgeeilt, das einen Spezial Auftrag erhalten hatte. Sein Weg führte ihn den Damm entlang, der auf die Arkelsche Schleuse führte , welche er unbesetzt glaubte. Landleute versicherten aber bald das Gegentheil, und Major v. Hirschfeldt beschloß nun, ohne die Zahl seiner Gegner zu kennen , eine Attake auf diese mit ſeinen -7 Husaren zu machen. Sobald er deshalb des Feindes ansichtig wurde, sette er sich in Galopp, um, wie der General-Major v. Pfan, der diese Affaire beschreibt, en carrière unter die Feinde
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von hinterwärts hineinzufahren , auch selbige, ehe sie zum Gewehr kämen, über den Haufen zu schmeißen und gefangen zu machen. Der Berichterstatter fährt hier in so drastischer Weise fort, daß wir nicht umhin können, ſeine Erzählung wörtlich anzuführen.
Er sagt :
,,Allein, wie er ganz nahe kam, feuerten die Schildwachen ; das feindliche Detachement kam zeitig genug ins Gewehr, und mit einemmal befand sich der Major v. Hirschfeldt mit seinen Husaren vor einem sehr hohen spanischen Reiter, hinter welchem 40 Mann vom Hardenbrök'schen Regiment im Gewehr standen. Andere 50 Mann vom Sternbach'schen Korps nebst den Auxiliarbürgern hatten sich auf der gegenüberbefindlichen Seite hinter eine wohl verpal lisadirte Brustwehr gestellt und schienen zu erwarten, was von vorne kommen möchte.
Da nun gegen diese gute Verfassung des
Feindes der erstgefaßte Entschluß nicht auszuführen war, so mußten. andere Saiten aufgezogen werden. Der Major winkte den Hol ländern mit dem Taschentuch und rief ihnen zu, daß sie mit dem Schießen aufhören möchten. Als dieses geschehen war, forderte er sie förmlich auf, das Gewehr zu strecken und sich gefangen zu geben. Die feindlichen Offiziere beredeten sich holländisch darüber und nach einigem Streit unter ihnen gaben sie zur Antwort : Wie sie sich nach Verlauf einer halben Stunde desfalls erklären wollten ; inzwischen möchte der Major v. Hirschfeldt mit den Husaren sich auf einen Flintenschuß zurückbegeben, widrigenfalls sie wieder feuern würden, welches Begehren man in Anbetracht der Ueber legenheit erfüllen mußte .
Sobald aber 3-400 Schritt zurückge
legt waren, blieb der Major wieder halten und setzte
auf zwei
Dämme ein paar Huſaren zu Avertiſſementspoſten aus . Indem er sich nach einem Ort umsah , woraus man dieſe feindlichen Truppen in ihrer Stellung beobachten könnte, sah man, daß sie sämmtlich im Abmarsch begriffen waren und eilends fortzukommen suchten.
Worauf der Major v. Hirschfeldt die Huſaren zuſammen
nahm, mit aufgehobenem Gewehr sogleich den Holländern nach jagte und sie abermals mit harten Drohungen, das Gewehr zu strecken, aufforderte.
Endlich nach verschiedenem Wortwechsel
als : Ihnen insgesammt nichts nehmen zu laſſen, die Auxialbürger gleich den Soldaten zu behandeln, sie zu keinen fremden Dienſten zu zwingen u. s. w., übergaben sich an den Major v. Hirschfeldt
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2 Kapitaine, 2 Lieutenants, 2 Fähnriche, 6 Unteroffiziere, 3 Tam bours und 90 Gemeine mit Ober- und Untergewehr". Diese Historie spricht für sich selbst.
Von Ameyden aus, wo
hin, wie wir wissen, der Oberst-Lieutenant v. Wolffradt am 17. ge-. kommen war, wurde noch an demselben Tage der Lieutenant_v . l'Es tocq mit 30 Husaren nach Nieuwport geschickt, um den Rückzug der Holländer zu beobachten zuthun.
und ihnen dabei noch einigen Tort an
Als die Husaren sich dieser befestigten Stadt näherten, sahen sie, daß die Stadtthore geöffnet waren. Sie galoppirten sofort hinein und gewahrten am anderen Ende der Stadt, daß die Holländer im Begriffe waren, vermittelst einer Fähre über den dort vorbei strömenden Leck zu setzen. Ein guter Theil war schon am anderen ― ufer die am diesseitigen Gebliebenen attakirte der Lieut. v. l'Estocq so unvermuthet,
daß sie voller Schreck die Waffen streckten.
Es
waren 1 Offizier, 66 Gemeine vom Infanterie - Regiment Saxen Gotha und 14 Dragoner.
Die Holländer versuchten auch nicht ein
mal, die schwache Husaren-Patrouille wieder aus der Festung heraus zuwerfen und ihnen die Gefangenen wieder zu entreißen.
v. l'Estocq
richtete sich in der Festung häuslich ein und auf seine Meldung hin schickte ihm Wolffradt den Rittmeister v. Biela mit 30 Huſaren und 20 Jägern als Succurs nach. - Dieser bemächtigte sich denn der vorhin erwähnten Fähre, sette mit 6 Husaren und 6 Jägern über den Leck (der dort so breit ist wie etwa der Rhein bei Bingen) nahm dann in Schonhooven noch 15 Mann regulärer holländischer Infan terie gefangen und entwaffnete die dortigen Patrioten. Auch dieser Sieg war ganz unblutig gewesen. Am 18. Sep tember stieß General Eben mit seinen Truppen zur Division Kno belsdorf. Nur 30 Huſaren unter Führung des Lieutenant v. Zieten (dem Sohne des alten Generals) blieben bei der Diviſion . Gaudi. Eben besetzte am folgenden Tage mit seinen 3 Eskadrons und einiger Infanterie Nieuwpoort, während die beiden andern in Schonhoven sich festsetzten. Ohne auf die größeren Operationen des Feldzuges einzugehen, die mit wenig Verlust oft ganz ungemeine Erfolge erzielten, wollen wir nur einige glückliche Thaten anführen, die es verschiedenen Offi zieren unseres Regiments in diesem Partheigängerkriege bringen gelang.
zu voll
223 Es lag in der Natur des Kampfes, daß man sehr oft mit kleinen Detachements auftreten mußte.
So wurde Lieutenant v. Probſt
am 19. September mit 20 Husaren in die Gegend von Alphen ge schickt, wo feindliche Husaren das Land verwüsteten und nach Inſur gentenart plünderten. Lieutenant v. Probst verjagte diese Marodeure mit leichter Mühe und nahm 1 Offizier und 7 Huſaren gefangen. Am 20. September wurde Lieutenant v. Holzendorf mit 30 Huſaren und 10 Jägern in die Gegend von Woerden geschickt. Dicht vor der Festung wurden einige Außenposten überrascht und gefangen Da genommen , hierauf die Stadt zur Uebergabe aufgefordert. der Kommandeur erklärte,
zur Parthei Oranien übergetreten
zu
sein, so ließ Holzendorf die Gefangenen wieder laufen. Auf dem Rückwege traf er auf die sogenannte Wieringer Schanze, die sturmfrei und mit Artillerie ausgerüstet war. Die Holländer zeigten sich aber wieder so unaufmerkſam , daß sie die Annäherung des preußischen Häufleins erst bemerkten, als dieses ganz nahe war. Die Husaren saßen ab und unterhielten nebst den ihnen beige gebenen Jägern ein scharfes Feuer auf den Wall.
Da die hollän
dischen Geschütze über Bank feuerten, so hatten ihre Kanoniere keine Deckung, und wurden, sowie sie sich zeigten, todtgeschossen. sich kein Holländer mehr zu zeigen wagte,
Nachdem
vielmehr Alle in das
Innere der Schanze gelaufen waren , um sich vor den Kugeln zu schüßen, machte Holzendorf Anstalt, den breiten Graben, der vor der Schanze lag , vermittelst eines
gefundenen Kahns zu
überschreiten
und die Schanze zn stürmen. Die feigen Holländer dachten bei diesem Unternehmen an feinen weitern Widerstand, und die Besatzung, bestehend aus 1 Major, 1 Lieutenant, 2 Unteroffizieren und 33 Ge meinen ergab sich. In der Schanze fanden die Sieger nicht weniger als 14 Kanonen und 600 Gewehre vor. In diesem merkwürdigen Feldzuge eroberten somit unsere Hu saren feindliche Kriegsschiffe und stark armirte Schanzen, ja ganze Festungen. Freilich war der Feind ein überaus kläglicher. So übergab sich die Stadt Rotterdam einer schwachen Patrouille des Lieutenants v . Korswandt, und der Magistrat bat ihn selber um Schuß gegen den Pöbel. 70 Husaren und 100 Infanteristen, die deshalb nach Rotterdam nachgeschickt wurden, genügten denn auch, um diese volkreiche Stadt in Ordnung zu halten. Einen blutigeren Charakter trug ein Gefecht, welches derselbe Offizier wenige Tage darauf mit holländischer Kavallerie zu bestehen
―――
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-
hatte. Durch Deſerteure brachte er in Erfahrung, daß solche sich in größerer Anzahl bei Amstelveen aufhalte. Rasch entschlossen zog er den Lieutenant v. Seel mit 20 Husaren und den Kornet v. Rothen burg mit 15 Husaren, die in seiner Nähe ebenfalls
auf Streife
waren, an sich und ging mit dieser Mannschaft, ungefähr 75 Pferde stark, dem Feinde entgegen. Er traf denselben ppr. 2 Schwadronen stark gerade im Begriff sich in Amstelween einzuquartieren. Wie im ganzen Feldzuge hatten die Holländer nicht die mindeſten Vorsichts maßregeln getroffen. Korswandt jagte in vollem Galopp in die Stadt hinein und hieb überall die vollständig Ueberraschten nieder. Der Feind wehrte sich, so gut er konnte, ein einziger Husar wurde aber nur dabei erschossen, drei andere verwundet. Nach kurzem Widerstand suchten die Holländer in eiliger Flucht ihr Heil.
Ein
Offizier , 35 Mann und 52 Pferde wurden ihnen dabei noch abge nommen.
Unsere Husaren waren in der Verfolgung so hißig , daß
ein Trompeter und drei Huſaren gefangen wurden , von denen der eine schwer blessirt. Am Tage dieser Affaire traf Lieutenant v. Berg mit 5 Unter offizieren und 31 Huſaren als Erſatz aus Berlin ein. Die nächſten Tage brachten viele Patrouillen - fast keine kam zurück , ohne Ge fangene mitzubringen. Eines Tages fiel unseren Huſaren sogar ein fanatischer Prieſter in die Hände, der über seinen Talar eine Patronentasche gehängt und sich mit einem großen Schwert bewaffnet hatte. Im Anschluß an die feindliche Kavallerie hatte er mit dieser gegen die Huſaren batail lirt.
Unter mancherlei Scharmüßeln , die aber unſererseits nur ein
Pferd kosteten , vergingen so die Tage bis zum 26. September.
An
diesem Tage wurde ein 4tägiger Waffenſtillſtand geſchloſſen, der aber zu keinem Frieden führte.
Die Feindseligkeiten begannen zwar wieder
am 30. September , allein unsere Husaren hatten bis zu dem bald folgenden Friedensschlusse keine weitere Gelegenheit , mit dem Feinde ernstlich zusammen zu gerathen. Der Fall von Amsterdam machte dem Kriege ein Ende ; er ist der unblutigste, den Preußen je geführt. Der Verlust des Korps betrug
an Todten incluſive der an
Krankheit Gestorbenen nur 211 Mann ; es war dies in der That wunderbar, denn das abscheuliche Wetter hatte den Feldzug beschwer lich und anstrengend genug gemacht.
Der König verlieh beim Frie
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densschluſſe jedem Kapitain 500, jedem Subaltern-Offizier 50, jedem Unteroffizier 10, jedem Gemeinen 3 Thaler. Besondere Gratifikationen von unserem Bataillon erhielten Ge neral Eben 4000 Thaler, Rittmeister v . Bila, Lieutenant v. Holzen dorf und v. L'Estocq je 500 Thaler. Am 8. November wurden außerdem Rittmeister v. Bila , die Lieutenants v. Holzendorf und v . Korswandt mit dem Orden pour le mérite deforirt, in Anerken nung ihrer Bravour und ihres Geschicks bei der Wegnahme von Ninuwpoort und Schonhooven, der Wieringer Schanze und des Ueber falls der feindlichen Kavallerie in Amstelveen.
Als am 12. November
das Bataillon mit der Armee seinen Rückmarsch aus Holland antrat, verblieb der Rittmeister v. Bila mit 3 Offizieren (den Lieutenants v. Korswandt , v. Probst und dem Kornet v. Gualtièris ) 10 Unter offizieren und 100 Huſaren bei dem Korps zurück , welches zur Be setzung von Holland unter dem Grafen Kalkreuth bestimmt war. Diese Schwadron bekam ihr Quartier in Oudenkerke. Das Bataillon rückte am 21. Januar 1788 wieder in Berlin ein.
Mittlerweile war das zweite Bataillon des Regiments
aus
ſeinen bisherigen Garniſonen in Mecklenburg , Parchim, Plauen und Lübs zurückgezogen worden und erhielt neue Duartiere. Der Stab und zwei Schwadronen kamen nach Fürstenwalde, zwei Schwadronen nach Beskow,
eine Schwadron nach Mühlrose.
So stand das Regiment denn dichter beiſammen , und der Komman deur hatte Gelegenheit, sich mit dem zweiten Bataillon , das bis dahin seinen Augen fast ganz entzogen war, vertraut zu machen. Die folgenden Jahre brachten die Friedensübungen, wie man sie unter Friedrich dem Großen gewöhnt war. Die preußische Armee stand in Europa als Muster da, und noch immer kamen Schaaren fremder Offiziere, ihr die ihr eigenthümlichen Exerzitien abzulauſchen. Wenn auch der nordamerikanische Freiheitskrieg ein wenig an dem Glauben und dem Vertrauen zur bisherigen Taktik zu rütteln anfing, so galt die Schule des großen Friedrich doch zu viel , als daß man hätte versuchen sollen, an ihr zu ändern.
Friedrich der Große hatte
das Mangelhafte in seinem Heerwesen wohl eingeſehen ; wenn aber die andern Staaten ihn immer nur als Muster nachahmten, froh waren, wenn sie seine Formen annähernd ihren Armeen als Regle ments unterlegen konnten, so lange brauchte er an dem ganzen Orga= nismus nichts zu ändern. Der große Napoleon sagt von dem Ende 15 v. Ardenne, Zietenſches Hus.-Regt.
―――
226
der Regierungszeit Friedrich's , der König habe heimlich über seine Nachahmer gelacht (le vieux roi riait sous cape) .
Als nun der
große König, die Seele des Ganzen , gestorben war und nicht mehr der Geist die todten Formen belebte, da ſtellten sich Zeichen des Verfalls ein, die, nach und nach wachsend, zur Katastrophe von 1806 führten. Aeußerlich war davon nichts zu merken , nur die grauen Köpfe der Offiziere zeigten vielleicht, daß die Armee alt wurde. Die Kavallerie besonders blieb Jahre lang im höchsten Maaße tüchtig. Glaubte doch Nopoleon 1806 seinen bewährten Soldaten noch besonders Muth und Kaltblütigkeit den verwegenen Angriffen der preußischen Reiterei gegenüber einſprechen zu müſſen. In den Jahren von 1787-92 ereignete sich bei unserem Regiment wenig Bemerkenswerthes .
Die Einstellung
Bouillé erregte einiges Aufsehen.
eines gewissen
chevalier
de
Derselbe wurde 1791 dem Regi
ment als dienstthuender Offizier überwiesen , jedoch als Offizier von der Armee ohne bestimmten Charakter.
Er bezog 500 Thaler Gehalt
und war einer von den Emigranten, die in richtiger Voraussicht des ungeheuren Gewitters , das ihr französisches Vaterland überfluthen sollte, bei Zeiten sich einen andern Aufenthalt ſuchten. Im Jahre 1790 wurde das Regiment in Folge politischer Differenzen , welche später durch die Reichenbacher Konvention ihren Abſchluß fanden, mobil und rückte nach Schlesien. Auch im folgenden Jahre blieb es mobil und half einen Küſten kordon in Pommern ziehen. Am 2. Januar 1792 ward der bisherige Kommandeur v. Wolf rath verabschiedet. Sein Nachfolger wurde der Oberst v. Berge.
Als dieser aber
bald darauf verstarb , folgte ihm im Kommando der Oberst v. Lenz am 29. Juli 1792, jener todesmuthige Huſar von Moldauthein, der es vom gemeinen Huſaren durch eigene Kraft und Tüchtigkeit bis zu dieser hohen Charge gebracht hatte. Daß unter diesem würdigen Veteranen die Kriegstüchtigkeit des Regiments nicht abnahm, läßt sich wohl annehmen, und in der That, in den folgenden Feldzügen am Rhein , welche für die ganze Armee doch nichts weniger als glücklich waren , war es nach dem Blücher schen Husaren-Regiment vorzugsweise noch dem unseren vergönnt, zu beweisen, daß in ihm der alte Geist fortlebte. Bei einer Gelegenheit kam , wie wir sehen werden , die Erinnerung an die Friedericianiſche Zeit zum vollſten Durchbruch und schwellte die Herzen unserer da
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maligen Generation im Regiment mit der edelſten ſoldatiſchen Freude. Der greise Lenz hatte übrigens nicht lange die Freude , sein altes Regiment zu kommandiren . Die Strapazen seiner vielen Feldzüge waren die Veranlassung, daß sein Körper mürbe geworden. Er mußte bald den Abschied nehmen, Ende 1792 ; alt, frank und fast erblindet. Seines Königs Gnade bewilligte ihm die damals sehr hohe Pension von 600 Thalern. 150 Thaler erhalten.)
(Oberst Legrady hatte z . B.
nur
6. Kapitel. Die Rheincampagnen. A. Feldzug 1792. Im Jahre 1792 näherte sich die Revolution in Frankreich ihrer schauderhaften Schreckenszeit. Es galt , den gefangenen König zu befreien , und England , Preußen und Oesterreich beſchloſſen , durch einen gemeinsamen Krieg den gefangenen Monarchen zu retten. Glücklicher Weise brauchen wir diese heillose Zeit nur in militai rischer Beziehung zu beleuchten , ist doch auch die militairische Er innerung nichts weniger als erfreulich. 50,000 Preußen wurden bei Trier zusammengezogen, und unter dem Kommando des greisen Feldmarschall v. Braunschweig , des Bruders jenes großen Ferdinand , hoffte man, den alten Ruhm in ungemessener Weiſe zu erneuern. Das preußische Korps wurde noch durch ein Korps der Oesterreicher verstärkt, und da die Revolutions Banden der Franzosen weder taktische Uebung , noch moralischen Muth hatten, so glaubte Alles im deutschen Heerlager an einen leich ten, raschen Erfolg. Unser Chef, der General v . Eben, hatte außer unſerem Regiment noch die Füsilier-Bataillone v . Schenk und v. Legat, sowie eine halbe reitende Batterie (4 Geſchütze) unter seinem Kom mando. Diese Truppen waren nicht in der großen ordre de bataille der Armee eingetheilt, sondern bildeten ein besonderes Korps ,
das
man als Seitendetachement oder zur Unterſtüßung der Avantgarde zu verwenden gedachte. (Offizielle Nachrichten über den Feldzug 1792.) Der Einmarsch der Alliirten geschah von Trier und Saarburg her. Hart an der Grenze liegt das kleine Städtchen Sierk an der Moſel, das damals noch als Festung galt und von 2000 Franzosen 15*
228 vertheidigt werden sollte.
Diese Helden, welche die militärische Dis
ziplin als nicht mehr zeitgemäß verachten zu müſſen glaubten, hatten die befohlenen Wachen nicht ausgesetzt. So konnten unsere Huſaren, welche hier als erſte preußische Truppen das Land unſeres Todtfein des betraten, ohne Weiteres in die Stadt hineingaloppiren . Als die Franzosen sie endlich gewahr wurden , wurden sie von dem panischen Schrecken erfaßt, der ſo oft im Anfange dieſes Krieges wahrhaft lächerliche Flucht bei ihnen hervorrief. Ohne militärische Eintheilung, ohne Ausbildung ,
ohne kriegerische Zucht ,
franzöſiſche Beſayung keinen Wiederſtand.
verſuchte die
Der Schreckensruf :
„Sauve qui peut ! “ ertönte in allen Straßen. Alles floh über Hals und Kopf. Ein Theil der Flüchtlinge ließ sich sogar an Seilen die Stadt mauer hinab, um nur ins Freie zu gelangen. Unsere Huſaren hie ben mit aller Macht in diese Feiglinge ein und tödteten Viele. (Baron O'Cahill der französche Krieg 1792-96 . ) Sechzig wurden gefangen genommen , darunter 25 Verwundete. Dieser erste glänzende Erfolg gleich am Tage des Einmarſches in feindliches Gebiet war am 11. August geschehen und wurde be greiflicherweise als ein gutes Prognoſticon angesehen. Da nun vollends der Plan des Feldmarschalls bekannt wurde , direkt auf Paris zu marschiren, so glaubte man eine gelinde Kampagne vor sich zu haben. Man vergaß dabei zwei Faktoren : erſtens das enorme Organiſations talent der Franzosen und zweitens die Talente ihrer Führer , denen es gelingen sollte, der formloſen Maſſe des fanatischen Volkes
eine
taktische Gliederung zu geben, die der bisherigen Fechtweise sich über legen zeigte. Vor der Hand waren aber die Feinde ein loser Haufen unausgebildeten Gesindels , das man mit Recht verachten zu dürfen glaubte. Dazu kam , daß ein Theil des Volkes royaliſtiſch war und den Preußen oft mit weißen Fahnen und unter Musik entgegen zog, um ſie als Landeserretter zu bewillkommnen. Am 19. reinigten unſere Huſaren mit denen von Wolfrath beim Vorgehen auf das feindliche Lager von Fontoy die Gegend vom Feinde. Am Defilee von Fontoy entſpann ſich ein größeres Gefecht, die Franzosen schlugen ſich erbärmlich . in seinen Erinnerungen Folgendes :
General v. Minutoli erzählt
In diesem Gefecht machte der Major v. Hompesch, der dem Regiment v. Eben aggregirt und so kurzsichtig war , daß er eine
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Brille tragen mußte , auf eine ganz eigene Art einen Gefange nen: Er sprengte nämlich mit seinen ihm untergebenen Husaren durch die französischen Chasseurs à Cheval ein und packte einen derselben, den er gleichsam überrannte, bei der Halsbinde , die er mit den Fingern erfaßte und bemächtigte sich seiner. Sowohl bei diesem Gefecht als auch bei manchen anderen Gelegenheiten be T währte das ehemalige Zieten'sche Husaren Regiment ſeinen früher erworbenen, so ehrenvollen Ruf. " Die leichte Einnahme von Longwy, der Rückzug der französischen Armee ließen anfänglich das preußische Heer in raſchen Märschen Die Avantgarde einer in das Innere von Frankreich eindringen. der beiden Kolonnen , in denen die Armee marschirte , machte unser Regiment im Verein mit den schon früher erwähnten Bataillonen. Der König und der Feldmarschall befanden sich bei ihnen. Als die Spitze des Regiments durch Aumetz trabte, schoß der fanatische Pfarrer des Orts einem Unteroffizier durch die Backe. Dieser schlug ihn zwar nieder , da der Hieb aber nicht tödtlich war, nahm er ihn gefangen. Die Pfarrer waren also dazumal gerade so blutdürstig wie 1870 ; unsere Husaren 1792 aber gutmüthiger als heutzutage , wo der Pfarrer wohl nicht lebendig geblieben wäre. Am 30. August erreichten die Spitzen die Höhen von St. Mihiel, von wo aus man einen vollständigen Einblick in die Festung Verdun hatte. Unsere Husaren bemerkten von hier, daß der Feind, der sich keines Angriffs vermuthete, die Außenwerke nicht beſetzt hielt. Als man unsere Husaren vom Hauptwall aus bemerkte, feuerte man von da mehrere hundert Kanonenschüsse auf sie ab , ohne auch nur einen Mann zu treffen. Die Feldwachen installirten ſich ruhig auf den erreichten Höhen , während die Armee unweit ein Lager zwischen Fleury und Grand Bras bezog. Am 31. August ging ein Bataillon unseres Regiments
mit
zwei Füsilier-Bataillonen und einiger Artillerie auf einer bei Charny geschlagenen Pontonbrücke
auf das linke Ufer der Maas , um auch
von da die Stadt einzuſchließen. Zugleich sollten die Huſaren die Gegend von Clermont beobachten. Von dieser Seite wurde nun ein schwaches Bombardement auf die Stadt begonnen , die zwar dem ersten Parlamentär mit dem ge wöhnlichen franzöſiſchen Uebermuth gesagt hatte , man hoffe in der Bresche mit dem Bajonet sich zu vertheidigen, nun aber , nachdem vier
230
Häuser in Brand geschossen waren , nach 2 tägiger Belagerung kapi tulirte. Daß in dieser Zeit der republikaniſche Fanatismus noch keine hohen Wellen in der Republik schlug, beweist der Umstand, daß, als unsere Husaren am 2. September als Spitze der einrückenden Armee die Stadt besuchten, sie vielfach mit dem Rufe „vive le roi de prusse" empfangen wurden .
Erst nachdem später der Feld
zug sich zu Ungunsten der Alliirten wendete, regte sich in der ganzen franzöſiſchen Bevölkerung die Lust am Kriege. Der Feldmarschall Herzog von Braunschweig blieb 8 Tage vor Verdun stehen , eine Verzögerung , die den Truppen sehr lästig fiel und deren Grund nicht recht ersichtlich ist. Die neuere Geschichts forschung will wiſſen , daß der Feldmarschall dem ganzen Kriege ab hold war und ihn deshalb absichtlich lässig führte. trägt er die Schuld des folgenden Unglücks .
In diesem Fall
Wenigstens hatte in
diesen Tagen , wo bitterer Mangel und abscheuliches Wetter schon anfing, den preußischen Truppen den Krieg sehr fühlbar zu machen, eine Eskadron unseres Regiments wieder Gelegenheit, einen Huſaren streich auszuführen. Der uns schon von
der Schlacht von
Kunersdorf bekannte
Major v. Velten brachte in Erfahrung , daß ein feindliches Detache ment mit einer Kriegskaffe in St. Mihiel Nachtquartier nehmen würde. Da die Nacht dunkel war, kam er ungesehen bis an die Stadt, und weil die Franzosen nach ihrer alten Gewohnheit geringe oder gar keine Vorsichtsmaßregeln getroffen hatten, so schreckte ſie plötzlich das Klappern preußischer Pferdehufe und ein kräftiges Hurrah aus dem Schlafe. Die Ueberfallenen dachten an keinen Widerſtand , ſondern suchten eiligst einzeln zu entfliehen. Da aber die Thore von unseren Husaren natürlich sofort besetzt worden waren, und die erschreckten Einwohner auch vielfach Lichter an die Fenster setzten , ſo glückte es, einen Oberſt-Lieutenant, 3 Offiziere, 14 Unteroffiziere und 45 Mann gefangen zu nehmen. Die erbeutete Kriegskasse enthielt eine sehr bedeutende Summe von Aſſignaten, deren Werth damals noch nicht wie in der Folge so sehr gesunken war. Der glückliche Streich hatte unsererseits keinen Mann gekostet. Durch die oben erwähnte Zögerung der preußischen Armee bei Verdun hatten die französischen Heerhaufen unter Dumouriez, Dillon und Kellermann Zeit gehabt , im Argonner Wald , der damals schon an und für sich eine mächtige strategische Barriere darbot, sehr starke
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Stellungen zu beziehen , die in der Front gar nicht mehr angreifbar erschienen.
Der Herzog Ferdinand versuchte deshalb die Argonner
Pässe nördlich und südlich zu umgehen, um dem Feind in den Rücken zu kommen und dadurch ihn zu nöthigen , seine Stellung aufzugeben. Unser Regiment gehörte zur südlichen Kolonne und hatte das Glück, bei dem sonst nicht ereignißvollen Marsch dieser Armee einen bedeu tenden Brottransport , der von Clermont nach St. Menehould mar ſchirte, auſzuheben. Die Eskorte wehrte sich übrigens wacker und hielt muthig bei ihren Wagen aus. Nur wenige von den letzteren kamen aber davon, der bei weitem größte Theil ward genommen und eine große Anzahl Der Franzosen niedergehauen. 86 wurden außerdem gefangen. diesseitige Verlust war außerordentlich gering und beschränkte ſich auf zwei todte und einige blessirte Husaren ; außerdem war ein Husar gefangen worden. Die Bravour der rechten Kolonne, die halb aus Oesterreichern bestand, hatte die Franzosen aus der Linie an die Aire geworfen und sie gezwungen, sich bei St. Menehould an der Aisne rückwärts zu konzentriren . Auch von da wurden sie durch ein hißiges Gefecht am 18. September vertrieben, ſo daß sie bis Valmy zurück weichen mußten.
Bei diesem Gefecht wird unseres Regiments wohl
Erwähnung gethan, doch ist es leider nicht möglich gewesen, Details zu finden, die einigen Anhalt über seine Wirksamkeit zu geben im Stande wären. Nur die Memoiren des französischen maréchal de camp Money geben etwas Sicheres . Er sagt: „ Die preußischen Husaren kamen mit ihrer leichten Artillerie bald mit Dumouriez's Arrieregarde zuſammen und fingen eine Kanonade an. Dieser ganz unerwartete Angriff brachte die ganze Armee in Verwirrung ; die Infanterie verließ ihre Kanonen und lief in die Wälder, und viele von der Kavallerie flohen, so weit sie
ihre Pferde nur tragen wollten.
Der größte Theil vom 7.
Dragoner -Regiment hielt gar nicht an, bis fam 2c. 2c."
es nach Chalons
Dumouriez selbst sagte : ,,Es war keine Action, sondern eine Flucht von 10000 Mann vor 1500" . Am 20. September kam es denn zu der merkwürdigen Kanonade von Valmy, denkwürdig insofern, als wohl nie eine so große Menge Pulver in einer Schlacht mit auffallend geringem Erfolg verfeuert worden ist.
Ganz nach der Friedericianischen Taktik stand die alliirte
232 Armee in zwei Treffen , die Kavallerie auf beiden Flügeln. Unser Regiment stand auf dem äußersten linken Flügel, der Feind auf schroffen bewaldeten Höhen, die mit Batterien gespickt waren. Es fam zu
einer wahrhaft fürchterlichen Kanonade, und wohl mochte mancher Krieger denken, daß es nun zur gewaltigen Entscheidungs schlacht gekommen sei. Der Kampf beschränkte sich aber auf die Artillerie. Der Verlust der Franzosen belief sich auf 280 M. und dabei hatten die Alliirten 40000 Kanonenschuß gethan. Lettere verloren nur 5 Offiziere und 93 Mann, obgleich die französischen Batterien nicht weniger fleißig gefeuert hatten. Andere Nachrichten beziffern den Verlust auf beiden Seiten merkwürdigerweise auf das Doppelte. Die Franzosen zogen sich ein wenig zurück, so daß die große Straße nach Chalons in die Hände der Alliirten kam. Am fol= genden Tage ließ der Herzog von Braunschweig die Armee eine neue Stellung auf den Höhen von l'Hyron und der Valmyer Windmühle beziehen. Er erwartete und hoffte da von den Franzosen angegriffen zu werden, die sich aber wohl davor hüteten und sich selbst bis an die Zähne verschanzten. Die französische Stellung anzugreifen, fühlte sich der Herzog, wie er sagte, zu schwach -man hatte gehofft, der royalistische Dumouriez werde übergehen und sich mit den Alliirten vereinigen. Statt deſſen blieb das französische Heer der Pariser Schreckensherrschaft gehorsam . So glaubte sich der Herzog von Brauschweig , weil Hunger und Seuchen sein Heer zu vernichten drohten, nach einigen unthätig hingebrachten Tagen zu einem Rückzug entschließen zu müſſen , der höchst verhängnißvoll ward.
Er erschien ganz Europa um so unbe
greiflicher, als bis dahin die Franzosen stets vor den Preußen ge flohen waren wie eine Schafheerde. Die Noth und das Elend bei den preußischen Truppen überstieg aber alles Maß .
Es kam dies
zum großen Theil daher, weil man sich gar nicht zu dem Requisi tionssystem entschließen konnte, das die Franzosen im eigenen Lande auszuüben ſich nicht scheuten.
Die Wege der Champagne waren aber
ſo grundlos, daß die Proviantkolonnen aus den weitentfernten Ma gazinen Nichts heranschaffen konnten. Ein Augenzeuge erzählt von der traurigen Lage der preußischen Truppen Folgendes : Sie starben in großer Menge an der rothen Ruhr, die Pferde fielen aus Mangel an Fütterung um. Das Brod war so theuer, daß für eins ein Louisd'or bezahlt wurde.
Brod und Zucker schickte
233 der französische General Dillon seiner königlich preußischen Majestät auf die Tafel. Selbstverständlich litt auch unser Regiment entsetzlich von dieſem Mangel. Die einzige handschriftliche Aufzeichnung aus dieſen Tagen, die von einem ehemaligen Mitglied des Regiments , nachmaligen Major v. Kuilenstjerna vorliegt, erzählt einige haarsträubende Details von den damaligen Zuständen.
Der würdige Veteran hat sie aller
dings nur von Hörensagen in Erfahrung gebracht, da
er erst im
Anfang des folgenden Jahres zum Regiment kam. So sollen allein in Verdun 5000, in Grand pré 8000 Ruhrkranke gewesen sein. Ein Brief aus jener Zeit sagt von dem Rückzug der preußischen Truppen : "1 Die Straße, auf der sie sich zurückziehen, ist mit todten Menschen und Pferden bedeckt, haben,
das Lager, welches sie verlassen
gleicht einem ungcheuren Kirchhofe.
Wir fanden daselbst
über 300 Pferde, die halb gegessen waren, unzählige Menschen lagen halb eingescharrt 2. 2.
Der Rittmeister v. Eichstädt und
Lieutenant v. Höfert des Regiments starben auch an der Ruhr ; Oberst v. Luck und Lieutenant Lange verließen erkrankt das Regiment, kamen nicht wieder zu Kräften und mußten den Dienst quittiren . Der Kornet v. Sohr, der am 21. September durch eine Kara binerkugel stark an der Lende gestreift war, verließ trotz der nicht unbedeutenden Wunde das Regiment nicht und machte den ganzen fürchterlichen Rückzug mit,
ohne sich je dem Dienste zu entziehen.
Es war das ein entschiedenes Heldenstück, wofür er schon im nächsten Frühjahr, kaum 18 Jahre alt, zum Lieutenant avancirte und Regimentsadjutant wurde. Dazu wollte es das Unglück, daß ein ewig strömender Regen die kalkigen Wege der Champagne bodenlos machte und daß man in Folge des nachdringenden Feindes fast immer bivouatirte. Was das sagen wollte, kann man ermessen , wenn man bedenkt, daß die In fanterie damals noch nicht einmal Mäntel hatte. Nach ungeheuern Verlusten durch Hunger und Krankheit, nach sehr geringen durch * Schwert und Kugel, erreichten die preußischen Truppen den Rhein, wo sie am rechten Ufer Quartier bezogen, um sich wieder zu erholen . Dieser Rückzug entflammte erst das französische Volk, dieſelben Bauern, welche beim Vormarsch die weiße Kokarde getragen hatten, griffen zu den Waffen und mordeten pour la gloire de la patrie einzelne Nachzügler und Versprengte.
234 Mainz, Speier, Frankfurt wurde von den Franzosen durch Handstreich genommen und der erste Feldzug nahm in den Nieder landen sowohl als in Italien, die ganze Rheinlinie entlang für die Alliirten das allerkläglichste Ende. Unser Regiment nahm an der Lahn Stellung und gewann sofort wieder Fühlung mit dem Feinde . Der König schrieb unter dent 11. November aus dem Hauptquartier Montabaur an den Oberst-Lieutenant v. L'Estocq, welcher die Vor posten kommandirte : „ Mein lieber Oberst-Lieutenant v. L'Estocq . Ich habe Euern gestrigen Rapport wohl erhalten und mit Wohlgefallen daraus ersehen, daß der Lieutenant v . Warburg bei
einer gegen Neustadt gemachten Patrouille viel Entſchloſſenheit ge zeigt und wirklich einen weit stärkeren Posten zerstreuet, auch dabei 5 Gefangene gemacht und 6 Pferde erbeutet hat. Ihr könnt ihm dieses anrechnen und von Meinetwegen hinzufügen, daß ich mich seines Wohlverhaltens gelegentlichst erinnern werde" .
B.
Feldzug 1793.
Ende Januar 1793 war das Haupt Ludwigs XVI. gefallen und die Schreckenszeit des republikanischen Konvents zu Paris gab Europa ein nie an Widerlichkeit und Schauspiel.
Scheußlichkeit übertroffenes
Die verbündeten Heere hätten in dem vergangenen Jahre mit leichter Mühe nach Paris marſchiren und den armen König retten können. Mangel und Krankheit, sowie Unentschlossenheit der Führung und gegenseitiges Mißtrauen scheuchten sie zurück, jetzt war der König gemordet; der Krieg schien keinen Zweck mehr zu haben, und wie in banger Lethargie befangen , standen die alliirten Armeen an den Grenzen Hollands bis zum Elsaß. Wenn es irgend eine Macht mit dem Kriege ehrlich meinte , so war es Preußen und sein König. Aber schon jetzt im Anfang des Jahres 1793 wurde die Hal tung Desterreichs immer zweideutiger. jene feilen Intriguen mit Rußland ,
Der Minister Thugut spann welche Preußen die polnischen
Beſigungen entreißen sollten und das Haus Habsburg bewies von Neuem seine Theorien : „ von seinen Bundesgenossen Alles zu ver langen, um sie dann zu verrathen . " Der Blick auf dieſe politischen Verhältniſſe iſt nicht müßig —er allein erklärtdie ſchlaffe, zaudernde Leitung der verbündeten Armeen, die sich gegenseitig nicht trauten und arg
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235
―――――
wöhnisch beobachteten und so die Fanfaronade jenes zuſammengelau fenen Revolutionsgesindels : es habe die Koalition von halb Europa besiegt, die Welt indirekt glauben machten.
Glücklicherweise ahnten
die braven Truppen des preußischen Hülfskorps nichts von dem heil losen Spiel, das mit ihrem König und Vaterlande getrieben wurde. Wohl war manchem alten Soldaten der langsame Poſitionskrieg, die oft wochenlange Unthätigkeit ein Räthsel.
Wo aber die franzöſiſchen
Truppen mit den Preußen zusammenkamen , da schlugen diese um so herzhafter zu, und es ist kaum ein Gefecht in dieser unglücklichen Rheincampagne geschlagen worden , wo die Franzosen , wenn sie die Preußen zu Gegnern hatten , nicht den Kürzeren gezogen hätten. Eine Ehrensache war es zunächſt, das so schimpflich gefallene Mainz wieder zu erobern.
Preußen unterzog sich dieser langwierigen und
undankbaren Aufgabe.
Ein starkes Korps fing die Festung im Ja
muar zu belagern an, während der Rest der preußischen Truppen ſich westlich vorschob, um das Belagerungskorps zu decken . Diese Armee hieß die Observationsarmee und zerfiel in die Korps des Prinzen von Hohenlohe und des Herzogs von Braun schweig. Die Feindseligkeiten gegen die Franzosen eröffnete der König in eigener Person, indem er als Einleitung zur Blokade von Mainz mit einer Kolonne von
etwa 3000-4000 Mann die Franzosen,
welche in etwa gleicher Stärke bei Hochheim in der Nähe von Mainz standen, zu vertreiben suchte. Unser Regiment nahm an dieser winterlichen Expedition Theil. Sein jetziger Kommandeur war nach der Verabschiedung des alten Oberst Lenz der bisher im Göcking'schen Husaren-Regiment gestandene Oberst von Malachowsky . Er wurde Kommandeur des unsrigen am 14. Januar 1793 . Der Name Hochheim wird jeden Deutschen an Weinberge denken Lassen und in der That war das Terrain , in welchem die Aktion vor sich ging , durch dieselben so coupirt und ungangbar , daß bei Weitem das Meiſte die Infanterie dabei zu leiſten hatte.
Dieſelbe
rückte auch mit einem wirklich ungestümen Muthe vor und die fran zösischen Freiheitshelden flohen , wie weiland ihre königliche Armee Sie ließen 100 Todte und 12 Kanonen zurück. Un
bei Roßbach.
sere Husaren, die sich so viel wie möglich à portée gehalten hatten, konnten auf den engen Straßen die Verfolgung
nicht so betreiben,
wie es wohl wünschenswerth gewesen wäre , eine Anzahl Gefangene
236 brachten sie aber doch ein.
Wie sehr damals schon die französischen
Berichte lügenhaft zu ſein pflegten, beweist ein Vermerk zu der kurz und trocken gehaltenen preußischen Relation . Es heißt da: ,,Vermuthlich werden wir in Kurzem einen französischen Roman erscheinen sehen , in welchem die Franzosen am 6. Januar einen vollkommenen Sieg erfochten haben, und dadurch allen Monarchien von Europa mit einem Streich den Garaus machen. Diese Art zu erzählen, ist man an ihnen nun schon gewohnt ". 2c. 2c. Nach diesem Rencontre gab es dann wieder für unser Regiment eine lange Ruhe, wenn man ein vielfaches Umherschieben, lang aus gedehnte Kordonstellungen, viel Vorpostendienst und wenig thatsächliche Kriegsereignisse Ruhe nennen will . in seinen Erinnerungen :
Der General von Minutoli sagt
,,Es verging kaum ein Tag, wo die Vorposten nicht mit ein ander scharmutirten. Entweder neckten sich die beiderseitigen Ve detten, oder es refognoszirte der eine oder andere Theil des an dern, bei welcher Gelegenheit sich alsdann mehrere Posten zu vereinigen pflegten, bis endlich die gegenseitigen Feldwachen selbst ausrückten ; wenn es hernach zwischen beiden Parteien zum Kampf kam, wurden sie beiderseits durch die dahinter stehenden Truppen unterstützt ; Gefechte , die leider keinen Erfolg hatten , als daß sie die in ihren Stellungen Ruhe suchenden Truppen unnöthiger Weiſe allarmirten, und so manchem Braven unter ihnen das Leben koſteten. “ Bald darauf wurde eine Eskadron dem Streifforps Sczekuly zugetheilt. Die Zusammensetzung dieser Streifforps, deren es mehrere gab, war eine ganz founderbare. Man setzte Kompagnien und Eskadrons aus Kommandirten von 5-10 Regimentern zuſammen . Der Grund läßt sich heute nicht mehr einsehen ; man müßte denn annehmen, daß man nur die allertüchtigsten Leute dazu brauchen zu können geglaubt und somit eine Art Elitetruppen formirt habe. Man mag bei der Creirung dieser Streifforps wohl an die löwenkühnen Züge eines Oberst Meier, des 7jährigen Krieg gedacht haben.
grünen Kleist 2c.
im
Jedenfalls wußte man diese Par
teien jetzt nicht mehr in gleichem Grade zu verwenden, höchstens, daß man ihnen einmal eine
exponirte
Stellung zu vertheidigen
gab.
Im Uebrigen dienten sie der Armee als Avantgarde oder als Seiten detachements. Der erste Schlag , den Sczekuly gegen die Franzosen führte, gelang übrigens vollkommen.
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237
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Nach heftigem Sturm nahm er das feste Schloß Stromberg (einige Meilen westlich des Rheins ) mit Sturm und bewies dabei so viel Geschick, als seine Truppen Bravour. Leider sprechen die Relationen so allgemein, daß sich nicht erkennen läßt , welchen An theil speziell unsere Huſaren an diesem und den folgenden Gefech ten des Streifforps gehabt haben.
Um daher der Hypothese nicht
allzuviel zu überlassen, genüge die einfache Erwähnung derselben. Der französische Feldherr Custine war übrigens nicht gesonnen, Stromberg den Preußen zu überlassen, besonders, da das Gros der Armee den Rhein noch nicht paſſirt hatte.
So fiel am 20. März
Stromberg nach ruhmvollster Vertheidigung wieder in französische Gewalt und als Prinz Hohenlohe den 26. März bei Bacharach über den Strom ging, konnte er dem Oberst Sczeculy keinen Entsatz mehr bringen. An demselben Tage gingen auch die anderen Eskadrons unseres Regiments auf das linke Ufer über . Der General Eben führte außer ihnen noch einige Bataillone Infanterie und hatte somit ein ähnliches Detachement unter seinem Kommando wie der Oberst Sczeculy.
Das Wetter war in diesen
Tagen den Operationen nichts weniger als günstig.
Ein unaufhör
liches Schlackerwetter machte die Wege ungangbar und erst den Rhein im Rücken schien alles Ungemach der vorjährigen Kampagne wieder loszubrechen. Am 27. März kam es dabei zu einem hißigen Gefecht, an dem Am 29. stürzte sich unser Regiment aber keinen Antheil hatte. Sczeculy auf die Arrieregarde des Feindes und jagte sie bis Alzey. Das Detachement des Generals Eben folgte ihm als Unter ſtützung und besetzte Alzey als Soutien , während Sczeculy nach Worms und Guntershausen vorrückte . Die folgende Tage brachten noch verschiedene kleinere Gefechte, die aber im Grunde ohne nennenswerthes Resultat verliefen. Die Kriegführung der Franzosen war eben so planlos, wie die der Ver bündeten langsam und zaudernd geworden war.
Hier und da stießen
einzelne Haufen Frankreicher (wie damals unſere Nachbarn genannt wurden) , von einzelnen Konvents - Deputirten getrieben, vor ; kam es dann zum Gefecht, so war meist eilige Flucht das Resultat.
Ganz
unbegreiflich bleibt es , daß die österreichische Politik trog der offen baren Schwäche des Gegners sich auch nicht im Mindeſten zu einem loyalen „ Vorwärts " entschließen konnte , sondern nur die Winkelzüge eines engherzigen Kabinetsintereſſes festhielt.
238 So glaubte denn ganz Europa die verbündeten Heere beſiegt, wo sie nur durch den österreichiſchen Minister Thugut an ihre Stelle gebannt waren; leider ergossen sich nur zu viele deutſche Schriftsteller in efeln Lobpreisungen des großen republikanischen Heeres , und in dieser ganzen trostlosen Zeit ist das wohl die beklagenswertheſte Er ſcheinung. Am 30. März geſchah ein ziemlich planloſer Vorſtoß der Franzosen mit 6000 Mann , 20 Kanonen. Das Gefecht engagirte sich bei Oberflörsheim unweit Alzey.
Da dem General v . Eben
bei dieser Gelegenheit vorgeworfen wird , nicht mit ſeinen Truppen rechtzeitig eingetroffen zu sein, so möge hier ohne weitere Beleuchtung der offizielle Bericht , der auf unser Regiment Bezug hat, folgen. Es heißt an dieser Stelle : ,,Als General-Lieutenant v. Eben das Kanoniren auf der rechten Flanke des Feindes wahrnahm , ging er mit seinem Regi ment, dem Bataillon Golz und einer Kanone der Batterie Lange rechter Hand durch das Dorf Guttenheim und über die Anhöhe, von welcher früh der Herzog den Feind rekognoszirt hatte , um die linke Flanke des Feindes zu gewinnen.
Als er auf die An
höhe kam , war der Feind schon von Diebesheim abgezogen und retirirte nach Ober-Flörsheim .
Der General-Lieutenant verfolgte
ihn so geschwind als möglich.
Der Feind schoß einige Male auf
die Avantgarde und setzte sich auf den Höhen hinter Oberflörsheim. Die einbrechende Nacht verhinderte den General, etwas Weiteres zu unternehmen , und dies war eine der wesentlichsten Ursachen, warum der Angriff gegen den rechten Flügel des Feindes keinen bessern Fortgang hatte , weil der Herzog darauf gerechnet hatte, daß der Angriff des General-Lieutenant v. Eben mit den Seinigen zu gleicher Zeit geschehen würde.
Dieser aber erfolgte , als jener
schon beinahe geschehen war." Jedenfalls zogen sich die Franzosen nach argen Verluſten zurück, und Mainz wurde nun auch vom linken Ufer des Rheins blokirt. In diesen Tagen fiel der oft genannte Velten bei einer Re fognoszirung .
Der im Jahre 1793 in das Regiment eingetretene, später zum Rittmeister avancirte und als Grenzkontroleur verstorbene Herr v. Kuylenſtjerna erwähnt in seinen lakonischen Erinnerungsblättern nichts Näheres über diesen traurigen Vorfall, nur daß eine Gewehr kugel dem Leben des Helden ein Ende machte.
239 So fiel einer der letzten Veteranen , die noch als Offiziere den ſiebenjährigen Krieg mitgemacht hatten , hier durch eine verflogene Kugel eines sansculotten . Das Regiment hatte aber nicht die Bestimmung, Mainz blokiren zu helfen, sondern gehörte , wie bisher , zur Feldarmee. Es wurde speziell dem Hohenlohe'schen Korps zugetheilt und erhielt in der an genommenen Kordonſtellung den äußersten linken Flügel zugewieſen, wo es mit dem österreichischen General Wurmser Fühlung zu halten hatte. So stand das Regiment am 4. April in Türkheim und Franken thal, also in links rückwärts gebogener Stellung . Wesentlichen einige Tage dieselbe bis Mitte April.
Sie blieb im In dieser Zeit
ſei als Kuriosum erwähnt, daß das Regiment ein feindliches Huſaren Korps gegen sich hatte , das den hochtönenden Namen corp de la liberté sich beizulegen für gut befunden hatte.
Wie unterwühlt da
mals alle Verhältniſſe der franzöſiſchen Armee waren , wie sehr der moralische Zustand verächtlich war , geht daraus hervor , daß der General Dumouriez mit seinem Heere sich mit den Alliirten ver einigen und auf Paris marschiren wollte.
Als der Plan ihm miß
glückte, desertirte er mit einigen seiner Offiziere zu den Oeſterreichern. Mitte April wurde unser Regiment dem Korps des Herzogs von Braun schweig zugetheilt und brach auf, um die Gegend zwischen Neustadt und Landshut zu decken. Das Hohenlohe'sche Korps hielt die Stel lung von Kaiserslautern.
Edighofen war Alarmplag aller Truppen,
und das dortige Terrain war zur Annahme einer Schlacht her gerichtet. Er schreibt ziemlich Südlich von Landau stand Wurmser. charakteristisch : „ Es ist nicht zu leugnen, daß die Poſition der Obſervations Armee sehr ausgedehnt ist , indem sie 24 Stunden beträgt.
Allein
die Schwäche des Feindes sowohl in der Anzahl als in der Be schaffenheit seiner Truppen und des Terrains rechtfertigen dieſe Aus dehnung ." Also so stark fühlte man sich und sann nur darauf, sich zu ver theidigen? Der Positionsfrieg nahm dann auch wieder seinen Anfang ; man stand sich monatelang gegenüber, ohne irgend etwas Anderes zu thun, als durch kleine Gefechte sich gegenseitig zu alarmiren. Ein weiterer Beweis, wie es in der französischen Armee stand , war der, daß in dem Zeitraum von 14 Tagen in Edighofen allein gegen 600
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240
Deserteure und dienstscheue Konskribirte ankamen .
Ende Juni ge
schah wieder eine größere Verschiebung der preußischen Truppen. Unser Regiment wurde wieder dem Korps des Prinzen Hohenlohe zugetheilt und kam von dem äußersten linken Flügel der preußischen Poſition nach dem äußersten rechten. Es wurde in eine Menge Ort ſchaften vertheilt, z. B. Steinweiler, Münchweiler, Ober- und Nieder Mohr 2c. und hatte mit der Nordarmee der Oesterreicher Verbindung zu halten. So verging wieder beinahe ein voller Monat. Von Holland bis zu den Alpen schlug man sich, ohne daß es unserem Regiment vergönnt gewesen wäre, besondere Lorbeeren zu pflücken. Von den vielen Scharmützeln , die unser Regiment hier zu bestehen hatte, sei eine kühne Patrouille des Lieutenant v . Sohr erwähnt, welche wir in der Biographie des nachmals so berühmten Mannes (Major v. Beißke) vorfinden. Es heißt da : ,,Er war mit 20 Pferden in der Nacht vom 25. Juli als Patrouille von Baumholder nach Kusel abgesandt worden, um die Gewißheit des Abmarsches der feindlichen Armee zu erkunden. Er hatte seinen Auftrag noch vom Feinde besetzt sei,
ausgerichtet und entdeckt, als
daß Kusel
es einem Theil der feindlichen.
Arrieregarde in der Stärke von 1500 Mann Kavallerie und In fanterie, bei Anbruch des Tages von Blabach kommend , in dem bergigen und durchschnittenen Terrain gelungen war, ſich bei Diſtel kopf in seinen Rücken zu schieben. Ohne sich nur zu besinnen, erkämpfte er sich mit dem Säbel in der Faust den Durchgang mitten durch den Feind und kam ohne den Verlust eines Pferdes wieder bei seiner Eskadron an. “ Erst das Ende des Jahres sollte unseren Husaren wieder neuen Ruhm bringen.
Am 23. Juli fiel endlich Mainz und die gerade in
den letzten Tagen geplante Offensivbewegung ihrer Feldarmee hatte nun keine Aussicht auf Erfolg mehr. Ohne nennenswerthen Kampf begaben sie sich auf den Rück zug, auf welchem ihn unser Regiment diesmal erfolgreich verfolgen fonnte. Das erste Bataillon unter Führung des Chefs des Regiments stieß zu Sczeculy, das zweite Bataillon unter Malachowsky verstärkte das Detachement des Oberst v. Köhler.
Beide Detachements hatten die Absicht , die starke Arrieregarde des Feindes konzentrisch anzugreifen und zu vernichten ; der Plan wurde so kühn und schnell ins Werk gesezt, daß er vollkommen ge=
241 lang.
P
Es war am 13. August bei Limbach, wo dieses glänzende
Gefecht geschlagen wurde.
Sczeculy's Infanterie wurde zuerst mit
dem Feind handgemein, eroberte mit großem Ungeſtüm mehrere öst lich der Bließ gelegene Redouten. Der Feind floh in hastiger Eile aus seinen Verschanzungen, aus denen er seine Geschütze fortzuschleppen sich bemühte. Diesen Moment benußte der General Eben sehr geschickt. Durch die Intervalle der
eroberten Schanzen führte er seine Husaren im
Galopp und stürzte sich auf den Feind, der in aller Eile dem nahen Dorfe Limbach zufloh. Die letzten Flüchtlinge gelang es noch zu erreichen und ebenso zwei Kanonen zu erobern.
In Limbach hielt der Feind sich nicht
lange; wohl aber auf den dahinter liegenden Höhen. Das erste Bataillon hatte nun das schwierige Defilee einer Brücke über die Bließ und dann die Dorfstraße von Limbach zu pas siren.
Unverzüglich trabten die Schwadronen durch.
Kaum aber
auf dem jenseitigen Plateaurande angekommen, wurden sie mit großer Es war Bravour von zahlreicher feindlicher Kavallerie attackirt. kaum Zeit gewesen , um aufzumarschiren, und das Bataillon hatte einen harten Stand .
Die offizielle Relation enthält Folgendes :
,,Das erste Bataillon von Eben warf gleich nach seinem Uebergange über die Bließ den größten Theil der feindlichen Ka vallerie, nahm die Batterie des Feindes in den Rücken, welche nur durch die überlegene Zahl der Kavallerie noch gerettet wurde. Der General-Lieutenant von Eben verlor hierbei ein Pferd, ſo wie der Major von Marwitz, der schwer verwundet ist. Der Lieutenant von Fink wurde in der Melée gefangen, welches bei dem etc. etc."
entsetzlichen Staube wohl geschehen konnte
Die nachgerückte preußische Infanterie nahm dann das Gefecht wieder auf, kräftigst unterstützt von dem Detachement des Oberst Köhler. Das zweite Bataillon des Regiments überschritt bei Nie derbetschbach die Bließ und ging durch Waldwege, Kirchel_links_laſ send, gegen Neuhäusel vor. Die andern Truppen folgten, und so stand das Detachement in des Feindes linker Flanke .
Auf dieser Seite brachen unsere Husaren erfolgreich in die franzöſiſche Infan terie ein, hieben sie nieder und jagten den Rest bis St. Ingbert. Sie hatten hier einen leichteren Stand, als ihre Kameraden vom 1. Bataillon. Die Relation sagt dann: v. Arbenne, Zietenfches Hus.-Regt.
16
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„Ohnerachtet der Feind von Anfang , besonders seine Kaval lerie, rühmlich Stand hielt, so wurde doch zuletzt die Deroute complett.
Alle Arten von Truppen waren melirt und nur die
Dicke des Waldes und die Unmöglichkeit mit der ermüdeten In fanterie noch etwas zu unternehmen, rettete vom Feinde mehrere hundert Versprengte, die in der Nacht noch entliefen. mezel, so unsere Husaren gemacht, wenig Pardon gegeben worden.
Das Ge
war entseßlich und es ist sehr
Selbst von den Gefangenen sind
schon verschiedene schwer Blessirte gestorben. Ohne etwas zu über treiben, will ich den feindlichen Verlust an Todten und Verwun deten auf 500 Mann angeben,
ohnerachtet von mehreren Seiten
ein solcher weit höher angegeben wird. “ Sehr schmerzlich für das Regiment war der Verlust des Gene ral-Lieutenant v . Eben , der von einer Kanonenkugel , die ihm auch sein Pferd zerschmetterte, so stark kontusionirt wurde , daß er zu fer nerem Dienste untauglich blieb. Er ging zunächst zu seiner Heilung nach Berlin, wo er bis 1795 blieb. In diesem Jahre erhielt er den Abschied , ging auf seine Güter in Schlesien und starb im Jahre 1805.
Er hinterließ
im Regiment einen Sohn, der sich anno 1793 und 1794 auszeich= nete und den Orden pour le mérite erhielt, furz nach der Affaire von Limbach schwer blessirt wurde, den Abschied nahm und 1803 in englische Dienste trat.
Ueber die Eskadron des blessirten Major v. d . Marwitz erzählt der oben erwähnte Kuylenstjerna noch Folgendes :
" Der Major v. d. Marwig wurde beim Einhauen auf die feindliche Kavallerie schwer bleſſirt durch mehrere Säbelhiebe, sein Pferd durch Kugeln liegen kam.
getödtet ,
wobei
er
unter
das Pferd
zu
Deſſenungeachtet vertheidigte er sich gegen die ihn
umringenden Feinde aufs Heldenmüthigste, seine Eskadron, die zuerſt geworfen war, vermißte ihn, sammelte sich, warf den Feind und befreite auf diese Weise ihren braven Chef. Hier wurde der Sekonde-Lieutenant Baron v. Fink in Folge der Unthätigkeit seines Pferdes gefangen". Dieser Grund scheint stichhaltiger als der oben angeführte. Der Feind war übrigens 5000 Mann Infanterie, 4 Regimenter Kavallerie, 30 Kanonen stark geweſen, jedenfalls zahlreicher als die preußischen Truppen.
Am Abend des ruhmreichen Tages stand das
2. Bataillon bei Schwarzenacker, das 1. bei Erbach, und wahrſchein
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243
lich wird der dortige leichte gute Wein nach dem Staube und der Hiße des Tages den durftigen Husarenkehlen wohl gethan haben. Eine weitere Verfolgung fand leider nicht statt, sondern es wurde wieder eine Position bezogen. Kommandeur des Regiments wurde nach
dieser
Affaire der
Oberst v. Malachowsky, während der Oberst - Lieutenant v . l'Estocq das 2. Bataillon erhielt. Die nächste Zeit nach dem glänzenden Siege verstrich wieder in nutzlosem Battailliren.
Man kämpfte längs des Rheins in einer
Ausdehnung von 50 Meilen, die alliirten Truppen schlugen sich fast immer vortrefflich,
allein ein gemeinsames Vorgehen,
eine höhere
Auffassung des allgemeinen Kriegszweckes ließ die österreichische Po litik nicht zu . Von Zeit zu Zeit, wenn der Feind unthätig blieb, versuchte man eine kleinere Unternehmung. So wollte der Herzog von Braunschweig am 16. August den Feind bei Felsenbrunn an greifen , der Prinz von Hohenlohe sollte gleichzeitig dasselbe bei Hornbach thun.
Unser Regiment hatte die Avantgarde des Herzogs.
In stillem Nachtmarsch ging es auf Zweibrücken, wo zuvörderst der Sammelplatz beider Korps sein sollte. Den 17. August früh 3 Uhr nahmen die Truppen eine Position auf dem Kreuzberge.
Der Prinz
Hohenlohe benutte von da mehrere Kavallerie-Regimenter, darunter das unsrige, um den Feind zu rekognosziren . Bubenhäuser Berge vor, und warf sie zurück.
Man ging gegen die
traf dort auf die französischen Vorposten
Allzuviel hatte die Rekognoszirung nicht klar
gelegt. Am 18. wurde deshalb der Obrist v. L'Estocq mit einigen Eskadrons des Regiments nach Bierbach vorgeschickt ; von da spürte er die Franzosen bei Bliescaſtel auf, welche das sehr günstige Terrain mit dem starken Schloß zu einer festungsähnlichen Position umge schaffen hatten.
Dort wollte man die Franzosen nicht angreifen ;
das ganze Unternehmen fiel ins Wasser und die alten Positionen wurden wieder bezogen.
Bei diesem Hin- und Herziehen, dem Ver
meiden ernster Entscheidung, den kleinlichen Kriegszwecken, die höchstens auf die Belagerung einer Festung oder auf einen kleinen Ueberfall hinzielten, wird man unwillkürlich an die kläglichen Manövers erinnert, die in derselben Gegend 120 Jahre vorher ein Bourdonville und Montecuculi ausgeführt hatten.
Hier wie dort triumphirte über den
tapferen schlecht geleiteten Gegner das übermüthige Frankreich, da mals beherrscht von einem jeſuitiſch denkenden König, in diesen Zeiten repräsentirt durch
wüste Haufen von sansculotten.
Während auf 16*
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244
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der Seite der Alliirten Alles nur an strikte Defensive denken durfte, daß man die Vorposten sogar durch Blockhäuser verstärkte, brach jezt in ganz Frankreich die nationale Begeisterung lavaartig durch. Die Levée en masse war keine Phrase mehr. 48 Stunden lang läu teten im ganzen weiten Lande die Sturmglocken, und der Befehl des Nationalconvents, daß alle Männer vom 16. bis 45. Jahre zur Fahne eilen sollteu, fand überall wenigstens stummen Gehorsam. Lethargisch sah man deutscherseits dem Allen zu. In Rohrbach, dicht vor der Vorpostenkette, organisirten sich die franzöſiſchen Senſen männer unter den Augen ihrer Konventsdeputirten sie wurden nicht gestört.
Und dabei hausten die Franzosen in der armen Pfalz
und dem Rheinthale, daß es ein Jammer war und endlich der Herzog von Braunschweig beschloß, auch ohne Mitwirkung der Desterreicher so viel deutsches Land von diesen Unholden zu befreien als nur irgend möglich. Mit ganz wunderbarer Energie, Freudigkeit und Bravour fochten bei den nun folgenden Gefechten die preußischen Truppen und bewiesen von Neuem , welcher Großthaten sie fähig gewesen wären, hätten die politischen Verhältnisse nur günstiger gelegen.
So kam es
denn am 14. September zu einem größeren Gefechte, bei dem unsere Husaren wohl zugegen waren, allein des schwierigen Terrains wegen nicht zur Attake kamen. Daher seien nur die Schlußworte des Ge fechtsberichtes angeführt, sie lauten : „ Die Unordnung des Feindes ist kaum zu beschreiben, und ſie würde von der allerentscheidenſten Folge gewesen sein, wenn die entsetzlichen Abgründe, wo alle Brücken abgeworfen waren, nicht unser weiteres Vordringen unmöglich gemacht hätten". Am 26. war auch wieder ein Gefecht.
Unser Regiment nahm
aus den oben angeführten Gründen keinen thätigen Antheil. Relation sagt aber wieder am Schluß :
Die
„ Der Feind besann sich nicht lange, sondern floh auf Frauen burg und verließ so auf die unanständigste Weise einen Posten, welcher der Schlüssel aller seiner Stellungen war ". Man sieht, im Durchschnitt waren die Franzosen noch keine Helden. Diesmal flohen ſie bis Bitſch. Am 29. September reiste Se . Majestät der König nach Preu Ben, da wie bekannt, die polnischen Provinzen nicht ohne Zuthun des österreichischen Miniſters Thugut revoltirt hatten. Die Franzosen griffen deshalb die preußischen Linien sofort nach Abreise des Mo narchen an, wurden aber leicht zurückgeschlagen. Ihr fluchtartiger
245 Rückzug ging
auf Saargmünd,
und das zweite Bataillon unſeres
Regiments fand diesmal Gelegenheit auf der Verfolgung einige Ge fangene einzubringen. Um die Desterreicher unter dem General Wurmser, der bei Weißenburg die berühmten franzöſiſchen Schanzen reihen genommen hatte , in der Behauptung derselben indirekt zu unterstützen, beschloß der Herzog von Braunschweig nunmehr die Franzosen bei Bitsch anzugreifen. Unser Regiment hatte die Avant garde eines Detachements , das den Feind umgehen sollte. Der Lieutenant v. Warburg hatte dabei das Glück und Geſchick mit einer starken Patrouille einen feindlichen Posten von 200 Mann beim so= genannten "1runden Kopf" unvermuthet zu attakiren und gänzlich aus einander zu jagen.
Dann wurde der Feind von der preußischen In
fanterie im Rücken angegriffen und schmählich geworfen.
Er floh in
wildem Schrecken, sein Lager bei Aspelscheid ward verbrannt, aber das Ende vom Liede war, daß die alten Stellungen wieder bezogen wurden. Natürlich bekamen die Franzosen wieder Muth und griffen am 14. und 23. Oktober mit gallischem Ungeſtüm an.
Sie
holten sich freilich dabei nur blutige Köpfe, was war aber bei alle dem für die Alliirten gewonnen ? November.
Ereignissen für dies Jahr so.
So verstrich die Zeit bis Mitte
Man glaubte, die rauhe Jahreszeit würde den kriegeriſchen ein Ende machen,
allein dem war nicht
Die Franzosen hatten es sich in den Kopf gesetzt das belagerte
Landau zu entsetzen.
Sie nahmen die Position von Bliescastel den
preußischen Vortruppen wieder ab, und kaum fand der Herzog von Braunschweig so viel Zeit, die Armee in einer guten Stellung von Kaiserslautern zu versammeln, als auch die Franzosen mit wildem Ruf ,,Landau ou la mort" herangestürmt kamen .
In geringer
Zahl und in tiefer Mißstimmung über die ganzen leidigen Zeitläufte hielt wie bekannt die preußische Armee den wüthenden Ansturm der betrunkenen Jacobiner mit
wahrhaft heroischem Muthe
aus
und
schlug ihn blutig ab. Der irische Historiker O'Cahill ſagt, Franzosen und Preußen hätten in diesem 2tägigen Gemetel mit der bewun derungswürdigsten Tapferkeit gefochten, die Franzosen seien besonders am 2ten Tage (29. November) wie die Rasenden ins Feuer gelaufen, die Menge ihrer eigenen Todten habe sie endlich am weitern Vor gehen verhindert, 12000 feien allein an diesem Tage gefallen.
Das
Regiment Kalkstein hatte 17 Minuten lang Schnellfeuer abgegeben. Beitzke erzählt hierbei Folgendes :
246
"1 Am ersten Schlachttage befanden sich 3 Schwadronen des Regiments , bei dem auch Sohr ,
auf dem rechten Flügel der
Schlachtordnung bei dem Flecken Otterberg hinter einem Grunde, der später in die Lauter ausgeht.
Die Truppen standen hier bis
Mittag abwechselnd im heftigsten Kanonen- und Granatfeuer, und das Plänkeln mit dem Feinde hörte nicht auf.
Gegen Mittag
wurden die 3 Schwadronen mehr links gezogen, um zur Vertrei bung des Feindes aus dem Dorfe Erlebach auf dem rechten Flügel der preußischen Hauptſtellung mitzuwirken. Sohr führte hier, wie schon seit einiger Zeit, mehrmals die Avantgarde. Die 3 Schwa dronen führten hier eine glänzende Attake aus .
Der Feind verließ
das Dorf, wurde auf seiner Flucht theils niedergehauen, theils zu Gefangenen gemacht, und auch Sohr hatte hier Gelegenheit, einen Musketier, der in geringer Entfernung nach ihm schoß, todt nie derzustrecken.
Kaum hatten sich die 3 Schwadronen auf der Höhe
östlich von Erlebach gesammelt, als sie von einem feindlichen Chasseur = Regiment angegriffen wurden. Sogleich hieben sie in dasselbe ein und warfen es mit großem Verlust weit in den Otter bacher Grund hinab.
Nach dieser zweiten sehr glücklichen Attake
mußten sie jedoch auf ihren Rückzug bedacht sein ,
da der Feind
vom Osterberge her ein mörderisches Kanonen- und Kartätſchfeuer auf sie richtete und mit frischen Kräften vordrang. Noch war Sohr mit seinen Leuten der Nächste am Feinde, schlug sich wüthend mit ihm herum und hatte eine beträchtliche Anzahl Gefangene ge= macht, die er nicht fahren lassen wollte . Ein überlegener Trupp des Feindes drängte ihn heftig, weil er ihn in ziemlicher Entfer nung von seinem Gros sah.
Sohr mußte endlich weichen und
verlor die meisten Gefangenen, brachte zur Eskadron zurück “.
aber doch vier derselben
Am 2ten Tag der Schlacht wandte der Feind sich endlich zum Abzuge.
Diesen Moment hatte die Kavallerie sehnlichst erwartet.
Unser Regiment stürzte sich unter dem Befehl seines braven Obersten v. Malachowsky auf eine Kolonne abziehender Infanterie. Der Feind wehrte sich wohl brav, aber die Attake glückte doch und mit namenloser Erbitterung hieben die Husaren in den tödtlich gehaßten Gegner ein. Der Gefechtsbericht des Herzogs sagt, daß diese Ko lonne des Feindes vollständig niedergehauen , der Rest in die Lauter gejagt sei, wobei nach Angabe der feindlichen Gefangenen ein feind licher General das Leben gelassen habe. Bei dieser Attake fiel der Kornet
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Gottschling des Regiments , durch Säbel- und Bajonetstiche schwer bleſſirt, dem Feinde in die Hände . Nach dem Frieden wieder aus geliefert, diente Gottschling im Regiment noch lange Jahre. Des= gleichen wurde der Lieutenant v. Sohr durch die Brusſt geſchoſſen. Beitzke giebt darüber noch folgenden detaillirten Bericht : ,,Der zweite Schlachttag begann mit grauendem Morgen. Auch an dem heutigen Tag führte Sohr die Avantgarde der 3 Schwadronen, die sich auf den Höhen südlich des Grundes auf stellten, der sich von Otterberg nach Otterbach hinzieht. Der Kampf dauerte hier bis Mittag, wobei Sohr das Pferd unter dem Leibe verwundet wurde ; dann wurde , als Verſtärkung durch zwei Kavallerie - Regimenter gekommen war , eine größere Attake ausgeführt, um den Feind, der noch mit Infanterie und Reiterei diesseits (südlich) und im Otterbacher Grunde sich befand, zu ver treiben. Sie wurde glücklich ausgeführt, die diesseitigen Anhöhen völlig gesäubert,
der Feind in den Grund hineingetrieben, und
was nicht entkam, zu Gefangenen gemacht. Die jenseitigen Höhen waren noch von feindlicher Infanterie besetzt, welche Tirailleure über den Grund vorsandte.
Die Hu
ſaren erhielten daher Befehl, diesen zu reinigen und den Feind auf den jenseitigen Höhen anzugreifen. Sohr mit der Avant garde trabte voran. Es war eine schöne Gelegenheit , sich aus zuzeichnen, und er ergriff ſie mit Begierde, denn der Generalliſſimus Herzog von Braunschweig hatte den Führern der Avantgarde, im Fall ihr Angriff gelang, den Orden pour le mérite zugesagt. Sohr passirte den Grund unter feindlichem Gewehrfeuer , jagte durch einen Hohlweg die mit leichtem Walde bewachsenen jensei tigen Höhen hinan, formirte sich schnell auf der Höhe und hieb unter beständigem Gewehrfeuer auf eine zum Soutien der Ti railleure aufgestellte Kompagnie von dem alten renommirten Regi ment Royal - Deuponts ein, zerstreute sie und hieb sie zum Theil nieder. Er war im Verfolgen in den Busch weiter vorgekommen, welcher den Rand des Ravins beſäumt, das von Norden her bei dem Dorfe Otterbach in den Grund gleichen Namens ausgeht. Die Feinde flohen vereinzelt zurück in diesen Buſch.
An der
Spitze seiner Leute heftig im Verfolgen begriffen , wollte er einen feindlichen Musketier niederhauen, der ihm am nächsten war. gab ihm
einen Hieb quer übers Gesicht,
daß
Er
er niederstürzte,
glaubte ihn schwer verwundet und wollte eine feitwärts liegende
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Höhe hinaufreiten, um von dort die feindliche Stellung jenseit des Busches übersehen zu können. Zufällig sah er sich jedoch noch einmal um und bemerkte, wie der Republikaner sich knieend empor richtete und das Gewehr eben auf ihn anlegen wollte. — Sohr warf nun sein Pferd herum, um jenem völlig den Kopf zu spalten. Dieser drückte ab , aber glücklicher Weise versagte das Gewehr. Ohne aus der Fassung zu kommen , blieb der tapfere Feind mit blutendem Gesicht auf den Knien ſizen und hielt ihn höchst ge wandt mit dem Bajonnet ab. Ein Paar derbe Sporen brachten das Pferd zwar im Sprunge an ihn heran, aber unglücklicher Weise an ihm seitwärts vorbei.
Er wandte sein Pferd wieder um, aber
sein Hieb war ohne Wirkung, da durch diese Wendung sein Feind ihm auf die linke Seite gekommen war. Dieser hatte den günsti gen Augenblick wahr genommen , den Hahn zu spannen und auf zustehen, setzte Sohr das Bajonett auf den Leib und schoß ihn durch die Brust. Ohne Zweifel würde er ihn todt nieder gestreckt haben , wenn Sohr nicht, als der Musketier abfeuerte, sich nach der rechten Seite gebogen hätte, um dem Schuß auszu weichen, aber er hatte auch so schon genug !
Die Kugel war ihm
dicht unter dem Herzen , zwischen den Rippen hinein durch den linken Lungenflügel gegangen und unter den Schultern am Rück grat wieder herausgekommen . Bei alle dem sank er nicht vom Pferde, und ſein guter Stern bewahrte ihn vor der Gefangenschaft. Zwei Husaren , welche sich zwar in der Nähe ihres Offiziers befanden, ihn aber des sehr koupirten Terrains wegen nicht gesehen hatten, wurden durch den Knall aufmerkſam , eilten ihm zu Hülfe , hieben den Franzosen nieder und brachten Sohr aus dem Getümmel* ) . Es war die höchste Zeit, denn der Feind drang wieder mit Kavallerie vor, und der Regimentsadjutant Kornet von Gottschling, welcher einen Befehl an ihn zu überbringen hatte, wurde noch in seiner Nähe schwer verwundet und gefangen genommen. Das Blut floß stark aus den Wunden, und da die Lunge durchschossen war, stürzte ihm auch das Blut durch Mund und Nase.
In solchem Zuſtand mußte er fast 1/4 Meile nach Otter
* Einer derselben Namens Radke lebte noch bis in die vierziger Jahre in der Umgegend von Stargard, und der General hat ihm seine Dienstleistung Jahre lang bis an deſſen Tod durch reichliche Unterstützung vergolten,
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berg zurückreiten, wo Hoffnung für ihn war, verbunden zu werden, und es ist zu verwundern, daß er sich, obwohl unterſtüßt von den beiden Husaren, auf dem Pferde erhielt. Just bis auf den lezten Lebensfunken erschöpft, langte er in Otterberg an , wo er schnell entkleidet und verbunden wurde . Die Schlacht war beendet, der Sieg errungen, aber es schien ziemlich gewiß, daß er den Triumph der preußischen Waffen nur um wenige Stunden überleben würde. " Ueber die ersten Lebensschicksale dieses jungen Helden referirt sein Biograph der Major v. Beißke: Friedrich von Sohr, der älteste Sohn des Artillerie - Obersten von Sohr wurde am 22. März 1775 zu Berlin geboren . Der junge Sohr begann seine militairische Laufbahn in noch nicht zu rückgelegtem 14. Jahre. Sein Vater wünschte sehr , daß er bei der Truppe, der er selbst angehört hatte , eintreten möchte, aber der junge Mann hatte bereits den Rücken so manchen muthigen Pferdes erprobt und eine so entschiedene Neigung für den Reiter dienst eingesogen, daß er sich endlich genöthigt sah, seinen Wünſchen nachzugeben. Von allen Reiterregimentern aber, welche damals in und um Berlin standen, hatte das Leib-Huſaren-Regiment früher von Zieten jezt von Eben und Brunnen den meisten Ruf. Der Glanz, den sein hochverehrter Chef im 7jährigen Kriege über daſſelbe gebracht, ruhte noch immer darauf. Die Garnison in der Hauptstadt und in deren Nähe , und der Aufenthalt unter den Augen des Königs machten es zu einer Ehre, dieser ausgezeichneten Truppe anzugehören.
In dieses Re
giment trat der junge Sohr ein den 15. Februar 1789." Jetzt schien nun freilich die tückische Kugel dem jungen Helden leben ein jähes Ende zu bereiten, denn die Wunde war so gefährlich, daß der Tod wahrscheinlich schien .
Die zähe Jugendkraft siegte aber
endlich, und Sohr war im Frühjahr des folgenden Jahres wieder im Sattel.*) Nach der ernsten Lektion von Kaiserslautern wagten die Fran zosen zunächst keinen neuen Angriff.
*) Ueber seine wunderbare Heilung schreibt Beißke in seinem Werke : Man sollte es kaum für möglich halten, daß bei der gräßlichen Wunde Sohr das Leben behalten konnte.” –
250 Der Herzog von Braunschweig hatte nach dem glänzenden Siege weiter aussehende Pläne gefaßt.
In einem Tagesbefehl vom 1. De
zember sprach er den Truppen zunächſt ſeinen Dank aus . darin:
Es heißt
„ Der unanssprechliche Eifer der Truppen, die Geduld und Beharrlichkeit, welche von den Offiziers an bis auf den geringsten Mann in der Armee sich erstrecket, ist über Alles Lob erhaben. " Es wurde darauf in aller Stille ein Ueberfall von Bitsch ge plant, um durch den Besitz dieses festen Plages einen weiter vor Der 6stündige wärts gelegenen festen Stützpunkt zu gewinnen. Sturm mißlang aber und zunächst mußten sich die Preußen mit großem Verlust wieder hinter die Lauter ziehen. Die Oesterreicher machten darauf den weiter geplanten Unter nehmungen des preußischen Feldherrn dadurch einen Strich durch die Rechnung, daß sich der General Wurmser entscheidend in zwei Treffen von den Franzosen schlagen ließ. So unglaublich sie klingt , so steht doch die Thatsache feſt, daß dieser Feldherr einen sehr großen Theil seiner Offiziere Angesichts des Feindes zu Vergnügungsreisen beurlaubt hatte. Nun floh er in paniſchem Schrecken über den Rhein. So war die linke Flanke der preußischen Armee ohne allen Schutz.
Die Stellung von Kaiserslautern mußte aufgegeben , eine
rückwärtige bezogen werden. War es doch schon das Mögliche, daß man das linke Rheinufer noch zu behaupten versuchte. Unser Regiment bezog keine Winterquartiere, sondern hatte in der vordersten Vorpostenreihe einen schweren, aufreibenden Dienst. So waren die Großthaten des Feldzuges 1793 umsonst ge= wesen, und Jeder, dem die gute Sache am Herzen lag, schaute düster in die nächste Zukunft.
C.
Feldzug 1794.
Die preußische Armee hielt sich trotz aller Anstrengungen der Franzosen anf dem linken Rheinufer zwischen Mainz und Oppenheim. Der greise Herzog von Braunschweig legte das Kommando nieder; an seine Stelle trat der Feldmarschall v. Möllendorff, eben falls ein alter Held aus der guten Friedericianiſchen Schule. das Kommando bei unserem Regiment änderte sich.
Auch
Der Oberst v. Malachowsky starb im März 1794 zu Kirchheim
251 bolanden; an seine Stelle trat der inzwischen zum Oberſt avancirte v. L'Estocq, ein wahrer Ritter ohne Furcht und Tadel. Daß unser Regiment nicht während dieſes Winters auf der Bärenhaut lag , dafür spricht die von einem unserer alten Veteranen, dem späteren Stabsrittmeister v. Kuylenstjerna verbürgte Nachricht, daß während der Wintermonate 15 Offiziere den Orden pour le mérite , über 100 Unteroffiziere und Husaren die Verdienstmedaille erhielten. Dann sagt noch der alte Herr in seinen aufgezeichneten Erinnerungen, daß während dieser ganzen Zeit viele vortreffliche Thaten zum Vorschein gekommen wären , daß diese aber seinem Ge dächtniß entfallen seien.
Da in den offiziellen Berichten dieſe kleinen
Huſarencoups nicht erwähnt worden sind, kein Anderer aber dieſelben aufgezeichnet hat , so kann man sie für die Nachwelt und speziell für unser Regiment leider als verloren betrachten.
Nur die Heldenthat
des braven Unteroffiziers Jordan ist nicht der Vergessenheit anheim gefallen. Derselbe war mit dem Lieutenant v. Zieten, der außerdem noch einen Zug Huſaren bei sich hatte, auf Patrouille.
Vom Feinde
gehegt, retirirte Zieten durch einen Verhau. Fast am Ende desselben ſtürzt er und bricht einen Arm.
Von feindlichen Kugeln umſchwirrt,
besinnt sich Jordan nicht einen Augenblick, sondern springt vom Pferde, fängt Zietens Pferd, hilft dieſem hinauf und Beide jagen von dannen, während der kaum wenige Schritte entfernte Feind wie unsinnig feuerte. jährliche Pension.
Jordan erhielt von dem Geretteten fortan eine
Die größeren Operationen der Kampagne 1794 begannen mit einem energischen Vorstoß gegen die Stellung von Kaiserslautern.
von den
Franzosen besetzte
Der Plan beruhte auf einer Ueber
raschung der Franzosen, die zu gleicher Zeit von mehreren Kolonnen in Flanke und Front angegriffen werden sollten. Unser Regiment deckte mit seinem Vorpostenschleier die Bewe gungen der Armee so vortrefflich, daß die Franzosen von dem bevor ſtehenden Angriff gar keine Ahnung hatten. Der Feldmarschall von Möllendorff sagt hierüber in seiner Relation : ,,Der Plan blieb geheim ,
wozu ungemein viel beitrug , daß
der Oberst v. l'Estocq mit Leib-Husaren v. Eben nicht sowohl durch die Natur des denen Vorposten völlig desavantageusen Terrains , ſondern vielmehr durch seine und aller Offiziere dieſes Regiments außerordentliche activité dergestalt vorpostiret hatte , daß die Be wegungen unserer Truppen dem Feinde ein Geheimniß bleiben konnten.
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Die Schwadronen des Regiments wurden an die verschie denen Kolonnen als Avantgarde vertheilt : 5 escadrons unter L'Estocq blieben beim General Rüchel, 3 unter Major v. Corswandt beim General- Lieutenant v. Kleist, die beiden übrigen beim Gen. Lieutenant v. Romberg. Corswandt traf zuerst auf den Feind im Dorfe Enkebatt.
Derselbe zog sich zurück, warf ſich aber dann in
einen Wald, 100 M. Infanterie, 50 Chaſſeurs mit einem Bataillon als soutien, und feuerte auf die marschirende Kolonne. Der Major v. Corswandt, unterstützt von einem Jägerdetachement, hielt aber den Feind so in Respekt , daß er nicht hervorzubrechen wagte und die preußische Kolonne eingedenk ihres größeren Zweckes ungestört weiter marschiren konnte. Die avantgarde stieß baldigst auf dichten Wald und ungeheure Verhaue, die nur mühsam weggeräumt werden konnten, endlich auf freies Terrain gekommen, sah man die chaussée von Kaiserslautern durch eine starke Schanze gesperrt. Unsere Husaren hatten sich mittlerweile wieder an der Tete einge funden und nahmen in dichtem Busch an der lisière des Waldes eine verdeckte Aufstellung. 6 Kanonenschüsse
gaben für die preußische Infanterie das
Zeichen zum Sturm anf die Schanze . In raſchem Lauf, ohne einen Schuß zu thun, stürmten die braven Grenadiere vor und kaum auf der Brustwehrkrone angelangt, sahen sie den leichtfüßigen Feind davonlaufen. Auf diesen Moment hatten aber unsere Huſaren ge wartet.
Die Schwadron des Lieutenant v. Warburg an der Tete
brachen sie wie weiland „ Zieten aus dem Busch" hervor. " Die Relation des Feldmarschalls sagt, die ganze französische Abtheilung sei hier bis auf 5 Mann niedergehauen worden, die sich noch in den Wald gerettet hätten. Die Kleist'sche Kolonne griff hier auf sehr wirksam in die Schlacht ein, die mittlerweile auf das Hart Ein Theil derselben passirte dabei Tripp näckigste entbrannt war. stadt, hierbei waren unsre Husaren wieder an der Spitze. Jn Tripp stadt selbst bekamen sie plötzlich ein lebhaftes Feuer aus den Fenstern . Corswandt ließ rasch entschlossen absitzen und mit den Karabinern die Häuſer ſtürmen, 80 Mann vom Feinde wurden hierbei niederge hauen und eine große Anzahl zu Gefangenen gemacht. Diese drei Eskadrons vereinigten sich, wie wir weiter unten sehen werden, in einem späteren Moment der Schlacht mit dem ersten Bataillon unter L'Estocq, der auch die beiden Eskadrons , die mit der Kolonne Romberg marschirt waren , an sich zog.
L'Estocq hatte
253 ungeduldig dem Kampf in der Front zusehen müſſen, der sich um die vor Kaiserslautern liegenden Schanzen und um diese Stadt ſelbſt drehte. Als der Feind die lettere verließ , und sich zum Uebergang über die dicht hinter der Stadt fließende Lauter anschickte , erreichten ihn L’Estocqs nachſtürmende Reiter. Die Relation Möllendorfs sagt : Hier hieb der Oberst v. L'Estocq in des Feindes arrière garde ein.
Viele wurden
niedergehauen und eine große Anzahl
Feinde gefangen gemacht. " Nachdem die Lauterlinie dann von der preußischen Infanterie genommen war, ging L'Estocq im Galopp über die Brücken, um dicht am Feinde zu bleiben. fort:
Die Relation des Feldmarschalls fährt dann
„ Der Feind zog gerade vom Galgenberge ab und deckte seine Retirirenden durch 2 escadrons.
In diesem Moment griff der
Oberst v. L'Estocq an und warf sich in die feindliche Infanterie. Der Lieutenant v. Werder, welcher die avantgarde hatte, drang trotz des starken canon und Kleingewehrfeuers soutenirt von einigen escadrons v. Voß in den Feind und eroberte eine Kanone, indem ſehr Viele von dem Feinde auf dem Plate blieben. Der Oberst v. L'Estocq drang ferner vereint mit denen escadrons des 2. Bat. v . Eben* ) in den in der größten Unordnung fliehenden Feind. Bei dieſer attaque verlor der Feind viel Menschen; es wurden auch viele Gefangene gemacht und viele canons erobert. Der Feind setzte sich abermahls hinter dem defilé bey dem (unleserliches Wort) Hoff und die preußische Kavallerie erhielt von feindlicher Infanterie ein lebhaftes Feuer, worauf sie sich raillirte, um die Annäherung der Infanterie abzuwarten. Der Feind ward aber durch den Grafen v. Kalkreuth abermahls tourniret und ergriff die Flucht. Der Oberst v. L'Estocq verstärkte sich abermahls durch 2 escadrons von Eben, **) griff den Feind an , verfolgte ihn bis Schop und eroberte die letzten Kanons . Der Lieutenant v. Kordshagen ward mit einem Detachement Eben'scher Husaren auf der Straße nach Rothalbe vorgeschickt und eroberte außer den Gefangenen eine an sehnliche Anzahl beladener Wagen mit Bagage und Munition. Der Lieutenant v. Often ward mit einem andern Detachement Eben'scher
*) Hier scheinen also die Eskadrons des Majors v. Corswandt sich mit denen L'Estocqs vereinigt zu haben. **) Die von der Rombergischen Kolonne.
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Husaren zwischen den G.-M. v . Rüchel und den G.-L. v . Kleiſt geschickt und er fand Gelegenheit den Feind anzugreifen und er oberte eine Haubige und eine Kanone. Das Regiment v. Eben hat sonach exclusive der Gefangenen erbeutet : 2 Fahnen, 10 Ka nons, 2 Haubigen 1 Kanone gemeinſchaftlich mit v. Voß Dragoner, 29 Pulver- und Munitionswagen , 2 Feldschmieden, 60 Bagage Wagen, 2 Assietten (Küchenwagen), 305 Pferde und hat das Regiment v. Eben unter allen übrigen Truppen das Glück gehabt, den Feind zu rencontriren und sich hervorzuthun und unter der Anführung des so würdigen als verdienstvollen Oberst L'Eſtocq vermittelst ihrer glänzend hervorragenden Thaten sich einen diſtin guirten friegerischen Ruhm zu erwerben. " Man muß gestehen, daß das Regiment in unübertrefflicher Weise die Pflichten einer Diviſions -Kavallerie erfüllt hat.
Immer auf dem
Sprunge, die Blöße des Feindes zu benutzen , greift es mit Blizes schnelle überall ein, wo der Moment günstig erscheint. Jede Falte des Terrains, jede Waldparzelle benutzend, um sich versteckt zu halten, ist das Regiment immer in erster Reihe und die kostbaren, kurzen Der Historiker Momente der Attaque gehen ihm nicht verloren. O'Cahill giebt die Zahl der vom Regiment eingebrachten Gefangenen auf 1500 an. Kuylenstjerna verzeichnet in seinen Aufzeichnungen einige interessante Daten.
Er erzählt :
„Beim Angriff auf Trippstadt that sich vorzüglich die avant garde der escadrons v. Corswandt und Lichnowsky unter dem Lt. v. Stechow hervor.
Letterer kam an einen Zaun, hinter wel
chem die feindliche Infanterie stand ; er encouragirte, obwohl ſelbſt schwer bleſſirt , die vordersten Husaren, den Zaun niederzureißen, bahnte auf diese Weise den Schwadronen den Weg und die dahinter stehende Infanterie wurde fast gliederweise niedergeſäbelt. Nach der Schlacht ritt der Feldmarschall v. Möllendorff_mit dem Commandeur des Regiments die Fronte herunter und bezeigte demselben seine besondere Zufriedenheit auch unter Anderem mit den Worten: Ich erkenne in Euch das alte Zietensche Regiment wieder. " Die Lieutenants v. Werder, v. Stechow, v. Schwerin, der Ritt
meister v. Hedemann und der Major v. Löweneck erhielten den Verdienstorden, die Unteroffiziere und Husaren eine Menge goldene und silberne Madaillen ; das Regiment bekam nach Brauch für die eroberten Geschütze eine besondere Gratifikation. * ) *) Die Gratifikation betrug damals, seit 1760 vom großen König festgesetzt:
――――――
Die Armee
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nahm nach der Schlacht bis Ende Juni 1794
Stellung vor Trippstadt, Kaiserslautern, Saukopf und Johanniskreuz. Das Regiment stand etwa 2 Meilen vor dieser Aufstellung auf Vorposten. Der große Sieg hatte in Allen wieder freudige Hoff nnng rege gemacht, besonders da unser Regiment ihn mit kaum Von den Offizieren war nennenswerthen Verlusten erkämpft hatte. feiner geblieben, außer dem Lieutenant v. Stechow keiner blessirt und dabei war das Regiment nach des Augenzeugen Kuylenſtjerna Aussage in einem wahren „formidablen " Feuer gewesen. Der preußische Sieg blieb aber vereinzelt ; in den Niederlanden wurden die Oesterreicher in gewaltigen Schlachten von Pichegru und Jourdan besiegt, alle eroberten Festungen gingen wieder verloren und dabei zeigte sich im ganzen deutschen Reiche eine solche erbärmliche kleinliche Gesinnung , daß sie den Soldaten mit Bitterkeit erfüllen mußte. Um nur ein Beispiel anzuführen , sei hier bemerkt , daß als der König von Preußen für die Ströme von Blut, die seine Armee ver goſſen, vom deutschen Reiche die Verpflegung seiner Truppen ver langte, dies abgelehnt wurde und daß in Folge deſſen die preußische Armee durch englische Subsidien ihren Unterhalt bestritt.
In der
preußischen Armee selbst, so brav sie war, gab es einige kleine Seelen, die, je ärger fie früher geprahlt, nun desto kleinmüthiger waren . So ſchreibt der später so berüchtigte Masſſenbach in einem militäriſch-poli tischen Aufsatz, der für das große Publikum in Deutschland be= stimmt war :
"1 Besinnen Sie sich doch , Sie , die Sie erwarteten , oder gar prätendireten, die Preußen müßten offensive vorgehen. “ Glücklicherweise waren der Armee sowohl das kleinliche Getriebe der Politiker, als die Unkenrufe militärischer Schwarzseher unbekannt, und da keine marktschreieriſche Tagespresse damals existirte , so that der Soldat einfach und brav ſeine Schuldigkeit, ohne ſich einer nuß losen und selbstquälerischen Kritik hinzugeben. Es geschahen deshalb in der oben erwähnten Stellung der preußischen Armee und dem nach) der Schlacht von Kaiserslautern wieder entbrennenden kleinen Kriege so brave Thaten, wie nnr je der siebenjährige Krieg sie hat ausführen sehen.
Wenn auch in dieser Kampagne das Blücherſche Huſaren
für eine eroberte Kanone 100 Dukaten, für eine eroberte Fahne 50 Dukaten, für eine eroberte Standarte 40 Dukaten, also höhere Säße wie heute.
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Regiment darin den Vogel abschoß , so geschahen doch auch bei unse Der brave Haudegen rem Regiment einige hübsche Husarencoups . Kuylenſtjerna schreibt darüber Folgendes : „ Bei Recognoscirung des feindlichen Lagers durch Patrouillen u. s. w. thaten sich besonders hervor : Die Lieutenants v. Zieten (Sohn des alten Generals), v. Knobelsdorff, v . Klizing, v. Brünnow, sowie ein Unteroffizier Klinge, der vom Officier- Corps zum Offi = zier gewählt wurde und von demselben auch die Equipage Gelder erhielt. Lezterer hatte bereits Anno 1793 unter dem Herzog von Braunschweig die erste goldene Verdienstmedaille im Regiment er halten. Etwa Anfangs
Juli 1794 concentrirte sich ein feindliches
Armee- Corps vor Trippstadt, bei welchem unsere Garden durch Bei Wunder der Tapferkeit den Feind in Unordnung brachten. dieser Gelegenheit fielen zwei Eskadrons (v. Wahlen Jürgaß und v. Scheidt) unter dem Major v. Wahlen Jürgaß unseres Regiments, dem eine Batterie und ein Bataillon Infanterie vom Regiment Kleist zugetheilt war, in und bei Keltersberg in den Rücken des Feindes.
Die Lieutenants v . Dembinsky und Teſchen II. hatten
die Avantgarde, der Junker v . Kuylenstjerna die Spize mit zwölf Husaren. Die Infanterie stürmte in des Feindes linke Flanke, die Artillerie schoß in die Mitte des Dorfes und die Kavallerie machte den Choc auf des Feindes rechte Flanke , eine bedeutende Feld mauer herunterſegend.
In wenigen Augenblicken waren 2 Geschütze
und 2 Munitionswagen von uns Huſaren erobert, die Artilleriſten niedergefäbelt und die Infanterie gefangen und versprengt. Beim Railliren unserer Truppen fand sich am entgegengesetzten Ende des Dorfes mindestens noch ein feindliches Bataillon, welches soutiens von Trippstadt erwarten mochte. Dasselbe wurde von einem Lieutenant v. Normann mit Freiwilli gen vom Kleist'schen Regiment attaquirt. Normann fiel kurz vor der ersten Salve, der Feind wurde zum Weichen gebracht, der Junker v . Kuylenstjerna hieb denselben Gegner, der den Normann getödtet, sogleich nieder, stieg vom Pferde und schaffte denselben mit Hülfe von Huſaren zur nächsten Artillerie. Für diese Affaire erhielt der Unteroffizier Lindemann die Verdienst medaille, sowie der Unteroffizier Kammladen , der diese Medaille bereits hatte, eine besondere Belobigung.
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P
Letterer fand unfern des einen Geschützes einen Beutel mit 40,000 Thlr. Assignaten, wogegen der Junker v. Kuylenstjerna Tages darauf von seinem Eskadrons Chef, dem Major v. Scheidt auf Befehl des kommandirenden Generals v. Kleist vor deſſen auf gestelltem Regiment mit einer besonderen Belobigung die goldene Verdienstmedaille angehangen erhielt. Dies hier geschilderte Gefecht hat wahrscheinlich am 13. Juli ſtattgefunden und ist ein Theil des Kampfes, den man in der Kriegs geschichte mit dem Treffen am Schänzel bezeichnet. Von diesem Berge wurden die preußischen Bataillone von einem vielfach überlegenen Feind trotz der heroischsten Gegenwehr herabge worfen und dieser Echec machte den Anfang zu einer retrograden Bewegung , die durch Unglücksfälle auf den anderen Kriegstheatern beschleunigt erst hinter dem Rheine ihren Abſchluß finden sollte. Zu nächst allerdings ging die Armee nur wenig zurück und wies dem Feinde bald wieder die Zähne. *) Kuylenstjerna sagt, daß das Regiment bis Mitte August wieder die Vorposten gehabt habe und daß die Lieutenants v . Kliying,**) von Knobelsdorff, v . Osten und Klinge dabei Gelegenheit gefunden, sich auszuzeichnen. Wann, wo und wodurch die drei Letteren ist freilich unbekannt geblieben. Hier kann die Bemerkung nicht zurückgehalten . werden, daß keine große Nation zu keiner Zeit schreibfauler gewesen ist, als in jenen Jahren die deutsche. Ueber die ganze gewaltige Rheinkampagne existiren nur einige wenige erbärmliche Werke , die noch größtentheils den Jakobinern zu jauchzen. Briefe und handſchriftliche Ueberlieferungen ſind natürlich noch spärlicher und erstrecken sich fast nur auf die großen Operationen. So sind die Großthaten der in jener Zeit in der That helden müthig fechtenden preußischen Truppen fast ganz der Vergessenheit anheimgefallen. Die ganze Welt weiß nur, daß die Feldzüge von 1792-1795 für Deutschland ein Schimpf gewesen sind.
*) In dieser Zeit wurde der Lt. v. Oldenburg beim Ausrücken auf Feld wache von seinem eigenen Pferde erschlagen . **) Klizing stand bei Masweiler auf Feldwache. Er hatte das Glück, vom Feinde, der einen Versuch machte, ihn aufzuheben, 2 Offiziere und 20 Pferde zu Gefangenen zu machen und erhielt dafür den Orden. 17 v. Ardenne, Zietensches Hus.-Regt.
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Es ist deshalb nicht ganz erwiesen , ob unser Regiment in der bald darauf folgenden dritten Schlacht von Kaiserslautern
aktiven
Theil nahm .
Leider existirt kein Regimentstagebuch mehr , wie es der Oberst von Blücher für das 5. Husaren = Regiment geschrieben . Derselbe erwähnt unser Regiment nicht neben den andern Kavallerie Regimentern , die an jenem glorreichen Tage die französische Armee zusammenhieben; nur eine vereinzelte Notiz in dem Werke des Oberst O'Cahill über die Rheincampagne spricht von unserem Re giment. Dieser wirklich glänzende Sieg blieb leider ohne Bedeutung, weil die österreichische Nordarmee in den Niederlanden fort und fort geschlagen wurde. Die preußische Armee war daher auch gezwungen, sich nach Mainz hin zu repliiren, da die französischen Armeen jezt nach Hunderttausenden zählten. Auf dem Rückzuge, der im Oktober vor sich ging, fiel ein Theil der schweren Artillerie wegen der tiefen Wege bei Johanniskrug den Franzosen in die Hände. Zwei Eskadrons unseres Regiments, näm lich die von Wahlen Jürgaß und von Scheidt, welche das Mögliche thaten, die Geschütze zu retten , erlitten dabei nicht unerhebliche Verluste. So mußte denn endlich sogar die Armee über den Rhein gehen, alles deutsche Land links des schönen Stroms den Franzosen über laſsend. Kuylenstjerna beschreibt
uns noch die letzte Waffenthat dieſer
Kampagne, an der das Regiment Theil zu nehmen die Ehre hatte, in folgenden Worten: Die feindliche Armee stand jenseits des Rheins im Mon bacher Walde und Umgegend. Nach verschiedenen Gefechten er stürmten die Franzosen eines Tages die zwei Salbacher Schanzen. Der Feldmarschall von Möllendorf sah die Gefahr für die Festung Mainz, ging mit unserem Regiment unter dem Obersten von L'Estocq 10 Eskadrons stark durch Mainz, deployirte in der Mon bacher Plaine, warf die feindliche Kavallerie , durch deren Schuß die beiden Schanzen vorher nur genommen werden konnten. Hierauf ritt Möllendorff zu den Oesterreichern, feuerte sie durch eine Rede an, die Schanze wieder zu nehmen , wobei er bemerkte, er habe ihre Flanken mit Kavallerie gesichert ; der Angriff wurde gemacht und die Schanze erobert.
Unterdeß hielt das Regiment in einem
259 sehr starken Geschüßfeuer , wobei der Feldmarschall Möllendorff und der Regiments Kommandeur Oberst von l'Estocq vor der Front auf und niederritten mit dem belobenden Bemerken , wie nach der Schlacht von Kaiserslautern : „ Mit der Ruhe in der Gefahr erkenne ich das alte Regiment Zieten wieder. “ Hier kamen Fälle vor, wo eine Kanonenkugel einem Huſaren durch die Brust ging, seine Kameraden erfaßten ihn im augenblick lichen Tode, ohne daß sich andere in Reih und Glied rührten. Es wurden Pferde vorne in die Brust geschossen , sie sprengten einige Säße mit ihrem Reiter vor, stürzten unter ihm zusammen und dieser sattelte und zäumte ruhig das sterbende Thier ab und begab sich mit dem Sattelzeng hinter die Fronte. " Nach diesem Treffen ging das Regiment wieder über den Rhein zurück. Bald sollte auch dieser keine Barriere mehr gegen die Fran zosen sein , denn die Kälte wurde so stark , daß der Strom zufror und die Franzosen ihn leicht überschreiten konnten. So hatte das Regiment noch eine sehr mühselige und ausgedehnte Postirung einzu nehmen , ohne daß die Franzosen aber noch große Operationen an dieser Stelle vorgenommen hätten. Da kam die Kunde , die Franzosen seien, nachdem sie Holland den Desterreichern ganz abgenommen, im Marsch auf die preußischen Lande, speziell auf Westphalen. Die preußische Armee am Rhein brach daher sofort auf, um in Eilmärschen der bedrängten Provinz zu Hilfe zu eilen. phalen kam es aber auch nur noch zu einer Postirung.
In West Der König
entdeckte in dieser Zeit wieder die heilloſeſten Intriguen des Wiener Kabinets, die zu enthüllen erst der neuesten Geschichtsforschung vorbe halten war. Ueberdrüssig , vom eigenen Alliirten für alle Treue mit mehr als Undank belohnt zu werden , schloß Preußen im Mai 1795 den Frieden zu Basel , den ihm das damalige Europa als Verrath an der guten Sache anrechnete. Am Ende dieses vierjährigen Krieges bricht sich unwillkührlich die Reflexion Bahn, welch andern Lauf die Weltgeschichte genommen haben würde, wenn die Alliirten im Jahre 1792
einig und mit gemeinschaftlich großer Machtentfaltung das wüste Treiben der gallischen Jakobiner im Keime erstickt hätten. So 30g Desterreich einem ehrlichen, raschen Handeln die ver schlungenen Lügenwege der Intriguen vor und hat es tief zu be= 17*
reuen gehabt.
260
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Aber auch die preußische Armee trat ernst und bittere
Gefühle im Herzen den Weg nach der Heimath an.
7. Kapitel. Vom Baseler Frieden 1795 bis zum Frieden von Tilſit 1807 . Im Jahre 1794 wurde Eben verabschiedet und der General Lieutenant von Göckingk Chef des Regiments, das seinen Namen bis 1805 trug. Kommandeur blieb vor der Hand der Oberst von L'Estocq. Als Soldat haben wir ihn schon kennen gelernt. Um ihn als Menschen zu würdigen, sei hier ein Akt seines Edelmuths ange= führt, den wir im Werk von Beitke über Sohr aufgezeichnet finden. Der König überhäufte ihn mit Lobsprüchen wegen seines ausgezeich neten Benehmens im Feldzug 1794 und gab , um ihn besonders zu ehren, ihm die Erlaubniß, seine noch etwaigen Wünsche zu äußern . Höchst edel erwiderte der Oberst , daß Sr. Majestät ihm für sein geringes Verdienst mehr als hinlängliche Belohnung ertheilt hätten, er bitte nur für zwei ausgezeichnete brave Offiziere des Regiments, die Lieutenants von Sohr und von Kordshagen um den Orden pour le mérite. Die Bitte wurde sogleich gewährt 2c. Das zweite Bataillon des Regiments hatte nicht die Freude, die Heimath wiederzusehen, es bildete einen Theil der Truppen , die unter dem General Blücher in Westphalen zurückblieben , um die Grenze gegen etwaige Gelüste der Franzosen zu wahren. Das erste Bataillon brach den 19. September 1795 aus seinen Quartieren in der Gegend von Vilbel auf, um in seine alte Garniſon Berlin zu rückzukehren.
Den 21. Oktober
1795 zog
es unter Begleitung
vieler Tausender von Menschen und unter dem größten Jubel in die Hauptstadt ein, nachdem es überhaupt 3 Jahre 4 Monate abwesend gewesen war. (Beißke) . In den meisten Geschichtsbüchern steht zu lesen, daß die preu ßische Armee in den letzten 10 Jahren vor der Katastrophe 1806 einer vollkommenen inneren Zersehung anheim fiel, die nach außen durch die Tünche des steifen und straffen Exerzitiums und äußerlicher Disziplin verborgen geblieben sei.
Danu folgen gewöhnlich Exekra
261 tionen gegen die damaligen Offizierkorps , denen Dünkel , Prahlerei, Zopfthum, Grausamkeit , Unwiſſenheit , Liederlichkeit , Pflichtvergessen heit vorgeworfen wird und das so gezeichnete Bild wird dann mit einer philantropischen Bemerkung geschlossen. Bis jetzt haben erst Wenige es unternommen, für den braven Geist in der Armee , wie er in jener Zeit herrschte, eine Lanze zu brechen.
Bei näherer Be
trachtung aller Verhältnisse kommt der unbefangene Beurtheiler aber zu der Ueberzeugung, daß nur die veralteten, der modernen Schlacht nicht mehr gewachſenen Formen der bisherigen Taktik, zweitens aber, die absolute Unfähigkeit der oberen Anführer die Katastrophe von 1806 herbeiführten, daß aber die Truppe , die nichts für ihr Exer zier - Reglement und für die erloschenen Geisteskräfte ihrer greisen haften Führer konnte, brav nnd muthig ihre Schuldigkeit gethan hat. Um aber zu verstehen , daß allein das Beibehalten der Lineartaktif in jener Zeit auch der besten Truppe verhängnißvoll werden mußte ist es unerläßlich, sich die Veränderungen und Fortschritte zu ver gegenwärtigen, die bis 1806 in der französischen Armee sich vollzogen hatten. Der Freiheitskrieg der Nordamerikaner hatte zuerst die zerstreute Fechtart der Infanterie der erstaunten Welt als der bisherigen Fecht weise geschlossener Linien überlegen gezeigt. Friedrich der Große war in Europa ein militairiſches Evange lium. So lange die anderen Armeen nur von ihm lernen wollten, brauchte er seine Taktik nicht zu ändern . Dennoch hatte der große König die Füsilierbataillone geschaffen , die Jägerwaffe vervollkommnet, kurz eine leichte Infanterie zu bilden gesucht. Damit war Preußen stehen geblieben. Als die franzöſiſch levée en masse zur That wurde, kämpften die fanatischen Volks haufen, die von taktischer Ordnung keinen Begriff hatten, natürlich en débandade, also nur in zerstreutem Gefecht.
Die gut geschulten
preußischen Truppen waren dieſer Unordnung, welche die Panique so sehr hervorzurufen geeignet war , noch mehr als gewachsen. Wir haben gesehen, wie der französische Ungestüm an der preußischen Ge fechtsruhe sich brach und fast immer fluchtartig zurückfluthete. Nach dem Frieden von Basel stand die preußische Armee , was ihren tak tischen Ruf anlangte, kaum niedriger als zu Lebzeiten des großen Königs . tung.
Nun kam aber der große Napoleon in Frankreich zur Gel Sein eminentes Genie schuf die neue Taktik, die ihm Europa
unterwerfen sollte.
Er brachte das zerstreute Gefecht in richtige
262
Formen.
Seine dichten Tirailleurlinien , die sich dem Terrain an=
schmiegen lernten , wie ein feines Kleid dem Körper , wurden unter stützt durch feste, geschlossene Kolonnen. Jene repräsentirten das hinhaltende Gefecht, diese den entschei denden Stoß.
Die Artillerie emanzipirte sich.
Sie hörte auf, ein
Handwerk zu sein und wurde zur formidablen Waffe . Ihre gewal tige Massenwirkung bereitete die Entscheidung vor, dann kam der zermalmende Stoß da, wo der Feind zu wanken begann, sei es durch große Massen Kavallerie oder durch geschlossene Infanterie-Kolonnen. Denke man nun hierzu an die Mischung der drei Waffen in der Division ,
an deren Befähigung
selbstständig
den Kampf zu
führen, endlich an die gewonnene Unabhängigkeit von der bisherigen Magazinverpflegung, welche dem Requisitionssystem gewichen war, ver gegenwärtige man sich dagegen die Lineartaktik in ihrer Depravation, so muß man gestehen, daß Truppen, die der letteren anhingen, unbe dingt von einem Napoleon geschlagen werden
mußten, mochten sie
auch mit dem verzweifeltsten Muthe fechten. Deshalb Ehre den Gefallenen von Jena P
ihr Andenken soll
so hoch gehalten werden, wie das ihrer Vorfahren von Kollin, Hoch kirch und Kunersdorf. Nebenbei sei bemerkt, daß bei Jena viele Infanterie - Regimenter 25 Prozent ihrer Offiziere todt auf dem Schlachtfelde ließen . Daß bei den neuen Verhältnissen die Taktik der Kavallerie ſich naturgemäß änderte , ist klar die Konsequenzen ergeben sich von selbst. Die Grundsätze des großen Friedrich waren der Kavallerie in sofern verloren gegangen, als die Führung großer Kavalleriekorps feinem General mehr geläufig war. In der Rheinkampagne höchstens
hatte
man
nirgends
mit mehr
als
zwei Regimentern attakirt und dennoch besaß die preu
ßische Kavallerie
noch einen solchen Ruhm, daß beim Beginn des
Feldzugs 1806 Napoleon seiner alten verſuchten Infanterie besondere Instruktionen gegen den preußischen Reitersturm geben, ihr überhaupt Muth einsprechen zu müssen glaubte.
Wo die preußische Kavallerie
1806 aufgetreten ist, hat sie, was Muth und Entſchloſſenheit betrifft, diesen alten Ruhm aufrecht erhalten. In dem Werke Scharnhorst's, das 1808 erschien und die Reorganisation der Armee behandelt, wird der Kavallerie rückhaltloses Lob gezollt, und doch hört man so oft es aussprechen, die preußische Kavallerie sei einfach davon gelaufen .
Wir
263
-
fragen ferner : War es denn so unverantwortlich, Friedrich des Großen festzuhalten ? der ganzen Welt widerstanden.
an der Tradition
Mit seinen Marimen hatte man
Nach dem Feldzug 1866 hielt man
ja auch das Zündnadelgewehr allen anderen Handfeuerwaffen über legen, und hatte man nicht das Chassepot auf der Schießschule in Spandau genug geprobt, um wissen zu können, daß ihm das erstere im geringsten nicht gewachsen sei ? Nein! Man hatte anscheinend ein Recht das System eines Friedrich beizubehalten. Der Hafen lag nur darin, daß man wohl die Form behalten hatte, daß aber unvermerkt der Geist des Feldherrn , der diese Formen beseelte, sie praktisch verwendbar machte , gewichen war.
An Möllendorf,
dem
Herzog von Braunschweig 2c. hatte man wohl noch die leibhaftigen Helden des 7jährigen Krieges, allein diese 80jährigen Greise waren nur noch die geistigen Ruinen ihres früheren Talents.
Was von den
Feldmarschällen galt, galt von einem großen Theil der Stabsoffiziere. Was die Moralität des Offizier- Korps in den unteren Chargen betrifft, so war allerdings in Berlin die moderne - jüdische Schön geisterei, die damit verbundene Frivolität bei einigen Truppentheilen herrschend geworden, der bei weitem größere Theil der jungen Offi ziere in der Armee hielt aber an der spartanischen Lebensweise fest, die der große König seinen Offizieren so trefflich anzuerziehen gewußt hatte. Alles in Allem glich die Armee einem kampfeslustigen Fechter, deſſen Leib man in steife beengende Kleider gezwängt, deſſen Augen man verbunden hatte. Wie sollte diese Armee die Stöße eines scharf blickenden Gegners pariren, deſſen geschmeidige Glieder in ihren Be wegungen durch nichts gehemmmt waren. Freilich ahnte das preußische Heer wenig von den Schäden, an denen es krankte, man dachte all gemein, man sei auf dem besten Wege . Während Napoleon seine Siege in Deutschland, Aegypten, Italien erfocht, suchten in Preußen Ererzirkünstler nach den komplizirtesten Manövern, und während es in Frankreich Generale von 30 Jahren gab, so war in Preußen das Offizier-Korps so alt, daß man die meiſten Stabs-Offiziere Greiſe nennen konnte. Bei der Kavallerie blieb die Ausbildung, was Reiten, Exerziren, Felddienst anbelangte,
eine gute.
Diese Dinge sind ja in unserer
Waffe nur unerheblichen Veränderungen unterworfen . ja heutzutage nur wünschen,
Man könnte
daß diese Dienstzweige noch gerade so
gehandhabt würden, als zu den Zeiten des großen Königs .
264 Der vorzügliche Kommandeur unseres Regiments, der später so berühmte General L'Estocq blieb demselben bis 1797 erhalten. Er wurde am 6. Februar als Kommandeur zum Husaren - Regiment v. Czettriz versetzt. Seine Stelle nahm der Major v. Löweneck ein, der bisher bereits dem Regiment angehört hatte. Unter den jüngeren Offizieren machten sich mehr und mehr die Talente des Lieutenants v. Sohr bemerkbar.
Ohne es zu wollen, hatte er durh
seine geistige Bedeutung, sein chevalereskes Wesen, seine vollendete Tüchtigkeit als Reiter
und Offizier einen großen Einfluß auf seine
Kameraden gewonnen.
Er erhielt noch mehr Ansehen durch die ge
schickte Ausführung der schwierigen Aufträge,
die ihm
als bevoll
mächtigten Remonte-Offizier der preußischen Krone in den anteren Donauländern zu Theil wurden. Die Pferde wurden nämlich seit einer Reihe von Jahren nicht mehr aus Polen und Rußland bezogen, da man mit dieſem Nachbar auf geſpanntem Fuße lebte, sondern aus der Moldau und Walachei, wo man ebenfalls ganz vor zügliche Kampagnepferde zog, allerdings ganz so wild, wie die ameri kanischen Mustangs oder die Steppenpferde Südrußlands .
Diese
Verhältnisse sind so intereſſant und spielen so entscheidend in die Ge schichte unseres Regiments bei seiner Reorganiſation im Jahre 1807 ein, daß wir hier einige Stellen der Biographie Sohrs anführen zu müssen glauben. rechte Licht:
Dieselben setzen auch spätere Begebenheiten in das
"1 Die Armee brauchte aus der Moldau jährlich 2000 Pferde. Der Aufkauf und die Gestellung derselben war schon ſeit lange in den Händen eines alten betagten Juden Marcus Raphael und dessen ältesten Sohnes . Mit ihnen schloß das Ober-Kriegskollegium Kontrakte, worin der Lieferant sich verpflichtete, auf ſeine Koſten die bestimmte Anzahl von Pferden bis an die preußische Grenze zu gestellen, wo sie ihm durch den Inspekteur der Remonten ab genommen wurden.
Bei der Unsicherheit in jenen Ländern zu
reisen, ließ sich der Lieferant auf keine Kaution ein. Ebensowenig konnte die Regierung ihm erhebliche Vorschüsse machen. Der Lieferant brauchte aber an Ort und Stelle baares Geld, Aus diesem keine Ankäufe machen konnte.
weil er ohne dieses
Grunde wurde ihm ein Offizier beigegeben, der die ganze kontrakt mäßige Summe, gewöhnlich 13-15,000 Dukaten in Gold bei sich führte.
Zur Beaufsichtigung der Pferde erhielt der Offizier
2 Unteroffiziere und 6 Husaren mit.
Zu seiner besonderen Legi
265 timation befam er einen Paß in lateinischer Sprache.
An den
Hospodaren der Moldau erhielt er ebenfalls ein königliches Hand schreiben in lateinischer Sprache. Er reiste mit diesem Schreiben. in Begleitung des Lieferanten nach Jaſſy , um es demselben per sönlich in einer feierlichen Audienz zu überreichen. Man kann sich denken, daß das Kommando nach der Moldau in der Armee nicht sehr gesucht war. Schon die Wälder von Oberschleſien und Gallizien waren nicht einladend. Damals machten die zum Theil halbwilden Volksstämme der Moldau, die rohe Willkühr der Türken eine Reise in jene Gegenden mindestens ebenso gefährlich als intereſſant. Dazu kam die Verantwortung für eine große anvertraute Summe. Außerdem erhielt der Offizier während des Kommandos nur eine geringe Zulage und gab mehr aus, als er empfing. Sohr wurde im Jahre 1801 zum Empfang der Remonten des Regiments nach
jest kommandirt.
Der
alte Marcus fand an Sohr solchen
Gefallen, daß er nach dem ihm zustehenden Recht diesen Offizier für das folgende Jahr zur Reise in der Moldau sich als Begleiter aus bat.
Außerdem begleitete
Sohr
als
besondere Vergünstigung
ein
junger Lieutenant der Infanterie von Knobloch, der später in unserem Regiment einen so ehrenvollen Platz einnehmen sollte.
Am 16. Fe
bruar 1802 reiſten ſie von Berlin ab und gelangten durch Schlesien und Gallizien den 12. April an die moldauische Grenze zu einem Flecken Boyan am Pruth und zu einem Dorfe Zuren, wo noch auf dem österreichischen Gebiet der Bukowina das Hauptdepot für die Pferde errichtet werden sollte. In der Moldau wollte Sohr sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, Alles kennen zu lernen. Er be reiste also mit seinem Freunde Knobloch eine große Anzahl der wil den
Gestüte ,
besuchte die
Märkte
von Dorrohoye ,
Buttuschan,
Belty, Mohilew 2c. und scheute keine Entbehrung, um seine Kenntniß und seine Erfahrung zu bereichern.
Die Art der wilden Gestüle
ist folgende : Die Bojaren wohnten zum großen Theil in den wenigen Städten und Flecken. Sie besaßen aber meist Steppengegenden und ein ein ziger oft mehrere Quadratmeilen. Auf diesem Territorium hielt er 400, 800 bis 1000 Pferde . Er hatte darin ein fümmerliches In einem solchen Haus mit einigen Ställen , Hobey genannt. Steppenantheil lebten nun Hengste, Stuten und Füllen Winter und Sommer in ungebundener Freiheit.
266
Beaufsichtigt waren sie durch berittene Knechte, Tambuntschefs genannt, völlige Halbwilde, welche das ganze Jahr nicht unter Dach Selbst im Winter hatten sie zum Schutz gegen und Fach kamen. die Witterung und zum nächtlichen Schlaf nur eine Wetterwand, nicht einmal Hütten, und ihr Pferd stand stets geſattelt. Wirklich schneiten sie im Winter völlig ein und hatten wenig voraus vor den Thieren des Feldes. Ihre einzigen Gesellschafter waren eine Anzahl großer Hunde zum Schutz gegen die zahlreichen Wölfe, welche sehr häufig ihre Pferdeheerden überfielen. Um dieſe zuweilen vereinigen zu können , befand sich in jedem Steppenantheil eines Bojaren, gewöhnlich in der Nähe der Hobey, ein von Balken eingefaßter Raum , Okolle genannt, welcher in mehrere Abtheilungen zerfiel, die durch Gänge verbunden waren. Kam nun der Käufer, so wurden die zu verkaufenden Pferde in die Okolle getrieben , und damit dieser sie näher ansehen konnte, von einer Abtheilung durch die Gänge in die andere getrieben. Es war aber nöthig , die zu kau fenden Pferde näher zu untersuchen , sie mußten eingefangen und niedergeworfen werden. Dazu bediente man sich eines 7 Klafter langen, aus Pferde- und Kameelhaar geflochtenen , gegen einen Zoll dicken Stranges , oben mit einer Schleife von gebogenem jungen Eichenholz versehen, der Arkan hieß. Ein Tambuntschek bildete hier von eine Schlinge und warf den zusammengelegten vorher naß ge machten Knoten dem Pferde um den Hals. Dieses Werfen geschieht in der Okolle zu Fuß, im Freien auch zu Pferde. Im letzteren Falle sucht der Tambuntschek dem einge fangenen Pferde so nahe als möglich zu kommen und wirst , wenn er die gehörige Nähe hat, den Arkan, wozu viel Geschicklichkeit und Uebung gehört.
Sigt die Schlinge dem Pferde glücklich um den
Hals, so kommen auf das laute Geſchrei „ Arkan “ andere Knechte zu Hülfe, denn gewöhnlich reißt, schlägt und schnaubt das Thier entsez lich.
Hatte sich der Käufer über die Anzahl der zu kaufenden Thiere
entschieden , so
brannte
er sie
mit seinem Zeichen , leistete we
nigstens den größten Theil der Bezahlung und das Geschäft war abgemacht.
Wenn die Beendigung des Ankaufsgeschäfts herannahte,
wurden die verschiedenen Gestütsbefizer, wo die Pferde noch belaſſen waren, benachrichtigt, daß sie dieselben zu einer bestimmten Zeit ins Depot abzuliefern hätten.
Die auf den Märkten der Städte gekauf
ten hatte man sogleich dahin abführen müſſen.
267
――――
Es war nothwendig , diese Ablieferung 2-3 Wochen vor dem allgemeinen Aufbruch anzusetzen, damit sich die Pferde erst aneinander gewöhnten, denn diese waren meist sehr unbändig. beschädigten sich beträchtlich, ja
Sie schlugen und
oft liefen sie in ganzen Horden zu
ihren wilden Gestüten zurück. Hatte man sie aber mit Fleiß 14 Tage bis 3 Wochen zusammengehalten , so gewöhnten sie sich so aneinander, daß sie nur gleichsam ein großes Gestüt auszumachen ſchienen. Am 12. August war das umfangreiche Geschäft vollendet und den folgenden Tag trat man den Rückmarsch an. Dieser war weit beschwerlicher als der Ankauf und es gingen. hier erst für die Offiziere die Mühen recht an. Man theilte die ganze Masse der Pferde in Transporte von 200 Pferden, die für sich lose gingen. Zu jedem Transport waren etwa 5-6 Tambuntscheks erforderlich.
Diese Tabumen folgten sich in
Zwischenräumen von etwa einer Viertelstunde.
Die
Die Aufsicht während des Marsches mußte Sohr allein führen. ersten Tage des Transportes waren sehr schwierig , weil die
Pferde in den einzelnen Tabunen sich noch nicht aneinander gewöhnt hatten. Durch Beieinanderleben im Depot nämlich hatten sich unter der ganzen Maſſe derselben völlige Gesellschaften mit einer Art von Anhänglichkeit gebildet, die eng zusammenhielten und Eindringlinge nicht duldeten. Diese Freundschaft kannte man noch nicht , als man die verschiedenen Tabunen formirte. Da gab es denn auf den ersten Märschen vielerlei Unordnungen. zu beseitigen, indem eine Anzahl Pferde der einen Tabune an eine Gesellschaft einer andern attachirt war und geradezu von einer zur andern überlief. Das Hin- und Herlaufen dauerte jedoch nur acht Tage, dann bildeten die verschiedenen Transporte ebenso viel Freund schaften. Man kann sich denken, daß noch viele andere Schwierigkeiten zu beseitigen waren. Der Marsch ging durch die unendlichen Wälder von Gallizien, die damals von Wölfen wimmelten. Das Geheul derselben schreckte bei Nacht die Pferde in ihren Lagerstätten , die natürlich immer im Freien sein mußten, auf, zuweilen wurden sie selbst in der Nähe der selben sichtbar. Bei Gewittern am Tage waren sie nur mit der größten Mühe und Vorſicht zuſammenzuhalten, kam das Gewitter in der Nacht, so lief immer ein Theil davon, der schwer wiederzube
268
kommen war.
Bei dieser Reise auf der rechten Seite des Flusses
San Ende August geschah es, daß Nachts ein sehr schweres Gewitter mit Regen und Hagel aufstieg und der Blitz in einen Baum auf dem Weideplate einschlug . Sämmtliche Pferde liefen nach allen Richtun gen davon und es kostete den ganzen folgenden Tag, sie mit großer Das Schwierigste Mühe bis auf einige wieder zusammenzubringen . war das Passiren der großen Flüsse, wie des Pruth, Dniestr, San, der Weichsel und mehrerer kleinerer, die man durchschwimmen mußte. Natürlich war dies besonders schwer , wenn sie durch Regengüſſe an geschwollen waren ; es gab viel Mühe und Aufenthalt und lief nicht immer ohne Verluste an Pferden ab, die in die Wirbelbewegungen der Ströme geriethen und ertranken. Der Rückmarſch geschah im Allgemeinen in derselben Richtung, welche man gekommen war, aber nicht auf derselben Straße . Neben dem großen Hauptwege nahm man eine danebenliegende sogenannte Treiberstraße, auf welcher das zahlreiche Vieh , Pferde , Rindvieh, Schweine getrieben wurde.
Man traf hier beſſere Weidepläge, er
fuhr auch keine Störung durch Wagen und häufige Paſſage, wie auf der großen Straße; auch vermied man die Bezahlung des bedeuten den Straßen- und Brückengeldes. Diese Treiberstraße lief meilenweit neben dem großen Heerweg hin. Man passirte den Pruth bei Boyan, den Dniestr bei Mariampol, den San bei Baricz, die Weichſel bei Otalersze. Mitte September kam die Remonte in Ujest in Oberſchlesien an und wurde in die Regimenter vertheilt.
Nach Beendigung des
Vertheilungsgeschäfts schloß sich Sohr dem Kommando an , welches die Remonte seines eigenen Regiments führte und traf den 2. No vember nach einer Abwesenheit von 82 Monaten wieder in Ber lin ein. Die Remonten sahen sehr gut aus , Sohr erntete allgemeines
Lob.
1803 holte er dann wieder die Remonten des Regiments aus Schlesien.
1804 ließ er sich bereden, nochmals die böse Reise nach der Moldau zu machen , die diesmal in der That eine wahre Kette von Unannehmlichkeiten für ihn war. ger als 5 eigene Pferde.
Er verlor z. B. dabei nicht weni
1805 wurde er wieder nach Schlesien ge
sandt, um die Remonten des Regiments zu holen und that dies wie der zur allgemeinſten Zufriedenheit. 1806 erhielt das Regiment für den verabschiedeten General
269 v. Göckingk, den General v . Rudorff als Chef und Kommandeur, da Loeweneck als Oberſt-Lieutenant das Zeitliche gesegnet hatte. Der neue Chef hatte 1806 wieder einen Offizier zum Abholen der Remonten in Schlesien zu bestimmen. Da ihre Zahl in diesem Jahre nicht weniger als 210 betrug, so sah er sich veranlaßt, einem ganz besonders tüchtigen Offizier das Kommando anzuvertrauen und Sohr wurde wegen seiner vielfachen Erfahrung dazu bestimmt, so sehr Krieges sich dagegen sträubte.
er auch wegen des drohenden
Er mußte dem Befehl endlich gehor
chen und machte sich in verzweifelter Stimmung auf den Weg.
Und
doch sollte gerade dies Kommando ihm den Weg zu hohem Ruhm bahnen .
Wir müſſen hier ein wenig zurückgreifen und bemerken, daß
das 2. Bataillon, nachdem es mehrere Jahre in Westfalen gestanden hatte, wieder in seine alten Garnisonen Fürstenwalde, Beeskow und Mühlrose zurückgekehrt war. Der alte württembergische General v. Suckow rühmt in ſeinen Memoiren das feine und ritterliche Benehmen der Offiziere dieſes Bataillons, mit denen er, damals selbst noch preußischer Offizier, in innigem Verkehr ſtand.
Das Offizierkorps des ganzen Regiments
nahm begreiflicherweise an der fieberhaften Aufregung Theil, die in den letzten Jahren vor 1806 durch die unerhörten Erfolge Bona partes sich besonders der jüngeren Generationen in der Armee be mächtigt hatte.
Es ist bekannt , daß die preußische Politik sich dazu
verſtand, alte Provinzen gegen Hannover zu vertauſchen, das Napoleon Preußen anbot, obgleich es England gehörte. Preußen gerieth da durch Anfang 1805 in einen Krieg mit England und Schweden, der zwar nicht reich an kriegerischen Ereignissen war, wohl aber unge geheuern materiellen Schaden brachte. Zu dem Korps, das im Früh jahr 1806 unter dem General v. Kalkreuth in Pommern gegen die Schweden zusammengezogen
wurde, gehörte wiederum das zweite
Bataillon des Regiments , während das erste, als zur Garniſon von Berlin gehörig , zu Hause blieb. Die ganze Expedition war wie bekannt ohne Erfolg.
Das 2. Bataillon kehrte nach einigen Monaten
in seine Garnison zurück.
Preußen sah in dieser Zeit dem großen
Kampf der drei europäischen Kaiſer ruhig zu, obwohl es von Napo leon auf das Tiefste dadurch sich beleidigt fühlte , daß dieser ohne Weiteres durch preußisches Gebiet marſchirt war und außerdem das eben an Preußen abgetretene Hannover den Engländern wieder an bot. Diese lette Schmach ward im August 1806 in Berlin bekannt.
-
270
Ein Schrei der Entrüstung durchbebte die Armee. Jetzt mußte losgeschlagen werden man that es, leider aber war es zu spät . Der General Kleist sagte damals : Quand on veut être l'ami de tout le monde, on perd l'estime de tout l'univers. "
chacun et devient à la fin l'ennemi de
Bekanntlich schloß Rußland ein Bündniß mit Preußen ,
allein
seine Heere waren wegen eines gleichzeitigen Türkenkrieges schwach und standen in weiter Ferne. Erst an der Weichsel kamen sie am Ende des ganzen Krieges zur Geltung . So rückte denn die preußische Armee allein dem Feind entgegen, nach Abgabe der starken Garniſon und Reservetruppen noch 160,000 Mann stark. Der unvermeidliche Generaliſſimus war der Herzog von Braun schweig. Anfang September zog man aus in übereiltem Siegesjubel, dem gewöhnlichen Vorboten der Niederlage. Der Monat verging theilweise in forcirten Märschen, dann wie der in 4-5tägiger Ruhe. Der oberste Heerführer machte sich keinen Kriegsplan, weil er noch nicht an den Krieg glauben wollte, für den Fall eines Echecs wurde erst recht nichts vorbereitet, keine Festung armirt u . s. w . Unser Regiment befand sich zunächst in der Avantgarde der Hauptarmee, die der Herzog von Weimar führte. Man stand auf Vorposten in Thüringen und Franken und er wartete vergeblich den Feind von Westen. Man glaubte schon, er würde aus Furcht nicht kommen ; daß er wie ein Ungewitter von Süden heraufziehen würde, das ahnte Niemand. Droysen in seiner Biographie York's erzählt aus dieser Zeit eine zu charakteriſtiſche Die Scene spielt nach Notiz , als daß wir sie übergehen könnten. einem Diner beim Herzog von Weimar, dessen Hauptquartier bis zum 1. Oktober in Nieder-Roßla sich befand. Viele Offiziere unseres Regiments , das ja auch unmittelbar unter dem Herzog stand, waren anwesend. Ein Kapitän Liebhaber vom Generalstabe erläuterte eini gen dieser Husaren- Offiziere die Strategie des Feldzuges. Er sagte : Bis jetzt hat der Feind keinen Schritt gethan, den wir ihm nicht vorgeschrieben , unsere Operationen ſind ſo kombinirt ,
unſere
Korps so gestellt, daß der Feind überall abgeschnitten und in das strategische Netz getrieben ist. Napoleon ist so gewiß unser , wenn wir ihn schon in diesem Hut hätten. "
als
-
271
Der Referent setzt hinzu: „ Viele erhoben sich auf den Zehen und sahen in den Hut hinein, in den Liebhaber mit dem Finger deutete. " Die preußische Armee war so dislozirt, daß 40,000 Mann un ter Rüchel gegen Eisenach, 50,000 Mann unter Hohenlohe gegen die obere Saale, 70,000 Mann unter dem Herzog bei Erfurt ſtanden. Am 5. Oktober war die Armee von Eisenach bis Hof ausein ander gezogen. Da man vom Feind, den man ganz wo anders vermuthete, als wo er wirklich war, keine Nachricht erhielt, hatte man Zeit, sich in Illuſionen zu wiegen und Pläne zu machen . So ward plötzlich der Herzog von Weimar mit 12,000 Mann detachirt, um sich auf die rückwärtigen Verbindungen Napoleons zu stürzen und womöglich die Veste Königshofen zu nehmen, der man eigenthümlicher Weise eine strategische Wichtigkeit beimaß. Dieses Korps bestand aus herrlichen Truppen. Außer unserm Regiment aus
den Jufanterie-Regimentern von Braunschweig-Oels,
das vor 100 Jahren den Sieg bei Turin dem Prinzen Eugenius entschieden hatte, dem Regiment v . Berke, das in Schritt und Tritt bei Kaiserslautern die franzöſiſchen Haufen zurückgetrieben hatte, das Pommersche Regiment v. Owstien, das die Namen Prag, Kollin, Zorndorf so stolz aussprechen durfte . An Kavallerie waren dabei die alten Schwedter- Dragoner, denen Friedrich der Große die alte Uniform gelassen hatte, weil die Brandenburger von Fehrbellin nie die Farbe gewechselt und noch das berühmte Huſaren - Regiment v. Köhler 2c. 2c. wahrlich eine wahre Musterfarte von preußischen Heldennamen. Die Avantgarde dieses Korps führte General v. Ru dorff mit unserem Regiment und einiger leichten Infanterie, darunter die nachmals so berühmten York'schen Jäger. Der Oberst v. York war nach dem General v. Rudorff Höchſt kommandirender der Avantgarde . In der Nacht vom 5. zum 6. Oktober marschirten unsere Hu saren über die waldigen Höhen des Inselberges , in den folgenden Tagen die Werra aufwärts . man fand es unbesetzt. schen Punkt,
Am 10.
erreichte man Königshofen,
Nun hatte man diesen bedeutenden strategi
man war enttäuscht,
darum nicht haben kämpfen zu
müssen. Das ganze Korps gab sich „ ernſter Stimmung“ hin; die Luft war schwül und man ahnte faſt das kriegerische Gewitter, das sich bald entladen ſollte.
Mehrere glückliche Patrouillenritte brachten we
nigstens unserem Regiment einige Abwechselung.
Lieutenant v. Lö
272 weneck jagte in der Gegend von Würzburg dem Feinde einen bedeu tenden Waffen
und
Montirungs- Transport
ab und
Lieutenant
v. Bremen, der in Coburg am 11. Oktober zur Nachtzeit zwischen zwei franzöſiſche Küraſſier-Regimenter gerathen war ,
brach sich ent
ſchloſſen, mit dem Säbel in der Faust , Bahn und verlor nicht nur keinen Mann, sondern brachte noch einige Gefangene mit zurück. Wenn man nun aber auch mit dem Feinde Fühlung gewonnen hatte, so war doch sonnenklar,
daß man nicht die Hauptkommunikationen
desselben zu stören im Stande war , da dieselben gar nicht die Rich tung von West nach Ost hatten. Der Herzog von Weimar schien darüber klar zu sein; in der Ueberzeugung , daß sein Korps bei der zu erwartenden Hauptschlacht unentbehrlich sei, beschloß er, sich wieder an die große Armee heran zuziehen.
Da traf auch ein Befehl des Herzogs von Braunschweig
ein, schleunigst über Gotha zu ihm zu stoßen.
Zugleich erhielt man
die Nachricht von der Ueberflügelung der preußischen Armee in der linken Flanke. Man bekam die Kunde von den beiden unglücklichen Treffen Tauenziens bei Hof und Schleiß, am 12. Oktober ; während des eili gen Marsches
auf Schleusingen erfuhr man die Katastrophe bei
Saalfeldt, den Tod des Prinzen Louis Ferdinand . Die Offiziere unseres Regiments hatten vielfach mit dieſem rit terlichen Herrn in näherer Verbindung gestanden, er war ihnen Allen ans Herz gewachsen. Auf ihn hatte die Armee die größten Hoff nungen gebaut, er mar der chevalier sans pour et sans reproche des preußischen Heeres. nichtet.
Und nun war er todt, sein Korps ver
Eine trübe Stille herrschte am 13. Oktober bei den Truppen, der Marsch ging nach Ilmenau,
unser Regiment bildete mit andern
leichten Truppen eine rechte Seitenkolonne, welche die von Saalfeldt kommenden Wege beobachten sollte.
Der Oberst v. York, damals schon wegen seiner Strenge ge achtet und gefürchtet, führte dies Detachement. Er ließ die Truppen an sich vorbeimarschiren ; als er mehrere Offiziere unseres Regiments in tiefem Gespräch sah, dessen Inhalt die bekümmerten , sorgenvollen Mienen wohl verriethen, wies er sie in seiner scharfen Weise zu recht : "!„ Wozu jetzt die Gespräche , meine Herren ? ein Knäuel von Pferden !
Sehen Sie da,
Lassen Sie dort die Züge nicht aus
273 einander kommen ! Sehen Sie dort den Kerl, wie er auf seinem Pferde hängt, er wird es drücken. “ Begreiflicherweise hatte die nicht ungerechtfertigte Rüge ihre be absichtigte Wirkung *) . Am Morgen des 14. patrouillirten unsere Husaren nach Saal feldt.
Sie fanden es schwach besetzt , die eroberten Kanonen standen
auf dem Markte. Der Herzog von Weimar wagte nicht, eine Expe dition dahin zu machen, denn im N.O. hörte man von Zeit zu Zeit Kanonendonner.
Man blieb unentschlossen stehen , bis endlich Nach
mittags der Befehl eintraf, das Korps solle sofort nach Weimar marschiren -man erfuhr von dem Ordonnanz -Offizier, daß eine große Schlacht im Gange war.
In der Abenddämmerung ging der
Weg über Ilmenau nach Arnstadt, die leichten Truppen dem Feinde zunächst als rechte Seitenkolonne . Am 15. in der Nähe von Erfurt erfuhr man durch Versprengte den ganzen unermeßlichen Jammer, den der vergangene Tag über das Vaterland gebracht hatte. Die ganze Armee war in der Doppelschlacht bei Jena und Auerſtädt geschlagen, der Oberfeldherr zum Tode verwundet (dem Unglücklichen waren beide Augen ausgeschossen) .
Als Illustration kamen schon
dichte Haufen von Flüchtlingen, die sich der Festung Erfurt zu= wälzten.
Alle Waffen durcheinander, ohne Offiziere , schreiend , flu
chend, heulend, Viele betrunken,
ein Bild der grenzenloſeſten ver
zweifeltsten Auflöſung. Sprachlos, den Tod im Herzen, sahen die noch geschlossenen Truppentheile auf ihre geschlagenen Waffenbrüder. Es hieß , der Feind sei ganz nahe . Unsere Husaren entdeckten ihn bald, von Wei mar her in eiligem Marsch herankommend. Vergebens waren die Bemühungen, die Flüchtigen zu sammeln ; noch vergeblicher die, den feigen Kommandanten der Festung zur Vertheidigung anzuspornen. Der Herzog von Weimar mußte eiligst abziehen, wollte er nicht selbst mit seinem Korps in den Strudel der Vernichtung hineingezogen werden . Zunächst ging der Marsch auf Langensalza, wo es hieß, die Armee solle sich da ordnen. Man traf nur ein neues Chaos von Flüchtlingen.
Es war klar , daß hier an
einen Halt der Armee nicht zu denken war ; jezt galt es vor allen Dingen, die Elbe zu erreichen. Unter den Mauern von Magdeburg
*) Droysen, Biographie York's. v. Ardenne, Zietenfches Hus.-Regt.
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sollte die Armee sich sammeln, verstärkt werden, wieder vorwärts gehen. Die Ruſſen ſtanden im Hintergrunde , noch durfte man hof fen, die Dinge würden eine bessere Wendung nehmen . Die rechte Seitendeckung immer zunächst am Feinde hatten unser Regiment und die übrigen leichten Truppen. Der Marsch ging über Wolfenbüttel. Da kam wieder wie ein betäubender Schlag die Nachricht von der schmählichen Kapitulation Magdeburgs mit 21,000 Mann Besatzung. Jetzt war die allerdringendste Gefahr abgeschnitten zu werden, besonders da Napoleon auch das preußische Reservekorps bei Leipzig geschlagen, Sachsen erobert hatte, und bei Deſſau über die Elbe ge gangen war. Zugleich meldeten zwei Patrouillen unseres Regiments, die von den Lieutenants v. Kuylenstjerna und Klinge geführt waren, daß der französische Marschall Soult mit großen Kräften dem Korps auf dem Fuße folge.
Bei Burgstall,
in der Nähe von Magdeburg, waren
beide Offiziere auf seine Avantgarde, bestehend aus 2000 Mann Ka vallerie gestoßen. Nun galt es freilich kein langes Beſinnen - ein anderer Uebergang elbabwärts mußte gesucht werden. Am selben Tage, es war der 25. Oktober, erreichte man Lüderitz, am andern Morgen passirte das Korps die Elbe bei Sandau , 3 Meilen un terhalb Stendal. Der Feind drängte übermüthig und heftig nach, ward aber von den Yorkschen Jägern, denen eine Eskadron unseres Regiments unter dem Rittmeister v. Werder beigegeben war , mit heroischer Tapfer feit abgewiesen. Dies Gefecht wurde ein wahrer Lichtblick in der trüben Zeit. Die Elbe hatte das Korps nun glücklich im Rücken,
es konnte sich
gerettet glauben. Mit dem Hohenloh'schen Korps und dem, das Blücher aus der Misère von Jena gerettet hatte, hoffte man nun Stettin zu erreichen, sich dort zu reorganisiren , von da den Franzo sen in die Flanke zu fallen, wenn die Russen heran wären .
Des
halb marschirte das Korps über Neustadt a. d. Dosse, Kyrit, Wuster hausen in der Richtung auf Prenzlau. fuhr man die erschütternde Kunde,
Auf dem Marsch dahin er
daß sich Prinz Hohenlohe mit
10,000 Mann in schmachvollſter Kapitulation den Franzosen ergeben habe. Diese Nachricht wirkte geradezu betäubend . Jezt war man vom Osten der Monarchie abgeschnitten , vom Feinde rings umstellt. Wahrlich, es gehörten eiserne Herzen dazu,
in dieser Zeit nicht zu
verzweifeln.
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Daß unser Regiment seinen alten Husarenmuth behal
ten hatte, das bewies es in den bald darauf folgenden Arrieregarden Gefechten, wo es den Franzosen so scharf die Zähne wies. Am 31. Oktober vereinigte man sich wenigstens mit den Blücher schen Heerhaufen . Dieser General übernahm
das
Oberkommando.
Der Herzog
von Weimar ging auf Befehl des Königs in ſein eigenes Land zu rück. Blücher hatte hier noch etwa 20,000 Mann zusammen. Dieſe Leute waren der Kern ihrer Regimenter.
Was nichts getaugt, war
bei den mühseligen Eilmärschen zurückgeblieben; hatte man doch in vierzehn Tagen 50 Meilen zurückgelegt.
Blücher entschied sich jezt
in seinem ungebrochenen Muthe, eine Diversion über die Elbe zurück zu machen , man wollte sich dort mit den Garnisonen von Hannover vereinigen, mit ihnen vereint eine Schlacht schlagen ; jedenfalls aber so viel Feinde als möglich sich auf den Hals ziehen, um der Armee, die sich an der Oder und Weichsel neu zu formiren begann, Zeit zu verschaffen.
War der Plan vielleicht von vornherein unausführbar,
so war das Faſſen desselben in der Zeit allgemeiner Muthlosigkeit doppelt anzuerkennen.
Am 2. November ging es nach Goldberg.
Von hier ab hatte unser Regiment stets die Arrieregarde , die bis dahin General v . Plez geführt . wendung kommen .
Es sollte übrigens gleich zur Ver
Die französischen Truppen nämlich, die sich zu
Blüchers Verfolgung aufgemacht hatten, verstärkten sich immer mehr. Außer dem Soult'schen Korps war jetzt auch Bernadotte mit dem seinigen angelangt und die ganze feindliche Kavallerie ließ am 3. November nicht ab, die preußische Arrieregarde zu belästigen. So erreichte man das Defilee von Kriwiz .
York führte seine Infanterie
hindurch, während unsere Huſaren die verfolgenden feindlichen Reiter aufhalten sollten. Diese bestanden vornehmlich aus dem braunen Husaren- Regiment, dem 17. Chasseur- und
einem rothen Husaren
Regiment (Pariser) , so konnten sich preußische und französische rothe Dolmans mit einander meſſen. dermaßen:
Droyſen erzählt das Gefecht folgen
,,Die Rudorffischen Husaren waren zur Nachhut beſtimmt, man hatte die ganze feindliche Kavallerie auf dem Leibe. Die Husaren hielten sich wacker genug , aber immer heftiger war das Drängen , schon debouchirte feindliches Fußvolk ; kaum konnten die wackeren Rothen noch Stand halten; Chasseurs und Husaren waren ihnen auf den Fersen.
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276 Da ergriff Lieutenant v . Hedemann *) das lezte Mittel ; so abgetrieben die Pferde waren , er kommandirte: ་ ་ „Kehrt , und Marsch, Marsch! " " Der Choc kam dem Feinde völlig unerwartet, das Beispiel riß die nächsten Züge mit sich, der Kommandant konnte nichts Besseres thun , als mitjagen. Die Chasseurs waren völlig geworfen , man drang schon auf die schlecht geordneten Ba taillone des Feindes, in deren Mitte Bernadotte ging, sich völlig sicher glaubend, durch die vorgeschobenen Reiter ; man sah ihn in höchster Eile nach den Pferden rennen, sich hinaufſchwingen, hinter die Linie jagen. Man konnte einen Moment Großes erreichen, wenn hier Blücher war, wie er früher und später so oft mit gro Bem Erfolg gethan, nach rechter Huſarenart dreinzufahren! Aber Blücher war mit seinem Stabe an der Spitze der weiter eilenden Kolonnen. Einer der Offiziere unseres Regiments erzählt die Begebenheiten dieses Tages
als Augenzeuge ; die Attacke scheint
da nicht so improviſirt. Er schreibt folgendermaßen : " Hinter Kriewit stellte sich unser Chef, der General Rudorff, mit der Arrieregarde , bestehend aus den 10 Eskadrons unſeres Regiments, 5 Eskadrons Dragoner und einigen Jäger-Kompagnien auf, wobei unser Regiment die äußerste Spitze en echiquier bil Drei feindliche Kavallerie-Regimenter folgten uns hart auf dem Fuße. Ein Colonel kam mit seinem Adjutanten und mehre ren Trompetern zu unserem General , um zu parlamentiren , wo dete.
bei die feindliche Linie immer näher auf uns anrückte.
Der Ge=
neral v. Rudorff wies ein solches Ansinnen aufs Bestimmteste ab. Die Lieutenants v. Rheinbaben und v. Hedemann , der franzöſi schen Sprache mächtig,
erklärten außerdem, er möge sich sofort entfernen. Hierauf gab der General Befehl zu weiteren Be wegungen. Das erste Treffen zog ab und stellte sich einige hun dert Schritt zurück auf. Der feindliche rechte Flügel überflügelte bereits auf höchftens 30 Schritt die halben Eskadrons der Lieutenants Rheinbaben, Kuylenstjerna und Hedemann.
Letztere sahen die Gefahr auf so
kurze Diſtanze, kommandirten zur Stelle zum Einhauen, reüſſirten
*) Lieutenant v. Hedemann erhielt für Kriewitz den Orden 1809. Als er bei seines Vaters Tode deſſen Orden zurückgegeben hatte , hatte ihm der König ge sagt, er wolle denselben für ihn aufheben; der Sohn erhielt so den doppelt theuern Schmuck.
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augenblicklich, verfolgten, so weit sie konnten, ihren Vortheil. Da sah man, wie rechts der General Rudorff Allen voran, an seinem großen blauen Mantel weithin kenntlich mit dem ganzen Regiment und blasenden Trompeten avancirte. Der Feind wurde auf allen Punkten geworfen, wobei Freund und Feind pêle-mêle wie gewöhnlich
durcheinander geriethen .
Nachdem der Feind kaum einige hundert Schritt aufs Heftigste verfolgt war, entstand aus einem Gebüsch seiner linken Flanke ein starkes Kanonen- und Kleingewehrfeuer , welches uns beiderseitig wohl gleichviel Schaden verursacht haben mochte. Außer einer Menge Gefangener nahm Rheinbaben den ersten Adjutanten Ber nadottes, der Unteroffizier Polantzky unseres Regiments den Ober ſten der Pariser rothen Husaren vor der Front seines Regiments gefangen ; ja es war nahe daran , daß wir den Marschall Berna dotte erwischt hätten. Da nun Alles sich vor der Kriewitzer Scheune stopfte, ließ der General Rudorff zum Sammeln blasen, worauf wir ruhig un sern Rückzug fortsetten und vom Feinde nur in weiter Entfernung beobachtet wurden. " Dem Feinde war jedenfalls die Lust zum allzuhißigen Nach drängen vergangen. Der heutige Tag hatte alle Gemüther erfrischt , aber die Hoff nung blieb troydem sehr gering . Durch die Gefangenen erfuhr man, daß man auch Murat hinter sich habe. „ Je mehr Feind, desto mehr Ehr’" heißt ein gutes altes Sprichwort ; jetzt war aber der Ehr' beinahe ein wenig zu viel . In die kurze Freude des Sieges mischte sich auch ein bitterer
Tropfen. Der Rittmeister v . Kordshagen, Sohn des heldenmüthigen Husaren, den wir im 7jährigen Krieg kennen gelernt haben, war auf einer Patrouille plöglich zwischen eine Kolonne französischer Artille rie gerathen. so
Seine Leute hatte er ein wenig zurückgelaſſen.
Die feindlichen Kanoniere fuhren schnell und geschickt zuſammen, daß er nicht mehr entwischen konnte. Ergeben that sich ein
Kordshagen nicht.
Nach wüthender Gegenwehr fiel er tödtlich ver
wundet in feindliche Gefangenschaft.
Am Abend bereits wurde er
zwar ausgewechselt, aber in der Freude des Sieges seiner Kameraden starb er in deren Händen; auf dem Kriewißer Kirchhof liegt der wackere Mann begraben.
Nach am Abend des 3. November fam
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abermals ein Parlamentär Bernadottes, zur Uebergabe aufzufordern. Er wurde natürlich wiederum abgewiesen,
obgleich Patrouillen die
Nachricht gebracht hatten, ein anderer franzöſiſcher Haufe habe sich zwischen Gros und Arrieregarde des preußischen Korps geschoben . Um Mitternacht wurde deshalb in aller Stille aufgebrochen . Man schlug den Weg über Walsmühlen nach Wittenberge, also noch immer der Elbe zu, ein. Dicht unter den Vorposten des Feindes zogen die preußischen Kolonnen, er bemerkte sie nicht.
In der Morgendämme rung brachte ein Ordonnanz -Offizier den Befehl, die Marſchdirektion nach Lübeck einzuschlagen. Also der Plan über die Elbe zu gehen, war aufgegeben. Was aber nun? Der Feind stand in weitem Halbkreis um die kleine preußische Schaar herum, wenige Meilen nordwärts das Meer. Konnte man auf die Engländer rechnen, die seit der Kriegserklärung an Napoleon
wieder Preußens Freunde waren ? Die Anstrengungen der beiden folgenden Tage waren ungeheuer. Jetzt galt es zunächst auf Leben und Tod zu marſchiren, um das Blüchersche Korps wieder zu er= reichen.
Tag und Nacht ging es mit leerem Magen und den Feind
auf den Hals vorwärts. Viele Soldaten fielen vor Hunger todt um. So sehr hielt man troßdem das Requiſitionsſyſtem für ver derblich, daß man jetzt auch lieber die Leute sterben, als sie requiriren Der General Pletz sah jetzt erst Preußens Untergang vor
ließ.
Augen, als ihm gemeldet wurde, einige Husaren hätten einem Schul meister Honig aus seinen Bienenstöcken geschnitten. Daß bei all dem Ungemach, bei all dem herzzerbrechenden Leid unsere Husaren doch noch ihren alten troßigen Muth behielten, be weist ein kühner Streich des Lieutenant v. d . Marwig I. Derselbe war erzürnt, daß die Franzosen jede Nachtruhe unmöglich machten, und beschloß, ihnen Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Mit seinem Zuge trabte er in stockfinsterer Nacht
nach Gadebusch, wo, wie er
wußte, ein feindliches Kavallerie - Regiment lag.
Auf ein gegebenes
Zeichen jagten seine Husaren durch die Straßen mit lautem Geſchrei, schossen
ihre Pistolen ab und machten den möglichsten Lärm.
Die
Franzosen, welche sich überfallen glaubten, stürzten eiligst auf die Straßen, es gab die unglaublichste Verwirrung. Ehe sie aber die Schwäche ihres Feindes erkennen konnten, war Marwig zum Stadtthor wieder hinaus . Am 5. November hatte unser Regiment unter steten Schar mützeln noch einen Gewaltmarsch von 6 Meilen.
Dann war man
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bis auf eine halbe Meile von Lübeck herangekommen. Der Lieutenant v. Kuilenstjerna wurde mit todtmatten Pferden noch auf Rekognos zirung des Feindes geschickt. Er brachte genaue Nachrichten, daß der Feind überall wäre. Mit Mühe kehrte er zurück, nachdem er 1 Unteroffizier und 5 Huſaren verloren. So war man an den lezten Akt des Trauerspiels gekommen . Es ist bekannt, wie tapfer sich das todtmatte Blüchersche Korps in Lübeck gewehrt hat. Unglück genug kam auch da noch hinzu, seinen Widerstand zu verkürzen.
Nur die
eine Notiz sei hier angeführt, daß in den Straßen Lübecks nach dem Sturm 5000 Leichen lagen. Endlich von allen Seiten umschlossen, vom Meere selbst abgeschnitten, ohne Munition und Futter, mußte auch die Kavallerie, die sich auf das freie Feld gezogen hatte, am 7. November bei Ratkau kapituliren. Der alte Blücher sette es durch, daß in der Kapitulation geschrieben wurde, er ergebe ſich nur, weil er keinen Bissen Brod, keinen Schuß Pulver mehr habe. Als der stolze Feind sich dagegen erst sträubte,
erklärte Blücher, dann
werde er sich mit dem lezten Mann lieber in Stücke hauen laſſen, als kapituliren.
So hatte der alte Held wenigstens das erreicht.
Unser herrliches braves Regiment wurde nun auch kriegsge fangen. Alle Reflectionen über den grausamen Schmerz , der die Bruſt dieſer Männer durchbebte , als sie ihre Schwerter zerbrachen, ſind
müßig .
Kuilenſtjerna
erzählt, daß mehrere Husaren sich die
Hände reichten, das Unglück nicht überleben zu wollen und auch Wort hielten. Diejenigen, welche in weiserem Patriotismus ihr Leben für das Vaterland aufbewahrten, ſuchten mit unsäglicher Liſt aus der Gefangenschaft
zu entfliehen.
Nach und
nach entkamen
mehrere Hundert der gefangenen Husaren, die in ihrem unge heuren Ingrimm Nichts eiliger zu thun hatten, als sich unter allerlei Verkleidungen nach Preußen durchzuschleichen.
Dort wußte man, daß
noch preußische Truppen gegen den verhaßten Feind kämpften, wenn man auch Näheres nicht erfuhr . Eine Mark Brandenburg gab es ja nicht mehr.
Im sogenannten Departement Berlin durften nur
französische Zeitungen gelesen werden und da war natürlich von nichts weiter die Rede, als von der gloire der grande nation. Daß aber nicht
nur französische Zeitungen, sondern auch offizielle
Geschichtswerke es mit dem Lügen nicht genau nehmen und dabei oft in recht lächerliche Irrthümer verfallen, beweist eine Beschreibung der Kapitulation von Ratkau in dem bekannten Werke : Gloires et enquêtes de l'armée française.
Es heißt darin : „ das Zietensche
280 Leib-Husaren-Regiment sei dabei gefangen worden, das so berühmt gewesen sei, daß nach dem Hubertsburger Frieden die Kaiſerin Ca tharina von Rußland ihm Tigerfelle geschenkt habe. - " Jedenfalls würde die Kaiserin viel Selbstüberwindung bewiesen.
haben, wenn sie die Sieger von Zorndorf in dieser Weise belohnt hätte. Während die andern Regimenter, welche bei Ratkau verloren gingen, in diesem Kriege fast alle nicht mehr zur Geltung kamen, brachten es eigenthümliche Umstände mit sich, daß es unseren Husaren noch vergönnt wurde, ihre Säbel an der Passarge und Weichsel mit Franzosenblut zu röthen. Die Depot Eskadron hatte sich nämlich nach Königsberg bei Zeiten gerettet, die Ranzionirten des Regiments meldeten sich bei dieser ungemein zahlreich, und zum großen Glück entging das Re monte-Kommando unter Sohr unter großen Fährnissen den Fran zosen, so daß noch vor Ablauf des Jahres 1806 wieder geschlossene Abtheilungen der Rudorffschen Husaren dem Feinde entgegentreten konnten. Ehe wir auf diese Verhältnisse eingehen,
müssen wir auf den
wunderbaren Zug des Sohrschen Kommandos einen Blick werfen. Sein Führer bewies dabei, um
es kurz zu sagen, solche
eminente
Husarentalente, daß dieser Zug wohl dem bekannten Zietenritt im Jahre 1745 an die Seite zu stellen ist. Sohr hatte 45 Husaren und 3 Unteroffiziere bei sich, hatte in Ujest nicht weniger als 210 Remontepferde für das Regiment er halten und befand sich seit Anfang Oktober auf dem Marsch nach Berlin. Gerüchte von verlorenen Schlachten erreichten ihn zwar, da er aber nicht annehmen konnte, man habe ihn ganz vergessen, und weil er seiner Marschroute folgen zu müssen glaubte, bis er Gegen befehl erhielt, marschirte er seines Weges weiter, bis er den 25. Ok tober in die Gegend von Sagan kam.
Dort
aber
erfuhr
er zu
seinem größten Erstaunen, daß Berlin vom Feinde besetzt, die Brücke von Crossen über die Oder bereits abgebrannt , Streifschaaren der Franzosen sogar schon die Gegend unsicher machten. Man hatte ihn also doch vergessen bis jetzt. - Am folgenden Tage erhielt er Befehl auf Cüstrin zu gehen. Weil er da dem Feinde gerade in die Arme gelaufen wäre, beschloß er, eine andere Marschdirektion einzuschlagen, besonders da der Lieutenant Boumann von seinem eigenen Regiment ihn traf, der ihm die Unsicherheit von Cüstrin bestätigte.
Dieser
281 Offizier war ihm vom Rittmeister v. Zieten, der die Depot-Eskadron in Berlin kommandirte, entgegengeschickt. Zieten befand sich schon in vollem Marsch nach der Weichsel. Was war aber nun zu thun? Zunächst wandte sich Sohr nach Glogau und ging da über die Oder. Der Kommandant erklärte ihm , ihn in der Festung nicht aufnehmen zu können , und da Sohr sich außerdem denken konnte, daß die Feldarmee seine Pferde nöthiger brauchen könne, beschloß er unter allen Umständen zu versuchen, sich bis zu dieser durchzuschlagen. Allerdings wußte er nur, daß sie sich im fernen Osten, auf dem rechten Ufer der Weichsel bilden solle. auf Posen.
Er nahm daher die Direktion
In Polnisch Grätz am 2. November nach starken Mär
schen angekommen, erfuhr er zu seinem Schrecken, daß der Feind über Meserit ebenfalls nach Posen rücke, letterer Stadt aber bereits näher sei, wie er selbst. Warthe weit und breit.
Posen hatte die einzige Brücke über die Er mußte diese eher erreichen wie der Feind
und machte daher am 3. November einen sehr starken Marsch, hof fend, den Franzosen zuvorkommen, als ihn eine Meile vor der Stadt die Meldung traf, ein französisches Detachement sei bereits in der Stadt, eine stärkere Abtheilung sei für den anderen Tag angesagt. Die Sache schien jetzt schon verloren, denn die Brücke bei Schrimm, 4 Meilen südlich von Posen, war abgebrochen.
Sohr
faßte schon den verzweifelten Entschluß, seine Remonten zusammen zukoppeln und mit seinen Husaren dann das feindliche Detachement, das er nicht stark glaubte, zu überfallen und sich so die Brücke zu erobern. Zum Glück erfuhr er noch zur Zeit, daß bei Moszyn etwa zwei Meilen südlich von Posen eine Fähre sei . Sogleich marschirte er dahin und fütterte seine jungen Thiere, die kaum mehr weiter fonnten. F
Das Dorf ließ er umstellen, da er den polnisch gesinnten Ein wohnern Verrath zutrauen mußte. Hatte man doch gar ihn zu be= reden versucht, in polnische Dienste zu treten. Gegen Tagesanbruch marschirte er an das Ufer des Stroms und begann die Pferde über zusetzen.
Ein dichter Herbstnebel lagerte über dem Wasser und es
wollte lange nicht Tag werden. Durch einen Reisenden erfuhr Sohr , daß 200 Chasseurs aus gerückt wären, ihn zu fangen, daß beide Ufer des Stromes außerdem
282 von feindlichen Patrouillen wimmelten , daß endlich der Feind schon in Kurnik, also in derselben Höhe wie Moszyn auf dem rechten Wartheufer stände. Jetzt schien freilich kein Entrinnen mehr möglich, besonders, da der Nebel ſich ſenkte und ein klarer Herbsttag anbrach, die Pferde aber so wild und ungeberdig sich anstellten, daß man erst den dritten Theil hatte übersehen können. Da entschloß sich Sohr, mit dem Rest durch den Strom zu schwimmen , obgleich er meh rere hundert Schritt breit war. Mit dem Geschäft von seinen frü heren Reisen in der Moldau her wohl vertraut, koppelte er die Pferde los und trieb sie in die Fluth. Das Wagestück gelang wider Erwarten gut.
Mit Ausnahme
eines einzigen kamen alle Pferde glücklich hinüber und Sohr beschloß nun, sie nicht wieder zu koppeln , sondern wie die Tambuntschefs zu treiben.
Diese Maßnahme war um so gerechtfertigter, als er Hu
saren frei haben mußte zum Patrouilliren und zum nächtlichen Wacht dienst. Am andern Ufer der Warthe glücklich angekommen , ſchlich sich Sohr nun mit seiner Pferdeheerde im Schuß eines dichten Wal des bis zum Städtchen Kurnik, umging dort den feindlichen Posten und marschirte an demselben Tage noch bis Szroda. Er hatte so mit 6 Meilen zurückgelegt . -Die Franzosen folgten auf dem Fuße Nur die überaus durchschnittene und bedeckte Gegend verhinderte hier wie in den folgenden Tagen die Entdeckung. Außerdem ließ Sohr durch die Ortsvorstände die Franzosen immer fragen, wohin sie mar schiren wollten , natürlich unter dem Vorgeben , müßten, um die Quartiere vorzubereiten.
daß ſie es wiſſen
So wurde er immer von der feindlichen Marschdirektion infor mirt. Am 5. November ging es von Szroda bis Slupce wieder 61½ Meile, den 6. und 7. durch endlose polnische Wälder bis Som polno.
Dort erhielt er wieder die Hiobspoſt, daß der Feind bereits
in seiner linken Flanke in Inowraclaw stehe, also zwischen ihm und dem einzigen Weichselübergange bei Thorn. Es war wieder nichts Anderes zu versuchen , als bei Wloclawek vermittelst der dortigen Fähre überzugehen.
Noch am 7. wurde daher wieder aufgebrochen,
abermals ein forcirter Marsch von 6 Meilen gemacht bis Winiek, 12 Meile von Wloclawek; die Verfolgung des Feindes war hier am schärfſten, dennoch wurde er getäuscht.
Der preußische General
von Rouquette, der jenseits der Weichsel mit einem Dragoner-Regi ment streifte , hörte von Sohrs Bedrängniß, ließ 2 Eskadrons auf
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das linke Ufer gehen und das abgeheßte Kommando aufnehmen.
Am
8. wurde die Weichſel paſſirt und Sohr war mit seinen braven Hu saren gerettet. Die Remonten hatten alle Strapazen glücklich über standen und kamen in Wehlau Ende November ganz munter an. Nur 5-6 Pferde waren zurückgelassen worden . Am 19. November hatte Sohr die Ehre dem Könige , der an diesem Tage auf der Reise nach Wehlau Klein-Ruhr paſſirte, ſich persönlich melden zu können. Der schwer geprüfte Herrscher erfreute ihn mit Worten des höchsten Lobes und die erhabene Königin Louiſe reichte ihm die Hand und sagte : „Wenn Alle so entschlossen und muthig wären wir nicht hier. "
gehandelt hätten,
Sohr war von dem Allen tief ergriffen und schwur ſich aufs Neue, Gut und Blut für ſein Königshaus zu geben , und wahrlich, er hat diesen Schwur gehalten. Wenige Tage nach dieser Begegnung wurde er Stabs - Rittmeister. In Wehlau angekommen, besichtigte Se. Majestät selbst die Remon ten und Sohr erntete neue Lobsprüche. Im Dezember und Januar wuchs die Zahl seiner Husaren durch Rancionirte des Regiments bereits so, daß eine ganze Eskadron davon formirt werden konnte. Dieselbe stieß zum L'Estocq'schen Korps (also zu ihrem früheren durch die Schlacht von Kaiserslautern so berühmt gewordenen Regi ments -Kommandeur) und machte im Februar das Treffen bei Heils berg und die vielfältigen Gefechte an der Passarge mit. Leider ha ben von diesen nähere Nachrichten sich nicht weiter auffinden laſſen. Hierauf wurde die Eskadron auf kurze Zeit einem Freikorps unter dem Kommando des Major von der Marwitz zugetheilt. Sohr machte sich indessen bald von diesem wenig Lorbeeren versprechenden Verhältniß los und erreichte es , dem Korps zugetheilt zu werden, welches unter Kommando des wieder ausgewechselten Generals von Blücher in Schwedisch Pommern landen und von da den Franzosen in die Flanke fallen sollte .
Ein glücklicher Zufall führte Sohr in
dieser Zeit seinen alten Freund, den Lieutenant von Knobloch zu, der, wie wir wissen , ihn zweimal in die Moldau begleitet und in den letzten Jahren bei dem Regiment Gettfandt Husaren gestanden hatte. Dieser brave Offizier, sowie ein Lieutenant von Thielemann desselben Regiments und ein Lieutenant Graf von Wengersky vom Regiment Zastrow Infanterie wurden jezt als Schwadrons - Offiziere
284 Sohr von Sr. Majestät übergeben.
Das Korps von Blücher lan
dete zunächst auf der Insel Rügen und ging dann auf das Festland über.
Militairische Ereignisse erprobten freilich nicht mehr den Muth
unserer Husaren, so sehr diese auch kampflustig waren.