Geschichte der preußisch-deutschen Unionsbestrebungen seit der Zeit Friedrichs des Großen: Nach authentischen Quellen im diplomatischen Zusammenhange [Reprint 2019 ed.] 9783111645308, 9783111262277


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German Pages 656 [660] Year 1851

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Vorwort
Einleitung
Der deutsche Fürstenbund
Der norddeutsche Reichsbund
Inhalt
Berichtigungen und Nachbemerkungen
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Geschichte der preußisch-deutschen Unionsbestrebungen seit der Zeit Friedrichs des Großen: Nach authentischen Quellen im diplomatischen Zusammenhange [Reprint 2019 ed.]
 9783111645308, 9783111262277

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Geschichte der

preußisch-deutschen

Unionsbestrebungen seit

der Zeit Friedrichs des Großen.

Nach authentischen Quellen im diplomatischen Zusammenhange dargestellt von

Dr. ti). Adolf Schmidt außerordentlichem Professor der Geschichte an der Universität -u Berlin.

Berlin, 1851. Verlag von Veit und Comp.

v o rrv o rt. ©6 giebt geschichtliche Thatsachen, deren Bedeutung längst ver­ ronnen scheint, und die doch plötzlich nach neuen Wandlungen unserer Geschicke eine erneute und unmittelbare Bedeutung gewin­ nen. Dahin gehören gegenwärtig die früheren Unionsbestrebun­ gen in Deutschland. Die vorliegende Arbeit hat meine jüngst erschienene Schrift „Preußens deutsche Politik. Die Dreisürstenbünde 1785, 1806, 1849" zu ihrer steten Voraussetzung. Beide ergänzen einander. Dort sind die allgemeinen Verhältnisse in erzählender Form ge­ schildert; hier die Details der Entwickelungen in ihrem ursprüng­ lichen urkundlichen Gewände vorgeführt. In jener Schrift hatte ich, ohne Benutzung archivalischer Quellen, aus oft nur spärlichen, jederzeit aber unzureichenden Ueberlieferungen den Faden der Dar­ stellung mehr kombinatorisch als mit der Zuversicht der Authen­ ticität fortgesponnen. Ich versuchte eben zu zeigen, daß von den Dingen zwar zu wenig bekannt sei um die Wahrheit ganz zu er­ kennen, aber doch zu viel um sie noch ferner zu verschweigen. Daß dieser Versuch kein völlig mißlungener war, davon giebt die ge­ genwärtige Arbeit Zeugniß, die in ihrer ganzen Ausdehnung un­ mittelbar aus dem unerschöpflichen Material archivalischer Schätze herzustellen mir vergönnt war. Nicht überall jedoch zeigte sich dieselbe Geneigtheit, der histo­ rischen Forschung die Bahn zu ebenen.

IT

In Berlin erhielt ich schon im April d. I. durch die Vermitt­ lung deö Directors der Archive, deS Wirklichen Geh. Ober-RegierungsratheS Herrn G. W. von Raumer, die Autorisation deS Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten zur Benutzung der Akten deS Geheimen Staats-Archivs, sowohl in Betreff deS deut­ schen Fürstenbundes von 1785, wie in Betreff deS nordischen Reichsbundes vom Jahre 1806. Für den ersteren fließen daselbst die Quellen so reichhaltig, daß sie in keiner Beziehung etwas zu wünschen übrig lassen. Dagegen sind die Akten über den Bund von 1806 nur fragmentarisch; theils weil daS Meiste in Berlin wie in Dresden mündlich verhandelt wurde; theils weil, wie Herr von Raumer mir schriftlich bestätigte, der Minister von Haugwitz „nach der Schlacht von Jena viele seiner Papiere verbrannt hat, und darunter nicht unwahrscheinlicher Weise Vieles was auf diese Sache Bezug hatte." Auch der Geheime Archivrath Klaatsch be­ zeichnet jene Zeit als die „traurige Periode, aus der bekanntlich die Papiere größtentheilS vernichtet sind." Um nun die betreffenden Lücken aus den Archiven zu Dres­ den und Cassel ergänzen zu können, wandte ich mich im Juli d. I. mit einem desfallsigen Gesuche sowohl an daS königl. sächsische wir an daS churfürstl. hessische Gesammtministerium. Von Dresden her wurde mir durch die Kanzlei des Gesammtministeriums eröff­ net, daß „ertheilter Anordnung gemäß" mir „die Benutzung der im HauptstaatSarchiv über den im Jahr 1806 projectirten nordi­ schen Reichsbund befindlichen Nachrichten zu dem beabsichtigten Zwecke nicht gestattet werden könne." Aus Cassel erhielt ich von Seiten des Ministeriums des Innern „kraft allerhöchsten Auftrags" den Bescheid: „daß man bedaure, dem Unternehmen nicht förderlich sein zu können, da daS diesseitige Staatsarchiv keinerlei Akten enthalte, welche auf die bezeichnete Periode Bezug haben." Gleichzeitig kam mir auf Privatwegen die Be­ nachrichtigung zu, daß zwar das Staatsarchiv in Cassel über den Bund von 1806 allerdings nichts enthalte; daß jedoch zu Wilhemshöhe ein sogenannte- KabinetSarchiv bestehe, welches die Akten über Familienangelegenheiten deö Fürstenhauses enthalten soll, wozu aber Niemand Zutritt habe, so daß auch Niemand wisse, waS eigentlich darin lagere. „ES ist hier Gewohnheit,"

sagt dieser Privatbericht, „wenn Sachen fehlen die nothwendig vorhanden sein müssen, zu vermuthen, daß sie in jenem unbekann­ ten Behälter begraben sein müßten." Nur auS Weimar wurden mir schon im April Mittheilungen zugesagt, fall- sich in dem dortigen Hauptarchiv Nachrichten über den Bund von 1806 vorfinden sollten; eS ist indessen seitdem keine Mittheilung an mich erfolgt. So war ich denn auf das Geheime Staatsarchiv in Berlin, mit dem das KabinetSarchiv bekanntlich vereinigt ist, allein ange­ wiesen und nach Kräften bemüht, die Lücken in dem Zusammen­ hange der Hauptakten durch ein Eingehen auf Nebrnpartirn zu ergänzen. Nicht dankbar genug kann ich eS anerkennen, wie sehr meine Bemühungen hierin durch die Bereitwilligkeit und persön­ liche Theilnahme sowohl deS Herrn G. W. von Raumer selbst, wie der Geheimen Archivräthe Herren Klaatsch und Köhne, erleich­ tert und unterstützt worden sind. Welche Ausbeute dieselben gewährten, mag der Leser selbst ermessen. ES genügt zu bemerken, daß alle Nachrichten in die­ sem Buche auS dem genannten Archiv entnommen sind, bei denen nicht ausdrücklich eine andere Quelle bezeichnet ist. Dieser letzteren aber sind sehr wenige. ES gehören dahin namentlich die dürftigen Anführungen auS den Dresdener Archi­ ven in dem Werke von Pölitz „Die Regierung Friedrich Augusts, Königs von Sachsen," die ich, soweit sie noch nicht entbehrlich geworden, auf erschöpfende Weise in den Zusammenhang einge­ fügt habe; die irrthümlichen Angaben desselben werden sich zum Theil nun von selbst widerlegen, so daß eS überflüssig wäre, jeg­ lichen Irrthum besonders hervorzuheben. — Ferner einige einschla­ gende Notizen in dem jüngst erschienenen Werke des Obersten von Höpfner „Der Krieg von 1806 und 1807. Ein Beitrag zur Ge­ schichte der preußischen Armee, nach den Quellen deS KriegSarchivö bearbeitet. Erster Theil. Erster Band 1850. Berlin." — Die Stücke über den Fürstenbund, welche Hertzberg im zweiten Theil seines Recueil unter Nr. 7—11 mitgetheilt hatte, sind nach den handschriftlichen Texten vielfach berichtigt worden. Die neue akademische Ausgabe von Friedrich des Großen Werken enthält (T. VI. p. 211 ff.) nichts als einen Wiederabdruck der im Re-

cueil unter Nr. 9 und 10 veröffentlichten Dokumente, und zwar in derselben unauthentischen Form, weil man auf die Origfimle nicht zurückging. Manche Aufstellungen, die in meiner Schrift „Preußens deutsche Politik" nur als Ergebnisse bloßer Combinationen erschei­ nen, finden nunmehr ihre volle Bestätigung und Präcisirung. Ei­ nige erleiden eine Modifikation. Ueber das Ganze deS Gegen­ standes aber ergießt sich, durch die Fülle der Einzelheiten, ein hel­ leres, oft überraschendes Licht, das eine Menge neuer Zusammen­ hänge und Verbindungen, neuer Ursachen und Wirkungen beleuch­ tet und scharf in die Augen fallen läßt. Bleibt hin und wieder ein dunkler Punkt von diesem Lichte unerreicht, so bin ich mir doch bewußt, sowohl nach allem was Aufklärung geben kann ge­ strebt, als auch, selbst auf die Gefahr deS Anstoßes, nichts auS Rücksichten unterlassen oder übergangen zu haben. Und auch von außenher, wie ich freudig im Namen der Wissenschaft anerkennen darf, hat keine Rücksicht meine Mittheilungen auch nur um ein Wort verkürzt. In Betreff der Akten über den Fürstenbund er­ hielt ich unterm 31. August die Erklärung, daß das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten „nichts gegen deren Abdruck zu erinnern finde." In Betreff des Bundes von 1806 wurde mir die gleiche Erklärung unterm 21. Oktober zu Theil. Daß ich das Maibündniß von 1849 vorläufig unberührt ließ, rechtfertigt sich von selbst, da dessen Geschichte im frischen Gedächt­ niß steht und die Akten desselben durch das öffentlich« Verfahren der Diplomatie zur allgemeinsten Kunde gelangten. Ebensowenig schien eö mit geeignet oder gar nothwendig, bis auf das antiösterreichische Projekt einer Neichsassociation vom Jahre 1743 zu­ rückzugehen, das in Baiern entstand, von Friedrich dem Großen und dem Bischof von Würzburg namentlich begünstigt wurde, und den Zweck hatte, zunächst durch eine enge Verbindung BaiernS und Preußens den Wittelebachischen Kaiser aufrecht zu erhalten. Ranke hat über diesen Versuch, der nicht über den baierischer Seils vorgelegten Entwurf hinausging und durch Carls VII. Tod völlig abgeschnitten wurde, einige Data beigebracht (Neun Bücher Preuß. Gesch. 3, 94 ff). Wenn ich im Eingänge, trotz der eben envähnten Mängel,

TU

meine frühere Arbeit über denselben Gegenstand als die Voraus­ setzung der gegenwärtigen bezeichnete,

so geschah dieS, weil eS

billigerweise hier nicht meine Ausgabe sein konnte, dort Gesagtes zu wiederholen, denselben Faden noch einmal zu spinnen.

Viel­

mehr lag es mir ob, die Entwicklung der Dinge nur insofern und so weit erläuternd zu begleiten, als sich mir neuer Stoff darbot; nicht

eine nach allen Richtungen sich ausdehnende selbstständige

Darstellung zu geben, sondern daö urkundliche Material mit dem ganzen Reichthum seine- Inhalts

in

die bekannteren Umrisse

einzuweben; und zwar deshalb, weil diese Urkunden fast durch­ gängig zum erstenmal in die Oeffentlichkeit treten, und weil es daher unverzeihlich gewesen sein würde, etwas Anderes als die Authenticität in der Form der Mittheilung zum leitenden Ge­ sichtspunkt zu machen.

Auö diesem Grunde mußte denn auch die

französische Sprache überall, wo sie als die vfficieUe und ursprüng­ liche Form auftrat, unversehrt beibehalten werden. Freilich wurde die französische Sprache in diesen Aktenstücken von sämmtlichen Betheiligten auf eine Weise gehandhabt, die, zu­ mal heutigen Tags, unendlichen Anstoß erregen muß.

Ich meine

nicht etwa bloß den gänzlichen Mangel an Orthographie, wie er sich bekanntermaßen in allen Handschriften Friedrichs des Großen kund giebt; sondern zumal auch den fehlerhaften Gebrauch der Syntar, der z. B. durchgängig dahin neigt, si mit dem Conditionnel zu verbinden.

Ich habe indessen geglaubt, an dieser Form

im Wesentlichen nichts ändern zu dürfen; nur in einzelnen Fällen ist die heutige Rechtschreibung als maßgebend angewandt, wie ai statt oil); ferner habe ich bloße Schreibfehler der augenfälligsten Art stillschweigends verbessert; endlich aber auf die Accentnativn, bei der in den Handschriften absolute Willkür herrscht, durchgän­ gig feste Regeln angewandt.

Uebrigens kommt da,

wo chiffrirte

Depeschen zu Grunde liegen, ein großer Theil der Schuld an der mangelhaften Form auf Rechnung der ungelenken und eiligen Dechiffrirungen. ') Dahin gehört auch Frfideric statt Fedcric, wie der König sich un­ terschrieb. Wider Willen ist die Scbreibweise lemps nicht konsequent durch­ geführt, und wechselt mehrfach mit tems. Auch ist nicht stet« chaos für cahos und cahot gesetzt.

Till

In Betreff der zahlreichen gemeinsamen Berichte, welche die Minister Finckenstein und Hertzberg in der Unionsangelegenheit an Friedrich II. abstatteten, ist zu beachten, daß dieselben sämmtlich von Herhberg herrühren; Finckenstein revidirte sie nur und corrigirte hin und wieder Einzelnes hinein. Die zittemde Handschrift drS Letztem ist oft wunderbar unleserlich, namentlich in seinen Briefen; dennoch ist eS mir mit der Zeit gelungen, auch die schwie­ rigsten seiner Hieroglyphen zu enträthseln. Die Hand, deren sich Friedrich 11. in seinem Kabinet bei den nicht eigenhändigen Schrift­ stücken bediente, war in der Unionösache durchgängig die deS Geh. .Kabinetsratheö LaSpeyres. Besondere Register über die Akten und deren Stoff habe ich dadurch entbehrlich zu machen gesucht, daß ich gleich in dem Inhaltsverzeichnisse die sämmtlichen Documente, die ich theils ganz. theils im Auszüge aufgenommen, genau rubricirtr. Die Nachrichten über die Bünde von 1785 und 1806 sind im Ganzen aus 35 Aktenbänden geschöpft. DaS Maaß deS vorhandenen Materials hat eS mit sich ge­ bracht, daß die Darstellung des Bundes von 1806 nur halb so viel Raum in Anspruch nimmt, wie der Bund von 1785. Ob es mir vergönnt sein wird, in rechter Zeit auch die Geschichte der neuesten Unionsbestrebungen in gleicher Behandlungsweise dieser Arbeit anzuschließen, muß ich für jetzt dahin gestellt sein lassen. Und hiermit empfehle ich denn auch dieses Werk der Nach­ sicht und Theilnahme deS Publikums. Berlin den 8. November 1850. Adolf Schmidt.

Einleitung.

1. Gliederung der preussisch-deutschen Llmonsbestrebungt«. §. 1.

Die Bemühungen, Preußen mit dem übrigen Deutschland in rin engeres UnionSverhältniß zu bringen, begannen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Sie erreichten seitdem drei Höhepunkte ihrer Bethätigung: 1) in dem deutschen Fürstenbunde FriedrichS deö Großen 1785; 2) in dem Projekt drS Norddeutschen ReichSbundeS 1806; 3) in dem Bündniß vom 26. Mai 1849. Der Charakter dieser drei Bildungen war nicht völlig ein und derselbe. Dem Fürstenbund lag zunächst die Idee deS Gleichgewicht- zu Grunde; dem nordischen Reichsbunde die Idee der Nationali­ tät; dem Maibündniß die Idee der Volksvertretung, deS par­ lamentarischen BundeSstaatS. Damit sind indessen nur die hervorstechendsten Merkmale der einzelnen Epochen bezeichnet; denn daö eigentliche Wesen dieser Gliederung bestand nicht in der bloßen Aufeinanderfolge der unterscheidenden Ideen, sondern in ihrer organischen Steigerung und progressiven Verschmelzung, der­ gestalt, daß die spätere Idee nicht etwa die früheren aufhob, sondern sie vielmehr nur in sich aufnahm. Der Fürstenbund be­ ruhte daher allerdings lediglich auf dem Gleichgewichtsprincip; die nationale Färbung darin kam nur einem leisen Anhauch gleich, und von einem parlamentarisch-konstitutionellen Bedürfniß zeigte sich weder Spur noch Ahnung. Da- Projekt de- Norddeutschen

i*

4 Reichsbundes dagegen stellte die Nationalitätsidee unmittelbar in den Vordergrund, behielt aber zugleich die Antriebe der Gleichge­ wichtsidee bei, während in der beabsichtigten Begründung eines permanenten RegierungScongresses wenigstens nur ein sehr schwa­ cher Anflug parlamentarischen BedürsnisseS zu Tage kam. Mit dem Maibündniß endlich trat das Princip der Volksvertretung, des parlamentarischen Bundesstaats an die Spitze der Unionsbe­ strebungen; zugleich aber nahm eö wiederum auch die älteren Grundlagen sowohl der Gleichgewichts-, wie in noch höherem Grade der Nationalitätsidee in sich auf und in die neue Phase mit hinüber. Der Fürstenbund hatte demnach nur einen Bildungstrieb, der nordische ReichSbund deren zwei, das Maibündniß drei. 2. Änioneanlriebe zur Zeit Friedrich« de« Grosze«. §.

2.

Die Unionsbestrebungen des vorigen Jahrhunderts, als ausschsießliche Produkte der Gleichgewichtsidee, gingen ans der ge­ meinsamen Besorgniß Preußens und des übrigen Deutschlands vor der Uebermacht Oesterreichs hervor; aus der Befürchtung, daß eS bei der Zersplitterung deS deutschen BodenS und seiner .Kräfte dieser Uebermacht gelingen könne, durch successive Erwer­ bung der Reichsländer auf dem Wege der Diplomatie oder deS Zwanges Deutschland allmählig in einen Einheitsstaat umzuwan­ deln. Die Idee eines solchen erschien aber den Theoretikern und Politikern aller Staaten als ein völliger Umsturz des europäischen Gleichgewichts, und als der Weg zur Anbahnung einer Univer­ salmonarchie, gegen die man ohne Unterlaß gerungen, und die in der That so wenig mit dem Fortschritt der Civilisation wie mit der Freiheit verträglich ist. Allerdings hatte mit Joseph II. die österreichische Politik diese Richtung wiederum eingeschlagen. Allein es war doch nicht so sehr auf einen deutschen Einheitsstaat, als vielmehr nur an sich auf eine fortschreitende Erweiterung der österreichischen Hauömacht im Reiche abgesehen. Dieser Zug der österreichischen Politik lebte .deshalb ab und zu immer wieder auf, weil er ihr eingeboren war

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und daher nur mit dem Dasein Oesterreichs oder mit der physischen Unmöglichkeit einer Erweiterung nach deutscher Seite hin enden konnte. Denn der Antrieb dazu lag nicht etwa in einem bloß an­ gewöhnten Ehrgeiz, oder in einer prinziplosen Habsucht, sondern in dem Lebensinstinct und in der eigenthümlichen Beschaffenheit deS österreichischen Staatengebildes, in der jener nicht die Bürg­ schaft dauernder Besriedigung fand. Oesterreich bedurfte Deutsch­ lands freilich nicht zu seiner Eristenz, wenn eS blieb was es war. Aber eS barg in sich selbst das Gefühl deS Zweifels an dem dau­ ernden Bestände eines Staatencompleres, der aus so verschieden­ artigen und einander abstoßenden Theilen zusammengesetzt ist. Und dieser Zweifel drängte es, auf alle Fälle sich eine dauernde und möglichst ausgedehnte Eristenz auf dem Boden zu sichern, aus dem es hervorgewachsen; für den Fall der Ablösung fremdartiger Glieder schon im Voraus einen Machtersatz in Deutschland zu suchen; denn eö ist die Natur des LebensinstincteS, nicht bloß das Dasein überhaupt fristen, sondern eö auch in einem minde­ stens nicht geringeren Krastumfange erhalten zu wollen, als eS dermalen thatsächlich besitzt. Daher also das Trachten Oesterreichs, sich durch Erwerbung deutscher Reichsländer zu vergrößern; daher seit Joseph II. nicht nur die Geltendmachung unbegründeter Erb­ ansprüche auf Baiern, sondern auch die Lust die fernen Nieder­ lande zu deren dauerndem Besitz man eben mit Recht, wie die Erfahrung gelehrt hat, kein Vertrauen hegte, rechtzeitig gegen den sicheren Besitz des deutschen Nachbarlandes auszutauschen; daher endlich die zahlreichen und mannigfaltigen Eingriffe deS Wiener HofeS in das deutsche Reichssystem, die ihrem letzten wenn auch fernen Ziele nach auf nichts Geringeres als die Umbildung Deutsch­ lands zu einem Einheitsstaate gerichtet schienen. Aber eben an diesem Streben Oesterreichs entwickelte sich daS Bewußtsein der kleinen deutschen Staaten sowie Preußens. Auch in ihnen regte sich der Lebensinstinct und drängte mächtig zu po­ sitiven Schöpfungen, um ihren eigenen Bestand durch neue Bürg­ schaften dauernd sicher zu stellen. Immer deutlicher rang sich in Preußen und im übrigen Deutschland auö dem bloßen Gestühle die Ueberzeugung hervor, daß wenn eins von beiden in seiner Jsolirung der Uebermacht Oesterreichs erliege, dann auch der an-

6 bett Theil seine Selbstständigkeit nicht auf die Länge würde be­ wahren können. Solche Ueberzeugung, solche gemeinsame Besorgniß war eS, welche in Beiden gleichzeitig daö Bedürfniß erweckte, sich durch ein engeres Aneinandersckließen mit der bisherigen Uebermacht der österreichischen Ländermasse in ein Gleichgewicht zu sehen. Und dieses deutsche Gleichgewicht sah man zugleich alS die Grundbedingung des europäischen an. 3. Missstimmungen gegen Oesterreich.

§. 3. Fassen wir die besonderen Gründe der Mißstimmung und deS Mißtrauens gegen Oesterreich, soweit sie den Unionsbestrebungen Nahrung gaben, in einen Ueberblick zusammen, so waren es na­ mentlich folgende: 1) und vor allem jene Absicht der Vergrößerung der öster­ reichischen Hausmacht durch Aneignung von Reichsländern, wie sie in Bezug auf Baiern mehrfach und noch neuerdings in den Anlässen zum baierischen Erbfolgekriege sich rückhaltslos bethätigt hatte, während sie in Bezug auf Würtemberg mit dem geräusch­ losen Anbahnen einer Reünirung in fernerer Zukunft sich begnügte. 2) die Absicht der Vergrößerung durch Säkularisationen. 3) die Eindrängung österreichischer Prinzen in deutsche Bisthümer, beson­ ders durch Erwirkung von Anwartschaften auf die Nachfolge, durch Erwerbung von Coadjutorien; wie es denn noch neuerlich dem Kaiser ungeachtet der nachdrucksvollen Opposition Friedrichs des Großen gelungen war, die Wahl des Erzherzogs Marimilian zum Coadjutor bei den Hochstistern Köln und Münster durchzusetzen. 4) die theils durchgeführte, theils intendirle Zergliederung von Bisthümern; ein LooS, das noch jüngst zum Vortheile Oesterreichs und zum Entsetzen der geistlichen Stände das Bisthum Passau ereilt hatte. 5) die Lähmung und gänzliche Hemmung der Thä­ tigkeit des Reichstags, mittelst Anregung und endloser Fortspinnung präjudicieller Fragen, namentlich der minutiösen Streitigkeiten über das Stimmrecht der Westphälischen Grafen aus confessionellem Gesichtspunkte; wodurch denn den Ständen jede Möglichkeit -einer verfassungsmäßigen Einwirkung auf die Leitung der Reichs

angelegenheiten benommen wurde.

Und hieran knüpften sich 6) die

eigenmächtigen Uebergriffe des Reichshofraths in Wien.

7) die

von Oesterreich in seinem Interesse und zur Vermehrung seineEinflusses beabsichtigte Creirung neuer Churwürden und Fürsten« thümer, insbesondere einer neunten Churwürde für Würtrmberg. 8) die Absicht der Veranstaltung einer Römischen König-Wahl, um dem Hause Oesterreich da- Regiment in Deutschland auch für die fernere Zukunft zu sichern.

9) die Anwendung de- öster«

reicbischen Creditwesens und der kaiserlichen Debitcommissionen als Mittel, um die Reichsstände aus finanziellen Rücksichten von dem Wiener Hofe abhängig zu machen; was denn auch bei manchen derselben, und sogar wenigstens indirect

selbst bei größeren wie

Hessen-Darmstadt, wirklich gelang. Diese und ähnliche Gründe oder Anlässe bedingten den Cha­ rakter der Gegenbestrebungen.

Der leitende Gedanke derselben

war und konnte kein anderer sein als der: Deutschland vor den Vergrößerungsabsichten, vor den Ein- und Uebergriffen Oester­ reichs sicher zu stellen; und der Endzweck, auf den sie insgesammt hinausliefen, war demnach: die Ausrechthaltung deS bisherigen ReichösystemS oder der Reichsverfassung, und damit den Einzel­ staaten den Fortbestand ihrer Eristenz, ihrer Besitzungen und Rechte, durch eine engere Union zu verbürgen. 4.

Ursprünge der deutschen Fürstenbunde».

§. 4. Das Bedürfniß eines solchen engeren AneinandrrschließenS wurde aber keineswegs vorzugsweise in Preußen gefühlt.

Viel­

mehr regte eS sich gleicherweise wo nicht in noch höherem Maße, und gleichzeitig wo nicht noch früher, in den kleineren Staaten Deutschlands.

Daher waren die Unionsbestrebungen des vorigen

Jahrhunderts nicht etwa nur preußischen, sondern überhaupt deut­ schen Ursprungs, d. h. sie gingen nicht ausschließlich oder nur zunächst von Preußen aus, sondern auch und zwar vornehmlich von an­ deren Staaten und Fürsten; namentlich von Baden und von dem gegenwärtigen Regentenhause in Baiern.

Das letztere ging

dabei entschiedener als irgend rin anderes von der Ueberzeugung

8 KU-: daß für Deutschland nur Heil sei in der engsten Union der sämmtlichen mittleren und kleineren deutschen Staaten untereinan­ der und mit Preußen.

Alles, was man bisher von der Entstehung und den Keimen des deutschen Fürstenbundes wußte, beschränkt sich auf die dürf­ tigen und zum Theil sehr unbestimmten Andeutungen bei Hertz­ berg und bei Dohm. Hertzberg sagte darüber im Jahre 1789 in einer Note zu seinem Rccucil 2,364: 11 sera bien h propos d’ajouter ici unc petite histoire de 1’origlne de l’association ou Union Germanique. Apres la prämiere affaire de Bavicre, la paix de loschen et Pölection de Gologne et de Münster, le Comte de Hertzberg avait eu quelques fois Poccasion de s'entretenir avec le roi sur l’idee d’une association des Princcs pour Io maintien de la Constitution Germanique, laquelle rappella au roi le Souvenir de la ligue de Smalcaldc. Le roi regnant aujourd'hui, comme prince royal, eut alors la mfimo id6e, consulta lü dessus le Comte de Hertzberg, et s’y pröpara avec plusieurs Princes de l’Empire. *) Dohm in seinen Denk­ würdigkeiten 3,62 erzählt: „Diese Betrachtungen leiteten mehrere patriotische deutsche Fürsten auf den gleichen Gedanken, den Fried­ rich gehabt hatte. Da ihnen letzteres unbekannt geblieben, wandten sie sich an den preußischen Thronfolger. Dieser gab sein Wort, wenn er zur Regierung gelange, der Vertheidiger deutscher Ver­ fassung sein und deshalb mit patriotischen Reichsständen eine feste Verbindung schließen zu wollen. Hertzberg, den der Prinz von Preußen um Rath fragte, leitete, dem Könige unbewußt, auch diese Unterhandlungen." Aber nicht nur sind diese und die folgenden Angaben DohmS ungenau, sondern sie beruhen auch nur auf bloßem Hörensagen. „Ich erinnere mich, setzt er in einer Anmer­ kung hinzu, dieses von Hertzberg gehört zu haben, und daß derselbe mir den Herzog von Zweibrücken, den Markgraf von Baden, den Herzog von Weimar und den Fürst von AnhaltDe sau alS die Fürsten nannte, welche diese guten Gedanken hat") Vgl. den Präcis de la carri&re diplora. du C. de Hertzberg in mei­ ner Zeitschrist f. GeschichtSwissensch. Th. I. S. 2?. f. und die daselbst ange­ führten noch dürftigeren Aeußerungen,

9 ten. Auch ist mir dieses aus einer andem sehr glaubwürdigen Quelle versichert." Es leuchtet ein, daß Dohm gar keine akten­ mäßige Kenntniß deS Thatbestandes besaß, und daß ihm die Sach­ lage, der wahre Verlauf und Zusammenhang der Dinge völlig unbekannt war und blieb. §. 5. Unter diesen Umständen erhält die vielbesprochene Frage von dem Ursprung des deutschen Fürstenbundes durch die nachfolgen­ den urkundlichen Mittheilungen zum erstenmal eine zugleich er­ schöpfende und überraschende Aufklärung. Die Thatsachen, wie sie sich aus den Akten herausstellen, sind hauptsächlich und in der Kürze folgende: 1) Schon im Jahre 1783 tauchten die UnionSprojecte auf, und schon mit dem Beginn des Jahres 1784 finden wir die Ver­ suche zu ihrer Entwicklung im vollen Gange. 2) Friedrich der Große hegte die Idee des deutschen FürstenbundeS mindestens schon im Jahre 1783, und besprach dieselbe namentlich im Herbst deS gedachten Jahres ausführlich sowohl mit seinem Staats- und KabinetSminister Grafen von Finckenstein, wie mit dessen Kollegen dem Herrn von Hertzberg (f. §. 18. §. 46); noch gegen Ende des JahreS 1783 besprach er sie ferner auch schon mit dem Herzog von Braunschweig (§. 8.), und im Januar 1784 neuerdings mit Hertzberg ($. 9 ). 3) Noch ehe Friedrich der Große, und zwar im Mär; 1184, darauf drang, die Verwirklichung der Idee kraftvoll anzugreifen, ließ sich der Prinz von Preußen, der nachmalige König Friedrich Wilhelm II., feit dem Ende des Jahres 1783, sowohl mit Hertz­ berg wie mit mehren deutschen Fürsten, in Discussionen und Cor­ respondenzen darüber ein, und machte den Ersteren zu seinem ver­ trauten Rathgeber. Beide, der Prinz von Preußen und Hertzberg, theilten sich alle Correspondenzen, die sie in Betreff deS UnionöplaneS führten und empfingen, gegenseitig mit. Mit ihnen stan­ den namentlich der Herzog von Braunschweig und der Herzog von Pfalz-Zweibrücken deshalb in schriftlichem Verkehr. Der Erstere war bereit, in Betreff Hannovers den Vermittler zu bilden. 4) Seit derselben Zeit, seit den letzten Monaten deS Jahres

10 1783 verhandelten auch mehrere deutsche Fürsten, namentlich Ba­ den, Pfalz-Zweibrücken, Gotha, Weimar, Anhalt-Dessau und Braunschweig, unter sich über die Unionsidee, und machten dabei wiederum Hertzberg zum Vertrauten. Diejenigen unter ihnen, welche zuerst und auf eigene Hand mit positiven Unionsent­ würfen hervortraten, waren Baden und Pfalz-Zweibrücken. Auch diese selbstständigen Bestrebungen gingen sämmtlich darauf aus, entweder Preußen unmittelbar in die Verbindung hineinzuziehen und an die Spitze zu stellen, oder ihm das Protectorat derselben anzuvertrauen. Hin und wieder dachte man auch in Süddeutsch­ land daran, außerdem noch die Garantie Frankreichs und selbst Rußlands zu erwirken. So groß und so einmüthig war das Mißtrauen gegen die Politik Oesterreichs, und die Besorgniß vor dessen Uebermacht. Darauf lief namentlich der Baden sch e Unionsentwurf hinaus, der, von dem Badrnschen Minister von EdelSheim verfaßt, mit dem Ende des Jahres 1783 auftauchte. Er bezweckte ParticularUnionen der kleineren Fürsten unter sich, ebenso der Churfürsten untereinander, und wiederum eine Verbindung aller dieser Particular-Unionen zu einer weiteren Union; für diese nahm er dann die Garantie Preußens in Anspruch, indem er eventuell zugleich die von Frankreich und Rußland in Aussicht stellte. In Betreff der Creirung neuer Churwürden wurde die Absicht ausgesprochen, sie zu verhindern oder doch nur Mitglieder der Union dazu ge­ langen zu lassen (§. 6. Punkt 7). Ueber diesen Entwurf wurden Badenscher SeitS Unterhandlungen gepflogen mit Pfalz-Zwei­ brücken, Gotha, Weimar, Dessau und Braunschweig. Der Fürst Franz von Anhalt-Dessau bildete dabei den Vermittler einerseits zwischen Baden und Braunschweig, andrerseits zwischen dem Herzog von Braunschweig und Hertzberg (§. 8. K. 9.). Braunschweig rieth zu einer genaueren Prüfung deS Entwurfes, zu ei­ ner detaillirteren Ausarbeitung einzelner Punkte, und zu Unter­ handlungen mit den mächtigeren Churfürsten und Fürsten des ReichS. Dem Psalz-Zweibrückenschen Hause lag am meisten an dem Zustandekommen einer Union; eS wollte umsichtig vorbereiten, allmählig anbahnen. Die Zweibrückenschrn Bemühungen in die-

11 ser Richtung datiren ihren positiven Anfang mit dem Ende des August oder dem Beginn des September 1783 (§. 52.), und be­ wegten sich auch ihrerseits zunächst ganz unabhängig von Preußen. Doch schon bald daraus begab sich im Aufträge de- Herzogs der Zweibrückensche Minister von Hofenfelö an den Preußischen Hof. Diese Mission fällt in den October und November 1783. Hosen­ fels hielt sich theils in Berlin theils in Potsdam auf, pflog Un­ terredungen mit dem Könige, insbesondere aber mit dem Prinzen von Preußen und dem Minister von Hertzberg, und verhandelte namentlich mit diesen über die Zukunft Deutschlands, sowie über ein Heirathsproject zwischen Marimilian, dem Bruder des regie­ renden Herzogs von Zweibrücken, und einer preußischen Prinzes­ sin. Er unterrichtete den Minister Hertzberg von seinen bisheri­ gen Schritten und fand überall mit der von ihm, wenn nicht zuerst doch mit erneutem und selbstständigem Nachdruck in Anregung ge­ brachten Confvderationsidee eine beifällige Ausnahme. So erscheint Zweibrücken in der That als ein Hauptanstifter der Union; der Herzog blieb fortan darüber in Correspondenz mit dem Prinzen von Preußen, sowie Hofenfelö mit Hertzberg. Im Februar 1784 trat Zweibrücken, an den Badenschen Entwurf anknüpfend, mit einem neuen detaillirteren hervor, oder vielmehr mit einer Denk­ schrift über die bei Verfolgung des Planes einzuhaltenden Wege. ES wurden darüber neuerdings unmittelbare Verhandlungen zwi­ schen Pfalz-Zweibrückrn und Baden, sowie einigen anderen Für­ sten gepflogen; erst im Juni gelangte die Denkschrift an daS preußische Ministerium. Daö Pfalz-Zweibrückensche Project er­ klärte sich entschieden gegen die Bildung von Particular-Unionen, wie sie der Badensche Entwurf wenigstens als erste Grundlage vorgeschlagen hatte. Vielmehr sollte die Union von vornherein alS eine Gesammteinigung Deutschlands gegen Oesterreich „unter den Auspicien und dem Protektorate" Preußens auftreten (§. 12 ); alle deutschen Stände ohne Ausnahme müßten daran Theil neh­ men (§. 15. §. 2.), Preußen „an der Spitze der Union" stehen, der König die „wahrhafte Leitung" der Angelegenheit übernehmen; jedoch dürfe vor der Hand nur der Erfolg vorbereitet, mit der Bildung selbst aber nicht eher vorgeschritten werden, als bis nach erfolgtem Uebergange der Regierung in Baiern an den Herzog

12 von Psalz-Aweibrücken (§. 52.). Dieses Haus hielt eine solche, daS ganze Deutschland umfassende Union für unentbehrlich, um Oesterreich die Spitze bieten und ein Gleichgewicht der Kräfte her­ stellen zu können; es stellte dieselbe als ein Project dar, wodurch der gesammte politische Zustand von Deutschland, und damit von ganz Europa umgeändert werden solle (§. 15. §. 6.). 5) Hertzberg war mithin oder wurde, wie sich aus dem Obi­ gen ergiebt, der Mittelpunkt und gleichsam die Seele aller Unions­ bestrebungen. wie er denn auch seinerseits allerdings in einem noch früheren Zeitmoment, als die bisherigen Daten ergeben, nämlich schon im Mai 1783 die Idee mit dem Fürsten von Anhalt-Des­ sau besprochen hatte (§. 9). Die unter 3 und 4 bezeichneten Verhandlungen mußten daher, weil sie in ihm einen gemeinschaft­ lichen Berührungspunkt fanden, nothwendig vielfach in einander übergreifen; weshalb denn auch der Prinz von Preußen sowohl in die Badenschen wie in die Pfälzischen Pläne eingeweiht war. Vor dem Könige aber wie vor seinem Collegen, dem Grasen von Finckenstein, hielt Hertzberg alle diese Verhandlungen lange Zeit hindurch geheim; soweit an ihnen der Prinz von Preußen bethei­ ligt war, blieben sie allem Anschein nach dem Könige stets, int Uebrigen oder ihren Resultaten nach mindestens bis zum 9. April 1784 unbekannt. Der Grund dieser Haltung Hertzbergs lag in dem Unterschiede seines Charakters von dem deS Königs. Die Politik Friedrichs des Großen war die des Selbstbewußtseins und der Willensstärke; die seinige die des ZweifclnS und Abwartens. Hertzberg würde es zu viel wenigeren Thaten, mithin zu bei Wei­ tem wenigeren Ruhme, und namentlich trotz all' seines Selbstlvbeö niemals zur Ausführung der Unieit gebracht haben, — hätte nicht Friedrich der Große als ein unablässiger und unnachgiebiger Drän­ ger hinter ihm gestanden. Und daraus erklärt es sich auch viel­ leicht vorzüglich, daß er seit des Königs Tode, weil fortan des Stachels ledig, mehr und mehr in, freilich vielgeschäftige, Thaten­ losigkeit versank. Hertzberg hielt nämlich die Zeitläufe zur Ausführung der Union dtirchaus nicht für geeignet. Als die drei der Ausführung günstigsten Epochen, von denen man daher mindestens die eine oder die andere abwarten müsse, betrachtete er 1) den Ausbruch

13 eine- Türkenkrieges, 2) den Tod des regierenden Churfürsten von Baiern, und 3) das Ableben Friedrichs des Großen selbst. Daß rer Thronwechsel in Baiern abzuwarten sei, war auch die Ansicht FinckensteinS, gleich wie des Herzogs von Zweibrücken und seines Ministers Hofenfels. Hertzbergs Idee ging allerdings dahin, daß im rechten Augenblicke Preußen selbst den Anstoß geben, sich „an die Spitze setzen", und durch die Einladung der unkten Fürsten „das Haupt eines solchen Bundes" werden müsse (§. 9. §. 10.). Aber weil er diesen Augenblick noch nicht gekommen glaubte, so wollte er bis dahin nur „die Geister und die Materialien" vorbereitet wissen. Diese Vorbereitungen müßten freilich geheim gehalten wer­ den; sobald aber der Plan zur schließlichen Ausführung reif sei, könne das Bündniß selbst als ein „öffentliches" auftreten (§. 10.). ES sollte sich zeigen, daß der Minister kurzsichtiger war als der Fürst. Denn trotz Hertzberg trat die Union ins Leben, ohne daß es dazu eines Türkenkrieges, oder eines Thronwechsels in Baiern und in Preußen selbst bedurft hätte. Friedrich der Große wollte die Union; und das war genug. Am 7. und 10. März 1784 erklärte er seinen Ministern: die Ausführung derselben werde freilich nicht das Werk von vierzehn Tagen, sondern ein Werk von „anderthalb Jahren" sein (§. 19. §. 23.); und in der That „anderthalb Jahre" später, mit der Auswechselung der Ratifica­ tionen am 21. August 1785, war die Union fertig. 6) Neben den bisher erwähnten auf ein und dasselbe all­ gemeine Ziel gerichteten Bestrebungen fehlte eS aber auch nicht an solchen, welche mehr sonderbündlerischer Natur waren. Einerseits nämlich bemühte sich Hessen-Cassel, einen eigenen Weg zu gehen und nach den Ideen des dortigen Ministers Ge­ neral von Schliessen (f. Dohm 3, 54 ff.), im Stillen eine Union anzubahnen, von der Preußen nicht minder wie Oesterreich grund­ sätzlich ausgeschlossen sein sollte. Schliessen ging von der Ansicht aus, daß für die kleineren Staaten Uebermacht und VergrößerungSlust fast nicht weniger von Preußen wie von Oesterreich her zu besorgen sei, und daß zwischen Beiden nur eine Union des übri­ gen Deutschlands die Wage zu halten vermöge. Unter seiner Vermittelung wurde schon im Jahre 1763 ein Versuch zur Ver­ ständigung mit dem Churfürsten von Pfalzbaiern und dem Her-

14 zog »oii Aweibrücken gemacht, der indessen resultatlos blieb. Schliessen- Ideen lebten aber mit ihm in Cassel fort, und über­ lebten selbst die Eindrücke deö baierischen Erbfolgekrieges, der, weil er Baiern rettete, dem preußischen Kabinet daS Vertrauen der deutschen Staaten zuwandte. Nur insofern erlitten jene Ideen eine Modifikation, als fortan Hessen-Cassel unter Schliessens Lei­ tung, dem fich der Minister von Wittorf anschloß, darauf hin­ arbeitete, den Kern zu einer solchen Union vorerst in einer Triple­ allianz zwischen Hannover, Cassel und Braunschweig herzustellen (§. 143.). Andrerseits trieb die steigende Besorgniß vor den Absichten und Uebergriffen Oesterreichs in die Rechte der Bisthümer die geistlichen Stände, die Stifter und Kapitel zur Vorkehr gemein­ samer Maßregeln. Je empfänglicher man in diesen Kreisen für daö Mißtrauen gegen eine protestantische Macht wie Preußen war, desto natürlicher erschien ihnen die Idee, durch eine besondere geistliche Union, etwa unter dem Schutze Frankreichs, eine Stär­ kung in sich selbst zu suchen (§. 29. §. 31. §. 32). Aber an keinem einzigen Punkte Deutschlands wußte und wagte man, die eigenen Pläne mit Nachdruck und Erfolg anzugreifen. Nur in dem Kabinette Friedrichs deS Großen fand sich daS Wissen und Wagen, die Energie und die Zuversicht des Erfolges. Alle jene besonderen und allgemeinen Versuche wurden daher von der That­ kraft Friedrichs schließlich angezogen und gänzlich absorbirt. Wir schreiten nunmehr zur Darstellung der UnionSbestrebungrn im Einzelnen und nach Maßgabe der Akten.

Der deutsche Mrstcnbund.

1. Vir erste Keim. Dtr ßaben’sdje Mmtmstntumtf von 1783. Gut­ achten de» Herzog« von Sraunschweig und de» Minister« von Hertzberg. Dtr Prinz von Preussen eingeweiht. §.

6.

^s war gegen Ende deS Jahres 1783, als von Seiten Badens mehreren deutschen Fürsten zum erstenmal ein förmlicher und aus­ führlicher, von dem badenfchen Minister von Edelsheim verfaßter Unionsentwurf zur Begutachtung vorgelegt wurde. Derselbe lau­ tete also: „Wenn ein deutscher Patriot durch die gegenwärtigen verschie­ denen Gerüchte aufmerksam wird, dann hört waS für Principia der ReichS-Hofrath bei allen Gelegenheiten aufstellt, die Verwir­ rungen und den Gang deö Reichstags betrachtet, das große Miß­ trauen erwägt das unter den Ständen des Reichs eingerissen ist und fast alle Connerionen unter ihnen aufgehoben hat, sieht waS mit Passau vorgeht, sich an daö Schicksal Polens erinnert, und dabei die zahlreiche Kriegsmacht berechnet, die Deutschland auf allen Seiten umringt: so wird in ihm der warme Wunsch entstehen müssen, daß die Stände des deutschen Reichs doch einige Mittel ergreifen möchten, um daö Vaterland vor seinem ganzen Umsturz zu bewahren, und die Reichs-Constitution zu erhalten, so wie sie ist. Diese Absicht ist eine Pflicht, welche alle Reichsgesetze allen Ständen vorschreiben. Jeder Reichsstand, welcher diese Pflicht 2

18 gesetzmäßig zu erfüllen trachtet, ist dabei weniger Gefahr ausge­ setzt, als wenn er sein Schicksal ruhig, schläfrig und ohnmächtig erwarten wollte.

Tenn sollte eine Macht in oder außer dem Reich

die Bemühungen, das Reichs-System zu erhalten, übel finden, so würde daraus nothwendig folgen, daß diese vorhabe, das ReichsSystem anzugreifen und zu zerrütten. würde

Dieses Bekenntniß aber

die Vertheidigungs-Anstalten nur um so nothwendiger

machen und beweisen, daß man in Zeiten zu Hülfsmitteln greifen müsse, wenn man nicht das größte ständische Kleinod, die deutsche Freiheit und Unabhängigkeit hülslos auf daö Spiel setzen und verlieren wolle.

Die wahre Macht Deutschlands liegt, und hat

von je her in der gemeinen Verbindung der Fürsten des Reichs unter sich gelegen.

Sobald sie einerlei Interesse mit standhaft

deutschem Muthe vertheidigt haben, so sind sie Allen, die sie an­ gegriffen haben, furchtbar geworden.

Man kann leicht darthun,

daß daö deutsche Reich eine Macht von 100,000 Mann nebst einer hinlänglichen Artillerie zu seiner Gegenwehr zusammenbringen und erhalten könne, wenn man auch die Chllr-Brandenburgischen, Erzherzoglich - Oesterreichischen und Kaiserlich Russischen ReichsLänder, welche heut zu Tag eigentlich Theile der großen Monar­ chien ihrer Besitzer ausmachen, und einige mit diesen Monarchien zu genau verbundene Fürstenthümer, wie z. E. Cöln, Münster, der deutsche Orden, nicht mit in die Berechnung bringt.

Zu der

Aufstellung dieser Macht sowohl, als um mehrere heilsame Wünsche erfüllt zu sehen, ist eine Union, ein Concordat der Stände des Reichs nöthig, davon uns unsere Geschichte verschiedene Beispiele liefert, und die in dem gegenwärtigen Zeitpunkt zu errichten mög­ lich ist, wenn solche die Erhaltung der deutschen Reichsfreiheit und deS Reichs-Systems zur einzigen Absicht hat.

Freilich

sind die Stände des Reichs an Macht sich einander sehr ungleich und haben durch die Lage ihrer Länder ganz verschiedene Ver­ fassungen, sowie sie auch in ganz verschiedenen Verhältnissen gegen einander stehen.

Vielleicht würde daher die vorgeschlagene Union

geschwinder können bewirkt werden, wenn solche jetzt gleich blos unter den Fürsten des Reichs geschlossen würde, deren Jeder den ihm wohl gelegenen Theil der kleineren und minder mächtigen Stände an fich ziehen, sich mit solchen näher verbinden und mit

19 zu der größer« Union bringen könnte.

Die Fürstlichen Häuser

Sachsen, Braunschweig und Hessen, dann die Krone Dänemark wegen Holstein, werden derselben vielen Nachdruck geben, und ihr Interesse sowohl

als

ihre bekannten patriotischen Gesinnungen

werden erfordern, daß sie an dem Vorhaben anderer Patrioten eifrigen Antheil nehmen.

Auch Schweden sollte wohl einen An­

trag zum Beitritt wegen Pommern nicht verwerfen, wenn dieser Krone nicht durch ihre politischen Verhältnisse die Hände gebun­ den sind.

Die Churfürsten könnten zugleich unter sich eine

gleiche Association verabreden, und müßten mit solcher der Für­ sten-Union beitreten; denn ohne diese Verbindung der Churfürst­ lichen und Fürstlichen Häuser wird es schwer fallen, mit Nachdruck sich jedem Störer des Friedens zu widersetzen.

Da man von den

Gesinnungen zu Dresden und Zweibrücken ganz zuverlässige Nach­ richt hat, da daS Ministerium zu Hannover von dem englischen Staats-Interesse unabhängig ist, und alle Unionen im Reiche von je her begünstigt hat, da die jetzigen Gesinnungen und Absichten des Churfürsten von Mainz bekannt sind, so darf man nicht zwei­ feln, daß die wichtigsten Churhäuser bald zu gleichem Endzweck miteinander und mit der Fürsten-Union werden verbunden sein, sobald mit dieser der Anfang gemacht worden ist und dadurch die Principia festgesetzt sein werden, welche alle diese Unionen gleich­ förmig behaupten müßten. Diese könnten in folgenden Artikeln bestehen: 1) ein vollkommenes Vertrauen in allen Land- und ReichsAngelegenheiten unter sich zu erhalten, sich mit Rath und That beizustehen und besonders kein Votum auf dem Reichstag ablegen zu lassen, ohne solches vertraulich mit einander erwogen zu haben. 2) Den Reichstag mit vereinbarten Kräften so bald als mög­ lich wieder in Activität zu bringen und seiner Trennung sich zu widersetzen. 3) Keinem,

auch dem kleinsten weltlichen

oder geistlichen

Reichöstand etwas geschehen zu lassen, waö dessen Vorrechten oder den Reichsgrundgesetzen zuwiderläuft. 4) Auf alle solche Contraventionen von selbst genau zu ach­ ten, und sie auf eine constitutionSmäßige Art an den Reichstag zu bringen.

20

5) Alle Mißhelligkeiten unter sich entweder gleich beizulegen oder solche ohne Störung deS Vertrauens durch AuSträge ent­ scheiden zu lassen, oder zu verabreden wie lange ihre Entscheidung noch ausgesetzt werden soll; bei allen Streitigkeiten aber, welche die nicht verbundenen Fürsten oder Stände unter sich haben soll­ ten, ihre bona ossicia zu der Vermittelung zu interponiren. 6) Wenn ein Reichsstand mit starken Schulden beladen wäre, den Ausbruch des Schuldenwesens so viel möglich ist zu vermit­ teln, besonders aber zu verhüten, daß die Gläubiger keine Kaiser­ liche Debit-Commission erhalten, sondern lieber durch einen der verbundenen Fürsten diese Schulden-Commission unentgeltlich zu übernehmen, auch zu erwägen, ob nicht durch Anlegung einer Credit-Kasse unter den Fürsten und Ständen dem Debit-Wesen derselben und vielen daraus entspringenden üblen Folgen vorge­ bogen werden könne. 7) Sich allen neuen Chur- und Fürstenthümern zu wider­ setzen, wenn der, welcher solche sucht, nicht ein Mitglied der Union ist und sich um solche nicht außerordentlich verdient gemacht hat. 8) Hierdurch und überhaupt bei allen Gelegenheiten die An­ maßungen deS Reichs-HofrathS in Reichs- und Kreis-Sachen und seine Einmischung in die innere Verfassung der Stände un­ möglich zu machen. 9) Keine Truppen in fremden Sold zu geben, eö sei denn immediatc zur Beschützung oder Vertheidigung deS Vaterlandes. 10) Von dem Beitritt zu dieser Union keinen Stand im Reiche auszuschließen. 11) Sobald mehre wichtigere Stände der Union beigetrrten sind, alsdann einen Plan zu entwerfen, wie man im Falle einer nöthigen Vertheidigung ein Corps d’armee zusammenbringen und erhalten solle. 12) Ein Depositum auf eine sichere Art zu errichten, zu wel­ chem Jeder der Verbundenen jährlich eine bestimmte Summe Gel­ des legen würde, die auf jeden Fall zur Bewirkunx der Hülfe sogleich in Bereitschaft stünde. 13) Dieser Verabredung alle Artikel anzuhängen, über welche man sich zu des Reichs Bestem vereinbaren würde. Wenn diese Union eine gewisse Consistenz und Ansehen er-

21 halten hat, alsdann könnte solche einigen größer» Mächten vorge­ legt werden, um sie zu genehmigen und zu garantiren. Jedes Mitglied der Union wird wohl überzeugt sein, daß man bei der jetzigen Verfassung Europa's

mit dem Königlich-

Preußischen und Französischen Hof anfangen müsse; unmöglich scheint eS nicht, die Kaiserlich-Russische Garantie ebenfalls zu er­ langen, weil die Kaiserin voriges Jahr besondere Gesandten und dieses Jahr ohne öffentlichen Charakter den Herrn Baron von Krock in das Reich gesandt hat, um allen Ständen zu versichern, daß sie bereit wäre, Jeden, der sich an sie wende, bei seinen Vor­ rechten kräftigst zu schützen. Gleiches hat der Großfürst im Reiche öfters versichert. Der erste Anfang der Fürsten-Union ist gewiß der Zeitpunkt ihrer größten Schwäche.

Ein glücklicher Zeitpunkt zu diesem An­

fang ist der bevorstehende Ausbruch deS Türkenkrieges, auf wel­ chen die Aufmerksamkeit von ganz Europa gerichtet ist.

Doch

haben die patriotischen Fürsten, welche dieses heilsame Werk zu gründen den deutschen Muth haben, viele Vorsicht und Klugheit nöthig, tleils um sich und ihre Länder nicht ohne wahren Nutzen für daö Vaterland großen Unannehmlichkeiten auszusetzen, theils um

-sich

nur solchen Ständen zu entdecken, welche ihre heilsame

Absicht ncht mißdeuten und durch allerlei Machinationen vereiteln könnten. Ihr Zweck scheint nicht besser vollbracht werden zu kön­ nen, als wenn Jeder übernimmt, einen gewissen Theil Deutsch­ lands odw gewisse Höfe des deutschen Reichs, bei welchen er den mehrsten Einfluß hat, nach und nach von der Absicht der Union zu unterrichten und ihren Beitritt zu bewirken." §. 7. Die Badensche Denkschrift wurde unter andern, durch Ver­ mittelung des Fürsten von Anhalt-Dessau, um Neujahr 1784 dem Herzog Earl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig zur Prüfung zugestellt; der Herzog sah sich dadurch zu den nachstehenden gut, achtlichen Bemerkungen veranlaßt: „Die mir bekannt gemachten Gesinnungen einiger patriotisch denkenden Fürsten deö Reichs, durch eine genauere Verbindung unter sich, die Bande, so sie bereits vereinigen, noch näher zu

22

verbinden, ist einer der ruhmwürdigsten Vorsähe, so jemalen hät­ ten gefaßt werden können; jedes Mitglied des deutschen Reichs, welches die jetzige Lage von Deutschland nicht will unbeobachtet sein lassen, wird mit inniger Zufriedenheit.die Hände bieten zur Ausführung eines Entwurfs, welcher nur allein der Zerrüttung der deutschen Reichsverfassung zuvorkommen kann. Allein so wünschenswerth diese Verbindung der Fürsten von je her gewesen, und so sehr die jetzigen Umstände dieselbe anrathen, eben so sehr wird die Sache an sich selbst mit äußerster Vorsicht zu betreiben sein, und ehe man gegen mehrere Fürsten des Reichs sich entdeckt, wird man genau zu erwägen haben, wie ihre inneren Gesinnungen beschaffen und in wie weit sie durch ihre Credit-Angelegenheiten vom Wiener Hof sich abhängig gemacht haben. In den Plan, sowie er in den hierbei zurückkommenden 13 Artikeln enthalten, sogleich hinein zu gehen, scheint gewagt, ohne vorher von den Gesinnungen Frankreichs und Preußens bei Entstehung eines Kriegs wider die Pforte unterrichtet zu sein; denn mit dem besten Willen würden diejenigen Fürsten, deren Länder an Frankreich grenzen, außer Stand sich gesetzt sehen, der Union beizutreten, wenn Frankreich nicht offenbar die Kaiserliche Parthei verlassen sollte. Man giebt daher anheim, ob vorerst es nicht rathsamer sei, nur ein genaues Verständniß unter einander zu verabreden und die Artikel 1. 2. 3. 4. 5. 8. 10. und 13., nachdem man sic nochmalen genauer geprüft, bei der vorscienden Union zum Grunde zu legen, die Artikel 6. 7. 9. 11. und 12. hingegen vorerst noch nicht zu berühren, sondern bis zum Ausbruch eines Krieges, oder bis zu solchen Vorfällen int Reich ausgesetzt sein zu lassen, welche die Ausführung des ganzen Plans erforderlich und thunlich machen. Indessen könnte es in der Folge die Sache sehr erleichtern, wenn die Detaillen der vorerst ausgesetzten Artikel ausgearbeitet würden, jedoch mit der äußersten Verschwiegenheit, und ohne durch in die Augen fallende Vorbereitungen Altlaß zum Argwohn zu erregen. Auf diese Weise verbände man sich ^vorerst zu nichts mehr, als was man in allen Fällen zu erfüllen im Stande wäre, und ge­ wönne die Zeit, mit den mächtigern Chur- und Fürsten des deut­ schen Reichs Versuche zu Unterhandlungen zu machet:, in allen

23 Reichs - Angelegenheiten einmüthig zu verfahren, und einen festge­ setzten und wohl überlegten Plan verfolgen zu können. Die Ausarbeitung der noch ausgesetzten Artikel hängt sehr viel von der mehr oder wenigem Ausbreitung der Union ab, ob zum Exempel mächtigere Fürsten deS Reichs daran Theil nehmen, oder nicht, und auf was für Art dieselben daran Theil nehmen wollen. Wie dann nicht unbemerkt bleiben mag, daß die Ent­ würfe, so auf das Debit-Wesen der unkten Fürsten abzielen, als auch alle die, so auf die Armirung derselben sich beziehen, lediglich von der mehr oder wenigem Zahl der Fürsten abhangen, so Theil an dieser Vereinigung nehmen werden. ES ist überflüssig, hier anzuführen, daß eine weise und ökonomische Einrichtung den Grund und die Vorbereitung zu allen Unternehmungen wird legen müssen, und daß ohne Anstrengung der äußersten Kräfte man nie zu dem Endzweck, die Erhaltung der deutschen Reichsverfassung, zu gelangen Hoffnung haben werde." §.

8.

Der Herzog von Braunschweig hatte diese Bemerkungen zu­ nächst an den Fürsten von Anhalt-Dessau gerichtet; unterm 5. Ja­ nuar 1784 theilte er sie aber auch dem preußischen Minister von Hertzberg zugleich mit der Edelsheimschen Denkschrift mit. Das Begleitschreiben lautete: Monsieur! J’ai l’honneur de communiquer a Volrc Excellcnce avec cettc confiancc qu’Ellc m’inspire, la copie d’un memoire dresse par Mr. d’Edelsheim, minislre du Margrave de Baden, conccrnant un r6vc patriotique, qui a pour objet un plan d’union des Princcs d’AIIemagne. C’ est lc Prince de Dessau, qui dans une entrevue, que je viens d’avoir avec Iui, m’a communique ec mie Antwort des König bestand in vier Worten; er rescribirte eigenhändig unter dem Bericht: mais il saut perseverer. Erädärie.

§. 30. Nunmehr entschlossen sich Finckenstein und Hertzberg auch zu einem ersten einleitenden Schritte in Hannover; sie wandten sich in einer Zuschrift vom 20. März unmittelbar an die dortige Re­ gierung, an „die Königlich-Großbritannischen Churfürstlich-Braunschweig-Lüneburgischen Geheimen Räthe". Das Schreiben, nach­ dem es die Lage der Dinge auseinandergesetzt, enthielt indessen nur eine Aufforderung zu „vertraulicher Correspondenz und Einverständniß", um „die dienlichsten Maßregeln für das allgemeine Beste zu concertiren", und die Versicherung: „Von Seiten Sr. K. Mas. können wir versprechen, daß Sie ohne die geringste

64 andere Absicht als des allgemeinen Wohls des deutschen Vater­ landes, alles mögliche dazu beitragen werden." Hiermit war aber auch der Kreis der Antriebe von Seiten deS preußischen Ministeriums abgeschlossen; weitet: ging es nicht, vielmehr eher zurück.

Denn durch die getroffenen Maßregeln wollte

man nur den König beschwichtigen; den Eifer aber, den sie an­ derwärts erwecken konnten, war man auch ferner und unablässig zu mäßigen und zu dämpfen beflissen.

5. ®it geistlichen Loalitionrpläne. Hosenfelssche Correspondenj mit Herssderg. Lob de« Prinzen von Preussen. §. 31. Noch ehe daS Ministerialschreiben

vom 9. März in Zwei­

brücken eintraf, hatte Hofenfels zwei Briefe in der Unionsangele­ genheit an Hertzberg abgesandt.

Dem ersten, datirt „ Deuxponts

le 10. Mars 1784“, lag eine besondere Note bei, worin er die erste Kunde von jener oben mitgetheilten Denkschrift über diesen Gegenstand gab, und der beabsichtigten Coalition der geistlichen .Stände unter sich (vergl. oben §. 29.) und gegen die gefürchteten Säcularisationspläne Oesterreichs gedachte.

Wir theilen sie ihrem

ganzen Inhalte nach mit: La fermentation augmenle

dans l’Empire.

La

coalition

des Ecclcsiastiqucs sous les auspices de la Cour de France, qui d’un autre cöte affecte une especc de Jalousie du succ&s de son alliance dönaturellc Autrichienne, a tnenö ces contradictions

inexprimables aux

yeux de beaucoup de personnes.

On nous surveille ici de tout cöte, et on sorge les soupgons les plus absurdes sur les motifs de mon sejour ä Berlin, au point que je me vois. dans la n6cessit6 de les dötruire; ainsi que les autres, que j’etais l’auteur du projet de conlederation, et que sous les auspices du Roi mon maitre ötait a la t6te. J’avais forme un grand memoire pour V. E. et un autre pour les Princes bien intentionnös de l’Empire. 6tait d6jä dans les mains du Margrave1);

') Von Bade«.

Le dernier

mais des d6p6ches

65 arrivßes de Paris m’ayant informß de la jalousie extreme, qu’on avait contre nous, j’ai retirö le dernier mßmoire dans la nuit, pour lui donner une autre modification. Votre Excellence se souviendra de ce que je lui ai dit ä Potsdam sur ce chapitre; qu’il y a däjä trop de personnes qui sont dans le secrct; & Vheure, qu’il est, il me parait essentiel de porter l’affaire ä la connaissance du Roi; mais pas avant que j’ai envoyö mon mßmoire, car dans 2 ou 3 semaines 8. M. l’apprendra. D’ailleurs il me parait interessant, qu’Elle soit informße du fond et de la vöritable Situation, et que Votre Excellence nous dirige par sa sagesse. In dem zweiten Briefe, datirt „Deuxponts le 12. Mars 1784“,

schrieb Hofenfels an Hertzberg: Je ne dois pas Vous laisser ignorer, Monsieur, que les yeux et l’attention de tous les princcs bien intentionnßs de l’Allemagne sont fixßs sur le Prince Royal; malgrß les calornnies des ennemis de sa gloire, on a partout la plus haute opinion de ses sentimens patriotiques, de ses qualites et vertus royales; et Vous ne doutez pas, que j’aie donnß partout, oü il ätait convenable et interessant, les assurances les plus Fortes, qu’on trouverait un jour en sa personne un protecteur de la liberte germanique. En usant adroitement de cette assurance il y a moyen d’en tirer grand parti.

S. 32. Der Koalition der geistlichen Stände hatte übrigens Hofen­ fels schon früher gedacht. Am 4. März schrieb er aus Zwei­ brücken an das preußische Ministerium: Les Etats catholiques sont d’une attention extrßme pour surveiller les dessejns de l’Empereur, et il y a dans ce moment mßme une espßce de coalition secrete L Mayence, composöe de chanoines de plusieurs 6vßch6s. Le Prince Evßque de Spire est le plus ardent.

So war denn neben den übrigen Unionsprojeeten auch das Projekt eines geistlichen SonderbundeS in Gang gebracht, und zwar, wie die Hofenfelsfche Note vom 10. März andeutet, mit starker Hinneigung zu französischer Protection. Denn, wiewohl die geistlichen Stände zunächst die österreichischen Absichten in 5

66

Deutschland am meisten fürchteten, so konnten sie doch andrerseits zu dem protestantischen Preußen ebenfalls kein Vertrauen fassen; vielmehr beobachteten sie die Theilnahme, womit sich der König ihrer annahm, vielfach mit großem Mißtrauen. In dieser Beziehung schrieb Hofenfels von Zweibrücken aus schon am 23. Februar an Hertzberg: On nVa ecrit de difförens endroits, que lors de la derniere maladie de l’Evöque de Wurtzbourg actuel le Roi de Prusse avait envoyd en secret au chapitre un officier muni de Icttres de credit, pour traverser les intrigues de la Cour de Vienne et s’assurer des sufirages en faveur d’un aspirant de merite, qui avait 6te tres agreablc ä Sa Majestd; mais que cette demarche avait donne de l’ombrage aux chanoincs, et au point qu’ils s’elaient concert^ pour ecarter toute inlluence, tant de la part de la Cour de Vienne que de celle de Berlin, et qu'on en avait remarque les eslets lorsque l’Electeur de Mayence dtait tombe malade, apres quoi il s’agissait de preparer le cboix d’un succcsscur. J’ai lieu de croire, si le fait est vrai, que l’cnvoi d’un officier s'est fait ä linsQU du ministere et sans son concours. V. E. m’obligerait insiniment de me dire ce qu’il en est de cette nouvelle. Hertzberg erwiederte ihm hierauf am 13. März: Cc qu’il y a de vrai, c’est: qu’il yaa peu pres deux ans que, sur les propositions du Colonel de Stein, le roi lui a donne la permission de faire un voyage dans ces contrdes et d’approfondir a cette occasion les sentimens des chanoines de Bamberg et de Wurtzbourg. II nous a rapporte alors des pieces tres authentiques, qui contiennent les sentimens et les vues de chaque chanoine, et selon lesquelles le comte de Leyen et Mr. de Dalberg auraient les plus grandes prdtentions et espörances tant pour le siege de Wurtzbourg que pour celui de Mayence, et Mr. de Dalberg dtait tres decide d’y aspircr lui-m6me, et de s’opposer m6me bautement ä l election de tout prince, ayant pour principe, que les cv6ches n’appartenaient qu’ä la noblesse. Vous sentez bien, qu’on a beaucoup approuvö ici ce principe, et qu’on a fait assurer aux chanoines, qui les avaient, toute l’assistance possible de notre Cour ... A pre­ sent on nous ecrit de tout edle, que l’Einpereur faisait nego-

67 vier des coadjutories pour son fröre et pour ses neveux. Cela parait vrai k l’egard de Paderborn, oü Von tourmente le chapitre par le proces d’un juif, qui a livre pour cet övöchö dans la guerre de sept ans, pendant qu’on täche de le captiver par des sentences favorables du vonseil aulique dans un procös avec le comte de Lippe-Detmold.

G. Hrrtzdergs Lpochenprincip und seine Anhänger; feine Zwittersttl^ lung zwischen dem König und dem Prinzen von Prruszen; seine Lerle-grnhriten; seine ttnschlnsfigkeil, ob, wann und in wie weit er sich dem König entdecken soll; seine Herzenorrgieszungen an die Vertraute». Auch der Herzog von Sraunschweig stimmt in die Klagen ein. §. 33. Hertzberg hatte drei Epochen als günstig für [bie Bildung einer Union bezeichnet: einen Türkenkrieg, den Thronwechsel in Preußen und den Tod deö Churfürsten von Pfalz-Baiern. Da­ mit waren im Wesentlichen nicht nur Finckenstein und Hofenfels, sondem auch die Herzoge von Braunschweig und Pfalz-Zwei­ brücken einverstanden. Allein ein Türkenkrieg war nicht abzusehen; Friedrich der Große bestand darauf, die Union bei seinen Lebzeiten zu Stande gebracht zu sehen; und endlich war an den Fall, den man vorzüglich im Auge hatte und gleichsam als eine conditio sine qua non betrachtete, an einen Thronwechsel in Baiern, gerade am wenigsten zu denken. Hofenfels schrieb darüber d. d. Zweibrücken den 15. März 1784 an Finckenstein und Hertzberg: Suivant les nouvelles de Munich l’Electeur se porte k merveille. Ce qui n’en laisse point douter, c’est le succös dont ont 6te couronnös ses efforts amoureux chez une comedienne nornmöe Mlle. Schmauss. Zugleich bemerkte er: L’opinion est gönörale, que la Russie et la France ont promis k VEmpereur d'acquiescer ä ses plans de famille et ä l’ölection d’un Roi des Romains. Plusieurs Cours d’Allemagne m’ayant demandö ce que je pensais sur la röalitö de cette nouvelle et les moyens d’empöcher l’exöcution de ce dernier projet, j’ose supplier Vos Excellences de vouloir bien m’öclairer par leurs conseils.

68 In der letztem Beziehung erwiederte ihm das preußische Mi­ nisterium unter dem 27. März: II scrait difficile et inutile, de dresser d’avance un plan fixe des moyens, qu’on pourra opposer a l’execution de ces desseins; le tems et les circonstances ne manqueront pas d en fournir, pour. peu qu’on puisse entretenir l’union et le patriotisme des princes qui ont it coeur la libert6 et le bien g£n4ral de ('Empire. §. 34. Gleichzeitig konnte es sich Hertzberg nicht versagen, dem Ministerialschreiben an Hofenfels wiederum ein Privatschreiben hin­ zuzufügen; denn Finckenstein war noch immer so wenig wie der König in die süddeutschen UnionSprojecte eingeweiht. Durch den König gedrängt, befand sich Hertzberg in großer Verlegenheit; doch war er, obwohl der damalige Zeitpunkt ihm kein Vertrauen des Gelingens einflößte, nunmehr halbwegs entschlossen, den Stand der Sache in seinem ganzen Umfang dem König darzule­ gen, sobald ihm die von Hofenfels in der Note vom 10. März angekündigte ausführliche Denkschrift zugegangen sein würde. Er konnte nur schwer von dem Gedanken sich trennen, daß der Unionöversuch erst nach dem Regierungsantritt deö Prinzen von Preußen gemacht werden dürfe. Hiernach ist das folgende Schreiben zu beurtheilen. A Mr. le Baron de Hofenfels ü Deuxponts. Monsieur! J’ai röpondu en termes g^neraux ä Votre lettre öcrite au ministöre en date du 15, parceque Mr. le C. d. F. n’est pas cncore du secret de l’objet, dont Vous faites mention dans Votre note du 10. J’en suis d’autant plus e mbarrasse, que le Roi nous tourmente toujours d en dcrire a tous les princes de I’Empire, m6me aux Evßques de Wurtzbourg et de Cologne, ce qui est tout-ä-fait paradoxe. Je m en suis dösendu autant que possible; cepeodant j'ai et6 oblige de faire des ouvertures lä dessus aux Cours de Laxe et d’Hanovre, d’oü nous attendons des röponses. J'attends toujours le memoire detaille, que Vous me promettez, pour faire alors un rapporl circon-

69 stancid au Roi et la ddcouverte de tout, et je souhaite par cons6quent que Vous l’adressiez k moi seul. J’avoue, que je n’attends rien de bon de tout ce chipotage, et que j’aimerais mieux attendre d’un c6t dreitausend Mann Cavallerie, Seine Kö­ nigliche Majestät von Preußen alö Churfürst zu Brandenburg 20*

308 zwölftausend Mann Infanterie und dreitausend Mann Cavallerie, Seine König!. Majestät

von Großbritannien als Churfürst zu

Braunschweig und Lüneburg zwölftausend Mann Infanterie und dreitausend Mann Cavallerie, auch nach Befinden diese Hülse noch weiter zu vermehren, und im Nothfall nach einem den jedes­ maligen Zeitumständen und der Lage ihrer Länder gemäßen, in möglichster Geschwindigkeit sodann näher zu concertirenden und auszuführenden Operationsplan mit allen ihren Kräften und ver­ einigter Macht sich einander beizustehen, bis von dem Beleidiger dem angegriffenen Theil völlige Erstattung und Genugthuung ver­ schafft sein wird. Gegenwärtiger Geheimster Articul soll gleiche Kraft und Ver­ bindlichkeit haben, als wenn er der am heutigen Tage vollzogenen Haupt-Convention von Wort zu Wort eingerückt wäre, auch auf gleiche Weise ratificirt und die Ratification darüber mit der Ra­ tification über jene zu gleicher Zeit ausgewechselt werden.

Dessen

zu Urkund ist selbiger von den bevollmächtigten Ministern kraft ihrer Vollmacht eigenhändig unterschrieben, und mit ihren Pet­ schaften

besiegelt worden.

So geschehen Berlin den drei und

zwanzigsten Juli Ein Tausend Sieben Hundert und Fünf und Achtzig. Erster Separat- und Geheimer Artikel. Nachdemmahlen unter den in der Folge der Zeit über kurz oder lang dem deutschen Reiche bevorstehenden Begebenheiten eine künftige Römische Kvnigswahl von vorzüglich großem Bedenken und hoher Wichtigkeit ist, so versprechen und verbinden sich Seine Churfürst!. Durch!, zu Sachsen, Seine Königliche Majestät von Preußen, als Churfürst zu Brandenburg, und Seine König!. Ma­ jestät von Großbritannien, als Churfürst zu Braunschweig und Lüneburg, daß Sie aller Seits, wenn der Fall entstehen, oder eine Römische Königswahl eingeleitet und auf die Bahn gebracht wer­ den sollte, es sei bei Lebzeiten des regierenden Kaisers Majestät, oder bei etwa erledigtem Kaiserl. Thron, dieserhalb wegen der Frage an? sowohl als wegen der Frage quomodo? ein.gemeinschaftliches Einverständniß pflegen, einer ohne den andern nicht darauf ein­ gehen, noch sich von einander trennen, sondern ein festes, aenaues.

309 freundschaftliches Concert beobachten, und in selbigem hiebei durch­ aus unverbrüchlich zu Werke gehen wollen. Zweiter Separat- und Geheimer Artikel. Gleichergestalt

wallen

gedachte

drei

contrahirende Höchste

Theile die bei einer künftigen Römisch Königl. Wahl-Capitulation anzubringenden Monita, und zu urgirenden Zusätze und Verän­ derungen, je eher je lieber im Voraus unter einander vertraulich überlegen, Sich darüber vereinigen, und solche bei Errichtung der künftigen Wahl-Capitulation

in

gemeinschaftlicher

geschlossener

Uebereinstimmung zu befördern, und geltend zu machen suchen, insonderheit unter andern dahin sehen, daß neben dem Westphälischen und andern Reichs-Friedensschlüssen auch der vom gesammten

deutschen Reich

genehmigte Teschensche Friede vom Jahre

1779 in sothaner Wahl-Capitulation namentlich mit angezogen, und bekräftiget werde. Dritter Separat, und Geheimer Artikel. Dafern vielleicht von einem und dem andern deutschen Fürst­ lichen Hof die Errichtung einer neuen Chur-Würde für sich gesucht, oder etwa dergleichen von dem Kaiserlichen Hofe selbst, oder sonst einem andern Hof eingeleitet und vorgebracht werden möchte: So versprechen Höchstgedachte contrahirende Theile darüber eine voll­ ständige, unbeschränkte vertrauliche Communication mit und gegen einander zu beobachten,

und nicht anders, als im gemeinsamen

Cinverständniß und Vertrauen dieserhalb zu tractiren, noch darauf sich einzulassen. Gegenwärtige Separat-Artikel, so vorerst geheim zu halten, sollen gleiche Kraft und Verbindlichkeit haben,

als wenn sie der

am heutigen Tage vollzogenen Haupt-Convention von Wort zu Wort eigerückt wären, auch gleichergestalt ratificiret, und die Ra­ tificationen darüber zugleich mit den Ratificationen über jene ge­ genseitig ausgewechselt werden.

Dessen zur Urkund sind selbige

von den bevollmächtigten Ministern kraft der einander ausgehän­ digten Vollmachten unterschrieben, und mit ihren Petschaften besie­ gelt worden.

So geschehen Berlin den drei und zwanzigsten Juli

Ein Tausend Siebenhundert und Fünf und Achtzig.

310

Separat-Artikel. In Ansehung der Titel, welche bei Gelegenheit der gegenwär­ tigen Unterhandlungen, in den Vollmachten, den Tractaten selbst, oder sonst gebraucht, oder von einem und dem andern Theile aus­ gelassen worden, auch bei den künftigen Ratificationen, BeitrittsActen oder sonst gebrauchet, oder ausgelassen werden möchten, wird ausdrücklich verabredet und festgestellt, daß solcher Gebrauch oder Richtgebrauch den Rechten keines Theils nachtheilig sein, noch darwider jemahls angezogen, oder etwas nachtheiliges daraus gefolgert werden, auch die dermalige Art der Unterschriften in al­ len künftigen Fällen, wo unter Mitgliedern des Churfürstl. Collegii als Churfürsten gehandelt und geschlossen wird, der Beobach­ tung der Cvllegial-Ordnung, sowie bei den Verhandlungen, also auch bei den Unterschriften gleichergestalt unnachtheilig sein, und darwider niemals angezogen werden solle. Dieser Separat-Artikel soll eben die Kraft haben, als wenn derselbe der Convention selbst wörtlich einverleibet wäre, auch von den Höchsten Contrahenten selbst gleichergestalt ratificiret werden. Dessen zur Urkund haben die Bevollmächtigten der drei ver­ bundenen Höfe diesen Artikel besonders ausfertigen lassen, unter­ schrieben und besiegelt. So geschehen Berlin

den 23. Juli Ein Tausend Sieben

Hundert und Fünf und Achtzig.

Der ursprüngliche zweite Geheime Artikel des hannoverschen Entwurfs wegen Ausschließung des Hauses Oesterreich von den Stiftern wurde in der oben §. 157 mitgetheilten Form, wie der König aus Vorschlag des Ministeriums genehmigt hatte (§. 183. 184), hannoverscher und preußischer Seits an demselben Tage unterzeichnet, unter dem Titel „Geheime Special-Convention". Die Abweichung bestand nur darin, daß der Nachsatz, mit Weg­ lassung Sachsens, nunmehr lautete: „so wollen Se. Kgl. Majestät von Preußen als Churfürst zu Brandenburg und S. Kgl. Maj.

311 von Großbritannien als Churfürst zu Braunschwelg-Lüneburg, beiderseits den sorgfältigsten Bedacht nehmen u. s. w." Und der Schluß: „Gegenwärtige Special-Convention soll, soviel die beiderseitigen höchsten Höfe betrifft, gleiche Kraft und Verbindlichkeit haben, als die am heutigen Tage vollzogene HauptConvention, auch gleichergestalt ratificirt und die Ratification darüber gegenseitig ausgewechselt werden. Dessen zu Urkund ii. s. w. So geschehen zu Berlin den 23. Juli 1785. Beulwitz. Finckenstein. Hertzberg." 37. Eröffnung an die preussischen Gesandtschaften. Wer soll den An­ tritt der Fürsten vermitteln, Köhmer oder Stein? Dtr Honig will auf der Stelle ratificiern. Oas Ministerium trägt auf Geschenke für die fremden Aevollmächtigten an. töif sich diese Angelegenheit sortspinnt. Soll dem russischen Aabintt der Traktat mitgetheilt, oder nur dessen Abschluss ängstigt werden?

§. 187. Noch am Tage der Unterzeichnung notifirirte Hertzberg den preußischen Gesandten in Petersburg, London und im Haag, so­ wie dem Freiherrn von Stein in Frankfurt a. M. den Abschluß der Union. In der gleichlautenden Notifikation an die drei erste­ ren sagte er: Nous avons sign4 aujourd'hui avec les ministres do Saxe et dilanovre lc traitö d'union, qui a 6tc depuis si longtemps sur le tapis, ct qui pourra devcnir la base d’un nouveau Sy­ steme en Europe, pour aflermir la süret6 göntirale....... Je n’ai pas voulu manquer de Vous faire pari de cette nouvelle im­ portante etc.

Die Notifikation an den Freiherrn von Stein lautete: Votre d6p6che du 15. Juillet est entröc ici aujourd’hui, trop tard pour qu’on puisse y räpondre minist6rialemcnt. Je n’ai pourtant pas voulu manquer de Vous en accuser la r6ception et de Vous dire, que nous avons sign4 aujourd'hui le traitö d’union, qu’on n’a gard6 que la base de notre projet, mais qu’on l’a ensuite 4tendu absolument dans le Stile de l’Empire, sans noromer ni l’Empereur, ni la Baviöre, et sans

312

rien toucher, qui puisse directement offenser la Cour de Vienne. Enfin tout-ä-fait dans le goüt et Ie sens de l’Electeur de Mayence. On va au plutöt lui en faire la communication et une invitation formelle. Je ne manquerai pas de faire usage de toutes les bonnes observations que Vous avez faites dans Votre däpßche tres interessante et tournee au mieux, que nous ne tarderons pas de presenter au Roi etc. §.

188.

Endlich erging auch an demselben Tage der nachfolgende Be­ richt an den König: Nous n’avons pas manquö de stipuler dans le traitö d’union, en consöquence des tres gracieux ordres, que V. M. nous a adressös avant-hier, que les parlies contractantes ne permettraient aucun echange quelconque de la Baviere1). Nous pouvons avoir l’honneur et la satisfaction de rapporter tres humblement ä V M. que nous avons signe dans la matinee d’aujourd'hui avec les ministres de Saxe et d’Banovre tout le traite d’union avec ses articles separes et secrets, de Sorte que nous pourrons presenter la ratification ä la gracieuse signature de V. M. dans le courant de la semaine prochaine... L’Electeur de Saxe abandonne ä V. M. le soin d’inviter les Princes de l’Empire. Le ministere d’Hanovre n’y veut concourir qu’aupres des Cours de Cassel, de Bronsvic, de Mecklenbourg et de Bade___ Nous espörons que V. M. voudra bien agreer, que le Conseiller priv6 de Boehmer soit seul Charge de cette Com­ mission, parcequ’elle demande une negociation suivie aupres des Cours de Cassel et de Darmstadt pour des troupes, et principalement aupres du Duc de Deuxponts, pour que non seulement il accede, mais s’engage aussi envers les trois Electeurs, de ne se prßter jamais ä aucun troc de la Baviere. Le Sr. de Boehmer, fort verse dans les affaires de l’Empire, et

') Das traf den eigentlichen Sinn der Worte des Königs nicht,

313 personnellement connu de l’Electeur de Mayence depuis la Visitation de la Chambre de Wetzlar, est plus propre k cette nlgociation que le B. de Stein, qui a fait son apparition k Mayence et souhaite lui-möme de retourner bientdt k son däpartement des mines etc. etc. Berlin le 23. Juillet 1785. Fi ncken stein. Hertzberg. §. 189. In dem diesem Berichte beiliegenden „Projet des poinls k observer pour inviter les Princes de l’Empire a acc6der au traitö d’Union conclu ä Berlin le 23. Juillet 1785" ward namentlich vorgeschlagen: In Cassel solle Böhmer gemeinsam mit Hannover unterhandeln; denn diese „ Negociation" sei „die wich­ tigste.^ In Mainz solle Böhmer sich bemühen, die Unterhandlung mit dem „wohlgesinnten Churfürsten" zu Ende zu bringen; in Zweibrücken mit dem Herzoge abschließen ein engagement sormel d’accession et de rcnonciation ä tout öchange volontaire de la Baviere. Dann solle er auch nach Trier gehen, obwohl dort nicht viel zu erwarten sei: TEIecteur de Treves etant gouvernß par un ministre vendu ä la Cour de Vienne, und daher „vorzüg­ lich " zu dem Zwecke: pour ne pas d£sobliger ce Prince et pour empßcher qu'il nc se jette pas dans le parti contraire. Ueberall endlich solle Böhmer sich bemühen: do d6truire les insinuations des dcux Cours Imperiales. S. 190. Der König antwortete auf den Bericht: Je suis bien charm£ de voir par Votre rapport du 23. courant, le traite d’association arr6t6 et sign£. Vous n’avez qu’i m’envoyer les ratifications, Je les signerai sans besiter et tout.de suite, desque Je les aurai re^ucs. Tout cc que Vous mandez d’ailleurs est tres bien; et si l’Hanovrc se Charge d'inviter le Mecklenbourg, le Bronsvic et la Hesse d'y acceder, cela est bien ägalement. II ne nous restera alors que de faire faire les m&mes dämarches aupres de Mayence, Treves, Bade et autres; mais observez, que c’est proprcment du Landgrave

314 de Hesse-Darmstadt, que nous pourrons avoir, et qu’il faudra principalement n,6gocier des troupes, contre des subsides. Je suis surpris de voir, que cette affaire de Tassociation fait plus d'effet sur Fesprit de FEmpereur, que Je n’ai osä le croire; et si cela continue, Je cornmencerai ä soupconner ce Princc de beaucoup d’inconsäquence, parceque däsqu’il voit du särieux, jl laisse d’abord tomber scs projets. Vous aurez remarquä aussi par les lettres d'aujord’hui du Baron de Rie­ desel, qu’il ne semble pas du tout, que cc Prince soit bien avec son ministre le Prince Kaunitz, d’oü Von peut juger, que celui-ci n’approuvc pas tout ce que son souverain fait. Sur ce Je prie Dicu etc. k Potsdam le 24. Juillet 1785. Frädäric.

§. 191. Am 28. Juli übersandte das Ministerium dem Könige die beiden für Hannover und für Sachsen bestimmten Ratifikationsur­ kunden zur Signatur, indem es hinzufügte: Nous croyons devoir soumettre au bon plaisir de V. M., si Elle ne voudrait pas donner quelquc präsent en argent aux deux ministres de Saxe et d’Hanovrc, qui ont signö le traitä avec nous, ainsi qu’ä leurs secretaires, comme cela est d’usage k Voccasion de la signature de tous les traitäs et convcntions.

§. 192. Der König erwiederte auf diesen Antrag in der Ordre vom folgenden Tage, welche zugleich einem besonderen Schreiben Finckensteins in einer anderen Angelegenheit zur Antwort diente: Je Vous suis fort obligä, Comte de Finckenstein, de ce que par Votre Lettre du 28. de ce mois Vous mandez en r6ponse ä ce que Je souhaitais de savoir, touchant ce qui est ä payer par ma petite Niece de Prusse, pour la prävöte de Quedlinbourg, qui lui a ätä confäräe. Je verrai de trouver moyen d’arranger cela en consäquence de ce que Vous m’äcrivez.

315 Et comme par Votre rapport de la möme date, fait en commun avec le Sr. de Hertzberg, k l’occasion de l’envoi k ma Signatare des ratifications du traitö, conclu entre nous, la Saxe et l’Hanovre, que Je Vous renvoie ci-joint, Vous demandez en präsent pour les ministres qui Tont signö et leurs secrätaires, non comme Je le supposais, des tabatiöres ou autre chose pareille, mais de Targent comptant, Vous aurez la bontö, C. de Finkenstein, de me dire, combien il saut pour chacun, savoir pour le ministre de Saxe tant, pour celui d’Hanovro tant, pour tel secrätaire tant, fait somme totale tant, laquelle, si Vous pouvez me le faire avoir dcmain matin, Je ferai payer alors tout de suite.

Sur ce Je prie Dieu etc.

k Potsdam le 29. Juillet 1785.

Fröderic.

Eigenhändige Nachschrift:

Je voudrais volontiers m'entretenir avec Vous avant d’aller en Silösie; cela pourrait ötre le 4 ou le 5 d’Aoftt, si Vous le voulez. Frödöric. 8. 193. Hierauf schrieb Hertzberg sofort wieder an den König:

V. M. nous ayant enjoint de Lui marquer d'une maniöre plus präcise, quelles gratifications Elle pourrait donner aux deux ministres de Saxe et d’Hanovre, qui ont signö ici le traitö d'Union, nous avons Thonneur de Lui dire tres humblement, qu'il nous parait, que V. M. pourra donner trois mille öcus en or pour chacun de ces deux ministres, et 500 öcus en or pour le secrätaire de chacun. C'est le präsent usite dans ces sortes d’occasions et que V. M. a aussi donne pour la Convention conclue en 1778 avec la Cour de Saxe. Berlin le 29. Juillet 1785. Hertzberg. §. 194. Friedrich wollte indessen in seinen Bewilligungen weder so

316 hoch gehen, noch überhaupt den Gesandten gegenüber sich zu einem Baargeschenke verstehen. Am 30. Juli schrieb er an Finckenstein: Je viens d’enjoindre ä mon Conseiller de guerre et tr6sorier Buchholtz, de commander deux bagues ou tabatieres, de 1500 6cus la piece, chez les joailliers Baudesson et Reclam, ct de Vous les rcmettre desqu’elles seront pr6tes, avec 1000 6cus en argent comptant. Ce sont les presents que Je destine aux deux ministres de Saxe et d’Hanovre, ainsi qu’i leurs secrötaires respectifs, qui recevront chacun 500 6cus comptant, lors de l^change des ratifications. Je recommande immädiatement aux joailliers, de Iravailler ces deux pieces bien joliment, avec goüt, de maniere qu’elles aient une apparence brillante. Je suis bien aise, de Vous en donner connaissance, afin que Vous puissiez prendrc dans cet objet telles mesures, que Vous jugerez convenables. Fr6d6ric.

§. 195. Finckenstein schickte diese Entschließung mit den Worten an Hertzberg: Votre Excellencc verra par les ordres ci-joints, que mes apprehensions n’ont 6te que trop fondces, ct que le Boi ne veut donner que des bagues ou tabatieres de 1500 6cus la pifece. J'en suis fächö ä cause de l’eflet que cela fera, mais il est le maitre, et c’est a nous d’obeir etc. etc. Le 30. Juillet 1785. Finckenstein.

§. 196. In einer Ordre an das Ministerium von demselben Tage kam der König noch einmal motivirend auf diesen Gegenstand zu­ rück. Darin hieß es: Vous aurcz vu par les lettres de cet ordinaire du C. de Görtz de Petersbourg, comme quoi ce ministre propose, que nous communiquions le traitä d’association en Russie. Je ne sais, si ceci sera convenable ou non, par la raison qu’on ne nous a point fait pari de celui conclu entre cette Puissance et l’Empereur. J’attends donc ce que Vous me direz lä-dessus.

317 Quant aux gratisications k clonner aux ministres qui ont signä ce traitä, comme les caux m’ont causä cette annäe-ci de trop grands dommages, pour que Je puisse leur faire de gros präsents, Je ferai acheter seit une bague ou tabatiäre avec des brillans, que Je Vous ferai passer pour eux avec les 500 ecus qu'il saut ä chaque secrätaire, et que Vous pourrez leur remettre1)-

§. 197. In Bezug auf den ersten Theil dieser Ordre schrieb das Mi­ nisterium den 31. Juli zurück: Comme V. M. veut savoir notre sentiment sur ce que le C. de Görtz a proposä dans sa derniäre depäche, de communiquer notre traitä d’association k la Cour de Russie, nous avons Thonneur de dire träs humblement: que comme Nmpce. de Russie a fait pari k V. M. en termes gänäraux de son trailä avec PEmpereur, il nous parait, qu’il conviendra d’observer la räciprocite de cette maniäre, sans communiquer le traitä mäme, et de se borner k expliquer par une declaration präcise et bien motiväe la nature et l’objet de ce traitä, ainsique les raisons qui ont engagä V. M. k le faire malgrä les assurances que 1’Impce. a donnäes, qu elle ne songeait plus au troc de la Laviere........ D’aillcurs il faudra bien faire une notification gänärale de ce traitä aux princes de TEmpire par une däclaration ou par une lettre circulaire, qui pourra ätre adressäe aux ministres de V. M. k la diete et dans PEmpire et dont le Sr. de Boehmer, qui vient d’arriver ici, pourrait ägalement faire usage, pour instruire tout PEmpire de la na­ ture de ce traitä, et pour obvier aux criaillerics et aux däclamations que la Cour de Vienne ne cesse de repandre dans TEmpire contre cette association par des Icttres circulaires et multipliäes etc. Berlin le 31. Juillet 1785. Finckenstein. Hertzberg. l) V-rgl. unten §. 217.

318

38. Die österreichische Circularnote vom 23. Juni. Hannover im Au­ genblicke der Entscheidung noch einmal von Oesterreich und von Russ­ land heimgesucht. Eine diplomatische Verlegenheit.

§. 198. Noch ehe nämlich die Union zum Abschluß gekommen, hatte Oesterreich, wie wir schon bemerkten (§. 173.), unterstützt von Rußland, seine Anstrengungen bei den deutschen Regierungen ver­ doppelt, um ihr ins Lebentreten zu verhindern und für ein engeres österreichisches Bündniß zu werben. Was in Dresden neuerdings mündlich geschehen, trat anderwärts wiederum in der Gestalt von schriftlichen Noten auf. Mit dem dritten Circularschreiben vom 23. Juni waren die österreichischen Gegenwirkungen in ihr drittes Stadium eingetreten. Die Offenheit der russischen Declaration nöthigte den Wiener Hof, nun auch seinerseits des baierischen Tauschprojectes zu gedenken. Auf Grund dieses Circulares war denn auch an Hannover unterm 16. Juli eine österreichische', und auf Grund der russischen Declaration unterm 22. eine russische Note ergangen, die es beide unterm 29. in sehr entschiedener Weise ablehnend beantwortete, und die es nicht ermangelte der preußischen Regierung sofort nebst den darauf erlassenen Antwor­ ten zur Kenntnißnahme mitzutheilen. Wir lassen die betreffenden fünf Aktenstücke hier folgen: Circularschreiben des Fürsten Kaunitz an die kaiserl. königl. Minisier im Reich, d. d. 23. Juni 1785. P. P. In der abschriftlichen Anlage erachte ich Cw. K. zu Dero diensamen Wissenschaft jenen Circularauftrag mitzutheilen, welchen der russischen Kaiserin Majestät nach Ihrer intimen Freundschaft gegen des Kaisers Maj. und nach der strengsten Wahrheit an die betreffenden Minister haben ergehen lassen. Bei Gelegenheit dieser Mittheilung muß ich Cw. ic. zugleich eine recht auffallende Mißdeutung und Verdrehung bemerken, welche man sich neuerdings erlaubt, um der auf das Tapet ge­ brachten Conföderation Eingang zu verschaffen.

319 Wie Denenselben ohnehin bekannt ist, hat man gleich Anfang» Sr. K. K. Maj. Absichten auf gewaltsame Länder-Vertauschun­ gen, Säcularisationen rc. angedichtet, und auf diese Vorspiegelun­ gen die Nothwendigkeit einer engern Verbindung der meisten Glie­ der gegen das Haupt des deutschen Reichs gegründet. Nachdem Se. Kaiserl. Maj. u. s. w. (nun folgt der Tert defolgenden Aktenstückes bis „Schluß fassen"; dann fährt das Cir­ culare fort:) Alle diese Betrachtungen wollen Ew. ic. an jenen Reichshö­ fen, an welchen Dieselben accreditirt sind, wie auch an sonstigen diensamen Orten bestens geltend machen, und bei so wohlgemein­ ten offenherzigen Erläuterungen, als eine billige Zurückgabe deS jenseitigen Vertrauens, auf eine zwar höfliche, gleichwohl aber ernstliche und Nachdrucksame Art von jenen höchsten und hohen ReichSstünden, welche sich nicht schon vorher auf unsere gemachte Eröffnung bestimmt erklärt haben, eine von ihrer ganz freien Will­ kür abhängende, jedoch deutliche und kalhegoriscke Antwort im Allerhöchsten Namen sich erbitten, ob sie eine nähere Verbindung gegen etwa zu besorgende gewaltsame Unternehmungen und reichSverfassungöwidrige Gefahren für unnöthig und überflüssig finden, oder nicht, und ob sie in dem letztem Fall der Ihnen von Sr. Kaiserl. Maj. angebotenen näheren Vereinigung brizntretrn ge­ neigt sind. Ich erwarte hierüber Dero ausführliche Einberichtung, und verharre rc. Schreiben des kaiserlichen Ministers Freiherrn von Bittder zu Hamburg an das königl. Ministerium zu Hannover, d. d. Ham­ burg den 16. Juli 1785 ‘)-

P. P. Nachdem Se. Kaiserl. Majestät die höchsten und hohen RrichSstände auf die positivste und feierlichste Art haben versichern lassen, daß sie keine gewaltsamen Absichten gehabt und nie haben wer­ den, so wird nun auf einmal die Sprache geändert, von gewalt') Gin gleichlautende- Schreiben erging den Herzog von Braunschweig.

unter demselben Datum an

320 samen Ländervertauschungen u. s. w. ganz geschwiegen, diesen vorhinnigen Verleumdungen jener Austausch-Antrag, den der rus­ sische kaiserl. Hos hat vorbringen lassen'), unterschoben und zu­ gleich kein Bedenken getragen zu behaupten, daß Se. Kaiserl. Majestät den erwähnten Austausch-Antrag verleugnen, eben da­ durch aber in einen geraden Widerspruch mit sich selbst, und mit den

an die

Reichsstände

jüngsthin

erlassenen

Versicherungen

verfallen. Mit unredlicherer Zudringlichkeit;läßt sich unmöglich den höch­ sten und hohen Reichsständen Staub in die Augen streuen.

Ein

freundschaftlicher Austauschantrag, so wie jener des russisch-kaiser­ lichen HvfeS wäre'), ist doch wohl von einer gewaltsamen unge­ recht erzwungenen,

folglich

hjmmelweit unterschieden.

reichsverfassungswidrigen Handlung Mit welcher Stirn kann also behaup­

tet werden, daß Se. Kaiserl. Majestät die dem Herrn Herzog von Zweibrücken geschehene freundschaftliche Proposition leugnen, mit sich selbst in Widerspruch fallen, und die sämmtlichen Reichsstände zu täuschen suchen, wenn Sie die Allerhöchstdenenselben angedich­ tete gewaltsame Austausch-, Säcularisations- und andere Projecte für da», was sie wirklich sind, nämlich für grundlose Ver­ leumdungen erklären und aller Orten versichern, daß Sie von der­ gleichen Absichten jederzeit weit entfernt gewesen, annoch sind und immer sein werden; ja sogar gegen solche, wenn sie von irgend einer Seite wirklich besorgt werden sollten, als Oberhaupt des Reichs mit den Gliedern desselben, über den ohnehin gesetzmäßi­ gen gemeinsamen Verband, noch enger sich vereinigen wollen. Bei dieser handgreiflich überzeugenden Aufklärung der Sache kann

demnach

die

bisher in Bewegung gebrachte Confödera-

tion der ReichSstände gegen nichts anders, als gegen folgende drei Gegenstände gerichtet sein, nämlich entweder gegen die Sr. Kaiserl. Majestät angedichtete gewaltsame Absichten, oder gegen ähnliche von anderer Seite etwa zu besorgende Gefahren, oder

') 3» dem Circulare selbst heißt e« abweichend „welchen die Russisch .t. Clrcular-Belehrung nach der pünktlichsten Richtigkeit da» Facti darstellt." *) Im Circular: „sowie solcher in dem rusfisch-kaiserl. Circulare mit der größten Wahrheit dargestellt wird."

321 endlich gegen solche Austausch-und sonstige Arrangements, worüber sich einzelne Stände des Reichs freundschaftlich, freiwillig und auf eine der gesummten Reichs-, Kreis- und ständischen Verfassung unschädliche Art für jetzige und künftige Zeiten einverstehen dürften. Bei dem ersten dieser Gegenstände würde gedachte Conföderation, nach der bereits ergangenen kaiserlichen positiven Declaration, gegen bloße vorgespiegelte Chimären gerichtet sein und lediglich zum Endzweck haben, blinde Abneigung, mißtrauensvolle gehässige Gesinnungen unter den Ständen des Reichs gegen Se. Kaiserl. Majestät zu verbreiten, eben dadurch aber das Band zwischen Haupt und Gliedern vollends zu zerreißen. Bei dem zweiten bieten Se. Kaiser!. Majestät durch eine eigene enge Verbindung mit den Ständen alle nur immer erwünschliche gesetz- und ordnungsmäßige Sicherheit selbst an. Bei dem dritten mögen die sämmtlichen Stände des Reichs, außer der ganz offenbaren Illegalität und Nichtigkeit derlei Ver, bindungen, noch die hieraus entstehen könnende unübersehliche Fol­ gen selbst beherzigen, die Fesseln, die sie sich und ihren Gerecht­ samen nach nicht vorher zu bestimmenden Zeiten und Umständen anlegen, zum Voraus selbst wägen und alsdann einen wenigstens nicht übereilten selbstbeliebigen Schluß fassen. Bei so wohlgemeinten offenherzigen Erläuterungen, die aller­ dings auch eine billige Zurückgabe des Vertrauens von der andern Seite verdienen, gebe ich mir, wie mich hierzu der ausdrückliche allerhöchste Befehl anweist, die Ehre Ew. rc. um eine von der ganz freien Willkühr abhangende, jedoch bestimmte und katego­ rische Antwort zu bitten, ob der dasige churfürstl. Hof eine nähere Verbindung gegen etwa zu besorgende gewaltsame Unternehmun­ gen und reichsverfassungswidrige Gefahren für unnöthig und über­ flüssig finde oder nicht, und ob derselbe in dem letzten Falle der von Sr. Kaiserl. Majestät angebotenen näheren Vereinigung beizutreten gewillet sei.

322 §. 199. Antwort. An den k. k. Minister von Binder zu Hamburg d. d. Hannover den 29. Juli 1785. P. P. Das königl. Ministerium hat daS fernere Schreiben wohl er­ halten, welches Ew. Hochwohlgeboren unterm 16. dieses an das­ selbe erlassen wollten. Wir glauben urtheilen zu müssen, daß der Inhalt sich auf dasjenige nicht beziehen könne, was ich Namens des Ministern Denmselben in meinem Antwortschreiben vom 10. vorigen Monats zu eröffnen gehabt habe. Wie es hier der Ort nicht ist, mich über die Bedenklichkeit des vorgewesenen Ländertauscheö, und über den Grund des Aufsehens zu äußern, wel­ ches selbiger in Deutschland und in Europa hervorgebracht hat: so leget übrigens mein letztgedachtes Antwortschreiben die Gesin­ nungen Sr. Königl. Majestät dergestalt auf das Deutlichste und Vollständigste dar, daß das Ministerium solchem weiter nichts hin­ zuzufügen haben kann. Nach diesen Gesinnungen und nach den Grundsätzen, woraus selbige fließen, sind Se. Königl. Majestät gänzlich versichert, daß Se. Römisch-Kaiserl. Majestät, nach ihrer gerechten und erhabenen Denkungsart, das den Ständen des deut­ schen Reichs constitutionsmäßig zustehende Bündnißrecht auf irgend eine Weise beschränken zu wollen, keineswegeS, gemeint sein kön­ nen. Daß Se. Königl. Majestät eine gegen Kaiser und Reich gerichtete, und solchergestalt gesetzwidrige Verbindung nie eingehen werden, davon darf nach den Grundsätzen der Art zu denken und zu handeln, womit Allerhöchstdieselben ein Beispiel zu geben ge­ wohnt sind, von selbst die Frage nicht sein. Inwiefern Sie sonst aber Verbindungen zu treffen nöthig und diensam erachten, das hängt natürlicherweise von den Umständen, Verhältnissen, erfor­ derlichen Einleitungen und Allerhöchstihrem Gutfinden und Entschließung lediglich ab. So wenig Se. Königl. Maj. hierbei sich in dem Fall befinden können, im Voraus darüber eine katego­ rische Antwort zu geben, so viel weniger kann, wie Ew. ic. leicht ermessen, daS königl. Ministerium ermächtigt sein, noch Allerhöchstihro Dignität gemäß halten, in Jhro Namen dergleichen Erklärn»-

323 gen zu ertheilen. Die von Sr. Römischen Kaiser!. Majestät Gedings- und Pactsweise eingegangene Wahlcapitulation erschöpfet an Allerhüchstderv Seite bereits auf's Vollkommenste alles, was eine zur Aufrechthaltung des Reichssystems mit Jhro noch zu tref­ fende anderweitige Verbindung in sich fassen könnte; und Se. Königl. Majestät, indem Sie die hohe Wichtigkeit der Erfüllung dieses feierlichen Wahlvertrags auf's Lebhafteste erkennen, werden gewiß zu jeder Zeit und in jedem Falle sich kein Geschäft ange­ legentlicher und zugleich angenehmer sein lassen, als Jhroseits solcher aus daS treueste und eifrigste mit allem demjenigen entge­ gen zu gehen, was die Pflichten eines redlichen und mit dem deutschen Reich, dessen höchstem Oberhaupte und Gliedern wohl­ meinenden Standes irgeild zu erfordern und mit sich zu bringen im Stande sind n. ic. D. A. v. Wenckstern. 8. 200. Schreiben des russischen außerordentlichen Gesandten Hemr von Groß an das hannoversche Ministerium, vom 22. Juli 1785. Messieurs! En entlere confiance dans Vos sentimens connus, Mes­ sieurs, pour mon auguste Cour, j’ai l’bonncur de communiquer ci-prfcs ä Vos Excellences une copie fidele des ordres1), qui m’ont et6 transmis en dernier lieu cii rtSfutation express« des bruits, qui se röpandent en Allemagne sur de pr^tendus projects dangereux, form^s par la Cour de Vienne au präjudice de la libertö des Etats et du maintien de la Constitution germanique, et ä l'ex6cution desquels celle de Russie est censee vouloir concourir et prßter son appui. Sans vouloir importuner k ce sujct V. E. par des röpötitions superflues, je prends la libertö de me rapporter entierement au contenu interessant de la susditc d6p6che, en y ajou-

') Die eben §. 147. mitgetheilte lettre circulaire vom 3. Juni.

21*

324 tant la trös bumble priere, de vouloir bien me favoriser lädessus d’un gracieux mot de röponse. En attendant j’ai l'honneur dötrc etc. Hambourg cc 22. Juillet 1785. Gross. Conseiller d’Etat actuel et Envoyö extraordinaire de Russie. §.

201.

Antwort des hannoverschen Ministeriums an den russischen Gesandten Herrn von Groß, vom 29. Juli 1785. Nous avons re$u, Mr., avec une parfaite reconnaissance la communication amicale, que Vous avez bien voulu nous faire par Votre lettre du 22. du courant, touchant les bruits d’un projet d'öchange de la ßaviere contre les Pays-bas Autrichiens. Le Ministöre du Roi, guide par les sentimens de la haute estime et de Pamitie sincöre, desquels 8. M. fait une profession constante vis-ä-vis de S. M. J de toutes les Russies, croit ne pouvoir rnieux röpondre a cette confiance, qu’en Vous tömoignant, Mr, combien Ie Roi sera infiniment satis» fait, d’ötre assurö par la parolc respectable de 8. M. Plmpöratrice inöme, que le refus du Duc de Deuxponts a suffi pour laisscr tomber le dit projcct d’öchange, qui vient d’exciter l'inquiötude et l'attention genöralc de l'Allemagne et de I'Europc entiöre. C’est par une suite de cette möme confiance, qu'il n’bösite point de se permettre Tobservation, que les articles XVIII. des paix de Rastadt et de Bade contenans, que „si la Maison de Baviere trouvc, qu'il lui convient de faire quelques öchangemens de ses etats contre d'autres, 8. M. Trös-Chrötienne ne s’y opposera pas,6‘ ne semblent aucunement exprimer, ni ont jamais pu comprendre un öchangc total d’un Electorat de lEmpire, lequel, se trouvant sous la disposition de la bulle d’or, n’elait nullement susceptible d une altöration de cette nature, qui non seulement aurait affectö de trop pres, mais renverse m6me la Constitution essentielle du collöge Electoral, et les lois fundamentales qui doivent en 6tre et la base et la garde inviolablc. II est connu, que de-

325 puis le Traitö de la Barriere de 1715 dosend dans Varticle II. en termes exprfes toute cession et tout behänge des Pays-bas, et que de l autre cötö les pactes de famille anciens et nouveaux de la Maison Palatine s’opposent de möme absolument ä toute altänation quelconque, et nomm^ment ä tout ßchange des etats Palatins et de la Bavi&re y comprise. Or ces pac­ tes de famille renouveläs et garantis formellement par la paix de Teschen doivent 6tre actuellement sous la garde et sous la protection du St. Empire, qui a accedö comme partie contractante k toute Tötendue de cette pacification. L’Allemagne entifere, Mr., glorieuse d’avoir vu naitre dans son sein Vauguste Princesse, dont le regne, les lumi&res et les principes fönt l’admiration de VEurope, se repose dans la plus grande confiance sur la foi de la garantie, laquelle 8. M. J. de toutes les Bussies Elle-m&me a voulu partager k l’ägard de Vordre et de la süretä de la Succession Palatine, et croit en m6me temps devoir 6tre fortement convaincu. que la haute sagesse et la fayon de penser aussi ölevec, que juste et impartiale de Catherine II. ne pourront que Lui faire prendre un int6r6t constant et essentiel au maintien de la Constitution et de la libertä germanique, et des droits des Etats de VEmpire, dont la Conservation et le sort a de tout temps nöcessairement influö sur la tranquillitö et süretö gönörale de toute VEurope. J'ai Vhonneur d’6tre etc. Hanovre ce 29. Juillet 1785. I). A. de Wenckstern.

202. In Folge bet österreichischen Bundesanträge zu angeblich glei­ chem Zweck, wie die von Preußen betriebene Union, war seit dem Juni, ohne Zweifel auf dem Wege des Mißverständnisses, hin und wieder das Gerede aufgetaucht, der Kaiser wolle selbst in die Union eintreten. Wir sahen schon, wie in der Depesche deS preu­ ßischen Gesandten in Petersburg vom 4. Juni des Umstandes ge­ dacht wurde: der dortige österreichische Gesandte Graf von Cobenzl habe dem französischen mitgetheilt, daß die österreichische Circu­ lardeclaration das Anerbieten des Beitritts von Seiten des Kai§.

326 serö enthalte (§. 135). Kein Wunder, wenn diese Idee Ver­ breitung fand. In den Leydener Nouvelles extraordlnaires vom 8. Juli (Supplement) hieß es in einer Correspondenz aus Frank­ furt vom 2. Juli: L’Empereur, dit-on, a demande lui-m6me ä y entrer (in die ligue), sans deute asm d’empScher qu’elle ne tournät contre lui. Das waren nun freilich augenscheinlich falsche Auffassungen und zufällige oder absichtliche Gerüchte. Nichtsdesto­ weniger sprach doch auch das hannoversche Ministerium damals schon, mittelst einer Note des Herrn von Beulwitz, datirt Berlin den 3. August, die Befürchtung aus, daß man „in die Verlegen­ heit kommen könnte, daß der Wiener Hof selbst sich zum Beitritt offeriren wollte." Eine Verlegenheit, in die man nach Josephs II. Tode wirklich kam, und die entweder zu sehr komischen oder zu sehr tragischen Conflicten hätte führen müssen, wenn eben nicht zu der Zeit die Union, unthätig sich in sich selbst verzehrend, in einem Zustande des Ersterbens begriffen gewesen wäre, der sie weder einer ernstlichen Werbung noch eines ernstlichen Angriffs mehr würdig erscheinen ließ. — Anders freilich im Jahre 1785; da hätte Joseph eine solche Anerbietung oder Forderung nicht stel­ len können, ohne sich selbst eine größere Verlegenheit wie dem Gegner zu bereiten.

3'J. Entschließung über die Art, wie dem russischen Sabine! von dem Abschluß der Union Kenntniß zu geben sei. Der König rechnet ans Hessen-D armsladt. Die Erklärungen Preußens an die auswärtigen Höfe. §. 203.

Friedrich der Große hatte auf die Vorschläge des Ministeriums in Betreff der Rotification des Bundestractats am Petersburger Hofe den Bescheid ertheilt: J’agree les representations que Vous me faites par Votre rapport en date d’hier, et Je eonsens qu’en cons6quence Vous pourrez faire part en Russie de notre traitö d’association; mais seulement en termes gßneraux, et extr6mement raccourcis, parceque sans cela on pourrait donner Heu ä plus de pour-

327 parlers que Je ne voudrais, et k des disputes qui ne conviennent aucunement. Sur ce Je prie Dieu etc. h Potsdam le 1. d’Aoüt 1785. Frödüric. Aux ministres d’Et. et de Cab. le Comte de Finckenstein et le Sr. de Hertzberg.

§. 204. In Folge dieses Bescheides berichteten die Minister am 5. August: V. Al. ayant agr66 par Ses gracieux ordres du 1. d’Aoüt qu’on fasse part k la Cour de llussie de Son traitä d’association cn termes g£n£raux, sans le communiquer in extenso; nous avons exp6di6 la däclaration ci-jointe, qui pourra aussi ütre communiquee avec les changemens convenables k la Cour de France et aux autres Puissances de PEurope. Nous n’avons rien röpondu aux invectives grosseres, dont la Cour de Vienne a rempli ses däclarations multipliöes et adressties k toutes les Cours de PEurope et de PEmpire, mais nous nous sommes born6s ä cxposer en raccourci les raisons qui ont engag6 V. Al. k proposer et k faire avec Ses Co-Electeurs un trait6 d’association pour le maintien du Systeme de PEm­ pire, malgrö les assurances donnöes par les deux Cours Impe­ riales , qu’elles ne songeaient plus au troc de la Bavifcre. 11 nous parait qu’une pareille döclaration, qui ne contient rien de choquant pour les dites Cours, ni m6me pour celle de Vienne, est n6cessaire pour obvier k leurs clameurs continuelles, et pour faire voir ä toute PEurope Pinnocence, la justice et m6me la n6cessit6 de ce traitö d’Union. Berlin le 5. d’Aoüt 1785. Finckenstein.

Hertzberg.

Der König rescribirte eigenhändig darunter: Cela est tres bon et devient m6me näcessaire par les lettres qui sont venues aujourd’hui de Petersbourg.

Fr6d6ric,

328 §. 205. Schon in ter Nachschrift zur Ordre vom 29. Juli hatte der König eine mündliche Conferenz für den 4. oder 5. August in Aussicht gestellt. Wirklich war nunmehr Finckenstein nach Pots­ dam beschieden worden und berichtete von dort über das stattge­ habte Gespräch an Herhberg: Le principal article de cette premiere convocation a roule sur le Landgrave de Hesse-Darmstadt. S. M. m’a dit, qu’il fallail que celui qui fera la tournee dans l’Empire se rendc chez ce Prince pour le disposer ä l’occasion de l’association a fournir en cas de besoin un corps de 8 ä 10 mille bommes contre des subsides, ajoutant que, si cela rencontrait quelques difficultös, on pourrait pour faciliter la chose lui promettre que ces troupes ne seraient pas employ6es contre l’Empereur. Comme cette affaire parait lui tcnir fortement k coeur, je supplie V. E. d’en faire un article expr&s de Vinstruction qu’Elle s’est proposee de dresser pour Mr. de Boehmer etc. Potsdam le 5. Aoüt 1785.

Finckenstein.

Dieser Benachrichtigung schloß sich Tags darauf eine andere für die Thätigkeit Hertzbergs nicht minder interessante an: J’ajoute ce peu de lignes ä ma lettre d’aujourd’hui, pour marquer ä V. E. que le Roi m’a dit avant le diner, qu’il fallait faire valoir dans la döclaration ä la Cour de Russie, loco congruo, que l’association n’avait pas de quoi faire la moindre peine ä l’Empereur, s’il n’avait aucun dessein de toucher ä la Constitution de l’Empire etc. Potsdam le 6. Aoüt 1785.

Finckenstein. §. 206. Am.13. August erging nunmehr die nachfolgende Instruction an den preußischen Gesandten Grafen von Görtz in Petersburg: - - - . On Vous envoit ci-joint une declaration que Vous remettrez au Vice-Chancelier Comte d’Ostermann avcc un

329 compliment convenable, et en y ajoutant, que comme Je me flattais d’ätre encore du nombre des amis et des alli6s de 8. M. limperatrice de Russie, comme eile avait bien voulu £tre mödiatrice et garante du traitö de Teschen et des pactes de la maison Palatine, comme eile prenait un int£r6t si g6n£reux au bien-6tre de FAlIemagne, qui avait l’honneur df6tre sa patrie, Je m’empressais de lui faire part de la conclusion d’un trait6, qui n’avait pour but que les objets änonces, qui n’6tait que d6fensif et ne tendait k offenser aucune Puissance; que si S. M. I. voulait bien pr6ter quelque attention au contenu de cette döclaration, Je me flattais encore, qu’elle sentirait Tinnocence du trait6 que Je lui annon$ais, et des motifs qui m'avaient engag£ k le conclure avec mes Co-Electeurs, malgr6 les assurances que la Cour de Vienne donnait, de ne plus songer au troc de la ßavifere, ni k aucune infraction du systfemo Germanique; que si ces assurances Itaient sincferes, comme Je n’en doutais pas, ce traite constitutionnel pourrait lui 6trc indifferent et 6trc regarde comme non existant. ---- Vous pouvez donner k cette piöcc le nom de d^claration, de memoire ou de note, selon ce que Vous trouverez convenable et conforme aux principcs et a la fa^on de penser de la Cour de Russie etc. Berlin le 13 d’Aoüt 1785. Finckenstein. Hertzberg.

Eine fast gleichlautende Instruction wurde unterm 16. an den preußischen Gesandten Baron von Goltz in Paris erlassen, mit dem Aufträge, die ebenfalls beigelegte Declaration dem Grafen von BergenneS zuzustellen. §. 207. Die dem russischen und dem französischen Hofe zugefertigte Denkschrift lautete: Declaration. Le Roi a cru pouvoir s’attendre, que la Cour de Vienne ne penserait plus jamais, ni ä un echangc ni k aucune autre

330 acquisition de la Laviere, apres qu’on lui cn eüt dämontrö l’inadmissibilitö dans les Conferences de Braunau, tenues au mois de Septembre 1778, apres quelle eüt renonce par le traite de paix de Teschen k toute prötention sur la Bavifere, et qu’elle se füt chargöe elle-mßme avec les autres puissances contractantes et m^diatrices de cette paix, de la garantie des pactes de la maison Palatine, qui döfendent k cette maison toute aliänation et nomm6ment tout behänge de ses 6tats. 8. M. ayant cependant appris au mois de Janvier de l’annäe courante par la communication du Duc de Deuxponts, que malgrö ces considörations aussi fortes, la Cour de Vienne avait fait proposer ä ce Prince l'echange de toute la Baviere, ainsi que du Haut-Palatinal et des Duchös de Neubourg et de Sulzbach, contre une partie des Pays-Bas Autrichiens, Elle s’empressa d en ouvrir ses sollicitudes k 8. M. ITmpöratrice de toutes les Russies x), comme garante de la paix de Teschen. La röponsö que 8. M. Imperiale fit donner au Roi par Son ministre le Prince Dolgoroucki, qu’apres le refus du Duc de Deuxponts il n’etait plus question de cet behänge, aurait pu rassurer 8. M, si Elle avait pu avoir la m6me certitude 2) des intentions de la Cour de Vienne. Mais cette Cour a fait voir trop clairement, tant par les dömarches faites dans le cours de l’annöe presente, que par son Systeme suivi de tout temps, qu’elle ne peut pas gagner sur eile, de renoncer entierement au projet d’aequerir töt ou tard la Baviere. Apres avoir dis— simule dans ses premieres döclarations circulaires l’existence de ce projet, eile assure k la v6rit6 dans les dernieres ä l’imitation des d6clarations de la Cour de Russin, qu’elle n’avait pas songö et ne songerait jamais ä un troc violent ou force de la Baviere; mais cette distinction entre un troc forc6 ou vol ontaire indique assez que la Cour de Vienne conserve encore toujours Iid6c de la possibilite d’un troc de la Baviere. *) 3n dem für Paris bestimmten Eremplare: ä 8. M. Tres-Chr^tieine. 3) 3nt Pariser Eremplare: Les reponses, que S. M. re^ut de la Cour de France, auraient pu la rassurer, si Elle avait pu avoir une certitude süffisante etc.

331 Celte conjecture döjä trfes forte en elle-m6me ne se confirme quc trop par I’assertion de la Cour de Vienne, que la maison Palatine avait par le traitä de Bade la pleine libertö d’6changer ses etats. II est vrai, que selon l’article 18. de la paix de Bade, „si la maison de Baviere trouve convenable de faire quelquc Gehänge de ses Gtats contre d'autres, 8. M. TresChrGtienne a promis de ne pas s’y opposcr“, mais il rGsulte clairement du dispositif m6me de cet article, que les contractans n’ont cru permettre k la maison de Baviöre qu’un Gehänge partiel de quelque pays ou district, qui pourrait Gtre convenable ä ses intGrGts, mais on n’a surement pas songG ni pu songer alors ä TGchange total d'un grand Electorat et Fies de TEmpire, qui se trouvant sous la disposition de la Bulle d'or, n’Gtait aucunement susceptible d’unc altGration de cette nature, laquelle aurait affectG de trop pres et renversG la Constitution essentielle du College Electoral et m6me i’intGgrite de tont le Systeme confGdGratif de TEmpire. En admettant mGme, que la paix de Bade ait permis k la maison de Baviere, de faire un Gehänge partiel et conve­ nable ä ses intGrGts, de quelque parlie de ses possessions, cette facultc a GtG abrogGe par Tarticle 8. de la paix.de Teschen, et par Tacte sGparG conclu en mGme tcmps cntre TEIecteur Palatin et le Duc de Deuxponts, puisqu’on y a renouvelG, consirmG et garanti les pactes de la maison Palatine des annees 1766, 1771 et 1774, dans lesqucls tous les Gtats de la maison Bavaro-Palatine sont chargGs d’un fideicommis perpGtuel et inaliGnable, et oü Ton a rappelG Tancienne sanction pragmatique de cette maison, conclue k Pavie Tan 1329, par laquelle toute cette Illustre maison s’cst engagGe de ne jamais faire aucun Gehänge ni autre aliGnation de la moindre parlie de ses Gtats. Or comme le traitG de Teschen avec tous ses actes sGparGs se trouve sous la garantie du Boi et de TEIecteur de Saxe, comme parties principalement contractanles de cette paix, ainsi que sous celle des deux puissances mediatrices, les Cours de Bussie et de France, et de tout TEmpire, qui en sont garants, il en resulte, qu’aucun Gehänge quclconque de la Baviere ne saurait plus avoir lieu sans le consentv-

332 ment et la concurrence de toutes les Puissances qu’on vient de nommer, et surtout sans Vintervention du Roi et de tous ses Co-Etats de l’Empire, qui sont essentiellement intäressäs ä ce que le grand et important duchä de Baviere reste au pouvoir de la maison Palatine, puisqu’il saute aux yeux, qu’independamment de la disproportion geographique et politique entre les Pays-bas Autrichiens et toute la Baviere, en Irans-* färant ce grand et beau pays ä la maison d'Antriebe, et en arrondissant ainsi la monarchie Autrichienne däjä trop präpondärante, tont räquilibre de pouvoir en Allemagne serait perdu, et la stirete, ainsi que la liberte de tous les Etats de TEmpire ne däpendrait plus que de la discretion de la maison d’Autriche. II semble que cette grande et puissante maison devrait se contenter de sa vaste monarchie, et ne plus songer ä une acquisition aussi alarmante non seulement pour l’AIIetoagne, mais aussi pour tonte l’Europe; eile devrait se rappeler aussi, qu’elle a promis dans le traite de Barriere de 1715 aux puissances maritimes, qu’elle n’alienerait jamais aucune partie des Pays-bas ä aueun Prince hors de sa propre maison, stipulation qui ne peut pas ätre levee sans le consentement de toutes les parties contractantes. Le Roi ne pouvant donc que se persuader par tont ce qu’on vient d’exposer, que la Cour de Vienne ne renoncera pas si töt et peut-ätre jamais au projet d’aequerir la Baviere töt ou tard d’une maniere ou dautre, et que selon les principes qu’elle continue d’annoncer dans ses derni&res döclara*tions circulaires, eile s’en reserve toujours la possibilitö et la facult6, 8. M. a cru ne pouvoir moins faire pour Sa propre süret6 et pour celle de tont l’Empire d’Allemagne, que de proposer ä Ses Co-Etats de faire une association conforme ä toutes les constitutions fondamentales de TEmpire, nomm6ment ä la paix de Westphalie et aux capitulations des Empereurs, et fondee sur Texemple de tous les siecles, tendante uniquement ä conserver la Constitution präsente et legale de tout TEmpire, et chacun de ses membres dans la jouissance libre et tranquille de ses droits, etats et possessions, et de sopposer ä toute entreprise arbitraire, illägale et contrair?

333 au Systeme de l’Empire. 8. M. ayant rencontrß les m6mes sentimens auprfcs des S6r6nissimes Electeurs de Saxe et de Bronsvic-Lunebourg, Elle vient de conclure et de signer avec eux un traitö d’Union, qui n’est oflensif contre personnc, qui ne däroge en aucune manicre a la dignitö, aux droits et aux. prerogatives de 8. M. l’Empereur des Romains, qui n’a absolument pour but que le maintien du systäme constitutionnel de l’Empire et des objets qu’on vient d’enoncer, et qui ne peut par consequent ni inquiäter ni offenser la Cour de Vienne, si eile a les m6mes vues et intentions pour la Conservation du dit Systeme, cointne on a lieu de s’attendre et s’attend aussi de la grandeur d’ame et de la loyautö du Chef de l'Empire, et par une suite des assurances donnäes en dernier lieu par S. M. Plmpöratrice de Russie *)• Le Roi n’a cependant pu qu’apprendre avec quelque sensibilitä et surprise, que la Cour de Vienne se röcrie contre cette Union dans ses däclarations publiquement adressäes k toutes les Cours de l’Europc et de l’Empire, et qu’elle täche m6me d’y donner des couleurs odieuses. 8. M. croit n’avoir donnö aueun lieu a un proeöde pareil et avoir plutöt m6rit6 qu’on rende plus de justice ä la conduite ouvertc, patriotique et däsint£ress£e, qu'Elle a tenue avant et apres la paix de Teschen, k l ögard de tout ce qui regarde la Laviere et la maison Palatine. Elle n’imitera pas le ton adoptö dans les däclarations susdites, Elle se gardera bien de recriminer; Elle se contente de provoquer au temoignagc des Electeurs et Princes de l’Empire, qui attesteront, que sans aucune Sug­ gestion ni accusation on s’est bornö k leur retracer l’inadmissibilite et le (langer de tout echange de la Laviere, et de leur proposer la conclusion d un traite constitutionnel tel qu’on peut le montrer a tout le mondc. Pour ne laisser aueun doute sur la purete de Ses intentions et sur la justice de Ses d6marclies, le Roi s’empresse de faire part ä 8. Al. I'lmp6ratrice de toutes les Russies, comme a Son amie, alliäe et ga*) Im Pariser Tremplar sind die Worte: et par ane suite etc. weg< gelassen.

334 rante de la paix de Teschen, de la conelusion de ce traitö d’association et des raisons pressantes qui y ont döterminö les parties contractantes. II se statte, que 8. M. I. seien Ses trautes lumieres et Ses principes reconnus d’6quit6 et de mo* deration, reconnaitra Elle-m6me l’innocence et la lögalite de cette Union, qu’EIIe ne lui refusera pas Sen suffrage, qu'EIIe en öcartera toute Interpretation sinistre, et1) qu'EIIe voudra plutöt contribuer Elle-m6me par la sagesse de Ses mesures et de Ses conseils, et par les obligations qu'EIIe a eontractöes par la garantie de la paix de Teschen 2), k faire tomber pour jamais tont le projet d un behänge quelconque de la Baviere^ trop contraire aux traitfe ainsi qu'aux pactes et aux veritables int6r6ts de la maison Palatine et trop dangereux pour la su* rete de TAllemagne, pour qu’il puisse jamais 6tre permis par des Puissances qui s’interessent ä la Conservation de l’6quilibre et du Systeme de 1 Empire, qui instuent aussi essentielle* ment sur la tranquillite de tont le reste de l’Europe.

Diese „Declaration" wurde auch an die übrigen auswärtigen Höfe, hin und wieder in etwas modificiner Fassung, versandt. Unterm 23. August erging sie an Lust in London, an Rohde in Kopenhagen, an den Baron von Keller in Stockholm, an den Herrn von Sandoz in Madrid, an den Baron von Chambrier in Turin, an den Herrn von Buchholy in Warschau, und an den Herrn von Thulemeier im Haag. 40.

Das Zwischenspiel wegen der Sicherheit und Neutralität Sachsens geht ohne Ergebnis??u Ende.

§. 208. Wir müssen jetzt auf die weitere Entwickelung jenes diploma­ tischen Nebenspieles zurückgehen, welches die außerordentliche Hülf^ *) Im Pariser Eremplar ist hier eingeschaltet: qu’en qualite de garai^t des traites de Westphalie et de Teschen et en consäquence de sinteret essential, que la Cour de France a toujours pris ä la Conservation du Sy­ steme et de la Constitution de l’Empire d’Allemagne, Elle etc.

Im Pariser Eremplar fehlen die Worte: et par les obligations etc.

335 und Neutralitatsforderung Sachsens zum Gegenstand hatte (f. oben §. 180—182.) Herhberg war schon am 24. Juli mit einer Beantwortung der sächsischen Denkschrift zu Stande gekommen, hatte aber darin den Punkt der Neutralität in einer Weise behandelt, als ob der König geneigt sein werde dieselbe in vollem Maße zuzugestehen, während Friedrich der Große, wie wir sahen, vielmehr offenbar nur die Geneigtheit zu einem Schutz- und Trutzbündniß an den Tag gelegt hatte. Finckenstein remittirte ihm daher den Entwurf mit den Worten: Je nc crois jamais que Pintention du Boi puisse 6tre d’accorder la neutralitö demand6e par la Saxe dans le cas d’une guerre; . . . il me semble qu’il faudrait s'en tenir ä des termes beaucoup plus g6n6raux au sujet de cette neutralitö, engager la Saxe ä s’expliquer plus clairement sur cet article important, et se mettre par lä en 6tat de demander les ordres du Roi sur ce sujet. G’est ce qui m’engage ä renvoyer cette Minute & Votre Excellence.

§. 209. Demgemäß änderte Herhberg den Punkt in Betreff der Neu­ tralität, und die Note.erging nunmehr, noch am 24. von Fincken­ stein und Herhberg vollzogen, in der nachfolgenden Fassung „an den Churfürstlich Sächsischen Envoyä extraordinaire, Herrn Gra­ fen von Zinzenvorff". Berlin, den 24. Juli. Se. Königliche Majestät von Preußen sind nicht abgeneigt, Sr. Churfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen die schriftliche und verbindlichste Versicherung zu ertheilen: daß Sir in jedem Falle, in welchem die Chursächsischen Lande, aus welchen Ursachen es auch sei, angegriffen werden möchten, denselben nicht allein mit der in dem AssociationS-Tractat bestimmten Anzahl von Hülfövölkern, sondern auch mit einer so großen Macht und Zahl von Kriegsvölkern, als die Umstände nur immer erfordern und erlau­ ben, aus Ihren Brandenburgischen, Magdeburgischen und Halberstädtischen Landen, zu Hülfe eilen und sie in völlige Sicherheit

336 zu sehen suchen, auch Ihrer Chursürstlichen Durchlaucht zu Sach, sen die Wahl der Neutralität, so lange eS nur immer thunlich, gern zugestehen und gönnen wollen. Da aber Verbindungen von solcher Art und Wichtigkeit na­ türlicher und billigerweise wechselseitig sein müssen und überdem die beständige Neutralität, welche Se. Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen sich auöbedingen und versichern wollen, Sr. Königli­ chen Majestät allein die Last und Gefahr von jedem vermuthlichen Kriege zuschieben: so wünschen und halten Se. Königliche Majestät von Preußen für nöthig, mit Sr. Churfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen hierüber eine nähere Convention zu errichten, und er­ warten, daß, wenn Sie darin die obgedachte Versicherung erthei­ len, Se. Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen dagegen aus eine gleiche Art versprechen: 1) Daß Sie nicht allein die in dem gegenwärtigen Associations-Tractat enthaltenen Verbindungen genau erfüllen, sondern auch sonst mit Sr. Königlichen Majestät in allen andern politischen Angelegenheiten und Verhältnissen ein gemeinschaftliches Concert und Einverständniß unterhalten und sich weder mit dem Wiener Hof noch mit einer andern Macht in solche Verbindungen, welche dem preußischen Staate nachtheilig sein könnten, jemals einlassen wollen; 2) werden Se. Königliche Majestät von Preußen Sr. Chur­ fürstlichen Durchlaucht zu Sachsen die Wahl der Neutralität wohl so viel immer thunlich gern gönnen; da man aber von andern Nachbarn nicht ein Gleiches versichert sein kann, dieselbe auch in den Fällen des AssociationS-Tractats von selbst wegfällt, eine un­ eingeschränkte Neutralität von Chursachsen auch dem preußischen Staat nach seiner geographischen und politischen Lage, durch die daraus entstehende Uebermacht des Gegentheils und wegen der nicht leicht abzuwendenden Durchzüge, zur größten Gefahr und Nachtheil gereichen würve, in der That auch bei gegenwärtigen Umständen die Erhaltung und Wohlfahrt des Churfürstenthums Sachsen mit der- von dem preußischen Staat unzertrennlich ver­ bunden ist: so können Se. Königliche Majestät von Preußen sich in Ansehung solcher Neutralität vor jetzo zu nichts Bestimmteres erklären oder verbinden, und müssen allenfalls abwarten, wenn

337 Se. Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen solches nicht noch fer­ ner auf Zeit mit1 Umstände ankommen lassen wollen, daß Sie sich darüber näher herauslassen und Ihre Meinung und Absicht er­ öffnen, damit man eine so wichtige Sache in weitere Neberlegung und Berathschlagung nehmen könne, da denn Se. Königliche Ma­ jestät gern alles, waS möglich ist, thun und erklären werden, um Se. Churfürstliche Durchlaucht zu Sachsen von Ihrer aufrichtigen, nachbarlichen und beständigen Freundschaft zu überzeugen. 210. Sachsen war keineswegs geneigt, wie Finckenstein ganz richtig vorausgesetzt hatte, sein NemralitätSsystem aufzugeben und in eine förmliche Convention deshalb einzutreten. Im äluftmge seines Hofes erklärte daher der sächsische Gesandte in Berlin mittelst einer Note vom 2. August: „Se. Churfürstliche Durchlaucht von Sachsen verlangen nichts weiter von Sr. Königlichen Majestät alö eine bestimmte freund­ schaftliche, schriftliche Erklärung: I. Se. Churfürstliche Durchlaucht gegen alle schleunige Un­ fälle und Gefahr, womit Dero Lande in Rücksicht und aus Haß und Verdruß gegen die eben geschlossene Association bedrohet und wirklich betroffen werden möchten, durch geschwinde und wirksamste Hülssleistung zu schützen. II. Sr. Churfürstlichen Durchlaucht in allen Fällen, welche in dem Associations-Tractat nicht ausgenommen sind, die Freiheit zu laffen, Dero Neutralitäts-System zu behaupten" u. s. w. §.

211. Auch Alvensleben berichtete unterm 5. August aus Dresden an Hertzberg, daß für die Leiter der sächsischen Politik die Neu­ tralitätsidee nach wie vor daS Steckenpferd fei. Unter Andern: sagte er: ... Je suis presque convaincu commc de mon existencc, qu’on ne parviendra pas ä les faire changer d'idse, malgrti tout ce qu’on pourra dirc, et que m6me, si V. E. insiste beaucoup, Elle fera naitre de la däfiance, croyant, qu’on ne les a voulu engager ä l’association que pour ensuite les Jier 22 §.

338 plus ßtroitement, tandis qu’ils ne se sont prßtes qu’en r6calcitrant et ajoutant ä chaque phrase, que eela ne devait pas faire fort ä leur neutralite........... La demarche de vouloir envoyer un ministre ä Vienne dans un Moment, comrne celui-ci, dönotc assez, qu;on veut toujours conserver un air de neu­ tralite___ Celte d^fiance prouve, qu’on est embarrassö, et plus, qu'on croit &tre alle trop loin avee nous, particulierement si nous nous refusons ä leur donner une assurance decid£e de neutralite etc.

212. Und in einer Depesche d. d. Dresden den 8. August äußerte Alvensleben soga §.

II est tres probable qu’il y a eu ces jours passßs une scene entre l’Electeur et le Sr. de Stutterheim; au moins me I'a-t-on assurö de bonne pari, et Phumeur tres visible qu'avaient ce dernier et le Sr. de Gutschmidt, qui peut-ßtre en a eu aussi sa part, ne m’en fönt pas douter. Je suppose tou­ jours, que c’est la crainte de l’Electeur, que sa neutralite chimörique ait souflfert quelque atteinte par cette derni&re association, qui y a donn6 lieu. L'Electeur presse beaucoup luimSme le rappel du Sr. de Schoenfeld de Paris et sa nomination pour Vienne. J’avoue que je ne vois pas le but de cette Mission dans le Moment present, et il est tres possible qu'on s’expose par lä ä quelque humiJiation. Si le Baron de Metzbourg obtient le poste d’ici, comrne il parait s’en flatter, l’Electeur en sera certainement tres fäche.

§. 213. Unter solchen Umständen kann es kaum auffallen, wenn der Gras von Zinzendorf sich genöthigt sah, in einer neuen Note an das preußische Ministerium, vom 12. August, die Erklärung ab­ zugeben: Chursachsen behalte sich vor, seiner Aeußerung in Betreff der Association unter Umständen und „besonders gegen die Kaiserl. Gesandtschaften" die Erklärung hinzuzufügen: „daß S. Churkürstl. Durchl. übrigens Ihres Orts in allen, die Sicherheit Ihrer Lande

339

und die Erhaltung der Reichsverfassung nicht betreffenden Angelegenheiten, bei dem angenommenen Neutralitätssystem beharrten." §. 214.

Dieser Note so wenig wie der vom 2. August wurde preußi­ scher Seitö eine weitere Folge gegeben, da man nicht gesonnen war, die Neutralität Sachsens für kommende Zeiten im Voraus und aus die eigene Gefahr hin so unbedingt anzuerkennen. ES kam je auf die Natur der Fälle an, die sich mit der Zeit darbie­ ten würden, und diese mußte man daher abwarten. So verlief denn diese ganze Episode ohne eine merkliche Spur zu hinterlassen. Ihren diplomatischen Schlußpunkt fand sie jedoch später in einer dritten Note des Grafen von Zinzendorf vom 8. September, worin dieser das preußische Ministerium benach­ richtigte: S. Churfürstl. Durchl. „hätten zwar Jhro Kgl. Maj. freund­ schaftliche und verbindliche Erklärung zu erlangen gewünscht;... da jedoch nach Sr. Maj. eigenen Bemerkung, hierbei das meiste auf Zeit und Umstände ankommt, so wollen Sie sich mit Denenselben in dem eintretenden Fall darüber näher zu vernehmen sich vorbehalten, indem Zhro Churfürstl. Durchl. ohnehin auf alle Fälle auf I. Kgl. Maj. erprobte Freunrschaft eben so gewiß Rechnung machen zu können glauben, als Sie solche Ihres Orts zu erwie­ dern aufrichtigst gemeint sind." 41. Dit preussische (Erklärung an die deutschen Höfe. Aurmechsetung der Üatificatione». Dir Geschenkangelegenheit kommt juttt Schluss. Söhrner tritt die Rundreise durch Deutschland an. §. 215.

Mittlerweile hatte die Unionöangelegenheit neue Stadien durchschritten. Ueber die Einladungen zum Beitritt, über das Verhalten am Reichstage und über ähnliche formelle Fragen hatte man sich rasch und leicht geeinigt. Die „Erklärung", welche den deutschen Regierungen zugefertigt werden sollte, war vollendet, die Ratificationen ausgewechselt, Herr von Böhmer schon auf seiner Rundreise begriffen.

340 Am 20. August schrieb Herhberg an Finckenstein: „Ich übersende hierbei den Entwurf unserer Erklärung. Meine Meinung ist, daß wir solche, den Tractat und das Credi­ ts' dem Herrn von Böhmer für jeden Hof mitgeben." Finckenstein

rescribirte auf

dem Herhberg'schen Schreiben:

„Ich bin hiermit vollkommen einverstanden.

Finckenstein, den 21.

August." Die „Erklärung" ist von Herhberg im recucil 2, 292 ff. mit­ getheilt worden; ich habe den Text mit dem handschriftlichen Ori­ ginal verglichen, und die wesentlicheren Abweichungen bezeichnet. Aus dem obigen Schreiben ergiebt sich, daß sie vom 20. August datirt werden muß.

Sie lautete: §. 216. Erklärung

der Ursachen, welche Se. Köiiigl. Majestät von Preußen bewogen haben, Ihren hohen Mitständen des Reichs eine Association zur Erhaltung des Neichssvsiemö anzutragen, und mit einigen der­ selben zu schließen. Es geschieht

sehr ungerne, daß Se. König!. Majestät von

Preußen sich durch die, in denen vom Wiener Hofe an alle Höfe in und außer dem Deutschen Reich gerichteten und nunmehr öffent­ lich bekannt gemacht werdenden Ministerialschreiben und Declara­ tionen, Deroselben gemachte so bittere als nngegründete Vorwürfe und Aeußerungen genöthiget sehen, denselben Höfen die Ursachen zu eröffnen, welche Sie bewogen haben, Ihren ReichS-Mitständen eine Reichsverfassungömäßige Association anzutragen, und mit eini­ gen derselben zu errichten. Eine kurze und wahrhafte, jederzeit zu er­ weisende Darstellung der in dem noch laufenden Jahre vorgekom­ menen Umstände und Thathandlnngcn wird zu solchem Endzweck zureichen. Cs ist weltbekannt, daß der K. K. Hof nach dem Absterben des letzten Churfürsten von Bayern, daö Herzogthum NiederBayern, erst durch die daran gemachte Ansprüche, und durch die am 3. Jänner 1778 mit dem Churfürsten zu Pfalz geschlossene Convention, und da der König von Preußen mit dem Herzog von Pfalz-Zweibrück sich dagegen gesetzet, durch die in den Monaten

341 Mai und Juniuö 1778 zu Berlin und hernach im Monat August im Kloster Braunau angestellte Tauschhandlungen, zu erwerben gesuchet; daß aber der K. Prenß. Hos allen dergleichen Austausch der Bayerischen Länder, mit denen damals in dem Expos6 des motifs bekannt gemachten Gründe», als gleich widerrechtlich und dem deutschen Reiche gefährlich abgelehnet, und die Unzulässigkeit desselben gezeiget, und daß darüber der bekannte Krieg entstanden, welcher durch den am 13. May 1779 zu Teschen geschlossenen Frieden geendiget worden. Da nun der Wiener Hof darin allen nur ersinnlichen Ansprüchen auf Bayern feierlich entsaget, und im 8ten Artikel dieses Friedensschlusses mit den sämmtlichen Mächten, welche denselben theils geschlossen, theils vermittelt, die Garantie der sämmtlichen Hausverträge des Hauses Pfalz-Bayern, welche diesem hohen Hause alle Veräußerung und selbst allen Austausch seiner Lande verbieten, übernommen: so konnten Se. Königl. Ma­ jestät von Preußen sich fest versichert halten, daß der K. K. Hof nun niemals weiter an einige Eintauschung oder andere Erwer­ bung von Bayern gedenkeil würde. Wider alle diese so gegrün­ dete Erwartung aber mußte der König im Jänner-Monate dieses Jahres von dem Herzoge von Zweibrück vernehmen, daß der K. K. Hof diesem Fürsten durch den Russisch Kaiserl. Gesandten, Grafen von Romanzow, den vorhero bereits zu München durch den Gesandten voll Lehrbach ergangenen sonderbaren Antrag thun lassen: daß das Haus Pfalz-Bayern dem Hause Oesterreich ganz Ober- und Rieder-Bayern, die Oberpfalz, die Landgrasschast Leuchtenberg und die Herzvgthümer Neuburg und Sulzbach gänzlich abtreten möchte; dagegen des Kaisers Majestät dem Hause Pfalz Ihre Niederlande, mit denen von der Republik Holland zu erwartenden Vortheilen, jedoch mit Ausschluß deS Herzogthums Luremburg und der Grafschaft Namür, unter dem Titel deS Königreichs Burgund, abtreten, und dem Chur­ fürsten und Herzoge annoch 3 Millionen Gulden zu gefälli­ gem, allenfalls vergnügendem Gebrauch auszahlen, sich aber alle Artillerie und alle National-Truppen, sowohl von den Niederlanden als von Bayern, und zugleich das Recht, in den Niederlanden nach Gutbefinden Geld negociren zu kön-

342 neu, vorbehalten wollten, und sollte ein jeder Theil die auf jedem Lande hastenden Schulden übernehmen; der Tausch­ handel sollte geschlossen werden

unter

der

Garantie

von

Frankreich und Rußland, ohne von Preußen und dem Reiche, welche doch

als schließende

und garantirende

Theile

des

Teschener Friedens, und sonst so wesentlich dabei interessiret sind, etwas zu erwähnen. Ohngeachtet dem Herzoge bei diesem Antrage bedeutet wurde, daß man von der Einwilligung des Churfürsten zu Pfalz vor­ läufig sicher sei, und daß die Sache auch ohne ihn und wider seinen Willen zu Stande kommen würde, und daß man binnen 8 Tagen eine feste Entschließung von ihm erwarte: so

erklärte

sich derselbe doch darauf großmüthig und rund aus, daß er nie­ mals einen seinem Hause so nachtheiligen Tausch eingehen würdet) Er gab sogleich und in der Mitte des Jänner-Monats dem Kö­ nige, als seinem Freunde und Urheber des Teschner Friedens, von allem Nachricht, er verlangte seinen Beistand gegen dieses ihm so gefährliche Project, und übersandte ein Schreiben seines Ministers von Hvfenfels

an den Russisch-Kaiserl.

Bice-Kanzler,

Grafen

von Ostermann, mit einem ausführlichen Memoire, darin er den ganzen Umfang des Antrages und die Unthunlichkeit des Tausches, mit den Ursachen seines Widerspruchs, auf eine überzeugende Art darlegte, und Ihre Russisch-Kaiserl. Majestät

als Garant des

Teschner Friedens ersuchte, von diesem Entwurf abzustehen, und des Kaisers Majestät davon zurückzubringen.

Se. Königl. Ma­

jestät so verwundert als beunruhigt durch diese Nachricht, trugen Ihrem Gesandten zu Petersburg, Grafen von Görz, auf, gedach­ tes Schreiben und Mümoire des Herzogs von Zweibrück

dem

Grafen von Ostermann zu übergeben, Ihre eigene Besorgniß dar­ über zu eröffnen, und das Ansuchen des Herzogs von Zweibrück mit allen zweckdienlichen Vorstellungen zu unterstützen.

Eben der­

gleichen Vorstellungen ließen Se. Königl. Majestät von Preußen bei dem K. Französischen Hofe,

als gleichmäßigen Garant des

Teschner Friedens, thun, und diejenigen, welche der Herzog von

') Zm Recueil: „nachtheiligen Handel eingehen und seine altväterliche Erblande vertauschen würde."

343 Zweibrück durch seinen nach Paris eigens abgeschickten Gesandten von Esebeck thun lassen, unterstützen.

Jhro Majestät die Russische

Kaiserin ließen daraus zu Ende des Jänners durch Ihren zu Berlin stehenden Gesandten, Fürsten Dolgoroucki, zur Antwort er­ theilen:

daß Sie diesen Tauschhandel, den Sie beiden Theilen

zuträglich hielten, dem Herzog von Zweibrück nur dergestalt hät­ ten thun lassen, daß derselbe von dem freien Willen beider Theile abhange.

Der K. Französische Hof ließ gleichfalls dem Könige

verschiedentlich versichern, daß des Kaisers Majestät dieses TauschProject, da der Herzog von Zweibrück solches nicht annehmen wollen, fallen lasse.

Man hat es aber nicht dahin bringen können,

eine schriftliche oder direkte Versicherung darüber von dem K. K. Hofe zu erhalten. Se. Königl. Majestät würden sich durch die Versicherungen zweier so ansehnlichen Höfe haben beruhigen lassen,

wenn Sie

nicht aus dem bedingten Inhalte derselben, aus dem beständigen System des Wiener Hofes, und auS denen bei und nach den Frie­ densverhandlungen von Utrecht und Teschen so oft wiederholten Versuchen des Bayerischen Tauschhandels, hätten schließen müssen, daß er dieses ihm so angelegene Projekt niemals ganz aufgeben, sondern bei jeder ihm günstig scheinenden Gelegenheit wieder her­ vorsuchen würde.

Mehrgedachter hoher Hof eifert zwar in denen

so vielfältigen Declarationen seiner Minister vors erste nur über­ haupt gegen die ihm angeblich beigemessene widerrechtliche Absich­ ten, hernach aber, da der Russische Hof in seinen Declarationen den Tauschhandel von Bayern eingestanden, gestehet er denselben gleichfalls, versichert aber,

daß er niemals an einen gewaltsamen

Tausch gedacht habe, noch weiter gedenken werde.

Er zeiget durch

diese Einschränkung und den so sorgfältig machenden Unterscheid zwischen einem gewaltsamen oder freiwilligen Tausch nur zu deut­ lich, daß er sich die Möglichkeit und die Freiheit des sogenannten freiwilligen Tausches, dessen Natur man schon auö der Conven­ tion vom 3. Jänner 1778 kennet, noch immer vorbehalte.

Diese

an sich schon so starke Muthmaßung bestätiget sich noch mehr durch die von dem Wiener Hofe dem Russisch-Kaiserl. an die Hand ge­ gebene Behauptung, daß das Haus Bayern durch den Badener Frieden die Freiheit habe,

seine Staaten zu vertauschen.

Es ist

344 wahr'), daß in dem 18. Artikel dieses Friedens festgesetzet ist, daß, „wenn das Haus Bayern einige Vertauschung seiner Staaten sei­ nem Interesse gemäß findet, der Allerchristliche König versprochen hat, solchem Tausch nicht zuwider zu sein." Es folget aber selbst aus den klaren Worten dieses Artikels, daß man dadurch dem Hause Bayern nur die Vertauschung einiger Länder und Districte oder Theile des Ganzen und zwar solche, welche seinem Interesse gemäß sei, verstattet habe; man hat aber gewiß damals nicht daran gedacht, noch gedenken können, die gänzliche und willkührliche Ver­ tauschung eines großen ChursürftenthumS und Reichslehns, wel­ ches unter den Verfügungen*) der güldenen Bulle und des Westphälischen Friedens stehet, und darinn seine Grundlage hat, und dessen gänzliche Veränderung die wesentliche Verfassung des Churfürstlichen Collegii und selbst deS ganzen Reichsverbandes würde zerstöret haben, zu verstatten oder j« berechtigen. Wollte man aber auch zugeben, daß der Friede von Baden dem Hause Bayern einen ihm nützlichen Tausch einiger seiner Besitzungen verstattet habe, so ist solches doch wieder durch den 8ten Artikel des Friedens von Teschen und durch die zu gleicher Zeit zwischen dem Churfürsten von Pfalz und dem Herzoge von Zweibrück geschlossene Nebenacte verändert und ausgehoben wor­ den, indem man durch beide die Hansverträge des HauseS PfalzBayern von den Jahren 1766, 1771 und 1774 erneuert, bestäti­ get und garantiret, in welchen Hausverträgen man alle Länder des Hauses Pfalz-Bayern mit einem beständigen und unveräußer­ lichen Fideicommiß belegt, und die alte zu Pavia im I. 1329 ge­ schloffene pragmatische Sanction dieses Hauses erneuert, in der alle Fürsten dieses Hauses sich versprochen haben, niemals etwas von ihren Landen zu veräußern, zu verwechseln oder zu vertau­ schen. Da nun der Friedens-Tractat von Teschen mit allen sei­ nen Nebenacten unter der Garantie des Königes und des Chur­ fürsten von Sachsen, als hauptschließende Theile dieses Friedens, imgleichen der Höfe von Frankreich und Rußland, und des gesammten deutschen Reiches, welches die Garantie davon übernom') Im Recueil: ,,E» ist zwar entern." ’) Im Recueil: „unter der Verfügung und dem Schutze."

345 men, stehet, so folget daraus nnwidersprechlich, daß kein Tausch von Bayern mehr statt haben kann, ohne ausdrückliche Einwilli­ gung aller eben genannten Mächte, und besonders nicht ohne Mit­ wirkung des Königs und seiner Mitstände, als welche wesentlich und vorzüglich dabei interessirct sind, daß das große und wichtige Herzogthum Bayern dem Hause Pfalz verbleibe, und nicht an ein anderes mächtigeres Hauö komme. Es fällt in die Augen und Sinne, daß, wenn dem Hause Oesterreich freistünde, den so weit» sonstigen, an sich so vortrefflichen, aber annoch einer viel größeren Berbesserung fähigen, und von einer vorzüglich braven Nation bewohnten Staat von Bayern, gegen ein ihm entlegenes, dreifach kleineres, ungleich schlechteres, und wenig zu verbefferndes Land zu vertauschen, seine mit Bayern gränzende Staaten damit zu vereinigen, und dadurch seinen schon so überwiegenden Staats­ körper auf eine so übertriebene als unbillige Art zu verstärken, alsdann das Gleichgewicht der Macht in Deutschland sich gänzlich verlieren, und sowohl die Sicherheit als Freiheit aller übrigen Reichsstände bloß von der Mäßigung des Hauses Oesterreich ab­ hangen würde. Dieses schon so große und übermächtige HauS sollte sich doch an seiner so weitläuftigen Monarchie begnügen, und nicht an neue, an sich nicht rechtmäßige Erwerbungen geden­ ken, welche nicht allein Deutschland, sondern auch ganz Europa beunruhigen müssen; es sollte sich von selbst erinnern, daß Kaiser Karl VI. in dem Barriere-Traetat vom I. 1715, welcher ohne Einwilligung aller schließenden Theile nicht aufgehoben werden kann, feierlich versprochen hat, daß die Niederlande niemals an einen Fürsten außer dem Oesterreichischen Hause veräußert wer­ den sollen. Da nun der König nach den hier ausgeführten Grundsätzen überzeugt ist, daß der Wiener Hos keine Befugniß hat, Bayern, durch welche Mittel und Art von Tausch eS auch fei, an sich zu bringen, daß aber derselbe nach denen in diesem Jahre erneuerten Versuchen, noch öfters, und nach größter Wahrscheinlichkeit bestän­ dig damit umgehet, und nach denen in ganz Europa verbreiteten Declarationen sich zu einem sogenannten freiwilligen Tausch noch immer berechtigt hält; da ferner Se. Königl. Majestät von Preußen aus denen hier gleichfalls angeführten Ursachen, bei ei-

346 ner so widerrechtlichen als willkürlichen Vergrößerung Ihres Nach­ baren nicht gleichgültig sein können; da Sie schon einen Krieg darüber geführet, und durch den Teschner Frieden ein neues und beständiges Widerspruchsrecht dagegen erhalten; da Sie als Churund Reichsfürst und als Contrahent und Garant des Westphälischen und Teschenscken Friedens so berechtiget als interessiret sind, daraus zu wachen und mit allen Kräften darauf zu halten, daß das ganze deutsche Reich in seinem constitutionömäßigen System und Gleichgewicht erhalten, und besonders, daß nicht eines der größten und ältesten Fürstlichen Häuser, das zu diesem Gleichge­ wicht nöthig ist, fast aus dem Reiche vertrieben werde: so haben Sie geglaubet, für Ihre und des ganzen Deutschen Reichs Sicher­ heit und Wohlfahrt nicht weniger thun zu können, als daß Sie Ihren hohen Mitständen eine Vereinigung angetragen, welche den Reichsgrundgesetzen, besonders dem Westphälischen Frieden, den Kaiser!. Wahl-Capitulationen und dem Herkommen aller Jahr­ hunderte gemäß ist, indem sie keinen andern Endzweck hat, als die gegenwärtige gesetzmäßige Verfassung des Reichs zu behaupten'), ein jedes Mitglied desselben bei dem freien und geruhigen Genusse seiner Länder, Besitzungen und Rechte zu erhalten'), und sich je­ der widerrechtlichen und willkürlichen Unternehmung zu widersetzen. Da nun Se. Königl. Majestät von Preußen bei den Durchlauch­ tigsten Herren Churfürsten von Sachsen und Braunschweig-Lüneburg eine gleiche Gesinnung gefunden, so haben Sie, als Chur­ fürst zu Brandenburg, mit Hochdenenselben einen VereinigungsTractat getroffen und abgeschlossen, welcher auf nichts anders ge­ het und abzielet, als auf die so eben angezeigte Gegenstände und auf die Erhaltung deS, constitutionsmäßigen ReichSsystemS, der also weder gegen den Kaiser, noch daS Reich, noch gegen ei­ nigen Reichsstand gerichtet ist, der den Rechten und Würden') Ihrer Kaiser!. Majestät gar nicht zu nahe tritt, und den Wiener Hos weder beleidigen, noch beunruhigen kann, wenn seine Absich­ ten und Gesinnungen für die Erhaltung deS Reichs-Systems so *) Im Recueil: „erhalten." ») Im Recueil: „handhaben." ') Im Recueil: „der Würde."

347 beschaffen sind, wie man von der Großmuth und der Rechtschas, fenheit des Reichs-Oberhaupts erwarten kann, und auch zuver­ sichtlich erwartet. Der Königl. Preuß. Hof hat gegründete Ursache, sich zu be­ schweren, daß die Oesterreichischen Ministri sowohl in ihren

an

die Reichssürsten gerichteten Schreiben, als in den an auswärti­ gen Höfen gethanen Declarationen, demselben so falsche, als un­ ter

gleichen Hofen unanständige Vorwürfe von Unwahrheiten')

und dergleichen machen, daß sie die vbgedachte Union mit unächten und gehässigen Farben abzuschildern, und als Rrichssatzungswidrig davon abzurathen suchen, auch wohl gar Sr. Königl. Ma­ jestät ungleiche Absichten andichten.

Höchstdieselben haben sich

über allen dergleichen nur möglichen Argwohn durch das offene, patriotische und uneigennützige Betragen, welches Sie vor, in, und nach dem Frieden von Teschen, gegen das HauS Pfalz-Bayern und gegen Jedermänniglich ohne Wandel bezeiget, gänzlich erho­ ben und weggesetzet, und könnten erwarten, daß man Ihrer Art zu denken und zu Handel,: mehr Gerechtigkeit wiederfahren lassen sollte; Sie haben auch die Fortdauer dieses Ihres so patriotischen und gemeinnützlichen Systems, selbst durch die Ihren Herren Mit­ ständen angetragene und zu Stande gebrachte Union außer Zwei­ fel gesetzet, indem selbige durch ihre Natur und Beschaffenheit selbst die Möglichkeit aller eigennützigen Absichten ausschließet?) Man könnte die obgedachte dem Preuß. Hose gemachte so unge­ ziemende Borwürfe so leicht widerlegen, als mit mehrerm Grunde auf jene Seite zurückweisen'); man will aber einem solchen**) Bei­ spiele nicht folgen, sondern kann sich vielmehr') auf daS Zeugniß derjenigen Herren Churfürsten und Fürsten berufen, denen man die

*) Im Recueil Zusatz: „Calumnien." 3) Zm Recueil Zusatz: „Der Königl. Preuß. Hof hat sich niemals nie­ driger und heimlicher Mittel in seinen Staatsverhandlungen bedienet, er könnte also die obgedachte ihm gemachte u. s. w." *) Im Recueil Zusatz: „und aus gleichem Tone beantworten." 4) Recueil: „solchen unschicklichen." *) Recueil Zusatz: „auf den hierin kürzlich dargestellten Vorgang und Zusammenhang der Sache und selbst".

348 Vereinigung angetragen, und welche bezeugen werden, daß man nichts gethan, als daß man ihnen die Unzulässigkeit und die Ge­ fährde deS Tausches von Bayern') vorgestellet, und ihnen eine ReichSconstitutionSmäßige und solche Vereinigung angetragen, welche man der ganzen Welt zeigen kann; solches würde sich auch selbst aus dem ersten Entwürfe dieser Vereinigung zeigen, der ver­ muthlich in den Händen des Wiener HoseS sein wird, und der nach seinem Inhalte lediglich gegen jede widerrechtliche und ge­ waltsame Unternehmung von Tausch und Säkularisation und Zer­ gliederung deutscher Reichölande, aber namentlich gegen keine Macht, welche sich derselben nicht schuldig machet, gerichtet ist. Man glaubt durch alles vorhergehende überzeugend dargethan zu haben, daß die Vereinigung, welche Se. Königl. Maje­ stät von Preußen mit den Durchlauchtigsten Herren Churfürsteit von Sachsen und Braunschweig-Lüneburg geschlossen, einer Seits unschuldig, unverfänglich und constitutionsmäßig, andrer Seits aber für die künftige Sicherheit und Freiheit des Reichs und aller seiner Mitglieder so nothwendig, als nützlich ist. Se. Königl. Majestät von Preußen tragen also kein Bedenken, sondern achten sich vielmehr für verbunden, Ihren hohen Mitständen von dieser geschlossenen Vereinigung Nachricht und Theil zu geben; Ihnen selbige, wenn Sie es verlangen, in ihrem ganzen Umfange vor­ zulegen, und zu überlassen, ob Sie derselben beitreten wollen. Man verspricht sich solches von Ihren hohen Einsichten und pa­ triotischen Gesinnungen, und in solchem Falle werden Se. Königl. Majestät von Preußen mit den Durchlauchtigsten Herren Chur­ fürsten zu Sachsen und Braunschweig-Lüneburg sich ein Vergnü­ gen daraus machen, solche hohe Mitstände in diesen Verein auf­ zunehmen, Ihnen alle Vortheile davon angedeihen zu lassen, und mit Ihnen das Nöthige darüber weiter zu verabreden und ab­ zuschließen.^)

') Recueil Zusatz: „ohne jemandes Beschuldigung." *) Im Recueil folgt die Unterschrift: „Berlin, im Augustmonath deJahre« 1785."

349 §. 217. Am 21. August wurden die Ratificationen ausgewechselt, und in Betreff der Einladungen zum Beitritt sowie der zu machenden Erklärungen die lehten^Verabredungen getroffen, so daß Herr von Böhmer am 23. seine Rundreise antreten konnte. Dies alles er­ hellt aus dem nachfolgenden Bericht an den König vom 22. Au­ gust: Le minist re de Beul witz ayant re$u par un courricr de Londres la ratification du Roi d'Angleterre sur le trait6 d’association, nous avons echängö hier avec lui et le ministre de Saxc les ratifications des trois Cours Electorales sur le traite en question 1). Nous avons remis k ccs deux ministres k cette occasion les boites que V. M. leur a destinöes, avec la somme de mille öcus pour leurs secrötaires. lls ont rc$u ces präsens avec une reconnaissance respectueuse, ne doutant pas Tapprobalion de leurs souverains. Nous avons concertß en mßmc temps avec les susdits ministres ce qu’il y avait encore k regier pour l'invitation des Princes de I'Empire et pour les d£clarations k faire, et c’est en consäquence de cela, que le Sr. de Boehmer se mettra demain en route pour (Empire, en la prenant par Weimar, Gotha et Cassel, vers Mayence, Deuxponts et Darmstadt, oü il s’aequittera des ordres particuliers de V. M. pour le Landgrave. L'Electeur de Saxe s'en remet entierement k V. M. des soins d’inviter les Princes de I Empire; mais le Roi d'Angleterre a expressöment ordonne au ministöre d'Hanovre d’y concourir par une mission parcille, du moins k Cassel, Mayence et Bade, et il est entre en correspondance particuliere avec les ducs de Gotha et de Bronsvic. Ce monarque a aussi t6') Die „Geheime Special-Convention" zwischen Chur-Brandenburg und Hannover wegen Ausschließung des Hauses Oesterreich von den Stiftern (§. 186. am Ende), wurde hannoverscher Seits am 9. September, und preußischer Seits erst am 1. Oktober ratificirt, nachdem die jenseitige Ratifi­ cation, wie das Ministerium dem König unterm 30. September berichtete, in Berlin eingetroffen war.

350 moign6 ä son ministere une satisfaction particuliere de la conclusion de ce traitti, en l’assurant que c’6tait uniquement ä cause du vif int£r6t, qu’il prenait au bien-6tre de sa patrie Germanique. Berlin le 22. d’Aoüt 1785. Finckenstein. Hertzberg.

Die preußische „Erklärung" wurde theils durch Herrn von Böhmer, theils auf dem gewöhnlichen Wege, in den letzten Ta­ gen des August und in den ersten des September an die sämmt­ lichen deutschen Regierungen abgesandt. 42. Frankreichs und Kurlands Besorgnisse vor der Union. -Ihr Ver­ halten der Thatsache gegenüber.

§. 218. Die vollendete Thatsache wirkte. Frankreich und Rußland ließen sie gelten, fügten sich in das, was sie nicht abzuwenden vermochten. Beide besorgten, daß es sich nicht sowohl um eine Union Brandenburgs und Hannovers, als um eine Allianz zwi­ schen Preußen und England handle (s. §. 226.); beide fürchteten den Inhalt geheimer Artikel, und die Ausdehnung der Union über die Grenzen Deutschlands hinaus, dergestalt daß nicht nur auf der einen Seite Dänemark und Schweden, sondern auch auf der andern die Niederlande in das Bundesnetz gezogen werden möch­ ten; beide endlich hätten es weit lieber gesehen, wenn vielmehr unter ihrem Protectorate in Deutschland eine Union gegen Preußen wie gegen Oesterreich entstanden wäre (f. §. 220.). Aber beide hielten es der Klugheit gemäß, dem Geschehenen ge­ genüber eine gute oder eine gleichgültige Miene zu machen und nur im Stillen, und soweit möglich, die Ausbreitung der Union zu hemmen. Die Rollen waren getheilt: die gute Miene machte Frankreich, die gleichgültige Rußland. Frankreich nahm, wie Goltz unterm 24. August meldete, die preußische Declaration anscheinend so günstig auf, daß das preu­ ßische Kabinet sich zu noch weiterem Entgegenkommen entschloß. Am 6. September ging die nachfolgende Instruction an den Ba­ ron von Goltz nach Paris:

351 Votre (16p6che du 24 Aoüt in’est bien entröe. Vous rccevez ci-joint unc copie exacte du traitö d’association, qui a ete conclu ici le 23 Juillet cntre moi et les Electeurs de Saxe et d’Hanovre avec son article s£par6 et secret qui regarde proprement l’echange de la Baviere. Vous remettrez ces pieces au Comte de Vergennes avec un compliment convenable, en lui disant, que les trois Cours unies 6taient convenues de ne communiquer ce traite qu’aux Princes de l’Empirc, qui paraissaient disposes d’y acc6der; qu’on ne communiquait l’article secret qu'a ceux dont on 6tait absolument sür; mais que Je me faisais un agrlable devoir d en faire une exception ä l’£gard d’une puissance avec laquelle J’avais le plaisir de me trouver dans une inlimitä si parfaite, et qui par sa qualitä de garante de la paix de Westphalie prenait tant de part au bien-£tre de l’Allemagne; que cette communication n’avait point 6t6 faite a la Cour de Bussie, asm qu’elle ne se mßle pas davantage des affaires de l’Empire; que par toutes ces raisons Vous devivz prier lui, le Comte de Vergennes, de me garder le secret de cc traite, ainsi que de la communication contidente, que J en faisais a sa Cour; qu'elle n'avait pas pu sc faire plutöt, parcequ'il avait fallu pourtant faire pröcöder Tecbange des ratifications, qui n’avait eu lieu que depuis pcu; que cependant les Cours de France et de Bussie 6taient les premieres, qui avaient semble que Ton entende FEmpereur; et Ie sort des Etats de FEmpire, qu’on appelle ici subordonnes, serait bien pröcaire, Heureusement pour la consäderation Germanique, le Chef de FEmpire etabli par Election, n'a d’autre puissance supräme, que celle que les Princes Electeurs höreditaires lui ont conf6r6e par la capitulation, dont il a jurä l’observation. Suivant cette capitulation la puissance suprßme legale n’appartient pas ä FEmpereur seul; mais, quant ä la lögislation, ä FEmpereur et aux Etats räunis, et quant au pouvoir executif, uniquement aux Etats ötablis pour l’exercice de ce dernier. Lorsque FEmpereur, comme tel, ou en sa qualitö d’un Etat de FEmpire non Etabli pour cet esset, prötend de son chef exercer ce pouvoir; lorsqu’il cherche ä obtenir de ses Co-Etats moins puissans des conventions ä sa convenance, ou des actes d’6change contraires aux lois et ä leurs int4räts; lorsqu’il cherche ä s’approprier les plus grands Etats de FEmpire par des voies illegales, sans le consentement de tous les Princes, dont le consentement est requis, et de tont l’Empire Germa­ nique, et d’une sagen contraire ä sa Constitution et k ses lois positives: il dätruit sans contredit par lä Fequilibre de l’Em­ pire, il abuse du pouvoir que les Princes Electeurs ont remis entre ses mains, et c'est alors le cas d’exercer le droit que l’ancienne observance, le Traite de paix d’Osnabrück Art. 8. §. 2. et la capitulation Imperiale Art. 3. §. 6. et Art. 6. §. 4.

387 leur assurent, ädriger entr’eux et avec des Puissances 6trangeres des conf6d6rations pour lo maintien de leurs droits et de leur süret6; ce n’est pas contre l’Empereur et I’Empire, mais contre un Co-Etat abusant de sa puissance, qu’ils se röunissent; loin de dötruire Vöquilibre, ils le conservent; ils n’exercent sur personne un pouvoir illegal, ils ne cherchent qu’i le prövenir; ils ne s’arrogent point de däcision sur des objets qüi appartiennent ä la d£liberation et k la däcision de tous, comme le fönt ceux qui par des projets d’6cbange k leur convenance et soit-disant volontaires, proposös k quelques individus, sans Vacquiescement et m6me ä I'insyu de VEmpire Germanique, cherchent k s’approprier les plus grands Duch6s et par \k insensiblement toute l’Allemagne. Ceux qui se r6unissent contre de semblables vues dangereuses et despotiques, loin d’empiöter sur les droits de la v6ritable Puissance supröme de VEmpire, s’en remettent plutöt k sa döcision; ils ne fönt qu’appelcr son secours et jusqu’ä ce qu’il arrive, ils cherchent k maintenir VEmpire dans son int6grit6 et & y conserver Vöquilibre; ils n’empßcheront, ni ne peuvent emp6cher personne de faire des acquisitions permises; mais, suivant ce qu’on a prouve ci-dessus, ce n’est pas de ce nombre qu’il saut compter des actes d’echanges, qui, comme celui qu’on a voulu lenter par rapport k la Laviere, sont döfendus par des Pactes de famille, des Traites de paix et par les constitutions de VEmpire. La Bulle (Vor ch. XXV. prescrit en termes expres, que non seulement les Electorats, mais encore les Principautvs de VEmpire Germanique sont inaltänables et doivont 6tre conserv^s dans leur intögritö. Beaucoup d’autres lois de VEmpire s’accordent avec cette disposition pour les paroles et pour le sens, et c’est sur ces principes que repose tout le Systeme de VEmpire. La saine raison et Vexpörience fondee sur Vhistoire prouvent suffisamment, que dans un Etat confedöre, tel que VAllemagne, qui comprend taut d’Etats, les uns puissans, les autres d'un pouvoir mediocre, les autres faibles, independamment de la force obligatoire des lois en clle-m6me peu efficace, le moyen par lequel doit 6trc conserv6 le väritable 6quilibre du pouvoir entre VEmpereur et les Etats,

388 et entre les Etats les uns envers les autres, c’est: que cbaque Etat, et cbaque maison de Princes höröditaires, seit conservö dans la possession de son ancien patrimoine, et que les plus faibles n’en soient pas expulsös par les plus puissans, par toutes sortes de voies **) öquivoques, que ces derniers trouveront aisöment; sans quoi, l’equilibre lögal disparaitrait bien­ töt et Ton verrait trop souvent renaitre les temps et les circonstances, contraires sans deute aux sentimens gönereux d’un Joseph II., oü les plus grands Electeurs et Princes de l'Empire ötaient döpouilles despotiquement de leurs ötats et de leurs dignitös, ou traitös dans leurs personnes comme de vils criminels, ainsi que Töprouverent un Electeur de Saxe et un Landgrave de Hesse; oü leurs pays, comme on le voit par l’exemple du Buche de Mecklenbourg, ötaient donnös k des personnes non qualisiees, telles qu'un Wallenstein, apres Vexpulsion d'une ancienne famille illustre entiörement innocente, ou, comme la kaviere, röunis ä la monarchie Autrichienne. Que deviendrait l’öquilibre tonstitutionnel de l’Empire, si une puissance enorme, teile que la monarchie Autrichienne Test actuellement, pouvait encore s’agrandir et s’ötendre k son grö, et s'il n'ötait permis ä aucun Etat de l’Empire de se prömunir contr’elle par des döclarations publiques et des confödörations legales? On ne peut attendre de nos jours, ni möme dösirer des interventions extraordinaires et ötrangeres, telles que Ton en vit dans les temps allöguös. II est plus conforme a la dignite et au bonheur de la nation allemande, que dans de pareilles circonstances alarmantes des Princes patriotiques s’unissent, forment pour leur sürete des associations publiques et legitimes; qu’ils exposent leurs griefs et leurs sollicitudes par des döclarations publiques et libres, mais modörees et ne contenant rien d’offensant; qu'ils fournissent par ce moyen k des Princes gönereux matiere k des reflexions serieuses, et cherchent ainsi k prövenir k temps des essors inutiles2), dangereux, et difficiles ä röprimer apres coup............................... l) Recuell (p. 352): „moyens“. *) Im Recueil ist „ inutilesu weggelassen.

389 On assure pag. 22 de l’Examen: „que comme toutes les preuves fournies jusqu’ici contre la legitimifo d’un troc de la kaviere 6taient sans fondement, la Cour Imperiale ne renoncerait sans deute jamais au projet d’acquörir töt ou tard la Baviöre de maniere ou d’autre, et s’en röserverait toujours la faculfo.“ Cette d^claration si expresse du dessein constant de la Cour de Vienne de s’approprier la kaviere löt ou tard, de maniere ou d’autre, n’est que trop alarmante pour rAllemagne, et fait voir encore plus la n6cessit6 de l’association proposöe par Sa Majestö Prussienne aux Etats de l’Empire. Que le public impartial döcide maintenant d’apres cette röponse ä l’Examen publfo par la Cour de Vienne, si toutes les preuves alleguöes par celle de Prusse contre le projet d’un echange de la ßaviere, ne se soutiennent pas contre les refutations qu'on voudrait en faire! Cependant comme la maison BavaroPalatine ne veut jusqu’ici se pr6ter ä aucun echange volontaire de ce Duch6, et ses principaux membres s’y opposant plutöt de toutes leurs forces, on peut se flatter pour la tränquillitö de PAllemagne, et attendre de la justice et des sentimens pacifiques de la Cour de Vienne, qu’on en restera ä cette difforence d'opinions sur la possibilite et la fogalite d'un projet 61oigne et purement speculatif, et qu’il sera permis h chaque partie d’en juger d’apres ses propres principes. On soutient au contraire pag. 23 de TExamen: „que ce Traitö d’union est offensif et conclu directement contre Sa Majestö Imperiale, puisqu’on cherchait par ce moyen ä la priver d'un droit qui revenait k chaque Etat de TEmpire; quNl outrage la Cour de Vienne, vu qu’on Vaccusait d’entreprises despotiques et contraires ä la Constitution de l’Empire, et fondait sur cette accusation seule la conclusion de l’union que si Von avait de la justice de Sa Majest£ Imp^rja|e Vopinion qu’on assurait, tont ce Traitö d’union etait sans but et sans utilit6; que si on ne l’avait pas, il ne fallait pas se borner ä des accusations vagues d’entreprises illegales; mais allöguer nommdment et prouver ces entreprises.“

390 Tous ces reproches outräs se fondent sur la proposition que Von adopte comme vraie et prouväe, que la maison d’Autriche a le droit de s’approprier a son grä la Baviäre par un ächange; mais comme on a fait voir le contraire dans la prä­ sente räponse, le fondement de cc qu'on allägue ici contre le Traitä d’Union tombe de soi-mäme; et la Cour de Vienne assurant qu’elle ne songe pas k une acquisition violente de la Baviäre, la maison Bavaro-Palatine ayant aussi jusqu’ä präsent däclinä les propositions d'ächange, le Traitä d’association n’est qu’une mesure de präcaution pour des cas futurs et possibles, mesure k laquelle l’essai que Von a fait, de räaliser ce projet d'ächange malgrä la paix de Teschen, et les peines qu’on continue k se donner pour le däfendre, ont assez donno lieu, et k laquelle aussi les Etats de VEmpire, qui viennent de se räunir, ätaient incontestablement autorises par leur droit d’alliance........................................................................................... La Cour de Prusse s’ätant plainte avec raison dans [ses däclarations des reproches indäcens de faussetäs räpandues et d’autres semblables, qu’on lui fait dans la lettre circulaire d’Autriche, on se contente de räpondre k cela pag. 24 de VExamen, „ que Von avait räpandu contre Sa Maj. Impäriale, tant verbalement, que par des däclarations formelles, des accusations d’entreprises contraires k la Constitution de VEm­ pire; que c’ätaient Ik des faits notoires etc.“ La Cour de Prusse se voit obligäe de contredire encore une fois cette assertion et de s'en rapporter au tämoignage de toutes les Cours, soit de VEmpire, seit ätrangeres, pour prouver, qu’elle n’a fait autre chose que leur ouvrir par des däclarations publiques son sentiment sur le projet actuel ou futur d’un ächange de la Baviäre et sur la näcessitä, qui en räsultait, de maintenir le Systeme de VEmpire. La Cour de Vienne pouvait k son grä contredire ces däclarations franches et libres et les combattre d’apräs ses principes; mais des re­ proches nullement prouväs, de faussetäs et de calomnies rä­ pandues, sont toujours indäcens et peu convenables entre des Cours ägales et auraient au moins dü ätre appuyäs et coloräs

391 par de meilleures raisons quo l’expression vague et gön^rale de faits notoires. Du reste Sa Majestö Prussienne peut attendre tranquillement, que le public impartial juge d'apräs ses däclarations publiques et la präsente räponse ä l examcn de la Cour de Vienne, de la purerä de ses intentions, ainsi que de lajustice et de la nöcessitö des mesures qu’Ellc a adopräes, et däcide, si VAssociation conclue est conforme k la Constitution de l’Empire, comme taqt d'illustres Princes de l’Empire, qui, apräs en avoir pris connaissance, n’ont pas balanrä d’y acräder, Tont d6jk par cela nrräme suffisamment t6moign6. La suite des temps fera voir, si ce traitö est tel, qu’il puisse 6tre produit avec ses prätendus articles secrets, au cas que les circonstances le demandent. La Cour de Prusse n’a aucun sujet d’en faire mystfcre. Si les propositions abreg6es qui se trouvent pag. 26 et 27 de l’Examen sont mal fondäes, comme on vient de le dömontrer, c’est ögalement ä tort et sans aucun fondement, qu'on en tire les cons6quences vehementes et outräes: „que, le Traitö d’Association tendant ä empScher par la voie des armes les Maisons d’Autriche et Palatine de so servir de leur droit, si quelque jour elles convenaient de l’ächange de quelques unes de leurs possessions, ce Traitä 6lait offensif contre ces deux Maisons, opposö k la Constitution fondamentale de l'Empire, k la paix de Westphalie, k la Capitulation, et surtoüt k l’ordonnance d exöcution de l'annöe 1673, suivant laquelle aucun Etat ne doit, pour quelque raison que ce seit, offenser un autre Etat, user de voies de fait contre lui, ou conclure con­ tre lui quelque conspiration, ou conf6d6ration prohibäe.“ Comme on n’a nullement prourä dans l’Examen, que les Maisons d’Autriche et Palatine ont un droit illimitö d’ächanger toute la Bavifere, et qu’on a plutöt fait voir le contraire dans la präsente räponse, toute la suite de cons6quences qu’on tire de cette prämisse tombe de soi-m6me avec eile, et ne nrärite pas d’autre räfutation. On ne peut cependant s’emp6cher de remarquer, que l’auteur de l'Examen change ici l’ötat

392 des qtiestions dont il s’agit, qu’il argumente d’une fa$on pnäcipitöe et fausse, et qu’enfin, ä PinsQU de sa Cour ä ce qu’on espere, il se rend coupable d’expressions offensantes et peu convenables. Il change Petat de la question en faisant consister la prötendue ofFense de Sa Maj. Imperiale et de la Liai­ son Palatine, en ce que PAssociation s’oppose ä Pöchange de quelques unes de leurs possessions, tandis que la Cour de Prusse ne s’est point encore expliquöe sur un öchange de quelques districts de moindre importance, tel qu’on en voit arriver assez fr6quemment et sans autre consequence entre des souverains voisins, et ne s’est opposee qu'üi Pöchange de toute la Bavifcre ou de la plus grande partie de ce Duchö, parceque cet echange, contraire aux trait£s, detruirait l’öquilibre et la suretö de PAIlemagne. Il dötermine avec trop de pr6cipitation I’objet de PAssociation, puisqu’il ne peut pas savoir jusqu’oü eile s’ötend, ni sur quelle sorte d’öchange, ou sur quels autres objets eile porte. Enfin tous les Etats patriotiques de PAIlemagne doivent £tre frappös, et ne pas regarder avec indiff&rence, que Pauteur d’une deduction Impöriale applique ä une Association formee par trois des principaux Electeurs entr'eux et avec d'autres illustres Etats de PEmpire, qui connaissent 6galement leurs droits et leurs obligations, k une Association dont ii ne peut pas m&me savoir le contenu, Pordonnance d’exöcution de 1673, dont il ne devrait pas ignorer qu'elle n'est pas encore une loi de 1'Empire, mais un simple projet, et cherche ainsi ä la qualifier de conspiration et de confödöration prohiböe. Aucun öcrivain ne peut 6tre autoris6 ä un langage aussi choquant. Des Electeurs et Princes de PEmpire qui. selon leur droit incontestable d’alliance, se röunissent pour le maintien du Systeme de PEmpire, et concluent des conventions qu'ils peuvent produire des que les circonstances Pexigeront, ne forment point de conspirations, ni de confödörations prohibees contre un Co-Etat, avec lequel, non en sa qualite d'Empereur, mais comme Etat de PEmpire, ils se trouvent d’opinion differente sur certains ob­ jets. La Cour Impöriale, ou les 6crivains dont eile se sert, ne devraient point en pareille occasion tenir un langage aussi

393 d6plac6, s’ils ne veulent pas s’exposer par une juste r6torsion au reproche de vues despotiques et d’entreprises illegales contre Pint6grit6 des Electorats et des Principautös, et contre le droit d'allianee des Etats de PEmpire. Aprös s’6tre occupe ainsi d une prtitendue röfutation de la Declaration de Sa Majeste Prussienne aux Cours de l’Europe d’aprfcs une traduction peu exacte, l’auteur de l’Examen fait seulement une mention passagere de celle qui a 6t6 remise aux Etats de l’Empire, laquelle cependant, comme eile est plus detaillee que la premiöre et a paru presqu'en m6me temps, aurait plutöt mörite son attention. II se borne k en di re, qu’elle ne contient pas de nouvelles raisons, mais seulement plus d’invectives contre la Cour Imperiale. On ne conyoit pas, Comment ä Vienne on a pu trouver des invectives dans une dedaration, qui, comme on en est persuade et comme le public impartial l'a trouve egalem ent, est ecrite avec toute la moderation possible, et dans laquelle on a soigneusement evil6 d'imiter ies expressions connues de la lettre circulairo de la Cour de Vienne, assuröment bien plus amferes et en mSme temps mal fondöes. Ce point encore, on peut et on doit l’abandonner k la döcision du public impartial.

Der Schluß lautet: Les principales circonstances du nouveau projet d’öohangc de la Bavifere etant ainsi öclaircies, et les deux parties ayant mis sous les yeux du public impartial les motifs de leur conduite, c’est k celui-ci k juger, si Sa Majeste Prussienne n'a pas eu des raisons süffisantes pour exposer par des repr6sentations et des dedarations moderäes, tant aux Cours de l'Europe, qu’aux Etats de l’Empire, son sentiment sur le dit pro­ jet, et pour proposer aux derniers, et conclure avec quelques uns d’entr’eux, une Association pour le maintien du systbme de TEmpire contre toute espöee d'atteinte, et si par consöquent cette Association, qui ne tend ä offenser qui que ce soit et est purement defensive, loin d’encourir du bläme, ne mörite pas au contraire le suffrage et les applaudissemens de toutes les Cours et de tous les Etats de PEmpire patriotiques et bien intentionnäs.

894

§. 243. Wir wollen die Eindrücke nicht abmessen, die neben der Er­ klärung vom August diese zweite preußische Denkschrift zu erzeu­ gen fähig war, oder wirklich erzeugte. Diejenigen Reichsstände, an deren Anschluß Friedrich II. am meisten gelegen war, hatten diesen schon vollzogen; durch den Beitritt von Chur-Mainz war der Union die Hälfte der chursürstlichen Stimmen mit Einschluß der entscheidenden gesichert, durch den Beitritt der baierischen Erben für die Zukunft eine Majorität von fünf unter acht, und durch den Beitritt Hessen-Cassels falls der Landgraf die neunte Churwürde erwarb sogar eine Mehrheit von sechs unter neun. Nur auf eine Verstärkung durch minder bedeutende Stände war noch zu rechnen; in den nächsten Monaten nach dem Erlaß jener Denkschrift waren eS Cöthen, Bernburg, Dessau, Osnabrück, An­ spach und die noch übrigen baierischen Agnaten, die Pfalzgrafen von Birkenfeld, welche ihren Beitritt erklärten. Die Polemik der Kabinette erreichte indessen mit jener Denk­ schrift noch nicht ihre Endschaft. Nur zog sie sich in die Journa­ listik zurück. Im „Politischen Journal" erschien im Februar 1786 ein kur­ zer Aufsatz unter dem Titel: „Eine österreichische Stimme über die preußische Association und deren Grundsätze" (2teö Stück, S. 128 ff.). Hertzberg hielt eine Erwiederung darauf für angemessen; diese, mit dem Titel „Kurze Antwort auf die österreichische Stimme über die preußische Association," ist noch unter den Acten befindlich, von HertzbergS Hand corrigirt, und erschien im April 1786 eben­ falls in dem Politischen Journal (4tes Stück, S. 361 ff.) als --Preußische Antwort u. s. w." Der Abdruck entspricht dem hand­ schriftlichen Original vollkommen, nur daß das Letztere am Schluß noch einen unwesentlichen weiteren Zusah enthält. Wir glauben, daß rS an der Stelle ist, ein paar Momente daraus hervorzu­ heben. Die österreichische Stimme hatte dem Churhause Branden­ burg seine Opposition gegen Oesterreich seit dem Jahre 1740 zum Vorwurf gemacht, während eS sich bis dahin bei manchen Vorfällen auf eine edelmüthige Weise gegen Oesterreich betragen habe. Die

395 preußische Antwort erwiederte: „Daß das ChurhauS Brandenburg seit dem Jahre 1740 nicht eben die untergeordnete Dienstwilligkeit gegen daS HauS Oesterreich, als vorher», bewiesen und beweisen können, solches fließet wohl aus der Natur der Dinge und dem Zusammenhange der Begebenheiten und Zeitumstände." AIS Kö­ nig Friedrich II. die „vier Herzogthümer von Schlesien, welche ihm zukamen, zurückforderte," habe man „solches mit Verachtung verworfen" und ihn dergestalt gezwungen, „nach dem Rechte sei­ ner alten Ansprüche und nach dem neuen Rechte der Waffen" Schlesien zu erobern. Den Dresdener Frieden habe der König „heilig beobachtet bis zum Jahre 1756 und würde gewiß auch mit dem Hause Oesterreich in Frieden gelebt haben, wenn er nicht damals die besondere und in dem M6moire raisonnö auS dem Dresdener Archiv bewiesene Entdeckung gemacht hätte, daß ein geheime- Bündniß wider ihn vorhanden sei" und wenn „man ihm die dagegen dreimal verlangte, aber jedesmal abgeschlagene Versicherung hätte geben wollen." Endlich „Nachher» hat König Friedrich II. in den Jahren 1778, 1779 und 1785 sich der von dem Hause Oesterreich beabsichtigten Enverbung des großen HerzogthumS Baiern, als Reichsstand und Churfürst und als Garant deS Teschner Friedens, zur Abwendung der Uebermacht', und zur Erhaltung seiner und des deutschen Reichs Sicherheit, widersetzen müssen. Aus allen diesen Umständen ist, fteilich ohne Schuld von Preußen, zwischen den Häusern Oesterreich und Brandenburg eine lange Collision und ein Wettstreit entstanden, welcher die Lage der politischen Verhältnisse dergestalt geändert, daß daS Hauö Brandenburg nicht mehr als eine untergeordnete Macht dem Hause Oesterreich seine unumschränkte Ergebenheit zeigen, und zu dessen Vergrößerung beitragen können. Indessen hat selbst König Friedrich II. seinen guten Willen gegen daS Haus Oesterreich, und seine nicht gänzliche Abneigung, dessen Vortheile, in so weit eS ohne gänzliche Gefährde seiner eigenen Sicherheit geschehen können, zu befördern, dadurch genugsam gezeigt, daß er dem Hause Oester­ reich int Jahre 1763 seine wohl nicht unwichtige Chur- und Fürsten-Stimme zu der Römischen Königswahl deS jetzigen Kaisers Joseph und zu der Modenesischen Erbfolge freiwillig ertheilet." Den weiteren Vorwurf, daß Preußen am Reichstage und in

396 den Kreisen sich eint Dictatorsprache beigelegt, giebt die preußische Antwort der österreichischen Diplomatie zurück und beruft sich dar­ auf, daß „die preußischen Minister in der That keine andere als mäßige und anständige, und eine solche Sprache führen, welche ihnen die reichsständische Freiheit und das innerliche Gefühl von Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit einflößt, und die freilich nicht die kriechende Demuth von verälterten Zeiten und Sitten athmet." Am Schluffe heißt eS: „Man beneidet nicht zu Berlin die Größe Kaiser Josephs.

Man suchet sie nichtizu vermindern; man

läßt seinen großen Eigenschaften Gerechtigkeit wiederfahren; man bewundert und rühmt seine innerliche Staatseinrichtung.

Man

hoffet auf seine Mäßigung; da man aber von künftigen Zeiten und Gesinnungen nicht gewiß sein kann,

so können und müssen

mindermächtige Fürsten wünschen und das ihnen mögliche thun, damit daS Gleichgewicht erhalten und ein jedes altes Fürstenhaus bei seinen angestammten Besitzungen gelassen werde." Hiermit kam die diplomatische Fehde zum Abschluß.

46.

Oie Union unter Friedrich Wilhelm II.

Das officielte Gutachten.

Oes Königs Theilnahme

Letzter Aufschwung. Mecklenburg-Schwerin,

der Koadjutor Dalberg und Meeklenburg-Strelilz treten bei. Hinsiechen der Union.

Leopold bewirbt sich beim üünig um die Stimme zur Kaiserwahl.

Aus- und Uebergänge.

§. 244. Am 17. August 1786 starb Friedrich der Große.

Sein Nach­

folger Friedrich Wilhelm II. widmete in den Anfängen seiner Re­ gierung der Union noch dieselbe Theilnahme, die er als Kronprinz ihr zugewandt hatte.

Er unterrichtete sich zunächst persönlich über

den Stand der Sache.

Unterm 23. November 1786 schrieb er

eigenhändig an daS Ministerium: Faites moi le plaisir de m’envoyer les derniers rapports de Boehmer, qu’il a envoyös le dernier mois avant son retour.

Dies geschah.

Sodann forderte

er ein Gutachten über die Mittel „zur Befestigung des deutschen Fürstenbundeö" ein.

Dieses Gutachten ist noch erhalten, trägt

aber weder Unterschrift noch Datum; eS rührt indessen vermuthlich von Hertzberg her, wie eS sich denn auch in den Acten des Der-

397 liner Archivs unmittelbar hinter dessen „memoire contenant I’i(l4e, les motifs etc “ befindet.

AuS dem Inhalt folgt, daß eS bald

nach dem Tode Friedrichs des Großen und vor dem Eintritt Meck­ lenburg-Schwerins in die Union, also noch im Jahre 1786 erstat­ tet wurde.

Es lautete:

Ew. König!. Majestät haben mir allergnädigk anbefohlen, Allerhöchstdenenselben meine Gedanken über den deutschen Für­ stenbund, und was zur Befestigung deffelben nicht nur, sondern auch zur Beförderung der von demselben zu erwartenden gemein­ schaftlichen Vortheile für weitere Maßregeln zu nehmen stünden, vorzulegen. Eö ist bekannt, daß schon die erste Schließung des Bundes für ganz Deutschland den entscheidenden Vortheil hervorgebracht, daß der damahlen projectirt gewesene Ländertausch vor der Hand bei Seite gelegt worden; allein ich müßte mich sehr irren, wenn des Kaisers Majestät

jene für das Haus Oesterreich so wichtige

Akquisition von Baiern gänzlich sollten aufgegeben haben.

Viel­

mehr ist eS höchst wahrscheinlich, daß man jetzt nur darauf aus­ gehe, jenes ganze Projekt mehr reifen zu lassen, seine Kräfte mehr abzuwiegen und zu verstärken, aller Nöthige vorzubereiten und so­ dann nach dem Tode deS Churfürsten von Baiern, als dem ent­ scheidenden Zeitpunkt, wo das aut nunc aut numquam eintreten dürfte^ mit ganzer Macht jenes große Projekt vor die. Hand zu nehmen.

Alle bisherigen Demarchen deS Kaisers weisen dahin.

Man sagt, daß in München rin Testament des Churfürsten fertig liege, welches dazu dienen solle, die in dem Teschner Frieden auf vie baiersche Erbschaft geleistete Renuntiation zu eludiren.

Man

sucht alles Mögliche hervor, um die verbündeten Fürsten zu beru­ higen und einzuschläfern; man verstärkt aber unaufhörlich seine Truppen, und verlegt sie so, daß man mit einer respektablen Macht, ohne Böhmen und Mähren zu degarniren, in Baiern eindringen kann, und thut alles Mögliche, um alle Unruhen und Diversionen auf der Seite von Ungarn auf daö sorgfältigste zu verhüten, ja man sucht unter der Hand und in die holländischen Zwistigkeiten zu verwickeln, um unsere Aufmerksamkeit zu theilen, welches eben­ falls dazu dienen kann, Frankreich zu beschäftigen und dessen jetzige schlechte Politik zu nutzen.

Es ist gewiß, daß wenn man in entstehendem Fall dem Kai­ ser Zeit läßt, sich in Baiern festzusetzen, dieses Gelegenheit geben wird, dieses ansehnliche Land eben so wie des Höchstseligen Königs Majestät im 7jährigen Kriege mit Sachsen thaten, zu benutzen und dessen Kräfte selbst gegen seine Feinde zu gebrauchen. Alle diese Betrachtungen, und besonders die letztere, sind der besondern Aufmerksamkeit der verbündeten Fürsten zu empfehlen, um die kräftigsten Gegenmittel dagegen nicht nur zu überdenken, sondern auch zur schnellsten Anwendung im entstehenden Falle vorzubereiten.

Da es hier nicht im geringsten auf Privatvortheile

eines einzelnen verbündeten Fürsten, sondern lediglich auf Erhal­ tung des Ganzen, die Versicherung der Freiheit deö deutschen Reichs, ja die Eristenz der Grundverfaffung desselben ankommt, so müssen alle andern Betrachtungen bei Seite gelegt und alle Mächte in Bewegung gesetzt werden.

Es ist gewiß, daß, wenn

man den Kaiser verhindern will, in jenem.entscheidenden Zeitpunkt sich sogleich von Baiern Meister zu machen, sich darin festzusetzen und sodann von da aus in Oberdeutschland die dem Bunde bei­ getretenen Fürsten entweder durch Furcht oder Gewalt von dem Bunde abzuziehen, man danach trachten müsse, sogleich im Reich eine starke Armee zu versammeln, welche im Stande sei ohne Zeit­ verlust bis gegen Baiern vorzudringen und das Kriegstheater durch Baiern bis in des Kaisers Erblande zu verlegen;

zu gleicher

Zeit aber auch unsere Grenzen in Sachsen und Schlesien nicht nur zu decken, sondern auch von da zu gleicher Zeit von verschie­ denen Punkten aus in Böhmen einzudringen und des Kaisers Macht zu zertheilen und ihm an allen Orten, wo man eine Blöße findet, einen Streich beizubringen. Ich sehe zum Voraus, daß Ew. Majestät Truppen drei Wo­ chen Zeit brauchen, um in ihren Garnisonen in marschfertigem Stande zu sein, und daß die entferntesten Regimenter in Preu­ ßen bis zu ihren Sammelplätzen in Schlesien, sowie die entfern­ testen Regimenter in Pommern bis zu ihrem Versammlungsort in Sachsen vier volle Wochen Zeit haben müssen, ehe die Opera­ tionen ihren rechten Anfang nehmen können; welches also zusam­ men sieben Wochen vom Dato der erhaltenen Ordre zum Marsch beträgt; und wenn man noch die Zeit, ehe die Ordres an die ent-

399 stritten Garnisonen kommen können, hinzu rechnet, so werden zwei Monate erfordert. Nun frägt es sich: ob die übrigen verbundenen Fürsten in eben dieser Zeit ihre verhältnißmäßige Anzahl Truppen stellen können, und ob man auch in dieser Zeit die nöthigen Vorkehrun­ gen treffen könne, um nach Verfluß derselben sogleich im Felde erscheinen zu können. Ferner: woraus werden die Truppen, welche die verbundenen Fürsten stellen wollen, bestehen, an Infanterie, Kavallerie, leichten Truppen, Artillerie, Ingenieurs, Pontons, und waS kann man sich in Ansehung der Kosten zur Mobilmachung derselben und zur ersten Verpflegung versprechen? Nur alSdann, wenn man erst über alle diese Punkte hinrei­ chend instruirt ist, läßt sich ein Plan der zu führenden Opera­ tionen entwerfen und bestimmen, wieviel von unsern Truppen zu den alliirten stoßen müssen, um eine formidable Armee, welche offensiv zu agiren im Stande wäre, zu formiren. Man sagt, daß in Chursachsen und Hannover die besten Anstalten zur geschwin­ den Mobilmachung der dortigen Truppen getroffen werden. Nur scheint man in Hessen und bei den Sachsen-Ernestinischen Häufern nicht soweit gekommen zu sein. ES wäre daher wohl zu ver­ suchen, ob man nicht diese'Höfe dahin diSponiren könne, die Sache vorzunehmen, und ohne bruit zu erwecken, sich in eine ähnliche Verfassung zu setzen. Ferner frägt es sich, ob man nicht Mecklen­ burg diSponiren könne, nicht nur dem Bunde beizutreten, sondern auch sein Militair in besten Stand zu setzen. Dasjenige, was die in Oberdeutschland verbundenen Fürsten stellen können, kann nur erst alsdann, wenn man schon mit einer fvrmidablen Macht an den baierschen Grenzen erscheint, benutzt werden, ist aber sodann auch von vieler Erheblichkeit zur Verstär­ kung der Operationen. ES ist äußerst zu wünschen, daß aller Augen in Deutschland auf jenen großen entscheidenden Zeitpunkt gerichtet sein mögen, der vielleicht dqF Schicksal deS deutschen Reichs für immer bestimmen wird. Die ersten Maßregeln, die der Kaiser nimmt, werden ent­ scheiden, mit welchem Nachdruck und Hartnäckigkeit er auf die Ausführung seines Projekts bestehen werde. Vor diesem Zeitpunkt läßt sich an keine Ruhe und Sicherheit für einen bevorstehenden

400 Krieg gedenken, und nur von den Maßregeln, die man voraus­ nimmt, läßt eS sich erwarten, daß das Haus Pfalz-Zweibrück in Ven sichern Besitz der ihm zukommenden Erbschaft werde gesetzt werden können, welches auss Künftige den ehrgeizigen Anschlägen des HauseS Oesterreich die kräftigsten Hindernisse in den Weg legen wird. §. 245. Wirklich ging nun unter Friedrich Wilhelm II. noch eine wesent­ liche Erweiterung der Union vor sich, indem zunächst im Januar 1787 Mecklenburg-Schwerin, dann im Juni der Coadjutor von Chur-Mainz, und endlich mit dem Juli 1789 auch MecklenburgStrelitz den Bestritt vollzogen. Seitdem aber gerieth der Fluß, trotz der öffentlichen Meinung wie sie Johannes von Müller vertrat, mehr und mehr ins Stocken. Der Ausbruch der französischen Revolution und der Tod Josephs II. bewirkten schon eine Annäherung der österreichischen und der preu­ ßischen Kabinetspolitik. Wie sehr der Nachfolger des Letztem in» ersten Augenblicke noch die Gegnerschaft der Union scheute, weil sie die Macht hatte über den deutschen Kaiserthron zu verfügen: davon zeugt die Behutsamkeit, mit der er dem König von Preu­ ßen gegenüber als Bewerber um diesen Thron in dem nachstehen­ den eigenhändigen Schreiben auftrat: Durchlauchtigst großmächtigster Fürst besonders lieber Herr Brrider und Vetter. Ich kenne und verehre die Pflichten, welche Ew. Majestät bei der bevorstehenden Kaiserwahl zu beobachten haben. Ich weiß, daß nun reine patriotische Sorgfalt für das wahre Beste deS hei­ ligen Römischen Reichs Dero Wahlstimme leiten kann und wird. Wenn ich mich dahero an Ew. Majestät in freundschaftlichem Vertrauen wende, und um Dero Stimme zu meinen Gunsten ge­ ziemend ansuche, so geschiehet es nur insoferne, als Dieselben diese freundschaftövolle Rücksicht für mich mit der allgemeinen Wohl­ fahrt vereinbarlich finden werden. In diesem Falle bitte ich Ew. Majestät überzeugt sein zu wollen, daß ich den mir hierin gönnen­ den Vorzug mit lebenslänglicher Dankbarkeit erkennen, Dero und

401 deS gestimmten Reichs gerechter Erwartung mit angelegentlicher Geflissenheit zu entsprechen und jede Veranlassung zu benutzen suchen werde, die mich in Stand setzen kann, jene aufrichtigste Freundschaft und vollkommenste Hochachtung werkthätig zu bestä­ tigen, mit welcher ich bin und immer sein werde Ew. Majestät guter Bruder und Vetter Wien, den 26. März 1790. Leopold. Jrn Aufträge deS Königs entwarfen Hertzberg und Finckenstein das folgende Antwortschreiben, daö der König dann eigen­ händig mundirte: An des Königs von Ungarn und Böhmen Majestät. DaS Vertrauen, welches Ew. Maj. in Absicht der bevorstehen­ den Wahl «ineS Römischen Kaisers mir bezeugen wollen, gereicht mir zu besonderer Dankverbindlichkeit. Ew. Maj. haben ohne Zweifel sowohl durch Ihre Geburt, als durch Ihre persönliche Eigenschaften einen großen Anspruch auf diese erhabene Würde; da es mir aber nicht gebühret, zum Voraus und vor der wirkli­ chen Wahl mich über meine Stimme auf entscheidende Art zu er­ klären, so begnüge ich mich vorjetzo, Ew. Maj. zu versichern, daß ich eine jede Gelegenheit mit Vergnügen ergreifen werde, um Die­ selben von den Gesinnungen der vollkommensten Hochachtung und der aufrichtigsten Freundschaft zu überzeugen, mit selchen ich bin und jederzeit sein werde. Berlin, den 14. April 1790. Zwar empfahl Hertzberg noch im Juni, von Reichenbach aus, in dieser Angelegenheit ein Zusammenhalten Preußens mit den Churfürsten von Sachsen, Hannover und Mainz, als „Cours unies“; indessen zunächst nur in Bezug auf die bevorstehende Wahlcapitulation; in Betreff der zu wählenden Person müsse Preußen seine Meinung zurückhalten bis zur Entscheidung der allgemeinen Angelegenheiten, d. h. bis zum Ausgang deö Reichen­ bacher Congresses; nur solchen Ständen solle man übrigens Ver­ trauen schenken, die keine Vorliebe für die Interessen deS Wiener HofeS hätten.

402 Wir übergehen die bekannten Thatsachen.

Der Ausgang des

Reichenbacher Congresses und der Kaiserwahl, die wachsende ge­ genseitige Annäherung Oesterreichs und Peußens sowie der schließ­ lich dadurch bedingte Sturz des Ministers Hertzberg, ließen die Union in Erstarrung und in Vergessenheit versinken.

Durch das

gewaltige Auftreten Napoleons aber, und durch die Stiftung des Rheinbundes im Jahre 1806, wurde ihr endlich auch die factische Grundlage, die bloße Voraussetzung der Eristenz eines deutschen Reiches, entzogen; nachdem von ihr schon seit dem Jahre 1795 her nichts anders übrig geblieben war, als ihre Verpuppung in den norddeutschen Demarcations- und Neutralitätsverein. Dennoch hat der Fürstenbund Friedrichs des Großen, zwar nicht die weitergehenden Wünsche Deutschlands, deren Organ Jo­ hannes von Müller war, wohl aber die Aufgabe erfüllt, die er sich als die nächste selbst gesetzt.

Er hat, minder freilich durch

lebendige Thätigkeit als durch die bloße Lebensfähigkeit seines Da­ seins, verhindert was er zu verhüten bestimmt war — die Ein­ verleibung Baierns in die österreichische Monarchie, und erhalten was er zu schützen bezweckte — den Besitzstand der deutschen Staaten, Jedem das ©einige.

Er hat endlich, was Friedrich so

oft als das letzte Ziel bezeichnete, wenn auch wider Vermuthen nur auf wenige Jahre, gerade das gesichert was er Manchem zu be­ drohen schien — den Frieden.

Der norddeutsche Neichsbund.

1. Cagst i Potsdamer Convention vom 3. November 1805 l) stand Preußen auf dem Punkte, den Verbündeten sich anzuschließen. Aber die Schlacht bei Austerlitz am 2. December zerstob die Coalition; Oesterreich wurde genöthigt, am 26. December den Preßburger Füeden abzuschließen. Nun verbreitete sich der Glaube, die französische Armee werde sofort ge;en Preußen marschirey und dergestalt die beiden Haupt­ mächte LeutschlandS, die nicht zusammen gehalten, getrennt und nach einender von den jedem einzelnen Gegner überlegenen Waffen NapoleorS aufgerieben werden. Der Freiherr von Prockhausen, „außerordentlicher Gesandter und bevzMLchtigter Minister deS Königs von Preußen am churfürstlichen Hofe von Sachsen", berichtete am 6. Januar aus Dres­ den an dm König: Dans l’armee frangaise >1 n’y a qu’une voix, que la fuerrc contrc Ia Prusse aura maintenant son tour; ') Hkpfner 1, 21 giebt den 5. November an.

406 les officiers da Corps-d’armäe de Bernadotte ont dit, qu’ils croyaient que ce serait une affaire de quatre mois. Par un singulier changemßnt les gäneraux attachäs ä la personne de Napoleon, qui autrefois parlaient avec des ägards et une estime particuliere de l’armäe Prussienne, en parlent k präsent avec une espäce de dädain. . Es unterliegt auch keinem Zweifel, daß die französische Di­ plomatie für den Fall eines Bruches mit Preußen sich bemühte, ihm die deutschen Verbündeten abspenstig zu machen. Am 9. Ja­ nuar schrieb Brockhausen aus Dresden: es würden „daselbst Ge­ rüchte aller Art durch die französische Mission ausgestreut".

La

tendance de ces bruits, suhr er fort, est visiblement, de dätacher de nous ce pays-ci et surtout d’exciter des soupQons contre notre politique. §. 247. Nie war indessen ein Bruch zwischen Preußen und Frankreich unwahrscheinlicher gewesen. Die Schlacht von Austerlitz hatte auch Preußen besiegt, sein bisheriges Neutralitätssystem fernerhin unmöglich gemacht. Der Wiener Vertrag vom 15. December, von Haugwitz aus dem Stegreif geschlossen, war ganz danach angethan, Preußen an die französische Allianz, gegen die es so lange sich gesträubt, zu ketten. Freilich ratificirte der König den Vertrag nicht und Haugwitz ging nach Paris, um Modificationen zu erwirken; allein, daß man einem Systemwechsel in dem gedach­ ten Sinne nicht entrinnen könne, darein hatte man sich ergeben. Wie Friedrich Wilhelm III. denselben auffaßte, erhellt aus einem eigenhändigen Schreiben von ihm an den Churfürsten von Sach­ sen vom 10. Januar 1806.

Darin nennt er das in der Ver­

handlung begriffene Bündniß mit Frankreich: un nous prävoyions si peu, il y a deux mois, et äte mon choix, si partout on etit monträ la volontä dont Votre Altesse Electorale a fait

systäme, que qui n’eut pas constance de preuve, ainsi

que moi. Auch war der sächsische Hof sehr weit entfernt, sich von der Politik Preußens loszusagen oder nur Vorwürfe und Verdacht gegen sie zu hegen.

Nicht nur berichtete Brockhausen unterm

407 29. Januar: der Churfürst habe geäußert, qu’il ätait beureux qu'ä force de sermetä V. M. avait sauvä au moins le Nord de l’Allemagne; sondern unterm 30. schrieb auch der Churfürst Fried­ rich August eigenhändig an den König und bezeigte ihm die größte DanNbarkeit für die durch seine Sorge erhaltene Unabhängigkeit de- irördlichen Deutschlands. Die Möglichkeit eines Krieges war aber nicht eher als besei­ tigt zu betrachten, bis die Verhandlungen in Paris zu einem be­ stimmten Ziele geführt. Die Vorsicht gebot daher, vor der Hand gerüstet zu bleiben, zumal da die französischen Truppen kampffertig in der Nähe standen. Und doch wurde diese Vorsicht von keiner Seite in dem Maße gehandhabt, wie eö die Lage der Dinge er­ forderte; am wenigsten von Seiten Sachsens, daö nicht zeitig genug mit der Entwaffnung vorschreiten zu können glaubte. Brockhausen erhielt deshalb am 3. Februar den Auftrag, den Churfürsten davon abzumahnen. II serait ä souhaiter, hieß eS in der Instruction, que dans les premiers temps du moins il laissät sur pied de guerre une partie de son armöe, puisqu’il reste encore tant de fusöes ä vider, qui peuvent nous donner du sil ä retondre..........Je conserre sur pied de guerre une

armäe de 55 bataillons et de presqu’autant d'escadrons, que Je destine ä la protection du Nord de l’Allemagne; et Vous pourriez alläguer confidentiellement cet exemple au gouvernement Saxon, pour l’cngager ä ne pas se däsister entifcrement non plus de ces mesures de präcaution. 2. Die ALnigawürde in ßoiern und Würtembrrg wird )um Aergerniß und Stachel. Ättseitige« Trachten nach Erhöhung der Würden: Chur-» sachsrn, Hessen-Dassel, Sachsen-Weimar.

§. 248. Durch den Preßburger Frieden hatte Napoleon den Chur­ fürsten von Baiern und Würtemberg zur Königswürde verholfen. CS war daS der erste Stoß gegen die Reichsverfassung. Denn deutsche Könige gab es bisher unter dem deutschen Kaiser nicht; der König von Ungarn und der König von Pretlßen gingen als

408 deutsche Fürsten nicht über die erzherzogliche und die churfürst­ liche Würde hinaus. Dieses erste Rütteln an dem morschen Reichssystem, das au­ genfällig nur den plänkelnden Vorläufer tieferer Erschütterungen bildete, erregte daher auch weit mehr Aufsehen an den deutschen Höfen, als man heut noch vorauszusetzen geneigt ist. Dieses Auf­ sehen schlug in Aergerniß und Eifersucht um. Namentlich war die Stimmung des chursächsischen Hofes verlegen und bitter. Schon unterm 9. Januar 1806 berichtete Brockhausen: Das Dresdener Cabinet sei in großer Verlegenheit, wie es sich in Be­ treff der Anerkennung der neuen Königswürde Baierns verhalten solle. On voudrait 6viter la reconnaissance de cette dignitß jusqu’au moment, oü toutes les grandes Puissances auront donn6 Jeur assentiment. . . On ne peut revenir ici de la surprise, que J’Electeur de Wurtemberg, qui possede h peine assez de forces pour maintenir la dignitä d’Electeur, a voulu se revStir du titre royal, auquel m6me les nouvelles acquisitions en Suabe ne donneront ni assez de poids ni assez d*6clat. Unterm 23. desselben Monats meldete er aus Dresden: On se r6glera ici d’apr&s ce que V. M. juge ä propos de faire ä ce sujet. En attendant on a g6mi beaucoup, que ce serait ä Paris que les deux nouveau* rois se feraient couronner, et que dorönavant leurs successeurs recevraient la couronne des mains des Empereurs de France comme une marque de d6pendance et de vasselage. On trouve ici qu’ä ce prix il valut autant rester Electeurs. II parait toutefois que cette nouvelle mtirite encore confirmation.

Der Kaiser von Deutschland hatte selbst mittelst des Frie­ densschlusses die Zulassung der Königswürde für die beiden Mit­ stände sanctionirt; um so weniger glaubte Preußen daraus einen Anlaß zur Opposition entnehmen zu müssen. In dem königlichen Rescript an Brockhausen, datirt Berlin den 27. Januar und un­ terfertigt von dem Minister von Hardenberg, wurde daher der Bescheid ertheilt: Je reconnaitrai sans difficultö la dignite royale de l’Electeur de Baviere, des qu’elle me sera annoncee en forme.

409

§. 249. Um diese Zeit zeigte es sich aber auch schon, daß das Bei­ spiel geeignet war zur Nachahmung zu reizen, und daß man nun­ mehr anderwärts, namentlich in Chursachsen und ebenfalls auf die Königswürde lüstern ward.

Churhessen,

Am 29. Januar

Une grande partie de la Cour et du Palais d6sire que l’Electeur prenne le titre royal. Les ministres le dösirent surtout; mais le Prince n’en a aucune envie, quoiqu’il croit sür que la Prusse le reconnaitrait. Peut-6tre qu’il s’y rösoudra dans la suite, lorsqu’il verra que la qualification s’ötcindra avec la fonction d’Election. Hardenberg schrieb ihm am 4. Februar zurück: Si l’Electeur de Saxe voulait prendre le titre de roi, il en aurait le droit bien plus que beaucoup d’autres, et notre monarque, loin de lui 6tre contraire, se ferait un plaisir de favoriser son ölävation. Vous pouvez hardiment Vous en expliquer en ce cas. Je suppose en attendant, qu’on saura dejä chez Vous, que l’Electeur de Hesse est ägalement tentö de la dignitä royale. Le premier mot en est dejä läche. schrieb Brockhausen aus Dresden an Hardenberg:

Hieraus erhellt, daß der Churfürst von Hessen-Cassel in der That schon im Januar und Februar 1806 auf die Idee der An­ nahme der Königswürde hingeleitet worden war.

Auch meldete

in einer Depesche vom 19. März der preußische Gesandte in Cas­ sel, Fürst von Wittgenstein ‘X daß bei dem Churfürsten von Sei­ ten seiner Minister die Hoffnung rege erhalten werde, jene höhere Würde zu erlangen, für den Fall daß er sich entschließen könne, nach Paris zu gehen um sich enger an Frankreich anzuschließen. Preußischer Seits wurde in dieser Angelegenheit dem Churfürsten von Hessen dieselbe Versicherung gegeben, wie dem Churfürsten von Sachsen. §. 250. Der Ehrgeiz der zahllosen deutschen Höfe bot ein reichhaltiges

l) In den Acten wegen Acquisition von Schwedisch Pommern.

Von

den Monaten Januar und Februar sind keine Berichte aus Cassel im Archiv vorhanden.

410 Lager brennbaren Stoffes dar.

Der Zunder war durch Napoleon

hineingeworfen und hatte glücklich gefangen.

Kein Wunder wenn

nunmehr eine wahre Würdentreibjagd begann.

Wie die Chur­

fürsten Könige, so wollten, oder sollten nach den Wünschen ihrer Umgebungen, auf der einen Seite die Könige Kaiser und auf der andern die Fürsten Churfürsten werden.

Am 17. Februar meldete

Brockhausen: Der Herzog von Sachsen-Weimar sei in Dresden angekommen, um dort 8 Tage zu verweilen; mit der Bemerkung: on donne differens motifs ä son voyage.

Am 20: II prolonge

son s6jour; on croit qu'il ntigocie sur son idöe favorite, d’6tre placö ä la t6te de l’armec Saxonne.

Am 6. März aber: Le

söjour prolongö du Duc de Weimar ä Dresde a eu surtout pour but, de porter l'EIecteur ä prcndre la dignitö royale, parceque dans ce cas il aurait recherch6 celle d’Electeur, pour laquelle la Russie s’inttiresse beaucoup.

Pour conserver ä V.

M. le d6gr6 d’influence, qu’Elle ne doit pas perdre un instant en Saxc, j’ai glissö l’insinuation que, si la Cour de Saxe se döterminait a prendre le titre royal, V. M. serait certainement un des premiers ä le reconnaitre, et qu’Elle s’en serait msrne un verkable plaisir.

Le Comte de Löss ]) m’a dit a cette

occasion, que l’EIecteur n’ötait pas encorc d’accord avec luimöme, s’il fallait le prendre ä present, mais que, s'il trouvait Toccasion favorablc, il aurait recours ä l'amitie de V. Al., pour le reconnaitre par un voisin aussi puissant et aussi influant en Europe.

Die königliche Ordre vom 10. März beschied Brock­

hausen: Du reste J’approuve cntierement le langage que Vous avez tenu au ministfere Saxon au sujet du titre royal: On s’en est expliquö ici pröcisäment dans lcs mömes termes avec le Comte de Görtz 2).

*) Chursächsischer Staatsminister; in allen Depeschen, Instructionen ic. wird fälschlich „Loos“ geschrieben.

Wir folgen der eigenhändigen Urter-

schrist. s) Chursächflscher Gesandter in Berlin.

411 3.

Dtr pariser Vertrag vom Februar 1806. Preussen sucht die Srschnahmr Hannover« ;« rechtfertigen.

§. 251. Mittlerweile hatte der Pariser Vertrag vom 15. Februar, dem Preußen sich nicht zu entziehen wagte, und der statt einer Milde­ rung vielmehr eine Verschärfung des Wiener Vertrages war, daS Berliner Kabinet in die peinlichste Lage gedrängt. Der König, der die Stipulationen des 15. December mit wahrem Entsetzen vernommen hatte, sah sich nunmehr genöthigt, die des 15. Februar ohne Modifikationen am 9. März zu ratificiren >). Alte Gebietstheile wie Neufchatel, Cleve und Anspach, das an Baiern kam, mußten preisgegeben, und dafür wider Willen Hannover und die Feindschaft Englands eingetauscht werden. Konnte noch, wie in dem Schreiben Hardenbergs an Jackson vom 26. Januar, von einem „bloßen In-Gewahrsam-Nehmen" Hannovers „bis zum Frieden" die Rede sein, wenn dieses vorübergehende Provisorium durch ein so großes dauerndes und unwiderrufliches Opfer an eigenem Gebiete erkauft werden sollte? Wodurch aber eine wirk­ liche, eine definitive Besitzergreifung Hannovers, wie sie nun am 23. März vor sich ging, bei den unzweifelhaften Rechten deö Königs von England, vor diesem und den verbündeten Höfen rechtfertigen? Und doch blieb nichts übrig, als eine solche Recht­ fertigung zu unternehmen, zu versuchen. An den preußischen Gesandten in London, Freiherrn von Jacob!, erging endlich die nachfolgende Note, um sie dem brittischen Ministerium zuzustellen. Note verbale. Jusqu’A Pexplosion de la derni&re guerre du continent Sa Majestö Prussienne n’avait voulu qu’une obere, assurer la tranquillitä de Sa monarchie et celle de Ses voisins. Alors Elle Pavait pu sur des bases, auxquelles toutes Ies Cours l) Nach Höpfncr ging die Ratification schon am 3. März nach Pa­ ri« ab.

412

avaient eu lieu d’applaudir. Elle l’a voulu encore depuis les evenemens de la guerre, mais Elle n’a plus eu le choix des moyens. La France a consid£r6 l’electorat d’Hanovre comme sa conqußte, et ses troupes allaient y entrer pour en disposer döfinitivement au gre de l'Empereur, sans qu’il restät ä 8. M. ßrittannique aucun moyen d'y porter obstacle. La condition irrömissible de Arrangement, qui en eloigne les troupes etrangeres et qui assure le repos du Nord, a ete la prise de possession du pays par 8. M. Prussienne et la clöture des ports de la mer d’Allemagne au pavillon ßrittannique et de celui de Lübeck, comme au temps de l’occupation srangaise. II en a gotitö k 8. M. Elle-m6me des sacrifices penibles. Ceux de la maison d'Hanovre sont absolument etrangers ä la marche du ßoi, et depuis longtemps la suite inevitable d une guerre, dont il n’a pas tenu ä Sa politique conciliatrice de prevenir l’explosion. Gelte guerre pouvait entrainer des suites plus graves. Le traite entre la Prusse et la France sauve au moins de celles la les Etats du Nord, et le ßoi aura acquis des titres ä la reconnaissance de tous, s’ils savent juger les circonstances et tout ce qu’ils doivent ä Son Systeme. §.

252.

Zu der Instruction an den preußischen Gesandten in Dres­ den, zu dem gleichen Zwecke, wurden nach einander nicht weniger als drei Entwürfe gemacht; in dem zweiten hieß es: Vous ne manquerez pas d’argumens solides pour justifier mes delibörations. II fallait ou s’exposer ä une guerre cruelle, dont la 83X6 aussi aurait 6te la victime, ou permettre aux Frangais de retourner dans le Nord de VAllemagne et d'y etendre leur domination, ou bien courir la chance d’y voir placer le prince Murat ou tel autre protögö de la famille Bo­ naparte. Lequel de ces extremes la Saxe aurait-elle voulu choisir? et n’aimera-t-elle pas cent Ibis mieux l’ordre de choses actuel? Elle m’accordera egalement, j’espere, la prefe­ rence sur l’Autriche; car eile n’ignorera pas, que dans ses negociations avec la France la Cour de Vienne a fait plus d'une tentative pour accaparer l’Electorat de Hanovre au pro-

413 fit d’un Prince de sa maison ä titre d’indemnit6. Le change­ ment, qui vient de s’op^rer aujourd'hui, produit du moins l’avantage de concentrer dans le Nord de I’AlIemagne un noyau de forces imposantes, qui raffermissent sa süretö, et qui le pr6serveront d’une nouvelle Invasion ennemie dans les guerres futures entre l’Angleterre et la France.

Aber auch dieser zweite Entwurf sowohl wie der erste, beide vom 25. März, wurde zurückgezogen. Erst mit dem dritten, vom 30. März, hatte Hardenberg in dieser delicaten Angelegenheit ei­ nen annehmbaren Ausdruck gefunden; er beschränkte sich darauf, die beigelegte Abschrift der Note verbale mit einigen Bemerkungen vott minder prägnantem, allgemeinerem Inhalt zu begleiten. Ein besonderes Schreiben des Königs an den Churfürsten von Sachsen, datirt Berlin den 1. April 1806, versicherte: La süret6 et les int6r6ts de la Saxe m’ont toujours 6t6 chers. C’est un principe fixe dans mon Systeme. Je ne m’en döpartirai jamais, et j’ai fait l'heureuse exp^rience de la consommitö dü Vötre, qui Vous attache ä la Prusse par des liens que Je regarde comme indissolubles.

Am 6. April verließ der hannoversche Gesandte Ompteda Berlin, nachdem er gegen die Besitzergreifung Hannovers protestirt; am 20. April erging das Manifest des brittischen Kabinets gegen Preußen, worin an den deutschen Kaiser, an Schweden und an Rußland als Bürgen des westphälischen Friedens appellirt wurde. 4. Napoleon strebt Sachsen und Hessen-Cassel von Preusten abzuste­ hen. Cr führt etwas gegen Deutschland im Schilde. Die Bestimmung des Mürat'schen Staates für Norddrutschland. Gerüchte über Kaireuth. UrnsturMmptome. Mediatisirungsschrecken.

§. 253. Aber eben um die Zeit, da Friedrich Wilhelm III. die Ver­ bindung Preußens und Sachsens als „unauflöslich" bezeichnete, machte auch schon Napolen allerhand Versuche, um Sachsen zu gewinnen, es von der Verbindung mit Preußen abzuziehen; ein Verschwägerungsproject und, in seinem Gefolge, Vergrößerungen

414 und die Königswürde waren die Köder, womit Frankreich lockte. Am 24. März 1806 meldete Brockhausen aus Dresden: Es sei Napoleons Plan, seinen Bruder Hieronymus mit der sächsischen Prinzessin Auguste zu vermählen. On eite plusieurs avantages qu’on aurait präsentes ä la Saxe, si l’Electeur pouvait consentir ä ce mariage. Parmi les acquisitions on nomme Je pays d’Erfurt, les possessions des Princes de la maison d’Anhalt, et la dignite royale. Von vielen Seiten rieth man, auf die Pläne Frankreichs einzugehen. Le projet de Padoption de la dignitd royale, fuhr Brockhausen fort, trouve des partisans nombreux dans toute la Saxe. La vanit6 de la nation, qui est la passion dominante, parait se reveiller plus que jamais; et il y a dejä paru differentes brochures, qui la pressent, la sollicitent et la trouvent importante sous plus d’un rapport, mais surtout dans le temps du Vicariat, que la Saxe partage avec la maison Palatine, et on trouve qu’il soit peu convenable ‘de c6der le pas ä la Baviere, sur laquelle la Saxe a prdtendu toujours les pas. Malgrd la voix nationale l’Electeur est indecis et le restera probablement encore longtemps, ä cause de la grande röpugnance qu’il a, de changer un 6tat de choses 6tabli, füt-ce m6me de titre.

Die französischen Anzettelungen traten natürlich nicht in officiellen Schritten hervor. Die Talleyrand’sche Diplomatie war viel zu klug, um nicht bei zweifelhafter Lage der Dinge und der Stimmungen ihren Gegenstand lieber vorsichtig zu umkreisen, als geraden Weges auf ihn lvszugehen. Daher konnte Brockhausen am 10. April in Betreff jener Pläne berichten: La Cour nie, quelle en avait eu jamais la moindre connaissance; au moins le Comte de Löss prüfend n’en savoir rien. Allein es war

mehr als nur etwas daran begründet; und wenn die sächsische Regentenfamilie dem Heirath^projecte auswich, so lag diesem Wi­ derstreben zunächst doch minder der Widerwille gegen reichsversassungswidrige Machterweiterung zu Grunde, als vielmehr der unüberwindliche Abscheu der Legitimität vor einer Verschwägerung mit dem Geschlechte eines Neulings und Usurpators. §. 254. In Cassel waren die Lockungen Frankreichs ähnlicher Natur.

415 Auch hier wurde als Preis eines engeren Anschlusses die Königswürde in Aussicht gestellt, und zugleich der Erwerb von Fulda, Waldeck, Lippe und Corvey vorgespiegelt. Auch hier indessen widerstrebte daS natürliche Gefühl den Versuchungen Desjenigen, der es nimmer mit Deutschland redlich gemeint, und der augen­ fällig neuerdings etwas gegen dasselbe im Schilde führte. In der That schrieb Napoleon damals, am 21. April 1806 für Talleyrand die folgenden Notizen nieder (Hopfner 1, 33): Faire un nouvel 6tat au Nord de l'Allemagne, qui soit dans les int£r6ts de la France, qui garantisse la Hollande et la Flandre contre la Prusse, et l’Europe contre la Bussie. Le noyau serait le duch6 de Berg, le duch6 de Cl&ves, Hesse-Darmstadt etc. etc., cbercber en outre dans les entours tout ce qui pourrait y £tre incorporö, pour pouvoir former 1,000,000 ou 1,200,000 ames. Y joindre, si I'on veut, le Hanovre; y joindre dans la perspective Hambourg, Bremen, Lubek. Donner la statistique de ce nouvel 6 tat etc.

DaS also war die Bedeutung deS Mürat'schen GroßherzogthumS Cleve-Berg, dem, wie aus den Notizen Napoleons ersichtlich ist, schon der Keim deS Königreichs Westphalen eingeimpft war; ein Staat, der Hannover, die Hansestädte, Hessen-Darmstadt und außerdem daö „etc. etc.“ zu verschlingen bestimmt war. §. 255. Daß die schon erschütterte Neichsverfassung nicht ferner durch fromme Wünsche und Neigungen werde ausrecht erhalten werden können, das sollte bald genug sich kund geben. Norddeutschland hatte seit dem Pariser Vertrage in blindem Vertrauen und aus Friedensliebe vollends entwaffnet. Aber die Truppen Napoleons blieben nach wie vor in Deutschland, unfehl­ bar um die diplomatischen Operationen zu decken, die eben die Reichsverfassung völlig vernichten, die Stiftung des Rheinbundes herbeiführen sollten. Freilich erhielt Brockhausen unterm 19. April von Seiten des preußischen Kabinets die Versicherung: J’emploie tous mes soins pour engager l’Empereur Napoleon, ä retirer ses arm6es.

416 Allein diese Armeen blieben trotzdem, und bald genug knüpften sich daran allerhand Gerüchte. „Die Anwesenheit der französischen Truppen, schrieb Brockhausen am 28. April, wird in Sachsen vorausgesetzt, verschleiere geheime Absichten auf Deutschland." Auch gehe das Gerücht um, es sei im Werke „das Land Baireuth unter eine andere Hoheit zu bringen", womit nur die Hoheit des neuen Königreichs Baiern gemeint sein konnte. Brockhausen warnte und mahnte: Bareuth, schrieb er, nous donne un point d’appui sur le Main, et un moyen d’influer dans le Sud de l’Allemagne.

Allein das preußische Kabinet wollte die Gefahr nicht Wort haben; es wurde ihm unterm 2. Mai entgegnet: Tout ce qui se debile ä Dresde d’une pretendue alienation prochaine de nia principaute de Bareuth, est absolument controuv6. Vous pouvez assurer la Cour de Saxe de la maniere la plus positive, que Je ne suis deciddment convenu avec la France d’autres cessions, que de celles dont il a 6t6 fält mention dans Vos dernieres Communications ossicielles '). Zugleich wurde ihm die

Nachricht mitgetheilt, daß Einleitungen zu einer Verständigung mit England getroffen seien, unter Mithinzuziehung von Rußland; nur Schweden nehme eine feindseligere Haltung an. Also wiegte man sich in Sicherheit ein. Man wähnte, mit dem Pariser Vertrag sei alles beendet, England werde sich fügen, Napoleon jedes weiteren Attentates sich enthalten. Und doch tra­ ten die Symptome bevorstehender Gewaltpläne nach und nach immer deutlicher hervor. Brockhansen ließ sich durch das Sicher­ heitsgefühl und die Leichtgläubigkeit Anderer nicht zur Unachtsam­ keit verleiten. Unablässig mahnte er; noch am 26. Mai berichtete er aus Dresden: On vient de recevoir de Paris l’avis, qu’on va metlre a exäcution les grands changemens dans la Consti­ tution Germanique, dont le projet a ete con$u il y a quelques mois. On est donc persuad). Die Vollziehungsurkunde mit den Unterschriften und Siegeln befindet fich im Berliner Archiv. Sie stimmt wörtlich mit dem im §. 279. abgedruckten Tert des definitiven Entwurfes überein, jedoch mit allen den Abänderungen, die wir im §. 282. angegeben haben. Nur zwei Ergänzungen traten noch hinzu, welche durch die thatsächliche Vollziehung deS Vertrage- bedingt wurden. 1) Die Einleitung der Urkunde bezeichnete nunmehr aus­ drücklich als den Bevollmächtigten von Preußen: „den Wirklichen Geheimen Staats- und Kabinetsminister, Ritter der Königlichen und verschiedener anderer Orden, Grafen von Haugwitz", und als Bevollmächtigten von Hessen: „den Wirklichen Geheimen Staatsminister, Ritter deS Königlich preußischen rothen Adlerund churhrssischen LöwenordenS, Freiherrn Waitz von Eschen"; während sie für den Bevollmächtigten von Sachsen die Stelle wie im Entwurf offen ließ. 2) Der Schluß der Urkunde lautete: So geschehen Berlin den 20. August 1806. Da bei der durch den Drang ver Umstände zur Nothwen­ digkeit gewordenen Abschließung deS vorstehenden TractatS die von Chursächsischer Seite erwartete Vollmacht noch abgängig gewesen, so ist die Unterzeichnung von den Königlich preußischen und Churhessischen Bevollmächtigten mit Vorbehalt der Chursächsischen Beistimmung hierdurch vollzogen worden. Berlin den 20. August 1806. Curt Graf von Haugwitz. Friedrich Siegmund Waitz L. S. Freiherr von Eschen. L. 8. ') Er ist eine handgreistiche Verwechselung, wen» Pölitz (S. 281) sagt: „Während der Zeit, daß der Churfürst ton Sachsen wegen seine« Beitritt« zum norddeutschen Bunde noch Anstand nahm, unterzeichnete der hessisch« Minister von Waitz, im Namen de« Churfürsten von Hessen, «inen Allianztractat, welcher folgende Artikel enthielt u. s. w." Grade der Allianztraetat war auch hessischer Seit« noch nicht unterzeichnet.

500 §. 291. Sofort erließ Haugwitz, noch unterm 20. August, ein Circu­ larschreiben an die herzoglich sächsischen Höfe, worin diesen die mit den Churfürsten von Sachsen und Hessen angeknüpften Un­ terhandlungen notificirt wurden. Daö Schreiben, am 23. abge­ sandt, war namentlich gerichtet 1) An den regierenden Herzog zu Sachsen-Weimar 2) An den regierenden Herzog zu Sachsen-Gotha 3) An den regierenden Herzog zu Sachsen-Coburg-Saalfeld 4) An den regierenden Herzog zu Sachsen-Hildburghausen 5) An die verwittwete regierende Herzogin zu Sachsen-Meiningen. ES lautete: Ew. k. erleuchteter Aufmerksamkeit entgehet es nicht, wie dringend die bekannten Borgänge, welche das südliche Deutschland von dem deutschen Reiche getrennt, und dieses nunmehr völlig aufgelöst haben, dazu auffordern, ernstlich zu berathen, waS für das Wohl deö übrig gebliebenen nördlichen Deutschlandes zu thun sei. DeS Königs Majestät haben sich daher vor allem mit den chursürstlichen Höfen zu Dresden und Cassel in Unterhandlungen über eine nähere Allianz zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Ruhe, Sicherheit und Integrität dieses Theiles des Reichs einge­ lassen. Allein hierbei darf die Sorgfalt für das gemeinschaftliche Interesse nicht stehen bleiben. Es ist von unumgänglicher Wich­ tigkeit, an die Stelle deS nunmehr erloschenen deutschen Reichvereins etwas anderes zu setzen, waö die sich selbst überlassene, durch ihre Einzelheit möglichen Gefahren blos gestellte größere und kleinere Staaten deS deutschen Nordens, zu einem solchen Ganzen wieder verbindet, damit ihre Integrität und Unabhängigkeit ge­ achtet, ihre Ruhe und Sicherheit geschonet, und ihr Wohlstand ungefährdet gelassen werde. Dies ist der unbefangene, gemein­ nützige, wohlthätige Zweck; mit seinen dienlichsten Mitteln und Einleitungen sind des Königs Majestät angelegentlich beschäftigt. Ich erachte es für meine Pflicht, Ew. ic. hievon schon im Voraus vertraulich zu benachrichtigen. Indem der hiesige Königl. Hof eS sich vorbehält, sobald die ersten Grundlagen der norddeui-

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schm Einigung sich näher ergeben werden, Ew. ic. davon zu un­ terrichten und zur Mitwirkung einzuladen, schmeichle ich mir, daß Hochdieselben schon vorläufig aus dieser meiner Eröffnung die Beruhigungen schöpfen werden, welche in dem so entscheidenden Zeitpunkt die vereinigte Bemühungen der drei Höfe, der Patrio­ tismus und die Reinheit ihrer Absichten Ihnen gewähren müssen. In ausgezeichnetster Verehrung habe ich die Ehre zu sein k. Berlin den 20. August 1806. Haugwitz. §. 292.

Dem Chursächsischen Gesandten, Grafen von Görtz, wurde am 21. August eine Abschrift deS mit Hessen vollzogenen UnionStractateS zugestellt'). An Lautier in Dresden aber erging d. d. Berlin den 22. Au­ gust eine Instruction, deS Inhalts: J’aurais dü m’attendre un plus prompt retour du courrier, qui doit apporter au Comte de Goertz la r6ponse ä ses d6p6ches. Elle n’est pas encore arrivöe, et quoique Je congoive tres bien, que l’Electeur veut prendre le temps de la rsllexion sur une affaire de cette importance, il n’en est pas moins vrai, qu’il n’y a plus un moment k perdre, si nous voulons la (mir ä point nomine. Vous pouvez dire au Comte de Löss, que PEIecteur de Hesse **) a d6jä sign6 la Convention. J'espöre que la Saxe suivra incessamment son exemple, et alors Je pourrai aller en avant pour nous assurer des autres Etats qui doivent entrer dans notre association.

■) Nickt des „Entwurfes", wie Pölitz S. 277 angtebt; Beweis ist der Auszug, den er selbst mittheilt, und der im Art. 3. nicht die Reihefolge des Hänleinfchen Entwurfes, sondern, wiewohl nicht ohne Verstümmelung, eben die de» mit Hessen vollzogenen Vertrage» beobachtet. *) »der vielmehr dessen Bevollmächtigter.

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16. JOit Vegenptänc des Dresdener Hofe» entwickeln und enthüllen sich. Line bundesstaatliche partieularunion unter chursächsischer Hoheit erstrebt. Daher Empfehlung de« Gruppensxstrm». Die souveränen Staatengruppen sollen nur föderativ verbunden sr.i» Dir Vegcnprojrcte in Serlin angekündigt.

§. 293. Don jetzt an zeigte es sich mehr und mehr, daß es besonders innere Gründe waren, welche dem chursächsischen Hofe Anstoß gaben, und daß eS auch diesem, gleichwie den Hansestädten, vor allem auf Bildung eines Sonderbündnisses ankam. Cs war Chursachsen weit weniger daran gelegen, sich an Preußen, als vielmehr die kleineren sächsischen und thüringischen Staaten an sich selbst anzuschließen. Diese Staatengruppe, Chursachsen an der Spitze, wurde als die Hauptsache, die Verbindung mit Preu­ ßen als das Nebensächliche betrachtet. Dort sollte eine bundes­ staatliche Einheit geschaffen, hier die lockere Gleichberechtigung ausrecht erhalten werden. Daß etwas Absonderliches in Dresden vorgehe, darauf schien schon die Ankunft des Herzogs von Weimar zu deuten, der am 17. August mit dem Churfürsten und dem Minister Löß laitge Unterredungen pflog (§. 284). Jetzt meldete Lautier unterm 21. August auS Dresden: II arrive ici des personnes allachles au Service de Saxe, comme le chambellan de Beck du Duc de Gotha, un Sr. de Ketelholdt servant en la m&me qualil6 le Prince de Schwarzbourg-Sondershausen, et on altend encore d’autres. On donne pour raison de I’arriv4e de ces agens ici, non sculement le dlsir d’apprendre les notions qui pourraient 6tre parvenues a la Cour d’ici sur la destination de I'armse fran$aisc, qui semble mena$er le territoire de leurs Princes respectifs, mais aussi le but de s’aboucher avec le ministere d’ici sur le plan d’union qui sc nögocie ä Berlin. Er er­ klärt, Sachsens Meinung gehe dahin, nicht zu rüsten: on aimait mieux ne pas irriter la France par des d6monstrations gucrrifcres. Dann fuhr er fort: On s’attend ici que le souverain

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de Saxe renoncera au titre d’Electeur, puisqu’on observe qüe cette qualification tombe d’elle-möme avec la Constitution de l’Empire Germanique, mais on n’est pas d’accord sur le titre que prendra ce Prince.

Schließlich bemerkte er: Le Colonel de

Massenbach m'a expödiö de Breslau une estaffette pour demander les nouvelles qu’on avait ici de l’arm6e frangaise. §. 294. Noch zweideutiger gestaltete sich die Lage der Dinge nach einer Depesche Lautier-

d. d. Dresden den 25. August.

Er

meldete:

Auf seine Mittheilungen in Folge der Aufträge vom 18. habe Löß geantwortet, que le Comte de Goertz allait recevoir in-

cessamment les instructions ultlrieures relatives au concert de suretö et de defense du Nord de I’Allemagne, dont on s'occupe actuellement 1 Berlin. II s'est tenu, fuhr Lautier fort, sur cet objet une delibäration entre les ministres de Cabinet et ceux de Conference . . Le gönöral de Low, ministre de la guerre, qui assiste aux conförences des ministres, et qui parait instruit de la nägociation dont est chargö le Comte de Goertz, me disait hier qu'il croyait, que la räponse qu’on ferait passer d’ici ä ce ministre relativement aux objets dont il s’agissait, serait prompte et d’unc nature satisfaisante. Au reste on apprend que les Communications avec les petits princes de la Saxe, desquelles j’ai osö faire mention . ., pourraient bien avoir encore un autre objet, que celui dont j’ai parlö.1) Ce serait I’6tablissement dun tribunal prlsidö au nom de l’6lecteur, et oü chacun de ces m6mes princes enverrait des commissaires. Ce tribunal connaitrait des difförends qui surviendraient entre leurs maisons respectives, et de leurs proces territoriaux ou autres.

Le Duc de Weimar doit, dit-on,

en avoir conyu le premier le projet, et on l’a engagö d’ici ä donner lä-dessus ses vues ult6rieures. A l’ögard du lieu, oü siögerait ce tribunal, on a propose Weissenfels comme le plus convenable.

Le Duc de Weimar, pendant son sejour ici,

*) Vergl. unten §. 314.

504 doit avoir parlö k plusieurs personnes de ce plan, dont n6ansmoins on regarde l’ex6cution encore comme 6loign6c. II regne encore toujours une grande obscuritö sur les dölib^rations, qui ont pour objet le nouveau titre que prendra l’6lecteur. On dit qu’il a t6moign6, ne se trouver pas assez puissant pour prendre celui de Roi, et qu’il serait plus portö pour celui de Duc. D’ailleurs les ministres Saxons ömettcnl l’opinion, que Tabdication de FEmpereur d’Allemagne et le dätachement de divers Cercles de l’Empire n’en entrainent pas encore pour cela *) la dissolution positive et totale, puisqu'il existait d'aulres princes qui n’avaient point adh6r6 au dötachement de la Constitution. II leur semble que l’Electeur ne devait pas se presser de quitter son titre actuel, mais qu'en revanche le titre de Duc leur paraissait trop petit en considäration de l’ötendue et de la population des ötats de leur souverain.

§. 295. Welches waren die weiteren Instructionen, die der sächsische Bevollmächtigte in Berlin erhielt? Pölitz sagt darüber nach Maß­ gabe der sächsischen Archive (6. 283 f.): „Der Churfürst von Sachsen beauftragte, nach den vom Berliner Kabinette erhaltenen Mittheilungen, am 24. August den Grasen von Görtz, dem Grafen von Haugwitz zu erklären: Die Organisation deS nördlichen Deutschlands erfordere Ueberlegung und Zeit; man werde sächsischer SeitS ein Gegenproject ge­ ben; die Allianz aber betrachte der Churfürst als Erneuerung der Erbverbrüderung, und sei daher im Voraus mit derselben einverstanden.l2) Zu den großen Rüstungen sehe übrigens der Churfürst, bei Frankreichs freundschaftlichen Versicherungen, keine Nothwendigkeit. Wegen der Annahme deS Kaisertitels von Seiten Preußens wären Sachsen und Hessen keine vorläufigen Mittheilungen l) Ist zu übersetzen: „bringen darum noch nicht mit sich." a) D. h. mit einer Allianz auf solcher Grundlage; aber keineswegs mit dem von Preußen proponirten Allianz ent wurf, der vielmehr durch diese Worte ebenfalls schon deutlich mit einem Gegenproject bedroht wurde. Vergl. unten $. 307. 313.

505 gemacht worden; auch habe man keine Nachricht, daß Napoleon den deutschen Kaisertitel annehmen wolle, vielmehr behaupte man in Wien, eS bestehe eine Acte, worin er sich verbindlich gemacht habe, den deutschen Kaisertitel nicht anzunehmen." 17. Kriegerische Aussichten. Götzen nach Dresden, Küchel nach Lasset gesandt, um ansulrribrn. Die Zeit drängt vorwärt». Man kommt nicht vom Fleck.

§. 296. Unterdessen war daS Verhältniß zwischen Preußen und Frank­ reich immer bedenklicher geworden. Am 24. August wurde der General von Knobelsdorf mit neuen Instructionen nach Paris, und der Flügeladjutant Graf von Götzen wiederum nach Dresden gesandt, um die Beschleunigung der militärischen Maßregeln wie der Verhandlungen zu bewirken. Schon früher hatte Haugwitz dem sächsischen Gesandten gegenüber gerathen, „daß der Churfürst sein Heer aus Vorsicht bei Dresden zusammenziehen möchte."') Gegen­ wärtig wurde sowohl Hessen, durch den dazu ebenfalls besonders nach Kassel abgeordneten General Rüche!, wie Chursachsen durch den Grafen von Götzen, zur Aufstellung „eigener TruppencorpS" Behufs der gemeinsamen Vertheidigung aufgefordert (s. unten §.330). Den Unterhandlungen mit Sachsen über diese ausschließlich militärischen und defensiven Zwecke scheint preußischer Seitö ein Entwurf zu einer „geheimen Militärconvention" in 20 Artikeln zu Grunde gelegt worden zu sein, welcher sich in zwei Eremplaren, aber beide ohne Datum und Unterschrift, unter den Akten des Berliner G.St.-Archivs vorfindet. Wir unterlassen die Aufnahme dieses rein militärischen und sehr weitläufigen Dokumentes, da eS von dem Allianztractat und dem Unionsentwurf völlig verschieden und getrennt dasteht. Schon damals zählte man in militärischer Beziehung sicherer auf Sachsen alö auf Hessen. In dem königlichen Kriegsbefehl vom 25. August hieß es: ?) -) Pölitz S. 276. ') Höpfner 1, 121.

506 „Für den Fall, daß sich der Churfürst von Hessen entschließt, seine Truppen mitwirken zu lassen, so erscheint eS zweckmäßig, die­ selben hinter der Eder, oder zwischen der Werra und Fulda aufzustellen." In Betreff Sachsens aber: nach Dresden sei Götzen gesandt, „um den Churfürsten von Sachsen von dem Anmarsch der Truppen zu benachrichtigen. ES ist wahrscheinlich, daß daS sächsische ArmeecorpS sich mit diesen Truppen in Verbindung setzen und dann über die Elbe rc. vorgehen wird." Fürst Hohenlohe solle nach Dresden gehen, „um sich über den Stand der Dinge mit Sachsen zu unterrichten und den Befehl über die sächsisch­ preußischen Truppen zu übernehmen." In Folge der Sendung des Grafen von Götzen erging auch an Lautier am 25. August die nachstehende Instruction: Vous aurez vu revenir a Dresde le Comte de Goetzen, et Je m’attends que Vous l’assisterez comme la fois pr£c6dente. II apporte k l’Electeur de nouvellcs explications relatives ä l’association du Nord de l’Allemagnc, et Je l’ai chargö nomm£ment aussi de faire confidentiellement pari ä ce prince de l’instruction, dont Je viens de munir le g6n6ral-major de Knobelsdorfs, que J’envoie relever i Paris le marquis de Lucchesini. Le Comte de Goetzen Vous accordera la lecture de cette pifece interessante, et Vous en garderez le contenu pardevers Vous, pour Votre seule et unique Information particulifere.

§. 297. Am 26. August traf Götzen in Dresden ein, und hatte am 27. eine Audienz beim Churfürsten. Auf diese bezieht eS sich, wenn Pölitz (S. 284) sagt: „Zugleich überreichte von Götzen dem Chur­ fürsten einen Brief deö Königs, worin derselbe auf die Instruction deS Churfürsten für den Grafen von Görtz zur Abschließung deS AllianztractateS antrug." Näheres ergiebt sich auS einer Depesche Lautiers d. d. Dresden den 28. August, worin er schreibt: Le Comte de Goetzen, ayant eu une audience de PEIecteur et ayant communiqu6 avec le ministfcre d’ici sur le m6me objet, rend compte aujourd’hui k V. M. de l’etat oü il a trouv6 les choses . . . On donne encore un autre motif k cette

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s6curit6, savoir: des d6p6chcs tranquillisantes qu’on croit avoir envoyö ici le ministrc de Laxe k Paris, et qu’on soupconne de renfermer des assurances, de mänager la Laxe et de respecter son territoire, donnöes par le gouvernement francais ... Le mioistre de France affecte toujours de dire bautement, qu’il ignore completement les intentions de sa Cour, qu’on le laisse absolument sans ordre de Paris, et qu’il parait qu’on n’y songe point k la Saxe; qu’au reste Jui, pour sa personne, n’a pas vu de trois semaines le Comte de Löss. Malgrö ces discours on sait, qu’il a 16moign6 beaucoup de curiositö sur les motifs de l’envoi du Comte de Goetzen . . . Le major Comte de Goetzen est arrivö dans cette ville et a eu hier une audience particulifere de Völecteur ... Le major Comte de Goetzen me chargc d’ajouter ce qui suit: „qu’il a trouvö cn gänöral les dispositions excellentes ici; que la Saxe avait pris des mesures trös vigoureuses pour couvrir le pays dans le cas d une Invasion subite des Francais, mais le tout avec le plus grand secret et dans un silence qui ne laisse rien k transpirer. Dans Paudience qu’il a eue chez l’Electeur, ce prince a donnö les assurances les plus positives de son attachement a la Prusse et de son d6sir d’acceder k Punion de la döfense du Nord de PAIIemagne, dont on s’occupe actuellement ä Berlin; mais qu’il craignait que l’enträe des troupes Prussiennes dans P6lectorat et la Mobilisation präcipitäe de i’armöe Saxonne ne fftt pour les Francais un signald’invasion . . . L’Electeur a fini par dire, que comme la proposition lui ötait venue un peu rapidement, il voulait seulement y r£fl6chir un peu, assurant au surplus que sa räponse serait teile que V. M. en serait sati sfaite.“ Comme toutesois cette r6ponse n’est pas encore arriv6e, le Comte de Goetzen pe pouvant expedier son courrier, a cru devoir expedier ce que dessus par estaffette. §. 298.

Der russisch-französische Friede hatte sich zerschlagen. DaS preußische Kabinet drängte; noch ehe eS die obige Depesche erhal-

508 ten, erging unterm 29. August der folgende Erlaß an Lautier nach Dresden: Je viens de recevoir de Petersbourg en date du 15. rimportante nouvelle, que l’Empereur de Russie a pris la r^solution de ne point ralifier la paix avec la France . . . J'espfcre que cet incident aura contribuö ä raffermir les dispositions de i’LIecteur de Saxe, et que l’arrivöe du Comte de Goetzen aura fait cesser enfin les delais fächeux, qu'essuie ma nögociation avec la Cour de Dresde dans un moment, oü les circonstances deviennent de plus en plus pressantes . . . On y saura sans doute que TEmpereur des Romains, peu avant son abdication, a eleve les maisons d’Anhalt a la dignitö ducale. Est-ce du sü de l’Electeur de Saxe qu’elles ont recherchö et obtenu cette qualification?

§. 299. Aber Götzen war schon wieder unterwegs nach Berlin, ohne die Antwort des Churfürsten abzuwarten, um persönlich Bericht zu erstatten und Rücksprache zu nehmen. Er muß am 29. oder 30. August von Dresden abgereist sein; denn schon am 2. September traf er wieder in Dresden ein. Während seiner Abwesenheit sandte Lautier unterm 1. September einen Bericht ab, worin er zunächst der Abreise deS Grafen von Götzen nach Berlin gedachte, und dann über die gleißnerischen Versicherungen, welche dem sächsischen Hofe von Paris her zugegangen sein sollten, sich also ausließ: J1 est aujourd’hui des gens, qui changeant ce soupgon en certitude, veulent que le ministre de Saxe a Paris äit mandti ici des 6loges, employös par Vempereur Napoleon en parlant de V61ecteur. Quoi qu’il en puisse 6tre, la Mission frangaise ä Dresde, malgrö l’extröme indiffßrence qu’elle affectait encore il y a quelques jours, s’efforce de röpandre des discours propres ä dötourner la Cour de Dresde de toutes mesures militaires. Durand doit avoir dit, que, Napoleon n’ayant aucune vue hostile contre la Saxe, il paraissait surprenant que celleci voulüt s’armer et irriter par lä le gouvernement fran^ais ... La Mission de France doit au surplus semer des inquiötudes sur le corps de troupes Prussiennes qui se forme en Silösie,

509 et donner ä entendre qu’il pourrait bien 6tre destine ä-rester pour toujours en Lusace, province qui d’ailleurs, ajoute la Mission de France, conviendrait ä la Prusse . . . Vendredi dernier Durand a fait une visite assez longue au Comte de Löss.

§. 300. In der Zwischenzeit war man sächsischer Seits über die auf den Brief des Königs zu erlassende Antwort zu einem Ergebniß gekommen. Pölitz erzählt (S. 284 f.): „Der Churfürst antwortete am 31. August: daß er zur gemein­ schaftlichen Vertheidigung mitwirken, und seinen Gesandten in Berlin.nächstens zum Abschlüsse der erneuerten Verbindung zwischen Brandenburg, Sachsen und Hessen instruiren lassen werde. Durch eine Depesche von demselben Tage ward der Graf von Görtz befehligt, dem Grafen von Haugwitz vorzustellen, daß der König doch so lange, als möglich, die Truppenbewegun­ gen aussetzen möchte, um Frankreich keinen Argwohn zu geben; dies wäre auch der Grund, weshalb der Churfürst noch keine Bewaffnung befohlen habe, indem er ohnehin zur Vertheidigung seiner Staaten zu schwach sei." „Allein bereits am 27. August meldete der Graf von Görtz nach Dresden, daß die preußischen Garden zum Aufbruche befehligt worden wären, und daß der in Schlesien ausgestellte Heerestheil näher nach Sachsen gezogen werden solle. Uebrigens versicherte der Graf von Haugwitz dem Gesandten, der König werde den Kaisertitel nur auf Antrag von Sachsen und Hessen annehmen; Hessen habe die erste Idee deshalb gehabt, was aber der darüber befragte Minister von Waitz nicht zugestand; so daß diese Idee wohl zunächst vom Minister von Haugwitz ausgegangen war." Nach dem Obigen (§. 265) kann es nicht zweifelhaft fein, daß in der letztem Beziehung Haugwitzens Angabe auf der Wittgensteinschen Depesche vom 23. Juli beruhte.

510 18. Srockhausen zurückberufe«. Sein Vermittlungsversuch in Serlinmacht die preußische Diplomatie schwankend- die sächsische kühn. Berichte aus Dresden. Haugwiß will Geschmeidigkeit erschmeicheln. Sachsen antwortet mit Vorschlägen- welche die preußischen auf den Aopf stellen.

§. 301. ES leuchtet ein: man war noch immer um keinen Schritt weiter gekommen; das Benehmen des Dresdener HofeS, seine AntWorten, seine Instructionen, waren nach wie vor in allen Bezie­ hungen hinhaltender Natur. Kein preußischer Diplomat kannte das sächsische Kabinet genauer als der beurlaubte Freiherr von Brockhausen. Haugwitz ging daher schon am 21. August mit dem Gedanken um, bei der kritischen Lage der Dinge und dem steten Zögern des Dresdener Hofes, ihn auf seinen Gesandtschastsposten zurückzurufen. DaS betreffende Schreiben, am 21. entworfen, dann vom 23. datirt, ging endlich am 25. ab, und lautete: A la suite des changemens qui sont arriväs dans l’Allemagne m6ridionale, et de la dissolution totale des liens de l’Empire, le Roi s’occupe du projet de rapprocher et de reunir sous ses auspices les Etats de la partie septentrionalc qui sont restäs intacts et qui nous Interessent de plus pres. La Saxe, comme Vous jugez bien, tiendra une place essentielle dans cette association. Nous nögocions avec eile, et l’Electeur s’est einpresse de faire retourner le Comte de Goertz a Berlin. J’ai voulu, Monsieur, Vous avertir de tout ceci et Vous donner k considerer, si dans de telles circonstances Vous ne d6sireriez pas d’aller reprendre possession de Votre poste, qui est devenu si interessant en lui-mäme, et qui peut le devenir encore davantage. Je suis sür, que Vous abr£gerez le cong6 que le Roi Vous a accordä; mais de toute maniäre je Vous invite de passer par ici en Vous rendant k Dresde, asin que je puisse Vous mettre au fait de tout ce qui s’est traitä pendant Votre absence.

§. 302. Brockhausen leistete dem Rufe Folge. Schon am 27. August finden wir ihn in Berlin. ES scheint, Haugwih habe mit seiner

511 Berufung deshalb so lange gezögert, weil er vorausgesetzt, daß Brockhausen nach seiner Kenntniß deS sächsischen Hofes den preu­ ßischen Unionsentwurs, trotz der von Seiten Hessens erfolgten Annahme, nicht billigen und in der bisherigen preußischen Politik eine schwankende oder selbst rückgängige Bewegung veranlassen werde.

Und dem war auch so.

Brockhausen ließ es sein Erstes

sein, mit einem neuen vermittelnden „Entwürfe" aufzutreten, der den früheren die Spitzen abzubrechen, ihre Schroffheiten abzu­ stumpfen suchte.

Er setzte ihn noch am 27. in deutscher Sprache

auf, und leitete ihn durch „Betrachtungen" in französischer Sprache ein.

Diese letzteren lauteten:

Räflexions rapides relatives au Traitä

d’union.

En rädigeant le traitä d’union, tel qu’il sc trouve a la suite de ces räflexions, il s’est präsentä divers points de vues. 1.

La dissolution des

liens de PEmpire a laissä sans

appui, sans boussole et sans autorite une quantitä d’Etats et de Princes du nord de PAIlemagne, dont la säcuritä reposait sur la Constitution Germanique. eile ne präsentait pas une l’illusion subsistait.

Si dans ces derniers temps

bien grande räalitä, au moins

II saut näcessairement leur präsenter un

aulre abri, sous lequel peut reposer leur timide assurance. Napoleon les a räunis dans le Sud et l’Ouest de PAIlemagne. II leur a laissä Pombre de souverainetä, mais dans le fait il s’est arrogä plus d’autoritä que n’en a jamais eu PEmpereur Charles V. le plus despote des Empereurs älectifs. Cependant sa politique lui a dictä de transiger avec eux comme avec des ätats indäpendans, probablement pour ne pas choquer Vopinion, ou pour mieux la gagner.

La Prusse doit imiter ce dernier

exemple, eile doit faire plus, eile doit electriser les tätes de ces peuples abandonnäs, leur präsenter les moycns de devenir un ensemble de forces qui protäge tout

ä

la fois leur religion,

leur tranquillitä, leurs habitudes et leur prospäritä. 2.

Notre influence präpondärante devait ätre contenue

dans ce traitä, mais sans äclat, sans despotisme; enlacäe plutöt avec art dans les diffärens articles qui stipulent la direction

512 des forces. II semble que cette pr6pond6rance est stabile par les articles 111 et VII. II peut l’6tre davantage par des arran gemens militaires subsöquens. 3. Dans le nombre des Princes du nord de TAIIemagne on a omis lc Duc d'Oldenbourg, puisqu’il appartient moitiö ä la Prusso et moitiö au Danemarc, et que ce serait trop ötendre le cercle de cette fcdäration, qui doit 6tre seul et sans partage sous les auspices de la Prusse. 4. Les articles du traitö ne doivent point presenter une trop grande masse de stipulations, ni trop de longueur. L’essenliel est d’avoirun Instrument de röunion assez obligatoire pour pouvoir servir de prßtexte dans tous les cas possibles. Le reste peut se supplier par des röglemens postärieurs. 5. L’alliance concluc avec l'Electeur de Hesse est une affaire ä pari et trfcs conforme aux circonstances et une saine politique. Une teile alliance ne serait pas absolument nöcessaire avec la Saxe; lc trait6 sed£ratif indique et contient tout ce qu’il saut On peut l’expliquer selon les circonstances et le c6menter par des conventions präliminaires, si la conclusion du traitä d'union devait se trainer en longueur. 6. La langue allemande devait nöcessairement 6tre Torgan d une teile Union, qui doit rassembler les faisceaux 6pars d’une bonne partie de la nation allemande. Berlin le 27 Aoüt 1806., Brockhausen.

K. 303. Der Brockhausensche „Entwurf" lautete: Vereinigungstractat jwischen den Höfen von Berlin, Dresden und Cassel. Der Drang unglücklicher Umstände, der Abfall deS südlichen und westlichen Deutschlands von der alten Constitution des Reichs, die Vereinigung dieses Theils Deutschlands in einem FöderativBunde unter dem Schutze Frankreichs, die daraus entstehende Auslösung der Reichsverfassung, endlich der Wunsch die Ruhe deS nördlichen Theils Deutschlands auf der Basis eines immerwähren-

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den Föderativ-Bundes zu sichern, haben die Höfe von Berlin, Dresden und Cassel verpflichtet, zu diesem Endzwecke über folgende Punkte übereinzukommen. I.

Die Staaten Sr. Majestät des Königs von Preußen im nördlichen Deutschland, die des ChurhauseS Sachsen mit denen des herzoglichen Hauses Ernestinischer Linie, die Staaten des Churhauses Hessen-Cassel, die der Herzoge von Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin und Strelitz, die Fürsten der Anhaltischen Häuser, die Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, die Be­ sitzungen der Grafen von der Lippe, bilden ein föderatives Ganze, welches unter dem Schutze dieses Verrinigungstractates stehet. II.

Jeder dieser Staaten genießt völlige Souveränetäts-Rechte. Die Stärkeren versprechen die Schwächeren unter keinem Vorwände zu beeinträchtigen und sie vielmehr als ganz unabhängige Staaten zu behandeln. III.

Streitigkeiten werden durch gütliche Vermittelung nach der Form der alten Anträge entschieden. Um diese Instanzen zu bilden, werden Bevollmächtigte von allen Contrahenten ernannt, die sich in Berlin vereinigen und daselbst ihre Sitzungen halten. Die Mehrheit per Stimmen entscheidet. Sollten selbige in gleiche Theile getheilt sein, so steht dem Könige von Preußen die ent­ scheidende Stimme zu. IV.

Von dem Tage der Unterzeichnung dieses Traktates bestehet zwischen den vereinigten Staaten das engste und vertraulichste Band. Alle Nachrichten über gemeinschaftlich oder dem Einzelnen drohende Gefahren, werden sofort den hohen Contrahenten mitge­ theilt. Die Gesandten der drei Höfe in fremden Ländern erhalten die Weisung sich einander alles mitzutheilen, was aus das gemein­ schaftliche Interesse Bezug haben könnte. V.

Die hohen Contrahenten versprechen mit Anstrengung der Ihnen von Gott zugetheilten Macht, ein jedes Kriegsfeuer von

514 den Grenzen der Bundesstaaten abzuwenden. Bei einem ent­ stehenden Kriege in Deutschland wird sofort ein vereinigtes Heer nach einer den Umständen angemessenen Zahl aufgestellt und schlagfertig gehalten. VI.

Zu diesem Heere stellt Preußen 60,000 Mann, Sachsen 18,000 M., Hessen 12,000 M., Braunschweig 3000, MecklenburgSchwerin und Strelitz 3000, die Anhaltischen Fürsten 1200, die Fürsten und Grafen v. d. Lippe 500, der Fürst v. Waldeck 500, die 3 Hansestädte zusammen 800 M. Ist die Gefahr groß und diese Armee wäre nicht hinreichend, so vermehren obbenannte Staaten ihr Contingent um ein Drittheil. Sollte auch dies nicht hinreichen, so machen sich die drei Hauptcontrahenten anheischig, ihre ganze Macht aufzubieten. Jedes Contingent wird zwar ganz ausgerüstet gestellt, allein der Unterhalt wird, sobald die ganze Bundesarmre zusammenrückt, auö den gemeinschaftlichen Magazinen bestritten, über deren Aufbringung und Anlegung eine besondere Uebereinkunft getroffen wird. Vli.

Preußen als dem mächtigsten Gliede dieses Bundes und als einer des Krieges erfahrenen Macht wird die Führung deS Heeres, der Entwurf deS OperationS-PlaneS zugestanden. Auf die erste Nachricht, die diese Macht von der Annäherung der Gefahr ertheilt, werden die Contingent« in Bereitschaft gehalten, und auf die zweite Nachricht werden selbige in der von ihnen gewählten Position zusammengezogen. Alsdann bilden sie ein Ganzes, welches unter den unmittelbaren Befehlen des Königs von Preußen steht, aber auch nur blos zur gemeinschaftlichen Vertheidigung gebraucht wer­ den kann. VIII.

ES steht keinem Gliede deS Bundes frei, sich (auch selbst nicht nach erlittenen Unglücksfällen) der Gefahr zu entziehen, dem Bunde untreu zu werden und in Unterhandlungen mit dem Feinde zu treten. Können Unterhandlungen nicht mehr vermieden wer­ den, so sollen selbige durch die drei Hauptcontrahenten eingeleitet und abgeschlossen werden.

515 IX. Die Vereinigten Staaten nehmen in den wegen gemeinschaft­ lichen Interesse zu führenden Unterhandlungen den Titel: der Bund des nördlichen Deutschlands, l’association des etats du nord de l’AIIemagne. X. Fremde Mächte können zum Beitritt deS Bundes eingeladen werden. Diese Einladung geschieht nach reiflicher Ueberlegung und in Uebereinstimmung der 3 Hauptcontrahenten. Die Ver­ hältnisse gegen den rheinischen Bund sind den gegen jede andere fremde Macht'gleich. Sollten zwischen den Gliedern dieses rheinischen Bundes und den des nördlichen Deutschlands Streitigkeiten ent­ stehen, so suchen die drei Hauptcontrahenten selbige beizulegen und vertreten die schwächeren BundeS-Staaten. XI. Da in den meisten Ländern die diesen Staatenbund ausma­ chen die evangelisch-lutherische Religion die herrschende ist, und auf Grundgesehen beruht, so wird hiermit festgesetzt, daß diese Reli­ gion nach den schon bestehenden Verfassungen die herrschende ver­ bleiben soll. Die hohen Contrahenten machen sich hiermit verbind­ lich nach Sitte ihrer Vorfahren die freie und ungestörte Ausübung dieser ihnen heiligen Religion mit Gut und Blut zu vertheidigenReligionsangelegenheiten werden gemeinschaftlich verhandelt. XII. Die zu diesem Bunde gehörenden Fürsten, Staaten und Städte werden von den drei Hauptcontrahenten zum Beitritt ein­ geladen, welcher durch förmliche Urkunden geschieht, deren Aus­ wechselung in Berlin stattfindet. Separat-Artikel. 1.

Se. Majestät der König von Preußen machen sich nicht allein verbindlich, den von Chursachsen und Churhessen angenommenen Königstitel anzuerkennen, sondern sie versprechen auch ihre Ver34

516 Wendung bei andern Höfen, daß die Anerkennung ohne Schwierig­ keiten erfolgt.

2. Die Herzöge von Sachsen-Weimar, Gotha, Hildburghausen, Coburg und Meiningen nehmen den Titel als Großherzige des nördlichen Deutschlands, und werden als solche anerkannt. 3. Da die Fürsten von Schwarzburg, die Fürsten und Grafen Reuß, die Fürsten und Grafen Schönburg, die Fürsten und Grafen Stollberg ic. nicht unter die Bundes-Staaten gezählt werden, so wird hiemit festgesetzt, daß selbige ihren Beitrag an Mannschaften und Naturalien nach einer zu bestimmenden Proportion, erstere an Sachsen und letztere an Preußen zu entrichten haben. 4. In Ansehung der Gerechtigkeitspflege wird hiemit festgesetzt, daß alle die Länder, die nicht Contrahenten des Bundes sind, diejenigen RechtSangelegenheiten, die ehedem zum Ressort des ReichskammergerichtS gehörten, von nun Berlin,

an

vor die

Tribunale von

Dresden und Cassel zu bringen haben, worüber ein

passendes Reglement ausgefertigt werden soll. §. 304. Man

muß

dem

Brockhausenschen

Entwürfe,

wie

seinen

Reflerionen, in der That bei weitem mehr Umsicht, Geschicklichkeit und Klugheit zugestehen, als sie in den bisherigen Entwürfen gehandhabt worden waren.

Er ging entschiedener als irgend ein

anderer auf die Ideen Friedrichs des Großen zurück; er ließ die Kaiserfrage, die bei der Anspruchslosigkeit Friedrich Wilhelms bedeutungslos war,

III.

gänzlich fallen; er suchte jeden, auch den

leisesten Schein einer Anmaßung zu vermeiden; er wollte dem natürlichen Uebergewicht einen thatsächlichen Spielraum geben und das Uebrige nicht sowohl künstlich machen als geschichtlich werden lassen.

Und wirklich scheint Brockhausen die bisherige Haltung

der preußischen Diplomatie erschüttert zu haben.

Denn es möchte

doch kein Zufall sein, wenn Haugwitz an demselben 27. August

517 dem Grafen von Görh in Betreff der Kaiserwürde jene Ver­ sicherung gab (§. 300), die einem Fallenlassen dieses Punktes ziemlich gleich kam. Eine weitere Wirkung aber, als diese erhöhte Unsicherheit in dem Gange der preußischen Pvlitikj, scheint BrockhausenS Plan nicht hervorgebracht zu haben. Man konnte sich unmöglich entschließen, noch im äußersten Augenblick, und nach so weit fortgesetzten Verhandlungen auf einer bestimmten Grundlage, diese plötzlich wieder aufzugeben. Und eben deshalb, scheint eS, beeilte sich auch Haugwitz nicht, Brockhausen nach Dresden zurückkehren zu lassen.' Bald genug aber sollte es sich zeigen, daß die Bedenken, welche dieser gegen jene Grundlage hegte, noch bei Weitem von denen des Dresdener HoseS selbst übertroffen wurden; daß Sachsen, weit davon entfernt, dem König von Preußen einen Vorzug innerhalb der Union zugestehen zu wollen, vielmehr sehr geneigt war, die erste Stelle in derselben für sich selbst in Anspruch zu nehmen, und es als einen Act besonderer Nachgiebig­ keit und persönlichen Wohlwollens angesehen wissen wollte, wenn eS sich dazu bequeme, dem „Churfürsten von Brandenburgs die Gleichberechtigung mit dem Churfürsten von Sachsen einzuräumen. Wie man auch über die preußischen Ansprüche denken mochte: im Verhältniß zu den sächsischen mußten sie selbst einem Brockhausen als bescheiden erscheinen. Doch ehe wir diese näher kennen lernen, müssen wir auf die Nebenpartien und auf die vorzugsweise mili­ tärische Sendung des Grafen von Götzen zurückkommen. §. 305. Am 2. September Abends war Götzen in Dresden wieder eingetroffen. Nach einer Depesche Lautiers d. d. Dresden den 4. September sollte man annehmen, daß Sachsen sich nicht vor dem Einmarsch der preußischen Truppen zu offenen Rüstungen verstehen wollte, damit es Frankreich gegenüber als zum Kriege gezwungen erscheine. Lautier berichtete: Goctzen est arriv6 ici avanthier au soir et a eu d’abord un entretien avec le princc de Hohenlohe. Goetzen me Charge de marquer dansce rapport: „qu’il est persuad4 qu’on prendra ici les mesures ntccssaires, mais le tout en secret jusqu’au moment, oü l’entr4e de nos troupes en Saxe rassu-

34°

518 rera VElecteur contre la crainte des Frangais . . . Dürand sei bei Löß gewesen, parlant du parti que prendrait la Saxe dans la Situation actuelle. Löss a röpondu „qu’il döpendrait des circonstances, mais que dans tous les cas il 6tait persuadö •que ce parti serait conforme aux anciens liens d’amitie qui Vattachaient ä la Prusse, et que le gouvernement frangais ne pouvait ignorer.“

Unterm 6. September meldete Lautier in Götzens Namen: II parait que des nouvelles röcemment venues de Paris fönt espärer encore a VElecteur que la guerre n’£clatera pas, et des assurances prodiguees de la part du gouvernement frangais ä la Saxe suspendent encore pour le Moment les determinations de VElecteur.

Götzen sandte, wahrscheinlich unter demselben Datum, einen besonderen Bericht ein, dessen das gleich zu erwähnende Rescript vom 8. September gedenkt. Aus diesem Bericht ist dem Anschein nach entnommen, was Höpfner (1, 41) ohne Zeitbestimmung er­ zählt: „Graf Götzen fand den Churfürsten von Sachsen, wenn auch nicht gerade eifrig geneigt für das Bündniß und für den Krieg gegen Frankreich, doch wenigstens entschieden genug, um sich in das Unvermeidliche zu fügen. Der Churfürst erklärte, daß, sobald die preußischen Truppen über die Grenze gerückt, also das Land gegen die Franzosen gesichert sein würde, er seine sämmtlichen Truppen zur Verfügung des Königs stellen wolle, und stellte nur die Bedingung, daß Dresden nicht zum Waffenplatz gemacht werde." §. 306. Ein weiterer Bericht Lautiers vom 8. September meldete zu­ nächst das Gerücht von dem heimlichen Aufenthalt französischer Osficiere: On veut savoir depuis peu de jours, qu’il doit s’en trouver plusieurs deguistis äDresde. Dann fährt er fort: La Mis­ sion frangaise affecte toujours un grand ötonnement des mesures militaires dont il s'agit en Prusse et en Saxe, assurant que les troupes frangaises allaient sans doute passer incessamment le Rhin pour rentrer en France, et que VEmpereur Napoleon 86 trouvait vis-ä-vis de la Prusse principalement dans des dispositions tres pacifiques. Le Comte de Löss a du renvoyer

519 avanthier le courrier k Berlin, qui lui a exp6di6 par le Comte de Goertz, et on veut que ce courrier äit portö k Berlin la ratification 6Iectorale pour l’accession k l'union de defense du Nord de l’Allemagnc. Le Prince de Dessau vient d’arriver, et Ton croit qu'il a 6t6 invit6 par l’Electeur . . . A l’6gard de l’6Ievation de la maison d’Anhalt k la dignitö ducale, il y a des gens qui pensent que la Cour de Saxe n’y a point eu de part, et que c’est la Cour de Bussie qui a fait k ce sujet les demarebes n6cessaires. Une personne qui a peut6tre occasion d'en 6tre instruite, m'a donnö li-dessus cette notion. Goetzen s’occupe journellement avec le colonel de Massenbach et le collfege de guerre d’ici des objets militaires.

Dieser Bericht kreuzte mit einem Königl. Rescripte an Lautier, datirt Berlin den 8. September, worin eS hieß: Goetzen vient de m’adresser encore un rapport söparö pour me mander, que les choses avancent de plus en plus cn Saxe selon les propositions dont Je l’ai chargä. Ce qui me fournit d’aillcurs aussi une nouvelle preuve des bonnes dis— positions de I'Electeur, c’est qu’il a envoye par courrier ä son ministre le Comte de Goertz le projet du traitö d’une triple-alliance k conclure entre la Prusse, la Saxe et la Hesse; mais ce projet, ne faisant que d’arriver, a besoin d’6tro examin6, et Je Vous en parlerai une autre (bis. In der Antwort auf die Lautier'sche Depesche vom 8., d. d. Berlin den 12. September, hieß es: Je vois avec plaisir, que l’Electeur de Saxe en vient prösentement k l’exöcution des mesures que Je lui ai propos6es, et que Je pourrai compter sous peu sur la coop6ration de sa brave arm6e . . . Vous savez que c’est le Prince de Hohenlohe, qui la commandera.

Nach einer Lobpreisung der sächsischen Armee, wird dann auch dem Grafen Löß eine schmeichelhafte Anerkennung zu Theil wegen der r6ponses sages et fermes, qu’il a donn6es k diverses reprises au ministre de France.

520 19. Die sächsischen Eegenprojeete jttm Äliiaustraetat und jum Gordischen Äeich«b«ude. Ergebnisse und Wahrnehmungen. Sachsen» Verhalten in der Mediatisirungsfrage.

§. 307. Der sächsische Courier, welcher nach der obigen Correspondenz am 6. September auS Dresden abging und wahrscheinlich am 7. in Berlin eingetroffen war, überbrachte dem Grafen von Görh sehr wichtige vom 5. datirte Depeschen; freilich nicht, wie Lautier meinte, die churfürstliche Ratification deö Beitritts zur norddeutschen Union, sondern vorläufig 1) ein Gegenproject zu dem Allianzrractat, wie auS dem Haugwihischen Rescript vom 8. (f. §. 306) und auS Pölitz S. 280 (f. unten §. 313) erhellt; 2) ein Gegen­ project zu dem UnionsVertrag, wie aus den Notizen bei Pölitz hervorgeht. Dieser sagt nämlich (S. 285): „Nachdem am 4. Sept. preußischer Seits für den Durchmarsch und Aufenthalt des von Schlesien aufgebrochenen preußischen HeereStheiles durch Sachsen nachgesucht worden war, erhielt am 5. Sept. der Graf von Görtz die Vollmacht zur Abschließung eines AllianztractatS und daö Gegenproject des Entwurfes zu einem norddeutschen Bunde." *) Diesen wichtigen beiden Aktenstücken müssen wir nunmehr unsere Aufmerksamkeit «widmen. Beide befinden sich, wiewohl ohne Datum, in dem Berliner Archiv. §. 308. DaS sächsische Gegenproject gegen den Allianztractat, wie er zwischen Preußen und Hessen festgestellt worden, führt in den Akten keine Ueberschrift. Pölitz bezeichnet eS, wie wir sahen, schlechthin als „einen Allianztractat", Haugwitz (§. 306) *) Er ist indeß nicht unmöglich, daß Pölitz hier wieder einmal tu» Gegenproject zum norddeutschen Bunde mit dem Gegenproject zum Alli'arziractat verwechselte, und daß nur da» letztere unterm 5. September, da» erstere aber erst um den 23, vom Stapel lief, wie man au» einer weitern Bemer­ kung von Pölitz (f. unten §. 344. a. ©.) und au» dem Bericht HLnlein», vom 2K. September (s. unten §. 348.) schließen möchte.

521 als „Projekt zu einem Triple-Allianztractat zwischen Preußen, Sachsen und Hessen." In der Einleitung stellt eS sich selbst als eine „vertrauliche Uebereinkunft" zwischen Preußen, Sachsen und Hesselt auf Grund der alten „Erbeinigung" und als eine „Er­ neuerung" derselben dar. Endlich in den Abänderungen, deren wir int K. 309. gedenken werden, wird es genannt: „Entwurf einer erneuerten Einigung zwischen Preußen, Sachsen und Hessen." Das Projekt bewegte sich im alten Reichskanzleistyl und erinnert vielfach in der Form an den Traktat des Fürstenbundes vom Jahre 1785. DaS Charakteristische war aber, daß es durch Art. 9. deutlich kund gab, wie eS Chursachsen vor allem auf Bildung eines einheitlichen sächsischen SonderbundeS in dem oben §. 293. bezeichneten Sinne ankam; daß es deshalb daS Princip der Particular-Unionen einführen, und die gemeinsame Verbindung nur durch die Häupter der einzelnen Unionen in lockerster Weise vermitteln wollte. Der Tert dieses Allianz-Entwurfs lautete: Se. König!. Majestät von Preußen als Churfürst zu Bran­ denburg, Se. Churfürst!. Durchlaucht zu Sachsen und Se. Chur« fürstliche Durchlaucht zu Hessen, veranlaßt durch den Drang der neuesten Ereignisse und der gegenwärtigen Umstände in Deutsch, land haben, eingedenk der engen und brüderlichen, auf steten Frieden, Ruhe und Eintracht unter einander, auch Rath, Hülfe und Beistand in Widerwärtigkeiten und Nöthen abzweckende Einigung, wozu sie durch die Vorällern, Ahnherren und Vor­ fahren Ihrer höchsten Häuser seit Jahrhunderten verbunden sind, und geleitet durch die eigenen aufrichtigen Empfindungen ihrer innigen Freundschaft und ihres gegenseitigen Zutrauens, es für vorträglich und nothwendig zu sein erachtet, auf den Grund jener Einigung, welche übrigens bis auf gleichmäßige. nähere Bestim­ mung, in soweit deren Vorschriften noch anwendbar sind, ihre Kraft behält, eine neue vorläufige den Zeitumständen angemessene vertrauliche Uebereinkunft zu treffen, welche zu Niemandes Belei­ digung gereichen, sondern lediglich die Sicherung Ihrer künftigen Selbsterhaltung und Unabhängigkeit, so wie die Beschützung Ihrer wohl erworbenen Lande und Gerechtsame, auch die Abwendung aller äußeren und inneren Gefahren beabsichtigen soll.

522 Zu dem Ende find von Ihnen dazu bevollmächtigte Minister ernannt worden, und zwar von Seiten ic., welche nach Auswech­ selung Ihrer Vollmachten über nachstehende Erneuerungen und Erläuterungen der in gedachter zuletzt im Jahre 1614 abgeschlossen er Erbeinigung enthaltenen Hauptpunkte stch verstanden und ver­ einigt haben. Art. 1. Eö wollen Seine Königl. Majestät von Preußen und Ihre Churfürstlichen Durchlauchten zu Sachsen und Hessen, Ihre Erben und Nachkommen, stets in wahrer und genauer Freundschaft und Einigung leben, in solcher sich die Aufrechthaltung und Befestigung Ihrer allseitigen Selbstständigkeit

und Unabhängigkeit, die Be­

förderung deS Andern, seiner Staaten und Unterthanen Nutzens, Ehre und Wohls gleich Ihrer eignen, so viel in Ihren Kräften stehen wird, und die Entfernung alles dessen, was einem oder dem andern Theile Schaden bringen könnte, zum unverrückten sorg­ fältigsten Augenmerk nehmen, deßhalb ein vollkommenes Einverständniß und vertrauliche Correspondenz über die darauf Bezug habenden Angelegenheiten unter sich durch Briefwechsel und Ge­ sandte an den Höfen unterhalten und sich alleö, waS einem jeden schädlich oder nützlich sein kann im Vertrauen eröffnen, mittheilen und darüber berathschlagen, zu welcher vertraulichen Communication die obengedachten Gesandten besonders angewiesen werden sollen. Art. 2. Insonderheit sichern die höchsten PaciScenten für sich, Ihre Erben und Nachkommen, einander gegenseitig die ausdrückliche Garantie Ihrer sämmtlichen in der Erbeinigung begriffenen Staaten und Lande zu, in deren ruhigem zugestandenen und un­ bestrittenen Besitz dieselben bei dem Abschluß dieser Vereinigung sich befinden, oder welche sie künftig auf eine beständige Art erwer­ ben möchten, und wollen dieselbe und deren Integrität gegen alle Angriffe vertheidigen. Art. 3. Nicht minder wollen dieselben einander gegenseitig bei Ihren hergebrachten Gerechtigkeiten, Freiheiten und Gewohnheiten Hand

523 haben, schützen, schirmen und vertheidigen so oft rS nöthig, auch nichts gestatten, noch weniger selbst verhängen, waS zu Abbruch derselben gereichen könnte. Art. 4. Wenn in irgend einem Stücke eine gemeinsame oder einen der höchsten contrahirenden Theile insbesondere angehende Gefahr oder Beeinträchtigung zu besorgen sein, oder auch einer derselben bemerken und in Erfahrung bringen sollte, daß etwas dergleichen vorgenommen oder beabsichtigt werde, so wollen dieselben einander sofort davon benachrichtigen und nach vertraulicher Concertirung gemeinschaftlich Ihre Verwendung und Vermittelung, auch alle thunliche rechtmäßige und nachdrückliche Maaßregeln anwenden um solches zu verhindern und abzuwenden. Art. 5. Im Falle aber diese gütliche Mittel nicht zureichend sein wür­ den und einer der contrahirenden höchsten Theile in Seinen Lan­ den dennoch feindlich angegriffen oder vergewaltigt werden sollte, so daß zu Anwendung thätiger Kräfte unumgänglich geschritten werden müßte, um einen jeden bei dem feinigelt zu schützen und zu erhalten, so versprechen die andern höchsten Paciöcenten ohnverweilt und sobald eS nur immer möglich ist, auch längstens binnen zwei oder höchstens drei Monaten nach der Ihnen von dem angegriffenen oder vergewaltigten Theile deshalb ge­ schehenen Requisition zu der wechselseitigen Vertheidigung Ihrer Lande, insofern eö die Beschützung der eigenen Grenzen und daS davon zugleich abhängende gemeinsame Wohl der Uebrigen ge­ stattet, Sich einander auf Ihre, der hülfleistenden Theile Kosten, folgende thätige Hülfe zu geben, alö Se. Königl. Majestät von Preußen — Mann, Se. Chursürstliche Durchlaucht zu Sachsen — Mann und Se. Churfürst!. Durchlaucht zu Hessen — Mann, auch nach Befinden diese Hülfe noch weiter zu vermehren und im Nothfall nach einem, den jedesmaligen Zeitumständen und der Lage ihrer Lande gemäßen in möglichster Geschwindigkeit sodann näher zu concertirenden und auszuführenden Operationsplan, mit allen Ihren Kräften und vereinigter Macht sich einander beizu-

524 stehen, die Truppen auch nie anders als im genausten Einverständniß, nach erreichter Absicht, und bevor von dem Beleidigei: dem angegriffenen Theile völlige Erstattung und Genugthuung verschafft worden, zurückzuziehen. Art. 6. In Erhaltung der innern Ordnung und bis jetzt bestandenen innern Verfassung eines jeden Landes wollen die höchsten contrahirendrn Theile einander ebenfalls beholfen sein und die von Seiten der Unterthanen und Angehörigen

etwa vorkommenden

Widersetzlichkeiten und Gewaltthätigkeiten oder daraus gar entste­ henden Unruhen nöthigen Falls, auf Erfordern, sofort mit verein­ ten Kräften unterdrücken. Art. 7. Die zwischen den Paciöcenten selbst sich hervorthuenden Strei­ tigkeiten sollen, wo möglich durch gütliche Vermittelung beigelegt, oder in deren Entstehung durch gewillkührte AustragSrichter von den beiderseitigen Räthen oder anderen Fürsten nach Anleitung der bisherigen Reichsverfassung entschieden werden, von deren Ausspruch aber keine weitere Appellation stattfindet. Art. 8. Privatansprüche gegen einen der höchsten contrahirenden Theile oder dessen Unterthanen und Angehörige werden durch schleunige Justizpflege von den herkömmlichen Gerichten und Instanzen deS Landes, wohin der Beklagte nach der bisherigen Verfassung, oder künftig zu treffenden Einrichtung, gehörig ist und mit Beibehal­ tung der hergebrachten AppellationSfreiheiten ferner entschieden. Art. 9. Da die höchsten Paciscenten bei dieser Vereinigung keine an­ dere als die Eingangs erwähnte, hauptsächlich auf Sicherung der Selbsterhaltung und Unabhängigkeit gerichtete Absicht haben, und eS allerdings zu wünschen ist, daß dadurch zugleich, so viel mög­ lich,

Ruhe und Friede im nördlichen Deutschland bewirkt und

Niemand im Besitz deS Seinigen gestört werde: so bleibt jedem

525 der contrahirendenTheile überlassen, auch andere dazu gehörige, besonders der Lage und sonstigen Beziehungen nach, mit ihm in Verbindung stehende Reichömitgkieder durch ihren Beitritt näher an sich zu schließen, mit ihnen auf eine ihren bisherigen Verhältnissen und den Grundsätzen deö Rechts und der Billigkeit angemessene Art in ein verbündetes Ganze zusam­ menzutreten,

und dadurch seiner Macht zum gemeinsamen

Besten mehrere Festigkeit, einen größern Umfang und desto stärkern Nachdruck zu verschaffen; jedoch hat derselbe den übrigen von dem erfolgten Beitritt Nachricht zu geben.

So wie die Bei­

getretenen alsdann auf die Beihülfe der sämmtlichen Vereinigten zu der bedungenen Sicherung ihrer Besitzungen und Verfassungen Anspruch zu machen haben; so sind dieselben auch in der, nach Beschaffenheit ihrer Kräfte, zu regulirenden Maaße zu der gemein­ samen Vertheidigung gegen innere und äußere Angriffe und Ge­ fahren beizutragen verbunden.

Für die Erfüllung der von ihnen

übernommenen Verbindlichkeiten hat der contrahirende Haupttheil, nöthigenfalls mit Beiwirkung der übrigen Paciscenten, zu sorgen. Se. Churfürstl. Durchl. zu Sachsen, welche, als Familienhaupt, des Beitritts sämmtlicher Herzog!. Sächsischen Häuser sich zu versehen haben, bedingen vorläufig die Einschließung der­ selben in die gegenwärtige Vereinigung nebst allen davon abhän­ genden Folgen. Art. 10. Keiner der höchsten contrahirenden oder beitretenden Theile hat jedoch das Befugniß, mit einem fremden Staate und über­ haupt eine Verbindung einzugehen, welche dieser Vereinigung nachtheilig oder gefährlich werden könnte,

oder in Widerspruch mit

seinen deshalb übernommenen Pflichten stehen möchte. Art. 11. Diese Verabredung ist von allelt contrahirenden Theilen zu ratificiren, und sollen die Ratificationen darüber binnen — von dem Tage der Unterzeichnung an, oder, wo möglich, noch früher, gegen einander ausgewechselt werden. Dessen zu Urkund ic.

526 §. 309. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Preußen, um nur zu einem Resultat zu kommen, sich auf die Berathung dieses Allianz-Entwurfes wirklich einließ, aber eine solche Umgestaltung desselben zu erwirken suchte, daß der ganze Nachdruck wieder in die Gesammtheit der Unionsmitglieder fiele und von dem Prin­ cip der Particular-Unionen nichts übrig bleibe als die administra­ tive Kreiseintheilung des preußischen Entwurfs.

Daher erschien

es vor Allem bedenklich, daß der sächsische Allianz-Entwurf es vermieden hatte,

die Bildung des nordischen Bundes und den

Beitritt Sachsens zu demselben auch nur zu erwähnen.

Ueberdies

war man, wie Pölitz sagt (S. 285) „preußischer Seits mit dem Vorbehalt (soll heißen: der Vorenthaltung) der Garantie von Hannover nicht zufrieden."')

In der That schloß die jFassung

von Artikel 2 diese Garantie unbedingt aus, während der mit Hessen vereinbarte Allianztractat im Artikel 1 alle „gegenwärtigen" Staaten „ohne Ausnahme" garantirte. Das etwa mochten die hauptsächlichsten der preußischen „Desiderien" gewesen sein, deren Hänlein gedenkt (s. § 348). Preußen ver­ hehlte nicht, daß es nach wie vor das Verlangen trug, lieber den mit Hessen vereinbarten Tractat vorläufig auch von Sachsen nommen zu sehen,

ange­

als mit diesem aus einer neuen Grundlage

zu unterhandeln (§. 344).

Das Dresdener Kabinet wollte in­

dessen von seinem Gegenproject nicht ablassen.

Nur dazu entschloß

sich dasselbe, wie es scheint auf Grund jener Desiderien, sich zu den nachfolgendenAbänderungen seines Entwurfs zu erbietend) 1) „Art. 5.

Im Fall aber diese gütliche Mittel — zu erhal­

ten, so versprechen die andern höchsten Paciscenten, ohnverweilt, *) Nur bezieht er dies fälschlich auf das „Gegenproject der Entwurfs zu einem norddeutschen Bunde," worin wie wir sehen werden gar nichts der Art enthalten war. 2) Sie sind in den Berliner Akten dem sächsischen Entwurf beigeheftet. Die Abänderung, die wir mit 1. bezeichnen, ischer Hand (Löß? Görtz?) her;

rührt von unbekannter diploma-

die unter 2. angeführte umfangreichere von

der Hand eines sächsischen Kanzelisten.

Die

letztere wird durch ein „A" an

der Spitze allem Anschein nach als Beilage zu einer Instruction an den Grafen Görtz oder zu einer Note desselben an das preußische Kabinet charakterifirt.

527 und so bald eS nur immer möglich ist, nach der ihnen von dem angegriffenen oder vergewaltigten Theile deshalb geschehenen Re­ quisition: — caetera wie im Entwurf." Hiernach wurde also der Termin für die Hülfsleiftung weggelassen, d. h. die Worte „auch länzstenS binnen zwei oder höchstens drei Monaten," die bei rascher Kriegsentscheidung die Hülfe illusorisch machen konnten. 2) „Rach dem 8. Artikel des Entwurfs einer erneuerten Einigung zwischen Preußen, Sachsen und Hessen sind dem 9ten und 10t en folgende zu substituiren: Art. 9. Se. Churfürst!. Durch!, zu Sachsen, welche, als Familien­ haupt, sich des Beitritts sämmtlicher herzogl.-sächsischer Hauser zu versehen haben, bedingen vorläufig die Einschließung derselben in die gegenwärtige Vereinigung, nebst allen davon abhängenden Folgen. Art. 10. Da die höchsten Paciscenten bei dieser Bereinigung keine an­ dere, als die im Eingänge erwähnte, hauptsächlich auf Sicherung der Selbsterhaltung und Unabhängigkeit gerichtete Absichten haben, zu desto besserer Erreichung dieses Zweckes aber nöthig erachten, daß derselbe zugleich im nördlichen Deutschland bewirket, Ruhe und Friede daselbst erhalten und Niemand im Besitze des Seinigen gestört werde: So wollen dieselben auch darauf Bedacht nehmen, sämmtliche Stände deS nördlichen Deutschlands, worunter die inner­ halb der Linie, von der böhmisch-lausitzischen Gränze an, längder südlich-sächsischen Gränze, daS Fürstenthum Bayreuth, die Herzoglich Sächsischen Lande, die Churhessischen Lande und das Fürstrnthum Fulda mit einbegriffen, ferner längs der Oberhessischen, Paderbornischen,Minden-Ravensbergischen, Märkischen undMünsterschen Gränze, bis an die äußerste Preußisch-Holländische Gränze gelegene deutsche Länder zu verstehen sind, näher an sich zu schließen, mit ihnen auf eine ihren bisherigen Verhältnissen und den Grund­ sätzen des Rechts und der Billigkeit angemessene Art mein verbündetes Ganze zusammen zu treten, und dadurch der gesummten Macht zum gemeinsamen Besten mehrere Festigkeit, einen desto größeren Umfang und desto stärkeren Nachdruck zu verschaffen.

528 Art. 11. Zu dem Ende wollen die hohen Paciscenten durch Bevoll­ mächtigte gemeinschaftlich für das nördliche Deutschland einen fö­ derativen Defensiv-Bund vorläufig verabreden und festsetzen, und dabei die möglichste Annäherung an die Formen der Reichsversassung mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeitumstände und auf den Zweck einer gemeinsamen Vertheidigung zum Augenmerk nehmen. Art. 12. Jnmittelst werden Höchstdieselben, sofort nach erfolgter Ratifi­ cation des gegenwärtigen Tractats, die übrigen Stände deS nörd­ lichen Deutschlands und zwar, nach der Königlich Preußischer Seits vorgeschlagenen Eintheilung, in den Brandenburgischen, Sächsischen und Hessischen Kreis, jeder der hohen Contrahenten in seinem Kreise, wobei Se. Chursürstliche Durchlaucht zu Sach­ sen zu dem Ihrigen außer Ihren eigenen Landen die sämmtlichen Herzoglich Sächsischen, Fürstlich Anhaltischen, Fürstlich Schwar­ zenburgischen und Reußischen Lande und Besitzungen rechnen, zum Beitritt zu der für das nördliche Deutschland zu errichten­ den Association, mit Vorbehalt der künftig auf einem zu haltenden Congreß näher zu regulirenden Organisation desselben, einladen und sie um ihre diessalsige bestimmte und verbindliche Erklärung ersuchen, welche die paciscirenden Höfe einander mittheilen werden. Art. 13. Keiner der höchsten contrahirenden Theile hat die Befugniß mit einem fremden Staate und überhaupt eine Verbindung einzu­ gehen, welche dieser Vereinigung nachtheilig oder gefährlich wer­ den könnte, oder im Widerspruch mit seinen deshalb übernomme­ nen Pflichten stehen möchte. Hierauf folgt sub Nr. 14. der Schlußartikel, welcher im er­ sten Entwurf der Ute war." Die vorstehenden Modifikationen bezeichnen aller Vermuthung nach den „abgeänderten Entwurf zur Allianz," von dem spä­ ter bei Pölitz (f. unten §. 344.) und bei Hänlein (§. 348.) die

529 Rede ist. Von diesem abgeänderten, d. h. nach Einschaltung jener Modifikationen auS 14 Artikeln bestehenden Entwurf, befinden sich im Berliner Archiv drei Reinschriften ohne Datum, welche von einem preußischen Kanzelisten herrühren und den Beweis geben, daß derselbe in Betracht gezogen wurde. Man sieht, daß Sachsen einigen Desiderien Preußens entge­ gen kam, aber nicht allen. Namentlich wurde der Nordische Bund noch immer als daö Nebensächliche behandelt, worauf man „auch" Bedacht nehmen wolle (Art. 10.), und nur als ein „föderativer Defensiv-Bund" in Aussicht gestellt (Art. 11.). Fer­ ner blieb die Garantie von Hannover nach wie vor ausgeschlossen. Und endlich nahm überdies der neue §. 12. für den sächsischen Kreis, im Widerspruch mit den preußischen Vorschlägen, die sämmtlichen Reußischen Lande in Anspruch. Dieser Anspruch leitet unö zum nächsten Gegenstand hinüber. §. 310. DaS sächsische Gegenprojekt zu dem zwischen Preußen und Hessen vereinbarten Unionsvertrage bestand auS zwei Thei­ len, deren erster die Gegen-Bemerkung en Sachsens, der andere den Gegen-Entwurf enthielt. Wir lassen zunächst beide Stücke folgen. Bemerkungen über den Königlich Preußischer Seits mitgetheilten Plan zur Organisation eines nordischen Bundes. Bei dem Eingänge. Die ausdrückliche Erwähnung der rheinischen Conföderation unter Protection drS französischen Kaisers, als Veranlassung zu Errichtung eines nordischen Bundes, scheint darum nicht rathsam zu sein, weil daraus gefolgert werden könnte, als ob der nordi­ sche Bund jener Conföderation ausdrücklich und in feindlicher Ab­ sicht entgegengesetzt werden solle. Eben so wenig möchte sich auf eine durch die Trennung der Mitglieder der rheinischen Conföderation vom deutschen Reiche und durch die mit einem gleichmäßigen Schritt des östreichischen

530 Kaisers verbundene Abdikation deS römischen Kaisers, erfolgte Auflösung der deutschen Reichsverfassung bezogen werden können, weil doch alles dies und noch weniger die Erklärung einer frem­ den Macht, die Eristenz einer deutschen Verfassung nicht mehr anerkennen zu wollen, für eine rechtliche Auflösung derselben nicht gelten, noch mit einiger Würde dafür agnoScirt werden mag. Aus beiderlei Rücksichten wäre daher eine allgemeine Fassung anzurathen. Bei §. 1. Der Beistand deS Bundes gegen innere und äußere Angriffe und Gefahren wird besonders in Rücksicht auf die inneren Ver­ hältnisse von der Requisition deS gefährdeten Theils abzuhängen haben. Bei §. 2. Da die Annahme höherer Titel von einigen Mitgliedern des Bundes mit der Organisation des nördlichen Deutschlands nicht in direkter Verbindung steht, so scheint dieser §. auS dem Plane wegfallen und zu einem weiteren Einverständniß zwischen den drei Höfen ausgesetzt werden zu können. Bei §. 3. Ob und inwiefern die hier als Mitglieder deS Bundes be­ nannte Stände demselben unter den vorgeschlagenen Bedingungen beizutreten gemeint sind, hängt noch von dem Erfolge ab. Zudem ist dies von Holstein nach dessen Vereinigung mit Dänemark wohl nicht mehr zu erwarten, und in Ansehung der Hansestädte nicht weniger zweifelhaft. ES dürste daher besser sein, diesen Para­ graph wegzulassen, und anstatt einer namentlichen Aufführung der Mitglieder nur im allgemeinen von den Ständen zu reden, welche bisher zu dem nördlichen Deutschland gerechnet worden sind, oder sich gerechnet haben. Bei §. 4. Auch dieser Paragraph könnte wegfallen, theils aus der oben ad §. 2. angeführten Ursache, theils wegen der Ungewißheit der

531 Anerkennung solcher Titel und ihrer Folgen von andern Mächten, theils weil insbesondere die Annahme des Großherzoglichen Titels eine nicht füglich anzurathende Nachahmung dessen sein würde, was bei einigen Fürsten der rheinischen Conföderation geschehen ist. Bei §. 5. Obwohl Ihr» Churfürstliche Durchlaucht damit einverstanden sind,

daß die Einladung zum Beitritt im Namen der drei paciS-

cirenden Höfe geschehe,

so wünschen doch Höchstdieselben,

daß

solches jedem derselben in seinem Kreise überlassen werde. Zeit und Ort des Congreffes wird noch von weiterer Uebereinkunft abhängen.

In Ansehung der darauf zu verhandelnden

Gegenstände aber scheint rathsam, hier blos zu sagen, daß daselbst alles, waS zur Consolirirung der Bundesverfassung gehört, wogen und eine Constitutions-Acte abgefaßt werden soll.

er­

Die zu

regulirenden Punkte

hingegen und

besonders ein Entwurf der

neuen Organisation,

mit Festsetzung der Stimmenzahl, nicht nur

der paciöcirenden Höfe, sondern auch der übrigen Mitglieder des Bundes,

würden im Voraus unter den drei Contrahenten zu

concertiren sein. Bei §. 6. Welche Vorrechte bisher mit der sächsischen Churwürde ver­ bunden gewesen sind, ist hinlänglich bekannt. Sollte nun bei dem nordischen Bunde sich den Formen der bisherigen Reichsverfassung so viel möglich angenähert werden, Folge davon fein,

so würde unter andern eine

daß Ihro Churfürstliche Durchlaucht bei dem

Bundescongreß das alleinige Direktorium zu führen hätten.

In­

dessen wollen Höchstdieselben aus persönlicher Rücksicht für Ihre Königl. Majestät von Preußen darauf nicht bestehen, sondern sind geneigt dem vorgeschlagenen dreifachen Directorio die Hand zu bieten, erachten jedoch der Billigkeit gemäß,

daß wenigstens das

Hauptdirectorium von Jahr zu Jahr unter den drei Höfen alternire, in dem Maße, daß Ihro Majestät den Anfang machen. Bei §. 7. Ihro Churfürstliche Durchlaucht lassen

sich die hier vorge­

schlagene Eintheilung des nördlichen Deutschlands in drei Kreise 35

532 gefallen, müssen jedoch in Ansehung der zu dem Brandenburgi­ schen Kreise gerechneten Lande sub a bis f Ihrer Königl. Maje­ stät von Preußen überlassen, in wiefern Höchstdieselben Sich der Einwilligung der benannten Stände versichert halten können oder versichert haben. Soviel hingegen die vorgeschlagene Unterwerfung des südli­ chen Theils der Reußischen Besitzungen unter Königlich preußische Landeshoheit betrifft, da ist zu bemerken, daß man sächsischer SeitS sich der Lehns- und Landesherrlichkeit über die Herren Reu­ ßen blos zu Gunsten der Krone Böhmen durch Verträge von 15-16 und 1549 begeben und deren einstmaligen Rückfall vorbe­ halten hat. Wie daher jetzt nicht zu erwarten steht, daß die Krone Böhmen die völlige Unterwerfung der Herren Reußen und Ihrer Besitzungen unter eine andere Landeshoheit geschehen lassen sollte, so können Ihre Chursürstliche Durchlaucht noch weniger einwilli­ gen, daß solche vormals sächsische, nur vertragSweise mit Vorbe­ halt des Rückfalls an Böhmen überwiesene Landsassen Ihrem Hause ganz oder zum Theil entzogen würden, und dürfen im Ge­ gentheil von Ihrer Königl. Majestät von Preußen Gerechtigkeit und Billigkeit sich versprechen, daß Höchstdieselben vielmehr dem Churhause Sachsen zur Wiederherbeibringung dieser unter den allen Erbeinigungen ohnstreitig begriffenen, sächsischen Zugehö­ rungen behülflich zu sein geneigt sein werden. Bei §. 8. Nach diesem Paragraphen sollen die Reußischen nördlichen Besitzungen und die Schwarzburgischen der sächsischen Landesho­ heit unterworfen werden. In Ansehung der Ersteren bezieht man sich ans daS Obige, und was die Letztem betrifft, da bestehen zwischen dem Churhause Sachsen und den Fürsten zu Schwarzbtirg gewisse Verhälmisse, auf welche dabei Rücksicht zu nehmen sein wird. Ihre Churfürstliche Durchlaucht begnügen sich daher vor der Hand damit, daß die sämmtlichen Reußischen und Schwarz« burgischen Besitzungen zu dem sächsischen Kreise gerechnet werden, und behalten sich die näheren Bestimmungen Ihrer Verhältnisse mit ihiicnvor.

Ueberhaupt sind Höchstdieselben entfernt, irgend jemand et«

533 was an feinen Rechten zu entziehen, und wie Sie gleicher Gesin­ nungen von den beiden andern Hofen sich überzeugt halten, so glauben Sie, daß theils aus dieser Rücksicht theils zur Vermei­ dung allerlei widriger Eindrücke und Folgen, es damit genügen könne, wenn in dem gegenwärtigen Plane nur soviel festgesetzt würde, daß jedem Kreises-Director und Stand überlassen bleibe, mit deS Kreises Zugehörigen sich, wegen der künftigen näheren Verhältnisse mit ihnen, besonders zu vereinigen. Bei §. 9. AuS gleicher Ursache möchte auch der Medlatisirung der hier benannten Gras, und Herrschaften nidjt zu erwähnen, sondern dabei stehen zu bleiben sein, daß dieselben zu dem hessischen Kreise gehören sollen. Bei §. 10. Eben diese Bedenken treffen die Mediatlsirung der reichsritterschaftlicken enclavirten Besitzungen. In Ansehung derjenigen aber, welche zwischen zweierlei Landen liegen, würde allerdings etwas festzusetzen sein. Nur erachten Ihre Churfürstliche Durch­ laucht, daß außer dem deshalb zwischen den Interessenten zu tref­ fenden güllichen Einverständnisse, nicht blos auf die Beistimmung des GutSbesttzerS zu demselben, sondern selbst auf seine freie Wahl, zu welchem Kreise er gerechnet sein wolle, Rücksicht zu neh­ men, die dem Landescongreß zustehen sollende Entscheidung in streitigen Fällen aber vor der Hand wegzulassen sei, weil der Congreß vorsetzt eine loyale Autorität nicht anders, als durch freie Einwilligung der Betheiligten erlangen kann. Bei $. 11. Die hier vorgeschlagene Einrichtung wegen der im nördlichen Deutschland gelegenen Güter deS deutschen Ordens möchte der­ malen noch unberührt bleiben, zumal da sie bei dem Oestreich!« scheu Kaiserlichen Hose, wegen deS einem seiner Prinzen durch den Pttsburger Frieden zugesicherten GroßmeisterthumS deS deut­ schen Ordens, Widerspruch finden könnte.

534 Bei §. 12. Wegen deS annoch vorwaltenden Zweifels, ob die Städte Lübeck, Bremen und Hamburg mit ihrer Zuziehung zu dem nor­ dischen Bunde einverstanden sind, oder dazu freie Hand haben, und außerdem, ob sie der durch den Reichödeputations - Hauptschluß vom 25. Februar 1803 §. 27. erlangten Privilegien sich begeben und daher unter andern der Bezahlung ordentlicher und außerordentlicher Charitativ - Subsidien sich unterwerfen wollen, halten Ihre Churfürstliche Durchlaucht für besser, daß dieser Pa­ ragraph dermalen wegfalle und die freiwillige Entschließung der gedachten Städte erwartet werde. Bei §. 13. Gleicher Meinung sind Höchstdieselben in Ansehung des 13. Paragraphen wegen der bei dessen Disposition eintretenden unabsehlichen Schwierigkeiten, welche den vorhabenden Zweck einer Vereinigung jetzt in facto unabhängiger Stände vereiteln konnte. Bei §. 14. In der Ungewißheit über Schwedens und Dänemarks Ge­ sinnungen wegen ihres Beitritts zum Bunde, scheinet rathsamer, sie in dem Hauptplane nicht mit besonderen Truppen - Quantis anzusetzen, sondern die ganze Militärmacht des Bundes auf die drei Kreise zu repartiren, zumal da Holstein, Oldenburg und Schwedisch-Pommern als Mitglieder des brandenburgischen Krei­ ses vorgeschlagen sind, und die Zahl der einzelnen ständischen Contingente jedes Kreises erst noch näher regulirt werden soll. Bei §§. 15. 16. 17. Wie übrigens die Bestimmung der Zahl dieser Contingente und die Regulirung deS MaaßstabeS zu ihrer Stellung mit Rück­ sicht nicht nur auf die Population, sondern auch auf andere Ver­ hältnisse, sowie die Uebereinkunft über die übrigen militärischen Einrichtungen, noch einer reiflichen Erwägung und Erörterung bedürfen, so möchten diese Gegenstände zu einer weiteren Verneh­ mung zwischen den drei Höfen auszusetzen und daher die obengedachten drei Paragraphen wegzulassen sein.

835 Doch könnte einstweilen der I6te durch die Stipulation er­ setzt werden, daß jeder contrahirende Haupttheil, nötigenfalls Falls mit Beiwirkung der beiden andern, für die von den einzel­ nen Ständen seines Kreises in obiger Hinsicht übernommenen Ver­ bindlichkeiten zu sorgen habe. Bei §. 18. Die dem Congreß vorzubehaltenden Gegenstände der höheren Landespolizei dürsten hier nur im Allgemeinen auf diejenigen, welche sonst schon zur Deliberation der ReichSkreise verwiesen ge­ wesen sind, einzuschränken, ihre genaue Bestimmung aber zur Verhütung aller der eigenen Landespolizei nachtheiligen Mißdeu­ tung einer weiteren DiScussion vorzubehalten sein. Der letzte Satz dieses Paragraphen a verbis: Da jeder einzelne Bundesstand re. bis zu Ende, scheinet wegfallen zu können, da deshalb schon im 6. §. Vorsehung getroffen ist. Bei §. 19. Die hier bestimmte Art der Ausführung der Congreß-Schlüsse über allgemeine Polizei-Gegenstände, ist schon in der bisherigen Verfassung gegründet und scheint daher einer eigenen Stipulation nicht zu bedürfen. Bei §. 20 — 23. Da die Errichtung eines allgemeinen Bundesgerichts und die Appellation von dessen Aussprüchen an den BundeScongreß leicht nachträgliche Folgen für die Rechtspflege im Lande, für die den Ständen zukommenden Appellationsprivilegien und in andern Rücksichten haben könnten, so möchte zu derselben Vermeidung, und in Betracht der in den Landen deS neuen sächsischen Kreises bestehenden besonderen Verhältnisse mit dem Churhause, vor­ züglicher sein, wenn anstatt eines allgemeinen Bundesgerichts jeder KreiSdirector in seinem Kreise mit Einverständmß der dazu gehörenden Stände ein eigenes Tribunal alö höchste Instanz er­ richtete, jedoch ohne Nachtheil und mit Vorbehalt der hergebrachten Landesverfassung, der Appellationsprivilegien und anderer Frei-

536 Helten und Gerechtsame, sowie der auf Verträgen oder Herkommen beruhenden AuStragS geeichte. Sollte wie man gewiß erwartet, dieser Vorschlag angenom­ men werden', so würden die Paragraphen 21, 22 und 23 von selbst wegfallen. Bei §. 24. Unter gegenwärtigen Umständen möchten

wohl

die Höfe,

welchen der vorläufige OrganisationS-Plan mitgetheilt werden soll, nicht ausdrücklich zu benennen, sondern solches nur im All­ gemeinen zu fassen sein.

Rach dem von Königlich Preußischer Seite mitgetheilten Plane und nach den abstehenden Bemerkungen sind

noch verschiedene

Punkte zu weiterer Vernehmung und Concertirung zwischen den drei paci'Scirenden Höfen ausgesetzt, nämlich die auf dem Congresse zu regulirenden Punkte, besonder- die Stimmenzahl und die Grundlagen der neuen Organisation oder deö Entwurfs der ConstitUtionSacte; ferner die Bestimmungen der Zahl der von einem jeden BnndeSstande zur Bundesarmee zu stellenden Contingente, die Regulirung des Maßstabes zu ihrer Stellung und die übrigen militärischen Einrichtungen; endlich die genauere Bestimmung der Gegenstände höherer LandeSpolizei, welche für den BundeScongreß gehören sollen. Um darüber zu einer vorläufigen Uebereinkunft zu kommen, scheint rathsam, daß die drei contrahirenden Höfe deshalb noch vor Eröffnung des Congresseö, durch eigends dazu bevollmäch­ tigte, mit gehöriger Instruction versehene Abgeordnete präpara­ torische

Conserenzen

halten

lassen, wozu dermalen die Stadt

Dresden wohl der bequemste Ort sein möchte. In dessen allen Folge haben Ihre Churfürstliche Durchlaucht den hier anliegenden Gegen - Entwurf eines Planes abfassen lassen, nach welchem, wenn man Königl. Preußischer und Churfürstlich Hessischer SeitS damit einverstanden wäre, sogleich unter den drei Höfen abgeschlossen werden könnte.

537 §• 311. Gegen- Entwurf. Nachdem in Betracht der jüngsten Ereignisse und der gegen­ wärtigen Lage der Dinge in Deutschland von Sr. Königlichen Majestät von Preußen und von Ihren Chürsürstlichen Durch­ lauchten zu Sachsen und Hessen eS als eine dringende Pflicht angesehen worden ist, theils zu ihrer Selbsterhaltung theil- zur Sicherstellung

der Ruhe, der Ordnung

und de- Friedens im

nördlichen Deutschland, darauf bedacht zu sein, daß dasselbe der­ malen in eine Bundesverfassung vereinigt werde, so haben Höchstdieselben zu einer dieöfalflgen Verabredung zu Ihren Bevollmäch­ tigten ernannt und zwar Se. König!. Majestät von Preußen it., welche nach Auswechselung ihrer Vollmachten über folgende vor­ läufige Grundzüge zu einer den gegenwärtigen Umständen an­ gemessenen Constitution für das nördliche Deutschland unter dem Namen de- nordischen Bundes übereingekommen sind. Art. 1. Der Hauptzweck dieses Bundes ist Schuh und Sicherstellung der inneren und äußeren Verhältnisse gegen innere und äußere Angriffe und Gefahren auf jedesmalige Requisition deS gefähr­ deten Theils.

Sämmtliche

Mitglieder

Sache für gemeine Sicherheit.

machen daher

Zu Erreichung

gemeine

dieses Zwecke-

sind in Bewacht de- Umfange- Ihrer Lande und Ihrer Kraft die ersten und vorzüglichsten Mitglieder de- Bunde-: Se. König!. Majestät von Preußen und Ihre Churfürstlichen Durchlauchten zu Sachsen und Hessen, und Sr. Königlichen Majestät von Preu« ßen wird dabei in dem weiter unten bemerkten Maaße die erste Stelle eingeräumt. Art. 2. Sämmtliche bisher zu dem nördlichen Deutschland gerechnete Stände sollen im Namen der drei hohen PaciScenten nebst der Einladung zum Beitritt zu dem zu errichtenden Bunde ersucht werden, auf dem zu seiner Zeit zu haltenden und für permanent zu erklärenden Congresse durch Gesandte und Abgeordnete zu er»

538 scheinen, um unter dem Vorsitze deS Directorial • Gesandten alles dasjenige was zur Consolidirung der nordischen Bundesverfassung erforderlich ist, zu erwägen und nach der Mehrheit der Stimmen festzusetzen, auch darüber eine förmliche ConstitutionSacte abzuschlie­ ßen, jedoch ohne an den unter den drei paciScirenden Höfen verab­ redeten Grundzügen derselben anders als mit ihrer Einwilligung etwas ändern zu können. Art. 3. Wegen derjenigen Stände, welche jeder der drei hohen Contrahenten für sich und im Namen der beiden anderen zum Bei­ tritt einzuladen hat, sind Höchstdieselben übereingekommen, sich nach der weiter unten zu befindenden Eintheilung der Kreise zu richten. Ueber

die Stimmenzahl der

drei paciScirenden Höfe und

über ein billiges Verhältniß derselben, wollen Dieselben sich noch vor Eröffnung deS CongresseS gütlich einverstehen, ingleichen einen summarischen Entwurf der neuen Organisation vorerst unter sich verabreden, um solchen dem Congreß vorzulegen, jedoch mit Vor­ behalt des freiwilligen Beitritts der übrigen Stände zu diesem Entwurf oder wenigstens seiner Legalisirung durch Mehrheit der Stimmen. Art. 4. Folgende Hauptpunkte werden inzwischen sogleich festgesetzt. Preußen, Sachsen und Hessen bilden das Direktorium des nor­ dischen Bundes, und alterniren darin von Jahr zu Jahr derge­ stalt, daß Preußen damit den Anfang macht, sodann Sachsen und endlich Hessen folgt.

Alle zu dem BundeScongreß gehörigen An­

gelegenheiten und Anträge, von welchem Stande sie kommen mögen, werden bei dem Directorio eingereicht, in engeren Directorialconferenzen, insofern eS die Wichtigkeit deS Gegenstandes erfordert, vorläufig erwogen, und sodann unverzüglich durch die Diktatur an den Gesandten-Congreß gebracht. Art. 5. Sämmtliche Bundeslande werden in drei Kreise getheilt, den Brandenburgischen, Sächsischen und Hessischen.

539

Art. 6. Der Brandenburgische Kreis begreift außer den sämmtlichen eigenen preußischen folgende Lande in sich rc. ic. Art. 7. Der sächsische Kreis begreift außer den eigenen Landen Sr. Churfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen, sämmtliche den Herzog­ lich-Sächsischen und Lande theils,

Fürstlich-Anhaltischen Häusern

zugehörige

mit der gefürsteten Grafschaft Henneberg sächsischen An­ ingleichen

sämmtliche Fürstlich- und Herrlich-Reußische,

auch Schwarzburgische Lande und Besitzungen. Art. 8. Der hessische Kreis begreift außer den eigenen Landen Sr. Churfürstlichen Durchlaucht zu Hessen, das Fürstenthum Fulda und die Graf- und Herrschaften Waldeck, Lippe-Detmold, LippeSchaumburg, Schlitz, ferner Pyrmont, Nittberg und Rheda. Art. 9. Jeder Kreis macht

ein Ganzes

aus,

welche

durch einen

Bund unter sich vereinigt sind, und es bleibt jedem KreiSdirector und Stande überlassen, mit des Kreises Zugehörigen wegen der künftigen näheren Verhältnisse mit ihnen sich besonders zu ver­ einigen.

Auch soll in Ansehung derjenigen reichSritterschaftlichen

Besitzungen, welche zwischen zweierlei Landen liegen, ein gütliches Einverständniß unter den Interessenten getroffen und dabei auf die freie Wahl des Gutsbesitzers, zu welchem Kreise er gerechnet sein und gehören will, Rücksicht genommen werden. Art. 10. In jedem Falle eines auswärtigen Angriffs sind sämmtliche verbündete Stände

die ganze Masse ihrer Mittel dem 33unt>e

schuldig, und keiner derselben hat das Befugniß, mit einem frem­ den Staate und überhaupt eine Verbindung einzugehen, die dem Bunde nachtheilig oder gefährlich werden könnte, oder im Wider­ spruch mit seinen deshalb übernommenen Pflichten stehen möchte.

Art. 11. Die reguläre und gewöhnliche Militärmacht deS nordischen Bundes besteht aus — Mann. Dazu stellen: a)

der Brandenburgische Kreis

b) der Sächsische c) der Hessische „ Die Zahl der einzelnen ständischen Eontingente jeden Kreisesoll jedoch noch näher regulirt und dabei auf die Population und auf die übrigen Verhältnisse Rücksicht genommen werden.

Für

die Erfüllung der von den einzelnen Ständen jeden KrelseS des­ halb übernommenen Verbindlichkeiten, hat der contrahirende Haupttheil, nöthlgenfalls mit Beiwirkung der übrigen PaciScrnten, zu sorgen. Art. 12. Sowie die Militärmacht de- Bunde- für die äussere Sicher­ heit sorgt, muß die innere durch eine gute Polizei- und JustizVerfassung befestiget werden. Weit entfernt aber, die Rechte der verbündeten Stände rücksichtlich der in ihren Landen bereits bestehenden oder aus Landes­ herrlicher Macht und Gewalt anzuordnenden Anstalten und Ein­ richtungen im geringsten zu

beschränken, sollen nur diejenige

Gegenstände der höheren Landeöpolizei, welche schon vorhin zur Deliberation und Schlußfassung der ReichSkreise verwiesen warm, für den Congreß deS nordischen Bundes gehören. Damit jedoch dieser Vorbehalt auf keine Weise zum Nach­ theil der eigenen LandeSpolizei gemißdeutet und dadurch eine der Lage und den Umständen nach nothwendige Maaßregel vereitelt werden könne, so sollen jene Gegenstände noch besonder- so genau als möglich bestimmt werden. Art. 13. Soviel die höhere Justiz-Verfassung anlangt, da soll jedem Direktor der oben gedachten drei Kreise freistehen, in seinem Kreise mit Einverständniß der dazu gehörigen Stände ein eigene-, die

541 Stelle der bisherigen Reichsgerichte vertretende- Tribunal alhöchste Instanz zu errichten, wobei jedoch der wohlhergebrachten Landesverfassung, den erworbenen Appellation-privilegien und an­ deren bestgegründeten Freiheiten und Gerechtsamen, sowie in Ab­ sicht der Streitigkeiten unter den Fürsten selbst denen zwischen Einem und dem Andern auf Verträgen oder Herkommen beruhen­ den gewillkührten AustragSgerichten nicht zu nahe getreten wer­ den soll. Art. 14. Ueber die in diesem Vertrage theil- zu näherer Regulirung vorbehaltenen, theils noch nicht bestimmten Gegenstände, wollen die hohen PaciScenten durch rigendS zu bevollmächtigende und allenthalben hinlänglich zu instruirende Abgeordnete, noch vor Eröffnung de- BundeScongresseS, präparatorische Conferenzen hal­ ten lassen, um darüber zu einer vorläufigen Uebereinkunft zu gelangen. Art. 15. Die gegenwärtige durch den Drang der Umstände veranlaßte Vereinbarung wird von den drei hohen PaciScenten in möglichst kurzer Zeit ratlficirt, und nach der längstens den — geschehenen SlUSWechselung der Ratificationen den zum Beitritt eingeladenen Ständen mit Bestimmung der Zeit und des Ortes der Eröffnung des CongreffeS mitgetheilt, auch insoweit dienlich andern Höfen bekannt gemacht werden. Zu dessen Urkund rc. §. 312. AuS dem vorstehenden Gegenproject sowie auS den Gegen­ bemerkungen treten namentlich folgende Wahrnehmungen hervor: 1) daß Sachsen auch hier vor allem von der Idee einer sächsischen Partikular - Union geleitet wurde; daher sollte dem „Direktor" eines jeden Kreises „überlassen bleiben, mit des Krei­ ses Zugehörigen sich, wegen der künftigen näheren Verhältnisse mit ihnen, besonders zu vereinigen" (Geg.-Bemerk. bei 8.8). Daher sollte jeder Kreis ein „Ganzes" ausmachen (Art. 9.);

542 und zwar nicht nur in der einen oder andern, sondern in allen Beziehungen, auch in militärischer Hinsicht (Geg.-Bemerk. bei §. 14 bis 17. und Art. 11), und in richterlicher (Geg.-Bemerk. bei §. 20 — 23. und Art. 13), dergestalt, daß kein »allgemeines Bundesgericht", sondern von „jedem KreiSdirector in seinem Kreise ein eigenes Tribunal

als

höchste Instanz errichtet"

werden sollte. 2) zeigte eS sich deutlich, wie wir bereits früher bemerkt (§. 304), daß Sachsen weit entfernt war, Preußen irgend einen Vorzug innerhalb der Gesammt-Union zuzugestehen, und höch­ stens in eine Gleichberechtigung desselben mit sich selbst ein­ zuwilligen geneigt war.

Daher behauptete eS (Geg.-Bemerk. bei

§. 6.), daß eigentlich der Churfürst beanspruchen könne, „bei dem BundeScongreß das alleinige Directorium zu führen";

fügte

aber hinzu: derselbe „wolle indessen auS persönlicher Rück­ sicht für I. Königl. Maj. von Preußen darauf nicht bestehen", sondern sei „geneigt, dem dreifachen Directio die Hand zu bieten", dergestalt, daß die Vorstandschaft oder „das Hauptdirectorium von Jahr zu Jahr unter den drei Höfen alter* nire".

Zwar hieß eS im Anfang deS Entwurfs (Art. 1.): dem

Könige von Preußen werde in dem Bunde „die erste Stelle ein­ geräumt"; aber damit war nur gemeint, daß bei dem Turnus zwischen Preußen, Sachsen und Hessen, Preußen zuerst an die Reihe kommen oder „den Anfang machen" solle (Art. 4. Geg.-Be­ merk. bei §. 6). 3) offenbarte der sächsische Gegenentwurf in der That in man­ chen Stücken mehr Klugheit «nd Behutsamkeit alö der preußische. Die MediatisirungS frage wurde nicht sowohl zurückgewiesen, als umgangen.

Denn alles dahin Einschlagende sollte ja der beson­

deren Union deö „KreiSdirectorS" mit den dem Kreise hörigen "

ganz

„ überlassen bleiben."

„Zuge­

Bezeichnend ist eS aber

doch, daß Sachsen den südlichen Theil der Reußischen Besitzungen d. h. die einzige Gebietsstrecke, die Preußen unter seine Landes­ hoheit zu bringen gedachte, auch noch für sich in Anspruch nahm, indem eS nicht nur die „sämmtlichen" Reußischen Lande zu dem sächsischen Kreise gezogen

wissen wollte (Art. 6. Geg.-Bemerk.

bei §. 8.), sondern auch in den Gegenbemerkungen (bei §. 7.)

543 zur „Wiederherbeibringung" derselben als „sächsische Zugehörungen" die Beihülfe Preußens begehrte. So viel ist gewiß, daß wenn man in Berlin auch hierin nachgab,